Bundesgerichtshof Urteil, 04. Dez. 2012 - 1 StR 336/12

bei uns veröffentlicht am04.12.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 336/12
vom
4. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
4. Dezember 2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Sander,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenkläger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger wird das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 13. Februar 2012 mit den Feststellungen aufgehoben; ausgenommen sind die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichteten , auf die jeweils näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger, mit denen eine Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes erstrebt wird, haben weitgehend Erfolg.

I.

2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Der Angeklagte unterhielt seit 2002 zu dem späteren Tatopfer C. eine Liebesbeziehung. Ende Mai 2011 beendete C. diese Beziehung und wandte sich dem Zeugen B. zu. Der Angeklagte fühlte sich emotional und, weil er während der Beziehung nicht unerhebliche materielle Aufwendungen für C. getätigt hatte, auch finanziell ausgenutzt.
4
Bereits am 1. Juli 2011, dem Tag vor der Tat, suchte er „in aufgebrachter Stimmung“ das früher gemeinsam, nun allein von C. be- wohnte Haus in S. auf, in dem sich zu diesem Zeitpunktauch B. aufhielt. Dabei hatte er zunächst versucht, mit einer Leiter ins Obergeschoss des Hauses zu gelangen, weil ihm zuerst der Zugang von C. verwehrt worden war. Nachdem sie ihn dann doch eingelassen hatte, kam es zu einer zunächst verbalen Auseinandersetzung, in deren Folge der Angeklagte C. ins Gesicht schlug und mit den Worten „Hure“ und „Schlampe“ beleidigte. Dann drohte er ihr unter Vorhalt eines Mes- sers, sie zu erstechen, und später noch, sie zu erschießen. Hierauf reagierte C. „völlig unaufgeregt“. Es gelang ihr, den Angeklagten zu beruhigen, wobei sie ihm auch eine betragsmäßig noch nicht näher bestimmte Entschädigung für seine finanziellen Aufwendungen zusagte.
5
Am Morgen des 2. Juli 2011, einem Samstag, traf der Angeklagte gegen 9.00 Uhr erneut „in erregter Stimmung“ auf B. auf demPark- platz eines Hotels und verwickelte diesen in ein Streitgespräch. Er beruhigte sich erst, als B. ihm mitteilte, dass er die Nacht allein verbracht habe, und ließ C. ausrichten, er wolle sich mit ihr um 11.00 Uhr in seinen Büroräumen treffen, um Einzelheiten der finanziellen Entschädigung zu regeln. Dabei stellte er B. frei, ebenfalls bei dem Gespräch anwesend zu sein.
6
Nachdem das Treffen telefonisch auf 13.00 Uhr verschoben worden war, trafen C. und B. gegen 13.00 Uhr in den Büroräumen des Angeklagten in E. ein. Der Angeklagte schloss, nachdem B. , C. und er das Büro betreten hatten, die Tür von innen ab und warf die Schlüssel auf einen im Eingangsbereich stehenden Schreibtisch. Er forderte B. und C. auf, sich zu setzen, was diese auch taten. Anschließend holte er einen zuvor im hinteren Teil des Büros versteckten, geladenen Revolver und setzte sich B. und C. gegenüber an den Schreibtisch. Er beabsichtigte, C. unter Vorhalt der Waffe zu einem schriftlichen Schuldanerkenntnis über 28.000 Euro und zu der Zusicherung zu zwingen, sich bis zu ihrem Wegzug aus S. dort nicht mehr mit B. in der Öffentlichkeit zu treffen. Nach den Feststellungen der Kammer war der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt noch nicht zur Tötung seiner früheren Lebensgefährtin entschlossen, hielt es jedoch für möglich, „in eine Situation kommen zu können, in der er von der Schusswaffe - gegen C. und gegen sich selbst - Gebrauch machen würde“.
7
Trotz Vorhalts der Waffe blieb C. „völlig ruhig“ und signalisierte dem Angeklagten, dass sie allenfalls bereit sei, seinen finanziellen, jedoch nicht den übrigen Forderungen nachzukommen; auch werde sie nichts unterschreiben. Hierauf begann eine etwa halbstündige verbale Auseinandersetzung , während derer der Angeklagte sich mehr und mehr in Rage redete. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, bedrohteer C. mehrfach unter Vorhalt der Waffe mit dem Tod und verlas ein vorgefertigtes Testament, „um den Eindruck zu erwecken, dass er bereits mit dem Le- ben abgeschlossen habe“. C. blieb dennoch gelassen,da sie sich sicher war, den Angeklagten, der bis zum Vortag nie gegen sie tätlich geworden war, erneut beruhigen zu können.
