Bundesgerichtshof Urteil, 17. Sept. 2015 - I ZR 228/14

bei uns veröffentlicht am17.09.2015
vorgehend
Landgericht München I, 21 O 16054/12, 20.02.2013
Oberlandesgericht München, 6 U 2619/13, 11.09.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Berichtigt durch Beschluss
vom 15. Dezember 2015
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DESVOLKES
URTEIL
I ZR 228/14
Verkündet am:
17. September 2015
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ramses
Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 94 Abs. 1 Satz 1 Fall 4,
Abs. 4; UrhWG § 16 Abs. 2 Satz 1 und 2

a) Überträgt eine Wohnungseigentümergemeinschaft über Satellit ausgestrahlte und
mit einer Gemeinschaftsantenne der Wohnanlage empfangene Fernseh- oder Hörfunksignale
zeitgleich, unverändert und vollständig durch ein Kabelnetz an die angeschlossenen
Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungseigentümer weiter, handelt
es sich nicht um eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG
und sind weder Schadensersatzansprüche oder Wertersatzansprüche von Urhebern
, ausübenden Künstlern, Sendeunternehmen oder Filmherstellern noch Vergütungsansprüche
der ausübenden Künstler gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft
begründet.

b) Die Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens ist bei einem Streitfall nach § 14
Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UrhWG, an dem eine Verwertungsgesellschaft beteiligt ist
und der die Nutzung von nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Werken oder
Leistungen betrifft, gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 UrhWG keine Sachurteilsvoraussetzung
nach § 16 Abs. 1 UrhWG, wenn die Frage der Anwendbarkeit und der Angemessenheit
des Tarifs nicht entscheidungserheblich ist. Die Aussetzung des
Rechtsstreits gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 UrhWG kommt in einem solchen Fall
gleichfalls nicht in Betracht.
BGH, Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 228/14 - OLG München
LG München I
ECLI:DE:BGH:2015:170915UIZR228.14.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Prof. Dr. Koch und Feddersen
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts München - 6. Zivilsenat - vom 11. September 2014 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA). Sie nimmt die ihr von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte wahr. Außerdem führt die Klägerin das Inkasso für auf vergütungspflichtigen Kabelweitersendungen beruhende Ansprüche der AGICOA Urheberrechtsschutzgesellschaft mbH (AGICOA), der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH (GVL), der Gesellschaft zur Übernahme und Wahrnehmung von Filmaufführungsrechten (GÜFA), der Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten mbH (VFF), der Verwertungsgesellschaft für Nutzungsrechte an Filmwerken mbH (VGF), der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst (VG Bild-Kunst) und der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) durch. Diese Verwertungsgesellschaften nehmen die ihnen von Urhebern , ausübenden Künstlern, Tonträgerherstellern, Sendeunternehmen und Filmherstellern eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte und Vergütungsansprüche wahr.
2
Die Beklagte ist die Wohnungseigentümergemeinschaft eines Wohngebäudes namens „Ramses“ mit 343 Wohneinheiten. Sie betreibt in dem Gebäude ein Kabelnetz, mit dem das von einer Gemeinschaftsantenne abgeleitete Sendesignal in die einzelnen Wohnungen der Eigentümergemeinschaft weitergeleitet wird.
3
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze mit der Weiterleitung der Sendesignale das Kabelweitersenderecht der von ihr vertretenen Urheber und Leistungsschutzberechtigten. Sie hat die Beklagte im Wege der Stufenklage auf Auskunftserteilung über den Umfang der Kabelweitersendungen, Zahlung des sich unter Zugrundelegung der zu erteilenden Auskünfte ergebenen Lizenzbetrages und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen (LG München I, ZUM-RD 2013, 612).
4
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. In der Berufungsinstanz haben die Parteien den Auskunftsantrag übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Klägerin hat ihren Zahlungsanspruch für den Nutzungszeitraum vom 1. Ja- nuar 2007 bis zum 31. Dezember 2013 mit 1.078,39 € jährlich beziffert. Sie hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 7.548,73 € nebst Zinsen und zur Er- stattung vorgerichtlicher Anwaltskosten von 651,80 € nebst Zinsen zu verurteilen. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen (OLG München, GRUR 2015, 371).
5
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


