Bundesgerichtshof Urteil, 11. Sept. 2013 - IV ZR 303/12

bei uns veröffentlicht am11.09.2013
vorgehend
Landgericht Hamburg, 312 O 711/10, 10.01.2012
Hanseatisches Oberlandesgericht, 9 U 26/12, 11.09.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 303/12 Verkündet am:
11. September 2013
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 307 Bk; AVBRatenschutz-Arbeitsunfähigkeitsversicherung § 5 Nr. 4 Satz 1c
Eine Klausel in den Allgemeinen Bedingungen einer RatenschutzArbeitsunfähigkeitsversicherung
, die bestimmt, dass der Anspruch auf Arbeitsunfähigkeitsleistung
erlischt, wenn die versicherte Person unbefristet berufs- oder erwerbsunfähig
wird, verstößt weder gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1
Satz 2 BGB noch stellt sie eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers
BGH, Urteil vom 11. September 2013 - IV ZR 303/12 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die
mündliche Verhandlung vom 11. September 2013

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts - 9. Zivilsenat - vom 11. September 2012 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist ein in der Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG geführter gemeinnütziger Verbraucherschutzverein. Die Beklagte ist ein niederländisches Versicherungsunternehmen, das in Deutschland unter anderem Ratenschutz-Arbeitsunfähigkeitsversicherungen vertreibt. Diese Versicherungsverträge werden als Gruppenversicherungen zwischen der Beklagten sowie einer Bank geschlossen und sichern die von der Bank an Verbraucher gewährten Darlehen ab. Der Verbraucher erklärt im Zuge des Abschlusses des Darlehensvertrags den Beitritt zum Versicherungsvertrag.
2
§ 1 der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Ratenschutz-Arbeitsunfähigkeitsversicherung (im Folgenden: AVB) bestimmt unter "Gegenstand des Versicherungsschutzes" unter anderem: "1. Die Ratenschutz-Arbeitsunfähigkeitsversicherung dient der Absicherung von Zahlungsverpflichtungen des Darlehensnehmers (versicherte Person) gegenüber dem Darlehensgeber (Versicherungsnehmer) für den Fall der Arbeitsunfähigkeit. 2. Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Gesundheitsstörungen, die ärztlich nachzuweisen sind, vorübergehend außerstande ist, ihre bisherige oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht."
3
§ 5 Nr. 4 sieht zum "Umfang des Versicherungsschutzes und Karenzzeit" vor:
4
"Der Anspruch auf Arbeitsunfähigkeitsleistung erlischt, wenn …
c) die versicherte Person unbefristet berufs- oder erwerbsunfähig wird."
5
Der Kläger hält § 5 Nr. 4 Satz 1c AVB wegen Intransparenz und unangemessener Benachteiligung gemäß § 307 BGB für unwirksam. Er nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, es zu unterlassen, diese oder inhaltsgleiche Klauseln in Versicherungsverträgen mit der Bezeichnung "Ratenschutz-Arbeitsunfähigkeitsversicherung", bei denen Verbraucher als versicherte Personen in den Versicherungsschutz einbezogen werden , einzubeziehen, sowie sich bei der Abwicklung nach dem 1. April 1977 geschlossener Verträge gegenüber Verbrauchern auf die Klausel zu berufen. Ferner verlangt er Ersatz von 200 € Abmahnkosten nebst Zinsen.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit seiner Revision verfolgt er seine im Berufungsverfahren gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
8
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Kläger hinsichtlich des von ihm geltend gemachten Anspruchs aktivlegitimiert. Zwar sei die streitbefangene Klausel Teil der Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Bank als Unternehmerin. Ihre Wirkung entfalte sie aber in erster Linie gegenüber dem Verbraucher als Darlehensnehmer. Die Regelung in § 5 Nr. 4 AVB sei indessen wirksam. Sie sei nicht überraschend i.S. von § 305c BGB, da der Versicherungsnehmer damit rechnen müsse, dass in den Versicherungsbedingungen die Reichweite des Versicherungsschutzes definiert werde. Die Klausel sei ferner hinreichend transparent. Für das Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers komme es nicht darauf an, wie der Begriff der Arbeitsunfähigkeit arbeitsrechtlich definiert werde. Vielmehr entspreche die in den AVB enthaltene Definition mit dem Merkmal "vorübergehend" der Erwartung , die ein unbefangener Versicherungsnehmer mit dem Begriff der Arbeitsunfähigkeit verbinde. Eine unzutreffende Wiedergabe des Gesetzestextes treffe die verwendete Klausel nicht. Vielmehr ergebe sich aus dem Umkehrschluss zu § 1 Nr. 2 AVB, dass das nicht nur vorübergehende Außerstandesein, eine Tätigkeit auszuüben, nicht unter den Begriff der Arbeitsunfähigkeit falle und damit nicht von der Versicherung gedeckt sei. Für den Fall der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit existierten spezielle Versicherungen. Die Verweisungsmöglichkeit auf andere der bisherigen Lebensstellung entsprechenden Tätigkeiten in § 1 Nr. 2 AVB führe zwar möglicherweise dazu, dass es fraglich werden könne, ob in einem Krankheitsfall, der dazu führe, dass die bisherige Tätigkeit nicht wahrgenommen werden könne, bereits bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit vorliege. Diese Frage sei aber nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Jedenfalls ergebe sich mit der Gegenüberstellung der Begriffe "vorübergehend" - "unbefristet" unmissverständlich, dass bei einem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit der Leistungsanspruch entfalle.
9
Eine Verletzung des Äquivalenzprinzips liege ebenfalls nicht vor. Diese ergebe sich insbesondere nicht aus der Verpflichtung zur Zahlung einer Einmalprämie bei Vertragsschluss. Diese anfängliche Leistung stehe einer in Aussicht gestellten Versicherungsleistung entgegen, für die der Zeitpunkt der Verwirklichung des Versicherungsrisikos keine Rolle spiele. § 80 Abs. 2 VVG finde lediglich auf Schadensversicherungen Anwendung , nicht hingegen auf die hier vereinbarte Summen- bzw. Personenversicherung. Bei dieser berühre der Wegfall des versicherten Interesses die Verpflichtung zur Prämienzahlung nicht. Der Gesetzgeber vermute für diese Versicherungen eine Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung auch bei Wegfall des versicherten Interesses.

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II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass § 5 Nr. 4 Satz 1c AVB wirksam ist.
11
1. Die Klausel verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
12
a) Hiernach ist der Verwender allgemeiner Versicherungsbedingungen gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass die Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (Senatsurteil vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10, BGHZ 194, 208 Rn. 45). Bei einer den Versicherungsschutz einschränkenden Ausschlussklausel muss der Versicherungsnehmer den danach noch bestehenden Umfang der Versicherung erkennen können (Senatsurteil vom 23. Juni 2004 - IV ZR 130/03, BGHZ 159, 360, 369 f.).
13
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Damit kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (Senatsurteile vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85; vom 25. Juli 2012 aaO und ständig). Liegt - wie hier - eine Versicherung für fremde Rechnung vor, so kommt es daneben auch auf die Verständnismöglichkeiten durchschnittlicher Versicherter und ihre Interessen an (Senatsurteile vom 12. Januar 2011 - IV ZR 118/10, VersR 2011, 611 Rn. 11; vom 8. Mai 2012 - IV ZR 233/11, VersR 2013, 853 Rn. 40; Prölss/Klimke in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 45 Rn. 2).
14
b) Nach diesem Maßstab kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer /Versicherte Gegenstand und Reichweite der Ausschlussklausel in § 5 Nr. 4 Satz 1c AVB hinreichend klar erkennen.
15
aa) Er wird zunächst den Wortlaut von § 5 Nr. 4 AVB in den Blick nehmen und ihm entnehmen, dass diese Vorschrift im Einzelnen entsprechend ihrer Überschrift den Umfang des Versicherungsschutzes regelt. Ihm wird sodann verdeutlicht, dass der Anspruch auf Arbeitsunfähigkeitsversicherung , der Gegenstand des Versicherungsvertrages ist, erlischt, wenn die versicherte Person unbefristet berufs- oder erwerbsunfähig wird. Die erforderliche Abgrenzung der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit zur versicherten Arbeitsunfähigkeit kann ohne Weiteres den Bestimmungen in § 1 Nr. 1 und Nr. 2 AVB entnommen werden. Aus § 1 Nr. 1 AVB ergibt sich, dass Gegenstand der Versicherung die Absicherung von Zahlungsverpflichtungen des Darlehensnehmers als versicherte Person gegenüber dem Darlehensgeber als Versicherungsnehmer für den Fall der Arbeitsunfähigkeit ist. Die Arbeitsunfähigkeit wird sodann in § 1 Nr. 2 AVB dahingehend definiert, dass die versicherte Person infolge von Gesundheitsstörungen vorübergehend außerstande sein muss, ihre bisherige oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

