Finanzgericht Hamburg Urteil, 06. Aug. 2014 - 2 K 355/12

bei uns veröffentlicht am06.08.2014

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Berücksichtigung der Verluste der italienischen Betriebsstätte im Rahmen ihrer Gewinnermittlung im Jahr 2008.

2

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. ... Im Rahmen der Expansion des Unternehmens in europäische Länder ab 2002 wurde im Jahr 2004 in Italien eine Betriebsstätte eröffnete, um den dortigen Markt ... zu erschließen. Die italienische Betriebsstätte erwirtschaftete in den Jahren 2004 bis 2008 Verluste in folgender Höhe:

3

Jahr   

Laut ital. Steuererklärungen

nach deutscher Gewinnermittlung

2004   

- ... €

- ... €

2005   

- ... €

- ... €

2006   

- ... €

- ... €

2007   

- ... €

- ... €

2008   

- ... €

- ... €

Gesamt

- ... €

- ... €

4

Die Klägerin hat die Verluste weder durch einen Verlustrücktrag noch durch einen Verlustvortrag nutzen können.

5

Mit Gesellschafterbeschluss vom 09.12.2008 beschlossen die Gesellschafter, dass die Geschäftstätigkeit in Italien ab dem 01.01.2009 von Deutschland aus geführt werden solle. Die Schließung der Niederlassung in Italien wurde zum 31.12.2008 genehmigt. Der Anstellungsvertrag mit dem ... Manager Italien A wurde beendet und das Abfindungspaket genehmigt. Dem ... Manager und der weiteren Mitarbeiterin wurden zum 31.12.2008 gekündigt, das Mietverhältnis über die Büroräume wurde zum 31.12.2008 beendet. Am ... 2009 wurde die Betriebstätte in dem steuerlichen Register in Italien gelöscht.

6

Mit der Steuererklärung für 2008 machte die Klägerin ausländische Betriebsstättenverluste in Höhe von insgesamt ... € gewinnmindernd geltend. Der Beklagte berücksichtigte diese Verluste nicht und setzte mit Körperschaftsteuerbescheid für 2008 vom 23.11.2011 die Körperschaftsteuer auf ... € fest.

7

Am 23.12.2011 erhob die Klägerin gegen diesen Bescheid Sprungklage. Der Beklagte erteilte seine Zustimmung zur Sprungklage nicht, so dass das Verfahren als außergerichtlicher Rechtsbehelf fortgeführt wurde.

8

Am 21.12.2012 hat die Klägerin Untätigkeitsklage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, dass der Beklagte bisher keine Einspruchsentscheidung erlassen habe, obwohl ein Grund für seine Untätigkeit nicht ersichtlich sei.

9

Grundsätzlich liege das Besteuerungsrecht für die Einkünfte der Betriebsstätte nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung vom 18.10.1989 (DBA Italien, BGBl II 1990, 743) beim italienischen Fiskus. Abweichend von diesem Grundsatz seien die Verluste der italienischen Betriebsstätte jedoch im Streitjahr bei der Muttergesellschaft zu berücksichtigen, weil diese Verluste sich in Italien weder in diesem Jahr noch in den Folgejahren würden auswirken können. Dies folge aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und der des Bundesfinanzhofs (BFH).

10

Der italienischen Betriebsstätte sei eine Verlustnutzung nicht möglich gewesen, obwohl das italienische Steuerrecht in der Fassung bis 2011 vorsehe, dass Verluste maximal fünf Jahre vorgetragen bzw. bei Unternehmensneugründungen die Verluste der ersten drei Jahre unbegrenzt vorgetragen werden könnten. Die Betriebsstätte habe in keinem Jahr einen Gewinn erzielt, so dass auch ein Verlustrücktrag nicht möglich gewesen sei. Auch hätten die Verluste nicht einem Dritten übertragen werden können, weil die ... via Internet zukünftig aus Deutschland habe geführt werden sollen. Das wesentliche Vermögen, der Kundenstamm, habe deshalb nicht für eine Veräußerung zur Verfügung gestanden.

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Die "Finalität" der erwirtschafteten Verluste beruhe nicht auf einer Verlustabzugsbeschränkung, sondern auf der endgültigen Aufgabe der Betriebsstätte. Nach der Rechtsprechung seien diese Verluste daher im Rahmen ihrer Gewinnermittlung, der der Klägerin, zu berücksichtigen. Ihre Rechtsauffassung werde auch durch die neuere Rechtsprechung des EuGH bestätigt.

12

Die Anforderungen an den Nachweis der Finalität der Verluste müssten erfüllbar bleiben. Eine Grenze bezüglich der Möglichkeiten einer Verlustnutzung sei dort zu ziehen, wo der Steuerpflichtige gezielt durch Gestaltungsmaßnahmen eine Verlustverrechnungssituation erst schaffen solle. Sie, die Klägerin, habe keine weiteren Einkunftsquellen in Italien gehabt, so dass eine Verlustverrechnung ausschiede. Ein Nachweis, dass sie zukünftig keine geschäftlichen Aktivitäten in dem Land mehr entfalten werde, sei hingegen unmöglich zu erbringen. Im Übrigen biete das Verfahrensrecht die Möglichkeit, die Bescheide unter Berücksichtigung der Verluste vorläufig zu erlassen.

13

Die Abweichungen zwischen den mit italienischen Steuererklärungen geltend gemachten Verlusten und den Wertansätzen gemäß Handelsbilanz resultierten im Wesentlichen aus unterschiedlichen Vorschriften im Bereich der Reise- und Bewirtungskosten. Darüber hinaus beruhe die größere Abweichung im Jahr 2007 auf einem Fehler des italienischen Steuerberaters. Insoweit besteht jedoch zwischen den Beteiligten nunmehr Einvernehmen, dass in 2007 nur der nach italienischen Recht ermittelte Verlust in Höhe von ... € als "finaler" Verlust geltend gemacht werden soll.

14

Soweit zunächst für das Jahr 2009 noch Verluste der Betriebstätte in der Buchführung erfasst worden seien, beruhten diese darauf, dass es aus organisatorischen Gründen erst im März 2009 gelungen sei, die italienische Finanzbuchführung in die deutsche Buchhaltung zu implementieren. Die Berücksichtigung dieser Verluste hat die Klägerin in diesem Verfahren fallen gelassen.

15

Die Klägerin beantragt,
den Körperschaftsteuerbescheid 2008 vom 23.11.2011 in der Weise zu ändern, dass die Körperschaftsteuer unter Berücksichtigung eines Verlustes von ... € festgesetzt wird.

16

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

17

Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung dem Antrag der Klägerin, die Betriebsstättenverluste im Rahmen ihrer Veranlagung zu berücksichtigen, zumindest derzeit nicht gefolgt werden könne. Er verweist insoweit auf die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache C-123/11 "A Oy". Die Generalanwältin komme in ihren Schlussanträgen zu dem Ergebnis, dass zwar eine Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit bestehe, diese jedoch gerechtfertigt sei, da sie der Wahrung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten diene. Im Hinblick auf die noch ungeklärte Rechtslage seien die Einsprüche bisher nicht beschieden worden.

18

Nach der Rechtsprechung obliege es der Klägerin nachzuweisen, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft worden seien, die Verluste im Sitzstaat der Tochtergesellschaft zu berücksichtigen. Dem sei die Klägerin bisher nicht in dem erforderlichen Umfang nachgekommen. So könne im Zeitpunkt der Schließung der Betriebsstätte in Italien noch nicht davon ausgegangen werden, dass eine Endgültigkeit der Verluste vorliege. Die Wiedereröffnung der Betriebsstätte könne nicht ausgeschlossen werden. Eine "Finalität" der Verluste wäre erst dann anzunehmen, wenn die Geschäftstätigkeit endgültig beendet, also die werbende Tätigkeit eingestellt und die Verfügungsmacht über die feste Geschäftseinrichtung endgültig aufgegeben worden sei. Die Beendigung der Geschäftstätigkeit in 2008 erscheine jedoch angesichts der kurzen Abwicklungsphase zweifelhaft. Die Löschung der Betriebsstätte im dortigen Register sei erst am ... 2009 erfolgt. Allerdings gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die Betriebsstätte in tatsächlicher Hinsicht zum 31.12.2008 aufgegeben worden ist.

19

Im Übrigen werde an der Auffassung festgehalten, dass selbst dann, wenn ein Fall "finaler Verluste" vorläge und dies entsprechend bewiesen worden sei, deren Berücksichtigung im Inland nicht gefordert werden könne. Trotz des aktuellen Urteils in der Rechtssache C-123/11 ("A Oy") bleibe die Rechtsprechung des EuGH unklar. Dies werde von dem Generalanwalt Mengozzi bestätigt, der in der Rechtssache C-322/11 ("K") die Widersprüchlichkeit und Inkonsistenz in der Rechtsprechung des EuGH aufzeige. Vor dem Hintergrund, dass neben der Generalanwältin Kokott nunmehr ein weiterer Generalanwalt die Rechtsprechung des EuGH zu den finalen Verlusten als inkonsistent und weiterhin als unklar bezeichne, könne die richtige Anwendung des Unionsrechts jedenfalls nicht als offenkundig angesehen werden, eine erneute Vorlage an den EuGH sei in Betracht zu ziehen. So sei u. a. die Frage nicht eindeutig geklärt, ob möglicherweise nur der Verlust des letzten Jahres als finaler Verlust zu berücksichtigen sei.

20

Dem Gericht haben die Körperschaftsteuerakte des Beklagten sowie die Rechtsbehelfsakte zu der Steuernummer .../.../... vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

21

Die Klage ist als Untätigkeitsklage zulässig, denn der Beklagte hat ohne zureichenden Grund über den im Dezember 2011 eingelegten Einspruch nicht entscheiden. Auch wenn mit einer Entscheidung angesichts der Schwierigkeit der zu behandelnden Rechtsfragen nicht nach Ablauf von sechs Monaten gerechnet werden konnte, so liegt ein zureichender Grund für das Fehlen einer Einspruchsentscheidung jedenfalls jetzt nicht mehr vor. Da der Beklagte im gerichtlichen Verfahren seine den Antrag der Klägerin ablehnende Rechtsauffassung deutlich gemacht hat, ist eine Aussetzung des Verfahrens zwecks Nachholung der Einspruchsentscheidung nicht sachgerecht.

II.

22

Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Körperschaftsteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Im Rahmen der Einkommensermittlung der Klägerin sind die Verluste der italienischen Betriebsstätte aus den Jahren 2004 bis 2008 in Höhe von ... € nach endgültiger Schließung im Streitjahr zu berücksichtigen.

23

1. Grundsätzlich unterliegen die Einkünfte der italienischen Betriebsstätte der Besteuerung durch den italienischen Staat.

24

Die im Inland ansässige und hier mit ihren sämtlichen Einkünften (vgl. § 1 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG) unbeschränkt steuerpflichtige Klägerin erwirtschaftete mit ihrer in Italien belegenen Betriebsstätte Einkünfte aus einem Unternehmen i. S. v. Art. 7 Abs. 1 DBA-Italien. Die Einkünfte aus dieser Betriebsstätte können nach Art. 7 Abs. 1 S. 2 DBA-Italien in Italien besteuert werden und sind von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen (Art. 24 Abs. 3 Buchst. a DBA-Italien). Da sich der Begriff der Betriebsstätteneinkünfte auf einen Nettobetrag bezieht, entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass auch Betriebsstättenverluste aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind (vgl. BFH-Urteile vom 09.06.2010 I R 107/09, BFH/NV 2010, 1744; vom 09.06.2010 I R 100/09, BStBl II 2010, 1065; vom 17.07.2008 I R 84/04, BStBl II 2009, 630). Dies gilt auch für die mit Italien vereinbarte Abkommenslage (vgl. Krabbe in Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, DBA-Italien Art. 24 Rn. 5 i. V. m. Wassermeyer in Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, MA 23 B Rn. 17, 23; MA 23 A Rn. 57). Die insoweit anzustellende Einkünfteermittlung richtet sich nach deutschem Steuerrecht (BFH-Urteile vom 05.02.2014 I R 48/11, BFH/NV 2014, 963; vom 09.06.2010 I R 197/09, BFH/NV 2010, 1744).

25

2. Die unionsrechtlich verbürgte freie Wahl der Niederlassung (nach Art. 43 i. V. m. Art. 48 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der Fassung des Vertrags von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der europäischen Gemeinschaften und einiger damit zusammenhängender Rechtsakte - EG -, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997, Nr. C-340, 1, jetzt Art. 49 Buchst. i i. V. m. Art. 54 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der europäischen Gemeinschaft - AEUV -, Amtsblatt der Europäischen Union 2008, Nr. C-115, 47) erfordert es nach inzwischen wiederholt bestätigter Rechtsprechung des EuGH, dass die in einem Mitgliedstaat erlittenen sogenannten finalen Verluste in Deutschland trotz der prinzipiellen Freistellung ausnahmsweise abzugsfähig sind, wenn deren Nutzung im Betriebsstättenstaat unter allen Umständen ausgeschlossen ist (vgl. EuGH-Urteile vom 13.12.2005 C-446/03 "Marks & Spencer", Slg 2005, I-10387; vom 15.05.2008 C-414/06 "Lidl Belgium", BStBl II 2009, 692; vom 21.02.2013 C-123/11 "A Oy", IStR 2013, 239; vom 07.11.2013 C-322/11 "K", IStR 2013, 913). Der an dieser Rechtsprechung geäußerten Kritik (zuletzt Mitschke, IStR 2014, 377 sowie IStR 2013, 209) und der davon abweichenden Verwaltungspraxis folgt der Senat nicht.

26

Nach der Rechtsprechung des EuGH liegt ein Verstoß gegen die gemeinschaftlichen Grundfreiheiten nicht vor, wenn die Verluste der in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte bei der Besteuerung der Einkünfte dieser Betriebsstätte in jenem Mitgliedstaat für zukünftige Steuerzeiträume berücksichtigt werden können (Urteil vom 15.05.2008 C-414/06 "Lidl Belgium", BStBl II 2009, 692). Im Einklang mit dieser Rechtsprechung und aufgrund des prinzipiellen Anwendungsvorrangs gemeinschaftlichen Primärrechts vor nationalem Recht kommt ein Abzug der streitigen Betriebsstättenverluste nur dann in Betracht, wenn die Klägerin, die in Italien für den betreffenden Besteuerungszeitraum sowie für frühere Besteuerungszeiträume vorgesehenen Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten tatsächlich ausgeschöpft hat, ggf. durch Übertragung dieser Verluste auf einen Dritten oder ihre Verrechnung mit Gewinnen, die die Betriebsstätte in früheren Zeiträumen erwirtschaftet hat, und wenn keine Möglichkeit besteht, dass die Verluste der Betriebsstätte in Italien für zukünftige Zeiträume von ihr selbst oder von einem Dritten berücksichtigt werden (vgl. EuGH-Urteil vom 13.12.2005 C-446/03 "Marks & Spencer", Slg 2005, I-10387; vom 15.05.2008 C-414/06 "Lidl Belgium", BStBl II 2009, 692; BFH-Urteile vom 09.06.2010 I R 100/09, BStBl II 2010, 1065; vom 09.06.2010I R 107/09, BFH/NV 2010, 1744).

27

In seinem Urteil vom 23.10.2008 (C-157/07 Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt GmbH, IStR 2008, 769) hat der EuGH seine Rechtsprechung präzisiert. Zunächst verweist er darauf, dass die Mitgliedstaaten in Ermangelung gemeinschaftsrechtlicher Vereinheitlichungs- oder Harmonisierungsmaßnahmen dafür zuständig bleiben, die Kriterien für die Besteuerung des Einkommens und des Vermögens festzulegen, um die Doppelbesteuerung ggf. im Vertragswege zu beseitigen. Diese Zuständigkeit beinhaltet auch, dass ein Staat für die Zwecke seines eigenen Steuerrechts nicht verpflichtet sein kann, die eventuell ungünstigen Auswirkungen einer Regelung eines anderen Staates zu berücksichtigen, die auf die im anderen Staat belegene Betriebsstätte anwendbar ist. Eine sich evtl. daraus ergebene Beschränkung der Niederlassungsfreiheit wäre ausschließlich dem Betriebsstättenstaat zuzurechnen (EuGH-Urteil vom 23.10.2008 C-157/07 Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt GmbH, IStR 2008, 769). Es entspricht danach dem gegenwärtigen Stand der Steuerharmonisierung, jedem Mitgliedstaat die Freiheit zu belassen, die ihm abkommensrechtlich zugewiesenen Einkünfte nach Maßgabe seines nationalen Steuerrechts vorzunehmen. Zu dieser Steuerhoheit gehört es auch, den Verlustabzug - sei es durch eine zeitliche Befristung des Verlustvortrags, sei es durch ähnliche Maßnahmen - zu beschränken. Es ist nicht dem Ansässigkeitsstaat zu überantworten, dadurch endgültig unberücksichtigt bleibende Verlustvorträge durch den Abzug jener Verluste auszugleichen (BFH-Urteil vom 09.06.2010 I R 107/09, BFH/NV 2010, 1744).

28

Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Der EuGH hat auch in seinen neuesten Entscheidungen (Urteil vom 21.02.2013 C-123/11 "A Oy", IStR 2013, 239; Urteil vom 07.11.2013 C-322/11 "K", IStR 2013, 913) an diesen Grundsätzen trotz der durch die von den Generalanwälten Kokott und Mengozzi geäußerten Bedenken festgehalten. So kommt das Gericht in dem Verfahren "A Oy" zu dem Ergebnis, dass eine nationale Regelung mit der Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar ist, wenn sie der Muttergesellschaft nicht ermöglicht, nachzuweisen, dass ihre gebietsfremde Tochtergesellschaft die Möglichkeiten der Berücksichtigung dieser Verluste ausgeschöpft hat und dass es keine Möglichkeit gibt, dass diese Verluste im Sitzstaat der Tochtergesellschaft von dieser oder von einem Dritten in künftigen Veranlagungszeiträumen berücksichtigt werden. Der Wertung der Generalanwälte, dass die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit durch die Verweigerung der Übernahme ausländischer Verlustvorträge im Hinblick auf die Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse gerechtfertigt sei, ist der EuGH nicht gefolgt, sondern hat vielmehr seine bisherige Rechtsprechung ohne Einschränkung bestätigt (vgl. Urteil vom 21.02.2013 C-123/11 "A Oy"; vom 07.11.2013 C-322/11 "K"). Dem folgend hat auch der BFH in dem Verfahren I R 48/11 (Urteil vom 05.02.2014, BFH/NV 2014, 963) die Grundsätze der Berücksichtigung "finaler" Verluste einer ausländischen Betriebsstätte beim in einem anderen Staat belegenen Stammhaus als geklärt angesehen und keinen Anlass gesehen, den EuGH erneut zu befassen.

29

3. Auch der vorliegende Sachverhalt weist keine Besonderheiten auf, die Anlass bieten, von den durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen abzuweichen. Sowohl die rechtlichen Gegebenheiten im Betriebsstättenstaat als auch tatsächliche Gründe stehen einer Berücksichtigung der Verluste bei der Klägerin im Streitjahr nicht entgegen.

30

a) Nach den rechtlichen Gegebenheiten im Betriebsstättenstaat wäre ein Verlustabzug möglich gewesen. Verlustabzugsbeschränkungen und -verbote des italienischen Steuerrechts sind für die "Finalität" der geltend gemachten Verluste der Betriebsstätte nicht ausschlaggebend. Hierbei ist es Sache des Steuerpflichtigen, die "finale" Nichtverwertbarkeit der Auslandsverluste im Betriebsstättenstaat nachzuweisen (vgl. BFH-Urteil vom 05.02.2014 I R 48/11, BFH/NV 2014, 963).

31

Nach dem italienischen Unternehmenssteuerrecht können Verluste verrechnet und/oder vorgetragen werden. Art. 84 Abs. 1 des italienischen Steuergesetzes in der jedenfalls seit 2004 gültigen Fassung sieht vor, dass Verluste auf die folgenden fünf Veranlagungszeiträume vorgetragen werden können. Uneingeschränkt vortragbar sind die Verluste, die in den ersten drei Jahren nach der Neugründung eines Unternehmens erwirtschaftete worden sind, soweit diese auf einer neuen produktiven Tätigkeit beruhen (Art. 84 Abs. 2; vgl. Hilpoltstein/Steinmeyer, Grundriss des italienischen Steuerrechts I, 4. Auflage 2010, Seite 32 ff.).

32

Nach diesen Bestimmungen ist eine Verlustverrechnung bzw. ein Verlustvortrag grundsätzlich zulässig. Er konnte jedoch tatsächlich nicht genutzt werden, weil die italienische Betriebsstätte seit der Aufnahme ihrer Tätigkeit in 2004 bis zur Schließung in 2008 durchgängig Verluste erzielt hat. Auch die Begrenzung des Verlustvortrags auf die folgenden fünf Veranlagungszeiträume führt nicht zu einer Einschränkung des Verlustabzugs im vorliegenden Fall, denn danach wäre unabhängig von der Regelung des Art. 84 Abs. 2 ein Verlustvortrag bis in den Veranlagungszeitraum 2009 möglich gewesen. Auf die Änderung der Verlustvortragsregelungen nach italienischem Steuerrecht ab dem Veranlagungszeitraum 2011 kommt es vorliegend nicht an.

33

b) Eine Verlustverwertung war im Betriebsstättenstaat aber auf Grund tatsächlicher Umstände nicht möglich. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist nur als "ultima ratio" die Berücksichtigung "finaler Verluste" einer ausländischen Betriebsstätte beim Stammhaus zuzulassen. Das ist nur dann der Fall, wenn die Verluste im Ausland unbeschadet der dort herrschenden rechtlichen Rahmenbedingungen definitiv keiner anderweitigen Berücksichtigung mehr zugänglich sind. Dies ist unter anderem bei einer endgültigen Aufgabe der Betriebsstätte der Fall (vgl. BFH-Urteil vom 09.06.2010 I R 107/09, BFH/NV 2010, 1744). So liegt der Sachverhalt hier.

34

Die Betriebsstättenverluste sind in dem Streitjahr 2008 definitiv geworden.

35

Die Klägerin hat mit Ablauf des Jahres 2008 ihre Betriebsstätte in Italien aufgegeben.

36

Eine Betriebsstätte entsteht, sobald das Unternehmen beginnt, seine Tätigkeit durch eine feste Geschäftseinrichtung auszuüben; sie hört auf zu bestehen mit der Aufgabe der Verfügungsmacht über die feste Geschäftseinrichtung oder mit der Einstellung jeder durch sie ausgeübten Tätigkeit (BGH-Beschluss vom 13.10.1994 5 StR 134/94, HFR 1995, 476; Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen MA Art. 5 Rn. 56, 579).

37

Die Klägerin hat zum 31.12.2008 ihre Geschäftseinrichtung in Italien geschlossen und übt seit dem ihre Tätigkeit nicht mehr über die feste Geschäftseinrichtung in Italien aus. Dies ergibt sich aus dem Gesellschafterbeschluss vom 09.12.2008, der die Schließung der Niederlassung in Italien zum 31.12.2008 vorsieht. Die Planung für die Schließung war bereits zuvor begonnen worden, so dass unter zeitlichen Gesichtspunkten die Schließung der Betriebstätte in 2008 durchführbar war. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen sind die Mitarbeiter der Niederlassung zum 31.12.2008 gekündigt und bestehende Bankvollmachten gelöscht worden, die Akten wurden nach Hamburg transportiert. Auch wenn die Klägerin eine Bestätigung über die Kündigung der Büroräume nicht vorgelegt hat, so ergibt sich doch aus den weiteren vorgelegten Unterlagen, dass das Mietverhältnis zum 31.12.2008 beendet wurde. Aus der zunächst für Italien gesondert fortgeführten Gewinn- und Verlustrechnung für 2009 ist ersichtlich, dass in 2009 ein Mietaufwand und auch Nebenkosten für Büroräume nicht mehr entstanden sind. Für die von dem Beklagten anfänglich geäußerten Zweifel an der Aufgabe der Betriebsstätte findet sich nach den vorliegenden Unterlagen kein Ansatz mehr. Der Beklagte hat dem entsprechend in der mündlichen Verhandlung die tatsächliche Aufgabe zum 31.12.2008 auch unstreitig gestellt. Die Löschung im steuerlichen Register in Italien im ... 2009 hat für die Aufgabe der Betriebstätte hingegen keine Bedeutung (offen gelassen für eine Tochtergesellschaft FG Niedersachsen Urteil vom 11.02.2010 6 K 406/08, EFG 2010, 815, 820; Gosch in Kirchhof, EStG 13. Aufl. 2014, § 2a Rn. 5c).

38

Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die Betriebsstättenverluste zukünftig im Quellenstaat wird nutzen können. Sie hat nach ihrem nachvollziehbaren Vortrag die Betriebsstätte aufgelöst, weil sie nicht profitabel zu führen war, und sie das Geschäft zukünftig von dem Stammhaus in Deutschland aus weiter betrieben wollte. Eine Übertragung der Betriebsstättenverluste auf einen Dritten war danach ausgeschlossen, denn auf Grund dieser unternehmerischen Entscheidung bestand kein Raum, die Betriebsstätte beispielsweise in eine Kapitalgesellschaft umzuwandeln und so die Verluste ggf. auf einen Dritten zu übertragen oder die (allein) werthaltigen Kundendaten zur Minimierung der Verluste zu nutzen.

39

Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass die Klägerin erneut eine Betriebsstätte in Italien gründen wird. Die Klägerin hat im Erörterungstermin erläutert, dass das Konzept, in den europäischen Ländern Niederlassungen zu führen, bis auf wenige Ausnahmen gescheitert sei, und nunmehr die Geschäfte vom Stammunternehmen aus geführt werden. Sollte dennoch z. B. durch Wiedereröffnung der Betriebsstätte eine Verlustnutzung in der Zukunft erfolgen, dürfte dann allerdings die "Finalität" der Verluste nachträglich entfallen und ein rückwirkendes Ereignis vorliegen, das gemäß § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO eine Bescheidänderung ermöglichen würde (vgl. BFH-Urteil vom 09.06.2010 I R 107/09, BFH/NV 2010, 1744).

40

c) Der Höhe nach sind die Verluste der Jahre 2004 bis 2008, wie von der Klägerin beantragt, zu berücksichtigen.

41

aa) Die Berücksichtigung der "finalen" Verluste der aufgegebenen Betriebsstätte umfasst die Verluste der gesamten Tätigkeitsperiode und beschränkt sich nicht auf den Verlust nur des Jahres der Aufgabe der Betriebsstätte 2008, wie der Beklagte offenbar meint. Eine solche Beschränkung des Verlustabzugs könnte nur aus den steuerrechtlichen Vorschriften des Betriebsstättenstaates hergeleitet werden. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Staat des Stammhauses nicht verpflichtet, die ungünstigen Auswirkungen der steuerlichen Regelungen des Betriebsstättenstaates, insbesondere Verlustabzugsbeschränkungen, auszugleichen (vgl. EuGH-Urteil vom 23.10.2008 C-157/07 Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt GmbH, IStR 2008, 769). Besteht eine solche rechtliche Beschränkung - wie hier - bezogen auf den geltend gemachten Verlust nicht und stehen der Endgültigkeit des Verlustes auch keine tatsächlichen Umstände entgegen, so ist der "final" gewordene Verlust auch der Vorjahre zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 09.06.2010 I R 107/09, BFH/NV 2010, 1744). Der Verlustabzug erfolgt insoweit phasenversetzt im Veranlagungszeitraum der "Finalität", denn auch im Quellenstaat käme ein Verlustabzug zuvor nicht in Betracht (Gosch in Kirchhof, KStG, 13. Aufl. 2014, § 2a Rn. 5b).

42

bb) Der im Fall der "Finalität" zuzulassende Verlustabzug richtet sich der Höhe nach nach den innerstaatlichen Regelungen, denn die Berechnung der Verluste der gebietsfremden Betriebsstätte darf grundsätzlich zu keiner Ungleichbehandlung im Vergleich zu den Berechnungsvorschriften führen, die anwendbar wären, wenn es sich um Verluste einer gebietsansässigen Betriebsstätte handeln würde (vgl. EuGH-Urteil vom 21.02.2013 C-123/11 "A Oy", IStR 2013, 239).

43

Grundsätzlich sind im Rahmen der Doppelbesteuerungsabkommen bei einer Berücksichtigung ausländischer steuerfreier Einkünfte im Rahmen der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat die Einkünfte der Höhe nach vom Ansässigkeitsstaat nach seinem innerstaatlichen Recht zu ermitteln. Denn eine Freistellung von der inländischen Besteuerung oder auch eine Besteuerung kann nur erfolgen, soweit nach deutschem Recht eine sachliche Steuerpflicht besteht (vgl. Wassermeyer, Doppelbesteuerungsabkommen, MA Art. 23 A Rn. 53; BFH-Urteil vom 22.05.1991 I R 32/90, BStBl II 1992, 94).

44

Von diesem Grundsatz ist im vorliegenden Fall schon deshalb nicht abzuweichen, weil eine Gleichbehandlung der steuerrechtlichen Folgen eines inländischen und eines grenzüberschreitenden Sachverhalts - wie sie auf Grund der Rechtsprechung des EuGH gewährleistet werden soll - nur dann erfolgen kann, wenn die Verluste nach dem Steuerrecht des Sitzstaates der übernehmenden Gesellschaft berechnet werden. Das gilt grundsätzlich auch, wenn die Einkünfteermittlung nach deutschem Recht zu höheren negativen Einkünften führt als die Einkünfteermittlung nach dem Recht des Betriebsstättenstaates (BFH-Urteil vom 09.06.2010 I R 100/09, BStBl II 2010, 1065). Ob dieser Grundsatz in jedem Fall anzuwenden ist oder ob Ausnahmen zuzulassen sind, wenn beispielsweise steuerrechtliche Förderreglungen (wie etwa erhöhte Abschreibungen) im Sitzstaat des Stammhauses einen höheren Verlust zur Folge haben (vgl. Schlussantrag der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache C-123/11 "A Oy", IStR 2012, 618) oder wenn - wie hier - auf Grund von Versäumnissen ein steuerrechtlicher Ausgabenabzug im Betriebsstättenstaat nicht ausgeschöpft wurde, kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Die Klägerin macht für das Jahr 2007, in dem sie ihrem Vortrag zufolge eine Frist nach italienischem Steuerrecht versäumt hat und deshalb die Gewinnermittlungen nach deutschem und italienischem Steuerrecht erheblich voneinander abweichen, nur den niedrigeren Verlust nach italienischem Recht gelten. Darüber hinaus bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass steuerrechtliche Förderungsregelungen die Gewinnermittlung beeinflusst haben.

45

Der bis auf 2007 nach deutschem Steuerrecht ermittelte Verlust der italienischen Betriebstätte beläuft sich auf insgesamt ... €. Soweit für 2007 der nach italienischem Recht ermittelte Verlust einbezogen wird, ist dieser jedenfalls nicht höher als nach der deutschen Gewinnermittlung, so dass der zu berücksichtigende Verlust durch den Antrag der Klägerin begrenzt wird. Unabhängig von den Auswirkungen der versäumten Frist zeigen auch die anderen Jahre, dass die deutschen Gewinnermittlungsvorschriften sich meist günstiger für die Klägerin auswirken. Der Höhe nach ist der geltend gemachte Verlust von dem Beklagten nicht bestritten worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Gewinnermittlungen fehlerhaft sind, bestehen nicht.

