Bundesgerichtshof Urteil, 07. Sept. 2017 - RiZ (R) 3/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:070917URIZ.R.3.15.0
bei uns veröffentlicht am07.09.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Die Revision des Antragstellers gegen das Urteil des Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Oberlandesgericht Stuttgart vom 17. April 2015 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Richter am Oberlandesgericht K.    .

2

Unter dem 8. Juni 2011 fertigte der Präsidialrichter am Oberlandesgericht folgenden Vermerk:

"1. Vermerk:

Anruf von VROLG Dr. L.     gegen 14.30 Uhr: Herr Dr. L.     kündigt an, in einem der ursprünglich von ROLG S.                im 4. Zivilsenat als BE bearbeiteten Verfahren möglicherweise das Präsidium zu der Frage anzurufen, ob dieses Verfahren mit dem Wechsel des ROLG S.           in die Zuständigkeit des 9. Zivilsenats übergegangen ist. Bei dieser Gelegenheit berichtet VROLG Dr. L.      , dass sich in dem von ROLG S.             hinterlassenen Verfahrensbestand eine große Zahl völlig unzureichend geförderter Verfahren befinde. Zum Teil sei über mehrere Monate versäumt worden, die Verfahren zu fördern."

3

Mit Verfügung vom 8. Juni 2011 ordnete die Präsidentin des Oberlandesgerichts eine Sonderprüfung der Verfahren an, die der Antragsteller bei seinem Wechsel in den 9. Zivilsenat im 4. Zivilsenat zurückgelassen hatte:

"Verfügung vom 08.06.2011:

1. Aus Anlass einer telefonischen Mitteilung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. L.      vom 8.6.2011 über die hohe Anzahl unzureichend bearbeiteter Altverfahren in dem von Richter am Oberlandesgericht S.                bei seinem Wechsel in den 9. Zivilsenat am 1.4.2011 im 4. Zivilsenat zurückgelassenen Verfahrensbestand wird eine Dezernatssonderprüfung über diese Verfahren in dem nun von Richter am Landgericht M.       (4 d) geführten Dezernat durchgeführt. Sämtliche am 1.4.2011 nach dem Wechsel des BE ROLG S.                 im 4. Zivilsenat verbliebene Akten sollen zum Oberlandesgericht nach K.        verschafft werden. …"

4

Der Vizepräsident des Oberlandesgerichts erstellte hinsichtlich 48 hinterlassener Verfahren tabellarische Einzelberichte.

5

Gegen die Anordnung und Durchführung der Sonderprüfung legte der Antragsteller mit Anwaltsschriftsatz vom 29. Mai 2012 Widerspruch ein. Diesen Widerspruch wies die Präsidentin des Oberlandesgerichts mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 2012, dem Antragsteller zugestellt am 2. August 2012, zurück.

6

Der Antragsteller hat beim Dienstgericht für Richter beantragt festzustellen, dass die Anordnung und die Durchführung der Sonderprüfung betreffend die richterliche Tätigkeit des Antragstellers im 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts K.       und der Widerspruchsbescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts K.     vom 27. Juli 2012 unzulässig sind. Das Dienstgericht hat den Antrag zurückgewiesen.

7

Die Berufung des Antragstellers hat der Dienstgerichtshof für Richter bei dem Oberlandesgericht Stuttgart zurückgewiesen. Die Anordnung der Sonderprüfung, ihre Durchführung und der Widerspruchsbescheid beeinträchtigten den Antragsteller nicht in seiner richterlichen Unabhängigkeit. Für die Sonderprüfung habe ein sachlicher Anlass bestanden. Dass er vor ihrer Durchführung nicht über die Anordnung informiert worden sei, sei unschädlich, zumal er für die Verfahren, auf die sich die Sonderprüfung bezogen habe, nicht mehr zuständig gewesen sei. Dagegen richtet sich die Revision des Antragstellers.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision hat keinen Erfolg.

9

I. Der Prüfungsantrag ist zulässig.

10

1. Der Antragsteller hat einen Prüfungsantrag nach § 63 Nr. 4 Buchst. f BW-LRiStAG i.V.m. § 26 Abs. 3 DRiG gestellt.

11

Soweit der konkret gestellte Antrag nicht nur dahin geht, die Unzulässigkeit der Anordnung und Durchführung der Sonderprüfung festzustellen, sondern weitergehende Formulierungen zur Tatsachengrundlage bzw. dem Zweck der Anordnung und Durchführung der Sonderprüfung enthält, ist er zwar unzulässig. Nach § 84 Abs. 2 Satz 2 BW-LRiStAG stellt das Gericht im Prüfungsverfahren die Unzulässigkeit der Maßnahme fest oder weist den Antrag zurück. Die zu weit reichenden Formulierungen führen aber nicht zur Unzulässigkeit des gesamten Antrags. Nach § 88 VwGO ist das Gericht nicht an die Fassung der Anträge gebunden, und das Rechtsschutzziel, auf das es allein ankommt, lässt sich den Anträgen entnehmen, abgesehen davon, dass mit dem dritten Hilfsantrag auch der richtige Antrag ohne über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehende Formulierung gestellt ist.

12

2. Auch im Übrigen ist der Antrag zulässig.

13

a) Eine Maßnahme der Dienstaufsicht liegt vor. Der Begriff der Maßnahme der Dienstaufsicht ist entsprechend dem auf einen umfassenden Rechtsschutz der richterlichen Unabhängigkeit gerichteten Zweck des § 26 Abs. 3 DRiG weit auszulegen. Es genügt bereits eine Einflussnahme, die sich lediglich mittelbar auf die rechtsprechende Tätigkeit des Richters auswirkt oder darauf abzielt (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - RiZ (R) 5/13, NJW-RR 2014, 702 Rn. 20; Urteil vom 14. Februar 2013 - RiZ 3/12, NJW-RR 2013, 1215 Rn. 17 mwN). Die "Maßnahme" besteht in einem Verhalten einer dienstaufsichtführenden Stelle gegenüber einem Richter. Erforderlich ist jedoch, dass sich das Verhalten einer dienstaufsichtführenden Stelle bei objektiver Betrachtung gegen einen bestimmten Richter oder eine bestimmte Gruppe von Richtern wendet, es also zu einem konkreten Konfliktfall zwischen der Justizverwaltung und dem Richter oder bestimmten Richtern gekommen ist bzw. ein konkreter Bezug zur Tätigkeit eines Richters besteht (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - RiZ (R) 5/13,NJW-RR 2014, 702 Rn. 20; Urteil vom 14. Februar 2013 - RiZ 3/12,NJW-RR 2013, 1215 Rn. 17 mwN). Dazu zählt auch die Anforderung von Berichten über die Verfahren in einem Richterdezernat (vgl. BGH, Urteil vom 16. August 1988 - RiZ (R) 3/88, juris Rn. 9).

14

b) Die Anordnung der Sonderprüfung kann isoliert angefochten werden. Dabei kann dahinstehen, ob es sich um eine Verfahrenshandlung der Präsidentin des Oberlandesgerichts zur Abklärung, ob eine Maßnahme der Dienstaufsicht getroffen werden soll, und damit zur Vorbereitung des endgültigen Bescheids handelt. Das Prüfungsverfahren findet nämlich auch gegen Verfahrenshandlungen statt, die eine Maßnahme der Dienstaufsicht vorbereiten, wenn die Verfahrenshandlungen eine selbständige, im Verhältnis zur abschließenden Sachentscheidung andersartige Beschwer enthalten. Das ist bei einer Sonderprüfung der Fall.

15

aa) Entsprechend § 44a Satz 1 VwGO können Rechtsbehelfe gegen Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Als Ausnahme davon unterliegen Verfahrenshandlungen entsprechend § 44a Satz 2 VwGO einer isolierten Anfechtung, wenn sie in Rechtspositionen eingreifen und dadurch eine selbständige, im Verhältnis zur abschließenden Sachentscheidung andersartige Beschwer enthalten (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - RiZ (R) 5/13, NJW-RR 2014, 702 Rn. 21; Urteil vom 22. Juli 1980 - RiZ (R) 2/80, NJW 1981, 1100, 1101; BVerwG, NJW 2012, 792 Rn. 32).