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Der Versicherungsnehmer/Versicherte kann daher, wenn er § 1 Nr. 2 und § 5 Nr. 4 Satz 1c AVB gegenüberstellt, erkennen, dass Versicherungsschutz lediglich für den Fall vorübergehender Unfähigkeit zur Ausübung der bisherigen oder einer vergleichbaren Tätigkeit des Versicherten besteht, während der Versicherungsschutz für den Fall unbefristeter Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit erlischt. Durch die ausdrückliche Gegenüberstellung des Begriffspaares "vorübergehend" bei der versicherten Arbeitsunfähigkeit sowie "unbefristet" bei der nicht mehr versicherten Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit wird für den Versicherungsnehmer /Versicherten der Umfang des Versicherungsschutzes hinreichend deutlich. Ihm wird unmissverständlich vor Augen geführt, dass allein für den Fall der Arbeitsunfähigkeit, nicht aber bei Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit Versicherungsschutz besteht (so auch OLG Dresden VersR 2010, 760, 761, LG Dortmund NJW-RR 2010, 103, 104; LG Augsburg , Urteil vom 26. Januar 2011 - 2 O 4040/09, juris Rn. 25). Auch für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer/Versicherten ist es ohne weiteres einsichtig, dass Arbeitsunfähigkeit einerseits sowie Berufs- und Erwerbsunfähigkeit andererseits sich gegenseitig ausschließen und unterschiedliche Risikoarten abdecken, für die jeweils verschiedene Versicherungen zur Verfügung stehen. Demgegenüber wird er schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch des Begriffes der Arbeitsunfähigkeit nicht erwarten, dass vom Versicherungsschutz auch dauerhafte Einschränkungen der Fähigkeit zur Berufsausübung der versicherten Person erfasst sind. Einer weitergehenden Definition der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bedurfte es nicht.
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bb) Entgegen der Auffassung der Revision ist § 5 Nr. 4 Satz 1c AVB auch nicht etwa deshalb intransparent, weil sich der Vorschrift nicht mit der gebotenen Deutlichkeit entnehmen lasse, ob die versicherte Person Versicherungsschutz für den Fall verlangen könne, dass sie krankheitsbedingt ihre bisherige Tätigkeit endgültig, eine vergleichbare i.S. von § 1 Nr. 2 der Bedingungen aber nur vorübergehend bis zur Genesung nicht mehr ausüben könne. Maßgeblich für die Abgrenzung der versicherten Arbeitsunfähigkeit in § 1 Nr. 2 AVB sowie der nicht versicherten Berufs- und Erwerbsunfähigkeit in § 5 Nr. 4 Satz 1c AVB ist, ob der Versicherungsnehmer/Versicherte nur vorübergehend oder dauerhaft nicht in der Lage ist, seine bisherige oder eine vergleichbare Tätigkeit auszuüben.
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Voraussetzung für einen Anspruch auf Arbeitsunfähigkeitsversicherung gemäß § 1 Nr. 2 AVB ist das vorübergehende Außerstandesein der versicherten Person, infolge ärztlich nachzuweisender Gesundheitsstörungen ihre bisherige oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Arbeitsunfähigkeit liegt daher nicht schon dann vor, wenn zwar die bisherige Tätigkeit vorübergehend nicht ausgeübt werden kann, dafür aber eine vergleichbare Tätigkeit. Mit dem Hinweis auf eine vergleichbare Tätigkeit soll auch für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer/Versicherten erkennbar der Bereich der Tätigkeiten , die er noch ausüben kann, mit der Folge nicht bestehenden Versicherungsschutzes erweitert werden. Nur wenn auf dieser Grundlage ein Anspruch auf Arbeitsunfähigkeitsversicherung entstanden ist, also sowohl die bisherige als auch eine vergleichbare Tätigkeit vorübergehend nicht ausgeübt werden können, ist zu prüfen, ob der Anspruch auf Versicherungsleistung gemäß § 5 Nr. 4 Satz 1c AVB erloschen ist. Da Anspruchsvoraussetzung mithin eine vorübergehende Unfähigkeit zur Ausübung der bisherigen oder einer vergleichbaren Tätigkeit ist, kommt von vornherein kein Versicherungsschutz in Betracht, wenn die versicherte Person ihre bisherige Tätigkeit auf Dauer nicht mehr ausüben kann, mag ihr auch die Ausübung einer vergleichbaren Tätigkeit lediglich vorübergehend nicht möglich sein.
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2. § 5 Nr. 4 Satz 1c AVB verstößt ferner nicht gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die von der Revision geltend gemachte Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil es eine gesetzliche Regelung der Ratenschutzversicherung im Versicherungsvertragsgesetz nicht gibt. Aber auch eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nicht vor. Eine unangemessene Benachteiligung ist gegeben , wenn der Versicherer durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10, BGHZ 194, 208 Rn. 31 m.w.N.). Das ist bei der Regelung in einer Ratenschutz -Arbeitsunfähigkeitsversicherung, die ein Erlöschen des Versicherungsschutzes bei Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vorsieht, nicht der Fall (so auch für den vergleichbaren Fall der Restschuldversicherung OLG Frankfurt NJW-RR 2011, 972, 973 f.; OLG Dresden VersR 2010, 760, 761; LG Dortmund NJW-RR 2010, 103, 105; LG Augsburg, Urteil vom 26. Januar 2011 - 2 O 4040/09, juris Rn. 26; Jacob, jurisPR-VersR 3/2010 Anm. 5; anders OLG Oldenburg VersR 1996, 1400, 1401; LG Köln VersR 2011, 1168, 1170; Urteil vom 4. November 2009 - 23 O 281/08, juris Rn. 23-26).
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a) Ohne Erfolg macht die Revision hierzu geltend, das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung sei nachhaltig gestört, weil die Leistungspflicht des Versicherers bei Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit wegen Wegfalls der Versicherungsfähigkeit zwar ende, das Vertragsverhältnis im Übrigen, insbesondere der Rechtsgrund für die vorab gezahlte Einmalprämie, aber bestehen bleibe. Dieses Erlöschen des Versicherungsschutzes vor Ablauf des Versicherungsvertrages bei der gleichzeitigen Befugnis des Versicherers, die vorab geleistete Prämie insgesamt behalten zu dürfen, benachteilige den Verbraucher unangemessen.
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aa) Hierbei wird jedoch übersehen, dass die gemäß § 9 AVB vom Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss zu zahlende Einmalprämie von vornherein bei der Kalkulation das zu versichernde Risiko für die gesamte Laufzeit der Ratenschutzversicherung umfasst, die in der Regel identisch mit der Laufzeit des Darlehensvertrages ist. Insoweit spielt es keine Rolle, ob später überhaupt und zu welchem Zeitpunkt der Versicherungsfall eintritt und wann gegebenenfalls die Leistungspflicht des Versicherers wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit der versicherten Person erlischt. Es handelt sich jeweils um Umstände, die der Versicherer bei Vertragsschluss prognostisch in die Prämienkalkulation einzustellen hat. Weder der Nichteintritt des Versicherungsfalles noch das spätere Erlöschen der Leistungspflicht des Versicherers wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit führen zu einem gänzlichen oder teilweisen Erlöschen des Anspruchs des Versicherers auf die Prämie. Ebenso wenig ist der Versicherer seinerseits berechtigt, eine zusätzliche Prämie zu verlangen, weil er etwa für die gesamte Dauer des Versicherungsvertrages Leistungen wegen Arbeitsunfähigkeit zu erbringen hatte.
