Bundesgerichtshof Urteil, 14. Nov. 2017 - VI ZR 73/17
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. November 2017 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner, die Richterinnen von Pentz und Müller und den Richter Dr. Allgayer
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die klagende Krankenversicherung nimmt die beklagte Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) aus übergegangenem Recht vor dem Landgericht Hannover auf Schadensersatz in Anspruch. Ein Versicherungsnehmer der Klägerin wurde im Jahr 2011 in Österreich bei einem Unfall verletzt, während er dort für die Beklagte Arbeiten an einer Tribüne durchführte.
- 2
- Die Beklagte ist im Handelsregister des Amtsgerichts Hannover mit Sitz und Geschäftsanschrift in Hannover eingetragen. Am 24. Juni 2014 erfolgte folgende Eintragung:
- 3
- "Zweigniederlassung unter gleicher Firma in […] Meran/Italien, Geschäftsan- schrift: […] Meran/Italien" Im Handelsregister Bozen/Italien ist zur Beklagten eingetragen: "Gesellschaft gegründet aufgrund von Gesetzen eines anderen Staates Rechtssitz: Hannover […] Germania […] Eintragungsdatum: 09/05/2014 […] Zweitsitz n. 1 Eroeffnungsdatum 22/04/2014 Anschrift Meran (BZ) […] Seit 01/10/2014 Verwaltungssitz"
- 4
- Das Landgericht hat sich für unzuständig gehalten und die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage als unzulässig weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist das Landgericht Hannover gemäß Art. 63 Abs. 1 EuGVVO, § 17 Abs. 1 Satz 1 ZPO zuständig. Der satzungsmäßige Sitz der Beklagten befinde sich nach den beigezogenen Handelsregisterakten in Hannover, lediglich der Verwaltungssitz sei nach Meran/Italien verlegt worden.
II.
- 6
- Die Revision ist unbegründet. Insbesondere hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass die deutschen Gerichte international zuständig sind, was ohne Einschränkung durch § 545 Abs. 2 ZPO auch im Revisionsrechtzug zu prüfen ist (Senat, Urteile vom 28. Juli 2015 - VI ZR 465/14, AG 2015, 820 Rn. 13; vom 17. März 2015 - VI ZR 11/14, NJW-RR 2015, 941 Rn. 14 mwN; BGH, Urteil vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff.; vgl. zur Prüfung der örtlichen Zuständigkeit Senat, Versäumnisurteil vom 15. September 2015 - VI ZR 480/14, juris Rn. 14 ff.).
- 7
- 1. Die internationale Zuständigkeit richtet sich nach der EuGVVO.
- 8
- Es kann offen bleiben, ob die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO aF) oder die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zustän- digkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen (EuGVVO nF) anzuwenden ist.
- 9
- Gemäß Art. 66 Abs. 1 EuGVVO nF ist diese Verordnung (nF) nur auf Verfahren anzuwenden, die am 10. Januar 2015 oder danach eingeleitet worden sind. Im vorliegenden Zusammenhang bedarf es keiner Entscheidung, ob unter Einleitung im Sinne dieser Vorschrift entsprechend Art. 32 Abs. 1 lit. a EuGVVO nF der Eingang der Klageschrift beim Landgericht - hier am 22. Dezember 2014 - oder entsprechend der lex fori deren Zustellung an die Beklagte - hier am 13. Januar 2015 - zu verstehen ist (siehe dazu MüKoZPO /Gottwald, 5. Aufl., Art. 66 Brüssel Ia-VO Rn. 4; Musielak/Voit/Stadler, ZPO 14. Aufl., Art. 66 EuGVVO Rn. 1; HK-ZPO/Dörner, 7. Aufl., Art. 66 EuGVVO Rn. 2; Rauscher/Staudinger, EuZPR/EuIPR 4. Aufl., Art. 66 Brüssel Ia-VO Rn. 2; siehe weiter Senat, Urteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 315/13, ZIP 2014, 1997 Rn. 14). Die jeweils relevanten Vorschriften der EuGVVO alter und neuer Fassung haben einen identischen Wortlaut und sind nicht unterschiedlich auszulegen (vgl. allgemein zur Auslegungskontinuität Rauscher/Staudinger, EuZPR/EuIPR 4. Aufl., Brüssel Ia-VO Einleitung Rn. 35; HK-ZPO/Dörner, 7. Aufl., Vor EuGVVO Rn. 24).
- 10
- 2. Nach Art. 4 Abs. 1 EuGVVO nF/Art. 2 Abs. 1 EuGVVO aF sind Personen , die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit grundsätzlich vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen. Gemäß Art. 63 Abs. 1 EuGVVO nF/Art. 60 Abs. 1 EuGVVO aF haben für die Anwendung der Verordnung Gesellschaften und juristische Personen ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet.
- 11
- a) Falls sich aus den Anknüpfungspunkten satzungsmäßiger Sitz, Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung unterschiedliche Gerichtsstände ergeben, bestehen diese alternativ und eröffnen dem Kläger ein Wahlrecht (BAG Urteil vom 23. Januar 2008 - 5 AZR 60/07, NJW 2008, 2797 Rn. 15; Ringe, IPrax 2007, 388, 389; Rauscher/Staudinger, EuZPR/EuIPR 4. Aufl., Art. 63 Brüssel Ia-VO Rn. 1; MüKo-ZPO/Gottwald, 5. Aufl., Brüssel Ia-VO Art. 4 Rn. 18, Art. 63 Rn. 1, 9, 11).
- 12
- b) Die Anknüpfungspunkte satzungsmäßiger Sitz, Hauptverwaltung und Hauptniederlassung sind verordnungs-autonom in Anlehnung an die entsprechenden Begriffe in Art. 54 Abs. 1 AEUV/Art. 48 Abs. 1 EGV auszulegen (BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 - XII ZB 114/06, NJW-RR 2008, 551 Rn. 11; BAG, Urteile vom 24. September 2009 - 8 AZR 306/08, BAGE 132, 182 Rn. 31; vom 23. Januar 2008 - 5 AZR 60/07, NJW 2008, 2797 Rn. 16; Ringe, IPrax 2007, 388, 389; Rauscher/Staudinger, EuZPR/EuIPR 4. Aufl., Art. 63 Brüssel Ia-VO Rn. 1; MüKo-ZPO/Gottwald, 5. Aufl., Art. 63 Brüssel Ia-VO Rn. 1, 9).
- 13
- "Satzungsmäßiger Sitz" im Sinne von Art. 63 Abs. 1 lit. a EuGVVO nF/Art. 60 Abs. 1 lit. a EuGVVO aF ist der in der Gesellschaftssatzung genannte (Ringe, IPrax 2007, 388, 389; Rauscher/Staudinger, EuZPR/EuIPR 4. Aufl., Art. 63 Brüssel Ia-VO Rn. 1; Callies/Ruffert, EUV/AEUV 5. Aufl., Art. 54 AEUV Rn. 17). Geltung und zulässigen Inhalt der Gesellschaftssatzung regelt insoweit das nationale Recht (vgl. EuGH, Urteile vom 29. November 2011 - C-371/10, Slg. 2011, I-12273, Rn. 26 - National Grid Indus; vom 16. Dezember 2008 - C-210/06, Slg. 2008, I-964, Rn. 104 ff. - Cartesio; vom 25. Oktober 2017 - C106 /16, Rn. 34, 43; Rauscher/Mankowski, EuZPR/EuIPR 4. Aufl., Art. 24 Brüssel Ia-VO Rn. 63).
- 14
- c) Der satzungsmäßige Sitz der Beklagten befindet sich nach den vom Berufungsgericht getroffenen und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen in Hannover.
- 15
- Für die Bestimmung des satzungsmäßigen Sitzes ist es unerheblich, ob der Verwaltungssitz der Beklagten nach Meran/Italien verlegt wurde und ob diese Verlegung zulässig war. Es kann daher insbesondere offen bleiben, ob die Verlegung des Verwaltungssitzes in das Ausland und Trennung vom inländischen Satzungssitz seit der durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbHRechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) erfolgten Neufassung des § 4a GmbHG und Streichung des bisherigen Absatzes 2 dieser Vorschrift zulässig ist (bejahend unter Hinweis auf BT-Drs. 16/6140, S. 29/BR-Drs. 354/07, S. 65 etwa Bayer/Schmidt, ZHR 173 [2009], 735; Hermanns, MittBayNot 2016, 297; Scholz/Emmerich, GmbHG 11. Aufl., § 4a Rn. 28 f.; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG 19. Aufl., § 4a Rn. 15; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG 21. Aufl., § 4a Rn. 11; Michalski /Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG 3. Aufl., § 4a Rn. 13 ff.; MüKoGmbHG /Mayer, 2. Aufl., § 4a Rn. 9 ff., 68 jeweils mwN auch zu abw. Ansichten; aA etwa Werner, GmbHR 2009, 191, 196).
- 16
- d) Entgegen der Auffassung der Revision ist es unerheblich, ob die Beklagte in Deutschland unternehmerische Tätigkeit ausübt, Büroräume oder einen in irgendeiner Weise eingerichteten Gewerbebetrieb unterhält. Art. 63 Abs. 1 lit. a EuGVVO nF/Art. 60 Abs. 1 lit. a EuGVVO aF ist nicht einschränkend auszulegen.
- 17
- aa) Nach Ansicht der Revision erfordert die Eröffnung der Gerichtszuständigkeit am Satzungssitz mit Blick auf die geschützten Interessen der Beklagten jedenfalls ein Mindestmaß an Unternehmenstätigkeit am Satzungssitz, das vom Verordnungsgeber ersichtlich für den Regelfall vorausgesetzt, aber durch den bloßen Unterhalt einer "Briefkastenfirma" nicht erfüllt werde. Der bloße Umstand, dass die Beklagte allein aus Gründen des nationalen materiellen Gesellschaftsrechts gezwungen sei, einen deutschen Satzungssitz zu behalten, wenn sie ihre Tätigkeit unter Beibehaltung ihrer Rechtsform in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verlagern und damit von ihrer Niederlassungsfreiheit Gebrauch machen wolle, rechtfertige es nicht, nunmehr auch den Beklagtengerichtsstand an einen bloß auf dem Papier bestehenden Satzungssitz anzuknüpfen. Dem Vorteil des Klägers, der nicht nur das ob, sondern darüber hinaus auch den Zeitpunkt und die Art des Klageangriffs bestimmen könne , entspreche durch die Bestimmung eines allgemeinen Gerichtsstandes die Vergünstigung des Beklagten, den ihm ohne und meist gegen seinen Willen aufgezwungenen Rechtsstreit nicht auch noch unter zusätzlichen Erschwerungen an einem auswärtigen Gericht führen zu müssen. Bei Beschränkung der "Tätigkeit" der Gesellschaft auf den bloßen Unterhalt einer Briefkastenadresse könne gerade nicht angenommen werden, das Gericht am "Satzungssitz" sei am besten in der Lage, über Ansprüche gegen die Gesellschaft zu entscheiden.
