Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 25. Juli 2016 - 9 Sa 31/16

ECLI:ECLI:DE:LAGD:2016:0725.9SA31.16.00
25.07.2016

Tenor

1.Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 09.12.2015, Az. 6 Ca 2280/15 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2.Die Revision wird zugelassen.


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Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei
Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 25. Juli 2016 - 9 Sa 31/16 zitiert 23 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


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Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 1 Urlaubsanspruch


Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.

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Der Schuldner hat während des Verzugs jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Er haftet wegen der Leistung auch für Zufall, es sei denn, dass der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde.

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 4 Wartezeit


Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben.

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(1) Dem Arbeitnehmer ist bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Die Abrechnung muss mindestens Angaben über Abrechnungszeitraum und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts enthalten. Hinsichtlich der Zusammensetzung sind insbesondere Angaben über Art und Höhe der Zuschläge, Zulagen, sonstige Vergütungen, Art und Höhe der Abzüge, Abschlagszahlungen sowie Vorschüsse erforderlich.

(2) Die Verpflichtung zur Abrechnung entfällt, wenn sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, das Nähere zum Inhalt und Verfahren einer Entgeltbescheinigung, die zu Zwecken nach dem Sozialgesetzbuch sowie zur Vorlage bei den Sozial- und Familiengerichten verwendet werden kann, durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Besoldungsmitteilungen für Beamte, Richter oder Soldaten, die inhaltlich der Entgeltbescheinigung nach Satz 1 entsprechen, können für die in Satz 1 genannten Zwecke verwendet werden. Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber zu anderen Zwecken eine weitere Entgeltbescheinigung verlangen, die sich auf die Angaben nach Absatz 1 beschränkt.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Schluss-Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 21.07.2015 - 3 Ca 733/14 - teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 4.828,61 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.03.2014 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien je zu Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren nur noch über Ansprüche auf Überstundenvergütung sowie Urlaubsabgeltung für das Jahr 2013.

2

Die Klägerin war vom 10.12.2009 bis zum 28.02.2014 auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags (Bl. 7 - 11 d. A.) zu einem Bruttomonatsgehalt von 2.500,-- € beim Beklagten als Pflegedienstleiterin beschäftigt. Ausweislich des Arbeitsvertrags war eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden und eine monatliche Arbeitszeit von 173 Stunden vereinbart. Die Arbeit erfolgte nach Dienstplan. Vereinbart waren ferner 30 Arbeitstage Jahresurlaub.

3

Die Beklagte betreibt zwei Pflegeeinrichtungen: Das „Haus M.“ (HM) und das Haus „U. V.“ (UV). In den Jahren 2013 und 2014 wurde der Klägerin kein Urlaub gewährt. Die Beklagte zahlte an die Klägerin insgesamt 1.500,-- € aus, von denen sich die Klägerin 1.000,-- € auf die hier geltend gemachten Ansprüche anrechnen lässt.

4

Mit Teil-Urteil vom 14.10.2014 hat das Arbeitsgericht den Beklagten verurteilt, der Klägerin die sie betreffenden Teile der Dienstpläne des HM für das Jahr 2013 auszuhändigen. Nach Aushändigung hat die Klägerin ihr Zahlungsbegehren im Wesentlichen mit folgendem Vortrag begründet:

5

Aus den Dienstplänen der Einrichtung UV ergebe sich im Zeitraum von Januar 2012 bis Dezember 2013 ein Stundenplus von 334,16. Hierfür verlange sie ausgehend von einem Stundenlohn von 14,88 € Vergütung in Höhe von 4.934,80 €. Für das HM ergäben sich aus den Dienstplänen für das Jahr 2013 weitere 91,68 Überstunden, wofür ihr weitere 1.364,19 € zustünden.

6

Die Überstunden im Jahr 2012 seien erforderlich gewesen, weil im Mai 2012 die Kündigung der Versorgungsverträge der Einrichtungen gedroht habe und sie die Unterlagen zur Aufrechterhaltung der Betriebserlaubnis habe erstellen müssen. Daneben habe sie im pflegerischen Bereich immer wieder für ausgefallene Fachkräfte einspringen müssen. Teilweise habe sie auch für die Bewohner gekocht.

7

Sie habe gelegentlich am PC gespielt, keineswegs die überwiegende Zeit. Wenn sie ihre Tätigkeit im HM beendet gehabt habe, habe sie sich zum Haus UV begeben, das Gerät angestellt, und gespielt, um die Zeit für andere Termine zu überbrücken.

8

Die nachträglich ausgehändigten Dienstpläne des HM seien vom Beklagten manipuliert worden. So fehlten Eintragungen der Ist-Zeiten ab September 2013; weitere Eintragungen stammten nicht von Frau N., die für das Eintragen der Stunden zuständig gewesen sei. Die Dienstpläne seien für beide Häuser auch nur zu Beginn des Jahres 2012 durch Frau B. einheitlich erstellt worden, danach habe es stets getrennte Dienstpläne gegeben. Sie könne daher kumulativ die in den beiden Dienstplänen ausgewiesenen Plusstunden geltend machen.

9

Urlaub habe sie wegen des hohen Arbeitsanfalls im gesamten Jahr 2013 nicht nehmen können. Er sei - wie auch für 2014 - abzugelten. Der Beklagte schulde daher eine Abgeltung für 35 Urlaubstage in Höhe von 4.038,30 €.

10

Die Klägerin hat beantragt,

11

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 10.337,29 € brutto abzüglich 1.000,-- € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit auf 8.973,10 € und auf 1.364,19 €.

12

Der Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Er hat erwidert:

15

Überstunden seien von ihm nicht angeordnet und auch nicht erforderlich gewesen. So gehöre das Erstellen von Unterlagen zur Aufrechterhaltung der Versorgungsverträge zu den vertraglich geschuldeten Aufgaben einer Pflegedienstleitung und sei in der regelmäßigen Arbeitszeit zu erledigen. Die Klägerin sei in der Pflege tätig gewesen, obwohl bereits eine Fachkraft anwesend gewesen sei. Das sei allein von Januar bis August 2012 an 87 Tagen der Fall gewesen.

16

Die Dienstpläne des HM seien für die Anzahl der geleisteten Stunden nicht maßgeblich. Sämtliche Arbeitszeiten der Klägerin seien in den Plänen des UV erfasst. Diese sei bis Juli 2013 täglich nur ca. 15 Minuten im HM gewesen und dann in UV gewechselt. Erst ab August 2013 habe er die Klägerin aufgefordert, mehr in HM tätig zu sein. Dass sein Vortrag zutreffe, zeige sich besonders deutlich am Dienstplan für Dezember 2013, in dem für die Klägerin im Dienstplan von UV 217 Ist-Stunden ausgewiesen seien und die Klägerin wegen Arbeiten in derselben Arbeitszeit weitere 133 Ist-Stunden im HM behaupte.

17

Er schulde aber auch deswegen keine weitere Vergütung, weil er erst nachträglich - im April 2015 - erfahren habe, dass die Klägerin den ganz überwiegenden Teil der im Dienstplan eingetragenen Zeiten mit exzessivem Spielen am PC verbracht habe. Sie sei von den weiteren Arbeitskollegen im Dienstzimmer ganz regelmäßig beim Spielen angetroffen worden.

18

Urlaubsansprüche für 2013 seien verfallen. Vom 13. bis 31.05.2013 sei für die Klägerin Urlaub vorgesehen gewesen. Die Klägerin habe diesen Urlaub aber nicht genommen, sondern sich noch nachträglich für die Frühschicht eingetragen.

19

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

20

Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung von zwei Zeugen die Klage mit Ausnahme des Urlaubsabgeltungsanspruchs für 5 Tage aus 2014 abzüglich gezahlter 1.000,-- € abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne keine Überstundenvergütung verlangen, weil die beiden Zeuginnen überzeugend ausgeführt hätten, dass die Klägerin regelmäßig vertragswidrig nicht gearbeitet habe. Urlaubsabgeltungsansprüche für das Jahr 2013 seien verfallen.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf das angefochtene Schluss-Urteil Bezug genommen.

22

Gegen das am 04.08.2015 zugestellte Schluss-Urteil hat die Klägerin am 31.08.2015 Berufung eingelegt und diese am 01.10.2015 begründet.

23

Sie trägt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ergänzend wie folgt vor:

24

Sie wende sich insbesondere gegen die Beurteilung der Zeugenaussagen durch das Arbeitsgericht und rüge, dass die von ihr benannten Gegenzeugen nicht gehört worden seien. Die Zeugin K. habe im Übrigen die Behauptungen des Beklagten gerade nicht bestätigt. Sie habe sich falsch und widersprüchlich geäußert. Beide Zeuginnen seien auch nicht regelmäßig bei der Übergabe der Nachttätigkeit anwesend gewesen. Die Zeugin K. habe im Übrigen selbst gespielt, etwa im Nachtdienst oder an Wochenenden. Auch bezögen sich ihre Angaben erkennbar erst auf den Zeitraum ab August 2013.

25

Auch die Aussage der Zeugin B. sei nicht glaubhaft. Diese habe keine Veranlassung gehabt, das Dienstzimmer aufzusuchen. Sie habe dieses Zimmer allenfalls zwei bis dreimal am Tag für wenige Minuten betreten, um Kaffee zu bringen. Sie sei im Jahr 2012 auch nicht in UV, sondern in HM eingesetzt gewesen und könne daher zu ihrer - Klägerin - Tätigkeit nichts sagen.

26

Ihr stehe auch der Urlaubsabgeltungsanspruch zu, da der Beklagte von sich aus verpflichtet gewesen sei, ihr Urlaub im Jahr 2013 zu gewähren und dies nicht getan habe.

27

Ihrer Darlegungslast sei sie durch Vorlage der Dienstpläne nachgekommen. Der Beklagte habe seinen Vortrag nicht ausreichend substantiiert.

28

Die Klägerin beantragt,

29

das Schluss-Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 21.07.2015 - 3 Ca 733/14 - teilweise abzuändern und den Beklagten zu verurteilen an die Klägerin weitere 9.760,37 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

30

Der Beklagte beantragt,

31

die Berufung zurückzuweisen.

32

Er erwidert:

33

Er bleibe dabei, dass die Dienstzeiten der Klägerin vollständig im Dienstplan für UV erfasst seien. Bis Juli 2013 sei die Klägerin auch nur wenige Minuten täglich im HM gewesen. Das Arbeitsgericht habe fehlerfrei festgestellt, dass die Klägerin regelmäßig privat gespielt habe. Er tritt insoweit der Würdigung der Zeugenaussagen durch die Klägerin im Einzelnen entgegen. Die Klägerin räume im Übrigen in der Berufungsbegründung selbst ein, dass sie während der Arbeitszeit regelmäßig und nicht nur ausnahmsweise privat gespielt habe. Urlaubsabgeltungsansprüche für 2013 habe das Arbeitsgericht zutreffend abgelehnt.

34

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Akte verwiesen.

Entscheidungsgründe

35

Die gemäß § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG statthafte, form- und fristgemäß eingelegte und begründete und damit zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Der Klägerin stehen noch Vergütungsansprüche für einen Teil der von ihr geltend gemachten Überstunden zu. Urlaubsabgeltungsansprüche bestehen, soweit nicht das Arbeitsgericht bereits rechtskräftig zu Gunsten der Klägerin entschieden hat, nicht mehr.

I.

36

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Überstundenvergütung in Höhe von 6.298,99 € zuzüglich Zinsen ist zu einem Teil, nämlich in Höhe von 4.828,61 € begründet, im Übrigen unbegründet.

37

1. Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 3 des Arbeitsvertrags der Klägerin. Nach § 3 letzter Satz ihres Arbeitsvertrags wird Mehrarbeit der Klägerin „vorrangig in Freizeit ausgeglichen“. Daraus kann im Wege der Auslegung der Rückschluss gezogen werden, dass in dem Fall, dass ein Freizeitausgleich nicht möglich ist, die Überstunden auszubezahlen sind.

38

2. Den Umfang der von ihr geleisteten Überstunden hat die Klägerin aber nur zum Teil schlüssig dargelegt.

39

a) Ausgehend von den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts i. V. m. § 614 BGB gilt im Arbeitsverhältnis der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“. Verlangt der Arbeitnehmer gemäß § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er deshalb darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt. Da die konkret zu leistende Arbeit in der Regel vom Arbeitgeber durch Weisungen zu bestimmen ist (§ 106 GewO), genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereit gehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern. Deshalb hat der Arbeitgeber im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und ob der Arbeitnehmer den Weisungen nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden (BAG, Urt. v. 18.04.2012 - 5 AZR 248/11 - Juris, Rn 4).

40

Nichts anderes gilt für die Behauptung des Arbeitnehmers, er habe die geschuldete Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet. Auch insoweit genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern und im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen nicht nachgekommen ist (BAG, Urt. v. 16.05.2012 - 5 AZR 347/11 - Juris, Rn 27).

41

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin schlüssig dargelegt, dass sie im Haus UV 334,16 Stunden Mehrarbeit geleistet hat. Ihr Vortrag zur Mehrarbeit im HM im Umfang von 91,68 weiteren Überstunden ist hingegen nicht schlüssig. Der Beklagte hat den schlüssigen Vortrag der Klägerin nicht ausreichend bestritten.

42

aa) Der Vortrag der Klägerin zu der von ihr abgeleisteten Mehrarbeit ist nur teilweise ausreichend substantiiert. Sie hat zwar ausreichend zum Umfang der im UV abgeleisteten Überstunden, nicht aber zu den im HM angefallenen Überstunden vorgetragen.

43

(1) Mit der Vorlage der Dienstpläne für die Einrichtung UV genügt die Klägerin den vom BAG aufgestellten Anforderungen für die Darlegungslast. Die Klägerin hat die Dienstpläne für die Einrichtung UV von Januar 2012 bis Dezember 2013 durchgehend eingereicht. Aus den in den Dienstplänen enthaltenen Schichten verbunden mit der Legende, in der die Arbeitszeiten zu diesen Schichten hinterlegt sind, ergibt sich für jeden einzelnen Tag der Jahre 2012 und 2013 für welchen Zeitraum die Klägerin behauptet sich zur Arbeitsleistung für den Beklagten bereit gehalten zu haben. Der Vortrag ist auch ausreichend substantiiert, insbesondere auch für den Beklagten einlassungsfähig. Dieser hat selbst wiederholt ausgeführt, (ausschließlich) die Dienstpläne der Einrichtung UV gäben die Dienstzeiten der Klägerin wieder.

44

Soweit der Beklagte im Berufungstermin darauf abgestellt hat, im Dienstplan für Mai 2013 seien nachträglich Eintragungen vorgenommen worden, steht das der Schlüssigkeit des Vorbringens nicht entgegen. Der Beklagte hat insoweit nur behauptet, die Klägerin habe den für sie vorgesehenen Urlaub nicht wahrgenommen und sich stattdessen in den Dienstplan eingetragen. Damit hat der Beklagte aber ausdrücklich nicht gesagt, dass die Klägerin die von ihr für den Zeitraum 13.05. bis 31.05. 2013 eingetragene Frühschicht nicht tatsächlich wahrgenommen hat. Auch im Übrigen geht der Beklagte davon aus, dass sich die Klägerin zu den im Dienstplan hinterlegten Zeiten in seinem Betrieb aufgehalten hat.

45

(2) Dagegen genügt die Vorlage des Dienstplans betreffend die Einrichtung HM allein nicht, um ausreichend darzulegen, dass die Klägerin weitere 91,68 Überstunden geleistet hat.

46

Der Beklagte hat ausdrücklich bestritten, dass die im Dienstplan HM eingetragenen Zeiten zusätzlicher von der Klägerin angeforderter Arbeitsleistung darstellen. Er hat insoweit darauf hingewiesen, dass die dort wiedergegebenen Zeiten in beiden Dienstplänen aufgeführt sind.

47

Das Gericht ist diesem Vortrag im Berufungstermin unter Einsichtnahme in den Originaldienstplan für die Einrichtung HM und Abgleich mit dem Dienstplan für die Einrichtung UV nachgegangen. Dabei hat es übereinstimmend mit den beiden Prozessbevollmächtigten festgestellt, dass etwa im August 2013 sämtliche Dienste - Frühdienste -, die für die Klägerin in der Einrichtung UV eingetragen waren, auch in der Einrichtung HM eingetragen worden sind und im Dienstplan der Einrichtung UV mit dem Zusatz „HM“ versehen waren. Ferner sind bei der Addition der geleisteten Arbeitsstunden im August im Dienstplan von UV sämtliche Arbeitsstunden herangezogen worden. Sonst käme man nicht auf die dort ausgewiesene Stundenzahl von 189 geleisteten Stunden. Die Klägerin kann daher etwa die im August 2013 im HM ausgewiesenen Arbeitsstunden nicht zusätzlich als geleistete Arbeit geltend machen. Vergleichbares gilt für den Monat Dezember 2013 oder auch den April 2013. Allerdings hat das Berufungsgericht auch festgestellt, dass für einzelne Tage und in einzelnen Monaten die Dienstpläne für die Einrichtung HM Zeiten für die Klägerin ausweisen, die nicht im Dienstplan der Einrichtung UV ausgewiesen sind und damit grundsätzlich deren Vortrag bestätigen.

48

Im Rahmen der Darlegung der von ihr geleisteten Mehrarbeit genügt es dann aber nicht, wenn die Klägerin pauschal auf den Dienstplan der Einrichtung HM Bezug nimmt und damit weitere Überstunden begründet. Vielmehr hätte dann für jeden einzelnen Tag des Jahres 2013 vorgetragen werden müssen, ob dieser bereits im Dienstplan der Einrichtung UV enthalten ist oder nicht. Daran fehlt es.

49

(3) Im Ergebnis sind damit nur 334,16 Stunden aus UV ausreichend dargelegt.

50

bb) Die Ableistung dieser Stunden hat die Beklagte nicht ausreichend bestritten. Sie gelten daher nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als zugestanden.

51

(1) Der Beklagte kann zunächst einmal nicht mit seinem ursprünglichen erstinstanzlichen Vortrag gehört werden, die Ableistung der entsprechenden Stunden sei nicht erforderlich gewesen; die Klägerin hätte die Arbeit auch in kürzerer Zeit erledigen können. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin ausschließlich Stunden geltend macht, in denen sie nach dem Dienstplan und ihrem Arbeitsvertrag zur Ableistung verpflichtet war. Die Klägerin hat diese Dienstpläne - das ist unstreitig - auch nicht selbst erstellt, sondern die weiteren Mitarbeiterinnen des Beklagten B. und N. . Aus welchen Gründen es dazu gekommen ist, dass die Klägerin in so großem Umfang zu Diensten herangezogen wurde, ist hier nicht weiter aufzuklären. Jedenfalls war dem Beklagten der Umfang der geleisteten Dienste auch jederzeit bekannt. Unstreitig hat er die Dienstpläne monatlich gesehen und zur Abrechnung an den Steuerberater weiter geleitet.

52

(2) Soweit der Beklagte einwendet, die Klägerin habe während ihrer Arbeitszeit am Computer gespielt, ist sein Vortrag nicht ausreichend substantiiert. Die vom Bundesarbeitsgericht geforderten Angaben dazu, an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann seinen Weisungen nicht nachgekommen ist, fehlen vollständig. Der Beklagte hat sich vielmehr auf den pauschalen Vortrag beschränkt, die Klägerin habe die überwiegende Zeit gespielt. Das ist nach dem vorstehend Ausgeführten unsubstantiiert.

53

(3) Vor diesem Hintergrund hätte das Arbeitsgericht auch nicht Beweis erheben dürfen. Dennoch ist eine durchgeführte Beweisaufnahme vom Berufungsgericht zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hat die Beweisaufnahme aber nicht ergeben, dass die Klägerin während ihrer Arbeitszeit durchgehend - also ausschließlich - gespielt hat oder aber an welchen Tagen in welchem zeitlichen Umfang dies der Fall war.

54

Die Zeugen konnten zu einzelnen Tagen und zum zeitlichen Umfang des Spielens im Einzelnen nichts sagen. So hat die Zeugin K. zum Umfang des Spielens der Klägerin am PC Angaben gemacht, die sich keinem bestimmten zeitlichen Zeitraum zuordnen lassen. So heißt es in ihrer Aussage unter anderem, die Klägerin habe dreimal in der Woche gespielt, dann im nächsten Satz, wenn sie dreimal im Dienstzimmer gewesen sei, lief zweimal der PC. Zur Frage, wie häufig der PC lief, hat sie dann weiter ausgeführt, das sei schwer zu sagen, es sei in den letzten Monaten häufiger gewesen. Bei Arbeiten am Qualitätshandbuch habe die Klägerin zwischendurch gespielt, länger als eine halbe Stunde bestimmt, das sei etwa einmal die Woche gewesen. Unstreitig ist, dass sich die Äußerungen der Zeugin allein auf den Zeitraum ab August 2013, also auf fünf der hier in Rede stehenden 24 Monate bezogen haben. Ebenso wenig ergiebig war die Aussage der Zeugin Bö., die gesagt hat, die Klägerin habe, wenn sie (Zeugin) ihr einen Kaffee gebracht habe, meistens gespielt. Dies sei nach der Übergabe des Nachtdienstes meistens so gewesen. Die Klägerin habe meistens gespielt, aber - so die Zeugin einen Satz später - sie habe auch nebenbei ihre Akten gemacht und auch nicht gespielt, wenn der Beklagte im Haus gewesen sei.

55

Aus diesen Zeugenaussagen lässt sich nicht im Ansatz ein bestimmter Zeitraum ermitteln, in dem die Klägerin ihrer arbeitsvertraglichen Pflicht konkret nicht nachgekommen ist. Der Beklagte hat im Übrigen auch an keiner Stelle behauptet, dass Arbeiten der Klägerin nicht erledigt oder von anderen Mitarbeitern miterledigt worden seien. Vielmehr hat er selbst vorgetragen, die Klägerin sei etwa von Januar bis August des Jahres 2012 an 87 Tagen neben einer weiteren Fachkraft in der Pflege tätig gewesen und ausgeführt, dies sei nicht nötig gewesen. Dass in diesem Zeitraum dann an bestimmten Tagen nicht so viel zu tun ist, und die Klägerin Gelegenheit hat, auch zu spielen, liegt auf der Hand. Dem muss aber der Beklagte durch eine entsprechende Gestaltung des Dienstplans entgegentreten und die Klägerin nicht für Zeiten einteilen lassen, in denen sie gar nicht benötigt wird.

56

Die Kammer sieht auch keine Möglichkeit einen etwaigen Anteil der Klägerin an Zeiten des PC-Spielens nach Maßgabe des § 287 ZPO zu schätzen. Die Zeugenaussagen liefern hierfür keine ausreichende Grundlage.

57

(4) Mangels substantiierten Vortrags des Beklagten kam auch eine Wiederholung der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme nicht in Betracht. Auf die Anfordernisse an die jeweilige Darlegungslast sind die Parteien mit Verfügung des Gerichts vom 12.11.2015 hingewiesen worden, ohne dass der Beklagte hieraus weitere Konsequenzen gezogen hat. Im Übrigen ist er auch erkennbar zu substantiierterem Vortrag schon aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr in der Lage.

58

3. Danach steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung restlicher Vergütung in Höhe von 4.828,61 € brutto zu.

59

a) Auszugehen ist entgegen der Berechnung der Klägerin nicht von einem Stundenlohn von 14,88 € brutto, sondern von einem Stundenlohn von 14,45 € brutto. Die Parteien haben keine monatliche Arbeitszeit von 168 Stunden vereinbart, sondern ausdrücklich von 173 Stunden. Demzufolge ermittelt sich der Stundenlohn der Klägerin auch durch folgende Division: 2.500,-- € : 173. Die Klägerin legt bei ihrer Berechnung ersichtlich einen Zeitraum von vier Wochen zugrunde. Vier Wochen sind aber weniger als ein Monat.

60

b) 334,16 Stunden multipliziert mit 14,45 € brutto ergibt 4.828,61 €.

61

4. Zinsen stehen der Klägerin ab dem 19.03.2014 gemäß den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 291 BGB zu.

II.

62

Ein weiterer Anspruch auf Urlaubsgeltung für 30 Tage aus dem Jahr 2013 gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG besteht nicht.

