Bundesgerichtshof Urteil, 17. März 2010 - VIII ZR 70/09

bei uns veröffentlicht am17.03.2010
vorgehend
Amtsgericht München, 422 C 8920/07, 14.07.2007
Landgericht München I, 14 S 791/08, 25.02.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 70/09 Verkündet am:
17. März 2010
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den an eine Eigenbedarfskündigung zu stellenden formellen Anforderungen.
BGH, Urteil vom 17. März 2010 - VIII ZR 70/09 - LG München I
AG München
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Fetzer sowie den Richter
Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 25. Februar 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagte mietete mit Vertrag vom 2. September 1978 von einem der Rechtsvorgänger der Klägerin ein Wohnhaus in M. . Nach dem Erwerb des von der Beklagten und deren Mutter bewohnten Anwesens kündigte die Klägerin das Mietverhältnis mit Schreiben vom 31. Juli 2006 unter Berufung auf Eigenbedarf für sich und ihre beiden Kinder zum 30. April 2007. Zur näheren Begründung ist im Kündigungsschreiben ausgeführt, dass die Klägerin derzeit zur Miete wohne und darüber hinaus für ihre berufliche Tätigkeit ein separates Büro angemietet habe. Das von der Beklagten gemietete Wohnhaus eigne sich sehr gut, um Wohnen und Arbeiten unter einem Dach zu ermöglichen. Durch den Umzug könne die Klägerin die Miete für ihre derzeitige Mietwohnung (1.740 €) und für ihr jetziges Büro (858,40 €) einsparen und sich persönlich um die Betreuung ihrer Kinder kümmern.
2
Die Klägerin hat Räumung und Herausgabe des von der Beklagten gemieteten Anwesens begehrt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat Erfolg.

I.

4
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt : Die Räumungsklage sei abzuweisen, weil die von der Klägerin erklärte Kündigung nicht die Anforderungen des § 573 Absatz 3 BGB erfülle und deshalb unwirksam sei.
5
Die Begründungspflicht in § 573 Abs. 3 BGB solle sicherstellen, dass dem berechtigten Informationsinteresse des Mieters Rechnung getragen werde. Diesem Erfordernis werde der Vermieter nur gerecht, wenn er die dem Eigenbedarf zugrunde gelegten Tatsachen in dem Kündigungsschreiben zutreffend wiedergebe und die Kündigungsbegründung den behaupteten Bedarf auch nicht dramatisiere.
6
Dies sei bei dem Kündigungsschreiben der Klägerin nicht der Fall, weil es den - unzutreffenden - Eindruck erwecke, bei dem von der Klägerin bisher bewohnten Objekt lägen Wohnraum und Büro nicht unter einem Dach. Damit habe die Klägerin ihre bisherige Wohnsituation objektiv unrichtig dargestellt. Zwar dürften die Anforderungen an die Kündigungserklärung nicht überspannt werden, doch müssten die mitgeteilten Tatsachen der Wahrheit entsprechen und dürfe der Bedarf nicht dramatisiert werden.

II.

