Bundesgerichtshof Urteil, 16. Apr. 2015 - 3 StR 645/14

bei uns veröffentlicht am16.04.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 6 4 5 / 1 4
vom
16. April 2015
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. April
2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 21. Juli 2014 mit den Feststellungen aufgehoben, ausgenommen die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen; diese bleiben aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und deren Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft erstrebt eine Verurteilung der Angeklagten auch wegen versuchten Mordes. Das Landgericht habe zu Unrecht einen strafbefreienden Rücktritt der Angeklagten vom Versuch eines Tötungsdelikts angenommen (§ 24 Abs. 1 StGB). Das Rechtsmittel hat in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen suchte die alkoholisierte Angeklagte - Blutalkoholkonzentration 2,61 ‰ - den mit ihr bekannten Nebenkläger in dessen Wohnung auf. Neben ihm auf der Couch sitzend rief sie nach kurzer Zeit ohne erkennbaren Anlass in dessen Richtung: "Du Kinderficker", zog ein in der Jackentasche verdeckt mitgeführtes Küchenmesser hervor und stieß es dem überraschten Nebenkläger in Tötungsabsicht so in die linke Halsseite, dass die Gesichtsschlagader durchtrennt wurde. Während sich der Nebenkläger die spritzende Halswunde zuhielt, stach die Angeklagte erneut zu und traf dabei dessen erhobenen linken Arm. Dem Nebenkläger gelang es darauf zunächst, die rechte Hand der Angeklagten, in der diese das Messer hielt, zu ergreifen und festzuhalten. Die Angeklagte nahm das Messer jedoch in ihre freie linke Hand und versetzte dem Nebenkläger einen dritten Stich in die Herzgegend, der aber am Brustbein abprallte. Darauf fiel der Nebenkläger zu Boden und blieb dort liegen. Der Angeklagten rief er zu: "Dann mach mich doch richtig tot!".
3
Aus dieser Äußerung und aus dem Umstand, dass sich der Blutverlust aus der Halswunde infolge des Abdrückens verringerte, schloss die Angeklagte, dass sie den Nebenkläger entgegen ihrer Absicht noch nicht lebensgefährlich verletzt hatte. Sie wollte die Tat nun nicht mehr weiter ausführen, verließ die Wohnung, ohne sich weiter um den am Boden Liegenden zu kümmern, und begab sich zu der in der Nähe wohnenden Zeugin B., der sie erklärte: "Ich wollte das Schwein abschlachten".
4
Der Nebenkläger befand sich infolge des Blutverlusts und einer beginnenden Verlegung der Atemwege durch Einblutungen in das Halsgewebe in akuter Lebensgefahr. Er konnte einen Wohnungsnachbarn auf sich aufmerksam machen und wurde durch eine Notoperation gerettet.

5
2. Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagte sei mit strafbefreiender Wirkung vom unbeendeten Versuch eines Tötungsdelikts zurückgetreten (§ 24 Abs. 1 StGB), begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
6
a) Die Abgrenzung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch bestimmt sich nach dem Vorstellungsbild des Täters nach dem Abschluss der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung, dem sogenannten Rücktrittshorizont. Bei einem Tötungsdelikt liegt demgemäß ein unbeendeter Versuch, bei dem allein der Abbruch der begonnenen Tathandlung zum strafbefreienden Rücktritt führt, dann vor, wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt noch nicht alles getan hat, was nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des Todes erforderlich oder zumindest ausreichend ist. Ein Tötungsversuch, bei dem der Täter für einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch den Tod des Opfers durch eigene Rettungsbemühungen verhindern oder sich darum zumindest freiwillig und ernsthaft bemühen muss, ist hingegen nicht nur dann anzunehmen , wenn der Täter den Eintritt des Todes bereits für möglich hält, sondern auch dann, wenn er sich keine Vorstellungen über die Folgen seines Handelns macht, weil ihm ein Tod des Opfers gleichgültig ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 19. März 2013 - 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273, 274; vom 12. Juni 2014 - 3 StR 154/14, NStZ 2014, 507, 509).
7
b) Danach entbehrt bereits die Feststellung des Landgerichts, die Angeklagte sei beim Verlassen der Wohnung davon ausgegangen, sie habe den Nebenkläger entgegen ihrer ursprünglichen Absicht noch nicht lebensgefährlich verletzt, einer dies tragenden lückenlosen und widerspruchsfreien Würdigung der Beweise. Das Landgericht hat auch festgestellt, dass die Angeklagte den in der Wohnung der Zeugin B. anwesenden Zeugen M. jedenfalls nach dessen polizeilicher Aussage aufforderte, er solle zum Nebenkläger gehen um zu sehen , ob sie diesem "den Hals durchgeschnitten" habe. Soweit es hieraus bei der Würdigung der Beweise "allenfalls" den Schluss ziehen will, dass "die Angeklagte im Unklaren darüber war, welche Folgen ihre Stiche für den Nebenkläger gehabt hatten", steht dies gerade im Widerspruch zur Annahme eines inneren Vorstellungsbilds der Angeklagten, noch nicht alles getan zu haben, was zur Herbeiführung des Todes erforderlich oder zumindest ausreichend ist.
8
c) Hinzu kommt, dass das Landgericht bei der Prüfung, ob der angenommene Versuch eines Tötungsdelikts im Sinne von § 24 Abs. 1 StGB beendet war, unzureichende rechtliche Maßstäbe angelegt hat; auch deshalb hat es die Beweise nur lückenhaft gewürdigt und ist so zu unvollständigen Feststellungen gelangt.
9
Das Landgericht hat nur geprüft, ob die Angeklagte den Tod des Nebenklägers für möglich hielt. Dem Landgericht ist deshalb aus dem Blick geraten, dass wesentliche im Urteil festgestellte Beweisanzeichen auch dafür sprechen können, dass sich die Angeklagte, als sie die Wohnung verließ, keine Vorstellungen über die Folgen ihres Handelns machte, weil ihr das weitere Schicksal des Nebenklägers gleichgültig blieb. Dies gilt nicht nur für die oben beschriebene Aufforderung an den Zeugen M.. So bezeichnete die Angeklagte den Nebenkläger gegenüber der Zeugin B. auch unmittelbar nach der Tat als "Schwein"; auf deren Nachfrage, ob mit dem Nebenkläger etwas Schlimmes passiert sei, antwortete sie: "Ich weiß es nicht". Ein weiteres Indiz hierfür kann sich aus der bei der Prüfung des Rücktrittshorizonts insgesamt außer Acht gelassenen erheblichen Alkoholisierung der Angeklagten zur Tatzeit ergeben.
10
3. Die Feststellungen zum objektiven Tathergang werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können deshalb aufrechterhalten bleiben.
11
4. Soweit das Landgericht die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet hat (§ 64 StGB), weist der Senat für die neue Hauptverhandlung darauf hin, dass die Annahme eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen Hang und Anlasstat ebenso wie die Annahme der Gefahr neuer erheblicher rechtswidriger Taten einer dies tragenden Beweiswürdigung bedarf.
Becker RiBGH Hubert befindet sich Schäfer im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Mayer Spaniol

