Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2002 - I ZR 89/00

bei uns veröffentlicht am26.09.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 89/00 Verkündet am:
26. September 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
THERMAL BAD
Die behauptete Irreführung, der Verbraucher nehme bei einer mit "THERMAL BAD"
bezeichneten Badetablette an, die darin enthaltenen Mineralien seien einer natürlichen
Thermalquelle entzogen, kann der Tatrichter aus eigener Erfahrung verneinen.
BGH, Urt. v. 26. September 2002 - I ZR 89/00 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm,
Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 2. März 2000 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte vertreibt unter der Bezeichnung "t. Beweglichkeits THERMAL BAD" mit den weiteren Erläuterungen "DIE THERMAL BADEKUR FÜR ZU HAUSE" und "Fördert die Hautdurchblutung, lockert Gelenke und Glieder" zur Auflösung im Badewasser bestimmte Tabletten. Diese werden nicht aus natürlichem Thermalquellwasser gewonnen, sondern auf synthetischem Weg hergestellt. Sie enthalten Bestandteile, die denen eines natürlichen Thermalquellwassers entsprechen, insbesondere betreffend die Mineral-
salze. Auf der Rückseite der Faltschachtel, in der die Tabletten verpackt sind, befinden sich unter anderem die Angaben "Das t. BeweglichkeitsThermalbad enthält eine Mineralsalzkombination, wie sie in Thermalquellen vorkommt. Thermalquellen sind weltweit für ihre gesundheitsfördernde Wirkung bekannt." und "Verspannte Muskeln und überlastete Gelenke und Glieder werden wohltuend gelockert".
Der Kläger ist ein Wettbewerbsverband, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört. Zu diesen zählen unter anderem zahlreiche Unternehmen, die wie die Beklagte pharmazeutische Produkte herstellen und vertreiben.
Nach der Auffassung des Klägers sind die von der Beklagten für die Tabletten verwendeten Bezeichnungen mit dem Wort "Thermal" irreführend. Außerdem seien die Tabletten in der Form, in der sie vertrieben würden, als Arzneimittel einzustufen und daher ohne entsprechende Zulassung nicht verkehrsfähig.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen,
es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das Mittel "t. Beweglichkeits Thermal Bad" unter der Bezeichnung "Thermal Bad" und/oder "Thermal Badekur" und/oder "Thermal Badetabletten" in den Verkehr zu bringen und/oder bringen zu lassen, hilfsweise, das Verbot hinsichtlich der konkreten Verpackung auszusprechen.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg (OLG Frankfurt am Main PharmaR 2000, 341 = OLG-Rep 2000, 138).
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Nach der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Vertrieb der Tabletten weder unter den angegriffenen Bezeichnungen noch mit Blick auf die konkrete Produktverpackung in ihrer Gesamtheit zu beanstanden. Hierzu hat es ausgeführt:
Ein Unterlassungsanspruch folge nicht aus dem in § 3a HWG geregelten Verbot der Werbung für zulassungspflichtige, aber nicht zugelassene Arzneimittel. Aus der Sicht des Verkehrs weise das Produkt der Beklagten nach seiner Bezeichnung und sonstigen Bewerbung zwar allgemeine gesundheitsförderliche und vorbeugende, nicht aber arzneiliche Wirkungen auf.
Die Beklagte erwecke aber auch weder durch die mit dem Klagehauptantrag angegriffenen Bezeichnungen noch durch die mit dem Hilfsantrag ein-
bezogene Produktverpackung einen nach § 3 UWG relevanten Irrtum. Zumindest aber würde das Interesse der Beklagten, ihr neuartiges Produkt unter Bezugnahme auf die naheliegende natürliche Entsprechung zu bezeichnen, die Interessen etwa irregeführter Verbraucher deutlich überwiegen.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand. Das Berufungsgericht hat die Badetabletten der Beklagten mit Recht nicht als zulassungspflichtige Arzneimittel angesehen und ohne Rechtsfehler auch das Vorliegen einer Irreführung i.S. des § 3 UWG verneint.
1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist aus der Sicht des Verkehrs weder der Bezeichnung des Produkts der Beklagten noch den weiteren Inhalten der fraglichen Werbung eine Zweckbestimmung des Produkts zu entnehmen, durch Anwendung am oder im Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen oder zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Weder würden Krankheiten genannt, bei denen die Anwendung des Mittels indiziert sei, noch Wirkungen geschildert, die als Heilung , Linderung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden zu verstehen seien. Die Beklagte weise vielmehr nur darauf hin, daß ihr Produkt wohltuend wirke und der Gesundheit förderlich sei. Das gelte auch für den Hinweis auf die "Badekur". Der Verkehr verbinde mit diesem Begriff allgemeine gesundheitsförderliche und vorbeugende Wirkungen, nicht aber ohne weiteres die Wirkungen eines Arzneimittels. Entsprechendes gelte für die Bedeutung weiterer Produktbeschreibungen wie etwa "Beweglichkeitsbad" und "lockert Gelenke und Glieder". Umschreibungen, die auf zu lindernde oder zu heilende Krankheiten hindeuten könnten, lägen nicht vor.
Die Revision hält dem ohne Erfolg entgegen, das Produkt der Beklagten verspreche nach seiner Zweckbestimmung und den Hinweisen auf seiner Verpackung auf die Besserung oder Wiederherstellung der Beweglichkeit, auf die Förderung der Hautdurchblutung, auf die Lockerung der Gelenke, Glieder und verspannter Muskeln, auf die ausdrücklich hervorgehobene "gesundheitsfördernde Wirkung" wie bei "Thermalquellen" sowie auf seine Bestandteile auch die Linderung vorhandener Behinderungen, Krankheiten und Beschwerden. Denn sie setzt damit - was revisionsrechtlich unzulässig ist - lediglich ihre Sicht der Dinge an die Stelle der vom Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung des Sachverhalts ohne Rechtsfehler vorgenommenen Beurteilung. Entscheidend für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel ist seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung, wie sie sich für den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher darstellt (BGH, Urt. v. 10.2.2000 - I ZR 97/98, GRUR 2000, 528, 529 = WRP 2000, 510 - L-Carnitin; Urt. v. 7.12.2000 - I ZR 158/98, GRUR 2001, 450, 451 = WRP 2001, 542 - Franzbranntwein-Gel; Urt. v. 11.7.2002 - I ZR 34/01, GRUR 2002, 910, 912 = WRP 2002, 1141 - Muskelaufbaupräparate, zum Abdruck in BGHZ vorgesehen). Das vom Berufungsgericht ermittelte Verständnis des Verbrauchers läßt Rechtsfehler nicht erkennen.
2. Nach der Auffassung des Berufungsgerichts enthält die vom Kläger angegriffene Werbung auch keine Irreführung i.S. des § 3 UWG. Denn die Beklagte treffe an keiner Stelle die Aussage, daß ihr Produkt aus einer natürlichen Thermalquelle gewonnen sei, sondern lasse auf seiner Verpackung deutlich erkennen, daß es sich um ein Erzeugnis handele, dessen Zusammensetzung der eines natürlichen Thermalquellwassers entspreche. Sie stelle außerdem heraus, daß die Tabletten "nach wissenschaftlichen Grundsätzen entwik-
kelt" und mit zusätzlichen, d.h. über den Wirkstoffinhalt natürlicher Thermalquellen hinausgehenden Inhaltsstoffen versehen seien. Die betroffenen Verbraucherkreise verbänden mit dem Begriff "THERMAL BAD" nicht die Vorstellung , die so beworbenen Tabletten seien aus natürlichen Thermalquellen gewonnen. Vielmehr werde der Eindruck erweckt, der Verbraucher könne mit dem Produkt die Wirkungen von Inhaltsstoffen, die natürliche Thermalquellen auszeichneten , in der häuslichen Badewanne herbeiführen, d.h. selbst ein "THERMAL BAD" herstellen. Das aber sei angesichts der unstreitig einer natürlichen Thermalquelle vergleichbaren Inhaltsstoffe der Tabletten durchaus der Fall. Auch diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.

a) Die Frage, in welchem Sinn eine Werbeaussage zu verstehen ist, beurteilt sich nach dem Verständnis des durchschnittlich informierten, verständigen und der Situation, in der er mit der Aussage konfrontiert wird, entsprechend aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 - Orient-Teppichmuster ; Urt. v. 29.6.2000 - I ZR 155/98, GRUR 2000, 1106, 1108 = WRP 2000, 1278 - Möbel-Umtauschrecht; Urt. v. 3.5.2001 - I ZR 318/98, GRUR 2002, 182, 183 = WRP 2002, 74 - Das Beste jeden Morgen). Die Verkehrsanschauung orientiert sich dabei grundsätzlich am Wortsinn der Werbeaussage (vgl. BGH GRUR 2002, 182, 184 - Das Beste jeden Morgen, m.w.N.), das heißt am allgemeinen Sprachgebrauch und am allgemeinen Sprachverständnis. Die Beurteilung dieses Verständnisses obliegt dem Tatrichter.

b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts versteht der Verkehr das in Tablettenform angebotene "THERMAL BAD" dahin, daß das Produkt in der häuslichen Badewanne die Wirkungen herbeiführt, die einer natürlichen
Thermalquelle entsprechen; der Verbraucher könne in diesem Sinne also sein Thermalbad selbst herstellen. Die Vergleichbarkeit der Wirkungen des Produkts mit denen einer Thermalquelle hat das Berufungsgericht unangegriffen als unstreitig festgestellt. Seine Beurteilung, entgegen der Ansicht des Klägers erwarteten relevante Verkehrskreise nicht, daß die Mineralien für das häusliche Bad aus dem Wasser einer bestimmten Thermalquelle gewonnen seien, läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe die behauptete Irreführung nicht aus eigener Sachkunde verneinen dürfen, greift nicht durch. Nach der inzwischen geänderten Rechtsprechung des Senats ist für das Verkehrsverständnis die Vorstellung eines situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers maßgebend. Dementsprechend kommt es nicht auf die möglicherweise hiervon abweichenden Anschauungen einer Minderheit von Verbrauchern an und macht es deshalb grundsätzlich auch keinen Unterschied, ob der Tatrichter seine Sachkunde und Lebenserfahrung zur Bejahung oder zur Verneinung einer Irreführungsgefahr einsetzen möchte (BGH, Urt. v. 18.10.2001 - I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 552 = WRP 2002, 527 - Elternbriefe).
Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, der Tatrichter habe die Feststellungen zum Aussagegehalt der angegriffenen Bezeichnungen außerhalb seines Erfahrungsbereichs getroffen.

c) Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, daß Teile des Verkehrs im Hinblick auf den nicht eindeutigen Wortsinn der isoliert betrachteten Bezeichnung "THERMAL BAD" meinen könnten, es handele sich nicht um ein künstliches Erzeugnis, sondern um ein Naturprodukt, dem das Wasser entzogen worden sei, änderte dies an der Beurteilung der Sache nichts. Es fehlte
jedenfalls an einer wettbewerbsrechtlich relevanten Irreführung, weil die betreffenden Teile des Verkehrs auf der Verpackung eine Erläuterung der insoweit lediglich unklaren Aussage finden und hieraus unschwer entnehmen können , daß es sich bei den Badetabletten der Beklagten um ein künstlich gewonnenes Erzeugnis handelt.

d) Nach alledem kann die Revision auch nicht mit dem weiterverfolgten Hilfsantrag Erfolg haben, der maßgeblich damit begründet worden ist, daß auf der Verpackung die Bezeichnung "THERMAL BAD" mehrfach blickfangmäßig herausgestellt wird.
III. Die Revision des Klägers war danach mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2002 - I ZR 89/00

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2002 - I ZR 89/00

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.
Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2002 - I ZR 89/00 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 3 Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen


(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig. (2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtscha

Heilmittelwerbegesetz - HeilMWerbG | § 3a


Unzulässig ist eine Werbung für Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen und die nicht nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen sind oder als zugelassen gelten. Satz 1 findet auch Anwendung, wenn sich die Werbung auf An

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2002 - I ZR 89/00 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2002 - I ZR 89/00 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juli 2002 - I ZR 34/01

bei uns veröffentlicht am 11.07.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 34/01 Verkündet am: 11. Juli 2002 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : ja BGHR : j

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Mai 2001 - I ZR 318/98

bei uns veröffentlicht am 03.05.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 318/98 Verkündet am: 3. Mai 2001 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Okt. 2001 - I ZR 193/99

bei uns veröffentlicht am 18.10.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 193/99 Verkündet am: 18. Oktober 2001 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2000 - I ZR 97/98

bei uns veröffentlicht am 10.02.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 97/98 Verkündet am: 10. Februar 2000 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGH

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Dez. 2000 - I ZR 158/98

bei uns veröffentlicht am 07.12.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 158/98 Verkündet am: 7. Dezember 2000 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Juni 2000 - I ZR 155/98

bei uns veröffentlicht am 29.06.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 155/98 Verkündet am: 29. Juni 2000 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2002 - I ZR 89/00.

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 04. Apr. 2012 - 1 U 338/11 - 101

bei uns veröffentlicht am 04.04.2012

Tenor 1. Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das am 27. Juli 2011 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken, 7 O 97/11, wird zurückgewiesen. 2. Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Gründe I. Der Verfügun

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 23. Juli 2003 - 6 U 89/03

bei uns veröffentlicht am 23.07.2003

Tenor 1. Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des LG Mannheim vom 28.3.2003 - 7 O 65/03 - wird zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Verfügungsklägerin zur Last. Gründe   1 I

Referenzen

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Unzulässig ist eine Werbung für Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen und die nicht nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen sind oder als zugelassen gelten. Satz 1 findet auch Anwendung, wenn sich die Werbung auf Anwendungsgebiete oder Darreichungsformen bezieht, die nicht von der Zulassung erfasst sind.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 97/98 Verkündet am:
10. Februar 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
L-Carnitin
Zur Frage der Arzneimitteleigenschaft eines L-Carnitin enthaltenden Präparats,
das vom Hersteller als diätetisches Lebensmittel bezeichnet wird, aber - in
Kapselform und verpackt in Faltschachteln mit Blisterstreifen - ausschließlich
über Apotheken vertrieben wird.
BGH, Urt. v. 10. Februar 2000 - I ZR 97/98 - OLG Hamm
LG Hagen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und
Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. Februar 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist ein pharmazeutisches Unternehmen, das u.a. ein Präparat mit der Bezeichnung "B. " herstellt und vertreibt. Das nicht als Arzneimittel zugelassene Präparat wird in Packungen mit 20 bzw. 50 sogenannten Capsetten vertrieben, die jeweils 500 mg L-Carnitin enthalten.
L-Carnitin ist eine körpereigene Substanz. Der tägliche Bedarf des Menschen wird durch eine "normale" Ernährung gedeckt, während bei vegetarischer Ernährung Mängel auftreten können.
Die Beklagte bewarb "B. " in der Zeitschrift "G. " (Ausgabe Juli/August 1995) u.a. mit den Worten:
"Ob im Beruf, in der Freizeit oder im Sport. Immer ist der Grad Ihrer Gesundheit die Grundlage für Ihre Leistungsfähigkeit. "B. " unterstützt die Leistungsbereitschaft Ihres Organismus, erhöht die Ausschöpfung Ihres Energie-Potentials und optimiert Ihre Ausdauerleistungsfähigkeit. Darüber hinaus gleicht "B. " (L-Carnitin) einen gesteigerten Energiebedarf durch berufliche oder sportliche Belastung schnell wieder aus."
Der damals verwendete Beipackzettel enthält u.a. den Hinweis "LCarnitin ist eine Transportsubstanz (Biocarrier) zur Erhaltung der muskulären Ausdauerleistungsfähigkeit und der Pumpleistung des Herzens" sowie die Angabe "B. mit dem wichtigen L-Carnitin optimiert den Fettstoffwechsel, verstärkt die körpereigene Leistungsfähigkeit, verkürzt die Regeneration, stimuliert das Immunsystem, unterstützt die Herzleistung". Als "Verzehrempfehlung" ist dort u.a. ausgeführt: "Täglich 1-2 Capsetten lutschen oder langsam kauen. Die Einnahme geschieht am besten kurweise, d.h. über mehrere Wochen, mit anschließender Einnahmepause. So wird einer nachteiligen Beeinflussung der körpereigenen L-Carnitin-Produktion vorgebeugt". Weiterhin werden dort Hinweise zur Einnahme bei sportlichen Belastungen sowie zum Zweck der "Mobilisation körpereigener Abwehrkräfte während der kalten Jahreszeiten und in der Rekonvaleszenz (Genesungsphase)" gegeben.

In der Folgezeit änderte die Beklagte ihren Beipackzettel. Die Beipackzettel mit dem Stand Januar 1996 und Oktober 1997 weisen nicht mehr darauf hin, daß "B. " (L-Carnitin) die Pumpleistung des Herzens erhalte und die Herzleistung unterstütze. Die Beklagte hat nach ihrer Darstellung auch ihre Werbung für "B. " verändert.
Der klagende Wettbewerbsverein ist der Ansicht, daß "B. " ein Arzneimittel sei. Die Beklagte handele deshalb wettbewerbswidrig, wenn sie das Präparat in den Verkehr bringe und bewerbe, ohne daß es als Arzneimittel zugelassen sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für das Mittel "B. " mit einer Tagesdosis von 500 mg L-Carnitin pro Capsette zu werben und/oder dieses Mittel zu vertreiben, solange es nicht als Arzneimittel zugelassen ist.
Die Beklagte hat demgegenüber vorgebracht, "B. " sei kein Arzneimittel , sondern ein Nahrungsergänzungsmittel. Die Klage sei auch deshalb unbegründet , weil der Kläger mit seinem Unterlassungsantrag ein abstraktes Werbe- und Vertriebsverbot anstrebe, das nur begründet wäre, wenn L-Carnitin seiner Natur nach nur als Arzneimittel verwendet werden könnte. Dies sei jedoch nicht der Fall.
Das Landgericht hat mit seinem ersten Urteil die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG prozeßführungsbefugt sei. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht diese Entscheidung mit der Begründung aufgehoben, daß der Kläger die erforderliche Prozeßführungsbefugnis besitze, und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen.
Auch mit seinem zweiten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat er neben seinem Hauptantrag einen Hilfsantrag gestellt, nach dem - unter den Voraussetzungen des Hauptantrags - die Werbung und der Vertrieb des Mittels "B. " verboten werden sollen, falls dabei zusätzlich bestimmte, im einzelnen aufgeführte Angaben verwendet werden.
Das Berufungsgericht hat die Beklagte nach dem Hauptantrag verurteilt.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei verpflichtet , es zu unterlassen, ihr L-Carnitin-Präparat "B. " zu bewerben und zu vertreiben, wenn dieses nicht als Fertigarzneimittel zugelassen sei.

Der Kläger erstrebe mit seiner Klage nicht ein abstraktes Werbe- und Vertriebsverbot für L-Carnitin-Präparate der Beklagten. Sein Antrag beziehe sich vielmehr auf das - pro Capsette 500 mg L-Carnitin enthaltende - Präparat "B. " mit seinem konkreten Erscheinungsbild, wie es sich unverändert aus den als Anlage eingereichten Abbildungen der Verpackung und den vorgelegten Packungen selbst ergebe.
Die Beklagte handele wettbewerbswidrig, weil sie in Kenntnis der maßgebenden Umstände das Präparat"B. " bewerbe und vertreibe, ohne daß dieses als Arzneimittel zugelassen sei. "B. " sei ein Arzneimittel, kein diätetisches Lebensmittel. Das darin enthaltene L-Carnitin sei eine Substanz ohne eigenen Brennwert, die beim Stoffwechsel für den Transport aktiver langkettiger Fettsäuren an den Ort benötigt werde, an dem die Fettsäuren "verbrannt" würden. Nach der Auskunft des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 14. Januar 1997 sei "B. " unter die Produkte einzuordnen, die als "Designer-food" angeboten würden. Solche Produkte würden - ungeachtet ihrer Aufmachung als diätetische Lebensmittel - wegen der ihnen zugeschriebenen Wirkungen auf Fitneß und Leistungssteigerung angewendet und wiesen pharmakologische Wirkungen auf. Selbst wenn dieser - nicht begründeten - Behördenäußerung keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden sollte, ergebe sich aus den sonstigen Stellungnahmen keine andere Zuordnung des Präparats "B. ". Dies gelte auch für die Allgemeinverfügung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 26. Januar 1994 (BAnz. Nr. 25 v. 5.2.1994 S. 995) über die Einfuhr und das Inverkehrbringen carnitinhaltiger Nahrungsergänzungsmittel und die Monographie "L-Carnitin" des Bundesgesundheitsamts (BAnz. Nr. 11 v. 17.1.1990 S. 247 f.). Die Problematik, ob es aus gesundheitli-
chen Gründen eine absolute Grenze für den Zusatz von L-Carnitin bei Lebensmitteln gebe, sei ersichtlich noch nicht gelöst.
Die Einordnung von "B. " als Arzneimittel oder als Lebensmittel könne demnach lediglich anhand seiner Verwendungsmöglichkeiten, der Indikationshinweise , der Gebrauchsanweisung und der Aufmachung vorgenommen werden. Danach sei das Präparat als Arzneimittel anzusehen.
Die Verpackung, insbesondere die für Arzneimittel übliche Art der Abpackung der Capsetten, und der Hinweis, die Capsetten sollten gelutscht werden , deuteten eher auf ein Arzneimittel hin. Die Bezeichnung als "diätetisches Lebensmittel" stehe dem nicht entgegen. Entscheidend sei jedoch, daß die Beklagte in ihrer - in "G. " erschienenen - Werbeanzeige ihrem Produkt eine Zielrichtung gegeben habe, die auf die Beeinflussung des Zustands und der Funktionen des Körpers, nicht auf den Ausgleich von Ernährungsdefiziten, hinweise. Der dadurch hervorgerufene Eindruck werde durch die Hinweise im (alten) Beipackzettel unterstützt. Die einmal gewählte Festlegung des Produkts als Arzneimittel durch die Art der Werbung und die Gestaltung des Beipackzettels werde nicht dadurch aufgehoben, daß die Beklagte sich nunmehr verstärkt an Sportler wende und die früheren Hinweise auf die Erhaltung der Pumpleistung des Herzens usw. nicht mehr wiederhole. Nach wie vor werde auf die Einordnung von "B. " als Arzneimittel durch Angaben hingewiesen wie "aktiviert das Immunsystem" und "erhöht die Streßtoleranz bei sportlicher Belastung". Bei dieser Sachlage sei es nicht mehr erheblich, in welchem Umfang ein Mangel von L-Carnitin im menschlichen Körper ersetzt werden dürfe, ohne daß es zu einer Überdosierung komme.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, daß ein Verstoß gegen die Vorschriften des § 21 AMG und des § 3a HWG einen Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG begründen kann (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.1995 - I ZR 209/92, GRUR 1995, 419, 421 = WRP 1995, 386 - Knoblauchkapseln). Seine Ansicht, daß dem Kläger ein solcher Anspruch zustehe, weil "B. " ein Arzneimittel sei, das nicht ohne Zulassung in den Verkehr gebracht und beworben werden dürfe, beruht jedoch auf unzureichenden Feststellungen.
1. Nach dem Klageantrag soll die Beklagte verurteilt werden, es zu unterlassen , im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für das Mittel "B. " mit einer Tagesdosis von 500 mg L-Carnitin zu werben und/oder dieses Mittel zu vertreiben, solange es nicht als Arzneimittel zugelassen ist. Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend entschieden hat, ist Gegenstand des Klageantrags nur der Vertrieb des Präparats"B. " in Verpakkungen , wie sie der Kläger vorgelegt hat, d.h. in Faltschachteln, die Blisterstreifen für 20 bzw. 50 Capsetten mit jeweils 500 mg L-Carnitin enthalten. Bereits nach dem Wortlaut des Antrags, aber auch nach der Klagebegründung ist die mit dem Antrag angegriffene konkrete Verletzungsform nicht durch weitere Umstände wie einen bestimmten Inhalt des Beipackzettels oder eine bestimmte Produktwerbung der Beklagten gekennzeichnet. Der Kläger hat es vielmehr ausdrücklich abgelehnt, seinen Klageantrag auch auf einzelne Werbeaussagen der Beklagten zu stützen. Der Klageantrag wäre auch nicht hinreichend bestimmt i.S. des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn zur Umschreibung der angegriffenen konkreten Verletzungsform allgemein auf die Werbung der Beklagten für ihr Präparat abzustellen wäre, ohne daß die zu beurteilenden Werbeaussagen konkret benannt würden. Das Berufungsgericht hat deshalb zutreffend zu Beginn seiner Entscheidungsgründe darauf hingewiesen, daß es für die Ent-
scheidung ohne Bedeutung ist, daß die Beklagte im Laufe des Rechtsstreits die Angaben im Beipackzettel geändert hat und das Präparat nunmehr auch mit anderen Aussagen bewirbt.
Diese Bestimmung des Gegenstands des Klageantrags wird bestätigt durch den Hilfsantrag, nach dem ein Verbot, wie es mit dem Hauptantrag begehrt wird, von der zusätzlichen Voraussetzung abhängen soll, daß in der Werbung oder beim Vertrieb bestimmte Angaben über das Präparat einzeln oder in Kombination gemacht werden.
2. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen seine Beurteilung nicht, daß "B. " kein Lebensmittel, sondern ein Arzneimittel ist.

a) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG sind Arzneimittel u.a. Stoffe, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung im menschlichen Körper Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern oder zu verhüten. Darüber hinaus fallen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG auch Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen unter den Arzneimittelbegriff, die die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers beeinflussen. Allerdings wird der Arzneimittelbegriff durch § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG dahin eingeschränkt, daß Lebensmittel i.S. des § 1 LMBG keine Arzneimittel sind. Derselbe Stoff kann danach nicht gleichzeitig Lebensmittel und Arzneimittel sein.
Nach § 1 Abs. 1 LMBG sind Lebensmittel Stoffe, die dazu bestimmt sind, in unverändertem, zubereitetem oder verarbeitetem Zustand von Menschen verzehrt zu werden; ausgenommen sind Stoffe, die überwiegend dazu bestimmt sind, zu anderen Zwecken als zur Ernährung oder zum Genuß verzehrt zu werden.