6
A. Das Berufungsgericht hat die Klage als zulässig, aber unbegründet angesehen, weil die Beklagte das Recht von Urhebern und Leistungsschutzberechtigten zur Kabelweitersendung durch den Betrieb der Kabelanlage nicht verletzt habe. Dazu hat es ausgeführt: Die Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens vor Klageerhebung sei 7 nicht erforderlich gewesen. Die Beklagte habe vorgerichtlich nicht substantiiert
7
bestritten, dass der von der Klägerin zugrundegelegte Tarif anwendbar sei.
8
Eine Aussetzung des Verfahrens sei nicht veranlasst. Die Beklagte habe die Angemessenheit des Tarifs auch im gerichtlichen Verfahren nicht substantiiert bestritten.
9
Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesgerichtshofs stelle die zeitgleiche, unveränderte und vollständige Weiterübertragung der über eine Gemeinschaftsantenne der Wohnanlage empfangenen Fernseh- und Hörfunksignale durch ein Kabelnetz an die angeschlossenen 343 Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungseigentümer keine öffentliche Wiedergabe dar.
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Es erscheine bereits zweifelhaft, ob die Weiterleitung der Rundfunksignale in die 343 Wohnungseinheiten an eine Öffentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union erfolge. Die die Sendesignale empfangenden Wohnungseigentümer stellten keine unbestimmte Zahl potentieller Adressaten dar. Die die Kabelanlage betreibende Eigentümergemeinschaft beschränke sich auf eine Umlage der mit dem Betrieb anfallenden Kostenauf die Wohnungseigentümer und erhebe kein darüber hinausgehendes Entgelt.
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Die Weiterleitung des Sendesignals mittels der Kabelanlage sei jedenfalls nicht als öffentliche Wiedergabe einzustufen. Mit der leitungsgebundenen Übertragung der Sendesignale in die einzelnen Wohnungen werde kein neues Publikum im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union erreicht. Die Weiterleitung des Sendesignals stelle bei wertender Betrachtung auch kein spezifisches neues technisches Verfahren, sondern lediglich ein technisches Mittel zur Verbesserung des Empfangs dar.
12
B. Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
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I. Das Berufungsgericht hat jedenfalls im Ergebnis mit Recht angenommen , dass die Klage zulässig ist.
14
1. Bei einem Streitfall nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UrhWG, an dem - wie hier - eine Verwertungsgesellschaft beteiligt ist und der die Nutzung von nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Werken oder Leistungen betrifft, können Ansprüche im Wege der Klage nach § 16 Abs. 1 UrhWG grundsätzlich erst geltend gemacht werden, nachdem ein Verfahren vor der Schiedsstelle vorausgegangen ist oder - was hier mangels vorheriger Anrufung der Schiedsstelle nicht in Betracht kommt - nicht innerhalb des Verfahrenszeitraums nach § 14a Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 UrhWG abgeschlossen wurde. Die Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens ist Sachurteilsvoraussetzung; wurde kein Schiedsstellenverfahren durchgeführt, ist die Klage als unzulässig abzuweisen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 2000 - I ZR 231/97, GRUR 2000, 872, 873 - Schiedsstellenanrufung I).
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2. Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 UrhWG muss der Klageerhebung in solchen Fällen allerdings kein Schiedsstellenverfahren vorausgegangen sein, wenn die Anwendbarkeit und die Angemessenheit des Tarifs nicht bestritten sind.
16
a) Die Revisionserwiderung rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe, soweit es die Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens vor Klageerhebung mit der Begründung als verzichtbar angesehen habe, die Beklagte habe vorgerichtlich nicht substantiiert bestritten, dass der von der Klägerin zugrundegelegte Tarif anwendbar sei, Sachvortrag der Beklagten übergangen, wonach diese die Angemessenheit des Tarifs schon vorgerichtlich ausdrücklich bestritten habe. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens vor Klageerhebung sei im Streitfall nicht erforderlich gewesen, stellt sich jedenfalls im Ergebnis als richtig dar.
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b) Die Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens ist bei einem Streitfall nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UrhWG auch dann keine Sachurteilsvoraussetzung , wenn die Frage der Anwendbarkeit und der Angemessenheit des Tarifs nicht entscheidungserheblich ist. Nach der Ausnahmeregelung des § 16 Abs. 2 Satz 1 UrhWG muss kein Schiedsstellenverfahren durchgeführt werden, wenn bei einem Streitfall nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UrhWG die Anwendbarkeit und die Angemessenheit des Tarifs nicht bestritten sind. Dies kann nach dem Willen des Gesetzgebers und dem Zweck der Regelung nur bedeuten, dass die Schiedsstelle vor Klageerhebung nur dann einzuschalten ist, wenn es im konkreten Fall auf die Anwendbarkeit oder die Angemessenheit des Tarifs auch tatsächlich ankommt (BGH, GRUR 2000, 872, 873 - Schiedsstellenanrufung I, mwN). Auf die Anwendbarkeit oder die Angemessenheit des Tarifs kommt es nicht an, wenn die Klage auf eine Verletzung von nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechten gestützt und schon deshalb unbegründet ist, weil solche Rechte nicht verletzt worden sind. Das ist hier der Fall. Die Beklagte hat das Recht der Urheber oder Leistungsschutzberechtigten zur Kabelweitersendung nicht verletzt (vgl. dazu unter B III).
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II. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist der Rechtsstreit nicht auszusetzen, um den Parteien die Anrufung der Schiedsstelle zu ermöglichen.
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1. Stellt sich erst im Laufe des Rechtsstreits heraus, dass die Anwendbarkeit oder die Angemessenheit des Tarifs im Streit ist, setzt das Gericht den Rechtsstreit gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 UrhWG aus, um den Parteien die Anrufung der Schiedsstelle zu ermöglichen.
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2. Das Berufungsgericht hat angenommen, eine Aussetzung des Verfahrens sei danach nicht veranlasst. Die Beklagte habe die Angemessenheit des Tarifs auch im gerichtlichen Verfahren nicht substantiiert bestritten. Die Revisionserwiderung rügt ohne Erfolg, die Beklagte habe die Angemessenheit des Tarifs entgegen der Darstellung des Berufungsgerichts im Prozessverlauf ausführlich und wiederholt bestritten. Die erst im Berufungsurteil ausgesprochene Entscheidung, das Verfahren nicht auszusetzen, unterliegt keiner revisionsrechtlichen Prüfung (vgl. zu § 148 ZPO BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 228/12, GRUR 2014, 1101 Rn. 15 = WRP 2014, 1314 - Gelbe Wörterbücher , mwN; zu einem Fall, in dem das Berufungsgericht keine Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 UrhWG getroffen hatte vgl. BGH, Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 152/11, GRUR 2013, 618 Rn. 45 bis 48 = WRP 2013, 793 - Internetvideorecorder II).
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3. Die Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 UrhWG ist allerdings in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen und damit auch noch im Revisionsverfahren möglich (vgl. zu § 148 ZPO BGH, GRUR 2014, 1101 Rn. 16 - Gelbe Wörterbücher, mwN). Im Streitfall kommt eine Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 UrhWG aber nicht in Betracht, weil die Anwendbarkeit und die Angemessenheit des Tarifs nicht entscheidungserheblich sind (vgl. dazu unter B III).
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III. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die von der Klägerin erhobenen Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz oder Wertersatz und auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten nicht begründet sind, weil die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Betrieb der Kabelanlage nicht in die von der Klägerin wahrgenommenen Rechte und Ansprüche von Urhebern und Leistungsschutzberechtigten eingegriffen hat.
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1. Urheber, ausübende Künstler, Sendeunternehmen und Filmhersteller haben das ausschließliche Recht zur Kabelweitersendung. Sie können im Falle einer widerrechtlichen und schuldhaften Verletzung ihres Rechts Schadensersatz (§ 97 Abs. 2 UrhG) oder im Falle eines rechtsgrundlosen Eingriffs in ihr Recht Wertersatz (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, § 818 Abs. 2 BGB) beanspruchen. Dem ausübenden Künstler steht wegen einer erlaubten Kabelweitersendung seiner Darbietung eine angemessene Vergütung zu. Der Tonträgerhersteller hat, wenn zu einer solchen Kabelweitersendung ein Tonträger benutzt wird, keine Ansprüche gegen den Nutzer; er hat aber gegen den ausübenden Künstler einen Anspruch auf angemessene Beteiligung an dessen Vergütung.
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a) Das ausschließliche Recht des Urhebers zur öffentlichen Wiedergabe seines Werkes (§ 15 Abs. 2 Satz 1 UrhG) umfasst das Senderecht (§ 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 UrhG), also das Recht, das Werk durch Funk, wie Ton- und Fernsehrundfunk , Satellitenrundfunk, Kabelfunk oder ähnliche technische Mittel, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (§ 20 UrhG). Das Senderecht umfasst das Recht zur Kabelweitersendung, das heißt das Recht, ein gesendetes Werk im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig weiterübertragenen Programms durch Kabelsysteme oder Mikrowellensysteme weiterzusenden (§ 20b Abs. 1 Satz 1 UrhG).
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b) Der ausübende Künstler hat nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 UrhG das ausschließliche Recht, seine Darbietung zu senden, es sei denn, die Darbietung ist erlaubterweise auf Bild- oder Tonträger aufgenommen worden, die erschienen oder erlaubterweise öffentlich zugänglich gemacht worden sind. Wird die Darbietung nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 UrhG erlaubterweise gesendet, ist dem ausübenden Künstler nach § 78 Abs. 2 Nr. 1 UrhG eine angemessene Vergütung zu zahlen. Für das Kabelweitersenderecht gelten diese Regelungen gemäß § 78 Abs. 4 UrhG entsprechend.
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c) Der Hersteller des Tonträgers hat gegen den ausübenden Künstler nach § 86 UrhG einen Anspruch auf angemessene Beteiligung an der Vergütung , die dieser nach § 78 Abs. 2 UrhG erhält, wenn zur öffentlichen Wiedergabe der Darbietung ein erschienener oder erlaubterweise öffentlich zugänglich gemachter Tonträger, auf den die Darbietung eines ausübenden Künstlers aufgenommen ist, benutzt wird. Das gilt auch für den Fall, dass die öffentliche Wiedergabe der Darbietung in einer Kabelweitersendung besteht.
27
d) Das Sendeunternehmen hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 UrhG das ausschließliche Recht, seine Funksendung weiterzusenden. Dieses Recht umfasst das Recht zur Kabelweitersendung der Funksendung (vgl. BGH, Beschluss vom 16. August 2012 - I ZR 44/10, GRUR 2012 Rn. 8 = WRP 2012, 1402 - Breitbandkabel).
28
e) Der Filmhersteller hat nach § 94 Abs. 1 Satz 1 Fall 4 UrhG das ausschließliche Recht, den Bildträger oder Bild- und Tonträger, auf den das Film- werk aufgenommen ist, zur Funksendung zu benutzen. Für das Recht zur Kabelweitersendung gilt diese Regelung gemäß § 94 Abs. 4 UrhG entsprechend.
29
2. Bei dem Recht zur Kabelweitersendung handelt es sich um einen besonderen Fall des Senderechts und damit um einen besonderen Fall der öffentlichen Wiedergabe. Eine Kabelweitersendung setzt daher eine öffentliche Wiedergabe voraus. Die Wiedergabe ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 UrhG öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört nach § 15 Abs. 3 Satz 2 UrhG jeder, der nicht mit demjenigen , der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.
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3. Die hier in Rede stehenden Rechte und Ansprüche der Urheber und Leistungsschutzberechtigten wegen einer öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke und Leistungen durch Kabelweitersendung beruhen auf Richtlinien der Europäischen Union. Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe ist deshalb in Übereinstimmung mit den entsprechenden Bestimmungen dieser Richtlinien und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen.
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a) Das ausschließliche Recht des Urhebers zur öffentlichen Wiedergabe seines Werkes einschließlich des Senderechts und des Kabelweitersenderechts (vgl. oben Rn. 24), hat seine unionsrechtliche Grundlage in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft. Danach sehen die Mitgliedstaaten vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke zu erlauben oder zu verbieten.
32
Das Recht zur öffentlichen Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG umfasst zwar nur die Wiedergabe an eine Öffentlichkeit, die nicht an dem Ort anwesend ist, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung
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nimmt (vgl. Erwägungsgrund 23 Satz 2 der Richtlinie 2001/29/EG). Nicht erfasst sind daher direkte Aufführungen und Darbietungen von Werken vor einer Öffentlichkeit , die sich in unmittelbarem körperlichen Kontakt mit der Person befindet , die dieses Werk aufführt oder darbietet (EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2011 - C-403/08 und C-429/08, Slg. 2011, I-09083 = GRUR 2012, 156 Rn. 200 bis 202 - Football Association Premier League und Murphy; Urteil vom 24. November 2011 - C-283/10, Slg. 2011, I-12031 = GRUR Int. 2012, 150 Rn. 35 und 36 - UCMR-ADA/Zirkus Globus). Bei der hier in Rede stehenden Weitersendung von Werken über Kabelsysteme besteht jedoch kein unmittelbarer körperlicher Kontakt zwischen den ein Werk aufführenden oder darbietenden Personen und einer durch diese Wiedergabe erreichten Öffentlichkeit. Sie fällt daher in den Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG.
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b) Das ausschließliche Recht des ausübenden Künstlers, seine Darbietung durch Kabelsysteme weiterzusenden, und sein Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung im Falle einer erlaubten Weitersendung seiner Darbietung durch Kabelsysteme (vgl. oben Rn. 25) dienen der Umsetzung von Art. 8 Abs. 1 und 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/115/EG zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (kodifizierte Fassung). Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2006/115/EG sehen die Mitgliedstaaten für ausübende Künstler das ausschließliche Recht vor, die öffentliche Wiedergabe ihrer Darbietungen zu erlauben oder zu verbieten, es sei denn, die Darbietung ist selbst bereits eine gesendete Darbietung oder beruht auf einer Aufzeichnung. Nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/115/EG sehen die Mitgliedstaaten ein Recht vor, das bei Nutzung eines zu Handelszwecken veröffentlichten Tonträgers oder eines Vervielfältigungsstücks eines solchen Tonträgers für eine öffentliche Wiedergabe die Zahlung einer einzigen angemessenen Vergütung durch den Nutzer und die Aufteilung dieser Vergütung auf die ausübenden Künstler und die Tonträgerhersteller gewährleistet.
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Die öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 8 Abs. 1 und 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/115/EG umfasst nicht nur die unmittelbare, sondern auch die mittelbare Nutzung des Tonträgers für eine öffentliche Wiedergabe (vgl. v. Lewinski in Walter/v. Lewinski, European Copyright Law, 2010, Rn. 6.8.17 und 6.8.18). Sie erfasst damit den hier in Betracht kommenden Fall, dass die Sendung der auf einem Tonträger aufgezeichneten Darbietung eines ausübenden Künstlers über Kabel weitergesendet wird.
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c) Der Anspruch des Tonträgerherstellers gegen den ausübenden Künstler auf angemessene Beteiligung an dessen Vergütung (vgl. oben Rn. 26) beruht gleichfalls auf Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2006/115/EG (vgl. oben Rn. 27).
36
d) Das hier in Rede stehende ausschließliche Recht des Sendeunternehmens , seine Funksendung über Kabel weiterzusenden (vgl. oben Rn. 27), ist durch das Unionsrecht nicht geregelt (BGH, GRUR 2012, 1136 Rn. 12 - Breitbandkabel). Die Mitgliedstaaten sehen für Sendeunternehmen nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/EG das ausschließliche Recht vor, zu erlauben oder zu verbieten, dass die Aufzeichnungen ihrer Sendungen öffentlich zugänglich gemacht werden. Durch eine Kabelweitersendung werden Sendungen nicht im Sinne dieser Bestimmung öffentlich zugänglich gemacht, da sie Mitgliedern der Öffentlichkeit dadurch nicht von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl, sondern allein zur Zeit der Sendung zugänglich sind (vgl. v. Lewinski/Walter in Walter/v. Lewinski aaO Rn. 11.3.32). Die Mitgliedstaaten sehen für Sendeunternehmen nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2006/115/EG das ausschließliche Recht vor, die drahtlose Weitersendung ihrer Sendungen sowie die öffentliche Wiedergabe ihrer Sendungen zu erlauben oder zu verbieten, wenn die betreffende Wiedergabe an Orten stattfindet, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind. Um eine solche Weitersendung oder Wiedergabe geht es im Streitfall nicht. Ferner sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass die Kabelweiterverbreitung von Rundfunksendungen aus anderen Mitgliedstaaten in ihrem Staatsgebiet unter Beachtung der anwendbaren Urheberrechte und verwandten Schutzrechte und auf der Grundlage individueller oder kollektiver Verträge zwischen den Urheberrechtsinhabern, den Leistungsschutzberechtigten und den Kabelunternehmen erfolgt (Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/83/EWG zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung ). Eine derartige Kabelweitersendung ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.
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Das Unionsrecht stellt es den Mitgliedstaaten allerdings frei, die Kabelweitersendung von Funksendungen in ihrem nationalen Recht zu regeln. Die Richtlinie 2006/115/EG gestattet den Mitgliedstaaten nach ihrem Erwägungsgrund 16, für Inhaber von verwandten Schutzrechten einen weiterreichenden Schutz vorzusehen, als er in dieser Richtlinie hinsichtlich der öffentlichen Sendung und Wiedergabe vorgeschrieben ist. Die Mitgliedstaaten können daher für Sendeunternehmen das ausschließliche Recht vorsehen, die drahtgebundene Weitersendung ihrer Sendungen sowie die öffentliche Wiedergabe ihrer Sendungen , auch wenn die betreffende Wiedergabe nicht an Orten stattfindet, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind, zu er- lauben oder zu verbieten (BGH, GRUR 2012, 1136 Rn. 13 - Breitbandkabel; vgl. v. Lewinski in Walter/v. Lewinski aaO Rn. 6.8.28 und 6.8.31).
38
Eine unionsrechtskonforme Auslegung der § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, §§ 20, 20b Satz 1 UrhG in Verbindung mit § 15 Abs. 3 UrhG ist wegen des Gebots der einheitlichen Auslegung des nationalen Rechts erforderlich. Danach kann nach dem innerstaatlichen Recht eine für bestimmte Sachverhalte gebotene richtlinienkonforme Auslegung auf nicht von der Richtlinie erfasste Konstellationen zu erstrecken sein, wenn der nationale Gesetzgeber beide Fallgestaltungen parallel regeln wollte (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 2011 - VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 Rn. 26 mwN; BGH, GRUR 2012, 1136 Rn. 14 - Breitbandkabel). So verhält es sich hier. Es gibt keine Anhaltspunkte für die Annahme, der nationale Gesetzgeber habe beim Recht des Sendeunternehmens zur Kabelweitersendung einen anderen Begriff der öffentlichen Wiedergabe zugrunde legen wollen als im Zusammenhang mit den Rechten und Ansprüchen, die Urhebern, ausübenden Künstlern und Tonträgerherstellern wegen einer Kabelweitersendung zustehen.
39
e) Das ausschließliche Recht des Filmherstellers, den Bildträger oder Bild- und Tonträger, auf den das Filmwerk aufgenommen ist, zur Kabelweitersendung zu benutzen (vgl. oben Rn. 28), ist durch das Unionsrecht ebenfalls nicht geregelt. Nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG sehen die Mitgliedstaaten für die Hersteller der erstmaligen Aufzeichnungen von Filmen in Bezug auf das Original und auf Vervielfältigungsstücke ihrer Filme das ausschließliche Recht vor, zu erlauben oder zu verbieten, dass diese öffentlich zugänglich gemacht werden. Bei einer Kabelweitersendung handelt es sich nicht um ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne dieser Bestimmung, da das Filmwerk dadurch Mitgliedern der Öffentlichkeit nicht von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl, sondern allein zur Zeit der Sendung zugänglich gemacht wird (vgl. v. Lewinski/Walter in Walter/v. Lewinski aaO Rn. 11.3.32). Die Richtlinie 2006/115/EG sieht hinsichtlich der öffentlichen Sendung und Wiedergabe in ihrem Art. 8 lediglich für ausübende Künstler, Tonträgerhersteller und Sendeunternehmen , nicht aber für Filmhersteller ausschließliche Rechte und Vergütungsansprüche vor.
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Das Unionsrecht stellt es den Mitgliedstaaten jedoch auch insoweit frei, die Kabelweitersendung in ihrem nationalen Recht zu regeln. Die Richtlinie 2006/115/EG gestattet den Mitgliedstaaten nach ihrem Erwägungsgrund 16, für Inhaber von verwandten Schutzrechten einen weiterreichenden Schutz vorzusehen , als er in dieser Richtlinie hinsichtlich der öffentlichen Sendung und Wiedergabe vorgeschrieben ist. Die Mitgliedstaaten können daher für Filmhersteller das ausschließliche Recht vorsehen, den Bildträger oder Bild- und Tonträger, auf den das Filmwerk aufgenommen ist, zur Kabelweitersendung zu benutzen.