46

4. Die Körperschaftsteuer 2008 ist danach unter Berücksichtigung der Verluste der italienischen Betriebstätte in Höhe von ... € auf ... € herabzusetzen.

III.

47

Der Beklagte hat nach § 136 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen, soweit er unterlegen ist. Soweit die Klägerin ihren Antrag eingeschränkt hat, sind ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Kostenquote ergibt sich aus dem Verhältnis des Obsiegens und der Einschränkung des Klagebegehrens.

48

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz, Abs. 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

49

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Hamburg Urteil, 06. Aug. 2014 - 2 K 355/12

Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht Hamburg Urteil, 06. Aug. 2014 - 2 K 355/12

Referenzen - Gesetze

Abgabenordnung - AO 1977 | § 175 Änderung von Steuerbescheiden auf Grund von Grundlagenbescheiden und bei rückwirkenden Ereignissen


(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,1.soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,2.soweit ein Ereignis eintritt, das steu
Finanzgericht Hamburg Urteil, 06. Aug. 2014 - 2 K 355/12 zitiert 6 §§.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 175 Änderung von Steuerbescheiden auf Grund von Grundlagenbescheiden und bei rückwirkenden Ereignissen


(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,1.soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,2.soweit ein Ereignis eintritt, das steu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 136


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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Finanzgericht Hamburg Urteil, 06. Aug. 2014 - 2 K 355/12 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

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Bundesfinanzhof Urteil, 05. Feb. 2014 - I R 48/11

bei uns veröffentlicht am 05.02.2014

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH mit einem seinerzeit abweichenden Wirtschaftsjahr zum 28. Februar, deren Geschäftsanteile im

Bundesfinanzhof Urteil, 09. Juni 2010 - I R 100/09

bei uns veröffentlicht am 09.06.2010

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Bundesfinanzhof Urteil, 09. Juni 2010 - I R 107/09

bei uns veröffentlicht am 09.06.2010

Tatbestand 1 A. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, unterhielt bis zum 30. September 2001 Betriebsstätten in Frankreich. Die Bet
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Finanzgericht Nürnberg Urteil, 27. Nov. 2014 - 6 K 866/12

bei uns veröffentlicht am 27.11.2014

Gründe Finanzgericht Nürnberg 6 K 866/12 BFH Revision I R 2/15 Im Namen des Volkes Urteil In dem Rechtsstreit A als ehemalige Gesellschafterin der B - Kläger - gegen ... - Beklagter - B

Finanzgericht Düsseldorf Urteil, 28. Okt. 2014 - 6 K 50/10 K

bei uns veröffentlicht am 28.10.2014

Tenor Die Bescheide zur Körperschaftsteuer 2003 bis 2005 vom 08.10.2007, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.12.2009, werden in der Weise geändert, dass weitere Verluste in Höhe von 134.723 Euro (2003), 42.967 Euro (2004) und 5 294

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Tatbestand

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A. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, unterhielt bis zum 30. September 2001 Betriebsstätten in Frankreich. Die Betriebsstätten erwirtschafteten in den Jahren 1998 bis 2001 --sowohl nach französischen als auch nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften-- Verluste. Die Klägerin hat die Verluste der Streitjahre 2000 und 2001 in Frankreich weder durch einen Verlustrück- noch durch einen Verlustvortrag nutzen können. Die nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften ermittelten Betriebsstättenverluste betrugen 2000 insgesamt 508.584,69 DM (260.035 €) und 2001 insgesamt 515.570,76 DM (263.607 €).

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Die Klägerin macht geltend, die in den Streitjahren erwirtschafteten Betriebsstättenverluste seien in Frankreich "definitiv" geworden; sie seien deswegen nach Maßgabe des Senatsurteils vom 17. Juli 2008 I R 84/04 (BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630) und im Einklang mit der gemeinschaftlichen Rechtslage im jeweiligen Verlustentstehungsjahr von der deutschen Bemessungsgrundlage abzuziehen: Zum einen habe das französische Steuerrecht lediglich einen auf fünf Jahre vortragsfähigen Verlustabzug ermöglicht. Zum anderen habe sie die französischen Betriebsstätten zum 30. September 2001 endgültig aufgegeben. Zur Gesetzeslage in Frankreich hat das Finanzgericht (FG) festgestellt: Nach Art. 209 des Code général des impôts (CGI) konnten Verluste körperschaftsteuerpflichtiger Steuersubjekte bis 2004 fünf Jahre oder, soweit sie aus Abschreibungen stammten, unbegrenzt vorgetragen werden; ab 2004 ist ein Verlustvortrag insgesamt zeitlich unbegrenzt möglich (Art. 209 I CGI). Auf Antrag des Unternehmens ist auch ein dreijähriger Verlustrücktrag zulässig (Art. 220 "quinquies" CGI). Gemäß Art. 209 II CGI können zudem bei einer Fusion oder einer Transaktion, die der Fusion gleichgestellt ist und der Regelung des Art. 210 A CGI unterliegt, frühere Verluste und der Zinsteil nach Art. 212 II Abs. 1 Unterabs. 6 CGI, die noch nicht von der übernommenen oder einbringenden Gesellschaft ausgeglichen wurden, vorbehaltlich einer nach Art. 1649 "nonies" erteilten Zustimmung des Finanzministers auf die übernehmende(n) Gesellschaft(en) übertragen und auf deren spätere Gewinne angerechnet werden. Bei einer Unternehmensspaltung oder der Einbringung nur eines Teils des Aktivvermögens werden die Verluste übertragen, die in den jeweils eingebrachten Geschäftsbereich fallen. Die ministerielle Zustimmung wird erteilt, wenn die Transaktion aus wirtschaftlicher Sicht gerechtfertigt ist und hauptsächlich aus anderen als steuerrechtlichen Gründen durchgeführt wird und wenn die übernehmende(n) Gesellschaft(en) mindestens drei Jahre lang die Geschäftstätigkeit fortführt/fortführen, die zu den Verlusten oder Zinsverpflichtungen geführt hat, deren Übertrag beantragt wird.

3

Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte den Verlustabzug ab. Mit ihrer anschließenden Klage hatte die Klägerin teilweisen Erfolg: Das FG Hamburg sprach ihr durch Urteil vom 18. November 2009  6 K 147/08 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2010, 265) den beanspruchten Verlustabzug zu und bezog die Verluste in die körperschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage ein, rechnete sie sodann jedoch im Rahmen der Ermittlung des Gewerbeertrages als negative Kürzungsbeträge nach § 9 Nr. 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 1999) wieder hinzu.

4

Ihre Revisionen stützen das FA auf Verletzung materiellen und die Klägerin auf Verletzung materiellen sowie zusätzlich formellen Rechts.

5

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das FG-Urteil hinsichtlich der Gewerbesteuermessbeträge 2000 und 2001 aufzuheben und die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide dahin zu ändern, dass für 2000 ein zusätzlicher gewinnmindernder Verlust von 260.035 € und für 2001 ein zusätzlicher gewinnmindernder Verlust von 263.607 € berücksichtigt werden, hilfsweise, dass für 2001 ein zusätzlicher gewinnmindernder Verlust von insgesamt 523.642 € (aus 2000 und aus 2001) berücksichtigt wird.

6

Das FA beantragt sinngemäß, das FG-Urteil hinsichtlich der Körperschaftsteuer 2000 aufzuheben und die Klage vollen Umfangs abzuweisen.

7

Beide Beteiligte beantragen wechselseitig, die Revision des jeweils anderen zurückzuweisen.

8

Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat sich in der Sache dem FA angeschlossen (vgl. auch BMF-Schreiben vom 13. Juli 2009, BStBl I 2009, 835), jedoch keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

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B. Beide Revisionen sind begründet, die Revision des FA ist das in vollem Umfang und diejenige der Klägerin ist das teilweise bezogen auf den Gewerbesteuermessbetrag 2001; im Übrigen ist ihre Revision unbegründet:

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Die Vorinstanz hat zwar zu Recht die Verluste der beiden Auslandsbetriebsstätten bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der Klägerin berücksichtigt. Allerdings hätte das nicht im Streitjahr 2000 geschehen dürfen. Das FA ist deswegen mit seiner Revision gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2000 im Ergebnis erfolgreich. Insoweit ist das FG-Urteil aufzuheben und ist die Klage abzuweisen (nachfolgend I.). Gleichermaßen ist für die Ermittlung der Gewerbeerträge zu verfahren: Der Verlustabzug ist der Klägerin auch insoweit zu ermöglichen, eine "negative Kürzung" gemäß § 9 Nr. 3 GewStG 1999 scheidet aus. Das hat das FG verkannt. Es hat die Klage diesbezüglich für das Streitjahr 2000 im Ergebnis dennoch zu Recht abgewiesen, weil die Verluste in diesem Jahr noch nicht berücksichtigt werden konnten. Für das Streitjahr 2001 ist das anders und ist der Klage mit ihrem Hilfsantrag stattzugeben. Das angefochtene Urteil der Vorinstanz ist infolgedessen hinsichtlich des Gewerbesteuermessbetrages 2001 aufzuheben und der Messbetrag ist insoweit anderweitig festzusetzen (nachfolgend II.).

11

I. Revision des FA wegen Körperschaftsteuer 2000

12

Das FA hat mit seiner Revision im Ergebnis Erfolg.

13

1. Die im Inland ansässige und hier mit ihren sämtlichen Einkünften (vgl. § 1 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG 1999--) unbeschränkt steuerpflichtige Klägerin erwirtschaftete mit ihren in Frankreich belegenen Betriebsstätten im Streitjahr 2000 Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen i.S. von Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 7 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern --DBA-Frankreich-- (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343) in der in den Streitjahren gültigen Fassung. Die Einkünfte aus diesen Betriebsstätten können gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 DBA-Frankreich in Frankreich besteuert werden und sind von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen (Art. 20 Abs. 1 Buchst. a DBA-Frankreich). Die insoweit anzustellende Einkünfteermittlung richtet sich nach deutschem Recht.

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2. Da sich der Begriff der Betriebsstätteneinkünfte auf einen Nettobetrag bezieht, entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, dass auch Betriebsstättenverluste aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind; das gilt auch für die mit Frankreich vereinbarte Abkommenslage. Auf das Senatsurteil in BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630, und die dort (für die parallele Abkommenslage mit Luxemburg) gegebenen weiteren Nachweise wird verwiesen.

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3. Fraglich und unter den Beteiligten streitig ist jedoch, ob die Verluste, die die Klägerin mit ihren französischen Betriebsstätten im Streitjahr 2000 erwirtschaftet hat, gleichwohl in diesem Jahr in Deutschland bei der Gewinnermittlung (§ 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG 1997-- i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999) zu berücksichtigen sind, weil sie sich in Frankreich weder in diesem Jahr noch in den Folgejahren ausgewirkt haben. Das ist mit dem FG und in Einklang mit der Gemeinschaftsrechtslage --hier bei der in Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG), sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997 Nr. C-340, 1), jetzt Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union --AEUV-- i.d.F. des Vertrages von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Amtsblatt der Europäischen Union 2007 Nr. C 306/01), verbürgten freien Wahl der Niederlassung-- zu bejahen; der dem entgegenstehenden Verwaltungspraxis (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 835; Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung vom 19. Februar 2010, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2010, 444) ist nicht beizupflichten.

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a) Wie der Gerichtshof der Europäischen Union, ehemals Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), durch Urteil vom 15. Mai 2008 C-414/06 "Lidl Belgium" (Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692) entschieden hat, verstößt die so verstandene Abkommensregelung im Grundsatz dann nicht gegen die gemeinschaftlichen Grundfreiheiten, wenn die Verluste der in dem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte bei der Besteuerung der Einkünfte dieser Betriebsstätte in jenem Mitgliedstaat für künftige Steuerzeiträume berücksichtigt werden können. Im Einzelnen verweist der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, zur Begründung auf das Urteil des EuGH in Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692. Ein Abzug der (nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts ermittelten) französischen Betriebsstättenverluste im Streitjahr kommt in Einklang mit dem vorzitierten EuGH-Urteil und aufgrund des prinzipiellen Anwendungsvorrangs gemeinschaftlichen Primärrechts (und damit der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten) vor nationalem Recht sonach nur dann in Betracht, wenn die Klägerin die in Frankreich für den betreffenden Besteuerungszeitraum sowie für frühere Besteuerungszeiträume vorgesehenen Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten tatsächlich ausgeschöpft hat, ggf. durch Übertragung dieser Verluste auf einen Dritten oder ihre Verrechnung mit Gewinnen, die die Betriebsstätte in früheren Zeiträumen erwirtschaftet hat, und wenn im Streitjahr keine Möglichkeit besteht, dass die Verluste der Betriebsstätte in Frankreich für künftige Zeiträume von ihr selbst oder von einem Dritten berücksichtigt werden. Dazu hat der EuGH in seinem Urteil vom 23. Oktober 2008 C-157/07 "Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt" (Slg. 2008, I-8061, dort Tz. 48 ff.) weiter präzisiert, dass "in Ermangelung gemeinschaftlicher Vereinheitlichungs- oder Harmonisierungsmaßnahmen die Mitgliedstaaten dafür zuständig bleiben, die Kriterien für die Besteuerung des Einkommens und des Vermögens festzulegen, um die Doppelbesteuerung gegebenenfalls im Vertragswege zu beseitigen ... Diese Zuständigkeit beinhaltet auch, dass ein Staat für die Zwecke seines eigenen Steuerrechts nicht verpflichtet sein kann, die eventuell ungünstigen Auswirkungen der Besonderheiten einer Regelung eines anderen Staates zu berücksichtigen, die auf eine Betriebsstätte anwendbar ist, die in diesem Staat belegen ist und zu einer im erstgenannten Staat ansässigen Gesellschaft gehört ... Selbst wenn man unterstellt, dass das Zusammenwirken der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des Stammhauses der betreffenden Betriebsstätte mit der Besteuerung im Betriebsstättenstaat zu einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit führen kann, ist eine solche Beschränkung ausschließlich dem letztgenannten Staat zuzurechnen", da sich die Beschränkung nicht aus der fraglichen Steuerregelung ergäbe, sondern aus der Aufteilung der Steuerhoheit durch das zwischen den beiden betreffenden Staaten abgeschlossene Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

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Die letzteren Ausführungen hat der EuGH zwar in Zusammenhang mit einem sog. asymmetrischen Konzept des Verlustabzugs getroffen, also einem Konzept, bei welchem Verluste ausländischer Betriebsstätten ungeachtet der Nichterfassung spiegelbildlicher Gewinne im Ansässigkeitsstaat zunächst zum Abzug zugelassen werden, das aber unter dem Vorbehalt einer späteren Nachversteuerung dieser Verluste im Ausmaß nachfolgend anfallender Gewinne der ausländischen Betriebsstätte (als ehemaliger Verlustquelle). Darüber hatte der Senat in seinem Urteil vom 3. Februar 2010 I R 23/09 (DStR 2010, 918, BStBl II 2010, 599) zu entscheiden. Es ist aber prinzipiell kein Grund ersichtlich, jene Situation abweichend von der Situation zu behandeln, bei der der Verlustabzug in "symmetrischer" Weise von vornherein ausgespart bleibt. Hier wie dort bleibt es dabei und entspricht es dem gegenwärtigen Stand der Steuerharmonisierung, jedem Mitgliedstaat die Freiheit zu belassen, die ihm abkommensrechtlich zugewiesenen Einkünfte nach Maßgabe seines nationalen Steuerrechts (in gleichheitsgerechter Weise) vorzunehmen. Zu dieser Steuerhoheit gehört es auch, den Verlustabzug --sei es durch eine zeitliche Befristung des Verlustvortrags, sei es durch ähnliche Maßnahmen-- zu beschränken. Es ist dann hier wie dort aber nicht dem Ansässigkeitsstaat zu überantworten, dadurch endgültig unberücksichtigt bleibende Verlustvorträge durch den Abzug jener Verluste auszugleichen (im Ergebnis ebenso z.B. Cordewener, Internationale Wirtschafts-Briefe --IWB-- Fach 11, Gruppe 2, 989; Gosch in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 2a Rz 5; derselbe, BFH/PR 2009, 16 und 2010, 274; Lamprecht, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2008, 766; Schulz-Trieglaff, Steuern und Bilanzen 2009, 260, 263; Herkenroth/Striegel in Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG und KStG, § 2a EStG Rz 10; Wagner, Der Konzern 2009, 235, 240; Lühn, Betriebs-Berater --BB-- 2009, 90, 92; Lavrelashvili/Müller, Europäisches Wirtschafts- & Steuerrecht 2009, 164, 167; Köhler in Kessler/Förster/Watrin [Hrsg.], Unternehmensbesteuerung, Festschrift für Herzig, 2010, S. 953 ff., 960, 979 f.; s. auch Senatsurteil in DStR 2010, 918; anders z.B. Haslehner, Steuer und Wirtschaft International 2008, 561; Hohenwarter, Verlustverwertung im Konzern, 2010, S. 327 f.; Knipping, IStR 2009, 275; Breuninger/Ernst, DStR 2009, 1981; Ditz/Plansky, Der Betrieb 2009, 1669, 1671; zweifelnd Jü. Lüdicke/Braunagel in Lüdicke/Kempf/Brink [Hrsg.], Verluste im Steuerrecht, 2010, S. 181 f.).

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b) Anders verhält es sich indessen dann, wenn nicht die Verlustabzugsbeschränkungen und -verbote desjenigen Mitgliedstaates für die "Finalität" der fraglichen Verluste ausschlaggebend sind, sondern wenn dies --wenn auch unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Quellenstaat-- auf tatsächliche Gegebenheiten zurückzuführen ist. Das ist zwar nicht bereits dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige eine ihm rechtlich mögliche Verlustverwertung, beispielsweise mittels Rücktrags oder Vortrags, oder ihm anderweitig leichthin mögliche wirtschaftlich vernünftige Verwertungshandlungen, unterlässt. Der EuGH erwähnt zu letzterem die Möglichkeit der Übertragung der Verluste auf einen Dritten (EuGH-Urteile in Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692; vom 13. Dezember 2005 C-446/03 "Marks and Spencer", Slg. 2005, I-10837, Tz. 55). Er gibt damit zu erkennen, dass er die Verlustverrechnung im Ansässigkeitsstaat als ultima ratio ansieht (vgl. Hohenwarter, a.a.O., S. 521; Mayr, BB 2008, 1816). Das ist indessen der Fall, wenn die Verluste im Ausland unbeschadet der dort herrschenden rechtlichen Rahmenbedingungen definitiv keiner anderweitigen Berücksichtigung mehr zugänglich sind (z.B. Hohenwarter, a.a.O., S. 523 ff.; Schnitger, IWB Fach 11 Gruppe 2, 829, 835; v. Brocke, DStR 2008, 2201; Gosch, BFH/PR 2009, 16, und 2010, 274). So kann es sich bei einer Betriebsstätte etwa unter jenen tatsächlichen Umständen verhalten, welche in § 2a Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 2 EStG 1997 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) tatbestandlich aufgeführt sind, also bei Umwandlung der Auslandsbetriebsstätte in eine Kapitalgesellschaft, ihrer entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung oder ihrer endgültigen Aufgabe. Für diese Fälle unterstellt das Gesetz eine "Endgültigkeit" der betreffenden Verluste. Dies geschieht zwar in anderem Zusammenhang des (früheren) asymmetrischen Abzugs von Auslandsverlusten mit potentieller Nachversteuerung im Gewinnfall nach § 2a Abs. 3 EStG a.F. Gleichermaßen liegen die Dinge aber, wenn in Fällen der Umwandlung, des Verkaufs oder der Übertragung oder der Aufgabe der Betriebsstätte eine zukünftige Verlustnutzung in Einklang mit dem ausländischen Steuerrecht definitiv ausgeschlossen ist. Nur dann macht die Rechtsprechung des EuGH --prinzipielle Akzeptanz der sog. Symmetriethese mit der Ausnahme des Abzugs "finaler" Verluste im Ansässigkeitsstaat-- "Sinn". Würde die "Finalität" jener Verluste auch unter dergleichen Umständen versagt, liefe die besagte Rechtsprechung von vornherein leer. Das aber kann nicht unterstellt werden und widerspräche auch den insoweit klaren Äußerungen des EuGH in Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692.

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Ob und unter welchen Voraussetzungen vermieden werden kann, dass die Verluste ggf. mehrfach abgezogen werden, falls im Quellenstaat in den Folgejahren doch noch eine Verlustberücksichtigung in Betracht kommt (beispielsweise für den Fall einer späteren Neubegründung einer Betriebsstätte in jenem Staat unter Weiternutzung der in der Vergangenheit aufgelaufenen Verluste), kann im Streitfall dahinstehen; der vom FG festgestellte Sachverhalt ergibt dafür keinen Anhalt. Der Senat weist aber darauf hin, dass unter einer derartigen Gegebenheit die "Finalität" der Verluste nachträglich entfiele und ein rückwirkendes Ereignis vorliegen dürfte, das über § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung eine Bescheidänderung ermöglicht.

20

c) Für den Streitfall bedeutet dies, dass die in Rede stehenden Verluste der französischen Betriebsstätten trotz der abkommensrechtlich vereinbarten "Symmetrie" der Einkünfteabgrenzung zwischen Deutschland und Frankreich in Deutschland bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind. Die im Streitjahr entstandenen Verluste konnten zwar nach Maßgabe des vom FG bindend (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) festgestellten französischen Steuerrechts unter bestimmten --und von der Klägerin prinzipiell erfüllten-- Voraussetzungen für maximal drei Jahre rück- und für maximal fünf Jahre vorgetragen werden. Das FG hat jedoch ebenfalls bindend festgestellt, dass ein hiernach grundsätzlich möglicher Verlustrücktrag angesichts der Ertragssituation der Klägerin in den Vorjahren scheiterte. Ebenso wenig konnte sie in den nachfolgenden Veranlagungszeiträumen den ihr grundsätzlich eingeräumten Verlustvortrag wahrnehmen. Ein solcher Verlustvortrag ist dadurch faktisch "unterlaufen" worden, dass die Betriebsstätten bereits im September 2001 --einem weiteren Verlustjahr-- endgültig aufgegeben worden sind. Es sind also nicht die Verlustabzugsregelungen des französischen Steuerrechts, die die "Finalität" des Verlustabzugs endgültig herbeiführen, sondern es ist dies in Art einer "überholenden Kausalität" die tatsächliche Gegebenheit der Betriebsstättenaufgabe. Diese ist aber für den ausnahmsweisen Verlustabzug im Ansässigkeitsstaat maßgeblich.

21

4. Dieser Verlustabzug richtet sich uneingeschränkt nach den dafür einschlägigen innerstaatlichen Regelungen. Allerdings bedeutet das noch nicht, dass die Verluste, welche im Streitjahr 2000 entstanden sind, auch in jenem Jahr zu berücksichtigen wären. Dafür könnten zwar der Grundsatz der Leistungsfähigkeit und die Gleichbehandlung mit gleichgelagerten Inlandssachverhalten sprechen. Doch sind beide Aspekte infolge der abkommensrechtlich vereinbarten und gemeinschaftlich konsentierten "Symmetrie" der Freistellung auch von Verlusten für das Verlustentstehungsjahr im Ansässigkeitsstaat gewissermaßen suspendiert. So gesehen kann es auf der Basis der sog. Symmetriethese für den ausnahmsweisen Verlustabzug im Ansässigkeitsstaat nur auf jenen Veranlagungszeitraum ankommen, in welchem die Verluste tatsächlich "final" geworden sind (ebenso FG Düsseldorf, Urteil vom 8. September 2009  6 K 308/04 K, EFG 2010, 389; vgl. auch z.B. Mayr in Lang/Schuch/Saringer/ Stefaner [Hrsg.], Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 2007, S. 24; Englisch, IStR 2008, 404; Gosch, BFH/PR 2008, 302 und 491; de Weerth, IStR 2008, 405; anders z.B. Ditz/Plansky, DB 2009, 1669; Intemann, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB-- 2009, 3092; Breuninger/Ernst, DStR 2009, 1981; Schnitger, IWB Fach 11 Gruppe 2, 829; Sedemund, DB 2008, 1120; Sedemund/ Wegner, DB 2008, 2565; von Brocke, DStR 2008, 2201, Rehm/ Nagler, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 2008, 1175; Mayr, BB 2008, 1816; Roser, Die Unternehmensbesteuerung --Ubg-- 2010, 30, 33 f.). Das korrespondiert wiederum damit, dass andernfalls --bei einem ausgenutzten Verlustvortrag im Betriebsstättenstaat in einem dem Verlustentstehungsjahr nachfolgenden Veranlagungszeitraum-- ebenfalls eine Verlustberücksichtigung nur in diesem späteren Veranlagungszeitraum gegriffen hätte, nicht aber im Veranlagungszeitraum der Verlustentstehung. Die vom FG befürchtete Doppelberücksichtigung der betreffenden negativen Ergebnisse, einmal über den Verlustabzug im "Finalitätsjahr" und ein anderes Mal über einen negativen Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997 im Entstehungsjahr, droht bei einer solchen Handhabung im Regelfall schon deswegen nicht, weil § 2a Abs. 1 und § 32b Abs. 1 Nr. 3 letzter Halbsatz EStG 1997 eine Berücksichtigung der nach Abkommensrecht "symmetrisch" freigestellten negativen Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts weitgehend sperrt; überdies scheidet ein derartiger Vorbehalt bei einer Kapitalgesellschaft, wie vorliegend die Klägerin, wegen des für diese geltenden linearen Steuersatzes ohnehin aus. Schließlich erleichtert die "phasenverschobene" Verlustberücksichtigung im "Finalitätsjahr" die praktische Handhabung des durch den gemeinschaftsrechtlichen Anwendungsvorrang bedingten ausnahmsweisen Abzugs der finalen Auslandsverluste, die ja an sich im Gegensatz zu den Rechtsregeln des deutschen Steuerrechts steht (zu dem sich anderweitig stellenden Praxisproblem s. Roser, Ubg 2010, 30, 34). Dass die finalen Verluste nicht gesondert nach § 10d Abs. 4 EStG 1997 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999 festgestellt worden sind, widerspricht dem nicht; es gibt keinen gemeinschaftsrechtlich gebotenen Zwang, verbleibende Auslandsverlustvorträge gesondert festzustellen. Eine solche gesonderte Feststellung auch "finaler" verbleibender ausländischer Verlustvorträge käme aus Gründen der Gleichbehandlung mit verbleibenden Inlandsverlusten allenfalls von jenem Veranlagungszeitraum an in Betracht, in dem die "Finalität" erstmals feststeht, eine vollständige Verlustnutzung jedoch in diesem Veranlagungszeitraum aufgrund fehlender positiver Einkünfte ausgeschlossen ist. Eine solche Situation ist vorliegend nach Lage der Dinge ebenso wenig zu beurteilen wie die Situation verbleibender Auslandsverlustvorträge aufgrund eines (erstmaligen) Wechsels in die unbeschränkte Steuerpflicht, über die der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 24. Februar 2010 IX R 57/09 (DStR 2010, 693) zu entscheiden hatte.

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5. Legt man dies zugrunde, war das Urteil der Vorinstanz, die dazu eine abweichende Rechtsauffassung vertreten hat, insoweit aufzuheben. Die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2000 ist abzuweisen.

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II. Revision der Klägerin wegen Gewerbesteuermessbeträgen 2000 und 2001

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Auch die Klägerin hat mit ihrer Revision Erfolg, das aber nur, soweit sich diese Hilfsanträglich gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2001 richtet.

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1. Gemäß § 7 Satz 1 GewStG 1999 ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt oder vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG 1999 bezeichneten Beträge. Der Gewerbeertrag entspricht somit, abgesehen von den gewerbesteuerlichen Zu- und Abrechnungen, grundsätzlich dem Gewinn aus Gewerbebetrieb, der der Bemessung der Einkommen- und Körperschaftsteuer zugrunde zu legen ist. Zur Bemessungsgrundlage der Einkommen- und Körperschaftsteuer und damit auch zum Gewerbeertrag gehören nicht Einnahmen, die entweder unter keine Einkunftsart fallen oder aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften als steuerfrei behandelt werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12. Januar 1978 IV R 84/74, BFHE 124, 204, BStBl II 1978, 267; Senatsurteil vom 8. Mai 1991 I R 33/90, BFHE 165, 191, BStBl II 1992, 437). Dies gilt nur dann nicht, wenn sich unmittelbar aus dem Gewerbesteuergesetz etwas anderes ergibt oder soweit die steuerbefreiende Vorschrift mit dem besonderen Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer nicht in Einklang steht (vgl. BFH-Urteile in BFHE 124, 204, BStBl II 1978, 267; vom 24. Oktober 1990 X R 64/89, BFHE 163, 42, BStBl II 1991, 358; in BFHE 165, 191, BStBl II 1992, 437; vom 3. April 2008 IV R 54/04, BFHE 220, 495, BStBl II 2008, 742, jeweils m.w.N.).

26

2. Auf dieser Basis sind die in Rede stehenden Auslandsverluste auch in die Ermittlung des Gewerbeertrages einzubeziehen.

27

Die Klägerin unterliegt als im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft der Gewerbesteuer zwar nur, soweit sie ihren Gewerbebetrieb im Inland betreibt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG 1999). Als Konsequenz der Begrenzung des Objekts der Gewerbesteuer auf das Inland bestimmt § 9 Nr. 3 GewStG 1999, dass die zur Berechnung des Gewerbeertrags führende Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um den Teil des Gewerbeertrags des inländischen Unternehmens gekürzt wird, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt. Dabei kann der Teil des Gewerbeertrags, um den die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen zu kürzen ist, ein auf eine ausländische Betriebsstätte entfallender Gewinn, aber auch ein darauf entfallender Verlust sein; in § 9 Nr. 3 GewStG 1999 verwirklicht sich also für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrages eine spezielle symmetrische Freistellung positiver wie negativer Betriebsstättenergebnisse (vgl. Gosch in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 9 GewStG Rz 220, m.w.N.).