8
Diese Gelassenheit und C. s Bitte, er möge doch zum Rauchen einen Aschenbecher benutzen, kränkten den Angeklagten bis aufs Äußerste. Er „schrie und tobte herum, er sei sein ganzes Leben lang ausgenutzt und gedemütigt worden“. Auf erneuten Vorhalt der Waffe sagte C. , die sich noch immer nicht ernstlich in Gefahr wähnte: „R. , dann musst Du tun, was Du tun musst“. Hierauf setzte ihr der Angeklagte, der nun entschlossen war, sie zu töten, seine Waffe an den Kopf und drückte ab. Dann begab er sich, ohne B. weiter zu beachten, in den hinteren Bereich des Büros und schoss sich in die rechte Schläfe, um auch sich zu töten. Nachdem er am Boden lag, gelang es B. , den Revolver zur Seite zu schieben und mit den zu Boden gefallenen Schlüsseln die Tür zu öffnen.
9
C. verstarb gegen 15.43 Uhr desselben Tages im Klinikum Freiburg. Der Angeklagte erlitt durch den selbst beigebrachten Kopfschuss multiple Kopfverletzungen, die zu dauerhafter Erblindung, Schwerhörigkeit , Anosmie, Konzentrations- und Schlafstörungen sowie Schwindelanfällen führten.
10
Die insoweit sachverständig beratene Kammer hat bei dem Angeklagten eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und histrionischen Persönlichkeitsmerkmalen (ICD-10:F61.0) festgestellt, die sich in einem überhöhten Selbstbild, mangelndem Empathievermögen und besonderer Empfindlichkeit gegenüber Kränkungen ausdrücke. Die Störung habe aber weder allein noch in Verbindung mit seiner im Tatzeitpunkt bestehenden affektiven Erre- gung zu einer Verminderung seiner Fähigkeit zu normgerechtem Verhalten geführt.
11
2. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags (§ 212 StGB) verurteilt. Eine Verurteilung wegen Mordes (§ 211 StGB) hat es hingegen abgelehnt.
12
Nach Auffassung der Strafkammer erfüllt das Verhalten des Angeklagten insbesondere nicht das Mordmerkmal der Heimtücke, denn er habe nicht den Willen gehabt, die Arg- und Wehrlosigkeit von C. zu deren Tötung auszunutzen. Vielmehr sei er „unentwegt darum bemüht“ gewesen, ihre Arglosigkeit zu beseitigen; er habe gewollt, „dass sie ihn ernst nehmen sollte“.
13
Die Tötung sei auch nicht aus niederen Beweggründen begangen worden. Nicht Eifersucht, sondern die durch das Verhalten von C. erlittene Demütigung sei bestimmendes Motiv des Handelns des Ange- klagten gewesen. Das Gefühl, „sowohl in emotionaler als auch in finanzieller Hinsicht ausgenutzt worden zu sein“, sei nachvollziehbar, ebenso der Versuch, die Kränkung „durch einen finanziellen Ausgleich gleichsam abzumildern“. Zu- dem sei der Tatentschluss vor dem Hintergrund der krankheitswertig narzissti- schen Persönlichkeit des Angeklagten zu bewerten. Er habe infolge des „aus seiner Sicht nicht hinnehmbaren Gesichtsverlustes“ letztlich subjektiv „gar keine andere Möglichkeit mehr“ gehabt, als zu schießen. Aufgrund seiner Persönlich- keitsstörung sei er auch nicht in der Lage gewesen, eine etwaige Niedrigkeit seiner Beweggründe zu erkennen und zu beherrschen.

II.

14
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage haben im Wesentlichen Erfolg. Beide beanstanden zu Recht, dass das Landgericht die Mordmerkmale der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe abgelehnt hat.