63

1. Nach § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen.

64

a) Der Jahresurlaub der Klägerin aus dem Jahr 2013 ist nicht in das Jahr 2014 übertragen worden. Die Klägerin hat zum Vorliegen betrieblicher Gründe im Sinne des § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG nicht ausreichend vorgetragen.

65

aa) Dringende betriebliche Gründe im Sinne des § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG liegen vor, wenn die Interessen des Arbeitgebers an einer Gewährung von Urlaub im Übertragungszeitraum anstelle des im Urlaubsjahr zu gewährenden Urlaubs das Interesse des Arbeitnehmers an der fristgerechten Inanspruchnahme des Urlaubs noch innerhalb des Kalenderjahres überwiegen. Das ist z. B. dann gegeben, wenn die Auftragslage zum Jahresende die Anwesenheit des Arbeitnehmers erfordert, eine besonders arbeitsintensive Zeit bevorsteht, bereits anderen Arbeitnehmern Urlaub gewährt worden ist usw.. Von der Erfüllung des Tatbestandsmerkmals kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber eine entsprechende Erklärung abgegeben hat, insbesondere ein Urlaubswunsch des Arbeitnehmers zum Jahresende abgelehnt hat (Erf.-Komm., 16. Aufl., § 7 BUrlG, Rn 61). Die Darlegungslast für das Vorliegen eines Übertragungstatbestands liegt beim Arbeitnehmer (LAG Schl.-Holst. - 6 Sa 492/06 - Juris, Rn 48).

66

bb) Danach hat die Klägerin keine ausreichenden dringenden betrieblichen Gründe dargelegt, die eine Übertragung ihres Urlaubs in das erste Kalenderquartal 2014 rechtfertigen. Weder hat sie konkret zur Personalsituation zum Ende des Jahres hin vorgetragen, noch ist ein Urlaubswunsch von ihr abschlägig beschieden worden. Im Berufungsverfahren hat sie sich auf die Übertragung des Urlaubs auch nicht mehr bezogen.

67

b) Ohne Übertragungstatbestand erlischt der Urlaubsanspruch am Jahresende (Erf.-Komm., a. a. O., Rn 39).

68

2. Der Klägerin steht auch kein Schadensersatzanspruch auf Urlaubsabgeltung zu.

69

a) Anerkannt ist, dass dem Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber ein Verzugsschadensersatz dann zusteht, wenn er rechtzeitig, aber erfolglos die Freistellung im Urlaubsjahr verlangt und damit den Arbeitnehmer gemahnt und in Verzug gesetzt hat (Erf.-Komm., a. a. O., Rn 40).

70

Die Voraussetzungen eines Verzugsschadensersatzanspruchs liegen nicht vor. Die Klägerin hat den Beklagten nicht durch einen konkreten Urlaubsantrag mit der Erteilung des Urlaubs in Verzug gesetzt.

71

b) Der Klägerin steht auch kein Anspruch gemäß den §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB zu, weil der Beklagte seine Pflicht zur Urlaubserteilung verletzt hat.

72

aa) Eine Rechtspflicht des Arbeitgebers, auch ohne entsprechenden Antrag des Arbeitnehmers im laufenden Kalenderjahr Urlaub zu erteilen nimmt das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in einem Urteil vom 12.06.2014 - 21 Sa 221/14 - Juris sowie auch in anderen Entscheidungen an und begründet dies im Wesentlichen damit, dass der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub dem Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers diene und der Wortlaut des § 7 BUrlG der entsprechenden Auslegung nicht entgegenstehe.

73

bb) Das Bundesarbeitsgericht geht demgegenüber nicht von einer Pflicht des Arbeitgebers zur Urlaubsgewährung im laufenden Kalenderjahr aus. Vielmehr verfällt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Urlaub am Jahresende, nur unter den Voraussetzungen des Verzugs entsteht der oben dargestellte Ersatzurlaubsanspruch (BAG v. 14.05.2013 - 9 AZR 760/11 -).

74

Dieser Auffassung des Bundesarbeitsgerichts folgt auch das Berufungsgericht. Gerade aus Sicht des Gesundheitsschutzes hält es eine Lösung für vorzugswürdig, nach der der Arbeitnehmer zumindest gehalten ist, einen Urlaubsantrag zu stellen. Folgt man der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg, befördert das nämlich nach Einschätzung der Kammer das Anhäufen von Urlaubsansprüchen im bestehenden Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer wird von der Stellung rechtzeitiger Urlaubsanträge abgehalten, die er um Streitigkeiten wegen der Urlaubsgewährung zu vermeiden, nicht stellt. Unter Berücksichtigung der Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg erwüchse ihm hieraus kein Nachteil. Er kann das Stellen von Urlaubsanträgen einfach unterlassen mit dem Argument, er kann den Urlaub hinterher - spätestens nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses - immer noch nehmen. Dieses Herausschieben der Urlaubsgewährung dient aber gerade nicht dem Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers, der nur verwirklicht wird, wenn der Urlaub auch tatsächlich genommen wird. Selbstverständlich ist es nicht besser, wenn der Arbeitnehmer wegen des Verfalls am Jahresende gar keinen Urlaub erhält. Droht aber der Verfall seines Urlaubs, wird der Arbeitnehmer gezwungen, zumindest einen Urlaubsantrag zu stellen, um den Verzug des Arbeitgebers auszulösen. Das ist das Warnsignal auch für den Arbeitgeber, die Urlaubsgewährung zu ermöglichen. Weiß der Arbeitnehmer, dass ihm ohne Urlaubsantrag der komplette Verlust seines Urlaubs droht, wird er eher Maßnahmen zur tatsächlichen Urlaubsgewährung ergreifen.

75

Im Übrigen setzt nach § 7 Abs. 1 BUrlG die Gewährung des Urlaubs voraus, dass die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind. Das wiederum ist nur möglich, wenn der Arbeitnehmer zuvor einen Urlaubsantrag gestellt hat.

III.

76

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

77

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die hier streitige Rechtsfrage zum Urlaubsrecht ist vom Bundesarbeitsgericht in der jüngeren Vergangenheit im Sinne der Berufungskammer entschieden worden. Anlass deswegen die Revision zuzulassen, sieht die Kammer nicht.


Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 257/03 Verkündet am:
12. März 2004
W i l m s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) § 529 Abs. 1 Nr. 1
Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen
des erstinstanzlichen Gerichts begründen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern
ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen
sind.
ZPO (2002) § 529 Abs. 1
Ist eine Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht geboten, so beurteilt sich die
Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht zu einer Wiederholung der erstinstanzlichen
Beweisaufnahme verpflichtet ist, nach denselben Grundsätzen wie aus der Zeit vor Geltung
des Zivilprozeßreformgesetzes.
ZPO (2002) § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3
Wird in der Berufungsbegründung gerügt, das erstinstanzliche Gericht habe Parteivorbringen
übergangen, so ist eine genaue Bezeichnung unter Angabe der Fundstelle in den
Schriftsätzen der Vorinstanz nicht erforderlich.
ZPO (2002) § 529 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1
Auch bei einem Verfahrensfehler des erstinstanzlichen Gerichts obliegt dem Berufungsgericht
nach Maßgabe des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO die tatsächliche Inhaltskontrolle
des erstinstanzlichen Urteils ungeachtet einer entsprechenden Berufungsrüge.
Für schriftsätzlich angekündigtes Vorbringen kommt dem Urteilstatbestand keine negative
Beweiskraft zu.
BGH, Urt. v. 12. März 2004 - V ZR 257/03 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. März 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. August 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte war von der Stadt O. beauftragt, auf einem ehemaligen Kasernengelände gelegene Grundstücke und Wohnungen zu vermarkten. Mit notariellem Vertrag vom 8. Juli 1999 verkaufte sie eine durch Ausbau des Dachgeschosses eines Hauses noch zu errichtende Wohnung zum Preis von 444.000 DM an die Klägerin.
Dem Vertragsschluß vorausgegangen waren Verhandlungen zwischen einer Mitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin Dr. L. , und der Klägerin, die von ihrem Bekannten, dem Zeugen Rechtsanwalt W. , begleitet wur-
de. Nach den Behauptungen der Klägerin erklärte Dr. L. während der Verhandlungen, auf dem der künftigen Dachgeschoßwohnung gegenüber liegenden Grundstück der Beklagten solle ein lediglich zweigeschossiges Gebäude errichtet werden, so daß die Sicht aus der Wohnung auf den Taunus uneingeschränkt erhalten bleibe. Tatsächlich war bereits zu diesem Zeitpunkt der - zwischenzeitlich begonnene - Bau eines viergeschossigen Wohn- und Geschäftshauses durch einen Investor geplant, wovon die Klägerin erst nach Bezug der Wohnung Kenntnis erhielt. Die mehr als zweigeschossige Nachbarbebauung , so hat die Klägerin behauptet, habe zu einem um 20 % geminderten Wert der Wohnung geführt.
Sie verlangt daher Schadensersatz in Höhe von 20 % des Kaufpreises sowie entsprechend geminderter Erwerbskosten und nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auf Zahlung von 47.613,80 Landgericht hat die Klage nach Vernehmung des Zeugen W. und der Zeugin Dr. L. über den Inhalt der Vertragsverhandlungen abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat sich die Klägerin gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts gewandt und insbesondere gerügt, daß das Landgericht die Zeugen nicht gehört habe, die sie zur Erschütterung der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Dr. L. benannt habe. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält die Klage auf der Grundlage der in erster Instanz getroffenen Feststellungen für unbegründet. Die von der Klägerin behaupteten Falschangaben der Zeugin Dr. L. zur zweigeschossigen Bebauung des gegenüberliegenden Grundstücks seien nicht bewiesen. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen, die gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erneute Feststellungen in der Berufungsinstanz gebieten könnten, habe die Klägerin nicht aufgezeigt. Die von dem Eingangsgericht vorgenommene Beweiswürdigung unterliege zwar gewissen Zweifeln, sei im Ergebnis jedoch zutreffend. Soweit die Klägerin das Übergehen erstinstanzlicher Beweisanträge gerügt habe, betreffe dies einen nicht von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel , der gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur dann Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO begründen könne, wenn er nach Maßgabe des § 520 Abs. 3 ZPO in der Berufungsbegründung ordnungsgemäß geltend gemacht worden sei. Diesen Anforderungen entspreche die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge nicht, weil es an einer konkreten Bezeichnung der angebotenen Zeugen und der Angabe des genauen Aktenfundorts der jeweiligen Beweisangebote fehle.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

II.


1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts. Für den Fall, daß - wie die Klägerin behauptet - die für die Beklagte handelnde Zeugin Dr. L. im Rahmen der Vertragsverhandlungen unzutreffende Angaben zu der geplanten Bebauung des gegenüberliegenden Grundstücks gemacht haben sollte, wären die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß erfüllt (vgl. Senat, Urt. v. 20. September 1996, V ZR 173/95, NJW-RR 1997, 144, 145; Urt. v. 26. September 1997, V ZR 29/96, NJW 1998, 302). Die Gewährleistungsvorschriften des hier weiterhin anwendbaren früheren Rechts (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB) sind nicht einschlägig und stehen mithin einer Haftung der Beklagten wegen Verschuldens bei Vertragsschluß nicht entgegen. Der Umstand, daß der gegenwärtige oder zukünftige Eigentümer eines benachbarten Grundstücks zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht den Willen hat, dieses entsprechend den baurechtlichen Möglichkeiten zu bebauen, stellt keine Eigenschaft des veräußerten Objekts, deren Fehlen als Sachmangel qualifiziert werden könnte (BGH, Urt. v. 14. Januar 1993, IX ZR 206/91, NJW 1993, 1323, 1324).
2. Hingegen rügt die Revision mit Erfolg, daß das Berufungsgericht erneute Feststellungen zu dem zwischen den Parteien streitigen Inhalt der Vertragsverhandlungen unter Verletzung des Verfahrensrechts abgelehnt hat. Auch nach neuem Recht unterliegen Berufungsurteile auf entsprechende Verfahrensrüge hinsichtlich der vollständigen Berücksichtigung des Streitstoffs und der Beweisangebote der Überprüfung durch das Revisionsgericht (MünchKomm -ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 546 Rdn. 15). Dies führt vorliegend zu dem Ergebnis, daß sich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an
der Vollständigkeit des von dem Eingangsgericht zugrunde gelegten Sachverhalts , die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO erneute Feststellungen des Berufungsgerichts gebieten, sowohl aus Fehlern der Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Urteil (a), als auch aus dem Übergehen erstinstanzlichen Vorbringens der Klägerin (b) ergeben.

a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO ist das Berufungsgericht an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 100; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann , NJW 2003, 169, 171).
aa) Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind (Hannich /Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 529 Rdn. 21; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 529 Rdn. 8). Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urt. v. 11. Februar 1987, IVb ZR 23/86, NJW 1987, 1557, 1558; Senat, Urt. v. 9. Juli 1999, V ZR 12/98, NJW 1999, 3481, 3482). Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt unter anderem dann vor,
wenn Umständen Indizwirkungen zuerkannt werden, die sie nicht haben können , oder wenn die Ambivalenz von Indiztatsachen nicht erkannt wird (BGH, Urt. v. 22. Januar 1991, VI ZR 97/90, NJW 1991, 1894, 1895; Urt. v. 23. Januar 1997, I ZR 29/94, NJW 1997, 2757, 2759).
(1) Hieran gemessen ist die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil zumindest insoweit fehlerhaft, als es um die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen W. geht. Dessen Bekundungen hat das Gericht erster Instanz vor allem deshalb für unglaubhaft gehalten, weil der Zeuge die angebliche Zusicherung der Zeugin Dr. L. , das gegenüberliegende Grundstück werde nur zweigeschossig bebaut, nicht überprüft und sich insbesondere bei der Stadt O. nicht nach dem Bestand und dem Inhalt eines etwaigen Bebauungsplans erkundigt habe. Diesem Umstand kommt indes die ihm vom Gericht zuerkannte Indizwirkung nicht zu. Es ist nicht ersichtlich , aus welchem Grund für den Zeugen W. , der an den Vertragsverhandlungen nicht als beauftragter Rechtsanwalt, sondern allein wegen seiner Bekanntschaft mit der Klägerin teilgenommen hatte, Anlaß bestehen konnte, Erkundigungen zu den Äußerungen der Zeugin Dr. L. einzuholen. Zudem ist das herangezogene Indiz auch auf Grund seiner Ambivalenz nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen W. in Frage zu stellen. Selbst für die Klägerin gab es nämlich keine Veranlassung, die von der Zeugin Dr. L. erteilten Auskünfte zu überprüfen, wenn sie auf deren Richtigkeit vertraute. Daß die Angaben der Zeugin einen für den Vertragswillen der Klägerin bedeutsamen Punkt betrafen, steht dieser Möglichkeit nicht entgegen. Das Unterbleiben von Nachforschungen läßt deshalb nicht ohne weiteres darauf schließen, daß die Zeugin Dr. L. eine zweigeschossige Nachbarbebauung nicht zugesagt hat. Vielmehr läßt dieser Umstand auch den
Schluß zu, die Klägerin habe sich ebenso wie der Zeuge W. auf eine derartige Zusage verlassen. (2) Geht das Eingangsgericht - wie hier - auf Grund einer fehlerhaften Beweiswürdigung von der Nichterweislichkeit einer entscheidungserheblichen Tatsachenbehauptung aus, so bestehen konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit der getroffenen Feststellungen (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 13, § 529 Rdn. 35). Hierbei genügt es, wenn nur ein tragendes Element der erstinstanzlichen Beweiswürdigung in seiner Aussagekraft geschmälert wird (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 32), weil bereits dann die Unrichtigkeit oder Lückenhaftigkeit der getroffenen Feststellungen als Folge der konkreten Anhaltspunkte nicht ausgeschlossen werden kann (Rimmelspacher , NJW 2002, 1897, 1902). So liegt der Fall auch hier. Ausweislich seiner Ausführungen zur Beweiswürdigung ist das erstinstanzliche Gericht nur deshalb zu dem Ergebnis der Nichterweislichkeit unzutreffender Angaben der Zeugin Dr. L. gelangt, weil es Anlaß gesehen hat, an der Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen W. zumindest zu zweifeln. Können diese Bedenken ausgeräumt werden, so ist es möglich, daß der Tatrichter die Aussage des Zeugen W. als glaubhaft ansieht. Da die Beweiswürdigung dann auch zu einem anderen Ergebnis führen kann, besteht die nicht nur theoretische Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses. In solcher Situation sind erneute oder auch erstmalige (Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 12) neue Tatsachenfeststellungen durch das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO geboten (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 14/6036, S. 123; Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 36; MünchKomm -ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 529 Rdn. 24; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 11).
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts läßt sich weder das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte noch die Erforderlichkeit erneuter Feststellungen mit der Erwägung verneinen, das Ergebnis der erstinstanzlichen Beweiswürdigung unterliege zwar "gewissen Zweifeln", sei aber aus anderen Gründen richtig. Zu dieser Schlußfolgerung konnte das Berufungsgericht nur auf Grund einer eigenständigen Würdigung der in erster Instanz erhobenen Beweise gelangen. Dies stellt jedoch, worauf die Revision zutreffend hinweist, der Sache nach eine erneute Tatsachenfeststellung dar, die aber nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte und das Gebotensein nochmaliger Feststellungen gerade voraussetzt.
cc) Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht deshalb als richtig dar (§ 561 ZPO), weil das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO gebotenen erneuten Tatsachenfeststellung zwar - fehlerhaft - verneint, eine solche aber doch vorgenommen hat. Die Tatsachenfeststellung in dem Berufungsurteil leidet nämlich ebenfalls an einem Verfahrensmangel und kann deshalb keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht stützt seine Auffassung, die von der Klägerin behauptete Zusicherung einer zweigeschossigen Bebauung des Nachbargrundstücks sei nicht erwiesen , darauf, daß beide Zeugen ein persönliches Interesse am Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits hätten. Damit stellt das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit der Zeugen in Frage, was - wie die Revision zu Recht rügt - nur auf Grund deren nochmaliger Vernehmung zulässig gewesen wäre, nachdem das erstinstanzliche Gericht beide Zeugen als glaubwürdig angesehen hat. Es hat sich mit der fehlenden Glaubwürdigkeit der Zeugen W. und Dr. L. nur insoweit befaßt, als es angesichts der sich widersprechenden Aussagen erwogen hat, einer von beiden Zeugen müsse gelogen haben. Zu
einer Aufklärung hat sich das erstinstanzliche Gericht jedoch außer Stande gesehen, seine Bedenken hinsichtlich der Glaubwürdigkeit daher nicht weiterverfolgt und seine weiteren Ausführungen auf die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen beschränkt. Die Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht zu einer Wiederholung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme verpflichtet ist, wenn die Voraussetzungen für eine erneute Tatsachenfeststellung vorliegen, beantwortet sich nach den von der Rechtsprechung zum bisherigen Recht entwickelten Grundsätzen (Musielak/Huber, aaO, § 398 Rdn. 5; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 13). Es verbleibt mithin dabei, daß das Berufungsgericht bei pflichtgemäßer Ausübung des ihm durch §§ 525 Satz 1, 398 Abs. 1 ZPO eingeräumten Ermessens einen bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals vernehmen muß, wenn es dessen Glaubwürdigkeit abweichend vom Erstrichter beurteilen will (vgl. BGH, Urt. v. 29. Oktober 1996, VI ZR 262/95, NJW 1997, 466; Urt. v. 10. März 1998, VI ZR 30/97, NJW 1998, 2222, 2223 m.w.N.).

