Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 04. Juli 2016 - 2 K 203/16

bei uns veröffentlicht am04.07.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Haftungsbescheid des Beklagten, mit dem er als ehemaliger Geschäftsführer der         GmbH (im Folgenden: GmbH) in Haftung genommen worden ist.

2

Der Kläger war seit der Gründung der GmbH am 18.04.2007 deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer. Gegenstand des Unternehmens war die Durchführung internationaler Transporte.

3

Der Kläger beantragte am 22.10.2009 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH. Das Amtsgericht … ordnete mit Beschluss vom 27.10.2009 die vorläufige Insolvenzverwaltung mit Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. InsolvenzordnungInsO -) an und bestellte einen vorläufigen Insolvenzverwalter. Dieser kam in dem Gutachten vom 22.12.2009 zu dem Ergebnis, dass die GmbH zahlungsunfähig und überschuldet und dass eine die Kosten deckende Masse vorhanden sei. Daraufhin eröffnete das Amtsgericht … unter dem Az. …/09 am 01.01.2010 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH. Im Bericht vom 18.03.2010 geht der Insolvenzverwalter davon aus, dass für Insolvenzgläubiger keine Quotenaussichten bestünden.

4

Der Beklagte erließ gegen den Kläger als Haftungsschuldner für die Ansprüche gegen die GmbH nach – erfolgloser - Anhörung am 30.04.2010 den streitgegenständlichen Haftungsbescheid sowie einen Haftungsbescheid wegen rückständiger Umsatz- und Körperschaftsteuer, der jedoch nicht Gegenstand dieses Verfahren ist.

5

Der Beklagte nahm den Kläger für Lohn-, Lohnkirchensteuern und steuerliche Nebenleistungen i. H. v. insgesamt 6.063,16 € in Anspruch, welche sich wie folgt zusammensetzen:

6

Steuerart

Zeitraum

Fällig

Betrag in €

Säumniszuschläge bis 01.01.2010

Lohnsteuer-Verspätungszuschlag

Sept. 2009

09.11.2009

25,00 

        

Lohnsteuer

August 2009

24.09.2009

2.269,69

114,00

Lohnsteuer

Sept. 2009

16.10.2009

3.130,60

93,00 

Soli z. LSt

August 2009

24.09.2009

147,88

4,00   

Soli z. LSt

Sept. 2009

16.10.2009

161,37

4,50   

Lohnkirch.St.ev

August 2009

24.09.2009

52,24 

        

Lohnkirch.St.ev

Sept. 2009

16.10.2009

52,24 

        

Lohnkirch.St.rk

August 2009

24.09.2009

2,88   

        

Lohnkirch.St.rk

Sept. 2009

16.10.2009

5,76   

        

Summe 

                 

5.847,66

215,50

7

Die rückständigen Steueransprüche beruhten auf den von der GmbH eingereichten Lohnsteueranmeldungen. Der Insolvenzverwalter habe angegeben, dass die Löhne erst ab Oktober 2009 offen gewesen seien.

8

Der Kläger legte dagegen form- und fristgerecht, jedoch ohne nähere Begründung Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV).

9

Nachdem der Beklagte die AdV-Anträge abgelehnt hatte, begehrte der Kläger vorläufigen Rechtsschutz durch das Gericht. Dort machte der Kläger u. a. geltend, dass eine Haftung nicht in voller Höhe der angemeldeten Lohnsteuern bestehen könne, sondern allenfalls hinsichtlich der Lohnsteuerbeträge, die bei der gebotenen Kürzung der Nettolöhne an das Finanzamt hätten abgeführt werden können. Nach Kenntnis des Klägers seien die Löhne für August und September 2009 nicht mehr gezahlt worden; er habe keine Lohnzahlung veranlasst. Offensichtlich habe das Steuerbüro Lohnsteuererklärungen abgegeben, ohne zu prüfen, ob tatsächlich Löhne gezahlt worden seien. Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern wies den Antrag auf AdV des Haftungsbescheides betreffend Lohnsteuer als unbegründet zurück (Beschluss vom 20.08.2010, 2 V 68/10, abgetrennt aus 2 V 58/10).

10

Der Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 23.12.2010 mit, dass dieser bisher nicht glaubhaft gemacht habe, dass für die Monate August und September 2009 kein Lohn gezahlt worden sei, und forderte den Kläger nochmals zur Erfüllung seiner Mitwirkungspflicht auf.

11

Der Kläger reagierte auf dieses Schreiben ebenfalls nicht.

12

Der Beklagte wies den Einspruch mit der Einspruchsentscheidung vom 18.08.2011 als unbegründet zurück.

13

Der Beklagte habe den Kläger zu Recht als Haftungsschuldner für die Lohnsteuer und zugehörige Nebenleistungen der Monate August und September 2009 in Anspruch genommen. Hinsichtlich der nach § 41a Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) einzubehaltenden und abzuführenden Lohnsteuer trete die Pflichtverletzung bereits dann ein, wenn die Lohnsteuer nicht 10 Tage nach Ablauf des Lohnanmeldungszeitraumes entrichtet werde. Die Pflichtverletzung des Klägers ergebe sich hier daraus, dass er die einbehaltene und angemeldete Lohnsteuer nicht bis zum 10.09.2009 bzw. 10.10.2009 an das Finanzamt abgeführt habe. Nach Auskunft des Insolvenzverwalters der GmbH seien die Löhne für August und September 2009 noch gezahlt worden. Der Kläger habe für seine gegenteilige Behauptung keine Belege beigebracht. Der Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, eine Kürzung der Lohnsteuern vorzunehmen, wie sie der Kläger bei der gebotenen Kürzung der Nettolöhne hätte vornehmen können.

14

Der Kläger hat am 21.09.2011 unter dem Az. 2 K 390/11 Klage erhoben, die sich auch gegen die Haftungsinanspruchnahme für rückständige Umsatz- und Körperschaftsteuer gerichtet hat.

15

Hinsichtlich der Haftung für Lohnsteuer trägt er vor, dass für August und September 2009 keine Löhne, sondern allenfalls Auslagen gezahlt worden seien. Die Angaben des Insolvenzverwalters seien ihm nicht verständlich. Der Insolvenzverwalter habe die von der Agentur für Arbeit … zur Tabelle angemeldeten Ansprüche i. H. v. 111.251,27 € anerkannt; darin seien die Lohnansprüche für August und September 2009 enthalten. Das Steuerbüro habe die unzutreffenden Lohnsteueranmeldungen nicht mehr korrigieren können, weil von dem dann zuständigen Insolvenzverwalter kein Auftrag dazu erteilt worden sei. Selbst wenn Lohnzahlungen erfolgt seien, seien die Lohnsteuern entsprechend zu kürzen. Bei entsprechender Kürzung wären Lohnsteuern i. H. v. 0,00 € entstanden. Während des Klageverfahrens legte der Kläger drei von den ehemaligen Mitarbeitern ……       ,   … und      …       unterzeichnete schriftliche Erklärungen vor, nach denen die GmbH in den Monaten August und September 2009 keinen Lohn gezahlt habe.

16

Der Kläger beantragt,
den Haftungsbescheid vom 30.04.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.08.2011 aufzuheben.

17

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

18

Der Beklagte trägt vor, dass die im Tabellenauszug genannten Forderungen der Agentur für Arbeit i. H. v. 111.251,27 € nach Auskunft des Insolvenzverwalters das Insolvenzausfallgeld für die Monate Oktober bis Dezember 2009 beträfen. Dies sei nachvollziehbar, weil das Insolvenzausfallgeld höchstens drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gezahlt werde – hier drei Monate vor dem 01.01.2010. Aus dem Kontenblatt 1740 sei nicht ersichtlich, dass keine Löhne gezahlt worden seien. Der Steuerberater habe dem Beklagten telefonisch mitgeteilt (Gesprächsnotiz vom 20.07.2010, Bl. 50 Haftungsakte), dass er zunächst von der GmbH und sodann vom Insolvenzverwalter beauftragt worden sei, die Lohnsteueranmeldungen zu fertigen. Die Löhne seien nach Angaben des Steuerbüros i.d.R. rückwirkend gezahlt worden (Konto 1755: Vorschüsse für August i. H. v. ca. 9.000,00 € und für September i. H. v. ca. 2.000,00 €). Die Auswertung der dem Insolvenzverwalter vorliegenden Kontoauszüge der …    durch den Beklagten habe ergeben, dass am 02.09.2009 „Lvz“ für die Monate Mai bis Juli, u. a. auch an den Kläger selbst, erfolgt seien. Darüber hinaus seien Lohnvorschüsse für September an Mitarbeiter gezahlt worden. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf das Schreiben des Beklagten vom 23.07.2016 und die Ablichtung des Kontenblattes 1740.

19

Der Beklagte trägt weiter vor, dass die Lohnsteueranmeldungen nicht berichtigt worden seien; wegen der inzwischen abgelaufenen Festsetzungsverjährung sei eine Änderung auch nicht mehr möglich. Eine Änderung von Amts wegen sei auch nicht angezeigt gewesen. Der Kläger habe hinsichtlich einer möglichen Kürzung der Lohnsteuerbeträge nicht nachgewiesen, dass die Bedingungen dafür vorgelegen hätten. Der GmbH hätten auch nach der Lohnzahlung für September noch Mittel zur Verfügung gestanden, welche die Höhe der ausgezahlten Nettolöhne überstiegen hätten. Dies ergebe sich aus dem Bericht des Insolvenzverwalters vom 18.03.2010, nach dem nach Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung kein allgemeines Verfügungsverbot erlassen worden sei sowie aus den BWA für August 2009 und Dezember 2008, nach denen in diesem Zeitraum noch Zahlungen i. H. v. ca. 900.000,00 € über Bankkonten verbucht worden seien.

20

Der Senat hat zunächst am 12.05.2016 über die Klage gegen die Haftungsinanspruchnahme für Lohn-, Umsatz- und Körperschaftsteuer mündlich verhandelt. In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt, dass der Kläger nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH Widerspruch gegen die vom Beklagten angemeldeten Lohnsteuerbeträge erhoben habe. Auf die Sitzungsnieder-schrift vom 12.05.2016 wird Bezug genommen. Der Senat hat daraufhin das Verfahren betreffend Haftung für Lohnsteuer abgetrennt und vertagt. Dieses wird nunmehr unter dem o. g. Az. geführt.

21

Das Gericht hat sodann den Insolvenzverwalter über das Vermögen der GmbH, Herrn Rechtsanwalt …. , um Auskunft gebeten. Dieser teilte dem Gericht mit Schreiben vom 27.05.2016 - auch unter Hinweis auf einen aktuellen Tabellenauszug - mit, dass der Kläger im Rahmen der Forderungsprüfung der Forderung des Beklagten nicht wirksam widersprochen habe.

22

Der Senat hat am 04.07.2016 mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.

23

Dem Gericht lagen je ein Band Haftungs-, Umsatzsteuer-, Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer-, Dauerbeleg- und Bilanz-, Gewinn- und Verlustrechnungsakten sowie die Gerichtsakten 2 V 58/10 und 2 V 68/10 vor.

Entscheidungsgründe

24

1. Die zulässige Klage ist unbegründet.

25

Der angegriffene Haftungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

26

Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer Kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungs-schuldner). Nach § 69 Satz 1 AO haften die in den §§ 34, 35 AO genannten Personen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Die Haftung umfasst nach § 69 Satz 2 AO auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AO haben die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Nach § 34 Abs. 1 Satz 2 AO haben sie insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

27

a) Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme durch Haftungsbescheid ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung zweigliedrig. Das Finanzamt hat auf der ersten Stufe zunächst zu prüfen, ob in der Person oder der Personen, die es heranziehen will, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Haftungsvorschrift erfüllt sind. Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des hier herangezogenen § 69 AO gehören neben der Existenz der Steuerverbindlichkeiten, für die der Kläger in Haftung genommen werden soll, die Feststellung, dass der Kläger eine der in §§ 34, 35 AO genannte Person war oder ist, dass er eine Pflichtverletzung im Sinne des § 69 AO vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen hat und diese Pflichtverletzung ursächlich für den Haftungsschaden geworden ist.

28

aa) Es bestehen keine Zweifel an der Existenz der Lohnsteuerverbindlichkeiten; diese wurden gegenüber der GmbH bestandskräftig festgesetzt.

29

bb) Die objektiven Voraussetzungen für die Haftungsinanspruchnahme des Klägers hinsichtlich der Lohnsteuern und der dazugehörigen steuerlichen Nebenleistungen liegen hier vor. Der Kläger war bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH deren alleiniger Geschäftsführer. Als solcher war er gemäß § 35 GmbHG gesetzlicher Vertreter i. S. d. § 34 Abs. 1 AO. Als Geschäftsführer hatte der Kläger die Pflichten der GmbH zu erfüllen. Insbesondere hatte er dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den von ihm für die GmbH verwalteten Mitteln gezahlt wurden. Daran ändert auch die Bestellung des vorläufigen schwachen Insolvenzverwalters nichts. Die Einschränkung des § 21 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. InsO führt entgegen der Auffassung des Klägers nicht dazu, dass die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergegangen ist; diese verbleibt vielmehr beim Schuldner bzw. dessen Organen (vgl. Böhm in: Braun, InsO, 5. Aufl. 2012, § 21 Rn. 39; FG Köln, Urteil vom 25.02.2014 10 K 29/54/10, EFG 2014, 1350). Als Geschäftsführer der GmbH hatte der Kläger bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.01.2010 die Pflichten zu erfüllen, die der GmbH als Arbeitgeberin beim Lohnsteuerabzug oblagen. Ihn traf daher nach § 41a Abs. 1 EStG die öffentlich-rechtliche Verpflichtung, bis zum 10. Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraumes dem Finanzamt die Summe der in diesem Zeitraum einzubehaltenden Lohnsteuer in einer Steuererklärung anzugeben und die im Lohnsteuer-Anmeldungs-zeitraum insgesamt einbehaltene Lohnsteuer an das Finanzamt abzuführen.

30

Eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Geschäftsführerpflichten ist regelmäßig gegeben, wenn die einzubehaltenden und anzumeldenden Lohnsteuer zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten nicht abgeführt wird (BFH-Urteil vom 27. Februar 2007 VII R 67/05, BFHE 216, 491, BStBl II 2009, 348). Gründe, die den Kläger vom indizierten Vorwurf der groben Fahrlässigkeit entschuldigen würden, sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Insbesondere kann der Kläger mit seinem in der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwand, der vorläufige Insolvenzverwalter habe ihm das Tätigwerden für die GmbH untersagt, hier nicht gehört werden. Im Zeitpunkt der Fälligkeit der Lohnsteuern am 10.09.2009 und 10.10.2009 war der vorläufige Insolvenzverwalter noch gar nicht bestellt und konnte ihm daher auch nicht die Zahlung an das Finanzamt untersagen.

31

cc) Ist eine Lohnsteuer-Anmeldung – wie im Streitfall – bestandskräftig geworden, richtet sich die Fälligkeit der Lohnsteuerschuld nach den in der Lohnsteueranmeldung gemachten Angaben. Diese Rechtsfolge ergibt sich aus der Funktion des Verfahrens der Lohnsteueranmeldung und der in § 168 Satz 1 AO getroffenen Regelung, nach der eine Steueranmeldung eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Dabei bestimmt der Inhalt der Steueranmeldung auch den Inhalt der Steuerfestsetzung (BFH-Beschluss vom 13.08.1997 I B 30/97, BFHE 184, 92, BStBl II 1997, 700). Der Arbeitgeber erklärt mit der Abgabe der Steueranmeldung seine eigene Abführungsschuld aus § 41a Abs. 1 EStG und gibt damit eine Art Steueranerkenntnis ab. Die Lohnsteuer-anmeldung erwächst mit ihrem Regelungsgehalt in materielle Bestandskraft, so dass sie in Bezug auf die einzubehaltende Lohnsteuer Tatbestandswirkung entfaltet (BFH-Urteil vom 20.01.1998 VII R 80/97, BFH/NV 1998, 814; BFH-Urteil vom 24.08.2004 VII R 50/03, BFHE 207, 5, BStBl II 2005, 127).

32

Im vorliegenden Fall muss sich der Kläger den Inhalt der bestandskräftigen Lohnsteuer-anmeldungen für die Monate August und September 2009 gemäß § 166 AO entgegen-halten lassen. Nach Auffassung des Senats kann sich der Kläger im Haftungsverfahren nicht darauf berufen, dass die Lohnsteuern für die Monate August und September 2009 zu Unrecht zu hoch festgesetzt worden seien.

33

Nach § 166 AO entfaltet die Bestandskraft eines Bescheides auch demjenigen gegenüber Wirkung, der in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten. Hinsichtlich der von einer GmbH abgegebenen Lohnsteueranmeldungen gehört zu dem in § 166 AO angesprochenen Personenkreis auch deren Geschäftsführer. Dieser muss unanfechtbare Lohnsteueranmeldungen (grundsätzlich) gegen sich gelten lassen.