16

bb) Berichtsanforderungen oder Sonderprüfungen greifen selbständig in die Rechtsposition des betroffenen Richters ein, auch wenn sie in einem Verfahren ergehen, in dem über den Erlass einer Maßnahme der Dienstaufsicht entschieden werden soll. Die darin liegende Beschwer ist mit der Umsetzung auch endgültig eingetreten und kann durch einen späteren Bescheid, auch wenn darin von einer Dienstaufsichtsmaßnahme abgesehen wird, nicht mehr rückgängig gemacht werden.

17

cc) Der Antragsteller ist auch antragsbefugt, weil ein konkreter Bezug zu seiner Tätigkeit besteht. Für die Zulässigkeit des Antrags genügt die nachvollziehbare Behauptung, dass eine Maßnahme seine Unabhängigkeit beeinträchtige (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 2013 - RiZ 3/12, NJW-RR 2013, 1215 Rn. 16 mwN). Der Vortrag des Antragstellers, die Sonderprüfung beeinträchtige seine Unabhängigkeit, ist nachvollziehbar. Die Sonderprüfung betraf zwar zum Zeitpunkt ihrer Anordnung das Referat eines abgeordneten Richters als Referatsnachfolger des Antragstellers, für das der Antragsteller nach einem Senatswechsel nicht mehr zuständig war. In der Sache betraf sie aber die Verfahren, die der Antragsteller unerledigt hinterlassen hatte.

18

II. Der Antrag ist aber nicht begründet. Die Geschäftsprüfung beeinträchtigt die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers nicht.

19

1. Die Anordnung der Geschäftsprüfung verletzt die richterliche Unabhängigkeit nicht.

20

Eine Maßnahme der Dienstaufsicht ist wegen Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit unzulässig, wenn sie auf eine direkte oder indirekte Weisung hinausläuft, wie der Richter entscheiden oder verfahren soll; insoweit muss sich die Dienstaufsicht auch jeder psychologischen Einflussnahme enthalten (BVerfG, NVwZ 2016, 764 Rn. 76; BGH, Urteil vom 31. Januar 1984 - RiZ (R) 3/83, BGHZ 90, 41, 43 f.).

21

Eine turnusmäßige oder anlassbezogene Prüfung läuft nicht auf eine solche verbotene Einflussnahme hinaus. Die Beobachtungsfunktion gehört zum Wesen einer zulässigen Dienstaufsicht. Die dienstaufsichtführenden Stellen sind im Rahmen der ihnen auch gegenüber Richtern zustehenden Beobachtungsfunktion befugt, sich durch - turnusmäßige oder aus besonderem Anlass erfolgende - Geschäftsprüfungen Klarheit darüber zu verschaffen, ob organisatorische Entlastungsmaßnahmen oder gezieltere dienstaufsichtliche Maßnahmen angezeigt sind (BGH, Urteil vom 14. September 1990 - RiZ (R) 1/90, BGHZ 112, 189, 193). Eine Prüfung verletzt die richterliche Unabhängigkeit daher erst dann, wenn sie einen unzulässigen Erledigungsdruck ausübt oder auf eine direkte oder indirekte Weisung oder psychische Einflussnahme hinausläuft, wie der Richter künftig verfahren oder entscheiden soll (vgl. BGH, Urteil vom 14. September 1990 - RiZ (R) 1/90, BGHZ 112, 189, 193; Urteil vom 4. März 2015 - RiZ (R) 4/14, NVwZ-RR 2015, 826 Rn. 23). Maßgebend ist dabei der objektive Eindruck, den die Maßnahme erweckt (BGH, Urteil vom 4. März 2015 - RiZ (R) 4/14, NVwZ-RR 2015, 826 Rn. 23).

22

Der Dienstgerichtshof hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Sonderprüfung nicht auf eine direkte oder indirekte Weisung oder psychische Einflussnahme auf den Antragsteller hinauslief, wie er künftig verfahren sollte. Das konnte sie schon deshalb nicht, weil der Antragsteller für die Verfahren im 4. Zivilsenat, die Gegenstand der Prüfung waren, nicht mehr zuständig war und der Geschäftsprüfung für die Bearbeitung von Verfahren im 9. Zivilsenat keine Vorgaben zu entnehmen waren. Auch für einen mit der Geschäftsprüfung verbundenen unzulässigen Erledigungsdruck fand der Dienstgerichtshof zu Recht keinen Anhalt.

23

Darauf, ob die Präsidentin Einfluss nehmen wollte oder Erledigungsdruck erzeugen wollte, kommt es entgegen der Revision nicht an, weil der objektive Eindruck, den die Maßnahme erweckt, entscheidend ist, nicht die (vermeintlichen) subjektiven Beweggründe.

24

2. Ob eine Prüfung ohne Anlass die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt oder der Anlass einer Sonderprüfung eine Frage der allgemeinen Rechtmäßigkeit der Maßnahme ist, die von den Verwaltungsgerichten zu überprüfen ist (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1984 - RiZ (R) 3/83, BGHZ 90, 41, 48 ff.), kann dahinstehen, weil der Dienstgerichtshof rechtsfehlerfrei festgestellt hat, dass ein objektiver Anlass für die Geschäftsprüfung bestand. Der Dienstgerichtshof hat dazu zutreffend ausgeführt, dass die Geschäftsprüfung objektiv aufgrund der Mitteilung des Vorsitzenden über die hohe Anzahl der vom Antragsteller zurückgelassenen Verfahren veranlasst war. Die Präsidentin des Oberlandesgerichts war befugt, sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob der Dezernatsnachfolger, ein abgeordneter Richter, mit den hinterlassenen offenen Verfahren unzumutbar belastet war und Abhilfe durch Entlastungsmaßnahmen geschaffen werden musste. Zudem bot die telefonische Mitteilung Anlass zur Prüfung, ob die Amtsgeschäfte hinsichtlich der hinterlassenen Verfahren ordnungswidrig ausgeführt waren und Dienstaufsichtsmaßnahmen gegenüber dem Antragsteller angezeigt waren. Wenn ein Dienstvorgesetzter im Rahmen der Dienstaufsicht von seiner Beobachtungsfunktion pflichtgemäß Gebrauch macht, also ohne dabei und dadurch irgendeinen Einfluss oder Druck gegenüber der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit des Richters auszuüben oder einen solchen Anschein hervorzurufen, greift er damit nicht in die richterliche Unabhängigkeit ein (BGH, Urteil vom 18. August 1987 - RiZ (R) 2/87, NJW 1988, 418, 419).

25

Der Dienstgerichtshof hat zutreffend die Richterdienstgerichte nicht für befugt angesehen, über die Einwendungen des Antragstellers gegen die Erforderlichkeit der Sonderprüfung zu befinden. Einwendungen gegen die Erforderlichkeit der Geschäftsprüfung sind im richterdienstgerichtlichen Verfahren nicht zu überprüfen, weil das richterdienstgerichtliche Verfahren hinsichtlich des Anfechtungsgrundes auf eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit beschränkt ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2006 - RiZ (R) 2/05,NJW-RR 2007, 281 Rn. 24 ff.). Die beschränkte Prüfungsbefugnis unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG, NVwZ 2016, 764 Rn. 93).

26

Ob willkürliches Handeln des Dienstvorgesetzten die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigen könnte, was das Dienstgericht bisher offengelassen hat (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2006 - RiZ (R) 2/05, NJW-RR 2007, 281 Rn. 26), kann dahinstehen. Angesichts des rechtsfehlerfrei festgestellten Anlasses für die Sonderprüfung kann von willkürlichem Verhalten der Präsidentin des Oberlandesgerichts keine Rede sein.

27

3. Eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit liegt auch nicht vor, weil die besondere Geschäftsprüfung dem Antragsteller vorab nicht mitgeteilt worden ist.