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 16. Apr. 2015 - 3 StR 645/14

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 16. Apr. 2015 - 3 StR 645/14

Referenzen - Gesetze

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafgesetzbuch - StGB | § 24 Rücktritt


(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft be
Bundesgerichtshof Urteil, 16. Apr. 2015 - 3 StR 645/14 zitiert 2 §§.

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafgesetzbuch - StGB | § 24 Rücktritt


(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft be

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Apr. 2015 - 3 StR 645/14 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 19. März 2013 - 1 StR 647/12

bei uns veröffentlicht am 19.03.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 647/12 vom 19. März 2013 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. März 2013, an der teilgenommen haben:

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juni 2014 - 3 StR 154/14

bei uns veröffentlicht am 12.06.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 S t R 1 5 4 / 1 4 vom 12. Juni 2014 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Juni 2014, an der teilgenommen haben: Richter a
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 16. Apr. 2015 - 3 StR 645/14.

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Aug. 2019 - 4 StR 330/19

bei uns veröffentlicht am 27.08.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 330/19 vom 27. August 2019 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u.a. ECLI:DE:BGH:2019:270819B4STR330.19.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesa

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Feb. 2018 - 2 StR 171/17

bei uns veröffentlicht am 07.02.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 171/17 vom 7. Februar 2018 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u.a. ECLI:DE:BGH:2018:070218U2STR171.17.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Februar

Referenzen

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 647/12
vom
19. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. März
2013, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke,
Zeng,
Richter
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 3. Juli 2012 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben:
a) soweit der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung (in Tateinheit) mit Freiheitsberaubung verurteilt worden ist und
b) im Gesamtstrafenausspruch.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung (in Tateinheit) mit Freiheitsberaubung sowie wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen und wegen versuchter Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.
2
Die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, ist auf die Anfechtung der Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung beschränkt. Die Staatsanwaltschaft erstrebt hinsichtlich der Gewalthandlungen vom 28./29. August 2011 jedenfalls die Verurteilung wegen eines versuchten Tötungsdelikts. Die weitergehende Verurteilung (wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen und wegen versuchter Nötigung) ist vom Rechtsmittelangriff ausgenommen.
3
Die insoweit wirksam beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg, sodass es eines Eingehens auf die Verfahrensrüge nicht bedarf.

II.