- 18
- bb) Es gibt keinen Gesichtspunkt, der für eine derartige einschränkende Auslegung spricht (siehe zu den Auslegungskriterien EuGH, Urteil vom 23. April 2009 - C-533/07, Slg. 2009, I-3369 Rn. 20 mwN - Falco Privatstiftung).
- 19
- (1) Der Wortlaut des Art. 63 Abs. 1 lit. a EuGVVO nF/Art. 60 Abs. 1 lit. a EuGVVO aF und die Systematik der Norm sprechen dagegen, dass ein "satzungsmäßiger Sitz" im Sinne von Art. 63 Abs. 1 lit. a EuGVVO nF/Art. 60 Abs. 1 lit. a EuGVVO aF - außer der satzungsmäßigen Regelung - eine Verwaltungsoder Geschäftstätigkeit an diesem Ort erfordert. Solche Tätigkeiten sollen ersichtlich nur von Bedeutung sein, soweit sie eine Hauptverwaltung (Art. 63 Abs. 1 lit. b EuGVVO nF/Art. 60 Abs. 1 lit. b EuGVVO aF) oder eine Hauptniederlas- sung (Art. 63 Abs. 1 lit. c EuGVVO nF/Art. 60 Abs. 1 lit. c EuGVVO aF) begründen (vgl. zur Hauptverwaltung BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 - XII ZB 114/06, NJW-RR 2008, 551 Rn. 11; BAG, Urteile vom 24. September 2009 - 8 AZR 306/08, BAGE 132, 182 Rn. 31; vom 23. Januar 2008 - 5 AZR 60/07, NJW 2008, 2797 Rn. 16; zur Hauptniederlassung BAG, Urteil vom 24. September 2009 - 8 AZR 306/08, BAGE 132, 182 Rn. 34).
- 20
- Abweichendes ergibt sich nicht aus dem Hinweis der Revision auf den Grundsatz des Wohnsitzgerichtsstands. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO nF/Art. 2 Abs. 1 EuGVVO aF knüpft bei natürlichen Personen nicht an den gewöhnlichen Aufenthalt oder Wohnort an, sondern an das formale Kriterium des Wohnsitzes, der gemäß Art. 62 EuGVVO nF/Art. 59 EuGVVO nach nationalem Recht zu bestimmen ist (vgl. dazu MüKo-ZPO/Gottwald, 5. Aufl., Brüssel Ia-VO Art. 4 Rn. 2, Art. 62 Rn. 2, 4). Dem entspricht das formale Kriterium des satzungsmäßigen Sitzes bei Gesellschaften und juristischen Personen in Art. 63 Abs. 1 lit. a EuGVVO nF/Art. 60 Abs. 1 lit. a EuGVVO aF.
- 21
- (2) Die Erwägungsgründe der EuGVVO sprechen ebenfalls gegen eine einschränkende Auslegung. Danach sollen die Zuständigkeitsvorschriften in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten (Erwägungsgründe EuGVVO aF (11) Satz 1; EuGVVO nF (15) Satz 1; siehe weiter EuGH, Urteile vom 23. April 2009 - C-533/07, Slg. 2009, I-3369 Rn. 21 f. mwN - Falco Privatstiftung; vom 14. Juli 2016 - C-196/15, NJW 2016, 3078 Rn. 16). Der Sitz juristischer Personen wurde in den Verordnungen selbst definiert, um die Transparenz der gemeinsamen Vorschriften zu stärken und Kompetenzkonflikte zu vermeiden (Erwägungsgründe EuGVVO aF (11) Satz 2; EuGVVO nF (15) Satz 3). Das Erfordernis eines Mindestmaßes von Verwaltungs- und/oder Geschäftstätigkeit am Satzungssitz würde die vom Verordnungsgeber gewollte Vorhersehbarkeit und Transparenz einschränken.
- 22
- (3) Sowohl die differenzierenden Anknüpfungspunkte des Art. 63 Abs. 1 EuGVVO nF/Art. 60 Abs. 1 EuGVVO aF als auch das Abstellen auf das Kriterium des Satzungssitzes ohne weitere Voraussetzungen sind bereits im Primärrecht angelegt (Art. 54 Abs. 1 AEUV/Art. 48 Abs. 1 EGV).
- 23
- (4) Schließlich ist eine einschränkende Auslegung nicht deshalb geboten, weil die Beklagte ihre Rechtsform nur beibehalten kann, wenn sie ihren Satzungssitz in Deutschland hat.
- 24
- Gemäß § 4a GmbHG (in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen [MoMiG] vom 23. Oktober 2008, BGBl. I S. 2026) ist Sitz der Gesellschaft der Ort im Inland, den der Gesellschaftsvertrag bestimmt. Danach kann der Satzungssitz nur innerhalb Deutschlands - jedenfalls grundsätzlich - frei gewählt und verlegt werden (vgl. Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG 19. Aufl., § 4a Rn. 5, 7, 17; Baumbach /Hueck/Fastrich, GmbHG 21. Aufl., § 4a Rn. 3 f., 8 ff.; Meckbach, NZG 2014, 526).
- 25
- Diese Regelung ist vereinbar mit der Niederlassungsfreiheit (Art. 49, Art. 54 Abs. 1 AEUV). Ein Mitgliedstaat der Europäischen Union kann sowohl die Voraussetzungen bestimmen, die eine Gesellschaft erfüllen muss, um als nach seinem innerstaatlichen Recht gegründet angesehen zu werden und damit in den Genuss der Niederlassungsfreiheit gelangen zu können, als auch die Voraussetzungen, die für den Erhalt dieser Eigenschaft verlangt werden. Ein Mitgliedstaat hat daher die Möglichkeit, einer nach seiner Rechtsordnung gegründeten Gesellschaft Beschränkungen hinsichtlich der Verlegung ihres Sitzes aus seinem Hoheitsgebiet aufzuerlegen, damit sie die ihr nach dem Recht dieses Staates zuerkannte Rechtspersönlichkeit behalten kann (EuGH, Urteile vom 29. November 2011 - C-371/10, Slg. 2011, I-12273, Rn. 27 - National Grid Indus; vom 16. Dezember 2008 - C-210/06, Slg. 2008, I-964, Rn. 110 - Cartesio
).
- 26
- Danach ist es auch unbedenklich, den Satzungssitz unabhängig von einer dort ausgeübten Verwaltungs- oder Geschäftstätigkeit zum Anknüpfungspunkt für einen Gerichtsstand zu machen. Es bedarf keines über den Registertatbestand hinausgehenden realwirtschaftlichen Bezugs (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - II ZR 28/10, BGHZ 190, 242 Rn. 19 ff. zu Art. 22 Nr. 2 EuGVVO aF bei Auslandsgesellschaften).
- 27
- cc) Es bedarf keiner Vorabentscheidung des Gerichtshofs gemäß Art. 267 Abs. 1 und 3 AEUV. Die letztinstanzlichen Gerichte der Mitgliedstaaten sind nicht zur Vorlage verpflichtet, wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum mehr bleibt (EuGH, Urteile vom 6. Oktober 1982 - C-283/81,Slg. 1982, 3415, Rn. 13 ff. - Cilfit; vom 6. Dezember 2005 - C-461/03, Slg. 2005, I-10513, Rn. 16 - Gaston Schul Douane-Expediteur). Dies ist vorliegend der Fall. Galke Wellner von Pentz Müller Allgayer
LG Hannover, Entscheidung vom 18.05.2016 - 6 O 342/14 -
OLG Celle, Entscheidung vom 08.12.2016 - 5 U 94/16 -
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 14. Nov. 2017 - VI ZR 73/17
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(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.
(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.
(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.
Tenor
-
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Oktober 2014 aufgehoben.
-
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
-
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
-
Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes von den Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien der E. S. AG (im Folgenden auch: "Gesellschaft"), einer nicht börsennotierten Schweizer Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz.
- 2
-
Der Beklagte zu 1 war seit der Gründung der Gesellschaft am 8. November 2004 bis zum 18. Februar 2010 Mitglied des Verwaltungsrates und Geschäftsführer. Der Beklagte zu 2 war vom 8. November 2004 bis jedenfalls zum 27. November 2008 Präsident des Verwaltungsrates. Geschäftsgegenstand der Gesellschaft, die 22 Millionen vinkulierte Namensaktien zu einem Nennwert von 0,01 CHF ausgegeben hatte, war das Factoring. Den Großteil ihrer Umsätze erzielte sie indes durch den Verkauf ihrer eigenen Aktien sowie der Aktien einiger ihrer Altaktionäre, u. a. der I. SA mit Sitz auf den Bahamas. Die Aktien wurden von bei der Gesellschaft angestellten Telefonverkäufern unter anderem in Deutschland über eine Zweigniederlassung in Düsseldorf an Privatanleger veräußert. Auf der Internetseite der Gesellschaft war ein von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gebilligter und dort hinterlegter Wertpapierprospekt veröffentlicht. In gedruckter Form wurde der Prospekt potentiellen Anlegern nur auf Anforderung übersandt.