28

Dieser speziellen (und unilateralen) gewerbesteuerlichen Freistellung bedarf es nicht, wenn die abkommensrechtlich (also bilateral) vereinbarte symmetrische Freistellung im Rahmen der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens greift; jene Freistellung wirkt sich dann bereits über § 7 Satz 1 GewStG 1999 (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999) auf die Ermittlung des Gewerbeertrages aus. Anders verhält es sich dann, wenn kein Abkommen oder ein solches mit der Vermeidung der Doppelbesteuerung durch Anrechnung oder wenn ein Abkommen mit Freistellung vereinbart wurde, wenn aber zugleich die gemeinschaftlichen Grundfreiheiten die Einbeziehung "finaler" Auslandsbetriebsstättenverluste bei der Gewinnermittlung erzwingen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, die gemeinschaftlichen Erfordernisse und deren Anwendungsvorrang unter diesen Umständen nicht auch auf die Gewerbesteuer durchschlagen zu lassen. Der strukturelle Inlandsbezug der Gewerbesteuer und damit das Territorialitätsprinzip widersprechen dem schon deswegen nicht, weil sich die Ausgangslagen dort und bei zwischenstaatlicher Vereinbarung der Freistellungsmethode nicht unterscheiden (s. auch EuGH-Urteil in Slg. 2005, I-10837, Tz. 39 f.). Denn hier wie dort werden Auslandseinkünfte prinzipiell "symmetrisch" bei der Einkünfte- und Gewerbeertragsermittlung abgeschirmt; dementsprechend sind sowohl die Körperschaft- als auch die Gewerbesteuern gleichermaßen in den sachlichen Geltungsbereich der Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, vorliegend nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b und Buchst. e DBA-Frankreich, einbezogen. Vor diesem Hintergrund geht es darum, die "finalen" Auslandsverluste unbeschadet ihrer Freistellung --gleichviel, auf welcher Rechtsgrundlage diese beruht, ob auf einer DBA-Freistellung oder gewinnkorrigierend durch negative Kürzung gemäß § 9 Nr. 3 GewStG 1999-- einmal zum Abzug zuzulassen; sie sollen nicht im "steuerlichen Niemandsland" verschwinden und werden deshalb für den Ansässigkeitsstaat unabhängig von ihrer territorialen Verursachung wie Inlandsverluste behandelt. Das gilt für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens, nicht weniger aber für die daran anknüpfende Ermittlung des Gewerbeertrages (s. zur gemeinschaftlichen Gleichbehandlung der Gewerbeertragsteuer auch Senatsurteil vom 3. Februar 2010 I R 21/06, IStR 2010, 403, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Mit der seitens der Finanzverwaltung aufgeworfenen --und vom FG bestätigten-- Frage der (sog. umgekehrten) Inländergleichbehandlung im engeren Sinne (s. dazu bezogen auf die Gewerbesteuer BFH-Urteil vom 18. September 2003 X R 2/00, BFHE 203, 263, BStBl II 2004, 17; s. auch Senatsbeschluss vom 15. Juli 2005 I R 21/04, BFHE 210, 43, BStBl II 2005, 716) hat das nichts zu tun, ebenso wenig mit der Situation einer auf das Inland bezogenen konzernierten Besteuerung, über die der EuGH in der Sache "X-Holding" im Urteil vom 25. Februar 2010 C-337/08 (DStR 2010, 427) zu befinden hatte. Ziel ist es vielmehr allein, die Beschränkungen, welche mit den bilateral (über die "Symmetriethese") oder auch unilateral (vgl. § 2a EStG 1997) bedingten Aussparungen von Auslandseinkünften verbunden sind, ausnahmsweise und unbeschadet des Territorialitätsprinzips zu durchbrechen (ebenso Schön, IStR 2004, 289, 294; Roser, Ubg 2010, 30, 38 ff.).

29

3. Gleichermaßen wie bei der Körperschaftsteuer sind die betreffenden Auslandsverluste aber nur im Erhebungszeitraum 2001 als dem maßgeblichen "Finalitäts-Erhebungszeitraum" einzubeziehen. Das betrifft sowohl jene Verluste, welche in 2001, als auch jene Verluste, welche in 2000 erwirtschaftet wurden; auf den "Entstehungs-Erhebungszeitraum" kommt es insoweit nicht an. Im Einzelnen ist auf die Ausführungen unter B.I.3. zu verweisen.

30

4. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Vorinstanz im Ergebnis für das Streitjahr 2000 richtig entschieden hat, obwohl die von ihr vertretene Rechtsauffassung von jener des erkennenden Senats in der Sache abweicht. Für das Streitjahr 2001 war das FG-Urteil jedoch aufzuheben und ist der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid insoweit nach Maßgabe der Urteilsgründe und im Rahmen des von der Klägerin gestellten Hilfsantrags --die kumulierte Berücksichtigung der Betriebsstättenverluste aus 2000 ebenso wie aus 2001-- abzuändern. Die Ermittlung und Berechnung des festzusetzenden Messbetrages wird dem FA überlassen (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

31

III. Der Senat erachtet die aufgezeigte Gemeinschaftsrechtslage sowohl im Hinblick auf die Körperschaftsteuer als auch auf die Gewerbesteuer in Anbetracht der zitierten Ausführungen des EuGH als eindeutig (s. bereits Senatsurteil in DStR 2010, 918). Einer (abermaligen) Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 AEUV bedurfte es deshalb nicht (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 "C.I.L.F.I.T.", EuGHE 1982, 3415).

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Holding-GmbH, war im Streitjahr 1999 organschaftlich mit der K-GmbH verbunden. Die K-GmbH unterhielt (u.a.) eine Betriebsstätte in Frankreich, die im Streitjahr einen Verlust erwirtschaftet hatte. Die Klägerin macht geltend, dieser Verlust sei in Frankreich teilweise "definitiv" geworden; er sei deswegen nach Maßgabe des Senatsurteils vom 17. Juli 2008 I R 84/04 (BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630) und im Einklang mit der gemeinschaftlichen Rechtslage im Streitjahr von der deutschen Bemessungsgrundlage abzuziehen: Das französische Steuerrecht ermögliche lediglich einen auf fünf Jahre vortragsfähigen Verlustabzug. Infolgedessen hätte der im Streitjahr entstandene Verlust der Betriebsstätte nur zu einem geringen Teil im Jahre 2004 verrechnet werden können und sei der überwiegende Teil bei der endgültigen Einstellung der Betriebsstättentätigkeit im Jahre 2005 untergegangen. Im Einzelnen berechnet die Klägerin den hiernach bis 2004 nicht mehr verrechenbaren und in 2005 "definitiv" gewordenen Verlust aus dem Streitjahr --insoweit vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) unbeanstandet-- nach Maßgabe der französischen Gewinnermittlungsvorschriften mit 45 281,40 € und nach Maßgabe der deutschen Gewinnermittlungsvorschriften mit 57 899,50 €; der letztere Betrag sei bei der K-GmbH und damit im Ergebnis bei ihr, der Klägerin, als Organträgerin im Streitjahr zu berücksichtigen.

2

Das FA lehnte dies ab. Auch mit der anschließenden Klage hatte die Klägerin keinen Erfolg (Finanzgericht --FG-- Düsseldorf, Urteil vom 8. September 2009  6 K 308/04 K, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2010, 389).

3

Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 1999 dahin zu ändern, dass der Betriebsstättenverlust in Höhe von 57.899 € abgezogen wird.

4

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

5

Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat sich in der Sache dem FA angeschlossen (vgl. auch BMF-Schreiben vom 13. Juli 2009, BStBl I 2009, 835), jedoch keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision ist unbegründet.

7

1. Die im Inland ansässige und hier mit ihren sämtlichen Einkünften (vgl. § 1 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG--) unbeschränkt steuerpflichtige K-GmbH erwirtschaftete aus ihrer in Frankreich belegenen Betriebsstätte im Streitjahr Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen i.S. von Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 7 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern --DBA-Frankreich-- (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343) in der im Streitjahr gültigen Fassung. Die Einkünfte aus dieser Betriebsstätte können gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 DBA-Frankreich in Frankreich besteuert werden und sind von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen (Art. 20 Abs. 1 Buchst. a DBA-Frankreich).

8

2. Da sich der Begriff der Betriebsstätteneinkünfte auf einen Nettobetrag bezieht, entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, dass auch Betriebsstättenverluste aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind; das gilt auch für die mit Frankreich vereinbarte Abkommenslage. Auf das Senatsurteil in BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630, und die dort (für die parallele Abkommenslage mit Luxemburg) gegebenen weiteren Nachweise wird verwiesen. Die insoweit anzustellende Einkünfteermittlung richtet sich nach deutschem Recht, und zwar auch dann, wenn die in Rede stehenden negativen Einkünfte sich hiernach --wie im Streitfall-- auf einen höheren Betrag belaufen als nach Maßgabe des ausländischen (hier des französischen) Steuerrechts.

9

3. Fraglich und unter den Beteiligten streitig ist jedoch, ob die Verluste, die die K-GmbH mit ihrer französischen Betriebsstätte im Streitjahr erwirtschaftet hat, gleichwohl in diesem Jahr in Deutschland bei der Gewinnermittlung (§ 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG 1997-- i.V.m. § 8 Abs. 1, §§ 14 ff. KStG 1999) zu berücksichtigen sind, weil sie sich in Frankreich weder in diesem Jahr noch in den Folgejahren ausgewirkt haben. Das ist mit dem FG und in Einklang mit der Gemeinschaftsrechtslage --hier bei der in Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG), sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997 Nr. C-340, 1), jetzt Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) i.d.F. des Vertrages von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Amtsblatt der Europäischen Union 2007 Nr. C 306/01), verbürgten freien Wahl der Niederlassung-- sowie der Verwaltungspraxis (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 835) zu verneinen.

10

a) Wie der Gerichtshof der Europäischen Union, ehemals Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), durch Urteil vom 15. Mai 2008 C-414/06 "Lidl Belgium" (Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692) entschieden hat, verstößt die so verstandene Abkommensregelung im Grundsatz dann nicht gegen die gemeinschaftlichen Grundfreiheiten, wenn die Verluste der in dem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte bei der Besteuerung der Einkünfte dieser Betriebsstätte in jenem Mitgliedstaat für künftige Steuerzeiträume berücksichtigt werden können. Im Einzelnen verweist der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, zur Begründung auf das Urteil des EuGH in Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692. Ein Abzug der (nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts ermittelten) französischen Betriebsstättenverluste im Streitjahr kommt in Einklang mit dem vorzitierten EuGH-Urteil und aufgrund des prinzipiellen Anwendungsvorrangs gemeinschaftlichen Primärrechts (und damit der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten) vor nationalem Recht sonach nur dann in Betracht, wenn die Klägerin die in Frankreich für den betreffenden Besteuerungszeitraum sowie für frühere Besteuerungszeiträume vorgesehenen Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten tatsächlich ausgeschöpft hat, ggf. durch Übertragung dieser Verluste auf einen Dritten oder ihre Verrechnung mit Gewinnen, die die Betriebsstätte in früheren Zeiträumen erwirtschaftet hat, und wenn im Streitjahr keine Möglichkeit besteht, dass die Verluste der Betriebsstätte in Frankreich für künftige Zeiträume von ihr selbst oder von einem Dritten berücksichtigt werden. Dazu hat der EuGH in seinem Urteil vom 23. Oktober 2008 C-157/07 "Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt" (Slg. 2008, I-8061, dort Tz. 48 ff.) weiter präzisiert, dass "in Ermangelung gemeinschaftlicher Vereinheitlichungs- oder Harmonisierungsmaßnahmen die Mitgliedstaaten dafür zuständig bleiben, die Kriterien für die Besteuerung des Einkommens und des Vermögens festzulegen, um die Doppelbesteuerung gegebenenfalls im Vertragswege zu beseitigen ... Diese Zuständigkeit beinhaltet auch, dass ein Staat für die Zwecke seines eigenen Steuerrechts nicht verpflichtet sein kann, die eventuell ungünstigen Auswirkungen der Besonderheiten einer Regelung eines anderen Staates zu berücksichtigen, die auf eine Betriebsstätte anwendbar ist, die in diesem Staat belegen ist und zu einer im erstgenannten Staat ansässigen Gesellschaft gehört ... Selbst wenn man unterstellt, dass das Zusammenwirken der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des Stammhauses der betreffenden Betriebsstätte mit der Besteuerung im Betriebsstättenstaat zu einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit führen kann, ist eine solche Beschränkung ausschließlich dem letztgenannten Staat zuzurechnen", da sich die Beschränkung nicht aus der fraglichen Steuerregelung ergäbe, sondern aus der Aufteilung der Steuerhoheit durch das zwischen den beiden betreffenden Staaten abgeschlossene Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

11

Die letzteren Ausführungen hat der EuGH zwar in Zusammenhang mit einem sog. asymmetrischen Konzept des Verlustabzugs getroffen, also einem Konzept, bei welchem Verluste ausländischer Betriebsstätten ungeachtet der Nichterfassung spiegelbildlicher Gewinne im Ansässigkeitsstaat zunächst zum Abzug zugelassen werden, das aber unter dem Vorbehalt einer späteren Nachversteuerung dieser Verluste im Ausmaß nachfolgend anfallender Gewinne der ausländischen Betriebsstätte (als ehemaliger Verlustquelle). Darüber hatte der Senat in seinem Urteil vom 3. Februar 2010 I R 23/09 (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2010, 918, BStBl II 2010, 599) zu entscheiden. Es ist aber kein Grund ersichtlich, jene Situation abweichend von derjenigen Situation zu behandeln, bei der der Verlustabzug in "symmetrischer" Weise von vornherein ausgespart bleibt. Hier wie dort bleibt es dabei und entspricht es dem gegenwärtigen Stand der Steuerharmonisierung, jedem Mitgliedstaat die Freiheit zu belassen, die ihm abkommensrechtlich zugewiesenen Einkünfte nach Maßgabe seines nationalen Steuerrechts (in gleichheitsgerechter Weise) vorzunehmen. Zu dieser Steuerhoheit gehört es auch, den Verlustabzug --sei es durch eine zeitliche Befristung des Verlustvortrags, sei es durch ähnliche Maßnahmen-- zu beschränken. Es ist dann hier wie dort aber nicht dem Ansässigkeitsstaat zu überantworten, dadurch endgültig unberücksichtigt bleibende Verlustvorträge durch den Abzug jener Verluste auszugleichen (im Anschluss an das EuGH-Urteil in Slg. 2008, I-8061; im Ergebnis ebenso z.B. Cordewener, Internationale Wirtschafts-Briefe Fach 11, Gruppe 2, 989; Gosch in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 2a Rz 5; derselbe, BFH/PR 2009, 16, und 2010, 274; Lamprecht, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2008, 766; Schulz-Trieglaff, Steuern und Bilanzen 2009, 260, 263; Herkenroth/Striegel in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG und KStG, § 2a EStG Rz 10; Wagner, Der Konzern 2009, 235, 240; Lühn, Betriebs-Berater 2009, 90, 92; Lavrelashvili/Müller, Europäisches Wirtschafts- & Steuerrecht 2009, 164, 167; Köhler in Kessler/Förster/Watrin [Hrsg.], Unternehmensbesteuerung, Festschrift für Herzig, 2010, S. 953 ff., 960, 979 f.; s. auch Senatsurteil in DStR 2010, 918; anders z.B. Haslehner, Steuer und Wirtschaft International 2008, 561; Hohenwarter, Verlustverwertung im Konzern, 2010, S. 327 f.; Knipping, IStR 2009, 275; Breuninger/Ernst, DStR 2009, 1981; Ditz/Plansky, Der Betrieb 2009, 1669, 1671; s. auch FG Hamburg, Urteil vom 18. November 2009  6 K 147/08, IStR 2010, 109; zweifelnd Jü. Lüdicke/ Braunagel in Lüdicke/Kempf/Brink [Hrsg.], Verluste im Steuerrecht, 2010, S. 181 f.); das entspricht insoweit auch der Verwaltungspraxis (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 835; Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung vom 19. Februar 2010, DStR 2010, 444).

12

b) Für den Streitfall bedeutet dies, dass die in Rede stehenden Verluste der französischen Betriebsstätte aufgrund der abkommensrechtlich vereinbarten "Symmetrie" der Einkünfteabgrenzung zwischen Deutschland und Frankreich in Deutschland nicht zu berücksichtigen sind. Ob ein anderes Ergebnis geboten wäre, wenn die Verluste (nur) infolge der Aufgabe der Betriebsstätte in Frankreich im Jahre 2005 "endgültig" geworden wären, braucht nicht entschieden zu werden; die im Streitjahr entstandenen Verluste sind nach den insoweit bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) Feststellungen der Vorinstanz nicht wegen der Einstellung der Betriebsstättentätigkeit in Frankreich im Jahre 2005 "endgültig" geworden, sondern deswegen, weil das französische Steuerrecht einen auf fünf Jahre begrenzten Verlustvortrag vorsah und dieser Zeitraum für die Verluste aus 1999 spätestens im Jahre 2004, also bereits vor der Aufgabe der Betriebsstätte, abgelaufen war. Prinzipiell stand der K-GmbH der Verlustabzug also in anderen Jahren als dem Verlustjahr zu, er verbot sich lediglich konkret aus Gründen der verwirklichten Gegebenheiten des Einzelfalles.

13

Es bedarf in Anbetracht dieser Sachlage gleichermaßen keiner Entscheidung darüber, in welchem Jahr --dem Verlustentstehungsjahr oder aber demjenigen Jahr, in dem die besagten Verluste "endgültig" werden-- ein etwaiger Verlustabzug im Ansässigkeitsstaat ermöglicht werden muss. Ebenfalls mag dahinstehen, ob ein etwaiger verbleibender Vortrag des ausländischen Betriebsstättenverlustes in die Feststellung nach Maßgabe des § 10d Abs. 4 EStG 1997 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999 einzubeziehen wäre (vgl. dazu --allerdings für die Konstellation von Auslandsverlusten eines in Deutschland weder unbeschränkt noch beschränkt Steuerpflichtigen-- Bundesfinanzhof, Urteil vom 24. Februar 2010 IX R 57/09, DStR 2010, 693).

14

c) Der Senat erachtet die aufgezeigte Gemeinschaftsrechtslage auch (s. bereits Senatsurteil in DStR 2010, 918) für diejenige Konstellation, um die es im Streitfall geht, in Anbetracht der zitierten Ausführungen des EuGH als eindeutig. Einer (abermaligen) Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 AEUV bedurfte es deshalb nicht (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 "C.I.L.F.I.T.", EuGHE 1982, 3415).

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH mit einem seinerzeit abweichenden Wirtschaftsjahr zum 28. Februar, deren Geschäftsanteile im Streitjahr 1999 zu 60 v.H. von der R-GmbH --zugleich einem Zuliefererbetrieb der Klägerin-- und zu jeweils 20 v.H. von den Brüdern P gehalten wurden. Sie betrieb das Großhandelsgeschäft mit italienischen Eisspezialitäten und mit dem Zubehör für den Betrieb von Eiscafés. Im Jahre 1996 gründete sie eine Zweigniederlassung in Belgien, deren Aufbau sie mit einem Darlehen der R-GmbH finanzierte. Für die Niederlassung erstellte die Klägerin eine gesonderte Buchführung, deren Ergebnisse in den deutschen Jahresabschluss eingingen. Als Ergebnisse der belgischen Betriebstätte berücksichtigte die Klägerin in ihren deutschen Jahresabschlüssen für den Veranlagungszeitraum 1997 aus dem Wirtschaftsjahr 1996/1997 einen Verlust in Höhe von 88.816 DM und im Veranlagungszeitraum 1998 aus dem Wirtschaftsjahr 1997/1998 einen Verlust in Höhe von 354.514 DM. Insoweit fand die Regelung in § 2a Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG 1997) Anwendung, die letztmals für den Veranlagungszeitraum 1998 anzuwenden war (vgl. § 52 Abs. 3 Satz 1 EStG 1997 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 [BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304], nachfolgend § 52 Abs. 3 Satz 2 EStG 1997 i.d.F. des Gesetzes zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften --Steuerbereinigungsgesetz 1999-- vom 22. Dezember 1999 --EStG 1997 n.F.-- [BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13], jetzt § 52 Abs. 3 Satz 4 EStG 2009), jeweils i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1999).

2

Durch Kaufvertrag vom 12. November 1998 veräußerte die Klägerin das Betriebsvermögen ihrer belgischen Niederlassung rückwirkend zum 31. August 1998 an eine belgische Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der Naamloze vennootschap, deren Gesellschafter ebenfalls die Gebrüder P waren. In ihrer Gewinnermittlung für das Rumpfwirtschaftsjahr 1998/1999 berücksichtigte die Klägerin aus dem Wirtschaftsjahr vom 1. März bis 31. August 1998 aus der belgischen Betriebstätte gewinnmindernd einen laufenden Verlust in Höhe von 169.708 DM und einen Veräußerungsverlust in Höhe von 504.523 DM, ferner Zinszahlungen aus dem Aufbaudarlehen in Höhe von 39.286 DM; diese Zahlungen hatte sie nicht der gesonderten Buchführung der belgischen Betriebstätte zugeordnet.

3

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte es ab, im Streitjahr die Verluste aus der belgischen Betriebstätte zu berücksichtigen. Sie seien sämtlich nach Maßgabe von Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 sowie Art. 13 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und zur Regelung verschiedener Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließlich der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 11. April 1967 --DBA-Belgien-- (BGBl II 1969, 18, BStBl I 1969, 39) von der deutschen Besteuerung auszunehmen.

4

Die Klage gegen den hiernach geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1999 war erfolgreich. Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) gab ihr durch Urteil vom 16. Juni 2011  6 K 445/09 statt und hob den Änderungsbescheid auf; das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 2088 abgedruckt.

5

Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

7

Dem Revisionsverfahren ist das Bundesministerium der Finanzen (BMF) beigetreten. Es hat sich in der Sache dem FA angeschlossen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet.

9

1. Die im Inland ansässige und hier mit ihren sämtlichen Einkünften (vgl. § 1 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 KStG 1999) unbeschränkt steuerpflichtige Klägerin erwirtschaftete mit ihrer in Belgien belegenen Betriebstätte im Streitjahr Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen i.S. von Art. 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 DBA-Belgien. Die Einkünfte aus der Betriebstätte können gemäß Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA-Belgien sowie --betreffend die Gewinne aus der Betriebstättenveräußerung-- gemäß Art. 13 Abs. 2 DBA-Belgien in Belgien besteuert werden und sind nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 DBA-Belgien als aus Belgien stammende Einkünfte in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) von der Steuer befreit. Die insoweit anzustellende Einkünfteermittlung richtet sich nach deutschem Recht.

10

2. Da sich der Begriff der Betriebstätteneinkünfte auf einen Nettobetrag bezieht, entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, dass nicht nur Betriebstättengewinne, sondern ebenso Betriebstättenverluste aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind. Das gilt auch für die mit Belgien vereinbarte Abkommenslage. Zwar weicht diese von der Regelungsfassung in Art. 23 Abs. 1 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen ab; denn danach "nimmt" der Ansässigkeitsstaat die betreffenden Einkünfte unter den gegebenen Umständen "von der Besteuerung aus", während sie nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 DBA-Belgien "von der Steuer befreit" sind. Doch bedingt die unterschiedliche Formulierung keine unterschiedliche rechtliche Behandlung der Verluste. Deutlich wird das nicht zuletzt anhand von Nr. 14 des zum DBA-Belgien ergangenen Schlussprotokolls vom 11. April 1967 (BGBl II 1969, 46, BStBl I 1969, 49), wo unter Bezugnahme auf Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 DBA-Belgien ausdrücklich die Steuerfreistellung der Verluste aus in dem jeweils anderen Vertragsstaat liegenden Betriebstätten angesprochen wird. Der Senat nimmt deswegen, um Wiederholungen zu vermeiden, beispielhaften Bezug auf seine Urteile vom 17. Juli 2008 I R 84/04 (BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630) und vom 3. Februar 2010 I R 23/09 (BFHE 228, 305, BStBl II 2010, 599), beide für die Abkommenslage mit Luxemburg, und vom 9. Juni 2010 I R 107/09 (BFHE 230, 35), dort für die Abkommenslage mit Frankreich, sowie seinen Beschluss vom 29. November 2006 I R 45/05 (BFHE 216, 149, BStBl II 2007, 398), dort für die Abkommenslage mit Österreich (s. auch FG Köln, Urteil vom 13. März 2013  10 K 2067/12, EFG 2013, 1430).

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3. Letzteres --die Bezugnahme auf das Senatsurteil in BFHE 230, 35-- gilt gleichermaßen für die unter den Beteiligten kontroverse Frage danach, ob die in Belgien erlittenen, aber nach deutschem Steuerrecht ermittelten und ihrer Höhe nach unstreitigen Verluste als sog. finale Verluste in Deutschland trotz der prinzipiellen Freistellung ausnahmsweise abzugsfähig sind, weil sie in Belgien definitiv nicht mehr verwertet werden können und deswegen die unionsrechtlich verbürgte Niederlassungsfreiheit (nach Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des Vertrags von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften und einiger damit zusammenhängender Rechtsakte --EG--, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997, Nr. C-340, 1, jetzt Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft --AEUV--, Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- 2008, Nr. C-115, 47) ihre Berücksichtigung in Deutschland als dem Ansässigkeitsstaat einfordert; jenem Staat wird für diesen Fall die "Ausfallbürgschaft" für die Abzugsfähigkeit der andernfalls gänzlich unberücksichtigt bleibenden Verluste abverlangt. Der Senat hat eine derartige Abzugsnotwendigkeit für Sachverhalte angenommen, in welchen der Betriebstättenverlust aus tatsächlichen Gründen nicht mehr berücksichtigt werden kann, beispielsweise bei der entgeltlichen Übertragung der Betriebstätte, also der Situation des Streitfalls. Er hat sich dabei auf die einschlägige Spruchpraxis des Gerichtshofs der Europäischen Union (früher Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften) --EuGH-- (namentlich in dessen Urteil vom 15. Mai 2008, Lidl Belgium, C-414/06, Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692) gestützt, und er sieht sich daran durch die Folgeentscheidungen des EuGH bestätigt. Insbesondere im Urteil vom 21. Februar 2013, A, C-123/11 (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2013, 392), hat er seine Spruchpraxis bekräftigt, und nichts anderes ergibt sich aus der jüngsten Entscheidung, dem Urteil vom 7. November 2013, K, C-322/11 (DStR 2013, 2441). Gegenläufige Erwartungen, welche in beiden Verfahren durch die jeweiligen Schlussanträge der Generalanwältin Kokott (vom 19. Juli 2012, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2012, 618) sowie des Generalanwalts Mengozzi (vom 21. März 2013, IStR 2013, 312) und der darin zum Ausdruck gekommenen Fundamentalkritik an der Spruchpraxis zu den sog. finalen Verlusten geschürt worden sind (s. aus wissenschaftlicher Sicht dagegen unter dem Aspekt des sog. Folgerichtigkeitsgebots grundlegend auch Karrenbrock, Die steuerliche Berücksichtigung ausländischer Betriebstättenverluste im Inland, 2013, S. 162 ff. und passim), haben sich hingegen nicht erfüllt; der EuGH hat sich den Schlussanträgen in beiden Fällen erklärtermaßen --in "geradezu stoischer Manier" (so Henze, Internationale Steuer-Rundschau --ISR-- 2013, 381, 383)-- nicht angeschlossen, vielmehr seine bisherigen Rechtsstandpunkte vollauf beibehalten. Nichts anderes gilt, was das EuGH-Urteil vom 25. Februar 2010, X Holding, C-337/08 (Slg. 2010, I-1215) anbelangt; soweit vor allem die Finanzverwaltung darin ein Abrücken des Gerichtshofs von der vorgängigen Rechtsprechung zu erkennen glaubte (vgl. z.B. Benecke/Staats, IStR 2010, 668; Schulz-Trieglaff, ISR 2013, 216; Mitschke, Finanz-Rundschau 2011, 24), hat sich das nicht bewahrheitet (s.a. Gosch in Kirchhof, EStG, 13. Aufl., § 2a Rz 5 und 5a, m.w.N.). Der Senat hat dieserhalb nach allem keinen Grund, nun seinerseits seine Rechtsprechung, welche auf der EuGH-Judikatur aufbaut, in Frage zu stellen oder abermals den EuGH gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV anzurufen; die einschlägigen Rechtsfragen sind geklärt (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982, C.I.L.F.I.T., Rs. 283/81, Slg. 1982, 3415; s.a. Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 2a Rz 5a, m.w.N.).

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4. Der tatrichterlich festgestellte und den Senat bindende (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) Sachverhalt des Streitfalls veranlasst ebenfalls nicht zu einer abweichenden Einschätzung.

13

a) Zwar ist es Sache des Steuerpflichtigen, die "finale" Nichtverwertbarkeit der Auslandsverluste im Betriebstättenstaat nachzuweisen. Das aber ist nach den Feststellungen des FG zum belgischen Steuerrecht geschehen. Allerdings lassen sich die streitgegenständlichen Betriebstättenverluste danach womöglich bei einem neuerlichen Engagement der Klägerin in Belgien in irgendeiner Weise --beispielsweise durch Wiedereröffnung einer Betriebstätte-- steuerlich zukünftig effektuieren. Doch ist de facto nichts dafür dargetan oder ersichtlich, und das ist angesichts des Streitjahres und der vergangenen Zeit auch eher unwahrscheinlich. Sollte sich eine derartige Verlustnutzung dennoch ergeben haben oder noch ergeben, böte das deutsche allgemeine Abgabenrecht vermittels § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) die verfahrensrechtliche Handhabe, dem rückwirkend Rechnung zu tragen; auch dazu ist auf das Senatsurteil in BFHE 230, 35 zu verweisen. Dem vom FA und dem beigetretenen BMF ins Feld geführten Argument, allein die nach belgischem Steuerrecht rechtlich bestehende abstrakte Möglichkeit einer künftigen Verlustnutzung genüge, um eine "Finalität" der Verluste im unionsrechtlichen Sinne auszuschließen, folgt der Senat jedenfalls dann nicht, wenn eine solche Möglichkeit nur "auf dem Papier steht" und keinen Bezug zu den tatsächlichen Gegebenheiten aufweist und deswegen aus tatsächlichen Gründen so gut wie ausgeschlossen ist. Dass der Verlustabzug im anderen Vertragsstaat aus rechtlicher --und aus unionsrechtlich damit prinzipiell unbeachtlicher (vgl. dazu EuGH-Urteil vom 23. Oktober 2008, Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt, C-157/07, Slg. 2008, I-8061, sowie im Anschluss daran z.B. Senatsurteil in BFHE 228, 305, BStBl II 2010, 599)- Sicht nicht gänzlich ausgeschlossen ist, tritt dann für die Frage nach der endgültigen Unverwertbarkeit der ausländischen Verluste zurück (vgl. umfassend und m.w.N. Hohenwarter, Verlustverwertung im Konzern, 2010, S. 522 ff.).

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b) Ebensowenig bietet der festgestellte Sachverhalt Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin sich vermittels des Verkaufs ihrer belgischen Betriebstätte "willkürlich" oder "freiwillig" in die ihr unter den gegebenen Umständen steuerlich günstige Situation "finaler" Verluste begeben hätte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Betriebstättenverkauf im Rahmen der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit aus betriebswirtschaftlicher Notwendigkeit erfolgt ist. Soweit das FA in der mündlichen Verhandlung insoweit einen "Beliebigkeitsfaktor" angesprochen hat, ist das deshalb nicht weiterführend. Missbräuchlichen oder beliebigen Transaktionen der beteiligten Steuerpflichtigen, um "finale Verluste" zu generieren, unterfallen --wie sonst auch-- dem allgemeinen abgabenrechtlichen Missbrauchsvorbehalt (§ 42 AO). Gibt die zu beurteilende Sachverhaltsgestaltung aber dafür nichts her, besteht kein Grund, die Berücksichtigung "finaler Verluste" unter einen allgemeinen Missbrauchsvorbehalt zu stellen (s. auch Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 2a Rz 5a; Hufeld, Die Unternehmensbesteuerung 2011, 504; s. auch Eisenbarth, Grenzüberschreitende Verlustverrechnung als Kerngebiet des Europäischen Steuerrechts, 2011, S. 224 ff., S. 234 ff., jeweils m.w.N.; Hohenwarter, a.a.O., S. 417, S. 524 f.). Für den Streitfall hat das FA in diese Richtung denn auch keine belastbaren Mutmaßungen angestellt. Dass der Verkauf der Betriebstätte an eine konzernverbundene Gesellschaft erfolgt ist, gibt für sich genommen dafür jedenfalls keine Handhabe. Und ohnehin bleibt zu berücksichtigen, dass die Vertragsbeteiligten im Streitjahr 1999 kaum in der Lage gewesen sein dürften, die erst Jahre später entwickelte Spruchpraxis des EuGH zu den sog. finalen Verlusten zu antizipieren und ihre Gestaltungen vorgreiflich danach auszurichten. Schon das allein widerspricht entsprechenden Annahmen.