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bb) Das Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitsunfähigkeitsleistung wegen Eintritts unbefristeter Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit der versi- cherten Person hat ferner nicht zur Folge, dass der Versicherungsvertrag insgesamt vor Ablauf seiner vereinbarten Laufzeit beendet wird. Vielmehr erlischt lediglich für den Zeitraum der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit der Anspruch auf Versicherungsschutz. Fällt die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit später weg, weil sich die ursprünglich gestellte Prognose als unzutreffend erwiesen hat, so kann für den Versicherten erneut Versicherungsschutz für den Fall der Arbeitsunfähigkeit in Betracht kommen.
23
b) Gesetzgeberischen Wertungen lässt sich ebenfalls nicht entnehmen , dass der Versicherer nur Anspruch auf zeitanteilige Versicherungsleistungen hat, wenn er teilweise nicht mehr leistungsverpflichtet ist. So bestimmt etwa § 39 Abs. 1 Satz 1 VVG, dass dem Versicherer im Falle der Beendigung des Versicherungsverhältnisses vor Ablauf der Versicherungsperiode für diese nur derjenige Teil der Prämie zusteht, der dem Zeitraum entspricht, in dem Versicherungsschutz bestanden hat. Die Regelung setzt mithin eine Vertragsbeendigung voraus, greift also nicht ein, wenn der Versicherer etwa die rückständige Prämie nach § 38 Abs. 2 VVG qualifiziert gemahnt hat und deshalb leistungsfrei wurde, aber gleichwohl nicht gekündigt hat (vgl. Knappmann in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 39 Rn. 2; MünchKomm-VVG/Staudinger, § 39 Rn. 10). Das Gesetz selbst sieht mithin durchaus Fälle vor, in denen die Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur vollständigen Leistung der Prämie auch dann bestehen bleibt, wenn der Versicherer nicht oder nicht mehr vollständig eintrittspflichtig ist.
24
Dies wird bestätigt durch § 80 Abs. 2 VVG. Fällt das versicherte Interesse nach dem Beginn der Versicherung weg, steht dem Versicherer die Prämie zu, die er hätte beanspruchen können, wenn die Versiche- rung nur bis zu dem Zeitpunkt beantragt worden wäre, zu dem der Versicherer vom Wegfall des Interesses Kenntnis erlangt hat. Diese Vorschrift gilt, wie sich aus ihrer Regelung im Kapitel zur Schadensversicherung ergibt, nur für diese, nicht dagegen für die Personen- oder Summenversicherung (Senatsurteil vom 30. Mai 1990 - IV ZR 22/89, VersR 1990, 884 unter 4c; MünchKomm-VVG/Halbach, § 80 Rn. 3; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 80 Rn. 4; Langheid in Römer/Langheid, VVG 3. Aufl. § 80 Rn. 2; HK-VVG/Brambach, 2. Aufl. § 80 Rn. 1). Eine analoge Anwendung für die Personenversicherung kommt allenfalls in den Fällen in Betracht, in denen Versicherungsschutz nach den Grundsätzen der Schadensversicherung gewährt wird (vgl. § 194 Abs. 1 Satz 1 VVG für die Krankenversicherung). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor.
25
c) Soweit die Revisionsbegründung darauf verweist, der Gedanke des § 80 VVG finde sich auch in der Krankentagegeldversicherung, etwa in § 15 Abs. 1d MB/KT 2009, wonach das Versicherungsverhältnis hinsichtlich der betroffenen versicherten Person mit deren Tod endet, übersieht sie, dass die unbefristete Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit hier gemäß § 5 Nr. 4 Satz 1c AVB nicht zur Beendigung des Vertrages, sondern nur zum Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitsunfähigkeitsversicherung führt. Fällt die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit später weg, kann dies bei erneut eintretender vorübergehender Arbeitsunfähigkeit des Versicherten zum Wiederaufleben der Leistungspflicht des Versicherers führen.
26
Ferner sieht § 11 Satz 2 MB/KT 2009 ausdrücklich vor, dass bei nachträglichem Wegfall der Versicherungsfähigkeit beide Vertragsteile verpflichtet sind, die für die Zeit nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses empfangenen Leistungen einander zurück zu gewähren.
Eine derartige Regelung enthält § 9 der hier vereinbarten AVB für die Einmalprämie nicht.
27
Abgesehen davon, dass diese Regelung bereits nicht Gegenstand des von dem Kläger verfolgten Unterlassungsbegehrens ist, folgt auch aus dem Umstand, dass die von der Beklagten verwendeten AVB keine Regelung für eine teilweise Rückzahlung der Einmalprämie im Falle einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit der versicherten Person enthalten, nicht die Unwirksamkeit von § 5 Nr. 4 Satz 1c AVB, der lediglich das Erlöschen des Anspruches auf Arbeitsunfähigkeitsversicherung für den Fall unbefristeter Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vorsieht. Auch ohne diese Regelung könnte der Versicherungsnehmer/Versicherte im Falle unbefristeter Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit keine Leistungen aus der Ratenschutz -Arbeitsunfähigkeitsversicherung verlangen. Der Anspruch besteht nämlichnur im Falle der Arbeitsunfähigkeit, die nach § 1 Nr. 2 AVB dahin definiert ist, dass die versicherte Person lediglich vorübergehend außerstande ist, ihre bisherige oder eine vergleichbare Tätigkeit auszuüben. Im Falle endgültiger Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit fehlt es damit von vornherein an der Voraussetzung der bloß vorübergehenden Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit. Ausreichenden Versicherungsschutz kann der Versicherte in diesen Fällen durch den gesonderten Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung oder den Bezug einer öffentlichrechtlichen Sozialrente erhalten.
28
d) Schließlich ergibt sich die Unwirksamkeit von § 5 Nr. 4 Satz 1c AVB entgegen der Auffassung der Revision auch nicht aus der Wertung des § 308 Nr. 7a BGB. Hiernach ist eine Bestimmung unwirksam, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt, eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen verlangen kann. Diese Vorschrift setzt mithin eine Beendigung des Vertrages voraus, zu der es bei § 5 Nr. 4 Satz 1c AVB gerade nicht kommt. Stellt sich die Prognose unbefristeter Berufsoder Erwerbsunfähigkeit nachträglich als unzutreffend heraus, kanndies zu einem Wiederaufleben der Leistungspflicht des Versicherers führen.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 10.01.2012- 312 O 711/10 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 11.09.2012- 9 U 26/12 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 11. Sept. 2013 - IV ZR 303/12