- 3
-
Der Zedent erwarb - jeweils nach Telefonaten mit einem in der Zweigniederlassung tätigen Mitarbeiter der Gesellschaft - mit am 17. und 30. September 2008 unterzeichneten sogenannten "Kaufabsichtserklärungen" 5.000 Namensaktien zu Stückpreisen von 3,80 €, insgesamt zu einem Preis in Höhe von 19.000 €. Die Zahlungen leistete der Zedent von seinem in Deutschland geführten Konto auf ein ebenfalls in Deutschland geführtes Konto der Gesellschaft. Am 18. Juni 2010 wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet. Die von dem Zedenten erworbenen Aktien sind inzwischen wertlos.
- 4
-
Die Klägerin macht geltend, die Gesellschaft habe ihr operatives Geschäft - bei dem es sich um ein Minimalgeschäft mit Alibifunktion gehandelt habe - nicht ernsthaft betrieben. Es habe lediglich dazu gedient, den Anlegern ein florierendes Unternehmen vorzutäuschen und sie damit zum Kauf von Aktien zu bewegen. Die Beklagten hätten diese Information den Anlegern in sittenwidrigem Missbrauch ihrer geschäftlichen Überlegenheit vorenthalten und sie durch unrichtige und verharmlosende Angaben in den Veröffentlichungen der Gesellschaft systematisch getäuscht.
- 5
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Das Landgericht hat den Beklagten zu 1 antragsgemäß verurteilt und die Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Auf die Berufung des Beklagten zu 1 hat das Oberlandesgericht auch die gegen ihn gerichtete Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
-
I.
- 6
-
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
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Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folge aus Art. 5 Nr. 3 LugÜ, weil der Erfolgsort in Deutschland liege. Die örtliche Zuständigkeit könne in der Berufungsinstanz gemäß § 513 Abs. 2 ZPO nicht geprüft werden. Deutsches Recht sei gemäß Art. 40 Abs. 1 EGBGB anwendbar.
- 8
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Der Klägerin stehe kein Anspruch aus § 826 BGB aus abgetretenem Recht zu. Eine Haftung des Beklagten zu 1 ergebe sich nicht daraus, dass er ein von vornherein chancenloses Geschäftsmodell zum ausschließlich eigenen Vorteil hätte vertreiben wollen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Gesellschaft von vornherein ausschließlich dazu bestimmt gewesen sei, ihre eigenen Aktien oder die Aktien des verbundenen Großaktionärs an Anleger zu vermitteln, ohne das satzungsgemäß vorgesehene Geschäft des Factorings zu betreiben. Ausweislich der Umsatzzahlen seien tatsächlich Einnahmen aus Factoring erzielt worden. Die geringe Höhe lasse sich damit erklären, dass die Gesellschaft noch am Beginn ihrer Geschäftstätigkeit gestanden habe und das Eintreiben von abgetretenen Forderungen eine gewisse Zeit beanspruche.
- 9
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Eine Haftung ergebe sich auch nicht aus einem Unterlassen der gebotenen Aufklärung. Bei dem Erwerb der Aktien der Gesellschaft habe es sich nicht um ein hochspekulatives Geschäft gehandelt. Auf die mit dem Geschäft verbundenen Risiken sei in dem von der Gesellschaft auf ihrer Internetseite veröffentlichten Wertpapierprospekt umfassend hingewiesen worden. Dass der Beklagte zu 1 nicht dafür gesorgt habe, dass der Prospekt den Anlageinteressenten unaufgefordert in Papierform zur Verfügung gestellt worden sei, stelle keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung dar.
- 10
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Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung liege nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht darin, dass der Beklagte zu 1 auf die Telefonverkäufer direkt oder indirekt über den Leiter der örtlichen Niederlassung oder über die für das Marketing zuständigen Mitarbeiter eingewirkt habe, um die Anleger zu täuschen. Ob das von der Klägerin behauptete Handeln oder Unterlassen des Beklagten zu 1 im konkreten Fall für den Anlageentschluss des Zedenten kausal gewesen sei, brauche daher nicht aufgeklärt zu werden.
- 11
-
Der Beklagte zu 2 hafte nicht für eigenes Handeln. Auch könne nicht festgestellt werden, dass er in sittenwidriger Weise vorsätzlich durch Unterlassen eine Pflicht verletzt habe, die aus seiner Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen oder aus seiner Gesamtverantwortung für die Marketing- und Verkaufspolitik folge. Wenn dies nicht einmal für den Beklagten zu 1 als geschäftsführendem Mitglied des Verwaltungsrats bewiesen sei, gelte das für den Beklagten zu 2 erst recht.
-
II.
- 12
-
Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Über sie ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden; inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 f.).
- 13
-
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bejaht, die auch im Revisionsrechtszug von Amts wegen zu prüfen ist (Senatsurteil vom 17. März 2015 - VI ZR 11/14, WM 2015, 819 Rn. 14 mwN). Diese Zuständigkeit besteht nach Art. 5 Nr. 3 in Verbindung mit Art. 63 Abs. 1 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 30. Oktober 2007 (ABl. EU L 339 S. 3, nachfolgend LugÜ II). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 5 Nr. 3 EuGVVO aF ist die Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist", so zu verstehen, dass sie sowohl den Ort des ursächlichen Geschehens (Handlungsort) als auch den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs (Erfolgsort) meint (zuletzt EuGH, NJW 2015, 1581 Rn. 45 mwN; zu Art. 5 Nr. 3 LugÜ II vgl. Senatsurteile vom 24. Juni 2014 - VI ZR 315/13, WM 2014, 1614 Rn. 29 mwN, und vom 17. März 2015 - VI ZR 11/14, WM 2015, 819 Rn. 14).
- 14
-
Nach dem schlüssigen Vortrag der Klägerin liegt jedenfalls der Erfolgsort in Deutschland. Der Vermögensschaden des Zedenten, den sie mit der Klage ersetzt verlangt, ist an dem Guthaben auf dessen Girokonto bei einem Kreditinstitut in Deutschland eingetreten, von dem er das angelegte Kapital auf ein Konto der Gesellschaft bei einem Kreditinstitut in Deutschland überwiesen hat (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2015 - VI ZR 11/14, WM 2015, 819 Rn. 15 mwN; BGH, Urteil vom 12. Oktober 2010 - XI ZR 394/08, WM 2010, 2214 Rn. 30).
- 15
-
2. Das Berufungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass ihm die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit gemäß § 513 Abs. 2 ZPO verwehrt ist.
- 16
-
a) Nach § 513 Abs. 2 ZPO kann die Berufung nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Ob dies vorliegend der Fall ist, ist einer revisionsrechtlichen Überprüfung entzogen, denn gemäß § 545 Abs. 2 ZPO kann die Revision nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat. Demgemäß findet in der Revisionsinstanz eine Prüfung der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts grundsätzlich auch dann nicht statt, wenn die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte vom Revisionsgericht zu prüfen ist (Senatsurteile vom 17. März 2015 - VI ZR 11/14, WM 2015, 819 Rn. 17 f., und VI ZR 12/14, juris Rn. 17 f.; jeweils mwN).
- 17
-
Zu der insoweit entsprechenden Regelung in § 549 Abs. 2 ZPO aF hat der Bundesgerichtshof allerdings entschieden, dass diese Vorschrift bezüglich der örtlichen Zuständigkeit nicht anzuwenden ist, soweit daneben die internationale Zuständigkeit im Streit ist und beide Zuständigkeiten von denselben Voraussetzungen abhängen (BGH, Urteil vom 21. November 1996 - IX ZR 264/95, BGHZ 134, 127, 130). Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben, denn der Erfolgsort lag nach dem Vortrag der Klägerin, wie dargelegt, in Deutschland. Während sich die Frage, ob das Landgericht örtlich zuständig war, danach richtet, ob der Erfolgsort in seinem Bezirk liegt, kommt es für die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nur darauf an, ob sich das geschädigte Guthaben des Zedenten an irgendeinem Ort in Deutschland befand. Die Frage der örtlichen Zuständigkeit hängt vorliegend mithin nicht von denselben Voraussetzungen ab, die für die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte maßgebend sind.
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b) Ob die örtliche Zuständigkeit entgegen § 513 Abs. 2, § 545 Abs. 2 ZPO dann in den Rechtsmittelinstanzen überprüfbar ist, wenn das erstinstanzliche Gericht oder das Berufungsgericht sie willkürlich angenommen und damit den Beklagten seinem gesetzlichen Richter entzogen haben (so OLG Oldenburg, NJW-RR 1999, 865; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 513 Rn. 33; Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 513 Rn. 11; MünchKomm- ZPO/Rimmelspacher, 4. Aufl., § 513 Rn. 19; MünchKomm-ZPO/Krüger, aaO, § 545 Rn. 17; BeckOK ZPO/Kessal-Wulf, § 545 Rn. 18 (Stand: 1. März 2015); bezüglich der Zuständigkeitsabgrenzung von Zivil- und Handelskammer auch OLG Karlsruhe, NJW-RR 2013, 437, 439; aA Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 513 Rn. 10; BeckOK ZPO/Wulf, § 513 Rn. 10 (Stand: 1. März 2015); PG/Lemke, ZPO, 7. Aufl., § 513 Rn. 16; Hk-ZPO/Wöstmann, 6. Aufl., § 513 Rn. 3), kann dahinstehen.
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aa) Zwar begegnet die Auffassung des Landgerichts Bedenken, es sei, obwohl die Beklagten die örtliche Zuständigkeit in der Klageerwiderung gerügt haben, infolge rügeloser Verhandlung örtlich zuständig geworden, zumal es unzutreffend auf § 39 ZPO statt auf Art. 24 LugÜ II (zur Geltung für die örtliche Zuständigkeit Wagner in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rn. 1; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rn. 1; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rn. 32) abgestellt hat. Da die Beklagten ausweislich des erstinstanzlichen Protokolls zur Sache verhandelt haben, ohne dort die Zuständigkeitsrüge zu wiederholen, ist die Beurteilung des Landgerichts indessen noch nicht willkürlich. Objektiv willkürlich ist ein Richterspruch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung jedoch nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst dann vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird, so dass die Entscheidung auf schweren Rechtsanwendungsfehlern beruht (BVerfG, FamRZ 2010, 25; NJW 2014, 3147 Rn. 13; jeweils mwN).