b) Zweifel an der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ergeben sich zudem daraus, daß das Eingangsgericht die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin nicht berücksichtigt hat, die Zeugin Dr. L. habe auch anderen Interessenten eine lediglich zweigeschossige Bebauung des Nachbargrundstücks zugesagt. Träfe diese Behauptung zu, so wäre sie geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Dr. L. , sie habe die Klägerin ebenso wie alle übrigen Interessenten auf die geplante viergeschossige Bebauung hingewiesen, in Frage zu stellen. Besteht mithin unter Zugrundelegung der von der Klägerin behaupteten Tatsache zumindest die Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses, so ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO eine erneute Tatsachenfeststellung geboten. Entgegen der Auf-
fassung des Berufungsgerichts ist hierfür eine den formalen Anforderungen des Revisionsrechts genügende Berufungsrüge selbst dann nicht Voraussetzung , wenn - wie hier - zugleich auch ein Verfahrensfehler des Erstrichters vorliegt. Insoweit stellt das Berufungsgericht, was die Revision mit Erfolg geltend macht, zum einen zu hohe Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit einer Verfahrensrüge gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO (aa) und verkennt zum anderen auch die Bedeutung des § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO (bb).
aa) Das Berufungsgericht überspannt die inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung, soweit es die Ordnungsmäßigkeit der von der Klägerin gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO erhobenen Berufungsrüge mit der Begründung verneint, es fehle an der erforderlichen namentlichen Benennung der in erster Instanz angebotenen Zeugen und an der Angabe des Aktenfundorts der jeweiligen Beweisangebote.
(1) Wendet sich der Berufungskläger - wie hier - gegen die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil, so greift er, gestützt auf den Berufungsgrund des § 513 Abs. 1 Alt. 2 ZPO, die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen mit dem Ziel einer erneuten Feststellung durch das Berufungsgericht an. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Berufung muß er deshalb gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO die Voraussetzungen darlegen, unter denen nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO die Bindung des Berufungsgerichts an die vom Eingangsgericht getroffenen Feststellungen entfällt (BGH, Beschl. v. 28. Mai 2003, XII ZB 165/02, NJW 2003, 2531, 2532). Dies hat die Klägerin bereits dadurch getan, daß sie die Feststellungen des Erstrichters unter Hinweis auf ein bereits in erster Instanz vorgelegtes Beschwerdeschreiben mehrerer Wohnungseigentümer angegriffen und ihre Behauptung wiederholt hat, die Zeugin Dr.
L. habe auch anderen Interessenten eine lediglich zweigeschossige Be- bauung des Nachbargrundstücks zugesagt. Da dieses Vorbringen die Glaubhaftigkeit der inhaltlich widersprechenden Aussage der Zeugin in Frage stellen kann und in dem mit der Berufung angefochtenen Urteil nicht berücksichtigt worden ist, sind nach der Berufungsbegründung konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an den erstinstanzlich getroffenen Feststellungen mit der Folge gegeben , daß das Berufungsgericht insoweit nicht mehr gebunden ist. Auf die von der Klägerin angebotenen Zeugen wäre es erst angekommen, wenn die vom Berufungsgericht vorzunehmende Prüfung ergeben hätte, daß die Behauptung der Klägerin von der Beklagten wirksam bestritten worden war.
(2) Nichts anderes folgt aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, falls diese Regelung für Angriffe gegen Tatsachenfeststellungen auf Grund von Verfahrensfehlern - zusätzlich - anwendbar sein sollte (befürwortend Fellner, MDR 2003, 721, 722; ablehnend MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 520 Rdn. 40). Hieraus ergeben sich im Ergebnis keine weitergehenden Anforderungen an den notwendigen Inhalt der Berufungsbegründung. Die ohnehin erforderliche Darlegung der in § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO bestimmten Voraussetzungen reicht nämlich im Falle eines Verfahrensmangels auch für die nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO gebotene Darlegung einer entscheidungskausalen Rechtsverletzung aus. Insbesondere muß der Berufungskläger zur Darlegung der Entscheidungserheblichkeit des geltend gemachten Verfahrensfehlers lediglich aufzeigen, daß das Eingangsgericht ohne den Verfahrensverstoß möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre (Musielak /Ball, aaO, § 520 Rdn. 33).
(3) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lassen sich strengere formale Anforderungen an die Berufungsbegründung nicht daraus herleiten, daß ein Revisionskläger, der gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b ZPO ein verfahrensfehlerhaftes Übergehen von Tatsachenbehauptungen oder Beweisangeboten rügen will, diese unter Angabe der Fundstelle in den Schriftsätzen der Vorinstanzen genau bezeichnen muß (vgl. dazu BGHZ 14, 205, 209 f; BAG, ZIP 1983, 605, 606; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 554 Rdn. 13; MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 551 Rdn. 21; Musielak/Ball, aaO, § 551 Rdn. 11). Dieses revisionsrechtliche Erfordernis ist auf das Berufungsverfahren nicht übertragbar (a.A. Musielak/Ball, aaO, § 520 Rdn. 32; Ball, WuM 2002, 296, 299; wohl auch Stackmann, NJW 2003, 169, 171 f). Es findet seine Rechtfertigung in der durch § 559 Abs. 1 ZPO allein für das Revisionsverfahren angeordneten Beschränkung des Prozeßstoffs. Danach kann aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll nicht ersichtliches Parteivorbringen nur über eine Nichtberücksichtigungsrüge zur Beurteilungsgrundlage des Revisionsgerichts werden (vgl. MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 3, 7). Diese Rüge muß so konkret sein, daß keine Zweifel an dem vom Revisionsgericht zugrunde zu legenden Tatsachenstoff verbleiben. Das Berufungsverfahren kennt hingegen keine § 559 Abs. 1 ZPO vergleichbare Bestimmung. Eine entsprechende Anwendung der revisionsrechtlichen Regelung scheitert an den unterschiedlichen Funktionen der Rechtsmittel (Gaier, NJW 2004, 110, 111; a.A. Grunsky, NJW 2002, 800, 801; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901). Anders als im Revisionsverfahren ist das angefochtene Urteil nicht nur auf Rechtsfehler hin zu überprüfen, vielmehr gehört es gemäß § 513 Abs. 1 ZPO zu den Aufgaben der Berufung, das Urteil der Vorinstanz auch auf konkrete Anhaltspunkte für Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit der getroffenen Tatsachenfeststellungen zu prüfen und etwaige Fehler zu beseiti-
gen (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 64; Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 1, 7, 12 f). Fehlt es mithin an einer begrenzenden Regelung, so gelangt mit einem zulässigen Rechtsmittel grundsätzlich der gesamte - wie noch auszuführen sein wird, aus den Akten ersichtliche - Prozeßstoff der ersten Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz (Barth, NJW 2002, 1702, 1703; Gaier, NJW 2004, 110, 112). Damit steht auch der von dem Berufungsgericht zu berücksichtigende Tatsachenstoff fest, weshalb es einer Nichtberücksichtigungsrüge und der für sie geltenden formalen Anforderungen nicht bedarf. bb) Zudem hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, daß die ihm nach Maßgabe des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO obliegende Kontrolle der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage des erstinstanzlichen Urteils im Fall eines - wie hier - zulässigen Rechtsmittels ungeachtet einer entsprechenden Berufungsrüge besteht.
(1) Eine Bindung des Berufungsgerichts an solche Zweifel begründende Umstände, die in der Berufungsbegründung dargelegt sind, folgt insbesondere nicht aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO. Danach müssen zwar konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO in der Berufungsbegründung bezeichnet werden. Auf solche Umstände wird die Überprüfung durch das Berufungsgericht allerdings nicht beschränkt, sondern lediglich eine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels geregelt (§ 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Notwendigkeit einer Rüge läßt sich dem Wortlaut anderer Gesetzesvorschriften ebensowenig entnehmen. Sie entspricht auch nicht dem Willen des Gesetzgebers. Nach den Gesetzesmaterialien hat das Berufungsgericht Zweifeln an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen selbst dann nachzugehen, wenn es sie unabhängig vom Partei-
vortrag auf Grund lediglich bei ihm gerichtskundiger Tatsachen gewonnen hat (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses , BT-Drucks. 14/4722, S. 100). Damit kann und muß das Berufungsgericht erst recht konkrete Anhaltspunkte berücksichtigen, die ihre Grundlage im erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien haben, auch wenn das Übergehen dieses Vortrags von dem Berufungskläger nicht zum Gegenstand einer Berufungsrüge gemacht worden ist (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 529 Rdn. 12). Bemerkt das Berufungsgericht etwa anläßlich der Prüfung sonstiger Berufungsrügen, daß das Eingangsgericht eine für die Beweiswürdigung bedeutsame Tatsache oder ein erhebliches Beweisangebot übergangen hat, dann bestehen auch ohne dahingehende Rüge konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, die das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO zu einer erneuten Tatsachenfeststellung verpflichten (a.A. Rimmelspacher, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, 2003, S. 11, 16).
(2) Dem steht nicht entgegen, daß das erstinstanzliche Gericht hier Parteivorbringen übergangen hat und darin ein Verfahrensfehler in Gestalt der Versagung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder des Verstoßes gegen § 286 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 15. März 2000, VIII ZR 31/99, NJW 2000, 2024, 2026) zu sehen ist. Zwar prüft das Berufungsgericht einen Mangel des Verfahrens - soweit er nicht von Amts wegen berücksichtigt werden muß - gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur dann, wenn er gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO in der Berufungsbegründung gerügt worden ist. Hierdurch wird jedoch die durch § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO geregelte tatsächliche Inhaltskontrolle des Berufungsgerichts entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 520 Rdn. 53, § 529
Rdn. 14, 38; ders., NJW 2002, 1897, 1902; ders., NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 11, 15; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 9, 23; Hinz, NZM 2001, 601, 605; Gehrlein, MDR 2003, 421, 428) nicht eingeschränkt (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 8, § 529 Rdn. 27, 43; Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 529 Rdn. 12; Vorwerk, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 4, 6; Gaier, NJW 2004, 110, 112). Von der Aufgabe des Berufungsgerichts, konkreten Anhaltspunkten ungeachtet einer Berufungsrüge nachzugehen, macht das Gesetz keine Ausnahme, wenn sich - was ohnehin die weitaus praktischste Fallgestaltung darstellen dürfte - konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO aus Verfahrensfehlern des Erstrichters bei der Feststellung des Sachverhalts ergeben. Dies zeigt sich an der Systematik des § 529 ZPO, der mit seinen Absätzen klar zwischen den Aufgaben des Berufungsgerichts bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht trennt (Hannich /Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 8, § 529 Rdn. 27, 43). Für die tatsächliche Inhaltskontrolle ist ausschließlich § 529 Abs. 1 ZPO maßgebend, eine Vermischung mit der in § 529 Abs. 2 ZPO geregelten Rechtsfehlerkontrolle darf mithin selbst dann nicht stattfinden, wenn die fehlerhaften Tatsachenfeststellungen im erstinstanzlichen Urteil auf einem Verfahrensmangel beruhen.
(3) Das Berufungsgericht ist an der Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens nicht deshalb gehindert gewesen, weil dieser Vortrag weder durch eine Darstellung im Tatbestand noch durch eine § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO genügende Bezugnahme (vgl. BGH, Urt. v. 18. Februar 1954, IV ZR 126/53, LM § 295 ZPO Nr. 9) in dem erstinstanzlichen Urteil Erwähnung gefunden hat.
Die auf § 314 ZPO gestützte Annahme, daß nicht erwähnte Angriffsund Verteidigungsmittel, auch tatsächlich unterblieben sind (negative Beweiskraft des Tatbestandes), wäre nur dann gerechtfertigt, wenn das Parteivorbringen in dem Urteilstatbestand vollständig wiedergegeben werden müßte. Nur dann könnte nämlich von dem Fehlen einer Darstellung auf das Fehlen entsprechenden Vortrags geschlossen werden. Eine vollständige Wiedergabe des Parteivorbringens kann aber nicht mehr zu den Funktionen des Urteilstatbestandes zählen, nachdem sich das Gesetz in § 313 Abs. 2 ZPO mit einer "knappen" Darstellung nur des "wesentlichen Inhalts" der vorgebrachten Angriffs - und Verteidigungsmittel begnügt (MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 7; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 7, § 559 Rdn. 17; ders., in Festschrift für Geiß, 2000, S. 3, 20; Fischer, DRiZ 1994, 461, 462 f; Crückeberg, MDR 2003, 199, 200; Gaier, NJW 2004, 110, 111; Rixecker, NJW 2004, 705, 708; a.A. Rimmelspacher, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 11, 13). Dies hängt eng zusammen mit der Aufgabe der ursprünglichen Konzeption des Zivilprozesses als eines rein mündlichen Verfahrens, nach der mündlicher Vortrag weder durch ein Verlesen noch durch eine Bezugnahme auf Schriftsätze ersetzt werden konnte (§ 128 Abs. 3 Satz 1 CPO 1877/§ 137 Abs. 3 Satz 1 CPO 1900). Wurde hiernach ausschließlich das mündlich Vorgetragene zum Prozeßstoff, so konnte dieser nicht durch den Inhalt der Schriftsätze , sondern allein durch den - tunlichst vollständigen - Urteilstatbestand nachgewiesen werden. Insbesondere seit der gänzlichen Aufgabe des Bezugnahmeverbots durch die Neufassung des § 137 Abs. 3 Satz 1 ZPO (RGBl. I 1924, 135) stehen indessen die vorbereitenden Schriftsätze ebenfalls zum Nachweis des Parteivorbringens zur Verfügung. Da mit der Antragstellung und der mündlichen Verhandlung im Zweifel eine Bezugnahme der Parteien auf den Inhalt der zur Vorbereitung vorgelegten Schriftstücke verbunden ist (BGH,
Urt. v. 28. November 2001, IV ZR 309/00, NJW-RR 2002, 381 m.w.N.), ergibt sich der Prozeßstoff auch aus dem Inhalt der Gerichtsakten. Der Bundesgerichtshof hat bereits vor dem Hintergrund dieser Überlegung - wenn auch ohne ausdrückliche Aufgabe der Rechtsprechung zur negativen Beweiskraft - auf entsprechende Revisionsrüge Vorbringen berücksichtigt, das im Tatbestand nicht erwähnt war (BGH, Urt. v. 16. Juni 1992, XI ZR 166/91, NJW 1992, 2148, 2149; Urt. v. 7. Dezember 1995, III ZR 141/93, NJW-RR 1996, 379; vgl. auch Urt. v. 28. November 2001, IV ZR 309/00, aaO). Allein mit dem Hinweis auf die negative Beweiskraft des Urteilstatbestandes kann mithin Parteivorbringen, das sich aus den vorbereitenden Schriftsätzen ergibt, in den Rechtsmittelverfahren nicht unberücksichtigt bleiben. Hingegen bleibt die negative Beweiskraft für solche Angriffs- und Verteidigungsmittel von Bedeutung, die in der mündlichen Verhandlung ohne vorherige Ankündigung in einem vorbereitenden Schriftsatz vorgebracht werden (Ball, in Festschrift für Geiß, 2000, S. 3, 20). Allerdings hat die Rechtsprechung bisher dem Urteilstatbestand auf Grund des § 314 ZPO auch negative Beweiskraft hinsichtlich des mündlichen Parteivorbringens beigelegt. Danach soll der Tatbestand nicht nur Beweis dafür erbringen, daß das, was in ihm als Parteivortrag wiedergegeben wird, tatsächlich vorgetragen worden ist, sondern auch beweisen, daß von den Parteien nichts behauptet worden ist, was nicht aus dem Tatbestand ersichtlich ist (Senat, Urt. v. 25. Mai 1984, V ZR 199/82, NJW 1984, 2463, insoweit in BGHZ 91, 282 nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 27. Mai 1981, IVa ZR 55/80, NJW 1981, 1848; Urt. v. 3. November 1982, IVa ZR 39/81, NJW 1983, 885, 886 m.w.N.; Urt. v. 16. Mai 1990, IV ZR 64/89, NJW-RR 1990, 1269). Dieser bereits vom Reichsgericht (RGZ 4, 418, 420; RG, JW 1887, 38; 1896, 72; 1897, 52, 53) vertretenen Auffassung ist das Bundesverwaltungsgericht beigetreten (BVerwG, Beschl. v. 13. April 1989, 1 B 21/89 m.w.N.). Gleichwohl bedarf es
hier weder einer Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen (§ 132 GVG) noch an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 2 RsprEinhG). Beide Vorlagen setzen voraus, daß die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage für die Entscheidung des konkreten Falles nach Auffassung des vorlegenden Senats erforderlich wird, das vorlegende Gericht also bei Befolgung der abweichenden Ansicht zu einem anderen Ergebnis gelangen würde (BGH, Beschl. v. 15. Februar 2000, XI ZR 10/98, NJW 2000, 1185 zu § 132 GVG; GmS-OGB, BGHZ 88, 353, 357 zu § 2 RsprEinhG). An diesem Erfordernis fehlt es; denn das angefochtene Urteil ist bereits deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit des zugrunde gelegten Sachverhalts aus den bereits erörterten Fehlern der Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil ergeben.

III.


Nach alledem war die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird zunächst die gebotenen Feststellungen zum Inhalt der geführten Vertragsverhandlungen nachholen müssen. Sollte danach von dem Vorliegen der Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs auszugehen sein, wären weitergehende Feststellungen zur Schadenshöhe erforderlich. Da die Klägerin an dem geschlossenen Vertrag festhalten will, wäre als ersatzfähiger Schaden der Betrag anzusetzen, um den die Klägerin die Dachgeschoßwohnung im Vertrauen auf
die Richtigkeit der Angaben der Zeugin Dr. L. zu teuer erworben hat (vgl. Senat, Urt. v. 6. April 2001, V ZR 394/99, NJW 2001, 2875, 2877 m.w.N.).
Wenzel Krüger Klein Gaier RiBGH Dr. Stresemann ist infolge Urlaubsabwesenheit gehindert, zu unterschreiben. Wenzel

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.02.2011, Az.: 3 Ca 658/10, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten vorliegend im Berufungsverfahren über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch eine fristlose Kündigung vom 03.05.2010 (Bl. 57 d.A.) oder eine zuvor am 15.03.2010 ausgesprochene hilfsweise ordentliche Kündigung (Bl. 14 d.A.).

2

Der 44-jährige, verheiratete, zwei Kindern unterhaltspflichtige Kläger ist seit dem 01.05.2005 auf Basis des Anstellungsvertrages vom 16.11.2004 (Bl. 7-13 d.A.) als Leiter der Patentabteilung der Beklagten in deren Hauptsitz in Ns. mit einem Bruttojahreseinkommen von 124.700,00 EUR zuzüglich Tantieme beschäftigt. Der Kläger ist studierter Physiker.

3

Dem Kläger ist zur Ausübung seiner Tätigkeit Handlungsvollmacht erteilt. Er berichtet direkt an den Vorstand Technik und Entwicklung. Ihm sind in seiner Abteilung zwei Arbeitnehmer unterstellt. Einstellungs- und Entlassungsbefugnis hat der Kläger nicht. An den letzten Betriebsratswahlen hat der Kläger nicht teilgenommen.

4

Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 16.11.2004 enthält in § 12 die Vereinbarung einer beiderseitigen Kündigungsfrist nach Ablauf der Probezeit von sechs Monaten zum Quartalsende.

5

Die Beklagte, die zu den führenden europäischen Anbietern von Haushalts- und Badezimmerprodukten mit den Marken Lh., O. Backgeräte, S. und K.W. zählt, beschäftigt an ihrem Standort Ns. mehr als 10 Arbeitnehmer ohne Hinzurechnung der Auszubildenden.

6

Im Jahre 2008 beabsichtigte das mittlerweile verkaufte Tochterunternehmen der Beklagten K.W. eine Duschabtrennvorrichtung auf den Markt zu bringen. Daher fragte deren Geschäftsführer, Herr Kr., am 31.10.2008 bei dem Kläger telefonisch an, welche Schutzrechte bezüglich eines Duschrollos der Fa. e. bestünden.

7

Mit E-Mail vom 03.11.2008 (Bl. 494 d. A.) teilte der Kläger Herrn Kr. mit, es bestünden beispielsweise bezogen auf ein Eckgetriebe und einen Fallstab Patente zugunsten eines Herrn Os..

8

Nachfolgend wandte sich Frau A. H., Designerin der K.W., mit E-Mail vom 12.01.2009 (Bl. 493 d. A.) wie folgt an den Kläger:

9

"Guten Tag Herr Dr. C.,

vor einiger Zeit hatte Herr Kr. bei Ihnen angefragt, inwieweit das Duschrollo von e. unter Gebrauchsmusterschutz steht.

Wir haben nun einige konkrete Daten, wie das K.W. Duschrollo aussehen kann.

Anbei die Spezifikation bzw. die Gegenüberstellung zu dem Duschrollo, welches bereits von e. im Handel vertrieben wird.

        

Könnten Sie bitte überprüfen, ob wir ein Duschrollo gemäß geänderter Spezifikation in den Handel bringen können.

        

Mit freundlichen Grüßen

A. H."

10

Dieser E-Mail beigefügt war eine Zeichnung des Eckduschrollos, bei dem die beiden Rollen der Duschrollos über Eck mit einem Getriebe verbunden waren.

11

Mit E-Mail vom 29.01.2009 (Bl. 493 d. A.) erwiderte der Kläger (auszugsweise) wie folgt:

12

"Hallo Frau H.,

der einzige Unterschied - außer dem Weglassen der Deckel 8 und 11 - besteht offenbar darin im Eckgetriebe andere Einsatzstücke zu verwenden, nämlich Kegelräder statt Kronräder. Aus meiner Sicht fällt der Vorschlag des Lieferanten trotzdem glatt in den Schutzbereich des erteilten Patentes DE 198 14 391 C 1 von Herrn Os.; denn auf die Art der Zahnräder kommt es bei dem Patent gar nicht an.

        

Um es ganz deutlich zu sagen: Hier besteht die Gefahr geradewegs in eine Patentverletzung zu laufen….

        

Ich spinne mal ein wenige herum: Wäre es denkbar, statt der Zahnräder eine biegsame Welle (z.B. einen Schlauch) einzubauen, der die Kräfte von der einen auf die andere Rollseite überträgt? Damit wäre man erst mal um das Patent von Herrn Os. herum, was nicht heisst, dass es nicht noch andere entgegenstehende Schutzrechte gibt."

13

Am 23.02.2009 bedankte sich Frau H. per E-Mail (Bl. 421 und 422 d. A.) unter dem Betreff "Spezifikation Duschrollo mit Antrieb biegsame Welle", beim Kläger für die Unterstützung bei der Entwicklung. Der E-Mail im Anhang beigefügt war eine Abbildung einer flexiblen Welle, welche das Erstellungsdatum 06.02.2009 trägt.

14

Diese E-Mail leitete der Kläger am gleichen Tage (Bl. 421 d. A.) an den Entwicklungsleiter der Beklagten, Herrn F., weiter, der sie unverzüglich an den Mitarbeiter G. übersandte. Herr G. verfasste unter dem Datum vom 25.02.2009 ein sogenanntes Skizzenheft (Bl. 423, 424 d. A.), das mehrere Varianten der Kraftübertragung von einer auf die andere Rolle vorsah (Bl. 424 d. A.). Unter Variante 1 war eine Bewegungsübertragung mittels Bautenzug erwähnt.

15

Mit Datum vom 17.04.2009 erstellte der Kläger eine schriftliche Erfinderanmeldung nebst Beschreibung entsprechend der Konzernrichtlinie der Beklagten, welche die Pflicht zur unverzüglichen Anmeldung von Erfindungen durch Arbeitnehmer vorsieht. Diese Anmeldung wurde am 21.04.2009 durch Frau B., eine frühere Mitarbeiterin des Klägers, an den damaligen Vorstandsvorsitzender der Beklagten, Herrn Sch., übersandt, der jedoch das Inanspruchnahmeformular ununterschrieben zurückleiten ließ. Weitere Erfinderanmeldungen die Entwicklung eines Eckduschrollos (Duschtrennvorrichtung) betreffend sind im Unternehmen der Beklagten nicht erfolgt.

16

Mit E-Mail vom 11.05.2009 übersandte Herr G. dem Kläger (Bl. 151 d. A.) einige Bilder und Zeichnungen zum Thema Übereckrollo.

17

Am 16.05.2009 meldete der Kläger die Erfindung einer Duschabtrennvorrichtung mittels flexibler Welle zum Patent beim Deutschen Patent- und Markenamt an. Er gab hierbei an, Alleinerfinder zu sein. Mit Datum vom 09.11.2009 erfolgte der Erteilungsbeschluss der Prüfstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes unter dem Aktenzeichen DE 102009021630.8 (Bl. 145 d. A.).

18

Am 30.04.2010 (Bl. 169 bis 182 d. A.) hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat schriftlich zur Kündigung des Klägers wegen der Anmeldung der Duschabtrennvorrichtung zum Patent als Alleinerfinder an. Nachfolgend kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 03.05.2010 (Bl. 57 d. A.), dem Kläger am 05.05.2010 zugegangen, das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos, hilfsweise ordentlich. Hiergegen hat der Kläger mit bei Gericht am 10.05.2010 eingegangenem Schriftsatz Kündigungsschutzklage erhoben.

19

Am 25.03.2010 hat der Kläger gegenüber der Beklagten Ansprüche aus Arbeitnehmererfindung geltend gemacht und die Umschreibung des Patentes bezüglich der Duschabtrennvorrichtung auf seine Person gefordert.

20

Im März 2010 fand zwischen dem Kläger und dem Finanzvorstand der Beklagten, Herrn Dr. Z., nachfolgender E-Mail-Schriftverkehr statt:

21

"Von : Z., Dr. C.-O. [[email protected]]

Gesendet: Mittwoch, 3.März 2010 16:54

An: C., Dr.

Cc: Th., Gg.

Betreff: WG: aktueller Rechtsstreit Fr. / n.

        

Hallo Herr C.,

... hier nun Teil 2: “aktueller Rechtsstreit Fr. / n.“

1. wie Sie unschwer dem Betreff entnehmen können handelt es sich bei meiner Mail „nur“ um die aktuelle Sache; die “Altlast“ mit dem Lizenzvertrag USA habe ich damit natürlich NICHT an mich gezogen und ist folgerichtig unverändert bei Ihnen angesiedelt.

(Ich komme doch nicht im Entferntesten auf die Idee Ihre offenen Themen aus 2008 (!) an mich zu ziehen und selbst lösen zu wollen; dazu fehlt mir jegliches Detailverständnis der Vorgänge, der juristische Hintergrund sowie, viel wichtiger, die grundsätzliche Motivation).

        

2. da Prof. Hs. ebenfalls beim Übertrag Ihrer Akten vom „Lizenzvertrag USA“ von Ihnen offenbar keine Kenntnis von diesem Vorgang erlangt hat, liegt hier ein weiterer Grund vor, weshalb dieser Vorgang unverändert bei Ihnen verblieben ist.

        

Anyway, jetzt hat V. das Thema nachträglich in den Vertragsentwurf eingebracht und wir müssen sehen, was noch zu machen ist.

        

Schöne Grüsse

C. Z. 

22

Von : Z., Dr. C.-O.

Gesendet: Mittwoch, 3.März 2010 17:35

An: C., Dr.

Cc: Th., Gg.

Betreff: AW: K0096; Stielverbinder

        

Hallo Dr. C.,

        

Ich habe da nichts verwechselt; Sie müssen sich auf folgenden Gedankengang einlassen:

        

1. Sie sind als unser Patentanwalt für alle Themen Patente betreffend zuständig.

2. Lediglich den aktuellen Fr. / n. habe ich angesichts der zunehmend negativ erschienene Erfolgsaussichten i.V.m. mit der Streitsumme mich gezogen (siehe meine 2. Mail von heute)

23

Von : C., Dr.

Gesendet: Mittwoch, 3.März 2010 18:00

An: Z., Dr. C.-O.

Betreff: AW: K0096; Stielverbinder

        

Sehr geehrter Herr Dr. Z.,

        

durch bereits im Ansatz falsche Mengenlehren wird weder das Leben einfacher, noch werden objektiv falsche Behauptungen richtig.

        

Tatsache ist u.a., dass ich mich – aus äußerst guten Gründen – ganz explizit und schriftlich gegen die Beauftragung von Prof. Hs. ausgesprochen hatte. Das – und weiteres – passt nicht zu der Tatsache, dass Herr Prof. Hs. offenbart beauftragt ist, Lh. gegenüber Metaform zu vertreten, obwohl ich – der nach Ihren Ausführungen angeblich für „alle Themen Patente betreffend zuständig“ bin – ihn nicht beauftragt habe!

        

Mit freundlichen Grüßen

C.    

24

Von : Z., Dr. C.-O. [[email protected]]

Gesendet: Mittwoch, 3.März 2010 18:08

An: C., Dr.

Cc: Th., Gg.

Betreff: AW: K0096; Stielverbinder

        

Hallo Herr Dr. C.,

        

Da kann ich Sie beruhigen; ich habe Prof. Hs. tatsächlich nicht mit der Übernahme des Falles Metaform beauftragt; wohl aber mit der Beschaffung eines Zweitgutachtens zur patentrechtlichen Situation.

