Bundesgerichtshof Urteil, 25. März 2004 - VII ZR 453/02

bei uns veröffentlicht am25.03.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 453/02 Verkündet am:
25. März 2004
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
AGBG § 9 Abs. 1 Bf, § 6 Abs. 2

a) Die Verpflichtung eines Bauunternehmers, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen
eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, ist auch in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen eines öffentlichen Auftraggebers unwirksam. Der Vertrag
ist ergänzend dahin auszulegen, daß der Auftragnehmer eine unbefristete,
selbstschuldnerische Bürgschaft schuldet (im Anschluß an BGH, Urteil vom 4. Juli
2002, BGHZ 151, 229).

b) Die ergänzende Vertragsauslegung kommt für Verträge, die nach dem
31. Dezember 2002 geschlossen worden sind, nicht mehr in Betracht. Das gilt
auch für Verträge, bei denen ein öffentlicher Auftraggeber nicht beteiligt ist.

c) Zur Wirksamkeit einer vom öffentlichen Auftraggeber in einem Bauvertrag gestellten
Klausel, mit der Vertragserfüllungssicherheit und Gewährleistungssicherheit
mit teilweise identischer Zweckbestimmung gefordert wird.
BGH, Urteil vom 25. März 2004 - VII ZR 453/02 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Februar 2004 durch den Richter Prof. Dr. Thode als Vorsitzenden und
die Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15. August 2002 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger fordert von dem beklagten Land aus abgetretenem Recht der inzwischen insolventen Schuldnerin Herausgabe zweier Bürgschaftsurkunden. Anfang 1993 beauftragte das Staatsbauamt F. die Schuldnerin (künftig: S.) mit der Ausführung von landschaftsgärtnerischen Arbeiten bei einem Neubau. Dem Vertrag lagen die vom Beklagten gestellten Besonderen Vertragsbedingungen EVM (B) BVB (künftig: BVB) und die Zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen EVM (B) ZVB/E (künftig: ZVB/E) zugrunde. Ferner war die Geltung der VOB/B vereinbart. Die Regelung über die Sicherheitsleistung in Nr. 6 der BVB lautet u.a. wie folgt:
"6.1 Als Sicherheit für die Vertragserfüllung nach Nr. 33.1 ZVB/E hat der Auftragnehmer eine Bürgschaft nach dem Formblatt EFB-Sich 1 in Höhe von 3 v.H. der Auftragssumme einschließlich der Nachträge zu stellen. ... Nach Empfang der Schlußzahlung und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche kann der Auftragnehmer verlangen, daß die Bürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft gemäß Formblatt EFB-Sich 2 in Höhe von 3 v.H. der Abrechnungssumme umgewandelt wird. 6.2 Als Sicherheit für die Gewährleistung nach Nr. 33.2 ZVB/E werden 3 v.H. der Auftragssumme einschließlich der Nachträge einbehalten , nach Feststellung der Abrechnungssumme ist diese maßgebend. Der Auftragnehmer kann statt dessen eine Gewährleistungsbürgschaft nach Formblatt EFB-Sich 2 stellen. ..." Die Regelung über die Sicherheitsleistung in Nr. 33 ZVB/E lautet wie folgt: "33.1 Die Sicherheit für Vertragserfüllung erstreckt sich auf die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag, insbesondere für die
vertragsgemäße Ausführung der Leistung einschließlich Abrechnung , Gewährleistung und Schadensersatz sowie auf die Erstattung von Überzahlungen einschließlich der Zinsen. 33.2 Die Sicherheit für Gewährleistung erstreckt sich auf die Erfüllung der Ansprüche auf Gewährleistung einschließlich Schadensersatz sowie auf die Erstattung von Überzahlungen einschließlich der Zinsen." Bei der Bürgschaft nach Formblatt EFB-Sich 1 handelt es sich um eine Bürgschaft auf erstes Anfordern. Bei der Bürgschaft nach Formblatt EFB-Sich 2 handelt es sich um eine selbstschuldnerische Bürgschaft. Im Rahmen des Vertragsschlusses stellte S. dem Beklagten unter Verwendung des Formblatts EFB-Sich 1 eine Bürgschaft in Höhe von 77.500 DM zur Verfügung. Nachdem die Leistung der S. im Mai 1995 abgenommen und im November 1995 die Schlußzahlung erfolgt war, stellte S. zur Ablösung des vom Beklagten vorgenommenen Sicherheitseinbehalts für Gewährleistungsansprüche eine weitere Bürgschaft über 31.035,17 DM unter Verwendung eines weiteren Formblatts EFB-Sich 1. Ende Mai 2000 forderte der Beklagte nach Abschluß eines wegen Baumängeln durchgeführten Beweissicherungsverfahrens die Bürgen zur Zahlung auf. Der Kläger, dem der Insolvenzverwalter der S. die Ansprüche auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunden abgetreten hatte, erwirkte eine einstweilige Verfügung , durch die dem Beklagten untersagt wurde, die Bürgen aus den Bürgschaften in Anspruch zu nehmen. Dieses Verfahren ruht bis zum Abschluß des vorliegenden Rechtsstreits.
Der Kläger begehrt Herausgabe der beiden Bürgschaftsurkunden mit der Begründung, die Vereinbarung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (künftig: AGB) verstoße gegen § 9 AGBG und sei daher unwirksam; die auf dieser Grundlage erteilten Bürgschaften seien daher rechtsgrundlos erlangt und herauszugeben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Auf das Schuldverhältnis sind die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetze anwendbar (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht führt aus, eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht gegeben, weil dieser nicht ausschließlich darauf verwiesen sei, für Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers entweder einen Sicherheitseinbehalt von 3 % der Auftragssumme zuzulassen oder eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen. Vielmehr bestimme Nr. 6.1 Satz 3 BVB, daß der Auftragnehmer nach Empfang der Schlußzahlung und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche verlangen könne, daß die gestellte Bürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft gemäß Formblatt EFB-Sich 2 und damit in eine einfache
selbstschuldnerische Bürgschaft umgewandelt werde. Die einschlägigen Regelungen über die zu erbringende Sicherheitsleistung seien auch nicht unklar im Sinne von § 5 AGBG.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Klauseln Nr. 6.1 und 6.2 BVB benachteiligen S. im Ergebnis weder für sich gesehen noch in ihrem Zusammenhang unangemessen im Sinne des § 9 Abs. 1 AGBG. 1. Die BVB und die ZVB/E des Beklagten sind als einheitliche Vertragsmuster Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 1 AGBG. Sie sind entweder unmittelbar oder in modifizierter Weise dem seinerzeit geltenden Vergabehandbuch für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzverwaltungen entnommen und für eine Vielzahl von Bauverträgen vorformuliert. Der Senat kann die Klauseln daher selbst uneingeschränkt auslegen. 2. Die Klausel Nr. 6.1 BVB ist im Hinblick auf das Recht, Zahlung auf erstes Anfordern zu verlangen, unwirksam; sie ist jedoch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes mit dem Inhalt einer unbefristeten selbstschuldnerischen Bürgschaft für eine Übergangszeit als wirksam anzusehen.
a) Soweit die Klausel Nr. 6.1 BVB i.V.m. Nr. 34.4 ZVB/E die Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern vorsieht, ist sie unwirksam.
Der Senat hat bereits entschieden, daß eine vom Auftraggeber, der nicht der öffentlichen Hand zuzuordnen ist, vorformulierte Sicherungsabrede unwirksam ist, wenn sie die Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern vorsieht (Urteil vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01, BGHZ 150, 299; Urteil vom 4. Juli 2002 - VII ZR 502/99, BGHZ 151, 229; vgl. auch Urteil vom 10. April 2003 - VII ZR 314/01, BauR 2003, 1385 = ZfBR 2003, 672 = NZBau 2003, 493). Die Frage, ob die Klausel auch dann unwirksam ist, wenn sie von der öffentlichen Hand in AGB gestellt wird, hat der Senat bisher nicht entschieden. Die Frage ist streitig (für Unwirksamkeit: KG, IBR 2003, 416 = BauR 2004, 510; Schwenker, BGH-Report 2003, 939 f; Hogrefe, BauR 1999, 111, 113; Thode, ZfIR 2000, 165, 168; für Wirksamkeit: Ingenstau/Korbion/Joussen, 15. Aufl., B § 17 Nr. 4 Rdn. 69; OLG Stuttgart BauR 1994, 376 mit kritischer Anmerkung von Ulbrich). Der Senat hält die Klausel auch in diesem Fall für unwirksam. Es trifft zu, daß gegenüber der öffentlichen Hand ein Grund für die Unwirksamkeit, die unberechtigte Verlagerung des Insolvenzrisikos, ausscheidet. Es ist auch nicht zu verkennen, daß die öffentliche Hand gerade in Zeiten knapper Haushaltsmittel bei angeblich mangelhafter Arbeit des Auftragnehmers ein berechtigtes Interesse daran hat, nicht selbst in finanzielle Engpässe zu geraten. Das rechtfertigt es nicht, durch AGB das mit einer Bürgschaft auf erstes Anfordern verbundene Liquiditätsrisiko einseitig auf den Auftragnehmer zu verlagern. Eine unberechtigte Inanspruchnahme der Bürgschaft auf erstes Anfordern durch die öffentliche Hand ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Durch den Rückgriff des Bürgen bei dem Auftragnehmer wird diesem bei Inanspruchnahme einer solchen Bürgschaft Liquidität entzogen. Solange die öffentliche Hand einen zu Unrecht erhaltenen Betrag nicht zurückzahlt, ist der Auftragnehmer in seinem Kreditrahmen bei dem Bürgen beschränkt. Er muß seinen Rückforderungsan-
spruch gerichtlich geltend machen und trägt damit die Last der Prozeßführung gegen eine Partei, die ihrerseits den Prozeß gerichtskostenfrei führen kann.
b) Die Unwirksamkeit der Klausel Nr. 6.1 BVB hat nicht zur Folge, daß keine Verpflichtung des Auftragnehmers besteht, eine Bürgschaft zu stellen. Vielmehr ist für eine Übergangszeit der Vertrag dahin auszulegen, daß der Auftragnehmer eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft schuldet (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - VII ZR 502/99, BGHZ 151, 229). Ein Herausgabeanspruch des Auftragnehmers besteht nicht. Der Auftragnehmer kann lediglich verlangen, daß sich der Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer und dem Bürgen schriftlich verpflichtet, die Bürgschaft nicht auf erstes Anfordern, sondern nur als selbstschuldnerische Bürgschaft geltend zu machen (BGH, Urteil vom 10. April 2003 - VII ZR 314/01, BauR 2003, 1385).
c) Ein schützenswertes Vertrauen der öffentlichen Auftraggeber in die Wirksamkeit der Klausel Nr. 6.1 BVB besteht allerdings nur für Verträge, die bis zum Bekanntwerden der Entscheidung vom 4. Juli 2002 (VII ZR 502/99, aaO) geschlossen worden sind. Danach ist ein Vertrauen nicht mehr schützenswert. Der maßgebende Zeitpunkt ist der 1. Januar 2003. Im Hinblick auf den Zeitraum zwischen der Verkündung der Entscheidung vom 4. Juli 2002 und diesem Zeitpunkt ist gewährleistet, daß den beteiligten Verkehrskreisen, also auch den öffentlichen Auftraggebern, die Entscheidung bekannt geworden ist. 3. Die Klausel Nr. 6.2 BVB benachteiligt S. gleichfalls nicht unangemessen im Sinne von § 9 Abs. 1 AGBG. Sie sieht zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche einen Bareinbehalt vor, der durch eine unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft abgelöst werden kann. Das ist nicht zu beanstanden (BGH, Urteil vom 13. November 2003 – VII ZR 57/02, BauR 2004, 325 = NZBau 2004, 145).
4. Die Klauseln Nr. 6.1 und 6.2 BVB stehen nicht in einem Zusammenhang , der zu einer Unwirksamkeit nach § 9 Abs. 1 AGBG führt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gewährt die Regelung über die Umwandlung in Nr. 6.1 Satz 3 BVB die Befugnis, unter den dort genannten Voraussetzungen die Vertragserfüllungsbürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft umzuwandeln. Davon unabhängig ist der Auftragnehmer nach Nr. 6.2 BVB berechtigt, den von der Schlußzahlung einbehaltenen Betrag von 3 % sofort durch eine eigenständige Gewährleistungsbürgschaft abzulösen. Macht der Auftragnehmer davon Gebrauch, kann dies zu einer Verdoppelung der Sicherheit des Beklagten führen, die in Höhe von maximal 6 % auch zur Befriedigung aller bis zum Empfang der Schlußzahlung und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche entstandenen Gewährleistungsansprüche besteht. Das belastet den Auftragnehmer im Hinblick auf den vereinbarten Sicherungszweck , der nicht nur Gewährleistungsansprüche, sondern auch Überzahlungen umfaßt, nicht unangemessen. Thode Hausmann Wiebel Kuffer Kniffka