7
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin auf Räumung und Herausgabe des von der Beklagten bewohnten Anwesens gemäß § 546 Abs. 1 BGB nicht verneint werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts genügt die von der Klägerin erklärte Kündigung den Anforderungen des § 573 Abs. 3 BGB.
8
1. Nach § 573 Abs. 3 BGB sind die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Der Zweck der Vorschrift besteht darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen (vgl. BT-Drs. 6/1549, S. 6 f. zu § 564a Abs. 1 Satz 1 BGB aF). Diesem Zweck wird im Allgemeinen Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann. Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs ist daher grundsätzlich die Angabe der Personen, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Personen an der Erlangung der Wohnung haben, ausreichend (so schon BayObLG, NJW 1981, 2197, 2199 f.; Senatsurteil vom 27. Juni 2007 – VIII ZR 271/06, NZM 2007, 679, Tz. 23).
9
2. Diesen Anforderungen wird das Kündigungsschreiben der Klägerin gerecht. Der Beklagten wird darin mitgeteilt, dass die Klägerin bislang zur Miete wohne und mit ihren beiden Kindern in das zu Eigentum erworbene, von der Beklagten gemietete Wohnhaus einziehen und dort auch ihr Büro betreiben wolle; durch diesen Umzug könne sie die teuren Mieten für ihr bisheriges Büro und ihre bisherige Wohnung einsparen. Damit hat die Klägerin die Gründe für ihren Erlangungswunsch hinreichend konkret angegeben.
10
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Kündigungserklärung der Klägerin nicht deshalb (formell) unwirksam, weil sie den unzutreffenden Eindruck erwecke, dass sich bei dem von der Klägerin bisher bewohnten Anwesen Wohnung und Büro nicht unter einem Dach befänden und die Klägerin aus diesem Grund besonders auf das an die Beklagte vermietete Wohnhaus angewiesen sei. Ob dies, wie das Berufungsgericht meint, der Fall ist und die Klägerin ihren Eigenbedarf insoweit „dramatisiert“ hat, ist für die formelle Wirksamkeit der von der Klägerin erklärten Kündigung ohne Bedeutung. Unrichtige Angaben des Vermieters im Kündigungsschreiben können zwar dazu führen, dass die Kündigung materiell unbegründet ist, soweit nach dem wirklichen Sachverhalt der Eigenbedarf nicht besteht oder nur vorgeschoben ist; sie mögen im Einzelfall auch ein Indiz gegen die Ernsthaftigkeit des vom Vermieter angeführten Eigennutzungswunsches darstellen. Vorliegend ist allerdings nicht einmal erkennbar, inwieweit es für die Beurteilung des von der Klägerin geltend gemachten Eigenbedarfs darauf ankommen könnte, ob sich auch bei ihrer jetzigen Mietwohnung das separate Büro im selben Gebäude befindet. Ein etwaiges „Dramatisieren“ der Eigenbedarfssituation hat entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zur Folge, dass es an der nach § 573 Abs. 3 BGB erforderlichen Begründung fehlt und die Kündigung bereits aus diesem formellen Grund unwirksam ist.

III.

11
Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand habe ; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht - vor dem Hintergrund der von ihm vertretenen Rechtsauffassung folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob der von der Klägerin geltend gemachte Eigenbedarf besteht. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 BGB). Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 14.07.2007 - 422 C 8920/07 -
LG München I, Entscheidung vom 25.02.2009 - 14 S 791/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 17. März 2010 - VIII ZR 70/09

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 17. März 2010 - VIII ZR 70/09

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 573 Ordentliche Kündigung des Vermieters


(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen. (2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 546 Rückgabepflicht des Mieters


(1) Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben. (2) Hat der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen, so kann der Vermieter die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 563 Eintrittsrecht bei Tod des Mieters


(1) Der Ehegatte oder Lebenspartner, der mit dem Mieter einen gemeinsamen Haushalt führt, tritt mit dem Tod des Mieters in das Mietverhältnis ein. (2) Leben in dem gemeinsamen Haushalt Kinder des Mieters, treten diese mit dem Tod des Mieters in d
Bundesgerichtshof Urteil, 17. März 2010 - VIII ZR 70/09 zitiert 5 §§.

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Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das am 01.09.2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Geldern unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger den

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Tenor I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Pinneberg vom 16.05.2013 (Az. 82 C 41/13) abgeändert: Die Beklagten werden verurteilt, die im 2. Obergeschoss links im Hause xxx. belegene Wohnung in einem geräumten Zustan

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(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1.
der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,
2.
der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder
3.
der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.

(2) Hat der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen, so kann der Vermieter die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch von dem Dritten zurückfordern.

(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1.
der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,
2.
der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder
3.
der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 271/06 Verkündet am:
27. Juni 2007
Ermel
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum durch eine Gesellschaft bürgerlichen
Rechts ist grundsätzlich auch wegen des Eigenbedarfs eines Gesellschafters
zulässig, sofern dieser bereits bei Abschluss des Mietvertrages Gesellschafter
war.
BGH, Urteil vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06 - LG Berlin
AG Tempelhof-Kreuzberg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Wiechers,
die Richterin Hermanns, den Richter Dr. Koch und die Richterin Dr. Hessel