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bb) Hier ist das Landgericht, das die schriftsätzliche Zuständigkeitsrüge ausweislich seines Urteilstatbestandes gesehen hat, offenbar davon ausgegangen, die Beklagten hätten die Rüge stillschweigend fallengelassen, nachdem das Gericht, wie sich aus seinem Beschluss vom 15. Dezember 2011 über den Tatbestandsberichtigungsantrag des Beklagten zu 1 ergibt, in der mündlichen Verhandlung ausführlich dargelegt hatte, warum es seine örtliche Zuständigkeit für gegeben erachtet und die Beklagten dazu keine weiteren Erklärungen abgegeben hatten. Zwar muss die bereits schriftsätzlich vorgetragene Zuständigkeitsrüge sowohl im Anwendungsbereich des § 39 ZPO als auch des Art. 24 LugÜ II in der mündlichen Verhandlung nicht wiederholt werden, sofern auf sie stillschweigend Bezug genommen wird (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2006 - IX ZR 15/05, NJW 2006, 1806 Rn. 9). Möglich ist aber ein nach träglicher - auch stillschweigender - Rügeverzicht (vgl. zu § 39 ZPO BGH, Urteil vom 2. März 2006 - IX ZR 15/05, aaO; OLG Koblenz, OLGR Koblenz 1998, 429, 430) oder eine Rücknahme der Zuständigkeitsrüge (zu § 39 ZPO Künzl, BB 1991, 757; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 39 Rn. 5; PG/Wern, ZPO, 7. Aufl., § 12 Rn. 9; zu Art. 24 EuGVVO aF Hk-ZPO/Dörner, 5. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rn. 8; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rn. 52). Ob die Beklagten hier nachträglich auf die Zuständigkeitsrüge verzichtet oder sie zurückgenommen haben, bedarf keiner Entscheidung. Denn selbst wenn dies nicht der Fall wäre, läge hier ein bloßer Rechtsanwendungsfehler vor, der nicht den Schluss darauf zuließe, die Bejahung der örtlichen Zuständigkeit beruhe auf sachfremden Erwägungen und sei willkürlich (vgl. Senatsurteile vom 17. März 2015 - VI ZR 11/14, WM 2015, 819 Rn. 19 ff. und VI ZR 12/14, juris Rn. 19 ff.).
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3. Die angefochtene Entscheidung hält jedoch in der Sache revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
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Zu Recht - und von den Parteien nicht angegriffen - hat das Berufungsgericht seiner Beurteilung zwar deutsches Deliktsrecht zugrunde gelegt, Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB, Art. 31, 32 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-Verordnung).
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Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, dass das Berufungsgericht auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen einen Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB verneint hat.
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haften Geschäftsführer, (faktische) Geschäftsleiter oder Vorstandsmitglieder einer Gesellschaft nach § 826 BGB auf Schadensersatz, wenn das von ihnen ins Werk gesetzte Geschäftsmodell der Gesellschaft von vornherein auf Täuschung und Schädigung der Kunden angelegt ist, es sich mithin um ein "Schwindelunternehmen" handelt (BGH, Urteil vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1048 f.; Senat, Urteile vom 17. März 2015 - VI ZR 11/14, WM 2015, 819 Rn. 26 ff., und VI ZR 12/14, juris Rn. 26 ff.).
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b) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, ein solcher Fall liege hier nicht vor. Zwar ist die Würdigung der Beweise grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 16. April 2013 - VI ZR 44/12, VersR 2013, 1045 Rn. 13; vom 11. November 2014 - VI ZR 76/13, VersR 2015, 327 Rn. 13, und vom 17. März 2015 - VI ZR 11/14, WM 2015, 819 Rn. 28; BGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 316 f. mwN).
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Solche Fehler sind im Streitfall gegeben. Das Berufungsgericht hat wesentlichen Sachvortrag der Klägerin unbeachtet gelassen. Zutreffend weist die Revision auf eine Reihe von Umständen hin, die - wenn sie in die Beweiswürdigung einbezogen werden - bei der gebotenen tatrichterlichen Gesamtschau zu der Beurteilung führen könnten, dass das von dem Beklagten zu 1 als Mitglied des Verwaltungsrats und Geschäftsführer sowie dem Beklagten zu 2 als Präsident des Verwaltungsrats ins Werk gesetzte Geschäfts- und Vertriebsmodell der Gesellschaft auf eine sittenwidrige Schädigung und Täuschung der Anleger angelegt war.
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aa) Zu Recht macht die Revision geltend, die von dem Berufungsgericht bei seiner Würdigung außer Acht gelassenen Umstände legten den Schluss nahe, dass das operative Geschäft der Gesellschaft von den Beklagten nicht ernsthaft betrieben wurde, sondern nur dazu diente, den Anlegern ein florierendes Unternehmen vorzutäuschen und sie damit zum Kauf von Aktien zu bewegen.
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(1) Die Gesellschaft hat 22 Millionen Namensaktien zu einem Nennwert von je 0,01 CHF ausgegeben. Diese sind den Anlegern unstreitig zu Preisen von 1,60 € bis zu 5,20 € verkauft worden. Damit überstieg der Verkaufspreis der Aktien deren Nennwert um das 160- bis 520-fache. Umstände, die ein Aufgeld in dieser Höhe bei einem jungen Unternehmen als gerechtfertigt erscheinen lassen könnten, waren und sind nicht ansatzweise erkennbar. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die - von der Gesellschaft selbst aufgrund einer rein zukunftsgerichteten Bewertung festgelegten - hohen Ausgabepreise mit aus dem Factoring zu erwartenden Erträgen korrespondierten oder eine Grundlage für die Erwartung bestand, der Unternehmenswert werde sich zukünftig derart erhöhen.
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Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen erzielte die Gesellschaft aus dem Factoring nämlich nur geringe Einnahmen, denen Ausgaben gegenüber standen. Nach dem Vortrag der Klägerin betrug der Umsatz aus dem operativen Geschäft im Geschäftsjahr 2007/2008 1,6 % und im Geschäftsjahr 2008/2009 3,1 % des gesamten Umsatzes der Gesellschaft. Der Ertragsanteil aus dem Verkauf eigener Aktien betrug dagegen 98,4 % bzw. 96,9 %. Auch wenn der Geschäftszweck der Gesellschaft nicht ausschließlich in dem Verkauf eigener Aktien bestand, so können diese Umsatzzahlen doch darauf hindeuten, dass in Wahrheit darin der Schwerpunkt ihrer Geschäftstätigkeit lag und das Factoring von ihr nicht ernsthaft und eher nur am Rande betrieben wurde.
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(2) Das wird auch durch den von der Revision als übergangen gerügten Vortrag der Klägerin zu der Aussage des im Bereich Forderungsankauf tätigen Zeugen M. vor der Staatsanwaltschaft Düsseldorf gestützt. Danach verfügte die Gesellschaft nicht über ein professionelles Inkassoprogramm. Sie bilanzierte zudem den gesamten ihr zur Einziehung übertragenen Forderungsbestand, obwohl ersichtlich nur ein Bruchteil des Bestandes zu realisieren war, so dass es in der Folge mehrfach zu erheblichen bilanziellen Wertberichtigungen kam.
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(3) Zu Recht weist die Revision ferner darauf hin, dass es sich bei dem Beteiligungsangebot laut dem Wertpapierprospekt nicht um eine Neuemission, sondern um eine Wiederveräußerung aus dem Bestand der Altaktionäre, unter anderem der I. SA, handelte. Neben den Emissionskosten in Höhe von 30 % des Ausgabepreises flossen daher weitere 5 % an die Altaktionäre, was in den von den Erwerbern zu unterzeichnenden Kaufabsichtserklärungen nicht offengelegt wurde. Von der Revision genannte Umstände könnten weiter nahelegen, dass die Kapitalzuflüsse aus den Aktienverkäufen nicht für das operative Geschäft verwendet wurden, wie Barabhebungen in Höhe von 1,1 Mio. €, hohe Aufwendungen u. a. für Beraterverträge sowie hohe Zahlungen an die Hauptaktionärin der Gesellschaft, die I. SA.
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bb) Es ist ferner nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei - gebotener - Berücksichtigung des von der Revision als nicht beachtet gerügten Parteivortrags zu dem Schluss kommen könnte, die Beklagten hätten einen auf systematische Täuschung der Anleger angelegten Vertrieb der Aktien zu verantworten.
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(1) Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung außer Acht gelassen, dass die Gesellschaft nach dem Vortrag der Klägerin trotz der oben genannten Umstände in ihrer Anfang des Jahres 2008 herausgegebenen und zu Werbezwecken versandten Broschüre sowie auf ihrer Internetseite - mithin in Veröffentlichungen, über deren Inhalte typischerweise auf der Vorstandsebene entschieden wird (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2014 - I ZR 242/12, BGHZ 201, 344 Rn. 19; BGH, Urteil vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1048 f.) - mitteilte, die Investition biete eine außergewöhnliche Sicherheit und die Bonität der Gesellschaft sei besser als diejenige mancher deutscher Banken. Sie hob dort zudem hervor, die im Zeitraum von 2004 bis 2006 erzielten Dienstleistungserträge seien von 17.400 CHF auf 1.800.000 CHF, mithin um das Hundertfache gestiegen. Die im Wertpapierprospekt angenommenen Dienstleistungserträge seien im Geschäftsjahr 2006/2007 um 30 % überschritten worden. Dadurch konnte bei den Anlegern die unrichtige Vorstellung entstehen, die Erträge stammten aus dem operativen Geschäft der Gesellschaft, während es sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Wesentlichen um Erträge aus dem Verkauf eigener Aktien handelte.
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(2) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielten die Anleger den Wertpapierprospekt der Gesellschaft grundsätzlich nicht übersandt. Die Telefonverkäufer machten in den Verkaufsgesprächen - nach dem Vortrag der Klägerin auch gegenüber dem Zedenten - unrichtige, nämlich zu günstige Angaben in Bezug auf die Umsatzzuwächse. Diese festgestellten und die von der Revision angeführten, nicht berücksichtigten Umstände könnten in einer Gesamtbetrachtung geeignet erscheinen, darauf hinzudeuten, der nach dem Vortrag der Klägerin von den Beklagten initiierte Vertrieb der Aktien der Gesellschaft sei auf Täuschung der Anlageinteressenten ausgerichtet gewesen.