41
Auch insoweit ist wegen des Gebots der einheitlichen Auslegung des nationalen Rechts eine unionsrechtskonforme Auslegung des dem Kabelweitersenderecht zugrunde liegenden Begriffs der öffentlichen Wiedergabe erforderlich (vgl. Rn. 38).
42
4. Überträgt - wie im Streitfall - eine Wohnungseigentümergemeinschaft über Satellit ausgestrahlte und mit einer Gemeinschaftsantenne der Wohnanlage empfangene Fernseh- oder Hörfunksignale zeitgleich, unverändert und vollständig durch ein Kabelnetz an die angeschlossenen Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungseigentümer weiter, sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union an eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG zu stellen sind. Eine solche Weiterübertra- gung stellt daher keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG dar und begründet weder Schadensersatzansprüche oder Wertersatzansprüche von Urhebern, ausübenden Künstlern, Sendeunternehmen oder Filmherstellern noch Vergütungsansprüche der ausübenden Künstler gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft (vgl. Pießkalla, ZUM 2015, 361; Hillig, GRUR-Prax 2014, 556; aA von Frentz/Masach, ZUM 2015, 126; Poll, K&R 2015, 301).
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a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind an eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG folgende Anforderungen zu stellen:
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aa) Eine „Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG setzt voraus, dass der Nutzer in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens - also absichtlich und gezielt - tätig wird, um Dritten einen Zugang zum geschützten Werk oder der geschützten Leistung zu verschaffen, den diese ohne sein Tätigwerden nicht hätten. Dabei reicht es aus, wenn Dritte einen Zugang zu dem geschützten Werk oder der geschützten Leistung haben, ohne dass es darauf ankommt, ob sie diesen nutzen (vgl. zu Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2006 - C-306/05, Slg. 2006, I-11519 = GRUR 2007, 225 Rn. 42 und 43 - SGAE/Rafael; EuGH, GRUR 2012, 156 Rn. 195 - Football Association Premier League und Murphy; EuGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - C-466/12, GRUR 2014, 360 Rn. 19 - Svensson/Retriever Sverige; Urteil vom 27. Februar 2014 - C-351/12, GRUR 2014, 473 Rn. 26 = WRP 2014, 418 - OSA/Léčebné lázně; Urteil vom 27. März 2014 - C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 39 = WRP 2014, 540 - UPC Telekabel/Constantin Film und Wega; vgl. zu Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100/EWG [jetzt Richtlinie 2006/115/EG] EuGH, Urteil vom 15. März 2012 - C-135/10, GRUR 2012, 593 Rn. 82 und 89 = WRP 2012, 689 - SCF/Del Corso; Urteil vom 15. März 2012 - C-162/10, GRUR 2012, 597 Rn. 31 - PPL/Irland).
45
bb) Der Begriff der „Öffentlichkeit“ ist nur bei einer unbestimmten Zahl potentieller Adressaten und recht vielen Personen erfüllt (vgl. zu Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG EuGH, Urteil vom 7. März 2013 - C-607/11, GRUR 2013, 500 Rn. 32 - ITV Broadcasting/TVC; EuGH, GRUR 2014, 360 Rn. 21 - Svensson/Retriever Sverige; GRUR 2014, 473 Rn. 27 - OSA/Léčebné lázně; vgl. zu Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100/EWG [jetzt Richtlinie 2006/115/EG] EuGH, GRUR 2012, 593 Rn. 84 - SCF/Del Corso; GRUR 2012, 597 Rn. 33 PPL/Irland).
46
Um eine „unbestimmte Zahl potentieller Adressaten“ handelt es sich, wenn die Wiedergabe für Personen allgemein erfolgt, also nicht auf besondere Personen beschränkt ist, die einer privaten Gruppe angehören (vgl. zu Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG EuGH, GRUR 2007, 225 Rn. 37 - SGAE/ Rafael, mwN; vgl. zu Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100/EWG [jetzt Richtlinie 2006/115/EG] EuGH, GRUR 2012, 593 Rn. 85 - SCF/Del Corso; GRUR 2012, 597 Rn. 34 - PPL/Irland).
47
Mit dem Kriterium „recht viele Personen“ ist gemeint, dass der Begriff der Öffentlichkeit eine bestimmte Mindestschwelle enthält und eine allzu kleine oder gar unbedeutende Mehrzahl betroffener Personen ausschließt. Zur Bestimmung dieser Zahl von Personen ist die kumulative Wirkung zu beachten, die sich aus der Zugänglichmachung der Werke bei den potentiellen Adressaten ergibt. Dabei kommt es darauf an, wie viele Personen gleichzeitig und nacheinander Zugang zu demselben Werk haben (vgl. zu Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG EuGH, GRUR 2007, 225 Rn. 38 - SGAE/Rafael; GRUR 2013, 500 Rn. 33 - ITV Broadcasting/TVC; GRUR 2014, 473 Rn. 28 - OSA/Léčebné lázně; vgl. zu Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100/EWG [jetzt Richtlinie 2006/115/EG] EuGH, GRUR 2012, 593 Rn. 86 und 87 - SCF/Del Corso; GRUR 2012, 597 Rn. 35 - PPL/Irland).
48
cc) Für eine Einstufung als „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG ist es weiterhin erforderlich, dass ein geschütztes Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet, oder - ansonsten - für ein neues Publikum wiedergegeben wird, also für ein Publikum, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte. Erfolgt die nachfolgende Wiedergabe nach einem spezifischen technischen Verfahren, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet , braucht nicht geprüft zu werden, ob das Werk für ein neues Publikum wiedergegeben wird, sondern bedarf die Wiedergabe ohne Weiteres der Erlaubnis des Urhebers (vgl. EuGH, GRUR 2007, 225 Rn. 40 und 41 - SGAE/ Rafael; EuGH, Beschluss vom 18. März 2010 - C-136/09, MR-Int 2010, 123 Rn. 38 - OSDD/Divani Akropolis; EuGH, GRUR 2012, 156 Rn. 197 - Football Association Premier League und Murphy; GRUR 2013, 500 Rn. 39 und 24 bis 26 - ITV Broadcasting/TVC; GRUR 2014, 360 Rn. 24 - Svensson/Retriever Sverige ; EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2014 - C-348/13, GRUR 2014, 1196 Rn. 14 - BestWater International/Mebes und Potsch).
49
dd) Schließlich ist es nicht unerheblich, ob die betreffende Nutzungshandlung Erwerbszwecken dient (vgl. zu Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG EuGH, GRUR 2007, 225 Rn. 44 - SGAE/Rafael; GRUR 2012, 156 Rn. 204 - Football Association Premier League und Murphy; vgl. zu Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100/EWG [jetzt Richtlinie 2006/115/EG] EuGH, GRUR 2012, 593 Rn. 88 - SCF/Del Corso; GRUR 2012, 597 Rn. 36 - PPL/Irland). Der Erwerbszweck ist allerdings keine zwingende Voraussetzung einer öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG (vgl. EuGH, GRUR 2007, 225 Rn. 44 - SGAE/Rafael) und kann für die Einstufung einer Weiterverbreitung als Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG unter Umständen auch unerheblich sein (EuGH, GRUR 2013, 500 Rn. 42 und 43 - ITV Broadcasting/TVC).
50
b) Nach diesen Maßstäben stellt die hier in Rede stehende Weiterübertragung der über die Gemeinschaftsantenne empfangenen Sendesignale durch ein Kabelnetz keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG dar.
51
aa) Eine solche Weiterleitung der Sendesignale ist allerdings als „Wie- dergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG (vgl. oben Rn. 44) einzustufen. Die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft ist bei der Weiterleitung der mit einer Gemeinschaftsantenne empfangenen Sendesignale über ein Kabelnetz in voller Kenntnis der Folgen ihres Verhaltens - also absichtlich und gezielt - tätig geworden, um den einzelnen Wohnungseigentümern einen Zugang zu den gesendeten Fernseh- und Hörfunkprogrammen mit urheberechtlich geschützten Werken oder Leistungen zu verschaffen, den sie ohne ihr Tätigwerden nicht gehabt hätten. Dabei hat es sich auch dann um eine „Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG gehandelt , wenn die Wohnungseigentümer diesen Zugang tatsächlich nicht genutzt haben.
52
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist im Streitfall auch das weitere Erfordernis einer „öffentlichen Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG erfüllt, dass ein geschütztes Werk unter Verwendung eines spezifischen technischen Verfahrens oder für ein neues Publikum wiedergegeben wird (vgl. oben Rn. 48).
53
(1) Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht angenommen, dass mit der leitungsgebundenen Übertragung der Sendesignale in die einzelnen Wohnungen kein neues Publikum im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs erreicht wird. Die Wohnungseigentümer halten sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Sendegebiet der Sendeunternehmen auf. Sie empfangen die Sendungen - anders als die Gäste eines Hotels (vgl. EuGH, GRUR 2007, 225 Rn. 41 und 42 - SGAE/Rafael), einer Gaststätte (vgl. EuGH, GRUR 2012, 156 Rn. 197 bis 199 - Football Association Premier League und Murphy) oder einer Kureinrichtung (vgl. EuGH, GRUR 2014, 473 Rn. 31 und 32 - OSA/Léčebné lázně) - allein oder im privaten oder familiären Kreis. Die Sendungen erreichen daher allein das Publikum, an das die Urheber und Leistungsschutzberechtigten dachten, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubten.
54
(2) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts erfolgte die Wiedergabe aber nach einem technischen Verfahren, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterschied.
55
Die Weiterverbreitung von terrestrisch oder über Satellit ausgestrahlten Sendesignalen über Kabel erfolgt nach einem spezifischen technischen Verfahren , das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet. Das wird durch die Artikel 2 und 8 der Richtlinie 93/83/EWG bestätigt, die eine neue Erlaubnis für eine zeitgleiche, unveränderte und vollständige Weiterverbreitung einer erdgebundenen oder durch Satellit übermittelten Erstsendung von Fernseh- oder Hörfunkprogrammen, die geschützte Werke enthalten, vor- schreiben, obwohl diese Sendungen bereits in ihrem Sendegebiet auf Grund anderer technischer Verfahren wie der Übertragung mittels Funkwellen der terrestrischen Netze empfangen werden können (EuGH, GRUR 2013, 500 Rn. 25 - ITV Broadcasting/TVC). Die Übermittlung einer Sendung durch Satellit und deren Weiterverbreitung über Kabel sind danach zwei unterschiedliche technische Verfahren und damit zwei Wiedergaben im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG.
56
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann die Weiterverbreitung der Sendung über Kabel nicht aufgrund einer wertenden Betrachtung als bloßer Empfang der Sendung eingestuft werden. Bei der Beurteilung der Frage, ob wegen der Verwendung eines spezifischen technischen Verfahrens eine Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vorliegt, kommt es allein auf eine technische Betrachtung an und ist für eine wertende Betrachtung kein Raum (vgl. zur Frage, wer Hersteller der Vervielfältigung einer Funksendung ist, BGH, Urteil vom 22. April 2009 - I ZR 216/06, GRUR 2009, 845 Rn. 16 = WRP 2009, 1001 - Internet-Videorecorder I). Das schließt es allerdings nicht aus, die Frage, ob über eine Gemeinschaftsantenne empfangene und durch ein Kabelnetz weitergeleitete Sendesignale einer Öffentlichkeit übermittelt werden, (auch) aufgrund einer wertenden Betrachtung zu beantworten (vgl. dazu unter Rn. 67 und BGH, Urteil vom 8. Juli 1993 - I ZR 124/91, BGHZ 123, 149, 153 f. - Verteileranlagen; BGH, GRUR 2009, 845 Rn. 32 - Internet-Videorecorder I; BGH, Urteil vom 12. November 2009 - I ZR 160/07, GRUR 2010, 530 Rn. 19 = WRP 2010, 784 - Regio-Vertrag).
57
cc) Die Revision macht im Hinblick darauf, dass der Gerichtshof der Europäischen Union es für die Einstufung einer Weiterverbreitung als Wiedergabe als unter Umständen nicht unerheblich erachtet hat, ob die betreffende Nut- zungshandlung Erwerbszwecken dient (vgl. oben Rn. 49), ohne Erfolg geltend, im Streitfall müsse ein Erwerbszweck angenommen werden. Die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft beansprucht für die Weiterleitung der Sendesignale kein Entgelt, sondern beschränkt sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf eine Umlage der mit dem Betrieb der Kabelanlage anfallenden Kosten auf die Wohnungseigentümer. Sie verfolgt mit dem Betrieb der Kabelanlage demnach keinen Erwerbszweck. Es kommt nicht darauf an, ob das Bestehen eines Kabelanschlusses - wie die Revision geltend macht - die Vermietbarkeit der von Eigentümern nicht selbst genutzten Wohnungen verbessert. Selbst wenn dies der Fall wäre, ließe dies allenfalls auf einen Erwerbszweck der betreffenden Wohnungseigentümer und nicht auf einen Erwerbszweck der Wohnungseigentümergemeinschaft schließen.
58
dd) Die hier in Rede stehende Weiterübertragung der über die Gemeinschaftsantenne empfangenen Sendesignale durch ein Kabelnetz an die Empfangsgeräte stellt keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG dar, weil die Sendesignale nicht an eine „Öffentlichkeit“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. oben Rn. 45 bis 47) weitergeleitet werden.
59
(1) Das Kriterium „recht viele Personen“ ist im Streitfall allerdings erfüllt. Die Zahl der Personen, denen die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft mit der zeitgleichen, unveränderten und vollständigen Weiterübertragung der Sendesignale der Fernseh- und Hörfunkprogramme durch ein Kabelnetz dieselben Werke oder Leistungen zugänglich macht, ist schon deshalb nicht allzu klein oder gar unbedeutend, weil sämtliche 343 Eigentumswohnungen der Wohnanlage an das Kabelnetz angeschlossen sind. Damit haben alle Perso- nen, die sich zum Zeitpunkt der Sendung in diesen Eigentumswohnungen aufhalten , gleichzeitig Zugang zu denselben Werken und Leistungen. Ob sie diesen Zugang tatsächlich nutzen, ist für die Frage, ob sie eine Öffentlichkeit bilden , unerheblich. Die Zahl dieser Personen überschreitet die dem Begriff der Öffentlichkeit innewohnende Mindestschwelle. Es kommt daher nicht darauf an, inwieweit sich die Zahl dieser Personen durch Personen erhöht, die nacheinander Zugang zu denselben Werken und Leistungen haben.
60
(2) Bei den Personen, denen die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Weiterleitung der Sendesignale den Zugang zu denselben Werken und Leistungen eröffnet, handelt es sich jedoch, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, nicht um eine „unbestimmte Zahl potentieller Adressaten“. Die Wiedergabe erfolgt nicht für „Personen allgemein“; sie ist vielmehr auf „besondere Personen“ beschränkt, die einer „privaten Gruppe“ an- gehören.
61
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Empfänger der Sendesignale stellten keine unbestimmte Zahl potentieller Adressaten dar. Die Zahl der versorgten 343 Wohneinheiten unterliege keinen Schwankungen. Im Jahr fänden durchschnittlich 30 Eigentümerwechsel statt. In welchem Umfang die Eigentumswohnungen vermietet seien und insoweit wechselnde Adressaten erreicht werden könnten, sei nicht vorgetragen. Dass bei mindestens 75 Wohneinheiten stets von einer Öffentlichkeit auszugehen sei, ergebe sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht. Die vom Landgericht vertretene Auffassung, zwischen allen Wohnungseigentümern bestehe eine persönliche Verbundenheit, sei zwar nicht unbedenklich; die zwischen den Wohnungseigentümern einer (auch großen) Wohnungseigentümergemeinschaft bestehende Verbindung sei aber jedenfalls weit ausgeprägter als bei den Mitgliedern einer weitgehend zufälligen Gruppe. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
62
Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergebe sich nicht, dass bei mindestens 75 Wohneinheiten stets von einer Öffentlichkeit auszugehen sei (vgl. Riesenhuber, ZUM 2012, 433). Der Begriff der „Öffentlichkeit“ ist nicht schon bei „recht vielen Personen“ erfüllt, sondern erfordert darüber hinaus, dass es sich dabei um eine „unbestimmte Zahl potentieller Adressaten“ handelt. Eine „Öffentlichkeit“ besteht daher nicht allein deshalb, weil die Zahl der potentiellen Adressaten eine bestimmte Mindestschwelle überschreitet.
63
Eine Wiedergabe beschränkt sich auf „besondere Personen“ und erfolgt nicht gegenüber „Personen allgemein“, wenn sie für einen begrenzten Personenkreis vorgenommen wird (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juli 2005 - C-192/04, Slg. 2005, I-7199 = GRUR 2006, 50 Rn. 31 - Lagardère/SPRE und GVL). So verhält es sich hier. Die Empfänger der von der Beklagten über eine Gemeinschaftsantenne per Satellit und durch ein Kabelnetz in die Wohnungen der Wohnanlage weitergeleiteten Sendesignale sind in ihrer Eigenschaft als Bewohner der Wohnanlage von anderen Personenkreisen abgegrenzt. Dass ein Teil der Bewohner im Laufe eines Jahres wechselt, steht dem nicht entgegen. Desgleichen kommt es entgegen der Ansicht der Revision nicht darauf an, dass die 343 Wohneinheiten nach dem Vorbringen der Klägerin von mindestens 700 Personen bewohnt werden, die zudem regelmäßig Besuch von Gästen erhalten. Dass sich die Zahl der Bewohner verändert und nicht genau festgestellt werden kann, ändert nichts daran, dass es sich bei den Bewohnern der Wohnanlage um einen nach bestimmten Merkmalen abgrenzbaren Kreis „besonderer Personen“ handelt. Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, dass Hotel- gäste nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union als „Personen allgemein“ anzusehen sind, weil der Zugang dieser Gäste zu den Dienstleistungen des Hotels grundsätzlich auf einer persönlichen Entscheidung jedes einzelnen Gastes beruht und lediglich durch die Aufnahmekapazität des fraglichen Hotels begrenzt wird (EuGH, GRUR 2012, 597 Rn. 41 - PPL/Irland). Die Bewohner einer Wohnanlage stehen den Gästen eines Hotels jedoch nicht gleich. Der Zugang zu den Wohnungen einer Wohnanlage ist nicht allein durch die Aufnahmekapazität der fraglichen Wohnungen begrenzt, sondern steht grundsätzlich nur ihren Bewohnern offen. Bei den Bewohnern einer Wohnanla- ge handelt es sich daher um „besondere Personen“.
64
Diese „besonderen Personen“ gehören einer „privaten Gruppe“ an. Der für den unionsrechtlichen Begriff der Öffentlichkeit im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG maßgebliche Begriff der „privaten Gruppe“ kann nicht ohne Weiteres mit dem für den nationalen Begriff der Öffentlichkeit im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG maßgeblichen Be- griff der „persönlichen Verbundenheit“ gleichgesetzt werden. Da die Richtlinien in Bezug auf die Bedeutung des Begriffs der Öffentlichkeit im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG nicht auf das Recht der Mitgliedstaaten verweisen, ist dieser Begriff für die Anwendung dieser Richtlinien als autonomer Begriff des Unionsrechts anzusehen, der im gesamten Gebiet der Union einheitlich auszulegen ist (vgl. zur autonomen Auslegung des Unionsrechts EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2010 - C-467/08, Slg. 2010, I-10055 = GRUR 2011, 50 Rn. 32 - Padawan/SGAE; Urteil vom 3. Juli 2012 - C-128/11, GRUR 2012, 904 Rn. 39 = WRP 2012, 1074 - UsedSoft/ Oracle, jeweils mwN).
65
Der Begriff der „privaten Gruppe“ ist bereits nach seinem Wortsinn weiter als der Begriff der „persönlichen Verbundenheit“. Zu einer „privaten Gruppe“ kann daher gehören, wer im Sinne von § 15 Abs. 3 Satz 2 UrhG nicht mit demjenigen , der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist. Die Bewohner der hier in Rede stehenden Wohnanlage können daher als „private Gruppe“ anzusehen sein, auch wenn die Annahme einer „persönlichen Verbundenheit“, wie das Beru- fungsgericht angenommen hat, nicht unbedenklich erscheint.
66
Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht, dass der nichtöffentliche oder private Personenkreis besonders eng zu ziehen ist. Der von der Revision her- angezogenen Entscheidung „Lagardère/SPRE und GVL“ ist lediglich zu ent- nehmen, dass ein begrenzter Personenkreis nicht als Öffentlichkeit betrachtet werden kann (vgl. EuGH, GRUR 2006, 50 Rn. 31). Aus der Entscheidung ergibt sich dagegen nicht, dass dieser nach bestimmten Merkmalen abgrenzbare Kreis „besonderer Personen“ und folglich auch eine „private Gruppe“ aus weni- gen Personen bestehen muss.
67
Bei der Beurteilung der Frage, ob im Streitfall die über eine Gemeinschaftsantenne empfangenen und durch ein Kabelnetz weitergeleiteten Sendesignale einer „privaten Gruppe“ übermittelt werden, ist zu berücksichtigen, dass diese Sendesignale von einer Wohnungseigentümergemeinschaft ausschließlich in die Wohnungen der dieser Gemeinschaft angehörenden Wohnungseigentümer übermittelt werden. Bei einer wertenden Betrachtung unterscheiden sich der Empfang mittels einer gemeinsamen Satellitenschüssel und die Weiterleitung über ein Kabelnetz in die einzelnen Wohnungen nicht von der Fallgestal- tung, dass jeder einzelne Eigentümer für seine eigene Wohnung eine gesonderte Antenne installiert und die empfangenen Sendesignale über Kabel an die Empfangsgeräte in seiner Wohnung weiterleitet. Im zuletzt genannten Fall liegt keine Wiedergabe für eine Öffentlichkeit vor, weil die Wiedergabe auf „besonde- re Personen“ beschränkt ist, die einer „privaten Gruppe“ angehören. Wenn die Gesamtheit der Wohnungseigentümer anstelle zahlreicher Einzelantennen eine Gemeinschaftsantenne installiert und die empfangenen Sendesignale über Kabel an die Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungen weiterleitet, ist das daher gleichfalls als eine Wiedergabe anzusehen, die auf „besondere Personen“ be- schränkt ist, die einer „privaten Gruppe“ angehören. Im Ergebnis leiten die ein- zelnen Eigentümer die Sendungen nur an sich selbst weiter.
68
5. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG oder Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder zweifelsfrei zu beantworten ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshof der Europäischen Union ist es grundsätzlich Sache der nationalen Gerichte, anhand der von ihm aufgestellten Kriterien aufgrund einer umfassenden Beurteilung der gegebenen Situation zu beurteilen, ob in einem konkreten Fall eine öffentliche Wiedergabe vorliegt (vgl. EuGH, GRUR 2012, 593 Rn. 93 - SCF/Del Corso).
69
C. Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil auf Kosten der Klägerin (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.