15
1. Beim Mordmerkmal der Heimtücke (§ 211 Abs. 2 StGB) ist die Kammer - mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung - davon ausgegangen , dass C. im Zeitpunkt der Abgabe des Schusses Arg- und wehrlos war. Rechtsfehlerhaft hat der Tatrichter jedoch in der Folge das Bewusstsein des Angeklagten verneint, diese Arg- und Wehrlosigkeit zur Tötung ausgenutzt zu haben.
16
Das subjektive Merkmal des Ausnutzungsbewusstseins liegt vor, wenn der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit seines Opfers in ihrer Bedeutung für dessen hilflose Lage und die Ausführung der Tat in dem Sinne erfasst, dass er sich bewusst ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber einem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen (BGH, Beschluss vom 4. Mai 2011 - 5 StR 65/11, NStZ 2011, 634 ff. mwN; Urteile vom 10. November 2004 - 2 StR 248/04, NStZ 2005, 688 ff.; vom 20. Juli 2004 - 1 StR 145/04; vom 30. April 2003 - 2 StR 503/02, NStZ 2003, 535 ff. mwN; vom 20. April 1989 - 4 StR 87/89, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 9 mwN).
17
Eines darüber hinausgehenden, voluntativen Elements in dem Sinne, dass der Täter die Arglosigkeit des Opfers für seine Tat instrumentalisieren oder anstreben muss, bedarf es nicht (BGH, Urteil vom 20. April 1989 - 4 StR 87/89, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 9 mwN). Das Landgericht durfte deshalb das Ausnutzungsbewusstsein nicht mit der Begründung ablehnen, der Angeklagte habe „nicht den Willen“ gehabt, die Arglosigkeit C. s zur Tötung auszunutzen (UA S. 25), bzw., er habe die Arg- und Wehr- losigkeit C. s nicht „ausnutzen wollen“ (UA S. 25 f.). Gleichsam fehlerhaft ist die Erwägung der Strafkammer, der Angeklagte habe sich darum bemüht, die Arglosigkeit C. s zu beseitigen (UA S. 25). Denn wenn es schon grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob der Täter die Arglosigkeit seines Opfers anstrebt, ist auch ein entgegengesetzter Wille unbeachtlich; der Täter muss nur erkennen, dass das Opfer arglos ist und sich deshalb des Angriffs auf sein Leben nicht oder nur in geringerem Umfang erwehren kann.
18
2. Auch die Prüfung des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe leidet an einem durchgreifenden Rechtsfehler. Bezüglich der Anforderungen an die subjektive Tatseite geht die Kammer von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab aus.
19
Der Vertreter der Nebenkläger, RA Prof. Dr. W., hat in seiner Revisionsbegründung hierzu u.a. ausgeführt: "Rechtlich fehl geht auch die Hilfserwägung der Kammer, wonach jedenfalls die subjektive Seite des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe nicht gegeben sei. … Bei der Prüfung der niedrigen Beweggründe ist erforderlich und zugleich genügend, dass der Täter die Umstände kennt und bewusst erfasst , welche die Bewertung seines Handlungsantriebes als niedrig begründen. Dagegen braucht er ihre Bewertung als weder niedrig vorzunehmen noch nachzuvollziehen; auf seine eigene Einschätzung oder rechtsethische Bewertung kommt es nicht an (BGHSt 6, 329, 331; BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 6, 13, 15, 23, 24; st. Rspr.).“
20
Dem ist vom Senat nichts hinzuzufügen.
21
Diese Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen. Ausgenommen sind die - rechtsfehlerfrei - getroffenen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen, die bestehen bleiben können. Der neue Tatrichter kann ergänzende, nicht in Widerspruch stehende Feststellungen treffen; die subjektive Tatseite ist neu festzustellen. Nack Rothfuß Graf Sander Cirener

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.
Bundesgerichtshof Urteil, 04. Dez. 2012 - 1 StR 336/12 zitiert 5 §§.