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III.
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Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben, sondern ist aufzuheben und mangels Entscheidungsreife zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses erhält damit Gelegenheit, gegebenenfalls auch auf die weiteren Rügen der Revision einzugehen.
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Rechtsbehelfsbelehrung
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Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.
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Galke Wellner von Pentz
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Oehler Roloff
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte ist eine in den Niederlanden ansässige Versandhandelsgesellschaft. Mit Schreiben vom 30. Juni 2000 sandte sie der in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaften Klägerin eine "Wichtige Benachrichtigung wegen Bargeld-Zuteilung aus Auswahl-Verfahren". Darin teilte die Beklagte der Klägerin mit, im Zuge einer "Extra-Auszahlung" würden noch vor dem 20. Juli 2000 12.300 DM vergeben. Weiter hieß es in dem Schreiben:
"Und stellen Sie sich vor, Frau M., Ihr Name wurde nicht nur nominiert, sondern sogar als Gewinner gezogen. Das heißt für Sie, der Bargeld-Betrag gehört jetzt schon Ihnen!"
Entsprechend der im Schreiben vom 30. Juni 2000 gegebenen Anleitung sandte die Klägerin der Beklagten den "Ziehungs-Bescheid" mit aufgeklebter "Zuteilungs-Marke" zurück. Die Beklagte zahlte nicht.
Die Klägerin macht geltend, die Beklagte schulde ihr aufgrund einer Gewinnzusage (§ 661a BGB) 12.300 DM nebst Zinsen. Die Beklagte hat gerügt , das angerufene Landgericht Mönchengladbach sei weder international noch örtlich zuständig. Sie könne nur an ihrem Sitz in den Niederlanden verklagt werden. Das Landgericht hat abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage angeordnet und durch Zwischenurteil entschieden, daß die Klage zulässig sei. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte weiterhin ihren Antrag, die Klage als unzulässig abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat das Landgericht Mönchengladbach für international und örtlich zuständig erachtet. Es könne dahinstehen, ob Mönchengladbach Gerichtsstand des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September
1968, BGBl. 1972 II S. 774, im folgenden: EuGVÜ) sei. Die internationale Zu- ständigkeit der deutschen Gerichte ergebe sich jedenfalls aus dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ). Denn die Klage werde auf ein deliktsähnliches Verhalten der Beklagten gestützt.
II.
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.
Die Klage ist zulässig. Die deutschen Gerichte sind international zuständig.
1. Das Revisionsgericht ist befugt, die internationale Zuständigkeit zu prüfen. § 545 Abs. 2 ZPO n.F., der hier anzuwenden ist (vgl. § 26 Nr. 7 Satz 1 EGZPO), steht insoweit nicht entgegen. Die Vorschrift hat die Regelungen in den bisherigen §§ 10, 549 Abs. 2 ZPO übernommen. Sie bestimmt - entsprechend dem neu gefaßten § 513 Abs. 2 ZPO (bisher: § 512 a ZPO) - darüber hinaus, die Revision könne nicht darauf gestützt werden, daß das erstinstanzliche Gericht seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat (Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses
a.E.; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl. 2002 § 280 Rn. 8; Zöller/Geimer aaO IZPR Rn. 38; s. auch BGH, Beschluß vom 17. September 2001 - VI ZR 105/02 - Umdruck S. 4; a.A. Reichold in Thomas/Putzo, ZPO 23. Aufl. 2001 § 545 Rn. 13; Zöller/Gummer aaO § 545 Rn. 16 und § 513 Rn. 8; vgl. ferner Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. 2002 § 545 Rn. 12 f).
a) Hinsichtlich des § 549 Abs. 2 ZPO a.F., der die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Gerichts des ersten Rechtszuges sowie die Frage nach der Zuständigkeit des Arbeitsgerichts und dem Vorliegen einer Familiensache der revisionsrechtlichen Prüfung entzogen hatte, war anerkannt, daß er für die internationale Zuständigkeit nicht - auch nicht entsprechend - galt. Die internationale Zuständigkeit war in jedem Verfahrensabschnitt, auch im Revisionsverfahren , von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., vgl. BGHZ - GSZ - 44, 46; BGHZ 115, 90, 91; 134, 127, 129 f; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1998 - IX ZR 196/97 - NJW 1999, 1395 f; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 21. Aufl. 1993 §§ 549, 550 Rn. 56). Weder dem Wortlaut des § 545 Abs. 2 ZPO (n.F.) noch der Gesetzesbegründung ist ein ausreichender Hinweis darauf zu entnehmen, daß der Gesetzgeber daran etwas ändern wollte.
aa) Gemäß § 545 Abs. 2 ZPO (n.F.) erstreckt sich die revisionsrechtliche Prüfung nicht darauf, daß das Gericht des ersten Rechtszuges "seine" Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat. Damit kann allein die Zuständigkeitsverteilung unter den deutschen Gerichten gemeint sein, nämlich die Frage der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit, ferner - abweichend vom bisherigen Recht - der funktionellen Zuständigkeit, der Abgrenzung zwischen Zivilkammer und Kammer für Handelssachen sowie zwischen Prozeßgericht und Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. Musielak/Ball aaO Rn. 13
a.E.), nicht jedoch diejenige zwischen den deutschen und den ausländischen Gerichten.
bb) Die Gesetzesbegründung (Begründung aaO) verweist darauf, daß im Interesse der Verfahrensbeschleunigung und der Entlastung des Revisionsgerichts Rechtsmittelstreitigkeiten, die allein auf die Frage der Zuständigkeit "des Gerichts" gestützt werden, vermieden werden sollen. Die in den Vorinstanzen geleistete Sacharbeit solle nicht wegen fehlender Zuständigkeit hinfällig werden. Diese Hinweise sind zu allgemein, als daß angenommen werden könnte, der Gesetzgeber habe die internationale Zuständigkeit ebenso wie die Zuständigkeitsverteilung unter den - unterstelltermaßen gleichwertigen (BGHZ 44, 46, 49) - innerstaatlichen Gerichten der revisionsrechtlichen Nachprüfung entziehen wollen. Die internationale Zuständigkeit hat nämlich ein ungleich größeres Gewicht. Sie betrifft die Abgrenzung zu den Souveränitätsrechten anderer Staaten. Es handelt sich darum, inwieweit die deutschen Gerichte in Rechtssachen mit Auslandsbeziehungen eine Entscheidungsbefugnis in Anspruch nehmen können (vgl. BGHZ aaO 51).
Es kommt hinzu, daß die internationale Zuständigkeit - anders als die örtliche, sachliche, funktionelle und ähnliche innerstaatliche Zuständigkeit - über das Verfahrensrecht entscheidet, dem der Rechtsstreit unterliegt. Denn nur das deutsche Gericht wendet deutsches Prozeßrecht, das ausländische Gericht aber sein eigenes Verfahrensrecht an. Darüber hinaus hängt von der internationalen Zuständigkeit nicht selten ab, nach welchem materiellen Recht die Rechtssache entschieden wird. Wird die deutsche internationale Zuständigkeit bejaht, so bestimmt das deutsche internationale Privatrecht, nach welchem materiellen Recht das streitige Rechtsverhältnis zu beurteilen ist; wird
aber die deutsche internationale Zuständigkeit verneint (und ruft deshalb der Kläger ein ausländisches Gericht an), so entscheidet dieses nach dem internationalen Privatrecht seines Landes über die anzuwendende Rechtsnorm. Demgemäß kann die Entscheidung über die internationale Zuständigkeit - im Gegensatz zu der Zuständigkeitsabgrenzung unter den deutschen Gerichten - die sachliche Entscheidung des Prozesses vorwegnehmen (BGHZ aaO 50; Geimer aaO Rn. 1009).
b) Die Auffassung, daß § 545 Abs. 2 ZPO (n.F.) die revisionsrechtliche Prüfung der internationalen Zuständigkeit nicht hindert, wahrt schließlich die Beachtung der Vorlagepflichten nach dem EuGVÜ und dem hierzu abgeschlossenen Protokoll betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof vom 3. Juni 1971 (BGBl. 1972 II S. 846, künftig: Protokoll). Danach können in der Bundesrepublik Deutschland nur die obersten Gerichtshöfe des Bundes (Art. 2 Nr. 1 des Protokolls) und andere Gerichte, sofern sie als Rechtsmittelgericht entscheiden (Art. 2 Nr. 2 des Protokolls), dem Gerichtshof eine Auslegungsfrage zur Vorabentscheidung vorlegen. Diese Vorlageberechtigung ginge ins Leere, wenn der Bundesgerichtshof aufgrund des § 545 Abs. 2 ZPO n.F. die internationale Zuständigkeit nicht mehr zu prüfen hätte. Entsprechendes gälte dann nämlich auch für die Berufungsgerichte (vgl. § 513 Abs. 2 ZPO n.F.), so daß es in der Bundesrepublik Deutschland kein Gericht gäbe, das berechtigt wäre, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Fragen zur Auslegung des EuGVÜ (und des am selben Tag und am selben Ort unterzeichneten Protokolls sowie des Protokolls vom 3. Juni 1971
3. Juni 1971 bestimmten Vorlageregelung unvereinbar (vgl. zu den völkerver- trags- und sekundärrechtlichen Kontrollpflichten Staudinger IPRax 2001, 298, 299 f).