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 192/01 Verkündet am:
18. April 2002
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
AGBG § 9 Abs. 1 Bf, Cl
Die Verpflichtung eines Bauunternehmers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
des Bestellers, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen eine Bürgschaft auf
erstes Anfordern zu stellen, ist unwirksam.
BGH, Urteil vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 26. April 2001 wird zurückgewiesen. Die Beklagten tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt die Herausgabe von zwei Urkunden über Vertragserfüllungsbürgschaften auf erstes Anfordern, die sie zur Sicherung von Ansprüchen der beklagten Auftraggeber für den Auftragnehmer übernommen hat. Der Auftragnehmer bot den Beklagten zunächst Innenputz-, später auch Trockenbauarbeiten an. Bei der Besprechung der Angebote legten die Beklagten jeweils mit "Verhandlungsprotokoll" überschriebene Formulare vor. Dort ist zur Zahlungsweise und zu Sicherheitsleistungen unter anderem folgendes vereinbart (handschriftliche Eintragungen sind in Kursivschrift wiedergegeben):
15. Zahlungen 15.1 (...) 15.2 Der AG ist berechtigt, bei den Abschlagszahlungen einen Betrag i.H.v. 10% der erbrachten Leistung einschließlich des ausgewiesenen, darauf entfallenden Mehrwertsteuerbetrages als Sicherheit für die Vertragserfüllung des NU einzubehalten. Zahlung erfolgt innerhalb von – Kalendertagen nach Rechnungseingang. gem. VOB (B). (...) 16. Sicherheitsleistung 16.1 Der NU hat dem AG bis spätestens 2 Tage/Wochen*) nach Vertragsabschluß einzureichen:
a) Vertragserfüllungsbürgschaft über DM _________ / 10% der Auftragssumme *)
b) (...) Der AG behält sich vor, vom Vertrag zurückzutreten, falls der NU die festgelegte (n) Bürgschaft(en) nicht zum vereinbarten Termin einreicht. 16.2 Der Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche beträgt 5% der Abrechnungssumme zzgl. MWSt. *) Nichtzutreffendes streichen. 16.1 und 16.2 nach dem Muster von PH AG und von einer großen deutschen Bank
Das an den Auftragnehmer dabei übergebene Muster der Beklagten zu 1 enthielt das vorgedruckte Versprechen des Bürgen, daß er Zahlung auf erste schriftliche Anforderung leisten werde. Auf der Grundlage der Verhandlungsprotokolle gab der Auftragnehmer seine endgültigen Angebote ab, die von den Beklagten angenommen wurden. Die Klägerin übernahm jeweils die Bürgschaften unter Verwendung des Vordrucks der Beklagten zu 1.
Ihre in erster Linie auf eine Unwirksamkeit der Sicherungsabrede gestützte , mit Ermächtigung des Auftragnehmers erhobene Klage auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunden ist in den Tatsacheninstanzen erfolgreich gewesen. Mit ihrer zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten den Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist nicht begründet. Die Beklagten sind verpflichtet, die wegen Unwirksamkeit der Sicherungsabreden ohne Rechtsgrund erlangten Bürgschaftsurkunden herauszugeben. Das für das Schuldverhältnis maûgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht sieht die Klausel über die Vertragserfüllungsbürgschaft nach dem Muster der Beklagten zu 1 in beiden Fällen als Allgemeine Geschäftsbedingung an. Daran ändere es nichts, daû sich Haftungsumfang und Charakter der verlangten Bürgschaften erst aus handschriftlichen Eintragungen in die Verhandlungsprotokolle ergäben. Für eine Vorformulierung sei es ausreichend, wenn eine Bedingung aus dem Gedächtnis des AGBVerwenders oder seiner Gehilfen wiedergegeben werde. Es sei unstreitig, daû identische Klauseln auch gegenüber anderen auf derselben Baustelle tätigen
Handwerkern verwendet, die Formulierungen jeweils von den Mitarbeitern der Beklagten eingeführt und in das Protokoll eingetragen worden seien. Soweit die Beklagten angegeben hätten, es habe grundsätzlich Verhandlungsbereitschaft bestanden, habe die Beweisaufnahme das nicht ergeben. Die Vertragsklausel sei wegen Verstoûes gegen § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam. Eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers liege in der den Beklagten eingeräumten Möglichkeit, sich ohne weiteren Nachweis zum Eintritt des Sicherungsfalls sofort liquide Mittel allein durch die Behauptung zu verschaffen, ihnen stehe ein vom Bürgschaftszweck gedeckter Anspruch zu. Damit entlasteten sie sich einerseits von dem sie nach der gesetzlichen Regelung treffenden Risiko einer Insolvenz des Auftragnehmers im Erfüllungsstadium und bürdeten diesem andererseits die Klagelast und das Insolvenzrisiko für einen Rückforderungsprozeû auf. Darüber hinaus sei die mit einer Bürgschaft auf erstes Anfordern verbundene Miûbrauchsgefahr in Rechnung zu stellen.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand. 1. Die Vereinbarung der Parteien, wonach der Auftragnehmer als Vertragserfüllungsbürgschaft eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen hat, ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten.
a) Dem angefochtenen Urteil ist entgegen der Auffassung der Revision die Feststellung zu entnehmen, daû bei der Verwendung der Verhandlungsprotokolle regelmäûig aus dem Gedächtnis Hinweise auf die Bürgschaftsfor-
mulare der Beklagten zu 1 aufgenommen worden sind. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist unstreitig, daû in den Verhandlungsprotokollen mit den anderen auf der Baustelle tätigen Handwerkern dieselben Klauseln aufgenommen worden sind. Damit ist auch festgestellt, daû der Hinweis auf die Muster der Beklagten zu 1 aus dem Gedächtnis vorformuliert verwendet worden ist.
b) Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 AGBG sind nicht dargetan. Von einem Aushandeln im Sinne dieser Norm kann nur gesprochen werden, wenn der Verwender den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Vertragspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen mit der realen Möglichkeit einräumt, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen (BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - VII ZR 9/97, NJW 1998, 3488 = BauR 1998, 1094 = ZfBR 1998, 308 m.w.N.). Das läût sich auch aus den im Beklagtenvortrag in Bezug genommenen Zeugenaussagen nicht entnehmen. 2. Die Sicherungsabrede ist jedenfalls insoweit unwirksam, als die Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen ist. Das benachteiligt den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 9 Abs. 1 AGBG).
a) Der Gläubiger kann eine Bürgschaft auf erstes Anfordern nach den in der Bürgschaftsurkunde genannten Voraussetzungen in Anspruch nehmen. Eine schlüssige Darlegung des Sicherungsfalls ist nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1993 - IX ZR 141/93, NJW 1994, 380; BGH, Urteil vom 14. Dezember 1995 - IX ZR 57/95, BauR 1996, 251 = ZfBR 1996, 139; BGH, Urteil vom 2. April 1998 - IX ZR 79/97, BauR 1998, 634 = ZfBR 1998, 237;
BGH, Urteil vom 5. März 2002 - XI ZR 113/01, WM 2002, 743). Der Bürge kann seiner Inanspruchnahme Einwendungen aus dem Verhältnis des Gläubigers zum Hauptschuldner nur entgegensetzen, wenn der Gläubiger seine formale Rechtsstellung offensichtlich miûbraucht (BGH, Urteil vom 5. März 2002 - XI ZR 113/01, aaO). Im übrigen ist er auf den Rückforderungsprozeû verwiesen (BGH, Urteil vom 10. Februar 2000 - IX ZR 397/98, BGHZ 143, 381).
b) Eine Bürgschaft auf erstes Anfordern hat damit nicht nur die Funktion einer Sicherung. Sie räumt dem Gläubiger weiterreichend die Möglichkeit ein, sich liquide Mittel zu verschaffen. Das ist auch dann möglich, wenn der Sicherungsfall nicht eingetreten ist. Damit unterliegt der Auftragnehmer der Gefahr, durch den Rückgriff des Bürgen belastet zu werden, ohne daû der Anspruch des Gläubigers besteht. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob die im Ergebnis unberechtigte Anforderung der Bürgschaft auf einen Miûbrauch zurückgeht oder auf eine bloûe Fehleinschätzung seitens des Auftraggebers.
c) Dadurch werden die Sicherungsrechte des Auftraggebers über sein anerkennenswertes Interesse unangemessen ausgedehnt. Allerdings hält es der Senat für zulässig, den Auftragnehmer auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Stellung einer selbstschuldnerischen Vertragserfüllungsbürgschaft zu verpflichten (BGH, Urteil vom 20. April 2000 - VII ZR 458/97, BauR 2000, 1498 = ZfBR 2000, 477). Das trägt dem Interesse des Auftraggebers an einer Absicherung seiner Ansprüche bei unzureichender Vertragserfüllung des Auftragnehmers Rechnung. Denn ohne eine solche Sicherung ist der Auftraggeber möglicherweise nicht ausreichend geschützt. Über dieses Sicherungsinteresse geht die Bürgschaft auf erstes Anfordern unangemessen weit hinaus. Es ist nicht zu verkennen, daû der Auftraggeber durch ein vertragswidriges Verhalten des Auftragnehmers in Liquiditätsschwierigkeiten geraten kann (OLG
München, BauR 2001, 1618). Das rechtfertigt es nicht, das Liquiditätsrisiko durch Allgemeine Geschäftsbedingungen einseitig zu Lasten des Auftragnehmers zu regeln, denn dem Auftragnehmer wird durch die Inanspruchnahme der Bürgschaft im selben Umfang Liquidität entzogen. Ihm wird darüber hinaus das Risiko der Insolvenz des Auftraggebers bei der nachfolgenden Durchsetzung seiner Rückforderungsansprüche aufgebürdet.
d) Der Senat kann offen lassen, ob der Auftragnehmer Unternehmer ist. Es besteht kein Grund, bezüglich der Wirksamkeit der Klausel danach zu differenzieren , ob es sich bei dem Gegner des Klauselverwenders um einen Unternehmer handelt. Die im kaufmännischen Geschäftsverkehr bestehenden Interessen weisen keine Besonderheiten auf, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten (Kainz, BauR 1995, 616, 625 f.). 3. Die Haftung der als Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft gesamtschuldnerisch in Anspruch genommenen Beklagten bleibt unberührt von der in der mündlichen Verhandlung von der Revision angeführten Bestimmung des Gesellschaftsvertrages, wonach die Beklagte zu 1 schon bei Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen aus der ARGE ausgeschieden sei und die Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt werde. Der ausgeschiedene Gesellschafter haftet für vor seinem Ausscheiden rechtsgeschäftlich begründete Verbindlichkeiten in ihrem jeweiligen Bestand persönlich und unbeschränkt fort. Ullmann Hausmann Wiebel Kuffer Kniffka