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Tenor Der Streitwert wird auf 6.000,00 € festgesetzt. Tatbestand Der Kläger zu 2) ist bei der Beklagten gemäß Versicherungsschein vom 5.5.2011 seit 1.8.2011 im Tarif B[...] B[...]3 krankenversichert. Dem

Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 13. Nov. 2015 - 20 U 109/15

bei uns veröffentlicht am 13.11.2015

Tenor Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen. 1Gründe 2Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rec

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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Das Bundesamt für Justiz führt eine Liste der qualifizierten Einrichtungen und veröffentlicht sie in der jeweils aktuellen Fassung auf seiner Internetseite. Es übermittelt die Liste mit Stand zum 1. Januar und zum 1. Juli eines jeden Jahres an die Europäische Kommission unter Hinweis auf Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2009/22/EG.

(2) Ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, Interessen der Verbraucher durch nicht gewerbsmäßige Aufklärung und Beratung wahrzunehmen, wird auf seinen Antrag in die Liste eingetragen, wenn

1.
er mindestens drei Verbände, die im gleichen Aufgabenbereich tätig sind, oder mindestens 75 natürliche Personen als Mitglieder hat,
2.
er zum Zeitpunkt der Antragstellung seit mindestens einem Jahr im Vereinsregister eingetragen ist und ein Jahr seine satzungsmäßigen Aufgaben wahrgenommen hat,
3.
auf Grund seiner bisherigen Tätigkeit sowie seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung gesichert erscheint, dass er
a)
seine satzungsgemäßen Aufgaben auch künftig dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllen wird und
b)
seine Ansprüche nicht vorwiegend geltend machen wird, um für sich Einnahmen aus Abmahnungen oder Vertragsstrafen zu erzielen,
4.
den Mitgliedern keine Zuwendungen aus dem Vereinsvermögen gewährt werden und Personen, die für den Verein tätig sind, nicht durch unangemessen hohe Vergütungen oder andere Zuwendungen begünstigt werden.
Es wird unwiderleglich vermutet, dass Verbraucherzentralen sowie andere Verbraucherverbände, wenn sie überwiegend mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, diese Voraussetzungen erfüllen.

(3) Über die Eintragung wird durch einen schriftlichen Bescheid entschieden, der dem antragstellenden Verein zuzustellen ist. Auf der Grundlage eines wirksamen Bescheides ist der Verein unter Angabe des Namens, der Anschrift, des zuständigen Registergerichts, der Registernummer und des satzungsmäßigen Zwecks in die Liste einzutragen.

(4) Auf Antrag erteilt das Bundesamt für Justiz einer qualifizierten Einrichtung, die in der Liste eingetragen ist, eine Bescheinigung über ihre Eintragung.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Der Versicherungsnehmer ist nicht zur Zahlung der Prämie verpflichtet, wenn das versicherte Interesse bei Beginn der Versicherung nicht besteht; dies gilt auch, wenn das Interesse bei einer Versicherung, die für ein künftiges Unternehmen oder für ein anderes künftiges Interesse genommen ist, nicht entsteht. Der Versicherer kann jedoch eine angemessene Geschäftsgebühr verlangen.

(2) Fällt das versicherte Interesse nach dem Beginn der Versicherung weg, steht dem Versicherer die Prämie zu, die er hätte beanspruchen können, wenn die Versicherung nur bis zu dem Zeitpunkt beantragt worden wäre, zu dem der Versicherer vom Wegfall des Interesses Kenntnis erlangt hat.

(3) Hat der Versicherungsnehmer ein nicht bestehendes Interesse in der Absicht versichert, sich dadurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, ist der Vertrag nichtig; dem Versicherer steht die Prämie bis zu dem Zeitpunkt zu, zu dem er von den die Nichtigkeit begründenden Umständen Kenntnis erlangt.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

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aa) Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass die Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (Senatsurteile vom 8. Oktober 1997 - IV ZR 220/96, BGHZ 136, 394, 401 f.; vom 24. März 1999- IV ZR 90/98, BGHZ 141, 137, 143; vom 9. Mai 2001 - IV ZR 121/00, BGHZ 147, 354, 361 f., 364 und IV ZR 138/99, BGHZ 147, 373, 377 f., 380; vom 11. Mai 2005 - IV ZR 25/04, VersR 2005, 976, 977). Zieht der Verwender ergänzende Unterlagen heran, z.B. eine Garantiewerttabelle, muss er an der betreffenden Stelle im Klauselwerk zumindest in den Grundzügen auf die Nachteile hinweisen und auf die zusätzlichen Informationen Bezug nehmen (Senatsurteile vom 9. Mai 2001 jeweils aaO S. 364 bzw. S. 380).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 130/03 Verkündet am:
23. Juni 2004
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
AGBG §§ 5, 9 Cl; AUB 94 § 2 IV
Der Leistungsausschluß in § 2 IV AUB 94 für krankhafte Störungen infolge psychischer
Reaktionen ist nicht unklar (§ 5 AGBG, § 305c Abs. 2 BGB); er hält einer
Inhaltskontrolle stand (§ 9 AGBG, § 307 BGB).
BGH, Urteil vom 23. Juni 2004 - IV ZR 130/03 - Saarländisches OLG
LG Saarbrücken
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Juni 2004

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 16. April 2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Leistungen aus einer Unfallvers icherung, der unter anderem die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 94) der Beklagten zugrunde liegen.
Er behauptet, er sei am 1. Oktober 1996 von einer Leiter gefallen und mit dem Hinterkopf auf den Boden aufgeschlagen. Dabei habe er einen Gehirnschaden davongetragen, der epileptische Anfälle verursache, die allein zu einer 55%igen Invalidität führten, sowie einen Hörschaden erlitten. Die Beklagte hat nach einem im Dezember 1997 eingeholten ersten HNO-ärztlichen Gutachten vorläufig eine 10%ige Invalidität wegen des Hörschadens zugrunde gelegt und einen Vorschuß von 12.000 DM

gezahlt. Auf der Grundlage einer von ihr 1999 veranlaßten neurologischen und weiteren HNO-ärztlichen Begutachtung hat sie sodann eine unfallbedingte Invalidität überhaupt bestritten. Soweit der Kläger an psychisch bedingten Beschwerden leide, beruft sie sich auf den Leistungsausschluß in § 2 IV AUB 94, der lautet: "Nicht unter den Versicherungsschutz fallen: … IV. Krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen gleichgültig, wodurch diese verursacht sind." Der Kläger verlangt wegen Hirnleistungsstörungen u nd Hörschäden eine Invaliditätsentschädigung in Höhe von 132.000 DM. Seine Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt er das Zahlungsbegehren insgesamt weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg.
Dem Kläger stehen wegen des Leitersturzes keine In validitätsleistungen aus der Unfallversicherung zu.
I. Das Berufungsgericht (r+s 2003, 470) hat festge stellt, der Kläger habe zwar über die Zeugenaussage seines Sohnes nachgewiesen, daß sich der Unfall, so wie von ihm behauptet, zugetragen habe. Er habe

aber nicht nachweisen können, daß eine versicherte Invalidität im Sinne des § 7 Abs. 1 AUB 94 eingetreten sei.
Auf die vom ohrenärztlichen Sachverständigen anger egte psychiatrische Beurteilung, ob der vom Kläger berichtete Schwindel neurotischer Natur ohne faßbares organisches Korrelat sei, es sich also um einen psychogenen Schwindel handele, komme es wegen § 2 IV AUB 94 nicht an. Diese Klausel halte einer AGB-rechtlichen Kontrolle stand.
Sie verstoße nicht infolge von Intransparenz gegen § 9 Abs. 1 AGBG. Bei unbefangener Lesart erfasse diese Klausel nur Gesundheitsbeeinträchtigungen , die ausschließlich auf einem seelisch bedingten Ursachenzusammenhang , nicht aber auf einer unfallbedingten organischen Schädigung beruhten. Dieses Verständnis werde von den systematischen und wertenden Erwägungen, die bereits bei den Leistungsausschlüssen in §§ 2 Abs. 3 lit. b und 10 Abs. 5 AUB 61 eine Rolle gespielt hätten, bestätigt. Schwierigkeiten bei der Feststellung der Ursachen für psychisch empfundene Beschwerden führten nicht zur Intransparenz.
Der Leistungsausschluß gefährde auch nicht den Ver tragszweck im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG. Dieser sei über § 1 AUB 94 nicht durch einen umfassenden, tariflich nur schwer kalkulierbaren Schutz bei jedweder gesundheitsrelevanten Schädigung, sondern in erster Linie dadurch gekennzeichnet, körperliche Beeinträchtigungen zu versichern.
Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