28

Ein allgemeiner Grundsatz, dass eine Geschäftsprüfung ohne Wissen des betroffenen Richters die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt, besteht nicht. Das Dienstgericht des Bundes hat allerdings in einer besonderen Geschäftsprüfung, die ohne Anlass und ohne Wissen des betroffenen Richters während seines Urlaubs durchgeführt wurde, eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit gesehen, weil darin ein Ausdruck des Misstrauens gegen die Amtsführung des Richters liege (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1982 - RiZ (R) 6/81, BGHZ 85, 145, 156 f.). Dagegen hat das Dienstgericht später eine besondere Geschäftsprüfung ohne Wissen des Betroffenen während dessen Urlaub nicht beanstandet, allerdings war die Prüfung dort eilbedürftig (BGH, Urteil vom 16. August 1988 - RiZ (R) 3/88, juris Rn. 14). Für eine allgemeine Geschäftsprüfung hat das Dienstgericht angenommen, dass sie nicht angekündigt werden muss (BGH, Urteil vom 18. August 1987 - RiZ (R) 2/87, NJW 1988, 418, 419). Allein durch die Prüfung ohne Kenntnis des betroffenen Richters werden weder Einfluss oder Druck gegenüber der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit des Richters ausgeübt noch ein solcher Anschein hervorgerufen.

29

Darin, dass dem Antragsteller die Sonderprüfung nicht mitgeteilt wurde, liegt hier auch kein besonderer Ausdruck des Misstrauens in seine Amtsführung. Er kann entstehen, wenn darin zum Ausdruck kommt, dass der Richter eine Sonderprüfung hintertreiben könnte, sobald er von ihr erfährt. Damit ist die am 8. Juni 2011 angeordnete Dezernatssonderprüfung nicht zu vergleichen. Sie hatte einen Anlass und bezog sich allein auf die beim Dezernatswechsel des Antragstellers im 4. Zivilsenat verbliebenen Akten, auf die der Antragsteller von vornherein keinen Zugriff hatte. Ein besonderes Misstrauen in die Amtsführung des Antragstellers über das der Sonderprüfung zugrundeliegende Anliegen hinaus, unter anderem Klarheit über eine ordnungswidrige Ausführung der Amtsgeschäfte des Antragstellers zu gewinnen, kommt darin nicht zum Ausdruck.

30

4. Die von der Revision weitergehend erhobenen Verfahrensrügen hat das Dienstgericht des Bundes geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Dies gilt auch für die zahlreichen vom Antragsteller erhobenen Gehörsrügen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Beteiligtenvorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben (vgl. BVerfGE 51, 126, 129; 54, 43, 46; 86, 133, 146; 87, 363, 392; 96, 205, 216). Dabei verpflichtet Art. 103 Abs. 1 GG die Gerichte nicht, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (vgl. BVerfGE 5, 22, 24; 22, 267, 274; 96, 205, 216 f.). Kein Gehörsverstoß liegt auch vor, soweit der Dienstgerichtshof die Beweisanträge des Antragstellers abgelehnt hat. Erhebt das Gericht einen Beweis nicht, ist Art. 103 Abs. 1 GG zwar auch verletzt, wenn die Rechtsanwendung offenkundig unrichtig ist (vgl. BVerfGE 69, 145, 149; 75, 302, 312; BVerfG, Beschlüsse vom 5. November 2008 - 1 BvR 1822/08, juris Rn. 3 f. und vom 22. Mai 2012 - 2 BvR 1352/10, juris Rn. 5 ff.). Das ist aber nicht der Fall. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Fachgerichte nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dazu, erhebliche Beweisanträge zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 60, 247, 249; 60, 250, 252; 69, 145, 148). Von einer Begründung im Übrigen wird gem. § 144 Abs. 7 Satz 1 VwGO abgesehen.

31

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 80 Abs. 1 DRiG, § 154 Abs. 2 VwGO.

Mayen     

      

Drescher     

      

Menges

      

Koch     

      

Gericke     

      

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 07. Sept. 2017 - RiZ (R) 3/15

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

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(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft sie das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann das Bundesverwa

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 44a


Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder ge
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Gründe 1 Die Verfassungsbeschwerde betrifft Fragen des rechtlichen Gehörs im Zusammenhang mit der Nichterhebung eines angebotenen Beweises.

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(1) Der Richter untersteht einer Dienstaufsicht nur, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt wird.

(2) Die Dienstaufsicht umfaßt vorbehaltlich des Absatzes 1 auch die Befugnis, die ordnungswidrige Art der Ausführung eines Amtsgeschäfts vorzuhalten und zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen.

(3) Behauptet der Richter, daß eine Maßnahme der Dienstaufsicht seine Unabhängigkeit beeinträchtige, so entscheidet auf Antrag des Richters ein Gericht nach Maßgabe dieses Gesetzes.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Der Richter untersteht einer Dienstaufsicht nur, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt wird.

(2) Die Dienstaufsicht umfaßt vorbehaltlich des Absatzes 1 auch die Befugnis, die ordnungswidrige Art der Ausführung eines Amtsgeschäfts vorzuhalten und zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen.

(3) Behauptet der Richter, daß eine Maßnahme der Dienstaufsicht seine Unabhängigkeit beeinträchtige, so entscheidet auf Antrag des Richters ein Gericht nach Maßgabe dieses Gesetzes.

Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Oberlandesgericht Stuttgart vom 21. März 2014 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Richter am Amtsgericht M.      im Dienste des Antragsgegners, des Landes Baden-Württemberg. Er wendet sich gegen eine Anordnung des Präsidenten des Landgerichts M.      an die Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte des Landgerichtsbezirks, durch die er seine richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt sieht.

2

Der Präsident des Landgerichts M.     ordnete in einem Schreiben vom 1. Februar 2010 an die Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte im Bezirk des Landgerichts an:

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte in Zukunft durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Sie grundsätzlich alle nach Rechtsmitteleinlegung vom Landgericht und vom Oberlandesgericht (in Familiensachen) zu Ihrem Amtsgericht zurückkommenden Verfahrensakten zur Kenntnis nehmen können. Dies betrifft auch Rechtsmittel, die auf Hinweis gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgenommen worden sind.

Die Anordnung soll dazu dienen, die Basis für die künftigen Beurteilungen/Vorbeurteilungen (gemäß Ziffer 1 der Beurteilungsrichtlinie des Justizministeriums vom 15.10.2008) zu erweitern.

3

Die Direktorin des Amtsgerichts M.         leitete dieses Schreiben an die Richter und die übrigen Beschäftigten des Amtsgerichts mit folgendem Hinweis weiter:

[…] in der Anlage übersende ich Ihnen die Anordnung des Präsidenten des Landgerichts M.       vom 01.02.2010 und bitte künftig Sorge zu tragen, dass mir vom Rechtsmittelgericht zurückkommende Akten (Landgericht, Oberlandesgericht) vorgelegt werden.

4

Der Antragsteller wandte sich als Richterrat des Amtsgerichts mit Schreiben vom 3. Februar 2010 an den Präsidenten des Landgerichts und bat um Klarstellung, ob dessen zur Kenntnis weitergegebenes Schreiben als Anweisung an die Richter des Amtsgerichts verstanden werden solle, die jeweiligen Akten der Direktorin vorzulegen. Der Präsident des Landgerichts stellte mit Schreiben vom 5. Februar 2010 klar, dass es sich bei seinem Schreiben vom 1. Februar 2010 um keine Anweisung an die Richter des Amtsgerichts handele, sondern um eine Anweisung an die Direktorinnen und Direktoren der jeweiligen Amtsgerichte. Die Direktorin des Amtsgerichts M.       führte in einem an die Richter des Amtsgerichts gerichteten Schreiben vom 4. Februar 2010 aus:

[...] um weitere Missverständnisse zu vermeiden, teile ich Ihnen mit, dass die von mir [...] getroffene Anordnung sich an die Geschäftsstellenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter richtet.

5

Der vom Antragsteller gegen die Anordnung des Präsidenten des Landgerichts vom 1. Februar 2010 eingelegte Widerspruch vom 27. Januar 2011 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2011 zurückgewiesen.

6

Der Antragsteller hat beim Dienstgericht einen Antrag nach § 26 Abs. 3 DRiG gestellt und geltend gemacht, die Anordnung des Präsidenten des Landgerichts M.       vom 1. Februar 2010 beeinträchtige seine richterliche Unabhängigkeit. Zur Begründung hat er ausgeführt, die gegenüber der Direktorin des Amtsgerichts erteilte Anordnung, sämtliche Akten aus Rechtsmittelverfahren für Zwecke der dienstlichen Beurteilung zur Kenntnis zu nehmen, übe Druck auf ihn aus, künftig stärker in Einklang mit der Rechtsprechung der Rechtsmittelgerichte zu entscheiden. Außerdem werde mit dieser Anordnung die Dienstaufsicht in unzulässiger Weise auf die Direktorin des Amtsgerichts übertragen.

