Bundesgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2013 - KZR 8/10

bei uns veröffentlicht am29.01.2013
vorgehend
Landgericht Hamburg, 315 O 410/07, 09.05.2008
Hanseatisches Oberlandesgericht, 3 U 133/08, 14.01.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 8/10 Verkündet am:
29. Januar 2013
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm,
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck und die Richter Dr. Kirchhoff,
Dr. Bacher und Dr. Deichfuß

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerinnen wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 14. Januar 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die in der Schweiz ansässige Klägerin zu 1 befasst sich mit der Entwicklung , Herstellung und dem Verkauf beschichteter Papierwaren und Folien. Sie vertreibt unter anderem in Deutschland Trägermaterial für Kartenformulare in Endlosform. Die Klägerin zu 2, die ihren Geschäftssitz ebenfalls in der Schweiz hat und zur Unternehmensgruppe der Klägerin zu 1 gehört, ist Inhaberin von Patenten, die bestimmte Formulare zur Übermittlung eines Anschreibens zusammen mit einem Mitgliedsausweis oder dergleichen sowie das Trägermaterial für diese Kartenformulare unter Schutz stellen. Die in Italien ansässige Beklagte entwickelt, produziert und vertreibt Laminate und veredelte Folien verschiedener Art.
2
Mit anwaltlichem Schreiben vom 20. März 2007 beanstandete die Beklagte das Vertriebsverhalten der Klägerin zu 1 und deren Weigerung, Patentlizenzen zu erteilen, als kartellrechtswidrig. Daraufhin erhoben die Klägerinnen die vorliegende negative Feststellungsklage, mit der sie im Berufungsrechtszug zuletzt beantragt haben, 1. festzustellen, dass die Klägerin zu 1 nicht verpflichtet ist, ihre gegenwärtige Verkaufspraxis hinsichtlich der Rabattierung und Ausgestaltung der Vertriebsverträge zu unterlassen,
a) soweit die Klägerin zu 1 ihren Kunden durch proportional zu den gekauften Mengen steigende Skonti Anreize für den Bezug der Materialien FOFIPLAST, FISCOLL und/oder FISTOP TM bietet, und/oder
b) soweit die Klägerin zu 1 ihren Kunden im Rahmen der Vertriebsverträge patentgeschütztes selbstklebendes Material zur Verarbeitung von Formularen anbietet, ohne diesen Kunden eine Lizenz einzuräumen, welche zum Bezug dieses Materials von anderen Anbietern berechtigen würde, wenn es sich bei den Formularen um solche handelt, die unter den Schutzbereich des europäischen Patents 0 690 794 fallen, und wenn das selbstklebende Material unter den Schutzbereich des europäischen Patents 0 836 953 fällt; hilfsweise zu 1 a): festzustellen, dass die Klägerin zu 1 nicht verpflichtet ist, ihre gegenwärtige Verkaufspraxis hinsichtlich der Rabattierung und Ausgestaltung der Vertriebsverträge zu unterlassen,
a) soweit die Klägerin zu 1 ihren Kunden durch proportional zu den gekauften Mengen steigende Skonti-Anreize für den Bezug der Materialien FOFIPLAST, FISCOLL und/oder FISTOP TM bietet, indem sie erklärt : "Wie im vergangenen Jahr gewähren wir Ihnen auch im Jahr 2007 folgenden Bonus: Umsatz auf FOFIPLAST, FISCOLL und FISTOP TMProdukte : Ab CHF 250.000 -2%, ab CHF 500.000 -3,5%" 2. festzustellen, dass der Beklagten im Hinblick auf die zu 1 a) und b) beschriebenen Verhaltensweisen weder ein Beseitigungsanspruch für früheres Verhalten noch ein Schadensersatzanspruch zusteht; 3. festzustellen, dass die Klägerin zu 2 nicht verpflichtet ist, der Beklagten eine Lizenz bezüglich der europäischen Patente 0 690 794 und 0 836 953 zur Herstellung und/oder Vermarktung von Formularen mit heraustrennbarer Karte mit Ethylenvinylazetat (EVA)-Schicht oder silikonmodifizierter Polyethylen (PE)-Schicht sowie von Trägermaterialien, die eine transparente PP-Deckschichtfolie sowie eine Permanent-Haftkleberschicht besitzen, zu gewähren.
3
Nach Erhebung der negativen Feststellungsklage haben die Beklagte und die Ritrama AG, eine in der Schweiz ansässige Tochtergesellschaft, über die die Beklagte ihre Produkte nach eigener Darstellung unter anderem in Deutschland vertreibt, vor dem Tribunale di Milano eine Leistungsklage eingereicht , mit der sie geltend machen, die Klägerinnen verhielten sich kartell- rechtswidrig, indem sie ihren Kunden proportional zu den Kaufmengen steigende Skonti gewährten. Die Beklagte und die Ritrama AG machen Schadensersatzansprüche in Höhe von 1,6 Mio. € geltend und beantragen ferner, die Klägerin zu 2 zur Erteilung von Lizenzen an den in Rede stehenden Patenten zu verurteilen. Über die Leistungsklage ist noch nicht entschieden.
4
Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wenden sich die Klägerinnen mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
5
Mit Beschluss vom 1. Februar 2011 hat der Senat dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt (BGH, WuW/E DE-R 3233 - Trägermaterial für Kartenformulare): Ist Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen [Brüssel-I-VO] dahingehend auszulegen, dass der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung auch für eine negative Feststellungsklage eröffnet ist, mit der vom potenziellen Schädiger geltend gemacht wird, dass dem potenziellen Geschädigten aus einem bestimmten Lebenssachverhalt keine Ansprüche aus unerlaubter Handlung (hier: Verstoß gegen kartellrechtliche Vorschriften) zustehen?
6
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat diese Frage wie folgt beantwortet (EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - C-133/11, GRUR 2013, 98 - Folien Fischer AG, Fofitec AG/Ritrama SpA): Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass eine negative Feststellungsklage mit dem Antrag, festzustellen, dass keine Haftung aus einer unerlaubten Handlung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, besteht, unter diese Bestimmung fällt.
7
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Klägerinnen ihre in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte verneint und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der allein in Betracht kommende Deliktsgerichtsstand nach Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO sei für eine negative Feststellungsklage, wie sie hier erhoben sei, nicht gegeben , da mit dieser geltend gemacht werde, dass im Inland gerade keine unerlaubte Handlung begangen worden sei.