        

Dieser Ball bleibt nach wie vor in Ihrem Spielfeld.

        

Noch einen schönen Abend

C. Z. 

25

Von : C., Dr.

Gesendet: Donnerstag, 4.März 2010 17:02

An: Z., Dr. C.-O.

Betreff: WG: aktueller Rechtsstreit Fr. / n.

        

Sehr geehrter Herr Dr. Z.,

        

anlässlich der gestrigen Diskussion habe ich die Korrespondenz durchgesehen, die hinsichtlich der Forderung von Fr. (!) – also hinsichtlich genau der Angelegenheit, die Sie nach eigenem Bekunden an sich gezogen haben – geführt wurde. Aus dieser Korrespondenz gehen unmittelbar und eindeutig die Vorgänge hervor, die Sie nach Ihren gestrigen Angaben bei Ihren Verhandlungen „nicht mehr auf dem Schirm“ hatten. Dem Vorstand liegen Kopien vor. Meine Schreiben wurden in Abstimmung mit dem Vorstand verschickt. Ich weise insbesondere auf meine Schreiben vom 18.08.2008 und 13.10.2008 sowie auf die Schreiben der Gegenseite vom 15.09.2008 und 22.10.2008 hin. Ich selbst habe Sie in der Sitzung am 07.12.2008 über diese Vorgänge ausführlich informiert; am 08.12.2009 per E-Mail.

        

Außerdem hat der Rechtsanwalt, von dem Sie sich seit November in dieser Sache ausführlich beraten lassen, nachweislich am 02.12.2009 Kopien dieser Schreiben erhalten. Insoweit ist Ihre Behauptung, Herr Hs. habe „beim Übertrag (meiner) Akten“ keine Kenntnis erlangt, schlicht unwahr!

        

Ganz offensichtlich haben Sie vor der Aufnahme der Lizenzverhandlungen weder die wenigen bis dahin ausgetauschten Schreiben gelesen, noch hat Ihnen Ihr externer Berater einen Hinweis auf die „von Ihrem Schirm verschwundenen“ Vorgänge gegeben.

        

Damit ist wohl – auch ohne Mengenlehrenbetrachtungen und Lebensvereinfachungsversuche – zumindest dieser Detailausschnitt der ganzen Angelegenheit eindeutig und abschließend geklärt.

        

Bemerkenswert finde ich Ihr Eingeständnis, dass Ihnen in Bezug auf meine Themen „...jegliches Detailverständnis der Vorgänge und der juristische Hintergrund...“ fehlt. Der oben genannte Vorgang ist – neben anderen – ein sehr illustrativer Beleg für die Richtigkeit dieser Einsicht."

26

Die Beklagte nahm die Äußerungen des Klägers in der E-Mail vom 04.03.2010 zum Anlass unter dem Datum vom 12.03.2010 (Bl. 139 d. A.) den bei ihr gebildeten Betriebsrat zu einer außerordentlichen, hilfsweise fristgerechten Kündigung anzuhören. Nachdem der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung widersprochen hatte, kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 15.03.2010, dem Kläger am 16.03.2010 zugegangen, das Arbeitsverhältnis der Parteien fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30.09.2010. Gegen diese fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung ging der Kläger mit Kündigungsschutzklage vom 18.03.2010, beim Arbeitsgericht Koblenz am gleichen Tag per Fax eingegangen, vor.

27

Mit Teil-Urteil vom 19.08.2010 (Bl. 354 bis 372 d. A.) hat das Arbeitsgericht im hiesigen Verfahren die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 15.03.2010 festgestellt. Dieses Teil-Urteil ist rechtskräftig.

28

Das Arbeitsgericht hat am 04.11.2010 (Bl. 445 bis 458 d. A.) Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin R. und H.. Auf die Vernehmung des Zeugen G. wurde allseits verzichtet.

29

Der Kläger hat erstinstanzlich verkürzt dargestellt vorgetragen,
er habe die Duschabtrennvorrichtung zu Recht als Alleinerfinder zum Patent angemeldet. Die Beklagte habe einen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten durch die Patentanmeldung als Alleinerfinder nicht bewiesen. Die Aussage des Zeugen R. sei insgesamt unergiebig. Die Zeugin H. sei nicht glaubhaft. Gegen ihre Behauptung, schon im Jahre 2008 sei dem Kläger die Erfindung mitgeteilt worden, sprächen insbesondere die E-Mails vom 12.01.2009 und 29.01.2009.

30

Die Anhörung des Betriebsrates zur Kündigung vom 03.05.2010 sei fehlerhaft. Dem Betriebsrat hätte der gesamte E-Mail-Verkehr den Vorgang betreffend vorgelegt werden müssen, insbesondere die E-Mail des Klägers vom 29.01.2009. Darüber hinaus hätte der Betriebsrat darüber informiert werden müssen, dass Herr G. im Auftrag des Klägers und auf Vermittlung von Herrn F. die Machbarkeit einer Idee des Klägers geprüft habe. Die Anhörung des Betriebsrates sei auch erforderlich, da er kein leitender Angestellter sei. Alle Patentangelegenheiten habe er mit dem Vorstand abstimmen müssen. Im Hinblick auf das Personal habe er weder Einstellungs-, noch Entlassungs-, noch Versetzungsbefugnis gehabt.

31

Die Kündigung vom 15.03.2010 sei als ordentliche Kündigung ebenfalls unberechtigt, da der Kläger Herrn Dr. Z. nicht beleidigt habe. Eine Pflichtverletzung läge daher nicht vor. Zumindest hätte es einer vorherigen Abmahnung bedurft. Auch die Anhörung des Betriebsrates zur Kündigung vom 15.03.2010 sei fehlerhaft. Insbesondere da diesem bezüglich der behaupteten Ermahnungen vom 06.11.2009 und 07.05.2009 der tatsächliche Inhalt der zum Anlass genommenen Gespräche nicht mitgeteilt worden sei.

32

Der Kläger beantragte erstinstanzlich,

33

es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 15.03.2010, zugegangen am 16.03.2010, nicht zum 30.09.2010 beendet worden ist,

34

es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 24.03.2010, zugegangen am 24.03.2001, nicht zum 30.09.2010 beendet worden ist,

35

es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung vom 03.05.2010, zugegangen am 05.05.2010, nicht beendet worden ist,

36

es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 03.05.2010, zugegangen am 05.05.2010, nicht zum 31.12.2010 beendet worden ist.

37

Die Beklagte beantragte,

38

Klageabweisung.

39

Die Beklagte hat vorgetragen,
allenfalls sei der Kläger Miterfinder der Duschabtrennvorrichtung, deren Entwicklung Ende 2008/Anfang 2009 durch den Betriebsleiter Märkte der K.W., Herrn R. unter Mithilfe der Designerin der K.W., A. H., und Herrn G. erfolgt sei. Der Kläger habe nur die Anmeldung zum Patent koordiniert. Erfinderische Leistungen habe er keine erbracht.

40

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes des Urteils des Arbeitsgerichtes vom 04.11.2010 sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts vom 17.02.2011 (Bl. 581 bis 597 d. A.) Bezug genommen.

41

Mit Teil-Urteil vom 17.02.2011 hat das Arbeitsgericht Koblenz festgestellt, die fristlose Kündigung vom 03.05.2010 habe das Arbeitsverhältnis nicht unverzüglich mit Zugang beendet, auch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 15.03.2010 sei nicht geeignet gewesen, das Arbeitsverhältnis zu beenden.

42

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die außerordentliche Kündigung vom 03.05.2010 sei unwirksam, habe das Arbeitsverhältnis nicht beendet, da es der Beklagten nicht gelungen sei, nachzuweisen, dem Kläger sei bei der Patentanmeldung ein pflichtwidriges Verhalten zur Last zu legen. Es sei nicht bewiesen, der Kläger habe wider besseres Wissen seine Alleinerfindereigenschaft bei der Patentanmeldung angegeben. Erfinder im Sinne des Patentgesetzes sei derjenige, dessen schöpferischer Tätigkeit die Erfindung entspringe. Nicht notwendig sei, zur berechtigten Anmeldung die Erfindung erstmalig gemacht zu haben. Es liege in der Natur der Sache, dass mehrere vergleichbare Ideen ohne Kenntnis des anderen parallel entwickeln könnten. Erfinder im Sinne des Patentgesetzes sei nach § 6 Satz 3 PatG in diesem Falle jedoch nur der, der die Erfindung zuerst anmelde. Nach Vortrag der Beklagten komme nur Herr R. als Erfinder in Betracht. Der Nachweis, der Kläger habe sich bei Patentanmeldung wissentlich eine Idee eines Anderen (R.) zu eigen gemacht bzw. ihm sei offensichtlich erkennbar gewesen, dass weitere Personen Miterfinder dieser Vorrichtung seien, d. h. einen wesentlichen schöpferischen Beitrag geleistet hätten, sei nicht geführt.

43

Der Zeuge R. so das Arbeitsgericht, habe ausgehend vom Stichtag 29.01.2010 (der E-Mail, in der der Kläger die biegsame Welle gegenüber Frau H. erwähnte) keine definitive Aussage über den Zeitpunkt der Mitteilung der Entwicklung einer Betätigung des Eckrollos durch bewegliche Welle an den Kläger vor dem 29.01.2009 treffen können. Vielmehr habe er den Zeitraum der Mitteilung an den Kläger zwischen November 2008 und Frühjahr 2009 eingeordnet.

44

Die Aussage von Frau H., die behauptet habe, dem Kläger seien schon im November oder Dezember 2008 in einer Vielzahl von Gesprächen alle Entwicklungsvarianten der K.W., so auch die einer beweglichen Welle, mitgeteilt worden, hat das Arbeitsgericht für nicht glaubhaft erachtet. Die Zeugin habe nicht näher einordnen können, in welchem Gespräch eine Erörterung der Lösungsmöglichkeit stattgefunden haben solle. Darüber hinaus habe sie sich nicht an die E-Mail des Klägers vom 29.01.2009 erinnern können. Außerdem spräche der Wortlaut der E-Mail des Klägers vom 29.01.2009 ebenfalls dagegen, es sei schon zuvor die Idee der beweglichen Welle seitens der Entwicklungsabteilung der K.W. an den Kläger herangetragen worden. Die Beweisaufnahme habe daher weder ergeben, der Kläger habe sich eine Idee des Herrn R. zu eigen gemacht, noch in Kenntnis der Miterfindereigenschaft Dritter die Patentanmeldung vorgenommen.

45

Auch die Kündigung vom 15.03.2010 könne als ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beenden. Zwar stelle die im E-Mail-Verkehr mit dem Vorstandsmitglied Dr. Z. gewählte Wortwahl des Klägers eine grundsätzlich zur ordentlichen Kündigung berechtigende Pflichtverletzung dar, die Kündigung verstoße jedoch letztendlich gegen das ultima ratio Prinzip. Es hätte der Beklagte oblegen, zuvor eine Abmahnung auszusprechen.

46

Das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.02.2011 ist der Beklagten am 11.03.2011 (Bl. 616 d. A.) zugestellt worden.

47

Mit bei Gericht am 07.04.2011 per Fax eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte Berufung eingelegt (Bl. 666 d. A.) und diese mit am 11.05.2011 per Fax eingegangenem Schriftsatz (Bl. 680 d. A.) begründet.

48

Die Beklagte trägt vor:

49

Unzutreffend sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, der Beklagten sei der Nachweis eines Pflichtverstoßes im Rahmen der Patentanmeldung durch den Kläger nicht gelungen.

50

Nach Anfrage des Herrn Kr. an den Kläger Ende Oktober 2008 und der E-Mail des Klägers mit Hinweis auf die Schutzrechte des Herrn Os. Anfang November 2008 seien die Techniker der K.W. (darunter Herr R. und Frau H.) durch Herrn Kr. mit der Suche nach Entwicklungslösungen, die nicht die Schutzrechte des Herrn Os. verletzen würden, beauftragt worden. Im November 2008 seien daher nach Recherche bei der K.W. unterschiedliche Möglichkeiten, wie Zahnrad, Kardanwelle aber auch flexible Welle (Dremel) erörtert worden. Ende November, Anfang Dezember 2008 habe Frau H. den Kontakt mit dem Kläger zur patentrechtlichen Abklärung der entwickelnden Lösung in mehreren Telefonaten hergestellt. Im Rahmen dieser Telefonate sei der Kläger über alle drei Lösungsmöglichkeiten, so auch ausdrücklich über den Einsatz einer biegsamen Welle unterrichtet worden.

51

Die Angaben der Zeugin H. seien auch nicht unglaubwürdig. Die Zeugin H. habe im Rahmen ihrer Zeugenaussage die Historie der biegsamen Welle lückenlos und widerspruchsfrei auch im Vergleich zur Aussage des Zeugen R. und den eingereichten Unterlagen dargestellt. Gravierende Erinnerungslücken habe es nicht gegeben. Frau H. habe auch ausreichende Angaben zum Inhalt der mit dem Kläger geführten Telefongespräche im Kalenderjahr 2008 gemacht. Daher sei deren zeitliche Einordnung und mithin auch die Tatsache der Vermittlung der Idee der biegsamen Welle an den Kläger im Jahr 2008 ohne weiteres glaubwürdig möglich. Da Herr R. die Erfindung schon im Jahre 2008 gemacht habe, sei objektiv nicht nachvollziehbar, wieso Herr R. und Frau H. den Kläger, den sie ja ausschließlich zur Abklärung der patentrechtlichen Fragen bereits im November 2008 kontaktiert hätten, nicht auch unmittelbar über alle drei Lösungsmöglichkeiten informieren sollten. Frau H., in Übereinstimmung mit Herrn R., habe mehrfach betont, dem Kläger seien telefonisch alle drei Entwicklungsalternativen vorgestellt worden, jeweils immer und ausschließlich, im Hinblick auf die Verletzung möglicher bestehender Schutzrechte. Dies sei nachvollziehbar auch der einzige Gesprächsinhalt der Telefongespräche mit dem Kläger gewesen. Es sei daher nicht erkennbar, welche sonstigen sogenannten Erinnerungspunkte das Arbeitsgericht fordere. Frau H. sei nach sonstigen Erinnerungspunkten vom Arbeitsgericht auch nicht befragt worden. Nicht zutreffend sei die Annahme, die Glaubwürdigkeit der Zeugin H. werde dadurch erschüttert, dass sie sich nicht habe an die E-Mail vom 29.01.2009 erinnern können. Frau H. habe im Rahmen ihrer Zeugenvernahme bekundet, die Lösungsalternative Zahnrad sei aufgrund bestehender Schutzrechte verworfen worden. Genau dies ergäbe sich jedoch aus der E-Mail des Klägers vom 29.01.2009. Frau H. habe sich sehr wohl an die E-Mail des Klägers erinnern können. Das Gericht habe es auch verabsäumt, der Zeugin die E-Mail vom 29.01.2009 vorzuhalten. Der Nachsatz des Klägers in der E-Mail vom 29.01.2009 sei für Frau H. irrelevant gewesen, weil dieser keine neue Idee beinhaltet habe, vielmehr seien alle Entwicklungsalternativen schon in den gemeinsamen Telefongesprächen im Jahre 2008 durchgesprochen worden.

52

Im Rahmen Betriebsratsanhörung habe die Beklagte mit schriftlicher Anhörung vom 30.04.2010 aus ihrer subjektiven Sicht den gesamten Kündigungssachverhalt hinsichtlich der Patentanmeldung, Verwendung der Erfindung biegsamer Welle, dargestellt. Diese schriftlichen Ausführungen seien auch noch einmal nachfolgend mündlich erläutert worden.

53

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts müsse dem Kläger auch wegen seiner E-Mail vom 04.03.2010 keine Abmahnung ausgesprochen werden. Der ultima ratio Grundsatz sei mit der Kündigung vom 15.03.2010 nicht verletzt.

54

Auch das Arbeitsgericht sei von unangemessener Wortwahl und grundsätzlicher Eignung zur Kündigung ausgegangen. Es habe jedoch unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger nicht rein einzelfallbezogen Herrn Dr. Z. Inkompetenz vorgeworfen, sondern ein generelles und pauschal vernichtetes Urteil über die Kompetenz des Dr. Z. gefällt habe. Dies habe er überlegt getan und damit eine schwerwiegende Ehrverletzung verwirklicht. Der Kläger habe nicht damit rechnen können, ein derartig schwerer Verstoß gegen seine Verhaltenspflichten werde geduldet. Umstände, die annehmen ließen, der Kläger habe annehmen dürfen, sein Verhalten werde von Arbeitgeber als nicht bestandsgefährdend aufgefasst, lägen nicht vor. Da die Beklagte dem Kläger mit den zuvor ausgesprochenen Ermahnungen sein Fehlverhalten auch mehrfach vor Augen geführt habe, sei eine Abmahnung nicht mehr erforderlich.

55

Auch zu dieser Kündigung sei der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden. Insbesondere sei im der gesamte relevante E-Mailverkehr übergeben und die Gründe und die Umstände der Ermahnungen mitgeteilt worden.

56

Letztlich komme es auf die Frage der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung nicht an, der Kläger sei leitender Angestellter.

57

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

58

das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17. Februar 2011 (Aktenzeichen 3 Ca 658/10) wird aufgehoben und die Klage abge-wiesen.

59

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

60

die Berufung zurückzuweisen.

61

Der Kläger trägt vor:

62

Falsch sei die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe bei Anmeldung des Patents einen Vertragsverstoß begangen. Der Kläger habe die Idee der biegsamen Welle erstmals am 29.01.2009 in seiner E-Mail an Frau H. mitgeteilt. Die von der Beklagten aufgestellte Behauptung Herr R. und Frau H. hätten dem Kläger im November 2008 bzw. Dezember 2008 die alternative Lösung einer biegsamen Welle vorgetragen, sei falsch. Telefonate dieses Inhaltes habe es nicht gegeben. Dies belege letztendlich auch die E-Mail von Frau H. vom 12.01.2009, auf die der Kläger am 29.01.2009 geantwortet habe. In der E-Mail vom 12.01.2009 nehme Frau H. Bezug auf eine Anfrage von Herrn Kr. vom 31.10.2008. Telefongespräche im Monat November und Dezember 2008 würden in dieser E-Mail nicht erwähnt. Außerdem sei Gegenstand der E-Mail vom 12.01.2009 von Frau H. die Frage der Umgehung der Schutzrechte des Herrn Os. durch eine Zahnradlösung. Gegen die Behauptung der Beklagten spräche auch das Skizzenheft der Beklagten vom 25.02.2009, das eine Vielzahl von Alternativen aufführe. Daher sei die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichtes zutreffend. Der Vorwurf der Beklagten, das Arbeitsgericht habe der Zeugin H. die E-Mail vom 29.01.2009 nicht vorgelegt, sei nicht nachvollziehbar. Einerseits habe die Beklagte die E-Mail vom 29.01.2009 erst nach dem Termin der Beweisaufnahme zur Akte gereicht, darüber hinaus habe die Zeugin die Existenz einer derartigen E-Mail schon im Beweistermin bestritten.

63

Die Glaubwürdigkeit der Zeugin H. sei auch in Zweifel zu ziehen, da sie sich weder an konkrete Daten etwaiger behaupteter Telefonate erinnern könne noch an das Antwortschreiben des Klägers vom 29.01.2009 auf Ihre E-Mail vom 12.01.2009.

64

Die Aussage des Zeugen R. sei erkennbar wenig ergiebig. Dieser habe den Zeitpunkt der behaupteten Kenntnisvermittlung in die Zeit zwischen November 2008 und Frühjahr 2009 gelegt.

65

Letztlich sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger die von ihm behauptete Erfindung der Duschtrennvorrichtung mit beweglicher Welle schon am 31.10.2008 gemacht habe. An diesem Tag habe er im Rahmen eines privaten Treffens mit den Herren Dr. Fz. und Gz. im Einschlag eines Buches mit dem Namen "Big Business und Big Bang", das er Herrn Dr. Fz. überlassen habe, am Beispiel dieser Entwicklung die Grundzüge des gewerblichen Schutzrechtes erläutert.

66

Da der Kläger kein leitender Angestellter sei, folge die Unwirksamkeit beider Kündigungen aufgrund unzureichender Anhörung des Betriebsrates. Die Beklagte habe den Betriebsrat nicht ausreichend informiert. Der Anhörung zur Kündigung vom 03.05.2010 sei nicht der gesamte E-Mail-Verkehr den Vorgang betreffend, insbesondere nicht die E-Mail des Klägers vom 29.01.2009 beigefügt gewesen. Auch die Anhörung zur Kündigung vom 15.03.2010 habe nicht den gesamten E-Mail-Verkehr enthalten, insbesondere sei der tatsächliche Inhalt der Gespräche die Anlass der Ermahnungen vom 06.11.2009 und 07.05.2009 waren nicht mitgeteilt worden.

67

Die Beklagte erwidert,

68

der neue Tatsachenvortrag des Klägers zur Erfindung der Duschtrennvorrichtung mit biegsamer Welle nach nunmehr insgesamt 1 ½ jähriger Verfahrensdauer eröffne Widersprüche, die diesen unglaubwürdig machten. So sei nicht nachvollziehbar, wieso der Kläger, bei Vorlage der Idee zur biegsamen Welle in ausgereifter Form am 31.10.2008, diese nicht am 03.11.2008 (drei Tage später) Herrn Kr. mitgeteilt habe. In der E-Mail vom 03.11.2008 gehe der Kläger konkret auf bestehende Schutzrechte von Herrn Os. ein und behaupte, weitere Schutzrechte bezüglich besonderer Details (z.B. Eckgetriebe) noch nicht im Einzelnen geprüft zu haben. Wieso der Kläger erst Ende Januar 2009 Frau H. auf diese Idee hingewiesen habe, sei dann ebenfalls nicht nachvollziehbar. Da der Kläger stets darauf hingewiesen habe, Arbeitnehmererfindungen seien unverzüglich zu melden gelte gleiches für den Abgabetermin der Arbeitnehmererfindung am 17.04.2009.

69

Die Beklagte rege an neben dem vom Kläger benannten Dr. Fz. auch den weiteren vom Kläger benannten Gast des Abends Herrn Gz. zu vernehmen.

70

Der Kläger erwidert abschließend wie folgt:

71

Die Tatsache der Erfindung am 31.10.2008 stehe nicht im Widerspruch zur E-Mail vom 03.11.2008, denn der Kläger habe am Beispiel der biegsamen Welle nur die mögliche Umgehung eines Patentes erläutert. Ob eine biegsame Welle patentgeschützt sei, habe der Kläger vorab nicht geprüft. Auf Anfrage des Herrn Kr. habe der Kläger daher nur auf die Patente des Herrn Os. hingewiesen. Als später die K.W. das Projekt weiterverfolgte, habe er dann im Januar auf die Möglichkeit einer biegsamen Welle hingewiesen, nachdem die alternativen Vorschläge der K.W. nach Prüfung weiterhin mit Patenten kollidiert seien.

72

Für den weiteren Sachvortrag der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.09.2011 verwiesen.

Entscheidungsgründe

73

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 513, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden.

74

Die Beklagte hat nach Zustellung des Teil-Urteiles des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.02.2011 am 11.03.2011 innerhalb der Monatsfrist des § 64 Abs. 2 ArbGG Berufung eingelegt und diese auch innerhalb eines weiteren Monats mit Gerichtseingang 11.05.2011 begründet.

I.

75

Die zulässige Berufung ist jedoch nicht begründet. Sie hat in der Sache keinen Erfolg.

76

Das Arbeitsgericht hat in seinem Teil-Urteil vom 17.02.2011 der Klage, soweit sie Gegenstand des Teil-Urteiles war, zu Recht stattgegeben. Die Angriffe der Beklagten gegen das arbeitsgerichtliche Urteil bleiben erfolglos. Weder die außerordentliche Kündigung vom 03.05.2010 noch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 15.03.2010 haben das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst. Dies hat das Arbeitsgericht im Ergebnis und in der Begründung zutreffend festgestellt. Die Berufungskammer folgt den ausführlich und sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt diese hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest.

77

Im Einzelnen:

78

1. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 03.05.2010 war nicht geeignet das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 626 BGB zu beenden.