Büscher Schaffert Kirchhoff
Koch Feddersen
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 20.02.2013 - 21 O 16054/12 -
OLG München, Entscheidung vom 11.09.2014 - 6 U 2619/13 -


BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZR 228/14
vom
15. Dezember 2015
in dem Rechtsstreit

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Dezember 2015 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert,
Dr. Kirchhoff, Prof. Dr. Koch und Feddersen
beschlossen:
Das Senatsurteil vom 17. September 2015 wird gemäß § 319
Abs. 1 ZPO in Rn. 42 letzte Zeile dahin berichtigt, dass es dort
statt „Masach“ heißt „Masch“.

Büscher Schaffert Kirchhoff

Koch Feddersen

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 20.02.2013 - 21 O 16054/12 -
OLG München, Entscheidung vom 11.09.2014 - 6 U 2619/13 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 17. Sept. 2015 - I ZR 228/14

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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2013 - I ZR 152/11

bei uns veröffentlicht am 11.04.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DESVOLKES URTEIL I ZR 152/11 Verkündet am: 11. April 2013 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Aug. 2012 - I ZR 44/10

bei uns veröffentlicht am 16.08.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 44/10 Verkündet am: 16. August 2012 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja B

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Nov. 2009 - I ZR 160/07

bei uns veröffentlicht am 12.11.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 160/07 Verkündet am: 12. November 2009 Führinger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Sept. 2014 - I ZR 228/12

bei uns veröffentlicht am 18.09.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I Z R 2 2 8 / 1 2 Verkündet am: 18. September 2014 Bürk Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Apr. 2009 - I ZR 216/06

bei uns veröffentlicht am 22.04.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 216/06 Verkündet am: 22. April 2009 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachträglicher Leitsatz Nachschlagewerk: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Juni 2000 - I ZR 231/97

bei uns veröffentlicht am 15.06.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 231/97 Verkündet am: 15. Juni 2000 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein Schieds
5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 17. Sept. 2015 - I ZR 228/14.

Bundesgerichtshof Urteil, 28. März 2019 - I ZR 132/17

bei uns veröffentlicht am 28.03.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 132/17 Verkündet am: 28. März 2019 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Jan. 2018 - I ZR 85/17

bei uns veröffentlicht am 11.01.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 85/17 Verkündet am: 11. Januar 2018 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Landgericht Köln Urteil, 25. Aug. 2016 - 14 O 30/16

bei uns veröffentlicht am 25.08.2016

Tenor Die einstweiligen Verfügungen der Kammer zu den Az. 14 O 30/16 und 14 O 31/16 jeweils vom 11. Februar 2016 werden bestätigt. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsgegner. 1T A T B E S T A N D: 2Die Verfügungsklägerin ist eine nach dem T

Landgericht Halle Teilurteil, 08. Aug. 2016 - 4 O 335/15

bei uns veröffentlicht am 08.08.2016

Tenor 1.) Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin getrennt nach Kalenderjahren und beginnend mit dem 01.01.2006 Auskunft zu erteilen über den Umfang der im Rahmen seines Geschäftsbetriebs vorgenommenen Kabelweitersendungshandlungen bezogen auf

Referenzen

(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere

1.
das Vervielfältigungsrecht (§ 16),
2.
das Verbreitungsrecht (§ 17),
3.
das Ausstellungsrecht (§ 18).

(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere

1.
das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19),
2.
das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
3.
das Senderecht (§ 20),
4.
das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
5.
das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).

(3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

Das Senderecht ist das Recht, das Werk durch Funk, wie Ton- und Fernsehrundfunk, Satellitenrundfunk, Kabelfunk oder ähnliche technische Mittel, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

(1) Das Recht, ein gesendetes Werk im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig weiterübertragenen Programms weiterzusenden (Weitersendung), kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden. Dies gilt nicht für

1.
Rechte an einem Werk, das ausschließlich im Internet gesendet wird,
2.
Rechte, die ein Sendeunternehmen in Bezug auf seine Sendungen geltend macht.