9
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
10
1. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bestimmt sich vorliegend nach der Brüssel-I-Verordnung, weil die Beklagte ihren Geschäftssitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hat (Art. 2 Abs. 1, Art. 60 Abs. 1 Brüssel-I-VO). Dass die Klägerinnen nicht in einem Mitgliedstaat, sondern in der Schweiz ansässig sind, ändert hieran nichts (EuGH, Urteil vom 1. März 2005 - C-281/02, Slg. 2005, I-1383 = RIW 2005, 292 Rn. 23 ff. - Andrew Owusu; Urteil vom 13. Juli 2000 - C-412/98, Slg. 2000, I-5925 = NJW 2000, 3121 Rn. 33 ff. - Group Josi).
11
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem mit der negativen Feststellungsklage verbundenen Tausch der Parteirollen. Wer im Sinne von Art. 2 Brüssel-I-VO Beklagter ist, richtet sich nicht nach der materiellen Schuldnerposition , sondern nach der formalen Parteistellung (zu Art. 2 des insoweit inhaltsgleichen Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 [nachfolgend: EuGVÜ] BGH, Urteil vom 11. Dezember 1996 - VIII ZR 154/95, BGHZ 134, 201, 205 mwN; Mankowski in Rauscher, Eu- ropäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 2 Brüssel-I-VO Rn. 6; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Aufl., Art. 2 EuGVVO Rn. 1).
12
2. Gemäß Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO kann eine Person, die ihren Sitzim Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, vor dem Gericht desjenigen Ortes verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (nachfolgend: Gerichtshof) ist der Begriff der unerlaubten Handlung autonom auszulegen. In diesem Gerichtsstand sind alle Klagen zulässig, mit denen eine Schadenshaftung geltend gemacht wird, die nicht an einen Vertrag im Sinne des Art. 5 Nr. 1 Brüssel-I-VO anknüpft (vgl. zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ EuGH, Urteil vom 1. Oktober 2002 - C-167/00, NJW 2002, 3617 Rn. 35 f. - Henkel, mwN). Der Begriff des Vertrags wiederum bezieht sich auf freiwillig gegenüber einer anderen Person eingegangene Verpflichtungen (EuGH, Urteil vom 20. Januar 2005 - C-27/02, Slg. 2005, I-499 = NJW 2005, 811 Rn. 50 f. - Engler, mwN). Unter den Begriff der unerlaubten Handlung fallen somit auch Kartelldelikte (Rehbinder in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 130 Rn. 340; Fezer/Koos in Staudinger, BGB, Internationales Kartellprivatrecht [2010] Rn. 374; Kropholler aaO Art. 5 EuGVVO Rn. 74). Erfasst werden neben Ansprüchen auf Geldersatz auch Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche (EuGH, NJW 2002, 3617 Rn. 44 ff. - Henkel; BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 163/02, NJW 2005, 1435 - Hotel Maritim; Urteil vom 24. Oktober 2005 - II ZR 329/03, NJW 2006, 689; Urteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 13; Gottwald in MünchKomm.ZPO, 3. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 56; Leible in Rauscher, Europäisches Zivilprozessrecht , 2. Aufl., Art. 5 Brüssel-I-VO Rn. 80; Kropholler aaO Rn. 74).
13
3. Wie der Gerichtshof auf den Vorlagebeschluss des Senats hin entschieden hat, fällt unter Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO auch eine Klage mit dem An- trag festzustellen, dass keine Haftung aus einer unerlaubten Handlung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, besteht. Danach hat das Berufungsgericht seine internationale Zuständigkeit zu Unrecht verneint.
14
a) Auch bei der negativen Feststellungsklage wird der Streitgegenstand durch die Anträge der klagenden Partei und den zur Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt festgelegt. Diese bestimmen das Rechtsverhältnis, dessen Nichtbestehen Gegenstand der gerichtlichen Feststellung sein soll. Dagegen ist der Umfang der vorgerichtlichen Berühmung des Beklagten lediglich für die Frage von Bedeutung, ob das erforderliche Feststellungsinteresse vorliegt (BGH, Urteil vom 16. September 2008 - VI ZR 244/07, NJW 2009, 751 = GRUR 2009, 83 Rn. 12 ff.). Maßgeblich ist mithin, wo das schädigende Ereignis, dessen Beurteilung die klagende Partei erstrebt, eingetreten ist oder einzutreten droht. Der Begriff "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" in Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO erfasst nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sowohl den Ort, an dem der Schaden eingetreten ist (Erfolgsort), als auch den Ort des ursächlichen Geschehens (Handlungsort; st. Rspr.; vgl. nur EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - C-509/09 u.a., WRP 2011, 1571 Rn. 41 - eDate Advertising, mwN).
15
b) Im Streitfall liegt der Erfolgsort des streitgegenständlichen Verhaltens (auch) in Deutschland. Die Klage ist mit den Anträgen zu 1 und 2 darauf gerichtet festzustellen, dass der Beklagten gegen die Klägerin zu 1 weder Unterlassungsansprüche noch Schadensersatz- oder Beseitigungsansprüche wegen bestimmter, näher beschriebener Verkaufspraktiken der Klägerin zu 1 zustehen. Zur Begründung dieses Begehrens haben die Klägerinnen vorgetragen, dass die Beklagte diese Praktiken als kartellrechtswidrig beanstandet hat. Da die Parteien auch in Deutschland im Wettbewerb stünden und vor allem der deutsche Vertrieb betroffen sein könne, strebe sie eine Klärung durch die deutsche Gerichtsbarkeit an. Der Antrag zu 3 ist auf die Feststellung gerichtet, dass die Klägerin zu 2 nicht verpflichtet ist, der Beklagten eine Lizenz an bestimmten Patenten einzuräumen. Hierzu haben die Klägerinnen ausgeführt, die Voraussetzungen für einen solchen, aus dem Kartellrecht abgeleiteten Anspruch gegen die Klägerin zu 2 lägen nicht vor.
16
Die von den Klägerinnen gestellten Anträge beziehen sich demnach jedenfalls auch auf den deutschen Markt. Damit liegt der Erfolgsort des Verhaltens der Klägerinnen, dessen rechtliche Beurteilung den Gegenstand der Klage bildet, auch in Deutschland, weil die Parteien nach dem insoweit maßgeblichen Vorbringen der Klägerinnen auf dem deutschen Markt im Wettbewerb stehen und sich etwaige - von ihnen in Abrede gestellte - wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen der Klägerinnen unmittelbar auf dem deutschen Markt auswirken. Dies gilt sowohl für das von der Klägerin zu 1 praktizierte Rabattsystem als auch für die Weigerung der konzernangehörigen Klägerin zu 2, der Beklagten eine Lizenz an den im Antrag in Bezug genommenen Patenten einzuräumen. Nach dem insbesondere bei Kartelldelikten - im Gleichklang mit der Kollisionsregelung in Art. 6 Abs. 3 Buchst. a der Rom-II-Verordnung - für die Bestimmung des Erfolgsorts maßgeblichen Auswirkungsprinzip (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1979 - KZR 21/78, NJW 1980, 1224, 1225 - BMW-Importe; Rehbinder in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 130 Rn. 334; Fezer/Koos in Staudinger, BGB, Internationales Kartellprivatrecht [2010] Rn. 369 ff.; OLG Hamburg, GRUR-RR 2008, 31) begründet dies einen Erfolgsort in Deutschland. Der Vortrag der Beklagten, tatsächlich stünden die Parteien auf dem deutschen Markt nicht im Wettbewerb, ist für die Frage der internationalen Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO nicht maßgeblich.