15

5. Da die in Rede stehenden Verluste solche des Streitjahres sind, stellt sich schließlich nicht die Frage, ob das Streitjahr auch das Abzugsjahr im Sinne des sog. Finalitätsjahres ist (s. auch dazu Senatsurteil in BFHE 230, 35, sowie Senatsbeschluss vom 9. November 2010 I R 16/10, BFHE 231, 554). Der Verlustabzug aus der Veräußerung der Betriebstätte ist folglich im Streitjahr aus Gründen unionsrechtlicher Anforderungen unabhängig davon zu gewährleisten, dass der deutsche Gesetzgeber im Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerrecht bedauerlicherweise bislang davon abgesehen hat, einschlägige Abzugsvorschriften zu schaffen.

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6. Der Senat hat allerdings erwogen, ob es unbeschadet dessen und der danach konstatierten Berücksichtigung der in Rede stehenden Verluste als "finale" dennoch eines weiteren Abwartens bedürfte, bis der EuGH in der ihm vorliegenden (dänischen) Rechtssache C-48/13, Nordea Bank Danmark A/S (ABlEU 2013, Nr. C-101, 11) entscheidet. Diese Erwägung schlägt jedoch nicht durch.

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a) In jener beim EuGH anhängigen Rechtssache geht es um die "asymmetrische" Situation der Nachbesteuerung nach vorherigem Verlustabzug, wie sie bis zum Veranlagungszeitraum 1998 (s. § 52 Abs. 3 Satz 2 EStG 1997 n.F., jetzt § 52 Abs. 3 Satz 4 EStG 2009) in § 2a Abs. 3 und 4 EStG 1997 (a.F.) auch in Deutschland geregelt war. Die Vorlagefrage des dänischen Gerichts (des Østre Landsret) geht in diesem Zusammenhang dahin, ob "Art. 49 AEUV i.V.m. Art. 54 AEUV (früher Art. 43 i.V.m. Art. 48 EG) und Art. 31 des EWR-Abkommens i.V.m. Art. 34 einen Mitgliedstaat, der einer gebietsansässigen Gesellschaft den laufenden Abzug von Verlusten einer in einem anderen Mitgliedstaat gelegenen Betriebstätte gestattet, an einer vollständigen Nachbesteuerung der Verluste der Betriebstätte (in dem Umfang, in dem ihnen keine Gewinne in späteren Jahren entsprechen) bei der genannten Gesellschaft (hindern), wenn die Betriebstätte geschlossen wird und in diesem Zusammenhang ein Teil ihres Geschäfts an eine verbundene Gesellschaft übertragen wird, die im gleichen Staat wie die Betriebstätte ansässig ist, und davon auszugehen ist, dass die Möglichkeiten der Berücksichtigung der betreffenden Verluste ausgeschöpft sind". Doch ist diese Situation nach den tatrichterlichen Feststellungen im Streitfall nicht einschlägig.

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aa) Zwar hat die Klägerin danach mit ihrer belgischen Betriebstätte in den Vorjahren (laufende) Verluste (im Wirtschaftsjahr 1996/1997 in Höhe von 88.816 DM und im Wirtschaftsjahr 1997/1998 in Höhe von 354.514 DM) erwirtschaftet, welche nach Maßgabe des genannten § 2a Abs. 3 EStG 1997 (a.F.) in den jeweiligen Wirtschaftsjahren auf Antrag vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen worden waren (vgl. dazu auch Nr. 14 des zum DBA-Belgien ergangenen Schlussprotokolls vom 11. April 1967, BGBl II 1969, 46, BStBl I 1969, 49). Diese abgezogenen Verluste wären aber wohl nach § 2a Abs. 4 EStG 1997 in dessen zwischenzeitlich geänderten, vom Veranlagungszeitraum 1999 an geltenden Fassung des § 52 Abs. 3 Satz 5 EStG 1997 n.F. (jetzt § 52 Abs. 3 Satz 7 EStG 2009), jeweils i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999, nachzuversteuern. Mit jener Regelungsfassung hat der Gesetzgeber nämlich --um etwaigen Ausweggestaltungen vorzubeugen-- (Ersatz-)Tatbestände geschaffen, u.a. in § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG 1997 in der vorgenannten Fassung. Wird eine in einem ausländischen Staat belegene Betriebstätte entgeltlich übertragen, ist danach ein nach § 2a Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG 1997 abgezogener Betriebstättenverlust im Veranlagungszeitraum der Übertragung dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen (vgl. dazu bereits Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2008 I R 96/05, BFH/NV 2009, 744). Das betrifft nach den tatrichterlichen Feststellungen auch den Streitfall und gilt letztlich unabhängig davon, dass die in Rede stehenden (laufenden) Verluste des Streitjahres (in Höhe von insgesamt 713.517 DM) aus unionsrechtlichen Gründen infolge "Finalität" als solche abziehbar sind (vgl. auch Schiefer, ISR 2013, 220, 224).

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bb) Indessen ist § 2a Abs. 4 i.d.F. von § 52 Abs. 3 Satz 5 EStG 1997 in der vorgenannten Fassung "für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2005" anzuwenden und damit für das Streitjahr nicht anwendbar. Denn im Streitfall erfolgte die Betriebstättenveräußerung bereits am 12. November 1998 mit Wirkung zum 31. August 1998. Dass der Veräußerungsverlust dennoch dem Veranlagungszeitraum 1999 zuzurechnen ist, liegt allein an dem abweichenden Wirtschaftsjahr der Klägerin zum 28. Februar, ändert aber nichts daran, dass die Hinzurechnung nach § 2a Abs. 4 EStG 1997 --in Einklang mit dem Berechnungsschema, wie dies in R 29 Abs. 1 Satz 2 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 2008 (i.V.m. R 2 Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR 2008--, s.a. R 3 EStR 1996) wiedergegeben ist, und in Einklang auch mit der aktenkundigen Rechtsauffassung der Betriebsprüfung des FA-- außerhalb der steuerlichen Gewinnermittlung bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte (vgl. dazu § 2 Abs. 3 EStG 1997) vorzunehmen ist. Im Streitfall betrifft das die steuerliche Gewinnermittlung für das Wirtschaftsjahr 1997/1998 und damit den zum Ende des Veranlagungszeitraums 1998 zu berechnenden Gesamtbetrag der Einkünfte. Für diesen Zeitpunkt war aber --letztmals (vgl. § 52 Abs. 3 Satz 4 EStG 1997 n.F.)-- noch § 2a Abs. 3 und 4 EStG 1997 (a.F.) und (noch) nicht die neukonzipierte Hinzurechnungsvorschrift anzuwenden, und wohl deswegen ist auf eine etwaige veräußerungsbedingte Hinzurechnung der zuvor abgezogenen laufenden Betriebstättenverluste bei der Klägerin seitens des FA denn auch verzichtet worden (obschon das u.U. auch auf Basis der früheren Regelung des § 2a Abs. 4 EStG 1997 (a.F.) nicht von vornherein ausgeschlossen gewesen wäre, vgl. dazu Probst in Flick/ Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 2a EStG Rz 569; Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 2a Rz 56, jeweils m.w.N.; zum "untechnischen" Verständnis des in § 2a Abs. 4 EStG 1997 (a.F.) verwendeten Begriffs der Umwandlung einer Betriebstätte s. auch bereits Bundesfinanzhof, Urteil vom 30. April 1991 VIII R 68/86, BFHE 165, 46, BStBl II 1991, 873). Dass nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG 1997 der Gewinn des abweichenden Wirtschaftsjahres als in dem Kalenderjahr bezogen gilt, in dem das Wirtschaftsjahr endet, und dass Letzteres in dasjenige Kalenderjahr fällt, nach dessen Ablauf die Einkommensteuer nach § 25 Abs. 1 EStG 1997 --als den maßgebenden Veranlagungszeitraum-- veranlagt wird, wirkt sich sonach auf die erstmalige Anwendung von § 2a Abs. 4 EStG 1997 i.d.F. von § 52 Abs. 3 Satz 5 EStG 1997 n.F. (jetzt § 52 Abs. 3 Satz 7 EStG 2009) nicht aus.

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b) Konsequenz all dessen ist, dass die Abzugsfähigkeit der "finalen Verluste" nach Maßgabe des unter zuvor (unter II.5.) Gesagten uneingeschränkt erhalten bleibt. Der Umfang der abzugsfähigen Verluste wird nicht durch damit zu saldierende Hinzurechnungsbeträge nach § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG 1997 i.d.F. von § 52 Abs. 3 Satz 5 EStG 1997 n.F. (jetzt § 52 Abs. 3 Satz 7 EStG 2009) aus Anlass der Betriebstättenveräußerung geschmälert.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Holding-GmbH, war im Streitjahr 1999 organschaftlich mit der K-GmbH verbunden. Die K-GmbH unterhielt (u.a.) eine Betriebsstätte in Frankreich, die im Streitjahr einen Verlust erwirtschaftet hatte. Die Klägerin macht geltend, dieser Verlust sei in Frankreich teilweise "definitiv" geworden; er sei deswegen nach Maßgabe des Senatsurteils vom 17. Juli 2008 I R 84/04 (BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630) und im Einklang mit der gemeinschaftlichen Rechtslage im Streitjahr von der deutschen Bemessungsgrundlage abzuziehen: Das französische Steuerrecht ermögliche lediglich einen auf fünf Jahre vortragsfähigen Verlustabzug. Infolgedessen hätte der im Streitjahr entstandene Verlust der Betriebsstätte nur zu einem geringen Teil im Jahre 2004 verrechnet werden können und sei der überwiegende Teil bei der endgültigen Einstellung der Betriebsstättentätigkeit im Jahre 2005 untergegangen. Im Einzelnen berechnet die Klägerin den hiernach bis 2004 nicht mehr verrechenbaren und in 2005 "definitiv" gewordenen Verlust aus dem Streitjahr --insoweit vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) unbeanstandet-- nach Maßgabe der französischen Gewinnermittlungsvorschriften mit 45 281,40 € und nach Maßgabe der deutschen Gewinnermittlungsvorschriften mit 57 899,50 €; der letztere Betrag sei bei der K-GmbH und damit im Ergebnis bei ihr, der Klägerin, als Organträgerin im Streitjahr zu berücksichtigen.

2

Das FA lehnte dies ab. Auch mit der anschließenden Klage hatte die Klägerin keinen Erfolg (Finanzgericht --FG-- Düsseldorf, Urteil vom 8. September 2009  6 K 308/04 K, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2010, 389).

3

Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 1999 dahin zu ändern, dass der Betriebsstättenverlust in Höhe von 57.899 € abgezogen wird.

4

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

5

Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat sich in der Sache dem FA angeschlossen (vgl. auch BMF-Schreiben vom 13. Juli 2009, BStBl I 2009, 835), jedoch keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision ist unbegründet.

7

1. Die im Inland ansässige und hier mit ihren sämtlichen Einkünften (vgl. § 1 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG--) unbeschränkt steuerpflichtige K-GmbH erwirtschaftete aus ihrer in Frankreich belegenen Betriebsstätte im Streitjahr Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen i.S. von Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 7 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern --DBA-Frankreich-- (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343) in der im Streitjahr gültigen Fassung. Die Einkünfte aus dieser Betriebsstätte können gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 DBA-Frankreich in Frankreich besteuert werden und sind von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen (Art. 20 Abs. 1 Buchst. a DBA-Frankreich).

8

2. Da sich der Begriff der Betriebsstätteneinkünfte auf einen Nettobetrag bezieht, entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, dass auch Betriebsstättenverluste aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind; das gilt auch für die mit Frankreich vereinbarte Abkommenslage. Auf das Senatsurteil in BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630, und die dort (für die parallele Abkommenslage mit Luxemburg) gegebenen weiteren Nachweise wird verwiesen. Die insoweit anzustellende Einkünfteermittlung richtet sich nach deutschem Recht, und zwar auch dann, wenn die in Rede stehenden negativen Einkünfte sich hiernach --wie im Streitfall-- auf einen höheren Betrag belaufen als nach Maßgabe des ausländischen (hier des französischen) Steuerrechts.

9

3. Fraglich und unter den Beteiligten streitig ist jedoch, ob die Verluste, die die K-GmbH mit ihrer französischen Betriebsstätte im Streitjahr erwirtschaftet hat, gleichwohl in diesem Jahr in Deutschland bei der Gewinnermittlung (§ 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG 1997-- i.V.m. § 8 Abs. 1, §§ 14 ff. KStG 1999) zu berücksichtigen sind, weil sie sich in Frankreich weder in diesem Jahr noch in den Folgejahren ausgewirkt haben. Das ist mit dem FG und in Einklang mit der Gemeinschaftsrechtslage --hier bei der in Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG), sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997 Nr. C-340, 1), jetzt Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) i.d.F. des Vertrages von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Amtsblatt der Europäischen Union 2007 Nr. C 306/01), verbürgten freien Wahl der Niederlassung-- sowie der Verwaltungspraxis (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 835) zu verneinen.

10

a) Wie der Gerichtshof der Europäischen Union, ehemals Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), durch Urteil vom 15. Mai 2008 C-414/06 "Lidl Belgium" (Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692) entschieden hat, verstößt die so verstandene Abkommensregelung im Grundsatz dann nicht gegen die gemeinschaftlichen Grundfreiheiten, wenn die Verluste der in dem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte bei der Besteuerung der Einkünfte dieser Betriebsstätte in jenem Mitgliedstaat für künftige Steuerzeiträume berücksichtigt werden können. Im Einzelnen verweist der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, zur Begründung auf das Urteil des EuGH in Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692. Ein Abzug der (nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts ermittelten) französischen Betriebsstättenverluste im Streitjahr kommt in Einklang mit dem vorzitierten EuGH-Urteil und aufgrund des prinzipiellen Anwendungsvorrangs gemeinschaftlichen Primärrechts (und damit der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten) vor nationalem Recht sonach nur dann in Betracht, wenn die Klägerin die in Frankreich für den betreffenden Besteuerungszeitraum sowie für frühere Besteuerungszeiträume vorgesehenen Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten tatsächlich ausgeschöpft hat, ggf. durch Übertragung dieser Verluste auf einen Dritten oder ihre Verrechnung mit Gewinnen, die die Betriebsstätte in früheren Zeiträumen erwirtschaftet hat, und wenn im Streitjahr keine Möglichkeit besteht, dass die Verluste der Betriebsstätte in Frankreich für künftige Zeiträume von ihr selbst oder von einem Dritten berücksichtigt werden. Dazu hat der EuGH in seinem Urteil vom 23. Oktober 2008 C-157/07 "Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt" (Slg. 2008, I-8061, dort Tz. 48 ff.) weiter präzisiert, dass "in Ermangelung gemeinschaftlicher Vereinheitlichungs- oder Harmonisierungsmaßnahmen die Mitgliedstaaten dafür zuständig bleiben, die Kriterien für die Besteuerung des Einkommens und des Vermögens festzulegen, um die Doppelbesteuerung gegebenenfalls im Vertragswege zu beseitigen ... Diese Zuständigkeit beinhaltet auch, dass ein Staat für die Zwecke seines eigenen Steuerrechts nicht verpflichtet sein kann, die eventuell ungünstigen Auswirkungen der Besonderheiten einer Regelung eines anderen Staates zu berücksichtigen, die auf eine Betriebsstätte anwendbar ist, die in diesem Staat belegen ist und zu einer im erstgenannten Staat ansässigen Gesellschaft gehört ... Selbst wenn man unterstellt, dass das Zusammenwirken der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des Stammhauses der betreffenden Betriebsstätte mit der Besteuerung im Betriebsstättenstaat zu einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit führen kann, ist eine solche Beschränkung ausschließlich dem letztgenannten Staat zuzurechnen", da sich die Beschränkung nicht aus der fraglichen Steuerregelung ergäbe, sondern aus der Aufteilung der Steuerhoheit durch das zwischen den beiden betreffenden Staaten abgeschlossene Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

11

Die letzteren Ausführungen hat der EuGH zwar in Zusammenhang mit einem sog. asymmetrischen Konzept des Verlustabzugs getroffen, also einem Konzept, bei welchem Verluste ausländischer Betriebsstätten ungeachtet der Nichterfassung spiegelbildlicher Gewinne im Ansässigkeitsstaat zunächst zum Abzug zugelassen werden, das aber unter dem Vorbehalt einer späteren Nachversteuerung dieser Verluste im Ausmaß nachfolgend anfallender Gewinne der ausländischen Betriebsstätte (als ehemaliger Verlustquelle). Darüber hatte der Senat in seinem Urteil vom 3. Februar 2010 I R 23/09 (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2010, 918, BStBl II 2010, 599) zu entscheiden. Es ist aber kein Grund ersichtlich, jene Situation abweichend von derjenigen Situation zu behandeln, bei der der Verlustabzug in "symmetrischer" Weise von vornherein ausgespart bleibt. Hier wie dort bleibt es dabei und entspricht es dem gegenwärtigen Stand der Steuerharmonisierung, jedem Mitgliedstaat die Freiheit zu belassen, die ihm abkommensrechtlich zugewiesenen Einkünfte nach Maßgabe seines nationalen Steuerrechts (in gleichheitsgerechter Weise) vorzunehmen. Zu dieser Steuerhoheit gehört es auch, den Verlustabzug --sei es durch eine zeitliche Befristung des Verlustvortrags, sei es durch ähnliche Maßnahmen-- zu beschränken. Es ist dann hier wie dort aber nicht dem Ansässigkeitsstaat zu überantworten, dadurch endgültig unberücksichtigt bleibende Verlustvorträge durch den Abzug jener Verluste auszugleichen (im Anschluss an das EuGH-Urteil in Slg. 2008, I-8061; im Ergebnis ebenso z.B. Cordewener, Internationale Wirtschafts-Briefe Fach 11, Gruppe 2, 989; Gosch in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 2a Rz 5; derselbe, BFH/PR 2009, 16, und 2010, 274; Lamprecht, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2008, 766; Schulz-Trieglaff, Steuern und Bilanzen 2009, 260, 263; Herkenroth/Striegel in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG und KStG, § 2a EStG Rz 10; Wagner, Der Konzern 2009, 235, 240; Lühn, Betriebs-Berater 2009, 90, 92; Lavrelashvili/Müller, Europäisches Wirtschafts- & Steuerrecht 2009, 164, 167; Köhler in Kessler/Förster/Watrin [Hrsg.], Unternehmensbesteuerung, Festschrift für Herzig, 2010, S. 953 ff., 960, 979 f.; s. auch Senatsurteil in DStR 2010, 918; anders z.B. Haslehner, Steuer und Wirtschaft International 2008, 561; Hohenwarter, Verlustverwertung im Konzern, 2010, S. 327 f.; Knipping, IStR 2009, 275; Breuninger/Ernst, DStR 2009, 1981; Ditz/Plansky, Der Betrieb 2009, 1669, 1671; s. auch FG Hamburg, Urteil vom 18. November 2009  6 K 147/08, IStR 2010, 109; zweifelnd Jü. Lüdicke/ Braunagel in Lüdicke/Kempf/Brink [Hrsg.], Verluste im Steuerrecht, 2010, S. 181 f.); das entspricht insoweit auch der Verwaltungspraxis (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 835; Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung vom 19. Februar 2010, DStR 2010, 444).

12

b) Für den Streitfall bedeutet dies, dass die in Rede stehenden Verluste der französischen Betriebsstätte aufgrund der abkommensrechtlich vereinbarten "Symmetrie" der Einkünfteabgrenzung zwischen Deutschland und Frankreich in Deutschland nicht zu berücksichtigen sind. Ob ein anderes Ergebnis geboten wäre, wenn die Verluste (nur) infolge der Aufgabe der Betriebsstätte in Frankreich im Jahre 2005 "endgültig" geworden wären, braucht nicht entschieden zu werden; die im Streitjahr entstandenen Verluste sind nach den insoweit bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) Feststellungen der Vorinstanz nicht wegen der Einstellung der Betriebsstättentätigkeit in Frankreich im Jahre 2005 "endgültig" geworden, sondern deswegen, weil das französische Steuerrecht einen auf fünf Jahre begrenzten Verlustvortrag vorsah und dieser Zeitraum für die Verluste aus 1999 spätestens im Jahre 2004, also bereits vor der Aufgabe der Betriebsstätte, abgelaufen war. Prinzipiell stand der K-GmbH der Verlustabzug also in anderen Jahren als dem Verlustjahr zu, er verbot sich lediglich konkret aus Gründen der verwirklichten Gegebenheiten des Einzelfalles.

13

Es bedarf in Anbetracht dieser Sachlage gleichermaßen keiner Entscheidung darüber, in welchem Jahr --dem Verlustentstehungsjahr oder aber demjenigen Jahr, in dem die besagten Verluste "endgültig" werden-- ein etwaiger Verlustabzug im Ansässigkeitsstaat ermöglicht werden muss. Ebenfalls mag dahinstehen, ob ein etwaiger verbleibender Vortrag des ausländischen Betriebsstättenverlustes in die Feststellung nach Maßgabe des § 10d Abs. 4 EStG 1997 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999 einzubeziehen wäre (vgl. dazu --allerdings für die Konstellation von Auslandsverlusten eines in Deutschland weder unbeschränkt noch beschränkt Steuerpflichtigen-- Bundesfinanzhof, Urteil vom 24. Februar 2010 IX R 57/09, DStR 2010, 693).

14

c) Der Senat erachtet die aufgezeigte Gemeinschaftsrechtslage auch (s. bereits Senatsurteil in DStR 2010, 918) für diejenige Konstellation, um die es im Streitfall geht, in Anbetracht der zitierten Ausführungen des EuGH als eindeutig. Einer (abermaligen) Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 AEUV bedurfte es deshalb nicht (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 "C.I.L.F.I.T.", EuGHE 1982, 3415).

Tatbestand

1

A. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, unterhielt bis zum 30. September 2001 Betriebsstätten in Frankreich. Die Betriebsstätten erwirtschafteten in den Jahren 1998 bis 2001 --sowohl nach französischen als auch nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften-- Verluste. Die Klägerin hat die Verluste der Streitjahre 2000 und 2001 in Frankreich weder durch einen Verlustrück- noch durch einen Verlustvortrag nutzen können. Die nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften ermittelten Betriebsstättenverluste betrugen 2000 insgesamt 508.584,69 DM (260.035 €) und 2001 insgesamt 515.570,76 DM (263.607 €).

2

Die Klägerin macht geltend, die in den Streitjahren erwirtschafteten Betriebsstättenverluste seien in Frankreich "definitiv" geworden; sie seien deswegen nach Maßgabe des Senatsurteils vom 17. Juli 2008 I R 84/04 (BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630) und im Einklang mit der gemeinschaftlichen Rechtslage im jeweiligen Verlustentstehungsjahr von der deutschen Bemessungsgrundlage abzuziehen: Zum einen habe das französische Steuerrecht lediglich einen auf fünf Jahre vortragsfähigen Verlustabzug ermöglicht. Zum anderen habe sie die französischen Betriebsstätten zum 30. September 2001 endgültig aufgegeben. Zur Gesetzeslage in Frankreich hat das Finanzgericht (FG) festgestellt: Nach Art. 209 des Code général des impôts (CGI) konnten Verluste körperschaftsteuerpflichtiger Steuersubjekte bis 2004 fünf Jahre oder, soweit sie aus Abschreibungen stammten, unbegrenzt vorgetragen werden; ab 2004 ist ein Verlustvortrag insgesamt zeitlich unbegrenzt möglich (Art. 209 I CGI). Auf Antrag des Unternehmens ist auch ein dreijähriger Verlustrücktrag zulässig (Art. 220 "quinquies" CGI). Gemäß Art. 209 II CGI können zudem bei einer Fusion oder einer Transaktion, die der Fusion gleichgestellt ist und der Regelung des Art. 210 A CGI unterliegt, frühere Verluste und der Zinsteil nach Art. 212 II Abs. 1 Unterabs. 6 CGI, die noch nicht von der übernommenen oder einbringenden Gesellschaft ausgeglichen wurden, vorbehaltlich einer nach Art. 1649 "nonies" erteilten Zustimmung des Finanzministers auf die übernehmende(n) Gesellschaft(en) übertragen und auf deren spätere Gewinne angerechnet werden. Bei einer Unternehmensspaltung oder der Einbringung nur eines Teils des Aktivvermögens werden die Verluste übertragen, die in den jeweils eingebrachten Geschäftsbereich fallen. Die ministerielle Zustimmung wird erteilt, wenn die Transaktion aus wirtschaftlicher Sicht gerechtfertigt ist und hauptsächlich aus anderen als steuerrechtlichen Gründen durchgeführt wird und wenn die übernehmende(n) Gesellschaft(en) mindestens drei Jahre lang die Geschäftstätigkeit fortführt/fortführen, die zu den Verlusten oder Zinsverpflichtungen geführt hat, deren Übertrag beantragt wird.

3

Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte den Verlustabzug ab. Mit ihrer anschließenden Klage hatte die Klägerin teilweisen Erfolg: Das FG Hamburg sprach ihr durch Urteil vom 18. November 2009  6 K 147/08 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2010, 265) den beanspruchten Verlustabzug zu und bezog die Verluste in die körperschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage ein, rechnete sie sodann jedoch im Rahmen der Ermittlung des Gewerbeertrages als negative Kürzungsbeträge nach § 9 Nr. 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 1999) wieder hinzu.

4

Ihre Revisionen stützen das FA auf Verletzung materiellen und die Klägerin auf Verletzung materiellen sowie zusätzlich formellen Rechts.

5

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das FG-Urteil hinsichtlich der Gewerbesteuermessbeträge 2000 und 2001 aufzuheben und die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide dahin zu ändern, dass für 2000 ein zusätzlicher gewinnmindernder Verlust von 260.035 € und für 2001 ein zusätzlicher gewinnmindernder Verlust von 263.607 € berücksichtigt werden, hilfsweise, dass für 2001 ein zusätzlicher gewinnmindernder Verlust von insgesamt 523.642 € (aus 2000 und aus 2001) berücksichtigt wird.

6

Das FA beantragt sinngemäß, das FG-Urteil hinsichtlich der Körperschaftsteuer 2000 aufzuheben und die Klage vollen Umfangs abzuweisen.

7

Beide Beteiligte beantragen wechselseitig, die Revision des jeweils anderen zurückzuweisen.

8

Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat sich in der Sache dem FA angeschlossen (vgl. auch BMF-Schreiben vom 13. Juli 2009, BStBl I 2009, 835), jedoch keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

9

B. Beide Revisionen sind begründet, die Revision des FA ist das in vollem Umfang und diejenige der Klägerin ist das teilweise bezogen auf den Gewerbesteuermessbetrag 2001; im Übrigen ist ihre Revision unbegründet:

10

Die Vorinstanz hat zwar zu Recht die Verluste der beiden Auslandsbetriebsstätten bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der Klägerin berücksichtigt. Allerdings hätte das nicht im Streitjahr 2000 geschehen dürfen. Das FA ist deswegen mit seiner Revision gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2000 im Ergebnis erfolgreich. Insoweit ist das FG-Urteil aufzuheben und ist die Klage abzuweisen (nachfolgend I.). Gleichermaßen ist für die Ermittlung der Gewerbeerträge zu verfahren: Der Verlustabzug ist der Klägerin auch insoweit zu ermöglichen, eine "negative Kürzung" gemäß § 9 Nr. 3 GewStG 1999 scheidet aus. Das hat das FG verkannt. Es hat die Klage diesbezüglich für das Streitjahr 2000 im Ergebnis dennoch zu Recht abgewiesen, weil die Verluste in diesem Jahr noch nicht berücksichtigt werden konnten. Für das Streitjahr 2001 ist das anders und ist der Klage mit ihrem Hilfsantrag stattzugeben. Das angefochtene Urteil der Vorinstanz ist infolgedessen hinsichtlich des Gewerbesteuermessbetrages 2001 aufzuheben und der Messbetrag ist insoweit anderweitig festzusetzen (nachfolgend II.).

11

I. Revision des FA wegen Körperschaftsteuer 2000

12

Das FA hat mit seiner Revision im Ergebnis Erfolg.

13

1. Die im Inland ansässige und hier mit ihren sämtlichen Einkünften (vgl. § 1 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG 1999--) unbeschränkt steuerpflichtige Klägerin erwirtschaftete mit ihren in Frankreich belegenen Betriebsstätten im Streitjahr 2000 Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen i.S. von Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 7 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern --DBA-Frankreich-- (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343) in der in den Streitjahren gültigen Fassung. Die Einkünfte aus diesen Betriebsstätten können gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 DBA-Frankreich in Frankreich besteuert werden und sind von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen (Art. 20 Abs. 1 Buchst. a DBA-Frankreich). Die insoweit anzustellende Einkünfteermittlung richtet sich nach deutschem Recht.

14

2. Da sich der Begriff der Betriebsstätteneinkünfte auf einen Nettobetrag bezieht, entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, dass auch Betriebsstättenverluste aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind; das gilt auch für die mit Frankreich vereinbarte Abkommenslage. Auf das Senatsurteil in BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630, und die dort (für die parallele Abkommenslage mit Luxemburg) gegebenen weiteren Nachweise wird verwiesen.

15

3. Fraglich und unter den Beteiligten streitig ist jedoch, ob die Verluste, die die Klägerin mit ihren französischen Betriebsstätten im Streitjahr 2000 erwirtschaftet hat, gleichwohl in diesem Jahr in Deutschland bei der Gewinnermittlung (§ 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG 1997-- i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999) zu berücksichtigen sind, weil sie sich in Frankreich weder in diesem Jahr noch in den Folgejahren ausgewirkt haben. Das ist mit dem FG und in Einklang mit der Gemeinschaftsrechtslage --hier bei der in Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG), sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997 Nr. C-340, 1), jetzt Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union --AEUV-- i.d.F. des Vertrages von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Amtsblatt der Europäischen Union 2007 Nr. C 306/01), verbürgten freien Wahl der Niederlassung-- zu bejahen; der dem entgegenstehenden Verwaltungspraxis (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 835; Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung vom 19. Februar 2010, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2010, 444) ist nicht beizupflichten.