Entscheidend für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel oder Lebensmittel ist seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und v erständigen Durchschnittsverbraucher darstellt. Die Verkehrsanschauung knüpft regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihre Anwendung an, die wiederum davon abhängt, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Produkts kann weiter durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinflußt sein, ebenso durch die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthaltenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher allgemein entgegentritt (vgl. BGH GRUR 1995, 419, 420 - Knoblauchkapseln; BGH, Urt. v. 3.12.1997 - 2 StR 270/97, NJW 1998, 836, 837; BVerwGE 97, 132, 135 f.; VGH München NJW 1998, 845).

b) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht keine Feststellungen dazu getroffen , ob das Präparat "B. " mit dem in ihm enthaltenen Stoff L-Carnitin, gerade auch in der Dosierung von 500 mg pro Tag, wie sie Gegenstand des Klageantrags ist, aus der Sicht der Verbraucher die objektive Zweckbestimmung eines Arzneimittels hat. Denn ein verständiger Durchschnittsverbraucher wird im allgemeinen nicht annehmen, daß ein als Nahrungsergänzungsmittel angebotenes Präparat tatsächlich ein Arzneimittel ist, wenn es in der empfohlenen Dosierung keine pharmakologischen Wirkungen hat.
Das Berufungsgericht hat selbst gesehen, daß die Auskunft des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 14. Januar 1997 die Arz-
neimitteleigenschaft von "B. " lediglich behauptet, aber nicht begründet, und daß auch die sonstigen vorgelegten behördlichen Stellungnahmen keine hinreichende Grundlage für die Beurteilung bilden, ob ein Präparat mit dem Stoff L-Carnitin in der Dosierung von 500 mg pro Capsette nach seiner objektiven Zweckbestimmung als Arzneimittel anzusehen ist. Die Allgemeinverfügung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 26. Januar 1994 enthält lediglich die - nicht begründete - Entscheidung, daß L-Carnitin enthaltende Nahrungsergänzungsmittel , die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, im Inland vertrieben werden dürfen, wenn auf dem Etikett deutlich darauf hingewiesen wird, daß pro Tag nicht mehr als 200 mg LCarnitin verzehrt werden sollen. Die Monographie "L-Carnitin" des Bundesgesundheitsamts behandelt bei der Frage der medizinischen Verwendung von LCarnitin nur den Einsatz dieses Stoffes in Dosierungen, die bei weitem die Dosierung von 500 mg pro Tag übersteigen. Das Berufungsgericht hat dementsprechend in den Entscheidungsgründen ausdrücklich davon abgesehen, eine Feststellung dazu zu treffen, ob das Präparat "B. " nach wissenschaftlicher Beurteilung in der Dosierung von 500 mg pro Tag pharmakologische Wirkungen hat. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ergibt sich dazu auch nichts aus der Darstellung des unstreitigen Sachverhalts im Tatbestand der angegriffenen Entscheidung. Ohne Feststellungen zu den pharmakologischen Wirkungen von "B. ", die nicht ohne die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens möglich sein werden, kann jedoch nicht beurteilt werden , ob das Präparat mit seinem Inhaltsstoff L-Carnitin in der vorgeschlagenen Dosierung nicht lediglich ein Nahrungsergänzungsmittel ist, das einen - sich bei besonderer sportlicher Betätigung ergebenden - Mangel an gewöhnlich mit der allgemeinen Nahrung aufgenommenen Nährstoffen ausgleichen soll.
Auf die Frage, ob L-Carnitin in Dosierungen, die weit über der Einnahme von 500 mg pro Tag liegen, pharmakologische Wirkungen hat, kommt es nach dem Sachvorbringen der Parteien nicht an. Denn es ist nicht vorgetragen worden , daß die angesprochenen Verkehrskreise in erheblichem Umfang das Präparat "B. " auch bei einer Verzehrempfehlung von nur 500 mg pro Tag in der Annahme besonderer arzneilicher Wirkungen in weit höheren Dosierungen zu sich nehmen könnten.

c) Die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Erscheinungsbild des Präparats "B. " genügen nicht als Grundlage für seine Annahme, es handele sich um ein Arzneimittel. Auf die Frage, ob ein Präparat, das keine pharmakologischen Wirkungen besitzt, allein wegen der Art und Weise seiner Präsentation im Vertrieb als Arzneimittel zu behandeln sein könnte, kommt es daher hier nicht an.
(1) Das Berufungsgericht hat allerdings zutreffend angenommen, daß die Bezeichnung von "B. " als diätetisches Lebensmittel auf der Verpackung für sich genommen noch nicht bewirkt, daß es als Lebensmittel einzustufen ist (vgl. BVerwGE 97, 132, 135). Wie das Berufungsgericht dargelegt hat, stehen dem auch die Werbeangabe auf der Verpackung "Biocarrier für die Ausdauerleistung" und die Bezeichnung des Präparats "B. " entgegen, die - wenn auch in recht unbestimmter Form - nicht auf Ernährungszwecke, sondern auf irgendeine Transportfunktion des Präparats hinweisen.
(2) Umgekehrt sind - wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat - die Darreichungsform (Capsetten) und die Verpackung (Blisterstreifen in einer Faltschachtel) sowie der Vertrieb über Apotheken kein ausreichender Hinweis auf ein Arzneimittel. Es ist üblich geworden, daß Nahrungsergänzungsmittel,
die der Ergänzung der Nahrung durch die gezielte Zufuhr von bestimmten Stoffen wie z.B. Vitaminen, Mineralstoffen, essentiellen Fettsäuren oder bestimmten Eiweißstoffen oder Kohlehydraten dienen (vgl. Amtliche Begründung zu § 1 Abs. 3 Nährwert-Kennzeichnungsverordnung [NKV], BR-Drucks. 796/94 S. 20), wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Solche Darreichungsformen sind bedarfsgerecht und schließen als solche nicht aus, daß die Stoffe oder Zubereitungen als Nahrungsergänzungsmittel angesehen werden (vgl. Amtliche Begründung zu § 1 Abs. 3 NKV aaO S. 20). Dementsprechend kann der Anwendungshinweis auf der Verpackung ("Im allgemeinen täglich 1 Capsette lutschen oder kauen"), der in dieser Art auch bei einem Arzneimittel gegeben werden könnte, für die Einordnung von "B. " als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis des Verkehrs nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten (vgl. OVG Berlin Pharma Recht 1995, 263, 270; VGH München NJW 1998, 845, 846).
Ebenso ist der ausschließliche Vertrieb über Apotheken kein sicheres Indiz für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die - wie dargelegt - vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören zu den apothekenüblichen Waren (§ 25 Nr. 6 ApBetrO). Aus dem Vertrieb über Apotheken kann deshalb nicht auf ein Arzneimittel geschlossen werden (vgl. OVG Berlin Pharma Recht 1995, 263, 270 und 1995, 403, 410; Köhler, ZLR 1999, 599, 606 f., m.w.N.).
(3) Bei der Einordnung des Präparats "B. " als Arzneimittel hat das Berufungsgericht letztlich entscheidend darauf abgestellt, wie die Beklagte das Produkt früher in ihrer Werbung und im Beipackzettel gekennzeichnet hat. Dem
kann nicht zugestimmt werden. Das Berufungsgericht hat bei dieser Beurteilung seine eigene - zutreffende - Ausgangsüberlegung nicht mehr beachtet, daß Gegenstand des Klageantrags nur der Vertrieb des Präparats"B. " als solcher ist, so wie es sich dem Verbraucher in den vorgelegten Verpackungen darstellt. Auf Werbeangaben, die nicht auf den Faltschachteln selbst zu finden sind, kann deshalb bei der Entscheidung über den als Hauptantrag gestellten Klageantrag nicht abgestellt werden.
III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Büscher

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 158/98 Verkündet am:
7. Dezember 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Franzbranntwein-Gel
LMBG § 4

a) Die für die Einordnung eines Mittels als Arzneimittel oder Kosmetikum maßgebliche
Verkehrsanschauung wird regelmäßig - insbesondere wenn bereits
vergleichbare Erzeugnisse auf dem Markt sind - nicht allein durch das konkret
in Rede stehende Produkt, sondern in erster Linie durch die gattungsgemäße
allgemeine Zweckbestimmung des Mittels geprägt.

b) Zu der Frage, inwieweit die durch Hinweise auf den (Haupt-)Inhaltsstoff in
Richtung auf ein Arzneimittel hingelenkte allgemeine Verkehrsauffassung
durch die konkrete Ausstattung des Erzeugnisses verändert oder überlagert
wird.
BGH, Urt. v. 7. Dezember 2000 - I ZR 158/98 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm,
Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 23. April 1998 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I, 9. Kammer für Handelssachen, vom 13. Mai 1997 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittel hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte, ein Unternehmen der pharmazeutischen Industrie, vertreibt in der nachstehend (verkleinert) wiedergegebenen Kunststofftube das
nicht als Arzneimittel zugelassene Erzeugnis "R.", ein zu 97 % aus Franzbranntwein bestehendes Gel:

Der Kläger, ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, erblickt in dem Vertrieb des Präparats ohne arzneimittelrechtliche Zulassung
nach § 21 AMG einen Verstoß gegen § 1 UWG. Er hat von der Beklagten die Unterlassung des Vertriebs sowie die Erstattung von Abmahnkosten verlangt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Beklagte (unter dem Gesichtspunkt irreführender Werbung) verurteilt,
1. es zu unterlassen, das oben abgebildete Produkt "R. Activ-Gel mit Franzbranntwein" in Verkehr zu bringen, ohne daß hierfür eine arzneimittelrechtliche Zulassung des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte vorliegt;
2. an den Kläger 207 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Juli 1995 zu zahlen.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen (OLG München OLG-Rep 1999, 80 = PharmaRecht 1999, 15).
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klageansprüche für unbegründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Ansprüche wegen des Fehlens einer arzneimittelrechtlichen Zulassung stünden dem Kläger nicht zu, weil das Franzbranntwein-Gel der Beklagten nach der Verkehrsanschauung überwiegend zur Pflege in äußerlicher Anwendung diene und damit nicht als Arzneimittel, sondern als kosmetisches Mittel einzuordnen sei.
Franzbranntwein sei zwar schlechthin als Einreibemittel bekannt, das Muskel- und Gelenkschmerzen lindere und ein Wundliegen verhüte. Er möge daher als solcher auch dazu dienen, krankhafte Beschwerden zu lindern oder zu beseitigen, und damit überwiegend mit medizinischen Vorstellungen besetzt sein. Es komme jedoch nicht darauf an, welche Vorstellungen Franzbranntwein oder Franzbranntwein-Gel schlechthin beim Verkehr erwecke; vielmehr sei allein auf das konkrete Produkt in der konkreten Aufmachung abzustellen. Für dieses habe das vom Landgericht eingeholte Meinungsforschungsgutachten keine überwiegende arzneiliche Zweckbestimmung ergeben und es lasse sich eine solche auch anderweit nicht feststellen. Die Aufmachung, namentlich die Hinweise auf eine entspannende, belebende Einreibung und die Verbesserung der Hautdurchblutung, der Produktname, die Herstellerangabe sowie das Tannenzapfenbild , führten den Verkehr - auch wegen der ausdrücklichen Bezeichnung als "Kosmetikum" - eher von der Vorstellung einer überwiegenden arzneilichen Zweckbestimmung weg.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden Urteils des Landgerichts.
1. Das in Rede stehende Franzbranntwein-Gel "R." ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht als Kosmetikum, sondern als Arzneimittel anzusehen.

a) Arzneimittel sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG u.a. Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Zu den Arzneimitteln gehören darüber hinaus Stoffe und Stoffzubereitungen mit den in § 2 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 AMG genannten Anwendungszwecken. Eine Einschränkung des Arzneimittelbegriffs ergibt sich allerdings daraus, daß gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 AMG kosmetische Mittel im Sinne des § 4 LMBG nicht zugleich Arzneimittel sein können, und zwar auch dann nicht, wenn sie die Voraussetzungen des Arzneimittelbegriffs nach § 2 Abs. 1 AMG erfüllen (vgl. BVerwGE 106, 90, 93 = NJW 1998, 3433).
Nach § 4 Abs. 1 LMBG sind kosmetische Mittel u.a. Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, äußerlich am Menschen zur Reinigung, zur Pflege oder zur Vermittlung von Geruchseindrücken angewendet zu werden, sofern sie nicht überwiegend dazu bestimmt sind, Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu lindern oder zu beseitigen.
Maßgebend für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel oder Kosmetikum ist seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsbetrachter darstellt (vgl. für die Abgrenzung von Arzneimitteln und Lebensmitteln: BGH, Urt. v. 10.2.2000 - I ZR 97/98, GRUR 2000, 528, 529 = WRP 2000, 510 - L-Carnitin). Die Verkehrsanschauung wird regelmäßig durch eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und deren Anwendung geprägt. Diese hängt ihrerseits davon ab, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Dabei kann die Vorstellung der Verbraucher auch durch die Auffassungen der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinflußt sein, ferner durch die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthaltenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie die Aufmachung , in der das Mittel dem Verkehr allgemein entgegentritt (BGH, Urt. v. 19.1.1995 - I ZR 209/92, GRUR 1995, 419, 420 f. = WRP 1995, 386 - Knoblauchkapseln ; BGH GRUR 2000, 528, 529 f. - L-Carnitin; BGHSt 43, 336, 339 = NJW 1998, 836; BVerwGE 106, 90, 92; 97, 132, 135 f.; VGH München NJW 1998, 845). Von dieser Begriffsbestimmung ist auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen.

b) Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Fall hat das Berufungsgericht, wie die Revision mit Recht rügt, den maßgebenden Kriterien für die Einordnung als kosmetisches Mittel oder als Arzneimittel keine hinreichende Beachtung geschenkt.
aa) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist Franzbranntwein dem Verkehr schlechthin als Einreibe-
mittel bekannt, das Muskel- und Gelenkschmerzen lindern, aber auch ein Wundliegen verhüten soll. Diese Verkehrsanschauung über den allgemeinen Verwendungszweck von Franzbranntwein hat das Berufungsgericht mit der Begründung als nicht entscheidungserheblich angesehen, daß ausschließlich auf das konkrete Produkt in der konkreten Aufmachung abzustellen sei. Dem kann nicht beigetreten werden.
(1) Das Berufungsgericht ist allerdings ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen , daß ein der Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden dienender Zweck für die Einordnung als Arzneimittel nicht ausschlaggebend sein kann, wenn es sich dabei - wie vorliegend der Schutz vor Wundliegen - nicht um die einzige Verwendungsmöglichkeit des Mittels handelt. Nach § 4 Abs. 1 2. Hs. LMBG schließt nur eine überwiegende Zweckbestimmung zur Linderung und Beseitigung, nicht aber zur Verhütung (oder Erkennung ) von Krankheiten die Annahme eines kosmetischen Mittels aus (vgl. Kloesel/Cyran, AMG, 3. Aufl., Stand Mai 2000, § 2 Anm. 92).
(2) Mit Recht wendet sich die Revision aber gegen die mangelnde Berücksichtigung des Umstandes, daß Franzbranntwein nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Verkehr allgemein als äußerlich anzuwendendes Hausmittel zur Linderung von Muskel- und Gelenkschmerzen bekannt und dieser Begriff deshalb überwiegend mit medizinischen Vorstellungen besetzt ist (vgl. OLG Köln GRUR 1988, 852). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wird die allgemeine Verkehrsauffassung keineswegs allein durch das konkret von der Beklagten vertriebene Produkt, sondern zunächst einmal durch die generelle Vorstellung des Verkehrs von den Verwendungsmöglichkeiten eines Erzeugnisses der vorliegenden Art geprägt (BGH, Urt. v. 6.2.1976
- I ZR 125/74, GRUR 1976, 430, 432 - Fencheltee; BGH GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln). Entscheidend ist, wie bereits ausgeführt wurde und worauf auch das Berufungsgericht an anderer Stelle selbst zutreffend hingewiesen hat, die allgemeine Zweckbestimmung, die das Mittel nach der Verkehrsanschauung gattungsgemäß besitzt. Das Berufungsgericht hätte daher seine Feststellungen, wonach derartige Mittel allgemein zur Linderung von Muskelund Gelenkbeschwerden verwendet werden, nicht außer Betracht lassen dürfen.
(3) Das Berufungsgericht durfte die Vorstellung von einem überwiegend medizinischen Verwendungszweck auch nicht deshalb unberücksichtigt lassen, weil es sich bei dem Produkt der Beklagten nicht um ein ausschließlich aus Franzbranntwein bestehendes Erzeugnis, sondern um ein "Activ-Gel mit 97 % Franzbranntwein" handelt. Allerdings kann der Verwendungszweck eines einzelnen Wirkstoffes grundsätzlich nicht ohne weiteres mit dem Anwendungszweck einer aus mehreren Stoffen bestehenden Zubereitung gleichgesetzt werden, und es ist auch nicht zulässig, einen einzelnen Bestandteil herauszugreifen und allein ihn darauf zu untersuchen, ob er nach der Verkehrsauffassung krankheitsheilende oder -lindernde Wirkung besitzt (vgl. BGH, Urt. v. 29.10.1992 - I ZR 89/91, GRUR 1993, 403 = WRP 1993, 474 - Bronchocedin; BVerwGE 106, 90, 96). Das schließt es aber nicht aus, daß die heilende Wirkung eines einzelnen Stoffes nach der Verbrauchererwartung bei der Würdigung des Gesamtprodukts so im Vordergrund steht, daß für dieses ebenfalls von einer überwiegend krankheitsheilenden bzw. beschwerdelindernden Zweckbestimmung auszugehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 16.5.1991 - I ZR 207/89, GRUR 1991, 701 = WRP 1993, 465 - Fachliche Empfehlung I; BVerwGE 106, 90, 96 f.). So verhält es sich hier.

Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß der Anteil des Wirkstoffes Franzbranntwein in dem zu beurteilenden Gel mit 97 % "sehr hoch" ist. Außerdem ist weder vorgetragen worden noch ersichtlich, daß den weiteren von den Parteien in den Vorinstanzen nicht erörterten und vom Berufungsgericht auch nicht näher festgestellten Bestandteilen mit einem Anteil von insgesamt 3 % nach der Verkehrsauffassung eine für die Einordnung als Arzneimittel oder Kosmetikum maßgebliche Bedeutung zukommt. Dementsprechend ist davon auszugehen, daß der Verkehr mit dem Franzbranntwein-Gel der Beklagten - nicht anders als mit reinem Franzbranntwein - in erster Linie die Vorstellung arzneilicher Anwendungszwecke verbindet.
bb) Die durch die deutlichen Hinweise auf den Hauptinhaltsstoff Franzbranntwein in Richtung auf ein Arzneimittel hingelenkte allgemeine Verkehrsauffassung wird, wie der Senat auf der Grundlage der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen weiteren Tatsachenfeststellungen sowie der allgemeinen Lebenserfahrung selbst beurteilen kann, durch die konkrete Ausstattung des Erzeugnisses nicht wesentlich verändert oder überlagert.
(1) Das Fehlen eines - vom Berufungsgericht vermißten - ausdrücklichen Hinweises auf eine Anwendung zur Linderung körperlicher Beschwerden steht der Annahme eines überwiegenden heilenden oder lindernden Wirkungszwecks nicht entgegen (vgl. BGH GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln). Wenn der Verkehr schon mit dem Hinweis auf den Hauptbestandteil des Mittels - hier: Franzbranntwein - die Vorstellung einer arzneilichen Zweckbestimmung des Gesamtprodukts verbindet, bedarf es nicht zwangsläufig noch weiterer Anzeichen für einen solchen Verwendungszweck. Dies gilt jedenfalls dann, wenn,
wie im vorliegenden Fall, keine von der Vorstellung eines Arzneimittels eindeutig wegführenden Ausstattungsmerkmale vorliegen.
(2) Nach den zutreffenden Feststellungen des Berufungsgerichts ist der auf der Vorderseite der Verpackung angegebene Gebrauch zur entspannenden und belebenden Einreibung "auch bei pflegerischer Anwendung" möglich. Dieser Hinweis hebt den Eindruck einer überwiegenden arzneilichen Zweckbestimmung allerdings nicht auf, sondern weist lediglich auf eine zusätzliche Bestimmung zu kosmetischen Zwecken hin.
(3) Dasselbe gilt für die Anwendungshinweise auf der Rückseite des Produkts. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts deuten zwar eine Verbesserung der Hautdurchblutung, Entspannung und belebende Frische eher auf Körperpflege als auf Schmerzlinderung hin. Eine Verbesserung der Hautdurchblutung dient aber unabhängig von einer Bekämpfung schmerzhafter Zustände der Linderung bzw. Beseitigung von Durchblutungsstörungen der Haut und hat daher eine arzneiliche Wirkung (vgl. zum Krankheitscharakter von Durchblutungsstörungen: BGHZ 89, 78, 81 - Heilpraktikerwerbung III; OLG Düsseldorf ES-HWG, § 12 Nr. 44; Doepner, HWG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 56). Die Angabe, eine Einreibung oder Massage mit "R." entspanne und schenke wohltuend belebende Frische, hat das Berufungsgericht bereits im Zusammenhang mit dem fast identischen Hinweis auf der Vorderseite der Verpackung ohne Rechtsverstoß dahingehend beurteilt, daß sich aus ihr auch, d.h. nicht ausschließlich , ein pflegerischer Anwendungszweck entnehmen läßt. Abgespanntheit kann allerdings in bestimmten Fällen ein Anzeichen krankhafter Beschwerden sein (vgl. BGHZ 23, 184, 192 - Spalttabletten; Doepner aaO § 1 Rdn. 56), so daß die Linderung dieses Zustandes durch Entspannung und Be-
lebung jedenfalls auch einem arzneilichen Zweck dient. Die weiteren Hinweise zur Anwendung des Mittels ("Ideal zum Einmassieren nach dem Sport oder nach einem anstrengenden Tag, z.B. durch Einreiben von Schultern, Nacken und Waden. Besonders angenehm auch an heißen Tagen durch leichtes Betupfen von Schläfen, Nacken und Stirn. Anwendung: Mehrmals täglich in die Haut einmassieren.") hat das Berufungsgericht von der Revision unbeanstandet als neutral bewertet.
(4) Der Nennung von Gegenanzeigen ("Nicht in die Augen, auf offene Wunden oder auf Schleimhäute bringen.") hat das Berufungsgericht keine auf ein Arzneimittel hindeutende Indizwirkung beigemessen, weil diese nicht - wie bei Arzneimitteln üblich - als solche bezeichnet seien und ihre Angabe auch bei kosmetischen Mitteln vorgeschrieben sei (vgl. § 4 Nr. 3, § 5 a KosmetikVO). Auch diese Ausführungen sind von der Revision nicht beanstandet worden und lassen keine Rechtsfehler erkennen. Ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken begegnen die von der Revision ferner nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts, wonach weder dem Namen des Produkts noch seiner Aufmachung eine auf einen arzneilichen Zweck des Mittels hindeutende Wirkung zu entnehmen ist, allerdings auch nichts für das Vorliegen eines kosmetischen Mittels. Dagegen kommt, worauf die Revision zutreffend hinweist, der Angabe des im Verkehr bekannten Herstellernamens (vgl. BGH, Urt. v. 18.6.1998 - I ZR 15/96, GRUR 1998, 942, 943 = WRP 1998, 990 - ALKA-SELTZER) nach der Lebenserfahrung eine gewisse Indizwirkung für das Vorliegen eines Arzneimittels zu; denn die Beklagte ist mit dieser Unternehmensbezeichnung häufig als Arzneimittelhersteller in Erscheinung getreten.
(5) Mit Recht wendet sich die Revision ferner gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Abbildung eines Tannenzapfens auf der Vorderseite der Tube erwecke die Assoziation pflegender Badezusätze und spreche daher ebenso wie die Bezeichnung "Münchner Kosmetikum" für das Vorliegen eines Körperpflegemittels.
Pflanzenteile wie Fichten- oder Tannenzweige und -zapfen können mit den vom Verkehr erfahrungsgemäß damit in Verbindung gebrachten ätherischen Ölen sowohl heilende als auch kosmetische, nämlich pflegende oder Geruchseindrücke vermittelnde Wirkungen entfalten. Soweit sie an Heilkräuter denken lassen, legen sie die Annahme eines Arzneimittels nahe (vgl. OLG Köln GRUR 1988, 852).
Ebensowenig kommt dem Hinweis "Münchner Kosmetikum" eine maßgebliche Bedeutung zu. Da es für die Einordnung als Arzneimittel oder als Kosmetikum vor allem auf die allgemeine Verwendung durch den Verbraucher ankommt (vgl. BGH GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln), darf nicht außer acht gelassen werden, daß dieser nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ganz überwiegend wegen der bekannten lindernden Wirkung bei Muskel- und Gelenkschmerzen und angesichts der Anwendungshinweise auf der Verpackung möglicherweise auch zur Förderung der Hautdurchblutung und zur Entspannung und Belebung zu Franzbranntwein und Franzbranntwein-Gel greift. Die Anwendung zur Körperpflege steht dabei aber ungeachtet der Bezeichnung des Mittels als Kosmetikum nicht im Vordergrund und überlagert damit die Zweckbestimmung als Arzneimittel auch nicht in dem Sinn, daß ein überwiegender arzneilicher Zweck nicht mehr vorliegt.
cc) Die vorstehende Beurteilung wird durch das Ergebnis des vom Landgericht eingeholten Meinungsforschungsgutachtens nicht in Frage gestellt.
Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß sich das Berufungsgericht bei der Einordnung von "R." als Arzneimittel oder Kosmetikum u.a. auf das Befragungsergebnis zur sogenannten geschlossenen Fragestellung Ziffer 4 ("Würden Sie dieses Produkt als Arzneimittel oder als Körperpflegemittel bezeichnen oder können Sie dies so präzise momentan nicht sagen?") gestützt und danach eine überwiegende Zweckbestimmung als Arzneimittel mit der Begründung abgelehnt hat, dem Anteil von 40 % der Befragten, der die Antwort "ist ein Heilmittel" gegeben habe, stehe ein Anteil von 60 % der Befragten gegenüber , der entweder - nämlich 35 % der Befragten - die Antwort "ist ein Körperpflegemittel" gegeben habe oder - 25 % der Befragten - sich nicht habe entscheiden können. Die Revision rügt mit Recht, daß die Angaben derjenigen Befragten, die sich insoweit nicht entscheiden konnten, nicht zur Begründung dafür herangezogen werden konnten, daß es sich bei dem Mittel der Beklagten um ein Körperpflegemittel handelt. Somit steht ein Anteil von 40 % der Befragten , der "R." als Arzneimittel ansieht, einem Anteil von 35 % gegenüber, der das Gel für ein Körperpflegemittel hält, was das vorstehend gewonnene Ergebnis bestätigt.
Demgegenüber stellt sich das Ergebnis bei der sogenannten offenen Befragung, bei der jeweils etwa jeder fünfte Befragte "R." mit arzneilichen Eigenschaften oder aber mit Eigenschaften eines Körperpflegemittels in Verbindung gebracht hat, als nicht hinreichend aussagekräftig dar. Denn bei der Auswertung der Antworten auf die offenen bzw. ungestützten Fragen bedurfte
es auch einer - vom Sachverständigen nicht näher erläuterten - Bewertung und Gewichtung der Antworten dahin, ob sie dem einen oder anderen Zweck zugeordnet werden.
2. Nach dem Vorstehenden kommt es auf Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 76/768/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel vom 27. Juli 1976 (ABl. Nr. L 262/169) in der Fassung der Ä nderungsrichtlinie 93/35/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 (ABl. Nr. L 151/32), auf den sich die Revision ergänzend stützt, nicht mehr an.
3. Die Beklagte verstößt durch den Vertrieb des Mittels "R." ohne die nach dem Arzneimittelgesetz vorgeschriebene Zulassung gegen § 1 UWG, weil sie sich damit über Vorschriften hinwegsetzt, die zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung erlassen worden sind (BGHZ 44, 208, 209 - Novo-Petrin; BGH GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln).
Das beanstandete Verhalten der Beklagten ist auch geeignet, den Wettbewerb wesentlich zu beeinträchtigen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Im Bereich der Gesundheitswerbung ist ein wettbewerbswidriges Verhalten regelmäßig auch als wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs zu beurteilen (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1997 - I ZR 92/95, GRUR 1998, 487, 488 = WRP 1998, 172 - Professorenbezeichnung in der Arztwerbung III; Urt. v. 9.7.1998 - I ZR 72/96, GRUR 1999, 179, 182 f. = WRP 1998, 1071 - Patientenwerbung; Urt. v. 21.9.2000 - I ZR 12/98, GRUR 2001, 176, 178 = WRP 2000, 1410 - Myalgien).
4. Der Kläger hat unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677, 670 BGB) ferner einen Anspruch auf Erstattung seiner
der Höhe nach unstreitigen Abmahnkosten (st. Rspr.; vgl. BGHZ 115, 210, 212 - Abmahnkostenverjährung; BGH, Urt. v. 24.11.1999 - I ZR 171/97, WRP 2000, 633, 636 - Sicherungsschein; Urt. v. 15.12.1999 - I ZR 159/97, GRUR 2000, 337, 338 = WRP 2000, 386 - Preisknaller).
Der geltend gemachte Zinsanspruch rechtfertigt sich aus § 291 BGB.
III. Danach war auf die Revision des Klägers das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 34/01 Verkündet am:
11. Juli 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Muskelaufbaupräparate
LMBG § 1 Abs. 1
EWGRL 65/65 Art. 1 Nr. 2
EGRL 83/2001 Art. 1 Nr. 2, Art. 128
EGRL 7/97 Art. 14
EG VO 178/2002 Art. 2 Abs. 3 Buchst. d
EG Art. 28, Art. 30

a) Die in der Entscheidung "L-Carnitin" (BGH GRUR 2000, 528) vorgenommene Abgrenzung
der Arznei- von den Lebensmitteln steht auch nach dem Inkrafttreten
der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates
zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts
, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit
und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit vom 28. Januar
2002 im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften zum gemeinschaftsrechtlichen Arzneimittelbegriff.

b) Mittel zur Verhinderung eines Muskelabbaus und zur Förderung der Regeneration
nach Trainingsphasen können grundsätzlich auch diätetische Lebensmittel sein,
wenn und soweit sie den besonderen physiologischen Bedürfnissen einer Personengruppe
gerecht werden und nicht überwiegend anderen Zwecken als der Ernährung
dienen.

c) Dopingmittel wie insbesondere Steroide und Anabolika sowie diesen in den Wirkungen
gleichstehende Präparate fallen wegen ihrer überwiegenden Bestimmung,
zu anderen Zwecken als zur Ernährung oder zum Genuß verzehrt zu werden, als
Mittel zur Beeinflussung des Zustandes und der Funktion des Körpers grundsätzlich
unter den Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG.

d) Die Bestimmung des § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG will nur solche Mittel vom Verbringungsverbot
nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG ausnehmen, die im Ausland als Arzneimittel
in Verkehr gebracht werden dürfen.

e) Das Verbringungsverbot nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG sowie das ebenfalls an die
fehlende Arzneimittelzulassung im Inland anknüpfende Werbeverbot nach § 3a
HWG sind, soweit sie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen oder gleichwirkende
Maßnahmen im Sinne des Art. 28 EG darstellen, nach § 30 EG gerechtfertigt.

f) Der in § 312c Abs. 4 BGB enthaltenen Regelung ist zu entnehmen, daß im Interesse
des Schutzes der Verbraucher bestehende anderweitige Beschränkungen
der Unternehmer - wie hier nach § 1 UWG i.V. mit §§ 2, 21, 73 AMG sowie § 3a
HWG - aufrechterhalten bleiben.
BGH, Urt. v. 11. Juli 2002 - I ZR 34/01 - Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 25. Zivilsenats des Kammergerichts vom 20. Oktober 2000 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die in E. in den Niederlanden geschäftsansässige Beklagte vertreibt im Fernabsatz die Produkte "H.", "C." und "V.". Diese gelten in den Niederlanden als Lebensmittel bzw. "Nahrungsergänzungen" und dürfen dort als solche in den Verkehr gebracht werden. In Deutschland sind sie nicht als Arzneimittel zugelassen.
Die Beklagte warb in der Zeitschrift "S." (Ausgabe) für die drei Produkte in der nachstehend wiedergegebenen Weise:
Kläger ist der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. Er ist der Auffassung, daû die beworbenen Produkte Arzneimittel seien. Er hält daher ihre Bewerbung und ihren Vertrieb in Deutschland wegen ihrer fehlenden arzneimittelrechtlichen Zulassung für wettbewerbswidrig.
Vor dem Landgericht hat der Kläger beantragt, der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen,
im geschäftlichen Verkehr
a) "H.",
b) "C.",
c) "V." ohne Zulassung als Arzneimittel (gemäû § 21 AMG) zu bewerben und/oder zu vertreiben, hilfsweise, im geschäftlichen Verkehr die nachfolgend wiedergegebenen Mittel ohne Zulassung als Arzneimittel (gemäû § 21 AMG) zu bewerben und/oder zu vertreiben, sofern die Mittel wie folgt gekennzeichnet werden:
a) "H. Anti-Kataboler Muskelzellschutz Wissenschaftliche Studien belegen, Bodybuilder können mit H. in drei Wochen 300 % mehr Muskelmasse und 295 % mehr Kraft aufbauen als ohne! Sensationeller Durchbruch bei der Suche nach einem Ersatz für anabole Steroide! Was ist H.? Die Bezeichnung H. steht für û-Hydroxy û-Methylbutyrat. H. ist ein Abkömmling der Aminosäure Leucin und ist in geringen Mengen in der Nahrung enthalten. Bei H. handelt es sich um
kein Arzneimittel, sondern um eine natürliche, körpereigene Substanz ohne schädliche Nebenwirkungen. Lange Zeit war H. aufgrund des komplizierten Herstellungsverfahrens kaum erhältlich. Erst vor kurzem ist es gelungen, H. in einer solch groûen Quantität zu produzieren, daû es endlich für alle Bodybuilder verfügbar geworden ist. Wie wirkt H. im Körper? H. wirkt anti-proteolytisch. Eine kurze Erklärung: Bei sämtlichen Formen einer körperlichen Belastung (intensives Training, Streû usw.) werden im Organismus verschiedene Enzyme aktiviert, die die Ausschüttung von Cortison bewirken. Cortison ist ein Hormon , das Muskelgewebe zu Aminosäuren abbaut, die dann in der Leber zu Energie verstoffwechselt werden. In 99 % aller Fälle ist dies der Grund, weshalb Bodybuilder keine Fortschritte machen und auf Steroide zurückgreifen, denn Steroide blockieren die Wirkung von Cortison. H. wirkt in dieser Hinsicht ähnlich wie Steroide, da es die Enzyme CPK, 3-MH und LDH hemmt. Die Cortisonausschüttung wird reduziert und das Muskelgewebe bleibt intakt. H. entfaltet quasi ein Schutzschild um Ihre Muskeln. Kein Wunder, daû lnsider die Wirksamkeit von H. mit dem Steroid Nandrolondecanoat vergleichen. Testen Sie H. und Sie werden sehen, was für einen gewaltigen Unterschied dieses Produkt in Ihrem Training machen kann! Wie wird H. eingenommen? Nicht anders als in den Studien. Nehmen Sie dreimal täglich jeweils 4 Kapseln à 250 mg, ernähren Sie sich vernünftig und befolgen Sie ein intensives Trainingsprogramm. Übrigens, in Verbindung mit C. und V. läût sich eine supereffektive muskelaufbauende Kombination zusammenstellen. Wer immer noch der Meinung ist, es gäbe keinen wirksamen Steroidersatz, den wird ein Eigenversuch schnell eines besseren belehren."
b) "C. High Performance C. Transportsystem - 100% reines C. - C. Transportsystem Matrix - Orangengeschmack".
c) "V.
Insulinaktivator Die lnsulinalternative V. ist ein Mineral, das, wie eine Reihe von wissenschaftlichen Studien nachgewiesen haben, eine insulinähnliche Wirkung besitzt. lnsulin selbst ist das stärkste anabole Hormon im menschlichen Körper und wird daher von zahlreichen Profibodybuildern eingesetzt. Da die Gabe von lnsulin mit potentiellen Nebenwirkungen verbunden ist, kommt es für die meisten Athleten jedoch nicht in Frage. Mit V. verfügen Bodybuilder endlich über ein natürliches Präparat, das, ähnlich wie lnsulin, das Muskelwachstum fördert. In den USA zählt V. bereits zu den begehrtesten Aufbauprodukten überhaupt. Wirkungen auf die Muskelzelle V. ermöglicht einen deutlichen Muskelzuwachs, indem es die Nährstoffaufnahme der Muskelzellen extrem steigert. Der entscheidende Punkt ist, daû V. die lnsulinrezeptoren an der Muskelzellmembran stimuliert, bis zu 200 % mehr Aminosäuren und Glucose in die Muskelzellen zu schleusen. Während die zusätzlichen Aminosäuren direkt in das Muskelgewebe eingebaut werden können und dadurch ein Wachstum der Muskelzelle auslösen , dient die Glucose zur Auffüllung der Muskelglykogenspeicher. Prall gefüllte Glykogenspeicher erhöhen das Energieniveau und beschleunigen die Regeneration nach dem Training. Darüber hinaus bindet Glykogen in der Muskelzelle Flüssigkeiten und vergröûert so das Muskelzellvolumen. Hemmung des Fettaufbaus Wissenschaftliche Studien haben eindrucksvoll aufgezeigt, daû V. den Fettaufbau hemmt. Es kommt unter V. zu einer Umverteilung der Nährstoffe, d. h. der Körper baut Proteine und Kohlenhydrate verstärkt in die Muskelzellen ein und nicht in das Fettgewebe.
Was Sie erwarten können Bereits nach 5-6 Einnahmetagen erlangt die Muskulatur ein volleres , härteres und kompakteres Aussehen. Im Training verfügen Sie über deutlich mehr Energie und es kommt zu einem wahrhaft gigantischen Aufpumpeffekt. Die volle Wirkung von V. tritt erfahrungsgemäû nach 2-3 Wochen ein. Der Körper gewinnt sichtbar an Muskelmasse und hat gleichzeitig an Fett verloren. Auffallend ist hierbei die extrem gesteigerte Muskelhärte und das plastischere Hervortreten des unter der Haut liegenden Adernetzes. Die Einnahme Alles, was Sie tun müssen, ist dreimal täglich jeweils 2 Kapseln zu den Mahlzeiten einzunehmen. Um eine schnelle und vollständige Verwertung von V. zu gewährleisten, liefern wir diesen Wirkstoff selbstverständlich in Kapseln und nicht in der nur langsam resorbierbaren Tablettenform. Neben 10 mg V. enthält jede Kapsel auûerdem 800 mg Taurin sowie 33 mcg Selenium, zwei Substanzen, die, wie Untersuchungen gezeigt haben, eine v.ähnliche Wirkung besitzen und die Effektivität von herkömmlichen V. steigern. V. ist im übrigen kein Arzneimittel. Tip Kombinieren Sie V. mit C.. Da C. von dem Hormon lnsulin in die Muskelzellen transportiert wird, verstärkt V. durch seine insulinähnliche Wirkung diesen Vorgang. Der Kraft- und Muskelzuwachs mit C. wird noch gröûer." Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Nach ihrer Auffassung stellen die in Rede stehenden Produkte keine Arzneimittel, sondern Lebensmittel dar. Auûerdem verstieûe das beantragte Werbe- und Vertriebsverbot unter anderem gegen die Fernabsatzrichtlinie.
Das Landgericht hat der Klage nach dem Hauptantrag stattgegeben. Im Berufungsverfahren hat der Kläger die Zurückweisung der Berufung mit der Maûgabe beantragt, daû die Bestätigung des angefochtenen Urteils nur hin-
sichtlich des erstinstanzlich gestellten Hilfsantrags begehrt werde; auûerdem hat er einen weiteren Hilfsantrag gestellt.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maûgabe zurückgewiesen, daû unter den Buchstaben a) bis c) nicht nur die Namen der drei Mittel aufgeführt, sondern auch deren Beschreibungen gemäû dem vom Kläger in erster Instanz gestellten Hilfsantrag enthalten waren (KG ZLR 2001, 576).
Mit der Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch gemäû § 1 UWG i.V. mit §§ 2, 21 AMG, § 3a HWG für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Die Beklagte sei verpflichtet, es zu unterlassen, ihre Produkte "H.", "C." und "V." zu bewerben und zu vertreiben, weil diese zulassungspflichtige Fertigarzneimittel seien und deshalb ohne die entsprechende Zulassung, über die sie nicht verfügten, weder vertrieben noch beworben werden dürften. Die für die Einordnung der Produkte als Arzneimittel oder Lebensmittel entscheidende überwiegende Zweckbestimmung könne der Senat grundsätzlich ohne Sachverständigen selbst feststellen, weil es insoweit auf die Verkehrsanschauung der Verbraucher und insbesondere der Sporttreibenden ankomme, zu denen
auch die Mitglieder des Senats gehörten. Die Produkte stellten nach den für sie gemachten Werbeaussagen, deren Richtigkeit die Beklagte nicht in Abrede gestellt habe, Arzneimittel dar. Sie beeinfluûten insbesondere durch den gezielten und beschleunigten Muskel- und Kraftaufbau die Beschaffenheit, den Zustand und die Funktion des Körpers ganz erheblich. Ein gleichwertiger oder überwiegender Ernährungszweck liege nicht vor. Die Einnahme der Produkte solle nicht Mangelzustände nach körperlichen Kraftanstrengungen ausgleichen , sondern Höchstleistungen erst ermöglichen. Die selbst bei optimaler Ernährung bestehenden natürlichen Leistungsgrenzen sollten damit überschritten werden. Dies gelte für das Produkt "C." auch deshalb, weil die Werbung der Beklagten für dieses entgegen der Mitteilung des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin vom 21. April 1998 keine restriktive Verzehrempfehlung enthalte und die Verzehrangaben auf dem Produkt selbst weit über die Verzehrempfehlungen in jener Mitteilung hinausgingen. Die in der Werbung der Beklagten für das Produkt "V." empfohlene Tagesdosis sei mehr als doppelt so hoch wie die nach dem gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis als sinnvoll anzusehende Dosis. Damit drohten bei allen drei Präparaten Gesundheitsgefahren. Deren Wirkungen seien auch nicht Teil des natürlichen Stoffwechsels, der durch eine optimal mögliche Aufnahme natürlicher Nahrungsmittel begrenzt werde. Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG setze anders als die des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG nicht voraus, daû die Mittel zur Erkennung, Verhütung oder Behandlung von Krankheiten dienten.
Der vorgenommenen Beurteilung stünden auch weder die gemeinschaftsrechtliche Ausgestaltung des Arzneimittelbegriffs noch die Fernabsatzrichtlinie noch auch die Richtlinie 89/398/EWG zur Angleichung der Rechtsvor-
schriften der Mitgliedstaaten über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt seien, entgegen.
Die Zuwiderhandlungen der Beklagten gegen die wertbezogenen, auf den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut gerichteten Vorschriften der § 21 AMG, § 3a HWG begründeten zugleich den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG und seien auch geeignet, den Wettbewerb auf dem Markt wesentlich zu beeinträchtigen. Das in zweiter Instanz ausgesprochene Verbot beziehe sich auf die Produkte in ihrer konkreten Aufmachung durch die Werbeangaben und reiche daher nicht zu weit.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
1. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe gegen § 308 ZPO verstoûen, weil es den in der Berufungsinstanz als Hauptanträgen weiterverfolgten erstinstanzlichen Hilfsanträgen ohne die dort verwendeten Worte "sofern die Mittel wie folgt gekennzeichnet werden:" stattgegeben habe.
Allerdings gibt die insoweit in der Tat gegebene Abweichung Anlaû zu entsprechenden Zweifeln. Diese lassen sich jedoch dadurch überwinden, daû die im Berufungsurteil enthaltene Urteilsformel unter Heranziehung der Urteilsgründe ausgelegt wird (vgl. BGHZ 122, 16, 18; 142, 388, 391 - Musical-Gala; Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 704 Rdn. 5 m.w.N.). Dort ist nämlich ausgesprochen , daû das Verbot die Produkte (allein) "in ihrer konkreten Aufmachung durch die Werbeangaben" und damit "in ihrer konkreten Verletzungsform umfaût". Diese Verletzungsform ist im Tenor des angefochtenen Urteils und, was das Mittel "C." anbelangt, zusätzlich in dem vom Kläger in zweiter Instanz ge-
stellten und im Urteilstatbestand wiedergegebenen Hilfsantrag auch hinreichend bestimmt; denn dieser Hilfsantrag enthält den Text, der auf den von der Beklagten vertriebenen Dosen des betreffenden Mittels aufgedruckt ist.
2. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsverstoû angenommen, daû sich die geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus § 1 UWG i.V. mit §§ 2, 21 AMG, § 3a HWG ergeben.