17
4. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Entgegen der Auffassung der Beklagten , auf die sich die Revisionserwiderung stützt, fehlt es nicht am erforderlichen Feststellungsinteresse, das auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urteil vom 8. Juli 1955 - I ZR 201/53, BGHZ 18, 98, 106; Urteil vom 13. Juni 2012 - I ZR 228/10, GRUR 2012, 1273 Rn. 12 - Stadtwerke Wolfsburg).
18
Das rechtliche Interesse für die Erhebung einer negativen Feststellungsklage ist gegeben, wenn sie zur Abwehr einer Abmahnung oder sonstigen Rechtsberühmung, die die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen des Abgemahnten berührt, erhoben ist und an der Ernsthaftigkeit des Verlangens des Abmahnenden keine Zweifel bestehen können (BGH, Urteil vom 13. Juni 2012 - I ZR 228/10, GRUR 2012, 1273 Rn. 12 - Stadtwerke Wolfsburg; Urteil vom 12. Juli 2011 - X ZR 56/09, GRUR 2011, 995 Rn. 15 - Besonderer Mechanismus ; Urteil vom 12. Juli 1995 - I ZR 85/93, GRUR 1995, 697, 699 - Funny Paper ). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
19
Die Beklagte hat in dem vorgerichtlichen Schreiben vom 20. März 2007 der Klägerin zu 1 vorgeworfen, sie behindere sie durch ihre Verkaufspraktiken sowie dadurch, dass sie die Vergabe von Lizenzen ohne vernünftigen Grund verweigere. Das Verhalten der Klägerin zu 1 führe bei ihr - der Beklagten - und ihren Tochterunternehmen zu erheblichen Beeinträchtigungen, weswegen sie förmlich aufgefordert werde, solches Verhalten unverzüglich einzustellen. Der Bemerkung, die Beklagte wünsche die Meinungsverschiedenheiten gütlich beizulegen , schloss sich der Hinweis an, sie habe den Auftrag zu gerichtlichem Vorgehen erteilt, wenn nicht binnen 20 Tagen eine positive Antwort eintreffe.
20
Der Umstand, dass sich aus dem Schreiben möglicherweise nicht eindeutig ergibt, ob sich die erhobenen kartellrechtlichen Vorwürfe auch auf Vorgänge auf dem deutschen Markt beziehen, ändert nichts daran, dass dieses Schreiben auch für Deutschland eine Ungewissheit über die kartellrechtliche Zulässigkeit der beanstandeten Verhaltensweisen hervorgerufen hat, die ein Interesse an der gerichtlichen Klärung begründete. Das gilt nicht nur für mögliche Unterlassungsansprüche, sondern auch für Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche. Ob die Beklagte selbst auf dem deutschen Markt auftritt, ist nicht ausschlaggebend, weil sie in dem Schreiben ausdrücklich auch auf Nach- teile verweist, die ihren europäischen Tochterunternehmen aus dem beanstandeten Verhalten entstünden. All dies gilt nicht nur für die Klägerin zu 1 als Adressatin des Schreibens, sondern auch für die Klägerin zu 2, die Inhaberin der in dem Schreiben angesprochenen Schutzrechte ist.
21
Der Einwand der Beklagten, die von den Klägerinnen im Berufungsrechtszug gestellten Anträge seien gegenüber dem ursprünglichen Klagebegehren erheblich enger gefasst und hätten mit dem Schreiben vom 20. März 2007 nichts mehr zu tun, greift nicht durch. Die Beklagte hat in diesem Schreiben das beanstandete Verhalten nur in recht allgemeiner Form umschrieben. Sie hat auch im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht etwa klargestellt, dass die in jenem Schreiben erhobenen Vorwürfe die Verhaltensweisen nicht umfassen, die Gegenstand der zuletzt gestellten Anträge der Klägerinnen sind. Vielmehr haben die Beklagte und ihre auf dem deutschen Markt tätige Tochtergesellschaft nach Erhebung der negativen Feststellungsklage vor dem Tribunale di Milano eine Leistungsklage gegen die hiesigen Klägerinnen eingereicht, in der sie diesen vorwerfen, sie handelten kartellrechtswidrig, indem sie ihren Kunden proportional zu den Kaufmengen steigende Skonti gewährten und ihre Produkte nicht "verkauften", sondern Zwischenunternehmen eine Lizenz für den Gebrauch der Verarbeitungsmethode erteilten. Sie haben dort ferner die Ansicht vertreten, sie hätten einen kartellrechtlich begründeten Anspruch auf Einräumung einer Lizenz an den betreffenden Schutzrechten. Der Klageschrift lässt sich nicht entnehmen, dass diese Vorwürfe nicht auch für den deutschen Markt erhoben werden. Damit ist die durch das Schreiben vom 20. März 2007 begründete Ungewissheit auch nicht nachträglich entfallen.
22
Der weitere Einwand der Beklagten, es fehle an einem Feststellungsinteresse der Klägerin zu 1 hinsichtlich des Klageantrags zu 3 und an einem Feststellungsinteresse der Klägerin zu 2 hinsichtlich der Klageanträge zu 1 und 2 ist ebenfalls unbegründet. Die Anträge sind ersichtlich dahin zu verstehen, dass die Feststellung, die Gegenstand der Anträge zu 1 und 2 ist, nur von der Klägerin zu 1, und die Feststellung, die Gegenstand des Antrags zu 3 ist, nur von der Klägerin zu 2 begehrt wird.
23
5. Da Feststellungen zur Begründetheit der negativen Feststellungsklage nicht getroffen sind, kann der Senat nicht selbst entscheiden. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen nachgeholt werden können.