34

So liegt der Fall hier. Die GmbH hat die Lohnsteuer-Anmeldung für den Monat August 2009 am 24.09.2009 und für den Monat September 2009 am 16.10.2009 beim Beklagten eingereicht. Der Verlust der Verfügungsmacht des Klägers ist erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.01.2010 eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt waren die Lohnsteuer-Festsetzungen formell bestandskräftig geworden.

35

Eine Ausnahme ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht daraus, dass es sich bei den Lohnsteueranmeldungen um Steuerfestsetzungen unter Vorbehalt der Nachprüfung handelt (§ 168 Satz 1 AO i. V. m. § 41a EStG).

36

Die Drittwirkung der Steuerfestsetzung nach Unanfechtbarkeit (formeller Bestandskraft) gemäß § 166 AO lässt bei einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung den Anspruch des Steuerpflichtigen und seines Vertreters auf Änderung der Steuerfestsetzung nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO jedoch unberührt; beide Vorschriften haben einen voneinander unabhängigen Regelungs- und Anwendungsbereich (BFH-Urteil vom 22.04.2015 XI R 43/11, BFHE 249, 315, BStBl II 2015, 755).

37

Ein in Haftung genommener Vertreter des Steuerpflichtigen kann daher auf eine Aufhebung/Änderung einer solchen Steuerfestsetzung hinwirken und trotz Unanfechtbarkeit der (noch wirksamen) Vorbehaltsfestsetzung uneingeschränkt Einwendungen gegen die Richtigkeit dieser Steuerfestsetzung und gegen die Höhe der gegen ihn festgesetzten Haftungsschuld geltend machen (BFH-Urteil vom 22.04.2015 XI R 43/11, BFHE 249, 315, BStBl II 2015, 755 m. w. N.). § 166 AO führt nur dann zum Ausschluss der Einwendungen gegen die Steuerfestsetzung, wenn der gesetzliche Vertreter während der gesamten Dauer der Rechtsbehelfsfrist Vertretungsmacht und damit das Recht gehabt hat, namens der GmbH zu handeln (BFH-Urteil vom 24.08.2004 VII R 50/03, BFHE 207, 5, BStBl II 2005, 127) oder der Geschäftsführer noch in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer die Änderung der Steuerfestsetzung gemäß § 164 Abs. 2 Satz 2 AO beantragt hat (BFH-Urteil vom 22.04.2015 XI R 43/11, BFHE 249, 315, BStBl II 2015, 755) oder der Geschäftsführer zwar keinen Änderungsantrag gestellt hat, jedoch die Vertretungsbefugnis für die GmbH zu einem Zeitpunkt verloren hat, als ein Änderungsantrag noch möglich war und er die Vertretungsmacht bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist nicht wiedererlangt hat (FG Niedersachsen, Urteil vom 24.03.1998 XI 188/93, EFG 1998, 979; BFH-Beschluss vom 28.03.2001 VII B 213/00, BFH/NV 2001, 1217).

38

Die letztgenannte Voraussetzung liegt hier zwar vor. Der Kläger hat seine Verfügungs-macht über das Vermögen der GmbH erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.01.2010 verloren. Zu diesem Zeitpunkt waren die Lohnsteuer-Festsetzungen zwar formell bestandskräftig geworden. Mit dem Entfallen der Verfügungsbefugnis konnte der Kläger jedoch keinen – grundsätzlich bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist möglichen (§ 164 Abs. 4 AO) – Änderungsantrag für die GmbH mehr stellen. Der Kläger hat die Verfügungsbefugnis über die GmbH bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist auch nicht mehr wiedererlangt; die GmbH ist inzwischen aufgelöst.

39

Gleichwohl kann sich der Kläger nicht auf die fehlende Möglichkeit, noch einen Änderungsantrag stellen zu können, berufen. Der Senat geht davon aus, dass die Regelungen des Besteuerungsverfahrens, zu denen § 164 AO gehört, durch die ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltenden Regelungen der InsO überlagert werden. Insoweit besteht grundsätzlich Vorrang des Insolvenzrechts vor dem Steuerverfahrensrecht (vgl. BFH-Urteil vom 02.11.2010 VII R 62/10, BStBl II 2011, 439). Nach § 176 InsO hat der Schuldner die Möglichkeit, die im Prüfungstermin angemeldeten Forderungen zu bestreiten und den Widerspruch binnen einer Frist von einem Monat, die mit dem Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren mit dem Bestreiten der Forderung beginnt, zu verfolgen. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt ein Widerspruch als nicht erhoben (§ 184 Abs. 2 InsO). Nach den dem Gericht vorliegenden Auszügen aus der Tabelle und der Erklärung des Insolvenzverwalters hat der Kläger (als gesetzlicher Vertreter der Schuldnerin) einen solchen Widerspruch gegen die (formell bestandskräftigen) Lohnsteuerfestsetzungen zu keinem Zeitpunkt im Insolvenzverfahren wirksam erhoben. Damit hat der Kläger die Möglichkeit verstreichen lassen, eine gerichtliche Entscheidung über die Höhe der für die Monate August und September 2009 zu entrichtenden Lohnsteuern zu erlangen. Gemäß   § 184 Abs. 1 Satz 1 InsO hätte der Beklagte bei einem wirksamen Widerspruch des Klägers (als gesetzlicher Vertreter der Schuldnerin) im Wege einer Feststellungsklage beseitigen können. Ausweislich der dem Gericht vorliegenden Unterlagen und den Angaben des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 12.05.2016 hat der Beklagte indes eine solche Feststellungsklage mangels Widerspruchs des Klägers nicht erhoben. Dieses Versäumnis im Insolvenzverfahren muss der Kläger sich im Haftungsverfahren nunmehr entgegenhalten lassen, indem er hier mit seinen Einwendungen gegen die bestandskräftig festgesetzten Lohnsteuern ausgeschlossen ist. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von der Entscheidung des BFH vom 28.03.2001 (VII B 213/00, BFH/NV 2001, 1217), weil dort der Antrag auf Durchführung des Gesamtvollstreckungsverfahrens mangels Masse abgelehnt wurde und damit die (damaligen) Regelungen des Gesamtvollstreckungsverfahrens nicht zum Tragen kommen konnten. In diesem Fall hatte der Haftungsschuldner keine Möglichkeit mehr, gegen unrichtige Steuerfestsetzungen vorzugehen. Allein dies rechtfertigt es, ihm dies im Haftungsverfahren noch zu ermöglichen. Im vorliegenden Fall hat der Kläger jedoch (als gesetzlicher Vertreter der Schuldnerin) mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine zusätzliche Möglichkeit erlangt, gegen die seiner Meinung nach unzutreffenden Steuerfestsetzungen Einwände zu erheben und ggfs. eine zeitnahe gerichtliche Klärung über die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung zu erreichen. Daher ist es nach Auffassung des Senates nicht erforderlich, diese Auseinandersetzung ins Haftungsverfahren zu verlagern. Der Senat sieht zwar, dass damit die grundsätzliche Möglichkeit, innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist Änderungen beantragen zu können, verkürzt wird; andererseits kann der Vorbehalt der Nachprüfung jederzeit vom Finanzamt aufgehoben (§ 164 Abs. 3 Satz 1 AO) oder vom Steuerpflichtigen beantragt werden (§ 164 Abs. 2 Satz 2 AO). Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist daher nicht in jedem Fall abzuwarten.

40

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 21.06.2016 und 29.06.2016. Dort behauptet dieser, der Kläger habe in einem an den Insolvenzverwalter gerichteten Schreiben vom 04.03 2010 der Forderungsanmeldung des Beklagten widersprochen. Darüber hätte sich der Insolvenzverwalter hinweg-gesetzt; dessen Auskunft an das Gericht, der Kläger habe keinen Widerspruch eingelegt, sei schlichtweg falsch.

41

Entgegen der Auffassung des Klägers liegt in dem Schreiben vom 04.03.2010 an den Insolvenzverwalter kein wirksamer Widerspruch i. S. d. § 176 InsO. Zwar kann ein Schuldner im Vorfeld des Prüfungstermins Einwendungen schriftlich erheben; wirksam ist ein Widerspruch jedoch nur dann, wenn er im Prüfungstermin mündlich erhoben wird (vgl.     § 178 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 InsO; Depré in Kayser/Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 8. Aufl. 2016, § 176 Rn. 7; Leithaus in Andres/Leithaus, InsO, 3. Aufl. 2014, § 176 Rn. 4). Der Insolvenzverwalter hat den Kläger mit Schreiben vom 18.02.2010 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Forderungen gegenüber dem Amtsgericht bestritten werden müssen und dem Kläger empfohlen, an dem Berichts- und Prüfungs-termin teilzunehmen. Gleichwohl war der - zu diesem Zeitpunkt bereits anwaltliche vertretene - Kläger bei diesem Termin - ausweislich des Protokolls über den Berichts- und Prüfungstermin vom 24.03.2010 - nicht anwesend. Mithin kann er - worauf der Insolvenzverwalter zutreffend hingewiesen hat - auch keinen wirksamen Widerspruch erhoben haben. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers weiterhin behauptet, der Kläger habe wirksam widersprochen, weil es eines Erscheinens im Prüfungstermin nicht bedurft habe, beruht dies auf einer fehlerhaften Rechtsauffassung und ist für das vorliegende Verfahren unbeachtlich. Da es auf das Schreiben vom 04.03.2010 daher rechtlich nicht ankommt, muss das Gericht den Insolvenzverwalter auch nicht zum Beweis der Tatsache als Zeugen hören, dass ihm dieses Schreiben zugegangen ist.

42

Der Senat war auch nicht gehindert, die Angaben des Insolvenzverwalters gegenüber dem Gericht zu verwerten. Der Insolvenzverwalter hat im Insolvenzverfahren sämtliche Pflichten der Gemeinschuldnerin zu erfüllen. Er hat insbesondere bei der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken (§ 90 AO), Auskünfte zu erteilen (§ 93 AO) und Urkunden vorzulegen (§ 97 AO). Dies gilt auch im gerichtlichen Verfahren (§ 76 Abs. 1 Satz 4 FGO). Ein Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrecht (§§ 101 ff. AO i. V. m. § 84 Abs. 1 FGO) ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung am 04.07.2016 nicht erteilte Zustimmung zur Verwertung der im Insolvenzverfahren gegebenen Informationen kann daher kein Verwertungsverbot nach sich ziehen. Darüber hinaus hat der Kläger auch nicht näher erläutert, auf wessen Informationen sich die entzogene Zustimmung beziehen soll.

43

dd) Entgegen der Auffassung des Klägers kann die Kausalität der Pflichtverletzung für den dadurch beim Fiskus eingetretenen Vermögensschaden auch nicht durch die bloße Behauptung eines hypothetischen Kausalverlaufs beseitigt werden (vgl. BFH-Urteil vom 05.06.2007 VII R 65/05, BFHE 217, 233, BStBl II 2008, 273). Daher kann sich der Kläger auch nicht auf die theoretisch mögliche, jedoch praktisch nicht vorgenommene Kürzung der Nettolöhne berufen.

44

b) Der Beklagte hat das ihm auf der zweiten Stufe gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 AO eingeräumte Ermessen rechtmäßig ausgeübt. Das Gericht hat dabei gemäß § 102 Satz 1 FGO nur zu überprüfen, ob der Beklagte die in § 5 AO festgelegten Grenzen des Ermessens über- oder unterschritten hat oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechender Weise Gebrauch gemacht hat.

45

aa) Bei der Entscheidung, ob überhaupt ein ausstehender Steueranspruch durch Geltendmachung von Haftungsansprüchen realisiert werden soll (Entschließungsermessen), ist die Aufgabe des Finanzamtes entscheidend, Steuerausfälle zu verhindern; bei Uneinbringlichkeit der Steuern muss daher die Haftungsinanspruchnahme die Regel sein (Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl., § 191 Rn. 35 m. w. N.). Das Entschließungsermessen ist durch den Hinweis auf die Unmöglichkeit der Einziehung der rückständigen Steuern durch Vollstreckungsmaßnahmen gegenüber dem Steuerpflichtigen jedenfalls bei Nichtvorliegen außergewöhnlicher Umstände regelmäßig ausreichend begründet (BFH-Urteile vom 13.06.1997 VII R 96/96, BFH/NV 1998, 4; vom 29.09.1987 VII R 54/84, BFHE 151, 111, BStBl II 1988, 176).

46

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Der Beklagte hat in dem Haftungsbescheid darauf verwiesen, dass die GmbH erfolglos zur Zahlung der rückständigen Steuern aufgefordert wurde und nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr mit einer Zahlung gerechnet werden kann.

47

bb) Der Kläger war alleiniger Geschäftsführer der GmbH. Anhaltspunkte dafür, dass noch ein weiterer faktischer Geschäftsführer neben dem Kläger hätte verantwortlich sein können, liegen nicht vor. Hinsichtlich der Haftung für Lohnsteuern kommt zwar (grundsätzlich) gem. § 42d Abs. 3 EStG eine gesamtschuldnerische Haftung des Arbeitgebers und der Arbeitnehmer in Betracht. Liegen die Voraussetzungen des § 42d Abs. 3 Satz 4 EStG – wie hier – nicht vor, bedarf es jedoch keiner weiteren Begründung des Beklagten, wenn er nur den Arbeitgeber in Haftung nimmt (vgl. BFH-Urteil vom 29.09.1987 VII R 54/84, BFHE 151, 111, BStBl II 1988, 176).

48

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

49

3. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, weil der BFH – soweit ersichtlich – die Frage der Geltendmachung von Einwendungen gegen einen Lohnsteuer-Haftungsbescheid bei Nichterhebung eines Widerspruchs im Insolvenzverfahrens durch den Schuldner noch nicht entschieden hat.

Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 04. Juli 2016 - 2 K 203/16

Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 04. Juli 2016 - 2 K 203/16

Referenzen - Gesetze

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu
Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 04. Juli 2016 - 2 K 203/16 zitiert 28 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 100


(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an di

Abgabenordnung - AO 1977 | § 164 Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung


(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 76


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von de

Abgabenordnung - AO 1977 | § 37 Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis


(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregel

Abgabenordnung - AO 1977 | § 90 Mitwirkungspflichten der Beteiligten


(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen un

Abgabenordnung - AO 1977 | § 191 Haftungsbescheide, Duldungsbescheide


(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen

Abgabenordnung - AO 1977 | § 34 Pflichten der gesetzlichen Vertreter und der Vermögensverwalter


(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 102


Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Er

Abgabenordnung - AO 1977 | § 168 Wirkung einer Steueranmeldung


Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt Satz 1 erst, wenn die Finanzbehörde z

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 35 Vertretung der Gesellschaft


(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder

Abgabenordnung - AO 1977 | § 5 Ermessen


Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Insolvenzordnung - InsO | § 178 Voraussetzungen und Wirkungen der Feststellung


(1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch bes

Abgabenordnung - AO 1977 | § 69 Haftung der Vertreter


Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt

Abgabenordnung - AO 1977 | § 93 Auskunftspflicht der Beteiligten und anderer Personen


(1) Die Beteiligten und andere Personen haben der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dies gilt auch für nicht rechtsfähige Vereinigungen, Vermögensmassen, Behörd

Einkommensteuergesetz - EStG | § 41a Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer


(1)1Der Arbeitgeber hat spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums1.dem Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Betriebsstätte (§ 41 Absatz 2) befindet (Betriebsstättenfinanzamt), eine Steuererklärung einzureichen,

Einkommensteuergesetz - EStG | § 42d Haftung des Arbeitgebers und Haftung bei Arbeitnehmerüberlassung


(1) Der Arbeitgeber haftet 1. für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat,2. für die Lohnsteuer, die er beim Lohnsteuer-Jahresausgleich zu Unrecht erstattet hat,3. für die Einkommensteuer (Lohnsteuer), die auf Grund fehlerhafter Angab

Insolvenzordnung - InsO | § 184 Klage gegen einen Widerspruch des Schuldners


(1) Hat der Schuldner im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) eine Forderung bestritten, so kann der Gläubiger Klage auf Feststellung der Forderung gegen den Schuldner erheben. War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein

Abgabenordnung - AO 1977 | § 97 Vorlage von Urkunden


(1) Die Beteiligten und andere Personen haben der Finanzbehörde auf Verlangen Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen. Im Vorlageverlangen ist anzugeben, ob die Urkunden für die Besteuerung des

Abgabenordnung - AO 1977 | § 35 Pflichten des Verfügungsberechtigten


Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 166 Drittwirkung der Steuerfestsetzung


Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Ver

Insolvenzordnung - InsO | § 176 Verlauf des Prüfungstermins


Im Prüfungstermin werden die angemeldeten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach geprüft. Die Forderungen, die vom Insolvenzverwalter, vom Schuldner oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten werden, sind einzeln zu erörtern.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 84


(1) Für das Recht zur Verweigerung des Zeugnisses und die Pflicht zur Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht gelten die §§ 101 bis 103 der Abgabenordnung sinngemäß. (2) Wer als Angehöriger zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt ist, kan

Referenzen - Urteile

Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 04. Juli 2016 - 2 K 203/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 04. Juli 2016 - 2 K 203/16 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesfinanzhof Urteil, 22. Apr. 2015 - XI R 43/11

bei uns veröffentlicht am 22.04.2015

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 13. Oktober 2011  13 K 4121/07 betreffend Haftung für Umsatzsteuer 2002 und Nebenleistungen hierzu aufgehoben.