(1a) Bei der Weitersendung über einen Internetzugangsdienst ist Absatz 1 nur anzuwenden, wenn der Betreiber des Weitersendedienstes ausschließlich berechtigten Nutzern in einer gesicherten Umgebung Zugang zum Programm bietet.

(1b) Internetzugangsdienst im Sinne von Absatz 1a ist ein Dienst gemäß Artikel 2 Absatz 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union (ABl. L 310 vom 26.11.2015, S. 1), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2018/1972 (ABl. L 321 vom 17.12.2018, S. 36; L 334 vom 27.12.2019, S. 164) geändert worden ist.

(2) Hat der Urheber das Recht der Weitersendung einem Sendeunternehmen oder einem Tonträger- oder Filmhersteller eingeräumt, so hat der Weitersendedienst gleichwohl dem Urheber eine angemessene Vergütung für die Weitersendung zu zahlen. Auf den Vergütungsanspruch kann nicht verzichtet werden. Er kann im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten und nur durch eine solche geltend gemacht werden. Diese Regelung steht Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und gemeinsamen Vergütungsregeln von Sendeunternehmen nicht entgegen, soweit dadurch dem Urheber eine angemessene Vergütung für jede Weitersendung eingeräumt wird.

(1) Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, seine Darbietung

1.
öffentlich zugänglich zu machen (§ 19a),
2.
zu senden, es sei denn, dass die Darbietung erlaubterweise auf Bild- oder Tonträger aufgenommen worden ist, die erschienen oder erlaubterweise öffentlich zugänglich gemacht worden sind,
3.
außerhalb des Raumes, in dem sie stattfindet, durch Bildschirm, Lautsprecher oder ähnliche technische Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar zu machen.

(2) Dem ausübenden Künstler ist eine angemessene Vergütung zu zahlen, wenn

1.
die Darbietung nach Absatz 1 Nr. 2 erlaubterweise gesendet,
2.
die Darbietung mittels Bild- oder Tonträger öffentlich wahrnehmbar gemacht oder
3.
die Sendung oder die auf öffentlicher Zugänglichmachung beruhende Wiedergabe der Darbietung öffentlich wahrnehmbar gemacht wird.

(3) Auf Vergütungsansprüche nach Absatz 2 kann der ausübende Künstler im Voraus nicht verzichten. Sie können im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten werden.

(4) § 20b gilt entsprechend.

(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere

1.
das Vervielfältigungsrecht (§ 16),
2.
das Verbreitungsrecht (§ 17),
3.
das Ausstellungsrecht (§ 18).

(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere

1.
das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19),
2.
das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
3.
das Senderecht (§ 20),
4.
das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
5.
das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).

(3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 231/97 Verkündet am:
15. Juni 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
Schiedsstellenanrufung
Eine Berufung gegen eine Verurteilung zur Zahlung ist hinreichend begründet,
wenn geltend gemacht wird, daß der Klageantrag wegen Fehlens einer Prozeßvoraussetzung
(hier: Durchführung des durch § 16 UrhWG vorgeschriebenen
Schiedsstellenverfahrens) unzulässig ist.
UrhWG § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 16 Abs. 1 und 2

a) Erhebt eine Verwertungsgesellschaft eine auf Vertrag gestützte Zahlungsklage
, bedarf es grundsätzlich keiner vorherigen Anrufung der Schiedsstelle
nach § 16 Abs. 1 UrhWG.

b) Dagegen ist die Erfüllung der Prozeßvoraussetzung des § 16 Abs. 1 UrhWG
auch dann erforderlich, wenn eine Verwertungsgesellschaft Schadensersatz
nur in der Form fordert, daß die sich nach ihrem Tarif ergebende Vergütung
nur unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durch die Schiedsstelle gezahlt
oder bei dem zuständigen Amtsgericht hinterlegt werden soll.
BGH, Urt. v. 15. Juni 2000 - I ZR 231/97 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Dr. Büscher und
Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 19. August 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die Berufung des Beklagten gegen seine Verurteilung nach dem Klageantrag zu 1 als unzulässig verworfen und ihn auf die Berufung der Klägerin nach dem Klageantrag zu 2 verurteilt hat.
Hinsichtlich eines mit dem Klageantrag zu 1 geltend gemachten Betrages von 15.449,03 DM nebst Zinsen wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird auf die Berufung des Beklagten das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 31. Januar 1997 unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin insoweit abgeändert , als der Beklagte nach dem Klageantrag zu 1 zur Zahlung weiterer 11.980,72 DM nebst Zinsen verurteilt worden ist. Im Umfang dieser Verurteilung wird der Klageantrag zu 1 als unzulässig abgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin (GEMA) ist die einzige in der Bundesrepublik Deutschland bestehende Verwertungsgesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte. Der Beklagte betreibt die Gaststätte "E. " in T. . Die Parteien schlossen am 15. September/9. Oktober 1991 einen Vertrag über die Wiedergabe von Werken der Musik in dieser Gaststätte unter Nutzung des Repertoires der Klägerin und des von der Klägerin wahrgenommenen Repertoires der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH (GVL) mit Hilfe von Tonträgern. Die Vergütung sollte sich nach dem Tarif der Klägerin M-U/III/1c "Tonträgerwiedergabe in Diskotheken" richten.
Erstmalig mit Schreiben vom 15. Januar 1993 verlangte der Beklagte von der Klägerin, in eine Vertragsänderung einzuwilligen, nach der statt des Tarifs M-U/III/1c der Tarif M-U/III/1b ("Tonträgerwiedergabe mit Veranstaltungscharakter oder mit Tanz") anzuwenden sei. Seit dem 1. März 1993 zahlte der Beklagte an die Klägerin keine Nutzungsentgelte mehr. Mit Schreiben vom 2. Juni 1994 kündigte der Beklagte den Vertrag vom 15. September/9. Oktober 1991.

Die Klägerin hat behauptet, daß die von dem Beklagten betriebene Gaststätte eine Diskothek im Sinne ihres Tarifs M-U/III/1c sei. Sie hat beantragt , den Beklagten zu verurteilen,
1. an die Klägerin 27.429,75 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen;
2. an die Klägerin weitere 23.762,28 DM unter Vorbehalt der Nachprüfung durch die Schiedsstelle nach dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz zu zahlen oder bei dem zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen.
Als Klageantrag zu 3 hat die Klägerin einen Unterlassungsantrag gestellt.
Den Zahlungsantrag zu 1 hat die Klägerin in Höhe von 15.449,03 DM als Vergütungsanspruch aus dem Vertrag vom 15. September/9. Oktober 1991 und in Höhe von 11.980,72 DM - für die Zeit ab dem 1. September 1994 bis zum 31. August 1996 - auf der Grundlage des sogenannten Gaststättentarifs als Schadensersatzforderung (unter Ansatz einer doppelten Tarifgebühr) berechnet , weil der Vertrag vom 15. September/9. Oktober 1991 durch die vom Beklagten ausgesprochene Kündigung beendet worden sei. Mit dem Klageantrag zu 2 hat die Klägerin als weiteren Schadensersatzanspruch die Differenz zwischen dem niedrigeren Gaststätten- und dem höheren Diskothekentarif für die Zeit ab dem 1. September 1994 bis zum 31. August 1996 geltend gemacht. Sie hat dazu vorgetragen, es gehe ihr insoweit nicht um eine endgültige Zahlung
an sich selbst, sondern um eine Sicherung ihrer Ansprüche in dem Umfang, wie sie gegeben wäre, wenn ein Nutzer in der Lage des Beklagten rechtmäßig - unter Ausnutzung der Möglichkeiten des § 11 Abs. 2 UrhWG - vorgegangen wäre.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat dabei unter anderem vorgebracht, die Anwendung des für Diskotheken aufgestellten Tarifs sei bei seiner Gaststätte verfehlt, weil er lediglich einmal wöchentlich Jugendtanz und im übrigen auch Theatervorstellungen, Bunte Abende, Betriebsfeiern, Tanzturniere usw. veranstalte.
Das Landgericht hat den Beklagten gemäß dem Klageantrag zu 1 (Zahlung von 27.429,75 DM) und dem Klageantrag zu 3 (Unterlassung) verurteilt. Den Klageantrag zu 2 (Zahlung unter Vorbehalt oder Hinterlegung von 23.762,28 DM) hat es als unzulässig abgewiesen.
Dieses Urteil haben beide Parteien, soweit es sie beschwert, mit der Berufung angegriffen. Die Klägerin hat mit ihrem Berufungsantrag ihren Klageantrag zu 2 weiterverfolgt, der Beklagte seinen Antrag auf vollständige Abweisung der Klage.
Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Klägerin auch deren Klageantrag zu 2 stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hat es als unzulässig verworfen (OLG Naumburg ZUM 1997, 937).
Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Beklagten hat der Senat nicht angenommen, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Unterlassung
wendet; im übrigen verfolgt der Beklagte mit seiner Revision seinen Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision insoweit zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten hat im Umfang ihrer Annahme Erfolg. Sie führt hinsichtlich eines mit dem Klageantrag zu 1 geltend gemachten Betrages von 15.449,03 DM zur Aufhebung und Zurückverweisung und im übrigen zur Abweisung der Klage als unzulässig.
I. 1. Das Landgericht hat den Beklagten nach dem Klageantrag zu 1 zur Zahlung von 27.429,75 DM nebst Zinsen verurteilt. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten als unzulässig angesehen. Es hat dies damit begründet, daß weder der Schriftsatz vom 15. April 1997, mit dem der Beklagte am 16. April 1997 Berufung eingelegt habe, noch der Schriftsatz vom 29. Mai 1997, den der Beklagte in der mündlichen Verhandlung als unselbständige Anschlußberufung bezeichnet habe, eine ausreichende Berufungsbegründung enthalte.
2. Dieser Ansicht kann nicht zugestimmt werden. Der Beklagte hat die Berufung gegen seine Verurteilung nach dem Klageantrag zu 1 im Schriftsatz vom 15. April 1997 hinreichend begründet.
Nach § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO muß die Berufungsbegründung die bestimmte Bezeichnung der im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) sowie die neuen Tatsachen, Beweismittel und Beweiseinreden enthalten, die die Partei zur Rechtfertigung ihrer Berufung anzuführen hat. Die Vorschrift soll gewährleisten, daß der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz ausreichend vorbereitet wird, indem sie den Berufungsführer anhält, die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen , in welchen Punkten und mit welchen Gründen das angefochtene Urteil für unrichtig gehalten wird. Dadurch soll bloß formelhaften Berufungsbegründungen entgegengewirkt und eine Beschränkung des Rechtsstoffs im Berufungsverfahren erreicht werden. Demnach muß die Berufungsbegründung jeweils auf den Streitfall zugeschnitten sein und im einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art sowie aus welchen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 6.5.1999 - III ZR 265/98, NJW 1999, 3126; Urt. v. 24.6.1999 - I ZR 164/97, NJW 1999, 3269, 3270; Beschl. v. 25.11.1999 - III ZB 50/99, Umdr. S. 4, jeweils m.w.N.). Die Berufung ist jedoch insgesamt zulässig, wenn sie zu einem den gesamten Streitgegenstand betreffenden Punkt eine den Erfordernissen des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO genügende Begründung enthält (vgl. BGH, Urt. v. 17.3.1994 - IX ZR 102/93, NJW 1994, 1656, 1657; Urt. v. 11.5.1999 - IX ZR 298/97, NJW 1999, 2435, 2436, jeweils m.w.N.). So liegt der Fall hier.
Der Beklagte hat in seiner Berufungsbegründung seine Verurteilung nach dem Klageantrag zu 1 auch mit dem Argument angegriffen, der Antrag sei unzulässig, weil vor Klageerhebung nicht gemäß § 16 Abs. 1 UrhWG ein Verfahren vor der Schiedsstelle durchgeführt worden sei. Dieser Angriff auf die
Zulässigkeit der Zahlungsklage war als Berufungsbegründung ausreichend, weil er geeignet war, der angefochtenen Entscheidung über den Klageantrag zu 1 insgesamt die Grundlage zu nehmen. Es war danach nicht mehr erforderlich , daß der Beklagte auch zu der ihm nachteiligen materiell-rechtlichen Begründung des angefochtenen Urteils Stellung nahm (vgl. MünchKomm/ Rimmelspacher, § 519 ZPO Rdn. 41; Musielak/Ball, ZPO, § 519 Rdn. 33).
3. Zur Entscheidung über die Begründetheit der danach zulässigen Berufung bedarf es einer Aufhebung und Zurückverweisung, soweit mit dem Klageantrag zu 1 ein vertraglicher Vergütungsanspruch (in Höhe von 15.449,03 DM) geltend gemacht wird. Soweit mit dem Klageantrag zu 1 ein Schadensersatzanspruch (in Höhe von 11.980,72 DM) gefordert wird, vermag der Senat selbst zu befinden, da sich der Antrag insoweit schon jetzt mangels Erfüllung der Prozeßvoraussetzung des § 16 Abs. 1 UrhWG als unzulässig erweist (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