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 62 des Landgerichts Berlin vom 14. August 2006 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte mietete von der Klägerin, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, mit Vertrag vom 21. Februar 1987 eine Maisonettewohnung in einem Haus in B. . Gesellschafter der Klägerin waren die damaligen Bewohner des Hauses. Die Gesellschaft hatte sich nur gebildet, um das Haus zu kaufen, zu sanieren und zu bewohnen. Das Haus bildet das einzige Vermögen der Gesellschaft.
2
Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 19. Mai 2004 zum 31. Januar 2005. Als Grund für die Kündigung gab sie im Kündigungsschreiben an, dass ihr Gesellschafter H. T. schwer erkrankt sei; er sei nicht mehr in der Lage, die von ihm bewohnte Dachwohnung im gleichen Haus weiter auf Dauer zu nutzen, und sei darauf angewiesen, in die von dem Beklagten bewohnte Erdgeschosswohnung umzuziehen. Der Gesellschafter H. T. ist am 12. Juni 2006 verstorben.
3
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Räumung und Herausgabe der Wohnung in Anspruch.
4
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung des Beklagten gegen dieses Urteil zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
7
Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei es mit Rücksicht auf den gesteigerten persönlichen Bezug der Gesellschaft zu ihren Gesellschaftern, der sich unter anderem in deren persönlicher Haftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten manifestiere, sowie unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des § 573 BGB gerechtfertigt, den in der Person eines Gesellschafters bestehenden Eigenbedarf der Gesellschaft zuzurechnen, wenn die Gesellschaft personalistisch auftrete, also der Gesellschafterbestand überschaubar und insbesondere dem Mieter namentlich bekannt sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Bundesgerichtshof die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht etwa zu einer juristischen Person erhoben, sondern ihr lediglich die Rechtsfähigkeit zugesprochen habe. Sie sei nach wie vor eine Gruppe gesamthänderisch verbundener Gesellschafter und besitze keine eigene Rechtspersönlichkeit. Im vorliegenden Fall sei eine Zurechnung gerechtfertigt, da die personalistische Struktur der Gesellschaft überwiege. Die Gesellschaft habe ursprünglich aus den Hausbewohnern bestanden und bestehe auch derzeit aus den Nutzern und deren Familienangehörigen. Der Gesellschafterbestand sei überschaubar. Der Gesellschaftszweck bestehe allein in dem Erhalt und der Bewirtschaftung des Hauses.
8
In der Person des Gesellschafters H. T. sei, wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt habe, Eigenbedarf gegeben. Dass der Gesellschafter H. T. zwischenzeitlich verstorben sei, lasse die Begründetheit der Kündigung nicht entfallen. Die Kündigungserklärung vom 19. Mai 2004 sei wirksam , insbesondere sei darin der Kündigungsgrund ausreichend bezeichnet.

II.