79

a) Der Kläger hat die Kündigung vom 03.05.2010 mit bei Gericht am 10.05.2010 eingegangener Kündigungsschutzklage fristgerecht innerhalb der Dreiwochenfrist des §§ 4, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG angegriffen, die Kündigung war daher an den Voraussetzungen des § 626 BGB und auch des § 102 BetrVG zu messen.

80

aa) Es kann jedoch offen bleiben, ob die Beklagte ihren Betriebsrat anhören musste, weil der Kläger kein leitender Angestellter i.S.v. § 5 BetrVG ist. Genauso unentschieden bleiben kann, ob die vorsorglich durchgeführte Betriebsratsanhörung gemäß § 102 Abs.1 S.3 BetrVG unwirksam ist, da die Beklagte bewusst den Kläger entlastende Umstände ( z.B. E-Mail vom 29.01.2009) dem Betriebsrat nicht mitgeteilt hat. Der Kündigung liegt schon keine Pflichtverletzung i.S.v. § 626 Abs.1 BGB zugrunde.

81

bb) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden, wenn dem Kündigungsberechtigten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist (vorliegend nach § 12 des Arbeitsvertrages zum 31.12.2010) unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann. Darüber hinaus hat der in diesem Sinne Kündigungsberechtigte die Kündigungsausspruchsfrist des § 626 Abs. 2 BGB einzuhalten.

82

Die Prüfung, ob ein bestimmter Lebenssachverhalt einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellt, erfolgt im Rahmen einer abgestuften Prüfung im Wege zweier systematisch selbständiger Abschnitte (vgl. BAG 26.03.2009 - 2 AZR 953/07 - AP BGB § 626 Nr. 220). Auf erster Stufe ist zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt unter Außerachtlassung der besonderen Umstände des Einzelfalles an sich geeignet sein kann, einen wichtigen Grund abzugeben. Dabei bedarf es dem Grunde nach zur Verwirklichung eines wichtigen Grundes keines schuldhaften Verhaltens. Im Rahmen der Prüfung verhaltensbedingter Gründe wird hier jedoch wegen der notwendigen Interessenabwägung in der Regel nur bei schuldhaftem vorwerfbaren Verhalten ein wichtiger Grund anzunehmen sein (BAG 14.02.1996 - 2 AZR 274/95 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 26; 20.11.1997 - 2 AZR 643/96 - AP KSchG 1969, § 1 Nr. 43). Geht der Arbeitnehmer trotz eines objektiven Vertragsverstoßes von der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens aus, ist Verschulden zu verneinen, wenn ein unvermeidbarer Verbotsirrtum vorlag. Bei vermeidbaren Verbotsirrtum ist grundsätzlich Verschulden anzunehmen und der Grad der Fahrlässigkeit im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen.

83

Spricht der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung aus, trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast für die Kündigungsgründe (vgl. BAG 06.08.1987 - 2 AZR 226/87 - AP BGB § 626 Nr. 97). Vom Kündigungsempfänger geltend gemachte Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe sind vom Kündigenden zu widerlegen (BAG 17.06.2003 - 2 AZR 123/02 - AP ZPO 1977 zu § 543 Nr. 13; 06.09.2007 - 2 AZR 264/06 - NZA 2008, 636; 12.05.2010 - 2 AZR 587/08 - AP Nr 67 zu § 15 KSchG 1969). In diesem Falle hat der Kündigungsempfänger im Rahmen abgestufter Darlegungslast die tatsächlichen Grundlagen der Rechtfertigung oder Entschuldigung substantiiert darzulegen, der Kündigende hierauf entsprechend substantiiert zu erwidern und nötigenfalls Beweis anzubieten (BAG 06.08.1987 - 2 AZR 226/87 - AP BGB § 626 BGB Nr. 97; LAG Rheinland-Pfalz 01.10.2008 - 7 Sa 263/08, zitiert nach juris).

84

Ist auf dieser ersten Stufe festgestellt, dass an sich ein zur Kündigung geeigneter tatsächlicher Grund vorliegt, ist auf zweiter Stufe im Rahmen einer abschließenden Interessenabwägung unter Abwägung des Bestandsinteresses des Kündigungsempfängers und des Beendigungsinteresses des Kündigungserklärenden festzustellen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Kündigungserklärenden zumindest bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar ist, wobei die Umstände der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses der Kündigungserklärende zu beweisen hat (BAG 24.11.1983 - 2 AZR 327/82 - AP BGB § 626 Nr. 76; 26.03.2009 - 2 AZR 953/07 - AP Nr 220 zu § 626 BGB jeweils m. w. N.).

85

Ausgehend von diesen Grundsätzen, die auch das Arbeitsgericht zugrunde gelegt hat, hat das Arbeitsgericht zutreffend angenommen, dem Kläger könne nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kein an sich zur Kündigung geeigneter Fehlverhaltenstatbestand zur Last gelegt werden. Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, ist es der Beklagten im Rahmen der Beweisaufnahme nicht gelungen nachzuweisen, der Kläger habe sich pflichtwidrig als Alleinerfinder geriert. Wie das Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf § 6 Abs. 3 PatG zutreffend dargestellt hat, kommt es für die Frage der Vertragswidrigkeit der Patentanmeldung durch den Kläger letztendlich darauf an, ob die Beklagte nachweisen konnte, der Kläger habe keinen schöpferischen Beitrag zur Erfindung geleistet, sich vielmehr ausschließlich Wissen Dritten zu eigen gemacht, ohne dass eine Doppelerfindung vorliegt. Die im Berufungsverfahren erhobenen Behauptung des Klägers außer acht lassend, er habe schon am 31.10.2008 die hier streitgegenständliche Erfindung gemacht, hätte es der Beklagten oblegen, nachzuweisen, dem Kläger sei schon vor dem 29.01.2009 die Erfindung "bewegliche Welle zum Betrieb der Duschtrennvorrichtung" seitens des von der Beklagten behaupteten Erfinders R. oder durch Frau H. zur Kenntnis gebracht worden. Dies, weil aller spätestens mit E-Mail des Klägers vom 29.01.2009 dieser von seiner Seite die Idee der beweglichen Welle den Mitarbeitern der K.W. mitgeteilt hat, in dem er sie gegenüber Frau H. ins Gespräch brachte.

86

Dass der Kläger in diesem Sinne sich eine Erfindung des Herrn R. von der K.W. zu eigen gemacht hat oder aber in Kenntnis der Miterfindereigenschaft Dritter, insbesondere des Herrn R., das Patent angemeldet hat hat die Beklagte wie das Arbeitsgericht zutreffend in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 17.02.2011 (Bl. 22 bis 28 des Urteils, Bl. 603 bis 607 d. A.) festgestellt hat, nicht bewiesen. Die hier nicht zu treffende Feststellung einer etwaigen Doppelerfindung genügt zum Nachweis einer Pflichtverletzung durch den Kläger aufgrund der Regelung in § 6 PatG nicht.

87

(1) Die Beklagte und Berufungsklägerin hat keine ausreichenden und konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenerhebung oder -feststellung des Arbeitsgerichtes begründen könnten (§ 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO). Derartige Zweifel sind vorliegend nicht in ausreichenden Maße ersichtlich.

88

Gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellung begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.

89

Diese mit der Zivilprozessreform im Jahre 2001 eingeführte Bestimmung bedeutet zwar nicht, dass die Prüfungskompetenz des Berufungsgerichtes bezogen auf die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen nur auf Verfahrensfehler in Form einer Revisionskontrolle beschränkt wären. Es kommt jedoch in § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, das Berufungsgericht grundsätzlich an die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen zu binden. Eine erneute Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht ist nach der Gesetzesformulierung die Ausnahme ("soweit nicht …"). Dies war auch die Absicht des Gesetzgebers (vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung, Bundesdrucksache 14/4722, S. 100). Aus den Gesetzesmaterialien folgt, dass die zwecks Entlastung der Berufungsgerichte vorgesehene grundsätzliche Bindung an die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen sich auf solche Tatsachenfeststellungen bezieht, welche die erste Instanz bereits vollständig und überzeugend getroffen hat.

90

Die Anforderungen an die Voraussetzungen einer erneuten Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht dürfen jedoch im Hinblick auf den Grundgedanken der materiellen Gerechtigkeit nicht überspannt werden. Vernünftige Zweifel liegen daher nicht nur dann vor, wenn die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen verfahrensfehlerhaft erhoben worden sind, sondern auch dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Feststellungen unvollständig oder unrichtig sind (BGH 09.03.2005 - VII ZR 2 66/03 - NJW 2005, 972). Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen können sich aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung (BVerfG 12.06.2003 - 1 BVR 2385/02 - NJW 2003, 2534) dann ergeben, wenn das Berufungsgericht das Ergebnis einer erstinstanzlichen Beweisaufnahme anders würdigt, als das Gericht der Vorinstanz. Konkrete Anhaltspunkte, welche die Bindung des Berufungsgerichtes an die erstinstanzliche getroffenen Feststellungen entfallen lässt, können sich auch ergeben, wenn die Beweiswürdigung nicht den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO genügt, weil sie unvollständig oder in sich widersprüchlich ist oder gegen Denk- und Erfahrungsgesetze verstößt (BGH 12.03.2004 - V ZR 257/03 - NJW 2004, 845).

91

Gemäß § 286 Abs. 1 ZPO ist bei umfassender Würdigung der erhobenen Beweise Ziel der Beweiswürdigung die Beantwortung der Frage, ob eine streitige Behauptung als erwiesen angesehen werden kann, d.h. das Gericht von der Wahrheit der behaupteten Tatsache überzeugt ist. Dies ist der Fall, wenn eine Gewissheit besteht, die Zweifeln schweigen gebietet, ohne sie letztendlich vollständig ausschließen zu können. Weniger als Überzeugung von der Wahrheit reicht für das Bewiesensein dabei nicht aus. Ein bloßes Glauben, Wähnen, für wahrscheinlich halten, berechtigt den Richter nicht zur Bejahung des streitigen Tatbestandsmerkmals. Mehr als subjektive Überzeugung ist jedoch letztendlich nicht gefordert. Absolute Gewissheit ist nicht zu verlangen (vgl. Zöller, Kommentar zum ZPO, 27.Auflage, § 286, Rn. 18 und 19).

92

(2) Gemessen an diesen Anforderungen sind Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung nicht begründet. Die Berufungskammer teilt vielmehr die vom Arbeitsgericht vorgenommene Wertung.

93

Das Arbeitsgericht sah die Aussage des Zeugen R. im Hinblick auf das Beweisthema für unergiebig an, selbst wenn man unterstellt, der Zeuge R. habe den Einsatz einer biegsamen Welle zur Verwendung bei Duschabtrennvorrichtungen im November 2008 (ebenfalls) erfunden.

94

Dies weil der Zeuge R. den Zeitpunkt einer etwaigen Kenntnisvermittlung des Einsatzes einer biegsamen Welle seitens der Mitarbeiter der K.W. an den Kläger in den Zeitraum von November 2008 bis Frühjahr 2009 legte. Dem Zeugen war eine genauere Eingrenzung des Zeitraumes im Rahmen der Beweisaufnahme trotz Nachfrage nicht möglich. Die Behauptung des Zeugen er sei sicher in den Telefonaten sei die erste Information über die biegsame Welle von Mitarbeitern der k.W. ausgegangen und nicht vom Kläger, genügt, so zutreffend das Arbeitsgericht, nicht, um zu beweisen, der Kläger habe eine Erfindung des Herrn R. bzw. der K.W. verwendet. Die E-Mail des Klägers vom 29.01.2010, in der dieser seinerseits die biegsame Welle ansprach war nicht an Herrn R., sondern an Frau H. gerichtet, Die Aussagen des Zeugen R. bezogen sich dagegen ausschließlich auf Telefongespräche. Ein sicherer Schluss, die Kenntnis des Klägers von der biegsamen Welle sei durch die Zeugen R. und H. vor dem 29.01.2009 vermittelt worden, läßt die Aussage des Zeugen R. daher nicht zu. Dieser Würdigung und Bewertung der Zeugenaussage des Zeugen R. schließt sich die Kammer an. Die Beweiswürdigung ist frei von Widersprüchen, verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände sind widerspruchsfrei beachtet worden. Das Arbeitsgericht hat die Aussage vollständig seiner Bewertung zugrunde gelegt und als wahr unterstellt. Allein dem Zeugen war eine konkrete Eingrenzung in zeitlicher Hinsicht nicht möglich.

95

Dass die Feststellungen des Arbeitsgerichtes im Hinblick auf die Aussage des Zeugen R. im Urteil vom 17.02.2010 fehlerhaft oder unvollständig seien, hat die Beklagte im Rahmen der Berufung nicht behauptet. Die Beklagte hat sich letztendlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Bewertung des Arbeitsgerichtes hinsichtlich der Aussage der Zeugin H. zutreffend ist.

96

Aus der Aussage der Zeugin H., so das Arbeitsgericht, könne nicht mit hinreichender Gewissheit geschlossen werden, die Behauptung der Zeugin H., die Alternative biegsame Welle sei dem Kläger schon im Jahre 2008 zugetragen worden, sei objektiv tatsächlich zutreffend. Auch bei Annahme, die Aussage entspräche dem subjektiven Tatsachenerinnerungsstand der Zeugin (subjektive Wahrheit) könne keine (ausreichende) Überzeugung gewonnen werden, die zeitliche Einordnung der Zeugin hinsichtlich der Gespräche sei korrekt. Begründet hat das Arbeitsgericht dies damit, dass die Zeugin sich nicht habe erinnern können, in welchen Gesprächen eine Erörterung der Lösungsmöglichkeit tatsächlich konkret erfolgt sei. Sie habe nur bekundet, jedenfalls im Jahre 2008 sei dies erfolgt. Zweifel an der Erinnerungsfestigkeit der Zeugin seien geboten, da die E-Mail des Klägers vom 29.01.2009, in welcher dieser die Lösungsmöglichkeit mit biegsamer Welle aufweise, der Zeugin nicht mehr erinnerlich gewesen sei. Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht angenommen, auch der Wortlaut der E-Mail des Klägers vom 29.01.2009 stehe der Aussage der Zeugin H., schon in 2008 sei Kenntnisvermittlung erfolgt, entgegen.

97

Die Beklagte und Berufungsklägerin hat in der Berufung vorgetragen, die Aussage des Zeugen H. hinsichtlich der zeitlichen Einordnung der Information des Klägers durch Mitarbeiter der K.W. sei zutreffend. Sowohl die Zeugin H. als auch der Zeuge R. hätten die Historie der Entwicklung übereinstimmend widerspruchsfrei geschildert. Erinnerungslücken seien nicht zu Tage getreten. Die Zeugin H. habe in Übereinstimmung mit dem Zeugen R. mehrfach betont, alle drei Lösungsalternativen, so auch die bewegliche Welle, seien wiederholt Gegenstand von Telefongesprächen wegen der Möglichkeit der Verletzung etwaiger Schutzrechte gewesen. Damit habe die Zeugin auch hinreichend detailliert den Inhalt der Gespräche im Jahre 2008 wieder gegeben. Welche weiteren sonstigen Erinnerungspunkte das Arbeitsgericht verlange, sei nicht nachvollziehbar. Es habe die Zeugin auch in der Verhandlung vom 04.11.2010 nicht zu sonstigen Erinnerungspunkten befragt. Fehlerhaft sei die Behauptung, die Zeugin habe sich nicht an die E-Mail des Klägers vom 29.01.2009 erinnert. Vielmehr habe diese doch geäußert, die Lösungsalternative Zahnrad sei aufgrund bestehender Schutzrechte verworfen worden, was sich allerdings aus der E-Mail des Klägers vom 29.01.2009 ergebe. Dass die Zeugin sich an die E-Mail, die ihr nicht vorgehalten worden sei, nicht erinnert habe, sei nachvollziehbar. Die Erfindung sei zuvor schon von Herrn R. gemacht worden, die E-Mail habe daher nichts Neues enthalten.

98

Da Herr R. die Erfindung im November 2008 entwickelt habe, sei objektiv nicht nachvollziehbar, wieso Herr R. und Frau H. den Kläger, den sie ausschließlich zur Abklärung patenrechtlicher Fragen und unstreitig erstmals im November 2008 kontaktiert hätten, nicht unverzüglich über alle drei gefundenen Lösungsmöglichkeiten informiert haben sollten (vgl. Bl. 718 bis 721 d. A.).

99

Die Einwände der Beklagten sind nicht geeignet, die Tatsachenfeststellungen des Arbeitsgerichtes in Zweifel zu ziehen (§ 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO).

100

Soweit die Beklagte einwendet, der Zeugin hätte im Beweistermin vom 04.11.2010 die E-Mail vom 29.01.2009 vorgehalten werden müssen, weist die Kammer daraufhin, dass dies nicht möglich war, da zu diesem Zeitpunkt die Beklagte, in deren Besitz sich die E-Mail befand, diese noch nicht in das Verfahren eingeführt hatte.

101

Die weitere Behauptung, unzutreffend habe das Arbeitsgericht angenommen, die Zeugin H. habe sich an die E-Mail vom 29.01.2009 nicht erinnert, ist falsch. Nach dem Protokoll der Beweisaufnahme vom 04.11.2010 (S. 10, Bl. 454 d. A.) hat die Zeugin auf Nachfrage geäußert, sie könne sich nicht erinnern, der Kläger habe ihr außer der E-Mail mit der Abbildung noch eine weitere E-Mails geschickt. An eine E-Mail, in der der Kläger die Lösungsmöglichkeit einer biegsamen Welle erwähnt habe, könne sie sich nicht erinnern. Sie könne jedoch nicht ausschießen, auch andere E-Mails seitens des Klägers erhalten zu haben. Auf Seite 12 des Protokolls der Beweisaufnahme vom 04.11.2009 (Bl. 456 d. A.) äußerte die Zeugin dann auf die Nachfrage, ob sie auf ihre E-Mail vom 12.01.2009 eine schriftliche Antwort des Klägers erhalten habe, das wisse sie nicht mehr, sie könne jedoch sagen, dass sie vom Kläger in der Regel telefonisch kontaktiert worden sei. In diesem Zusammenhang hat die Zeugin (Bl. 10 des Terminsprotokolls vom 04.11.2010, 454 d. A.) geäußert, soweit sie sich recht erinnere, habe der Kläger sie Ende Januar angerufen und mitgeteilt, die Lösungsmöglichkeit mit dem Zahnrad verletze ebenfalls Schutzrechte. Entgegen der Behauptung der Beklagten, hat daher die Zeugin sehr wohl in dem Beweistermin erklärt, sich an eine E-Mail des Klägers in Antwort auf ihre E-Mail vom 12.01.2009 nicht erinnern zu können. Sie hat vielmehr dargelegt, dass in der Regel der Kontakt telefonisch verlaufen sein soll. Auch die Mitteilung über die Schutzrechtsverletzung im Hinblick auf den Vorschlag mit ihrer E-Mail vom 12.01.2009 habe sie telefonisch vom Kläger erhalten.

102

Soweit die Beklagte den Schluss zieht, die Aussage der Zeugin, ihr sei vom Kläger vermittelt worden, auch das in der E-Mail vom 12.01.2009 angedachte Zahnradmodell verletzte Schutzrechte, zwinge zu dem Schluss, der Zeugin sei auch die E-Mail vom 29.01.2009 erinnerlich gewesen, ist nicht nachvollziehbar. Denn die Zeugin hat in der Beweisaufnahme behauptet, hierüber telefonisch vom Kläger informiert worden zu sein, was auch nach Vortrag des Klägers tatsächlich der Fall war (vgl. Protokoll der Sitzung vom 19.08.2010, Bl. 3, 348 d. A.).

103

Daraus folgend ist auch der Vorwurf der Beklagten, es sei nicht ersichtlich, welche anderen Erinnerungspunkte das Arbeitsgericht abgefragt habe, nicht nachvollziehbar. Die Zeugin hat insgesamt den Ablauf des Erfindungsgeschehens und der Entwicklung der Duschabtrennvorrichtung ohne konkrete, mit Datum versehene Anhaltspunkte geschildert. Auch den Inhalt etwaiger Gespräche, die die Zeugin behauptet hat, hat sie nur thematisch beschrieben, weder zeitlich konkret eingeordnet, noch hinsichtlich einzelner Gespräche nach Wortlaut oder auch konkretem Ablauf weiter differenziert. Ausgehend hiervon hat das Arbeitsgericht gerade auch im Hinblick auf den (teilweise dokumentierten) E-Mail-Verkehr die Zeugin befragt. Ganz konkret bezog sich das Arbeitsgericht auf eine etwaige E-Mail des Klägers im Januar, in der der Kläger eine biegsame Welle als Lösungsmöglichkeit vorgeschlagen hat. Wie zuvor dargestellt, hat die Zeugin Kenntnis von einer derartigen E-Mail insgesamt verneint.

104

Den Schluss des Arbeitsgerichtes, dass dies ein wesentliches Randfaktum sei, das letztendlich im Hinblick auf die Frage des Bewiesenseins im Sinne obiger Definition ausreichender Wahrscheinlichkeit Einfluss nimmt, teilt die Kammer.

105

Der letzte Hinweis der Beklagten, man müsse allein deswegen annehmen, dem Kläger sei schon im November oder Dezember 2008 Kenntnis von der Verwendbarkeit einer biegsamen Welle vermittelt worden, da doch Herr R. die Erfindung schon im November gemacht habe und die Gespräche mit dem Kläger nur den Sinn gehabt hätten, etwaige Schutzrechtsverletzungen zu vermeiden, ist unter Berücksichtigung des vorgelegten E-Mail-Verkehrs nicht überzeugend. Denn hätte die K.W. schon im Rahmen der telefonischen Gespräche im November oder Anfang Dezember 2008 konkret das Lösungsmodell biegsame Welle an den Kläger ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung etwaiger Schutzrechtsverletzungen herangetragen, so ist nicht nachvollziehbar, wieso unter dem Datum vom 12.01.2009, allein Bezug nehmend auf eine E-Mail vom 03.11.2008 und ohne die Erwähnung etwaiger sonstiger Entwicklungsalternativen, eine Anfrage wegen einer Lösung mit einem Zahnradgetriebe erfolgte. Diese E-Mail legt vielmehr nahe, dass zuvor keine explizite Telefongespräche hinsichtlich patentrechtlicher Fragen bezüglich einzelner Entwicklungsalternativen stattgefunden haben. Dafür spricht ebenfalls, wie auch das Arbeitsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung festgestellt hat, nachfolgend die Formulierung des Klägers in seiner E-Mail vom 29.01.2009.

106

Die Einwände der Beklagten im Berufungsverfahren waren daher nicht geeignet, die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichtes in Frage zu stellen.Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Würdigung, die Zeugin habe nicht glaubhaft vermittelt, dem Kläger sei die Idee der beweglichen Welle schon im November oder Dezember 2008 von den Mitarbeitern der K.W. mitgeteilt worden ist daher in sich widerspruchsfrei, verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze und hat alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände in sich widerspruchsfrei berücksichtigt.

107

Nach § 286 Abs. 1 ZPO muss nach Würdigung etwaiger erhobener Beweise Ziel der Beweiswürdigung die Beantwortung der Beweisfrage als erwiesen sein. Dazu genügt nicht, nur ein Maß der Wahrscheinlichkeit erreicht zu haben, dass im Sinne eines nachvollziehbaren Tatsachenverlaufes möglich erscheint. Vielmehr muss das Gericht von der behaupteten Tatsache mit einer Gewissheit ausgehen, die Zweifeln schweigen gebietet, ohne diese letztendlich vollständig auszuschließen. Weniger als Überzeugung reicht dabei jedoch nicht aus. Ein bloßes Glauben, Wähnen, für wahrscheinlich halten berechtigt nicht zur Annahme des Bewiesenseins etwaiger streitiger Tatbestandsmerkmale.

108

Eine derartige Gewissheit konnte, wie zuvor dargestellt, weder erstinstanzlich durch das Arbeitsgericht noch zweitinstanzlich im Rahmen der Würdigung der Aussagen der Zeugen R. und H. gewonnen werden.

109

Daran ändert auch der Einwand der Beklagten, der neue Vortrag des Klägers zur Erfindung schon am 31.10.2008, erschüttere die Glaubwürdigkeit seines bisherigen Vortrages, nichts. Der bisherige Sachvortrag des Klägers und sein neuer Vortrag stehen nicht in einem wechselseitigen Ausschlussverhältnis. Dies behauptet nicht einmal die Beklagte. Diese meint Widersprüche erkannt zu haben, die die Glaubwürdigkeit zu erschüttern geeignet seien. Der Kläger ist dem tatsächlich entgegen getreten.