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(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

5 StR 65/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 4. Mai 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Mai 2011

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 29. Oktober 2010 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und das asservierte Tatmesser eingezogen. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen fühlte die 15 Jahre jüngere Ehefrau des 1956 in Stettin geborenen, nach einem Verkehrsunfall dauerhaft arbeitsunfähigen Angeklagten sich spätestens seit Herbst 2008 in ihrer Ehe unglücklich und versuchte seither, sich aus dieser zu lösen. Etwa im August 2009 lernte sie das spätere Tatopfer Sch. kennen und ging mit ihm eine Beziehung ein. Im November 2009 bezog sie eine „nur zwei Hausnummern“ von der gemeinsamen Wohnung entfernte eigene Wohnung. Der Angeklagte reagierte darauf sehr gekränkt. Zwei Tage nach ihrem Umzug besuchte er seine Ehefrau in deren neuer Wohnung. Es kam zwischen beiden zu einer körperlichen Auseinandersetzung. Von den herbeigerufenen Polizeibeamten, die den Angeklagten zusammengekauert auf dem Bett der Ehefrau liegend vorfanden, ließ er sich freiwillig mitnehmen. Mit seinem Einverständnis wurde er in das Zentrum für integrative Psychiatrie in Kiel gebracht, dort etwa einen Monat lang stationär behandelt und schließlich mit der Diagnose einer „Störung der Impulskontrolle mit gewalttätigen Übergriffen vor dem Hintergrund von überwertigen Eifersuchtsideen“ (UA S. 10) in ambulante Weiterbehandlung entlassen. In der Folgezeit sah sich der Angeklagte gezwungen, die eheliche Wohnung zum 31. März 2010 aufzugeben.
3
Inzwischen beabsichtigte seine Ehefrau, gemeinsam mit ihren beiden jüngeren Kindern – der älteste Sohn befand sich in einem Internat – in das Haus von Sch. umzuziehen. Auf die Bemühungen des Angeklagten um klärende Gespräche ging sie immer weniger ein. Der Angeklagte entwickelte zunehmend die Vorstellung, dass Sch. es tatsächlich gar nicht auf seine Ehefrau, sondern – zumindest auch – auf seine 1994 geborene Tochter C. „abgesehen“ hätte (UA S. 11). Da die Sorgerechtssituation ungeklärt war und der Angeklagte seine Befürchtung mit seiner Ehefrau im Beisein von Sch. ausdiskutieren wollte, vereinbarte er telefonisch ein Treffen für den 28. März 2010 in der Wohnung der Ehefrau. Der Angeklagte begab sich mit Kuchen und einem Spielzeug für seinen jüngsten Sohn M. zu ihrer Wohnung. „Dabei führte er auch ein aus seiner Wohnung stammendes … einseitig geschliffenes Messer mit einer Gesamtlänge von ca. 33 cm, einer Klingenlänge von ca. 20 cm und einer maximalen Klingenbreite von 3 cm unter seiner Kleidung verborgen mit sich“ (UA S. 13). Ob er bereits zu diesem Zeitpunkt den Entschluss gefasst hatte, Sch. mit dem Messer zu töten oder auch nur zu verletzen, vermochte die Schwurgerichtskammer nicht sicher festzustellen.
4
Im Wohnzimmer der Ehefrau kam es zu einer Auseinandersetzung in teils angespannter Atmosphäre. Als sich die Stimmung erneut zu verschlechtern begann, brachte die Ehefrau ihren Sohn M. unter einem Vorwand aus dem Zimmer. Kurz nachdem sie das Zimmer verlassen hatte, vernahm sie „komische Geräusche“ und Schreie von Sch. aus dem Wohnzimmer. Sie begab sich unverzüglich zurück ins Wohnzimmer, wo sie den Angeklagten mit einem Messer auf der Couch stehend erblickte, während Sch.
„halb sitzend, halb rücklings auf der Couch liegend versuchte, sich mit den Füßen gegen den Angeklagten zu wehren, und sich dabei den Bauch hielt“ (UA S. 14). Der Angeklagte hatte Sch. mit dem mitgebrachten Messer eine mindestens 25 cm tief in den Oberkörper eindringende kombinierte Schnitt-Stich-Verletzung zugefügt, in deren Folge es zu Verletzungen der Leber, des Dünndarms, der Milzvene und einer Nierenvene sowie der rechten Beckenschlagader kam. Darüber hinaus stach der Angeklagte Sch. in die linke Brustseite, was zu einer Verletzung der Lunge führte, und fügte ihm zwei weitere Stichverletzungen im Bereich der Extremitäten zu. Aufgrund der Verletzungen verstarb Sch. am folgenden Morgen im Krankenhaus.