9
Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Klägerin von dem Beklagten gemäß § 546 Abs. 1 BGB Räumung und Herausgabe der Wohnung verlangen kann, weil das Mietverhältnis durch die Kündigung vom 19. Mai 2004 zum 31. Januar 2005 beendet worden ist.
10
1. Die Klägerin war als Gesellschaft bürgerlichen Rechts berechtigt, den Mietvertrag nach § 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB wegen Eigenbedarfs ihres Gesellschafters H. T. zu kündigen. Der Vermieter kann gemäß § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB insbesondere vor, wenn der Vermieter die Räume für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts als Wohnung benötigt. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
11
a) Vermieter der Wohnung ist die klagende Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann, wie der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 29. Januar 2001 (BGHZ 146, 341) entschieden hat, als Gesamthandsgemeinschaft ihrer Gesellschafter im Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründen und besitzt insoweit Rechtsfähigkeit; die durch die Gesellschaft begründeten Rechte und Pflichten stehen der Gesellschaft und nicht den Gesellschaftern zu (BGHZ 146, 341, 343, 348). Dies gilt auch für die Rechte und Pflichten aus einem zwischen der Gesellschaft und einem Mieter geschlossenen Mietvertrag; aus einem solchen Mietvertrag ist lediglich die Gesellschaft und sind nicht die Gesellschafter unmittelbar berechtigt und verpflichtet.
12
b) Entgegen der Ansicht der Revision folgt daraus, dass eine Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB voraussetzt, dass der Vermieter die Räume "für sich", seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt, nicht, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Kündigung eines Mietvertrages nur auf einen Eigenbedarf der Gesellschaft selbst stützen kann; die Kündigung durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist vielmehr, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, grundsätzlich auch wegen des Eigenbedarfs eines Gesellschafters zulässig (BeckOK-BGB/Reick, Stand März 2007, § 573 Rdnr. 39; MünchKommBGB/Häublein, 4. Aufl., § 573 Rdnr. 67; Palandt /Weidenkaff, BGB, 66. Aufl., § 573 Rdnr. 26; Staudinger/Rolfs, BGB [2006], § 573 Rdnr. 70; Emmerich/Sonnenschein/Haug, Miete, 8. Aufl., § 573 Rdnr. 37; Schmid/Gahn, Mietrecht, 2006, § 573 Rdnr. 27; Sonnenschein in Festschrift für Kraft, 1998, S. 607, 625 f.; Jacoby, ZMR 2001, 409, 412; Kraemer , NZM 2002, 465, 468; Weitemeyer, ZMR 2004, 153, 165 f.; vgl. OLG Karlsruhe NJW 1990, 3278; OLG Köln WuM 2003, 465, 466; aA SchmidtFutterer /Blank, Mietrecht, 9. Aufl., § 573 Rdnr. 46; differenzierend Harke, ZMR 2002, 405, 407 f.).
13
aa) Es ist allerdings zweifelhaft, ob die Zurechnung des in der Person eines Gesellschafters bestehenden Eigenbedarfs mit dem gesteigerten persönlichen Bezug der Gesellschaft zu ihren Gesellschaftern begründet werden kann, wie das Berufungsgericht im Anschluss an eine in der Literatur vertretene Auffassung gemeint hat (vgl. MünchKommBGB/Häublein, aaO; Sonnenschein in Festschrift für Kraft, aaO; Weitemeyer, aaO). Zwar kommt insbesondere darin, dass die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts - anders als grundsätzlich die Mitglieder einer juristischen Person - für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich haften (BGHZ 142, 315, 318; 146, 341, 358), ein besonderer persönlicher Bezug der Gesellschaft zu ihren Gesellschaftern zum Ausdruck. Es ist aber nicht einsichtig, weshalb dieser Umstand es rechtfertigen sollte, den Eigenbedarf eines Gesellschafters der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zuzurechnen. Zwischen der Haftung für Gesellschaftsschulden und der Zurechnung eines Wohnbedarfs besteht kein sachlicher Zusammenhang. Auch die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft sind insoweit eng mit der Gesellschaft verbunden, als sie deren Haftungskapital bereitzustellen haben, ohne dass die Kapitalgesellschaft sich deshalb auf den Eigenbedarf eines Gesellschafters berufen könnte (vgl. Harke, ZMR 2002, 405, 406; vgl. hingegen zum Betriebsbedarf: Senatsurteile vom 23. Mai 2007 - VIII ZR 113/06 und VIII ZR 122/06, zur Veröffentlichung bestimmt, jeweils unter II 2 a).
14
Dahingestellt bleiben kann ferner, ob der vom Berufungsgericht hervorgehobene Umstand, dass es sich bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach wie vor nicht um eine juristische Person, sondern um eine Gruppe gesamthänderisch verbundener Gesellschafter ohne eigene Rechtspersönlichkeit handelt (vgl. BGHZ 146, 341, 347), die Zurechnung des Eigenbedarfs eines Gesellschafters zu begründen vermag (so Jacoby, aaO; vgl. auch Kraemer, aaO).
15