a) Es ist dabei in rechtlicher Hinsicht zutreffend davon ausgegangen, daû für die Einordnung eines Produkts als Arznei- oder Lebensmittel seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung entscheidend ist, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstellt (BGH, Urt. v. 10.2.2000 - I ZR 97/98, GRUR 2000, 528, 529 = WRP 2000, 510 - L-Carnitin; für die Abgrenzung Arzneimittel/Kosmetikum: Urt. v. 7.12.2000 - I ZR 158/98, GRUR 2001, 450, 451 = WRP 2001, 542 - Franzbranntwein-Gel). Die Verkehrsauffassung knüpft regelmäûig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihre Anwendung an, die wiederum davon abhängt, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung des Produkts kann weiter durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinfluût sein, ebenso durch die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthaltenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher allgemein entgegentritt (vgl. BGH GRUR 2000, 528, 529 - L-Carnitin; BGH, Urt. v. 19.1.1995 - I ZR 209/92, GRUR 1995, 419, 420 = WRP 1995, 386 - Knoblauchkapseln; BGHSt 46, 380, 387 = NJW 2001, 2812; BGH, Urt. v. 3.12.1997 - 2 StR 270/97, NJW 1998, 836, 837). Ein verständiger Durchschnittsverbraucher wird im all-
gemeinen nicht annehmen, daû ein als Nahrungsergänzungsmittel angebotenes Präparat tatsächlich ein Arzneimittel sei, wenn es in der empfohlenen Dosierung keine pharmakologischen Wirkungen hat.
Das Berufungsgericht ist bei seiner Beurteilung, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, von den Grundsätzen, die der Bundesgerichtshof vor allem in der Entscheidung "L-Carnitin" aufgestellt hat (BGH GRUR 2000, 528) ausgegangen. Die dort vorgenommene Abgrenzung der Arznei- von den Lebensmitteln steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zum gemeinschaftsrechtlichen Arzneimittelbegriff (BGHSt 46, 380, 385-387). Namentlich entspricht die im Streitfall in Rede stehende Definition des § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG dem Begriff des Funktionsarzneimittels nach Art. 1 Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinie 65/65/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten vom 26. Januar 1965 (ABl. Nr. 22, S. 369) und ebenso nach der insoweit inhaltsgleichen Bestimmung des Art. 1 Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel vom 6. November 2001 (ABl. Nr. L 311, S. 67), gemäû deren Art. 128 Abs. 1 die Richtlinie 65/65/EWG aufgehoben worden ist (vgl. BGHSt 46, 380, 387). Insoweit werden Erzeugnisse erfaût, die sich tatsächlich oder nach ihren angekündigten Wirkungen derart auf die Körperfunktionen auswirken können, daû sie deren Funktionsbedingungen nennenswert beeinflussen (EuGH, Urt. v. 16.4.1991 - Rs. C-112/89, Slg. 1991, I-1703, 1742 Tz. 22 f. = LRE 28, 19, 22 f. - Upjohn). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften obliegt die Feststellung, ob es sich bei einem bestimmten Erzeugnis um ein Funktionsarzneimittel handelt , den nationalen Behörden und Gerichten. Diese haben dabei alle Merkmale des Erzeugnisses, insbesondere seine Zusammensetzung, seine beim
jeweiligen Stand der Wissenschaft festzustellenden pharmakologischen Eigenschaften , die Modalitäten seiner Anwendung, den Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Gefahren aufgrund von Nebenwirkungen und Risiken bei längerem Gebrauch zu berücksichtigen (EuGH, Urt. v. 21.3.1991 - Rs. C-60/89, Slg. 1991, I-1547, 1568 Tz. 29 - Monteil und Samanni; Urt. v. 21.3.1991 - Rs. C-369/88, Slg. 1991, I-1487, 1535 Tz. 35 = LRE 28, 3 - Delattre; Urt. v. 20.5.1992 - Rs. C-290/90, Slg. 1992, I-3317, 3347 Tz. 17 = NVwZ 1993, 53 - Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland

).


An diesem Rechtszustand hat sich auch durch die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit vom 28. Januar 2002 (ABl. Nr. L 31, S. 1) nichts geändert. Deren Art. 2 Abs. 3 Buchst. d bestimmt, daû Arzneimittel im Sinne der Richtlinien 65/65/EWG und 92/73/EWG - und damit gemäû Art. 128 Abs. 2 der diese aufhebenden Richtlinie 2001/83/EG auch im Sinne der zuletzt genannten Richtlinie (vgl. dort Art. 1 Nr. 2) - nicht zu den Lebensmitteln im Sinne der Verordnung gehören. Durch diesen konkreten Verweis auf den Arzneimittelbegriff in den in Bezug genommenen Bestimmungen hat der Verordnungsgeber eindeutig zum Ausdruck gebracht, daû dieser Begriff in der Form, in der er bisher schon im europäischen Arzneimittelrecht galt, nunmehr auch im neuen europäischen Lebensmittelrecht gelten soll. Dementsprechend besteht auch kein Anlaû, das Verfahren auszusetzen und die Sache gemäû Art. 234 Abs. 1 und 3 EG dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung vorzulegen.

b) Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung zutreffend berücksichtigt , daû Mittel zur Verhinderung eines Muskelabbaus und zur Förderung der Regeneration nach Trainingsphasen grundsätzlich auch diätetische Lebensmittel sein können, wenn und soweit sie den besonderen physiologischen Bedürfnissen einer Personengruppe gerecht werden und nicht überwiegend anderen Zwecken als der Ernährung dienen (vgl. BayObLG LRE 28, 37, 41 = ZLR 1992, 623, 626 f.; Schmidt-Felzmann, ZLR 2000, 859, 872; Stellungnahme der Arbeitsgruppe "Sportlernahrung" im Bundesgesundheitsamt v. 8.12.1993, Bundesgesundheitsblatt 1994, 269). Es ist mit Recht auch davon ausgegangen , daû Dopingmittel wie insbesondere Steroide und Anabolika sowie diesen in den Wirkungen gleichstehende Präparate wegen ihrer überwiegenden Bestimmung , zu anderen Zwecken als zur Ernährung oder zum Genuû verzehrt zu werden, als Mittel zur Beeinflussung des Zustandes und der Funktion des Körpers grundsätzlich unter den Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG fallen (vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, § 2 AMG Anm. 44 und § 6a AMG Anm. 5; Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, D 520, § 2 AMG Rdn. 50; Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Aufl., § 1 Rdn. 85 s. v. "Doping-Mittel" und "Sportlernahrung" ; Gröning, Heilmittelwerberecht, Bd. 1, § 1 HWG Rdn. 144).

c) Das Berufungsgericht hat die vorstehend unter II. 1. a) und b) dargestellten Grundsätze zutreffend auf den Streitfall angewendet und die drei in Rede stehenden Produkte zu Recht als Arzneimittel angesehen.
aa) Mit Blick auf das Produkt der Beklagten "H." hat das Berufungsgericht unter Hinweis auf die entsprechenden Werbeaussagen der Beklagten, deren Richtigkeit diese nicht in Abrede gestellt hat, festgestellt, daû das Produkt wie ein Steroid die bei körperlicher Belastung im Organismus durch verschiedene aktivierte Enzyme an sich bewirkte Cortisonausschüttung blockiere
und, da Cortison Muskelgewebe abbaue, muskelaufbauend wirke. Es ist weiter davon ausgegangen, daû das Mittel bei der empfohlenen Tagesdosis von 3000 mg gemäû diesen Werbeangaben 300 % mehr Muskelmasse und 250 % - richtig ist: 295 % - mehr Kraft aufbaue als ohne seinen Einsatz.
Das Berufungsgericht hat weiterhin unangegriffen festgestellt, daû der damit ganz erheblichen Beeinflussung der Beschaffenheit, des Zustands und der Funktion des Körpers kein gleichwertiger oder überwiegender Ernährungszweck gegenüberstehe. Durch die Einnahme sollten nicht Mangelzustände nach einer körperlichen Kraftanstrengung ausgeglichen, sondern Höchstleistungen erst ermöglicht werden. Da die natürlichen Leistungsgrenzen deutlich und auf Dauer überschritten werden sollten, drohten auch Gesundheitsgefahren. Unter diesen vom Berufungsgericht festgestellten Umständen ist - ungeachtet dessen, daû auch Lebensmittel grundsätzlich zur Beeinflussung des Körperzustandes und seiner Funktionen geeignet und bestimmt sind - die Einordnung des Mittels "H." als Arzneimittel gerechtfertigt (vgl. BGHSt 46, 380, 387 m.w.N.).
bb) In bezug auf das Mittel "C." hat das Berufungsgericht ausgeführt, dieses habe nach den insoweit unstreitigen Werbeaussagen kraftsteigernde und muskelaufbauende Wirkung und sei ebenfalls unstreitig ein Energielieferant für eine kurzzeitige anaerobe Muskelleistung. Nach der Mitteilung des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin vom 21. April 1998 solle es als Sportlernahrung in Betracht kommen, wenn es mit einer präzisen, restriktiven Verzehrempfehlung von maximal 10 g pro Tag als Initialdosis in der ersten Woche und danach maximal 2 g pro Tag als Erhaltungsdosis für insgesamt nur wenige Wochen in den Verkehr gebracht werde. Das Produkt der Beklagten enthalte in der Werbung schon keine restriktive
Verzehrempfehlung und nehme damit allein Bezug auf die allgemeine Verbraucherhaltung , nach der in nicht wenigen Fällen Sportler Tagesdosen von 30 g und damit in einem pharmakologisch relevanten Umfang zu sich nähmen. Nach den Verzehrangaben auf dem Produkt der Beklagten selbst sollten sogar in den ersten fünf Einnahmetagen rund 160 g pro Tag und danach dauerhaft über mehrere Monate je nach Körpergewicht 40 bis 80 g pro Tag eingenommen werden.
Nach diesen von der Revision unangegriffenen Feststellungen ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Einordnung des Mittels "C." aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zwar weist eine muskelaufbauende Wirkung nicht stets und zwangsläufig auf einen arzneilichen Anwendungszweck hin; denn es kann sich auch um ein Mittel zur Befriedigung besonderer, die physiologischen Bedürfnisse einer speziellen Personengruppe berücksichtigenden Ernährungserfordernisse und damit um ein diätetisches Lebensmittel handeln. Nach den von der Beklagten auf ihrem Produkt gemachten Verzehrangaben geht es jedoch, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, nicht mehr um einen Ausgleich der durch Körperanstrengung verbrauchten Nährstoffe und Stoffwechselprodukte, sondern allein um eine mit Gesundheitsgefahren verbundene pharmakologische Manipulation des Stoffwechsels zur Leistungssteigerung.
cc) Hinsichtlich des Produkts "V." hat das Berufungsgericht festgestellt, dieses solle nach den insoweit unstreitigen Werbeangaben der Beklagten in einer empfohlenen Wirkstoffdosis von 60 mg pro Tag wie Insulin das Muskelwachstum deutlich fördern, indem es die Nährstoffaufnahme der Muskeln durch Stimulierung der Insulinrezeptoren extrem (bis zu 200 %) steigere. Nach dem Vortrag der Beklagten selbst könne jedoch gemäû dem gegenwärtigen Stand
der wissenschaftlichen Erkenntnis nur eine Zufuhr dieses Wirkstoffs von bis zu 26 mg täglich als sinnvoll angesehen werden; daher gehe die Verzehrempfehlung der Beklagten um über 100 % über das allenfalls physiologisch Sinnvolle hinaus. Damit bleibe als überwiegender Zweck eine pharmakologische Manipulation des menschlichen Körpers in Form der extremen Steigerung der Nährstoffaufnahme der Muskelzellen, wobei auch insoweit Gesundheitsgefahren drohten.
Nach diesen - von der Revision ebenfalls nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts stellt sich auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Einordnung des Mittels "V." als Arzneimittel i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG als rechtlich zutreffend dar.

d) Das Berufungsgericht ist ferner ohne Rechtsfehler davon ausgegangen , daû die in Rede stehenden drei Produkte der Beklagten in den von dieser für ihre Anwendung jeweils vorgeschlagenen Dosierungen, die auch Gegenstand des Klageantrags bzw. - bei dem Mittel "C." - Hilfsantrags sind, pharmakologische Wirkungen haben. Es ist dabei von zutreffenden rechtlichen Grundsätzen ausgegangen. Ebensowenig läût die Beurteilung, eine pharmakologische Wirkung liege vor, wenn die Wirkungen eines Produkts über dasjenige hinausgingen, was physiologisch auch mit der Nahrungsaufnahme im menschlichen Körper ausgelöst werde, sowie die maûgeblich auf die von der Revision nicht angegriffene Annahme, daû die Wirkungen der Produkte der Beklagten deren Werbeaussagen entsprachen, gestützte Anwendung dieser Grundsätze Rechtsfehler erkennen.

e) Das Berufungsgericht war entgegen der Auffassung der Revision nicht gehalten, sich zur Feststellung der für die Einordnung als Arzneimittel
oder Lebensmittel maûgeblichen überwiegenden Zweckbestimmung sachverständiger Hilfe zu bedienen, sondern konnte die erforderlichen Feststellungen aus eigener Sachkunde treffen.
Das Berufungsgericht hat - von der Revision unbeanstandet - festgestellt , daû die Zeitschrift "S." sich nach Aufmachung und Inhalt an Fitneû- und Kraftsportler vom Freizeit- bis zum Hochleistungsbereich wende. Es hat weiterhin ausgeführt, daû auch seine Mitglieder zu den Verbrauchern und insbesondere den Sporttreibenden gehörten, auf deren Verkehrsanschauung es bei der Zweckbestimmung ankomme. Damit hat das Berufungsgericht auch ohne Darlegungen dazu, daû mindestens eines seiner Mitglieder Bodybuilding oder Fitneû - bzw. Kraftsport zumindest im Freizeitbereich betreibt, hinreichend dargestellt , daû es die für die Zweckbestimmung der Produkte und damit für deren Einordnung als Arznei- oder Lebensmittel maûgebliche Verkehrsanschauung aufgrund eigener Sachkunde beurteilen konnte. Soweit die Revision dem entgegenhält , die Beklagte habe mit der Berufung unter Beweisantritt vorgetragen, daû Sportler und insbesondere Kraftsportler als angesprochene Verkehrskreise über detaillierteres und anspruchsvolleres Ernährungswissen verfügten als der durchschnittliche Verbraucher, führt sie nicht aus, inwiefern sich daraus eine unterschiedliche Zweckbestimmung der Produkte ergeben sollte.
Das Berufungsgericht konnte, anders als die Revision meint, die pharmakologischen Eigenschaften der in Rede stehenden Produkte, wie sie sich aufgrund ihrer Präsentation durch die Beklagte darstellten, auch ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen beurteilen. Die Produkte wiesen, wie vorstehend dargestellt ist, nach den an unstreitige Sachverhalte anknüpfenden und von der Revision im übrigen auch unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die ihnen zugeschriebenen Wirkungen tatsächlich auf. Danach
erscheint es ohne das Hinzutreten besonderer Umstände, zu denen die Revision indes nichts geltend gemacht hat, als ausgeschlossen, daû die Auffassung der Fachkreise oder der pharmazeutischen und medizinischen Wissenschaft die Verkehrsanschauung derart prägen konnte, daû sich die Mittel entgegen ihrer ihren Eigenschaften entsprechenden Präsentation als Lebensmittel darstellten.
3. Der im Streitfall aufgrund des Sitzes der Beklagten in den Niederlanden und des grenzüberschreitenden Versandhandels gegebene Auslandsbezug macht die weitere Prüfung erforderlich, ob das Vertriebs- und Werbeverbot auch die aus einem Mitgliedstaat der EU eingeführten Präparate erfaût, wenn diese im Herkunftsland keiner Zulassung (als Arzneimittel) unterliegen bzw. dort als Nahrungsergänzungsmittel verkehrsfähig und frei verkäuflich sind. Die Frage ist zu bejahen.
Gemäû § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG dürfen Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung oder zur Registrierung unterliegen, in den Geltungsbereich dieses Gesetzes nur verbracht werden, wenn sie - neben anderen Voraussetzungen (vgl. § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 AMG - zum Verkehr im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassen oder registriert oder entsprechend freigestellt sind. Diese Regelung entspricht im Ausgangspunkt der Zulassungspflicht in § 21 AMG für inländische Arzneimittel und dient dem Zweck, grundsätzlich bereits die Einfuhr von in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln zu verhindern (vgl. Ratzel in: Deutsch/Lippert, AMG 2001 § 73 Rdn. 1).
Die Ausnahmeregelung des § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG greift hier nicht ein. Danach gilt das in § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG für zulassungs- oder registrierungspflichtige ausländische Arzneimittel enthaltene grundsätzliche Verbrin-
gungsverbot nicht für solche Arzneimittel, die im Herkunftsland in Verkehr gebracht werden dürfen und ohne gewerbs- oder berufsmäûige Vermittlung in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum bezogen werden. Die Bestimmung will - entgegen ihrem scheinbar weiterreichenden und insoweit auf den Umstand, daû in manchen Vertragsstaaten des europäischen Wirtschaftsraums für Arzneimittel kein Zulassungs-, sondern lediglich ein Registrierungsverfahren besteht, zurückzuführenden Wortlaut (vgl. Klados, WRP 2001, 1058, 1059) - nur solche Mittel vom Verbringungsverbot nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG ausnehmen, die im Ausland als Arzneimittel in Verkehr gebracht werden dürfen (OLG Karlsruhe OLG-Rep 1999, 325, 326 = ZLR 1999, 630; Lüder, EuZW 1995, 87; Ernst, WRP 2001, 893, 894; Klados aaO; Kloesel /Cyran aaO § 73 AMG Anm. 17a). Das folgt namentlich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, die im Hinblick auf die Entscheidungen des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften in den Rechtssachen "Schumacher" (Urt. v. 7.3.1989 - Rs. 215/87, Slg. 1989, 617, 640 Tz. 20 = NJW 1989, 2185) und "Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland" (Urt. v. 8.4.1992 - Rs. C-62/90, Slg. 1992, I-2575, 2607 f. Tz. 17, 18) nachträglich in das Arzneimittelgesetz eingefügt worden ist. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat die in diesen beiden Entscheidungen jeweils getroffene Feststellung der Unvereinbarkeit der innerstaatlichen Maûnahmen mit dem Grundsatz des freien Warenverkehrs gemäû Art. 28, 30 EG maûgeblich damit begründet, daû der Kauf eines Arzneimittels in einer Apotheke eines anderen Mitgliedstaates bzw. die Verschreibung eines Arzneimittels durch einen Arzt in einem anderen Mitgliedstaat eine Garantie bilde, die aufgrund des bislang erreichten Harmonisierungsstandes derjenigen gleichwertig sei, die auf der Abgabe des Arzneimittels durch eine Apotheke bzw. der Verschreibung des Mit-
tels durch einen Arzt im Einfuhrstaat beruhe. Handelt es sich dagegen - wie im Streitfall - nicht um in einem anderen Mitgliedstaat verkehrsfähige Arzneimittel, sondern um dort frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel, die keiner arzneimittelrechtlichen Zulassung oder Registrierung bedürfen, fehlt es an einer tragfähigen Grundlage, die Mittel, die im Ausland kein entsprechendes Prüfungsverfahren durchlaufen haben, als gleichwertig mit im Inland zugelassenen Arzneimitteln anzusehen.
Das damit eingreifende Verbringungsverbot nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG sowie das ebenfalls an die fehlende Arzneimittelzulassung im Inland anknüpfende Werbeverbot nach § 3a HWG sind, soweit sie mengenmäûige Einfuhrbeschränkungen oder gleichwirkende Maûnahmen im Sinne des Art. 28 EG darstellen, nach § 30 EG gerechtfertigt, weil sie zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen notwendig sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften liegt es beim gegenwärtigen Stand der Harmonisierung grundsätzlich im Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten , in den Grenzen des EG-Vertrages zu bestimmen, in welchem Umfang sie diesen Schutz gewähren wollen; dabei steht ihnen ein relativ weiter Ermessensspielraum zu (EuGH, Urt. v. 30.11.1983 - Rs. 227/82, Slg. 1983, 3883, 3905 Tz. 37 - van Bennekom; EuGH Slg. 1991, I-1487, 1534 Tz. 29, 35, 43 - Delattre; Slg. 1991, I-1547, 1568 Tz. 28 - Monteil und Samanni; Slg. 1991, I-1703, 1742 Tz. 23 - Upjohn).
4. Die Revision rügt schlieûlich ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe verkannt, daû der Bundesgesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. Nr. L 144, S. 19 - Fernabsatzrichtlinie) keinen Gebrauch von der dort in Art. 14
vorgesehenen Möglichkeit gemacht habe, den grenzüberschreitenden Fernabsatz durch den Erlaû oder die Aufrechterhaltung strengerer nationaler Bestimmungen weiteren Anforderungen zu unterwerfen, um so für die Verbraucher ein höheres Schutzniveau sicherzustellen. Sie läût hierbei die in § 2 Abs. 1 Satz 3 FernAbsG a.F. und entsprechend - für nach dem 1. Januar 2002 entstandene Schuldverhältnisse - nunmehr in § 312c Abs. 4 BGB enthaltene Regelung auûer Betracht. Danach bleiben weitergehende Beschränkungen bei der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln aufgrund anderer Vorschriften unberührt. Hieraus ist zu entnehmen, daû im Interesse des Schutzes der Verbraucher bestehende anderweitige Beschränkungen der Unternehmer - wie hier nach § 1 UWG i.V. mit §§ 2, 21, 73 AMG sowie § 3a HWG - aufrechterhalten bleiben (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf des Fernabsatzgesetzes, BTDrucks. 14/2658, S. 25-26 und S. 37-38). Dies entspricht im übrigen dem Grundsatz im deutschen Recht, daû ein spezielleres Gesetz einem allgemeineren regelmäûig auch dann vorgeht, wenn es zeitlich vor diesem erlassen worden ist (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 14/2658, S. 29).
5. Der Verstoû gegen die wertbezogenen Bestimmungen der §§ 2, 21 AMG, § 3a HWG, die dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung dienen, begründet grundsätzlich zugleich einen Verstoû gegen § 1 UWG, wobei der Eingriff auch als wesentliche Beeinträchtigung i.S. von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu werten ist.
III. Danach war die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 155/98 Verkündet am:
29. Juni 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Möbel-Umtauschrecht
ZugabeVO § 1 Abs. 1;

a) Die Werbung mit einem auf drei Monate befristeten - und auf unbenutzte
und nicht individuell bestellte Gegenstände beschränkten - Umtauschrecht
beim Kauf von Möbeln oder sonstigen Einrichtungsgegenständen enthält
kein Anerbieten einer verbotenen Zugabe.