II. Die Revision nimmt hin, daß der Kläger nicht a n einer unfallbedingten organisch-körperlichen Störung bzw. einer psychischen Erkrankung als Manifestation einer solchen Schädigung leidet. Sie wendet sich nur gegen die Wirksamkeit des Leistungsausschlusses in § 2 IV AUB 94. Dabei macht sie sich im wesentlichen die Ausführungen von Schwintowski (NVersZ 2002, 395 ff., Anm. zu OLG Jena VersR 2002, 1019 f. = NVersZ 2002, 402 f.) zu eigen, der die Klausel für intransparent hält. Die Klausel gefährde zudem den Vertragszweck, was zu einer unangemessenen Benachteiligung des Klägers führe (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG - jetzt § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB), und sei eindeutig unklar (§ 5 AGBG - jetzt § 305c Abs. 2 BGB).
Damit vermag die Revision nicht durchzudringen. De r in § 2 IV AUB 94 festgelegte Leistungsausschluß hält einer Bedingungskontrolle stand. Die Klausel ist wirksam.
1. a) Vor der Bedingungskontrolle ist die Klausel zunächst auszulegen , um Klarheit über ihren zu kontrollierenden Inhalt zu schaffen (Senatsurteil vom 17. März 1999 - IV ZR 137/98 - VersR 1999, 745 unter II 1 b). Dem folgt an sich auch das Berufungsgericht, wenn es - allerdings innerhalb der Transparenzprüfung - eine nähere Festlegung des Verständnisses der Klausel vornimmt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung , aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muß. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versiche-

rungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGHZ 123, 83, 85 und ständig).

b) Danach ist die Klausel wie folgt auszulegen:
Ausgehend vom Wortlaut wird der Versicherungsnehme r erkennen, daß die AUB 94 zunächst generell und umfassend Leistungen für Unfallfolgen einschließlich psychischer Folgen zusagen (§§ 1, 7 I 1 AUB 94; vgl. Knappmann, NVersZ 2002, 1, 4). Bei Durchsicht des in § 2 AUB 94 enthaltenen Katalogs der "Ausschlüsse" wird er sodann gewahr, daß diese allgemeine Leistungszusage nicht uneingeschränkt gelten soll, vielmehr der Versicherungsschutz bei einer genau umschriebenen Art von Unfällen und Gesundheitsschädigungen (I, II), bei speziellen Verletzungsfolgen (III) und bei psychisch vermittelten Krankheitszuständen (IV) nicht gelten soll. Bei letzteren wird ihm die weite Fassung dieses Ausschlusses vor Augen geführt, mit dem krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen gleichgültig, wodurch diese verursacht worden sind, vom Versicherungsschutz ausgenommen werden. Das erfaßt Gesundheitsschädigungen infolge psychischer Reaktionen, die sowohl auf Einwirkungen von außen über Schock, Schreck, Angst und ähnliches erfolgen , als auch auf unfallbedingter Fehlverarbeitung beruhen (Senatsurteil vom 19. März 2003 - IV ZR 283/02 - VersR 2003, 634 unter II 2; OLG Koblenz VersR 2001, 1550 f.; Prölss/Martin/Knappmann, VVG 26. Aufl. § 2 AUB 88 Rdn. 40).
Damit werden ihm auch die für den Versicherungssch utz vorausgesetzten Zusammenhänge zwischen den Gesundheitsschäden und ihren Ursachen deutlich. Fehlt es an körperlichen Traumata oder kann die

krankhafte Störung des Körpers nur mit ihrer psychogenen Natur erklärt werden, will der Versicherer keinen Versicherungsschutz übernehmen (Grimm, Unfallversicherung 3. Aufl. § 2 AUB Rdn. 108). Anders dagegen soll - wie schon das Berufungsgericht zutreffend sieht - Versicherungsschutz bestehen, wenn er durch den Unfall beispielsweise hirnorganisch beeinträchtigt wird, was dann seine Psyche krankhaft verändert (Knappmann , aaO S. 4). Die organische Schädigung oder Reaktion, die zu einem psychischen Leiden führt, vermag den Ausschlußtatbestand nicht auszulösen; diese seelischen Beschwerden beruhen dann nicht, wie von der Klausel wörtlich verlangt, ihrerseits auf psychischen Reaktionen, sondern sind physisch hervorgerufen und mithin nicht vom Ausschluß erfaßt. Diese Auslegung beruht nicht etwa, wie die Verständnisbetrachtung des Berufungsgerichts nahelegen könnte, auf systematischen und wertenden Erwägungen zur Vorgängerklausel in den AUB 61, die der durchschnittliche Versicherungsnehmer aber nicht kennt, sondern allein auf den Erkenntnismöglichkeiten bei umsichtiger Beschäftigung mit dem Klauselwerk seines Versicherungsvertrages (vgl. Senatsurteil vom 17. Mai 2000 - IV ZR 113/99 - VersR 2000, 1090 unter 2).
2. Die Bestimmung des § 2 IV AUB 94 ist nach diese r Auslegung nicht unklar im Sinne von § 5 AGBG und hält auch einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG stand.

a) Unklar gemäß § 5 AGBG sind Klauseln, bei denen nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (BGHZ 112, 65, 68 f.; BGH, Urteil vom 11. März 1997 - X ZR 146/94 - NJW 1997, 3434 unter 1 b). Das ist nach dem zuvor gewon-

nenen Auslegungsergebnis nicht der Fall. Aus der maßgeblichen Sicht des Versicherungsnehmers bleiben keine Zweifel, daß alle durch psychische Reaktionen hervorgerufenen Schäden ausgeschlossen werden sollen ; daß er keine Leistungen vom Versicherer erhalten soll, wenn und soweit sich psychische Reaktionen auf seinen Zustand nach dem Unfall auswirken, ist eindeutig und unmißverständlich (Knappmann, aaO S. 4). Für § 5 AGBG ist danach kein Raum (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 1992 - X ZR 74/91 - NJW 1993, 657 unter II 2).
Anderes vermag auch die Revision nicht aufzuzeigen , wenn sie darauf verweist, daß die Begriffe "krankhafte Störungen infolge psychischer Reaktionen" im wesentlichen aus Unsicherheiten bestünden, sie deswegen für einen Risikoausschluß besonders ungeeignet und Klauseln mit derart mehrdeutigen Begriffen gemäß § 5 AGBG unwirksam seien. Das läuft - worauf auch der Hinweis auf BGHZ 147, 354, 361 mit der dort behandelten Transparenzprüfung hindeutet - in der Sache darauf hinaus, die Unklarheitenregel als ein Mittel verdeckter Inhaltskontrolle einzusetzen. Ein solcher Ansatz ist jedoch überholt und nicht mehr zu rechtfertigen (Palandt/Heinrichs, BGB 60. Aufl. § 5 AGBG Rdn. 8). Unklarheitenregelung und Inhaltskontrolle unterliegen eigenen spezifischen Prüfungskriterien und dürfen so nicht miteinander vermischt werden.
Entgegen der Auffassung der Revision zeigt auch di e jüngere Rechtsprechung der Instanzgerichte nicht, daß diese Klausel unterschiedlich ausgelegt wird (vgl. OLG Köln VersR 2000, 1489 f.; OLG Frankfurt OLGR 2000, 27 ff. - mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 20. September 2000 - IV ZR 194/99; OLG Oldenburg r+s 2004, 34 f. mit Nichtzulassungsbeschluß des Senats vom 26. März 2003 - IV ZR