4
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
5
1. Der Angeklagte unterhielt mit der Nebenklägerin (im Folgenden: N.) seit etwa 2008 eine Beziehung. Aus dieser Beziehung ging der gemeinsame Sohn L. hervor. Nachdem es zwischen den Partnern immer öfter Streitigkeiten gab, trennte sich N. im Juli 2011 vom Angeklagten. Trotz der Trennung wohnten sie und der Angeklagte weiter zusammen in der gemeinsamen Wohnung und schliefen im gleichen Zimmer. Der Angeklagte sowie N. beabsichtigten, zur Absicherung ihres Sohnes eine gemeinsame Lebensversicherung abzuschließen. Versicherungsnehmer sollten sie beide sein. Die Vertragsformalitäten sollten vom Angeklagten übernommen werden.
6
Nachdem der Angeklagte erkannte, dass die Trennung von N. endgültig ist, beschloss er zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt, N. zu töten. In diesem Zusammenhang wollte er die Versicherungsleistung aus der geplanten, noch abzuschließenden Lebensversicherung zu Unrecht selbst vereinnahmen. Den Tod der N. wollte er so herbeiführen, dass sich der Geschehensablauf als häuslicher Unfall darstellt.
7
In Ausführung dieses Planes füllte er am 1. Juli 2011 in seiner Wohnung einen Antrag auf Abschluss einer Lebensversicherung bei der C.-Versicherung aus. Als Versicherungsnehmer und als die zu versichernde Person trug er entgegen der Absprache mit N. in das Formular diese als alleinige Versicherungsnehmerin ein, versah den Antrag mit deren nachgemachter Unterschrift und trug sich selbst als Begünstigter im Todesfall der N. ein. Im Antrag bezifferte er die Versicherungsleistung, die im Todesfall der N. an ihn selbst ausgezahlt werden sollte, mit 1.340.000 €. Dieser Antrag ging am 4. Juli 2011 bei der C.-Versicherung ein. Mit der nachgemachten Unterschrift wollte er die Versicherung über den tatsächlichen Antragsteller täuschen. N. wusste hiervon nichts.
8
Entgegen der Vorstellung des Angeklagten lehnte die Versicherungsgesellschaft eine Deckung in der beantragten Höhe ab, erklärte sich aber zum Vertragsschluss in Höhe von 500.000 € entsprechend einer von der Versicherung durchgeführten Bedarfsberechnung bereit. Am 13. August 2011 unterschrieb der Angeklagte aufgrund eines neuen Tatentschlusses erneut in seiner Wohnung eine Erklärung über den Erhalt von Unterlagen sowie einen Zusatzantrag zur Hinterbliebenenabsicherung, in dem der Versicherungsbeginn 1. August 2011 und die Versicherungssumme mit 500.000 € vereinbart wurde.
9
Die vorgenannten Urkunden versah er wiederum mit der von ihm nachgemachten Unterschrift der N., um die Versicherung erneut darüber zu täuschen , dass diese die Antragsunterlagen - wie nicht - erhalten und unterschrieben hätte, und reichte sie bei der C.-Versicherung ein. Im Vertrauen auf die Echtheit der Urkunden bestätigte die C.-Versicherung das Zustandekommen des Versicherungsvertrages mit Versicherungspolice vom 16. August 2011, die der Angeklagte tags darauf zugestellt bekam. Auch davon bekam N. nichts mit. Versichert war der Tod der N. unabhängig davon, ob es sich um einen natürlichen oder um einen gewaltsamen Tod handelte. Dies wusste der Angeklagte.
10
Nachdem der Angeklagte die vertraglichen Voraussetzungen geschaffen und erfahren hatte, dass N. sich mit einem anderen Mann trifft, entschloss er sich schließlich am 28. August 2011, seinen Tötungsplan in die Tat umzusetzen.
11
Der Angeklagte wollte den Eindruck erwecken, N. sei beim Ausstieg aus der nassen Dusche auf dem Boden des Badezimmers ausgerutscht und mit dem Kopf auf einen harten Gegenstand aufgeschlagen, wobei sie sich tödliche Verletzungen zugezogen habe. Hierzu verstreute er am Abend vorher auf dem Boden Waschpulver und legte sich Geschirrtücher sowie Kabelbinder unter dem Kopfkissen zurecht, um damit N. zu fesseln. Den gemeinsamen Sohn L. verbrachte er zu seinen Eltern, damit dieser von der Tat nichts mitbekomme. Um sich selbst ein Alibi zu verschaffen, verbrachte er den Abend bei seinen Eltern und legte sich, nachdem sein Vater zu Bett ging, zum Schein auf die Couch, um den Eindruck zu erwecken, er werde die ganze Nacht bei seinen Eltern verbringen.
12
Tatsächlich begab er sich jedoch heimlich zurück in seine Wohnung, wo er im Bett liegend auf die Rückkehr von N. wartete. Diese kehrte etwa gegen 2.30 Uhr zurück und legte sich nur mit einer Unterhose bekleidet neben den Angeklagten in ihre Betthälfte. Zu einem nicht mehr näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen 3.15 Uhr und 5.30 Uhr begann der Angeklagte, die schlafende, wehrlose N. zu fesseln. Er drehte sie dazu auf den Bauch und fesselte ihr zuerst mit einem stabilen Klebeband die Hände auf dem Rücken, wickelte ihr dann die bereits vorher dazu ebenfalls bereitgelegten Geschirrtücher um die Handgelenke und fixierte diese dann über den zur Polsterung und Striemenvermeidung dienenden Tüchern mit den bereitliegenden Kabelbindern. Hierdurch wurde N. wach, worauf der Angeklagte ihr sogleich den Mund mit Klebeband verklebte. Damit wollte der Angeklagte jeglichen Fluchtversuch der N. von vornherein verhindern.
13
Anschließend nahm er eine nicht näher identifizierte Pistole, hielt sie an ihren Mund und sagte, er würde sie wahnsinnig gerne erschießen. Tatsächlich beabsichtigte er dies nicht, sondern wollte sie einschüchtern und in Todesangst versetzen, was ihm auch gelang. Anschließend fesselte er N. mit dem Klebeband noch an den Beinen, um sie ohne Gegenwehr in das Badezimmer verbringen zu können. Entsprechend seinem Plan verbrachte er die verängstigte und wehrlose N. gegen ihren Willen ins Badezimmer und bespritzte dort das schon am Abend zuvor auf dem Boden verstreute Waschpulver mit Wasser, um einen Schmierfilm zu erzeugen. Anschließend verbrachte er sie nochmals ins Schlafzimmer und gleich wieder zurück ins Bad. Er stellte N. nun unter die laufende Dusche, um sie nass zu machen.