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 502/99 Verkündet am:
4. Juli 2002
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
AGBG § 9 Abs. 1 Bf, Cl, § 6 Abs. 2; BGB §§ 133 B, 157 D a.F.

a) Die Verpflichtung eines Bauunternehmers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
des Bestellers, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen eine Bürgschaft
auf erstes Anfordern zu stellen, ist unwirksam (Bestätigung von BGH, Urteil vom
18. April 2002 – VII ZR 192/01, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

b) Der dadurch lückenhafte Vertrag ist ergänzend dahin auszulegen, daß der Bauunternehmer
eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft schuldet.

c) Eine solche ergänzende Vertragsauslegung kommt für Verträge, die nach Bekanntwerden
dieser Entscheidung in den beteiligten Verkehrskreisen abgeschlossen
werden, nicht mehr in Betracht.
BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 – VII ZR 502/99 - OLG Frankfurt am Main
LG Gießen
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Juli 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Die Anschluûrevision der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die klagende Bauunternehmerin von der beklagten Bestellerin eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern herausverlangen kann.
Die Klägerin verpflichtete sich als Nachunternehmerin der Beklagten zu umfangreichen Elektroinstallationsarbeiten in einer Rheumaklinik in W. In dem unter Verwendung eines Formulars der Beklagten geschlossenen VOB-Vertrag wurde u.a. folgendes vereinbart: "14. Sicherheitsleistung 14.1 Der NU (= Klägerin) hat dem AG (= Beklagte) bis spätestens zum ..... / ...8... Tage / .... Wochen *) nach Vertragsabschluû einzureichen: eine
a) Vertragserfüllungsbürgschaft über DM ..... bzw. 10% der Brutto-Vertragssumme
b) Vorauszahlungsbürgschaft über DM ..... bzw. ....% Der AG behält sich vor, vom Vertrag zurückzutreten, falls der NU nicht die festgelegte (n) Bürgschaft(en) zum vereinbarten Termin einreicht und Schadensersatzansprüche geltend zu machen. 14.2 Der Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche beträgt fünf% oder pauschal DM ...... *) der Schluûabrechnungssummen zuzüglich MWSt. Er kann durch eine Bankbürgschaft gemäû beiliegendem Text abgelöst werden (Anlage No. 1). In der Bürgschaft muû auf die Einrede der Anfechtung, Aufrechnung und Vorausklage verzichtet worden sein. Der Bürge muû sich in der Bürgschaftsurkunde verpflichten, auf erste Anforderung des AG (Gläubigers) zu zahlen. Die Bürgschaft darf nicht zeitlich befristet sein."
Die Klägerin stellte aufgrund dieser Regelung eine Bürgschaft auf erstes Anfordern über 195.500 DM. Zweck der Bürgschaft, deren Formulierung die Beklagte durch ein dem Vertrag beigefügtes Muster vorgegeben hatte, war die Sicherung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag, insbesondere die vertragsgemäûe Ausführung der Leistung, die Rückerstattung von Überzahlungen und die Erfüllung aller Gewährleistungsverpflichtungen einschlieûlich eventuell geleisteter Vorauszahlungen. Ob die Klägerin ihre Arbeiten vollständig erbracht hat und ihre Werkleistung abgenommen worden ist, ist streitig. Die Klägerin hat von der Beklagten die Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft an die Bürgin verlangt. Das
Landgericht hat der Klage uneingeschränkt stattgegeben. Das Berufungsgericht hat dieses Urteil dahingehend geändert, daû die Herausgabe von einer Zug um Zug zu übergebenden entsprechenden Bürgschaftsurkunde ohne die Verpflichtung zur Zahlung auf erstes Anfordern abhängig ist. Dagegen richten sich die Revision der Klägerin, die die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt, sowie die Anschluûrevision der Beklagten mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:


Die Anschluûrevision hat keinen Erfolg. Die Revision hat Erfolg. Das für das Schuldverhältnis maûgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
A. Zur Anschluûrevision:

I.

Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 BGB). Es führt aus, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verwenders verstoûe die Verpflichtung des Vertragspartners,
eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, gegen § 9 Abs. 1 AGBG. Die Bürgschaftsurkunde sei daher ohne Rechtsgrund geleistet.

II.

Die hiergegen von der Anschluûrevision erhobenen Rügen sind nicht begründet. Die Verpflichtung eines Bauunternehmers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bestellers, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, ist unwirksam. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01, in Juris dokumentiert und zum Abdruck in BGHZ bestimmt, im einzelnen ausgeführt. Daran hält der Senat fest; auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.

B. Zur Revision:

I.

1. Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stehe ein vertraglicher Anspruch auf Rückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft nach § 17 Nr. 8 VOB/B nicht zu. Solange zwischen den Parteien Streit über die Frage der Abnahme der Werkleistung der Klägerin bestehe, müsse die Beklagte berechtigt sein, die Vertragserfüllungsbürgschaft zu behalten.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Nach § 17 Nr. 8 VOB/B hat der Auftraggeber eine nicht verwertete Sicherheit zum vereinbarten Zeitpunkt, spätestens nach Ablauf der Verjährungsfrist für die Gewährleistung, zurückzugeben. Ist ein Zeitpunkt für die Rückgabe nicht ausdrücklich vereinbart, so kann er sich aus Inhalt und Zweck der Sicherungsabrede ergeben (Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Aufl., B § 17 Rdn. 182). Danach kann der Sicherungsnehmer verpflichtet sein, die Sicherung zurückzugewähren , sobald feststeht, daû die Sicherung nicht mehr in Anspruch genommen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 1998 - IX ZR 371/97, BGHZ 139, 325, 328).
b) Ein Zeitpunkt für die Rückgabe ist nicht vereinbart. Feststellungen dazu , daû die Sicherung nicht mehr in Anspruch genommen werden kann, fehlen. Daû Streit über die Abnahme besteht, ist unerheblich. Die Abnahme allein läût die durch die Vertragserfüllungsbürgschaft gesicherten Ansprüche nicht entfallen.

II.

1. Das Berufungsgericht führt weiter aus, die Klägerin habe einen Anspruch auf Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern. Dieser Anspruch bestehe nur Zug um Zug gegen Stellung einer Bürgschaft ohne das Versprechen einer Zahlung auf erstes Anfordern. Nr. 14 des Vertrages der Parteien sei dahin auszulegen, daû die im letzten Absatz enthaltene Regelung über den Inhalt der Bürgschaft nicht nur für die Gewährleistungsbürgschaft (Nr. 14.2), sondern auch für die Vertragserfüllungsbürgschaft (Nr. 14.1) gelten solle. Insoweit sei der Wortlaut des Vertrages
zwar nicht völlig eindeutig. Die Gestaltung des Textes lasse jedoch die Auslegung zu, daû sich der Text des Vertrages auch auf die Vertragserfüllungsbürgschaft beziehe. Dies folge zu Lasten der Beklagten als Verwenderin aus § 5 AGBG. Die Klausel in Nr. 14 des Vertrages der Parteien sei in der Weise teilbar , daû die Verpflichtung zur Stellung einer gewöhnlichen Vertragserfüllungsbürgschaft gemäû § 6 AGBG aufrechterhalten bleibe. 2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.
a) Nach dem Vertrag ist die Klägerin verpflichtet, der Beklagten eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen. Der Revision ist allerdings zuzugeben, daû die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht hinreichend eindeutig sind, ob der letzte Absatz der Nr. 14 des Vertrages über den Inhalt der Bürgschaft auch auf die Vertragserfüllungsbürgschaft anzuwenden ist. Hat das Berufungsgericht dazu keine bindenden Feststellungen getroffen, so kann der Senat die Auslegung nachholen. Danach sind die besonderen Anforderungen an den Inhalt der Bürgschaft eindeutig auch auf die Vertragserfüllungsbürgschaft zu beziehen. Der Text und die Stellung des letzten Absatzes der Nr. 14 des Vertrages lassen zwar nicht ohne weiteres erkennen, ob die besonderen Anforderungen an den Inhalt der zu stellenden Bürgschaft und die Bindung der Klägerin an den Vordruck der Beklagten auch für die Vertragserfüllungsbürgschaft gelten sollen. Das als Anlage in den Vertrag aufgenommene Muster einer Bürgschaftserklärung, wonach der Bürge auf erstes Anfordern zu zahlen verpflichtet ist und das als gesichert auch die vertragsgemäûe Ausführung der Leistung nennt, beseitigt diese Zweifel. Eine solche Verpflichtung verstöût, wie bereits ausgeführt, gegen § 9 Abs. 1 AGBG, so daû der Klägerin ein Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an die Bürgin zusteht (§ 812 Abs. 1 BGB). Entgegen der An-
sicht der Revision kann die Unwirksamkeit der Klausel nicht auch auf einen unwirksamen Verzicht auf die Einrede des § 768 BGB gestützt werden (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2001 - IX ZR 236/00, BGHZ 147, 99 = WM 2001, 947 f). Denn dieser Verzicht ist nicht Inhalt der Klausel Nr. 14. In Satz 1 des letzten Absatzes dieser Klausel werden die Modalitäten des Inhalts der Bürgschaft abschlieûend geregelt.
b) Die Unwirksamkeit der Klausel in Nr. 14, hat nicht zur Folge, daû keine Bürgschaftsverpflichtung mehr bestünde. Der Vertrag ist vielmehr dahin auszulegen, daû die Klägerin verpflichtet ist, eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft ohne den Zusatz der Zahlung auf erstes Anfordern zu stellen (§ 6 Abs. 2 AGBG, §§ 133, 157 BGB). Dabei kann offenbleiben, ob die Klausel durch Streichung des Satzteils, wonach der Bürge sich verpflichtet, auf erste schriftliche Anforderung an den Auftraggeber Zahlung zu leisten, teilbar ist; denn ein ersatzloser Wegfall der Bürgschaftsverpflichtung kommt schon aus anderen Gründen nicht in Betracht. aa) Läût sich die mit dem Wegfall einer nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen und führt dies zu einem Ergebnis, daû den beiderseitigen Interessen nicht in vertretbarer Rechnung trägt, so bedient sich die Rechtsprechung der ergänzenden Vertragsauslegung; denn es wäre unbillig und widerspräche der Zielsetzung des AGB-Gesetzes, dem Vertragspartner des Verwenders einen Vorteil zu belassen, der das Vertragsgefüge einseitig zu seinen Gunsten verschiebt (BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, BGHZ 137, 153, 157). An die Stelle der Klausel tritt dann die Gestaltung, die die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen gewählt hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre. Dies entspricht
dem Sinn und Zweck des § 6 AGBG (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, aaO). bb) Die Lücke, die bei einem vollständigen Wegfall der nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksamen Klausel entsteht, läût sich durch dispositives Werkvertragsrecht nicht füllen. Es enthält keine Regelung, nach der ein Unternehmer verpflichtet ist, eine Vertragserfüllungsbürgschaft zu stellen. Es kommt daher nach § 6 Abs. 2 AGBG allein eine ergänzende Vertragsauslegung nach den Maûstäben der §§ 133, 157 BGB in Betracht. Danach hat der Unternehmer eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft zu stellen. (1) Der ersatzlose Wegfall der Bürgschaftsverpflichtung würde zu einem den Interessen der Parteien nicht mehr gerecht werdenden Ergebnis führen. Es entspricht dem anerkennenswerten Interesse des Auftraggebers, den Unternehmer auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft zu verpflichten. Denn ohne eine solche Sicherung ist der Auftraggeber möglicherweise nicht ausreichend geschützt (BGH, Urteile vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, und vom 20. April 2000 - VII ZR 458/97, BauR 2000, 1498 = ZfBR 2000, 477). Diesem Sicherungsinteresse haben die Parteien durch die Sicherungsabrede Rechnung tragen wollen. Würde die Sicherungsabrede ersatzlos wegfallen, würde jede Sicherung entfallen. Dieses Ergebnis ist mit dem durch die Sicherungsabrede zum Ausdruck gebrachten Willen der Parteien nicht zu vereinbaren. (2) Die Parteien hätten bei sachgerechter Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft gewählt, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Verpflichtung der Klägerin, eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern stellen zu müssen, bekannt gewesen wä-
re. Die Bedenken, dieses Ergebnis sei im Hinblick auf die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten für Sicherheiten willkürlich, teilt der Senat nicht. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern ist kein Sicherungsmittel eigener Art. Sie stellt lediglich eine infolge des weitgehenden Einwendungsausschlusses den Gläubiger besonders privilegierende Form der Bürgschaftsverpflichtung dar (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 24/98, NJW 1999, 2361, 2363). (3) Diesem Ergebnis steht die Entscheidung des Senats (Urteil vom 22. November 2001 - VII ZR 208/00, BauR 2002, 463 = ZfBR 2002, 249 = NZBau 2002, 151) nicht entgegen. Gegenstand der Prüfung war dort eine Formularklausel, in der dem Auftraggeber das Recht auf einen 5 %-igen Gewährleistungseinbehalt eingeräumt worden war. Allein dessen Angemessenheit hatte der Senat, wenn auch unter Berücksichtigung der Gesamtkonzeption der Klausel, zu der die Möglichkeit zur Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern gehörte, zu beurteilen.
c) Dem im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach § 6 Abs. 2 AGBG gefundenen Ergebnis liegt maûgeblich die Erwägung zugrunde, die nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksame Klausel führe zu einer planwidrigen, von den Vertragsparteien nicht bedachten Unvollständigkeit des Vertrages. Eine solche Lücke wird allerdings dann nicht anzunehmen sein, wenn die in der Klausel enthaltene Regelung bei objektiver Betrachtung als vom Verwender bewuût abschlieûend gewählt anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 1985 - IVb ZR 17/84, NJW 1985, 1835 f; MünchKomm/Basedow, 4. Aufl., AGBG § 6 Rdn. 13). Diese Annahme ist geboten, wenn der Auftraggeber nach Bekanntwerden der vorliegenden Entscheidung in alsdann zu schlieûenden Bauverträgen an der Klausel festhält und sie damit weiterverwendet. In diesen Fällen wird regelmäûig davon auszugehen sein, daû der Klauselverwender ausschlieûlich Wert auf eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern legt, und des-
halb bei Unwirksamkeit der Klausel eine ergänzende Vertragsauslegung zur Wahrung seines Sicherungsinteresses nicht mehr in Betracht kommt.
d) Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Zug-um-Zug-Verurteilung kann aber gleichwohl nicht bestätigt werden, weil nach den bislang getroffenen Feststellungen noch offen ist, ob die Beklagte die Sicherung in Anspruch nehmen kann. Ullmann Hausmann Wiebel Kuffer Kniffka