342/02; LG Landshut ZfS 1998, 23). Wie selbst die Revision zugesteht, sollen darin (bloß) Schwierigkeiten bei der "rechtlichen Handhabung" der Klausel zum Ausdruck kommen. Das betrifft jedoch keine verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten im Sinne von nicht behebbaren Zweifeln für die Unterscheidung zwischen physisch ausgelösten versicherten und nichtversicherten psychogenen Gesundheitsschäden. Etwaige Schwierigkeiten bei den im Einzelfall insoweit zu treffenden Feststellungen lassen eine im übrigen klare Abgrenzungsregelung ohnehin nicht unklar werden.
Die Unklarheitenregelung des § 5 AGBG wird nach al ledem durch die in der Klausel festgeschriebene Ausgrenzung psychisch reaktiver Gesundheitsschäden vom Versicherungsschutz nicht betroffen.

b) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, d aß § 8 AGBG (jetzt § 307 Abs. 3 BGB) eine Inhaltskontrolle nach den §§ 9-11 AGBG nicht hindert, weil die Klausel nach ihrem Wortlaut und erkennbaren Zweck das schon in § 1 AUB 94 i.V. mit § 7 AUB 94 gegebene Hauptleistungsversprechen lediglich beschränkt, indem sie aus dem Kreis der versicherten, also an sich entschädigungspflichtigen unfallbedingten Gesundheitsschäden, die krankhaften Störungen infolge psychischer Reaktionen ausschließt. Solche leistungsbeschränkenden Klauseln sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats kontrollfähig (BGHZ 141, 137, 140 ff.; 142, 103, 109 ff.; BGH, Urteile vom 21. Februar 2001 - IV ZR 11/00 - VersR 2001, 576 unter 1 und 30. Oktober 2002 - IV ZR 60/01 - VersR 2002, 1546 unter II 1). Gegen diese Beurteilung wendet sich auch die Revisionserwiderung nicht.

aa) Die Ausgrenzung psychisch reaktiver Gesundheit sschäden gefährdet den Vertragszweck nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 2 AGBG. Nicht jede Leistungsbegrenzung bedeutet schon eine Vertragszweckgefährdung , sondern ist zunächst grundsätzlich der freien unternehmerischen Entscheidung des Versicherers überlassen, soweit er mit der Beschreibung der Hauptleistung beim Versicherungsnehmer nicht falsche Vorstellungen erweckt (BGHZ 141, 137, 143). Eine Gefährdung ist daher erst dann anzunehmen, wenn mit der Einschränkung der Leistung der Vertrag ausgehöhlt werden kann und damit der Versicherungsvertrag in bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos wird (BGHZ 137, 174, 176 und ständig).
Das ist hier nicht der Fall. Der zugesagte Unfallv ersicherungsschutz für von außen auf den Körper wirkende Ereignisse (§ 1 III AUB 94) bleibt von dieser Klausel für alle Gesundheitsschäden - also einschließlich psychischer Leiden - unangetastet, soweit sich die Beschwerden nicht als Folge psychischer Reaktionen darstellen. Es trifft daher schon nicht zu, daß - wie die Revision meint - bei Wirksamkeit des § 2 IV AUB 94 für seelische Unfallfolgen aller Art zumeist ein Leistungsausschluß zugunsten des Versicherers gegeben wäre. Für den gesamten Bereich physisch vermittelter Unfallschädigungen greift dieser Ausschluß nicht. Bereits deswegen scheidet eine Aushöhlung des Unfallversicherungsvertrages aus; sein Zweck, Schutz vor Unfallrisiken zu bieten, wird in diesem weit gespannten Bereich ausreichend erfüllt.
bb) Der Ausschluß der psychischen Reaktionen benac hteiligt den Versicherungsnehmer auch im übrigen nicht unangemessen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 AGBG). Mit dem Ausschluß knüpft die bedingungsgemäße Ent-

schädigung von Unfallschäden an objektiv erfaßbare Vorgänge an. Das trägt dem Interesse des Versicherers an einer möglichst zuverlässigen Tarifkalkulation und an einer zeitnahen, mit vertretbarem Kostenaufwand ergehenden Entscheidung über die Entschädigung Rechnung. Andererseits liegen eine zügige Regulierung und günstige Prämien auch im Interesse des Versicherungsnehmers (vgl. dazu OLG Düsseldorf VersR 1998, 886 f.; Grimm, aaO § 2 Rdn. 103, 108). Eine möglichst reibungslose , kostengünstige Vertragsabwicklung wäre bei der Einbeziehung von psychogenen Schäden so nicht mehr gewährleistet. Denn diese Schäden hängen stark auch von den persönlichen Dispositionen eines Versicherungsnehmers ab, und als Auslöser kommt praktisch jedwedes Geschehen in der Außenwelt in Betracht. Zu Recht weist die Revisionserwiderung darauf hin, daß zur Feststellung solcher zu entschädigender unfallbedingter Folgen regelmäßig langwierige, gegebenenfalls stationäre Untersuchungen erforderlich werden, um einigermaßen verläßliche Feststellungen treffen zu können, ob eine krankhafte psychische Reaktion vorliegt und diese dann auch auf dem Unfall beruht. Die von der Revision gezogene Parallele zum Haftungsrecht, bei dem auch der Schädiger grundsätzlich sogar für psychische Fehlverarbeitungen als Folge eines Unfalls einzustehen habe (vgl. nur BGHZ 132, 341 ff.; 137, 142 ff.), überzeugt nicht. Denn es ist gerade das erkennbare Ziel dieser Regelung , den schadensersatzrechtlichen Problemen zu entgehen (vgl. OLG Düsseldorf VersR 1998, 886 f.). Die Forderung, aus Billigkeitserwägungen Unfallversicherungsschutz im Umfang der deliktischen Schadensersatzpflicht anzuerkennen, findet ihre Grenzen in der Vertragsgestaltung. Der angebotene und vom Versicherungsnehmer genommene, in den AUB klar und unmißverständlich umschriebene Versicherungsschutz (so

bereits Senatsurteil vom 19. April 1972 - IV ZR 50/71 - NJW 1972, 1233 unter II) steht darüber hinausgehenden Leistungswünschen entgegen.
cc) § 2 IV AUB 94 genügt auch den Anforderungen de s sich aus § 9 AGBG ergebenden Transparenzgebotes. Die Regelung benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht unangemessen. Insbesondere führt sie ihm ausreichend klar und verständlich vor Augen, was er zu erwarten hat (vgl. BGHZ 141, 137, 143). Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, daß eine Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, daß sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen läßt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGHZ 147, 354, 362 und ständig). Diesen Erfordernissen wird § 2 IV AUB 94 gerecht.
Die von der Revision vermißte klare Grenzziehung z wischen physischen und psychischen Reaktionen stellt das nicht in Frage. Es mag sein, daß es im Rahmen der sogenannten Leib-Seele-Diskussion unterschiedliche medizinische, psychologische und philosophische Ansätze gibt, krankhafte Störungen diesen Bereichen zuzuordnen, der Begriff "psychische Reaktionen" in Abgrenzung zu physischen deswegen nicht leicht auszufüllen ist, der danach fragende Versicherungsnehmer vom Agenten im Beratungsgespräch nicht stets eine trennscharfe Antwort erhalten wird und dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer eine abstrakte Unterscheidung bei den denkbaren Fallgestaltungen nicht immer