14
Dann zog er sie aus der Dusche, fasste sie mit den Händen an den Kopf, zog diesen zuerst nach vorne und schleuderte die gefesselte N. dann mit aller Kraft nach hinten, um ihr durch den Sturz möglichst tödliche Kopfverletzungen zuzufügen. Die aufgrund der Fesselung völlig wehrlose N. stürzte und schlug mit der linken Schulter und dem Hinterkopf auf dem gefliesten Boden auf. Sie blieb zwar auf dem Rücken liegen, war jedoch nicht schwer verletzt. Der Angeklagte war von diesem vergleichsweise harmlosen Verlauf überrascht, da er zumindest mit dem Eintreten der Bewusstlosigkeit der N. rechnete. Er entschloss sich nunmehr, N. dadurch zu töten, dass er ihr das Genick bricht. Er setzte sich dazu auf die Hüfte auf der am Boden liegenden N., nahm ihren Kopf in seine Hände und versuchte, durch gewaltsames Überdrehen des Kopfes nach hinten dieser tödliche Genickverletzungen zuzufügen. Als dies aufgrund Muskelanspannung der N. misslang, fasste er mit einer Hand unter die rechte Schulter der N., zog sie nach oben und drückte mit der anderen Hand gleichzeitig ihren Kopf nach unten. Da auch dies nicht zu tödlichen Verletzungen führte, kniete er sich nunmehr neben N., fasste mit einer Hand an ihren Hinterkopf und mit der anderen an ihr Kinn, um den Kopf kraftvoll drehen zu können. Er zog sodann gleichzeitig ihren Hinterkopf seitlich nach vorne und drückte ihr Kinn nach hinten. Aber auch hierdurch gelang es ihm nicht, N. erhebliche bzw. tödliche Verletzungen zuzufügen, weil diese ihren Körper mitdrehen konnte.
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Er ließ nun von N. ab und fing an, diese zu beschimpfen. Er warf ihr vor, sie sei schuld am Scheitern der Beziehung und auch an dem was nunmehr passiere, weil sie egoistisch sei und nur an sich selbst denke. N. antwortete auf die Beschimpfungen und Vorhalte des Angeklagten trotz verklebtem Mund so gut sie konnte, worauf der Angeklagte ihr mehrfach mit der flachen Hand auf die Wange schlug, um damit zum Ausdruck zu bringen, dass ihm ihre Antwort nicht gefiel.
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Nunmehr entschloss er sich, die Gegenwehr der N. dadurch auszuschalten , dass er sie bis zur Ohnmacht knebelte, um ihren Kopf dann ohne Widerstand auf den Boden schleudern zu können bzw. ihr durch gewaltsames Verdrehen des Kopfes tödliche Verletzungen zuzufügen. Hierzu drückte er zunächst ihren Mund und ihre Nase mit der Hand zu. Infolge dieser Behandlung löste sich das Klebeband von ihrem Mund und N. schrie so laut sie konnte um Hilfe. Dies geschah ca. um 6.00 Uhr früh. Nun drückte er ihr ein im Badezimmer in unmittelbarer Reichweite befindliches Handtuch tief in den Mund- und Rachenraum und hielt ihr gleichzeitig die Nase zu. Damit gelang es ihm, die Luftzufuhr der N. vollständig zu unterbinden, sodass N. nicht mehr atmen konn- te, ihre Gegenwehr aufgab und dachte, sie werde nun sterben. Erst als sie langsam kraftlos wurde und, wie er erkannte, kurz vor der Bewusstlosigkeit stand, ließ der Angeklagte wortlos von seinem Vorhaben ab und nahm den Knebel aus ihrem Mund, sodass sie schließlich wieder Luft bekam und sich erholte.
17
Anschließend trug er die immer noch am Boden liegende, gefesselte halbnackte N. zurück in das Schlafzimmer und zwang sie, auf dem Bett liegen zu bleiben. Als er bemerkte, dass es ihr zwischenzeitlich gelungen war, der Fesselung der Hände durch die Kabelbinder teilweise zu entkommen, drehte er sie gewaltsam in Bauchlage und legte ihr neue Kabelbinder an, die er so fest zuzog, dass sie Schmerzen erlitt. Im weiteren Verlauf bot N. dem Angeklagten aus Angst um ihr Leben eine Übertragung des Sorgerechts für den gemeinsamen Sohn an und versprach ihm, sie werde nicht zur Polizei gehen, wenn er sie frei lasse.
18
Schließlich nahm der Angeklagte N. gegen 8.30 Uhr die Fesselung ab und ließ sie gegen 9.15 Uhr aus der Wohnung. Der Angeklagte bedrohte sie kurz vor Verlassen der Wohnung noch, dass er sie umbringen werde, wenn sie den Vorfall der Polizei melde.
19
Dennoch erstattete N. nach einer Überlegungsphase und erst nach Aufforderung durch ihre Mutter am 29. August 2011 abends Anzeige gegen den Angeklagten.
20
N. erlitt durch den Erstickungsversuch Petechien im Auge, durch den Aufprall auf dem gefliesten Boden eine 4 cm große Beule am Hinterkopf, durch die Misshandlungen starke Schmerzen am Hals und durch die Fesselung an den Hand- und Sprunggelenken Hautreizungen und Schmerzen. Dies hatte der Angeklagte zumindest billigend in Kauf genommen.
21
N. ist seit diesem Vorfall in psychiatrischer Behandlung. Ob und in welchem Umfang psychische Dauerfolgen verbleiben, steht nicht fest. Sie hat nach wie vor schon bei alltäglichen Berührungen Angstzustände.
22
2. Das Landgericht hat im Rahmen der Beweiswürdigung (III. 6 = UA S. 10-12) das Vorliegen eines fehlgeschlagenen Tötungsversuchs verneint und bei der rechtlichen Würdigung (IV. 1 = UA S. 12) einen freiwilligen Rücktritt vom unbeendeten Versuch bejaht. Es hat bei dem Tatgeschehen vom 28./29. August 2011 eine Zäsur nur im Hinblick auf die abschließende versuchte Nötigung angenommen und ist davon ausgegangen, dass das Dauerdelikt der Freiheitsberaubung "die übrigen Körperverletzungsdelikte" verklammere.