110

Ist der Vortrag des Klägers die Erfindung schon am 31.10.2008 gemacht zu haben zutreffend, wäre eine spätere gleiche Entwicklung durch Herrn R. irrelevant. Trifft der neue Vortrag des Klägers zum Erfindungsdatum nicht zu, ist sein bisheriges Vorbringen dennoch entscheidungsrelevant. Dies, weil aller spätestens mit E-Mail des Klägers vom 29.01.2009 dieser von seiner Seite die Idee der beweglichen Welle den Mitarbeitern der K.W. mitgeteilt hat. Auch die E-Mail der Zeugin H. vom 12.01.2009 ist dann wie Zuvor dargestellt weiterhin geeignet den Vortrag des Klägers zu stützen. Selbst im Falle der neue Vortag des Klägers zum Erfindungsdatum sei unzutreffend liegen ausreichende objektive Anhaltspunkte vor, die es verbieten ohne Beweisaufnahme, den bisherigen Sachvortrag des Klägers unberücksichtigt lassend, die Behauptung der Beklagten zur Kenntnisvermittlung noch im Jahre 2008, als zutreffend zu unterstellen.

111

Damit steht fest, es ist der Beklagten nicht gelungen nachzuweisen, der Kläger wäre von den Mitarbeitern der K.W. vor dem 29.01.2009 über die Anwendbarkeit einer biegsamen Welle im Hinblick auf die Entwicklung einer Duschtrennvorrichtung informiert worden. Zutreffend ist auch zugleich die Bewertung des Arbeitsgerichtes (Bl. 27 des Urteils vom 17.02.2011 unter Ziffer 3.1, Bl. 606 d. A.), dass dann auch nicht bewiesen ist, der Kläger habe sich eine etwaige Erfindung des Mitarbeiters R. zu eigen gemacht oder von dieser profitiert, was Miterfindereigenschaft bedingen würde. Dass keine Doppelerfindung vorliegt, hat die Beklagte daher ebenfalls nicht bewiesen.

112

Es bleibt daher bei der Feststellung des Arbeitsgerichtes, dass die Kündigung vom 03.05.2010 als außerordentliche Kündigung nicht geeignet war, das Arbeitsverhältnis der Parteien zu beenden.

113

2. Auch die hilfsweise Kündigung der Beklagten vom 15.03.2010 war nicht geeignet das Arbeitsverhältnis der Parteien zu beenden.

114

Die Kammer verweist gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf die ausführlichen rechtlichen Ausführungen des Arbeitsgerichtes im Urteil vom 17.02.2011 (S. 28 bis 33 d. Urteils, Bl. 607 bis 612 d. A.) und macht sich diese ausdrücklich zu eigen.

115

Im Hinblick auf den Vortrag der Beklagten in der Berufungsbegründung gilt nachfolgendes:

116

Die Beklagte wirft dem Kläger eine besonders schwerwiegende Ehrverletzungen durch die E-Mail vom 04.03.2010 vor, da der Kläger Dr. Z. nicht nur im Einzelfall Inkompetenz vorgeworfen hätte, sondern generell und pauschaliert die Behauptung der Inkompetenz des Dr. Z. aufgestellt habe und dies zuletzt in gut überlegter Form. Darüber hinaus sei die E-Mail des Klägers auch verleumderisch, da entgegen der Behauptung des Klägers die Darstellung des Dr. Z. in seiner E-Mail vom 03.01.2010 hinsichtlich des Informationsflusses bezogen auf den Linzenzvertrag USA zutreffend gewesen sei. Umstände, die das Verhalten des Klägers rechtfertigen oder in einem milderen Licht erscheinen lassen könnten, lägen nicht vor. Da der Kläger schon zuvor zweimal ermahnt worden sei, habe er nicht davon ausgehen dürfen, sein Verhalten werde geduldet.

117

Auch unter Berücksichtigung des nunmehrigen Vortrages der Beklagten kommt eine von der Wertung des Arbeitsgerichts abweichende Bewertung des Sachverhaltes nicht in Betracht.

118

a. Die Kammer teilt die Ansicht, dass eine grobe Beleidigung des Dr. Z. nicht vorliegt.

119

Die Formulierung "Insoweit ist Ihre Behauptung, Herr Hs. habe "beim Übertrag (meiner) Akten" keine Kenntnis erlangt, schlicht unwahr ", stellt keinen Vorwurf der Lüge durch Herrn Dr. Z. dar, sondern enthält, Bezug nehmend auf Absatz 1 der E-Mail und die Schilderung der Abläufe zur Übersendung von Akten, eine unterschiedliche Bewertung der Tatsachenabläufe. Ein Vorwurf bewusster Falschdarstellung zur Täuschung über Geschehensabläufe, somit der Lüge, wird mit dieser Formulierung nicht erhoben.

120

Mit dem letzten Absatz der E-Mail vom 04.03.2010 beginnend mit "Bemerkenswert finde ich…" endend mit "…Einsicht" hat der Kläger Herrn Dr. Z. keine allgemeine Inkompetenz bescheinigt. Die Formulierung "Der obengenannte Vorgang ist - neben anderen - ein sehr illustrativer Beleg für die Richtigkeit, diese Einsicht" steht in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Satz zuvor und der E-Mail des Herrn Dr. Z. vom 03.03.10, wo dieser mitteilte, "Ich komme doch nicht im Entferntesten auf die Idee Ihre offenen Themen aus 2008 (!) an mich zu ziehen und selbst lösen zu wollen; dazu fehlt mir jegliches Detailverständnis der Vorgänge, der juristische Hintergrund sowie, viel wichtiger, die grundsätzliche Motivation". Die Bezugnahme lässt eindeutig erkennen, dass sich die Äußerungen des Klägers auf den eingeschränkten Bereich der patentrechtlichen Fragen bezieht und somit keine allgemeine Unterstellung der Inkompetenz beinhaltet. Patentfragen gehören jedoch unstreitig gerade nicht zum Aufgabengebiet des Dr. Z., da ihm nach eigener Aussage hierfür das juristische Fachverständnis fehlt. Ein allgemeiner Inkompetenzvorwurf an Herrn Dr. Z. kann daher in der E-Mail vom 04.03.2010 nicht gesehen werden.

121

b. Zutreffend hat das Arbeitsgericht jedoch festgestellt, allein aufgrund der polemisierenden Wortwahl des Klägers werde der Rahmen des zulässigen Umgangs mit Vorgesetzten, hier einem Vorstandsmitglied überschritten. Eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung liegt vor.

122

Mit dem Arbeitsgericht, auf dessen Darstellung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes Bezug genommen wird (A II 2. b. bb. (1.), Bl.32 des Urteils), ist jedoch die Kammer der Ansicht, im Falle steuerbaren Fehlverhaltens ist grundsätzlich, in Anwendung des Ultima-ratio-Prinzips als tragendem Grundsatz des Kündigungsrechtes, als milderes Mittel vor der Kündigung der Ausspruch einer Abmahnung erforderlich. Die Kammer schließt sich insoweit zur Frage der Notwendigkeit einer Abmahnung im vorliegenden Fall den Ausführungen des Arbeitsgerichtes im Urteil vom 17.02.2011 (A II 2. b. bb. (2.), Bl. 33 des Urteils) an, § 69 Abs.2 ArbGG.

123

In der Berufung wendet die Beklagte noch ein, unberücksichtigt geblieben sei, dass der Kläger die E-Mail wohlüberlegt verfasst habe. Ein Augenblicksversagen läge nicht vor. Dies müsse sich zu Lasten des Klägers auswirken.

124

Nach Ansicht der Kammer ist jedoch zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass der Inhalt der E-Mail vom Kläger nicht an Dritte herangetragen worden ist.

125

Entscheidender Abwägungsgesichtspunkt im Rahmen der Interessenabwägung ist jedoch, die Behauptung der Beklagten, der Kläger sei für zwei Vorfälle, in denen er sich im Ton vergriffen habe und den gebührenden Respekt vor Vorgesetzten habe vermissen lassen, lediglich ermahnt worden. Hat daher die Beklagte auf zwei Vorfälle, die einen vergleichbaren Fehlverhaltenskreis betreffen, jeweils nur mit Ermahnung, somit mit einem arbeitsrechtlichen Mittel, das im Wesentlichen sanktionslos bleibt, reagiert, war für den Kläger nicht absehbar, die Beklagte werde nunmehr bei einem ähnlichen Verstoß unter Auslassung der Stufe der Abmahnung unmittelbar die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht ziehen.

126

Wenn die Beklagte nach einmaliger Ermahnung im zweiten Falle nicht zur Abmahnung greift, sondern erneut unter Verzicht auf die einer Abmahnung zwingend innewohnende Warnfunktion im Hinblick auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses erneut nur eine Abmahnung erteilt, musste der Kläger nicht davon ausgehen, nunmehr für das E-Mail-Schreiben vom 04.03.2011 gleich mit dem Verlust des Arbeitsplatzes sanktioniert zu werden.

127

Im Ergebnis lässt sich daher feststellen, dass die Berufung der Beklagten insgesamt unbegründet war.

II.

128

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO.

III.

129

Gründe gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG die Revision zuzulassen, lagen nicht vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 257/03 Verkündet am:
12. März 2004
W i l m s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) § 529 Abs. 1 Nr. 1
Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen
des erstinstanzlichen Gerichts begründen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern
ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen
sind.
ZPO (2002) § 529 Abs. 1
Ist eine Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht geboten, so beurteilt sich die
Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht zu einer Wiederholung der erstinstanzlichen
Beweisaufnahme verpflichtet ist, nach denselben Grundsätzen wie aus der Zeit vor Geltung
des Zivilprozeßreformgesetzes.
ZPO (2002) § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3
Wird in der Berufungsbegründung gerügt, das erstinstanzliche Gericht habe Parteivorbringen
übergangen, so ist eine genaue Bezeichnung unter Angabe der Fundstelle in den
Schriftsätzen der Vorinstanz nicht erforderlich.
ZPO (2002) § 529 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1
Auch bei einem Verfahrensfehler des erstinstanzlichen Gerichts obliegt dem Berufungsgericht
nach Maßgabe des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO die tatsächliche Inhaltskontrolle
des erstinstanzlichen Urteils ungeachtet einer entsprechenden Berufungsrüge.
Für schriftsätzlich angekündigtes Vorbringen kommt dem Urteilstatbestand keine negative
Beweiskraft zu.
BGH, Urt. v. 12. März 2004 - V ZR 257/03 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. März 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. August 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte war von der Stadt O. beauftragt, auf einem ehemaligen Kasernengelände gelegene Grundstücke und Wohnungen zu vermarkten. Mit notariellem Vertrag vom 8. Juli 1999 verkaufte sie eine durch Ausbau des Dachgeschosses eines Hauses noch zu errichtende Wohnung zum Preis von 444.000 DM an die Klägerin.
Dem Vertragsschluß vorausgegangen waren Verhandlungen zwischen einer Mitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin Dr. L. , und der Klägerin, die von ihrem Bekannten, dem Zeugen Rechtsanwalt W. , begleitet wur-
de. Nach den Behauptungen der Klägerin erklärte Dr. L. während der Verhandlungen, auf dem der künftigen Dachgeschoßwohnung gegenüber liegenden Grundstück der Beklagten solle ein lediglich zweigeschossiges Gebäude errichtet werden, so daß die Sicht aus der Wohnung auf den Taunus uneingeschränkt erhalten bleibe. Tatsächlich war bereits zu diesem Zeitpunkt der - zwischenzeitlich begonnene - Bau eines viergeschossigen Wohn- und Geschäftshauses durch einen Investor geplant, wovon die Klägerin erst nach Bezug der Wohnung Kenntnis erhielt. Die mehr als zweigeschossige Nachbarbebauung , so hat die Klägerin behauptet, habe zu einem um 20 % geminderten Wert der Wohnung geführt.
Sie verlangt daher Schadensersatz in Höhe von 20 % des Kaufpreises sowie entsprechend geminderter Erwerbskosten und nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auf Zahlung von 47.613,80 Landgericht hat die Klage nach Vernehmung des Zeugen W. und der Zeugin Dr. L. über den Inhalt der Vertragsverhandlungen abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat sich die Klägerin gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts gewandt und insbesondere gerügt, daß das Landgericht die Zeugen nicht gehört habe, die sie zur Erschütterung der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Dr. L. benannt habe. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält die Klage auf der Grundlage der in erster Instanz getroffenen Feststellungen für unbegründet. Die von der Klägerin behaupteten Falschangaben der Zeugin Dr. L. zur zweigeschossigen Bebauung des gegenüberliegenden Grundstücks seien nicht bewiesen. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen, die gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erneute Feststellungen in der Berufungsinstanz gebieten könnten, habe die Klägerin nicht aufgezeigt. Die von dem Eingangsgericht vorgenommene Beweiswürdigung unterliege zwar gewissen Zweifeln, sei im Ergebnis jedoch zutreffend. Soweit die Klägerin das Übergehen erstinstanzlicher Beweisanträge gerügt habe, betreffe dies einen nicht von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel , der gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur dann Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO begründen könne, wenn er nach Maßgabe des § 520 Abs. 3 ZPO in der Berufungsbegründung ordnungsgemäß geltend gemacht worden sei. Diesen Anforderungen entspreche die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge nicht, weil es an einer konkreten Bezeichnung der angebotenen Zeugen und der Angabe des genauen Aktenfundorts der jeweiligen Beweisangebote fehle.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

II.


1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts. Für den Fall, daß - wie die Klägerin behauptet - die für die Beklagte handelnde Zeugin Dr. L. im Rahmen der Vertragsverhandlungen unzutreffende Angaben zu der geplanten Bebauung des gegenüberliegenden Grundstücks gemacht haben sollte, wären die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß erfüllt (vgl. Senat, Urt. v. 20. September 1996, V ZR 173/95, NJW-RR 1997, 144, 145; Urt. v. 26. September 1997, V ZR 29/96, NJW 1998, 302). Die Gewährleistungsvorschriften des hier weiterhin anwendbaren früheren Rechts (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB) sind nicht einschlägig und stehen mithin einer Haftung der Beklagten wegen Verschuldens bei Vertragsschluß nicht entgegen. Der Umstand, daß der gegenwärtige oder zukünftige Eigentümer eines benachbarten Grundstücks zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht den Willen hat, dieses entsprechend den baurechtlichen Möglichkeiten zu bebauen, stellt keine Eigenschaft des veräußerten Objekts, deren Fehlen als Sachmangel qualifiziert werden könnte (BGH, Urt. v. 14. Januar 1993, IX ZR 206/91, NJW 1993, 1323, 1324).
2. Hingegen rügt die Revision mit Erfolg, daß das Berufungsgericht erneute Feststellungen zu dem zwischen den Parteien streitigen Inhalt der Vertragsverhandlungen unter Verletzung des Verfahrensrechts abgelehnt hat. Auch nach neuem Recht unterliegen Berufungsurteile auf entsprechende Verfahrensrüge hinsichtlich der vollständigen Berücksichtigung des Streitstoffs und der Beweisangebote der Überprüfung durch das Revisionsgericht (MünchKomm -ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 546 Rdn. 15). Dies führt vorliegend zu dem Ergebnis, daß sich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an
der Vollständigkeit des von dem Eingangsgericht zugrunde gelegten Sachverhalts , die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO erneute Feststellungen des Berufungsgerichts gebieten, sowohl aus Fehlern der Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Urteil (a), als auch aus dem Übergehen erstinstanzlichen Vorbringens der Klägerin (b) ergeben.

a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO ist das Berufungsgericht an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 100; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann , NJW 2003, 169, 171).
aa) Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind (Hannich /Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 529 Rdn. 21; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 529 Rdn. 8). Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urt. v. 11. Februar 1987, IVb ZR 23/86, NJW 1987, 1557, 1558; Senat, Urt. v. 9. Juli 1999, V ZR 12/98, NJW 1999, 3481, 3482). Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt unter anderem dann vor,
wenn Umständen Indizwirkungen zuerkannt werden, die sie nicht haben können , oder wenn die Ambivalenz von Indiztatsachen nicht erkannt wird (BGH, Urt. v. 22. Januar 1991, VI ZR 97/90, NJW 1991, 1894, 1895; Urt. v. 23. Januar 1997, I ZR 29/94, NJW 1997, 2757, 2759).
(1) Hieran gemessen ist die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil zumindest insoweit fehlerhaft, als es um die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen W. geht. Dessen Bekundungen hat das Gericht erster Instanz vor allem deshalb für unglaubhaft gehalten, weil der Zeuge die angebliche Zusicherung der Zeugin Dr. L. , das gegenüberliegende Grundstück werde nur zweigeschossig bebaut, nicht überprüft und sich insbesondere bei der Stadt O. nicht nach dem Bestand und dem Inhalt eines etwaigen Bebauungsplans erkundigt habe. Diesem Umstand kommt indes die ihm vom Gericht zuerkannte Indizwirkung nicht zu. Es ist nicht ersichtlich , aus welchem Grund für den Zeugen W. , der an den Vertragsverhandlungen nicht als beauftragter Rechtsanwalt, sondern allein wegen seiner Bekanntschaft mit der Klägerin teilgenommen hatte, Anlaß bestehen konnte, Erkundigungen zu den Äußerungen der Zeugin Dr. L. einzuholen. Zudem ist das herangezogene Indiz auch auf Grund seiner Ambivalenz nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen W. in Frage zu stellen. Selbst für die Klägerin gab es nämlich keine Veranlassung, die von der Zeugin Dr. L. erteilten Auskünfte zu überprüfen, wenn sie auf deren Richtigkeit vertraute. Daß die Angaben der Zeugin einen für den Vertragswillen der Klägerin bedeutsamen Punkt betrafen, steht dieser Möglichkeit nicht entgegen. Das Unterbleiben von Nachforschungen läßt deshalb nicht ohne weiteres darauf schließen, daß die Zeugin Dr. L. eine zweigeschossige Nachbarbebauung nicht zugesagt hat. Vielmehr läßt dieser Umstand auch den
Schluß zu, die Klägerin habe sich ebenso wie der Zeuge W. auf eine derartige Zusage verlassen. (2) Geht das Eingangsgericht - wie hier - auf Grund einer fehlerhaften Beweiswürdigung von der Nichterweislichkeit einer entscheidungserheblichen Tatsachenbehauptung aus, so bestehen konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit der getroffenen Feststellungen (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 13, § 529 Rdn. 35). Hierbei genügt es, wenn nur ein tragendes Element der erstinstanzlichen Beweiswürdigung in seiner Aussagekraft geschmälert wird (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 32), weil bereits dann die Unrichtigkeit oder Lückenhaftigkeit der getroffenen Feststellungen als Folge der konkreten Anhaltspunkte nicht ausgeschlossen werden kann (Rimmelspacher , NJW 2002, 1897, 1902). So liegt der Fall auch hier. Ausweislich seiner Ausführungen zur Beweiswürdigung ist das erstinstanzliche Gericht nur deshalb zu dem Ergebnis der Nichterweislichkeit unzutreffender Angaben der Zeugin Dr. L. gelangt, weil es Anlaß gesehen hat, an der Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen W. zumindest zu zweifeln. Können diese Bedenken ausgeräumt werden, so ist es möglich, daß der Tatrichter die Aussage des Zeugen W. als glaubhaft ansieht. Da die Beweiswürdigung dann auch zu einem anderen Ergebnis führen kann, besteht die nicht nur theoretische Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses. In solcher Situation sind erneute oder auch erstmalige (Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 12) neue Tatsachenfeststellungen durch das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO geboten (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 14/6036, S. 123; Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 529 Rdn. 36; MünchKomm -ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 529 Rdn. 24; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 11).
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts läßt sich weder das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte noch die Erforderlichkeit erneuter Feststellungen mit der Erwägung verneinen, das Ergebnis der erstinstanzlichen Beweiswürdigung unterliege zwar "gewissen Zweifeln", sei aber aus anderen Gründen richtig. Zu dieser Schlußfolgerung konnte das Berufungsgericht nur auf Grund einer eigenständigen Würdigung der in erster Instanz erhobenen Beweise gelangen. Dies stellt jedoch, worauf die Revision zutreffend hinweist, der Sache nach eine erneute Tatsachenfeststellung dar, die aber nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte und das Gebotensein nochmaliger Feststellungen gerade voraussetzt.
cc) Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht deshalb als richtig dar (§ 561 ZPO), weil das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO gebotenen erneuten Tatsachenfeststellung zwar - fehlerhaft - verneint, eine solche aber doch vorgenommen hat. Die Tatsachenfeststellung in dem Berufungsurteil leidet nämlich ebenfalls an einem Verfahrensmangel und kann deshalb keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht stützt seine Auffassung, die von der Klägerin behauptete Zusicherung einer zweigeschossigen Bebauung des Nachbargrundstücks sei nicht erwiesen , darauf, daß beide Zeugen ein persönliches Interesse am Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits hätten. Damit stellt das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit der Zeugen in Frage, was - wie die Revision zu Recht rügt - nur auf Grund deren nochmaliger Vernehmung zulässig gewesen wäre, nachdem das erstinstanzliche Gericht beide Zeugen als glaubwürdig angesehen hat. Es hat sich mit der fehlenden Glaubwürdigkeit der Zeugen W. und Dr. L. nur insoweit befaßt, als es angesichts der sich widersprechenden Aussagen erwogen hat, einer von beiden Zeugen müsse gelogen haben. Zu
einer Aufklärung hat sich das erstinstanzliche Gericht jedoch außer Stande gesehen, seine Bedenken hinsichtlich der Glaubwürdigkeit daher nicht weiterverfolgt und seine weiteren Ausführungen auf die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen beschränkt. Die Frage, ob und inwieweit das Berufungsgericht zu einer Wiederholung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme verpflichtet ist, wenn die Voraussetzungen für eine erneute Tatsachenfeststellung vorliegen, beantwortet sich nach den von der Rechtsprechung zum bisherigen Recht entwickelten Grundsätzen (Musielak/Huber, aaO, § 398 Rdn. 5; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 13). Es verbleibt mithin dabei, daß das Berufungsgericht bei pflichtgemäßer Ausübung des ihm durch §§ 525 Satz 1, 398 Abs. 1 ZPO eingeräumten Ermessens einen bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals vernehmen muß, wenn es dessen Glaubwürdigkeit abweichend vom Erstrichter beurteilen will (vgl. BGH, Urt. v. 29. Oktober 1996, VI ZR 262/95, NJW 1997, 466; Urt. v. 10. März 1998, VI ZR 30/97, NJW 1998, 2222, 2223 m.w.N.).