2. Die mithin zulässige revisionsrechtliche Prüfung ergibt, daß im Streitfall die deutschen Gerichte entweder gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 zweite Alternative EuGVÜ oder gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ international zuständig sind.
a) Grundsätzlich sind natürliche Personen, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates des EuGVÜ haben, vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen (Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ); entsprechendes gilt für Gesellschaften und juristische Personen, die ihren Sitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates haben (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 53 Abs. 1 Satz 1 EuGVÜ ). Abweichend von dieser Regel können in einem Vertragsstaat ansässige (natürliche oder juristische) Personen vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaates verklagt werden, wenn dort einer der in Art. 5 ff EuGVÜ genannten Wahlgerichtsstände besteht (Art. 3 Abs. 1 EuGVÜ; vgl. auch Musielak/Weth, ZPO 2. Aufl. 2000 Art. 3 EuGVÜ Rn. 1). So liegt der Streitfall. Die in den Niederlanden ansässige Beklagte kann vor einem deutschen Gericht verklagt werden , weil in der Bundesrepublik Deutschland entweder die internationale Zuständigkeit für Verbrauchersachen (Art. 13, 14 EuGVÜ) oder der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) begründet ist.
b) Für Klagen aus einem Vertrag, den eine Person zu einem Zweck abgeschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person (Verbraucher) zugerechnet werden kann, bestimmt sich die Zuständig-
keit nach den Art. 13 ff. EuGVÜ für "andere Verträge" (als Teilzahlungskauf oder Darlehen), wenn sie die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand haben, sofern dem Vertragsschluß in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist und der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluß des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 zweite Alternative EuGVÜ). Es handelt sich bei dieser Zuständigkeit um einen Sonderfall des Gerichtsstandes des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz EuGVÜ). Während Art. 5 Nr. 1 erster Halbsatz EuGVÜ sich allgemein auf Klagen aus Vertrag bezieht, erfaßt Art. 13 EuGVÜ bestimmte Arten von Verträgen, die ein Verbraucher geschlossen hat (EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - Rs. C-96/00
Die vorliegende auf eine Gewinnzusage im Sinne des § 661a BGB gestützte Klage kann als Klage aus einem Verbrauchervertrag (Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ) angesehen werden.
aa) Zwar handelt es sich bei der Gewinnzusage oder vergleichbaren Mitteilung der Beklagten nicht um einen Vertrag, sondern um ein einseitiges Rechtsgeschäft oder eine geschäftsähnliche Handlung (vgl. Lorenz, NJW 2000, 3305, 3307; Palandt/Sprau, BGB 61. Aufl. 2002 § 661a Rn. 2; Ring, Fernabsatzgesetz 2002 Art. 2 Abs. 4 Rn. 172). Die vertragliche Natur des Klageanspruchs kann auch nicht daraus hergeleitet werden, daß eine untrennbare Verbindung zwischen der Gewinnzusage und der Warenbestellung bestanden
hätte (vgl. EuGH aaO S. 2699). Es ist nicht ersichtlich, daß die Klägerin bei der Beklagten Waren bestellt oder die Beklagte die Auszahlung des Gewinns von einer Warenbestellung abhängig gemacht hätte.
bb) Die an die Klägerin gerichtete Gewinnbenachrichtigung der Beklagten zielte jedoch auf eine Vertragsanbahnung. Die Klägerin, die unstreitig Verbraucherin im vorbeschriebenen Sinn war, sollte hierdurch veranlaßt werden, bei der Beklagten Waren zu bestellen (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 zweite Alternative und lit. a EuGVÜ). Denn sie wurde in dem Schreiben der Beklagten vom 30. Juni 2000 aufgefordert, von der Klägerin angebotene "Schnäppchen" zu nutzen. Auch das in Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b EuGVÜ bestimmte Erfordernis, daß der Verbraucher in dem Staat seines Wohnsitzes die zum Abschluß des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat, war - zumindest dem Rechtsgedanken nach - erfüllt. Die Klägerin versah entsprechend den Anweisungen der Beklagten im Schreiben vom 30. Juni 2000 den Ziehungsbescheid mit der Zuteilungsmarke und schickte ihn am 7. Juli 2000 zurück.
cc) Sind aber die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ gegeben , dann konnte die in der Bundesrepublik Deutschland wohnende Klägerin ihre "Klage eines Verbrauchers" gegen die in den Niederlanden ansässige Beklagte wahlweise vor den niederländischen (Art. 14 Abs. 1 erste Alternative EuGVÜ) oder - wie geschehen - vor den deutschen Gerichten (Art. 14 Abs. 1 zweite Alternative EuGVÜ) erheben.
c) Wäre hingegen für die Zuständigkeit für Verbrauchersachen (Art. 13 ff. EuGVÜ) entscheidend auf den - hier nicht erfolgten - Abschluß eines Vertra-
ges abzustellen, wären die deutschen Gerichte jedenfalls aufgrund des Gerichtsstandes der unerlaubten Handlung zuständig.
aa) Gemäß Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ können in einem Vertragsstaat ansässige (natürliche oder juristische) Personen auch vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaats verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Nr. 3; Art. 53 Abs. 1 Satz 1 EuGVÜ). Der Begriff der "unerlaubten Handlung" im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ ist als autonomer Begriff anzusehen. Um eine einheitliche Lösung in allen Mitgliedsstaaten zu gewährleisten, ist davon auszugehen, daß sich der Begriff der "unerlaubten Handlung" auf Klagen bezieht, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird und die nicht an einen Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ anknüpfen (st. Rspr. des EuGH, vgl. Urteil vom 11. Juli 2002 aaO; Urteil vom 27. September 1988 - Rs. 189/87
Mit der Einführung des § 661a BGB wollte der Gesetzgeber einer verbreiteten und wettbewerbsrechtlich unzulässigen Praxis entgegenwirken, daß Unternehmer Verbrauchern Mitteilungen über angebliche Gewinne übersenden , um sie zur Bestellung von Waren zu veranlassen, die Gewinne auf Nachfrage aber nicht aushändigen (vgl. Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro
rum 2000/01, 334, 337). Diese deliktische Qualifikation einer Klage aus Ge- winnzusage wahrt zugleich die Parallelität zu den Wettbewerbssachen (vgl. Lorenz aaO S. 3308 und 3309; s. aber dagegen ders. IPRax 2002, 192, 194 f; Rauscher/Schülke aaO), die nach allgemeiner Auffassung unter den Gerichtsstand der "unerlaubten Handlung" im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ fallen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 1988 aaO; Gottwald in MünchKomm ZPO 2. Aufl. 2001 Schlußanhang IZPR Art. 5 EuGVÜ Rn. 37; Wieczorek /Schütze/Hausmann, ZPO 3. Aufl. 1994 Anh. § 40 Art. 5 EuGVÜ Rn. 51; Albers aaO Rn. 17; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO 22. Aufl. 1999 Art. 5 EuGVÜ Rn. 10; Auer in Bülow/ Böckstiegel/Geimer/Schütze, Der internationale Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen
Der Anspruch aus Gewinnzusage wäre im übrigen auch dann dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) zuzuordnen, wenn es sich um einen gesetzlichen Fall der culpa in contrahendo handelte (vgl. Lorenz aaO 3307, 3309; EuGH, Urteil vom 17. September 2002 - Rs. C 334/00
bb) Der gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ maßgebliche Ort, "an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist", liegt sowohl an dem Ort, an dem der Schaden eingetreten ist, als auch an dem Ort des ursächlichen Geschehens (EuGH, Urteil vom 30. November 1976 - Rs. 21/76
Gottwald aaO Rn. 42; Auer aaO Rn. 107). Dementsprechend konnte die Be- klagte an dem für den Wohnsitz der Klägerin zuständigen Gericht verklagt werden. Dort trat nämlich mit dem Empfang des scheinbaren Gewinnversprechens der Erfolg der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) ein (vgl. Rauscher /Schülke aaO S. 338; Lorenz NJW 2000, 3308, 3309).
3. Einer Vorlage wegen der hier vorgenommenen Auslegung der Art. 13 und 5 Nr. 3 EuGVÜ nach Art. 2 f des Protokolls vom 3. Juni 1971 bedarf es nicht. Zwar ist die Auslegungsfrage in der für den vorliegenden Rechtsstreit erheblichen Form noch nicht Gegenstand einer Entscheidung des Gerichtshofes gewesen. Eine Vorlage ist aber - ebenso wie im Falle des Art. 177 Abs. 3 EWG-Vertrag und des Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag - entbehrlich, wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts so offenkundig ist, daß für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81
4. Die Beklagte hat die Kosten der erfolglosen Rechtsmittel gegen das Zwischenurteil des Landgerichts zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO; vgl. Zöller/Greger aaO § 280 Rn. 8 a.E.).
Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. Oktober 2014 aufgehoben.
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Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
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Von Rechts wegen
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes von dem Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien der E. S. AG (im Folgenden auch: "Gesellschaft"), einer nicht börsennotierten Schweizer Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz.
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Der Beklagte war seit der Gründung der Gesellschaft am 8. November 2004 bis zum 18. Februar 2010 Mitglied des Verwaltungsrates und Geschäftsführer. Geschäftsgegenstand der Gesellschaft, die 22 Millionen vinkulierte Namensaktien zu einem Nennwert von 0,01 CHF ausgegeben hatte, war das Factoring. Den Großteil ihrer Umsätze erzielte sie indes durch den Verkauf ihrer eigenen Aktien sowie der Aktien einiger ihrer Altaktionäre, u. a. der I. SA mit Sitz auf den Bahamas. Die Aktien wurden von bei der Gesellschaft angestellten Telefonverkäufern unter anderem in Deutschland über eine Zweigniederlassung in Düsseldorf an Privatanleger veräußert. Auf der Internetseite der Gesellschaft war ein von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gebilligter und dort hinterlegter Wertpapierprospekt veröffentlicht. In gedruckter Form wurde der Prospekt potentiellen Anlegern nur auf Anforderung übersandt.
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Der Zedent erwarb - jeweils nach Telefonaten mit einem in der Zweigniederlassung tätigen Mitarbeiter der Gesellschaft - mit am 14. Dezember 2007, 22. Januar und 27. März 2008 sowie 4. August, 25. September und 30. November 2009 unterzeichneten sogenannten "Kaufabsichtserklärungen" 39.0 Namensaktien zu Stückpreisen von 3,25 € und 3,80 €, insgesamt zu einem Preis in Höhe von 128.950 €. Die Zahlungen leistete der Zedent von seinem in Deutschland geführten Konto auf ein ebenfalls in Deutschland geführtes Konto der Gesellschaft. Am 18. Juni 2010 wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet. Die von dem Zedenten erworbenen Aktien sind inzwischen wertlos.
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Die Klägerin macht geltend, die Gesellschaft habe ihr operatives Geschäft - bei dem es sich um ein Minimalgeschäft mit Alibifunktion gehandelt habe - nicht ernsthaft betrieben. Es habe lediglich dazu gedient, den Anlegern ein florierendes Unternehmen vorzutäuschen und sie damit zum Kauf von Aktien zu bewegen. Der Beklagte habe diese Information den Anlegern in sittenwidrigem Missbrauch seiner geschäftlichen Überlegenheit vorenthalten und sie durch unrichtige und verharmlosende Angaben in den Veröffentlichungen der Gesellschaft systematisch getäuscht.