III.

23
Das angefochtene Urteil leidet an durchgreifenden materiell-rechtlichen Fehlern.
24
1. Insbesondere ist den getroffenen Feststellungen nicht das Vorstellungsbild des Täters nach Abschluss der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung , der sogenannte Rücktrittshorizont, zu entnehmen. Bei Vorliegen einer Zäsur müssen zudem die Vorstellungen des Angeklagten jeweils nach der (vorläufig) letzten Ausführungshandlung dargetan werden.
25
Auf den Rücktrittshorizont des Angeklagten kann hier nicht aus dem Urteil in seiner Gesamtheit geschlossen werden, wenn auch im Rahmen der Beweiswürdigung (III. 6 = UA S. 10-12) und der rechtlichen Würdigung (IV. 1 = UA S. 12) rudimentär Rücktrittselemente angesprochen werden. Hier wird jeweils in erster Linie mitgeteilt, was nicht festgestellt werden konnte, ohne dass - ergänzend heranzuziehende - klare und eindeutige Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten nach den verschiedenen Tathandlungen getroffen wurden. Ohnehin konnte N. zum jeweiligen Vorstellungsbild des Angeklagten schon deshalb keine Angaben machen, weil er sich hierzu nicht geäußert hat. Die entsprechenden Feststellungen sind aber unerlässlich; denn auf den Rücktrittshorizont kommt es bei der Beurteilung, ob ein freiwilliger Rücktritt vom Versuch vorliegt, entscheidend an.
26
Das ergibt sich aus Folgendem:
27
Die Abgrenzung zwischen unbeendetem und beendeten Versuch bestimmt sich nach dem Vorstellungsbild des Täters nach dem Abschluss der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung, dem sogenannten Rücktrittshorizont. Bei einem Tötungsdelikt liegt demgemäß ein unbeendeter Versuch vor, bei dem allein der Abbruch der begonnenen Tathandlung zum strafbefreienden Rücktritt vom Versuch führt, wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt noch nicht alles getan hat, was nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des Todes erforderlich oder zumindest ausreichend ist.
28
Ein beendeter Tötungsversuch, bei dem der Täter für einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch den Tod des Opfers durch eigene Rettungsbemühungen verhindern oder sich darum zumindest freiwillig und ernsthaft bemühen muss, ist hingegen anzunehmen, wenn er den Eintritt des Todes bereits für möglich hält oder sich keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns macht.
29
Eine Korrektur des Rücktrittshorizonts ist in engen Grenzen möglich. Der Versuch eines Tötungsdelikts ist daher nicht beendet, wenn der Täter zunächst irrtümlich den Eintritt des Todes für möglich hält, aber nach alsbaldiger Erkenntnis seines Irrtums von weiteren Ausführungshandlungen Abstand nimmt.
30
Rechnet der Täter dagegen zunächst nicht mit einem tödlichen Ausgang, so liegt eine umgekehrte Korrektur des Rücktrittshorizonts vor, wenn er unmittelbar darauf erkennt, dass er sich insoweit geirrt hat.
31
In diesem Fall ist ein beendeter Versuch gegeben, wenn sich die Vorstellung des Täters bei fortbestehender Handlungsmöglichkeit sogleich nach der letzten Tathandlung in engstem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dieser ändert (st. Rspr. vgl. u.a. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - 3 StR 337/11 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen; BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 - 3 StR 401/11; BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - 5 StR 528/11).
32
Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen nahe liegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Dabei kommt es auf die Sicht des Täters nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an (Rücktrittshorizont). Wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt erkennt oder die subjektive Vorstellung hat, dass es zur Herbeiführung des Erfolgs eines erneuten Aussetzens bedürfte, etwa mit der Folge einer zeitlichen Zäsur und einer Unterbrechung des unmittelbaren Handlungsfortgangs, liegt ein Fehlschlag vor (st. Rspr. vgl. nur BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 4 StR 346/12 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
33
Liegt ein Fehlschlag vor, scheidet ein Rücktritt vom Versuch nach allen Varianten des § 24 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB aus; umgekehrt kommt es nur dann, wenn ein Fehlschlag nicht gegeben ist, auf die Unterscheidung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch an, die für die vom Täter zu erbringende Rücktrittsleistung in Fällen des § 24 Abs. 1 StGB stets, in solchen des § 24 Abs. 2 StGB mittelbar dann von Bedeutung ist, wenn sich die (gemeinsame) Verhinderungsleistung von Versuchsbeteiligten in einem einverständlichen Unterlassen des Weiterhandelns erschöpfen kann (vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Mai 2010 - 2 StR 278/09 mwN).
34
Allen Fällen ist gemeinsam, dass es auf das Vorstellungsbild des Täters im entscheidungserheblichen Zeitpunkt ankommt. Diese Vorstellung ist gegebenenfalls auch für die Beurteilung der Freiwilligkeit eines Rücktritts von Bedeutung (vgl. BGH, Urteil vom 15. September 2005 - 4 StR 216/05 mwN).
35
Lässt sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende Vorstellungsbild des Angeklagten, das zur revisionsrechtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen , hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 13. November 2012 - 3 StR 411/12; BGH, Beschluss vom 29. September 2011 - 3 StR 298/11; BGH, Beschluss vom 11. Februar 2003 - 4 StR 8/03).
36
Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, weil es sich um ein mehrstündiges und mehraktiges Tatgeschehen handelt und auch die Prüfung der Annahme nur einer Tat im Rechtssinne vorzunehmen ist. Denn würde man, was hier nicht fern liegt, eine oder mehrere Zäsuren (hinsichtlich der abschließenden versuchten Nötigung ist der Tatrichter selbst davon ausgegangen [UA S. 13]) annehmen, ist die Mitteilung des Vorstellungsbildes des Angeklagten nach der jeweils letzten Ausführungshandlung geboten.
37
Die Annahme des Landgerichts, das Dauerdelikt der (einfachen) Freiheitsberaubung verklammere auch gefährliche Körperverletzungen (die konkrete Fesselung kann ebenfalls eine gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB darstellen; vgl. u.a. BGH, Urteil vom 21. Januar 2004 - 1 StR 364/03 mwN; Fischer, StGB, 60. Aufl., Rn. 9b zu § 224), begegnet rechtlichen Bedenken; denn das im Strafrahmen des § 224 StGB zum Ausdruck kommende Gewicht übersteigt das des Dauerdelikts (§ 239 StGB) erheblich (vgl. Fischer aaO Rn. 32 vor § 52).