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 314/01 Verkündet am:
10. April 2003
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Hat der Bürge dem Gläubiger eine Bürgschaft auf erstes Anfordern gestellt, obwohl
der Gläubiger aufgrund der Sicherungsvereinbarung nur einen Anspruch auf eine
selbstschuldnerische Bürgschaft ohne die Bürgschaftsverpflichtung auf erstes Anfordern
hat, ist der Gläubiger nicht verpflichtet, die Bürgschaft an den Sicherungsgeber
herauszugeben. Er muß sich jedoch gegenüber dem Sicherungsgeber und dem Bürgen
schriftlich verpflichten, die Bürgschaft nicht auf erstes Anfordern, sondern nur als
selbstschuldnerische Bürgschaft geltend zu machen.
AGBG § 9 Abs. 1 Bg
Die Klausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages
"Zahlungen auf Schlußrechnungen werden bis zu 95 % des Nettowertes geleistet.
Der Rest ist durch eine kostenlose und befristete Gewährleistungsbürgschaft (Vorgabe
der Befristung durch den AG) ablösbar"
ist gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam.
BGH, Urteil vom 10. April 2003 - VII ZR 314/01 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. April 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 16. August 2001 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

I.

Die Klägerin, eine italienische Aktiengesellschaft mit Sitz in Trient (Italien ), vertreten durch den Vergleichsverwalter Dr. G. M., verlangt von der Beklagten die Herausgabe einer Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern und die Unterlassung der Inanspruchnahme des Bürgen.

II.

Die Beklagte war Generalunternehmerin für ein Bauvorhaben in D. , die Klägerin wurde von ihr als Nachunternehmerin für das Gewerk Leichtmetall -Glas-Fassaden beauftragt. Seit November 1999 befindet sich die Klägerin im gerichtlichen Vergleichsverfahren nach italienischem Recht. In dem Nachunternehmervertrag der Parteien vom 18. Februar 1998, der u.a. die Geltung der VOB/B vorsieht, ist die Gewährleistungssicherheit wie folgt geregelt: "Zahlungen auf Schlußrechnungen werden bis zu 95 % des Nettowertes geleistet. Der Rest ist durch eine kostenlose und befristete Gewährleistungsbürgschaft (Vorgabe der Befristung durch den AG) ablösbar." Eine Schriftformklausel sieht vor, daß alle Änderungen und Ergänzungen des Vertrages zur Wirksamkeit der Schriftform bedürfen. Die Vertragsparteien erweiterten das Auftragsvolumen durch 22 Nachtragsvereinbarungen in erheblichem Umfang. In den einzelnen Nachtragsverträgen , die jeweils auf die Bestimmungen des Nachunternehmervertrages einschließlich der Sicherungsabrede Bezug nehmen, vereinbarten die Parteien die Zusatzleistung und die Zusatzvergütung sowie die Verpflichtung der Klägerin, jeweils eine Gewährleistungsbürgschaft von 5 % aus der jeweiligen Nachtragsauftragssumme zu stellen. Auf Wunsch der Klägerin übersandte die Beklagte unter anderem ein Formular als Muster für eine Bürgschaft, das eine Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern vorsah. Die Klägerin stellte der Beklagten sechs Bürgschaften ihrer italienischen Bank, die dem von der Beklagten übersandten Muster entsprachen. Die Parteien streiten darüber, ob sie die Sicherungsvereinba-
rung des Nachunternehmervertrages vom 18. Februar 1994 nachträglich kon- kludent dahingehend geändert haben, daß die Klägerin verpflichtet war, Gewährleistungsbürgschaften auf erstes Anfordern zu stellen. Die Bürgschaft, die die Klägerin in diesem Verfahren herausverlangt, lautet unter anderem wie folgt: "Gemäß Nachunternehmer-Vertrag hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 5 % der Abrechnungssumme zu stellen. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir hiermit für den Auftragnehmer die selbstschuldnerische Bürgschaft für die vertragsgemäße Verpflichtung aus Mängelgewährleistung bis zum Höchstbetrag von ... unter Verzicht auf Einrede der Anfechtung, Aufrechnung, Vorausklage und Vorausbefriedigung (§§ 770, 771, 772 BGB) mit der Maßgabe, dass wir aus dieser Bürgschaft nur auf Zahlung von Geld in Anspruch genommen werden können. Wir verpflichten uns, den vorgenannten Betrag auf erste schriftliche Anforderung an den Auftraggeber zu überweisen. Wir sind nicht berechtigt , uns durch Hinterlegung des Betrages zum Zwecke der Sicherheitsleistung von den Verpflichtungen aus dieser Bürgschaft zu befreien...". Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; die Berufung der Beklagten hatte Erfolg. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

1. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 2. Das maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

II.

Die deutschen Gerichte sind für den Rechtsstreit international zuständig. 1. Im Verhältnis zu Italien richtet sich die internationale Zuständigkeit der Gerichte nach dem EG-Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen (EuGVÜ). Die Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung Nr. 44/2001 (EuGVVO), in Kraft seit dem 1. März 2002, die das EuGVÜ ersetzt, ist nicht anwendbar. Nach der Übergangsregelung des Art. 66 Abs. 1 EuGVVO sind ihre Vorschriften nur auf Klagen anwendbar, die nach ihrem Inkrafttreten erhoben worden sind. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist begründet durch die Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien zugunsten der deutschen Gerichte (Art. 17 EuGVÜ).

III.

1. Das Berufungsgericht hat, ohne nach dem deutschen internationalen Schuldvertragsrecht (Art. 27 ff EGBGB) zu prüfen, welches materielle Recht für den Vertrag der Parteien berufen ist, deutsches materielles Recht angewandt. 2. Auf das Vertragsverhältnis der Parteien ist nach dem deutschen internationalen Schuldvertragsrecht, das in allen Verfahrensstadien von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 19/98, BauR 1999, 631 = ZfBR 1999, 193; vgl. Thode/Wenner, Internationales Architekten- und Bauvertragsrecht Rn. 673 m.w.N. der Rechtsprechung des BGH), deutsches materielles Recht anzuwenden. Die Parteien haben keine ausdrückliche Rechtswahl nach Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB getroffen. Das deutsche materielle Recht ist anwendbar, weil der Vertrag der Parteien hinreichende Anhaltspunkte für eine konkludente Rechtswahl nach Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zugunsten des deutschen materiellen Rechts enthält. Die Parteien haben die VOB/B vereinbart und die besonderen Vereinbarungen des Vertrages an der VOB/B und den gesetzlichen Vorschriften des deutschen Werkvertragsrechts orientiert. Weitere Anhaltspunkte sind die Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten der Gerichte S. und die Fassung des Textes in deutscher Sprache. Diese Umstände sind für eine konkludente Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts ausreichend (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 19/98, BauR 1999, 631 = ZfBR 1999, 193).

IV.