Bundesfinanzhof Urteil, 02. Nov. 2010 - VII R 62/10

bei uns veröffentlicht am 02.11.2010

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Verwalter in dem über das Vermögen des X e.V. (im Folgenden: Schuldner) am 1. März 2001 eröffneten Insolvenzv
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 04. Juli 2016 - 2 K 203/16.

Bundesfinanzhof Urteil, 16. Mai 2017 - VII R 25/16

bei uns veröffentlicht am 16.05.2017

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Juli 2016  2 K 203/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten.

(2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1. An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 10 Abs. 2 Satz 2 erfolgen.

(3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft und ist er zugleich deren alleiniger Geschäftsführer, so ist auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Rechtsgeschäfte zwischen ihm und der von ihm vertretenen Gesellschaft sind, auch wenn er nicht alleiniger Geschäftsführer ist, unverzüglich nach ihrer Vornahme in eine Niederschrift aufzunehmen.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

(1)1Der Arbeitgeber hat spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums

1.
dem Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Betriebsstätte (§ 41 Absatz 2) befindet (Betriebsstättenfinanzamt), eine Steuererklärung einzureichen, in der er die Summen der im Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum einzubehaltenden und zu übernehmenden Lohnsteuer, getrennt nach den Kalenderjahren in denen der Arbeitslohn bezogen wird oder als bezogen gilt, angibt (Lohnsteuer-Anmeldung),
2.
die im Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum insgesamt einbehaltene und übernommene Lohnsteuer an das Betriebsstättenfinanzamt abzuführen.
2Die Lohnsteuer-Anmeldung ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln.3Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall ist die Lohnsteuer-Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und vom Arbeitgeber oder von einer zu seiner Vertretung berechtigten Person zu unterschreiben.4Der Arbeitgeber wird von der Verpflichtung zur Abgabe weiterer Lohnsteuer-Anmeldungen befreit, wenn er Arbeitnehmer, für die er Lohnsteuer einzubehalten oder zu übernehmen hat, nicht mehr beschäftigt und das dem Finanzamt mitteilt.

(2)1Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist grundsätzlich der Kalendermonat.2Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr, wenn die abzuführende Lohnsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 1 080 Euro, aber nicht mehr als 5 000 Euro betragen hat; Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist das Kalenderjahr, wenn die abzuführende Lohnsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1 080 Euro betragen hat.3Hat die Betriebsstätte nicht während des ganzen vorangegangenen Kalenderjahres bestanden, so ist die für das vorangegangene Kalenderjahr abzuführende Lohnsteuer für die Feststellung des Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums auf einen Jahresbetrag umzurechnen.4Wenn die Betriebsstätte im vorangegangenen Kalenderjahr noch nicht bestanden hat, ist die auf einen Jahresbetrag umgerechnete für den ersten vollen Kalendermonat nach der Eröffnung der Betriebsstätte abzuführende Lohnsteuer maßgebend.

(3)1Die oberste Finanzbehörde des Landes kann bestimmen, dass die Lohnsteuer nicht dem Betriebsstättenfinanzamt, sondern einer anderen öffentlichen Kasse anzumelden und an diese abzuführen ist; die Kasse erhält insoweit die Stellung einer Landesfinanzbehörde.2Das Betriebsstättenfinanzamt oder die zuständige andere öffentliche Kasse können anordnen, dass die Lohnsteuer abweichend von dem nach Absatz 1 maßgebenden Zeitpunkt anzumelden und abzuführen ist, wenn die Abführung der Lohnsteuer nicht gesichert erscheint.

(4)1Arbeitgeber, die eigene oder gecharterte Handelsschiffe betreiben, dürfen die anzumeldende und abzuführende Lohnsteuer abziehen und einbehalten, die auf den Arbeitslohn entfällt, der an die Besatzungsmitglieder für die Beschäftigungszeiten auf diesen Schiffen gezahlt wird.2Die Handelsschiffe müssen in einem Seeschiffsregister eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, eingetragen sein, die Flagge eines dieser Staaten führen und zur Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der Hohen See betrieben werden.3Die Sätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn Seeschiffe im Wirtschaftsjahr überwiegend außerhalb der deutschen Hoheitsgewässer zum Schleppen, Bergen oder zur Aufsuchung von Bodenschätzen oder zur Vermessung von Energielagerstätten unter dem Meeresboden eingesetzt werden.4Bei Besatzungsmitgliedern, die auf Schiffen, einschließlich Ro-Ro-Fahrgastschiffen, arbeiten, die im regelmäßigen Personenbeförderungsdienst zwischen Häfen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union eingesetzt werden, gelten die Sätze 1 und 2 nur, wenn die Besatzungsmitglieder Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates sind, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist.5Bei Seeschiffen, die für Schlepp- und Baggerarbeiten genutzt werden, gelten die Sätze 1 und 2 nur, wenn es sich um seetüchtige Schlepper und Baggerschiffe mit Eigenantrieb handelt und die Schiffe während mindestens 50 Prozent ihrer Betriebszeit für Tätigkeiten auf See eingesetzt werden.6Ist für den Lohnsteuerabzug die Lohnsteuer nach der Steuerklasse V oder VI zu ermitteln, bemisst sich der Betrag nach Satz 1 nach der Lohnsteuer der Steuerklasse I.

Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt Satz 1 erst, wenn die Finanzbehörde zustimmt. Die Zustimmung bedarf keiner Form.

(1)1Der Arbeitgeber hat spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums

1.
dem Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Betriebsstätte (§ 41 Absatz 2) befindet (Betriebsstättenfinanzamt), eine Steuererklärung einzureichen, in der er die Summen der im Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum einzubehaltenden und zu übernehmenden Lohnsteuer, getrennt nach den Kalenderjahren in denen der Arbeitslohn bezogen wird oder als bezogen gilt, angibt (Lohnsteuer-Anmeldung),
2.
die im Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum insgesamt einbehaltene und übernommene Lohnsteuer an das Betriebsstättenfinanzamt abzuführen.
2Die Lohnsteuer-Anmeldung ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln.3Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall ist die Lohnsteuer-Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und vom Arbeitgeber oder von einer zu seiner Vertretung berechtigten Person zu unterschreiben.4Der Arbeitgeber wird von der Verpflichtung zur Abgabe weiterer Lohnsteuer-Anmeldungen befreit, wenn er Arbeitnehmer, für die er Lohnsteuer einzubehalten oder zu übernehmen hat, nicht mehr beschäftigt und das dem Finanzamt mitteilt.

(2)1Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist grundsätzlich der Kalendermonat.2Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr, wenn die abzuführende Lohnsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 1 080 Euro, aber nicht mehr als 5 000 Euro betragen hat; Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist das Kalenderjahr, wenn die abzuführende Lohnsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1 080 Euro betragen hat.3Hat die Betriebsstätte nicht während des ganzen vorangegangenen Kalenderjahres bestanden, so ist die für das vorangegangene Kalenderjahr abzuführende Lohnsteuer für die Feststellung des Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums auf einen Jahresbetrag umzurechnen.4Wenn die Betriebsstätte im vorangegangenen Kalenderjahr noch nicht bestanden hat, ist die auf einen Jahresbetrag umgerechnete für den ersten vollen Kalendermonat nach der Eröffnung der Betriebsstätte abzuführende Lohnsteuer maßgebend.

(3)1Die oberste Finanzbehörde des Landes kann bestimmen, dass die Lohnsteuer nicht dem Betriebsstättenfinanzamt, sondern einer anderen öffentlichen Kasse anzumelden und an diese abzuführen ist; die Kasse erhält insoweit die Stellung einer Landesfinanzbehörde.2Das Betriebsstättenfinanzamt oder die zuständige andere öffentliche Kasse können anordnen, dass die Lohnsteuer abweichend von dem nach Absatz 1 maßgebenden Zeitpunkt anzumelden und abzuführen ist, wenn die Abführung der Lohnsteuer nicht gesichert erscheint.

(4)1Arbeitgeber, die eigene oder gecharterte Handelsschiffe betreiben, dürfen die anzumeldende und abzuführende Lohnsteuer abziehen und einbehalten, die auf den Arbeitslohn entfällt, der an die Besatzungsmitglieder für die Beschäftigungszeiten auf diesen Schiffen gezahlt wird.2Die Handelsschiffe müssen in einem Seeschiffsregister eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, eingetragen sein, die Flagge eines dieser Staaten führen und zur Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der Hohen See betrieben werden.3Die Sätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn Seeschiffe im Wirtschaftsjahr überwiegend außerhalb der deutschen Hoheitsgewässer zum Schleppen, Bergen oder zur Aufsuchung von Bodenschätzen oder zur Vermessung von Energielagerstätten unter dem Meeresboden eingesetzt werden.4Bei Besatzungsmitgliedern, die auf Schiffen, einschließlich Ro-Ro-Fahrgastschiffen, arbeiten, die im regelmäßigen Personenbeförderungsdienst zwischen Häfen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union eingesetzt werden, gelten die Sätze 1 und 2 nur, wenn die Besatzungsmitglieder Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates sind, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist.5Bei Seeschiffen, die für Schlepp- und Baggerarbeiten genutzt werden, gelten die Sätze 1 und 2 nur, wenn es sich um seetüchtige Schlepper und Baggerschiffe mit Eigenantrieb handelt und die Schiffe während mindestens 50 Prozent ihrer Betriebszeit für Tätigkeiten auf See eingesetzt werden.6Ist für den Lohnsteuerabzug die Lohnsteuer nach der Steuerklasse V oder VI zu ermitteln, bemisst sich der Betrag nach Satz 1 nach der Lohnsteuer der Steuerklasse I.

Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.

Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt Satz 1 erst, wenn die Finanzbehörde zustimmt. Die Zustimmung bedarf keiner Form.

(1)1Der Arbeitgeber hat spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums

1.
dem Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Betriebsstätte (§ 41 Absatz 2) befindet (Betriebsstättenfinanzamt), eine Steuererklärung einzureichen, in der er die Summen der im Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum einzubehaltenden und zu übernehmenden Lohnsteuer, getrennt nach den Kalenderjahren in denen der Arbeitslohn bezogen wird oder als bezogen gilt, angibt (Lohnsteuer-Anmeldung),
2.
die im Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum insgesamt einbehaltene und übernommene Lohnsteuer an das Betriebsstättenfinanzamt abzuführen.
2Die Lohnsteuer-Anmeldung ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln.3Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall ist die Lohnsteuer-Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und vom Arbeitgeber oder von einer zu seiner Vertretung berechtigten Person zu unterschreiben.4Der Arbeitgeber wird von der Verpflichtung zur Abgabe weiterer Lohnsteuer-Anmeldungen befreit, wenn er Arbeitnehmer, für die er Lohnsteuer einzubehalten oder zu übernehmen hat, nicht mehr beschäftigt und das dem Finanzamt mitteilt.

(2)1Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist grundsätzlich der Kalendermonat.2Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr, wenn die abzuführende Lohnsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 1 080 Euro, aber nicht mehr als 5 000 Euro betragen hat; Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum ist das Kalenderjahr, wenn die abzuführende Lohnsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1 080 Euro betragen hat.3Hat die Betriebsstätte nicht während des ganzen vorangegangenen Kalenderjahres bestanden, so ist die für das vorangegangene Kalenderjahr abzuführende Lohnsteuer für die Feststellung des Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums auf einen Jahresbetrag umzurechnen.4Wenn die Betriebsstätte im vorangegangenen Kalenderjahr noch nicht bestanden hat, ist die auf einen Jahresbetrag umgerechnete für den ersten vollen Kalendermonat nach der Eröffnung der Betriebsstätte abzuführende Lohnsteuer maßgebend.

(3)1Die oberste Finanzbehörde des Landes kann bestimmen, dass die Lohnsteuer nicht dem Betriebsstättenfinanzamt, sondern einer anderen öffentlichen Kasse anzumelden und an diese abzuführen ist; die Kasse erhält insoweit die Stellung einer Landesfinanzbehörde.2Das Betriebsstättenfinanzamt oder die zuständige andere öffentliche Kasse können anordnen, dass die Lohnsteuer abweichend von dem nach Absatz 1 maßgebenden Zeitpunkt anzumelden und abzuführen ist, wenn die Abführung der Lohnsteuer nicht gesichert erscheint.

(4)1Arbeitgeber, die eigene oder gecharterte Handelsschiffe betreiben, dürfen die anzumeldende und abzuführende Lohnsteuer abziehen und einbehalten, die auf den Arbeitslohn entfällt, der an die Besatzungsmitglieder für die Beschäftigungszeiten auf diesen Schiffen gezahlt wird.2Die Handelsschiffe müssen in einem Seeschiffsregister eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, eingetragen sein, die Flagge eines dieser Staaten führen und zur Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der Hohen See betrieben werden.3Die Sätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, wenn Seeschiffe im Wirtschaftsjahr überwiegend außerhalb der deutschen Hoheitsgewässer zum Schleppen, Bergen oder zur Aufsuchung von Bodenschätzen oder zur Vermessung von Energielagerstätten unter dem Meeresboden eingesetzt werden.4Bei Besatzungsmitgliedern, die auf Schiffen, einschließlich Ro-Ro-Fahrgastschiffen, arbeiten, die im regelmäßigen Personenbeförderungsdienst zwischen Häfen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union eingesetzt werden, gelten die Sätze 1 und 2 nur, wenn die Besatzungsmitglieder Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates sind, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist.5Bei Seeschiffen, die für Schlepp- und Baggerarbeiten genutzt werden, gelten die Sätze 1 und 2 nur, wenn es sich um seetüchtige Schlepper und Baggerschiffe mit Eigenantrieb handelt und die Schiffe während mindestens 50 Prozent ihrer Betriebszeit für Tätigkeiten auf See eingesetzt werden.6Ist für den Lohnsteuerabzug die Lohnsteuer nach der Steuerklasse V oder VI zu ermitteln, bemisst sich der Betrag nach Satz 1 nach der Lohnsteuer der Steuerklasse I.

Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 13. Oktober 2011  13 K 4121/07 betreffend Haftung für Umsatzsteuer 2002 und Nebenleistungen hierzu aufgehoben.

Der Haftungsbescheid vom 2. März 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Oktober 2007 wird aufgehoben, soweit die Klägerin wegen Umsatzsteuer 2002 mit mehr als ... € und Zinsen hierzu mit mehr als ... € in Haftung genommen wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Klageverfahrens tragen die Klägerin zu 90 v.H. und der Beklagte zu 10 v.H., die Kosten des Revisionsverfahrens die Klägerin zu 87 v.H. und der Beklagte zu 13 v.H.

Tatbestand

1

I. Am 24. Januar 2001 wurde die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) als (alleinige) Geschäftsführerin der A GmbH (GmbH) im Handelsregister eingetragen. Sie war zugleich alleinige Gesellschafterin der B, die die Geschäftsanteile an der GmbH hielt und gemeinsam mit dem Ehemann der Klägerin Gesellschafterin der C war.

2

Da die GmbH keine Steuererklärungen abgegeben hatte, schätzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Besteuerungsgrundlagen und setzte u.a. mit Bescheid vom 5. November 2004 die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 auf ... € und Zinsen hierzu auf ... € fest. Aufgrund der im Einspruchsverfahren am 23. März 2005 vorgelegten Umsatzsteuererklärung für 2002, mit der die GmbH u.a. eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung in Höhe von "116" anmeldete, setzte das FA mit Einspruchsentscheidung vom 27. September 2005 die Umsatzsteuer 2002 --weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung-- auf ... € und Zinsen auf ... € fest; dabei folgte es den Angaben der GmbH, sah aber, nachdem es erfolglos Belege zu der erklärten innergemeinschaftlichen Lieferung angefordert hatte, die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit dieser Lieferung nicht als erfüllt an und berechnete die diesbezügliche Steuer aufgrund einer Bemessungsgrundlage von "116". In der --hernach dem FA übersandten-- Rechnung vom 31. Oktober 2002 an die C über "116" ist weder Umsatzsteuer ausgewiesen noch ein Hinweis auf die Umsatzsteuerfreiheit bzw. auf das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung angebracht.

3

Mit --von der Klägerin namens der GmbH gestelltem-- Antrag vom 24. November 2005, die Festsetzung der Umsatzsteuer 2002 gemäß § 164 der Abgabenordnung (AO) zu ändern und die steuerpflichtigen Umsätze um "116" zu mindern, überließ die GmbH dem FA die betreffenden Lieferscheine, später übersandte sie eine auf den 19. Mai 2006 datierte Bestätigung der C, wonach diese das Material erhalten und es zur Baustelle in Belgien befördert habe.