38
Zu denken ist aber an eine natürliche Handlungseinheit. Eine solche und damit eine Tat im materiell-rechtlichen Sinne liegt bei einer Mehrheit gleichartiger strafrechtlich erheblicher Verhaltensweisen nach der Rechtsprechung nur dann vor, wenn die einzelne Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element verbunden sind und zwischen ihnen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint.
39
Für die Beurteilung einzelner Versuchshandlungen als eine natürliche Handlungseinheit ist deshalb eine solche Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Dabei begründet der Wechsel eines Angriffsmittels nicht ohne Weiteres eine die Annahme einer Handlungseinheit ausschließende Zäsur. Eine tatbestandliche Handlungseinheit endet jedoch mit dem Fehlschlagen des Versuchs (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 25. November 2004 - 4 StR 326/04 mwN).
40
Auch für die Beurteilung, ob die einzelnen Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element verbunden sind, ist die (jeweils rechtsfehlerfreie ) Feststellung der subjektiven Tatseite erforderlich.
41
An all diesem fehlt es hier.
42
Die Urteilsgründe lassen weiter nicht eindeutig erkennen, ob der Angeklagte durchgehend davon ausging, den Tod der N. (als außertatbestandliches Ziel) als Unfall darstellen zu können oder nur noch ihren gewaltsamen Tod erstrebte , obwohl dafür das Risiko für ihn größer wurde, als Täter in Verdacht zu geraten und deshalb die Versicherungssumme nicht ausbezahlt zu erhalten. Denn es ist naheliegend, dass bei einem offensichtlich gewaltsamen Tod der N. in der Wohnung des Angeklagten kurz nach Abschluss einer entsprechenden Lebensversicherung und bei einem möglichen Sorgerechtsstreit (UA S. 7) der Tatverdacht auf den Angeklagten fallen würde.
43
Die Urteilsgründe lassen offen, ob der Angeklagte möglicherweise nur noch weiterhandelte, um seine vorausgehende Tat zu verdecken.
44
Das Fehlen entsprechender Feststellungen und Erörterungen lässt eine abschließende Prüfung durch das Revisionsgericht nicht zu.
45
Die Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Urteils im angefochtenen Umfang.
46
Die zugrundeliegenden Feststellungen waren ebenfalls aufzuheben, da der Senat nicht ausschließen kann, dass auch insoweit neue Feststellungen getroffen werden können, die sich auf das Vorstellungsbild des Angeklagten im jeweiligen rechtserheblichen Zeitpunkt ausgewirkt haben.
47
2. Der Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung hatte im Übrigen schon deshalb keinen Bestand, weil die Strafkammer übersehen hat, dass tateinheitlich begangen auch eine Bedrohung (mit der Pistole; § 241 StGB) vorliegt. Ob diese hinter einem versuchten Tötungsdelikt zurücktreten würde, kann hier offenbleiben; sie würde aber nicht hinter der vom Landgericht lediglich angenommenen gefährlichen Körperverletzung zurücktreten (vgl. zur Problematik u.a. BGH, Beschluss vom 13. Februar 2002 - 2 StR 523/01; auch BGH, Beschluss vom 9. Februar 2000 - 2 StR 639/99). Wahl Rothfuß Jäger Radtke Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 1 5 4 / 1 4
vom
12. Juni 2014
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Juni
2014, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Mayer,
Gericke
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Mainz vom 23. August 2013 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Dagegen wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die - gestützt auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts - beanstandet, dass der Angeklagte nicht wegen versuchten Mordes verurteilt worden ist. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts beabsichtigte die Ehefrau des Angeklagten, die Nebenklägerin, bereits seit einiger Zeit, sich von ihm zu trennen. In den Wochen vor der Tat drohte der Angeklagte mehrfach ihr und auch Dritten gegenüber, er werde sie entstellen, wenn sie ihn verlasse. Infolge der zunehmenden Drohungen, die ihr auch von Bekannten berichtet wurden, fasste die Nebenklägerin am Wochenende vor der Tat endgültig den Entschluss , aus der gemeinsamen Wohnung auszuziehen. Sie veranlasste daraufhin die Überweisung eines ihr zustehenden Geldbetrages von einem gemeinsam von den Eheleuten für Ersparnisse genutzten Konto in Portugal auf ihr eigenes Konto. Der Angeklagte hatte bereits Tage zuvor angekündigt, es werde etwas passieren, wenn sie an das Konto gehe.
3
Am Tattag begab sich die Nebenklägerin nach ihrer Arbeit zunächst in die Wohnung ihrer Nachbarin, nachdem sie den Tag über bereits Vorbereitungen für ihren Auszug getroffen hatte. Die Nachbarin schlug ihr vor, die Nacht bei ihr zu verbringen und sofort mit dem Packen zu beginnen. Als die Nebenklägerin erkannt hatte, dass sich der Angeklagte nicht in der Ehewohnung aufhielt , begab sie sich dorthin und begann, für sich und ihre sechsjährige Tochter zu packen.
4
Am frühen Abend kehrte der Angeklagte in die Wohnung zurück und versuchte, seine Frau von der Trennung noch abzubringen, indem er erklärte, wenn sie jetzt ausziehe, werde er die Schlösser zur Wohnung auswechseln, so dass sie nicht mehr zurückkehren könne. Im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung bemerkte die ebenfalls anwesende Nachbarin auf die Äußerung des Angeklagten, seine Frau habe ihn bestohlen, die Nebenklägerin habe lediglich den ihr zustehenden Teil des Geldes von dem Konto in Portugal abgehoben. Der Angeklagte, der bis dahin von der Abhebung noch keine Kenntnis gehabt hatte, war von dieser Information tief erschüttert, weil ihm nun klar wurde, dass die Trennung nicht mehr abzuwenden war. Außerdem kränkte ihn zutiefst, dass die Nachbarin von diesem Umstand vor ihm in Kenntnis gesetzt worden war. Er schlug deshalb mit der Faust auf den Tisch und rief aus: "Jetzt kriegst Du sie." Sein zwischenzeitlich ebenfalls in der Wohnung erschienener Neffe umklammerte ihn daraufhin, um ihn an Gewalttätigkeiten gegenüber der Nebenklägerin zu hindern. In dem anschließenden Gerangel ergriff der Angeklagte in der Küche ein Fleischermesser, drohte an, sich damit zu verletzen, wenn man ihn nicht loslasse, und verließ sodann die Wohnung. Im