24
III. Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
25
Den in der Berufungsinstanz gestellten Anträgen lässt sich nicht mit der erforderlichen Klarheit entnehmen, ob damit das Nichtbestehen von Unterlassungs -, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüchen und von Ansprüchen auf Lizenzerteilung nur für Deutschland oder auch für andere europäischen Staaten - und gegebenenfalls für welche - geltend gemacht werden soll. Den Klägerinnen wird - auch im Hinblick auf die erforderliche Bestimmtheit der Anträge - Gelegenheit zu geben sein, dies klarzustellen.
26
Sollte sich ergeben, dass die negative Feststellungsklage sich auch auf andere Staaten als die Bundesrepublik Deutschland beziehen soll, wird das Berufungsgericht die Reichweite seiner Kognitionsbefugnis zu prüfen haben (vgl. dazu Leible in Rauscher, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 5 Brüssel-I-VO Rn. 92; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 20; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., Einl. B Rn. 8a; Glöckner in: Harte/Henning, UWG, 2. Aufl., Einl. Rn. D 25; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht , 8. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 85; Mankowski, RIW 2008, 177, 191 mwN auch zur Gegenauffassung).
Bornkamm Meier-Beck Kirchhoff
Bacher Deichfuß
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 09.05.2008 - 315 O 410/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 14.01.2010 - 3 U 133/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2013 - KZR 8/10

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
Bundesgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2013 - KZR 8/10 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

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HOTEL MARITIME
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a) Zur Begründung der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte nach
Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ reicht es aus, daß die Verletzung des geschützten
Rechtsguts im Inland behauptet wird und diese nicht von vornherein ausgeschlossen
ist. Die Zuständigkeit ist nicht davon abhängig, daß eine Rechtsverletzung
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b) Nicht jedes im Inland abrufbare Angebot ausländischer Dienstleistungen im
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und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und
Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 2. Mai 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, die seit Anfang der 70er Jahre die Angabe "MARITIM" zur Bezeichnung ihres Geschäftsbetriebs verwendet, betreibt in Deutschland 40 Hotels.
Sie ist Inhaberin der am 8. November 1991 und am 6. Februar 1992 u.a. für "Betrieb von Hotels, gastronomischen Betrieben" eingetragenen Marken Nr. 1 182 140 und Nr. 2 009 048 "MARITIM".
Die Beklagte führt seit 1994 in Kopenhagen ein Hotel-Garni mit der Bezeichnung "HOTEL MARITIME". Seit 1996 unterhält sie die Domain "www.hotelmaritime.dk". Auf ihrer Homepage stellt sie in dänischer, englischer und deutscher Sprache ihr Hotel dar und bietet die Möglichkeit zu Online-Hotelreservierungen und -buchungen in deutscher Sprache. Für ihr Hotel wirbt sie mit einem mehrsprachigen, auch in deutscher Sprache verfaßten Hotelprospekt, den sie auf Anfrage nach Deutschland versendet.
Die Beklagte ist Inhaberin der für "Hotel- und Gastronomiebetrieb, Vermietung von Versammlungslokalen" mit Priorität vom 4. November 1999 eingetragenen dänischen Marke Nr. VB 2000 00763 "HOTEL MARITIME".
Die Klägerin sieht eine Verletzung ihrer Kennzeichenrechte und eine wettbewerbswidrige Ausnutzung ihres guten Rufs in der Werbung der Beklagten im Internet und der Versendung des Hotelprospekts nach Deutschland.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,

a) im kaufmännischen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland sich zur Bezeichnung des von ihr betriebenen Hotels der Bezeichnung "HOTEL MARITIME" zu bedienen,

b) sich der Internet-Domain www.hotel-maritime.dk zu bedienen , soweit unter diesem Domain-Namen in deutscher Sprache für das "HOTEL MARITIME" in Kopenhagen geworben wird.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat wegen des Antrags zu b) die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gerügt und die Ansicht vertreten, ihr von der Klägerin beanstandetes Verhalten weise keinen ausreichenden Inlandsbezug auf.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Hamburg GRUR Int. 2002, 163). Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen (OLG Hamburg Mitt. 2003, 39).
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie weiterhin eine Verurteilung der Beklagten nach den Klageanträgen erstrebt. Die Beklagte beantragt , die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht, die von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsansprüche jedoch als unbegründet angesehen. Hierzu hat es ausgeführt:
Nach dem Schutzlandprinzip, nach dem bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten das Recht des Staates anwendbar sei, für dessen Gebiet Schutz in Anspruch genommen werde, sei deutsches Recht anwendbar. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch stehe der Klägerin jedoch weder nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 oder § 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG noch nach §§ 1, 3 UWG a.F. zu, weil es an einem hinreichenden Inlandsbezug fehle. Die Beklagte könne
ihre Dienstleistungen nur am Standort ihres Hotels in Kopenhagen erbringen und nicht im räumlichen Schutzbereich der Kennzeichenrechte der Klägerin. Zwar könnten auch werbliche Aktivitäten im Inland zu einer Verletzung inländischer Kennzeichenrechte führen. Wegen der Möglichkeit des weltweiten Abrufs der Informationen aus dem Internet sei zur räumlichen Beschränkung des ansonsten unbegrenzten Kennzeichenschutzes eine Abwägung der wechselseitigen Interessen erforderlich. Dabei sei auf die Schutzbedürftigkeit des Kennzeicheninhabers und die Intensität des Inlandsbezugs abzustellen. Auch wenn die Werbung der Beklagten in deutscher Sprache verfaßt sei, spreche gegen einen ausreichenden Inlandsbezug, daß die Beklagte ihre Dienstleistungen nur in Kopenhagen erbringen könne und die wirtschaftlichen Auswirkungen der angegriffenen Verhaltensweisen auf die geschäftliche Tätigkeit der Klägerin in Deutschland nur marginal seien.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei von der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte ausgegangen. Die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte (vgl. BGHZ 153, 82, 84 f.; BGH, Urt. v. 20.11.2003 - I ZR 102/02, TranspR 2004, 74, 75 = MDR 2004, 761) folgt aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ. Das EuGVÜ ist im Streitfall auch nach dem Inkrafttreten der EuGVVO im Verhältnis der übrigen Mitgliedsstaaten zu Dänemark unabhängig vom Zeitpunkt der Klageerhebung anwendbar, weil Dänemark sich an der EuGVVO nicht beteiligt hat (Erwägungsgründe Nr. 21, Art. 1 Abs. 3 EuGVVO, Art. 1 EuGVÜ).
Nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichsteht, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Unter die Zuständigkeit des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ fallen Klagen, die Unterlassungsansprüche wegen Kennzeichenverletzung zum Gegenstand haben (Staudinger/Fezer, Internationales Wirtschaftsrecht, Rdn. 789; Stauder, GRUR Int. 1976, 465, 473; Kieninger, GRUR Int. 1998, 280, 282), und Klagen aufgrund unerlaubter Wettbewerbshandlungen (BGH, Urt. v. 11.2.1988 - I ZR 201/86, GRUR 1988, 483, 485 - AGIAV; Harte/Henning/Retzer, UWG, § 14 Rdn. 79; Baumbach/Hefermehl/Köhler, UWG, 23. Aufl., Einl. Rdn. 5.32). Der Ort des schädigenden Ereignisses i.S. von Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ liegt in Deutschland, weil hier die (behauptete) Verletzung des geschützten Rechtsguts eingetreten ist. Ob für die Begründung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ - gleiches würde für Art. 5 Nr. 3 EuGVVO gelten - aufgrund einer Kennzeichenverletzung im Internet erforderlich ist, daß sich der Internetauftritt bestimmungsgemäß auch auf das Inland richtet, ist umstritten (bejahend Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., Einl. Rdn. 216; v. Schultz, Markenrecht , Anh. zu § 5 Rdn. 21; Baumbach/Hefermehl/Köhler aaO § 14 Rdn. 16; Ubber, Markenrecht im Internet, S. 210; Hoeren, NJW 1998, 2849, 2851; zu § 32 ZPO, § 24 UWG a.F.: OLG Frankfurt CR 1999, 450; OLG Bremen CR 2000, 770, 771; LG Düsseldorf GRUR 1998, 159, 160; a.A. OLG Karlsruhe MMR 2002, 814, 815 - Intel; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., Einl. Rdn. 48; Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 141 Rdn. 8; Bettinger /Thum, GRUR Int. 1999, 659, 669; zu § 32 ZPO, § 24 UWG a.F.: KG NJW 1997, 3321; OLG München CR 2002, 449, 450). Die Frage braucht im Streitfall
nicht abschließend entschieden zu werden, obwohl viel für eine Begrenzung einer ansonsten bestehenden Vielzahl von Gerichtsständen auf diejenigen spricht, in deren Zuständigkeitsbereich eine Interessenkollision tatsächlich eingetreten sein kann. Denn die unter der Internet-Domain abrufbare Homepage der Beklagten richtet sich auch inhaltlich bestimmungsgemäß an die Verkehrskreise im Inland. Die Beklagte wirbt in ihrem Internetauftritt in deutscher Sprache für ihr Hotel und wendet sich mit der Werbung daher auch an das deutsche Publikum, für das sie zusätzlich eine Online-Reservierungs- und Buchungsmöglichkeit bereithält.
Die Zuständigkeit ist nicht davon abhängig, daß durch die Benutzung eines Kennzeichens im Internet tatsächlich eine Verletzung des nationalen Rechts erfolgt. Es reicht vielmehr aus, daß eine Verletzung behauptet wird und diese nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann (vgl. Bettinger/Thum, GRUR Int. 1999, 659, 665; Kur, WRP 2000, 935, 936).
Soweit der Unterlassungsanspruch zu a) auch an die Versendung des Hotelprospekts anknüpft, ist die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ebenfalls gegeben. Der in deutscher Sprache gehaltene Hotelprospekt, den die Beklagte auf Anfrage nach Deutschland versendet, wird bestimmungsgemäß im Inland verbreitet (vgl. BGH, Urt. v. 3.5.1977 - VI ZR 24/75, GRUR 1978, 194, 195 = WRP 1977, 487 - profil; Großkomm.UWG/Erdmann, § 24 Rdn. 31; Harte/ Henning/Retzer aaO § 14 Rdn. 62).
2. Das Berufungsgericht hat zu Recht Unterlassungsansprüche der Klägerin aus ihren Marken nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG und ihrem Unternehmenskennzeichen nach § 5 Abs. 2, § 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG gegen den Auftritt der Beklagten unter der Internet-Domain "www.hotel-maritime.dk"
und gegen die Verwendung der Bezeichnung "HOTEL MARITIME" verneint, weil es an einer relevanten Verletzungshandlung im Inland fehle. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg mit der Begründung, das Berufungsgericht habe zu hohe Anforderungen an den Inlandsbezug gestellt.

a) Nach dem im Immaterialgüterrecht maßgeblichen Territorialitätsprinzip richtet sich der Schutz der inländischen Kennzeichen der Klägerin nach dem Recht des Schutzlandes und damit nach deutschem Recht (vgl. BGHZ 41, 84, 87 - Maja; zur Verfügung über eine inländische Marke: BGH, Urt. v. 2.5.2002 - I ZR 300/99, GRUR 2002, 972, 973 = WRP 2002, 1156 - FROMMIA; Fezer aaO Einl. Rdn. 80; Ingerl/Rohnke aaO Einl. Rdn. 15; v. Schultz aaO Einf. Rdn. 78; Kur, WRP 2000, 935, 936). Aufgrund des Territorialitätsprinzips ist der Schutzbereich einer inländischen Marke oder eines inländischen Unternehmenskennzeichens auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt (Fezer aaO Einl. Rdn. 80; Ingerl/Rohnke aaO § 14 Rdn. 40 und § 15 Rdn. 21; Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 5 Rdn. 76 und § 14 Rdn. 10; v. Schultz aaO Einf. Rdn. 78). Ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG oder § 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG setzt deshalb eine das Kennzeichenrecht verletzende Benutzungshandlung im Inland voraus. Diese ist regelmäßig gegeben, wenn im Inland unter dem Zeichen Waren oder Dienstleistungen angeboten werden (§ 14 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 MarkenG; vgl. auch: BGH, Urt. v. 19.1.1989 - I ZR 217/86, GRUR 1990, 361, 363 - Kronenthaler).

b) Nicht jede Kennzeichenbenutzung im Internet ist jedoch dem Schutz von Kennzeichen gegen Verwechslungen nach der nationalen Rechtsordnung unterworfen. Ansonsten würde dies zu einer uferlosen Ausdehnung des Schutzes nationaler Kennzeichenrechte und - im Widerspruch zur Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 EG (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 6.11.2003 - Rs. C-243/01, NJW
2004, 139, 140 Tz. 54 f. - Gambelli) - zu einer unangemessenen Beschränkung der Selbstdarstellung ausländischer Unternehmen führen (vgl. auch Fezer aaO Einl. Rdn. 215; Ingerl/Rohnke aaO Einl. Rdn. 54; Omsels, GRUR 1997, 328, 337; Völker/Weidert, WRP 1997, 652, 662; Kur, WRP 2000, 935, 937). Damit einhergehen würde eine erhebliche Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten von Kennzeichenrechten im Internet, weil die Inhaber verwechslungsfähiger Kennzeichenrechte, die in verschiedenen Ländern geschützt sind, unabhängig von der Prioritätslage wechselseitig beanspruchen könnten, daß die Benutzung des Kollisionszeichens unterbleibt. Die Anwendung des Kennzeichenrechts in solchen Fällen darf nicht dazu führen, daß jedes im Inland abrufbare Angebot ausländischer Dienstleistungen im Internet bei Verwechslungsgefahr mit einem inländischen Kennzeichen kennzeichenrechtliche Ansprüche auslöst. Erforderlich ist vielmehr, daß das Angebot einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug (von der WIPO als "commercial effect" bezeichnet) aufweist (vgl. OLG Karlsruhe MMR 2002, 814, 816; Bettinger/Thum, GRUR Int. 1999, 659, 673 f.; für die Notwendigkeit einer Spürbarkeit des Eingriffs: Fezer aaO Einl. Rdn. 217; Kur, WRP 2000, 935, 937).