4

Die GmbH leistete auf die Festsetzungen keine Zahlungen. Das FA pfändete das betriebliche Konto und beantragte am 16. März 2006 beim Amtsgericht X die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH, die am 5. November 2007 im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit gelöscht wurde.

5

Auf das Schreiben des FA vom 19. Januar 2006, mit dem es der Klägerin seine Absicht mitgeteilt hatte, sie für die im Haftungszeitraum Januar 2002 bis Januar 2006 bestehenden Steuerschulden der GmbH in Haftung zu nehmen, und um entsprechende Auskünfte bat, reagierte die Klägerin nicht.

6

Mit Haftungsbescheid vom 2. März 2006 nahm das FA die Klägerin gemäß § 191 AO i.V.m. §§ 34, 35, 69 AO in Höhe von insgesamt... € wegen rückständiger Steuern der GmbH und Nebenleistungen --darunter ... € für Umsatzsteuer 2002 nebst ... € an Säumniszuschlägen und ... € an Zinsen-- in Anspruch. Die Haftungssumme wurde mit Einspruchsentscheidung vom 4. Oktober 2007 auf insgesamt ... € reduziert, die Haftungsinanspruchnahme der Klägerin für Umsatzsteuer 2002 der GmbH und Nebenleistungen hierzu blieb unberührt. Zur Begründung führte das FA aus, die Klägerin habe ihre Pflicht zur Abgabe wahrheitsgemäßer Steuererklärungen und zur Entrichtung der Steuern schuldhaft verletzt und dadurch bewirkt, dass die Steuern der GmbH nicht bzw. nicht rechtzeitig bezahlt worden seien. Die Umsatzsteuer 2002 der GmbH sei mit Einspruchsentscheidung vom 27. September 2005 bestandskräftig festgesetzt, was die Klägerin gemäß § 166 AO gegen sich gelten lassen müsse. Ihre Inanspruchnahme sei ermessensgerecht, weil Beitreibungsmaßnahmen erfolglos geblieben seien und im Hinblick auf die Ablehnung des Insolvenzantrags keine Aussicht auf Erfolg hätten. Dabei werde berücksichtigt, dass eine Inanspruchnahme wegen Säumniszuschlägen nur soweit zulässig sei, als diese bis zum Zeitpunkt des Eintritts der nachweislichen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin entstanden seien. Ob der Ehemann der Klägerin als faktischer Geschäftsführer in Anspruch zu nehmen sei, bleibe einer weiteren Prüfung vorbehalten.

7

Mit der dagegen gerichteten Klage begehrte die Klägerin die Aufhebung des Haftungsbescheides in Gestalt der Einspruchsentscheidung. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage durch Urteil aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 195 veröffentlichten Gründen ab. Die Klägerin könne mit ihrem Einwand, die Umsatzsteuer 2002 sei in großem Umfang zu Unrecht gegenüber der GmbH festgesetzt worden, im vorliegenden Verfahren gemäß § 166 AO nicht gehört werden. Abgesehen davon sei die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen.

8

Mit der --vom FG hinsichtlich der Frage, ob gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Steuerbescheide unanfechtbar i.S. des § 166 AO sind, zugelassenen-- Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

9

Das FG habe die Drittwirkung der Steuerfestsetzung gemäß § 166 AO unzutreffend beurteilt. Bei einem Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung trete die Bindungswirkung erst ein, wenn er nicht nur formell, sondern auch materiell bestandskräftig geworden sei, d.h. auch nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO nicht mehr geändert werden könne. Die GmbH habe einen Antrag auf Änderung gemäß § 164 Abs. 2 Satz 2 AO gestellt und alle notwendigen Nachweise für die Steuerbefreiung vorgelegt; es sei die Pflicht des FA gewesen, vor Erlass des Haftungsbescheides über den Änderungsantrag zu entscheiden.

10

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung der Vorentscheidung betreffend Haftung für Umsatzsteuer 2002 der GmbH und Nebenleistungen hierzu den Haftungsbescheid vom 2. März 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Oktober 2007 dahingehend zu ändern, dass die Haftungssumme um die Umsatzsteuer 2002 in Höhe von ... €, diesbezügliche Zinsen von ... € und Säumniszuschlägen von ... € gemindert wird.

11

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

12

Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 166 AO ergebe, stelle die Vorschrift auf die Unanfechtbarkeit des Steuerbescheides und nicht auf dessen Unabänderbarkeit ab. Im Übrigen führe das Fehlen des Hinweises auf die Steuerfreiheit der Lieferung in der Rechnung vom 31. Oktober 2002 dazu, dass die formelle Vollständigkeit der Beleg- und Buchangaben nicht gegeben sei.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit diese die Haftung der Klägerin wegen Umsatzsteuer 2002 der GmbH und Nebenleistungen hierzu betrifft, sowie zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

14

Das FG hat zwar zutreffend entschieden, dass das FA die Klägerin dem Grunde nach zu Recht wegen Ansprüchen gegen die GmbH wegen Umsatzsteuer 2002 nebst Zinsen und Säumniszuschlägen hierzu --wogegen sich die Revision lediglich wendet-- in Haftung genommen hat (vgl. dazu unter 1.). Das FG hat aber zu Unrecht die Klägerin mit ihren Einwendungen gegen die der Haftungsschuld zugrunde liegende Steuerschuld ausgeschlossen (vgl. dazu unter 2.). Allerdings greifen die Einwendungen der Klägerin gegen die Behandlung der streitbefangenen Lieferung(en) als steuerpflichtig nur hinsichtlich der Bemessungsgrundlage (vgl. dazu unter 3.).

15

1. Nach § 69 i.V.m. §§ 34, 35 AO haften die Geschäftsführer einer GmbH, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

16

Als Geschäftsführerin der GmbH war die Klägerin deren gesetzliche Vertreterin (vgl. § 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) und hatte als solche gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 AO deren steuerliche Pflichten zu erfüllen, insbesondere rechtzeitig Steuererklärungen abzugeben (§ 149 AO, § 18 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--) und die fälligen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO, § 18 Abs. 4 Satz 2 UStG) zu erfüllen (§ 34 Abs. 1 Satz 2 AO).

17

a) Entgegen der Auffassung der Klägerin, "bezüglich der Umsatzsteuer 2002 [seien] die Voraussetzungen für die Haftung eines Geschäftsführers, nämlich vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung der ihm obliegenden Pflichten wegen der Untätigkeit des Beklagten nicht gegeben", liegt ein Verstoß gegen beide Pflichten vor.

18

b) Nach den gemäß § 118 Abs. 2 FGO den Senat bindenden Feststellungen des FG hat die Klägerin die Umsatzsteuer-Jahreserklärung der GmbH für 2002 nicht bis zum 31. Mai 2003 (vgl. § 149 Abs. 2 Satz 1 AO), sondern erst am 23. März 2005 abgegeben. Zudem hat die Klägerin für die GmbH die einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung fällige Umsatzsteuer (vgl. § 18 Abs. 4 Satz 2 UStG) sowie die festgesetzten Zinsen nicht entrichtet, obwohl die Vollziehung der --nicht mit einem Rechtsbehelf angefochtenen-- Bescheide nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung der Abgabe und der Nebenleistung nicht aufgehalten war (vgl. § 361 Abs. 1 Satz 1 AO).

19

Dass die Klägerin für die GmbH am 24. November 2005 die Änderung der Steuerfestsetzung nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO beantragte, führt zu keiner anderen Beurteilung; denn dieser Antrag vermag die bereits erfolgte Pflichtverletzung, nämlich die Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2002 verspätet abgegeben zu haben, nicht entfallen zu lassen. Außerdem hätte die Klägerin, selbst wenn sie --unzutreffend (vgl. dazu unter 3.)-- angenommen haben sollte, der betreffende Umsatz sei als innergemeinschaftliche Lieferung steuerbefreit, bei pflichtgemäßem Verhalten gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 AO gleichwohl dafür sorgen müssen, dass die festgesetzten Steuern aus den Mitteln der GmbH entrichtet werden (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. April 2014 IV R 25/11, BFHE 245, 499, BStBl II 2014, 819, Rz 38). Denn durch ihren Antrag wurde die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts nicht gehemmt.

20

Diese objektive Pflichtwidrigkeit indiziert den gegenüber der Klägerin zu erhebenden Schuldvorwurf (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11. November 2008 VII R 19/08, BFHE 223, 303, BStBl II 2009, 342).

21

c) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden (§ 191 Abs. 1 Satz 1 AO). Haften i.S. des § 191 AO bedeutet Einstehenmüssen für eine fremde Schuld, weshalb die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners durch Haftungsbescheid u.a. voraussetzt, dass die Steuerschuld, für die gehaftet wird, im Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheides materiell-rechtlich noch besteht (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 12. Oktober 1999 VII R 98/98, BFHE 190, 25, BStBl II 2000, 486; vom 11. Juli 2001 VII R 28/99, BFHE 195, 510, BStBl II 2002, 267, jeweils m.w.N.).

22

2. Entgegen der Auffassung des FG ist die Klägerin nicht gehindert, Einwendungen gegen die Steuerschuld der GmbH geltend zu machen.

23

a) Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies nach § 166 AO neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.

24

b) Die Drittwirkung der Steuerfestsetzung nach Unanfechtbarkeit (formeller Bestandskraft) gemäß § 166 AO lässt bei einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung den Anspruch des Steuerpflichtigen und seines Vertreters auf Änderung der Steuerfestsetzung nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO unberührt; beide Vorschriften haben einen voneinander unabhängigen Regelungs- und Anwendungsbereich (BFH-Beschluss vom 4. Juni 1996 VII S 9/96, BFH/NV 1996, 915, unter 2.a). Dies hat das FG nicht beachtet.

25

aa) Auch wenn eine unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangene (§ 164 AO) Steuerfestsetzung die Rechtsfolge des § 166 AO auslöst, wenn die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber "unanfechtbar" festgesetzt worden ist --also mit einem förmlichen Rechtsbehelf (Einspruch, Klage, Nichtzulassungsbeschwerde, Revision) nicht (mehr) anfechtbar ist-- kann eine solche Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden, solange der Vorbehalt wirksam ist (§ 164 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO).

26

Ein in Haftung genommener Vertreter des Steuerpflichtigen kann auf eine Aufhebung/Änderung einer solchen Steuerfestsetzung hinwirken und trotz Unanfechtbarkeit der (noch wirksamen) Vorbehaltsfestsetzung uneingeschränkt Einwendungen gegen die Richtigkeit dieser Steuerfestsetzung und gegen die Höhe der gegen ihn festgesetzten Haftungsschuld geltend machen (BFH-Beschluss vom 28. März 2001 VII B 213/00, BFH/NV 2001, 1217, unter II.2.b und 3.; vgl. auch Buciek in Beermann/Gosch, AO § 166 Rz 18 f.; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 166 AO Rz 6; Klein/Rüsken, AO, 12. Aufl., § 166 Rz 10; Koenig/ Cöster, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 166 Rz 9; Frotscher in Schwarz, AO, § 166 Rz 5; Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 166 AO Rz 3).

27

bb) Aus dem BFH-Urteil vom 24. August 2004 VII R 50/03 (BFHE 207, 5, BStBl II 2005, 127) sowie aus den BFH-Beschlüssen vom 4. Februar 2003 VI B 70/02 (BFH/NV 2003, 798) und vom 25. Juli 2003 VII B 240/02 (BFH/NV 2003, 1540) ergibt sich nichts anderes.

28

In den den Entscheidungen in BFH/NV 2003, 798 und in BFHE 207, 5, BStBl II 2005, 127 zugrunde liegenden Sachverhalten war die Vertretungsmacht des Dritten bereits vor Erlass des Steuerbescheides bzw. während des Laufs der Rechtsbehelfsfrist erloschen, so dass die Bindungswirkung des § 166 AO erst gar nicht hat eintreten können; für die Entscheidung in BFH/NV 2003, 1540 kam es auf die Frage der materiellen Bestandskraft nicht an.

29

c) Danach ist die Klägerin nicht gehindert, Einwendungen gegen den Umsatzsteuerbescheid der GmbH für 2002 geltend zu machen, weil die Klägerin nach den Feststellungen des FG noch in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin der GmbH am 24. November 2005 die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 2002 gemäß § 164 Abs. 2 Satz 2 AO beantragt hat. Über diesen Antrag wurde bislang nicht entschieden mit der Folge, dass die Festsetzungsfrist nicht abgelaufen ist und der Vorbehalt der Nachprüfung noch besteht (§ 164 Abs. 4 Satz 1, § 169, § 171 Abs. 3 AO).

30

3. Das FG hat zutreffend die streitbefangene(n) Lieferung(en) nicht als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung(en) angesehen.

31

a) Innergemeinschaftliche Lieferungen sind gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG unter den nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) durch den Unternehmer nachzuweisenden Voraussetzungen des § 6a UStG steuerfrei.

32

b) Sie liegen im Streitfall jedoch nicht vor.

33

aa) Vorliegend hat die GmbH den Belegnachweis nicht erbracht. Sie hat über die betreffende Lieferung keine den Anforderungen der §§ 14, 14a UStG entsprechende Rechnung ausgestellt. Die Rechnung enthielt zwar keinen Steuerausweis, jedoch nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) auch nicht den gemäß § 14a Abs. 1 Satz 1 UStG zusätzlich erforderlichen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung. Mit einer Rechnung, die keinen Hinweis auf die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung enthält, kann der Unternehmer den gemäß § 17a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStDV erforderlichen Belegnachweis für eine innergemeinschaftliche Lieferung nicht führen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 12. Mai 2011 V R 46/10, BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 21; vom 14. November 2012 XI R 8/11, BFH/NV 2013, 596, Rz 44).

34

bb) Zwar ist der Unternehmer, der die Steuerfreiheit nicht belegmäßig nachweisen kann, grundsätzlich berechtigt, die Voraussetzungen der Steuerfreiheit objektiv nachzuweisen (z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 596, Rz 55). Nach der den Senat bindenden Würdigung der Gesamtumstände durch das FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) steht aber nicht objektiv fest, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit vorliegen. Rechtsfehlerfrei hat das FG dabei auch auf das sich ändernde Vorbringen der GmbH sowie deren mittelbare Verbundenheit mit der behaupteten Empfängerin der Leistung, der C, abgestellt; so ist auf den Lieferscheinen etwa vermerkt "Lieferung frei Baustelle", "Lieferung mittels Kranwagen", "frei Baustelle, Abladung durch den Auftraggeber", "frei Baustelle gekippt" o.ä., während die C unter dem 19. Mai 2006 bestätigte: "Das Material wurde von uns nach zu der oben benannten Baustelle befördert."

35

c) Die Lieferung ist schließlich nicht nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei, da dies voraussetzte, dass der Unternehmer den Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV als Voraussetzung für die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG ihrer Art nach nachkommt (z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 596, Rz 63); dies ist nach obigen Ausführungen gerade nicht der Fall.

36

4. Jedoch hat das FG nicht beachtet, dass das FA die Steuer für die betreffende(n) Lieferung(en) nicht zutreffend berechnet hat.

37

a) Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG wird der Umsatz bei Lieferungen und sonstigen Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG) nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Das gilt auch, wenn die Beteiligten rechtsirrtümlich die Gegenleistung ohne Umsatzsteuer vereinbaren. Der vereinbarte Betrag ist danach in Entgelt und darauf entfallende Umsatzsteuer aufzuteilen (vgl. BFH-Urteil vom 20. Januar 1997 V R 28/95, BFHE 183, 353, BStBl II 1997, 716, unter II.2.d).

38

b) Danach beträgt die Bemessungsgrundlage für die betreffende(n) Lieferung(en) nicht "116", sondern abzüglich der in diesem Bruttobetrag enthaltenen Umsatzsteuer von 16 % (vgl. § 12 Abs. 1 UStG i.d.F. vom 21. Februar 2005, BGBl I 2005, 386) vielmehr "100". Die Steuer auf diesen Umsatz reduziert sich danach von bisher berücksichtigten ... € auf ... €.

39

c) Da sich mithin die Umsatzsteuer 2002 um ... € mindert, reduziert sich entsprechend die in der Anlage zur Einspruchsentscheidung vom 27. September 2005 ausgewiesene Zahllast von ... € auf ... €. Dieser Betrag ist maßgebend für die Verzinsung (§ 233a Abs. 3 AO); die Zinsen berechnen sich nach § 233a Abs. 2 i.V.m. § 238 AO. Danach mindert sich die Zinsfestsetzung vom 27. September 2005 von ... € auf ... €.

40

d) Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge (§ 69 Satz 2 AO). Die verwirkten Säumniszuschläge bleiben von der Änderung der Steuer unberührt (§ 240 Abs. 1 Satz 4 AO).