1. Das Berufungsgericht hat die Herausgabe- und Unterlassungsklage mit folgenden Erwägungen abgewiesen:

a) Die Beklagte sei nicht zur Herausgabe der Bürgschaft verpflichtet. Die Vertragsparteien hätten die ursprüngliche Sicherungsabrede durch eine Individualvereinbarung geändert und vereinbart, daß die Klägerin statt einer einfachen Gewährleistungsbürgschaft eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen habe.
b) Die Parteien hätten sich nach Durchführung des Bauvorhabens darauf geeinigt, daß die Auftragssumme auf sechs Gewährleistungsbürgschaften habe aufgeteilt werden sollen. Nach der Ausführung der Arbeiten sei die Beklagte an die Klägerin mit dem Verlangen herangetreten, daß die Klägerin eine Bürgschaft auf erstes Anfordern stellen solle. Die Übergabe eines Formulars einer Bürgschaft auf erstes Anfordern sei kein "einseitig formularmäßiges Verlangen i.S. von AGB gegenüber der Klägerin". Da das Formular für die Bank vorgesehen gewesen sei, sei die Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien keine Formularvereinbarung.
c) Mit ihrem Verlangen nach einer Bürgschaft auf erstes Anfordern sei die Beklagte erkennbar von der Sicherungsvereinbarung der Parteien abgewichen. Die Klägerin habe die von der Beklagten geforderte Änderung der Sicherungsabrede akzeptiert. Sie habe die Bürgschaft auf erstes Anfordern zugesagt und mit der Aushändigung der Bürgschaft an die Beklagte ihren Willen bestätigt , eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen. Aus dem Schriftverkehr und dem Verhalten der Klägerin ergebe sich eine derartige Erklärung konkludent. Im Hinblick auf dieses Verhalten sei es rechtsmißbräuchlich, wenn die Klägerin sich auf die vereinbarte Schriftform berufen würde.
d) Als Individualvereinbarung könnten die Parteien wirksam vereinbaren, daß die Klägerin eine Bürgschaft auf erstes Anfordern stelle, "zumal wenn es
hier um die Verpflichtung eines großen, international tätigen Bauunternehmens geht". 2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand: Für eine konkludente Änderung der ursprünglichen Sicherungsvereinbarung zu Lasten der Klägerin fehlt es an jedem tatsächlichen Anhaltspunkt. Allein in der Übersendung eines nicht dem Vertrag entsprechenden Formulars liegt regelmäßig kein Angebot auf Abänderung des Vertrags. Für ein solches Angebot sind zusätzliche Umstände erforderlich, die für den Empfänger des Formulars erkennen lassen, daß eine Änderung des Vertrags gewollt ist. Solche Umstände liegen nicht vor. Nach dem übereinstimmenden Sachvortrag der Parteien haben sie nicht darüber verhandelt, daß an die Stelle der vereinbarten Gewährleistungsbürgschaft eine Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern treten sollte. Die Klägerin hat die von ihr als Garantien bezeichneten Bürgschaften , die dem Formular der Beklagten entsprachen, mit Anschreiben vom 11. Juni 1997 an die Beklagte zur Prüfung übersandt. Unter diesen Bürgschaften befand sich unter anderem die Bürgschaft, deren Herausgabe die Klägerin in diesem Verfahren verlangt. Mit diesem Anschreiben hat die Klägerin der Beklagten kein Angebot zur Änderung der Sicherungsvereinbarung gemacht, sondern sie aufgefordert zu überprüfen, ob die Bürgschaften der vertraglichen Vereinbarung entsprachen. 3. Da die Vertragsparteien die ursprüngliche Sicherungsvereinbarung des Nachunternehmervertrages nicht geändert haben, ist diese Sicherungsvereinbarung die Grundlage für die Beurteilung der Frage, ob die Herausgabe- und Unterlassungsklage begründet ist.
Der Senat kann nicht abschließend über die Klage entscheiden, weil das Berufungsgericht zwar in seiner die Entscheidung nicht tragenden Beurteilung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ausgegangen ist, dazu aber keine Feststellungen getroffen hat.
a) Sollte die Sicherungsabrede in Nr. 8 des Nachunternehmervertrags individuell vereinbart worden sein, wäre die Klage auf Herausgabe unbegründet. Die Klägerin könnte jedoch verlangen, daß sich die Beklagte ihr gegenüber und gegenüber der Bürgin schriftlich verpflichtet, sie werde die Bürgin nicht auf erstes Anfordern, sondern nur aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft in Anspruch nehmen. aa) Nach der Sicherungsvereinbarung hat die Beklagte einen Anspruch auf eine selbstschuldnerische Gewährleistungsbürgschaft (§ 17 Nr. 4 VOB/B) nach deutschem materiellem Recht. (1) Die der Beklagten gestellte Bürgschaft ist eine Gewährleistungsbürgschaft nach deutschem Recht. Auf den Bürgschaftsvertrag zwischen der Bürgin und der Beklagten ist das deutsche materielle Recht anwendbar. Das für die Bürgschaft einer Bank mit Sitz im Ausland maßgebliche Recht bestimmt sich nach dem deutschen internationalen Schuldvertragsrecht (vgl. Thode/Wenner, Internationales Architekten- und Bauvertragsrecht, Rn. 393 m.w.N.). Eine ausdrückliche Rechtswahlvereinbarung zugunsten des deutschen Rechts haben die Vertragsparteien des Bürgschaftsvertrages nicht getroffen. Das deutsche materielle Bürgschaftsrecht ist für das Bürgschaftsverhältnis berufen , weil die Vertragsparteien das deutsche materielle Recht konkludent gemäß Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB vereinbart haben. Der Text der Bürgschaftsurkunde enthält hinreichende Anhaltspunkte für die konkludente Wahl des deutschen Rechts. Der Text der Urkunde ist orientiert an dem deutschen Bürg-
schaftsrecht, es enthält die Rechtsbegriffe des deutschen Rechts und nennt Regelungen des deutschen Bürgschaftsrechts. (2) Die der Beklagten tatsächlich gestellte Bürgschaft ist eine selbstschuldnerische Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern. Diese Bürgschaft entspricht nur insoweit nicht der Sicherungsvereinbarung, als sie der Beklagten als Gläubigerin des Bürgschaftsvertrages das Recht auf erstes Anfordern einräumt. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern ist kein Sicherungsmittel eigener Art, sondern lediglich eine besondere Form der Bürgschaftsverpflichtung , die den Gläubiger privilegiert (Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 24/98, NJW 1999, 2361, 2363; Urteil vom 4. Juli 2002 - VII ZR 502/99, BGHZ 151, 229; Urteil vom 4. Juli 2002 - IX ZR 97/99, BGHZ 151, 236 = NJW 2002, 3170; Urteil vom 24. Oktober 2002 - IX ZR 355/00, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt

).

Stellt der Bürge dem Gläubiger eine selbstschuldnerische Bürgschaft auf erstes Anfordern, obwohl der Gläubiger als Sicherungsnehmer aufgrund der Sicherungsvereinbarung mit dem Sicherungsgeber die selbstschuldnerische Bürgschaft nicht in der ihn privilegierenden Form hätte verlangen können, ist der Bürge im Zweifel dem Gläubiger aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 24/98, NJW 1999, 2361, 2363; Urteil vom 4. Juli 2002 - IX ZR 97/99, BGHZ 151, 236 = NJW 2002, 3170; Urteil vom 24. Oktober 2002 - IX ZR 355/00, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; Urteil vom 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). (3) Mit der Bürgschaft hat die Klägerin die von ihr aufgrund der Sicherungsvereinbarung nach materiellem Bürgschaftsrecht geschuldete Bürgschaft gestellt, die lediglich hinsichtlich der den Gläubiger privilegierenden Form nicht
geschuldet war. Nur diese Privilegierung durch die Verpflichtung der Bürgin, auf erstes Anfordern zu zahlen, steht der Beklagten aufgrund der Sicherungsvereinbarung nicht zu. Die Sicherungsvereinbarung berechtigt die Beklagte gegenüber der Klägerin nicht, das ihr in der Bürgschaft eingeräumte Recht auf erstes Anfordern gegenüber der Bürgin geltend zu machen. Sie kann die Bürgin, soweit die materiellrechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs gegeben sind, aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft in Anspruch nehmen. bb Da durch die gestellte Bürgschaft das Risiko begründet ist, daß die Beklagte die Bürgin auf erstes Anfordern in Anspruch nimmt, kann die Klägerin von der Beklagten verlangen, daß sie sich ihr und der Bürgin gegenüber schriftlich verpflichtet, daß sie die Bürgschaft nicht auf erstes Anfordern, sondern nur als selbstschuldnerische Bürgschaft geltend machen wird. Mit den schriftlichen Erklärungen ist dem Interesse der Klägerin daran, daß die Bürgschaft nicht auf erstes Anfordern in Anspruch genommen wird, ausreichend Rechnung getragen. Nach dem Empfang der Erklärung darf die Bürgin, auch mit Rücksicht auf die vertragliche Verpflichtung gegenüber der Klägerin, nicht mehr auf erstes Anfordern auszahlen.
e) Sollte die Sicherungsabrede nach Nr. 8 des Nachunternehmervertrages eine von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung sein, so würde diese einer Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGBG nicht standhalten. Die Sicherungsvereinbarung sieht einen Einbehalt von 5 % von dem Nettobetrag der Schlußrechnungen vor. Der Zeitraum für den Einbehalt ist nicht geregelt. Dem Auftragnehmer ist lediglich das Recht eingeräumt, den Bareinbehalt durch eine befristete Gewährleistungsbürgschaft abzulösen. Die Befristung soll nach Vorgabe des Auftraggebers erfolgen.
Diese Vertragsklausel ist unangemessen. Sie ermöglicht dem Auftraggeber , die Bürgschaft nach seinem Belieben zu befristen. Für eine Begrenzung des Bestimmungsrechts auf die Dauer der Gewährleistungsfrist gibt die Klausel nichts her. Wäre dies gewollt gewesen, hätte dies zum Ausdruck gebracht werden müssen. Dressler Thode Kuffer Kniffka Bauner

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 502/99 Verkündet am:
4. Juli 2002
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
AGBG § 9 Abs. 1 Bf, Cl, § 6 Abs. 2; BGB §§ 133 B, 157 D a.F.

a) Die Verpflichtung eines Bauunternehmers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
des Bestellers, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen eine Bürgschaft
auf erstes Anfordern zu stellen, ist unwirksam (Bestätigung von BGH, Urteil vom
18. April 2002 – VII ZR 192/01, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

b) Der dadurch lückenhafte Vertrag ist ergänzend dahin auszulegen, daß der Bauunternehmer
eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft schuldet.

c) Eine solche ergänzende Vertragsauslegung kommt für Verträge, die nach Bekanntwerden
dieser Entscheidung in den beteiligten Verkehrskreisen abgeschlossen
werden, nicht mehr in Betracht.
BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 – VII ZR 502/99 - OLG Frankfurt am Main
LG Gießen
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Juli 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Die Anschluûrevision der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die klagende Bauunternehmerin von der beklagten Bestellerin eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern herausverlangen kann.
Die Klägerin verpflichtete sich als Nachunternehmerin der Beklagten zu umfangreichen Elektroinstallationsarbeiten in einer Rheumaklinik in W. In dem unter Verwendung eines Formulars der Beklagten geschlossenen VOB-Vertrag wurde u.a. folgendes vereinbart: "14. Sicherheitsleistung 14.1 Der NU (= Klägerin) hat dem AG (= Beklagte) bis spätestens zum ..... / ...8... Tage / .... Wochen *) nach Vertragsabschluû einzureichen: eine
a) Vertragserfüllungsbürgschaft über DM ..... bzw. 10% der Brutto-Vertragssumme
b) Vorauszahlungsbürgschaft über DM ..... bzw. ....% Der AG behält sich vor, vom Vertrag zurückzutreten, falls der NU nicht die festgelegte (n) Bürgschaft(en) zum vereinbarten Termin einreicht und Schadensersatzansprüche geltend zu machen. 14.2 Der Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche beträgt fünf% oder pauschal DM ...... *) der Schluûabrechnungssummen zuzüglich MWSt. Er kann durch eine Bankbürgschaft gemäû beiliegendem Text abgelöst werden (Anlage No. 1). In der Bürgschaft muû auf die Einrede der Anfechtung, Aufrechnung und Vorausklage verzichtet worden sein. Der Bürge muû sich in der Bürgschaftsurkunde verpflichten, auf erste Anforderung des AG (Gläubigers) zu zahlen. Die Bürgschaft darf nicht zeitlich befristet sein."
Die Klägerin stellte aufgrund dieser Regelung eine Bürgschaft auf erstes Anfordern über 195.500 DM. Zweck der Bürgschaft, deren Formulierung die Beklagte durch ein dem Vertrag beigefügtes Muster vorgegeben hatte, war die Sicherung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag, insbesondere die vertragsgemäûe Ausführung der Leistung, die Rückerstattung von Überzahlungen und die Erfüllung aller Gewährleistungsverpflichtungen einschlieûlich eventuell geleisteter Vorauszahlungen. Ob die Klägerin ihre Arbeiten vollständig erbracht hat und ihre Werkleistung abgenommen worden ist, ist streitig. Die Klägerin hat von der Beklagten die Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft an die Bürgin verlangt. Das
Landgericht hat der Klage uneingeschränkt stattgegeben. Das Berufungsgericht hat dieses Urteil dahingehend geändert, daû die Herausgabe von einer Zug um Zug zu übergebenden entsprechenden Bürgschaftsurkunde ohne die Verpflichtung zur Zahlung auf erstes Anfordern abhängig ist. Dagegen richten sich die Revision der Klägerin, die die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt, sowie die Anschluûrevision der Beklagten mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:


Die Anschluûrevision hat keinen Erfolg. Die Revision hat Erfolg. Das für das Schuldverhältnis maûgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
A. Zur Anschluûrevision:

I.

Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 BGB). Es führt aus, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verwenders verstoûe die Verpflichtung des Vertragspartners,
eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, gegen § 9 Abs. 1 AGBG. Die Bürgschaftsurkunde sei daher ohne Rechtsgrund geleistet.

II.

Die hiergegen von der Anschluûrevision erhobenen Rügen sind nicht begründet. Die Verpflichtung eines Bauunternehmers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bestellers, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, ist unwirksam. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01, in Juris dokumentiert und zum Abdruck in BGHZ bestimmt, im einzelnen ausgeführt. Daran hält der Senat fest; auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.

B. Zur Revision:

I.

1. Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stehe ein vertraglicher Anspruch auf Rückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft nach § 17 Nr. 8 VOB/B nicht zu. Solange zwischen den Parteien Streit über die Frage der Abnahme der Werkleistung der Klägerin bestehe, müsse die Beklagte berechtigt sein, die Vertragserfüllungsbürgschaft zu behalten.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Nach § 17 Nr. 8 VOB/B hat der Auftraggeber eine nicht verwertete Sicherheit zum vereinbarten Zeitpunkt, spätestens nach Ablauf der Verjährungsfrist für die Gewährleistung, zurückzugeben. Ist ein Zeitpunkt für die Rückgabe nicht ausdrücklich vereinbart, so kann er sich aus Inhalt und Zweck der Sicherungsabrede ergeben (Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Aufl., B § 17 Rdn. 182). Danach kann der Sicherungsnehmer verpflichtet sein, die Sicherung zurückzugewähren , sobald feststeht, daû die Sicherung nicht mehr in Anspruch genommen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 1998 - IX ZR 371/97, BGHZ 139, 325, 328).
b) Ein Zeitpunkt für die Rückgabe ist nicht vereinbart. Feststellungen dazu , daû die Sicherung nicht mehr in Anspruch genommen werden kann, fehlen. Daû Streit über die Abnahme besteht, ist unerheblich. Die Abnahme allein läût die durch die Vertragserfüllungsbürgschaft gesicherten Ansprüche nicht entfallen.

II.

1. Das Berufungsgericht führt weiter aus, die Klägerin habe einen Anspruch auf Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern. Dieser Anspruch bestehe nur Zug um Zug gegen Stellung einer Bürgschaft ohne das Versprechen einer Zahlung auf erstes Anfordern. Nr. 14 des Vertrages der Parteien sei dahin auszulegen, daû die im letzten Absatz enthaltene Regelung über den Inhalt der Bürgschaft nicht nur für die Gewährleistungsbürgschaft (Nr. 14.2), sondern auch für die Vertragserfüllungsbürgschaft (Nr. 14.1) gelten solle. Insoweit sei der Wortlaut des Vertrages
zwar nicht völlig eindeutig. Die Gestaltung des Textes lasse jedoch die Auslegung zu, daû sich der Text des Vertrages auch auf die Vertragserfüllungsbürgschaft beziehe. Dies folge zu Lasten der Beklagten als Verwenderin aus § 5 AGBG. Die Klausel in Nr. 14 des Vertrages der Parteien sei in der Weise teilbar , daû die Verpflichtung zur Stellung einer gewöhnlichen Vertragserfüllungsbürgschaft gemäû § 6 AGBG aufrechterhalten bleibe. 2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.
a) Nach dem Vertrag ist die Klägerin verpflichtet, der Beklagten eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen. Der Revision ist allerdings zuzugeben, daû die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht hinreichend eindeutig sind, ob der letzte Absatz der Nr. 14 des Vertrages über den Inhalt der Bürgschaft auch auf die Vertragserfüllungsbürgschaft anzuwenden ist. Hat das Berufungsgericht dazu keine bindenden Feststellungen getroffen, so kann der Senat die Auslegung nachholen. Danach sind die besonderen Anforderungen an den Inhalt der Bürgschaft eindeutig auch auf die Vertragserfüllungsbürgschaft zu beziehen. Der Text und die Stellung des letzten Absatzes der Nr. 14 des Vertrages lassen zwar nicht ohne weiteres erkennen, ob die besonderen Anforderungen an den Inhalt der zu stellenden Bürgschaft und die Bindung der Klägerin an den Vordruck der Beklagten auch für die Vertragserfüllungsbürgschaft gelten sollen. Das als Anlage in den Vertrag aufgenommene Muster einer Bürgschaftserklärung, wonach der Bürge auf erstes Anfordern zu zahlen verpflichtet ist und das als gesichert auch die vertragsgemäûe Ausführung der Leistung nennt, beseitigt diese Zweifel. Eine solche Verpflichtung verstöût, wie bereits ausgeführt, gegen § 9 Abs. 1 AGBG, so daû der Klägerin ein Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an die Bürgin zusteht (§ 812 Abs. 1 BGB). Entgegen der An-
sicht der Revision kann die Unwirksamkeit der Klausel nicht auch auf einen unwirksamen Verzicht auf die Einrede des § 768 BGB gestützt werden (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2001 - IX ZR 236/00, BGHZ 147, 99 = WM 2001, 947 f). Denn dieser Verzicht ist nicht Inhalt der Klausel Nr. 14. In Satz 1 des letzten Absatzes dieser Klausel werden die Modalitäten des Inhalts der Bürgschaft abschlieûend geregelt.
b) Die Unwirksamkeit der Klausel in Nr. 14, hat nicht zur Folge, daû keine Bürgschaftsverpflichtung mehr bestünde. Der Vertrag ist vielmehr dahin auszulegen, daû die Klägerin verpflichtet ist, eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft ohne den Zusatz der Zahlung auf erstes Anfordern zu stellen (§ 6 Abs. 2 AGBG, §§ 133, 157 BGB). Dabei kann offenbleiben, ob die Klausel durch Streichung des Satzteils, wonach der Bürge sich verpflichtet, auf erste schriftliche Anforderung an den Auftraggeber Zahlung zu leisten, teilbar ist; denn ein ersatzloser Wegfall der Bürgschaftsverpflichtung kommt schon aus anderen Gründen nicht in Betracht. aa) Läût sich die mit dem Wegfall einer nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen und führt dies zu einem Ergebnis, daû den beiderseitigen Interessen nicht in vertretbarer Rechnung trägt, so bedient sich die Rechtsprechung der ergänzenden Vertragsauslegung; denn es wäre unbillig und widerspräche der Zielsetzung des AGB-Gesetzes, dem Vertragspartner des Verwenders einen Vorteil zu belassen, der das Vertragsgefüge einseitig zu seinen Gunsten verschiebt (BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, BGHZ 137, 153, 157). An die Stelle der Klausel tritt dann die Gestaltung, die die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen gewählt hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre. Dies entspricht
dem Sinn und Zweck des § 6 AGBG (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, aaO). bb) Die Lücke, die bei einem vollständigen Wegfall der nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksamen Klausel entsteht, läût sich durch dispositives Werkvertragsrecht nicht füllen. Es enthält keine Regelung, nach der ein Unternehmer verpflichtet ist, eine Vertragserfüllungsbürgschaft zu stellen. Es kommt daher nach § 6 Abs. 2 AGBG allein eine ergänzende Vertragsauslegung nach den Maûstäben der §§ 133, 157 BGB in Betracht. Danach hat der Unternehmer eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft zu stellen. (1) Der ersatzlose Wegfall der Bürgschaftsverpflichtung würde zu einem den Interessen der Parteien nicht mehr gerecht werdenden Ergebnis führen. Es entspricht dem anerkennenswerten Interesse des Auftraggebers, den Unternehmer auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft zu verpflichten. Denn ohne eine solche Sicherung ist der Auftraggeber möglicherweise nicht ausreichend geschützt (BGH, Urteile vom 18. April 2002 - VII ZR 192/01, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, und vom 20. April 2000 - VII ZR 458/97, BauR 2000, 1498 = ZfBR 2000, 477). Diesem Sicherungsinteresse haben die Parteien durch die Sicherungsabrede Rechnung tragen wollen. Würde die Sicherungsabrede ersatzlos wegfallen, würde jede Sicherung entfallen. Dieses Ergebnis ist mit dem durch die Sicherungsabrede zum Ausdruck gebrachten Willen der Parteien nicht zu vereinbaren. (2) Die Parteien hätten bei sachgerechter Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft gewählt, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Verpflichtung der Klägerin, eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern stellen zu müssen, bekannt gewesen wä-
re. Die Bedenken, dieses Ergebnis sei im Hinblick auf die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten für Sicherheiten willkürlich, teilt der Senat nicht. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern ist kein Sicherungsmittel eigener Art. Sie stellt lediglich eine infolge des weitgehenden Einwendungsausschlusses den Gläubiger besonders privilegierende Form der Bürgschaftsverpflichtung dar (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 24/98, NJW 1999, 2361, 2363). (3) Diesem Ergebnis steht die Entscheidung des Senats (Urteil vom 22. November 2001 - VII ZR 208/00, BauR 2002, 463 = ZfBR 2002, 249 = NZBau 2002, 151) nicht entgegen. Gegenstand der Prüfung war dort eine Formularklausel, in der dem Auftraggeber das Recht auf einen 5 %-igen Gewährleistungseinbehalt eingeräumt worden war. Allein dessen Angemessenheit hatte der Senat, wenn auch unter Berücksichtigung der Gesamtkonzeption der Klausel, zu der die Möglichkeit zur Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern gehörte, zu beurteilen.
c) Dem im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach § 6 Abs. 2 AGBG gefundenen Ergebnis liegt maûgeblich die Erwägung zugrunde, die nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksame Klausel führe zu einer planwidrigen, von den Vertragsparteien nicht bedachten Unvollständigkeit des Vertrages. Eine solche Lücke wird allerdings dann nicht anzunehmen sein, wenn die in der Klausel enthaltene Regelung bei objektiver Betrachtung als vom Verwender bewuût abschlieûend gewählt anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 1985 - IVb ZR 17/84, NJW 1985, 1835 f; MünchKomm/Basedow, 4. Aufl., AGBG § 6 Rdn. 13). Diese Annahme ist geboten, wenn der Auftraggeber nach Bekanntwerden der vorliegenden Entscheidung in alsdann zu schlieûenden Bauverträgen an der Klausel festhält und sie damit weiterverwendet. In diesen Fällen wird regelmäûig davon auszugehen sein, daû der Klauselverwender ausschlieûlich Wert auf eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern legt, und des-
halb bei Unwirksamkeit der Klausel eine ergänzende Vertragsauslegung zur Wahrung seines Sicherungsinteresses nicht mehr in Betracht kommt.
d) Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Zug-um-Zug-Verurteilung kann aber gleichwohl nicht bestätigt werden, weil nach den bislang getroffenen Feststellungen noch offen ist, ob die Beklagte die Sicherung in Anspruch nehmen kann. Ullmann Hausmann Wiebel Kuffer Kniffka

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 314/01 Verkündet am:
10. April 2003
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Hat der Bürge dem Gläubiger eine Bürgschaft auf erstes Anfordern gestellt, obwohl
der Gläubiger aufgrund der Sicherungsvereinbarung nur einen Anspruch auf eine
selbstschuldnerische Bürgschaft ohne die Bürgschaftsverpflichtung auf erstes Anfordern
hat, ist der Gläubiger nicht verpflichtet, die Bürgschaft an den Sicherungsgeber
herauszugeben. Er muß sich jedoch gegenüber dem Sicherungsgeber und dem Bürgen
schriftlich verpflichten, die Bürgschaft nicht auf erstes Anfordern, sondern nur als
selbstschuldnerische Bürgschaft geltend zu machen.
AGBG § 9 Abs. 1 Bg
Die Klausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages
"Zahlungen auf Schlußrechnungen werden bis zu 95 % des Nettowertes geleistet.
Der Rest ist durch eine kostenlose und befristete Gewährleistungsbürgschaft (Vorgabe
der Befristung durch den AG) ablösbar"
ist gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam.
BGH, Urteil vom 10. April 2003 - VII ZR 314/01 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. April 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 16. August 2001 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

I.