Von einem auch die inländischen Verkehrskreise ansprechenden Angebot der Beklagten ist im Streitfall auszugehen. Die unter der beanstandeten Domain betriebene Homepage unterrichtet den Interessenten in deutscher Sprache über das Hotelangebot der Beklagten in Kopenhagen und erlaubt - ebenfalls in deutscher Sprache - Online-Reservierungen und -Buchungen.
Gleichwohl haben die Interessen der Klägerin an dem beanspruchten Verbot hinter denjenigen der Beklagten an der Werbung für ihr in Kopenhagen betriebenes Hotel unter der Domain "www.hotel-maritime.dk" zurückzutreten. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungs-
gerichts sind die wirtschaftlichen Auswirkungen der Werbung und des Angebots der Leistungen der Beklagten für ihr Stadthotel in Kopenhagen auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin in Deutschland nur geringfügig. Ist die Beeinträchtigung der Klägerin aufgrund des Angebots der ausländischen Dienstleistungen der Beklagten im Inland aber nur unwesentlich und ist deshalb von einem Fehlen wirtschaftlicher Auswirkungen auf den Schutz der Kennzeichenrechte der Klägerin auszugehen, haben ihre Interessen im Rahmen einer Gesamtabwägung zurückzutreten.

c) Die auf Einzelanfragen erfolgte Versendung von Hotelprospekten nach Deutschland begründet ebenfalls keinen ausreichenden Inlandsbezug. Insoweit gelten die vorstehenden Erwägungen entsprechend. Auch bei einem in Druckwerken enthaltenen Angebot ausländischer Dienstleistungen im Inland ist es erforderlich, daß die Beeinträchtigung des Inhabers eines inländischen Kennzeichens nicht unwesentlich ist (vgl. Ingerl/Rohnke aaO Einl. Rdn. 54; zu der gelegentlichen Verbreitung von Zeitschriften: BGH, Urt. v. 23.10.1970 - I ZR 86/69, GRUR 1971, 153, 154 - Tampax; mit Anm. Droste, GRUR 1971, 155, 156).
Nach der Art des Geschäftsbetriebs der Beklagten liegt die Annahme fern, deren werbliche Aktivitäten im Inland führten zu einem eigenen kennzeichenrechtlichen Schutz gemäß Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1, Art. 8 PVÜ, dem die prioritätsälteren Rechte der Klägerin entgegenstünden.
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch auf das UWG gegründete Ansprüche schon mangels eines hinreichenden Inlandsbezugs nicht für gegeben erachtet (vgl. BGH, Urt. v. 13.5.2004 - I ZR 264/00, WRP 2004, 1484, 1485 - Rotpreis-Revolution). Es bedarf deshalb keiner Erörterung, ob im Streitfall für
die Anwendung des UWG neben den kennzeichenrechtlichen Vorschriften Raum ist (vgl. BGHZ 149, 191, 195 - shell.de; BGHZ 153, 131, 146 ff. - Abschlußstück).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 329/03 Verkündet am:
24. Oktober 2005
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2; Brüssel I-VO Art. 5 Nr. 3

a) Für Unterlassungsklagen wegen einer Eigentumsbeeinträchtigung gemäß
§ 1004 BGB (hier: Eigentumsberühmung), die ein im EU-Ausland wohnender
Beklagter im Inland begangen hat und deren Wiederholung droht, sind die
deutschen Gerichte international zuständig gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVVO.

b) Berühmt sich jemand nicht gegenüber dem wahren Eigentümer, sondern gegenüber
außen stehenden Dritten, er sei Eigentümer einer Sache, kann sich
der dadurch in seinem Eigentum Betroffene mit der Unterlassungsklage gemäß
§ 1004 BGB wehren.
BGH, Urteil vom 24. Oktober 2005 - II ZR 329/03 - OLG Stuttgart
LG Ravensburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 24. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Strohn
und Caliebe

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. September 2003 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger, der im Besitz einer bedeutenden Kunstsammlung ist, erwarb im Jahr 1983 das von O. S. im Jahr 1931 gemalte Bild "Rote Mitte" von einer deutschen Galerie, die das Werk im Jahr 1959 im Rahmen einer Auktion in den Vereinigten Staaten ersteigert hatte. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass der Kläger - zumindest durch Ersitzung nach § 937 BGB - Eigentümer des Bildes ist, selbst wenn das Werk dem Künstler während der Zeit des Nationalsozialismus widerrechtlich entzogen worden sein sollte.
2
Die Mutter des Beklagten gehört zusammen mit der Streithelferin des Klägers zur Erbengemeinschaft O. S. . Der Beklagte, der in Belangen der Erbschaft die Interessen seiner Mutter vertritt, hat in einem als "vertraulich" gekennzeichneten, an einen Kunstverlag gerichteten Schreiben, das den Briefkopf "O. S. Sekretariat und Archiv ..." trägt, geäußert, der "Familiennachlass O. S. " sei Eigentümer des Bildes "Rote Mitte". Der hiervon durch den Kunstverlag unterrichtete Kläger verlangt von dem Beklagten , diese Behauptung zu unterlassen.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision ist nicht begründet.
5
1. Vergeblich rügt die Revision im Hinblick auf den Wohnsitz des Beklagten in Italien die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Die Zuständigkeit für den Unterlassungsanspruch des Klägers folgt aus Art. 5 Nr. 3 EuGVVO, der seit dem 1. März 2002 in Kraft ist und daher auf die im August 2002 erhobene Klage Anwendung findet.