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Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt und die Klage abgewiesen, soweit sie ursprünglich gegen ein weiteres Mitglied des Verwaltungsrats der Gesellschaft gerichtet war. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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I.
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Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
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Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folge aus Art. 5 Nr. 3 LugÜ, weil der Erfolgsort in Deutschland liege. Die örtliche Zuständigkeit könne in der Berufungsinstanz gemäß § 513 Abs. 2 ZPO nicht geprüft werden. Deutsches Recht sei gemäß Art. 40 Abs. 1 EGBGB anwendbar.
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Der Klägerin stehe kein Anspruch aus § 826 BGB aus abgetretenem Recht zu. Eine Haftung des Beklagten ergebe sich nicht daraus, dass er ein von vornherein chancenloses Geschäftsmodell zum ausschließlich eigenen Vorteil hätte vertreiben wollen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Gesellschaft von vornherein ausschließlich dazu bestimmt gewesen sei, ihre eigenen Aktien oder die Aktien des verbundenen Großaktionärs an Anleger zu vermitteln, ohne das satzungsgemäß vorgesehene Geschäft des Factorings zu betreiben. Ausweislich der Umsatzzahlen seien tatsächlich Einnahmen aus Factoring erzielt worden. Die geringe Höhe lasse sich damit erklären, dass die Gesellschaft noch am Beginn ihrer Geschäftstätigkeit gestanden habe und das Eintreiben von abgetretenen Forderungen eine gewisse Zeit beanspruche.
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Eine Haftung ergebe sich auch nicht aus einem Unterlassen der gebotenen Aufklärung. Bei dem Erwerb der Aktien der Gesellschaft habe es sich nicht um ein hochspekulatives Geschäft gehandelt. Auf die mit dem Geschäft verbundenen Risiken sei in dem von der Gesellschaft auf ihrer Internetseite veröffentlichten Wertpapierprospekt umfassend hingewiesen worden. Dass der Beklagte nicht dafür gesorgt habe, dass der Prospekt den Anlageinteressenten unaufgefordert in Papierform zur Verfügung gestellt worden sei, stelle keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung dar.
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Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung liege nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht darin, dass der Beklagte auf die Telefonverkäufer direkt oder indirekt über den Leiter der örtlichen Niederlassung oder über die für das Marketing zuständigen Mitarbeiter eingewirkt habe, um die Anleger zu täuschen. Ob das von der Klägerin behauptete Handeln oder Unterlassen des Beklagten im konkreten Fall für den Anlageentschluss des Zedenten kausal gewesen sei, brauche daher nicht aufgeklärt zu werden.
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II.
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Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Über sie ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden; inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis des Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 f.).
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1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bejaht, die auch im Revisionsrechtszug von Amts wegen zu prüfen ist (Senatsurteil vom 17. März 2015 - VI ZR 11/14, WM 2015, 819 Rn. 14 mwN). Diese Zuständigkeit besteht nach Art. 5 Nr. 3 in Verbindung mit Art. 63 Abs. 1 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen, geschlossen in Lugano am 30. Oktober 2007 (ABl. EU L 339 S. 3, nachfolgend LugÜ II). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 5 Nr. 3 EuGVVO aF ist die Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist", so zu verstehen, dass sie sowohl den Ort des ursächlichen Geschehens (Handlungsort) als auch den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs (Erfolgsort) meint (zuletzt EuGH, NJW 2015, 1581 Rn. 45 mwN; zu Art. 5 Nr. 3 LugÜ II vgl. Senatsurteile vom 24. Juni 2014 - VI ZR 315/13, WM 2014, 1614 Rn. 29 mwN, und vom 17. März 2015 - VI ZR 11/14, WM 2015, 819 Rn. 14).
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Nach dem schlüssigen Vortrag der Klägerin liegt jedenfalls der Erfolgsort in Deutschland. Der Vermögensschaden des Zedenten, den sie mit der Klage ersetzt verlangt, ist an dem Guthaben auf dessen Girokonto bei einem Kreditinstitut in Deutschland eingetreten, von dem er das angelegte Kapital auf ein Konto der Gesellschaft bei einem Kreditinstitut in Deutschland überwiesen hat (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2015 - VI ZR 11/14, WM 2015, 819 Rn. 15 mwN; BGH, Urteil vom 12. Oktober 2010 - XI ZR 394/08, WM 2010, 2214 Rn. 30).
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2. Das Berufungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass ihm die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit gemäß § 513 Abs. 2 ZPO verwehrt ist.
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a) Nach § 513 Abs. 2 ZPO kann die Berufung nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Ob dies vorliegend der Fall ist, ist einer revisionsrechtlichen Überprüfung entzogen, denn gemäß § 545 Abs. 2 ZPO kann die Revision nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat. Demgemäß findet in der Revisionsinstanz eine Prüfung der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts grundsätzlich auch dann nicht statt, wenn die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte vom Revisionsgericht zu prüfen ist (Senatsurteile vom 17. März 2015 - VI ZR 11/14, WM 2015, 819 Rn. 17 f., und - VI ZR 12/14, juris Rn. 17 f.; jeweils mwN).
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Zu der insoweit entsprechenden Regelung in § 549 Abs. 2 ZPO aF hat der Bundesgerichtshof allerdings entschieden, dass diese Vorschrift bezüglich der örtlichen Zuständigkeit nicht anzuwenden ist, soweit daneben die internationale Zuständigkeit im Streit ist und beide Zuständigkeiten von denselben Voraussetzungen abhängen (BGH, Urteil vom 21. November 1996 - IX ZR 264/95, BGHZ 134, 127, 130). Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben, denn der Erfolgsort lag nach dem Vortrag der Klägerin, wie dargelegt, in Deutschland. Während sich die Frage, ob das Landgericht örtlich zuständig war, danach richtet, ob der Erfolgsort in seinem Bezirk liegt, kommt es für die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nur darauf an, ob sich das geschädigte Guthaben des Zedenten an irgendeinem Ort in Deutschland befand. Die Frage der örtlichen Zuständigkeit hängt vorliegend mithin nicht von denselben Voraussetzungen ab, die für die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte maßgebend sind.
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b) Ob die örtliche Zuständigkeit entgegen § 513 Abs. 2, § 545 Abs. 2 ZPO dann in den Rechtsmittelinstanzen überprüfbar ist, wenn das erstinstanzliche Gericht oder das Berufungsgericht sie willkürlich angenommen und damit den Beklagten seinem gesetzlichen Richter entzogen haben (so OLG Oldenburg, NJW-RR 1999, 865; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 513 Rn. 33; Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 513 Rn. 11; MünchKomm- ZPO/Rimmelspacher, 4. Aufl., § 513 Rn. 19; MünchKomm-ZPO/Krüger, aaO, § 545 Rn. 17; BeckOK ZPO/Kessal-Wulf, § 545 Rn. 18 (Stand: 1. Juni 2015); bezüglich der Zuständigkeitsabgrenzung von Zivil- und Handelskammer auch OLG Karlsruhe, NJW-RR 2013, 437, 439; aA Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 513 Rn. 10; BeckOK ZPO/Wulf, § 513 Rn. 11 (Stand: 1. Juni 2015); PG/Lemke, ZPO, 7. Aufl., § 513 Rn. 16; Hk-ZPO/Wöstmann, 6. Aufl., § 513 Rn. 3), kann dahinstehen.
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aa) Zwar begegnet die Auffassung des Landgerichts Bedenken, es sei, obwohl der Beklagte die örtliche Zuständigkeit in der Klageerwiderung gerügt hat, infolge rügeloser Verhandlung örtlich zuständig geworden, zumal es unzutreffend auf § 39 ZPO statt auf Art. 24 LugÜ II (zur Geltung für die örtliche Zuständigkeit Wagner in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rn. 1; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rn. 1; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rn. 32) abgestellt hat. Da der Beklagte ausweislich des erstinstanzlichen Protokolls zur Sache verhandelt hat, ohne dort die Zuständigkeitsrüge zu wiederholen, ist die Beurteilung des Landgerichts indessen noch nicht willkürlich. Objektiv willkürlich ist ein Richterspruch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung jedoch nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst dann vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird, so dass die Entscheidung auf schweren Rechtsanwendungsfehlern beruht (BVerfG, FamRZ 2010, 25; NJW 2014, 3147 Rn. 13; jeweils mwN).
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bb) Hier ist das Landgericht, das die schriftsätzliche Zuständigkeitsrüge ausweislich seines Urteilstatbestandes gesehen hat, offenbar davon ausgegangen, der Beklagte habe die Rüge stillschweigend fallengelassen, nachdem das Gericht, wie sich aus seinem Beschluss vom 15. Dezember 2011 über den Tatbestandsberichtigungsantrag des Beklagten ergibt, in der mündlichen Verhandlung ausführlich dargelegt hatte, warum es seine örtliche Zuständigkeit für gegeben erachtet und der Beklagte dazu keine weiteren Erklärungen abgegeben hatte. Zwar muss die bereits schriftsätzlich vorgetragene Zuständigkeitsrüge sowohl im Anwendungsbereich des § 39 ZPO als auch des Art. 24 LugÜ II in der mündlichen Verhandlung nicht wiederholt werden, sofern auf sie stillschweigend Bezug genommen wird (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2006 - IX ZR 15/05, NJW 2006, 1806 Rn. 9). Möglich ist aber ein nachträglicher - auch stillschweigender - Rügeverzicht (vgl. zu § 39 ZPO BGH, Urteil vom 2. März 2006 - IX ZR 15/05, aaO; OLG Koblenz, OLGR Koblenz 1998, 429, 430) oder eine Rücknahme der Zuständigkeitsrüge (zu § 39 ZPO Künzl, BB 1991, 757; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 39 Rn. 5; PG/Wern, ZPO, 7. Aufl., § 12 Rn. 9; zu Art. 24 EuGVVO aF Hk-ZPO/Dörner, 5. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rn. 8; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rn. 52). Ob der Beklagte hier nachträglich auf die Zuständigkeitsrüge verzichtet oder sie zurückgenommen hat, bedarf keiner Entscheidung. Denn selbst wenn dies nicht der Fall wäre, läge hier ein bloßer Rechtsanwendungsfehler vor, der nicht den Schluss darauf zuließe, die Bejahung der örtlichen Zuständigkeit beruhe auf sachfremden Erwägungen und sei willkürlich (vgl. Senatsurteile vom 17. März 2015 - VI ZR 11/14, WM 2015, 819 Rn. 19 ff. und VI ZR 12/14, juris Rn. 19 ff.).