Der Eigenbedarf eines Gesellschafters ist der Gesellschaft bürgerlichen Rechts jedenfalls deshalb grundsätzlich zuzurechnen, weil es im Ergebnis nicht gerechtfertigt wäre, Gesellschafter einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft insoweit schlechter zu stellen als Mitglieder einer einfachen Vermietermehrheit. Sind mehrere natürliche Personen Vermieter, berechtigt der Eigenbedarf eines Vermieters die Gemeinschaft zur Kündigung des Mietvertrages. Dies kann nicht anders zu beurteilen sein, wenn diese Personen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage einen gemeinsamen Zweck verfolgen und damit eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bilden. Es hängt, wie die Revisionserwiderung zutreffend geltend macht, oft nur vom Zufall ab, ob eine Personenmehrheit - etwa ein Ehepaar - dem Mieter eine Wohnung als Gemeinschaft oder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts vermietet. Es ist nicht ersichtlich, weshalb diese Personenmehrheit nur als Gemeinschaft, nicht aber als Gesellschaft bürgerlichen Rechts berechtigt sein sollte, sich auf einen eigenen Wohnbedarf (eines) ihrer Mitglieder zu berufen. Aus der Sicht der Vermieter ist die Interessenlage in beiden Fällen gleich.
16
bb) Der in der Person eines Gesellschafters bestehende Eigenbedarf ist der Gesellschaft, anders als das Berufungsgericht meint, allerdings nicht nur dann zuzurechnen, wenn die Gesellschaft personalistisch auftritt, also der Gesellschafterbestand überschaubar und dem Mieter namentlich bekannt ist (so MünchKommBGB/Häublein, aaO). Auch bei einer einfachen Mehrheit von Vermietern hängt die Berechtigung der Gemeinschaft, sich auf einen Eigenbedarf an der Wohnung zu berufen, nicht von der Zahl der Vermieter ab. Es gibt keinen Grund, Vermieter, die sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen haben, schlechter zu stellen. Darüber hinaus wäre es, worauf die Revision zutreffend hinweist, der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit abträglich, wenn die Wirksamkeit einer Kündigung von der nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilenden Wertungsfrage abhinge, ob der Gesellschafterkreis einer als Vermieterin auftretenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts noch "überschaubar" ist (vgl. BGHZ 149, 80, 85 zur Anwendbarkeit des Verbraucherkreditgesetzes auf Gesellschaften bürgerlichen Rechts).
17
Andererseits wäre es auch nicht gerechtfertigt, Vermieter, die eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bilden, besser zu stellen als Vermieter, die gesellschaftsrechtlich nicht miteinander verbunden sind. Da ein Wechsel im Mitgliederbestand bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts - anders als bei einer Gemeinschaft - keinen Einfluss auf den Fortbestand des mit der Gesellschaft geschlossenen Mietvertrages hat (vgl. BGHZ 146, 341, 345), wäre die Gesellschaft bürgerlichen Rechts - im Unterschied zur einfachen Vermietermehrheit - berechtigt, sich auf einen Eigenbedarf später hinzugetretener Gesellschafter zu berufen. Dies widerspräche aber dem Schutzzweck des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, den Mieter vor dem unkalkulierbaren Risiko von Eigenbedarfskündigungen durch einen nicht überschaubaren Personenkreis zu bewahren (vgl. MünchKommBGB/Häublein, aaO). Eine Eigenbedarfskündigung durch eine bürgerlich -rechtliche Gesellschaft kommt daher - wie auch bei einer einfachen Vermietermehrheit - grundsätzlich nur wegen des Wohnbedarfs von Gesellschaftern - oder von deren Familienangehörigen oder Haushaltsangehörigen - in Betracht, die bereits bei Abschluss des Mietvertrages Gesellschafter waren. Im Streitfall ist diese Voraussetzung erfüllt, da der Gesellschaft H. T.
der klagenden Gesellschaft bereits bei Abschluss des Mietvertrages mit dem Beklagten angehörte.
18
c) Entgegen der Ansicht der Revision steht einer Eigenbedarfskündigung durch die Klägerin nicht entgegen, dass eine als Rechtssubjekt anerkannte Gesamthandsgemeinschaft wie die Gesellschaft bürgerlichen Rechts schon begrifflich keinen Eigenbedarf im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB haben kann. Zwar kann eine rechtsfähige Personengesellschaft - wie auch eine juristische Person - weder selbst wohnen noch hat sie eine Familie oder einen Haushalt und benötigt die Räume daher nicht - wie § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB dies voraussetzt - "als Wohnung" für sich, "seine Familienangehörigen" oder "Angehörige seines Haushalts" (vgl. Senatsurteile vom 23. Mai 2007 - VIII ZR 113/06 und VIII ZR 122/06, zur Veröffentlichung bestimmt, jeweils unter II 1, m.w.N.). Darum geht es hier aber nicht. Denn die Klägerin beruft sich nicht auf einen Eigenbedarf der Gesellschaft selbst, sondern auf einen - der Gesellschaft zuzurechnenden - Eigenbedarf eines Gesellschafters, der als natürliche Person einen Wohnbedarf für sich sowie für Familien- und Haushaltsangehörige haben kann.
19
d) Die Revision rügt schließlich ohne Erfolg, eine Kündigung wegen Eigenbedarfs sei schon deshalb ausgeschlossen, weil allenfalls ein Eigenbedarf aller Gesellschafter an den vermieteten Räumen ein Kündigungsrecht begründen könnte. Auch insoweit ist die Interessenlage bei Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht anders als bei einer gesellschaftsrechtlich nicht miteinander verbundenen Mehrheit von Vermietern, bei der es nach nahezu einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum ausreicht, wenn bei einem der Vermieter Eigenbedarf besteht (LG Berlin GE 2001, 57; GE 1992, 549; GE 1992, 207; LG Hamburg DWW 1991, 189 f.; LG Karlsruhe WuM 1982, 209, 210; Barthelmess, Wohnraumkündigungsschutzgesetz, 5. Aufl. § 564b Rdnr. 74; BeckOK-BGB/Reick, aaO; MünchKommBGB/Häublein, aaO; Palandt/Weidenkaff, aaO; Schmidt-Futterer/Blank, aaO, Rdnr. 43; Staudinger /Rolfs, aaO, Rdnr. 69; Bub/Treier/Grapentin, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., IV Rdnr. 67; Emmerich/Sonnenschein/Haug, aaO; Schmid/Gahn, aaO; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., IV Rdnr. 133).