16

a) Wie der Gerichtshof der Europäischen Union, ehemals Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), durch Urteil vom 15. Mai 2008 C-414/06 "Lidl Belgium" (Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692) entschieden hat, verstößt die so verstandene Abkommensregelung im Grundsatz dann nicht gegen die gemeinschaftlichen Grundfreiheiten, wenn die Verluste der in dem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte bei der Besteuerung der Einkünfte dieser Betriebsstätte in jenem Mitgliedstaat für künftige Steuerzeiträume berücksichtigt werden können. Im Einzelnen verweist der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, zur Begründung auf das Urteil des EuGH in Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692. Ein Abzug der (nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts ermittelten) französischen Betriebsstättenverluste im Streitjahr kommt in Einklang mit dem vorzitierten EuGH-Urteil und aufgrund des prinzipiellen Anwendungsvorrangs gemeinschaftlichen Primärrechts (und damit der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten) vor nationalem Recht sonach nur dann in Betracht, wenn die Klägerin die in Frankreich für den betreffenden Besteuerungszeitraum sowie für frühere Besteuerungszeiträume vorgesehenen Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten tatsächlich ausgeschöpft hat, ggf. durch Übertragung dieser Verluste auf einen Dritten oder ihre Verrechnung mit Gewinnen, die die Betriebsstätte in früheren Zeiträumen erwirtschaftet hat, und wenn im Streitjahr keine Möglichkeit besteht, dass die Verluste der Betriebsstätte in Frankreich für künftige Zeiträume von ihr selbst oder von einem Dritten berücksichtigt werden. Dazu hat der EuGH in seinem Urteil vom 23. Oktober 2008 C-157/07 "Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt" (Slg. 2008, I-8061, dort Tz. 48 ff.) weiter präzisiert, dass "in Ermangelung gemeinschaftlicher Vereinheitlichungs- oder Harmonisierungsmaßnahmen die Mitgliedstaaten dafür zuständig bleiben, die Kriterien für die Besteuerung des Einkommens und des Vermögens festzulegen, um die Doppelbesteuerung gegebenenfalls im Vertragswege zu beseitigen ... Diese Zuständigkeit beinhaltet auch, dass ein Staat für die Zwecke seines eigenen Steuerrechts nicht verpflichtet sein kann, die eventuell ungünstigen Auswirkungen der Besonderheiten einer Regelung eines anderen Staates zu berücksichtigen, die auf eine Betriebsstätte anwendbar ist, die in diesem Staat belegen ist und zu einer im erstgenannten Staat ansässigen Gesellschaft gehört ... Selbst wenn man unterstellt, dass das Zusammenwirken der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des Stammhauses der betreffenden Betriebsstätte mit der Besteuerung im Betriebsstättenstaat zu einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit führen kann, ist eine solche Beschränkung ausschließlich dem letztgenannten Staat zuzurechnen", da sich die Beschränkung nicht aus der fraglichen Steuerregelung ergäbe, sondern aus der Aufteilung der Steuerhoheit durch das zwischen den beiden betreffenden Staaten abgeschlossene Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

17

Die letzteren Ausführungen hat der EuGH zwar in Zusammenhang mit einem sog. asymmetrischen Konzept des Verlustabzugs getroffen, also einem Konzept, bei welchem Verluste ausländischer Betriebsstätten ungeachtet der Nichterfassung spiegelbildlicher Gewinne im Ansässigkeitsstaat zunächst zum Abzug zugelassen werden, das aber unter dem Vorbehalt einer späteren Nachversteuerung dieser Verluste im Ausmaß nachfolgend anfallender Gewinne der ausländischen Betriebsstätte (als ehemaliger Verlustquelle). Darüber hatte der Senat in seinem Urteil vom 3. Februar 2010 I R 23/09 (DStR 2010, 918, BStBl II 2010, 599) zu entscheiden. Es ist aber prinzipiell kein Grund ersichtlich, jene Situation abweichend von der Situation zu behandeln, bei der der Verlustabzug in "symmetrischer" Weise von vornherein ausgespart bleibt. Hier wie dort bleibt es dabei und entspricht es dem gegenwärtigen Stand der Steuerharmonisierung, jedem Mitgliedstaat die Freiheit zu belassen, die ihm abkommensrechtlich zugewiesenen Einkünfte nach Maßgabe seines nationalen Steuerrechts (in gleichheitsgerechter Weise) vorzunehmen. Zu dieser Steuerhoheit gehört es auch, den Verlustabzug --sei es durch eine zeitliche Befristung des Verlustvortrags, sei es durch ähnliche Maßnahmen-- zu beschränken. Es ist dann hier wie dort aber nicht dem Ansässigkeitsstaat zu überantworten, dadurch endgültig unberücksichtigt bleibende Verlustvorträge durch den Abzug jener Verluste auszugleichen (im Ergebnis ebenso z.B. Cordewener, Internationale Wirtschafts-Briefe --IWB-- Fach 11, Gruppe 2, 989; Gosch in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 2a Rz 5; derselbe, BFH/PR 2009, 16 und 2010, 274; Lamprecht, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2008, 766; Schulz-Trieglaff, Steuern und Bilanzen 2009, 260, 263; Herkenroth/Striegel in Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG und KStG, § 2a EStG Rz 10; Wagner, Der Konzern 2009, 235, 240; Lühn, Betriebs-Berater --BB-- 2009, 90, 92; Lavrelashvili/Müller, Europäisches Wirtschafts- & Steuerrecht 2009, 164, 167; Köhler in Kessler/Förster/Watrin [Hrsg.], Unternehmensbesteuerung, Festschrift für Herzig, 2010, S. 953 ff., 960, 979 f.; s. auch Senatsurteil in DStR 2010, 918; anders z.B. Haslehner, Steuer und Wirtschaft International 2008, 561; Hohenwarter, Verlustverwertung im Konzern, 2010, S. 327 f.; Knipping, IStR 2009, 275; Breuninger/Ernst, DStR 2009, 1981; Ditz/Plansky, Der Betrieb 2009, 1669, 1671; zweifelnd Jü. Lüdicke/Braunagel in Lüdicke/Kempf/Brink [Hrsg.], Verluste im Steuerrecht, 2010, S. 181 f.).

18

b) Anders verhält es sich indessen dann, wenn nicht die Verlustabzugsbeschränkungen und -verbote desjenigen Mitgliedstaates für die "Finalität" der fraglichen Verluste ausschlaggebend sind, sondern wenn dies --wenn auch unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Quellenstaat-- auf tatsächliche Gegebenheiten zurückzuführen ist. Das ist zwar nicht bereits dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige eine ihm rechtlich mögliche Verlustverwertung, beispielsweise mittels Rücktrags oder Vortrags, oder ihm anderweitig leichthin mögliche wirtschaftlich vernünftige Verwertungshandlungen, unterlässt. Der EuGH erwähnt zu letzterem die Möglichkeit der Übertragung der Verluste auf einen Dritten (EuGH-Urteile in Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692; vom 13. Dezember 2005 C-446/03 "Marks and Spencer", Slg. 2005, I-10837, Tz. 55). Er gibt damit zu erkennen, dass er die Verlustverrechnung im Ansässigkeitsstaat als ultima ratio ansieht (vgl. Hohenwarter, a.a.O., S. 521; Mayr, BB 2008, 1816). Das ist indessen der Fall, wenn die Verluste im Ausland unbeschadet der dort herrschenden rechtlichen Rahmenbedingungen definitiv keiner anderweitigen Berücksichtigung mehr zugänglich sind (z.B. Hohenwarter, a.a.O., S. 523 ff.; Schnitger, IWB Fach 11 Gruppe 2, 829, 835; v. Brocke, DStR 2008, 2201; Gosch, BFH/PR 2009, 16, und 2010, 274). So kann es sich bei einer Betriebsstätte etwa unter jenen tatsächlichen Umständen verhalten, welche in § 2a Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 2 EStG 1997 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) tatbestandlich aufgeführt sind, also bei Umwandlung der Auslandsbetriebsstätte in eine Kapitalgesellschaft, ihrer entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung oder ihrer endgültigen Aufgabe. Für diese Fälle unterstellt das Gesetz eine "Endgültigkeit" der betreffenden Verluste. Dies geschieht zwar in anderem Zusammenhang des (früheren) asymmetrischen Abzugs von Auslandsverlusten mit potentieller Nachversteuerung im Gewinnfall nach § 2a Abs. 3 EStG a.F. Gleichermaßen liegen die Dinge aber, wenn in Fällen der Umwandlung, des Verkaufs oder der Übertragung oder der Aufgabe der Betriebsstätte eine zukünftige Verlustnutzung in Einklang mit dem ausländischen Steuerrecht definitiv ausgeschlossen ist. Nur dann macht die Rechtsprechung des EuGH --prinzipielle Akzeptanz der sog. Symmetriethese mit der Ausnahme des Abzugs "finaler" Verluste im Ansässigkeitsstaat-- "Sinn". Würde die "Finalität" jener Verluste auch unter dergleichen Umständen versagt, liefe die besagte Rechtsprechung von vornherein leer. Das aber kann nicht unterstellt werden und widerspräche auch den insoweit klaren Äußerungen des EuGH in Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692.

19

Ob und unter welchen Voraussetzungen vermieden werden kann, dass die Verluste ggf. mehrfach abgezogen werden, falls im Quellenstaat in den Folgejahren doch noch eine Verlustberücksichtigung in Betracht kommt (beispielsweise für den Fall einer späteren Neubegründung einer Betriebsstätte in jenem Staat unter Weiternutzung der in der Vergangenheit aufgelaufenen Verluste), kann im Streitfall dahinstehen; der vom FG festgestellte Sachverhalt ergibt dafür keinen Anhalt. Der Senat weist aber darauf hin, dass unter einer derartigen Gegebenheit die "Finalität" der Verluste nachträglich entfiele und ein rückwirkendes Ereignis vorliegen dürfte, das über § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung eine Bescheidänderung ermöglicht.

20

c) Für den Streitfall bedeutet dies, dass die in Rede stehenden Verluste der französischen Betriebsstätten trotz der abkommensrechtlich vereinbarten "Symmetrie" der Einkünfteabgrenzung zwischen Deutschland und Frankreich in Deutschland bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind. Die im Streitjahr entstandenen Verluste konnten zwar nach Maßgabe des vom FG bindend (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) festgestellten französischen Steuerrechts unter bestimmten --und von der Klägerin prinzipiell erfüllten-- Voraussetzungen für maximal drei Jahre rück- und für maximal fünf Jahre vorgetragen werden. Das FG hat jedoch ebenfalls bindend festgestellt, dass ein hiernach grundsätzlich möglicher Verlustrücktrag angesichts der Ertragssituation der Klägerin in den Vorjahren scheiterte. Ebenso wenig konnte sie in den nachfolgenden Veranlagungszeiträumen den ihr grundsätzlich eingeräumten Verlustvortrag wahrnehmen. Ein solcher Verlustvortrag ist dadurch faktisch "unterlaufen" worden, dass die Betriebsstätten bereits im September 2001 --einem weiteren Verlustjahr-- endgültig aufgegeben worden sind. Es sind also nicht die Verlustabzugsregelungen des französischen Steuerrechts, die die "Finalität" des Verlustabzugs endgültig herbeiführen, sondern es ist dies in Art einer "überholenden Kausalität" die tatsächliche Gegebenheit der Betriebsstättenaufgabe. Diese ist aber für den ausnahmsweisen Verlustabzug im Ansässigkeitsstaat maßgeblich.

21

4. Dieser Verlustabzug richtet sich uneingeschränkt nach den dafür einschlägigen innerstaatlichen Regelungen. Allerdings bedeutet das noch nicht, dass die Verluste, welche im Streitjahr 2000 entstanden sind, auch in jenem Jahr zu berücksichtigen wären. Dafür könnten zwar der Grundsatz der Leistungsfähigkeit und die Gleichbehandlung mit gleichgelagerten Inlandssachverhalten sprechen. Doch sind beide Aspekte infolge der abkommensrechtlich vereinbarten und gemeinschaftlich konsentierten "Symmetrie" der Freistellung auch von Verlusten für das Verlustentstehungsjahr im Ansässigkeitsstaat gewissermaßen suspendiert. So gesehen kann es auf der Basis der sog. Symmetriethese für den ausnahmsweisen Verlustabzug im Ansässigkeitsstaat nur auf jenen Veranlagungszeitraum ankommen, in welchem die Verluste tatsächlich "final" geworden sind (ebenso FG Düsseldorf, Urteil vom 8. September 2009  6 K 308/04 K, EFG 2010, 389; vgl. auch z.B. Mayr in Lang/Schuch/Saringer/ Stefaner [Hrsg.], Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 2007, S. 24; Englisch, IStR 2008, 404; Gosch, BFH/PR 2008, 302 und 491; de Weerth, IStR 2008, 405; anders z.B. Ditz/Plansky, DB 2009, 1669; Intemann, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB-- 2009, 3092; Breuninger/Ernst, DStR 2009, 1981; Schnitger, IWB Fach 11 Gruppe 2, 829; Sedemund, DB 2008, 1120; Sedemund/ Wegner, DB 2008, 2565; von Brocke, DStR 2008, 2201, Rehm/ Nagler, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 2008, 1175; Mayr, BB 2008, 1816; Roser, Die Unternehmensbesteuerung --Ubg-- 2010, 30, 33 f.). Das korrespondiert wiederum damit, dass andernfalls --bei einem ausgenutzten Verlustvortrag im Betriebsstättenstaat in einem dem Verlustentstehungsjahr nachfolgenden Veranlagungszeitraum-- ebenfalls eine Verlustberücksichtigung nur in diesem späteren Veranlagungszeitraum gegriffen hätte, nicht aber im Veranlagungszeitraum der Verlustentstehung. Die vom FG befürchtete Doppelberücksichtigung der betreffenden negativen Ergebnisse, einmal über den Verlustabzug im "Finalitätsjahr" und ein anderes Mal über einen negativen Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997 im Entstehungsjahr, droht bei einer solchen Handhabung im Regelfall schon deswegen nicht, weil § 2a Abs. 1 und § 32b Abs. 1 Nr. 3 letzter Halbsatz EStG 1997 eine Berücksichtigung der nach Abkommensrecht "symmetrisch" freigestellten negativen Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts weitgehend sperrt; überdies scheidet ein derartiger Vorbehalt bei einer Kapitalgesellschaft, wie vorliegend die Klägerin, wegen des für diese geltenden linearen Steuersatzes ohnehin aus. Schließlich erleichtert die "phasenverschobene" Verlustberücksichtigung im "Finalitätsjahr" die praktische Handhabung des durch den gemeinschaftsrechtlichen Anwendungsvorrang bedingten ausnahmsweisen Abzugs der finalen Auslandsverluste, die ja an sich im Gegensatz zu den Rechtsregeln des deutschen Steuerrechts steht (zu dem sich anderweitig stellenden Praxisproblem s. Roser, Ubg 2010, 30, 34). Dass die finalen Verluste nicht gesondert nach § 10d Abs. 4 EStG 1997 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999 festgestellt worden sind, widerspricht dem nicht; es gibt keinen gemeinschaftsrechtlich gebotenen Zwang, verbleibende Auslandsverlustvorträge gesondert festzustellen. Eine solche gesonderte Feststellung auch "finaler" verbleibender ausländischer Verlustvorträge käme aus Gründen der Gleichbehandlung mit verbleibenden Inlandsverlusten allenfalls von jenem Veranlagungszeitraum an in Betracht, in dem die "Finalität" erstmals feststeht, eine vollständige Verlustnutzung jedoch in diesem Veranlagungszeitraum aufgrund fehlender positiver Einkünfte ausgeschlossen ist. Eine solche Situation ist vorliegend nach Lage der Dinge ebenso wenig zu beurteilen wie die Situation verbleibender Auslandsverlustvorträge aufgrund eines (erstmaligen) Wechsels in die unbeschränkte Steuerpflicht, über die der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 24. Februar 2010 IX R 57/09 (DStR 2010, 693) zu entscheiden hatte.

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5. Legt man dies zugrunde, war das Urteil der Vorinstanz, die dazu eine abweichende Rechtsauffassung vertreten hat, insoweit aufzuheben. Die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2000 ist abzuweisen.

23

II. Revision der Klägerin wegen Gewerbesteuermessbeträgen 2000 und 2001

24

Auch die Klägerin hat mit ihrer Revision Erfolg, das aber nur, soweit sich diese Hilfsanträglich gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2001 richtet.

25

1. Gemäß § 7 Satz 1 GewStG 1999 ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt oder vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG 1999 bezeichneten Beträge. Der Gewerbeertrag entspricht somit, abgesehen von den gewerbesteuerlichen Zu- und Abrechnungen, grundsätzlich dem Gewinn aus Gewerbebetrieb, der der Bemessung der Einkommen- und Körperschaftsteuer zugrunde zu legen ist. Zur Bemessungsgrundlage der Einkommen- und Körperschaftsteuer und damit auch zum Gewerbeertrag gehören nicht Einnahmen, die entweder unter keine Einkunftsart fallen oder aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften als steuerfrei behandelt werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12. Januar 1978 IV R 84/74, BFHE 124, 204, BStBl II 1978, 267; Senatsurteil vom 8. Mai 1991 I R 33/90, BFHE 165, 191, BStBl II 1992, 437). Dies gilt nur dann nicht, wenn sich unmittelbar aus dem Gewerbesteuergesetz etwas anderes ergibt oder soweit die steuerbefreiende Vorschrift mit dem besonderen Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer nicht in Einklang steht (vgl. BFH-Urteile in BFHE 124, 204, BStBl II 1978, 267; vom 24. Oktober 1990 X R 64/89, BFHE 163, 42, BStBl II 1991, 358; in BFHE 165, 191, BStBl II 1992, 437; vom 3. April 2008 IV R 54/04, BFHE 220, 495, BStBl II 2008, 742, jeweils m.w.N.).

26

2. Auf dieser Basis sind die in Rede stehenden Auslandsverluste auch in die Ermittlung des Gewerbeertrages einzubeziehen.

27

Die Klägerin unterliegt als im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft der Gewerbesteuer zwar nur, soweit sie ihren Gewerbebetrieb im Inland betreibt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG 1999). Als Konsequenz der Begrenzung des Objekts der Gewerbesteuer auf das Inland bestimmt § 9 Nr. 3 GewStG 1999, dass die zur Berechnung des Gewerbeertrags führende Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um den Teil des Gewerbeertrags des inländischen Unternehmens gekürzt wird, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt. Dabei kann der Teil des Gewerbeertrags, um den die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen zu kürzen ist, ein auf eine ausländische Betriebsstätte entfallender Gewinn, aber auch ein darauf entfallender Verlust sein; in § 9 Nr. 3 GewStG 1999 verwirklicht sich also für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrages eine spezielle symmetrische Freistellung positiver wie negativer Betriebsstättenergebnisse (vgl. Gosch in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 9 GewStG Rz 220, m.w.N.).

28

Dieser speziellen (und unilateralen) gewerbesteuerlichen Freistellung bedarf es nicht, wenn die abkommensrechtlich (also bilateral) vereinbarte symmetrische Freistellung im Rahmen der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens greift; jene Freistellung wirkt sich dann bereits über § 7 Satz 1 GewStG 1999 (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999) auf die Ermittlung des Gewerbeertrages aus. Anders verhält es sich dann, wenn kein Abkommen oder ein solches mit der Vermeidung der Doppelbesteuerung durch Anrechnung oder wenn ein Abkommen mit Freistellung vereinbart wurde, wenn aber zugleich die gemeinschaftlichen Grundfreiheiten die Einbeziehung "finaler" Auslandsbetriebsstättenverluste bei der Gewinnermittlung erzwingen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, die gemeinschaftlichen Erfordernisse und deren Anwendungsvorrang unter diesen Umständen nicht auch auf die Gewerbesteuer durchschlagen zu lassen. Der strukturelle Inlandsbezug der Gewerbesteuer und damit das Territorialitätsprinzip widersprechen dem schon deswegen nicht, weil sich die Ausgangslagen dort und bei zwischenstaatlicher Vereinbarung der Freistellungsmethode nicht unterscheiden (s. auch EuGH-Urteil in Slg. 2005, I-10837, Tz. 39 f.). Denn hier wie dort werden Auslandseinkünfte prinzipiell "symmetrisch" bei der Einkünfte- und Gewerbeertragsermittlung abgeschirmt; dementsprechend sind sowohl die Körperschaft- als auch die Gewerbesteuern gleichermaßen in den sachlichen Geltungsbereich der Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, vorliegend nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b und Buchst. e DBA-Frankreich, einbezogen. Vor diesem Hintergrund geht es darum, die "finalen" Auslandsverluste unbeschadet ihrer Freistellung --gleichviel, auf welcher Rechtsgrundlage diese beruht, ob auf einer DBA-Freistellung oder gewinnkorrigierend durch negative Kürzung gemäß § 9 Nr. 3 GewStG 1999-- einmal zum Abzug zuzulassen; sie sollen nicht im "steuerlichen Niemandsland" verschwinden und werden deshalb für den Ansässigkeitsstaat unabhängig von ihrer territorialen Verursachung wie Inlandsverluste behandelt. Das gilt für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens, nicht weniger aber für die daran anknüpfende Ermittlung des Gewerbeertrages (s. zur gemeinschaftlichen Gleichbehandlung der Gewerbeertragsteuer auch Senatsurteil vom 3. Februar 2010 I R 21/06, IStR 2010, 403, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Mit der seitens der Finanzverwaltung aufgeworfenen --und vom FG bestätigten-- Frage der (sog. umgekehrten) Inländergleichbehandlung im engeren Sinne (s. dazu bezogen auf die Gewerbesteuer BFH-Urteil vom 18. September 2003 X R 2/00, BFHE 203, 263, BStBl II 2004, 17; s. auch Senatsbeschluss vom 15. Juli 2005 I R 21/04, BFHE 210, 43, BStBl II 2005, 716) hat das nichts zu tun, ebenso wenig mit der Situation einer auf das Inland bezogenen konzernierten Besteuerung, über die der EuGH in der Sache "X-Holding" im Urteil vom 25. Februar 2010 C-337/08 (DStR 2010, 427) zu befinden hatte. Ziel ist es vielmehr allein, die Beschränkungen, welche mit den bilateral (über die "Symmetriethese") oder auch unilateral (vgl. § 2a EStG 1997) bedingten Aussparungen von Auslandseinkünften verbunden sind, ausnahmsweise und unbeschadet des Territorialitätsprinzips zu durchbrechen (ebenso Schön, IStR 2004, 289, 294; Roser, Ubg 2010, 30, 38 ff.).

29

3. Gleichermaßen wie bei der Körperschaftsteuer sind die betreffenden Auslandsverluste aber nur im Erhebungszeitraum 2001 als dem maßgeblichen "Finalitäts-Erhebungszeitraum" einzubeziehen. Das betrifft sowohl jene Verluste, welche in 2001, als auch jene Verluste, welche in 2000 erwirtschaftet wurden; auf den "Entstehungs-Erhebungszeitraum" kommt es insoweit nicht an. Im Einzelnen ist auf die Ausführungen unter B.I.3. zu verweisen.

30

4. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Vorinstanz im Ergebnis für das Streitjahr 2000 richtig entschieden hat, obwohl die von ihr vertretene Rechtsauffassung von jener des erkennenden Senats in der Sache abweicht. Für das Streitjahr 2001 war das FG-Urteil jedoch aufzuheben und ist der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid insoweit nach Maßgabe der Urteilsgründe und im Rahmen des von der Klägerin gestellten Hilfsantrags --die kumulierte Berücksichtigung der Betriebsstättenverluste aus 2000 ebenso wie aus 2001-- abzuändern. Die Ermittlung und Berechnung des festzusetzenden Messbetrages wird dem FA überlassen (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

31

III. Der Senat erachtet die aufgezeigte Gemeinschaftsrechtslage sowohl im Hinblick auf die Körperschaftsteuer als auch auf die Gewerbesteuer in Anbetracht der zitierten Ausführungen des EuGH als eindeutig (s. bereits Senatsurteil in DStR 2010, 918). Einer (abermaligen) Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 AEUV bedurfte es deshalb nicht (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 "C.I.L.F.I.T.", EuGHE 1982, 3415).

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH mit einem seinerzeit abweichenden Wirtschaftsjahr zum 28. Februar, deren Geschäftsanteile im Streitjahr 1999 zu 60 v.H. von der R-GmbH --zugleich einem Zuliefererbetrieb der Klägerin-- und zu jeweils 20 v.H. von den Brüdern P gehalten wurden. Sie betrieb das Großhandelsgeschäft mit italienischen Eisspezialitäten und mit dem Zubehör für den Betrieb von Eiscafés. Im Jahre 1996 gründete sie eine Zweigniederlassung in Belgien, deren Aufbau sie mit einem Darlehen der R-GmbH finanzierte. Für die Niederlassung erstellte die Klägerin eine gesonderte Buchführung, deren Ergebnisse in den deutschen Jahresabschluss eingingen. Als Ergebnisse der belgischen Betriebstätte berücksichtigte die Klägerin in ihren deutschen Jahresabschlüssen für den Veranlagungszeitraum 1997 aus dem Wirtschaftsjahr 1996/1997 einen Verlust in Höhe von 88.816 DM und im Veranlagungszeitraum 1998 aus dem Wirtschaftsjahr 1997/1998 einen Verlust in Höhe von 354.514 DM. Insoweit fand die Regelung in § 2a Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG 1997) Anwendung, die letztmals für den Veranlagungszeitraum 1998 anzuwenden war (vgl. § 52 Abs. 3 Satz 1 EStG 1997 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 [BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304], nachfolgend § 52 Abs. 3 Satz 2 EStG 1997 i.d.F. des Gesetzes zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften --Steuerbereinigungsgesetz 1999-- vom 22. Dezember 1999 --EStG 1997 n.F.-- [BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13], jetzt § 52 Abs. 3 Satz 4 EStG 2009), jeweils i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1999).

2

Durch Kaufvertrag vom 12. November 1998 veräußerte die Klägerin das Betriebsvermögen ihrer belgischen Niederlassung rückwirkend zum 31. August 1998 an eine belgische Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der Naamloze vennootschap, deren Gesellschafter ebenfalls die Gebrüder P waren. In ihrer Gewinnermittlung für das Rumpfwirtschaftsjahr 1998/1999 berücksichtigte die Klägerin aus dem Wirtschaftsjahr vom 1. März bis 31. August 1998 aus der belgischen Betriebstätte gewinnmindernd einen laufenden Verlust in Höhe von 169.708 DM und einen Veräußerungsverlust in Höhe von 504.523 DM, ferner Zinszahlungen aus dem Aufbaudarlehen in Höhe von 39.286 DM; diese Zahlungen hatte sie nicht der gesonderten Buchführung der belgischen Betriebstätte zugeordnet.

3

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte es ab, im Streitjahr die Verluste aus der belgischen Betriebstätte zu berücksichtigen. Sie seien sämtlich nach Maßgabe von Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 sowie Art. 13 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und zur Regelung verschiedener Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließlich der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 11. April 1967 --DBA-Belgien-- (BGBl II 1969, 18, BStBl I 1969, 39) von der deutschen Besteuerung auszunehmen.

4

Die Klage gegen den hiernach geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1999 war erfolgreich. Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) gab ihr durch Urteil vom 16. Juni 2011  6 K 445/09 statt und hob den Änderungsbescheid auf; das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 2088 abgedruckt.

5

Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

7

Dem Revisionsverfahren ist das Bundesministerium der Finanzen (BMF) beigetreten. Es hat sich in der Sache dem FA angeschlossen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet.

9

1. Die im Inland ansässige und hier mit ihren sämtlichen Einkünften (vgl. § 1 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 KStG 1999) unbeschränkt steuerpflichtige Klägerin erwirtschaftete mit ihrer in Belgien belegenen Betriebstätte im Streitjahr Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen i.S. von Art. 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 DBA-Belgien. Die Einkünfte aus der Betriebstätte können gemäß Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA-Belgien sowie --betreffend die Gewinne aus der Betriebstättenveräußerung-- gemäß Art. 13 Abs. 2 DBA-Belgien in Belgien besteuert werden und sind nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 DBA-Belgien als aus Belgien stammende Einkünfte in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) von der Steuer befreit. Die insoweit anzustellende Einkünfteermittlung richtet sich nach deutschem Recht.

10

2. Da sich der Begriff der Betriebstätteneinkünfte auf einen Nettobetrag bezieht, entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, dass nicht nur Betriebstättengewinne, sondern ebenso Betriebstättenverluste aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind. Das gilt auch für die mit Belgien vereinbarte Abkommenslage. Zwar weicht diese von der Regelungsfassung in Art. 23 Abs. 1 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen ab; denn danach "nimmt" der Ansässigkeitsstaat die betreffenden Einkünfte unter den gegebenen Umständen "von der Besteuerung aus", während sie nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 DBA-Belgien "von der Steuer befreit" sind. Doch bedingt die unterschiedliche Formulierung keine unterschiedliche rechtliche Behandlung der Verluste. Deutlich wird das nicht zuletzt anhand von Nr. 14 des zum DBA-Belgien ergangenen Schlussprotokolls vom 11. April 1967 (BGBl II 1969, 46, BStBl I 1969, 49), wo unter Bezugnahme auf Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 DBA-Belgien ausdrücklich die Steuerfreistellung der Verluste aus in dem jeweils anderen Vertragsstaat liegenden Betriebstätten angesprochen wird. Der Senat nimmt deswegen, um Wiederholungen zu vermeiden, beispielhaften Bezug auf seine Urteile vom 17. Juli 2008 I R 84/04 (BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630) und vom 3. Februar 2010 I R 23/09 (BFHE 228, 305, BStBl II 2010, 599), beide für die Abkommenslage mit Luxemburg, und vom 9. Juni 2010 I R 107/09 (BFHE 230, 35), dort für die Abkommenslage mit Frankreich, sowie seinen Beschluss vom 29. November 2006 I R 45/05 (BFHE 216, 149, BStBl II 2007, 398), dort für die Abkommenslage mit Österreich (s. auch FG Köln, Urteil vom 13. März 2013  10 K 2067/12, EFG 2013, 1430).