41

5. Schließlich hat das FG die Betätigung des Entschließungs- und Auswahlermessens durch das FA zu Recht nicht beanstandet (vgl. § 102 FGO). Im Übrigen richtet sich die Revision der Klägerin nicht gegen ihre Haftungsinanspruchnahme dem Grunde nach, sondern nur gegen ihre Inanspruchnahme wegen Umsatzsteuer 2002 der GmbH sowie Nebenleistungen hierzu.

42

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1, § 143 Abs. 1 FGO.

43

Da die Revision der Klägerin Erfolg hat, kann auch die Kostenentscheidung des FG keinen Bestand haben. Der Senat hält es für angemessen, über die Kosten nach Verfahrensabschnitten zu entscheiden. Auch eine solche Entscheidung wahrt den Grundsatz der Einheit der Kostenentscheidung (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 30. April 2014 XI R 24/13, BFHE 245, 66, BStBl II 2014, 1014, m.w.N.).

Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 13. Oktober 2011  13 K 4121/07 betreffend Haftung für Umsatzsteuer 2002 und Nebenleistungen hierzu aufgehoben.

Der Haftungsbescheid vom 2. März 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Oktober 2007 wird aufgehoben, soweit die Klägerin wegen Umsatzsteuer 2002 mit mehr als ... € und Zinsen hierzu mit mehr als ... € in Haftung genommen wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Klageverfahrens tragen die Klägerin zu 90 v.H. und der Beklagte zu 10 v.H., die Kosten des Revisionsverfahrens die Klägerin zu 87 v.H. und der Beklagte zu 13 v.H.

Tatbestand

1

I. Am 24. Januar 2001 wurde die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) als (alleinige) Geschäftsführerin der A GmbH (GmbH) im Handelsregister eingetragen. Sie war zugleich alleinige Gesellschafterin der B, die die Geschäftsanteile an der GmbH hielt und gemeinsam mit dem Ehemann der Klägerin Gesellschafterin der C war.

2

Da die GmbH keine Steuererklärungen abgegeben hatte, schätzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Besteuerungsgrundlagen und setzte u.a. mit Bescheid vom 5. November 2004 die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 auf ... € und Zinsen hierzu auf ... € fest. Aufgrund der im Einspruchsverfahren am 23. März 2005 vorgelegten Umsatzsteuererklärung für 2002, mit der die GmbH u.a. eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung in Höhe von "116" anmeldete, setzte das FA mit Einspruchsentscheidung vom 27. September 2005 die Umsatzsteuer 2002 --weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung-- auf ... € und Zinsen auf ... € fest; dabei folgte es den Angaben der GmbH, sah aber, nachdem es erfolglos Belege zu der erklärten innergemeinschaftlichen Lieferung angefordert hatte, die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit dieser Lieferung nicht als erfüllt an und berechnete die diesbezügliche Steuer aufgrund einer Bemessungsgrundlage von "116". In der --hernach dem FA übersandten-- Rechnung vom 31. Oktober 2002 an die C über "116" ist weder Umsatzsteuer ausgewiesen noch ein Hinweis auf die Umsatzsteuerfreiheit bzw. auf das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung angebracht.

3

Mit --von der Klägerin namens der GmbH gestelltem-- Antrag vom 24. November 2005, die Festsetzung der Umsatzsteuer 2002 gemäß § 164 der Abgabenordnung (AO) zu ändern und die steuerpflichtigen Umsätze um "116" zu mindern, überließ die GmbH dem FA die betreffenden Lieferscheine, später übersandte sie eine auf den 19. Mai 2006 datierte Bestätigung der C, wonach diese das Material erhalten und es zur Baustelle in Belgien befördert habe.

4

Die GmbH leistete auf die Festsetzungen keine Zahlungen. Das FA pfändete das betriebliche Konto und beantragte am 16. März 2006 beim Amtsgericht X die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH, die am 5. November 2007 im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit gelöscht wurde.

5

Auf das Schreiben des FA vom 19. Januar 2006, mit dem es der Klägerin seine Absicht mitgeteilt hatte, sie für die im Haftungszeitraum Januar 2002 bis Januar 2006 bestehenden Steuerschulden der GmbH in Haftung zu nehmen, und um entsprechende Auskünfte bat, reagierte die Klägerin nicht.

6

Mit Haftungsbescheid vom 2. März 2006 nahm das FA die Klägerin gemäß § 191 AO i.V.m. §§ 34, 35, 69 AO in Höhe von insgesamt... € wegen rückständiger Steuern der GmbH und Nebenleistungen --darunter ... € für Umsatzsteuer 2002 nebst ... € an Säumniszuschlägen und ... € an Zinsen-- in Anspruch. Die Haftungssumme wurde mit Einspruchsentscheidung vom 4. Oktober 2007 auf insgesamt ... € reduziert, die Haftungsinanspruchnahme der Klägerin für Umsatzsteuer 2002 der GmbH und Nebenleistungen hierzu blieb unberührt. Zur Begründung führte das FA aus, die Klägerin habe ihre Pflicht zur Abgabe wahrheitsgemäßer Steuererklärungen und zur Entrichtung der Steuern schuldhaft verletzt und dadurch bewirkt, dass die Steuern der GmbH nicht bzw. nicht rechtzeitig bezahlt worden seien. Die Umsatzsteuer 2002 der GmbH sei mit Einspruchsentscheidung vom 27. September 2005 bestandskräftig festgesetzt, was die Klägerin gemäß § 166 AO gegen sich gelten lassen müsse. Ihre Inanspruchnahme sei ermessensgerecht, weil Beitreibungsmaßnahmen erfolglos geblieben seien und im Hinblick auf die Ablehnung des Insolvenzantrags keine Aussicht auf Erfolg hätten. Dabei werde berücksichtigt, dass eine Inanspruchnahme wegen Säumniszuschlägen nur soweit zulässig sei, als diese bis zum Zeitpunkt des Eintritts der nachweislichen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin entstanden seien. Ob der Ehemann der Klägerin als faktischer Geschäftsführer in Anspruch zu nehmen sei, bleibe einer weiteren Prüfung vorbehalten.

7

Mit der dagegen gerichteten Klage begehrte die Klägerin die Aufhebung des Haftungsbescheides in Gestalt der Einspruchsentscheidung. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage durch Urteil aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 195 veröffentlichten Gründen ab. Die Klägerin könne mit ihrem Einwand, die Umsatzsteuer 2002 sei in großem Umfang zu Unrecht gegenüber der GmbH festgesetzt worden, im vorliegenden Verfahren gemäß § 166 AO nicht gehört werden. Abgesehen davon sei die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen.

8

Mit der --vom FG hinsichtlich der Frage, ob gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Steuerbescheide unanfechtbar i.S. des § 166 AO sind, zugelassenen-- Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

9

Das FG habe die Drittwirkung der Steuerfestsetzung gemäß § 166 AO unzutreffend beurteilt. Bei einem Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung trete die Bindungswirkung erst ein, wenn er nicht nur formell, sondern auch materiell bestandskräftig geworden sei, d.h. auch nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO nicht mehr geändert werden könne. Die GmbH habe einen Antrag auf Änderung gemäß § 164 Abs. 2 Satz 2 AO gestellt und alle notwendigen Nachweise für die Steuerbefreiung vorgelegt; es sei die Pflicht des FA gewesen, vor Erlass des Haftungsbescheides über den Änderungsantrag zu entscheiden.

10

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung der Vorentscheidung betreffend Haftung für Umsatzsteuer 2002 der GmbH und Nebenleistungen hierzu den Haftungsbescheid vom 2. März 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Oktober 2007 dahingehend zu ändern, dass die Haftungssumme um die Umsatzsteuer 2002 in Höhe von ... €, diesbezügliche Zinsen von ... € und Säumniszuschlägen von ... € gemindert wird.

11

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

12

Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 166 AO ergebe, stelle die Vorschrift auf die Unanfechtbarkeit des Steuerbescheides und nicht auf dessen Unabänderbarkeit ab. Im Übrigen führe das Fehlen des Hinweises auf die Steuerfreiheit der Lieferung in der Rechnung vom 31. Oktober 2002 dazu, dass die formelle Vollständigkeit der Beleg- und Buchangaben nicht gegeben sei.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit diese die Haftung der Klägerin wegen Umsatzsteuer 2002 der GmbH und Nebenleistungen hierzu betrifft, sowie zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

14

Das FG hat zwar zutreffend entschieden, dass das FA die Klägerin dem Grunde nach zu Recht wegen Ansprüchen gegen die GmbH wegen Umsatzsteuer 2002 nebst Zinsen und Säumniszuschlägen hierzu --wogegen sich die Revision lediglich wendet-- in Haftung genommen hat (vgl. dazu unter 1.). Das FG hat aber zu Unrecht die Klägerin mit ihren Einwendungen gegen die der Haftungsschuld zugrunde liegende Steuerschuld ausgeschlossen (vgl. dazu unter 2.). Allerdings greifen die Einwendungen der Klägerin gegen die Behandlung der streitbefangenen Lieferung(en) als steuerpflichtig nur hinsichtlich der Bemessungsgrundlage (vgl. dazu unter 3.).

15

1. Nach § 69 i.V.m. §§ 34, 35 AO haften die Geschäftsführer einer GmbH, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

16

Als Geschäftsführerin der GmbH war die Klägerin deren gesetzliche Vertreterin (vgl. § 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) und hatte als solche gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 AO deren steuerliche Pflichten zu erfüllen, insbesondere rechtzeitig Steuererklärungen abzugeben (§ 149 AO, § 18 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--) und die fälligen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO, § 18 Abs. 4 Satz 2 UStG) zu erfüllen (§ 34 Abs. 1 Satz 2 AO).

17

a) Entgegen der Auffassung der Klägerin, "bezüglich der Umsatzsteuer 2002 [seien] die Voraussetzungen für die Haftung eines Geschäftsführers, nämlich vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung der ihm obliegenden Pflichten wegen der Untätigkeit des Beklagten nicht gegeben", liegt ein Verstoß gegen beide Pflichten vor.

18

b) Nach den gemäß § 118 Abs. 2 FGO den Senat bindenden Feststellungen des FG hat die Klägerin die Umsatzsteuer-Jahreserklärung der GmbH für 2002 nicht bis zum 31. Mai 2003 (vgl. § 149 Abs. 2 Satz 1 AO), sondern erst am 23. März 2005 abgegeben. Zudem hat die Klägerin für die GmbH die einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung fällige Umsatzsteuer (vgl. § 18 Abs. 4 Satz 2 UStG) sowie die festgesetzten Zinsen nicht entrichtet, obwohl die Vollziehung der --nicht mit einem Rechtsbehelf angefochtenen-- Bescheide nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung der Abgabe und der Nebenleistung nicht aufgehalten war (vgl. § 361 Abs. 1 Satz 1 AO).

19

Dass die Klägerin für die GmbH am 24. November 2005 die Änderung der Steuerfestsetzung nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO beantragte, führt zu keiner anderen Beurteilung; denn dieser Antrag vermag die bereits erfolgte Pflichtverletzung, nämlich die Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2002 verspätet abgegeben zu haben, nicht entfallen zu lassen. Außerdem hätte die Klägerin, selbst wenn sie --unzutreffend (vgl. dazu unter 3.)-- angenommen haben sollte, der betreffende Umsatz sei als innergemeinschaftliche Lieferung steuerbefreit, bei pflichtgemäßem Verhalten gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 AO gleichwohl dafür sorgen müssen, dass die festgesetzten Steuern aus den Mitteln der GmbH entrichtet werden (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. April 2014 IV R 25/11, BFHE 245, 499, BStBl II 2014, 819, Rz 38). Denn durch ihren Antrag wurde die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts nicht gehemmt.

20

Diese objektive Pflichtwidrigkeit indiziert den gegenüber der Klägerin zu erhebenden Schuldvorwurf (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11. November 2008 VII R 19/08, BFHE 223, 303, BStBl II 2009, 342).

21

c) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden (§ 191 Abs. 1 Satz 1 AO). Haften i.S. des § 191 AO bedeutet Einstehenmüssen für eine fremde Schuld, weshalb die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners durch Haftungsbescheid u.a. voraussetzt, dass die Steuerschuld, für die gehaftet wird, im Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheides materiell-rechtlich noch besteht (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 12. Oktober 1999 VII R 98/98, BFHE 190, 25, BStBl II 2000, 486; vom 11. Juli 2001 VII R 28/99, BFHE 195, 510, BStBl II 2002, 267, jeweils m.w.N.).

22

2. Entgegen der Auffassung des FG ist die Klägerin nicht gehindert, Einwendungen gegen die Steuerschuld der GmbH geltend zu machen.

23

a) Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies nach § 166 AO neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.

24

b) Die Drittwirkung der Steuerfestsetzung nach Unanfechtbarkeit (formeller Bestandskraft) gemäß § 166 AO lässt bei einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung den Anspruch des Steuerpflichtigen und seines Vertreters auf Änderung der Steuerfestsetzung nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO unberührt; beide Vorschriften haben einen voneinander unabhängigen Regelungs- und Anwendungsbereich (BFH-Beschluss vom 4. Juni 1996 VII S 9/96, BFH/NV 1996, 915, unter 2.a). Dies hat das FG nicht beachtet.

25

aa) Auch wenn eine unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangene (§ 164 AO) Steuerfestsetzung die Rechtsfolge des § 166 AO auslöst, wenn die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber "unanfechtbar" festgesetzt worden ist --also mit einem förmlichen Rechtsbehelf (Einspruch, Klage, Nichtzulassungsbeschwerde, Revision) nicht (mehr) anfechtbar ist-- kann eine solche Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden, solange der Vorbehalt wirksam ist (§ 164 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO).

26

Ein in Haftung genommener Vertreter des Steuerpflichtigen kann auf eine Aufhebung/Änderung einer solchen Steuerfestsetzung hinwirken und trotz Unanfechtbarkeit der (noch wirksamen) Vorbehaltsfestsetzung uneingeschränkt Einwendungen gegen die Richtigkeit dieser Steuerfestsetzung und gegen die Höhe der gegen ihn festgesetzten Haftungsschuld geltend machen (BFH-Beschluss vom 28. März 2001 VII B 213/00, BFH/NV 2001, 1217, unter II.2.b und 3.; vgl. auch Buciek in Beermann/Gosch, AO § 166 Rz 18 f.; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 166 AO Rz 6; Klein/Rüsken, AO, 12. Aufl., § 166 Rz 10; Koenig/ Cöster, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 166 Rz 9; Frotscher in Schwarz, AO, § 166 Rz 5; Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 166 AO Rz 3).

27

bb) Aus dem BFH-Urteil vom 24. August 2004 VII R 50/03 (BFHE 207, 5, BStBl II 2005, 127) sowie aus den BFH-Beschlüssen vom 4. Februar 2003 VI B 70/02 (BFH/NV 2003, 798) und vom 25. Juli 2003 VII B 240/02 (BFH/NV 2003, 1540) ergibt sich nichts anderes.

28

In den den Entscheidungen in BFH/NV 2003, 798 und in BFHE 207, 5, BStBl II 2005, 127 zugrunde liegenden Sachverhalten war die Vertretungsmacht des Dritten bereits vor Erlass des Steuerbescheides bzw. während des Laufs der Rechtsbehelfsfrist erloschen, so dass die Bindungswirkung des § 166 AO erst gar nicht hat eintreten können; für die Entscheidung in BFH/NV 2003, 1540 kam es auf die Frage der materiellen Bestandskraft nicht an.

29

c) Danach ist die Klägerin nicht gehindert, Einwendungen gegen den Umsatzsteuerbescheid der GmbH für 2002 geltend zu machen, weil die Klägerin nach den Feststellungen des FG noch in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin der GmbH am 24. November 2005 die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 2002 gemäß § 164 Abs. 2 Satz 2 AO beantragt hat. Über diesen Antrag wurde bislang nicht entschieden mit der Folge, dass die Festsetzungsfrist nicht abgelaufen ist und der Vorbehalt der Nachprüfung noch besteht (§ 164 Abs. 4 Satz 1, § 169, § 171 Abs. 3 AO).

30

3. Das FG hat zutreffend die streitbefangene(n) Lieferung(en) nicht als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung(en) angesehen.

31

a) Innergemeinschaftliche Lieferungen sind gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG unter den nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) durch den Unternehmer nachzuweisenden Voraussetzungen des § 6a UStG steuerfrei.

32

b) Sie liegen im Streitfall jedoch nicht vor.

33

aa) Vorliegend hat die GmbH den Belegnachweis nicht erbracht. Sie hat über die betreffende Lieferung keine den Anforderungen der §§ 14, 14a UStG entsprechende Rechnung ausgestellt. Die Rechnung enthielt zwar keinen Steuerausweis, jedoch nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) auch nicht den gemäß § 14a Abs. 1 Satz 1 UStG zusätzlich erforderlichen Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung. Mit einer Rechnung, die keinen Hinweis auf die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung enthält, kann der Unternehmer den gemäß § 17a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStDV erforderlichen Belegnachweis für eine innergemeinschaftliche Lieferung nicht führen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 12. Mai 2011 V R 46/10, BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, Rz 21; vom 14. November 2012 XI R 8/11, BFH/NV 2013, 596, Rz 44).