Die Klägerin, eine italienische Aktiengesellschaft mit Sitz in Trient (Italien ), vertreten durch den Vergleichsverwalter Dr. G. M., verlangt von der Beklagten die Herausgabe einer Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern und die Unterlassung der Inanspruchnahme des Bürgen.

II.

Die Beklagte war Generalunternehmerin für ein Bauvorhaben in D. , die Klägerin wurde von ihr als Nachunternehmerin für das Gewerk Leichtmetall -Glas-Fassaden beauftragt. Seit November 1999 befindet sich die Klägerin im gerichtlichen Vergleichsverfahren nach italienischem Recht. In dem Nachunternehmervertrag der Parteien vom 18. Februar 1998, der u.a. die Geltung der VOB/B vorsieht, ist die Gewährleistungssicherheit wie folgt geregelt: "Zahlungen auf Schlußrechnungen werden bis zu 95 % des Nettowertes geleistet. Der Rest ist durch eine kostenlose und befristete Gewährleistungsbürgschaft (Vorgabe der Befristung durch den AG) ablösbar." Eine Schriftformklausel sieht vor, daß alle Änderungen und Ergänzungen des Vertrages zur Wirksamkeit der Schriftform bedürfen. Die Vertragsparteien erweiterten das Auftragsvolumen durch 22 Nachtragsvereinbarungen in erheblichem Umfang. In den einzelnen Nachtragsverträgen , die jeweils auf die Bestimmungen des Nachunternehmervertrages einschließlich der Sicherungsabrede Bezug nehmen, vereinbarten die Parteien die Zusatzleistung und die Zusatzvergütung sowie die Verpflichtung der Klägerin, jeweils eine Gewährleistungsbürgschaft von 5 % aus der jeweiligen Nachtragsauftragssumme zu stellen. Auf Wunsch der Klägerin übersandte die Beklagte unter anderem ein Formular als Muster für eine Bürgschaft, das eine Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern vorsah. Die Klägerin stellte der Beklagten sechs Bürgschaften ihrer italienischen Bank, die dem von der Beklagten übersandten Muster entsprachen. Die Parteien streiten darüber, ob sie die Sicherungsvereinba-
rung des Nachunternehmervertrages vom 18. Februar 1994 nachträglich kon- kludent dahingehend geändert haben, daß die Klägerin verpflichtet war, Gewährleistungsbürgschaften auf erstes Anfordern zu stellen. Die Bürgschaft, die die Klägerin in diesem Verfahren herausverlangt, lautet unter anderem wie folgt: "Gemäß Nachunternehmer-Vertrag hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 5 % der Abrechnungssumme zu stellen. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir hiermit für den Auftragnehmer die selbstschuldnerische Bürgschaft für die vertragsgemäße Verpflichtung aus Mängelgewährleistung bis zum Höchstbetrag von ... unter Verzicht auf Einrede der Anfechtung, Aufrechnung, Vorausklage und Vorausbefriedigung (§§ 770, 771, 772 BGB) mit der Maßgabe, dass wir aus dieser Bürgschaft nur auf Zahlung von Geld in Anspruch genommen werden können. Wir verpflichten uns, den vorgenannten Betrag auf erste schriftliche Anforderung an den Auftraggeber zu überweisen. Wir sind nicht berechtigt , uns durch Hinterlegung des Betrages zum Zwecke der Sicherheitsleistung von den Verpflichtungen aus dieser Bürgschaft zu befreien...". Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; die Berufung der Beklagten hatte Erfolg. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

1. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 2. Das maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

II.

Die deutschen Gerichte sind für den Rechtsstreit international zuständig. 1. Im Verhältnis zu Italien richtet sich die internationale Zuständigkeit der Gerichte nach dem EG-Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen (EuGVÜ). Die Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung Nr. 44/2001 (EuGVVO), in Kraft seit dem 1. März 2002, die das EuGVÜ ersetzt, ist nicht anwendbar. Nach der Übergangsregelung des Art. 66 Abs. 1 EuGVVO sind ihre Vorschriften nur auf Klagen anwendbar, die nach ihrem Inkrafttreten erhoben worden sind. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist begründet durch die Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien zugunsten der deutschen Gerichte (Art. 17 EuGVÜ).

III.

1. Das Berufungsgericht hat, ohne nach dem deutschen internationalen Schuldvertragsrecht (Art. 27 ff EGBGB) zu prüfen, welches materielle Recht für den Vertrag der Parteien berufen ist, deutsches materielles Recht angewandt. 2. Auf das Vertragsverhältnis der Parteien ist nach dem deutschen internationalen Schuldvertragsrecht, das in allen Verfahrensstadien von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 19/98, BauR 1999, 631 = ZfBR 1999, 193; vgl. Thode/Wenner, Internationales Architekten- und Bauvertragsrecht Rn. 673 m.w.N. der Rechtsprechung des BGH), deutsches materielles Recht anzuwenden. Die Parteien haben keine ausdrückliche Rechtswahl nach Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB getroffen. Das deutsche materielle Recht ist anwendbar, weil der Vertrag der Parteien hinreichende Anhaltspunkte für eine konkludente Rechtswahl nach Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zugunsten des deutschen materiellen Rechts enthält. Die Parteien haben die VOB/B vereinbart und die besonderen Vereinbarungen des Vertrages an der VOB/B und den gesetzlichen Vorschriften des deutschen Werkvertragsrechts orientiert. Weitere Anhaltspunkte sind die Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten der Gerichte S. und die Fassung des Textes in deutscher Sprache. Diese Umstände sind für eine konkludente Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts ausreichend (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 19/98, BauR 1999, 631 = ZfBR 1999, 193).

IV.

1. Das Berufungsgericht hat die Herausgabe- und Unterlassungsklage mit folgenden Erwägungen abgewiesen:

a) Die Beklagte sei nicht zur Herausgabe der Bürgschaft verpflichtet. Die Vertragsparteien hätten die ursprüngliche Sicherungsabrede durch eine Individualvereinbarung geändert und vereinbart, daß die Klägerin statt einer einfachen Gewährleistungsbürgschaft eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen habe.
b) Die Parteien hätten sich nach Durchführung des Bauvorhabens darauf geeinigt, daß die Auftragssumme auf sechs Gewährleistungsbürgschaften habe aufgeteilt werden sollen. Nach der Ausführung der Arbeiten sei die Beklagte an die Klägerin mit dem Verlangen herangetreten, daß die Klägerin eine Bürgschaft auf erstes Anfordern stellen solle. Die Übergabe eines Formulars einer Bürgschaft auf erstes Anfordern sei kein "einseitig formularmäßiges Verlangen i.S. von AGB gegenüber der Klägerin". Da das Formular für die Bank vorgesehen gewesen sei, sei die Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien keine Formularvereinbarung.
c) Mit ihrem Verlangen nach einer Bürgschaft auf erstes Anfordern sei die Beklagte erkennbar von der Sicherungsvereinbarung der Parteien abgewichen. Die Klägerin habe die von der Beklagten geforderte Änderung der Sicherungsabrede akzeptiert. Sie habe die Bürgschaft auf erstes Anfordern zugesagt und mit der Aushändigung der Bürgschaft an die Beklagte ihren Willen bestätigt , eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen. Aus dem Schriftverkehr und dem Verhalten der Klägerin ergebe sich eine derartige Erklärung konkludent. Im Hinblick auf dieses Verhalten sei es rechtsmißbräuchlich, wenn die Klägerin sich auf die vereinbarte Schriftform berufen würde.
d) Als Individualvereinbarung könnten die Parteien wirksam vereinbaren, daß die Klägerin eine Bürgschaft auf erstes Anfordern stelle, "zumal wenn es
hier um die Verpflichtung eines großen, international tätigen Bauunternehmens geht". 2. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand: Für eine konkludente Änderung der ursprünglichen Sicherungsvereinbarung zu Lasten der Klägerin fehlt es an jedem tatsächlichen Anhaltspunkt. Allein in der Übersendung eines nicht dem Vertrag entsprechenden Formulars liegt regelmäßig kein Angebot auf Abänderung des Vertrags. Für ein solches Angebot sind zusätzliche Umstände erforderlich, die für den Empfänger des Formulars erkennen lassen, daß eine Änderung des Vertrags gewollt ist. Solche Umstände liegen nicht vor. Nach dem übereinstimmenden Sachvortrag der Parteien haben sie nicht darüber verhandelt, daß an die Stelle der vereinbarten Gewährleistungsbürgschaft eine Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern treten sollte. Die Klägerin hat die von ihr als Garantien bezeichneten Bürgschaften , die dem Formular der Beklagten entsprachen, mit Anschreiben vom 11. Juni 1997 an die Beklagte zur Prüfung übersandt. Unter diesen Bürgschaften befand sich unter anderem die Bürgschaft, deren Herausgabe die Klägerin in diesem Verfahren verlangt. Mit diesem Anschreiben hat die Klägerin der Beklagten kein Angebot zur Änderung der Sicherungsvereinbarung gemacht, sondern sie aufgefordert zu überprüfen, ob die Bürgschaften der vertraglichen Vereinbarung entsprachen. 3. Da die Vertragsparteien die ursprüngliche Sicherungsvereinbarung des Nachunternehmervertrages nicht geändert haben, ist diese Sicherungsvereinbarung die Grundlage für die Beurteilung der Frage, ob die Herausgabe- und Unterlassungsklage begründet ist.
Der Senat kann nicht abschließend über die Klage entscheiden, weil das Berufungsgericht zwar in seiner die Entscheidung nicht tragenden Beurteilung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ausgegangen ist, dazu aber keine Feststellungen getroffen hat.
a) Sollte die Sicherungsabrede in Nr. 8 des Nachunternehmervertrags individuell vereinbart worden sein, wäre die Klage auf Herausgabe unbegründet. Die Klägerin könnte jedoch verlangen, daß sich die Beklagte ihr gegenüber und gegenüber der Bürgin schriftlich verpflichtet, sie werde die Bürgin nicht auf erstes Anfordern, sondern nur aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft in Anspruch nehmen. aa) Nach der Sicherungsvereinbarung hat die Beklagte einen Anspruch auf eine selbstschuldnerische Gewährleistungsbürgschaft (§ 17 Nr. 4 VOB/B) nach deutschem materiellem Recht. (1) Die der Beklagten gestellte Bürgschaft ist eine Gewährleistungsbürgschaft nach deutschem Recht. Auf den Bürgschaftsvertrag zwischen der Bürgin und der Beklagten ist das deutsche materielle Recht anwendbar. Das für die Bürgschaft einer Bank mit Sitz im Ausland maßgebliche Recht bestimmt sich nach dem deutschen internationalen Schuldvertragsrecht (vgl. Thode/Wenner, Internationales Architekten- und Bauvertragsrecht, Rn. 393 m.w.N.). Eine ausdrückliche Rechtswahlvereinbarung zugunsten des deutschen Rechts haben die Vertragsparteien des Bürgschaftsvertrages nicht getroffen. Das deutsche materielle Bürgschaftsrecht ist für das Bürgschaftsverhältnis berufen , weil die Vertragsparteien das deutsche materielle Recht konkludent gemäß Art. 27 Abs. 1 Satz 2 EGBGB vereinbart haben. Der Text der Bürgschaftsurkunde enthält hinreichende Anhaltspunkte für die konkludente Wahl des deutschen Rechts. Der Text der Urkunde ist orientiert an dem deutschen Bürg-
schaftsrecht, es enthält die Rechtsbegriffe des deutschen Rechts und nennt Regelungen des deutschen Bürgschaftsrechts. (2) Die der Beklagten tatsächlich gestellte Bürgschaft ist eine selbstschuldnerische Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern. Diese Bürgschaft entspricht nur insoweit nicht der Sicherungsvereinbarung, als sie der Beklagten als Gläubigerin des Bürgschaftsvertrages das Recht auf erstes Anfordern einräumt. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern ist kein Sicherungsmittel eigener Art, sondern lediglich eine besondere Form der Bürgschaftsverpflichtung , die den Gläubiger privilegiert (Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 24/98, NJW 1999, 2361, 2363; Urteil vom 4. Juli 2002 - VII ZR 502/99, BGHZ 151, 229; Urteil vom 4. Juli 2002 - IX ZR 97/99, BGHZ 151, 236 = NJW 2002, 3170; Urteil vom 24. Oktober 2002 - IX ZR 355/00, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt

).