möglich ist. Dadurch wird der Ausschluß aber nicht intransparent. Entgegen Schwintowski (aaO S. 396) fehlt der Klausel damit nicht ein halbwegs klarer und justiziabler Begriffskern. Diese Erwägungen betreffen vielmehr - vergleichbar der Prüfung gemäß § 5 AGBG - die Anforderungen an die im Einzelfall zu treffenden Feststellungen und die Frage, zu wessen Lasten es geht, wenn insoweit etwas nach den derzeit gegebenen Erkenntnismöglichkeiten offenbleibt. Einem potentiellen Versicherungsnehmer wird mit dieser Formulierung jedoch deutlich vor Augen geführt , daß er nur für physisch vermittelte Gesundheitsschäden Unfallschutz erhält. Er kann damit erkennen, daß er durch den Unfall körperlich /organisch betroffen sein muß, wodurch seine Beschwerden, wegen derer er sich auf bedingungsgemäße Invalidität beruft, hervorgerufen werden. Dieser Klauselinhalt ist transparent. Er wird durch die nach den allgemeinen Regeln bestehende Verteilung der Darlegungs- und Beweislasten nicht intransparent.
Der Nachweis unfallbedingter Invalidität obliegt d em Versicherungsnehmer , wobei für die konkrete Ausgestaltung des Gesundheitsschadens und seiner Dauerhaftigkeit der Maßstab des § 286 ZPO und dafür, ob der unfallbedingte Gesundheitsschaden für die bewiesene Invalidität ursächlich war, die Beweiserleichterung des § 287 ZPO gilt (Senatsurteile vom 17. Oktober 2001 - IV ZR 205/00 - NJW-RR 2002, 166 und vom 12. November 1997 - IV ZR 191/96 - r+s 1998, 80; jeweils m.w.N.). Dagegen steht es zur Beweislast des Versicherers, will er sich auf den Ausschlußtatbestand des § 2 IV AUB 94 berufen (vgl. BGHZ 131, 15 ff., 21; Grimm, aaO Rdn. 109). Danach muß der Versicherer beweisen , daß und vor allem in welchem Umfang psychische Reaktionen den krankhaften Zustand hervorgerufen haben (Knappmann, aaO S. 4;

derselbe VersR 2002, 1230, Anm. zu OLG Jena aaO). Die sich in Fällen sogenannter Mitursächlichkeit bei den Unfallfolgen möglicherweise ergebenden Schwierigkeiten ändern an dieser die Interessen beider Seiten angemessen berücksichtigenden Beweislastverteilung nichts; nicht zu klärende Unklarheiten über Beitrag und Gewicht etwaiger psychischer Reaktionen gehen zu Lasten des Versicherers (Knappmann, aaO S. 4).
Die in § 2 IV AUB 94 verwendeten Begriffe hindern einen Versicherungsnehmer bei Vertragsschluß jedenfalls nicht daran zu erkennen, was ihn erwartet, und machen den Ausschlußtatbestand auch nicht injustiziabel. Probleme können im Einzelfall bei der Feststellung der Wirkungszusammenhänge und der Anwendung des Feststellungsergebnisses auf den vorgegebenen rechtlichen Rahmen entstehen. Das gehört aber zur üblichen forensischen Praxis. Schwierigkeiten dieser Art kann durch eine ausgiebige sachverständige Unterstützung und eine ausgewogene Verteilung der Darlegungs- und Beweislasten begegnet werden. Der Versicherungsnehmer wird damit auch nicht unter Transparenzgesichtspunkten entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Die Nachteile und Belastungen, die mit der den gewählten Versicherungsschutz einschränkenden Ausschlußklausel verbunden sind, werden ihm, soweit dies nach den Umständen möglich ist, deutlich gemacht. Der von der Revision geforderten Benennung und Konkretisierung einzelner Arten von psychischen Reaktionen (vgl. Schwintowski, aaO S. 396 f.) bedarf es dafür gerade nicht. Unabhängig davon, inwieweit eine umfängliche Auflistung psychischer Vorgänge detailliert überhaupt möglich ist, wäre das rechtlich nicht zu beanstandende Ziel (vgl. vorstehend unter III. 1.), diesen Risikobereich überhaupt auszuklammern , damit schwerlich zu erreichen. Dem Transparenzgebot wird ge-

nügt, wenn der Versicherungsnehmer diese Zielsetzung und den danach bestehenden Umfang der angebotenen Versicherung erkennt. Das ist bei § 2 IV AUB 94 - wie ausgeführt - der Fall.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch
11
a)DieSatzungsbestimmungen der Beklagten finden als Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) auf die Gruppenversicherungsverträge Anwendung, die von den beteiligten Arbeitgebern als Versicherungsnehmer mit der Beklagten als Versicherer zugunsten der bezugsberechtigten Versicherten, der Arbeitnehmer, abgeschlossen werden (Senatsurteile vom 23. Juni 1999 - IV ZR 136/98, BGHZ 142, 103, 105 ff.; vom 29. September 2010 - IV ZR 99/09, juris Rn. 13; vom 24. März 2010 - IV ZR 296/07, VersR 2010, 656 Rn. 15; vom 14. Juni 2006 - IV ZR 55/05, VersR 2006, 1248 Rn. 8). Für die Auslegung der Satzungsbestimmungen kommt es auf das Verständnis und Interesse des durchschnittlichen Versicherten an (Senatsurteile vom 29. September 2010 und vom 24. März 2010, jeweils aaO; vom 3. Dezember 2008 - IV ZR 104/06, VersR 2009, 201 Rn. 13; vom 14. Mai 2003 - IV ZR 76/02, VersR 2003, 895 unter II 1 a).

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

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aa) Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass die Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (Senatsurteile vom 8. Oktober 1997 - IV ZR 220/96, BGHZ 136, 394, 401 f.; vom 24. März 1999- IV ZR 90/98, BGHZ 141, 137, 143; vom 9. Mai 2001 - IV ZR 121/00, BGHZ 147, 354, 361 f., 364 und IV ZR 138/99, BGHZ 147, 373, 377 f., 380; vom 11. Mai 2005 - IV ZR 25/04, VersR 2005, 976, 977). Zieht der Verwender ergänzende Unterlagen heran, z.B. eine Garantiewerttabelle, muss er an der betreffenden Stelle im Klauselwerk zumindest in den Grundzügen auf die Nachteile hinweisen und auf die zusätzlichen Informationen Bezug nehmen (Senatsurteile vom 9. Mai 2001 jeweils aaO S. 364 bzw. S. 380).

(1) Im Fall der Beendigung des Versicherungsverhältnisses vor Ablauf der Versicherungsperiode steht dem Versicherer für diese Versicherungsperiode nur derjenige Teil der Prämie zu, der dem Zeitraum entspricht, in dem Versicherungsschutz bestanden hat. Wird das Versicherungsverhältnis durch Rücktritt auf Grund des § 19 Abs. 2 oder durch Anfechtung des Versicherers wegen arglistiger Täuschung beendet, steht dem Versicherer die Prämie bis zum Wirksamwerden der Rücktritts- oder Anfechtungserklärung zu. Tritt der Versicherer nach § 37 Abs. 1 zurück, kann er eine angemessene Geschäftsgebühr verlangen.