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Vereinzelt wird zwar die Ansicht vertreten, dass bei einer Personenmehrheit der Eigenbedarf bei allen Mitgliedern gegeben sein müsse, weil § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht auf den Eigenbedarf "eines", sondern "des" Vermieters abstelle (Harke, aaO, S. 407). Diese Auffassung überzeugt jedoch nicht. Der Zweck der Regelung, den vertragstreuen Mieter vor willkürlichen Kündigungen und damit dem Verlust seiner Wohnung zu schützen (vgl. BT-Drs. 7/2011 S. 7 zu § 564b BGB aF), ist schon dann gewahrt, wenn eine Kündigung erfordert, dass jedenfalls bei einem von mehreren Vermietern Eigenbedarf besteht. Es wäre auch unverständlich, wenn zwar der Eigenbedarf von nicht am Mietverhältnis beteiligten Familienangehörigen und Haushaltsangehörigen, nicht aber der Eigenbedarf einzelner Vermieter selbst eine Kündigung rechtfertigen könnte.
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2. Die Verfahrensrüge der Revision, das Berufungsgericht habe sich nicht mit dem Vorbringen des Beklagten auseinandergesetzt, der Gesellschafter T. habe das Angebot der Mieterin F. , ihre Wohnung im Hochparterre des Hauses zu übernehmen, mit der Begründung abgelehnt, er wolle den Beklagten aus dem Haus haben, hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet; von einer Begründung der Entscheidung wird insoweit abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO).
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3. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Begründetheit der Kündigung nicht deshalb entfallen ist, weil der Gesellschafter H. T. später verstorben ist. Nur wenn der ursprünglich gegebene Eigenbe- darf vor Ablauf der Kündigungsfrist weggefallen ist, kann dies der Kündigung die Grundlage entziehen (vgl. Senatsurteil BGHZ 165, 75). Dies ist hier nicht der Fall, da der Gesellschafter H. T. am 12. Juni 2006 und damit nach Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Januar 2005 verstorben ist.
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4. Entgegen der Ansicht der Revision war auch die Kündigungserklärung wirksam. Die Wirksamkeit einer Kündigungserklärung setzt nach § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB voraus, dass die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses in dem Kündigungsschreiben angegeben sind. Der Zweck dieser Vorschrift besteht darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen (vgl. BT-Drs. 6/1549, S. 6 f. zu § 564a Abs. 1 Satz 1 BGB aF). Diesem Zweck wird im Allgemeinen Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann; bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs ist daher grundsätzlich die Angabe der Personen, die für die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses , das diese Personen an der Erlangung der Wohnung haben, ausreichend (BayObLG WuM 1981, 200, 202 f.; WuM 1985, 50, 51, m.w.N.).
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Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass das Kündigungsschreiben der Klägerin diesen Anforderungen genügt. In dem Kündigungsschreiben vom 19. Mai 2004 ist die Kündigung damit begründet, dass der Gesellschafter der Klägerin H. T. schwer erkrankt sei; er sei nicht mehr in der Lage, die von ihm bewohnte Dachwohnung im gleichen Haus weiter auf Dauer zu nutzen und sei darauf angewiesen, in die von dem Beklagten bewohnte Erdgeschosswohnung umzuziehen. Aus dem Kündigungsschreiben geht damit hervor, dass die Klägerin Eigenbedarf an der Wohnung wegen der Erkrankung ihres Gesellschafters geltend macht.
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Entgegen der Ansicht der Revision war es nicht erforderlich, in dem Kündigungsschreiben darüber hinaus anzugeben, unter welchen gesundheitlichen Aspekten der Gesellschafter H. T. die Dachwohnung nicht mehr nutzen konnte. Tatsachen, die nur der näheren Erläuterung, Ergänzung, Ausfüllung sowie dem Beweis des geltend gemachten Kündigungsgrundes dienen, können auf Verlangen des Mieters grundsätzlich auch noch im Prozess nachgeschoben werden (BayObLG WuM 1981, 200, 202 f.; WuM 1985, 50, 51, m.w.N.; vgl. auch BVerfG NZM 1998, 618). Derartige Tatsachen müssen jedenfalls dann nicht schon im Kündigungsschreiben erwähnt werden, wenn sie dem Mieter bereits bekannt sind (MünchKommBGB/Häublein, aaO, Rdnr. 96; Schmid/Gahn, aaO, Rdnr. 59; vgl. auch BVerfG NZM 2003, 592 f.). So verhält es sich nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch hier. Ball Wiechers Hermanns Dr.Hessel Dr.Koch
Vorinstanzen:
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 22.11.2005 - 7 C 213/04 -
LG Berlin, Entscheidung vom 14.08.2006 - 62 S 398/05 -