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3. Die angefochtene Entscheidung hält jedoch in der Sache revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
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Zu Recht - und von den Parteien nicht angegriffen - hat das Berufungsgericht seiner Beurteilung zwar deutsches Deliktsrecht zugrunde gelegt. Dies folgt, soweit die Klägerin ihre Klage auf Aktienerwerbe vor dem 11. Januar 2009 stützt, aus Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB und für Aktienerwerbe ab dem 11. Januar 2009 aus Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-Verordnung).
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Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, dass das Berufungsgericht auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen einen Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB verneint hat.
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haften Geschäftsführer, (faktische) Geschäftsleiter oder Vorstandsmitglieder einer Gesellschaft nach § 826 BGB auf Schadensersatz, wenn das von ihnen ins Werk gesetzte Geschäftsmodell der Gesellschaft von vornherein auf Täuschung und Schädigung der Kunden angelegt ist, es sich mithin um ein „Schwindelunternehmen“ handelt (BGH, Urteil vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1048 f.; Senat, Urteile vom 17. März 2015 - VI ZR 11/14, WM 2015, 819 Rn. 26 ff., und - VI ZR 12/14, juris Rn. 26 ff.).
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b) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, ein solcher Fall liege hier nicht vor. Zwar ist die Würdigung der Beweise grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 16. April 2013 - VI ZR 44/12, VersR 2013, 1045 Rn. 13; vom 11. November 2014 - VI ZR 76/13, VersR 2015, 327 Rn. 13, und vom 17. März 2015 - VI ZR 11/14, WM 2015, 819 Rn. 28; BGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 316 f. mwN).
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Solche Fehler sind im Streitfall gegeben. Das Berufungsgericht hat wesentlichen Sachvortrag der Klägerin unbeachtet gelassen. Zutreffend weist die Revision auf eine Reihe von Umständen hin, die - wenn sie in die Beweiswürdigung einbezogen werden - bei der gebotenen tatrichterlichen Gesamtschau zu der Beurteilung führen könnten, dass das von dem Beklagten als Mitglied des Verwaltungsrats und Geschäftsführer ins Werk gesetzte Geschäfts- und Vertriebsmodell der Gesellschaft auf eine sittenwidrige Schädigung und Täuschung der Anleger angelegt war.
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aa) Zu Recht macht die Revision geltend, die von dem Berufungsgericht bei seiner Würdigung außer Acht gelassenen Umstände legten den Schluss nahe, dass das operative Geschäft der Gesellschaft von dem Beklagten nicht ernsthaft betrieben wurde, sondern nur dazu diente, den Anlegern ein florierendes Unternehmen vorzutäuschen und sie damit zum Kauf von Aktien zu bewegen.
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(1) Die Gesellschaft hat 22 Millionen Namensaktien zu einem Nennwert von je 0,01 CHF ausgegeben. Diese sind den Anlegern unstreitig zu Preisen von 1,60 € bis zu 5,20 € verkauft worden. Damit überstieg der Verkaufspreis der Aktien deren Nennwert um das 160- bis 520-fache. Umstände, die ein Aufgeld in dieser Höhe bei einem jungen Unternehmen als gerechtfertigt erscheinen lassen könnten, waren und sind nicht ansatzweise erkennbar. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die - von der Gesellschaft selbst aufgrund einer rein zukunftsgerichteten Bewertung festgelegten - hohen Ausgabepreise mit aus dem Factoring zu erwartenden Erträgen korrespondierten oder eine Grundlage für die Erwartung bestand, der Unternehmenswert werde sich zukünftig derart erhöhen.
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Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen erzielte die Gesellschaft aus dem Factoring nämlich nur geringe Einnahmen, denen Ausgaben gegenüber standen. Nach dem Vortrag der Klägerin betrug der Umsatz aus dem operativen Geschäft im Geschäftsjahr 2007/2008 1,6 % und im Geschäftsjahr 2008/2009 3,1 % des gesamten Umsatzes der Gesellschaft. Der Ertragsanteil aus dem Verkauf eigener Aktien betrug dagegen 98,4 % bzw. 96,9 %. Auch wenn der Geschäftszweck der Gesellschaft nicht ausschließlich in dem Verkauf eigener Aktien bestand, so können diese Umsatzzahlen doch darauf hindeuten, dass in Wahrheit darin der Schwerpunkt ihrer Geschäftstätigkeit lag und das Factoring von ihr nicht ernsthaft und eher nur am Rande betrieben wurde.
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(2) Das wird auch durch den von der Revision als übergangen gerügten Vortrag der Klägerin zu der Aussage des im Bereich Forderungsankauf tätigen Zeugen M. vor der Staatsanwaltschaft Düsseldorf gestützt. Danach verfügte die Gesellschaft nicht über ein professionelles Inkassoprogramm. Sie bilanzierte zudem den gesamten ihr zur Einziehung übertragenen Forderungsbestand, obwohl ersichtlich nur ein Bruchteil des Bestandes zu realisieren war, so dass es in der Folge mehrfach zu erheblichen bilanziellen Wertberichtigungen kam.
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(3) Zu Recht weist die Revision ferner darauf hin, dass es sich bei dem Beteiligungsangebot laut dem Wertpapierprospekt nicht um eine Neuemission, sondern um eine Wiederveräußerung aus dem Bestand der Altaktionäre, unter anderem der I. SA, handelte. Neben den Emissionskosten in Höhe von 30 % des Ausgabepreises flossen daher weitere 5 % an die Altaktionäre, was in den von den Erwerbern zu unterzeichnenden Kaufabsichtserklärungen nicht offengelegt wurde. Von der Revision genannte Umstände könnten weiter nahelegen, dass die Kapitalzuflüsse aus den Aktienverkäufen nicht für das operative Geschäft verwendet wurden, wie Barabhebungen in Höhe von 1,1 Mio. €, hohe Aufwendungen u. a. für Beraterverträge sowie hohe Zahlungen an die Hauptaktionärin der Gesellschaft, die I. SA.
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bb) Es ist ferner nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei - gebotener - Berücksichtigung des von der Revision als nicht beachtet gerügten Parteivortrags zu dem Schluss kommen könnte, der Beklagte habe einen auf systematische Täuschung der Anleger angelegten Vertrieb der Aktien zu verantworten.
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(1) Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung außer Acht gelassen, dass die Gesellschaft nach dem Vortrag der Klägerin trotz der oben genannten Umstände in ihrer Anfang des Jahres 2008 herausgegebenen und zu Werbezwecken versandten Broschüre sowie auf ihrer Internetseite - mithin in Veröffentlichungen, über deren Inhalte typischerweise auf der Vorstandsebene entschieden wird (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2014 - I ZR 242/12, BGHZ 201, 344 Rn. 19; BGH, Urteil vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1048 f. unter A 2) - mitteilte, die Investition biete eine außergewöhnliche Sicherheit und die Bonität der Gesellschaft sei besser als diejenige mancher deutscher Banken. Sie hob dort zudem hervor, die im Zeitraum von 2004 bis 2006 erzielten Dienstleistungserträge seien von 17.400 CHF auf 1.800.000 CHF, mithin um das Hundertfache gestiegen. Die im Wertpapierprospekt angenommenen Dienstleistungserträge seien im Geschäftsjahr 2006/2007 um 30 % überschritten worden. Dadurch konnte bei den Anlegern die unrichtige Vorstellung entstehen, die Erträge stammten aus dem operativen Geschäft der Gesellschaft, während es sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Wesentlichen um Erträge aus dem Verkauf eigener Aktien handelte.
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Diese und ähnliche Informationen finden sich auch in den nach den Feststellungen des Berufungsgerichts an die Anleger versandten Mitteilungen, den sogenannten "Newsletter", mithin ebenfalls in Veröffentlichungen, über deren Inhalte typischerweise auf der Vorstandsebene entschieden wird (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2014, aaO; BGH, Urteil vom 28. Februar 1989, aaO). In einem im Juli 2009 versandten "Newsletter" heißt es, der Ertrag habe sich von 1.700.0 € (2006/2007) auf 5.200.000 € (2007/2008) verdreifacht und werde auch für das Geschäftsjahr 2008/2009 eine deutliche Steigerung verzeichnen. Der Aktienpreis habe sich von 1,90 € (2006) auf 5,20 € (2009) erhöht.
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(2) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielten die Anleger den Wertpapierprospekt der Gesellschaft grundsätzlich nicht übersandt. Die Telefonverkäufer machten in den Verkaufsgesprächen - nach dem Vortrag der Klägerin auch gegenüber dem Zedenten - unrichtige, nämlich zu günstige Angaben in Bezug auf die Umsatzzuwächse. Diese festgestellten und die von der Revision angeführten, nicht berücksichtigten Umstände könnten in einer Gesamtbetrachtung geeignet erscheinen, darauf hinzudeuten, der nach dem Vortrag der Klägerin von dem Beklagten initiierte Vertrieb der Aktien der Gesellschaft sei auf Täuschung der Anlageinteressenten ausgerichtet gewesen.
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III.
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Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben, sondern ist aufzuheben und mangels Entscheidungsreife zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses erhält damit Gelegenheit, gegebenenfalls auch auf die weiteren Rügen der Revision einzugehen.
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Rechtsbehelfsbelehrung
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Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.
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Galke Wellner Stöhr
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Oehler Roloff
Sitz der Gesellschaft ist der Ort im Inland, den der Gesellschaftsvertrag bestimmt.
Sitz der Gesellschaft ist der Ort im Inland, den der Gesellschaftsvertrag bestimmt.