6
a) Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: EuGH) legt den Begriff der "unerlaubten Handlung" und der "Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist", autonom und sehr weit aus. In diesem Gerichtsstand sind alle Klagen zulässig, mit denen eine Schadenshaftung geltend gemacht wird, die nicht an einen Vertrag i.S. des Art. 5 Nr. 1 EuGVVO anknüpft (EuGH, Urt. v. 1. Oktober 2002 - C 167/00, NJW 2002, 3617, 3618, Tz. 36 m.w.Nachw.). Abzugrenzen ist die unerlaubte Handlung ebenso wie die ihr gleichgestellte Handlung von einem Vertrag, d.h. von einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung. Hierunter fallen daher neben quasi-negatorischen Ansprüchen im Wettbewerbs- und im Immaterialgüterrecht gerade auch Ansprü- che aus § 1004 BGB, die eine Schadensentstehung durch Eigentumsbeeinträchtigungen verhindern bzw. zu deren Beseitigung dienen sollen (Rauscher, Europäisches Zivilrecht Art. 5 Brüssel I VO Rdn. 79, 80 m.w.Nachw.).
7
b) Durch die Formulierung "einzutreten droht" am Ende von § 5 Nr. 3 EuGVVO wird klargestellt, dass die Anwendung der Norm nicht von dem Vorliegen eines Schadens abhängt und daher auch eine vorbeugende Unterlassungsklage unter die Norm fällt (Zöller/Geimer, ZPO 25. Aufl. Anh. I Art. 5 EuGVVO Rdn. 25 m.w.Nachw.). Der EuGH (aaO Tz. 48, 49) hat bereits die Vorgängernorm (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) dahin ausgelegt, dass deren Anwendbarkeit nicht von dem tatsächlichen Vorliegen eines Schadens abhängig sei, obwohl im Text des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ ein erst drohender Schadenseintritt nicht aufgeführt war. Der EuGH hat dabei zur Begründung seiner Entscheidung auf den nunmehr geltenden Art. 5 Nr. 3 EuGVVO verwiesen (aaO Tz. 49).
8
c) Der Senat ist nicht zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH gemäß Art. 234 Abs. 3 EG verpflichtet.
9
Der Vorlage bedarf es dann nicht, wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage für den betreffenden Streitfall kein Raum bleibt, wobei das innerstaatliche Gericht einen Fall der Offenkundigkeit nur annehmen darf, wenn es überzeugt ist, dass auch für Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Gerichtshof die gleiche Gewissheit besteht (EuGH, Urt. v. 6. Oktober 1982 - C-283/81, NJW 1983, 1257, 1258). So liegt es hier. Angesichts der Begründung der Entscheidung des EuGH vom 1. Oktober 2002 (aaO) ist die erforderliche Offenkundigkeit der Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Unterlassungsklage gegeben.
10
2. Das Berufungsgericht hat zu Recht in dem Schreiben des Beklagten an den Kunstverlag W. GmbH nicht nur ein schlichtes Bestreiten des Eigentums, das einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB im Allgemeinen nicht auslösen kann (zu weitgehend MünchKomm-BGB/Medicus 4. Aufl. § 1004 Rdn. 29), sondern eine den Kläger beeinträchtigende Eigentumsanmaßung gesehen, der dieser mit einer gegen den Beklagten als Störer gerichteten Unterlassungsklage gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB begegnen kann.
11
a) In der Äußerung des Beklagten, der Familiennachlass O. S. sei Eigentümer des Bildes, die der Beklagte in seiner Eigenschaft als Interessenvertreter seiner Mutter in der Nachlassangelegenheit unter dem Briefkopf "O. S. Sekretariat und Archiv …" gegenüber dem Kunstverlag W. GmbH gemacht hat, liegt eine das Eigentum des Klägers beeinträchtigende Eigentumsberühmung. Gerade in Kunstkreisen ist eine derartige Äußerung geeignet, den Kläger in seinen Rechten gemäß § 903 BGB, mit dem Bild nach seinem Belieben zu verfahren, nachhaltig zu beeinträchtigen.
12
Entgegen der Ansicht der Revision steht der Annahme einer Eigentumsberühmung nicht entgegen, dass der Beklagte nicht geltend macht, selbst Eigentümer des Bildes zu sein, sondern diese Rechtsberühmung zugunsten des Nachlasses ausgesprochen hat, an dem er nicht beteiligt ist. Nimmt der Handelnde , wie hier, das Eigentum zugunsten konkreter, namentlich benannter Personen in Anspruch, mit denen er nicht nur familiär eng verbunden ist, sondern deren Eigentumsrechte er zudem nach Außen vertritt, beeinträchtigt dies das Recht des wahren Eigentümers ebenso, als wenn er sich das Eigentum selbst angemaßt hätte.
13
b) Zu Unrecht meint die Revision, eine derartige Rechtsberühmung begründe keinen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB. Zwar kann sie sich hierfür auf Stimmen im Schrifttum berufen (Soergel/Mühl, BGB 12. Aufl. § 1004 Rdn. 30; Bamberger/Roth/Fritzsche, BGB § 1004 Rdn. 38; PalandtBassenge , BGB 64. Aufl. § 1004 Rdn. 11 jeweils m.w.Nachw.). Diesen ist das Berufungsgericht aber mit Recht nicht gefolgt. Nach dessen zutreffender Ansicht löst nicht jede Berühmung einen Abwehranspruch aus; wohl aber kann der Eigentümer derartige die dingliche Rechtslage falsch darstellende Äußerungen verbieten lassen, die gegenüber Dritten fallen (s. hierzu Staudinger/Gursky, BGB [1999] § 1004 Rdn. 31; Bauer/Stürner, Sachenrecht, 17. Aufl. § 12 Rdn. 6). Denn dadurch wird er nicht nur unmittelbar in seiner Eigentümerstellung betroffen, er kann die Beeinträchtigung auch nicht anders als durch eine Unterlassungsklage verhindern. Mit einer gegenüber dem Störer erhobenen Feststellungsklage könnte er weiteren Rechtsberühmungen nicht wirksam entgegenwirken.
14
c) Unentschieden bleiben kann entgegen der Ansicht der Revision, ob es sich bei der Äußerung des Beklagten um eine Tatsachenbehauptung oder eine Meinungsäußerung handelt. Angesichts des Eigentums des Klägers wäre, wie aus Art. 5 Abs. 2 GG folgt, eine das Eigentum beeinträchtigende Äußerung auch vom Recht auf Meinungsfreiheit nicht umfasst.