a) Über den auf den Vertrag vom 15. September/9. Oktober 1991 gestützten Zahlungsanspruch von 15.449,03 DM vermag der Senat beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand nicht abschließend zu entscheiden. Der Klageantrag zu 1 ist insoweit insbesondere nicht als unzulässig zu beurteilen, da die Prozeßvoraussetzung des § 16 Abs. 1 UrhWG entgegen der Ansicht der Revision bei der Geltendmachung vertraglicher Vergütungsansprüche grundsätzlich nicht eingreift.
Allerdings folgt dies nicht aus dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 UrhWG, nach dem bei Streitfällen nach § 14 Abs. 1 UrhWG Ansprüche im Wege der Klage erst geltend gemacht werden können, nachdem ein Verfahren vor der
Schiedsstelle vorausgegangen ist. Zu den von dieser Regelung erfaßten Streitfällen gehören grundsätzlich alle Streitigkeiten zwischen einer Verwertungsgesellschaft und einem Einzelnutzer über die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke oder Leistungen (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UrhWG).
Diese weite gesetzliche Regelung, die ihrem Wortlaut nach sogar Unterlassungsansprüche erfassen würde, bedarf jedoch nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes, wie er sich insbesondere aus § 16 Abs. 2 Satz 1 UrhWG ergibt, einer Einschränkung. Nach dieser Ausnahmeregelung greift die Prozeßvoraussetzung des § 16 Abs. 1 UrhWG nicht ein, wenn bei Streitfällen nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UrhWG die Anwendbarkeit und die Angemessenheit des Tarifs nicht bestritten sind. Dies kann nach dem Willen des Gesetzgebers und dem Zweck der Regelung nur bedeuten, daß die Schiedsstelle vor Klageerhebung nur dann einzuschalten ist, wenn es im konkreten Fall auf die Anwendbarkeit oder die Angemessenheit des Tarifs auch tatsächlich ankommt. Das Verfahren vor der Schiedsstelle dient in erster Linie dem Ziel, eine einheitliche und sachkundige Beurteilung der von den Verwertungsgesellschaften aufzustellenden Tarife zu ermöglichen; den Gerichten, die sich nur mit Schwierigkeiten die für die Beurteilung der Angemessenheit erforderlichen Vergleichsmaßstäbe erarbeiten können, soll Hilfestellung gegeben werden (vgl. Begr. zum RegEntwurf in BTDrucks. 10/837 S. 12). Die Anwendbarkeit oder Angemessenheit des Tarifs muß "im Streit" sein (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 2 UrhWG), d.h. es muß auf sie ankommen. Mit der zwingenden Vorschaltung der Schiedsstelle sollen deren Sachkunde in möglichst großem Umfang nutzbar gemacht und die Gerichte entlastet werden (Begr. zum RegEntwurf aaO S. 24). Aus der Verpflichtung der Schiedsstelle, auf eine gütliche Beilegung des Streitfalls hinzuwirken (§ 14 Abs. 5 UrhWG) und den Beteiligten einen Einigungsvorschlag zu unterbreiten (§ 14a Abs. 2
UrhWG), läßt sich kein selbständiger Grund für einen generellen Zwang zur Anrufung der Schiedsstelle auch bei der Geltendmachung vertraglicher Ansprüche herleiten.
Da der Gesetzgeber ersichtlich auf eine tarifbezogene Sachkunde der Schiedsstelle abgestellt hat, ist ihre vorherige Einschaltung dann nicht geboten, wenn die Anwendbarkeit oder die Angemessenheit des von der Verwertungsgesellschaft aufgestellten Tarifs nicht zur Überprüfung steht. Letzteres ist bei Zahlungsansprüchen in der Regel der Fall, wenn der geltend gemachte Anspruch auf Vertrag gestützt ist (ebenso KG Report 1995, 84; vgl. auch Fromm/Nordemann , 8. Aufl., WahrnG § 16 Rdn. 4 Abs. 2 a.E., die ein Rechtsschutzbedürfnis für die Überprüfung eines Tarifs durch die Schiedsstelle verneinen). Denn den Vertragspartnern bleibt es grundsätzlich überlassen, den Inhalt eines Vertrages frei zu bestimmen. Ist ein Vertrag als wirksam zu beurteilen, so sind die Parteien daran bis zu seiner Beendigung gebunden. Aufgrund einer Stellungnahme der Schiedsstelle könnte in einem solchen Fall, selbst wenn die Schiedsstelle einen vereinbarten Tarif für nicht anwendbar und/oder unangemessen hält, nicht in bestehende Vertragsverhältnisse eingegriffen werden. Unter diesen Umständen würden - was der Gesetzgeber nicht gewollt haben kann - die Verwertungsgesellschaften durch die mit der vorherigen Anrufung der Schiedsstelle zwangsläufig verbundene Verfahrensverzögerung in der Durchsetzung ihrer vertraglichen Vergütungsansprüche ohne hinreichenden Grund beeinträchtigt. Das vom Beklagten selbst vorgelegte Weißbuch der Bundesvereinigung der Musikveranstalter e.V. macht deutlich, daß Schiedsstellenverfahren teils ungewöhnlich lange dauern; dort wird angeführt, daß um die Jahreswende 1995/96 noch Verfahren aus den Jahren 1989 und 1990 anhängig gewesen seien, in denen sich seit Jahren nichts mehr bewegt habe (Weißbuch S. 27, GA I 139).

Wird die Wirksamkeit eines Vertrages in Zweifel gezogen, sei es aufgrund von Nichtigkeits- oder Anfechtungsgründen nach dem BGB oder aus AGBrechtlichen oder kartellrechtlichen Gründen, so handelt es sich um Fragen, deren Beurteilung zu den typischen und gängigen Aufgaben der Gerichte gehören. Die besondere tarifbezogene Sachkunde der Schiedsstelle wird hier in der Regel nicht benötigt; es sei denn, die Frage der Angemessenheit des vereinbarten Tarifs wirkt sich ausnahmsweise unmittelbar auf die Wirksamkeit des Vertrages aus. Für den Regelfall ist allerdings davon auszugehen, daß eine gerichtliche Überprüfung der Angemessenheit des von einer Verwertungsgesellschaft angewendeten Tarifs unzulässig ist, wenn sich Verwertungsgesellschaft und Verwerter vertraglich über die für die Nutzungsrechtseinräumung zu zahlende Vergütung geeinigt haben, bei dem Verwerter aber nachträglich Zweifel an der Angemessenheit auftreten (BGHZ 87, 281 ff. - Tarifüberprüfung I). Von diesem noch zu § 11 UrhWG a.F. aufgestellten Grundsatz ist auch unter der Geltung der durch das Gesetz zur Ä nderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts vom 24. Juni 1985 (BGBl. I S. 1137) erfolgten Neuregelung des Schiedsstellenverfahrens auszugehen. Den Gesetzesmaterialien lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß abweichend von der angeführten - zum Zeitpunkt der Novellierung bekannten - Senatsrechtsprechung künftig auch im Rahmen bestehender Vertragsverhältnisse der Weg für eine Angemessenheitsprüfung , sei es durch die Gerichte oder die Schiedsstelle, generell eröffnet werden sollte.
Der Verwerter wird dadurch nicht unzumutbar benachteiligt. Der Senat hat bereits in der Entscheidung "Tarifüberprüfung I" (BGHZ 87, 281, 285) darauf verwiesen, daß das Gesetz in § 11 Abs. 2 UrhWG eine Regelung vorsieht, die
den Interessen des Verwerters hinreichend gerecht wird. Hält er eine vertragliche Vergütungsregelung nicht mehr für angemessen, so gibt ihm das Gesetz die Möglichkeit, die Nutzungsrechte schon vor der abschließenden gerichtlichen Klärung, welche Bedingungen angemessen sind, zu verwerten, sofern er zuvor den Vertrag kündigt und zugleich die weiterhin geforderte Vergütung zahlt oder hinterlegt. Überdies hat der Verwerter die Möglichkeit, jederzeit gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UrhWG selbst die Schiedsstelle anzurufen, wenn er sich z.B. vor der Kündigung Klarheit über den Standpunkt der Schiedsstelle verschaffen möchte. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs soll es für die Zuständigkeit der Schiedsstelle nach § 14 UrhWG unerheblich sein, ob es sich um einen reinen Vergütungsanspruch oder um einen Schadensersatz- oder Bereicherungsanspruch wegen unberechtigter Werknutzung handelt (BT-Drucks. 10/ 837 S. 23). Dementsprechend hat die Schiedsstelle ihre Zuständigkeit nach § 14 UrhWG auch für die Angemessenheitsprüfung im Rahmen eines Einzelvertrages bejaht (Schiedsstelle ZUM 1987, 187, 188); um die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Prozeßvoraussetzung des § 16 Abs. 1 UrhWG eingreift, ging es dabei nicht.
Das Berufungsgericht wird nunmehr unter Berücksichtigung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 23. Februar 1995 - 16 O 58/94 -, durch das die Klage des Beklagten auf Feststellung der Nichtigkeit des streitgegenständlichen Vertrages rechtskräftig abgewiesen worden ist, zu prüfen haben, ob die vom Beklagten gegen die Wirksamkeit des Vertrages weiter erhobenen Bedenken durchgreifen. Sollte dies der Fall sein und die Klägerin anstelle des vertraglichen Vergütungsanspruchs Schadensersatz verlangen, wird, da dann die Angemessenheit des Tarifs im Streit stünde, eine Aussetzung des Verfahrens nach § 16 Abs. 2 Satz 2 UrhWG in Betracht zu ziehen sein, damit zunächst die Schieds-
stelle angerufen werden kann. Sollte sich der Vertrag als wirksam erweisen, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob die mit Schreiben des Beklagten vom 2. Juni 1994 ausgesprochene Kündigung nicht erst - wie von der Klägerin angenommen - mit Ablauf des 31. August 1996, sondern - wie der Beklagte meint - als fristlose Kündigung sofort wirksam geworden ist. Denn eine frühere Beendigung des Vertragsverhältnisses würde sich auf die Berechnung des vertraglichen Vergütungsanspruchs auswirken.