b) Zweifel an der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ergeben sich zudem daraus, daß das Eingangsgericht die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin nicht berücksichtigt hat, die Zeugin Dr. L. habe auch anderen Interessenten eine lediglich zweigeschossige Bebauung des Nachbargrundstücks zugesagt. Träfe diese Behauptung zu, so wäre sie geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin Dr. L. , sie habe die Klägerin ebenso wie alle übrigen Interessenten auf die geplante viergeschossige Bebauung hingewiesen, in Frage zu stellen. Besteht mithin unter Zugrundelegung der von der Klägerin behaupteten Tatsache zumindest die Möglichkeit eines anderen Beweisergebnisses, so ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO eine erneute Tatsachenfeststellung geboten. Entgegen der Auf-
fassung des Berufungsgerichts ist hierfür eine den formalen Anforderungen des Revisionsrechts genügende Berufungsrüge selbst dann nicht Voraussetzung , wenn - wie hier - zugleich auch ein Verfahrensfehler des Erstrichters vorliegt. Insoweit stellt das Berufungsgericht, was die Revision mit Erfolg geltend macht, zum einen zu hohe Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit einer Verfahrensrüge gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO (aa) und verkennt zum anderen auch die Bedeutung des § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO (bb).
aa) Das Berufungsgericht überspannt die inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung, soweit es die Ordnungsmäßigkeit der von der Klägerin gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO erhobenen Berufungsrüge mit der Begründung verneint, es fehle an der erforderlichen namentlichen Benennung der in erster Instanz angebotenen Zeugen und an der Angabe des Aktenfundorts der jeweiligen Beweisangebote.
(1) Wendet sich der Berufungskläger - wie hier - gegen die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil, so greift er, gestützt auf den Berufungsgrund des § 513 Abs. 1 Alt. 2 ZPO, die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen mit dem Ziel einer erneuten Feststellung durch das Berufungsgericht an. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Berufung muß er deshalb gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO die Voraussetzungen darlegen, unter denen nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO die Bindung des Berufungsgerichts an die vom Eingangsgericht getroffenen Feststellungen entfällt (BGH, Beschl. v. 28. Mai 2003, XII ZB 165/02, NJW 2003, 2531, 2532). Dies hat die Klägerin bereits dadurch getan, daß sie die Feststellungen des Erstrichters unter Hinweis auf ein bereits in erster Instanz vorgelegtes Beschwerdeschreiben mehrerer Wohnungseigentümer angegriffen und ihre Behauptung wiederholt hat, die Zeugin Dr.
L. habe auch anderen Interessenten eine lediglich zweigeschossige Be- bauung des Nachbargrundstücks zugesagt. Da dieses Vorbringen die Glaubhaftigkeit der inhaltlich widersprechenden Aussage der Zeugin in Frage stellen kann und in dem mit der Berufung angefochtenen Urteil nicht berücksichtigt worden ist, sind nach der Berufungsbegründung konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an den erstinstanzlich getroffenen Feststellungen mit der Folge gegeben , daß das Berufungsgericht insoweit nicht mehr gebunden ist. Auf die von der Klägerin angebotenen Zeugen wäre es erst angekommen, wenn die vom Berufungsgericht vorzunehmende Prüfung ergeben hätte, daß die Behauptung der Klägerin von der Beklagten wirksam bestritten worden war.
(2) Nichts anderes folgt aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, falls diese Regelung für Angriffe gegen Tatsachenfeststellungen auf Grund von Verfahrensfehlern - zusätzlich - anwendbar sein sollte (befürwortend Fellner, MDR 2003, 721, 722; ablehnend MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 520 Rdn. 40). Hieraus ergeben sich im Ergebnis keine weitergehenden Anforderungen an den notwendigen Inhalt der Berufungsbegründung. Die ohnehin erforderliche Darlegung der in § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO bestimmten Voraussetzungen reicht nämlich im Falle eines Verfahrensmangels auch für die nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO gebotene Darlegung einer entscheidungskausalen Rechtsverletzung aus. Insbesondere muß der Berufungskläger zur Darlegung der Entscheidungserheblichkeit des geltend gemachten Verfahrensfehlers lediglich aufzeigen, daß das Eingangsgericht ohne den Verfahrensverstoß möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre (Musielak /Ball, aaO, § 520 Rdn. 33).
(3) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts lassen sich strengere formale Anforderungen an die Berufungsbegründung nicht daraus herleiten, daß ein Revisionskläger, der gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b ZPO ein verfahrensfehlerhaftes Übergehen von Tatsachenbehauptungen oder Beweisangeboten rügen will, diese unter Angabe der Fundstelle in den Schriftsätzen der Vorinstanzen genau bezeichnen muß (vgl. dazu BGHZ 14, 205, 209 f; BAG, ZIP 1983, 605, 606; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 554 Rdn. 13; MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 551 Rdn. 21; Musielak/Ball, aaO, § 551 Rdn. 11). Dieses revisionsrechtliche Erfordernis ist auf das Berufungsverfahren nicht übertragbar (a.A. Musielak/Ball, aaO, § 520 Rdn. 32; Ball, WuM 2002, 296, 299; wohl auch Stackmann, NJW 2003, 169, 171 f). Es findet seine Rechtfertigung in der durch § 559 Abs. 1 ZPO allein für das Revisionsverfahren angeordneten Beschränkung des Prozeßstoffs. Danach kann aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll nicht ersichtliches Parteivorbringen nur über eine Nichtberücksichtigungsrüge zur Beurteilungsgrundlage des Revisionsgerichts werden (vgl. MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 3, 7). Diese Rüge muß so konkret sein, daß keine Zweifel an dem vom Revisionsgericht zugrunde zu legenden Tatsachenstoff verbleiben. Das Berufungsverfahren kennt hingegen keine § 559 Abs. 1 ZPO vergleichbare Bestimmung. Eine entsprechende Anwendung der revisionsrechtlichen Regelung scheitert an den unterschiedlichen Funktionen der Rechtsmittel (Gaier, NJW 2004, 110, 111; a.A. Grunsky, NJW 2002, 800, 801; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901). Anders als im Revisionsverfahren ist das angefochtene Urteil nicht nur auf Rechtsfehler hin zu überprüfen, vielmehr gehört es gemäß § 513 Abs. 1 ZPO zu den Aufgaben der Berufung, das Urteil der Vorinstanz auch auf konkrete Anhaltspunkte für Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit der getroffenen Tatsachenfeststellungen zu prüfen und etwaige Fehler zu beseiti-
gen (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 64; Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 1, 7, 12 f). Fehlt es mithin an einer begrenzenden Regelung, so gelangt mit einem zulässigen Rechtsmittel grundsätzlich der gesamte - wie noch auszuführen sein wird, aus den Akten ersichtliche - Prozeßstoff der ersten Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz (Barth, NJW 2002, 1702, 1703; Gaier, NJW 2004, 110, 112). Damit steht auch der von dem Berufungsgericht zu berücksichtigende Tatsachenstoff fest, weshalb es einer Nichtberücksichtigungsrüge und der für sie geltenden formalen Anforderungen nicht bedarf. bb) Zudem hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, daß die ihm nach Maßgabe des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO obliegende Kontrolle der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage des erstinstanzlichen Urteils im Fall eines - wie hier - zulässigen Rechtsmittels ungeachtet einer entsprechenden Berufungsrüge besteht.
(1) Eine Bindung des Berufungsgerichts an solche Zweifel begründende Umstände, die in der Berufungsbegründung dargelegt sind, folgt insbesondere nicht aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO. Danach müssen zwar konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO in der Berufungsbegründung bezeichnet werden. Auf solche Umstände wird die Überprüfung durch das Berufungsgericht allerdings nicht beschränkt, sondern lediglich eine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels geregelt (§ 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Notwendigkeit einer Rüge läßt sich dem Wortlaut anderer Gesetzesvorschriften ebensowenig entnehmen. Sie entspricht auch nicht dem Willen des Gesetzgebers. Nach den Gesetzesmaterialien hat das Berufungsgericht Zweifeln an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen selbst dann nachzugehen, wenn es sie unabhängig vom Partei-
vortrag auf Grund lediglich bei ihm gerichtskundiger Tatsachen gewonnen hat (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses , BT-Drucks. 14/4722, S. 100). Damit kann und muß das Berufungsgericht erst recht konkrete Anhaltspunkte berücksichtigen, die ihre Grundlage im erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien haben, auch wenn das Übergehen dieses Vortrags von dem Berufungskläger nicht zum Gegenstand einer Berufungsrüge gemacht worden ist (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 529 Rdn. 12). Bemerkt das Berufungsgericht etwa anläßlich der Prüfung sonstiger Berufungsrügen, daß das Eingangsgericht eine für die Beweiswürdigung bedeutsame Tatsache oder ein erhebliches Beweisangebot übergangen hat, dann bestehen auch ohne dahingehende Rüge konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, die das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO zu einer erneuten Tatsachenfeststellung verpflichten (a.A. Rimmelspacher, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, 2003, S. 11, 16).
(2) Dem steht nicht entgegen, daß das erstinstanzliche Gericht hier Parteivorbringen übergangen hat und darin ein Verfahrensfehler in Gestalt der Versagung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder des Verstoßes gegen § 286 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 15. März 2000, VIII ZR 31/99, NJW 2000, 2024, 2026) zu sehen ist. Zwar prüft das Berufungsgericht einen Mangel des Verfahrens - soweit er nicht von Amts wegen berücksichtigt werden muß - gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur dann, wenn er gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO in der Berufungsbegründung gerügt worden ist. Hierdurch wird jedoch die durch § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO geregelte tatsächliche Inhaltskontrolle des Berufungsgerichts entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 520 Rdn. 53, § 529
Rdn. 14, 38; ders., NJW 2002, 1897, 1902; ders., NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 11, 15; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 9, 23; Hinz, NZM 2001, 601, 605; Gehrlein, MDR 2003, 421, 428) nicht eingeschränkt (Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 8, § 529 Rdn. 27, 43; Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 529 Rdn. 12; Vorwerk, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 4, 6; Gaier, NJW 2004, 110, 112). Von der Aufgabe des Berufungsgerichts, konkreten Anhaltspunkten ungeachtet einer Berufungsrüge nachzugehen, macht das Gesetz keine Ausnahme, wenn sich - was ohnehin die weitaus praktischste Fallgestaltung darstellen dürfte - konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO aus Verfahrensfehlern des Erstrichters bei der Feststellung des Sachverhalts ergeben. Dies zeigt sich an der Systematik des § 529 ZPO, der mit seinen Absätzen klar zwischen den Aufgaben des Berufungsgerichts bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht trennt (Hannich /Meyer-Seitz, aaO, § 513 Rdn. 8, § 529 Rdn. 27, 43). Für die tatsächliche Inhaltskontrolle ist ausschließlich § 529 Abs. 1 ZPO maßgebend, eine Vermischung mit der in § 529 Abs. 2 ZPO geregelten Rechtsfehlerkontrolle darf mithin selbst dann nicht stattfinden, wenn die fehlerhaften Tatsachenfeststellungen im erstinstanzlichen Urteil auf einem Verfahrensmangel beruhen.
(3) Das Berufungsgericht ist an der Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens nicht deshalb gehindert gewesen, weil dieser Vortrag weder durch eine Darstellung im Tatbestand noch durch eine § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO genügende Bezugnahme (vgl. BGH, Urt. v. 18. Februar 1954, IV ZR 126/53, LM § 295 ZPO Nr. 9) in dem erstinstanzlichen Urteil Erwähnung gefunden hat.
Die auf § 314 ZPO gestützte Annahme, daß nicht erwähnte Angriffsund Verteidigungsmittel, auch tatsächlich unterblieben sind (negative Beweiskraft des Tatbestandes), wäre nur dann gerechtfertigt, wenn das Parteivorbringen in dem Urteilstatbestand vollständig wiedergegeben werden müßte. Nur dann könnte nämlich von dem Fehlen einer Darstellung auf das Fehlen entsprechenden Vortrags geschlossen werden. Eine vollständige Wiedergabe des Parteivorbringens kann aber nicht mehr zu den Funktionen des Urteilstatbestandes zählen, nachdem sich das Gesetz in § 313 Abs. 2 ZPO mit einer "knappen" Darstellung nur des "wesentlichen Inhalts" der vorgebrachten Angriffs - und Verteidigungsmittel begnügt (MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 559 Rdn. 7; Musielak/Ball, aaO, § 529 Rdn. 7, § 559 Rdn. 17; ders., in Festschrift für Geiß, 2000, S. 3, 20; Fischer, DRiZ 1994, 461, 462 f; Crückeberg, MDR 2003, 199, 200; Gaier, NJW 2004, 110, 111; Rixecker, NJW 2004, 705, 708; a.A. Rimmelspacher, NJW-Sonderheft 2. Hannoveraner ZPO-Symposion, aaO, S. 11, 13). Dies hängt eng zusammen mit der Aufgabe der ursprünglichen Konzeption des Zivilprozesses als eines rein mündlichen Verfahrens, nach der mündlicher Vortrag weder durch ein Verlesen noch durch eine Bezugnahme auf Schriftsätze ersetzt werden konnte (§ 128 Abs. 3 Satz 1 CPO 1877/§ 137 Abs. 3 Satz 1 CPO 1900). Wurde hiernach ausschließlich das mündlich Vorgetragene zum Prozeßstoff, so konnte dieser nicht durch den Inhalt der Schriftsätze , sondern allein durch den - tunlichst vollständigen - Urteilstatbestand nachgewiesen werden. Insbesondere seit der gänzlichen Aufgabe des Bezugnahmeverbots durch die Neufassung des § 137 Abs. 3 Satz 1 ZPO (RGBl. I 1924, 135) stehen indessen die vorbereitenden Schriftsätze ebenfalls zum Nachweis des Parteivorbringens zur Verfügung. Da mit der Antragstellung und der mündlichen Verhandlung im Zweifel eine Bezugnahme der Parteien auf den Inhalt der zur Vorbereitung vorgelegten Schriftstücke verbunden ist (BGH,
Urt. v. 28. November 2001, IV ZR 309/00, NJW-RR 2002, 381 m.w.N.), ergibt sich der Prozeßstoff auch aus dem Inhalt der Gerichtsakten. Der Bundesgerichtshof hat bereits vor dem Hintergrund dieser Überlegung - wenn auch ohne ausdrückliche Aufgabe der Rechtsprechung zur negativen Beweiskraft - auf entsprechende Revisionsrüge Vorbringen berücksichtigt, das im Tatbestand nicht erwähnt war (BGH, Urt. v. 16. Juni 1992, XI ZR 166/91, NJW 1992, 2148, 2149; Urt. v. 7. Dezember 1995, III ZR 141/93, NJW-RR 1996, 379; vgl. auch Urt. v. 28. November 2001, IV ZR 309/00, aaO). Allein mit dem Hinweis auf die negative Beweiskraft des Urteilstatbestandes kann mithin Parteivorbringen, das sich aus den vorbereitenden Schriftsätzen ergibt, in den Rechtsmittelverfahren nicht unberücksichtigt bleiben. Hingegen bleibt die negative Beweiskraft für solche Angriffs- und Verteidigungsmittel von Bedeutung, die in der mündlichen Verhandlung ohne vorherige Ankündigung in einem vorbereitenden Schriftsatz vorgebracht werden (Ball, in Festschrift für Geiß, 2000, S. 3, 20). Allerdings hat die Rechtsprechung bisher dem Urteilstatbestand auf Grund des § 314 ZPO auch negative Beweiskraft hinsichtlich des mündlichen Parteivorbringens beigelegt. Danach soll der Tatbestand nicht nur Beweis dafür erbringen, daß das, was in ihm als Parteivortrag wiedergegeben wird, tatsächlich vorgetragen worden ist, sondern auch beweisen, daß von den Parteien nichts behauptet worden ist, was nicht aus dem Tatbestand ersichtlich ist (Senat, Urt. v. 25. Mai 1984, V ZR 199/82, NJW 1984, 2463, insoweit in BGHZ 91, 282 nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 27. Mai 1981, IVa ZR 55/80, NJW 1981, 1848; Urt. v. 3. November 1982, IVa ZR 39/81, NJW 1983, 885, 886 m.w.N.; Urt. v. 16. Mai 1990, IV ZR 64/89, NJW-RR 1990, 1269). Dieser bereits vom Reichsgericht (RGZ 4, 418, 420; RG, JW 1887, 38; 1896, 72; 1897, 52, 53) vertretenen Auffassung ist das Bundesverwaltungsgericht beigetreten (BVerwG, Beschl. v. 13. April 1989, 1 B 21/89 m.w.N.). Gleichwohl bedarf es
hier weder einer Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen (§ 132 GVG) noch an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (§ 2 RsprEinhG). Beide Vorlagen setzen voraus, daß die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage für die Entscheidung des konkreten Falles nach Auffassung des vorlegenden Senats erforderlich wird, das vorlegende Gericht also bei Befolgung der abweichenden Ansicht zu einem anderen Ergebnis gelangen würde (BGH, Beschl. v. 15. Februar 2000, XI ZR 10/98, NJW 2000, 1185 zu § 132 GVG; GmS-OGB, BGHZ 88, 353, 357 zu § 2 RsprEinhG). An diesem Erfordernis fehlt es; denn das angefochtene Urteil ist bereits deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sich konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit des zugrunde gelegten Sachverhalts aus den bereits erörterten Fehlern der Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil ergeben.

III.


Nach alledem war die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird zunächst die gebotenen Feststellungen zum Inhalt der geführten Vertragsverhandlungen nachholen müssen. Sollte danach von dem Vorliegen der Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs auszugehen sein, wären weitergehende Feststellungen zur Schadenshöhe erforderlich. Da die Klägerin an dem geschlossenen Vertrag festhalten will, wäre als ersatzfähiger Schaden der Betrag anzusetzen, um den die Klägerin die Dachgeschoßwohnung im Vertrauen auf
die Richtigkeit der Angaben der Zeugin Dr. L. zu teuer erworben hat (vgl. Senat, Urt. v. 6. April 2001, V ZR 394/99, NJW 2001, 2875, 2877 m.w.N.).
Wenzel Krüger Klein Gaier RiBGH Dr. Stresemann ist infolge Urlaubsabwesenheit gehindert, zu unterschreiben. Wenzel

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die Erteilung der Anerkennungserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Ist für die Begründung des Schuldverhältnisses, dessen Bestehen anerkannt wird, eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form.

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

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(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

Der Schuldner hat während des Verzugs jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Er haftet wegen der Leistung auch für Zufall, es sei denn, dass der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.

(2) Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. Februar 2011 - 16 Sa 406/10 - teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 19. Januar 2010 - 3 Ca 401/09 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger bezahlten Ersatzurlaub von jeweils 30 Arbeitstagen aus den Jahren 2006, 2007 und 2008 zu gewähren.

3. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Die Kosten der ersten und der zweiten Instanz hat der Kläger zu sechs Zehnteln zu tragen, die Beklagte zu vier Zehnteln.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten, ihm jeweils 30 Arbeitstage Ersatzurlaub für verfallenen Urlaub aus den Jahren 2006, 2007 und 2008 zu gewähren.

2

Die Beklagte beschäftigt den Kläger als Gruppenleiter Qualitätsmanagement. Dieser hat Anspruch auf 30 Arbeitstage Jahresurlaub. Mit Schreiben vom 1. Februar 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2006. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage und machte in der Klageschrift vom 6. Februar 2006 seinen Urlaubsanspruch geltend. Der Kündigungsschutzklage wurde rechtskräftig stattgegeben. In der Folgezeit führten die Parteien mehrere Rechtsstreite, die jedenfalls bis zum 31. Dezember 2008 nicht zu einer Beendigung oder Änderung ihrer Rechtsbeziehung führten. Die Beklagte gewährte dem Kläger in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2008 keinen Urlaub.

3

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe Schadensersatz in Form von Ersatzurlaub zu leisten, weil sie sich seit Zustellung der Klageschrift mit der Urlaubsgewährung im Verzug befunden habe.

4

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm bezahlten Ersatzurlaub von jeweils 30 Arbeitstagen aus den Jahren 2006, 2007 und 2008 zu gewähren.

5

Das Arbeitsgericht hat die Klage - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 8. September 2011 zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch auf Ersatzurlaub weiter.

6

Mit Schreiben vom 15. Februar 2012 stellte die Beklagte den Kläger von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Das Schreiben enthält ua. folgende Erklärung:

        

„Die Freistellung erfolgt … unter Anrechnung auf etwa noch be- und entstehende Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüche … Außerhalb der für die Erfüllung des Urlaubsanspruchs gewährten Freistellung findet § 615 Satz 2 BGB Anwendung.“

7

Unter dem 30. Januar 2013 stellte die Beklagte den Kläger erneut mit dem Hinweis frei:

        

„Diese Freistellung erfolgt unter Anrechnung auf etwa noch bestehende und noch entstehende Urlaubsansprüche. Sollten Ihnen, wie von Ihnen behauptet, tatsächlich noch Urlaubsansprüche für die Jahre 2006, 2007 und 2008 zustehen, werden auch diese etwaigen Urlaubsansprüche angerechnet. Außerhalb der für die Erfüllung des Urlaubsanspruchs gewährten Freistellung findet § 615 Satz 2 BGB Anwendung.“

Entscheidungsgründe

8

A. Die Revision des Klägers ist begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Beklagte ist gemäß § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Kläger 90 Arbeitstage Ersatzurlaub für verfallenen Urlaub aus den Jahren 2006 bis 2008 zu gewähren.

9

I. Hat der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt, wandelt sich der im Verzugszeitraum verfallene Urlaubsanspruch in einen auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch um (vgl. BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 197/10 - Rn. 11, BAGE 138, 58). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.

10

II. Der Urlaub des Klägers aus den Jahren 2006 bis 2008 verfiel nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG). Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Beklagte mit der Urlaubsgewährung im Verzug. Ohne dass es einer Mahnung bedurfte, trat der Verzug nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB ein, weil die Beklagte die Erfüllung des vom Kläger in seiner Klageschrift vom 6. Februar 2006 geltend gemachten Urlaubsanspruchs ernsthaft und endgültig verweigerte.

11

1. Die Beklagte war ungeachtet der zwischen den Parteien in den Jahren 2006 bis 2008 geführten Kündigungsschutzverfahren verpflichtet, dem Kläger Urlaub zu gewähren. Der Anspruch war erfüllbar. Der Arbeitgeber ist rechtlich nicht gehindert, einem Arbeitnehmer in einem nicht wirksam gekündigten und deshalb fortbestehenden Arbeitsverhältnis vorbehaltlos bezahlten Urlaub zu erteilen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien einen Rechtsstreit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses führen.

12

2. An die Annahme, der Schuldner verweigere ernsthaft und endgültig die Erfüllung einer ihm obliegenden Leistung, sind in der Regel strenge Anforderungen zu stellen. Eine Erfüllungsverweigerung liegt vor, wenn der Schuldner unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen. Das ist regelmäßig nur anzunehmen, wenn dieser sich beharrlich weigert, die Leistung zu erbringen. In diesem Fall entbehrt eine Mahnung ihres Sinnes, den Schuldner zu vertragsgerechtem Verhalten anzuhalten (BAG 13. Dezember 2011 - 9 AZR 420/10 - Rn. 44).

13

a) Der Kündigungserklärung eines Arbeitgebers kann deshalb nicht ohne Weiteres der Inhalt beigemessen werden, dieser werde die für die Erfüllung des Urlaubsanspruchs nötige Freistellung von der Arbeitspflicht verweigern, wenn der Arbeitnehmer den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend macht. Denn der Arbeitgeber hat regelmäßig ein wirtschaftliches Interesse daran, einem Arbeitnehmer auf dessen Wunsch Urlaub zu erteilen, um die Kumulation von Annahmeverzugs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen zu verhindern (vgl. BAG 14. August 2007 - 9 AZR 934/06 - Rn. 15; offengelassen von BAG 13. Dezember 2011 - 9 AZR 420/10 - Rn. 45).

14

b) Anders verhält es sich in aller Regel jedoch, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses streiten und der Arbeitnehmer den Arbeitgeber erfolglos aufgefordert hat, ihm während des Kündigungsrechtsstreits Urlaub zu gewähren. Stellt der Arbeitgeber nach einer von ihm erklärten Kündigung den Bestand des Arbeitsverhältnisses in Abrede und erteilt er trotz einer entsprechenden Aufforderung des Arbeitnehmers den verlangten Urlaub nicht, entbehrt eine Mahnung des Arbeitnehmers regelmäßig ihres Sinnes. Wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die dem entgegenstehen, darf der Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen, er werde ihm keinen Urlaub gewähren. Eine Mahnung erwiese sich in diesem Falle als eine bloße Förmelei.

15

c) Daran gemessen durfte der Kläger nach seiner erfolglosen Aufforderung in der Klageschrift vom 6. Februar 2006, ihm Urlaub zu gewähren, annehmen, die Beklagte beharre auf der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und werde sich weiterhin weigern, ihm während der im Klagezeitraum geführten Bestandsstreitigkeiten Urlaub zu gewähren. Besondere Umstände, die dieser Annahme entgegenstehen könnten, sind nicht festgestellt. Die Beklagte hat solche auch nicht behauptet.

16

3. Wird es dem Arbeitgeber während des Verzugs infolge der Befristung des Urlaubsanspruchs unmöglich, dem Arbeitnehmer Urlaub zu gewähren, richtet sich der Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis gemäß § 249 Abs. 1 BGB auf die Gewährung von Ersatzurlaub(vgl. BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 251/04 - zu II 3 der Gründe, BAGE 114, 313). Demzufolge hat die Beklagte dem Kläger jeweils 30 Arbeitstage Ersatzurlaub für verfallenen Urlaub aus den Jahren 2006, 2007 und 2008 und somit insgesamt 90 Ersatzurlaubstage zu gewähren.