b) Eine solche Werbung ist irreführend, wenn das Umtauschrecht nach Maßgabe
der Werbung auf Kundenwunsch beim Kauf nicht rechtsverbindlich
vereinbart oder im beworbenen Umfang zumindest im Kulanzwege ein entsprechendes
Umtauschverlangen nicht anstandslos erfüllt wird.
BGH, Urt. v. 29. Juni 2000 - I ZR 155/98 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22. Mai 1998 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 7. Juli 1997 abgeändert.
Die Klage wird mit dem Hauptantrag abgewiesen.
Hinsichtlich des Hilfsantrags wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte, ein Möbelhaus, warb im Januar 1997 in einer Lokalzeitung mit der nachstehend verkleinert wiedergegebenen Anzeige:

Die Klägerin, ein Möbelhaus aus dem gleichen Einzugsgebiet, hält das in der Anzeige genannte Umtauschrecht für eine unzulässige Zugabe. Sie hat die Werbung außerdem als irreführend beanstandet, weil die blickfangartig herausgestellte "GEFÄ LLT-NICHT-GARANTIE" durch Beschränkung auf unbenutzte Gegenstände in der kleingedruckten Erläuterung praktisch wertlos gemacht sei und von der Beklagten selbst in diesem Umfang nach Testverkaufsgesprächen nicht eingelöst werde.

Die Klägerin hat beantragt,
der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen , im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken mit einer "GEFÄ LLT-NICHT-GARANTIE" entsprechend der oben wiedergegebenen Anzeige zu werben,
hilfsweise,
der Beklagten eine solche Werbung jedenfalls dann zu untersagen, sofern nicht sämtliche vorrätigen Möbel und Artikel dem Kunden auf Wunsch bis zu drei Monaten überlassen werden.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
Die Vorinstanzen haben der Klage mit dem Hauptantrag stattgegeben.
Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsziel weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat das im Streit stehende Umtauschrecht als unzulässige Zugabe gewertet und zur Begründung dieser Ansicht ausgeführt:
Den angesprochenen Verkehrskreisen sei bekannt, daß ein gekauftes Möbelstück, welches nach Maß, Farbe oder sonstiger stofflicher Beschaffenheit am Aufstellungsplatz nicht zur Umgebung passe, grundsätzlich nicht mehr einfach zurückgegeben werden könne. Den Käufern sei auch vertraut, daß ein aus der Originalverpackung gelöstes, ungeschützt aufgestelltes Möbelstück ähnlich einem Ausstellungsstück schon deshalb an Wert verliere. Das mache im Streitfall das an besondere Gründe nicht gebundene Umtauschrecht in der Verkehrsanschauung zu einer mit der Hauptleistung unverbundenen unentgeltlichen Dreingabe, die auch geeignet sei, die Kaufneigung gerade auf den Garantiegeber hinzulenken. Die "GEFÄ LLT-NICHT-GARANTIE" der Beklagten sei auch nicht als handelsübliche Nebenleistung gemäß § 1 Abs. 2 ZugabeVO vom Zugabeverbot freigestellt.
II. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen hinsichtlich des Hauptantrags zur Klageabweisung und hinsichtlich des Hilfsantrags zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Eine Zugabe liegt vor, wenn eine Leistung ohne besondere Berechnung neben einer entgeltlich angebotenen Hauptware gewährt wird, der Erwerb der Nebenleistung vom Abschluß des Geschäfts über die Hauptware abhängig ist und dabei in der Weise ein innerer Zusammenhang besteht, daß die Nebenleistung mit Rücksicht auf den Erwerb der Hauptware gewährt wird und das Angebot wegen dieser Abhängigkeit objektiv geeignet ist, den Kunden in seiner Entschließung zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen. Eine Zugabe kann danach immer nur eine von der Hauptware verschiedene, zusätzlich in Aussicht gestellte oder gewährte Nebenleistung sein (st. Rspr.; BGHZ 139, 368, 371 f. - Handy für 0,00 DM). Dagegen kann von einer Zugabe i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 ZugabeVO nicht gesprochen werden, wenn die vertraglich einge-
räumte zusätzliche Leistung bei wirtschaftlicher Betrachtung in den Augen des angesprochenen Verkehrs eine den konkreten Bedürfnissen der Vertragspartner angepaßte Ergänzung oder Erweiterung der Hauptleistung darstellt; darauf, ob die Zugabe selbst Gegenstand einer Hauptleistung sein kann, kommt es nicht an (vgl. BGH, Urt. v. 4.12.1997 - I ZR 143/95, GRUR 1998, 502, 503 = WRP 1998, 489 - Umtauschrecht I; Urt. v. 2.7.1998 - I ZR 66/96, GRUR 1999, 270, 271 = WRP 1999, 181 - Umtauschrecht II; a.A. Paul, ZIP 1998, 1099 ff. und GRUR 1999, 34 ff.). Insbesondere ist danach zu fragen, ob das werblich zugesagte Umtauschrecht nach wirtschaftlicher Betrachtung seine sachliche Rechtfertigung in der Natur der Hauptleistung finden kann (vgl. BGH GRUR 1999, 270, 271 - Umtauschrecht II; für anderweitige Vorteile vgl. auch Urt. v. 25.9.1997 - I ZR 84/95, GRUR 1998, 500, 501 = WRP 1998, 388 - Skibindungsmontage ), hier mithin hauptsächlich in den Gegebenheiten des Möbeleinzelhandels.
2. Das Berufungsgericht hat bei Anwendung dieser Grundsätze nicht hinreichend beachtet, daß der Käufer von Möbeln und anderen Einrichtungsgegenständen der Gefahr eines Fehlkaufs ausgesetzt ist, welcher er mit verkehrsüblicher Sorgfalt bei der Auswahl nur unvollkommen begegnen k ann. Denn bei der Prüfung anhand eines Katalogs und selbst bei der Besichtigung von Ausstellungsstücken im Möbelhaus kann der Käufer nach der allgemeinen Lebenserfahrung vielfach im voraus trotz fachkundiger Beratung des Verkaufspersonals keine Sicherheit gewinnen, ob neue Möbel den Raum- und Lichtverhältnissen des späteren Aufstellungsortes gerecht werden, ob sich durch bauliche Gegebenheiten Aufstellungs- oder Montageprobleme ergeben und ob neue Möbel oder sonstige Einrichtungsgegenstände nach Abmessungen, Farbe und Material mit vorhandenen oder anderweit beschafften Einrichtungsteilen funktional und ästhetisch harmonieren. Auch die dreimonatige Dauer der Um-
tauschfrist kann noch sachlich gerechtfertigt sein, weil der Möbelkäufer zuweilen ein abschließendes Urteil über die Eignung des Zuerwerbs erst nach einer Umdekoration seiner Räume oder nach späterer Anlieferung anderweit bezogener Komplementärstücke gewinnen kann. Danach stellt sich in den Augen des Verkehrs aufgrund der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung das vorliegende Möbel-Umtauschrecht, aus dem bei Ausübung kein verbleibender Benutzungsvorteil erwachsen kann, nur als Erweiterung der Hauptleistung durch eine in die Sphäre des Käufers erstreckte Besichtigungsmöglichkeit dar.
Der Zugabecharakter des Umtauschrechts, mit dem die Beklagte geworben hat, läßt sich entgegen der Annahme des Berufungsgerichts auch nicht aus dem Wertverlust herleiten, den der Möbeleinzelhändler schon bei der Rücknahme eines aus der Originalverpackung entnommenen Stücks erleiden kann. Ein damit verbundener kalkulatorischer Kostenfaktor für den Einzelhändler könnte sowohl durch eine Erweiterung seiner Hauptleistung als auch durch die Gewährung einer Zugabe entstehen. Für die Abgrenzung von erweiterter Hauptleistung und Zugabe kann deshalb - wie bisher - nur darauf abgestellt werden, welcher Kundenvorteil dem Kostenfaktor des Händlers korrespondiert.
3. Da das Möbel-Umtauschrecht, mit dem die Beklagte geworben hat, schon nicht als Zugabe anzusehen ist, bedarf die Annahme des Berufungsgerichts , eine solche Zugabe könne nicht als handelsübliche Nebenleistung gemäß § 1 Abs. 2 Buchst. d ZugabeVO von dem grundsätzlichen Zugabeverbot freigestellt sein, keiner Prüfung mehr.
III. Das Berufungsurteil kann nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand auch nicht mit der Begründung irreführender, nach § 3 UWG unzulässiger
Werbung aufrechterhalten werden (§ 563 ZPO). Vielmehr ist die Klage mit dem Hauptantrag zur Abweisung reif (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
1. Die Klägerin beanstandet zu Unrecht, daß die Werbung mit der blickfangartig herausgestellten "GEFÄ LLT-NICHT-GARANTIE" schon deswegen irreführend sei, weil die Garantie nach ihren Voraussetzungen praktisch keinen Wert biete.
Der blickfangmäßig herausgestellte Garantieinhalt ist substanzarm. Er vermag aus sich heraus nicht die Erwartung zu begründen, daß gekaufte Artikel trotz Ingebrauchnahme noch umgetauscht werden können oder die Beklagte statt eines Umtauschs eine Rückgabe mit Rückzahlung des Kaufpreises gewähren würde. Auch der nähere Warenbezug ist aus dem Blickfang "GEFÄ LLT-NICHT-GARANTIE" noch nicht vollständig zu erschließen. Die Erwartung der angesprochenen Verkehrskreise kann deshalb nur allgemeiner Art sein. Dahinter bleibt der von der Beklagten nach den kleingedruckten Erläuterungen gewährte Garantieumfang mit Bezug auf unbenutzte und nicht individuell für den Kunden bestellte Möbel und Artikel nicht zurück. Insbesondere der Umstand, daß die Beklagte im Zeitpunkt der Rückgabe benutzte Möbel vom Umtausch ausschließt, enttäuscht die aus dem Blickfang ableitbare Erwartung einer in die Sphäre der Kunden erstreckten Besichtigungsmöglichkeit als wirtschaftlichen Gehalt der "Garantie" nicht. Die Beweislage entwertet ein solches Umtauschrecht gleichfalls nicht; denn für den Kunden streitet der erste Anschein , daß Möbelstücke ohne entsprechende Abnutzungserscheinungen tatsächlich nicht benutzt worden sind.
2. Die Klägerin verteidigt das Berufungsurteil auch damit ohne Erfolg, daß im Untertext der blickfangartig herausgehobenen Bezeichnung "GEFÄ LLT-
NICHT-GARANTIE" der Garantieumfang irreführend dargestellt sei, weil der gegenständliche Bezug "alle ... Möbel und Artikel" fettgesetzt sei, nicht aber der Ausschluß benutzter oder individuell bestellter Stücke. Die Behauptung, daß deshalb der einschränkende Textteil nicht auffalle und leicht überlesen werde, hat die Klägerin erst in der Revisionsinstanz erhoben, so daß dieses Vorbringen revisionsrechtlich außer Betracht bleiben muß. Im übrigen wäre es aber auch erfahrungswidrig, anzunehmen, daß trotz gleicher Größe der Lettern und größeren Abstandes zwischen den fettgedruckten Textinseln der durchschnittlich informierte und verständige Leser der Anzeige, auf dessen Verständnis es ankommt (BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 167/97, WRP 2000, 517 - Orient-Teppichmuster), den normalgesetzten Zwischentext mit dem Auge überspringt und durch die Gestaltung der Anzeige danach in der beanstandeten Weise irregeführt wird.
IV. Da die Klage mit dem Hauptantrag nicht durchdringt, ist über den Hilfsantrag zu entscheiden. Zu dem Hilfsantrag der Klägerin hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Insoweit ist der Rechtsstreit daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Der Hilfsantrag ist in seinem Zusammenhang dahin auszulegen, daß die beanstandete Werbung untersagt werden soll, wenn die Beklagte den Kunden nach einem Kauf das Umtauschrecht, mit dem sie geworben hat, nicht für sämtliche vorrätigen Möbel und Artikel auf Wunsch für eine Dauer von bis zu drei Monaten gewährt und mit dieser Maßgabe die Gegenstände den Kunden überläßt. Sonst stünde die Werbung der Beklagten mit der Überlassung von Gegenständen an ihre Kunden nicht in Zusammenhang.
Die Werbung mit der "GEFÄ LLT-NICHT-GARANTIE" wäre i.S. des § 3 UWG als irreführend zu beurteilen, wenn die Beklagte nicht bereit gewesen wäre, das Umtauschrecht rechtsverbindlich auf Wunsch eines Kunden zu vereinbaren. Ebenso läge eine Irreführung vor, wenn die Beklagte garantiegemäße Kundenwünsche, wenn berechtigt, nicht auch ohne Vereinbarung zumindest im Kulanzwege anstandslos erfüllte. Das Berufungsgericht wird infolgedessen dem anhand von Testfällen unter Beweis gestellten Vorbringen der Klägerin nachzugehen haben, daß die Beklagte ihre werblich herausgestellte "GEFÄ LLT-NICHT-GARANTIE" nicht oder jedenfalls nicht vollen Umfangs einlöse.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Raebel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 318/98 Verkündet am:
3. Mai 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Beste jeden Morgen
UWG §§ 1, 3; LMBG § 17 Abs. 1 Nr. 5

a) Die Werbung für Frühstücksprodukte mit dem Slogan "Kellogg's - Das Beste
jeden Morgen" stellt eine reklamehafte Anpreisung dar. Sie enthält nicht
die Behauptung einer Alleinstellung, die dem Irreführungsverbot im Sinne
von § 3 UWG unterfällt.

b) Zu den Voraussetzungen gesundheitsbezogener Werbung.
BGH, Urteil vom 3. Mai 2001 - I ZR 318/98 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Starck, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 19. November 1998 aufgehoben.
Auf die Anschlußberufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin das Teil-Anerkenntnis- und Endurteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 19. November 1997 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Die Beklagte wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 500.000,-- DM; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verurteilt, es zu unterlassen , im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Cerealien-Produkte mit dem von der Klägerin als zweites Blatt der Anlage K 7 überreichten Werberundschreiben zu werben, soweit hierdurch die Zugabe einer bestimmten Menge gleicher Ware als unentgeltlich herausgestellt wird.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten erster Instanz tragen die Klägerin 29/30 und die Beklagte 1/30.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges und der Revision fallen der Klägerin zur Last.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin stellt Brotaufstriche einschließlich Konfitüren und Müsliriegel her und vertreibt diese.
Die Beklagte produziert und vertreibt Frühstückscerealien und Müsliriegel. Für diese wirbt sie mit dem Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen".
Diesen Slogan verwendete sie auch in zwei TV-Spots. In dem ersten von der Klägerin beanstandeten TV-Spot (Anlage A), in dem die Beklagte für ihr Produkt "Toppas" wirbt, wird ein sportlicher junger Mann gezeigt, der sich an den Frühstückstisch setzt. Ein (unsichtbarer) Sprecher wirft dazu die Frage auf: "Was braucht dieser Mann, um so auszusehen?!" und beantwortet sie sogleich mit: "Das Calcium der Milch, dazu gesundes Getreide, wertvolle Vitamine und Eisen aus Cerealien von Kellogg's! Kellogg's - Das Beste jeden Morgen."
Der zweite TV-Spot der Beklagten mit Werbung für "KELLOGG'S CORNFLAKES" (Anlage D) zeigt einen Bäcker beim Frühstück. Dieser TV-Spot wird wie folgt kommentiert: "Was essen eigentlich Bäcker, bevor sie ihre Brötchen backen?! Natürlich ein gutes Frühstück aus gesundem Getreide! Cerealien von Kellogg's! Und der Tag kann kommen! Kellogg's - Das Beste jeden Morgen."
In einem Rundschreiben an Hausmeister von Schulen (Anlage B) warb die Beklagte mit dem beanstandeten Slogan für Müslix-Riegel im Pausenver-
kauf und bot Müslix-Riegel ("6 zum Preis von 5") an, wie nachstehend abgebildet :
Dem Rundschreiben war zudem das nachfolgend wiedergegebene Werbeblatt mit dem Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" beigefügt (Anlage C):

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" sei eine unzulässige Behauptung einer Alleinstellung. Diese sei unrichtig. Der Verzehr der Produkte der Beklagten, die extrem gezuckert seien, stelle keine bessere oder gesündere Ernährung dar als ein übliches Frühstück.
Der erste TV-Spot erwecke den unrichtigen Eindruck eines besseren und gesünderen Frühstücks. Keinesfalls könnten durch den Verzehr der Cerealienprodukte der Beklagten mit Milch zum Frühstück die Figur und die Muskeln des abgebildeten Mannes erreicht werden.
Der zweite TV-Spot führe zu dem irreführenden Eindruck, gerade Bäcker zögen die Produkte der Beklagten einem Frühstück mit eigenen Backwaren vor.
Das Rundschreiben sei wegen unzulässiger Gratiswerbung und als unzulässige Sonderveranstaltung zu beanstanden. Die Werbeangaben in dem Werbeblatt (Anlage C) seien irreführend.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Cerealien-Produkte
1. mit der Angabe "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" und/oder unter sonstiger Herausstellung ihres Firmenlogos im selben Blickfang mit der Angabe "Das Beste jeden Morgen" und/oder
2. mit dem TV-Spot gemäß Anlage A und/oder dem TV-Spot gemäß Anlage D und/oder dem Rundschreiben gemäß Anlage B und/oder dem Werbeblatt gemäß Anlage C zu werben und/oder werben zu lassen.
Die Beklagte hat den Klageantrag zu 2 insoweit anerkannt, als sie es zu unterlassen hat, zukünftig mit dem von der Klägerin als zweites Blatt des überreichten Werberundschreibens (Anlage B, S. 2, zum Klageantrag zu 2) zu werben , soweit hierdurch die Zugabe einer bestimmten Menge gleicher Ware als unentgeltlich herausgestellt wird.
Im übrigen ist die Beklagte der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, der Slogan enthalte keine qualitäts- oder gesundheitsbezogenen Angaben über ihre Produkte. Der erste TV-Spot (Anlage A) sei erkennbar eine reklamehafte Übertreibung. Auch der zweite TV-Spot und das Werbeblatt (Anlage
C) seien nicht zu beanstanden.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Cerealienprodukte mit dem Rundschreiben gemäß Anlage B und/oder dem Werbeblatt gemäß Anlage C zu werben und/oder werben zu lassen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt für begründet erachtet. Es hat die Beklagte - auf die Berufung der Klägerin - hinsichtlich des Werbeslogans "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" und der Fernsehwerbespots gemäß Anlagen A und D zur Unterlassung verurteilt und die gegen die Verurteilung zur Unterlassung der Werbung mit den Schreiben gemäß Anlagen B und C gerichtete Anschlußberufung der Beklagten zurückgewiesen.
Mit der dagegen gerichteten Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte - mit Ausnahme des anerkannten Teils - ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat den Werbeslogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" in der werblichen Verwendung für Cerealienprodukte als eine gegen § 3 UWG verstoßende unzulässige Alleinstellungsbehauptung angesehen. Hierzu hat es ausgeführt:
Jedenfalls ein nicht unbeachtlicher Teil des angesprochenen Verkehrs entnehme der Aussage entsprechend ihrem unmittelbaren und eigentlichen Wortsinn, die jeweils mit diesem Slogan beworbenen Cerealienprodukte der Beklagten seien in qualitativer Hinsicht, und zwar mit dem erforderlichen deutlichen Abstand, allen anderen Konkurrenzprodukten überlegen. Bei Markenartikeln legten Hersteller und Verbraucher auf die Qualität der Waren besonderen Wert; Angaben zur Qualität würden daher auch sonst werblich herausge-
stellt. Wenn ein Erzeugnis - wie hier - so klar und im naheliegenden Verständnis ganz eindeutig als das "Beste" bezeichnet werde, spreche alles dafür, daß die Angabe auf den Qualitätsstandard der Ware bezogen sei und - wegen der Superlativwerbung - als Alleinstellungsberühmung verstanden werde. Werbeangaben von bekannten und allgemein geschätzten Markenherstellern, zu denen die Beklagte gehöre, würden vom Publikum üblicherweise auch ernst genommen und wegen der unmittelbaren Verknüpfung mit dem jeweils beworbenen Produkt nicht als bloß subjektives Werturteil verstanden. Die Produkte der Beklagten hätten aber unstreitig keinen entsprechenden Vorsprung auf dem Gebiet der Cerealien oder sonstiger Frühstücksformen.
Wegen dieser irreführenden Alleinstellungsberühmung seien auch die Fernsehwerbespots gemäß Anlagen A und D, die am Ende jeweils den Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" enthielten, wettbewerbswidrig. Aus den gleichen Gründen - Abdruck des Werbeslogans "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" - hat das Berufungsgericht auch die Anschlußberufung der Beklagten hinsichtlich des vom Landgericht ausgesprochenen Verbots der Rund- und Werbeschreiben gemäß Anlagen B und C zurückgewiesen und somit die Verurteilung zur Unterlassung bestätigt.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg.
Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Abweisung der Klage, soweit die Beklagte den Klageanspruch nicht anerkannt hat.
1. Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" (Klageantrag zu 1):
Mit Recht wendet sich die Revision gegen die Feststellung des Berufungsgerichts , der Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" enthalte bei Verwendung in der Werbung für Cerealienprodukte eine irreführende Alleinstellungsberühmung im Sinne des § 3 UWG.