34

bb) Zwar ist der Unternehmer, der die Steuerfreiheit nicht belegmäßig nachweisen kann, grundsätzlich berechtigt, die Voraussetzungen der Steuerfreiheit objektiv nachzuweisen (z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 596, Rz 55). Nach der den Senat bindenden Würdigung der Gesamtumstände durch das FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) steht aber nicht objektiv fest, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit vorliegen. Rechtsfehlerfrei hat das FG dabei auch auf das sich ändernde Vorbringen der GmbH sowie deren mittelbare Verbundenheit mit der behaupteten Empfängerin der Leistung, der C, abgestellt; so ist auf den Lieferscheinen etwa vermerkt "Lieferung frei Baustelle", "Lieferung mittels Kranwagen", "frei Baustelle, Abladung durch den Auftraggeber", "frei Baustelle gekippt" o.ä., während die C unter dem 19. Mai 2006 bestätigte: "Das Material wurde von uns nach zu der oben benannten Baustelle befördert."

35

c) Die Lieferung ist schließlich nicht nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei, da dies voraussetzte, dass der Unternehmer den Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV als Voraussetzung für die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG ihrer Art nach nachkommt (z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 596, Rz 63); dies ist nach obigen Ausführungen gerade nicht der Fall.

36

4. Jedoch hat das FG nicht beachtet, dass das FA die Steuer für die betreffende(n) Lieferung(en) nicht zutreffend berechnet hat.

37

a) Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG wird der Umsatz bei Lieferungen und sonstigen Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG) nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Das gilt auch, wenn die Beteiligten rechtsirrtümlich die Gegenleistung ohne Umsatzsteuer vereinbaren. Der vereinbarte Betrag ist danach in Entgelt und darauf entfallende Umsatzsteuer aufzuteilen (vgl. BFH-Urteil vom 20. Januar 1997 V R 28/95, BFHE 183, 353, BStBl II 1997, 716, unter II.2.d).

38

b) Danach beträgt die Bemessungsgrundlage für die betreffende(n) Lieferung(en) nicht "116", sondern abzüglich der in diesem Bruttobetrag enthaltenen Umsatzsteuer von 16 % (vgl. § 12 Abs. 1 UStG i.d.F. vom 21. Februar 2005, BGBl I 2005, 386) vielmehr "100". Die Steuer auf diesen Umsatz reduziert sich danach von bisher berücksichtigten ... € auf ... €.

39

c) Da sich mithin die Umsatzsteuer 2002 um ... € mindert, reduziert sich entsprechend die in der Anlage zur Einspruchsentscheidung vom 27. September 2005 ausgewiesene Zahllast von ... € auf ... €. Dieser Betrag ist maßgebend für die Verzinsung (§ 233a Abs. 3 AO); die Zinsen berechnen sich nach § 233a Abs. 2 i.V.m. § 238 AO. Danach mindert sich die Zinsfestsetzung vom 27. September 2005 von ... € auf ... €.

40

d) Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge (§ 69 Satz 2 AO). Die verwirkten Säumniszuschläge bleiben von der Änderung der Steuer unberührt (§ 240 Abs. 1 Satz 4 AO).

41

5. Schließlich hat das FG die Betätigung des Entschließungs- und Auswahlermessens durch das FA zu Recht nicht beanstandet (vgl. § 102 FGO). Im Übrigen richtet sich die Revision der Klägerin nicht gegen ihre Haftungsinanspruchnahme dem Grunde nach, sondern nur gegen ihre Inanspruchnahme wegen Umsatzsteuer 2002 der GmbH sowie Nebenleistungen hierzu.

42

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1, § 143 Abs. 1 FGO.

43

Da die Revision der Klägerin Erfolg hat, kann auch die Kostenentscheidung des FG keinen Bestand haben. Der Senat hält es für angemessen, über die Kosten nach Verfahrensabschnitten zu entscheiden. Auch eine solche Entscheidung wahrt den Grundsatz der Einheit der Kostenentscheidung (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 30. April 2014 XI R 24/13, BFHE 245, 66, BStBl II 2014, 1014, m.w.N.).

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Verwalter in dem über das Vermögen des X e.V. (im Folgenden: Schuldner) am 1. März 2001 eröffneten Insolvenzverfahren. Er hat im Juli 2002 für den Schuldner betreffend den Zeitraum Januar und Februar 2001 eine Umsatzsteuererklärung abgegeben. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) ist von dieser Erklärung abgewichen und hat eine Steuerberechnung für diesen Zeitraum aufgestellt, in der es einen Vorsteuervergütungsanspruch von ... € ausgewiesen hat. Ferner hat das FA Forderungen in Höhe von ... DM im Insolvenzverfahren angemeldet, die zur Tabelle festgestellt worden sind.

2

Mit Umbuchungsmitteilung vom November 2004 hat das FA vorgenannten Vorsteuervergütungsanspruch mit offenen vorinsolvenzlichen Steuerforderungen verrechnet und hierüber am 13. Mai 2005 einen Abrechnungsbescheid erteilt. Der dagegen vom Kläger erhobene Einspruch führte zur Änderung des Abrechnungsbescheids dahin, dass lediglich ... € gegen Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Umsatzsteuer 2000 verrechnet wurden. Dafür hatte das FA aus der Differenz zwischen der Umsatzsteuer 2001 in Höhe von ... DM und den auf den Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfallenden Vorsteuern in Höhe von ... DM einen Vergütungsanspruch von ... € als vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet und nicht durch Saldierung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) verbraucht ermittelt. Im Übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

3

Die deswegen erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Es urteilte, der vom FA erklärten Aufrechnung stehe das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 3 der Insolvenzordnung (InsO) nicht entgegen. Der Abschluss von Verträgen, Lieferungen und sonstigen Leistungen sowie die Erteilung von Rechnungen könnten zwar anfechtbare Rechtshandlungen im Sinne dieser Vorschrift darstellen. Das FA habe die Möglichkeit der Aufrechnung jedoch nicht durch solche Rechtshandlungen erlangt. Denn diese seien zwar Voraussetzung für die Entstehung eines Vorsteuerabzugsrechts, ließen jedoch noch keinen Vorsteuervergütungsanspruch entstehen. Der Schuldner habe das Umsatzsteuerguthaben erst durch die Umsatzsteuererklärung 2001 erlangt, also durch Handlungen, die von dem Kläger selbst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden seien. Schon deshalb handele es sich nicht um anfechtbare Rechtshandlungen i.S. der §§ 129 ff. InsO. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Vergütungsanspruch vom FA durch eine abweichende Festsetzung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens festgesetzt worden sei. Denn auch dies stelle keine anfechtbare Rechtshandlung dar.

4

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, mit der die Verletzung des materiellen Rechts gerügt wird.

5

Die vom FA erklärte Aufrechnung sei gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3, § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO unwirksam.

6

Das FG sei davon ausgegangen, dass der für die Anfechtung maßgebliche Zeitpunkt dann vorliege, wenn die gesamte Aufrechnungslage erlangt sei. Das widerspreche der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Nicht die Aufrechnungslage sei Anfechtungsgegenstand, sondern diejenige Rechtshandlung, die zu einer Aufrechnungsvoraussetzung führe und damit den Rechtsgrund einer Aufrechnungslage schaffe. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei es für die Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ausreichend, wenn die Aufrechnungslage im Begriff sei zu entstehen und die für die Aufrechnung notwendigen Forderungen in ihrem Kern begründet seien. Diese Sichtweise sei auch für § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO maßgeblich; eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung hinsichtlich der beiden vorgenannten Vorschriften führte zu einem Wertungswiderspruch.

7

Es ergebe sich dann auch ein Widerspruch zu § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO, der gerade bei im Entstehen begriffenen Aufrechnungslagen eingreife und die Aufrechnung im Insolvenzverfahren zulasse. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO inkorporiere die Voraussetzungen der Gläubigerbenachteiligung i.S. des § 129 Abs. 1 InsO. Würde sich § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ausschließlich auf eine vollständig entwickelte Aufrechnungslage beziehen, wie das FG angenommen habe, so würde es immer an der Gläubigerbenachteiligung fehlen, da dem Insolvenzgläubiger bereits eine nach dem Modell des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO schützenswerte Rechtsposition erwachsen wäre. § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO verdränge § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht. Entscheidend für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift sei, ob eine Handlung die Möglichkeit der Aufrechnung schaffe und damit den Grundstein für eine Aufrechnung lege, sei es durch Begründung der Hauptforderung, sei es durch Begründung der Gegenforderung oder der Gegenseitigkeit. Für die Anfechtbarkeit der Aufrechnungslage sei allein entscheidend, wann das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet worden sei (Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 11. November 2004 IX ZR 237/03, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht --NJW-RR-- 2005, 487).

8

Die Revision weist ferner darauf hin, dass der Vorsteuervergütungsanspruch i.S. des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO nach der Rechtsprechung des BFH vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sei, weil der zivilrechtliche Sachverhalt, der zur Entstehung führe, in diesem Zeitraum verwirklicht worden sei. § 95 InsO gehe der Regelung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht vor (Hinweis auf das vorgenannte Urteil des BGH).

9

Unzutreffend sei auch die Annahme des FG, der Vorsteuervergütungsanspruch entstehe erst mit der Steueranmeldung. In Wahrheit entstehe die Umsatzsteuer in dem Moment, in dem sie berechenbar werde, nämlich mit dem Ende des letzten Tages des betreffenden Veranlagungszeitraums (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 9. Mai 1996 V R 62/94, BFHE 181, 188, BStBl II 1996, 662). Auch ein Vergütungsanspruch entstehe wie alle Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, sobald der Tatbestand verwirklicht sei, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpfe. Er entstehe also bereits dann, wenn die Vorsteuerbeträge aus Fremdumsätzen die Umsatzsteuer aus Eigenumsätzen überschritten. Er sei unabhängig davon, ob der Unternehmer eine Steueranmeldung abgebe.

10

Es fehle auch nicht an einer anfechtbaren Rechtshandlung. Als eine solche Rechtshandlung seien Lieferungen oder sonstige Leistungen eines Unternehmers zu qualifizieren. Allein entscheidend sei, ob eine solche Handlung rechtliche Wirkung zeitige und die Befriedigung eines Insolvenzgläubigers ermögliche. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats seien steuerrechtliche Vergütungs- und Erstattungsansprüche nach denselben Grundsätzen zu beurteilen, die für die Behandlung von Steueransprüchen maßgeblich seien (Hinweis auf das Urteil vom 31. Mai 2005 VII R 74/04, BFH/NV 2005, 1745). Folglich sei auch die Rechtsprechung des BGH maßgeblich, die umsatzsteuerpflichtige Leistungen des Schuldners an andere Unternehmer als anfechtbare Rechtshandlungen ansehe; für einen Vorsteuervergütungsanspruch könne nichts anderes gelten.

11

Schließlich rügt die Revision eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch das FG, weil ein vergleichbarer Sachverhalt ohne sachlichen Grund anders als von der ordentlichen Gerichtsbarkeit behandelt werde. Die Zuständigkeit der Finanzgerichtsbarkeit für die Entscheidung eines insolvenzanfechtungsrechtlich zu beurteilenden Falles ergebe sich überdies aus einer zufälligen Zuweisung, da die Zuständigkeit der Finanzgerichtsbarkeit nur durch den steuerrechtlichen Abrechnungsbescheid begründet werde, welcher den tatsächlichen Gehalt des Rechtsstreits nicht berücksichtige.

12

Die Revision weist abschließend darauf hin, dass das FA unstreitig Kenntnis von der Anordnung einer vorläufigen Insolvenzverwaltung hatte und durch dessen Aufrechnungserklärung die Befriedigungsmöglichkeit der konkurrierenden Insolvenzgläubiger verschlechtert werde.

13

Das FA hat mitgeteilt, dass es nicht beabsichtige, zur Revisionsbegründung Stellung zu nehmen.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision des Klägers ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Der Vorsteuervergütungsanspruch des Schuldners ist nicht durch Verrechnung mit den gegen ihn gerichteten Forderungen des FA erloschen, sofern die dem Vergütungsanspruch zugrundeliegenden Umsätze unter den Voraussetzungen des § 130 oder § 131 InsO von dem Insolvenzschuldner getätigt worden sind, was noch vom FG aufzuklären sein wird. Die Aufrechnungserklärung des FA wäre nämlich dann insoweit gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unwirksam und der angefochtene Bescheid rechtswidrig, so dass er den Kläger in seinen Rechten verletzte (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

15

1. Nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist eine Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Die Vorschrift verfolgt das Ziel, den Anfechtungsvorschriften der InsO (§§ 129 ff. InsO) im Hinblick auf eine von einem Insolvenzgläubiger erklärte Aufrechnung in dem Sinne Geltung zu verschaffen, dass einer etwaigen Aufrechnungserklärung die Rechtswirkung genommen und dadurch eine anderenfalls etwa notwendige Anfechtung der betreffenden Rechtsvorgänge seitens des Insolvenzverwalters überflüssig wird (vgl. Windel in Jaeger, Insolvenzordnung, § 96 Rz 45 f.; Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 13. Aufl., § 96 Rz 46; Bork, Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht --ZinsO-- 2003, 686, 687). Sie ist dahin zu verstehen, dass der Erwerb der Möglichkeit der Aufrechnung zugunsten eines späteren Insolvenzgläubigers erfolgt sein muss, dieser also nicht etwa bereits beim Erwerb dieser Möglichkeit Insolvenzgläubiger, mithin das Insolvenzverfahren beim Erwerb noch nicht anhängig gewesen sein muss. Vielmehr schränkt § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO gerade § 94 InsO ein, der grundsätzlich eine vor Verfahrenseröffnung eingetretene Aufrechnungslage während des Insolvenzverfahrens fortbestehen lässt und die Abgabe einer Aufrechnungserklärung während desselben zulässt (Uhlenbruck, a.a.O., § 96 Rz 46; vgl. auch Onusseit, Festschrift für Walter Gerhardt, 2004, S. 725, 737 ff.).

16

a) Das FA ist im Streitfall Insolvenzgläubiger; denn es hat gegen den Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete (Steuer-)Forderungen, die nicht beglichen worden sind (vgl. § 38 InsO). Fraglich und für die Beurteilung der Streitsache entscheidend ist, ob das FA die Möglichkeit der Aufrechnung i.S. des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO "durch eine anfechtbare Rechtshandlung" erlangt hat, sofern es --wie hier einstweilen unterstellt werden soll-- unter den in § 130 InsO oder § 131 InsO bezeichneten Voraussetzungen, insbesondere etwa in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Steuerschuldners (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO), Schuldner eines Anspruchs desselben, wie im Streitfall des Vergütungsanspruchs des Schuldners aufgrund eines Vorsteuerüberhangs, oder Gläubiger von Steuerforderungen gegen den (späteren) Insolvenzschuldner geworden ist. Denn ob das eine oder das andere eingetroffen ist, ist für die Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ohne Belang. Die Vorschrift nimmt einer Aufrechnungserklärung ihre Wirksamkeit (d.h.: erklärt sie für unzulässig) ungeachtet dessen, ob die anfechtbare Rechtshandlung --wie hier-- die Begründung der Haupt- oder ob sie die Begründung einer Gegenforderung zur Folge hat. Danach zu unterscheiden gäbe weder der Wortlaut noch der eben erläuterte Sinn der Vorschrift irgendeinen Anhaltspunkt. Die anfechtbare Rechtshandlung kann also sowohl eine Vermehrung der Schulden des Insolvenzschuldners als auch eine Verringerung seines Aktivvermögens auslösen (Uhlenbruck, a.a.O., § 96 Rz 47; MünchKommInso/Kirchhof, 2. Aufl., § 129 Rz 100, beide mit zahlr. Nachw.).

17

b) Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 16. November 2004 VII R 75/03 (BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193) erkannt, § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO hindere die Aufrechnung des Finanzamts mit Steuerforderungen aus der Zeit vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen einen durch einen Vorsteuerüberhang ausgelösten Vergütungsanspruch des Insolvenzschuldners (dort aufgrund der Vorsteuer aus dem Vergütungsanspruch eines vorläufigen Insolvenzverwalters), der in "kritischer" Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens seinen Entstehungsgrund hat, nicht; denn es fehle in einem solchen Fall an einer Rechtshandlung, weil die Verpflichtung des Schuldners zur Vergütung der Tätigkeit eines vorläufigen Insolvenzverwalters nicht auf einer vertraglichen Vereinbarung, sondern auf dessen Bestellung durch das Insolvenzgericht und der von diesem vorgenommenen Festsetzung seiner Vergütung beruhe, die vom vorläufigen Insolvenzverwalter für die Ausführung seiner Leistung zu entrichtende Umsatzsteuer --wie jede Steuer-- kraft Gesetzes entstehe und das Gleiche für die damit korrespondierende Berechtigung des Leistungsempfängers (Insolvenzschuldner) zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG gelte.