Stellt der Bürge dem Gläubiger eine selbstschuldnerische Bürgschaft auf erstes Anfordern, obwohl der Gläubiger als Sicherungsnehmer aufgrund der Sicherungsvereinbarung mit dem Sicherungsgeber die selbstschuldnerische Bürgschaft nicht in der ihn privilegierenden Form hätte verlangen können, ist der Bürge im Zweifel dem Gläubiger aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 24/98, NJW 1999, 2361, 2363; Urteil vom 4. Juli 2002 - IX ZR 97/99, BGHZ 151, 236 = NJW 2002, 3170; Urteil vom 24. Oktober 2002 - IX ZR 355/00, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; Urteil vom 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). (3) Mit der Bürgschaft hat die Klägerin die von ihr aufgrund der Sicherungsvereinbarung nach materiellem Bürgschaftsrecht geschuldete Bürgschaft gestellt, die lediglich hinsichtlich der den Gläubiger privilegierenden Form nicht
geschuldet war. Nur diese Privilegierung durch die Verpflichtung der Bürgin, auf erstes Anfordern zu zahlen, steht der Beklagten aufgrund der Sicherungsvereinbarung nicht zu. Die Sicherungsvereinbarung berechtigt die Beklagte gegenüber der Klägerin nicht, das ihr in der Bürgschaft eingeräumte Recht auf erstes Anfordern gegenüber der Bürgin geltend zu machen. Sie kann die Bürgin, soweit die materiellrechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs gegeben sind, aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft in Anspruch nehmen. bb Da durch die gestellte Bürgschaft das Risiko begründet ist, daß die Beklagte die Bürgin auf erstes Anfordern in Anspruch nimmt, kann die Klägerin von der Beklagten verlangen, daß sie sich ihr und der Bürgin gegenüber schriftlich verpflichtet, daß sie die Bürgschaft nicht auf erstes Anfordern, sondern nur als selbstschuldnerische Bürgschaft geltend machen wird. Mit den schriftlichen Erklärungen ist dem Interesse der Klägerin daran, daß die Bürgschaft nicht auf erstes Anfordern in Anspruch genommen wird, ausreichend Rechnung getragen. Nach dem Empfang der Erklärung darf die Bürgin, auch mit Rücksicht auf die vertragliche Verpflichtung gegenüber der Klägerin, nicht mehr auf erstes Anfordern auszahlen.
e) Sollte die Sicherungsabrede nach Nr. 8 des Nachunternehmervertrages eine von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung sein, so würde diese einer Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGBG nicht standhalten. Die Sicherungsvereinbarung sieht einen Einbehalt von 5 % von dem Nettobetrag der Schlußrechnungen vor. Der Zeitraum für den Einbehalt ist nicht geregelt. Dem Auftragnehmer ist lediglich das Recht eingeräumt, den Bareinbehalt durch eine befristete Gewährleistungsbürgschaft abzulösen. Die Befristung soll nach Vorgabe des Auftraggebers erfolgen.
Diese Vertragsklausel ist unangemessen. Sie ermöglicht dem Auftraggeber , die Bürgschaft nach seinem Belieben zu befristen. Für eine Begrenzung des Bestimmungsrechts auf die Dauer der Gewährleistungsfrist gibt die Klausel nichts her. Wäre dies gewollt gewesen, hätte dies zum Ausdruck gebracht werden müssen. Dressler Thode Kuffer Kniffka Bauner

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 57/02
Verkündet am:
13. November 2003
Seelinger-Schardt
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
AGBG § 9 Bf

a) Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages,
daß ein Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5% der Bausumme für die Dauer
der fünfjährigen Gewährleistungsfrist durch eine selbstschuldnerische unbefristete
Bürgschaft abgelöst werden kann, verstößt nicht gegen § 9
Abs. 1 AGBG (im Anschluß an BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR
324/95, BGHZ 136, 27).

b) Wird die Ablösung durch die selbstschuldnerische Bürgschaft zusätzlich
davon abhängig gemacht, daß keine wesentlichen Mängel vorhanden
sind, ist diese Vertragsklausel unwirksam.
BGH, Urteil vom 13. November 2003 - VII ZR 57/02 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Januar 2002 insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil entschieden worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 7. März 2001 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließlich der Kosten der Streithelfer.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, ein Bauträgerunternehmen, nimmt die beklagte Bank aus einer Gewährleistungsbürgschaft auf Zahlung und Feststellung in Anspruch. Sie hat die inzwischen insolvente S. GmbH mit Generalunternehmervertrag vom 9. April 1997 (GUV) damit beauftragt, ein Haus in D. schlüsselfertig zu modernisieren. Als die Klägerin die Beseitigung von Mängeln verlangte, lehnte der Gesamtvollstreckungsverwalter die weitere Erfüllung des Vertrages ab.
In § 16 Nr. 2 GUV ist vereinbart: "Zur Absicherung eventueller Gewährleistungsansprüche werden 5 % des Pauschalfestpreises für die Dauer von fünf Jahren in Geld einbehalten. Der Auftragnehmer kann, soweit die Sicherheitsleistung nicht verwertet ist, die Auszahlung verlangen ... (,) sofern er in Höhe der geschuldeten Sicherheit eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft ... gem. § 17 Ziff. 4 VOB/B ohne Hinterlegungsklausel erbringt und wesentliche Mängel nicht mehr vorhanden sind. Die Anlegungs- und Verzinsungspflicht nach § 17 Ziff. 6 VOB/B wird abbedungen. ... " Die Beklagte hat eine solche Bürgschaft ausgegeben. Sie hält jedoch die Vertragsklausel für unwirksam und möchte deshalb aus der Bürgschaft nicht für die Erfüllung der Verbindlichkeit einstehen. Nach ihrer Ansicht hat die Klägerin die Bürgschaft wegen der Unwirksamkeit des § 16 Nr. 2 GUV ohne Rechtsgrund erlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten , welche die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils anstrebt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Die Berufung der Klägerin ist unter Aufhebung des Berufungsurteils zurückzuweisen.
Das maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen.

I.

1. Das Berufungsgericht stellt fest, daß es sich bei § 16 Nr. 2 GUV um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Klägerin handelt. Das ist nicht zu beanstanden und wird von der Revision als ihr günstig hingenommen. 2. Das Berufungsgericht führt aus, die Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu einem Bauvertrag, wonach der Auftraggeber nach Abnahme des Bauwerks 5 % der Auftragssumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist als Sicherheit einbehalten dürfe, benachteilige den Auftragnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen und sei unwirksam, wenn dem Auftragnehmer kein angemessener Ausgleich zugestanden werde. Das stellt die Revision zu Recht nicht in Frage; es entspricht der Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27). 3. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist § 16 Nr. 2 GUV zunächst dahingehend zu verstehen, daß die Hauptschuldnerin den als Sicherheit einbehaltenen Betrag nur durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft ablösen könne. Die Möglichkeit, Sicherheit durch Hinterlegung gemäß § 17 Nr. 5 VOB/B zu leisten , sei ausgeschlossen, desgleichen das Wahlrecht nach § 17 Nr. 3 VOB/B. Diese Auslegung der Klausel wird von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen und sie ist rechtlich nicht zu beanstanden.
4. Das Berufungsgericht ist ferner der Ansicht, eine selbstschuldnerische Bürgschaft als einzige Austauschsicherheit sei kein angemessener Ausgleich für den vorgesehenen 5%igen Sicherheitseinbehalt. Diese Auffassung teilt der Senat nicht, jedoch ist die Klausel aus anderen Gründen unwirksam. § 16 Nr. 2 GUV ist gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam, weil der Auftragnehmer unangemessen benachteiligt wird. Das ergibt sich im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus der Einschränkung, daß der Sicherheitseinbehalt nur gegen eine selbstschuldnerische Bürgschaft auszuzahlen ist (a), sondern aus der weiteren Voraussetzung, daß wesentliche Mängel nicht vorhanden sein dürfen (b).
a) Anders als im Falle einer Bürgschaft auf erstes Anfordern (BGH, Urteil vom 5. Juni 1997 – VII ZR 324/95, a.a.O.) bietet die Möglichkeit eines Austausches des Sicherheitseinbehaltes gegen eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft einen hinreichenden Ausgleich zu dem in der Vertragsklausel vorgesehenen Einbehalt. Die Klausel stellt den Auftragnehmer vor die Alternative, entweder für fünf Jahre auf unbestrittenen restlichen Werklohn zu verzichten, entsprechende Zinsverluste hinzunehmen und das Insolvenzrisiko des Auftraggebers zu tragen, oder seine Liquidität durch Beibringung einer Bankbürgschaft zu schmälern, die regelmäßig auf Kosten der Kreditlinie geht; außerdem sind für die Bankbürgschaft Avalzinsen zu zahlen, die wiederum einen Zinsertrag aus dem abgelösten Sicherheitseinbehalt schmälern. Die in der Zinsbelastung und dem Einfluß auf die Kreditlinie liegenden Nachteile bei Bereitstellung einer Bürgschaft erscheinen, berücksichtigt man auf der anderen Seite die berechtigten Interesse des Auftraggebers, nicht als so gewichtig, daß ihretwegen die Unwirksamkeit der Klausel angenommen werden müßte (vgl. für den Fall der Vertragserfüllungsbürgschaft BGH, Urteil vom 20. April 2000 – VII ZR 458/97, BauR 2000, 1498 = ZfBR 2000, 477).

b) Die weitere Voraussetzung in § 16 Nr. 2 GUV dagegen, daß wesentliche Mängel nicht vorhanden sein dürfen, führt zur Unwirksamkeit der Klausel. Diese Voraussetzung bedeutet eine so weitreichende Einschränkung der Berechtigung , eine Austauschbürgschaft zu stellen, daß ein angemessener Ausgleich zu den Nachteilen des Sicherheitseinbehaltes nicht mehr zugestanden wird. Jeder Streit um wesentliche Mängel blockiert das Austauschrecht, so daß es bei dem Sicherheitseinbehalt bleibt. Es ist nichts Ungewöhnliches, daß solche Auseinandersetzungen sich selbst bei unberechtigten Beanstandungen über die Dauer der Gewährleistungsfrist hinziehen. 5. Auf die weiteren Überlegungen des Berufungsgerichts zu einer bedingten Bürgschaft, für deren Vereinbarung sich aus der Vertragsklausel keine Anhaltspunkte ergeben, kommt es aus den vorstehenden Überlegungen nicht an.

II.

Weitere Feststellungen sind nicht zu treffen, so daß der Senat in der Sache selber entscheiden kann. Da § 16 Nr. 2 GUV unwirksam ist, hält die Klägerin die Bürgschaft ohne Rechtsgrund. Aus ihr kann sie die Beklagte nicht in Anspruch nehmen (§§ 768 Abs. 1, 812 Abs. 1 BGB).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Dressler Hausmann Wiebel Kuffer Bauner