a) Die Zulässigkeit einer Spitzen- oder Alleinstellungsbehauptung setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wegen der anderenfalls bestehenden Gefahr einer Irreführung des Publikums voraus, daß die Werbebehauptung wahr ist, der Werbende einen deutlichen Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern vorzuweisen hat und der Vorsprung die Aussicht auf eine gewisse Stetigkeit bietet (vgl. BGH, Urt. v. 11.07.1991 - I ZR 5/90, GRUR 1991, 850, 851 = WRP 1991, 717 - Spielzeug-Autorennbahn; Urt. v. 15.02.1996 - I ZR 9/94, GRUR 1996, 910, 911 = WRP 1996, 729 - Der meistverkaufte Europas; Urt. v. 12.02.1998 - I ZR 110/96, GRUR 1998, 951, 952 = WRP 1998, 861 - Die große deutsche Tages- und Wirtschaftszeitung). Dagegen unterfallen nicht dem Irreführungsverbot reklamehafte Übertreibungen und reine Werturteile (vgl. BGH, Urt. v. 20.04.1989 - I ZR 125/87, GRUR 1989, 608, 609 = WRP 1989, 584 - Raumausstattung). Sie enthalten keine Angaben im Sinne von § 3 UWG. Darunter sind nur inhaltlich nachprüfbare Aussagen über geschäftliche Verhältnisse zu verstehen.
Das Berufungsgericht entnimmt den Alleinstellungscharakter vor allem der Wortbedeutung des beanstandeten Werbeslogans und wendet den an sich zutreffenden, von ihm im Streitfall als ausschlaggebend erachteten Erfahrungssatz an, daß ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Publikums die
Werbung entsprechend ihrem Wortsinn verstehe (vgl. nachfolgend unter II 1 b). Bei der Beurteilung der in Rede stehenden Superlativwerbung hat das Berufungsgericht jedoch dem Umstand zu wenig Beachtung geschenkt, daß - ungeachtet bestehender Möglichkeiten zur Feststellung der Qualität der beworbenen Cerealienprodukte - für die Beantwortung der Frage, was "das Beste" jeden Morgen sei, subjektive Einschätzungen und Wertungen eine entscheidende Rolle spielen. Die Behauptung der Beklagten, "das Beste jeden Morgen" zu bieten, entzieht sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts weitgehend einer objektiven Nachprüfbarkeit. Ob die beworbenen Cerealienprodukte der Beklagten für den angesprochenen Verbraucher "das Beste jeden Morgen" sind, hängt in erster Linie von den persönlichen geschmacklichen Vorlieben und Frühstücksgewohnheiten des Einzelnen, aber auch von der unterschiedlichen körperlichen Konstitution der Menschen und ihren Lebens-, Arbeits- und Umweltbedingungen ab (vgl. BGH, Urt. v. 15.01.1965 - Ib ZR 46/63, GRUR 1965, 363, 364 - Fertigbrei). Diese maßgebend subjektive und individuelle Prägung einer Antwort auf die Frage, was "das Beste jeden Morgen" sei, ist dem angesprochenen Verkehr durchaus bewußt. Auch wenn der durchschnittlich informierte und verständige Durchschnittsverbraucher, auf dessen Sicht es maßgebend ankommt (BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 - Orient-Teppichmuster), Wert auf ein qualitativ hochwertiges Frühstück legt und auf eine gesundheitsbewußte und ausgewogene Ernährung achtet, so daß unabhängig von individuellen geschmacklichen Vorlieben die Anforderungen, die in objektiver Hinsicht an ein "gutes", geeignetes bzw. vorzugswürdiges Frühstück zu stellen sind, jedenfalls in etwa umrissen sind (vitamin- und ballaststoffreich, möglichst schadstoffrei, zucker- und fettarm, aus chemisch unbehandelten, natürlichen Zutaten von hoher Qualität), wird er erkennen, daß sich nicht objektiv und generell für eine
Vielzahl von Menschen feststellen läßt, welche Mahlzeit sich - absolut betrachtet - am besten als erste des Tages eignet. Dies liegt nicht nur in den bereits angesprochenen unterschiedlichen körperlichen Bedürfnissen der Menschen , sondern auch darin begründet, daß selbst in der Wissenschaft unterschiedliche und wechselnde Auffassungen über die "beste" Ernährungsweise vertreten werden (vgl. BGH GRUR 1965, 363, 364 - Fertigbrei). Hinzu kommt, daß sich ein Frühstück nicht nur bei Wahl einer Mahlzeit aus Cerealienprodukten (mit Milch, Joghurt, Früchten, Fruchtsaft usw.) aus einer Reihe von Erzeugnissen zusammenstellen läßt, die sich zu einer vollständigen, möglichst ausgewogenen Mahlzeit ergänzen, ohne daß sich letztlich sagen läßt, welche Bestandteile für die Ernährung die wichtigsten, besten oder am wenigsten entbehrlichen sind. Diese Gegebenheiten hat das Berufungsgericht nicht im erforderlichen Umfang berücksichtigt.

b) Maßgebend für die Beurteilung einer Werbeaussage nach § 3 UWG ist, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung versteht. Da es vorliegend um Waren des täglichen Bedarfs geht und das Berufungsgericht seine Würdigung unter Heranziehung der - in der Revisionsinstanz uneingeschränkt überprüfbaren - Lebenserfahrung vorgenommen hat, kann der Senat abschließend selbst beurteilen, wie der Werbeslogan von den in Betracht kommenden Verkehrskreisen aufgefaßt wird (vgl. BGH GRUR 1965, 363, 365 - Fertigbrei; vgl. auch zur Überprüfung von Feststellungen aufgrund von Erfahrungswissen in der Revisionsinstanz Bornkamm, WRP 2000, 830, 833).
Auszugehen ist dabei vom Wortsinn des angegriffenen Werbeslogans (vgl. BGH, Urt. v. 16.4.1957 - I ZR 115/56, GRUR 1957, 600, 602 - Westfalenblatt; GRUR 1965, 363, 365 - Fertigbrei; GRUR 1989, 608, 609
- Raumausstattung). Bereits dieser erweckt begründete Zweifel an einer Alleinstellungsberühmung , denn dem Spruch "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" läßt sich nicht entnehmen, daß es sich bei den so beworbenen Frühstückscerealien gerade im Vergleich zu anderen Erzeugnissen um das Beste handele, was auf dem Markt angeboten werde. Hierfür fehlt es an einer ausreichend deutlichen Bezugnahme auf die Produkte der Mitbewerber. Durch den Zusatz "jeden Morgen" erfährt der Satz eine Verallgemeinerung, die nach dem Wortsinn auch Raum für Deutungen läßt, wie sie das Landgericht erwogen hat, nämlich in dem Sinn, daß die Einnahme einer Mahlzeit mit Kellogg's-Produkten das beste Ereignis am Morgen sei, hinter dem andere morgendliche Aktivitäten zur Vorbereitung auf den Tag, wie etwa eine erfrischende Dusche, ein Waldlauf oder das morgendliche Zeitungslesen zurückträten. Bleibt aber nach der Wortbedeutung offen, worauf sich der Superlativ "das Beste" in der Werbung der Beklagten eigentlich bezieht (auf Frühstückscerealien, generell auf Frühstücksprodukte oder noch allgemeiner auf das beste Ereignis am Morgen), so versteht der Verkehr die Werbeaussage mangels Konkretisierung nicht als Behauptung einer alle anderen Konkurrenzerzeugnisse deutlich überragenden Spitzenposition. Vielmehr wird er den Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" als eine allgemeine suggestive Anpreisung mit erkennbar subjektivem Gepräge auffassen, weil jeder Einzelne nur für sich beantworten kann, was für ihn "das Beste jeden Morgen" oder das beste Frühstück jeden Morgen darstellt. Auch der - angesichts entsprechender Veröffentlichungen in den Medien über mögliche gesundheitliche Folgen falscher Ernährungsgewohnheiten nicht gering einzuschätzende - Teil des angesprochenen Verkehrs, der bestrebt ist, sich möglichst gesund und ausgewogen zu ernähren, wird nicht annehmen, die Beklagte nehme für sich in Anspruch, die ungeachtet des Alters, der körperlichen Verfassung und der Lebens- und Umweltbedingungen des Einzelnen für
alle Bevölkerungskreise gleichermaßen gültige "beste" Frühstücksmahlzeit anzubieten. Bei dieser Sachlage entnimmt der Verkehr dem Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht, daß die so beworbenen Frühstückscerealien gerade im Vergleich zu anderen Cerealien oder Frühstücksprodukten in jeder Hinsicht, vor allem aber in ihrer Qualität und Güte, unerreichbar seien, sondern lediglich, daß es sich um ein qualitativ hochwertiges Produkt handelt, das - zusammen mit anderen Produkten - zur Spitzenklasse der auf dem betreffenden Warengebiet angebotenen Erzeugnisse gehört. Nur insoweit enthält der beanstandete Werbeslogan einen objektiv nachprüfbaren Kern.
Erschöpft sich der objektive Aussagegehalt des Slogans in der Behauptung , die so beworbenen Produkte gehörten zu den besten Frühstücksangeboten , so kann die Werbeaussage nicht mit Erfolg als irreführend beanstandet werden. Daß es sich bei den Erzeugnissen der Beklagten um qualitativ hochwertige Cerealienprodukte handelt, hat die Klägerin nicht in Abrede gestellt. Der Klageantrag zu 1 erweist sich daher als unbegründet.
2. Konkret beanstandete Werbemaßnahmen (Klageantrag zu 2):
Mit Erfolg beanstandet die Revision auch die Verurteilung zur Unterlassung der Werbeschreiben gemäß den Anlagen B und C sowie der Werbung mit den Fernsehspots gemäß den Anlagen A und D.
Das Berufungsgericht hat sämtliche Werbemaßnahmen (Anlagen A bis
D) mit der Begründung untersagt, sie enthielten den irreführend auf eine Alleinstellung der Beklagten hinweisenden Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden
Morgen". Diese Begründung trägt die Verurteilung zur Unterlassung der genannten Werbemaßnahmen schon deswegen nicht, weil dem beanstandeten Slogan aus den vorstehend erörterten Gründen keine Alleinstellungsberühmung entnommen werden kann. Die Verurteilung zur Unterlassung der Werbemaßnahmen gemäß den Anlagen A bis D erweist sich aber auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend (§ 563 ZPO).

a) Fernsehspot gemäß Anlage A:
aa) Der Fernsehspot (Anlage A) enthält - entgegen den Gegenangriffen in der Revisionserwiderung - keine wettbewerbswidrigen gesundheitsbezogenen Werbeaussagen (§ 3 UWG, § 1 UWG i.V. mit § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG). Dies kann der Senat ohne Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht selbst beurteilen. Bei den in der Fernsehwerbung beworbenen Frühstückscerealien handelt es sich um Gegenstände des täglichen Bedarfs, d.h. um Produkte, für die die Mitglieder des Senats als (potentielle) Abnehmer in Betracht kommen. Besondere Umstände dafür, daß nicht unerhebliche Teile des Verkehrs die Werbung - anders als der Senat - in einer mit den objektiven Verhältnissen nicht in Einklang stehenden Weise verstehen und daher irregeführt werden könnten, sind im Streitfall weder dargetan noch ersichtlich, so daß auch bei Verneinung der Gefahr einer Irreführung gegen eine Sachbeurteilung ohne die Einholung eines demoskopischen Gutachtens keine Bedenken bestehen.
bb) Der angegriffene Werbespot zeigt einen jungen Mann, der in augenscheinlich häuslicher Umgebung ein Bad nimmt und anschließend eine Mahlzeit aus Cerealien (Kellogg's Toppas) mit Milch zu sich nimmt. Parallel zu die-
sen Bildeinstellungen wirft ein (unsichtbarer) Sprecher die Frage auf "Was braucht dieser Mann, um so auszusehen?!" und beantwortet sie sogleich selbst mit den Worten "Das Calcium der Milch, dazu gesundes Getreide, wertvolle Vitamine und Eisen aus Cerealien von Kellogg's! Kellogg's - Das Beste jeden Morgen".
Darin liegt keine irreführende gesundheitsbezogene Werbung.
Bei natürlicher Betrachtung versteht der Verkehr den vorbeschriebenen Fernsehspot dahin, daß die von dem Darsteller in der Werbung konsumierten Kellogg's Toppas mit Milch ein gesundes Frühstück darstellen und zur körperlichen Fitneß im Sinne eines Zustandes allgemeinen körperlichen Wohlbefindens (vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 27.02.1980 - I ZR 8/78, GRUR 1980, 797, 798 = WRP 1980, 541 - Topfit Boonekamp) beitragen. Demgegenüber wird der Verbraucher - auch wenn der Spot diese Botschaft vordergründig erkennbar zu vermitteln sucht - angesichts der Fernsehwerbung nicht annehmen, er könne sein Aussehen allein durch einen regelmäßigen morgendlichen Konsum von Kellogg's Toppas mit Milch in dem Sinne verändern, daß er das Ä ußere, insbesondere die schlanke, sportliche Figur des Darstellers in der Werbung, erlangt. Dem Publikum ist aufgrund entsprechender Veröffentlichungen in den Medien geläufig, in vielen Fällen auch schon aufgrund eigener Erfahrungen bekannt, daß sich eine schlanke, sportliche Figur nicht nur durch eine Umstellung der Ernährung, sondern nur in Verbindung mit anderen Faktoren, wie insbesondere einer sportlichen Betätigung und körperlichen Bewegung, erreichen läßt. Gegenteiliges entnimmt der Fernsehzuschauer auch nicht dem beanstandeten Werbespot; denn eine abschließende Aufzählung dessen, was der Darsteller "braucht", um so auszusehen, nimmt die Werbung nicht für sich in Anspruch.
Schon gar nicht kann allein eine Ä nderung der Frühstücksgewohnheiten Veränderungen des Aussehens bewirken. Diese Aussage erkennt der angesprochene Verkehr, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, als eine ersichtlich reklamehafte Übertreibung und hält sie nicht etwa für eine ernstzunehmende Produktinformation. Ebensowenig wird der angesprochene Verkehr aufgrund der Fernsehwerbung davon ausgehen, die beworbenen Frühstückscerealien seien das gesündeste Frühstück überhaupt oder für eine gute Gesundheit schlechthin unverzichtbar. Dies läßt sich dem Wortsinn der Werbung auch in Verbindung mit dem zeitgleich gezeigten Kurzfilm und dem in Wort und Bild vermittelten Slogan "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" nicht entnehmen. Vielmehr versteht der Verkehr die Werbung in ihrem objektiv nachprüfbaren Kern dahin, daß es sich bei Kellogg's Toppas mit Milch aufgrund der darin enthaltenen Vitamine und Mineralstoffe um ein gesundes Frühstück handele.
Allerdings sind überall dort, wo die Gesundheit in der Werbung ins Spiel gebracht wird, besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen zu stellen (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 1980, 797, 799 - Topfit Boonekamp, m.w.N.; vgl. auch Urt. v. 14.01.1993 - I ZR 301/90, GRUR 1993, 756, 757 = WRP 1993, 697 - Mild-Abkommen). Dies rechtfertigt sich in erster Linie daraus, daß die eigene Gesundheit in der Wertschätzung des Verbrauchers einen hohen Stellenwert hat und sich deshalb an die Gesundheit anknüpfende Werbemaßnahmen erfahrungsgemäß als besonders wirksam erweisen (vgl. BGH GRUR 1980, 797, 799 - Topfit Boonekamp ), ferner daraus, daß mit irreführenden gesundheitsbezogenen Werbeangaben erhebliche Gefahren für das hohe Schutzgut der Gesundheit des Einzelnen sowie der Bevölkerung verbunden sein können.
Im Streitfall geht es jedoch um ein Lebensmittel, dessen einzige von der Klägerin aufgezeigte gesundheitlich nicht unbedenkliche Wirkung darin besteht , daß es aufgrund der darin enthaltenen sogenannten Zuckerraffinade geeignet ist, die Bildung von Karies zu begünstigen. Darüber hinaus hat sich die Klägerin gegen die Feststellungen des Landgerichts, wonach die Frühstückscerealien der Beklagten jedenfalls nicht ungesund seien, nicht gewandt. Die in der Werbung als positiv und gesundheitsfördernd hervorgehobenen Inhaltsstoffe (Calcium der Milch, Getreide, Vitamine und Eisen) sind unstreitig in dem beworbenen Frühstück aus Cerealien mit Milch enthalten. Auf diese und deren positive Eigenschaften für das körperliche Wohlbefinden darf die Beklagte in ihrer Werbung hinweisen. Es entspricht gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen, daß eine unzureichende Einnahme von Mineralstoffen und Vitaminen zu gesundheitlichen Mangelerscheinungen führen kann. Dies bedeutet zugleich, daß der Verzehr von Vitaminen und Mineralstoffen, insbesondere wenn die enthaltenen Vitamine - wie bei dem beworbenen Produkt Kellogg's Toppas - nach den unstreitig wahrheitsgemäßen Angaben auf der Verkaufspackung bei einer Einnahme von 100 g allein 60 % des Tagesbedarfs eines erwachsenen Menschen decken, den allgemeinen Gesundheitszustand des Menschen positiv beeinflussen. Der in der Fernsehwerbung erzeugte Gesamteindruck , wonach ein Frühstück aus Kellogg's Toppas mit Milch gesund sei und zu einem körperlichen Wohlbefinden beitrage, entspricht danach den tatsächlichen Verhältnissen. Eine darüber hinausreichende heilende Wirkung (vgl. § 18 LMBG) hat die Beklagte ihren Produkten in der Werbung nicht zugeschrieben. Ebensowenig hat sie in dem Werbespot schlankheitsfördernde Eigenschaften oder die Abwesenheit von Zucker behauptet oder herausgestellt. Der Umstand, daß die Frühstückscerealien der Beklagten auch, und zwar bei den hier beworbenen Kellogg's Toppas zu einem Anteil von 15 % Zucker ent-
halten, führt - auch unter Berücksichtigung der die Kariesbildung fördernden Eigenschaften von Zucker - nicht dazu, daß der in der Werbung vermittelte Gesamteindruck eines insgesamt gesunden Frühstücks unzutreffend wäre. Das Risiko, an Karies zu erkranken, besteht praktisch bei jedem Verzehr von Nahrungsmitteln , die in den meisten Fällen auch Zucker oder sich beim Kauprozeß in solchen umwandelnde Stärke enthalten. Dem kann, wie nach der Lebenserfahrung angesichts heutiger Maßnahmen zur Gesundheitsaufklärung als allgemein bekannt vorausgesetzt werden kann, durch entsprechende Zahnpflege entgegengewirkt werden. Besteht ein Lebensmittel - wie hier - nicht zu einem ganz überwiegenden Anteil aus Zucker, so ist die wahrheitsgemäße Herausstellung gesundheitsfördernder Eigenschaften des Nahrungsmittels nicht ohne weiteres schon deshalb wettbewerbswidrig, weil es auch - hier zu einem geringen Anteil - Zucker enthält.
Die Beklagte war auch nicht gehalten, in der Werbung auf den Zuckergehalt ihrer Cerealienprodukte oder gar auf die mit dem Verzehr von Zucker verbundene Gefahr von Kariesbildung hinzuweisen. Eine umfassende Aufklärung , insbesondere auch über die weniger vorteilhaften Eigenschaften des eigenen Produkts, wird vom Werbenden vor allem in der gedrängten Darstellung eines Fernsehspots oder eines Zeitungsinserats nicht erwartet (vgl. BGH, Urt. v. 15.07.1999 - I ZR 44/97, GRUR 1999, 1122, 1123 = WRP 1999, 1151 - EGNeuwagen I; Urt. v. 19.08.1999 - I ZR 225/97, GRUR 1999, 1125, 1126 = WRP 1999, 1155 - EG-Neuwagen II; zu zuckerhaltigen Bonbons mit Vitaminen: KG NJW-RR 1991, 1449). Die Pflicht zur Aufklärung besteht jedoch in den Fällen, in denen das Publikum bei Unterbleiben des Hinweises in einem wesentlichen Punkt, der den Kaufentschluß zu beeinflussen geeignet ist, getäuscht würde (BGH GRUR 1999, 1122, 1123 - EG-Neuwagen I; GRUR 1999, 1125, 1126
- EG-Neuwagen II, jeweils m.w.N.). So liegt es im Streitfall aber nicht. Ein Verbraucher , der aufgrund der in der Fernsehwerbung herausgestellten gesundheitsfördernden Eigenschaften beschließt, ein Frühstück aus Kellogg's Toppas mit Milch auszuprobieren, wird sich nicht getäuscht fühlen, wenn er anschließend aufgrund der Angaben auf der Verkaufspackung erfährt, daß 100 g Kellogg's Toppas auch 15 g Zucker enthalten und ihm bewußt wird, daß Zucker die Kariesbildung, unter Umständen auch eine Gewichtszunahme, begünstigt. Eine Verpflichtung, negative Eigenschaften des eigenen Angebots in der Werbung offenzulegen, besteht nur insoweit, als dies zum Schutz des Verbrauchers auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Werbenden unerläßlich ist (BGH GRUR 1999, 1122, 1123 - EG-Neuwagen I; GRUR 1999, 1125, 1126 - EG-Neuwagen II). Da ein Verzehr der beworbenen Frühstückscerealien neben dem allgemein bei der Nahrungsaufnahme bestehenden Risiko einer Kariesbildung unstreitig kein besonderes Gesundheitsrisiko birgt und die erstgenannte Gefahr wegen des relativ geringen Zuckeranteils auch nicht in einem außergewöhnlichen Maße steigert, ist die Beklagte trotz (wahrheitsgemäßer ) Herausstellung der gesundheitsfördernden Eigenschaften nicht verpflichtet, in der Werbung darauf hinzuweisen, daß der in Kellogg's Toppas enthaltene Zuckeranteil eine Kariesbildung begünstigt. Der Fernsehspot gemäß Anlage A kann daher weder nach § 3 UWG noch nach § 1 UWG i.V. mit § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG als irreführend beanstandet werden.