b) Soweit mit dem Klageantrag zu 1 ein Schadensersatz in Höhe von 11.980,72 DM verlangt wird, greift allerdings die Prozeßvoraussetzung des § 16 Abs. 1 UrhWG ein, so daß die Klage insoweit als unzulässig abzuweisen ist.
Die Revisionserwiderung ist der Ansicht, daß der auf der Grundlage des sogenannten Gaststättentarifs (M-U/III/1b) berechnete Schadensersatz als Sokkelbetrag auch dann zu zahlen sei, wenn der Ansicht des Beklagten gefolgt werde, daß nur dieser Tarif und nicht der höhere Tarif für Tonträgerwiedergaben in Diskotheken (M-U/III/1c) anzuwenden sei. Dem kann nicht beigetreten werden. Es kann dahinstehen, ob einer Verwertungsgesellschaft ein Sockelbetrag auch ohne vorherige Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens zugesprochen werden kann, wenn die Forderung insoweit nicht in Abrede gestellt wird. Denn ein solcher Fall ist hier nicht gegeben, weil der Beklagte den geltend gemachten Schadensersatzanspruch - worauf die Revision in der mündlichen Verhandlung noch einmal hingewiesen hat - dem Grund und der Höhe nach bestreitet.
Eine Aussetzung des Rechtsstreits nach § 16 Abs. 2 Satz 2 UrhWG, um den Parteien die Anrufung der Schiedsstelle zu ermöglichen, scheidet schon
deshalb aus, weil sich insoweit nicht erst während des Rechtsstreits herausgestellt hat, daß die Anwendbarkeit oder Angemessenheit des Tarifs im Streit ist.
II. 1. Das Berufungsgericht hat den Beklagten nach dem Klageantrag zu 2 verurteilt, an die Klägerin weitere 23.762,23 DM unter Vorbehalt der Nachprüfung durch die Schiedsstelle nach dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz zu zahlen oder bei dem zuständigen Amtsgericht zu hinterlegen. Dazu hat es ausgeführt, der Klageanspruch ergebe sich nicht bereits aus § 11 Abs. 2 UrhWG. Diese Vorschrift sei keine Anspruchsgrundlage für die Verwertungsgesellschaft , sondern solle nur den Verwerter davor schützen, daß die Verwertungsgesellschaft bei der Vergabe von Nutzungsrechten ihre Monopolstellung dazu einsetze, auf ihn hinsichtlich der Höhe der Vergütung Druck auszuüben.
Der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch aber als Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung der von ihr wahrgenommenen urheberrechtlichen und leistungsschutzrechtlichen Befugnisse zu, weil der Beklagte die Nutzung des von der Klägerin wahrgenommenen Repertoires fortgesetzt habe, obwohl der Lizenzvertrag durch seine Kündigung zum 2. Juni 1994 beendet gewesen sei.
Der Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dieser bestehe darin, daß der Beklagte - anders als er dies bei rechtmäßigem Vorgehen hätte tun müssen - die von der Klägerin geforderte Lizenzgebühr nicht gemäß § 11 Abs. 2 UrhWG unter Vorbehalt gezahlt oder hinterlegt habe. Aufgrund des rechtswidrigen Verhaltens des Beklagten habe die Klägerin keine Sicherung dagegen erhalten, daß sie nach Durchfüh-
rung des Schiedsstellenverfahrens ihre eventuell gerechtfertigte Lizenzgebührenforderung wegen Insolvenz des Beklagten nicht mehr vollstrecken könne. Im Wege des Schadensausgleichs müsse der Beklagte die Klägerin so stellen, wie sie stünde, wenn er sich rechtmäßig verhalten hätte.
Für den Klageantrag zu 2 sei die vorherige Durchführung des Schiedsstellenverfahrens nicht Prozeßvoraussetzung, weil er nicht auf die unmittelbare Anwendung eines Tarifs der klagenden Verwertungsgesellschaft gestützt sei. Vielmehr sei die Höhe des Schadensersatzbetrages gesetzlich festgelegt, da nach § 249 BGB, § 11 Abs. 2 UrhWG die von der Klägerin geforderten Lizenzgebühren unter Vorbehalt zu zahlen oder zu hinterlegen seien.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Prozeßvoraussetzung der vorgängigen Durchführung des Schiedsstellenverfahrens ist nach dem klaren Wortlaut des § 16 Abs. 1 UrhWG auch bei einer Schadensersatzklage zu beachten (vgl. Nordemann aaO § 16 WahrnG Rdn. 6). Dies gilt auch dann, wenn sie - wie der hier mit dem Klageantrag zu 2 geltend gemachte Anspruch - nur auf Zahlung unter Vorbehalt der Nachprüfung durch die Schiedsstelle oder auf Hinterlegung gerichtet ist (a.A. Schricker/Reinbothe, Urheberrecht, 2. Aufl., § 11 WahrnG Rdn. 9, § 16 WahrnG Rdn. 3).
Bei Klageansprüchen dieser Art die Vorschrift des § 16 Abs. 1 UrhWG nicht anzuwenden, widerspräche nicht nur dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift, sondern auch ihrem Sinn und Zweck. Die vom Gesetz grundsätzlich vorgeschriebene vorgängige Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens soll in Streitfällen im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UrhWG die besondere Sachkunde der Schiedsstelle in möglichst
großem Umfang nutzbar machen und die Gerichte soweit wie möglich entlasten. Diese Aufgabe kann die Schiedsstelle in weitem Umfang auch dann erfüllen , wenn eine Verwertungsgesellschaft ihren Klageantrag - wie hier den Klageantrag zu 2 - so formuliert, daß es für die Entscheidung über den Antrag nicht auf die Anwendbarkeit und Angemessenheit des Tarifs ankommen soll. Würde die Prozeßvoraussetzung des Schiedsstellenverfahrens in einem solchen Fall nicht gelten, könnte eine Verwertungsgesellschaft zudem ihrem Prozeßgegner durch eine entsprechende Fassung des Klageantrags das ihm zustehende Recht zur sofortigen Anrufung der Schiedsstelle nehmen.
Die notwendige Einschaltung der Schiedsstelle in Streitfällen zwischen einer Verwertungsgesellschaft, die für ihren Tätigkeitsbereich meist eine Monopolstellung besitzt, und den in Urheberrechtsfragen häufig unerfahrenen Werknutzern dient nicht zuletzt auch dem Zweck, die Schiedsstelle frühzeitig als besonders sachkundige und unabhängige Kontrollinstanz tätig werden zu lassen. Damit wäre es nicht vereinbar, wenn eine Verwertungsgesellschaft die Schiedsstelle durch eine entsprechende Fassung ihres Klageantrags - zumindest zunächst - umgehen könnte.
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wäre der mit dem Klageantrag zu 2 geltend gemachte Schadensersatzanspruch im übrigen auch nicht begründet. Eine Verwertungsgesellschaft hat bei einer Verletzung der von ihr wahrgenommenen Rechte Anspruch auf Schadensersatz (§ 97 UrhG). Danach kann sie Schadensausgleich für den Eingriff in die von ihr wahrgenommenen Rechte verlangen, der auch in Form einer angemessenen Lizenzgebühr berechnet werden kann (zu den Berechnungsarten vgl. BGH, Urt. v. 22.9.1999 - I ZR 48/97, WRP 2000, 101, 102 - Planungsmappe, m.w.N.). Die Schadens-
berechnung nach der angemessenen Lizenzgebühr führt regelmäßig dazu, daß die Tarifvergütung zugrunde zu legen ist, die der Rechtsverletzer bei ordnungsgemäßer Einholung der Erlaubnis der Klägerin hätte entrichten müssen (vgl. BGHZ 97, 37, 40 - Filmmusik; BGH, Urt. v. 1.6.1983 - I ZR 98/81, GRUR 1983, 565, 566 - Tarifüberprüfung II). Daraus folgt jedoch nicht, daß die Klägerin verlangen kann, so gestellt zu werden, wie sie stünde, wenn der Verletzer rechtmäßig gehandelt hätte und gemäß § 11 Abs. 2 UrhWG vor seinen Nutzungshandlungen die von der Verwertungsgesellschaft geforderte Lizenzgebühr unter Vorbehalt gezahlt oder hinterlegt hätte. Die Vorschrift des § 11 Abs. 2 UrhWG soll nicht eine Vermögensposition der Verwertungsgesellschaften begründen und sie - anders als andere Inhaber urheber- und leistungsschutzrechtlicher Befugnisse - gegen die Gefahr sichern, Ansprüche wegen Rechtsverletzungen nach Erwirkung eines Schadensersatztitels nicht mehr vollstrecken zu können. Zweck des § 11 Abs. 2 UrhWG ist vielmehr allein der Schutz des Verwerters. Die Vorschrift soll verhindern, daß sich die Verwertungsgesellschaft , die meist für ihren Tätigkeitsbereich eine Monopolstellung besitzt, durch Hinauszögern der Rechtseinräumung und unangemessen hohe Vergütungsforderungen dem Abschlußzwang, dem sie nach § 11 Abs. 1 UrhWG unterliegt, tatsächlich entzieht (vgl. die Begründung zu § 11 des Regierungsentwurfs eines Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten - Urheberrechtswahrnehmungsgesetz, BTDrucks. IV/271 S. 17 = UFITA 46 [1966] S. 271; vgl. Schricker/Reinbothe aaO § 11 WahrnG Rdn. 9).
III. Auf die Revision des Beklagten war danach das Berufungsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als es die Berufung des Beklagten ge-
gen seine Verurteilung nach dem Klageantrag zu 1 als unzulässig verworfen und ihn auf die Berufung der Klägerin nach dem Klageantrag zu 2 verurteilt hat.
Hinsichtlich des mit dem Klageantrag zu 1 geltend gemachten Vergütungsanspruchs (15.449,03 DM) war die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im übrigen war auf die Berufung des Beklagten das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin insoweit abzuändern, als der Beklagte nach dem Klageantrag zu 1 zur Zahlung von Schadensersatz (11.980,72 DM) verurteilt worden ist. Insoweit war die Klage mit dem Antrag zu 1 als unzulässig abzuweisen. Dieser Abänderung auf die Revision des Beklagten steht das Verbot der reformatio in peius (§ 559 Abs. 1 ZPO) nicht entgegen (BGH, Urt. v. 22.1.1997 - VIII ZR 339/95, WM 1997, 1713, 1716; Urt. v. 10.11.1999 - VIII ZR 78/98, Umdr. S. 10 - zur Veröffentlichung vorgesehen; Musielak/Ball aaO § 536 Rdn. 8).
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Büscher Raebel

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

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1. Die erst im Berufungsurteil selbst ausgesprochene Entscheidung, das Verfahren nicht auszusetzen, unterliegt nicht der revisionsrechtlichen Prüfung. Die im Revisionsverfahren erhobene Rüge gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts , das Verfahren nicht wegen des Löschungsverfahrens auszusetzen , muss daher in jedem Fall erfolglos bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2007 - I ZR 22/04, BGHZ 171, 89 Rn. 16 - Pralinenform I).
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3. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs stelle keine unzulässige Rechtsausübung dar (§ 242 BGB). Die von den Beklagten erhobene Einrede, die Klägerin verlange mit dem Unterlassen der Weitersendung eine Leistung, die sie alsbald wieder zurückzugewähren habe („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“), greife nicht durch. Zwar könne ein aus einem Patent auf Unterlassung in Anspruch genommener Beklagter einwenden, der Patentinhaber missbrauche eine marktbeherrschende Stellung, wenn er sich weigere, mit ihm einen Patenlizenzvertrag zu nicht diskriminierenden und nicht behindernden Bedingungen abzuschließen (BGH, Urteil vom 6. Mai 2009 - KZR 39/06, BGHZ 180, 312 Rn. 29 - Orange-Book-Standard). Im Streitfall habe jedoch nicht das Gericht zu entscheiden , ob die Voraussetzungen des im Fall einer Kabelweitersendung nach § 87 Abs. 5 UrhG bestehenden Kontrahierungszwangs erfüllt sind. Dies habe nach § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 UrhWG vielmehr zunächst die Schiedsstelle zu beurteilen. Vor ihrer Anrufung, könne den Beklagten keine Befugnis zur Kabelweitersendung aus § 87 Abs. 5 UrhG zuerkannt werden. Gegen diese Beurteilung richtet sich die Revision mit Erfolg.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere

1.
das Vervielfältigungsrecht (§ 16),
2.
das Verbreitungsrecht (§ 17),
3.
das Ausstellungsrecht (§ 18).

(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere

1.
das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19),
2.
das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
3.
das Senderecht (§ 20),
4.
das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
5.
das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).

(3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

Das Senderecht ist das Recht, das Werk durch Funk, wie Ton- und Fernsehrundfunk, Satellitenrundfunk, Kabelfunk oder ähnliche technische Mittel, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

(1) Das Recht, ein gesendetes Werk im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig weiterübertragenen Programms weiterzusenden (Weitersendung), kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden. Dies gilt nicht für

1.
Rechte an einem Werk, das ausschließlich im Internet gesendet wird,
2.
Rechte, die ein Sendeunternehmen in Bezug auf seine Sendungen geltend macht.

(1a) Bei der Weitersendung über einen Internetzugangsdienst ist Absatz 1 nur anzuwenden, wenn der Betreiber des Weitersendedienstes ausschließlich berechtigten Nutzern in einer gesicherten Umgebung Zugang zum Programm bietet.

(1b) Internetzugangsdienst im Sinne von Absatz 1a ist ein Dienst gemäß Artikel 2 Absatz 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union (ABl. L 310 vom 26.11.2015, S. 1), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2018/1972 (ABl. L 321 vom 17.12.2018, S. 36; L 334 vom 27.12.2019, S. 164) geändert worden ist.

(2) Hat der Urheber das Recht der Weitersendung einem Sendeunternehmen oder einem Tonträger- oder Filmhersteller eingeräumt, so hat der Weitersendedienst gleichwohl dem Urheber eine angemessene Vergütung für die Weitersendung zu zahlen. Auf den Vergütungsanspruch kann nicht verzichtet werden. Er kann im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten und nur durch eine solche geltend gemacht werden. Diese Regelung steht Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und gemeinsamen Vergütungsregeln von Sendeunternehmen nicht entgegen, soweit dadurch dem Urheber eine angemessene Vergütung für jede Weitersendung eingeräumt wird.

(1) Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, seine Darbietung

1.
öffentlich zugänglich zu machen (§ 19a),
2.
zu senden, es sei denn, dass die Darbietung erlaubterweise auf Bild- oder Tonträger aufgenommen worden ist, die erschienen oder erlaubterweise öffentlich zugänglich gemacht worden sind,
3.
außerhalb des Raumes, in dem sie stattfindet, durch Bildschirm, Lautsprecher oder ähnliche technische Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar zu machen.

(2) Dem ausübenden Künstler ist eine angemessene Vergütung zu zahlen, wenn

1.
die Darbietung nach Absatz 1 Nr. 2 erlaubterweise gesendet,
2.
die Darbietung mittels Bild- oder Tonträger öffentlich wahrnehmbar gemacht oder
3.
die Sendung oder die auf öffentlicher Zugänglichmachung beruhende Wiedergabe der Darbietung öffentlich wahrnehmbar gemacht wird.

(3) Auf Vergütungsansprüche nach Absatz 2 kann der ausübende Künstler im Voraus nicht verzichten. Sie können im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten werden.

(4) § 20b gilt entsprechend.

Wird ein erschienener oder erlaubterweise öffentlich zugänglich gemachter Tonträger, auf den die Darbietung eines ausübenden Künstlers aufgenommen ist, zur öffentlichen Wiedergabe der Darbietung benutzt, so hat der Hersteller des Tonträgers gegen den ausübenden Künstler einen Anspruch auf angemessene Beteiligung an der Vergütung, die dieser nach § 78 Abs. 2 erhält.