(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1.
der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,
2.
der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder
3.
der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Der Ehegatte oder Lebenspartner, der mit dem Mieter einen gemeinsamen Haushalt führt, tritt mit dem Tod des Mieters in das Mietverhältnis ein.

(2) Leben in dem gemeinsamen Haushalt Kinder des Mieters, treten diese mit dem Tod des Mieters in das Mietverhältnis ein, wenn nicht der Ehegatte oder Lebenspartner eintritt. Andere Familienangehörige, die mit dem Mieter einen gemeinsamen Haushalt führen, treten mit dem Tod des Mieters in das Mietverhältnis ein, wenn nicht der Ehegatte oder der Lebenspartner eintritt. Dasselbe gilt für Personen, die mit dem Mieter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen.

(3) Erklären eingetretene Personen im Sinne des Absatzes 1 oder 2 innerhalb eines Monats, nachdem sie vom Tod des Mieters Kenntnis erlangt haben, dem Vermieter, dass sie das Mietverhältnis nicht fortsetzen wollen, gilt der Eintritt als nicht erfolgt. Für geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Personen gilt § 210 entsprechend. Sind mehrere Personen in das Mietverhältnis eingetreten, so kann jeder die Erklärung für sich abgeben.

(4) Der Vermieter kann das Mietverhältnis innerhalb eines Monats, nachdem er von dem endgültigen Eintritt in das Mietverhältnis Kenntnis erlangt hat, außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen, wenn in der Person des Eingetretenen ein wichtiger Grund vorliegt.

(5) Eine abweichende Vereinbarung zum Nachteil des Mieters oder solcher Personen, die nach Absatz 1 oder 2 eintrittsberechtigt sind, ist unwirksam.