Zustand heftiger Erregung begab er sich zum Haus seiner Schwester und seines Schwagers, die versuchten , ihn zu beruhigen, ihn anwiesen, in ihrem Anwesen zu bleiben, und sich dann zur Wohnung des Angeklagten begaben. Der Angeklagte, der ihnen folgte , fasste nun den Entschluss, seine Frau für ihr als Betrug empfundenes Verhalten zu bestrafen, indem er sie entstellte. Von unterwegs rief er einen Bekannten an, dem er weinend erklärte, die Nebenklägerin habe ihn bestohlen und er werde sie jetzt umbringen. Wieder in der Ehewohnung angekommen, ging er wortlos an seinen dort anwesenden Verwandten (Schwester, Schwager und Neffe) vorbei und begab sich in das Kinderzimmer, in dem die Nebenklägerin immer noch mit Packen beschäftigt war und sein Kommen nicht bemerkte. Er trat von hinten an sie heran und trennte ihr mit dem Fleischermesser, das er zunächst aus der Wohnung mitgenommen und in seiner Jacke mitgeführt hatte, mit einem Schnitt die Nasenspitze fast vollständig ab. In der Folge versetzte er der mittlerweile schreienden Nebenklägerin mehrere Schnitte und Stiche gegen Kopf und Hals, mit denen er sie erheblich verletzte und bei denen er ihren Tod zumindest billigend in Kauf nahm. Da die Geschädigte nunmehr ihre Hände schützend vor ihr Gesicht hielt, fügte der Angeklagte ihr auch Schnittverletzungen an beiden Händen und Unterarmen zu. Als sie stark blutend am Boden lag, ließ der Angeklagte von ihr ab, weil er damit rechnen musste, dass sein Schwager und sein Neffe der Nebenklägerin zur Hilfe kommen würden. Er ließ das Messer fallen und verließ die Wohnung; im Vorbeigehen erklärte er gegenüber seinem Schwager sinngemäß, nun werde er das Gleiche tun. Die lebensgefährlich verletzte Nebenklägerin wurde noch am gleichen Abend in einer mehrstündigen Operation chirurgisch versorgt. Sie hat mehrere Narben im Gesicht zurückbehalten und kann infolge der Durchtrennung der Strecksehnen von drei Fingern an der linken Hand diese auf unbestimmte Zeit nicht mehr schließen.
5
Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass ein Rücktritt vom Versuch eines Tötungsdelikts nicht vorliege, weil der Versuch beendet gewesen sei und es an der Freiwilligkeit der Tataufgabe gefehlt habe. Ferner hat es angenommen , dass sich die Nebenklägerin im Tatzeitpunkt keines Angriffs versehen habe. Es hat sich indes nicht davon zu überzeugen vermocht, dass der Angeklagte ihre Arg- und ihre daraus resultierende Wehrlosigkeit bewusst ausgenutzt habe. Das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe hat die Strafkammer ebenfalls verneint.
6
2. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Ablehnung des Mordmerkmals der Heimtücke. Bei "rechtsfehlerfreier Bewertung und Berücksichtigung der festgestellten Tatsachen sei davon auszugehen, dass der Angeklagte mit dem erforderlichen Ausnutzungsbewusstsein gehandelt habe". Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, beanstandet die Revision damit der Sache nach die Beweiswürdigung des Landgerichts zur subjektiven Tatseite des Mordmerkmals der Heimtücke. Die Beweiswürdigung weist indes insoweit keinen Rechtsfehler auf. Hierzu gilt:
7
Rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet ist die Strafkammer davon ausgegangen, dass die objektiven Voraussetzungen des Merkmals der Heimtücke gegeben waren, weil sich die Nebenklägerin keines Angriffs versah und infolge dieser Arglosigkeit wehrlos war. Voraussetzung heimtückischer Begehungsweise ist aber darüber hinaus, dass der Täter die von ihm erkannte Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tatbegehung ausnutzt. Dafür muss er die Umstände, welche die Tötung zu einer heimtückischen machen, nicht nur äußerlich wahrgenommen, sondern auch in ihrer Bedeutung für die Tatbegehung erfasst haben; ihm muss mithin bewusst geworden sein, dass er einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber dem Angriff schutzlosen Menschen überrascht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 11. November 1986 - 1 StR 367/86, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 1; Urteil vom 15. Mai 1997 - 4 StR 118/97, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 25). Die Spontaneität des Tatentschlusses im Zusammenhang mit der Vorgeschichte der Tat und dem psychischen Zustand des Täters können hierbei ein Beweisanzeichen dafür sein, dass ihm das Ausnutzungsbewusstsein fehlte; psychische Ausnahmezustände können auch unterhalb der Schwelle des § 21 StGB der Annahme des Bewusstseins des Ausnutzens entgegenstehen (BGH, Beschluss vom 4. Mai 2011 - 5 StR 65/11, NStZ 2011, 634 mwN). Zur Feststellung des Ausnutzungsbewusstseins als subjektivem Merkmal der Heimtücke bedarf es einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände des Einzelfalles.
8
Kann das Tatgericht Zweifel am Vorliegen eines subjektiven Tatbestandsmerkmals nach Durchführung einer solchen Gesamtbewertung nicht überwinden, so hat das Revisionsgericht dies regelmäßig hinzunehmen, denn die Beweiswürdigung ist vom Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO). Es obliegt allein ihm, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überhöhte Anforderungen stellt. Liegen solche Rechtsfehler nicht vor, hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Überzeugungsbildung auch dann hinzunehmen, wenn eine abweichende Würdigung der Beweise möglich oder sogar näher liegend gewesen wäre (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 20. September 2012 - 3 StR 140/12, NStZ-RR 2013, 75, 77 und 3 StR 158/12, NStZ-RR 2013, 89, 90).
9
Gemessen an diesen Maßstäben hält die Beweiswürdigung des Landgerichts revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Insbesondere sind die von der Strafkammer angestellten Erwägungen zu den äußeren Tatumständen und zum psychischen Zustand des Angeklagten nicht lückenhaft; aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergeben sich ausreichende Feststellungen und Würdigungen zum Ausmaß der Erregung des Angeklagten und zu den daraus resultierenden Auswirkungen: Die Strafkammer hat ausgeführt, der Angeklagte sei sehr aufgeregt gewesen, seine Verwandten hätten ihn noch nie so aufgeregt gesehen, er habe bei der telefonischen Ankündigung, er werde die Nebenklägerin jetzt töten, geweint und er habe sich von der durch die Trennung bevorstehenden Kränkung nicht mehr freimachen können. In diesem Zusammenhang bedurfte auch die wiedergegebene Einschätzung des Sachverständigen , der Angeklagte habe die Tat in starker Erregung und einem "Tunnelblick" begangen, keiner vertieften Erörterung. Zur Frage der äußeren Tatumstände bedurfte es angesichts der Schilderung des Tatorts keines besonderen Eingehens darauf, dass der Angeklagte die objektiven Umstände der Heimtücke einfach erfassen konnte.