(2) Endet das Versicherungsverhältnis nach § 16, kann der Versicherungsnehmer den auf die Zeit nach der Beendigung des Versicherungsverhältnisses entfallenden Teil der Prämie unter Abzug der für diese Zeit aufgewendeten Kosten zurückfordern.

(1) Wird eine Folgeprämie nicht rechtzeitig gezahlt, kann der Versicherer dem Versicherungsnehmer auf dessen Kosten in Textform eine Zahlungsfrist bestimmen, die mindestens zwei Wochen betragen muss. Die Bestimmung ist nur wirksam, wenn sie die rückständigen Beträge der Prämie, Zinsen und Kosten im Einzelnen beziffert und die Rechtsfolgen angibt, die nach den Absätzen 2 und 3 mit dem Fristablauf verbunden sind; bei zusammengefassten Verträgen sind die Beträge jeweils getrennt anzugeben.

(2) Tritt der Versicherungsfall nach Fristablauf ein und ist der Versicherungsnehmer bei Eintritt mit der Zahlung der Prämie oder der Zinsen oder Kosten in Verzug, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet.

(3) Der Versicherer kann nach Fristablauf den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen, sofern der Versicherungsnehmer mit der Zahlung der geschuldeten Beträge in Verzug ist. Die Kündigung kann mit der Bestimmung der Zahlungsfrist so verbunden werden, dass sie mit Fristablauf wirksam wird, wenn der Versicherungsnehmer zu diesem Zeitpunkt mit der Zahlung in Verzug ist; hierauf ist der Versicherungsnehmer bei der Kündigung ausdrücklich hinzuweisen. Die Kündigung wird unwirksam, wenn der Versicherungsnehmer innerhalb eines Monats nach der Kündigung oder, wenn sie mit der Fristbestimmung verbunden worden ist, innerhalb eines Monats nach Fristablauf die Zahlung leistet; Absatz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Versicherungsnehmer ist nicht zur Zahlung der Prämie verpflichtet, wenn das versicherte Interesse bei Beginn der Versicherung nicht besteht; dies gilt auch, wenn das Interesse bei einer Versicherung, die für ein künftiges Unternehmen oder für ein anderes künftiges Interesse genommen ist, nicht entsteht. Der Versicherer kann jedoch eine angemessene Geschäftsgebühr verlangen.

(2) Fällt das versicherte Interesse nach dem Beginn der Versicherung weg, steht dem Versicherer die Prämie zu, die er hätte beanspruchen können, wenn die Versicherung nur bis zu dem Zeitpunkt beantragt worden wäre, zu dem der Versicherer vom Wegfall des Interesses Kenntnis erlangt hat.

(3) Hat der Versicherungsnehmer ein nicht bestehendes Interesse in der Absicht versichert, sich dadurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, ist der Vertrag nichtig; dem Versicherer steht die Prämie bis zu dem Zeitpunkt zu, zu dem er von den die Nichtigkeit begründenden Umständen Kenntnis erlangt.

(1) Soweit der Versicherungsschutz nach den Grundsätzen der Schadensversicherung gewährt wird, sind die §§ 74 bis 80 und 82 bis 87 anzuwenden. Die §§ 23 bis 27 und 29 sind auf die Krankenversicherung nicht anzuwenden. § 19 Abs. 4 ist auf die Krankenversicherung nicht anzuwenden, wenn der Versicherungsnehmer die Verletzung der Anzeigepflicht nicht zu vertreten hat. Abweichend von § 21 Abs. 3 Satz 1 beläuft sich die Frist für die Geltendmachung der Rechte des Versicherers auf drei Jahre.

(2) Steht dem Versicherungsnehmer oder einer versicherten Person ein Anspruch auf Rückzahlung ohne rechtlichen Grund gezahlter Entgelte gegen den Erbringer von Leistungen zu, für die der Versicherer auf Grund des Versicherungsvertrags Erstattungsleistungen erbracht hat, ist § 86 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Die §§ 43 bis 48 sind auf die Krankenversicherung mit der Maßgabe anzuwenden, dass ausschließlich die versicherte Person die Versicherungsleistung verlangen kann, wenn der Versicherungsnehmer sie gegenüber dem Versicherer in Textform als Empfangsberechtigten der Versicherungsleistung benannt hat; die Benennung kann widerruflich oder unwiderruflich erfolgen. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, kann nur der Versicherungsnehmer die Versicherungsleistung verlangen. Einer Vorlage des Versicherungsscheins bedarf es nicht.

(1) Der Versicherungsnehmer ist nicht zur Zahlung der Prämie verpflichtet, wenn das versicherte Interesse bei Beginn der Versicherung nicht besteht; dies gilt auch, wenn das Interesse bei einer Versicherung, die für ein künftiges Unternehmen oder für ein anderes künftiges Interesse genommen ist, nicht entsteht. Der Versicherer kann jedoch eine angemessene Geschäftsgebühr verlangen.

(2) Fällt das versicherte Interesse nach dem Beginn der Versicherung weg, steht dem Versicherer die Prämie zu, die er hätte beanspruchen können, wenn die Versicherung nur bis zu dem Zeitpunkt beantragt worden wäre, zu dem der Versicherer vom Wegfall des Interesses Kenntnis erlangt hat.

(3) Hat der Versicherungsnehmer ein nicht bestehendes Interesse in der Absicht versichert, sich dadurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, ist der Vertrag nichtig; dem Versicherer steht die Prämie bis zu dem Zeitpunkt zu, zu dem er von den die Nichtigkeit begründenden Umständen Kenntnis erlangt.

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam

1.
(Annahme- und Leistungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufsfrist nach § 355 Absatz 1 und 2 zu leisten;
1a.
(Zahlungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender eine unangemessen lange Zeit für die Erfüllung einer Entgeltforderung des Vertragspartners vorbehält; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung oder, wenn dem Schuldner nach Empfang der Gegenleistung eine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufstellung zugeht, von mehr als 30 Tagen nach Zugang dieser Rechnung oder Zahlungsaufstellung unangemessen lang ist;
1b.
(Überprüfungs- und Abnahmefrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender vorbehält, eine Entgeltforderung des Vertragspartners erst nach unangemessen langer Zeit für die Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 15 Tagen nach Empfang der Gegenleistung unangemessen lang ist;
2.
(Nachfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält;
3.
(Rücktrittsvorbehalt)die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse;
4.
(Änderungsvorbehalt)die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist;
5.
(Fingierte Erklärungen)eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass
a)
dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und
b)
der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen;
6.
(Fiktion des Zugangs)eine Bestimmung, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt;
7.
(Abwicklung von Verträgen)eine Bestimmung, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt,
a)
eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen oder
b)
einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann;
8.
(Nichtverfügbarkeit der Leistung)die nach Nummer 3 zulässige Vereinbarung eines Vorbehalts des Verwenders, sich von der Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags bei Nichtverfügbarkeit der Leistung zu lösen, wenn sich der Verwender nicht verpflichtet,
a)
den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und
b)
Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten;
9.
(Abtretungsausschluss)eine Bestimmung, durch die die Abtretbarkeit ausgeschlossen wird
a)
für einen auf Geld gerichteten Anspruch des Vertragspartners gegen den Verwender oder
b)
für ein anderes Recht, das der Vertragspartner gegen den Verwender hat, wenn
aa)
beim Verwender ein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsausschluss nicht besteht oder
bb)
berechtigte Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit des Rechts das schützenswerte Interesse des Verwenders an dem Abtretungsausschluss überwiegen;
Buchstabe a gilt nicht für Ansprüche aus Zahlungsdiensterahmenverträgen und die Buchstaben a und b gelten nicht für Ansprüche auf Versorgungsleistungen im Sinne des Betriebsrentengesetzes.