Goette Kurzwelly Gehrlein
Strohn Caliebe
Vorinstanzen:
LG Ravensburg, Entscheidung vom 07.02.2003 - 4 O 354/02 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 23.09.2003 - 12 U 42/03 -
13
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs sind die Begriffe "unerlaubte Handlung" und "Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist" in Art. 5 Nr. 3 EuGVVO autonom und weit auszulegen. In diesem Gerichtsstand sind alle Klagen zulässig, mit denen eine Schadenshaftung geltend gemacht wird, die nicht an einen Vertrag im Sinne des Art. 5 Nr. 1 EuGVVO anknüpft (vgl. EuGH, Urteile vom 25. Oktober 2011 - Rs. C-509/09, AfP 2011, 565 Rn. 38 - eDate Advertising; zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ: EuGH, Urteil vom 1. Oktober 2002 - Rs. C-167/00, NJW 2002, 3617 Rn. 36 - Henkel, jeweils mwN). Abzugrenzen ist die unerlaubte Handlung ebenso wie die ihr gleichgestellte Handlung von einem Vertrag, d.h. von einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung. Unter den Begriff der unerlaubten Handlung fallen daher auch Persönlichkeitsrechts- oder Ehrverletzungen (vgl. EuGH, Urteile vom 25. Oktober 2011 - Rs. C-509/09, aaO Rn. 42 ff. - eDate Advertising; vom 7. März 1995 - Rs. C-68/93 - Slg. 1995, I-415 Rn. 17 ff. - Shevill). Erfasst werden neben Ansprüchen auf Geldersatz auch Unterlassungsansprüche. Auf den Eintritt eines Schadens kommt es nicht an. Ausweislich des Wortlauts des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO fallen auch vorbeugende Klagen in den Anwendungsbereich der Bestimmung (vgl. EuGH, Urteile vom 25. Oktober 2011 - Rs. C-509/09, aaO Rn. 35 - eDate Advertising; vom 1. Oktober 2002 - Rs. C-167/00, aaO Rn. 44 ff. - Henkel; BGH, Urteil vom 24. Oktober 2005 - II ZR 329/03, VersR 2006, 566; MünchKommZPO/Gottwald, 3. Aufl., Art. 5 EuGVVO, Rn. 56, 59).
12
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist Gegenstand des Rechtsstreits nicht allein die Frage der Rechtswidrigkeit einer bereits erfolgten (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 68, 331, 332 f.) oder aber für die Zukunft befürchteten Persönlichkeitsrechtsverletzung. Das in Form einer negativen Feststellungsklage geltend gemachte Begehren der Klägerin ist umfassender. Streitgegenstand einer negativen Feststellungsklage ist das Rechtsverhältnis, dessen Nichtbestehen die klagende Partei gerichtlich festgestellt wissen will (Zöller /Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., Einleitung, Rn. 78 m.w.N.). Dieses ist vorliegend der Anspruch der Beklagten auf Unterlassung der Aufführung und Verbreitung des Bühnenstücks "Ehrensache". Der Sache nach erstrebt die Klägerin die Feststellung, dass dieser Anspruch nicht besteht. Der Umstand, dass die Beklagte bislang nur einzelne Theater, nicht aber die Klägerin auf Unterlassung in Anspruch genommen hat, bedeutet nicht, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits kein Rechtsverhältnis besteht. Die Beklagte hat die von ihr gegenüber den Theatern erhobenen Unterlassungsansprüche nämlich nicht allein auf die Ausgestaltung der jeweiligen Inszenierung gestützt, sondern - ebenso wie im vorliegenden Rechtsstreit - die von ihr geltend gemachte Verletzung des Persönlichkeitsrechts in erster Linie in dem Theaterstück selbst gesehen. Ihr geht es nicht um ein Aufführungsverbot hinsichtlich bestimmter, das Persönlichkeitsrecht besonders beeinträchtigender Szenen oder Inszenierungen, sondern darum, generell eine Veröffentlichung und Verbreitung des von ihr beanstande- ten Dramas in der vorliegenden Fassung zu verhindern. Die Beklagte macht nicht etwa geltend, dass die Klägerin aus urheberrechtlichen Gründen das Werk nicht verbreiten dürfe (vgl. dazu BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 - I ZR 21/99 - aaO), sondern sieht vielmehr in der Verbreitung, zu der auch die Übertragung der Verwertungsrechte zählt, eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Damit stellt sich die Frage der Zulässigkeit der Verbreitung des Werks auch zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits, denn mit der Übertragung der Verwertungsrechte ist die Klägerin selbst unmittelbar an der Verbreitung beteiligt. Mithin betrifft die von der Beklagten beanspruchte Unterlassung auch ein zwischen ihr und der Klägerin bestehendes Rechtsverhältnis.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

12
a) Das rechtliche Interesse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO an der alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist Sachurteilsvoraussetzung und daher in jeder Lage des Verfahrens - auch in der Revisionsinstanz - von Amts wegen zu prüfen. Für die - hier vorliegende - negative Feststellungsklage ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben, wenn sie zur Abwehr einer Abmahnung oder sonstigen Rechtsberühmung erhoben ist. Die Klägerin kann dann grundsätzlich gerichtlich feststellen lassen, dass die Rechtsberühmung zu Unrecht erfolgt ist und die behaupteten Ansprüche nicht bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2011 - I ZR 56/09, GRUR 2011, 1117 Rn. 15 = WRP 2011, 1439 - ICE) oder dass sie an dem beanstandeten Verhalten nicht gehindert ist.
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses zu bejahen, wenn dem Recht oder der Rechtsposition des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Ungewissheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 27. Oktober 1998 - X ZR 92/96, NJW 1999, 430, 432; vom 22. März 1995 - XII ZR 20/94, NJW 1995, 2032, 2033; vom 10. Oktober 1991 - IX ZR 38/91, NJW 1992, 436, 437 jeweils mwN). Eine solche Gefahr ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn sich der Beklagte eines Anspruchs gegen den Klä- ger berühmt. Dafür ist nicht notwendigerweise erforderlich, dass der Beklagte behauptet, bereits eine durchsetzbare Forderung gegenüber dem Kläger zu haben. Dessen Rechtsstellung ist schon dann schutzwürdig betroffen, wenn geltend gemacht wird, aus dem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten Voraussetzungen, deren Eintritt noch ungewiss ist, ein Anspruch gegen ihn ergeben (BGH, NJW 1992, 436, 437). Demgegenüber enthält die bloße Ankündigung, unter bestimmten Voraussetzungen in eine Prüfung einzutreten , ob ein Anspruch gegen den Kläger besteht, noch keinen ernsthaften hinreichend bestimmten Eingriff in dessen Rechtssphäre, der ein alsbaldiges Interesse an gerichtlicher Klärung eines Rechtsverhältnisses der Parteien zu begründen vermag (BGH, NJW 1992, 436, 437).