11

3. Letzteres --die Bezugnahme auf das Senatsurteil in BFHE 230, 35-- gilt gleichermaßen für die unter den Beteiligten kontroverse Frage danach, ob die in Belgien erlittenen, aber nach deutschem Steuerrecht ermittelten und ihrer Höhe nach unstreitigen Verluste als sog. finale Verluste in Deutschland trotz der prinzipiellen Freistellung ausnahmsweise abzugsfähig sind, weil sie in Belgien definitiv nicht mehr verwertet werden können und deswegen die unionsrechtlich verbürgte Niederlassungsfreiheit (nach Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des Vertrags von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften und einiger damit zusammenhängender Rechtsakte --EG--, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997, Nr. C-340, 1, jetzt Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft --AEUV--, Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- 2008, Nr. C-115, 47) ihre Berücksichtigung in Deutschland als dem Ansässigkeitsstaat einfordert; jenem Staat wird für diesen Fall die "Ausfallbürgschaft" für die Abzugsfähigkeit der andernfalls gänzlich unberücksichtigt bleibenden Verluste abverlangt. Der Senat hat eine derartige Abzugsnotwendigkeit für Sachverhalte angenommen, in welchen der Betriebstättenverlust aus tatsächlichen Gründen nicht mehr berücksichtigt werden kann, beispielsweise bei der entgeltlichen Übertragung der Betriebstätte, also der Situation des Streitfalls. Er hat sich dabei auf die einschlägige Spruchpraxis des Gerichtshofs der Europäischen Union (früher Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften) --EuGH-- (namentlich in dessen Urteil vom 15. Mai 2008, Lidl Belgium, C-414/06, Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692) gestützt, und er sieht sich daran durch die Folgeentscheidungen des EuGH bestätigt. Insbesondere im Urteil vom 21. Februar 2013, A, C-123/11 (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2013, 392), hat er seine Spruchpraxis bekräftigt, und nichts anderes ergibt sich aus der jüngsten Entscheidung, dem Urteil vom 7. November 2013, K, C-322/11 (DStR 2013, 2441). Gegenläufige Erwartungen, welche in beiden Verfahren durch die jeweiligen Schlussanträge der Generalanwältin Kokott (vom 19. Juli 2012, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2012, 618) sowie des Generalanwalts Mengozzi (vom 21. März 2013, IStR 2013, 312) und der darin zum Ausdruck gekommenen Fundamentalkritik an der Spruchpraxis zu den sog. finalen Verlusten geschürt worden sind (s. aus wissenschaftlicher Sicht dagegen unter dem Aspekt des sog. Folgerichtigkeitsgebots grundlegend auch Karrenbrock, Die steuerliche Berücksichtigung ausländischer Betriebstättenverluste im Inland, 2013, S. 162 ff. und passim), haben sich hingegen nicht erfüllt; der EuGH hat sich den Schlussanträgen in beiden Fällen erklärtermaßen --in "geradezu stoischer Manier" (so Henze, Internationale Steuer-Rundschau --ISR-- 2013, 381, 383)-- nicht angeschlossen, vielmehr seine bisherigen Rechtsstandpunkte vollauf beibehalten. Nichts anderes gilt, was das EuGH-Urteil vom 25. Februar 2010, X Holding, C-337/08 (Slg. 2010, I-1215) anbelangt; soweit vor allem die Finanzverwaltung darin ein Abrücken des Gerichtshofs von der vorgängigen Rechtsprechung zu erkennen glaubte (vgl. z.B. Benecke/Staats, IStR 2010, 668; Schulz-Trieglaff, ISR 2013, 216; Mitschke, Finanz-Rundschau 2011, 24), hat sich das nicht bewahrheitet (s.a. Gosch in Kirchhof, EStG, 13. Aufl., § 2a Rz 5 und 5a, m.w.N.). Der Senat hat dieserhalb nach allem keinen Grund, nun seinerseits seine Rechtsprechung, welche auf der EuGH-Judikatur aufbaut, in Frage zu stellen oder abermals den EuGH gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV anzurufen; die einschlägigen Rechtsfragen sind geklärt (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982, C.I.L.F.I.T., Rs. 283/81, Slg. 1982, 3415; s.a. Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 2a Rz 5a, m.w.N.).

12

4. Der tatrichterlich festgestellte und den Senat bindende (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) Sachverhalt des Streitfalls veranlasst ebenfalls nicht zu einer abweichenden Einschätzung.

13

a) Zwar ist es Sache des Steuerpflichtigen, die "finale" Nichtverwertbarkeit der Auslandsverluste im Betriebstättenstaat nachzuweisen. Das aber ist nach den Feststellungen des FG zum belgischen Steuerrecht geschehen. Allerdings lassen sich die streitgegenständlichen Betriebstättenverluste danach womöglich bei einem neuerlichen Engagement der Klägerin in Belgien in irgendeiner Weise --beispielsweise durch Wiedereröffnung einer Betriebstätte-- steuerlich zukünftig effektuieren. Doch ist de facto nichts dafür dargetan oder ersichtlich, und das ist angesichts des Streitjahres und der vergangenen Zeit auch eher unwahrscheinlich. Sollte sich eine derartige Verlustnutzung dennoch ergeben haben oder noch ergeben, böte das deutsche allgemeine Abgabenrecht vermittels § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) die verfahrensrechtliche Handhabe, dem rückwirkend Rechnung zu tragen; auch dazu ist auf das Senatsurteil in BFHE 230, 35 zu verweisen. Dem vom FA und dem beigetretenen BMF ins Feld geführten Argument, allein die nach belgischem Steuerrecht rechtlich bestehende abstrakte Möglichkeit einer künftigen Verlustnutzung genüge, um eine "Finalität" der Verluste im unionsrechtlichen Sinne auszuschließen, folgt der Senat jedenfalls dann nicht, wenn eine solche Möglichkeit nur "auf dem Papier steht" und keinen Bezug zu den tatsächlichen Gegebenheiten aufweist und deswegen aus tatsächlichen Gründen so gut wie ausgeschlossen ist. Dass der Verlustabzug im anderen Vertragsstaat aus rechtlicher --und aus unionsrechtlich damit prinzipiell unbeachtlicher (vgl. dazu EuGH-Urteil vom 23. Oktober 2008, Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt, C-157/07, Slg. 2008, I-8061, sowie im Anschluss daran z.B. Senatsurteil in BFHE 228, 305, BStBl II 2010, 599)- Sicht nicht gänzlich ausgeschlossen ist, tritt dann für die Frage nach der endgültigen Unverwertbarkeit der ausländischen Verluste zurück (vgl. umfassend und m.w.N. Hohenwarter, Verlustverwertung im Konzern, 2010, S. 522 ff.).

14

b) Ebensowenig bietet der festgestellte Sachverhalt Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin sich vermittels des Verkaufs ihrer belgischen Betriebstätte "willkürlich" oder "freiwillig" in die ihr unter den gegebenen Umständen steuerlich günstige Situation "finaler" Verluste begeben hätte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Betriebstättenverkauf im Rahmen der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit aus betriebswirtschaftlicher Notwendigkeit erfolgt ist. Soweit das FA in der mündlichen Verhandlung insoweit einen "Beliebigkeitsfaktor" angesprochen hat, ist das deshalb nicht weiterführend. Missbräuchlichen oder beliebigen Transaktionen der beteiligten Steuerpflichtigen, um "finale Verluste" zu generieren, unterfallen --wie sonst auch-- dem allgemeinen abgabenrechtlichen Missbrauchsvorbehalt (§ 42 AO). Gibt die zu beurteilende Sachverhaltsgestaltung aber dafür nichts her, besteht kein Grund, die Berücksichtigung "finaler Verluste" unter einen allgemeinen Missbrauchsvorbehalt zu stellen (s. auch Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 2a Rz 5a; Hufeld, Die Unternehmensbesteuerung 2011, 504; s. auch Eisenbarth, Grenzüberschreitende Verlustverrechnung als Kerngebiet des Europäischen Steuerrechts, 2011, S. 224 ff., S. 234 ff., jeweils m.w.N.; Hohenwarter, a.a.O., S. 417, S. 524 f.). Für den Streitfall hat das FA in diese Richtung denn auch keine belastbaren Mutmaßungen angestellt. Dass der Verkauf der Betriebstätte an eine konzernverbundene Gesellschaft erfolgt ist, gibt für sich genommen dafür jedenfalls keine Handhabe. Und ohnehin bleibt zu berücksichtigen, dass die Vertragsbeteiligten im Streitjahr 1999 kaum in der Lage gewesen sein dürften, die erst Jahre später entwickelte Spruchpraxis des EuGH zu den sog. finalen Verlusten zu antizipieren und ihre Gestaltungen vorgreiflich danach auszurichten. Schon das allein widerspricht entsprechenden Annahmen.

15

5. Da die in Rede stehenden Verluste solche des Streitjahres sind, stellt sich schließlich nicht die Frage, ob das Streitjahr auch das Abzugsjahr im Sinne des sog. Finalitätsjahres ist (s. auch dazu Senatsurteil in BFHE 230, 35, sowie Senatsbeschluss vom 9. November 2010 I R 16/10, BFHE 231, 554). Der Verlustabzug aus der Veräußerung der Betriebstätte ist folglich im Streitjahr aus Gründen unionsrechtlicher Anforderungen unabhängig davon zu gewährleisten, dass der deutsche Gesetzgeber im Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerrecht bedauerlicherweise bislang davon abgesehen hat, einschlägige Abzugsvorschriften zu schaffen.

16

6. Der Senat hat allerdings erwogen, ob es unbeschadet dessen und der danach konstatierten Berücksichtigung der in Rede stehenden Verluste als "finale" dennoch eines weiteren Abwartens bedürfte, bis der EuGH in der ihm vorliegenden (dänischen) Rechtssache C-48/13, Nordea Bank Danmark A/S (ABlEU 2013, Nr. C-101, 11) entscheidet. Diese Erwägung schlägt jedoch nicht durch.

17

a) In jener beim EuGH anhängigen Rechtssache geht es um die "asymmetrische" Situation der Nachbesteuerung nach vorherigem Verlustabzug, wie sie bis zum Veranlagungszeitraum 1998 (s. § 52 Abs. 3 Satz 2 EStG 1997 n.F., jetzt § 52 Abs. 3 Satz 4 EStG 2009) in § 2a Abs. 3 und 4 EStG 1997 (a.F.) auch in Deutschland geregelt war. Die Vorlagefrage des dänischen Gerichts (des Østre Landsret) geht in diesem Zusammenhang dahin, ob "Art. 49 AEUV i.V.m. Art. 54 AEUV (früher Art. 43 i.V.m. Art. 48 EG) und Art. 31 des EWR-Abkommens i.V.m. Art. 34 einen Mitgliedstaat, der einer gebietsansässigen Gesellschaft den laufenden Abzug von Verlusten einer in einem anderen Mitgliedstaat gelegenen Betriebstätte gestattet, an einer vollständigen Nachbesteuerung der Verluste der Betriebstätte (in dem Umfang, in dem ihnen keine Gewinne in späteren Jahren entsprechen) bei der genannten Gesellschaft (hindern), wenn die Betriebstätte geschlossen wird und in diesem Zusammenhang ein Teil ihres Geschäfts an eine verbundene Gesellschaft übertragen wird, die im gleichen Staat wie die Betriebstätte ansässig ist, und davon auszugehen ist, dass die Möglichkeiten der Berücksichtigung der betreffenden Verluste ausgeschöpft sind". Doch ist diese Situation nach den tatrichterlichen Feststellungen im Streitfall nicht einschlägig.

18

aa) Zwar hat die Klägerin danach mit ihrer belgischen Betriebstätte in den Vorjahren (laufende) Verluste (im Wirtschaftsjahr 1996/1997 in Höhe von 88.816 DM und im Wirtschaftsjahr 1997/1998 in Höhe von 354.514 DM) erwirtschaftet, welche nach Maßgabe des genannten § 2a Abs. 3 EStG 1997 (a.F.) in den jeweiligen Wirtschaftsjahren auf Antrag vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen worden waren (vgl. dazu auch Nr. 14 des zum DBA-Belgien ergangenen Schlussprotokolls vom 11. April 1967, BGBl II 1969, 46, BStBl I 1969, 49). Diese abgezogenen Verluste wären aber wohl nach § 2a Abs. 4 EStG 1997 in dessen zwischenzeitlich geänderten, vom Veranlagungszeitraum 1999 an geltenden Fassung des § 52 Abs. 3 Satz 5 EStG 1997 n.F. (jetzt § 52 Abs. 3 Satz 7 EStG 2009), jeweils i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999, nachzuversteuern. Mit jener Regelungsfassung hat der Gesetzgeber nämlich --um etwaigen Ausweggestaltungen vorzubeugen-- (Ersatz-)Tatbestände geschaffen, u.a. in § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG 1997 in der vorgenannten Fassung. Wird eine in einem ausländischen Staat belegene Betriebstätte entgeltlich übertragen, ist danach ein nach § 2a Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG 1997 abgezogener Betriebstättenverlust im Veranlagungszeitraum der Übertragung dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen (vgl. dazu bereits Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2008 I R 96/05, BFH/NV 2009, 744). Das betrifft nach den tatrichterlichen Feststellungen auch den Streitfall und gilt letztlich unabhängig davon, dass die in Rede stehenden (laufenden) Verluste des Streitjahres (in Höhe von insgesamt 713.517 DM) aus unionsrechtlichen Gründen infolge "Finalität" als solche abziehbar sind (vgl. auch Schiefer, ISR 2013, 220, 224).

19

bb) Indessen ist § 2a Abs. 4 i.d.F. von § 52 Abs. 3 Satz 5 EStG 1997 in der vorgenannten Fassung "für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2005" anzuwenden und damit für das Streitjahr nicht anwendbar. Denn im Streitfall erfolgte die Betriebstättenveräußerung bereits am 12. November 1998 mit Wirkung zum 31. August 1998. Dass der Veräußerungsverlust dennoch dem Veranlagungszeitraum 1999 zuzurechnen ist, liegt allein an dem abweichenden Wirtschaftsjahr der Klägerin zum 28. Februar, ändert aber nichts daran, dass die Hinzurechnung nach § 2a Abs. 4 EStG 1997 --in Einklang mit dem Berechnungsschema, wie dies in R 29 Abs. 1 Satz 2 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 2008 (i.V.m. R 2 Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR 2008--, s.a. R 3 EStR 1996) wiedergegeben ist, und in Einklang auch mit der aktenkundigen Rechtsauffassung der Betriebsprüfung des FA-- außerhalb der steuerlichen Gewinnermittlung bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte (vgl. dazu § 2 Abs. 3 EStG 1997) vorzunehmen ist. Im Streitfall betrifft das die steuerliche Gewinnermittlung für das Wirtschaftsjahr 1997/1998 und damit den zum Ende des Veranlagungszeitraums 1998 zu berechnenden Gesamtbetrag der Einkünfte. Für diesen Zeitpunkt war aber --letztmals (vgl. § 52 Abs. 3 Satz 4 EStG 1997 n.F.)-- noch § 2a Abs. 3 und 4 EStG 1997 (a.F.) und (noch) nicht die neukonzipierte Hinzurechnungsvorschrift anzuwenden, und wohl deswegen ist auf eine etwaige veräußerungsbedingte Hinzurechnung der zuvor abgezogenen laufenden Betriebstättenverluste bei der Klägerin seitens des FA denn auch verzichtet worden (obschon das u.U. auch auf Basis der früheren Regelung des § 2a Abs. 4 EStG 1997 (a.F.) nicht von vornherein ausgeschlossen gewesen wäre, vgl. dazu Probst in Flick/ Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 2a EStG Rz 569; Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 2a Rz 56, jeweils m.w.N.; zum "untechnischen" Verständnis des in § 2a Abs. 4 EStG 1997 (a.F.) verwendeten Begriffs der Umwandlung einer Betriebstätte s. auch bereits Bundesfinanzhof, Urteil vom 30. April 1991 VIII R 68/86, BFHE 165, 46, BStBl II 1991, 873). Dass nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG 1997 der Gewinn des abweichenden Wirtschaftsjahres als in dem Kalenderjahr bezogen gilt, in dem das Wirtschaftsjahr endet, und dass Letzteres in dasjenige Kalenderjahr fällt, nach dessen Ablauf die Einkommensteuer nach § 25 Abs. 1 EStG 1997 --als den maßgebenden Veranlagungszeitraum-- veranlagt wird, wirkt sich sonach auf die erstmalige Anwendung von § 2a Abs. 4 EStG 1997 i.d.F. von § 52 Abs. 3 Satz 5 EStG 1997 n.F. (jetzt § 52 Abs. 3 Satz 7 EStG 2009) nicht aus.

20

b) Konsequenz all dessen ist, dass die Abzugsfähigkeit der "finalen Verluste" nach Maßgabe des unter zuvor (unter II.5.) Gesagten uneingeschränkt erhalten bleibt. Der Umfang der abzugsfähigen Verluste wird nicht durch damit zu saldierende Hinzurechnungsbeträge nach § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG 1997 i.d.F. von § 52 Abs. 3 Satz 5 EStG 1997 n.F. (jetzt § 52 Abs. 3 Satz 7 EStG 2009) aus Anlass der Betriebstättenveräußerung geschmälert.

Tatbestand

1

A. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, unterhielt bis zum 30. September 2001 Betriebsstätten in Frankreich. Die Betriebsstätten erwirtschafteten in den Jahren 1998 bis 2001 --sowohl nach französischen als auch nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften-- Verluste. Die Klägerin hat die Verluste der Streitjahre 2000 und 2001 in Frankreich weder durch einen Verlustrück- noch durch einen Verlustvortrag nutzen können. Die nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften ermittelten Betriebsstättenverluste betrugen 2000 insgesamt 508.584,69 DM (260.035 €) und 2001 insgesamt 515.570,76 DM (263.607 €).

2

Die Klägerin macht geltend, die in den Streitjahren erwirtschafteten Betriebsstättenverluste seien in Frankreich "definitiv" geworden; sie seien deswegen nach Maßgabe des Senatsurteils vom 17. Juli 2008 I R 84/04 (BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630) und im Einklang mit der gemeinschaftlichen Rechtslage im jeweiligen Verlustentstehungsjahr von der deutschen Bemessungsgrundlage abzuziehen: Zum einen habe das französische Steuerrecht lediglich einen auf fünf Jahre vortragsfähigen Verlustabzug ermöglicht. Zum anderen habe sie die französischen Betriebsstätten zum 30. September 2001 endgültig aufgegeben. Zur Gesetzeslage in Frankreich hat das Finanzgericht (FG) festgestellt: Nach Art. 209 des Code général des impôts (CGI) konnten Verluste körperschaftsteuerpflichtiger Steuersubjekte bis 2004 fünf Jahre oder, soweit sie aus Abschreibungen stammten, unbegrenzt vorgetragen werden; ab 2004 ist ein Verlustvortrag insgesamt zeitlich unbegrenzt möglich (Art. 209 I CGI). Auf Antrag des Unternehmens ist auch ein dreijähriger Verlustrücktrag zulässig (Art. 220 "quinquies" CGI). Gemäß Art. 209 II CGI können zudem bei einer Fusion oder einer Transaktion, die der Fusion gleichgestellt ist und der Regelung des Art. 210 A CGI unterliegt, frühere Verluste und der Zinsteil nach Art. 212 II Abs. 1 Unterabs. 6 CGI, die noch nicht von der übernommenen oder einbringenden Gesellschaft ausgeglichen wurden, vorbehaltlich einer nach Art. 1649 "nonies" erteilten Zustimmung des Finanzministers auf die übernehmende(n) Gesellschaft(en) übertragen und auf deren spätere Gewinne angerechnet werden. Bei einer Unternehmensspaltung oder der Einbringung nur eines Teils des Aktivvermögens werden die Verluste übertragen, die in den jeweils eingebrachten Geschäftsbereich fallen. Die ministerielle Zustimmung wird erteilt, wenn die Transaktion aus wirtschaftlicher Sicht gerechtfertigt ist und hauptsächlich aus anderen als steuerrechtlichen Gründen durchgeführt wird und wenn die übernehmende(n) Gesellschaft(en) mindestens drei Jahre lang die Geschäftstätigkeit fortführt/fortführen, die zu den Verlusten oder Zinsverpflichtungen geführt hat, deren Übertrag beantragt wird.

3

Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte den Verlustabzug ab. Mit ihrer anschließenden Klage hatte die Klägerin teilweisen Erfolg: Das FG Hamburg sprach ihr durch Urteil vom 18. November 2009  6 K 147/08 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2010, 265) den beanspruchten Verlustabzug zu und bezog die Verluste in die körperschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage ein, rechnete sie sodann jedoch im Rahmen der Ermittlung des Gewerbeertrages als negative Kürzungsbeträge nach § 9 Nr. 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 1999) wieder hinzu.

4

Ihre Revisionen stützen das FA auf Verletzung materiellen und die Klägerin auf Verletzung materiellen sowie zusätzlich formellen Rechts.

5

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das FG-Urteil hinsichtlich der Gewerbesteuermessbeträge 2000 und 2001 aufzuheben und die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide dahin zu ändern, dass für 2000 ein zusätzlicher gewinnmindernder Verlust von 260.035 € und für 2001 ein zusätzlicher gewinnmindernder Verlust von 263.607 € berücksichtigt werden, hilfsweise, dass für 2001 ein zusätzlicher gewinnmindernder Verlust von insgesamt 523.642 € (aus 2000 und aus 2001) berücksichtigt wird.

6

Das FA beantragt sinngemäß, das FG-Urteil hinsichtlich der Körperschaftsteuer 2000 aufzuheben und die Klage vollen Umfangs abzuweisen.

7

Beide Beteiligte beantragen wechselseitig, die Revision des jeweils anderen zurückzuweisen.

8

Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat sich in der Sache dem FA angeschlossen (vgl. auch BMF-Schreiben vom 13. Juli 2009, BStBl I 2009, 835), jedoch keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

9

B. Beide Revisionen sind begründet, die Revision des FA ist das in vollem Umfang und diejenige der Klägerin ist das teilweise bezogen auf den Gewerbesteuermessbetrag 2001; im Übrigen ist ihre Revision unbegründet:

10

Die Vorinstanz hat zwar zu Recht die Verluste der beiden Auslandsbetriebsstätten bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der Klägerin berücksichtigt. Allerdings hätte das nicht im Streitjahr 2000 geschehen dürfen. Das FA ist deswegen mit seiner Revision gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2000 im Ergebnis erfolgreich. Insoweit ist das FG-Urteil aufzuheben und ist die Klage abzuweisen (nachfolgend I.). Gleichermaßen ist für die Ermittlung der Gewerbeerträge zu verfahren: Der Verlustabzug ist der Klägerin auch insoweit zu ermöglichen, eine "negative Kürzung" gemäß § 9 Nr. 3 GewStG 1999 scheidet aus. Das hat das FG verkannt. Es hat die Klage diesbezüglich für das Streitjahr 2000 im Ergebnis dennoch zu Recht abgewiesen, weil die Verluste in diesem Jahr noch nicht berücksichtigt werden konnten. Für das Streitjahr 2001 ist das anders und ist der Klage mit ihrem Hilfsantrag stattzugeben. Das angefochtene Urteil der Vorinstanz ist infolgedessen hinsichtlich des Gewerbesteuermessbetrages 2001 aufzuheben und der Messbetrag ist insoweit anderweitig festzusetzen (nachfolgend II.).

11

I. Revision des FA wegen Körperschaftsteuer 2000

12

Das FA hat mit seiner Revision im Ergebnis Erfolg.

13

1. Die im Inland ansässige und hier mit ihren sämtlichen Einkünften (vgl. § 1 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG 1999--) unbeschränkt steuerpflichtige Klägerin erwirtschaftete mit ihren in Frankreich belegenen Betriebsstätten im Streitjahr 2000 Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen i.S. von Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 7 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern --DBA-Frankreich-- (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343) in der in den Streitjahren gültigen Fassung. Die Einkünfte aus diesen Betriebsstätten können gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 DBA-Frankreich in Frankreich besteuert werden und sind von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen (Art. 20 Abs. 1 Buchst. a DBA-Frankreich). Die insoweit anzustellende Einkünfteermittlung richtet sich nach deutschem Recht.

14

2. Da sich der Begriff der Betriebsstätteneinkünfte auf einen Nettobetrag bezieht, entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, dass auch Betriebsstättenverluste aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind; das gilt auch für die mit Frankreich vereinbarte Abkommenslage. Auf das Senatsurteil in BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630, und die dort (für die parallele Abkommenslage mit Luxemburg) gegebenen weiteren Nachweise wird verwiesen.

15

3. Fraglich und unter den Beteiligten streitig ist jedoch, ob die Verluste, die die Klägerin mit ihren französischen Betriebsstätten im Streitjahr 2000 erwirtschaftet hat, gleichwohl in diesem Jahr in Deutschland bei der Gewinnermittlung (§ 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG 1997-- i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999) zu berücksichtigen sind, weil sie sich in Frankreich weder in diesem Jahr noch in den Folgejahren ausgewirkt haben. Das ist mit dem FG und in Einklang mit der Gemeinschaftsrechtslage --hier bei der in Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG), sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997 Nr. C-340, 1), jetzt Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union --AEUV-- i.d.F. des Vertrages von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Amtsblatt der Europäischen Union 2007 Nr. C 306/01), verbürgten freien Wahl der Niederlassung-- zu bejahen; der dem entgegenstehenden Verwaltungspraxis (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 835; Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung vom 19. Februar 2010, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2010, 444) ist nicht beizupflichten.

16

a) Wie der Gerichtshof der Europäischen Union, ehemals Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), durch Urteil vom 15. Mai 2008 C-414/06 "Lidl Belgium" (Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692) entschieden hat, verstößt die so verstandene Abkommensregelung im Grundsatz dann nicht gegen die gemeinschaftlichen Grundfreiheiten, wenn die Verluste der in dem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte bei der Besteuerung der Einkünfte dieser Betriebsstätte in jenem Mitgliedstaat für künftige Steuerzeiträume berücksichtigt werden können. Im Einzelnen verweist der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, zur Begründung auf das Urteil des EuGH in Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692. Ein Abzug der (nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts ermittelten) französischen Betriebsstättenverluste im Streitjahr kommt in Einklang mit dem vorzitierten EuGH-Urteil und aufgrund des prinzipiellen Anwendungsvorrangs gemeinschaftlichen Primärrechts (und damit der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten) vor nationalem Recht sonach nur dann in Betracht, wenn die Klägerin die in Frankreich für den betreffenden Besteuerungszeitraum sowie für frühere Besteuerungszeiträume vorgesehenen Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten tatsächlich ausgeschöpft hat, ggf. durch Übertragung dieser Verluste auf einen Dritten oder ihre Verrechnung mit Gewinnen, die die Betriebsstätte in früheren Zeiträumen erwirtschaftet hat, und wenn im Streitjahr keine Möglichkeit besteht, dass die Verluste der Betriebsstätte in Frankreich für künftige Zeiträume von ihr selbst oder von einem Dritten berücksichtigt werden. Dazu hat der EuGH in seinem Urteil vom 23. Oktober 2008 C-157/07 "Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt" (Slg. 2008, I-8061, dort Tz. 48 ff.) weiter präzisiert, dass "in Ermangelung gemeinschaftlicher Vereinheitlichungs- oder Harmonisierungsmaßnahmen die Mitgliedstaaten dafür zuständig bleiben, die Kriterien für die Besteuerung des Einkommens und des Vermögens festzulegen, um die Doppelbesteuerung gegebenenfalls im Vertragswege zu beseitigen ... Diese Zuständigkeit beinhaltet auch, dass ein Staat für die Zwecke seines eigenen Steuerrechts nicht verpflichtet sein kann, die eventuell ungünstigen Auswirkungen der Besonderheiten einer Regelung eines anderen Staates zu berücksichtigen, die auf eine Betriebsstätte anwendbar ist, die in diesem Staat belegen ist und zu einer im erstgenannten Staat ansässigen Gesellschaft gehört ... Selbst wenn man unterstellt, dass das Zusammenwirken der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des Stammhauses der betreffenden Betriebsstätte mit der Besteuerung im Betriebsstättenstaat zu einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit führen kann, ist eine solche Beschränkung ausschließlich dem letztgenannten Staat zuzurechnen", da sich die Beschränkung nicht aus der fraglichen Steuerregelung ergäbe, sondern aus der Aufteilung der Steuerhoheit durch das zwischen den beiden betreffenden Staaten abgeschlossene Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

17

Die letzteren Ausführungen hat der EuGH zwar in Zusammenhang mit einem sog. asymmetrischen Konzept des Verlustabzugs getroffen, also einem Konzept, bei welchem Verluste ausländischer Betriebsstätten ungeachtet der Nichterfassung spiegelbildlicher Gewinne im Ansässigkeitsstaat zunächst zum Abzug zugelassen werden, das aber unter dem Vorbehalt einer späteren Nachversteuerung dieser Verluste im Ausmaß nachfolgend anfallender Gewinne der ausländischen Betriebsstätte (als ehemaliger Verlustquelle). Darüber hatte der Senat in seinem Urteil vom 3. Februar 2010 I R 23/09 (DStR 2010, 918, BStBl II 2010, 599) zu entscheiden. Es ist aber prinzipiell kein Grund ersichtlich, jene Situation abweichend von der Situation zu behandeln, bei der der Verlustabzug in "symmetrischer" Weise von vornherein ausgespart bleibt. Hier wie dort bleibt es dabei und entspricht es dem gegenwärtigen Stand der Steuerharmonisierung, jedem Mitgliedstaat die Freiheit zu belassen, die ihm abkommensrechtlich zugewiesenen Einkünfte nach Maßgabe seines nationalen Steuerrechts (in gleichheitsgerechter Weise) vorzunehmen. Zu dieser Steuerhoheit gehört es auch, den Verlustabzug --sei es durch eine zeitliche Befristung des Verlustvortrags, sei es durch ähnliche Maßnahmen-- zu beschränken. Es ist dann hier wie dort aber nicht dem Ansässigkeitsstaat zu überantworten, dadurch endgültig unberücksichtigt bleibende Verlustvorträge durch den Abzug jener Verluste auszugleichen (im Ergebnis ebenso z.B. Cordewener, Internationale Wirtschafts-Briefe --IWB-- Fach 11, Gruppe 2, 989; Gosch in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 2a Rz 5; derselbe, BFH/PR 2009, 16 und 2010, 274; Lamprecht, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2008, 766; Schulz-Trieglaff, Steuern und Bilanzen 2009, 260, 263; Herkenroth/Striegel in Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG und KStG, § 2a EStG Rz 10; Wagner, Der Konzern 2009, 235, 240; Lühn, Betriebs-Berater --BB-- 2009, 90, 92; Lavrelashvili/Müller, Europäisches Wirtschafts- & Steuerrecht 2009, 164, 167; Köhler in Kessler/Förster/Watrin [Hrsg.], Unternehmensbesteuerung, Festschrift für Herzig, 2010, S. 953 ff., 960, 979 f.; s. auch Senatsurteil in DStR 2010, 918; anders z.B. Haslehner, Steuer und Wirtschaft International 2008, 561; Hohenwarter, Verlustverwertung im Konzern, 2010, S. 327 f.; Knipping, IStR 2009, 275; Breuninger/Ernst, DStR 2009, 1981; Ditz/Plansky, Der Betrieb 2009, 1669, 1671; zweifelnd Jü. Lüdicke/Braunagel in Lüdicke/Kempf/Brink [Hrsg.], Verluste im Steuerrecht, 2010, S. 181 f.).