7

Der Antragsteller hat beantragt,

festzustellen, dass die Anordnung des Präsidenten des Landgerichts M.     vom 1. Februar 2010 an die Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte des Landgerichtsbezirks, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass grundsätzlich alle nach Rechtsmittelerledigung vom Landgericht und Oberlandesgericht zum Amtsgericht zurückkommenden Verfahrensakten von den Direktorinnen und Direktoren zur Kenntnis genommen werden können, unzulässig ist.

8

Der Antragsgegner ist dem entgegengetreten. Er hat geltend gemacht, es liege schon keine Maßnahme der Dienstaufsicht vor. Der Dienstvorgesetzte sei befugt, zur Vorbereitung dienstlicher Beurteilungen in Verfahrensakten Einsicht zu nehmen und von Rechtsmittelentscheidungen Kenntnis zu nehmen. Der Präsident des Landgerichts habe diese Aufgabe den Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte übertragen dürfen.

9

Das Dienstgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die Berufung des Antragstellers ist ohne Erfolg geblieben. Der Dienstgerichtshof hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Bei der Anordnung des Präsidenten des Landgerichts handele es sich um eine Maßnahme der Dienstaufsicht. Sie beeinträchtige die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers nicht. Der Dienstvorgesetzte dürfe zur Vorbereitung der Beurteilung eines Richters zwar keine Maßnahme ergreifen, die den Eindruck erwecken könnte, er werde sich bei der Beurteilung (auch) davon leiten lassen, ob und inwieweit der zu beurteilende Richter mit der Rechtsauffassung des Rechtsmittelgerichts übereinstimme. Die angeordnete Vorlage der Rechtsmittelrückläufer sei jedoch nicht geeignet, einen solchen Eindruck hervorzurufen. Mit der Anordnung seien auch nicht Aufgaben des Dienstvorgesetzten in unzulässiger Weise übertragen worden. Der Landgerichtspräsident habe damit schon keine Befugnisse der Dienstaufsicht übertragen, da er weiterhin für die Beurteilung der Richterinnen und Richter im Landgerichtsbezirk zuständig geblieben sei. Bei seiner Beurteilung dürfe er sich auf Beurteilungsbeiträge der Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte stützen. Er dürfe diesen daher auch nähere Vorgaben hinsichtlich der Beurteilungsgrundlagen machen.

10

Der Antragsteller verfolgt mit der Revision seinen Antrag weiter. Der Antragsgegner beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

I. Die Revision des Antragstellers hat keinen Erfolg. Der Dienstgerichtshof hat mit Recht angenommen, dass die Anordnung des Präsidenten des Landgerichts M.       vom 1. Februar 2010 an die Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte des Landgerichtsbezirks die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers nicht beeinträchtigt.

12

1. Der Dienstgerichtshof ist zutreffend davon ausgegangen, dass der vom Antragsteller gestellte Antrag zulässig ist.

13

a) Behauptet ein Richter, dass eine Maßnahme der Dienstaufsicht seine Unabhängigkeit beeinträchtige, so entscheidet gemäß § 26 Abs. 3 DRiG auf Antrag des Richters ein Gericht nach Maßgabe dieses Gesetzes. Ein solcher Prüfungsantrag ist nur zulässig, wenn eine Maßnahme der Dienstaufsicht im Sinne des § 26 Abs. 3 DRiG vorliegt und nachvollziehbar dargelegt ist, dass diese Maßnahme die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt. Dazu genügt die schlichte - nachvollziehbare - Behauptung einer Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit. Die Frage, ob die beanstandete Maßnahme die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt, ist eine Frage der Begründetheit des Prüfungsantrags (BGH, Urteil vom 14. Februar 2013 - RiZ 3/12, NJW-RR 2013, 1215 Rn. 16 mwN).

14

Der Begriff „Maßnahme der Dienstaufsicht“ ist entsprechend dem auf einen umfassenden Rechtsschutz der richterlichen Unabhängigkeit gerichteten Zweck des § 26 Abs. 3 DRiG weit auszulegen. Es genügt bereits eine Einflussnahme, die sich lediglich mittelbar auf die rechtsprechende Tätigkeit des Richters auswirkt oder darauf abzielt. Erforderlich ist jedoch, dass sich das Verhalten einer dienstaufsichtführenden Stelle bei objektiver Betrachtung gegen einen bestimmten Richter oder eine bestimmte Gruppe von Richtern wendet, es also zu einem konkreten Konfliktfall zwischen der Justizverwaltung und dem Richter oder bestimmten Richtern gekommen ist oder ein konkreter Bezug zur Tätigkeit eines Richters besteht. Eine Maßnahme der Dienstaufsicht muss sich in irgendeiner Weise kritisch mit dem dienstlichen Verhalten eines oder mehrerer Richter befassen oder geeignet sein, sich auf das künftige Verhalten dieser Richter in bestimmter Richtung auszuwirken (BGH, Urteil vom 14. Februar 2013 - RiZ 3/12, NJW-RR 2013, 1215 Rn. 17 mwN).

15

b) Der Antragsteller hat nachvollziehbar dargelegt, dass die beanstandete Anordnung des Präsidenten des Landgerichts M.       an die Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte des Landgerichtsbezirks bei objektiver Betrachtung einen konkreten Bezug zu seiner rechtsprechenden Tätigkeit hat und geeignet ist, sich mittelbar auf diese Tätigkeit auszuwirken und damit seine richterliche Unabhängigkeit zu beeinträchtigen.

16

Die Anordnung des Präsidenten des Landgerichts richtet sich zwar nicht unmittelbar an den Antragsteller, sondern an die Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte im Landgerichtsbezirk. Sie betrifft den Antragsteller aber mittelbar. Die auch gegenüber der Direktorin des Amtsgerichts M.      getroffene Anordnung, in Zukunft durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass sie alle nach Rechtsmitteleinlegung vom Landgericht und vom Oberlandesgericht (in Familiensachen) zum Amtsgericht zurückkommenden Verfahrensakten zur Kenntnis nehmen kann, betrifft auch die Akten der dem Antragsteller als Richter zugewiesenen Verfahren. Sie hat damit einen konkreten Bezug zu seiner rechtsprechenden Tätigkeit.

17

Die Anordnung ist nach der nachvollziehbaren Behauptung des Antragstellers geeignet, seine richterliche Unabhängigkeit zu beeinträchtigen. Die angeordnete Sichtung aller nach Rechtsmitteleinlegung zum Amtsgericht zurückkommender Verfahrensakten durch die Direktorin des Amtsgerichts soll die Grundlage für die dienstliche Beurteilung der Richter des Amtsgerichts erweitern. Die dienstliche Beurteilung eines Richters bewertet seine bisherige Amtsführung und kann sich damit auf sein künftiges dienstliches Verhalten auswirken. Sie stellt deshalb eine Maßnahme der Dienstaufsicht dar (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2005 - RiZ(R) 2/04, BGHZ 162, 333, 337 f., mwN). Desgleichen kann sich eine Maßnahme, die - wie hier die angeordnete Sichtung von Verfahrensakten - die Grundlage für die dienstliche Beurteilung eines Richters erweitern soll und einen konkreten Bezug zur rechtsprechenden Tätigkeit des Richters hat, auf dessen dienstliches Verhalten auswirken. Auch sie ist daher als Maßnahme der Dienstaufsicht zu werten (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 2013 - RiZ 3/12, NJW-RR 2013, 1215 Rn. 24). Der Antragsteller hat ferner nachvollziehbar behauptet, die beanstandete Maßnahme beeinträchtige seine richterliche Unabhängigkeit, weil mit der lückenlosen Beobachtung der Rechtsmittelrückläufer eine allgemeine Kontrolle stattfinde, die psychisch vermittelten Einfluss auf den Inhalt seiner Entscheidungen nehmen solle.

18

2. Der Dienstgerichtshof hat mit Recht angenommen, dass der Antrag unbegründet ist.

19

a) Die angefochtene Anordnung ist ausschließlich daraufhin zu überprüfen, ob sie den Antragsteller in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt. Ob sie im Übrigen rechtmäßig ist, ist im Prüfungsverfahren nach § 26 Abs. 3 DRiG nicht zu entscheiden.