18

Demgegenüber hat der BGH in seinem Urteil vom 22. Oktober 2009 IX ZR 147/06 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2010, 413) darauf hingewiesen, dass Steuertatbestände in der Regel an Rechtshandlungen des Steuerpflichtigen oder Dritter anknüpfen und hieraus die Steuerpflicht ableiten, so wie es auch bei umsatzsteuerpflichtigen Leistungen der Fall sei, die zum Entstehen einer Steuerforderung des Finanzamts führen. Das ändert aber nach Auffassung des BGH nichts daran, dass die betreffenden (umsatzsteuerpflichtigen) Leistungen, welche zum Entstehen der Steuerforderung führen, eine Rechtshandlung i.S. des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO darstellen.

19

Der erkennende Senat folgt nach erneuter rechtlicher Prüfung dieser Beurteilung des BGH.

20

aa) Der in diesem Zusammenhang entscheidende Begriff "Rechtshandlung" ist in § 129 InsO als Handlung definiert, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist und die Insolvenzgläubiger benachteiligt; er bezeichnet also, wie es der Senat in seinem Urteil in BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193 einleitend ausgeführt hat, ein von einem Willen getragenes Handeln, das rechtliche Wirkungen auslöst und das Vermögen des Schuldners zum Nachteil der Insolvenzgläubiger verändern kann. Umsatzsteuer (auch: zu vergütende Umsatzsteuer) entsteht zwar von Gesetzes wegen --sowohl die Steuerschuld des Leistenden wie der Anspruch des Leistungsempfängers auf Anrechnung der im an den Leistenden zu entrichtenden Entgelt enthaltenen sog. Vorsteuer--, das Entstehen von Umsatzsteuer bzw. Vorsteuer setzt jedoch voraus, dass eine Leistung erbracht wird. Diese Leistungserbringung sieht der erkennende Senat in Übereinstimmung mit dem BGH und der auch im Schrifttum allgemein vertretenen Auffassung als eine Rechtshandlung i.S. des § 129 InsO an.

21

Eine Leistungserbringung mag zwar kein Rechtsgeschäft sein, aber sie ist eine Rechtshandlung. Dass die (unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 130 ff. InsO anfechtbare) Rechtshandlung unmittelbar und unabhängig vom Hinzutreten etwaiger weiterer Umstände (hier insbesondere der späteren Abgabe einer Umsatzsteueranmeldung bzw. der abweichenden Berechnung der maßgeblichen Vergütung durch das FA) eine Aufrechnungslage zum Entstehen bringen müsste, setzt § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht voraus. Er verlangt lediglich, dass die Rechtshandlung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, dass sie irgendeine Voraussetzung für die Aufrechnungsmöglichkeit des Insolvenzschuldners geschaffen hat (vgl. Uhlenbruck, a.a.O., § 96 Rz 47) und dass die Rechtshandlung die Insolvenzgläubiger benachteiligt. Wenn es an Letzterem auch im Hinblick auf die Leistungserbringung als solcher fehlen mag --der Verpflichtung zur Zahlung des Entgelts für die vom Schuldner in Anspruch genommenen Leistungen steht gegenüber, dass zugunsten des Insolvenzschuldners (möglicherweise zumindest) gleichwertige Leistungen erbracht worden sind--, fehlt es daran nicht im Hinblick auf die durch die Leistungserbringung und den daraus folgenden Anspruch auf Anrechnung von Vorsteuer ausgelöste Möglichkeit des FA zur Aufrechnung seiner vorinsolvenzlich begründeten Forderungen.

22

Die Leistungserbringung zeitigte im Streitfall neben einem Anspruch auf das Leistungsentgelt u.a. das Entstehen einer Aufrechnungslage für das FA. Dadurch sind die übrigen Gläubiger des Schuldners benachteiligt. Denn durch eine Aufrechnung erhält das FA nach Art einer abgesonderten Befriedigung vollständige Befriedigung für seine verrechneten Forderungen, für die es sonst, weil es sich um Insolvenzforderungen handelt, nur mit einer Befriedigung nach Maßgabe der im Insolvenzverfahren errechneten Quote rechnen könnte.

23

Hat eine (an sich einheitliche) Rechtshandlung in solcher Weise mehrere, abtrennbare Rechtswirkungen, darf deren anfechtungsweise Rückgewähr nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, dass die Handlung auch sonstige, für sich nicht anfechtbare Folgen ausgelöst habe (BGH-Urteil vom 5. April 2001 IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233). Denn Gegenstand der Anfechtung ist nicht die Rechtshandlung selbst, sondern angefochten wird eine bestimmte gläubigerbenachteiligende Wirkung, die durch eine Rechtshandlung ausgelöst wird (BGH-Urteil vom 21. Januar 1999 IX ZR 329/97, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 1999, 406, mit Schrifttumsnachweisen; vgl. statt aller auch MünchKommInso/Kirchhof, a.a.O., § 129 Rz 56a). Es ist folglich belanglos, ob die Eingangsumsätze, aus denen die betroffenen Vorsteuerbeträge herrühren, im Interesse der Masse lagen und insofern als solche nicht anfechtbar sind. Einen Rechtsgrundsatz, dass mehrere durch eine Handlung ausgelöste Rechtswirkungen nur ganz oder gar nicht anfechtbar sind, gibt es nicht (siehe auch Rz 11 des BGH-Urteils in HFR 2010, 413). Das gilt auch für solche Folgen --z.B. eine Aufrechnungslage--, die im Kausalverlauf einen Schritt ferner liegen als nähere, unanfechtbare Rechtsfolgen, z.B. ein die Aufrechnungslage herbeiführender Vertragsschluss (BGH-Urteil in BGHZ 147, 233).

24

Die bei einer durch die Unwirksamkeitsanordnung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO, wie dargelegt, erübrigten Insolvenzanfechtung zu beanspruchende Rückgewähr der Aufrechnungslage bestünde demgemäß nicht etwa in der Rückabwicklung des durch die vom Schuldner getroffene Leistungsvereinbarung begründeten Rechtsverhältnisses, sondern in der Durchsetzung seiner Steuervergütungsforderung unabhängig von der Gegenforderung des FA. Dementsprechend lässt § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO völlig unberührt, dass die Vergütungsforderung des Schuldners zwar (gegenüber der Masse) befriedigt werden muss, allerdings (sofern eine anfechtbare Rechtshandlung vorliegt) nicht im Wege der Aufrechnung zur Befriedigung für alte Schulden des Insolvenzschuldners verwendet werden darf (vgl. BGH-Urteil in BGHZ 147, 233).

25

bb) An den Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO fehlt es auch nicht deshalb, weil die gläubigerbenachteiligende Wirkung der durch die Inanspruchnahme von Leistungen seitens des Schuldners ausgelösten Aufrechnungslage deshalb in Zweifel gezogen werden müsste, weil es an der erforderlichen Kausalität der Rechtshandlung für die anfechtungsrelevante Rechtsfolge --die Aufrechnungslage-- fehlte. Anfechtbarkeit setzt allerdings einen solchen Kausalzusammenhang voraus (MünchKommInso/ Kirchhof, a.a.O., § 129 Rz 169; Dauernheim, Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 5. Aufl., § 129 Rz 40). Der erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen der angefochtenen Rechtshandlung und der Beeinträchtigung des Gläubigerzugriffs auf die Masse ist jedoch schon dann gegeben, wenn die Rechtshandlung im natürlichen Sinne eine (nicht hinwegzudenkende) Bedingung für die Gläubigerbenachteiligung darstellt; er setzt nicht voraus, dass ggf. ein weiterer Umstand, der zu der angefochtenen Rechtshandlung hinzutritt und erst mit dieser zusammen die Gläubigerbenachteiligung auslöst, seinerseits durch eine anfechtbare Rechtshandlung verursacht ist (BGH-Urteil vom 9. Dezember 1999 IX ZR 102/97, BGHZ 143, 246), und er wird durch das Hinzutreten solcher weiteren Umstände auch nicht etwa unterbrochen.

26

cc) Schließlich fehlt es für die Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO auch nicht daran, dass das FA --wie diese Vorschrift sinngemäß voraussetzt-- infolge einer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begangenen Rechtshandlung in den Genuss einer Aufrechnungsmöglichkeit gelangt ist.

27

Die als Anknüpfungspunkt der Anfechtung maßgebliche Rechtshandlung, das Erbringen der Leistung, ist gleichsam im natürlichen Sinne vor diesem Zeitpunkt vorgenommen worden. Durch sie ist der Vorsteuervergütungsanspruch zwar noch nicht steuer(verfahrens)rechtlich begründet worden, wohl aber als insolvenzrechtlicher Anspruch. Denn für das insolvenzrechtliche Begründetsein einer Forderung oder eines Anspruchs kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. dazu zusammenfassend Rüsken, ZIP 2007, 2053) nicht auf das Entstehen im steuer(verfahrens)rechtlichen Sinn, sondern auf die Verwirklichung des Lebenssachverhalts an, der die betreffenden steuerrechtlichen Folgen hat. Aber schon die tatsächliche Verwirklichung des Besteuerungstatbestandes lässt den steuerlichen Anspruch aufschiebend bedingt durch das Eintreten der steuerverfahrensrechtlichen Voraussetzungen seiner Wirksamkeit entstehen (vgl. statt aller Senatsurteil vom 17. April 2007 VII R 27/06, BFHE 217, 8, BStBl II 2009, 589, und Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 7. Aufl., S. 95, m.w.N. aus der Rspr.).

28

§ 140 Abs. 1 InsO ändert daran nichts. Denn § 140 Abs. 3 InsO lässt den Eintritt einer solchen Bedingung für die Bestimmung des Zeitpunkts außer Betracht, in dem die Rechtshandlung als vorgenommen anzusehen ist, welcher sonst durch § 140 Abs. 1 InsO auf den Zeitpunkt gelegt wird, in dem die Rechtswirkungen der Rechtshandlung eintreten (i.e.: die Aufrechnungslage entsteht). Das gilt nicht nur für Forderungen des Finanzamts, sondern auch für steuerliche Forderungen des Steuerpflichtigen.

29

Allerdings wird in der Rechtsprechung des BGH und im Schrifttum die Auffassung vertreten, § 140 Abs. 3 InsO sei unmittelbar nur bei Rechtsgeschäften anwendbar, weil andere Rechtshandlungen nicht bedingt oder befristet sein könnten (BGH-Urteil vom 14. Dezember 2006 IX ZR 102/03, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2007, 1588; vgl. auch Henckel in Jaeger, a.a.O., § 140 Rz 50). Das trifft freilich nur für eine rechtsgeschäftliche Bedingung zu, nicht aber für vom Gesetz aufgestellte "Bedingungen", unter denen nach vorgenannter Rechtsprechung des Senats Ansprüche der hier strittigen Art stehen. § 140 Abs. 3 InsO ist daher nach Auffassung des erkennenden Senats in dem hier strittigen Zusammenhang unmittelbar zumindest aber entsprechend anzuwenden (vgl. zu dieser Möglichkeit auch die Urteile des BGH in NJW 2007, 1588, und vom 14. Juni 2007 IX ZR 56/06, NJW 2007, 2640).

30

§ 140 Abs. 3 InsO verfolgt nämlich das Ziel, Ansprüche als insolvenzfest zu erhalten, obwohl sich der Rechtserwerb erst in kritischer Zeit vollendet hat, wofür dann keine Rechtfertigung besteht, wenn der Anfechtungsgegner vor Beginn jenes "kritischen" Zeitraums noch keine unentziehbare Rechtsposition erlangt hatte (BGH-Urteil in NJW 2007, 2640). Denn § 140 Abs. 1 InsO beruht auf dem Rechtsgedanken, "dass der Zeitpunkt entscheiden soll, in dem durch die Handlung eine Rechtsposition begründet worden ist, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne die Anfechtung beachtet werden müsste" (BGH-Urteil vom 22. Januar 2004 IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350). Mit der Leistungserbringung wird aber aufgrund der einschlägigen Regelungen des UStG eine gleichsam automatisch ablaufende Ereigniskette in Gang gesetzt (ähnlich wie in den in § 140 Abs. 2 InsO ausdrücklich geregelten Fällen), weil der Insolvenzschuldner gegenüber dem leistenden Unternehmer Anspruch auf Ausweisung der Umsatzsteuer und gegenüber dem Finanzamt auf deren Berücksichtigung als Vorsteuer hat; es hängt also nicht etwa von einer im ungewissen Belieben Dritter stehenden Handlung ab, ob die rechtliche Wirkung der Leistungserbringung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintritt.

31

§ 140 Abs. 1 InsO hat im Gegensatz hierzu sog. mehraktige Rechtshandlungen im Blick, die anfechtbar bleiben sollen, auch wenn der erste Akt noch in "unkritischer" Zeit vorgenommen worden ist (etwa eine Abtretung künftiger Forderungen oder eine Vorausverpfändung sowie eine Pfändung einer künftigen Forderung, welche erst mit deren Entstehen rechtliche Wirkung i.S. des § 140 Abs. 1 InsO entfalten sollen; vgl. BGH-Urteil vom 20. März 2003 IX ZR 166/02, BFH/NV 2004, Beilage 2, 179). Eine solche mehraktige Rechtshandlung i.S. des § 140 Abs. 1 InsO liegt aber hier nicht deshalb vor, weil die steuerrechtlichen Wirkungen einer anfechtbaren Rechtshandlung aufgrund steuerverfahrensrechtlicher Regelungen erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintreten, wenn anders nicht der grundsätzliche Vorrang des Insolvenzrechts vor dem Steuerverfahrensrecht missachtet werden soll (vgl. statt aller Urteil des Senats vom 17. Dezember 1998 VII R 47/98, BFHE 188, 149, BStBl II 1999, 423).

32

dd) Selbst wenn man indes § 140 Abs. 3 InsO nicht anwenden würde, müsste die Klage im Streitfall Erfolg haben, weil die Aufrechnung dann aufgrund des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO --erst recht-- unzulässig wäre. Würde nämlich --entgegen der Rechtsprechung des Senats-- die insolvenzrechtliche Beachtlichkeit der Aufrechnungslage erst in dem Zeitpunkt angenommen, in dem auch die steuerverfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine Aufrechnung eingetreten sind, durch Saldierung gemäß § 16 UStG also ein --wie das FG meint-- "erfüllbarer Anspruch" auch steuerverfahrensrechtlich entstanden ist, so bedeutete dies, dass das FA die Vorsteuervergütung erst infolge von Ereignissen schuldig geworden wäre, die das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO auslösten, weil sie nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten sind.

33

2. Die Entscheidung hängt nach alledem davon ab, ob das FA im Streitfall die Möglichkeit der Aufrechnung unter den Voraussetzungen des § 130 InsO oder des § 131 InsO erlangt hat oder sich --was freilich nicht ernstlich in Betracht zu ziehen ist-- die Anfechtbarkeit seiner Aufrechnungsmöglichkeit anderweit ergibt.

34

Dazu hat das FG entsprechend seinem Rechtsstandpunkt nichts festgestellt. Aus seinem Urteil ergibt sich zwar, dass die Vorsteuer, die auf die betreffenden Umsätze entfällt, in Voranmeldungszeiträumen nach dem Insolvenzantrag erfasst worden ist. Das lässt es naheliegend erscheinen, dass die betreffenden Leistungen nach dem Insolvenzantrag oder in der Zeit unmittelbar vor demselben und damit unter den Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO bzw., sofern der Schuldner damals bereits zahlungsunfähig war, in dem in § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO bezeichneten Zeitraum in Anspruch genommen worden sind. In diesem Fall griffe für die durch die betreffenden Umsätze begründete Umsatzsteuervergütung das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ein, weil dem FA im Weiteren die Möglichkeit einer Aufrechnung und damit einer Befriedigung seiner Steuerforderungen gegen den Schuldner verschafft worden ist, welche das FA nicht i.S. des § 131 Abs. 1 InsO gegenüber dem Schuldner beanspruchen konnte. Nach der Rechtsprechung des BGH ist nämlich § 131 InsO einschlägig (und nicht ein Fall einer sog. kongruenten Deckung gemäß § 130 InsO gegeben), wenn sich die Aufrechnungsbefugnis nicht aus dem zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger zuerst entstandenen Rechtsverhältnis ergibt (BGH-Urteil vom 9. Februar 2006 IX ZR 121/03, NJW-RR 2006, 1062; vgl. u.a. auch BGH-Urteil in BGHZ 147, 233). Im Streitfall bestand ein Anspruch des FA auf Begleichung der Steuern durch Zahlung, nicht aber darauf, dem FA die Möglichkeit einer Erfüllung des Vergütungsanspruchs des Schuldners durch Aufrechnung zu verschaffen; diese ist erst dadurch entstanden, dass der Schuldner (insolvenzrechtlich vor Verfahrenseröffnung entstandene) anrechenbare Vorsteuern entrichtet hat (vgl. Bork, ZinsO 2003, 686, 689; Onusseit, a.a.O., S. 725, 741, beide mit zahlr. Nachw.).