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b) Anders verhält es sich indessen dann, wenn nicht die Verlustabzugsbeschränkungen und -verbote desjenigen Mitgliedstaates für die "Finalität" der fraglichen Verluste ausschlaggebend sind, sondern wenn dies --wenn auch unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Quellenstaat-- auf tatsächliche Gegebenheiten zurückzuführen ist. Das ist zwar nicht bereits dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige eine ihm rechtlich mögliche Verlustverwertung, beispielsweise mittels Rücktrags oder Vortrags, oder ihm anderweitig leichthin mögliche wirtschaftlich vernünftige Verwertungshandlungen, unterlässt. Der EuGH erwähnt zu letzterem die Möglichkeit der Übertragung der Verluste auf einen Dritten (EuGH-Urteile in Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692; vom 13. Dezember 2005 C-446/03 "Marks and Spencer", Slg. 2005, I-10837, Tz. 55). Er gibt damit zu erkennen, dass er die Verlustverrechnung im Ansässigkeitsstaat als ultima ratio ansieht (vgl. Hohenwarter, a.a.O., S. 521; Mayr, BB 2008, 1816). Das ist indessen der Fall, wenn die Verluste im Ausland unbeschadet der dort herrschenden rechtlichen Rahmenbedingungen definitiv keiner anderweitigen Berücksichtigung mehr zugänglich sind (z.B. Hohenwarter, a.a.O., S. 523 ff.; Schnitger, IWB Fach 11 Gruppe 2, 829, 835; v. Brocke, DStR 2008, 2201; Gosch, BFH/PR 2009, 16, und 2010, 274). So kann es sich bei einer Betriebsstätte etwa unter jenen tatsächlichen Umständen verhalten, welche in § 2a Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 2 EStG 1997 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) tatbestandlich aufgeführt sind, also bei Umwandlung der Auslandsbetriebsstätte in eine Kapitalgesellschaft, ihrer entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung oder ihrer endgültigen Aufgabe. Für diese Fälle unterstellt das Gesetz eine "Endgültigkeit" der betreffenden Verluste. Dies geschieht zwar in anderem Zusammenhang des (früheren) asymmetrischen Abzugs von Auslandsverlusten mit potentieller Nachversteuerung im Gewinnfall nach § 2a Abs. 3 EStG a.F. Gleichermaßen liegen die Dinge aber, wenn in Fällen der Umwandlung, des Verkaufs oder der Übertragung oder der Aufgabe der Betriebsstätte eine zukünftige Verlustnutzung in Einklang mit dem ausländischen Steuerrecht definitiv ausgeschlossen ist. Nur dann macht die Rechtsprechung des EuGH --prinzipielle Akzeptanz der sog. Symmetriethese mit der Ausnahme des Abzugs "finaler" Verluste im Ansässigkeitsstaat-- "Sinn". Würde die "Finalität" jener Verluste auch unter dergleichen Umständen versagt, liefe die besagte Rechtsprechung von vornherein leer. Das aber kann nicht unterstellt werden und widerspräche auch den insoweit klaren Äußerungen des EuGH in Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692.

19

Ob und unter welchen Voraussetzungen vermieden werden kann, dass die Verluste ggf. mehrfach abgezogen werden, falls im Quellenstaat in den Folgejahren doch noch eine Verlustberücksichtigung in Betracht kommt (beispielsweise für den Fall einer späteren Neubegründung einer Betriebsstätte in jenem Staat unter Weiternutzung der in der Vergangenheit aufgelaufenen Verluste), kann im Streitfall dahinstehen; der vom FG festgestellte Sachverhalt ergibt dafür keinen Anhalt. Der Senat weist aber darauf hin, dass unter einer derartigen Gegebenheit die "Finalität" der Verluste nachträglich entfiele und ein rückwirkendes Ereignis vorliegen dürfte, das über § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung eine Bescheidänderung ermöglicht.

20

c) Für den Streitfall bedeutet dies, dass die in Rede stehenden Verluste der französischen Betriebsstätten trotz der abkommensrechtlich vereinbarten "Symmetrie" der Einkünfteabgrenzung zwischen Deutschland und Frankreich in Deutschland bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind. Die im Streitjahr entstandenen Verluste konnten zwar nach Maßgabe des vom FG bindend (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) festgestellten französischen Steuerrechts unter bestimmten --und von der Klägerin prinzipiell erfüllten-- Voraussetzungen für maximal drei Jahre rück- und für maximal fünf Jahre vorgetragen werden. Das FG hat jedoch ebenfalls bindend festgestellt, dass ein hiernach grundsätzlich möglicher Verlustrücktrag angesichts der Ertragssituation der Klägerin in den Vorjahren scheiterte. Ebenso wenig konnte sie in den nachfolgenden Veranlagungszeiträumen den ihr grundsätzlich eingeräumten Verlustvortrag wahrnehmen. Ein solcher Verlustvortrag ist dadurch faktisch "unterlaufen" worden, dass die Betriebsstätten bereits im September 2001 --einem weiteren Verlustjahr-- endgültig aufgegeben worden sind. Es sind also nicht die Verlustabzugsregelungen des französischen Steuerrechts, die die "Finalität" des Verlustabzugs endgültig herbeiführen, sondern es ist dies in Art einer "überholenden Kausalität" die tatsächliche Gegebenheit der Betriebsstättenaufgabe. Diese ist aber für den ausnahmsweisen Verlustabzug im Ansässigkeitsstaat maßgeblich.

21

4. Dieser Verlustabzug richtet sich uneingeschränkt nach den dafür einschlägigen innerstaatlichen Regelungen. Allerdings bedeutet das noch nicht, dass die Verluste, welche im Streitjahr 2000 entstanden sind, auch in jenem Jahr zu berücksichtigen wären. Dafür könnten zwar der Grundsatz der Leistungsfähigkeit und die Gleichbehandlung mit gleichgelagerten Inlandssachverhalten sprechen. Doch sind beide Aspekte infolge der abkommensrechtlich vereinbarten und gemeinschaftlich konsentierten "Symmetrie" der Freistellung auch von Verlusten für das Verlustentstehungsjahr im Ansässigkeitsstaat gewissermaßen suspendiert. So gesehen kann es auf der Basis der sog. Symmetriethese für den ausnahmsweisen Verlustabzug im Ansässigkeitsstaat nur auf jenen Veranlagungszeitraum ankommen, in welchem die Verluste tatsächlich "final" geworden sind (ebenso FG Düsseldorf, Urteil vom 8. September 2009  6 K 308/04 K, EFG 2010, 389; vgl. auch z.B. Mayr in Lang/Schuch/Saringer/ Stefaner [Hrsg.], Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 2007, S. 24; Englisch, IStR 2008, 404; Gosch, BFH/PR 2008, 302 und 491; de Weerth, IStR 2008, 405; anders z.B. Ditz/Plansky, DB 2009, 1669; Intemann, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB-- 2009, 3092; Breuninger/Ernst, DStR 2009, 1981; Schnitger, IWB Fach 11 Gruppe 2, 829; Sedemund, DB 2008, 1120; Sedemund/ Wegner, DB 2008, 2565; von Brocke, DStR 2008, 2201, Rehm/ Nagler, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 2008, 1175; Mayr, BB 2008, 1816; Roser, Die Unternehmensbesteuerung --Ubg-- 2010, 30, 33 f.). Das korrespondiert wiederum damit, dass andernfalls --bei einem ausgenutzten Verlustvortrag im Betriebsstättenstaat in einem dem Verlustentstehungsjahr nachfolgenden Veranlagungszeitraum-- ebenfalls eine Verlustberücksichtigung nur in diesem späteren Veranlagungszeitraum gegriffen hätte, nicht aber im Veranlagungszeitraum der Verlustentstehung. Die vom FG befürchtete Doppelberücksichtigung der betreffenden negativen Ergebnisse, einmal über den Verlustabzug im "Finalitätsjahr" und ein anderes Mal über einen negativen Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997 im Entstehungsjahr, droht bei einer solchen Handhabung im Regelfall schon deswegen nicht, weil § 2a Abs. 1 und § 32b Abs. 1 Nr. 3 letzter Halbsatz EStG 1997 eine Berücksichtigung der nach Abkommensrecht "symmetrisch" freigestellten negativen Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts weitgehend sperrt; überdies scheidet ein derartiger Vorbehalt bei einer Kapitalgesellschaft, wie vorliegend die Klägerin, wegen des für diese geltenden linearen Steuersatzes ohnehin aus. Schließlich erleichtert die "phasenverschobene" Verlustberücksichtigung im "Finalitätsjahr" die praktische Handhabung des durch den gemeinschaftsrechtlichen Anwendungsvorrang bedingten ausnahmsweisen Abzugs der finalen Auslandsverluste, die ja an sich im Gegensatz zu den Rechtsregeln des deutschen Steuerrechts steht (zu dem sich anderweitig stellenden Praxisproblem s. Roser, Ubg 2010, 30, 34). Dass die finalen Verluste nicht gesondert nach § 10d Abs. 4 EStG 1997 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999 festgestellt worden sind, widerspricht dem nicht; es gibt keinen gemeinschaftsrechtlich gebotenen Zwang, verbleibende Auslandsverlustvorträge gesondert festzustellen. Eine solche gesonderte Feststellung auch "finaler" verbleibender ausländischer Verlustvorträge käme aus Gründen der Gleichbehandlung mit verbleibenden Inlandsverlusten allenfalls von jenem Veranlagungszeitraum an in Betracht, in dem die "Finalität" erstmals feststeht, eine vollständige Verlustnutzung jedoch in diesem Veranlagungszeitraum aufgrund fehlender positiver Einkünfte ausgeschlossen ist. Eine solche Situation ist vorliegend nach Lage der Dinge ebenso wenig zu beurteilen wie die Situation verbleibender Auslandsverlustvorträge aufgrund eines (erstmaligen) Wechsels in die unbeschränkte Steuerpflicht, über die der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 24. Februar 2010 IX R 57/09 (DStR 2010, 693) zu entscheiden hatte.

22

5. Legt man dies zugrunde, war das Urteil der Vorinstanz, die dazu eine abweichende Rechtsauffassung vertreten hat, insoweit aufzuheben. Die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2000 ist abzuweisen.

23

II. Revision der Klägerin wegen Gewerbesteuermessbeträgen 2000 und 2001

24

Auch die Klägerin hat mit ihrer Revision Erfolg, das aber nur, soweit sich diese Hilfsanträglich gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2001 richtet.

25

1. Gemäß § 7 Satz 1 GewStG 1999 ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt oder vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG 1999 bezeichneten Beträge. Der Gewerbeertrag entspricht somit, abgesehen von den gewerbesteuerlichen Zu- und Abrechnungen, grundsätzlich dem Gewinn aus Gewerbebetrieb, der der Bemessung der Einkommen- und Körperschaftsteuer zugrunde zu legen ist. Zur Bemessungsgrundlage der Einkommen- und Körperschaftsteuer und damit auch zum Gewerbeertrag gehören nicht Einnahmen, die entweder unter keine Einkunftsart fallen oder aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften als steuerfrei behandelt werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12. Januar 1978 IV R 84/74, BFHE 124, 204, BStBl II 1978, 267; Senatsurteil vom 8. Mai 1991 I R 33/90, BFHE 165, 191, BStBl II 1992, 437). Dies gilt nur dann nicht, wenn sich unmittelbar aus dem Gewerbesteuergesetz etwas anderes ergibt oder soweit die steuerbefreiende Vorschrift mit dem besonderen Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer nicht in Einklang steht (vgl. BFH-Urteile in BFHE 124, 204, BStBl II 1978, 267; vom 24. Oktober 1990 X R 64/89, BFHE 163, 42, BStBl II 1991, 358; in BFHE 165, 191, BStBl II 1992, 437; vom 3. April 2008 IV R 54/04, BFHE 220, 495, BStBl II 2008, 742, jeweils m.w.N.).

26

2. Auf dieser Basis sind die in Rede stehenden Auslandsverluste auch in die Ermittlung des Gewerbeertrages einzubeziehen.

27

Die Klägerin unterliegt als im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft der Gewerbesteuer zwar nur, soweit sie ihren Gewerbebetrieb im Inland betreibt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG 1999). Als Konsequenz der Begrenzung des Objekts der Gewerbesteuer auf das Inland bestimmt § 9 Nr. 3 GewStG 1999, dass die zur Berechnung des Gewerbeertrags führende Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um den Teil des Gewerbeertrags des inländischen Unternehmens gekürzt wird, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt. Dabei kann der Teil des Gewerbeertrags, um den die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen zu kürzen ist, ein auf eine ausländische Betriebsstätte entfallender Gewinn, aber auch ein darauf entfallender Verlust sein; in § 9 Nr. 3 GewStG 1999 verwirklicht sich also für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrages eine spezielle symmetrische Freistellung positiver wie negativer Betriebsstättenergebnisse (vgl. Gosch in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 9 GewStG Rz 220, m.w.N.).

28

Dieser speziellen (und unilateralen) gewerbesteuerlichen Freistellung bedarf es nicht, wenn die abkommensrechtlich (also bilateral) vereinbarte symmetrische Freistellung im Rahmen der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens greift; jene Freistellung wirkt sich dann bereits über § 7 Satz 1 GewStG 1999 (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999) auf die Ermittlung des Gewerbeertrages aus. Anders verhält es sich dann, wenn kein Abkommen oder ein solches mit der Vermeidung der Doppelbesteuerung durch Anrechnung oder wenn ein Abkommen mit Freistellung vereinbart wurde, wenn aber zugleich die gemeinschaftlichen Grundfreiheiten die Einbeziehung "finaler" Auslandsbetriebsstättenverluste bei der Gewinnermittlung erzwingen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, die gemeinschaftlichen Erfordernisse und deren Anwendungsvorrang unter diesen Umständen nicht auch auf die Gewerbesteuer durchschlagen zu lassen. Der strukturelle Inlandsbezug der Gewerbesteuer und damit das Territorialitätsprinzip widersprechen dem schon deswegen nicht, weil sich die Ausgangslagen dort und bei zwischenstaatlicher Vereinbarung der Freistellungsmethode nicht unterscheiden (s. auch EuGH-Urteil in Slg. 2005, I-10837, Tz. 39 f.). Denn hier wie dort werden Auslandseinkünfte prinzipiell "symmetrisch" bei der Einkünfte- und Gewerbeertragsermittlung abgeschirmt; dementsprechend sind sowohl die Körperschaft- als auch die Gewerbesteuern gleichermaßen in den sachlichen Geltungsbereich der Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, vorliegend nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b und Buchst. e DBA-Frankreich, einbezogen. Vor diesem Hintergrund geht es darum, die "finalen" Auslandsverluste unbeschadet ihrer Freistellung --gleichviel, auf welcher Rechtsgrundlage diese beruht, ob auf einer DBA-Freistellung oder gewinnkorrigierend durch negative Kürzung gemäß § 9 Nr. 3 GewStG 1999-- einmal zum Abzug zuzulassen; sie sollen nicht im "steuerlichen Niemandsland" verschwinden und werden deshalb für den Ansässigkeitsstaat unabhängig von ihrer territorialen Verursachung wie Inlandsverluste behandelt. Das gilt für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens, nicht weniger aber für die daran anknüpfende Ermittlung des Gewerbeertrages (s. zur gemeinschaftlichen Gleichbehandlung der Gewerbeertragsteuer auch Senatsurteil vom 3. Februar 2010 I R 21/06, IStR 2010, 403, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Mit der seitens der Finanzverwaltung aufgeworfenen --und vom FG bestätigten-- Frage der (sog. umgekehrten) Inländergleichbehandlung im engeren Sinne (s. dazu bezogen auf die Gewerbesteuer BFH-Urteil vom 18. September 2003 X R 2/00, BFHE 203, 263, BStBl II 2004, 17; s. auch Senatsbeschluss vom 15. Juli 2005 I R 21/04, BFHE 210, 43, BStBl II 2005, 716) hat das nichts zu tun, ebenso wenig mit der Situation einer auf das Inland bezogenen konzernierten Besteuerung, über die der EuGH in der Sache "X-Holding" im Urteil vom 25. Februar 2010 C-337/08 (DStR 2010, 427) zu befinden hatte. Ziel ist es vielmehr allein, die Beschränkungen, welche mit den bilateral (über die "Symmetriethese") oder auch unilateral (vgl. § 2a EStG 1997) bedingten Aussparungen von Auslandseinkünften verbunden sind, ausnahmsweise und unbeschadet des Territorialitätsprinzips zu durchbrechen (ebenso Schön, IStR 2004, 289, 294; Roser, Ubg 2010, 30, 38 ff.).

29

3. Gleichermaßen wie bei der Körperschaftsteuer sind die betreffenden Auslandsverluste aber nur im Erhebungszeitraum 2001 als dem maßgeblichen "Finalitäts-Erhebungszeitraum" einzubeziehen. Das betrifft sowohl jene Verluste, welche in 2001, als auch jene Verluste, welche in 2000 erwirtschaftet wurden; auf den "Entstehungs-Erhebungszeitraum" kommt es insoweit nicht an. Im Einzelnen ist auf die Ausführungen unter B.I.3. zu verweisen.

30

4. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Vorinstanz im Ergebnis für das Streitjahr 2000 richtig entschieden hat, obwohl die von ihr vertretene Rechtsauffassung von jener des erkennenden Senats in der Sache abweicht. Für das Streitjahr 2001 war das FG-Urteil jedoch aufzuheben und ist der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid insoweit nach Maßgabe der Urteilsgründe und im Rahmen des von der Klägerin gestellten Hilfsantrags --die kumulierte Berücksichtigung der Betriebsstättenverluste aus 2000 ebenso wie aus 2001-- abzuändern. Die Ermittlung und Berechnung des festzusetzenden Messbetrages wird dem FA überlassen (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

31

III. Der Senat erachtet die aufgezeigte Gemeinschaftsrechtslage sowohl im Hinblick auf die Körperschaftsteuer als auch auf die Gewerbesteuer in Anbetracht der zitierten Ausführungen des EuGH als eindeutig (s. bereits Senatsurteil in DStR 2010, 918). Einer (abermaligen) Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 AEUV bedurfte es deshalb nicht (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 "C.I.L.F.I.T.", EuGHE 1982, 3415).

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

Tatbestand

1

A. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, unterhielt bis zum 30. September 2001 Betriebsstätten in Frankreich. Die Betriebsstätten erwirtschafteten in den Jahren 1998 bis 2001 --sowohl nach französischen als auch nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften-- Verluste. Die Klägerin hat die Verluste der Streitjahre 2000 und 2001 in Frankreich weder durch einen Verlustrück- noch durch einen Verlustvortrag nutzen können. Die nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften ermittelten Betriebsstättenverluste betrugen 2000 insgesamt 508.584,69 DM (260.035 €) und 2001 insgesamt 515.570,76 DM (263.607 €).

2

Die Klägerin macht geltend, die in den Streitjahren erwirtschafteten Betriebsstättenverluste seien in Frankreich "definitiv" geworden; sie seien deswegen nach Maßgabe des Senatsurteils vom 17. Juli 2008 I R 84/04 (BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630) und im Einklang mit der gemeinschaftlichen Rechtslage im jeweiligen Verlustentstehungsjahr von der deutschen Bemessungsgrundlage abzuziehen: Zum einen habe das französische Steuerrecht lediglich einen auf fünf Jahre vortragsfähigen Verlustabzug ermöglicht. Zum anderen habe sie die französischen Betriebsstätten zum 30. September 2001 endgültig aufgegeben. Zur Gesetzeslage in Frankreich hat das Finanzgericht (FG) festgestellt: Nach Art. 209 des Code général des impôts (CGI) konnten Verluste körperschaftsteuerpflichtiger Steuersubjekte bis 2004 fünf Jahre oder, soweit sie aus Abschreibungen stammten, unbegrenzt vorgetragen werden; ab 2004 ist ein Verlustvortrag insgesamt zeitlich unbegrenzt möglich (Art. 209 I CGI). Auf Antrag des Unternehmens ist auch ein dreijähriger Verlustrücktrag zulässig (Art. 220 "quinquies" CGI). Gemäß Art. 209 II CGI können zudem bei einer Fusion oder einer Transaktion, die der Fusion gleichgestellt ist und der Regelung des Art. 210 A CGI unterliegt, frühere Verluste und der Zinsteil nach Art. 212 II Abs. 1 Unterabs. 6 CGI, die noch nicht von der übernommenen oder einbringenden Gesellschaft ausgeglichen wurden, vorbehaltlich einer nach Art. 1649 "nonies" erteilten Zustimmung des Finanzministers auf die übernehmende(n) Gesellschaft(en) übertragen und auf deren spätere Gewinne angerechnet werden. Bei einer Unternehmensspaltung oder der Einbringung nur eines Teils des Aktivvermögens werden die Verluste übertragen, die in den jeweils eingebrachten Geschäftsbereich fallen. Die ministerielle Zustimmung wird erteilt, wenn die Transaktion aus wirtschaftlicher Sicht gerechtfertigt ist und hauptsächlich aus anderen als steuerrechtlichen Gründen durchgeführt wird und wenn die übernehmende(n) Gesellschaft(en) mindestens drei Jahre lang die Geschäftstätigkeit fortführt/fortführen, die zu den Verlusten oder Zinsverpflichtungen geführt hat, deren Übertrag beantragt wird.

3

Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte den Verlustabzug ab. Mit ihrer anschließenden Klage hatte die Klägerin teilweisen Erfolg: Das FG Hamburg sprach ihr durch Urteil vom 18. November 2009  6 K 147/08 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2010, 265) den beanspruchten Verlustabzug zu und bezog die Verluste in die körperschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage ein, rechnete sie sodann jedoch im Rahmen der Ermittlung des Gewerbeertrages als negative Kürzungsbeträge nach § 9 Nr. 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 1999) wieder hinzu.

4

Ihre Revisionen stützen das FA auf Verletzung materiellen und die Klägerin auf Verletzung materiellen sowie zusätzlich formellen Rechts.

5

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das FG-Urteil hinsichtlich der Gewerbesteuermessbeträge 2000 und 2001 aufzuheben und die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide dahin zu ändern, dass für 2000 ein zusätzlicher gewinnmindernder Verlust von 260.035 € und für 2001 ein zusätzlicher gewinnmindernder Verlust von 263.607 € berücksichtigt werden, hilfsweise, dass für 2001 ein zusätzlicher gewinnmindernder Verlust von insgesamt 523.642 € (aus 2000 und aus 2001) berücksichtigt wird.

6

Das FA beantragt sinngemäß, das FG-Urteil hinsichtlich der Körperschaftsteuer 2000 aufzuheben und die Klage vollen Umfangs abzuweisen.

7

Beide Beteiligte beantragen wechselseitig, die Revision des jeweils anderen zurückzuweisen.

8

Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat sich in der Sache dem FA angeschlossen (vgl. auch BMF-Schreiben vom 13. Juli 2009, BStBl I 2009, 835), jedoch keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

9

B. Beide Revisionen sind begründet, die Revision des FA ist das in vollem Umfang und diejenige der Klägerin ist das teilweise bezogen auf den Gewerbesteuermessbetrag 2001; im Übrigen ist ihre Revision unbegründet:

10

Die Vorinstanz hat zwar zu Recht die Verluste der beiden Auslandsbetriebsstätten bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der Klägerin berücksichtigt. Allerdings hätte das nicht im Streitjahr 2000 geschehen dürfen. Das FA ist deswegen mit seiner Revision gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2000 im Ergebnis erfolgreich. Insoweit ist das FG-Urteil aufzuheben und ist die Klage abzuweisen (nachfolgend I.). Gleichermaßen ist für die Ermittlung der Gewerbeerträge zu verfahren: Der Verlustabzug ist der Klägerin auch insoweit zu ermöglichen, eine "negative Kürzung" gemäß § 9 Nr. 3 GewStG 1999 scheidet aus. Das hat das FG verkannt. Es hat die Klage diesbezüglich für das Streitjahr 2000 im Ergebnis dennoch zu Recht abgewiesen, weil die Verluste in diesem Jahr noch nicht berücksichtigt werden konnten. Für das Streitjahr 2001 ist das anders und ist der Klage mit ihrem Hilfsantrag stattzugeben. Das angefochtene Urteil der Vorinstanz ist infolgedessen hinsichtlich des Gewerbesteuermessbetrages 2001 aufzuheben und der Messbetrag ist insoweit anderweitig festzusetzen (nachfolgend II.).

11

I. Revision des FA wegen Körperschaftsteuer 2000

12

Das FA hat mit seiner Revision im Ergebnis Erfolg.

13

1. Die im Inland ansässige und hier mit ihren sämtlichen Einkünften (vgl. § 1 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG 1999--) unbeschränkt steuerpflichtige Klägerin erwirtschaftete mit ihren in Frankreich belegenen Betriebsstätten im Streitjahr 2000 Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen i.S. von Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 7 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern --DBA-Frankreich-- (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343) in der in den Streitjahren gültigen Fassung. Die Einkünfte aus diesen Betriebsstätten können gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 DBA-Frankreich in Frankreich besteuert werden und sind von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen (Art. 20 Abs. 1 Buchst. a DBA-Frankreich). Die insoweit anzustellende Einkünfteermittlung richtet sich nach deutschem Recht.

14

2. Da sich der Begriff der Betriebsstätteneinkünfte auf einen Nettobetrag bezieht, entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, dass auch Betriebsstättenverluste aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind; das gilt auch für die mit Frankreich vereinbarte Abkommenslage. Auf das Senatsurteil in BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630, und die dort (für die parallele Abkommenslage mit Luxemburg) gegebenen weiteren Nachweise wird verwiesen.

15

3. Fraglich und unter den Beteiligten streitig ist jedoch, ob die Verluste, die die Klägerin mit ihren französischen Betriebsstätten im Streitjahr 2000 erwirtschaftet hat, gleichwohl in diesem Jahr in Deutschland bei der Gewinnermittlung (§ 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG 1997-- i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999) zu berücksichtigen sind, weil sie sich in Frankreich weder in diesem Jahr noch in den Folgejahren ausgewirkt haben. Das ist mit dem FG und in Einklang mit der Gemeinschaftsrechtslage --hier bei der in Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG), sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997 Nr. C-340, 1), jetzt Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union --AEUV-- i.d.F. des Vertrages von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Amtsblatt der Europäischen Union 2007 Nr. C 306/01), verbürgten freien Wahl der Niederlassung-- zu bejahen; der dem entgegenstehenden Verwaltungspraxis (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 835; Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung vom 19. Februar 2010, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2010, 444) ist nicht beizupflichten.

16

a) Wie der Gerichtshof der Europäischen Union, ehemals Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), durch Urteil vom 15. Mai 2008 C-414/06 "Lidl Belgium" (Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692) entschieden hat, verstößt die so verstandene Abkommensregelung im Grundsatz dann nicht gegen die gemeinschaftlichen Grundfreiheiten, wenn die Verluste der in dem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte bei der Besteuerung der Einkünfte dieser Betriebsstätte in jenem Mitgliedstaat für künftige Steuerzeiträume berücksichtigt werden können. Im Einzelnen verweist der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, zur Begründung auf das Urteil des EuGH in Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692. Ein Abzug der (nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts ermittelten) französischen Betriebsstättenverluste im Streitjahr kommt in Einklang mit dem vorzitierten EuGH-Urteil und aufgrund des prinzipiellen Anwendungsvorrangs gemeinschaftlichen Primärrechts (und damit der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten) vor nationalem Recht sonach nur dann in Betracht, wenn die Klägerin die in Frankreich für den betreffenden Besteuerungszeitraum sowie für frühere Besteuerungszeiträume vorgesehenen Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten tatsächlich ausgeschöpft hat, ggf. durch Übertragung dieser Verluste auf einen Dritten oder ihre Verrechnung mit Gewinnen, die die Betriebsstätte in früheren Zeiträumen erwirtschaftet hat, und wenn im Streitjahr keine Möglichkeit besteht, dass die Verluste der Betriebsstätte in Frankreich für künftige Zeiträume von ihr selbst oder von einem Dritten berücksichtigt werden. Dazu hat der EuGH in seinem Urteil vom 23. Oktober 2008 C-157/07 "Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt" (Slg. 2008, I-8061, dort Tz. 48 ff.) weiter präzisiert, dass "in Ermangelung gemeinschaftlicher Vereinheitlichungs- oder Harmonisierungsmaßnahmen die Mitgliedstaaten dafür zuständig bleiben, die Kriterien für die Besteuerung des Einkommens und des Vermögens festzulegen, um die Doppelbesteuerung gegebenenfalls im Vertragswege zu beseitigen ... Diese Zuständigkeit beinhaltet auch, dass ein Staat für die Zwecke seines eigenen Steuerrechts nicht verpflichtet sein kann, die eventuell ungünstigen Auswirkungen der Besonderheiten einer Regelung eines anderen Staates zu berücksichtigen, die auf eine Betriebsstätte anwendbar ist, die in diesem Staat belegen ist und zu einer im erstgenannten Staat ansässigen Gesellschaft gehört ... Selbst wenn man unterstellt, dass das Zusammenwirken der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des Stammhauses der betreffenden Betriebsstätte mit der Besteuerung im Betriebsstättenstaat zu einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit führen kann, ist eine solche Beschränkung ausschließlich dem letztgenannten Staat zuzurechnen", da sich die Beschränkung nicht aus der fraglichen Steuerregelung ergäbe, sondern aus der Aufteilung der Steuerhoheit durch das zwischen den beiden betreffenden Staaten abgeschlossene Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

17

Die letzteren Ausführungen hat der EuGH zwar in Zusammenhang mit einem sog. asymmetrischen Konzept des Verlustabzugs getroffen, also einem Konzept, bei welchem Verluste ausländischer Betriebsstätten ungeachtet der Nichterfassung spiegelbildlicher Gewinne im Ansässigkeitsstaat zunächst zum Abzug zugelassen werden, das aber unter dem Vorbehalt einer späteren Nachversteuerung dieser Verluste im Ausmaß nachfolgend anfallender Gewinne der ausländischen Betriebsstätte (als ehemaliger Verlustquelle). Darüber hatte der Senat in seinem Urteil vom 3. Februar 2010 I R 23/09 (DStR 2010, 918, BStBl II 2010, 599) zu entscheiden. Es ist aber prinzipiell kein Grund ersichtlich, jene Situation abweichend von der Situation zu behandeln, bei der der Verlustabzug in "symmetrischer" Weise von vornherein ausgespart bleibt. Hier wie dort bleibt es dabei und entspricht es dem gegenwärtigen Stand der Steuerharmonisierung, jedem Mitgliedstaat die Freiheit zu belassen, die ihm abkommensrechtlich zugewiesenen Einkünfte nach Maßgabe seines nationalen Steuerrechts (in gleichheitsgerechter Weise) vorzunehmen. Zu dieser Steuerhoheit gehört es auch, den Verlustabzug --sei es durch eine zeitliche Befristung des Verlustvortrags, sei es durch ähnliche Maßnahmen-- zu beschränken. Es ist dann hier wie dort aber nicht dem Ansässigkeitsstaat zu überantworten, dadurch endgültig unberücksichtigt bleibende Verlustvorträge durch den Abzug jener Verluste auszugleichen (im Ergebnis ebenso z.B. Cordewener, Internationale Wirtschafts-Briefe --IWB-- Fach 11, Gruppe 2, 989; Gosch in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 2a Rz 5; derselbe, BFH/PR 2009, 16 und 2010, 274; Lamprecht, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2008, 766; Schulz-Trieglaff, Steuern und Bilanzen 2009, 260, 263; Herkenroth/Striegel in Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG und KStG, § 2a EStG Rz 10; Wagner, Der Konzern 2009, 235, 240; Lühn, Betriebs-Berater --BB-- 2009, 90, 92; Lavrelashvili/Müller, Europäisches Wirtschafts- & Steuerrecht 2009, 164, 167; Köhler in Kessler/Förster/Watrin [Hrsg.], Unternehmensbesteuerung, Festschrift für Herzig, 2010, S. 953 ff., 960, 979 f.; s. auch Senatsurteil in DStR 2010, 918; anders z.B. Haslehner, Steuer und Wirtschaft International 2008, 561; Hohenwarter, Verlustverwertung im Konzern, 2010, S. 327 f.; Knipping, IStR 2009, 275; Breuninger/Ernst, DStR 2009, 1981; Ditz/Plansky, Der Betrieb 2009, 1669, 1671; zweifelnd Jü. Lüdicke/Braunagel in Lüdicke/Kempf/Brink [Hrsg.], Verluste im Steuerrecht, 2010, S. 181 f.).