5
Das Landgericht hat die Tat – unter Bejahung des Tatbestandsmerkmals der Heimtücke – als Mord gewertet. Sachverständig beraten ist es zur Annahme der vollen Schuldfähigkeit des Angeklagten gelangt.
6
2. Der Schuldspruch hat keinen Bestand. Die Feststellungen des Urteils zur unmittelbaren Tatsituation tragen nicht die Annahme des Tatbestandsmerkmals der Heimtücke.
7
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt heimtückisch, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Arglos ist ein Tatopfer, wenn es bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs weder mit einem lebensbedrohlichen, noch mit einem gegen seine körperliche Unversehrtheit gerichteten schweren oder doch erheblichen Angriff rechnet (BGH, Urteil vom 26. November 1986 – 3 StR 372/86, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 2 mwN). Arg- und Wehrlosigkeit können auch gegeben sein, wenn der Tat eine feindselige Auseinandersetzung vorausgeht, das Tatopfer aber nicht mit einem erheblichen Angriff gegen seine körperliche Unversehrtheit rechnet (BGH, Urteil vom 30. Mai 1996 – 4 StR 150/96, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 21 mwN).
8
b) Dass der Angriff Sch. „völlig unvermittelt“ (UA S. 32) traf, leitet die Strafkammer aus der Kürze des seit dem Verlassen des Zimmers durch die Zeugin Sa. verstrichenen Zeitraumes sowie daraus her, dass die Sitzposition Sch. s nach dem gegen ihn geführten Angriff mit derjenigen zum Zeitpunkt des Verlassens des Wohnzimmers durch die Zeugin „praktisch identisch“ war und keine Abwehrspuren an den Händen des Opfers festgestellt werden konnten. Während die Position von Täter und Opfer während der Tat auch durch die objektive Spurenlage belegt werden, beruhen die Feststellungen über die Kürze des seit dem Verlassen des Wohnzimmers durch die Zeugin Sa. verstrichenen Zeitraumes alleine auf deren mit ihrem Einverständnis in die Hauptverhandlung eingeführten Angaben gegenüber der Polizei. Da eine Befragung der Zeugin, die in der Hauptverhandlung von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO Gebrauch gemacht hat, nicht möglich war, ist schon eine Stützung der Feststellungen auf ihre insoweit eher unpräzisen Angaben vor der Polizei problematisch (vgl. zur Problematik allgemein BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 – 5 StR 482/10 Rn. 11 mwN). Dies bedarf indes keiner Vertiefung, da die Feststellungen jedenfalls nicht die Annahme des erforderlichen Ausnutzungsbewusstseins tragen.
9
c) Voraussetzung heimtückischer Begehungsweise ist, dass der Täter die von ihm erkannte Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tatbegehung ausnutzt. Dafür ist erforderlich, dass er die Umstände, welche die Tötung zu einer heimtückischen machen, nicht nur in einer äußerlichen Weise wahrgenommen, sondern in dem Sinne in ihrer Bedeutung für die Tatbegehung erfasst hat, dass ihm bewusst geworden ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber dem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen (BGH, Urteile vom 26. November 1986 und vom 30. Mai 1996 aaO; BGH, Urteil vom 20. Januar 2005 – 4 StR 491/04, NStZ 2005, 691 jeweils mwN). Dabei kann die Spontaneität des Tatentschlusses im Zusammenhang mit der Vorgeschichte der Tat und dem psychischen Zustand des Täters ein Beweisanzeichen dafür sein, dass ihm das Ausnutzungsbewusstsein fehlte (BGH, Urteil vom 13. August 1997 – 3 StR 189/97, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 26 mwN); psychische Ausnahmezustände können auch unterhalb der Schwelle des § 21 StGB der Annahme des Bewusstseins des Ausnutzens entgegenstehen (BGH, Urteil vom 13. Februar 2007 – 5 StR 508/06, NStZ 2007, 330).