20

aa) Nach § 26 Abs. 1 DRiG untersteht der Richter einer Dienstaufsicht nur, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt wird. Nach § 26 Abs. 2 DRiG umfasst die Dienstaufsicht vorbehaltlich des Absatzes 1 auch die Befugnis, dem Richter die ordnungswidrige Art der Ausführung eines Amtsgeschäftes vorzuhalten und zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen.

21

bb) Zum Schutzbereich der sachlichen richterlichen Unabhängigkeit gehören in erster Linie die eigentliche Rechtsfindung und die ihr mittelbar dienenden Sach- und Verfahrensentscheidungen einschließlich nicht ausdrücklich vorgeschriebener, dem Interesse der Rechtssuchenden dienender richterlicher Handlungen, die in einem konkreten Verfahren mit der Aufgabe des Richters, Recht zu finden und den Rechtsfrieden zu sichern, in Zusammenhang stehen (sog. Kernbereich). Sie sind dienstaufsichtlichen Maßnahmen grundsätzlich entzogen, es sei denn, es liegt ein offensichtlicher, jedem Zweifel entrückter Fehlgriff vor. Dagegen unterliegt die richterliche Amtsführung insoweit der Dienstaufsicht, als es um die Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs, die äußere Form der Erledigung eines Dienstgeschäftes oder um solche Fragen geht, die dem Kernbereich der Rechtsprechungstätigkeit so weit entrückt sind, dass sie nur noch als zur äußeren Ordnung gehörig angesehen werden können (BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - RiZ(R) 4/13, juris Rn. 16 f., mwN).

22

cc) Eine dienstliche Beurteilung beeinträchtigt die richterliche Unabhängigkeit nicht schon dann, wenn sie die richterliche Amtsführung und spezifisch richterliche Fähigkeiten bewertet. Das entspricht vielmehr dem Zweck einer solchen Beurteilung. Sie verletzt die richterliche Unabhängigkeit vielmehr nur dann, wenn sie auf eine direkte oder indirekte Weisung hinausläuft, wie der Richter künftig verfahren oder entscheiden soll. In dieser Richtung muss die dienstliche Beurteilung eines Richters sich allerdings auch jeder psychischen Einflussnahme enthalten. Sie ist unzulässig, wenn die in ihr enthaltene Kritik den Richter veranlassen könnte, in Zukunft eine andere Verfahrens- oder Sachentscheidung als ohne diese Kritik zu treffen (BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - RiZ(R) 4/13, juris Rn. 15 mwN). Dementsprechend sieht § 5 Abs. 1 und 3 des baden-württembergischen Landesrichter- und -staatsanwaltsgesetzes (LRiStaG) die dienstliche Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung von Richtern auf Lebenszeit vor, mit dem Hinweis, dass bei der Beurteilung richterlicher Amtsgeschäfte die sich aus § 26 Abs. 1 und 2 DRiG ergebenden Beschränkungen zu beachten sind und eine Stellungnahme zum Inhalt richterlicher Entscheidungen unzulässig ist.

23

dd) Eine Maßnahme, die - wie hier die angeordnete Sichtung von Verfahrensakten - erst die Grundlage für die dienstliche Beurteilung von Richtern schaffen oder erweitern soll und einen konkreten Bezug zur rechtsprechenden Tätigkeit des Richters hat, verletzt die richterliche Unabhängigkeit grundsätzlich nur dann, wenn sie bei objektiver Betrachtung den Eindruck erweckt, eine auf der Grundlage dieser Maßnahme erstellte dienstliche Beurteilung laufe zwangsläufig zumindest auch auf eine - die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigende - direkte oder indirekte Weisung oder psychische Einflussnahme hinaus, wie der Richter künftig verfahren oder entscheiden soll. Erweckt eine solche Maßnahme diesen Eindruck, könnte sie den Richter veranlassen, in Zukunft eine andere Verfahrens- oder Sachentscheidung als ohne diese Maßnahme zu treffen.

24

Erscheint es bei objektiver Betrachtung dagegen möglich, dass eine auf der Grundlage einer solchen Maßnahme erstellte dienstliche Beurteilung die richterliche Unabhängigkeit wahrt und beispielsweise allein die richterliche Amtsführung und spezifisch richterliche Fähigkeiten bewertet, ist auch die betreffende Maßnahme grundsätzlich nicht als unzulässig anzusehen. Allein die Möglichkeit, dass eine auf der Grundlage einer solchen Maßnahme erstellte dienstliche Beurteilung auf eine direkte oder indirekte Weisung oder psychische Einflussnahme hinauslaufen könnte, wie der Richter künftig verfahren oder entscheiden soll, rechtfertigt es regelmäßig nicht, bereits in dieser vorbereitenden Maßnahme eine unzulässige Einflussnahme auf die rechtsprechende Tätigkeit des Richters zu sehen.

25

b) Das Dienstgericht des Bundes ist gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG in Verbindung mit § 137 Abs. 2 VwGO als Revisionsgericht im Prüfungsverfahren grundsätzlich an die im angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, sofern in Bezug auf diese Feststellungen keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht sind. Die tatrichterliche Würdigung einer Äußerung oder Erklärung ist daher nur darauf zu überprüfen, ob sie gegen anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, ob wesentlicher Tatsachenstoff, der für die Auslegung von Bedeutung sein kann, außer Betracht gelassen wurde, oder ob sie sonst auf Rechtsfehlern beruht (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - RiZ(R) 4/13, juris Rn. 18 mwN).

26

c) Nach diesen Maßstäben ist die Würdigung der beanstandeten Anordnung durch den Dienstgerichtshof revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

27

aa) Die Anordnung des Präsidenten des Landgerichts an die Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte des Landgerichtsbezirks, in Zukunft durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass sie grundsätzlich alle nach Rechtsmitteleinlegung vom Landgericht und vom Oberlandesgericht zum Amtsgericht zurückkommenden Verfahrensakten zur Kenntnis nehmen können, soll dazu dienen, die Basis für die künftigen Beurteilungen und Vorbeurteilungen der an den Amtsgerichten tätigen Richter zu erweitern.

28

bb) Bei objektiver Betrachtung erweckt diese Anordnung nach den vom Dienstgerichtshof getroffenen Feststellungen nicht den Eindruck, eine auf der Grundlage der angeordneten Sichtung aller nach Rechtsmitteleinlegung zum Amtsgericht zurückkommenden Verfahrensakten erstellte dienstliche Beurteilung laufe zwangsläufig auf eine - die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigende - direkte oder indirekte Weisung oder psychische Einflussnahme hinaus, wie der Antragsteller künftig verfahren oder entscheiden soll. Vielmehr erscheint es nach den Feststellungen des Dienstgerichtshofs bei objektiver Betrachtung möglich, dass eine auf der Grundlage dieser Maßnahme erstellte dienstliche Beurteilung die richterliche Unabhängigkeit wahrt und allein die richterliche Amtsführung und spezifisch richterliche Fähigkeiten bewertet. Unter diesen Umständen verletzt die angeordnete Maßnahme die richterliche Unabhängigkeit nicht.

29

(1) Ein Vorhalt in einer dienstlichen Beurteilung, der dahin verstanden werden kann, der Richter müsse der obergerichtlichen oder höchstrichterlichen Rechtsprechung folgen, beeinträchtigt allerdings die richterliche Unabhängigkeit. Der Richter ist grundsätzlich nicht verpflichtet, der obergerichtlichen oder höchstrichterlichen Rechtsprechung zu folgen. Ausnahmen gelten lediglich für Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Art. 94 Abs. 2 GG, § 31 BVerfGG) und in besonderen Einzelfällen, etwa bei einer Zurückverweisung eines Rechtsstreits durch das Revisionsgericht (§ 563 Abs. 2 ZPO). Daher ist es unzulässig, dem Richter in einer dienstlichen Beurteilung vorzuhalten, dass er immer wieder von der obergerichtlichen oder höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht und seine Entscheidungen mehrfach in der Rechtsmittelinstanz korrigiert worden sind. Dagegen kann in einer dienstlichen Beurteilung beispielsweise der Vorhalt zulässig sein, der Richter nehme die obergerichtliche oder höchstrichterliche Rechtsprechung von vornherein nicht zur Kenntnis. Ein solcher Vorhalt soll den Richter nicht zu einer bestimmten Entscheidung veranlassen, sondern betrifft lediglich methodische Standards der Rechtsanwendungstechnik (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 2009 - RiZ(R) 5/08, BGHZ 181, 268 Rn. 25 mwN; Urteil vom 13. Februar 2014 - RiZ(R) 4/13, juris Rn. 24).