35

Die Sache muss mithin gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO zur weiteren tatsächlichen Aufklärung zurück an das FG gehen, das, wenn sich die eben erläuterten Annahmen als unzutreffend erweisen sollten, § 130 InsO zu prüfen haben wird.

Im Prüfungstermin werden die angemeldeten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach geprüft. Die Forderungen, die vom Insolvenzverwalter, vom Schuldner oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten werden, sind einzeln zu erörtern.

(1) Hat der Schuldner im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) eine Forderung bestritten, so kann der Gläubiger Klage auf Feststellung der Forderung gegen den Schuldner erheben. War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so kann der Gläubiger diesen Rechtsstreit gegen den Schuldner aufnehmen.

(2) Liegt für eine solche Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vor, so obliegt es dem Schuldner binnen einer Frist von einem Monat, die mit dem Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren mit dem Bestreiten der Forderung beginnt, den Widerspruch zu verfolgen. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt ein Widerspruch als nicht erhoben. Das Insolvenzgericht erteilt dem Schuldner und dem Gläubiger, dessen Forderung bestritten worden ist, einen beglaubigten Auszug aus der Tabelle und weist den Schuldner auf die Folgen einer Fristversäumung hin. Der Schuldner hat dem Gericht die Verfolgung des Anspruchs nachzuweisen.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

Im Prüfungstermin werden die angemeldeten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach geprüft. Die Forderungen, die vom Insolvenzverwalter, vom Schuldner oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten werden, sind einzeln zu erörtern.

(1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen.

(2) Das Insolvenzgericht trägt für jede angemeldete Forderung in die Tabelle ein, inwieweit die Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach festgestellt ist oder wer der Feststellung widersprochen hat. Auch ein Widerspruch des Schuldners ist einzutragen. Auf Wechseln und sonstigen Schuldurkunden ist vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle die Feststellung zu vermerken.

(3) Die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.

(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.

(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.

(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.

(1) Die Beteiligten und andere Personen haben der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dies gilt auch für nicht rechtsfähige Vereinigungen, Vermögensmassen, Behörden und Betriebe gewerblicher Art der Körperschaften des öffentlichen Rechts. Andere Personen als die Beteiligten sollen erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht.

(1a) Die Finanzbehörde darf an andere Personen als die Beteiligten Auskunftsersuchen über eine ihr noch unbekannte Anzahl von Sachverhalten mit dem Grunde nach bestimmbaren, ihr noch nicht bekannten Personen stellen (Sammelauskunftsersuchen). Voraussetzung für ein Sammelauskunftsersuchen ist, dass ein hinreichender Anlass für die Ermittlungen besteht und andere zumutbare Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung keinen Erfolg versprechen. Absatz 1 Satz 3 ist nicht anzuwenden.

(2) In dem Auskunftsersuchen ist anzugeben, worüber Auskünfte erteilt werden sollen und ob die Auskunft für die Besteuerung des Auskunftspflichtigen oder für die Besteuerung anderer Personen angefordert wird. Auskunftsersuchen haben auf Verlangen des Auskunftspflichtigen schriftlich zu ergehen.

(3) Die Auskünfte sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Auskunftspflichtige, die nicht aus dem Gedächtnis Auskunft geben können, haben Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden, die ihnen zur Verfügung stehen, einzusehen und, soweit nötig, Aufzeichnungen daraus zu entnehmen.

(4) Der Auskunftspflichtige kann die Auskunft schriftlich, elektronisch, mündlich oder fernmündlich erteilen. Die Finanzbehörde kann verlangen, dass der Auskunftspflichtige schriftlich Auskunft erteilt, wenn dies sachdienlich ist.

(5) Die Finanzbehörde kann anordnen, dass der Auskunftspflichtige eine mündliche Auskunft an Amtsstelle erteilt. Hierzu ist sie insbesondere dann befugt, wenn trotz Aufforderung eine schriftliche Auskunft nicht erteilt worden ist oder eine schriftliche Auskunft nicht zu einer Klärung des Sachverhalts geführt hat. Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend.

(6) Auf Antrag des Auskunftspflichtigen ist über die mündliche Auskunft an Amtsstelle eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift soll den Namen der anwesenden Personen, den Ort, den Tag und den wesentlichen Inhalt der Auskunft enthalten. Sie soll von dem Amtsträger, dem die mündliche Auskunft erteilt wird, und dem Auskunftspflichtigen unterschrieben werden. Den Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen.

(7) Ein automatisierter Abruf von Kontoinformationen nach § 93b ist nur zulässig, soweit

1.
der Steuerpflichtige eine Steuerfestsetzung nach § 32d Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes beantragt oder
2.
(weggefallen)
und der Abruf in diesen Fällen zur Festsetzung der Einkommensteuer erforderlich ist oder er erforderlich ist
3.
zur Feststellung von Einkünften nach den §§ 20 und 23 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in Veranlagungszeiträumen bis einschließlich des Jahres 2008 oder
4.
zur Erhebung von bundesgesetzlich geregelten Steuern oder Rückforderungsansprüchen bundesgesetzlich geregelter Steuererstattungen und Steuervergütungen oder
4a.
zur Ermittlung, in welchen Fällen ein inländischer Steuerpflichtiger im Sinne des § 138 Absatz 2 Satz 1 Verfügungsberechtigter oder wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes eines Kontos oder Depots einer natürlichen Person, Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Sitz, Hauptniederlassung oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ist, oder
4b.
zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den Fällen des § 208 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3
4c.
zur Durchführung der Amtshilfe für andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach § 3a des EU-Amtshilfegesetzes oder
oder
5.
der Steuerpflichtige zustimmt oder die von ihm oder eine für ihn nach § 139b Absatz 10 Satz 1 an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelte Kontoverbindung verifiziert werden soll.
In diesen Fällen darf die Finanzbehörde oder in den Fällen des § 1 Abs. 2 die Gemeinde das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten einzelne Daten aus den nach § 93b Absatz 1 und 1a zu führenden Dateisystemen abzurufen; in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 4b darf ein Abrufersuchen nur dann erfolgen, wenn ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht.

(8) Das Bundeszentralamt für Steuern erteilt auf Ersuchen Auskunft über die in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b,

1.
den für die Verwaltung
a)
der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
b)
der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch,
c)
der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz,
d)
der Aufstiegsfortbildungsförderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
e)
des Wohngeldes nach dem Wohngeldgesetz,
f)
der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und
g)
des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch
zuständigen Behörden, soweit dies zur Überprüfung des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich ist und ein vorheriges Auskunftsersuchen an die betroffene Person nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht;
2.
den Polizeivollzugsbehörden des Bundes und der Länder, soweit dies zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist, und
3.
den Verfassungsschutzbehörden der Länder, soweit dies für ihre Aufgabenerfüllung erforderlich ist und durch Landesgesetz ausdrücklich zugelassen ist.
Die für die Vollstreckung nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz und nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder zuständigen Behörden dürfen zur Durchführung der Vollstreckung das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b, abzurufen, wenn
1.
die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft an den Vollstreckungsschuldner nicht zustellbar ist und
a)
die Anschrift, unter der die Zustellung ausgeführt werden sollte, mit der Anschrift übereinstimmt, die von einer der in § 755 Absatz 1 und 2 der Zivilprozessordnung genannten Stellen innerhalb von drei Monaten vor oder nach dem Zustellungsversuch mitgeteilt wurde, oder
b)
die Meldebehörde nach dem Zustellungsversuch die Auskunft erteilt, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Vollstreckungsschuldners bekannt ist, oder
c)
die Meldebehörde innerhalb von drei Monaten vor Erlass der Vollstreckungsanordnung die Auskunft erteilt hat, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Vollstreckungsschuldners bekannt ist;
2.
der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft in dem dem Ersuchen zugrundeliegenden Vollstreckungsverfahren nicht nachkommt oder
3.
bei einer Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung der Forderung nicht zu erwarten ist.
Für andere Zwecke ist ein Abrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern hinsichtlich der in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b, nur zulässig, soweit dies durch ein Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(8a) Kontenabrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern sind nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmten Schnittstellen zu übermitteln; § 87a Absatz 6 und § 87b Absatz 1 und 2 gelten entsprechend. Das Bundeszentralamt für Steuern kann Ausnahmen von der elektronischen Übermittlung zulassen. Das Bundeszentralamt für Steuern soll der ersuchenden Stelle die Ergebnisse des Kontenabrufs elektronisch übermitteln; § 87a Absatz 7 und 8 gilt entsprechend.

(9) Vor einem Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 ist die betroffene Person auf die Möglichkeit eines Kontenabrufs hinzuweisen; dies kann auch durch ausdrücklichen Hinweis in amtlichen Vordrucken und Merkblättern geschehen. Nach Durchführung eines Kontenabrufs ist die betroffene Person vom Ersuchenden über die Durchführung zu benachrichtigen. Ein Hinweis nach Satz 1 erster Halbsatz und eine Benachrichtigung nach Satz 2 unterbleiben, soweit die Voraussetzungen des § 32b Absatz 1 vorliegen oder die Information der betroffenen Person gesetzlich ausgeschlossen ist. § 32c Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des Absatzes 8 gilt Satz 4 entsprechend, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden in den Fällen des Absatzes 8 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder soweit dies bundesgesetzlich ausdrücklich bestimmt ist.

(10) Ein Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 und dessen Ergebnis sind vom Ersuchenden zu dokumentieren.

(1) Die Beteiligten und andere Personen haben der Finanzbehörde auf Verlangen Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen. Im Vorlageverlangen ist anzugeben, ob die Urkunden für die Besteuerung des zur Vorlage Aufgeforderten oder für die Besteuerung anderer Personen benötigt werden. § 93 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Die Finanzbehörde kann die Vorlage der in Absatz 1 genannten Urkunden an Amtsstelle verlangen oder sie bei dem Vorlagepflichtigen einsehen, wenn dieser einverstanden ist oder die Urkunden für eine Vorlage an Amtsstelle ungeeignet sind. § 147 Abs. 5 gilt entsprechend.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Für das Recht zur Verweigerung des Zeugnisses und die Pflicht zur Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht gelten die §§ 101 bis 103 der Abgabenordnung sinngemäß.

(2) Wer als Angehöriger zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt ist, kann die Ableistung des Eides verweigern.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

(1) Der Arbeitgeber haftet

1.
für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat,
2.
für die Lohnsteuer, die er beim Lohnsteuer-Jahresausgleich zu Unrecht erstattet hat,
3.
für die Einkommensteuer (Lohnsteuer), die auf Grund fehlerhafter Angaben im Lohnkonto oder in der Lohnsteuerbescheinigung verkürzt wird,
4.
für die Lohnsteuer, die in den Fällen des § 38 Absatz 3a der Dritte zu übernehmen hat.

(2) Der Arbeitgeber haftet nicht, soweit Lohnsteuer nach § 39 Absatz 5 oder § 39a Absatz 5 nachzufordern ist und in den vom Arbeitgeber angezeigten Fällen des § 38 Absatz 4 Satz 2 und 3 und des § 41c Absatz 4.

(3)1Soweit die Haftung des Arbeitgebers reicht, sind der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gesamtschuldner.2Das Betriebsstättenfinanzamt kann die Steuerschuld oder Haftungsschuld nach pflichtgemäßem Ermessen gegenüber jedem Gesamtschuldner geltend machen.3Der Arbeitgeber kann auch dann in Anspruch genommen werden, wenn der Arbeitnehmer zur Einkommensteuer veranlagt wird.4Der Arbeitnehmer kann im Rahmen der Gesamtschuldnerschaft nur in Anspruch genommen werden,

1.
wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten hat,
2.
wenn der Arbeitnehmer weiß, dass der Arbeitgeber die einbehaltene Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig angemeldet hat.2Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer den Sachverhalt dem Finanzamt unverzüglich mitgeteilt hat.

(4)1Für die Inanspruchnahme des Arbeitgebers bedarf es keines Haftungsbescheids und keines Leistungsgebots, soweit der Arbeitgeber

1.
die einzubehaltende Lohnsteuer angemeldet hat oder
2.
nach Abschluss einer Lohnsteuer-Außenprüfung seine Zahlungsverpflichtung schriftlich anerkennt.
2Satz 1 gilt entsprechend für die Nachforderung zu übernehmender pauschaler Lohnsteuer.

(5) Von der Geltendmachung der Steuernachforderung oder Haftungsforderung ist abzusehen, wenn diese insgesamt 10 Euro nicht übersteigt.

(6)1Soweit einem Dritten (Entleiher) Arbeitnehmer im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 26 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854) geändert worden ist, zur Arbeitsleistung überlassen werden, haftet er mit Ausnahme der Fälle, in denen eine Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Absatz 3 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes vorliegt, neben dem Arbeitgeber.2Der Entleiher haftet nicht, wenn der Überlassung eine Erlaubnis nach § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zugrunde liegt und soweit er nachweist, dass er den nach § 51 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe d vorgesehenen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist.3Der Entleiher haftet ferner nicht, wenn er über das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung ohne Verschulden irrte.4Die Haftung beschränkt sich auf die Lohnsteuer für die Zeit, für die ihm der Arbeitnehmer überlassen worden ist.5Soweit die Haftung des Entleihers reicht, sind der Arbeitgeber, der Entleiher und der Arbeitnehmer Gesamtschuldner.6Der Entleiher darf auf Zahlung nur in Anspruch genommen werden, soweit die Vollstreckung in das inländische bewegliche Vermögen des Arbeitgebers fehlgeschlagen ist oder keinen Erfolg verspricht; § 219 Satz 2 der Abgabenordnung ist entsprechend anzuwenden.7Ist durch die Umstände der Arbeitnehmerüberlassung die Lohnsteuer schwer zu ermitteln, so ist die Haftungsschuld mit 15 Prozent des zwischen Verleiher und Entleiher vereinbarten Entgelts ohne Umsatzsteuer anzunehmen, solange der Entleiher nicht glaubhaft macht, dass die Lohnsteuer, für die er haftet, niedriger ist.8Die Absätze 1 bis 5 sind entsprechend anzuwenden.9Die Zuständigkeit des Finanzamts richtet sich nach dem Ort der Betriebsstätte des Verleihers.

(7) Soweit der Entleiher Arbeitgeber ist, haftet der Verleiher wie ein Entleiher nach Absatz 6.

(8)1Das Finanzamt kann hinsichtlich der Lohnsteuer der Leiharbeitnehmer anordnen, dass der Entleiher einen bestimmten Teil des mit dem Verleiher vereinbarten Entgelts einzubehalten und abzuführen hat, wenn dies zur Sicherung des Steueranspruchs notwendig ist; Absatz 6 Satz 4 ist anzuwenden.2Der Verwaltungsakt kann auch mündlich erlassen werden.3Die Höhe des einzubehaltenden und abzuführenden Teils des Entgelts bedarf keiner Begründung, wenn der in Absatz 6 Satz 7 genannte Prozentsatz nicht überschritten wird.

(9)1Der Arbeitgeber haftet auch dann, wenn ein Dritter nach § 38 Absatz 3a dessen Pflichten trägt.2In diesen Fällen haftet der Dritte neben dem Arbeitgeber.3Soweit die Haftung des Dritten reicht, sind der Arbeitgeber, der Dritte und der Arbeitnehmer Gesamtschuldner.4Absatz 3 Satz 2 bis 4 ist anzuwenden; Absatz 4 gilt auch für die Inanspruchnahme des Dritten.5Im Fall des § 38 Absatz 3a Satz 2 beschränkt sich die Haftung des Dritten auf die Lohnsteuer, die für die Zeit zu erheben ist, für die er sich gegenüber dem Arbeitgeber zur Vornahme des Lohnsteuerabzugs verpflichtet hat; der maßgebende Zeitraum endet nicht, bevor der Dritte seinem Betriebsstättenfinanzamt die Beendigung seiner Verpflichtung gegenüber dem Arbeitgeber angezeigt hat.6In den Fällen des § 38 Absatz 3a Satz 7 ist als Haftungsschuld der Betrag zu ermitteln, um den die Lohnsteuer, die für den gesamten Arbeitslohn des Lohnzahlungszeitraums zu berechnen und einzubehalten ist, die insgesamt tatsächlich einbehaltene Lohnsteuer übersteigt.7Betrifft die Haftungsschuld mehrere Arbeitgeber, so ist sie bei fehlerhafter Lohnsteuerberechnung nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne und für nachträglich zu erfassende Arbeitslohnbeträge nach dem Verhältnis dieser Beträge auf die Arbeitgeber aufzuteilen.8In den Fällen des § 38 Absatz 3a ist das Betriebsstättenfinanzamt des Dritten für die Geltendmachung der Steuer- oder Haftungsschuld zuständig.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.