10
Das Landgericht geht mit dem zur Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten gehörten Sachverständigen davon aus, dass der Angeklagte „sich zur Tatzeit angesichts des sich für ihn abzeichnenden endgültigen Verlustes seiner Ehefrau und möglicherweise auch seiner Kinder in einem Zustand affektiver Erregung befunden“ habe (UA S. 35). Im Zusammenhang mit der Beurteilung seiner Schuldfähigkeit berücksichtigt es auch, „dass der Angeklagte auf der Grundlage seiner narzisstischen Persönlichkeitszüge und der mit ihr verbundenen Kränkbarkeit, seiner erhöhten Erregbarkeit und seiner eingeschränkten Frustrationstoleranz eine gewisse Disposition aufwies, auf narzisstische Kränkungen impulsiv zu reagieren“ (UA S. 35). Schließlich stellt es in Rechnung, dass „zwischen dem Angeklagten und Sch. als dem den Bestand seiner Familie bedrohenden ‚Nebenbuhler’ zumindest von seiner Seite aus seit einiger Zeit eine konflikthafte Beziehung bestand, die sich in der Tatsituation durch die nicht auszuschließende erstmalige sichere Erkenntnis , dass seine Ehefrau mit ihren beiden jüngeren Kindern umgehend zu Sch. ziehen werde, erneut aktualisierte“ (UA S. 36). Zwar hindert nicht jede affektive Erregung oder heftige Gemütsbewegung einen Täter daran , die Bedeutung der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers für die Tat zu erkennen ; dies ist vielmehr Tatfrage (BGH, Urteil vom 20. Januar 2005 aaO mwN). Es bedarf jedoch in der Regel der Darlegung gegenläufiger Beweisanzeichen , aus denen das Tatgericht folgert, dass der Täter trotz seiner Erregung die für die Heimtücke maßgeblichen Umstände in sein Bewusstsein aufgenommen hat (BGH, Urteil vom 9. Februar 2000 – 3 StR 392/99, NStZ-RR 2000, 166).
11
hat Dies das Landgericht mit einem Umstand begründet, der als Grundlage für eine den Angeklagten nachteilige Schlussfolgerung ungeeignet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2001 – 5 StR 520/01, StV 2002, 235). Das vom Landgericht für eine gezielte Ausnutzung der Argund Wehrlosigkeit Sch. s maßgeblich herangezogene Beweisanzeichen ist, dass sich der Angeklagte dem 1,86 m großen und 122 kg schweren Tatopfer bei einer eigenen Körpergröße von 1,80 m und 73 kg Körpergewicht „nach eigenen Angaben körperlich unterlegen fühlte“ und „sich daher bei lebensnaher Betrachtung nur von einem unvermuteten Angriff Erfolg versprechen konnte“ (UA S. 33). Die Wahrnehmung einer eigenen körperlichen Unterlegenheit , die das Landgericht einer Einlassung zur Darstellung einer ganz anderen – seinen Feststellungen nicht zugrunde gelegten – Tatsituation entnommen hat, kann hier indes nicht als Grundlage der Schlussfolgerungen ausreichen, dass der Angeklagte trotz seiner aus dem Verlust seiner bisherigen Existenz und seinen besonderen Persönlichkeitsmerkmalen resultierenden Erregung die für die Heimtücke maßgeblichen Umstände in sein Bewusstsein aufgenommen hat. Das Landgericht hat zudem bei seiner Vorgehensweise aus einer als widerlegt angesehenen, der Verteidigung dienenden Einlassung einen Umstand herangezogen, den es – hierzu in Widerspruch – belastend verwertet hat.
12
3. Darüber hinaus sind auch die Feststellungen rechtsfehlerhaft, mit denen das Landgericht einen die Schuldfähigkeit des Angeklagten erheblich vermindernden Affekt ausschließt.