b) Fernsehspot gemäß Anlage D (Bäcker):
Der Fernsehspot "Bäcker" (Anlage D) enthält - entgegen den Gegenangriffen in der Revisionserwiderung - ebenfalls keine wettbewerbswidrigen gesundheitsbezogenen Werbeaussagen (§ 3 UWG, § 1 UWG i.V. mit § 17 Abs. 1
Nr. 5 LMBG). Auch dies kann der Senat aus den vorerörterten Gründen (vgl. Abschnitt II 2 a aa) ohne Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht selbst beurteilen.
Der angegriffene Werbespot zeigt einen männlichen Darsteller in weißer Berufskleidung mit Bäckermütze, der zu einer im Kühlschrank aufbewahrten Flasche Milch greift und sich in einer Müslischale ein Frühstück mit Kellogg's Cornflakes zubereitet, das er am Arbeitsplatz (Backstube) verzehrt. Parallel dazu fragt ein (unsichtbarer) Sprecher "Was essen eigentlich Bäcker, bevor sie ihre Brötchen backen?!" und beantwortet die Frage selbst mit "Natürlich ein gutes Frühstück aus gesundem Getreide! Cerealien von Kellogg's! Und der Tag kann kommen! Kellogg's - Das Beste jeden Morgen".
Dieser Fernsehspot stellt keine irreführende gesundheitsbezogene Werbung dar. Der Verkehr versteht die Werbung als ein witzig gemeintes Spiel mit Gegensätzen, nämlich einem Cerealienfrühstück einerseits und einem herkömmlichen sogenannten "kontinentalen Frühstück" mit Backwaren andererseits. Ein Angehöriger der Berufsgruppe der Bäcker spielt dem Zuschauer vor, noch vor der Herstellung eigener Backwaren ein Cerealienfrühstück der Beklagten einzunehmen. Zugleich erfährt der Fernsehzuschauer, dies täten (alle) Bäcker. Allerdings spricht der Bäcker nicht selbst - und erst recht nicht für seine ganze Berufsgruppe - zum Fernsehzuschauer, sondern wird bei der Vorbereitung und Einnahme seines Cerealienfrühstücks beobachtet. Kein relevanter Teil der angesprochenen Fernsehzuschauer wird unter diesen Gegebenheiten annehmen, die Beklagte habe eine objektive Untersuchung bzw. Befragung durchgeführt, die ergeben habe, daß alle Bäcker oder auch nur ein überwiegender Teil dieser Berufsgruppe ein Cerealienfrühstück mit Kellogg's Cornfla-
kes einem Frühstück mit den selbst hergestellten Backwaren vorzögen. Ebensowenig entnimmt der Fernsehzuschauer der Werbung, daß alle Bäcker ein Frühstück mit Kellogg's Cornflakes aus gesundheitlichen Gründen gegenüber ihren eigenen Backwaren für vorzugswürdig erachteten. Eine objektive Empfehlung eines ganzen Berufsstandes, der sich zudem der Herstellung von Konkurrenzprodukten widmet, liegt darin erkennbar nicht. Soweit in der Werbung von einem "guten Frühstück" und "gesundem Getreide" die Rede ist, handelt es sich zwar um gesundheitsbezogene Werbeangaben. Diese sind aber nicht als wettbewerbswidrig zu beanstanden, weil sie in ihrem objektiv nachprüfbaren Kern nicht unzutreffend sind. Hinsichtlich des Zuckergehaltes der Cerealienprodukte der Beklagten und ihrer die Kariesbildung begünstigenden Wirkung kann auf die Ausführungen in Abschnitt II 2 a bb Bezug genommen werden.

c) Rundschreiben an Schulhausmeister (Anlage B):
Das Rundschreiben an Schulhausmeister (Anlage B) hält einer - sachlich auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen gebotenen - materiell-rechtlichen Überprüfung nach § 3 UWG, § 1 UWG i.V. mit § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG ebenfalls stand.
aa) Nachdem die Beklagte den Unterlassungsanspruch insoweit anerkannt hat, als es um das sogenannte Aktions-Angebot geht ("48 Riegel gratis", "Wenn Sie bis zum 28. Februar 1997 bestellen, erhalten Sie pro 5 Kartons einen Karton KELLOGG'S Müslix Vollmilch Schoko gratis dazu!") und das an Schulhausmeister gerichtete Rundschreiben sich aus den vorstehend dargelegten Gründen (vgl. Abschnitt II 1 b) nicht schon aufgrund des darin enthaltenen Slogans "Kellogg's - Das Beste jeden Morgen" als wettbewerbswidrig er-
weist, geht es bei der weiteren revisionsrechtlichen Beurteilung des Rundschreibens an Schulhausmeister nur noch darum, ob das vom Berufungsgericht bestätigte Verbot wegen der darin enthaltenen, nach den Behauptungen der Klägerin in erster und zweiter Instanz irreführenden gesundheitsbezogenen Angaben insgesamt, also über den anerkannten Teil hinaus, aufrechterhalten werden kann (§ 563 ZPO). Dies ist nicht der Fall.
bb) Als wegen irreführender gesundheitsbezogener Werbeangaben wettbewerbswidrig hat die Klägerin die Überschrift des Rundschreibens "Pausen -Mahlzeiten sollten gesund und lecker sein - ganz einfach mit KELLOGG'S!" sowie die ersten beiden Sätze des Werbeschreibens beanstandet , die wie folgt lauten: "... für die Ernährung der Schulkinder ist in den Pausen eine gesunde und ausgewogene Mahlzeit besonders wichtig. Die Snacks sollen super schmecken und gleichzeitig Vitamine und Energie liefern für den anstrengenden Unterricht".
Auch dieses Klagevorbringen vermag den geltend gemachten Unterlassungsanspruch , soweit er nicht anerkannt worden ist, nicht zu rechtfertigen.
Der vom Berufungsgericht bestätigten Auffassung des Landgerichts, das Rundschreiben erwecke den irreführenden Eindruck, daß Schulkinder ohne den Verzehr der angebotenen Müslix-Riegel der Beklagten nicht optimal und mit ausreichend Energie versorgt seien, um für den anstrengenden Unterricht gerüstet zu sein, kann nicht beigetreten werden. Die Beklagte zeigt mit ihren Cerealienprodukten (Portionspackungen) und Müslix-Riegeln ersichtlich nur eine Alternative auf, wie der zuvor allgemein dargelegte Ernährungsbedarf von Schulkindern in den Pausen befriedigt werden kann. Die Frage "Sind Sie für
diese Ansprüche gerüstet?" wird mit "Mit KELLOGG'S ja!" beantwortet, ohne daß dabei zugleich der Eindruck vermittelt würde, dies sei die einzige Möglichkeit einer gesunden, ausgewogenen und bedarfsgerechten Versorgung von Schulkindern in den Pausen. Darüber hinaus hat das Rundschreiben einen erkennbar werbenden Charakter, der den Eindruck einer Unverzichtbarkeit der Kellogg's-Produkte ausgeschlossen erscheinen läßt. Auf das Bestehen anderer Ernährungsmöglichkeiten durch Konkurrenzprodukte muß die Beklagte in ihrer Werbung nicht hinweisen. Schon die Vielzahl der beworbenen eigenen Produkte der Beklagten (zehn verschiedene Getreideprodukte und vier verschiedene Müslix-Riegel, davon zwei mit und zwei ohne Schokolade) zeigt eine Spannbreite von Pausensnacks auf, die den Anspruch, Schulkinder in den Pausen in jeder Hinsicht optimal zu versorgen, relativiert. Dabei wird den umworbenen Schulhausmeistern - ebenso wie den in der Werbung angesprochenen Müttern von Kleinkindern (vgl. BGH GRUR 1965, 363, 365 - Fertigbrei) - bewußt sein, daß die Frage nach einer optimalen oder der gesündesten Ernährung von Schulkindern in den Pausen aufgrund der unterschiedlichen Konstitution der Kinder nicht generell und einheitlich beantwortet werden kann, ferner, daß die hierzu vertretenen Auffassungen Schwankungen unterliegen. Vor diesem Hintergrund erweisen sich auch die Hinweise auf gesunde und leistungsfördernde Bestandteile (Vitamine und Energie) der beworbenen Cerealienprodukte nicht als wettbewerbswidrig. Wie zuvor erörtert (vgl. Abschnitt II 2 a bb), schließt der Umstand, daß die Erzeugnisse der Beklagten auch Zucker enthalten , eine gesundheitsfördernde Wirkung nicht schlechthin aus. Dies gilt auch für die zum Teil mit Schokolade überzogenen Müslix-Riegel, die aufgrund der in ihnen enthaltenen Ballaststoffe für das körperliche Wohlbefinden jedenfalls einen wirksameren Beitrag leisten als reine Schokolade.

d) Werbeschreiben (Anlage C):
Auch der das Werbeblatt für Müslix-Riegel (Anlage C) erfassende Unterlassungsausspruch kann nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten werden.
Die von der Klägerin in den ersten beiden Instanzen beanstandete Überschrift "Das schmeckt in der Pause am besten" beinhaltet erkennbar ein subjektives Werturteil der Beklagten. Wie dem angesprochenen Verkehr bewußt ist, ist die Frage des besten Geschmacks eines Lebensmittels einer objektiven Nachprüfung nicht zugänglich.
Ebensowenig verhilft der Hinweis auf eine irreführende gesundheitsbezogene Werbung dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch zum Erfolg. Die insoweit allein relevante Werbeaussage "Das Müsli im Riegel - für ein korngesundes Leben" begegnet unter dem Gesichtspunkt von § 3, § 1 UWG i.V. mit § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG keinen durchgreifenden Bedenken. Bei dem Begriff "korngesund" handelt es sich erkennbar um eine zu Werbezwecken gebildete Wortschöpfung, die nach Art eines Wortspiels Anklänge an den Ausdruck "kerngesund" im Sinne einer durch und durch (ganz und gar, bis auf den Kern) vorhandenen Gesundheit vermittelt und zugleich an Getreide ("Korn") erinnert. Diese Wortzusammensetzung, die auf beides - "Korn" und "Gesundheit" - anspielt, versteht der Verkehr als eine werbende Herausstellung des Umstandes, daß die Müslix-Riegel der Beklagten gesundheitsfördernde Getreidebestandteile enthalten. An dieser wahrheitsgemäßen Angabe ist in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht nichts auszusetzen.
3. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bedarf es entgegen der Ansicht der Revision nicht. Die Revisionserwiderung weist insoweit zutreffend darauf hin, daß der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in der Entscheidung vom 16. Juli 1998 (Rs. C-210/96, Slg. 1998, I-4657 = GRUR Int. 1998, 795 = WRP 1998, 848 Tz. 37 - "6-Korn-Eier" - Gut Springenheide) klargestellt hat, daß die Beantwortung der Frage, ob es für die Feststellung der Verkehrsauffassung der Einholung eines Gutachtens bedürfe, den nationalen Gerichten überlassen sei.
III. Danach war auf die Revision der Beklagten unter teilweiser Aufhebung der Vorentscheidungen die Klage abzuweisen, soweit nicht das Landgericht aufgrund des Anerkenntnisses der Beklagten durch Teilanerkenntnisurteil entschieden hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann Starck Pokrant
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 193/99 Verkündet am:
18. Oktober 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Elternbriefe

a) Bei der Ermittlung des Verkehrsverständnisses macht es grundsätzlich keinen
Unterschied, ob der Tatrichter seine Sachkunde und Lebenserfahrung
zur Bejahung oder zur Verneinung einer Irreführungsgefahr einsetzen
möchte.

b) In der Verwendung amtlich erlangter Informationen zu dem Zweck, unter
Ausnutzung amtlicher Autorität eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern
, kann eine nach § 1 UWG unlautere Randnutzung einer öffentlichen
Einrichtung liegen (hier: gemeinsame Versendung sog. Elternbriefe einer
staatlichen Stelle und Werbematerial einer Landesbausparkasse gegen
Übernahme der Portokosten).
BGH, Urt. v. 18. Oktober 2001 - I ZR 193/99 - OLG Bremen
LG Bremen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Prof. Dr. Bornkamm und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 24. Juni 1999 aufgehoben.
II. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bremen vom 8. Oktober 1998 abgeändert: 1. Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, es zu unterlassen, Werbematerial ihres Unternehmensbereiches Landesbausparkasse Bremen, insbesondere solches, welches schlagwortartig mit der Bezeichnung "Elterninfo" überschrieben ist, zusammen mit "Elternbriefen" der Beklagten zu 2 durch diese und/oder durch von dieser eingeschaltete Dritte in Briefumschlägen versenden zu lassen, welche mit der Absenderangabe des Amtes für Soziale Dienste der Freien Hansestadt Bremen versehen sind.
2. Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, es zu unterlassen, das unter vorstehender Ziffer 1 bezeichnete Werbematerial zusammen mit ihren "Elternbriefen" in Briefumschlägen zu versenden und/oder versenden zu lassen, welche eine Absenderangabe nach vorstehender Ziffer 1 aufweisen.
3. Den Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 500.000 DM angedroht.
4. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin über den Umfang von Handlungen gemäß vorstehenden Ziffern 1 und 2 Auskunft zu erteilen.
5. Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle Schäden zu ersetzen, die ihr aus den Handlungen gemäß vorstehenden Ziffern 1 und 2 entstanden sind und künftig entstehen werden.
III.Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte zu 2, die Freie Hansestadt Bremen, versendet seit Juni 1971 durch ihr Amt für Soziale Dienste sogenannte Elternbriefe an die Eltern in Bremen lebender Kinder. Diese während der ersten acht Lebensjahre der Kin-
der in regelmäûigen Zeitabständen übersandten Schriften behandeln pädagogische Probleme, die in dem jeweiligen Lebensalter des Kindes auftreten können. Seit Mai 1982 legt die Beklagte zu 2 den Elternbriefen sogenannte Elterninfos der Beklagten zu 1, der Sparkasse in Bremen, bei, mit denen diese für die Leistungen ihres Unternehmensbereichs Landesbausparkasse Bremen wirbt. Als Gegenleistung erstattet die Beklagte zu 1 der Beklagten zu 2 die Portokosten der Sendungen. Als deren Absender geht aus dem Freistempleraufdruck auf den Briefumschlägen das Amt für Soziale Dienste hervor.
Die Klägerin, eine Bausparkasse, die mit der Beklagten zu 1 in Wettbewerb steht, hält diese Form der Werbung für wettbewerbswidrig und irreführend. Sie ist der Auffassung, die Beklagte zu 1 nutze die besondere staatliche Funktion der Beklagten zu 2 in unzulässiger Weise aus. Aufgrund der Absenderangabe auf den Briefumschlägen würden die Sendungen als Behördenpost durchweg geöffnet und ihr Inhalt zur Kenntnis genommen. Dadurch erfahre auch die Werbebeilage der Beklagten zu 1 im Unterschied zu gewöhnlichen Werbebriefen, die groûenteils ungelesen weggeworfen würden, eine besondere Aufmerksamkeit, weil der Behördenpostempfänger zunächst einmal erkennen müsse, was staatliche oder private Information sei. Durch die Verwendung der Überschrift "Elterninfo" und die Erwähnung der "Landesbausparkasse" stelle die Beklagte zu 1 eine Verbindung zum "Elternbrief" der Beklagten zu 2 und zum Staat her, zumal Sparkassen grundsätzlich öffentlich-rechtlich organisiert seien. Die gemeinsame Versendung der Elterninfos mit den Elternbriefen und die Anlehnung an die staatliche Autorität täusche den Verkehr zugleich über Inhalt und Herkunft der Sendung.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu 1 unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen, Werbematerial ihres Unternehmensbereiches Landesbausparkasse Bremen, insbesondere solches, welches schlagwortartig mit der Bezeichnung "Elterninfo" überschrieben ist, durch die Beklagte zu 2 und/oder durch von der Beklagten zu 2 eingeschaltete Dritte in Briefumschlägen versenden zu lassen, welche mit der Absenderangabe des Amtes für Soziale Dienste der Freien Hansestadt Bremen versehen sind; 2. die Beklagte zu 2 unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen, das unter vorstehender Ziffer 1. bezeichnete Werbematerial in Briefumschlägen zu versenden und/ oder versenden zu lassen, welche eine Absenderangabe nach vorstehender Ziffer 1. aufweisen; 3. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang von Handlungen gemäû vorstehenden Ziffern 1. und 2.; 4. festzustellen, daû die Beklagten verpflichtet sind, als Gesamtschuldner der Klägerin alle Schäden zu ersetzen, die ihr aus den Handlungen gemäû vorstehenden Ziffern 1. und 2. entstanden sind und künftig entstehen werden. Die Beklagten sind dem entgegengetreten. Sie haben die Auffassung vertreten, es liege keine Ausnutzung staatlicher Autorität und auch keine unsachliche Einfluûnahme auf die Empfänger der Briefsendungen vor. Diese seien daran gewöhnt, daû staatliche Stellen sich zur Einsparung von Haushaltsmitteln der Unterstützung privater Unternehmen bedienten und dafür deren Werbung als Randnutzung öffentlicher Einrichtungen zulieûen. Sie unterschieden deshalb ohne weiteres zwischen der staatlichen Information und der gestatteten Werbung Dritter und hielten diese nicht für eine staatliche Empfehlung. Die Beklagte zu 2 hat darüber hinaus geltend gemacht, sie handele nicht in der Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, sondern wolle ausschlieûlich
die weitere Versendung der Elternbriefe sicherstellen, die ohne die finanzielle Unterstützung der Beklagten zu 1 wegen fehlender Haushaltsmittel eingestellt werden müûte.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (OLG Bremen WRP 1999, 945).
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Klageanträge weiter. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat gemeint, das Verhalten der Beklagten verstoûe weder gegen § 1 UWG noch gegen § 3 UWG. Dazu hat es ausgeführt:
Ein Miûbrauch des der öffentlichen Verwaltung im allgemeinen entgegengebrachten Vertrauens durch das Empfehlen der Leistungen der Beklagten zu 1 seitens der Beklagten zu 2 liege nicht vor. Daû den Elternbriefen über Jahre hinweg kommentarlos die Werbebeilage beigefügt werde, erwecke nicht den Eindruck einer Empfehlung, weil für den Empfänger offenkundig sei, daû es in den Elternbriefen der Beklagten zu 2 um die Erörterung und Lösung pädagogischer Probleme gehe, während die Werbebeilage der Beklagten zu 1 das rein kommerzielle Interesse erkennen lasse, Kunden für die Landesbausparkasse anzuwerben. Erst recht liege unter diesen Umständen kein Miûbrauch staatlicher Autorität dahingehend vor, daû die Wahrnehmung des Angebots
eines privaten Leistungsanbieters im Interesse amtlich vertretener Belange erwünscht sei.
Die Randnutzung öffentlicher Einrichtungen für eigene erwerbswirtschaftliche Zwecke durch die Gestattung von Werbung privater Unternehmen zur Erzielung von Einnahmen und Entlastung der öffentlichen Haushalte sei wettbewerbsrechtlich zulässig, wenn dabei - wie im Streitfall - der Bereich öffentlicher und privater Tätigkeit deutlich getrennt und der Eindruck vermieden werde, daû eine erwerbswirtschaftliche Betätigung zugleich der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben diene. Die mittelbare Nutzung des bei der Beklagten zu 2 vorhandenen Datenmaterials und der erhöhten Aufmerksamkeit, die behördlichen Briefsendungen von ihren Empfängern allgemein entgegengebracht werde , sei danach als unbedenklich anzusehen.
Der Umstand, daû die Werbebeilage der Beklagten zu 1 sich in einem Umschlag befinde, der als Absender die Beklagte zu 2 angebe, führe einen verständigen, durchschnittlich aufmerksamen und informierten Empfänger der Sendung nicht zu der Annahme, daû auch die Werbebeilage selbst von der Beklagten zu 2 stamme; denn nach Inhalt und Aufmachung der Beilage sei klar erkennbar, daû es sich um eine Werbung der Beklagten zu 1 handele.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Zwar hat das Berufungsgericht mit Recht eine amtliche Empfehlung verneint (1.). Auch einen Autoritätsmiûbrauch hat es zutreffend abgelehnt (2.). Das Verhalten der Beklagten ist jedoch deswegen als nach § 1 UWG wettbewerbswidrig anzusehen, weil in der mittelbaren Nutzung des amtlichen Datenmaterials für kommerzielle Zwecke eine unzulässige Randnutzung einer öffent-
lichen Einrichtung zu sehen ist (3.). Die Revision führt daher zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Verurteilung der beiden Beklagten gemäû den Klageanträgen.
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, daû kein Miûbrauch des der öffentlichen Verwaltung im allgemeinen entgegengebrachten Vertrauens durch Empfehlung der Leistungen der Beklagten zu 1 seitens der Beklagten zu 2 vorliegt.
Das Empfehlen der Leistungen eines privaten Unternehmens durch eine staatliche Stelle verstöût gegen § 1 UWG, wenn dadurch das der öffentlichen Verwaltung entgegengebrachte Vertrauen in die Objektivität und Neutralität ihrer Amtsführung miûbraucht wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Empfehlung nicht das Ergebnis einer sachlichen und unparteiischen Wertung ist, sondern von geschäftlichen Interessen bestimmt wird und die Gleichbehandlung von Mitbewerbern beeinträchtigt (vgl. BGHZ 19, 299, 304 ff. - Bad Ems; BGH, Urt. v. 30.10.1963 - Ib ZR 72/62, GRUR 1964, 210, 213 = WRP 1964, 85 - Landwirtschaftsausstellung; Urt. v. 4.4.1984 - I ZR 9/82, GRUR 1984, 665, 667 = WRP 1984, 399 - Werbung in Schulen; Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 53/84, GRUR 1987, 119, 121 f. = WRP 1987, 25 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb II; Urt. v. 24.2.1994 - I ZR 59/92, GRUR 1994, 516, 517 = WRP 1994, 506 - Auskunft über Notdienste).
Das beanstandete Verhalten der Beklagten ist unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt jedoch schon deshalb nicht als wettbewerbswidrig anzusehen, weil es nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts nicht den Eindruck einer Empfehlung erweckt. Die Revision rügt ohne Erfolg, es sei
verfahrensfehlerhaft, daû das Berufungsgericht den empfehlenden Charakter der jahrelangen gemeinsamen Versendung von Elternbrief und Elterninfo verneint habe, ohne das von der Klägerin zum Beweis einer abweichenden Verkehrsauffassung beantragte demoskopische Gutachten einzuholen.