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b) Anders verhält es sich indessen dann, wenn nicht die Verlustabzugsbeschränkungen und -verbote desjenigen Mitgliedstaates für die "Finalität" der fraglichen Verluste ausschlaggebend sind, sondern wenn dies --wenn auch unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Quellenstaat-- auf tatsächliche Gegebenheiten zurückzuführen ist. Das ist zwar nicht bereits dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige eine ihm rechtlich mögliche Verlustverwertung, beispielsweise mittels Rücktrags oder Vortrags, oder ihm anderweitig leichthin mögliche wirtschaftlich vernünftige Verwertungshandlungen, unterlässt. Der EuGH erwähnt zu letzterem die Möglichkeit der Übertragung der Verluste auf einen Dritten (EuGH-Urteile in Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692; vom 13. Dezember 2005 C-446/03 "Marks and Spencer", Slg. 2005, I-10837, Tz. 55). Er gibt damit zu erkennen, dass er die Verlustverrechnung im Ansässigkeitsstaat als ultima ratio ansieht (vgl. Hohenwarter, a.a.O., S. 521; Mayr, BB 2008, 1816). Das ist indessen der Fall, wenn die Verluste im Ausland unbeschadet der dort herrschenden rechtlichen Rahmenbedingungen definitiv keiner anderweitigen Berücksichtigung mehr zugänglich sind (z.B. Hohenwarter, a.a.O., S. 523 ff.; Schnitger, IWB Fach 11 Gruppe 2, 829, 835; v. Brocke, DStR 2008, 2201; Gosch, BFH/PR 2009, 16, und 2010, 274). So kann es sich bei einer Betriebsstätte etwa unter jenen tatsächlichen Umständen verhalten, welche in § 2a Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 2 EStG 1997 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) tatbestandlich aufgeführt sind, also bei Umwandlung der Auslandsbetriebsstätte in eine Kapitalgesellschaft, ihrer entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung oder ihrer endgültigen Aufgabe. Für diese Fälle unterstellt das Gesetz eine "Endgültigkeit" der betreffenden Verluste. Dies geschieht zwar in anderem Zusammenhang des (früheren) asymmetrischen Abzugs von Auslandsverlusten mit potentieller Nachversteuerung im Gewinnfall nach § 2a Abs. 3 EStG a.F. Gleichermaßen liegen die Dinge aber, wenn in Fällen der Umwandlung, des Verkaufs oder der Übertragung oder der Aufgabe der Betriebsstätte eine zukünftige Verlustnutzung in Einklang mit dem ausländischen Steuerrecht definitiv ausgeschlossen ist. Nur dann macht die Rechtsprechung des EuGH --prinzipielle Akzeptanz der sog. Symmetriethese mit der Ausnahme des Abzugs "finaler" Verluste im Ansässigkeitsstaat-- "Sinn". Würde die "Finalität" jener Verluste auch unter dergleichen Umständen versagt, liefe die besagte Rechtsprechung von vornherein leer. Das aber kann nicht unterstellt werden und widerspräche auch den insoweit klaren Äußerungen des EuGH in Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692.

19

Ob und unter welchen Voraussetzungen vermieden werden kann, dass die Verluste ggf. mehrfach abgezogen werden, falls im Quellenstaat in den Folgejahren doch noch eine Verlustberücksichtigung in Betracht kommt (beispielsweise für den Fall einer späteren Neubegründung einer Betriebsstätte in jenem Staat unter Weiternutzung der in der Vergangenheit aufgelaufenen Verluste), kann im Streitfall dahinstehen; der vom FG festgestellte Sachverhalt ergibt dafür keinen Anhalt. Der Senat weist aber darauf hin, dass unter einer derartigen Gegebenheit die "Finalität" der Verluste nachträglich entfiele und ein rückwirkendes Ereignis vorliegen dürfte, das über § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung eine Bescheidänderung ermöglicht.

20

c) Für den Streitfall bedeutet dies, dass die in Rede stehenden Verluste der französischen Betriebsstätten trotz der abkommensrechtlich vereinbarten "Symmetrie" der Einkünfteabgrenzung zwischen Deutschland und Frankreich in Deutschland bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind. Die im Streitjahr entstandenen Verluste konnten zwar nach Maßgabe des vom FG bindend (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) festgestellten französischen Steuerrechts unter bestimmten --und von der Klägerin prinzipiell erfüllten-- Voraussetzungen für maximal drei Jahre rück- und für maximal fünf Jahre vorgetragen werden. Das FG hat jedoch ebenfalls bindend festgestellt, dass ein hiernach grundsätzlich möglicher Verlustrücktrag angesichts der Ertragssituation der Klägerin in den Vorjahren scheiterte. Ebenso wenig konnte sie in den nachfolgenden Veranlagungszeiträumen den ihr grundsätzlich eingeräumten Verlustvortrag wahrnehmen. Ein solcher Verlustvortrag ist dadurch faktisch "unterlaufen" worden, dass die Betriebsstätten bereits im September 2001 --einem weiteren Verlustjahr-- endgültig aufgegeben worden sind. Es sind also nicht die Verlustabzugsregelungen des französischen Steuerrechts, die die "Finalität" des Verlustabzugs endgültig herbeiführen, sondern es ist dies in Art einer "überholenden Kausalität" die tatsächliche Gegebenheit der Betriebsstättenaufgabe. Diese ist aber für den ausnahmsweisen Verlustabzug im Ansässigkeitsstaat maßgeblich.

21

4. Dieser Verlustabzug richtet sich uneingeschränkt nach den dafür einschlägigen innerstaatlichen Regelungen. Allerdings bedeutet das noch nicht, dass die Verluste, welche im Streitjahr 2000 entstanden sind, auch in jenem Jahr zu berücksichtigen wären. Dafür könnten zwar der Grundsatz der Leistungsfähigkeit und die Gleichbehandlung mit gleichgelagerten Inlandssachverhalten sprechen. Doch sind beide Aspekte infolge der abkommensrechtlich vereinbarten und gemeinschaftlich konsentierten "Symmetrie" der Freistellung auch von Verlusten für das Verlustentstehungsjahr im Ansässigkeitsstaat gewissermaßen suspendiert. So gesehen kann es auf der Basis der sog. Symmetriethese für den ausnahmsweisen Verlustabzug im Ansässigkeitsstaat nur auf jenen Veranlagungszeitraum ankommen, in welchem die Verluste tatsächlich "final" geworden sind (ebenso FG Düsseldorf, Urteil vom 8. September 2009  6 K 308/04 K, EFG 2010, 389; vgl. auch z.B. Mayr in Lang/Schuch/Saringer/ Stefaner [Hrsg.], Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 2007, S. 24; Englisch, IStR 2008, 404; Gosch, BFH/PR 2008, 302 und 491; de Weerth, IStR 2008, 405; anders z.B. Ditz/Plansky, DB 2009, 1669; Intemann, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB-- 2009, 3092; Breuninger/Ernst, DStR 2009, 1981; Schnitger, IWB Fach 11 Gruppe 2, 829; Sedemund, DB 2008, 1120; Sedemund/ Wegner, DB 2008, 2565; von Brocke, DStR 2008, 2201, Rehm/ Nagler, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 2008, 1175; Mayr, BB 2008, 1816; Roser, Die Unternehmensbesteuerung --Ubg-- 2010, 30, 33 f.). Das korrespondiert wiederum damit, dass andernfalls --bei einem ausgenutzten Verlustvortrag im Betriebsstättenstaat in einem dem Verlustentstehungsjahr nachfolgenden Veranlagungszeitraum-- ebenfalls eine Verlustberücksichtigung nur in diesem späteren Veranlagungszeitraum gegriffen hätte, nicht aber im Veranlagungszeitraum der Verlustentstehung. Die vom FG befürchtete Doppelberücksichtigung der betreffenden negativen Ergebnisse, einmal über den Verlustabzug im "Finalitätsjahr" und ein anderes Mal über einen negativen Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997 im Entstehungsjahr, droht bei einer solchen Handhabung im Regelfall schon deswegen nicht, weil § 2a Abs. 1 und § 32b Abs. 1 Nr. 3 letzter Halbsatz EStG 1997 eine Berücksichtigung der nach Abkommensrecht "symmetrisch" freigestellten negativen Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts weitgehend sperrt; überdies scheidet ein derartiger Vorbehalt bei einer Kapitalgesellschaft, wie vorliegend die Klägerin, wegen des für diese geltenden linearen Steuersatzes ohnehin aus. Schließlich erleichtert die "phasenverschobene" Verlustberücksichtigung im "Finalitätsjahr" die praktische Handhabung des durch den gemeinschaftsrechtlichen Anwendungsvorrang bedingten ausnahmsweisen Abzugs der finalen Auslandsverluste, die ja an sich im Gegensatz zu den Rechtsregeln des deutschen Steuerrechts steht (zu dem sich anderweitig stellenden Praxisproblem s. Roser, Ubg 2010, 30, 34). Dass die finalen Verluste nicht gesondert nach § 10d Abs. 4 EStG 1997 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999 festgestellt worden sind, widerspricht dem nicht; es gibt keinen gemeinschaftsrechtlich gebotenen Zwang, verbleibende Auslandsverlustvorträge gesondert festzustellen. Eine solche gesonderte Feststellung auch "finaler" verbleibender ausländischer Verlustvorträge käme aus Gründen der Gleichbehandlung mit verbleibenden Inlandsverlusten allenfalls von jenem Veranlagungszeitraum an in Betracht, in dem die "Finalität" erstmals feststeht, eine vollständige Verlustnutzung jedoch in diesem Veranlagungszeitraum aufgrund fehlender positiver Einkünfte ausgeschlossen ist. Eine solche Situation ist vorliegend nach Lage der Dinge ebenso wenig zu beurteilen wie die Situation verbleibender Auslandsverlustvorträge aufgrund eines (erstmaligen) Wechsels in die unbeschränkte Steuerpflicht, über die der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 24. Februar 2010 IX R 57/09 (DStR 2010, 693) zu entscheiden hatte.

22

5. Legt man dies zugrunde, war das Urteil der Vorinstanz, die dazu eine abweichende Rechtsauffassung vertreten hat, insoweit aufzuheben. Die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2000 ist abzuweisen.

23

II. Revision der Klägerin wegen Gewerbesteuermessbeträgen 2000 und 2001

24

Auch die Klägerin hat mit ihrer Revision Erfolg, das aber nur, soweit sich diese Hilfsanträglich gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2001 richtet.

25

1. Gemäß § 7 Satz 1 GewStG 1999 ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt oder vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG 1999 bezeichneten Beträge. Der Gewerbeertrag entspricht somit, abgesehen von den gewerbesteuerlichen Zu- und Abrechnungen, grundsätzlich dem Gewinn aus Gewerbebetrieb, der der Bemessung der Einkommen- und Körperschaftsteuer zugrunde zu legen ist. Zur Bemessungsgrundlage der Einkommen- und Körperschaftsteuer und damit auch zum Gewerbeertrag gehören nicht Einnahmen, die entweder unter keine Einkunftsart fallen oder aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften als steuerfrei behandelt werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12. Januar 1978 IV R 84/74, BFHE 124, 204, BStBl II 1978, 267; Senatsurteil vom 8. Mai 1991 I R 33/90, BFHE 165, 191, BStBl II 1992, 437). Dies gilt nur dann nicht, wenn sich unmittelbar aus dem Gewerbesteuergesetz etwas anderes ergibt oder soweit die steuerbefreiende Vorschrift mit dem besonderen Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer nicht in Einklang steht (vgl. BFH-Urteile in BFHE 124, 204, BStBl II 1978, 267; vom 24. Oktober 1990 X R 64/89, BFHE 163, 42, BStBl II 1991, 358; in BFHE 165, 191, BStBl II 1992, 437; vom 3. April 2008 IV R 54/04, BFHE 220, 495, BStBl II 2008, 742, jeweils m.w.N.).

26

2. Auf dieser Basis sind die in Rede stehenden Auslandsverluste auch in die Ermittlung des Gewerbeertrages einzubeziehen.

27

Die Klägerin unterliegt als im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft der Gewerbesteuer zwar nur, soweit sie ihren Gewerbebetrieb im Inland betreibt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG 1999). Als Konsequenz der Begrenzung des Objekts der Gewerbesteuer auf das Inland bestimmt § 9 Nr. 3 GewStG 1999, dass die zur Berechnung des Gewerbeertrags führende Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um den Teil des Gewerbeertrags des inländischen Unternehmens gekürzt wird, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt. Dabei kann der Teil des Gewerbeertrags, um den die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen zu kürzen ist, ein auf eine ausländische Betriebsstätte entfallender Gewinn, aber auch ein darauf entfallender Verlust sein; in § 9 Nr. 3 GewStG 1999 verwirklicht sich also für Zwecke der Ermittlung des Gewerbeertrages eine spezielle symmetrische Freistellung positiver wie negativer Betriebsstättenergebnisse (vgl. Gosch in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 9 GewStG Rz 220, m.w.N.).

28

Dieser speziellen (und unilateralen) gewerbesteuerlichen Freistellung bedarf es nicht, wenn die abkommensrechtlich (also bilateral) vereinbarte symmetrische Freistellung im Rahmen der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens greift; jene Freistellung wirkt sich dann bereits über § 7 Satz 1 GewStG 1999 (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999) auf die Ermittlung des Gewerbeertrages aus. Anders verhält es sich dann, wenn kein Abkommen oder ein solches mit der Vermeidung der Doppelbesteuerung durch Anrechnung oder wenn ein Abkommen mit Freistellung vereinbart wurde, wenn aber zugleich die gemeinschaftlichen Grundfreiheiten die Einbeziehung "finaler" Auslandsbetriebsstättenverluste bei der Gewinnermittlung erzwingen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, die gemeinschaftlichen Erfordernisse und deren Anwendungsvorrang unter diesen Umständen nicht auch auf die Gewerbesteuer durchschlagen zu lassen. Der strukturelle Inlandsbezug der Gewerbesteuer und damit das Territorialitätsprinzip widersprechen dem schon deswegen nicht, weil sich die Ausgangslagen dort und bei zwischenstaatlicher Vereinbarung der Freistellungsmethode nicht unterscheiden (s. auch EuGH-Urteil in Slg. 2005, I-10837, Tz. 39 f.). Denn hier wie dort werden Auslandseinkünfte prinzipiell "symmetrisch" bei der Einkünfte- und Gewerbeertragsermittlung abgeschirmt; dementsprechend sind sowohl die Körperschaft- als auch die Gewerbesteuern gleichermaßen in den sachlichen Geltungsbereich der Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, vorliegend nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b und Buchst. e DBA-Frankreich, einbezogen. Vor diesem Hintergrund geht es darum, die "finalen" Auslandsverluste unbeschadet ihrer Freistellung --gleichviel, auf welcher Rechtsgrundlage diese beruht, ob auf einer DBA-Freistellung oder gewinnkorrigierend durch negative Kürzung gemäß § 9 Nr. 3 GewStG 1999-- einmal zum Abzug zuzulassen; sie sollen nicht im "steuerlichen Niemandsland" verschwinden und werden deshalb für den Ansässigkeitsstaat unabhängig von ihrer territorialen Verursachung wie Inlandsverluste behandelt. Das gilt für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens, nicht weniger aber für die daran anknüpfende Ermittlung des Gewerbeertrages (s. zur gemeinschaftlichen Gleichbehandlung der Gewerbeertragsteuer auch Senatsurteil vom 3. Februar 2010 I R 21/06, IStR 2010, 403, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Mit der seitens der Finanzverwaltung aufgeworfenen --und vom FG bestätigten-- Frage der (sog. umgekehrten) Inländergleichbehandlung im engeren Sinne (s. dazu bezogen auf die Gewerbesteuer BFH-Urteil vom 18. September 2003 X R 2/00, BFHE 203, 263, BStBl II 2004, 17; s. auch Senatsbeschluss vom 15. Juli 2005 I R 21/04, BFHE 210, 43, BStBl II 2005, 716) hat das nichts zu tun, ebenso wenig mit der Situation einer auf das Inland bezogenen konzernierten Besteuerung, über die der EuGH in der Sache "X-Holding" im Urteil vom 25. Februar 2010 C-337/08 (DStR 2010, 427) zu befinden hatte. Ziel ist es vielmehr allein, die Beschränkungen, welche mit den bilateral (über die "Symmetriethese") oder auch unilateral (vgl. § 2a EStG 1997) bedingten Aussparungen von Auslandseinkünften verbunden sind, ausnahmsweise und unbeschadet des Territorialitätsprinzips zu durchbrechen (ebenso Schön, IStR 2004, 289, 294; Roser, Ubg 2010, 30, 38 ff.).

29

3. Gleichermaßen wie bei der Körperschaftsteuer sind die betreffenden Auslandsverluste aber nur im Erhebungszeitraum 2001 als dem maßgeblichen "Finalitäts-Erhebungszeitraum" einzubeziehen. Das betrifft sowohl jene Verluste, welche in 2001, als auch jene Verluste, welche in 2000 erwirtschaftet wurden; auf den "Entstehungs-Erhebungszeitraum" kommt es insoweit nicht an. Im Einzelnen ist auf die Ausführungen unter B.I.3. zu verweisen.

30

4. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Vorinstanz im Ergebnis für das Streitjahr 2000 richtig entschieden hat, obwohl die von ihr vertretene Rechtsauffassung von jener des erkennenden Senats in der Sache abweicht. Für das Streitjahr 2001 war das FG-Urteil jedoch aufzuheben und ist der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid insoweit nach Maßgabe der Urteilsgründe und im Rahmen des von der Klägerin gestellten Hilfsantrags --die kumulierte Berücksichtigung der Betriebsstättenverluste aus 2000 ebenso wie aus 2001-- abzuändern. Die Ermittlung und Berechnung des festzusetzenden Messbetrages wird dem FA überlassen (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

31

III. Der Senat erachtet die aufgezeigte Gemeinschaftsrechtslage sowohl im Hinblick auf die Körperschaftsteuer als auch auf die Gewerbesteuer in Anbetracht der zitierten Ausführungen des EuGH als eindeutig (s. bereits Senatsurteil in DStR 2010, 918). Einer (abermaligen) Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 AEUV bedurfte es deshalb nicht (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 "C.I.L.F.I.T.", EuGHE 1982, 3415).

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Holding-GmbH, war im Streitjahr 1999 organschaftlich mit der K-GmbH verbunden. Die K-GmbH unterhielt (u.a.) eine Betriebsstätte in Frankreich, die im Streitjahr einen Verlust erwirtschaftet hatte. Die Klägerin macht geltend, dieser Verlust sei in Frankreich teilweise "definitiv" geworden; er sei deswegen nach Maßgabe des Senatsurteils vom 17. Juli 2008 I R 84/04 (BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630) und im Einklang mit der gemeinschaftlichen Rechtslage im Streitjahr von der deutschen Bemessungsgrundlage abzuziehen: Das französische Steuerrecht ermögliche lediglich einen auf fünf Jahre vortragsfähigen Verlustabzug. Infolgedessen hätte der im Streitjahr entstandene Verlust der Betriebsstätte nur zu einem geringen Teil im Jahre 2004 verrechnet werden können und sei der überwiegende Teil bei der endgültigen Einstellung der Betriebsstättentätigkeit im Jahre 2005 untergegangen. Im Einzelnen berechnet die Klägerin den hiernach bis 2004 nicht mehr verrechenbaren und in 2005 "definitiv" gewordenen Verlust aus dem Streitjahr --insoweit vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) unbeanstandet-- nach Maßgabe der französischen Gewinnermittlungsvorschriften mit 45 281,40 € und nach Maßgabe der deutschen Gewinnermittlungsvorschriften mit 57 899,50 €; der letztere Betrag sei bei der K-GmbH und damit im Ergebnis bei ihr, der Klägerin, als Organträgerin im Streitjahr zu berücksichtigen.

2

Das FA lehnte dies ab. Auch mit der anschließenden Klage hatte die Klägerin keinen Erfolg (Finanzgericht --FG-- Düsseldorf, Urteil vom 8. September 2009  6 K 308/04 K, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2010, 389).

3

Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 1999 dahin zu ändern, dass der Betriebsstättenverlust in Höhe von 57.899 € abgezogen wird.

4

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

5

Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat sich in der Sache dem FA angeschlossen (vgl. auch BMF-Schreiben vom 13. Juli 2009, BStBl I 2009, 835), jedoch keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision ist unbegründet.

7

1. Die im Inland ansässige und hier mit ihren sämtlichen Einkünften (vgl. § 1 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG--) unbeschränkt steuerpflichtige K-GmbH erwirtschaftete aus ihrer in Frankreich belegenen Betriebsstätte im Streitjahr Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen i.S. von Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 7 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern --DBA-Frankreich-- (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343) in der im Streitjahr gültigen Fassung. Die Einkünfte aus dieser Betriebsstätte können gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 DBA-Frankreich in Frankreich besteuert werden und sind von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen (Art. 20 Abs. 1 Buchst. a DBA-Frankreich).

8

2. Da sich der Begriff der Betriebsstätteneinkünfte auf einen Nettobetrag bezieht, entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, dass auch Betriebsstättenverluste aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind; das gilt auch für die mit Frankreich vereinbarte Abkommenslage. Auf das Senatsurteil in BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630, und die dort (für die parallele Abkommenslage mit Luxemburg) gegebenen weiteren Nachweise wird verwiesen. Die insoweit anzustellende Einkünfteermittlung richtet sich nach deutschem Recht, und zwar auch dann, wenn die in Rede stehenden negativen Einkünfte sich hiernach --wie im Streitfall-- auf einen höheren Betrag belaufen als nach Maßgabe des ausländischen (hier des französischen) Steuerrechts.

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3. Fraglich und unter den Beteiligten streitig ist jedoch, ob die Verluste, die die K-GmbH mit ihrer französischen Betriebsstätte im Streitjahr erwirtschaftet hat, gleichwohl in diesem Jahr in Deutschland bei der Gewinnermittlung (§ 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG 1997-- i.V.m. § 8 Abs. 1, §§ 14 ff. KStG 1999) zu berücksichtigen sind, weil sie sich in Frankreich weder in diesem Jahr noch in den Folgejahren ausgewirkt haben. Das ist mit dem FG und in Einklang mit der Gemeinschaftsrechtslage --hier bei der in Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG), sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997 Nr. C-340, 1), jetzt Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) i.d.F. des Vertrages von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Amtsblatt der Europäischen Union 2007 Nr. C 306/01), verbürgten freien Wahl der Niederlassung-- sowie der Verwaltungspraxis (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 835) zu verneinen.

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a) Wie der Gerichtshof der Europäischen Union, ehemals Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), durch Urteil vom 15. Mai 2008 C-414/06 "Lidl Belgium" (Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692) entschieden hat, verstößt die so verstandene Abkommensregelung im Grundsatz dann nicht gegen die gemeinschaftlichen Grundfreiheiten, wenn die Verluste der in dem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte bei der Besteuerung der Einkünfte dieser Betriebsstätte in jenem Mitgliedstaat für künftige Steuerzeiträume berücksichtigt werden können. Im Einzelnen verweist der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, zur Begründung auf das Urteil des EuGH in Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692. Ein Abzug der (nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts ermittelten) französischen Betriebsstättenverluste im Streitjahr kommt in Einklang mit dem vorzitierten EuGH-Urteil und aufgrund des prinzipiellen Anwendungsvorrangs gemeinschaftlichen Primärrechts (und damit der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten) vor nationalem Recht sonach nur dann in Betracht, wenn die Klägerin die in Frankreich für den betreffenden Besteuerungszeitraum sowie für frühere Besteuerungszeiträume vorgesehenen Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten tatsächlich ausgeschöpft hat, ggf. durch Übertragung dieser Verluste auf einen Dritten oder ihre Verrechnung mit Gewinnen, die die Betriebsstätte in früheren Zeiträumen erwirtschaftet hat, und wenn im Streitjahr keine Möglichkeit besteht, dass die Verluste der Betriebsstätte in Frankreich für künftige Zeiträume von ihr selbst oder von einem Dritten berücksichtigt werden. Dazu hat der EuGH in seinem Urteil vom 23. Oktober 2008 C-157/07 "Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt" (Slg. 2008, I-8061, dort Tz. 48 ff.) weiter präzisiert, dass "in Ermangelung gemeinschaftlicher Vereinheitlichungs- oder Harmonisierungsmaßnahmen die Mitgliedstaaten dafür zuständig bleiben, die Kriterien für die Besteuerung des Einkommens und des Vermögens festzulegen, um die Doppelbesteuerung gegebenenfalls im Vertragswege zu beseitigen ... Diese Zuständigkeit beinhaltet auch, dass ein Staat für die Zwecke seines eigenen Steuerrechts nicht verpflichtet sein kann, die eventuell ungünstigen Auswirkungen der Besonderheiten einer Regelung eines anderen Staates zu berücksichtigen, die auf eine Betriebsstätte anwendbar ist, die in diesem Staat belegen ist und zu einer im erstgenannten Staat ansässigen Gesellschaft gehört ... Selbst wenn man unterstellt, dass das Zusammenwirken der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des Stammhauses der betreffenden Betriebsstätte mit der Besteuerung im Betriebsstättenstaat zu einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit führen kann, ist eine solche Beschränkung ausschließlich dem letztgenannten Staat zuzurechnen", da sich die Beschränkung nicht aus der fraglichen Steuerregelung ergäbe, sondern aus der Aufteilung der Steuerhoheit durch das zwischen den beiden betreffenden Staaten abgeschlossene Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

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Die letzteren Ausführungen hat der EuGH zwar in Zusammenhang mit einem sog. asymmetrischen Konzept des Verlustabzugs getroffen, also einem Konzept, bei welchem Verluste ausländischer Betriebsstätten ungeachtet der Nichterfassung spiegelbildlicher Gewinne im Ansässigkeitsstaat zunächst zum Abzug zugelassen werden, das aber unter dem Vorbehalt einer späteren Nachversteuerung dieser Verluste im Ausmaß nachfolgend anfallender Gewinne der ausländischen Betriebsstätte (als ehemaliger Verlustquelle). Darüber hatte der Senat in seinem Urteil vom 3. Februar 2010 I R 23/09 (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2010, 918, BStBl II 2010, 599) zu entscheiden. Es ist aber kein Grund ersichtlich, jene Situation abweichend von derjenigen Situation zu behandeln, bei der der Verlustabzug in "symmetrischer" Weise von vornherein ausgespart bleibt. Hier wie dort bleibt es dabei und entspricht es dem gegenwärtigen Stand der Steuerharmonisierung, jedem Mitgliedstaat die Freiheit zu belassen, die ihm abkommensrechtlich zugewiesenen Einkünfte nach Maßgabe seines nationalen Steuerrechts (in gleichheitsgerechter Weise) vorzunehmen. Zu dieser Steuerhoheit gehört es auch, den Verlustabzug --sei es durch eine zeitliche Befristung des Verlustvortrags, sei es durch ähnliche Maßnahmen-- zu beschränken. Es ist dann hier wie dort aber nicht dem Ansässigkeitsstaat zu überantworten, dadurch endgültig unberücksichtigt bleibende Verlustvorträge durch den Abzug jener Verluste auszugleichen (im Anschluss an das EuGH-Urteil in Slg. 2008, I-8061; im Ergebnis ebenso z.B. Cordewener, Internationale Wirtschafts-Briefe Fach 11, Gruppe 2, 989; Gosch in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 2a Rz 5; derselbe, BFH/PR 2009, 16, und 2010, 274; Lamprecht, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2008, 766; Schulz-Trieglaff, Steuern und Bilanzen 2009, 260, 263; Herkenroth/Striegel in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG und KStG, § 2a EStG Rz 10; Wagner, Der Konzern 2009, 235, 240; Lühn, Betriebs-Berater 2009, 90, 92; Lavrelashvili/Müller, Europäisches Wirtschafts- & Steuerrecht 2009, 164, 167; Köhler in Kessler/Förster/Watrin [Hrsg.], Unternehmensbesteuerung, Festschrift für Herzig, 2010, S. 953 ff., 960, 979 f.; s. auch Senatsurteil in DStR 2010, 918; anders z.B. Haslehner, Steuer und Wirtschaft International 2008, 561; Hohenwarter, Verlustverwertung im Konzern, 2010, S. 327 f.; Knipping, IStR 2009, 275; Breuninger/Ernst, DStR 2009, 1981; Ditz/Plansky, Der Betrieb 2009, 1669, 1671; s. auch FG Hamburg, Urteil vom 18. November 2009  6 K 147/08, IStR 2010, 109; zweifelnd Jü. Lüdicke/ Braunagel in Lüdicke/Kempf/Brink [Hrsg.], Verluste im Steuerrecht, 2010, S. 181 f.); das entspricht insoweit auch der Verwaltungspraxis (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 835; Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung vom 19. Februar 2010, DStR 2010, 444).

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b) Für den Streitfall bedeutet dies, dass die in Rede stehenden Verluste der französischen Betriebsstätte aufgrund der abkommensrechtlich vereinbarten "Symmetrie" der Einkünfteabgrenzung zwischen Deutschland und Frankreich in Deutschland nicht zu berücksichtigen sind. Ob ein anderes Ergebnis geboten wäre, wenn die Verluste (nur) infolge der Aufgabe der Betriebsstätte in Frankreich im Jahre 2005 "endgültig" geworden wären, braucht nicht entschieden zu werden; die im Streitjahr entstandenen Verluste sind nach den insoweit bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) Feststellungen der Vorinstanz nicht wegen der Einstellung der Betriebsstättentätigkeit in Frankreich im Jahre 2005 "endgültig" geworden, sondern deswegen, weil das französische Steuerrecht einen auf fünf Jahre begrenzten Verlustvortrag vorsah und dieser Zeitraum für die Verluste aus 1999 spätestens im Jahre 2004, also bereits vor der Aufgabe der Betriebsstätte, abgelaufen war. Prinzipiell stand der K-GmbH der Verlustabzug also in anderen Jahren als dem Verlustjahr zu, er verbot sich lediglich konkret aus Gründen der verwirklichten Gegebenheiten des Einzelfalles.

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Es bedarf in Anbetracht dieser Sachlage gleichermaßen keiner Entscheidung darüber, in welchem Jahr --dem Verlustentstehungsjahr oder aber demjenigen Jahr, in dem die besagten Verluste "endgültig" werden-- ein etwaiger Verlustabzug im Ansässigkeitsstaat ermöglicht werden muss. Ebenfalls mag dahinstehen, ob ein etwaiger verbleibender Vortrag des ausländischen Betriebsstättenverlustes in die Feststellung nach Maßgabe des § 10d Abs. 4 EStG 1997 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999 einzubeziehen wäre (vgl. dazu --allerdings für die Konstellation von Auslandsverlusten eines in Deutschland weder unbeschränkt noch beschränkt Steuerpflichtigen-- Bundesfinanzhof, Urteil vom 24. Februar 2010 IX R 57/09, DStR 2010, 693).

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c) Der Senat erachtet die aufgezeigte Gemeinschaftsrechtslage auch (s. bereits Senatsurteil in DStR 2010, 918) für diejenige Konstellation, um die es im Streitfall geht, in Anbetracht der zitierten Ausführungen des EuGH als eindeutig. Einer (abermaligen) Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 AEUV bedurfte es deshalb nicht (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 "C.I.L.F.I.T.", EuGHE 1982, 3415).

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.