(1) Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, seine Darbietung

1.
öffentlich zugänglich zu machen (§ 19a),
2.
zu senden, es sei denn, dass die Darbietung erlaubterweise auf Bild- oder Tonträger aufgenommen worden ist, die erschienen oder erlaubterweise öffentlich zugänglich gemacht worden sind,
3.
außerhalb des Raumes, in dem sie stattfindet, durch Bildschirm, Lautsprecher oder ähnliche technische Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar zu machen.

(2) Dem ausübenden Künstler ist eine angemessene Vergütung zu zahlen, wenn

1.
die Darbietung nach Absatz 1 Nr. 2 erlaubterweise gesendet,
2.
die Darbietung mittels Bild- oder Tonträger öffentlich wahrnehmbar gemacht oder
3.
die Sendung oder die auf öffentlicher Zugänglichmachung beruhende Wiedergabe der Darbietung öffentlich wahrnehmbar gemacht wird.

(3) Auf Vergütungsansprüche nach Absatz 2 kann der ausübende Künstler im Voraus nicht verzichten. Sie können im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten werden.

(4) § 20b gilt entsprechend.

(1) Das Sendeunternehmen hat das ausschließliche Recht,

1.
seine Funksendung weiterzusenden und öffentlich zugänglich zu machen,
2.
seine Funksendung auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen, Lichtbilder von seiner Funksendung herzustellen sowie die Bild- oder Tonträger oder Lichtbilder zu vervielfältigen und zu verbreiten, ausgenommen das Vermietrecht,
3.
an Stellen, die der Öffentlichkeit nur gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind, seine Funksendung öffentlich wahrnehmbar zu machen.

(2) Das Recht ist übertragbar. Das Sendeunternehmen kann einem anderen das Recht einräumen, die Funksendung auf einzelne oder alle der ihm vorbehaltenen Nutzungsarten zu nutzen. § 31 und die §§ 33 und 38 gelten entsprechend.

(3) Das Recht erlischt 50 Jahre nach der ersten Funksendung. Die Frist ist nach § 69 zu berechnen.

(4) § 10 Abs. 1 sowie die Vorschriften des Teils 1 Abschnitt 6 mit Ausnahme des § 47 Abs. 2 Satz 2 und des § 54 Abs. 1 gelten entsprechend.

(5) Sendeunternehmen und Weitersendedienste sind gegenseitig verpflichtet, einen Vertrag über die Weitersendung im Sinne des § 20b Absatz 1 Satz 1 durch Kabelsysteme oder Mikrowellensysteme zu angemessenen Bedingungen abzuschließen, sofern nicht ein die Ablehnung des Vertragsabschlusses sachlich rechtfertigender Grund besteht; die Verpflichtung des Sendeunternehmens gilt auch für die ihm in Bezug auf die eigene Sendung eingeräumten oder übertragenen Senderechte. Auf Verlangen des Weitersendedienstes oder des Sendeunternehmens ist der Vertrag gemeinsam mit den in Bezug auf die Weitersendung durch Kabelsysteme oder Mikrowellensysteme anspruchsberechtigten Verwertungsgesellschaften zu schließen, sofern nicht ein die Ablehnung eines gemeinsamen Vertragsschlusses sachlich rechtfertigender Grund besteht. Sofern Sendeunternehmen und Weitersendedienste Verhandlungen über andere Formen der Weitersendung aufnehmen, führen sie diese nach Treu und Glauben.

(6) Absatz 5 gilt für die Direkteinspeisung nach § 20d Absatz 1 entsprechend.

8
2. Das Sendeunternehmen hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 UrhG das ausschließliche Recht, seine Funksendung weiterzusenden. Das Senderecht umfasst das Recht zur Kabelweitersendung (vgl. § 20 UrhG), also das Recht, die Funksendung im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig wei- terübertragenen Programms durch Kabelsysteme oder Mikrowellensysteme weiterzusenden (§ 20b Abs. 1 Satz 1 UrhG). Das Senderecht ist ein besonderer Fall des Rechts der öffentlichen Wiedergabe (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 UrhG), also des ausschließlichen Rechts des Urhebers, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 1 UrhG).

(1) Der Filmhersteller hat das ausschließliche Recht, den Bildträger oder Bild- und Tonträger, auf den das Filmwerk aufgenommen ist, zu vervielfältigen, zu verbreiten und zur öffentlichen Vorführung, Funksendung oder öffentlichen Zugänglichmachung zu benutzen. Der Filmhersteller hat ferner das Recht, jede Entstellung oder Kürzung des Bildträgers oder Bild- und Tonträgers zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten Interessen an diesem zu gefährden.

(2) Das Recht ist übertragbar. Der Filmhersteller kann einem anderen das Recht einräumen, den Bildträger oder Bild- und Tonträger auf einzelne oder alle der ihm vorbehaltenen Nutzungsarten zu nutzen. § 31 und die §§ 33 und 38 gelten entsprechend.

(3) Das Recht erlischt fünfzig Jahre nach dem Erscheinen des Bildträgers oder Bild- und Tonträgers oder, wenn seine erste erlaubte Benutzung zur öffentlichen Wiedergabe früher erfolgt ist, nach dieser, jedoch bereits fünfzig Jahre nach der Herstellung, wenn der Bildträger oder Bild- und Tonträger innerhalb dieser Frist nicht erschienen oder erlaubterweise zur öffentlichen Wiedergabe benutzt worden ist.

(4) § 10 Abs. 1 und die §§ 20b und 27 Abs. 2 und 3 sowie die Vorschriften des Abschnitts 6 des Teils 1 sind entsprechend anzuwenden.

(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere

1.
das Vervielfältigungsrecht (§ 16),
2.
das Verbreitungsrecht (§ 17),
3.
das Ausstellungsrecht (§ 18).

(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere

1.
das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19),
2.
das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
3.
das Senderecht (§ 20),
4.
das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
5.
das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).

(3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

(1) Das Sendeunternehmen hat das ausschließliche Recht,

1.
seine Funksendung weiterzusenden und öffentlich zugänglich zu machen,
2.
seine Funksendung auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen, Lichtbilder von seiner Funksendung herzustellen sowie die Bild- oder Tonträger oder Lichtbilder zu vervielfältigen und zu verbreiten, ausgenommen das Vermietrecht,
3.
an Stellen, die der Öffentlichkeit nur gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind, seine Funksendung öffentlich wahrnehmbar zu machen.

(2) Das Recht ist übertragbar. Das Sendeunternehmen kann einem anderen das Recht einräumen, die Funksendung auf einzelne oder alle der ihm vorbehaltenen Nutzungsarten zu nutzen. § 31 und die §§ 33 und 38 gelten entsprechend.

(3) Das Recht erlischt 50 Jahre nach der ersten Funksendung. Die Frist ist nach § 69 zu berechnen.

(4) § 10 Abs. 1 sowie die Vorschriften des Teils 1 Abschnitt 6 mit Ausnahme des § 47 Abs. 2 Satz 2 und des § 54 Abs. 1 gelten entsprechend.

(5) Sendeunternehmen und Weitersendedienste sind gegenseitig verpflichtet, einen Vertrag über die Weitersendung im Sinne des § 20b Absatz 1 Satz 1 durch Kabelsysteme oder Mikrowellensysteme zu angemessenen Bedingungen abzuschließen, sofern nicht ein die Ablehnung des Vertragsabschlusses sachlich rechtfertigender Grund besteht; die Verpflichtung des Sendeunternehmens gilt auch für die ihm in Bezug auf die eigene Sendung eingeräumten oder übertragenen Senderechte. Auf Verlangen des Weitersendedienstes oder des Sendeunternehmens ist der Vertrag gemeinsam mit den in Bezug auf die Weitersendung durch Kabelsysteme oder Mikrowellensysteme anspruchsberechtigten Verwertungsgesellschaften zu schließen, sofern nicht ein die Ablehnung eines gemeinsamen Vertragsschlusses sachlich rechtfertigender Grund besteht. Sofern Sendeunternehmen und Weitersendedienste Verhandlungen über andere Formen der Weitersendung aufnehmen, führen sie diese nach Treu und Glauben.

(6) Absatz 5 gilt für die Direkteinspeisung nach § 20d Absatz 1 entsprechend.

Das Senderecht ist das Recht, das Werk durch Funk, wie Ton- und Fernsehrundfunk, Satellitenrundfunk, Kabelfunk oder ähnliche technische Mittel, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

(1) Das Recht, ein gesendetes Werk im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig weiterübertragenen Programms weiterzusenden (Weitersendung), kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden. Dies gilt nicht für

1.
Rechte an einem Werk, das ausschließlich im Internet gesendet wird,
2.
Rechte, die ein Sendeunternehmen in Bezug auf seine Sendungen geltend macht.

(1a) Bei der Weitersendung über einen Internetzugangsdienst ist Absatz 1 nur anzuwenden, wenn der Betreiber des Weitersendedienstes ausschließlich berechtigten Nutzern in einer gesicherten Umgebung Zugang zum Programm bietet.

(1b) Internetzugangsdienst im Sinne von Absatz 1a ist ein Dienst gemäß Artikel 2 Absatz 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union (ABl. L 310 vom 26.11.2015, S. 1), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2018/1972 (ABl. L 321 vom 17.12.2018, S. 36; L 334 vom 27.12.2019, S. 164) geändert worden ist.

(2) Hat der Urheber das Recht der Weitersendung einem Sendeunternehmen oder einem Tonträger- oder Filmhersteller eingeräumt, so hat der Weitersendedienst gleichwohl dem Urheber eine angemessene Vergütung für die Weitersendung zu zahlen. Auf den Vergütungsanspruch kann nicht verzichtet werden. Er kann im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten und nur durch eine solche geltend gemacht werden. Diese Regelung steht Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und gemeinsamen Vergütungsregeln von Sendeunternehmen nicht entgegen, soweit dadurch dem Urheber eine angemessene Vergütung für jede Weitersendung eingeräumt wird.

(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere

1.
das Vervielfältigungsrecht (§ 16),
2.
das Verbreitungsrecht (§ 17),
3.
das Ausstellungsrecht (§ 18).

(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere

1.
das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19),
2.
das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
3.
das Senderecht (§ 20),
4.
das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
5.
das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).

(3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

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(1) Für die Frage, wer Hersteller einer Vervielfältigung ist, kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zunächst allein auf eine technische Betrachtung an (Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 53 Rdn. 14; Wandtke /Bullinger/Lüft, Urheberrecht, 3. Aufl., § 53 UrhG Rdn. 17; Lüghausen, Die Auslegung von § 53 Abs. 1 S. 1 UrhG anhand des urheberrechtlichen Dreistufentest [2008], S. 132 ff.; a.A. LG Braunschweig AfP 2006, 489, 491). Die Vervielfältigung ist als körperliche Festlegung eines Werkes ein rein technischmechanischer Vorgang (vgl. BGHZ 134, 250, 261 – CB-Infobank I; 141, 13, 21 – Kopienversanddienst). Hersteller der Vervielfältigung ist daher derjenige, der diese körperliche Festlegung technisch bewerkstelligt. Dabei ist es ohne Bedeutung , ob er sich dabei technischer Hilfsmittel bedient, selbst wenn diese von Dritten zur Verfügung gestellt werden. Beispielsweise ist bei einem öffentlich zugänglichen CD-Kopierautomaten, mit dem mitgebrachte CDs ohne Hilfestellung des Aufstellers auf ebenfalls mitgebrachte Rohlinge kopiert werden, nicht der Automatenaufsteller, sondern der Kunde als Hersteller der Vervielfältigungsstücke anzusehen (vgl. OLG München GRUR-RR 2003, 365, 366).
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(2) Allerdings unterliegt nicht jede Übermittlung eines geschützten Werkes oder einer geschützten Leistung, die über ein Verteilernetz erfolgt, dem Urheberrecht. Andernfalls wäre selbst der Rundfunkempfang mit kleineren Gemeinschaftsantennenanlagen von der Genehmigung der Rechteinhaber abhängig. Ein Eingriff in die Rechte aus § 20 UrhG oder § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 UrhG http://www.juris.de/jportal/portal/t/gmd/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE315129300&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/gmd/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=jcr-62005J0306&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/gmd/ - 9 - liegt daher nur vor, wenn die mit funktechnischen Mitteln bewirkte Übermittlung des Werkes oder der Leistung als öffentliche Wiedergabe bezeichnet werden kann. Ob dies der Fall ist, kann nicht nach technischen Kriterien beurteilt werden , sondern nur aufgrund einer wertenden Betrachtung (vgl. BGHZ 123, 149, 153 f. - Verteileranlagen).

(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere

1.
das Vervielfältigungsrecht (§ 16),
2.
das Verbreitungsrecht (§ 17),
3.
das Ausstellungsrecht (§ 18).

(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere

1.
das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19),
2.
das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
3.
das Senderecht (§ 20),
4.
das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
5.
das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).

(3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)