30

(2) Der Dienstgerichtshof hat angenommen, die vom Präsidenten des Landgerichts getroffene Anordnung zur Vorlage der Rechtsmittelrückläufer erwecke nicht den Eindruck, bei einer Beurteilung werde es - zumindest auch - darauf ankommen, ob und inwieweit der zu beurteilende Richter mit der Rechtsauffassung des Rechtsmittelgerichts übereinstimme. Aus den Rechtsmittelrückläufern könnten auch Rückschlüsse auf die fachliche Qualität der Arbeit des Richters und die Art und Weise der Bearbeitung der Rechtsfälle wie beispielsweise die Einhaltung gesetzlicher Fristen, die Ausführlichkeit der Begründung einer Entscheidung oder die äußere Form der Aktenführung gezogen werden. Zudem folge aus dem in der Anordnung gegebenen Hinweis, mit der Sichtung der Rechtsmittelrückläufer solle die Basis künftiger Beurteilungen erweitert werden, dass die Beurteilungen auch künftig nicht auf die aus der Sichtung der Rechtsmittelrückläufer gewonnenen Erkenntnisse beschränkt werden sollten. Aus diesem Hinweis ergebe sich, dass in die Beurteilung insbesondere auch die Erkenntnisse aus den in erster Instanz abgeschlossenen Verfahren einzubeziehen seien. Die Anordnung einer Sichtung der Rechtsmittelrückläufer demonstriere entgegen der Ansicht des Antragstellers kein überproportionales Interesse des Antragsgegners an Entscheidungen, die einer inhaltlichen Überprüfung durch die zweite Instanz unterzogen worden seien. Sie lasse daher nicht darauf schließen, dass es der Dienstaufsicht dabei um eine Übereinstimmung der Entscheidungen des beobachteten Richters mit der obergerichtlichen Rechtsprechung und damit um die Inhalte der rechtsprechenden Tätigkeit gehen könnte.

31

(3) Die Revision rügt, der Dienstgerichtshof habe bei seiner Beurteilung das Vorbringen des Antragstellers übergangen, wonach sich der Anschein einer unzulässigen Einflussnahme auf seine richterliche Tätigkeit aus der Tatsache ergebe, dass die Rechtsmittelrückläufer lückenlos beobachtet würden und ihnen dadurch im Verhältnis zu den in erster Instanz abgeschlossenen Verfahren eine weit überproportionale Bedeutung zukomme. Der Antragsteller habe vorgetragen, dass die Rechtsmittelrückläufer zu 100% beobachtet und in die dienstliche Beurteilung eingestellt würden, während von den sonstigen Verfahren nur maximal 1% beobachtet und bei der dienstlichen Beurteilung berücksichtigt würden. Da sich die Rechtsmittelrückläufer von den in erster Instanz abgeschlossenen Verfahren unter dem Gesichtspunkt der dienstlichen Beurteilung allein dadurch unterschieden, dass ein Obergericht eine Aussage zum Inhalt der Entscheidung gemacht habe, liege die Vermutung nahe, dass es bei der Sichtung der Rechtsmittelrückläufer um den Inhalt der Entscheidung gehe.

32

(4) Mit dieser Rüge kann die Revision keinen Erfolg haben. Das von der Revision als übergangen gerügte Vorbringen des Antragstellers ist nicht entscheidungserheblich. Es kommt nicht darauf an, ob und inwieweit die Vermutung naheliegt, dass es bei der angeordneten Sichtung der Rechtsmittelrückläufer darum geht, Erkenntnisse über den Inhalt der Entscheidungen zu gewinnen. Selbst wenn es bei der angeordneten Sichtung der Rechtsmittelläufer auch darum gehen sollte, Erkenntnisse über den Inhalt der Entscheidungen zu erlangen, rechtfertigte dies bei objektiver Betrachtung nicht die Annahme, es gehe dem Antragsgegner dabei um Erkenntnisse, deren Vorhalt im Rahmen einer dienstlichen Beurteilung auf eine - die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigende - direkte oder indirekte Weisung oder psychische Einflussnahme hinausliefe, wie der Antragsteller künftig verfahren oder entscheiden soll. Insbesondere gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass mit der Sichtung der Rechtsmittelrückläufer festgestellt werden soll, ob und inwieweit der Antragsteller von der obergerichtlichen oder höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht und seine Entscheidungen in der Rechtsmittelinstanz korrigiert worden sind. Aus dem Inhalt von Entscheidungen können wesentliche Erkenntnisse über richterliche Fähigkeiten - wie etwa die Beherrschung methodischer Standards der Rechtsanwendung - gewonnen werden, die im Rahmen einer dienstlichen Beurteilung verwertet werden können, ohne die richterliche Unabhängigkeit zu verletzen. Allein die Möglichkeit, dass bei einer Sichtung von Rechtsmittelrückläufern auch Umstände bekannt werden können, die im Rahmen einer dienstlichen Beurteilung nicht verwertet werden könnten, ohne die richterliche Unabhängigkeit zu beeinträchtigen, rechtfertigt es nicht, in dieser Maßnahme eine unzulässige Einflussnahme auf die rechtsprechende Tätigkeit des Richters zu sehen.

33

Zudem lassen sich bei einem Richter, der wie der Antragsteller als Richter beim Amtsgericht in Zivilsachen tätig ist, aus Rechtsmittelrückläufern eher als aus erstinstanzlich abgeschlossenen Verfahren im Rahmen einer dienstlichen Beurteilung verwertbare Erkenntnisse aus dem Inhalt von Entscheidungen gewinnen. Der Antragsteller hat vorgetragen, er habe im Jahr 576 Neueingänge gehabt und etwa gleich viele Verfahren erledigt. Von den erledigten Verfahren seien etwa 90% durch Vergleich abgeschlossen worden. Gegen fünf seiner Urteile sei Berufung und etwa gegen 10 bis 15 Beschlüsse (in der Regel Streitwertbeschlüsse und PKH-Beschlüsse) Beschwerde eingelegt worden. Die Zahlen seien in den Jahren 2012 und 2013 etwa gleich gewesen. Aus den in erster Instanz durch Vergleich abgeschlossenen Verfahren, die bei einem Richter am Amtsgericht in Zivilsachen einen Großteil der Verfahren darstellen und beim Antragsteller die überragende Mehrzahl der Verfahren ausmachen, lassen sich zwangsläufig keine - im Rahmen einer dienstlichen Beurteilung verwertbare - Erkenntnisse über die Qualität der Urteile des Richters gewinnen, die sich beispielsweise in der Wahrung von methodischen Standards der Rechtsanwendung oder der Gründlichkeit und Verständlichkeit der Entscheidungen zeigt.

34

Aus dem Umstand, dass zur Erweiterung der Grundlagen dienstlicher Beurteilungen sämtliche Rechtsmittelrückläufer zur Kenntnis genommen werden sollen, lässt sich gleichfalls kein Anhaltspunkt dafür herleiten, in einer darauf gestützten Beurteilung solle in unzulässiger Weise auf die rechtsprechende Tätigkeit des Antragstellers Einfluss genommen werden. Die nach Rechtsmitteleinlegung vom Rechtsmittelgericht zum Amtsgericht zurückkommenden Akten betreffen eine sowohl für sich genommen als auch im Verhältnis zu den insgesamt erledigten Verfahren geringe Zahl von Verfahren (im Falle des Antragstellers etwa 15 bis 20 von 576 Verfahren). Der Umstand, dass sämtliche Akten dieser Verfahren zur Kenntnis genommen werden sollen, lässt daher nicht darauf schließen, es gehe dabei nicht um die Gewinnung von Erkenntnissen über die Qualität der Entscheidungen, sondern um die Feststellung, ob und inwieweit die betroffenen Richter bei ihren Entscheidungen der Rechtsauffassung des Rechtsmittelgerichts gefolgt sind. Soweit der Antragsteller geltend macht, es sei beurteilungsrechtlich unzulässig, den Rechtsmittelrückläufern im Verhältnis zu den in erster Instanz abgeschlossenen Verfahren eine weit überproportionale Bedeutung beizumessen, kann er damit schon deshalb keinen Erfolg haben, weil im Prüfungsverfahren nach § 26 Abs. 3 DRiG lediglich zu entscheiden ist, ob die angefochtene Anordnung die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt. Es kommt dagegen nicht darauf an, ob sie im Übrigen rechtmäßig ist.