13
der Bei Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten geht das Landgericht – wie bereits dargelegt – davon aus, dass sich der Angeklagte bei der Tatbegehung in einem Zustand affektiver Erregung befunden habe. Gegen das Bestehen eines damit verbundenen und seine Schuldfähigkeit in relevantem Umfang einschränkenden Affekts spreche nach Ansicht des Sachverständigen – dem sich das Landgericht anschließt – indes, „dass der Angeklagte im Zusammenhang mit der Tatausführung eine von ihm getroffe- ne Entscheidung im Wege eines geordneten Handelns umgesetzt habe, um ein eigenes Zeichen“ zu setzen (UA S. 35). Diese Annahme ist weder vor dem Hintergrund der Feststellungen des angefochtenen Urteils, noch vor demjenigen der Einlassung des Angeklagten nachvollziehbar. Der Umstand, dass der Angeklagte nach der Tat die Tatwaffe gereinigt und in die Küchenschublade gelegt hat, wird in diesem Zusammenhang als „systematisches Vertuschungsbemühen“ eingeschätzt (UA S. 35), das ganz erheblich gegen einen schwerwiegenden Affekt spreche. Das Landgericht setzt sich nicht damit auseinander, dass in der Reinigung der Tatwaffe in der Küche auch ein reflexhafter, instinkt- und emotionsgeleiteter Versuch der Herstellung des „status quo ante“ gelegen haben könnte. Schließlich wird auch die – rechtsfehlerhaft festgestellte – „heimtückische Vorgehensweise“ (UA S. 36) des Angeklagten bei der Tatausführung als gegen einen erheblich schuldmindernden Affekt sprechender Umstand herangezogen.
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Das 4. angeklagte Tatgeschehen bedarf damit umfassender neuer tatgerichtlicher Prüfung. Bei dieser wird insbesondere die Frage nochmals kritisch zu überprüfen sein, ob es nachweisbar ist, dass der Angeklagte das Tatmesser zu der Verabredung mitgebracht hat. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass für den Fall, dass Heimtücke wegen fehlender subjektiver Voraussetzungen zu verneinen wäre und die dies begründende psychische Verfassung des Angeklagten den Grad erheblich verminderter Schuldfähig- keit erreichte, bei einem Schuldspruch nur wegen Totschlags eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zur Vermeidung einer Doppelberücksichtigung desselben Umstands nach tatgerichtlichem Ermessen versagt werden kann.
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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 145/04
vom
20. Juli 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juli 2004 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allg.) vom 21. Oktober 2003 wird als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Ergänzend bemerkt der Senat zur Verfahrensrüge nach § 250 Satz 1 StPO: Protokolle über Atemalkoholtests können Gegenstand des Urkundenbeweises sein. Die Strafprozeßordnung sieht zur Beweiserhebung über den Inhalt von Urkunden und anderen als Beweismittel dienenden Schriftstücken grundsätzlich die Verlesung gemäß § 249 Abs. 1 StPO vor. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit ist hier nicht gegeben. Für die Anwendung des § 250 StPO ist entscheidend, daß es sich um den Beweis eines Vorgangs handelt, dessen wahrheitsgemäße Wiedergabe nur durch eine Person möglich ist, welche ihn mit einem oder mehreren ihrer fünf Sinne wahrgenommen hat. Daran fehlt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs z.B. bei der maschinellen Herstellung von kaufmännischen Buchungsstreifen (vgl.
BGHSt 15, 253, 255), bei den Niederschriften über Tonbandaufzeichnungen (vgl. BGHSt 27, 135, 137) und bei EDV-Ausdrucken (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 2001 - 1 StR 454/00). Dasselbe gilt für das von einem Testgerät ausgedruckte Protokoll über das Ergebnis einer Atemalkoholmessung. Hier ging es allein um das Ergebnis des Tests, also nur um diesen Teil des Urkundeninhalts, den das Landgericht verwertet hat. Der Bediener des Testgerätes hat zwar auch das Meßergebnis wahrgenommen und könnte darüber berichten. Jedoch handelt es sich bei der Durchführung eines solchen Tests - wie bei den übrigen, oben genannten Beispielsfällen - um eine mechanische Verrichtung, die erfahrungsgemäß keinen bleibenden Eindruck in der Erinnerung der damit befaßten Person hinterläßt, so daß das verläßlichere Beweismittel im Hinblick auf das Ergebnis in der Regel die Urkunde ist. Ob sich das Tatgericht mit der Verlesung der Urkunde begnügen darf, ist eine Frage der Aufklärungspflicht. Bestünden Zweifel an der Richtigkeit des Zustandekommens eines Meßergebnisses, so könnten im Rahmen der Aufklärungspflicht weitere Beweiserhebungen angezeigt sein. Der Beschwerdeführer beanstandet hier weder das Meßergebnis noch hat er eine Aufklärungsrüge erhoben. Er hatte auch erstinstanzlich eine Vernehmung des Bedieners als Zeugen nicht beantragt. Nack Wahl Kolz Hebenstreit Elf

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.