10
Soweit die Revision geltend macht, die von der Strafkammer herangezogenen Umstände des spontan gefassten Tatentschlusses, der fehlenden Planung einer heimtückischen Begehungsweise, der telefonischen Ankündigung der Tat gegenüber einem Bekannten, der histrionischen Persönlichkeitsstörung des Angeklagten und der daraus resultierenden Begehung der Tat vor Zeugen sowie seiner Fehleinschätzung, sich moralisch im Recht zu fühlen, ermöglichten keine tragfähigen Schlüsse auf ein fehlendes Ausnutzungsbewusstsein, zeigt sie auch insoweit Rechtsfehler nicht auf: Die vom Landgericht gezogenen Schlussfolgerungen sind möglich, zwingend brauchen sie nicht zu sein. Dass entsprechend dem Revisionsvorbringen auch andere Schlüsse möglich gewesen wären, ist revisionsrechtlich ohne Bedeutung.
11
Schließlich ist auch nicht zu besorgen, dass die Strafkammer überzogene Anforderungen an ihre Überzeugungsbildung gestellt hätte: Sie hat ausdrücklich berücksichtigt, dass es für das Ausnutzungsbewusstsein ausreichen kann, wenn der Täter spontan die für ihn günstige Situation erfasst und sie sich zu Nutze macht. Angesichts dessen schließt der Senat entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts aus, dass das Landgericht in rechtsfehlerhafter Weise eine "Heimtückeabsicht" für erforderlich gehalten habe, weil es bezweifelt hat, dass der Angeklagte sich der Nebenklägerin planvoll so genähert habe, dass er sie mit seinem Angriff überraschen werde.
12
3. Das Urteil weist auch zu Gunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf; insbesondere hat das Landgericht einen Rücktritt des Angeklagten vom Totschlagsversuch im Ergebnis rechtsfehlerfrei verneint.
13
Allerdings hat die Strafkammer in den Feststellungen lediglich ausgeführt , dass der Angeklagte von der Nebenklägerin abließ, weil er damit rechnen musste, dass sein Schwager und sein Neffe ihr zu Hilfe kommen würden. Damit wird an dieser Stelle der Urteilgründe nicht deutlich, welches Vorstellungsbild der Angeklagte von der Tat nach der letzten Ausführungshandlung hatte. Auf dieses kommt es für die Abgrenzung zwischen einem unbeendeten und einem beendetem Versuch indes wesentlich an. Ein unbeendeter Versuch liegt vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung noch nicht alles getan hat, was zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich ist. Ein beendeter Versuch eines Tötungsdelikts ist hingegen anzunehmen, wenn der Täter im Zeitpunkt nach der letzten Ausführungshandlung den Eintritt des Todes für möglich hält oder sich keine Vorstellungen über die Folgen seines bisherigen Tuns macht und ihm der mögliche Tod des Opfers gleichgültig ist (sog. Rücktrittshorizont, vgl. etwa BGH, Urteil vom 19. März 2013 - 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273, 274 mwN). Lässt sich die Vorstellung des Täters von der Tat den Urteilsfeststellungen nicht entnehmen, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand, weil es die revisionsrechtliche Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts nicht ermöglicht (BGH aaO, vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 13. November 2012 - 3 StR 411/12, juris; vom 29. September 2011 - 3 StR 298/11, NStZ 2012, 263 f.).
14
Das Fehlen entsprechender Ausführungen in den Feststellungen des Landgerichts gefährdet den Bestand des Urteils hier ausnahmsweise nicht, weil der Senat jedenfalls aus den Urteilsgründen in ihrer Gesamtheit auf den Rücktrittshorizont des Angeklagten schließen kann (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19. März 2013 - 1 StR 647/12, juris Rn. 25, insoweit in NStZ-RR 2013, 273 nicht abgedruckt). Denn in der rechtlichen Würdigung hat die Strafkammer ausgeführt, der Angeklagte habe der Nebenklägerin unter anderem zwei stark blutende Schnitte und einen Stich in den Kopfbereich zugefügt, sein blutendes Opfer am Boden liegend zurückgelassen und im Hinausgehen seinem Schwager erklärt, er werde nun "das Gleiche" tun, was in dem gegebenen Zusammenhang so zu verstehen ist, dass der Angeklagte damit seinen Suizid ankündigte. Aus diesen Umständen hat das Landgericht - ebenfalls in der rechtlichen Würdigung, der Sache nach aber die Beweislage wertend - den Schluss gezogen , der Angeklagte habe jedenfalls zu diesem Zeitpunkt für möglich gehalten, dass die Nebenklägerin versterben werde. Soweit der Generalbundesanwalt in diesem Zusammenhang besorgt, die Strafkammer habe sich wegen der von ihr gewählten Formulierung "sprechen die Umstände dafür" nicht mit ausreichender Gewissheit von der Einschätzung des Angeklagten überzeugt, schließt der Senat schon aufgrund der weiteren Schlussfolgerung, dass deshalb von einem beendeten Versuch auszugehen sei, aus, dass das Landgericht entschieden hat, ohne die im Sinne des § 261 StPO erforderliche Überzeugung, mithin die persönliche, subjektive Gewissheit von der objektiven Wahrheit (vgl. KK-Ott, StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 2 mwN) gewonnen zu haben.
15
Da es sich bei den genannten Schlussfolgerungen der Sache nach um Bestandteile der Beweiswürdigung handelt, gelten die oben genannten Grundsätze: Die vom Landgericht gezogenen Schlüsse mussten nur möglich, zwingend brauchten sie nicht zu sein. Dies ist angesichts des von der Strafkammer herangezogenen Tatbildes und der anschließenden Äußerung des Angeklagten der Fall.
16
Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob das Landgericht - was zweifelhaft ist - die Ablehnung der Freiwilligkeit des Rücktritts tragfähig begründet hat. Da der Versuch beendet war, hätte der Angeklagte den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs verhindern oder sich darum zumindest ernsthaft bemühen müssen, was er indes nicht tat. Lag damit keine Rücktrittshandlung im Sinne von § 24 Abs. 1 StGB vor, bedurfte es einer Prüfung der Freiwilligkeit nicht mehr.
Schäfer Pfister Hubert Mayer Gericke

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.