35

Die Sichtung von Rechtsmittelrückläufern des Antragstellers stellt entgegen der Ansicht der Revision auch nicht deshalb eine unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit unzulässige Beeinträchtigung seiner richterlichen Unabhängigkeit dar, weil er das 50. Lebensjahr vollendet hat und daher gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 LRiStaG von der Regelbeurteilung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LRiStaG ausgenommen ist. Mit der angeordneten Sichtung der Rechtsmittelrückläufer soll die Grundlage für künftige Beurteilungen und Vorbeurteilungen der an den Amtsgerichten tätigen Richter erweitert werden. Die Sichtung der Rechtsmittelrückläufer auch von Richtern, die nicht mehr beurteilt werden, stellt grundsätzlich eine verhältnismäßige Maßnahme dar, um insoweit den für künftige Beurteilungen und Vorbeurteilungen anderer Richter erforderlichen Vergleichsmaßstab zu gewinnen. Davon abgesehen kann gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 LRiStaG auch eine - vom Alter unabhängige - Beurteilung des Antragstellers aus konkretem Anlass erforderlich werden.

36

Nach der rechtsfehlerfreien Würdigung des Dienstgerichtshofs wird auch nicht bereits durch die beanstandete Maßnahme als solche unabhängig von einer späteren Verwendung bei einer Beurteilung auf die rechtsprechende Tätigkeit des Antragstellers unzulässig Einfluss genommen. Der Antragsteller macht ohne Erfolg geltend, die beanstandete Maßnahme beeinträchtige seine richterliche Unabhängigkeit, weil mit der lückenlosen Beobachtung der Rechtsmittelrückläufer eine allgemeine Kontrolle stattfinde, die psychisch vermittelten Einfluss auf den Inhalt seiner Entscheidungen nehmen solle. Die dienstaufsichtführende Stelle kann ihre Aufgaben, eine geordnete Rechtspflege zu gewährleisten und die Einhaltung der Dienstpflichten zu kontrollieren, nur erfüllen, wenn sie befugt ist, sich durch ständige Beobachtung des Dienstbetriebs und der Arbeit der Richter zu informieren (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2011 - RiZ(R) 7/10, MMR 2012, 128 Rn. 27 mwN). Eine Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit kommt zwar in Betracht, wenn mit der Beobachtung Maßnahmen verbunden werden, die dazu bestimmt oder geeignet sind, die richterliche Rechtsfindung durch psychischen Druck oder auf andere Weise unmittelbar oder mittelbar zu beeinflussen (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2011 - RiZ(R) 7/10, MMR 2012, 128 Rn. 28 mwN). Die hier in Rede stehende Sichtung der Rechtsmittelrückläufer ist jedoch weder dazu bestimmt noch bei vernünftiger Betrachtung geeignet, die betroffenen Richter zu einer bestimmten Entscheidung zu veranlassen. Insbesondere erweckt sie nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Dienstgerichtshofs bei einer von subjektiven Befürchtungen freien Betrachtung nicht den Eindruck, der Dienstvorgesetzte erwarte von den betroffenen Richtern, dass sie bei ihren Entscheidungen der Rechtsauffassung des Rechtsmittelgerichts folgen.

37

cc) Die Revision rügt ohne Erfolg, die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers sei verletzt, weil der Präsident des Landgerichts den Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte mit der beanstandeten Anordnung in unzulässiger Weise die Wahrnehmung von Aufgaben der Dienstaufsicht übertragen habe.

38

(1) Wird eine Maßnahme der Dienstaufsicht gegenüber einem Richter durch eine unzuständige Person vorgenommen, ist die richterliche Unabhängigkeit bereits aus diesem Grund verletzt. Eine Maßnahme der Dienstaufsicht kann nur von demjenigen vorgenommen werden, dem die entsprechende Befugnis zur Dienstaufsicht zusteht. Andere Amtsträger als der Dienstvorgesetzte können mit der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben der Dienstaufsicht im Einzelfall nur in der Weise beauftragt werden, dass sie mit inhaltlich ganz bestimmten Weisungen für die zu treffende Maßnahme zu versehen sind, die eine eigene Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ ausschließen und den Beauftragten jedenfalls nur als ausführendes und nicht als entscheidendes Organ in Erscheinung treten lassen (BGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - RiZ(R) 4/09, juris Rn. 32 mwN).

39

(2) Nach diesen Maßstäben ist es nicht zu beanstanden, dass der Präsident des Landgerichts den Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte mit der beanstandeten Anordnung die Aufgabe der Sichtung von Rechtsmittelrückläufern zur Wahrnehmung übertragen hat.

40

Die angeordnete Sichtung von Rechtsmittelrückläufern stellt entgegen der Ansicht des Dienstgerichtshofs allerdings eine Maßnahme der Dienstaufsicht dar, weil damit die Grundlage für künftige Beurteilungen und Vorbeurteilungen der Richter erweitert werden soll (vgl. oben Rn. 13 bis 17). Der Präsident des Landgerichts hat diese Maßnahme der Dienstaufsicht jedoch in zulässiger Weise auf die Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte zur Wahrnehmung übertragen.

41

Bei der dienstlichen Beurteilung eines Richters handelt es sich um eine Maßnahme der Dienstaufsicht, die allein von demjenigen vorgenommen werden kann, dem die entsprechende Befugnis zur Dienstaufsicht zusteht. Daher ist allein der Präsident des Landgerichts, soweit er Dienstvorgesetzter der Richter beim Amtsgericht ist (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 1 GVG in Verbindung mit § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 des baden-württembergischen Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen der ordentlichen Gerichtsbarkeit), zur dienstlichen Beurteilung der Richter beim Amtsgericht befugt. Bei seiner Beurteilung kann er sich allerdings, um sich ein Bild von den Leistungen und der Persönlichkeit der Richter zu machen, auch auf Stellungnahmen der Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte stützen, bei denen die zu beurteilenden Richter im maßgebenden Beurteilungszeitraum tätig gewesen sind (vgl. BGH, Urteil vom 25. August 1992 - RiZ(R) 2/92, juris Rn. 19 mwN). Er ist folglich auch befugt, den Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte im Wege einer Anordnung vorzugeben, auf welcher Grundlage ihre Stellungnahme beruhen soll.

42

Der Präsident des Landgerichts war danach berechtigt, die Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte zur Erweiterung der Grundlagen dienstlicher Beurteilungen mit der Sichtung von Rechtsmittelrückläufern zu beauftragen. Eine solche Beauftragung anderer Amtsträger mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Dienstaufsicht ist entgegen der Ansicht der Revision nicht nur dann zulässig, wenn der Dienstvorgesetzte diese Aufgabe nicht selbst wahrnehmen kann. Unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit genügt es vielmehr, dass die Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte bei der Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgabe nur als ausführende und nicht als entscheidende Organe in Erscheinung treten und die Richterinnen und Richter beim Amtsgericht allein vom Präsidenten des Landgerichts beurteilt werden.

43

II. Danach war die Revision des Antragstellers gegen das Urteil des Dienstgerichtshofs für Richter zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO.

Bergmann                    Drescher                        Menges

                    Koch                         Gericke

24
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. nur Urteile vom 31. Januar 1984 - RiZ(R) 3/83, BGHZ 90, 41, 48 ff. und vom 5. Oktober 2005 - RiZ(R) 5/04 aaO S. 693 m.w.Nachw.), die auch das Dienstgericht nicht übersieht, ist Gegenstand der Prüfung vor den Dienstgerichten allein die Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Grundsatz richterlicher Unabhängigkeit, nicht hingegen deren Übereinstimmung mit anderen Gesetzen und Rechtsgrundsätzen. Letzteres zu prüfen, ist allein den Verwaltungsgerichten vorbehalten. Hierzu gehört auch die vom Dienstgericht vorgenommene Prüfung, ob das dienstaufsichtliche Vorgehen wegen Ermessensfehlgebrauchs bei der Auswahl der dienstaufsichtlichen Maßnahme gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Die Frage, ob Vorhalt und Ermahnung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles die angemessene und rechtmäßige Reaktion der Dienstaufsicht sind, unterliegt danach nicht der Beurteilung durch die Dienstgerichte (BGH, Urteil vom 22. Februar 2006 - RiZ(R) 3/05, NJW 2006, 1674, 1675).