a) Anders als die Revision meint, ist das Berufungsgericht nicht davon ausgegangen, daû die von ihm festgestellte Verkehrsauffassung wegen Offenkundigkeit im Sinne von § 291 ZPO nicht beweisbedürftig sei. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es sei für den Empfänger offenkundig, daû es bei den Elternbriefen der Beklagten zu 2 um die Erörterung und Lösung von pädagogischen Problemen gehe, während die Werbebeilage der Beklagten zu 1 lediglich das rein kommerzielle Interesse erkennen lasse, Kunden für die Landesbausparkasse anzuwerben. Demnach hat das Berufungsgericht lediglich angenommen , es sei für den Empfänger der Briefsendung offenkundig im sprachlichen Sinne, inwiefern Elternbriefe und Werbebeilagen sich voneinander unterschieden ; dagegen hat es nicht gemeint, es sei im Sinne des § 291 ZPO offenkundig , wie der Empfänger der Briefsendung diese verstehe.

b) Da andere Feststellungsgrundlagen nicht ersichtlich sind, ist davon auszugehen, daû das Berufungsgericht seine Feststellungen - unausgesprochen - aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung getroffen hat. Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht sei nicht in der Lage gewesen, die Anschauungen der angesprochenen Personenkreise aufgrund eigener Sachkunde wiederzugeben, weil es nur einen Teil der angesprochenen Verkehrskreise repräsentiere.
Die Briefsendungen sind an die Eltern in Bremen lebender Kinder bis zum achten Lebensjahr gerichtet. Daû sie von diesen Eltern anders als von anderen Personen verstanden werden könnten, macht die Revision nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. Die Briefe sind daher nicht anders zu beurteilen als Schreiben, die sich an die Allgemeinheit wenden. Zur Feststellung der Verkehrsauffassung der Allgemeinheit ist der Tatrichter als Teil dieser Allgemeinheit regelmäûig ohne weiteres in der Lage. Dies bedurfte - anders als die Revision meint - keiner näheren Darlegungen im Berufungsurteil.

c) Entgegen der Ansicht der Revision sind an die Feststellung der Verkehrsauffassung kraft eigener Sachkunde und Lebenserfahrung nicht deshalb höhere Anforderungen zu stellen, weil das Berufungsgericht den empfehlenden Charakter des Verhaltens der Beklagten verneint hat. Es gelten grundsätzlich keine unterschiedlichen Anforderungen einerseits für die Bejahung und andererseits für die Verneinung einer bestimmten Verkehrsauffassung.
Der Senat hat allerdings in früheren Entscheidungen, in denen zu prüfen war, ob nach der Verkehrsauffassung eine Irreführungsgefahr bestand, ausgesprochen , daû eine Feststellung aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu dem angesprochenen Verkehrskreis eher in Betracht komme, wenn es um die Bejahung einer Irreführungsgefahr gehe, als dann, wenn diese verneint werden solle (BGH, Urt. v. 20.2.1992 - I ZR 32/90, GRUR 1992, 406, 407 = WRP 1992, 469 - Beschädigte Verpakkung I, m.w.N.). Er hat sich dabei von der Erwägung leiten lassen, daû hinsichtlich der Vorstellungen einer Minderheit, auf die es für die Bejahung einer Irreführungsgefahr ankommt, weil dafür die Feststellung ausreicht, daû ein nicht ganz unerheblicher Teil des Verkehrs irregeführt werden kann, verläûli-
che Feststellungen aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung eher getroffen werden können als hinsichtlich der Anschauungen einer Mehrheit, auf die bei der Verneinung der Irreführungsgefahr abzustellen ist; denn diese Verneinung erfordert die Feststellung, daû ein weit überwiegender Teil des Verkehrs nicht irregeführt werden kann.
Diese Erwägung beruhte ihrerseits auf der Annahme, daû die Verkehrsauffassung - insbesondere wenn der angesprochene Verkehr aus einem weitgespannten und vielschichtigen Personenkreis besteht (vgl. BGH, Urt. v. 13.7.1962 - I ZR 43/61, GRUR 1963, 270, 273 = WRP 1962, 404 - Bärenfang; Urt. v. 7.7.1978 - I ZR 38/77, GRUR 1978, 652, 653 = WRP 1978, 656 - miniPreis ) - uneinheitlich ist, weil sie davon abhängt, wie aufmerksam, informiert und verständig die einzelnen Verbraucher sind. Unter dieser Voraussetzung besagte die Verneinung der Irreführungsgefahr durch den Richter nicht stets, daû auch für eine nicht ganz unerhebliche Minderheit von Verbrauchern keine Irreführungsgefahr bestand.
Der Senat geht in seiner neueren Rechtsprechung jedoch davon aus, daû bei der Ermittlung des Verkehrsverständnisses auf einen situationsadäquat durchschnittlich aufmerksamen, informierten und verständigen Verbraucher abzustellen ist (BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 - Orient-Teppichmuster; Urt. v. 17.2.2000 - I ZR 239/97, GRUR 2000, 820, 821 = WRP 2000, 724 - Space Fidelity PeepShow ; Urt. v. 5.7.2001 - I ZR 104/99, Umdruck S. 10 - Fernflugpreise). Ist aber die Vorstellung eines situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers maûgeblich und kommt es demnach nicht auf die möglicherweise hiervon abweichenden Anschauungen einer Minderheit von Verbrauchern an, so macht
es grundsätzlich keinen Unterschied, ob der Tatrichter seine Sachkunde und Lebenserfahrung zur Bejahung oder zur Verneinung einer Irreführungsgefahr einsetzen möchte (vgl. Bornkamm, WRP 2000, 830, 832 f., 834).

d) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe die Verkehrsauffassung auch deshalb nicht aufgrund eigener Sachkunde ohne Einholung des beantragten demoskopischen Gutachtens feststellen dürfen, weil - was das Berufungsgericht auûer acht gelassen habe - verschiedene gewichtige Indizien dafür sprächen, daû die beteiligten Verkehrskreise in der Beifügung der Werbebeilage der Beklagten zu 1 eine Empfehlung durch die Beklagte zu 2 sähen.
Die Beurteilung, ob die Feststellung der Verkehrsauffassung kraft eigener richterlicher Sachkunde möglich ist oder eine Beweisaufnahme erfordert, ist tatrichterlicher Natur. Sie ist daher in der Revisionsinstanz nur darauf zu überprüfen, ob die Vorinstanz den Tatsachenstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft und ihre Beurteilung frei von Widersprüchen mit Denkgesetzen und Erfahrungssätzen vorgenommen hat (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.1990 - I ZR 164/88, GRUR 1990, 1053, 1054 = WRP 1991, 100 - Versäumte Meinungsumfrage). Eine Beweiserhebung kann danach insbesondere dann geboten sein, wenn Umstände vorliegen, die eine bestimmte Auffassung als bedenklich erscheinen lassen (BGH, Urt. v. 10.2.1982 - I ZR 65/80, GRUR 1982, 491, 492 = WRP 1982, 409 - Möbel-Haus, m.w.N.). Ein entsprechender Rechtsfehler ist im Berufungsurteil jedoch nicht zu erkennen.
Das Berufungsgericht hat die nach der Ansicht der Revision auûer acht gelassenen Gesichtspunkte durchaus berücksichtigt. Es hat in seine Erwägungen einbezogen, daû die Beklagte zu 2 über viele Jahre hinweg regelmäûig ausschlieûlich Werbematerial der Beklagten zu 1 ohne Hinweis auf die ihr dafür geleistete finanzielle Unterstützung beigefügt hat, und hat sich ferner hinreichend damit auseinandergesetzt, daû zwischen den Elterninfos der Beklagten zu 1 und den Elternbriefen der Beklagten zu 2 in Titel, Stil, Aufmachung, Gestaltung und Inhalt gewisse Übereinstimmungen oder jedenfalls Ähnlichkeiten bestanden.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die beteiligten Verkehrskreise sähen unter Berücksichtigung dieser Umstände in der Beifügung der Werbebeilage der Beklagten zu 1 gleichwohl keine Empfehlung durch die Beklagte zu 2, widerspricht auch nicht der Lebenserfahrung. Soweit das Berufungsgericht gemeint hat, die über Jahre hinweg erfolgende kommentarlose Beifügung der Werbebeilage erwecke nicht den Eindruck einer Empfehlung, weil für den Empfänger offenkundig sei, daû es bei den Elternbriefen der Beklagten zu 2 um die Erörterung und Lösung von pädagogischen Problemen gehe, während die Werbebeilage der Beklagten zu 1 allein das rein kommerzielle Interesse der Kundenwerbung erkennen lasse, ist dies ebensowenig erfahrungswidrig wie seine Annahme, die Beklagte zu 1 habe durch die Bezeichnung "Elterninfo" und die Anrede "Liebe Eltern" keine inhaltliche Beziehung zu den durch die Elternbriefe vermittelten pädagogischen Anliegen hergestellt, sondern lediglich eine persönlich gehaltene Ansprache gewählt, die den Blick auf den kommerziellen Charakter der Werbebeilage nicht verstellt habe (vgl. OLG Köln GRUR 1995, 433, 434 zu einer Fallgestaltung, bei der eine Werbebeilage nicht nur beigefügt, sondern auf sie ausdrücklich Bezug genommen wurde). Angesichts
der rechtsfehlerfrei festgestellten deutlichen Unterschiede zwischen den Elternbriefen und der Werbebeilage brauchte das Berufungsgericht demnach auch mit Blick auf die von der Revision hervorgehobenen Umstände keine Zweifel daran zu hegen, daû die Empfänger der Briefsendung nicht annahmen, die Beklagte zu 2 empfehle die in der Werbebeilage genannten Leistungen der Beklagten zu 1.
2. Das Berufungsgericht hat auch ohne Rechtsverstoû einen Autoritätsmiûbrauch im Sinne der bisher ergangenen Rechtsprechung verneint.
Allerdings ist nach den vom Berufungsgericht in anderem Zusammenhang rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen davon auszugehen, daû behördlichen Briefsendungen von ihren Empfängern im allgemeinen eine erhöhte Aufmerksamkeit entgegengebracht wird. Da sich die Werbebeilage der Beklagten zu 1 in einem Briefumschlag befindet, dessen Freistempleraufdruck das Amt für Soziale Dienste der Beklagten zu 2 als Absender ausweist, wird ihr demnach besondere Aufmerksamkeit zuteil.
Entgegen der Ansicht der Revision ist jedoch allein in dem bloûen Erwecken von Aufmerksamkeit kein Miûbrauch amtlicher Autorität zu sehen. Ein solcher Miûbrauch kann zwar anzunehmen sein, wenn eine psychische Zwangslage herbeigeführt oder sonst ein sachwidriger Druck ausgeübt wird, um auf eine bestimmte Entscheidung hinzuwirken (vgl. BGH, Urt. v. 22.9.1972 - I ZR 73/71, GRUR 1973, 530, 531 - Crailsheimer Stadtblatt; Urt. v. 3.11.1978 - I ZR 90/77, GRUR 1979, 157, 158 = WRP 1979, 117 - Kindergarten-Malwettbewerb ; Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 467). Davon kann aber - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - unter den im Streitfall gegebe-
nen Umständen, nach denen das gemeinsame Versenden von Elternbrief und Elterninfo von den Empfängern der Briefsendungen noch nicht einmal als Empfehlung aufgefaût wird, nicht ausgegangen werden.
3. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch in der mittelbaren Nutzung des bei der Beklagten zu 2 vorhandenen Datenmaterials und in der erhöhten Aufmerksamkeit, die behördlichen Briefsendungen von ihren Empfängern allgemein entgegengebracht wird, eine unbedenkliche Randnutzung einer öffentlichen Einrichtung gesehen. Die Ausnutzung der amtlich erlangten Informationen über Namen und Adressen aller Eltern von Kindern unter acht Jahren in Bremen unter gleichzeitiger Ausnutzung staatlicher Autorität durch die gemeinsame Versendung von Elternbrief und Elterninfo in Briefumschlägen, die mit der Absenderangabe des Amtes für Soziale Dienste versehen sind, ist wettbewerbswidrig.
Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, daû die Randnutzung öffentlicher Einrichtungen für eigene erwerbswirtschaftliche Zwecke wettbewerbsrechtlich grundsätzlich zulässig ist, wenn die öffentliche Tätigkeit deutlich von der privaten getrennt und der Eindruck vermieden wird, die erwerbswirtschaftliche Betätigung sei noch Teil der hoheitlichen Aufgabenerfüllung (vgl. GroûKomm.UWG/Köhler, § 1 Rdn. E 43; Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 472 m.w.N.). Unter diesen Voraussetzungen ist es als zulässig angesehen worden, daû die öffentliche Hand Werbung privater Unternehmen zuläût (H. Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand und unlauterer Wettbewerb, 2. Aufl. 1987, S. 187 f. und 224, m.w.N.) und beispielsweise amtliche Veröffentlichungen durch die entgeltliche Aufnahme privater Werbeanzeigen wirtschaftlich ausnutzt, um die so erzielten Mittel für die Erfüllung öffentli-
cher Aufgaben zu verwenden (BGH, Urt. v. 4.12.1970 - I ZR 96/69, GRUR 1971, 168, 170 = WRP 1971, 219 - Ärztekammer; BGH GRUR 1973, 530, 531 - Crailsheimer Stadtblatt). In gleicher Weise ist auch die Randnutzung amtlich erlangter Informationen oder Beziehungen im Wettbewerb regelmäûig nicht bereits deshalb unlauter, weil die Verwaltung damit von Möglichkeiten Gebrauch macht, über die sie nur aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Sonderstellung verfügt.
Die Unlauterkeit einer Nutzung solcher Mittel kann sich jedoch aus dem Verwendungszweck ergeben. So ist es als unlauter anzusehen, wenn die öffentliche Hand amtlich erlangte Informationen oder Beziehungen dazu ausnutzt , sich oder Dritten einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung vor Mitbewerbern zu verschaffen, denen diese Informationen und Beziehungen nicht ohne weiteres in gleicher Weise zugänglich sind (vgl. BGH, Urt. v. 26.4.1974 - I ZR 8/73, GRUR 1974, 733, 735 = WRP 1974, 397 - Schilderverkauf; Urt. v. 19.6.1986 - I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, 118 = WRP 1987, 22 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I; Urt. v. 11.5.1989 - I ZR 91/87, GRUR 1989, 603, 604 = WRP 1989, 587 - Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb III; OLG Hamm NJW-RR 1992, 1071 f.; OLG Köln WRP 1991, 259, 262 f.; H. Schricker aaO S. 204 f., m.w.N.; GroûKomm.UWG/Köhler § 1 Rdn. E 40; Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 470). Das Verhalten der Beklagten ist unter diesem Gesichtspunkt allerdings nicht zu beanstanden. Weder hat die Klägerin geltend gemacht noch ist sonst ersichtlich, daû sich die Beklagte zu 2 geweigert hätte, interessierten Mitbewerbern in gleicher Weise wie der Beklagten zu 1 die Nutzung der Daten zu ermöglichen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte zu 2 der Klägerin vielmehr angeboten, sich mit ihr
"zwecks Vereinbarung einer eventuellen wirtschaftlichen Zusammenarbeit in Form eines Werbeengagements in Verbindung zu setzen", weil ihr "nicht an der einseitigen Bevorzugung eines Kreditinstitutes bzw. einer Bausparkasse gelegen sei".
Als unlauter ist es aber auch zu erachten, wenn amtlich erlangte Informationen dazu verwendet werden, um unter Ausnutzung amtlicher Autorität eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern. So liegt es im Streitfall. Dadurch , daû das Elterninfo der Beklagten zu 1 zusammen mit dem Elternbrief der Beklagten zu 2 in einem das Amt für Soziale Dienste als Absender ausweisenden Briefumschlag versandt wird, wird der Werbebeilage nach der allgemeinen Lebenserfahrung die durch die amtliche Briefsendung geweckte Erwartung besonderer Seriosität zuteil. Die Empfänger der Briefsendung werden erfahrungsgemäû annehmen, daû eine staatliche Behörde ihren amtlichen Briefen jedenfalls keine Werbung für unseriöse Produkte beifügt. Diese durch die gemeinsame Versendung beider Schreiben bewirkte Anlehnung an die staatliche Autorität mag für sich genommen nicht ohne weiteres zu beanstanden sein. Sie gewinnt im Streitfall aber deshalb den Charakter einer wettbewerbswidrigen Ausnutzung amtlicher Autorität, weil die von den Beklagten mit den Schreiben jeweils verfolgten Interessen - mögen diese auch, wie das Berufungsgericht angenommen hat, klar voneinander unterscheidbar bleiben - dieselbe Zielrichtung haben. Dadurch, daû die Elterninfos der Beklagten zu 1 sich jedenfalls insofern inhaltlich an die Elternbriefe der Beklagten zu 2 anhängen , als sie ebenso wie diese an die Verantwortung der angeschriebenen Eltern für die Zukunft ihrer Kinder appellieren, nutzen sie unter Verwendung amtlichen Datenmaterials die Autorität der Beklagten zu 2 in unzulässiger Weise für die Absatzwerbung der Beklagten zu 1 aus. In dieser Verknüpfung staatli-
cher Autorität mit einer mittelbaren Nutzung der amtlich erlangten Informationen für kommerzielle Zwecke ist hier eine unlautere Randnutzung einer öffentlichen Einrichtung zu sehen.
4. Für diesen Wettbewerbsverstoû sind beide Beklagte in gleicher Weise verantwortlich. Die Beklagte zu 2 bedient sich der amtlich erlangten Anschriften , um das Elterninfo zusammen mit dem Elternbrief in einem mit der Absenderangabe des Amtes für Soziale Dienste versehenen Briefumschlag an alle Eltern von Kindern unter acht Jahren in Bremen zu versenden. Die Beklagte zu 1 wirkt hierauf durch den Abschluû der Vereinbarung hin, nach der sie für das Beifügen der Werbebeilage die Portokosten der Beklagen zu 2 übernimmt. Sie macht sich das zu beanstandende Verhalten darüber hinaus für eigene Wettbewerbszwecke zunutze. Für den schuldhaft begangenen Wettbewerbsverstoû haften beide Beklagte der Klägerin daher als Mittäter auf Unterlassung , Auskunftserteilung und Schadensersatz.
5. Die Beklagte zu 2 wendet ohne Erfolg ein, sie handele nicht in der Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, sondern wolle ausschlieûlich die weitere Versendung der Elternbriefe sicherstellen, die ohne die finanzielle Unterstützung der Beklagten zu 1 wegen fehlender Haushaltsmittel eingestellt werden müûte.
Allerdings besteht bei Kommunalgemeinden, soweit sie - wie im Streitfall - auûerhalb des erwerbswirtschaftlichen Tätigkeitsbereichs handeln, anders als bei Gewerbetreibenden und Wirtschaftsverbänden, keine auf entsprechender Lebenserfahrung beruhende tatsächliche Vermutung, daû eine objektiv den Wettbewerb eines anderen fördernde Handlung auch in Wettbewerbsabsicht
erfolgt sei. Handlungen von Gemeindeverwaltungen auûerhalb des erwerbswirtschaftlichen Tätigkeitsbereichs verfolgen im allgemeinen nicht das Ziel, fremden Wettbewerb zu fördern, sondern dienen regelmäûig der Wahrnehmung der diesen im öffentlichen Interesse übertragenen Aufgaben. Das schlieût jedoch das Bestehen einer Wettbewerbsabsicht im Einzelfall nicht aus. Diese kann insbesondere dann gegeben sein, wenn eine Gemeinde an dem wirtschaftlichen Erfolg eines Gewerbetreibenden, dessen Wettbewerb zu fördern ihr Handeln geeignet ist, ein Interesse hat, weil sie davon aufgrund vertraglicher oder sonstiger Beziehungen profitiert (BGH, Urt. v. 21.9.1989 - I ZR 27/88, GRUR 1990, 463, 464 = WRP 1990, 254 - Firmenrufnummer, m.w.N.). So liegt es im Streitfall.
Die Beklagte zu 1 übernimmt für das Beifügen der Werbebeilage die Portokosten der Beklagten zu 2. Die Förderung des Wettbewerbs der Beklagten zu 1 liegt damit zugleich im eigenen wirtschaftlichen Interesse der Beklagten zu 2. Der Annahme eines Handelns mit Wettbewerbsförderungsabsicht steht nicht entgegen, daû die Beklagte zu 2 die damit erzielten finanziellen Mittel für die Versendung der Elternbriefe und damit zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe verwendet. Es genügt, wenn die Verfolgung des Wettbewerbszweckes nur das Mittel für die Erreichung des darüber hinaus verfolgten Endzweckes ist, sofern - wie im Streitfall - die Wettbewerbsabsicht nicht völlig hinter dem anderen Beweggrund zurücktritt (vgl. BGH, Urt. v. 22.2.1990 - I ZR 78/88, GRUR 1990, 611, 613 = WRP 1990, 626 - Werbung im Programm, insoweit nicht in BGHZ 110, 278 abgedruckt; GRUR 1964, 210, 212 - Landwirtschaftsausstellung ; Urt. v. 7.3.1969 - I ZR 116/67, GRUR 1969, 418, 419 f. - Standesbeamte).
6. Die Revisionserwiderung der Beklagten zu 2 macht ohne Erfolg geltend , einer Verfolgung der behaupteten wettbewerbsrechtlichen Ansprüche stehe jedenfalls der Einwand der Verwirkung entgegen; denn die Klägerin sei, nachdem die Beklagte zu 1 ihre Ansprüche bereits mit Schreiben vom 18. Januar 1995 zurückgewiesen habe, erst mit Schreiben vom 9. Dezember 1997 an die Beklagten mit der Aufforderung herangetreten, entsprechende Unterlassungs - und Verpflichtungserklärungen abzugeben, und habe so durch ihr fast drei Jahre währendes Zuwarten in zurechenbarer Weise einen Duldungsanschein erweckt. Ansprüche, deren Durchsetzung auch im Allgemeininteresse liegt, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich unverwirkbar (BGH, Urt. v. 14.3.1985 - I ZR 66/83, GRUR 1985, 930, 931 - JUSSteuerberatungsgesellschaft , m.w.N.). Im Streitfall kommt eine Verwirkung demnach schon deshalb nicht in Betracht, weil die Durchsetzung der Ansprüche dem Schutz der Allgemeinheit vor einer Ausnutzung amtlich erlangter Informationen und amtlicher Autorität dient.
III. Der Klage war danach den Klageanträgen entsprechend stattzugeben. Die Klageanträge zu den Ziffern 1 und 2 gehen entgegen dem Vorbringen der Beklagten zu 2 in der mündlichen Revisionsverhandlung nicht zu weit. Aus der Klagebegründung, die zur Auslegung der Klageanträge und des Urteilsausspruchs heranzuziehen ist, ergibt sich zweifelsfrei, daû den Beklagten lediglich untersagt sein soll, zusammen mit den "Elternbriefen" der Beklagten zu 2 Werbematerial, insbesondere "Elterninfos" der Beklagten zu 1 in Briefumschlägen zu versenden, die mit der Absenderangabe des Amtes für Soziale Dienste versehen sind. Zur Klarstellung war der Urteilsausspruch entsprechend zu fassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Bornkamm Schaffert

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)