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft Fragen des rechtlichen Gehörs im Zusammenhang mit der Nichterhebung eines angebotenen Beweises.

2

1. Der Beschwerdeführer hatte für die Beklagte des Ausgangsverfahrens als Handelsvertreter vier Autovermietungen betrieben, bevor er die entsprechenden Agenturverträge selbst kündigte. Mit seiner Klage begehrte er eine Ausgleichszahlung und berief sich im Rahmen des § 89b Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 HGB darauf, ihm sei die gesamte Tätigkeit als Handelsvertreter aufgrund näher bezeichneter gesundheitlicher Beschwerden unzumutbar. Hierzu legte er ein ärztliches Attest vor, in dem ihm die Einstellung seiner Handelsvertretertätigkeit dringend angeraten wurde, und beantragte die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Die Fachgerichte wiesen seine Klage ab, ohne das Gutachten einzuholen. Der Beschwerdeführer habe trotz entsprechender gerichtlicher Hinweise nicht dargelegt, welche Tätigkeiten er konkret selbst wahrnehme. Der bloße Vortrag, ihm sei die gesamte Tätigkeit als Handelsvertreter unzumutbar, sei nicht hinreichend substantiiert und biete daher keinen Anlass für die Einholung eines Gutachtens.

3

2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ablehnung seines Beweisantrages finde im Prozessrecht keine Stütze und sei darüber hinaus willkürlich.

4

3. Die Verfassungsbeschwerde ist gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Beschwerdeführer ist in seinem Recht auf rechtliches Gehör nicht verletzt.

5

a) Art. 103 Abs. 1 GG gebietet es, dass sowohl die normative Ausgestaltung des Verfahrensrechts als auch das gerichtliche Verfahren im Einzelfall ein Ausmaß an rechtlichem Gehör eröffnen, das sachangemessen ist, um dem in bürgerlichrechtlichen Streitigkeiten aus dem Rechtsstaatsprinzip (vgl. BVerfGE 54, 277 <291>) folgenden Erfordernis eines wirkungsvollen Rechtsschutzes gerecht zu werden, und das den Beteiligten die Möglichkeit gibt, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten. Die nähere Ausgestaltung des rechtlichen Gehörs bleibt den einzelnen Verfahrensordnungen überlassen (vgl. BVerfGE 67, 208 <211>; 74, 228 <233 f.>). Eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts liegt erst dann vor, wenn das Gericht bei der Auslegung oder Anwendung der Verfahrensvorschriften die Bedeutung oder Tragweite des Anspruchs auf rechtliches Gehör verkannt hat (vgl. BVerfGE 60, 305 <310 f.>; 74, 228 <233>).

6

Dies gilt auch im Fall vom Gericht nicht erhobener Beweise. Art. 103 Abs. 1 GG gewährt zwar keinen Schutz dagegen, dass das Gericht das Vorbringen oder den Beweisantrag eines Beteiligten aus Gründen des materiellen oder formellen Rechts unberücksichtigt lässt (vgl. BVerfGE 69, 145 <148 f.> m.w.N.). Die Nichtberücksichtigung eines vom Gericht als erheblich angesehenen Beweisangebots verstößt aber dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BVerfGE 69, 141 <143 f.> m.w.N.).

7

Ob der Sachvortrag eines Prozessbeteiligten hinreichend substantiiert ist, um das Gericht zur Erhebung eines angebotenen Beweises zu zwingen, oder ob es sich nicht eher um einen Beweisermittlungsantrag handelt, bei dem die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 1995 - VI ZR 178/94 -, NJW 1995, S. 2111 <2112>), ist wesentlich eine einfachrechtliche Frage, zu deren Beantwortung das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nicht berufen ist, solange nicht die Schwelle einer Verletzung spezifischen Verfassungsrechts überschritten ist (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 60, 305 <310 f.>; 74, 228 <233>; 75, 302 <313 f.>). Bei der Anwendung der Grundsätze, die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der Frage entwickelt worden sind, wie detailliert die Sachdarstellung sein muss, um bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zur Beweiserhebung zu nötigen, können Abgrenzungsschwierigkeiten auftreten. Selbst wenn in einem solchen Fall das Gericht zu einem zivilprozessual fehlerhaften Ergebnis kommt, verletzt dies den Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht ohne weiteres, sondern erst dann, wenn spezifisches Verfassungsrecht verletzt ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 5. November 2008 - 1 BvR 1822/08 -, juris Rn. 7).

8

b) Gemessen an diesen Maßstäben verletzen die angegriffenen Entscheidungen noch nicht denverfassungsrechtlichgewährleisteten Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör.

9

Zwar ist nicht ohne weiteres auszuschließen, dass aus einfachrechtlicher Sicht das Oberlandesgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht von weiteren Angaben des Beschwerdeführers zu dessen spezifischer Tätigkeit abhängig machen durfte (kritisch zur hier vorliegenden Entscheidung des Oberlandesgerichts Döpfer, EWiR 2010, S. 459 f.; vgl. zu den Anforderungen an die Darlegung der Unzumutbarkeit der Fortführung eines Handelsgewerbes i.S.d. § 89b Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 HGB a. F. BGH, Urteil vom 29. April 1993 - I ZR 150/91 -, NJW-RR 1993, S. 996 <997 f.>). Denn nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. nur BGH, Urteil 19. November 2008 - VIII ZR 138/07-,NJW 2009, S. 502 <505> m.w.N.) ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs schlüssig und damit erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind. Zergliederungen der Sachdarstellung in Einzelheiten können allenfalls bedeutsam werden, wenn der Gegenvortrag dazu Anlass bietet. Dennoch ist derjenige, der ein Recht beansprucht, nicht schon deshalb gezwungen, den behaupteten Sachverhalt in allen Einzelheiten wiederzugeben, weil der Gegner ihn bestreitet (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 1991 - X ZR 77/89 -, NJW 1991, S. 2707 <2709>).

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Unabhängig davon handelt es sich aber bei der Einschätzung des Oberlandesgerichts, der Vortrag des Beschwerdeführers biete mangels hinreichender Substantiierung keinen Anlass zur Beweiserhebung, um eine einfachrechtliche Würdigung, die die Schwelle einer Verletzung spezifischen Verfassungsrechts nicht überschreitet. Dass das Oberlandesgericht die Bedeutung oder Tragweite des Anspruchs auf rechtliches Gehör verkannt oder die Anforderungen an den Sachvortrag in willkürlicher Weise überspannt hätte, wird mit der Verfassungsbeschwerde nicht dargelegt und ist auch sonst nicht zu ersehen. Die Auffassung des Oberlandesgerichts, die Zumutbarkeit der Fortführung des Handelsgewerbes im Sinne von § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB könne nur im Hinblick auf eine konkrete umschriebene Tätigkeit beurteilt werden, was eine nähere Darlegung der Tätigkeit des Beschwerdeführers erfordere, entbehrt - auch angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer weiter berufstätig blieb und der Beklagten des Ausgangsverfahrens bei einem wirtschaftlichen Entgegenkommen die Fortführung der Handelsgewerbe angeboten hatte - nicht jeglicher sachlichen Rechtfertigung, zumal der Beschwerdeführer frühzeitig auf die aus der Sicht der Fachgerichte notwendigen Angaben zu seiner beruflichen Tätigkeit hingewiesen wurde und solche Angaben ihm auch ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen wären.

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Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft sie das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann das Bundesverwaltungsgericht

1.
in der Sache selbst entscheiden,
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der im Revisionsverfahren nach § 142 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Verweist das Bundesverwaltungsgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 49 Nr. 2 und nach § 134 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Oberverwaltungsgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht anhängig geworden wäre.

(6) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(7) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit das Bundesverwaltungsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend hält. Das gilt nicht für Rügen nach § 138 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Für die Revision im Versetzungsverfahren und im Prüfungsverfahren gelten die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung sinngemäß. Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht wirkt an dem Verfahren nicht mit.

(2) Die Revision ist stets zuzulassen.

(3) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf der Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm beruht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.