17

III. Mit der vom 15. Februar 2012 datierenden Freistellungserklärung hat die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Ersatzurlaub nicht erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Die Erfüllung eines Anspruchs auf Erholungsurlaub setzt voraus, dass der Arbeitnehmer durch eine sog. Freistellungserklärung des Arbeitgebers zu Erholungszwecken von seiner sonst bestehenden Arbeitspflicht befreit wird (BAG 19. Januar 2010 - 9 AZR 246/09 - Rn. 27). Diese Voraussetzungen erfüllt weder die Freistellungserklärung der Beklagten vom 15. Februar 2012 noch die Erklärung der Beklagten vom 30. Januar 2013. Diese Erklärungen lassen nicht erkennen, an welchen Tagen die Beklagte den Kläger zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub und an welchen Tagen sie ihn zu anderen Zwecken von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freistellte. Diese Differenzierung ist von Bedeutung, weil die Freistellung des Klägers zu anderen Zwecken ausdrücklich unter Anrechnung auf den Zwischenverdienst (§ 615 Satz 2 BGB) erfolgte (vgl. hierzu BAG 19. März 2002 - 9 AZR 16/01 - zu II 2 b bb (2) der Gründe). Deshalb oblag es der Beklagten, den Urlaubszeitraum konkret festzulegen. Daran fehlt es.

18

B. Die Beklagte hat gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen. Die Kosten der ersten und zweiten Instanz haben die Parteien entsprechend ihrem Obsiegen bzw. Unterliegen zu tragen (§ 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    Ropertz    

        

    Anthonisen    

                 

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(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

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(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

Der Schuldner hat während des Verzugs jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Er haftet wegen der Leistung auch für Zufall, es sei denn, dass der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung der Revision im Übrigen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 9. Mai 2014 - 3 Sa 686/13 - teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 22. März 2013 - 10 Ca 359/12 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für Urlaub aus dem Jahr 2012 drei Tage Ersatzurlaub zu gewähren.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu 3/4 zu tragen, die Beklagte zu 1/4.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten, ihm für verfallenen Urlaub aus den Jahren 2009 bis 2012 jeweils drei Tage Ersatzurlaub zu gewähren.

2

Auf das Arbeitsverhältnis der Beklagten und des am 12. Juli 1959 geborenen Klägers fand kraft beiderseitiger Tarifbindung ursprünglich Art. III § 1 des „Tarifvertrags zu § 71 BAT betreffend Besitzstandswahrung“ vom 23. Februar 1961 (im Folgenden TV zu § 71 BAT) Anwendung. Dieser verwies hinsichtlich der Urlaubsansprüche auf die Urlaubsverordnung für die Beamtinnen und Beamten im Lande Hessen (HUrlVO). § 5 HUrlVO (Urlaubsdauer) enthielt in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung vom 12. Dezember 2006 (aF) folgende Regelung:

        

„(1) Der Urlaubsanspruch richtet sich nach dem Lebensalter, das im Laufe des Kalenderjahres erreicht wird. Er beträgt bei einem Lebensalter von

        

bis zu 30 Jahren

26 Arbeitstage,

        

über 30 bis 40 Jahren

29 Arbeitstage,

        

über 40 bis 50 Jahren

30 Arbeitstage,

        

über 50 Jahren

33 Arbeitstage,

        

wenn die regelmäßige Arbeitszeit auf fünf Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt ist.

        

…“    

3

Unter dem 5. Dezember 2007 schloss die Beklagte mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) den „Manteltarifvertrag Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH“ (im Folgenden MTV UKGM), der am 1. Januar 2008 in Kraft trat. Dieser Tarifvertrag enthält ua. folgende Regelungen:

        

§ 29 

        

Erholungsurlaub

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält in jedem Kalenderjahr Erholungsurlaub unter Fortzahlung der Urlaubsvergütung.

        

...     

        
        

3.    

Die Dauer des Urlaubs richtet sich nach der Urlaubstabelle (Anlage 1a und b), die Bestandteil dieses Tarifvertrages ist.

                 

...     

        

10.     

Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubes auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. ...

                 

...     

        

§ 34   

        

Ausschlussfristen

        

1.    

Die Ansprüche aus den zwischen den Tarifvertragsparteien abgeschlossenen Tarifverträgen müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. …

        

...“   

        
4

Die Anlage 1b zum MTV UKGM sieht ua. Folgendes vor:

        

Beschäftigungsjahr

1. - 3.

4. - 7.

ab 8. 

        

Urlaubstage

26    

28    

30    

5

Weiter heißt es dort auszugsweise (im Folgenden Besitzstandsklausel):

        

„Arbeitnehmer[n], die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages am 01.01.2008 einen höheren Urlaubsanspruch als nach obiger Tabelle haben, wird dieser Urlaubsanspruch weitergewährt. Gleiches gilt für diejenigen Arbeitnehmer, die zum obigen Zeitpunkt nach der Hessischen Urlaubsverordnung (HUrlVO) vom 12. Dezember 2006 (GVBl. I S. 671) einen höheren Urlaubsanspruch gem. § 5 HUrlVO … hatten.“

6

Auf die Mitteilung der Beklagten, sein Anspruch auf Erholungsurlaub betrage nach Inkrafttreten des MTV UKGM 30 Arbeitstage, richtete der Kläger zusammen mit anderen Mitarbeiterinnen unter dem 24. Juni 2008 ein Schreiben an die Personalabteilung der Beklagten. In diesem heißt es ua. wie folgt:

        

„...   

        

als langjährige Mitarbeiterinnen … möchten wir nach der Zustellung des hauseigenen Tarifvertrags zu einer Ungleichbehandlung Stellung nehmen. Bislang galt die Vereinbarung, für alle Mitarbeiter, die das 50. Lebensjahr erreicht haben, ein zusätzliches Jahresurlaubskontingent von 3 Tagen in Anspruch nehmen zu dürfen. Mit der neuen tariflichen Regelung betrifft dies nur noch Mitarbeiter, die vor 2009 das 50. Lebensjahr erreichen. Für alle Mitarbeiter, die das 50. Lebensjahr später erreichen, ist dieses zusätzliche Urlaubskontingent ersatzlos gestrichen. Wir empfinden dies als Ungleichbehandlung, da nicht nachvollziehbar ist, weshalb einige Mitarbeiter diese 3 Tage bekommen und andere hingegen nicht. Im Zuge der Gleichbehandlung plädieren wir für eine Lösung, die allen Mitarbeitern mit 50+ dieses zusätzliche Urlaubskontingent zuspricht.“

7

In den Jahren 2009 bis einschließlich 2012 gewährte die Beklagte dem Kläger jeweils an 30 Arbeitstagen Erholungsurlaub.

8

Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, aus Gründen der Gleichbehandlung habe ihm in den Jahren 2009 bis 2012 ein Urlaubsanspruch im Umfang von jeweils 33 Arbeitstagen zugestanden.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Jahre 2009, 2010, 2011 und 2012 jeweils drei Tage Erholungsurlaub nachzugewähren.

10

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, die in Art. III § 1 TV zu § 71 BAT iVm. § 5 Abs. 1 Satz 2 HUrlVO aF angelegte Ungleichbehandlung diene insoweit dem Gesundheitsschutz, als sie dem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer Rechnung trage. Im Übrigen seien die von dem Kläger erhobenen Ansprüche nach § 34 Nr. 1 MTV UKGM verfallen.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet, soweit er Schadensersatz für den verfallenen Urlaub aus dem Jahr 2012 begehrt; im Übrigen ist sie nicht begründet.

13

A. Hinsichtlich des aus dem Jahr 2012 resultierenden Urlaubsanspruchs hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist in dem genannten Umfang begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte insoweit ein Anspruch auf drei Tage Ersatzurlaub zu. Anspruchsgrundlage sind § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 1 iVm. Satz 2, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB. Die in Art. III § 1 TV zu § 71 BAT iVm. § 5 Abs. 1 Satz 2 HUrlVO aF vorgesehene Urlaubsstaffelung diskriminierte den Kläger wegen des Alters. Dies hat zur Folge, dass sich der Urlaubsanspruch des Klägers im Jahr 2012 nicht auf 30, sondern auf 33 Tage belief.

14

I. Hat der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt, wandelt sich der im Verzugszeitraum verfallene Urlaubsanspruch in einen Schadensersatzanspruch um, der die Gewährung von Ersatzurlaub zum Inhalt hat (st. Rspr., zB BAG 19. Januar 2016 - 9 AZR 507/14 - Rn. 21).

15

II. Hinsichtlich des Urlaubsanspruchs aus dem Jahr 2012 liegen diese Voraussetzungen vor. Ab dem Tage nach der Zustellung der Klageschrift am 31. August 2012 befand sich die Beklagte mit der Gewährung von drei Arbeitstagen Urlaub in Verzug (§ 286 Abs. 1 Satz 1 iVm. Satz 2 BGB, § 253 Abs. 1 ZPO), bevor der Anspruch - frühestens - am 31. Dezember 2012 unterging (§ 29 Nr. 10 Abs. 1 Satz 1 MTV UKGM).

16

1. Am 1. Januar 2012 erwarb der Kläger einen Anspruch auf 33 Arbeitstage Urlaub. Der Urlaubsanspruch folgte aus der tariflichen Regelung des § 29 Nr. 3 Abs. 1 MTV UKGM iVm. der Besitzstandsklausel in der Anlage 1b zu diesem Tarifvertrag und Art. III § 1 TV zu § 71 BAT iVm. § 5 Abs. 1 Satz 2 HUrlVO aF, die auf den Kläger so anzuwenden sind, als wenn er bei Inkrafttreten des MTV UKGM bereits das 50. Lebensjahr vollendet hätte.

17

a) Nach Satz 1 der Besitzstandsklausel in der Anlage 1b zum MTV UKGM verbleibt es für Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MTV UKGM einen höheren Urlaubsanspruch als den in der Tabelle in der Anlage 1b bestimmten Anspruch hatten, bei diesem Anspruch. Entsprechend § 5 Abs. 1 Satz 2 HUrlVO aF, der nach Art. III § 1 TV zu § 71 BAT für die Bestimmung des Urlaubsumfangs maßgeblich war, hatten Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet hatten, Anspruch auf 33 Arbeitstage Urlaub.

18

b) Die Urlaubsstaffelung des Art. III § 1 TV zu § 71 BAT iVm. § 5 Abs. 1 Satz 2 HUrlVO aF, nach der der Kläger einen um drei Tage kürzeren Urlaub erhielt als Beschäftigte, die das 50. Lebensjahr bereits vollendet hatten, verstieß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG und war deshalb nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam(zur Anwendbarkeit der Vorschriften auf Tarifverträge vgl. BAG 15. Februar 2011 - 9 AZR 584/09 - Rn. 27). Dies hat zur Folge, dass dem Kläger bereits vor der Vollendung des 50. Lebensjahres in jedem Kalenderjahr ein Anspruch auf 33 Urlaubstage zustand (zu der Rechtsfolge einer „Anpassung nach oben“ vgl. BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 27 ff., BAGE 141, 73).

19

aa) Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass Art. III § 1 TV zu § 71 BAT, der den Regelungsgehalt des § 5 HUrlVO aF zum Inhalt der Tarifregelung macht, am Maßstab des AGG zu messen ist. Dem steht nicht entgegen, dass der TV zu § 71 BAT aus dem Jahre 1961 stammt, also zu einem Zeitpunkt vor dem Inkrafttreten des AGG im Jahre 2006 vereinbart wurde. Die Vorschriften des AGG sind auf tarifliche Urlaubsbestimmungen anzuwenden, sofern diese - wie vorliegend - den Anspruch eines Arbeitnehmers für Kalenderjahre regeln, die zeitlich nach dem Inkrafttreten des AGG liegen (vgl. BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 12, BAGE 141, 73).

20

bb) Art. III § 1 TV zu § 71 BAT iVm. § 5 Abs. 1 HUrlVO aF knüpfte die Dauer des dem Arbeitnehmer zustehenden Urlaubs an dessen Lebensalter und behandelte deshalb Beschäftigte, die wie der Kläger das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, unmittelbar wegen ihres Alters anders als Beschäftigte, die 50 Jahre oder älter waren (ausf. hierzu BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 14 f., BAGE 141, 73).

21

cc) Diese Ungleichbehandlung zulasten des Klägers ist nicht gerechtfertigt.

22

(1) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. Beides ist im Hinblick auf das konkret angestrebte Ziel zu beurteilen. Die Mittel sind deshalb nur dann angemessen und erforderlich, wenn sie es erlauben, das mit der unterschiedlichen Behandlung verfolgte Ziel zu erreichen, ohne zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen derjenigen Arbeitnehmer zu führen, die wegen ihres Alters benachteiligt werden, und die Maßnahme nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG konkretisiert ua. das legitime Ziel der Sicherstellung des Schutzes „älterer Beschäftigter“, wobei dieser Schutz auch die Festlegung besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließen kann (vgl. BAG 22. Oktober 2015 - 8 AZR 168/14 - Rn. 47 ff.).

23

(2) Beruft sich der Arbeitgeber darauf, eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters sei zulässig, obliegt es ihm darzulegen, dass mit der Ungleichbehandlung ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG angestrebt wird und dass die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Der Arbeitgeber genügt seiner Darlegungslast nicht bereits dann, wenn er allgemein geltend macht, die Regelung diene dem Schutz älterer Arbeitnehmer. Vielmehr hat er substanziierten Sachvortrag zu leisten (vgl. BAG 22. Oktober 2015 - 8 AZR 168/14 - Rn. 50 und 52).

24

(3) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte nicht ausreichend dargelegt, aufgrund welcher Umstände die in Art. III § 1 TV zu § 71 BAT iVm. § 5 Abs. 1 Satz 2 HUrlVO aF bestimmte Ungleichbehandlung wegen des Alters sachlich gerechtfertigt ist.

25

(a) Die Beklagte hat pauschal auf ein „mit zunehmendem Alter gesteigertes Erholungsbedürfnis“ und den mit der Tarifregelung bezweckten „Gesundheitsschutz“ verwiesen. Das reicht nicht aus. Es ist bereits fraglich, ob eine Urlaubsstaffel, die - wie hier - bereits ab dem vollendeten 30. Lebensjahr eine Erhöhung des Urlaubsumfangs vorsieht, den Zweck verfolgt, ältere Arbeitnehmer zu schützen (vgl. im Einzelnen BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 20, BAGE 141, 73 unter Bezugnahme auf BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 55, BAGE 132, 210). Die Beklagte hat jedenfalls nicht dargetan, aufgrund welcher konkreten Umstände unter Berücksichtigung des den Tarifvertragsparteien zustehenden Ermessensspielraums (vgl. BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - Rn. 18, BAGE 149, 315) und ihrer grundsätzlichen Befugnis zur Generalisierung und Typisierung bei der Gruppenbildung (vgl. BAG 16. Oktober 2014 - 6 AZR 661/12 - Rn. 28, BAGE 149, 297) davon auszugehen ist, dass bei sämtlichen Arbeitnehmern, die das 50. Lebensjahr vollendet hatten, ein gegenüber jüngeren Arbeitnehmern erhöhtes Erholungsbedürfnis vorlag. Darüber hinaus hat sie nicht vorgetragen, dass die Tarifvertragsparteien diesem Bedürfnis durch die Gewährung eines erhöhten Urlaubsanspruchs Rechnung tragen wollten. Ferner fehlt es an Vortrag zu der Frage, ob die von den Tarifvertragsparteien gewählte Lösung ihrem Wesen nach geeignet war, den mit der Urlaubsgewährung verfolgten Zweck merklich zu fördern, und ob die von den Tarifvertragsparteien gefundene Lösung sich auf ein Maß beschränkte, das nicht über das Erforderliche hinausging. Schließlich oblag es der Beklagten darzulegen, dass die vorstehenden Kriterien für sämtliche Tarifunterworfenen ohne Rücksicht auf die Umstände erfüllt waren, unter denen die einzelnen Beschäftigtengruppen ihre Arbeitsleistung erbrachten. Dieser Obliegenheit ist sie nicht nachgekommen.

26

(b) Der von dem Landesarbeitsgericht gebildete Erfahrungssatz, infolge einer Abnahme der physischen Belastbarkeit sei bei Beschäftigten, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, generell von einem erhöhten Erholungsbedürfnis und einer längeren Regenerationszeit auszugehen, existiert in dieser Allgemeinheit nicht. Die Abnahme körperlicher Fähigkeiten, die auch altersbedingt sein kann (vgl. BAG 22. Oktober 2015 - 8 AZR 168/14 - Rn. 56), bedeutet nicht, dass diese unabhängig vom Berufsbild zu einem in bestimmtem Umfang erhöhten Erholungsbedarf führt, der zudem an bestimmten Altersstufen festgemacht werden könnte (eingehend hierzu Temming Altersdiskriminierung im Arbeitsleben S. 55 ff.). Gerade ältere Arbeitnehmer können über besondere Stärken, insbesondere über fachliche Erfahrung als Resultat langjähriger Tätigkeit verfügen, die sie für bestimmte anspruchsvolle Aufgaben in besonderem Maße geeignet machen.

27

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten unterfallen Satz 1 der Besitzstandsklausel in der Anlage 1b zum MTV UKGM nicht nur diejenigen Arbeitnehmer, die entsprechend dem Wortlaut von Art. III § 1 TV zu § 71 BAT iVm. § 5 Abs. 1 Satz 2 HUrlVO aF einen erhöhten Urlaubsanspruch hatten, sondern auch diejenigen Beschäftigten, die aufgrund einer „Anpassung nach oben“ Inhaber eines erhöhten Urlaubsanspruchs waren. Dies ergibt die Auslegung der Tarifbestimmung (zu den für Tarifverträge geltenden Auslegungsgrundsätzen vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 962/08 - Rn. 17 mwN, BAGE 134, 184).

28

aa) Bereits der Wortlaut der Vorschrift ist eindeutig. Nach Satz 1 der Besitzstandsklausel in der Anlage 1b zum MTV UKGM genießen die Arbeitnehmer Besitzstandsschutz, die am 1. Januar 2008 einen „höheren Urlaubsanspruch“ als nach der Tabelle in der Anlage 1b hatten. Dies traf auf Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet hatten, ebenso zu wie auf Arbeitnehmer, die infolge Gleichbehandlung Inhaber eines gleich hohen Urlaubsanspruchs waren. Eine Einschränkung dahin gehend, dass der höhere Urlaubsanspruch auf den Vorgaben der Urlaubstabelle des Art. III § 1 TV zu § 71 BAT iVm. § 5 Abs. 1 Satz 2 HUrlVO aF beruhen musste, sieht die Tarifbestimmung nicht vor.

29

bb) Auch der systematische Zusammenhang, in den Satz 1 der Besitzstandsklausel in der Anlage 1b zum MTV UKGM eingebunden ist, spricht gegen die Ansicht der Beklagten. Nach Satz 2 der Besitzstandsklausel gilt der Schutz überkommener Urlaubsansprüche auch für diejenigen Arbeitnehmer, die zum maßgeblichen Zeitpunkt einen höheren Urlaubsanspruch gemäß Art. III § 1 TV zu § 71 BAT iVm. § 5 HUrlVO aF hatten. Folgte man der Lesart der Beklagten, hätten beide Tarifbestimmungen einen identischen Regelungsgehalt. Mangels besonderer Anhaltspunkte ist nicht anzunehmen, dass die Tarifvertragsparteien redundante Regelungen tarifieren wollten.

30

cc) Auch der Sinn und Zweck der Tarifnorm sprechen gegen die Bedeutung, die die Beklagte der Besitzstandsklausel in der Anlage 1b zum MTV UKGM beilegt. Die Besitzstandsklausel will verhindern, dass Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MTV UKGM einen höheren Urlaubsanspruch hatten, durch das neue Tarifregime schlechter gestellt werden. Das von den Tarifvertragsparteien anerkannte Bedürfnis des Arbeitnehmers, gegen eine Absenkung des Urlaubsanspruchs geschützt zu werden, besteht unabhängig davon, ob der Urlaubsanspruch aus Art. III § 1 TV zu § 71 BAT iVm. § 5 HUrlVO aF folgt oder vom Arbeitgeber aus Gründen der Gleichbehandlung geschuldet wird.

31

2. Die Beklagte hat den ursprünglich 33 Arbeitstage umfassenden Urlaubsanspruch des Klägers für das Jahr 2012 durch Gewährung von 30 Arbeitstagen Urlaub teilweise erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB), sodass sie sich zu dem Zeitpunkt, zu dem der restliche Anspruch infolge Zeitablaufs unterging, lediglich mit der Gewährung von drei Arbeitstagen Urlaub im Verzug befand.

32

3. Der Kläger hat mit Erhebung der Klage den Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten unter Wahrung der in § 34 Nr. 1 MTV UKGM geregelten Ausschlussfrist geltend gemacht.

33

B. Im Übrigen ist die Revision des Klägers unbegründet. Hinsichtlich des von dem Kläger begehrten Ersatzurlaubs für den im Umfang von jeweils drei Arbeitstagen verfallenen Urlaub aus den Jahren 2009 bis 2011 hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist insoweit zulässig, aber nicht begründet. Dem Kläger steht der erhobene Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens nicht zu, da er die dreimonatige Ausschlussfrist des § 34 Nr. 1 MTV UKGM versäumt hat(zur Anwendung tariflicher Ausschlussfristen auf den Anspruch auf Ersatzurlaub vgl. BAG 24. Oktober 1995 - 9 AZR 547/94 - zu II 3 der Gründe, BAGE 81, 173).

34

Als der Kläger die Ansprüche erstmalig mit Erhebung der Klage im August 2012 gegenüber der Beklagten geltend machte, waren diese bereits verfallen. Das an die Personalabteilung der Beklagten gerichtete Schreiben vom 24. Juni 2008 genügt den Anforderungen an eine Geltendmachung iSd. § 34 Nr. 1 MTV UKGM nicht. Darauf hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen. Der Kläger verlautbarte in dem Schreiben die Forderung, eine „Lösung“ zu finden, die einen zusätzlichen Anspruch auf Urlaub vorsieht. Die - in der Zukunft liegende - Einräumung eines Anspruchs ist schon begrifflich nicht mit der Geltendmachung eines - bestehenden - Anspruchs gleichzusetzen.

35

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Parteien haben die Kosten des Rechtsstreits entsprechend ihrem Unterliegen in der Hauptsache zu tragen.

        

    Brühler    

        

    Klose    

        

    Suckow    

        

        

        

    Merte    

        

    Spiekermann    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 12. August 2013 - 7 Sa 770/12 - teilweise aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht den auf Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses über den 30. Juni 2011 hinaus gerichteten Feststellungsantrag zu 1. vollständig abgewiesen hat.

Insoweit wird auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 3. Mai 2012 - 20 Ca 8590/11 - teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht am 30. Juni 2011, sondern erst am 13. Juli 2011 geendet hat.

2. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 12. August 2013 - 7 Sa 770/12 - auch insoweit aufgehoben, als das Landesarbeitsgericht den Antrag des Klägers auf Weiterbeschäftigung, den Antrag auf Zahlung von Urlaubsabgeltung für das Jahr 2011 in Höhe von 3.556,32 Euro nebst Zinsen und den Antrag auf Zahlung von 5.273,15 Euro brutto abzüglich 3.145,91 Euro netto für Juli 2011 nebst Zinsen abgewiesen hat.

Die Sache wird hinsichtlich des Antrags auf Zahlung von Urlaubsabgeltung für das Jahr 2011 in Höhe von 3.556,32 Euro nebst Zinsen und des Antrags auf Zahlung von 5.273,15 Euro brutto abzüglich 3.145,91 Euro netto für Juli 2011 nebst Zinsen zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

3. Die Revision des Klägers wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Abweisung des auf die Abgabe eines Vertragsangebots gerichteten Hilfsantrags zu 2. richtet.

4. Im Übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund des Eintritts einer auflösenden Bedingung, Wiedereinstellung, Gewährung bzw. Abgeltung von Erholungs- und Zusatzurlaub sowie Vergütungsansprüche.

2

Der 1949 geborene Kläger war seit dem 1. April 1983 bei der beklagten Gewerkschaft bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt, zuletzt in deren Büro F mit einer Bruttomonatsvergütung von 4.808,00 Euro.

3

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die jeweils durch Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossenen Allgemeinen Arbeitsbedingungen für die v -Beschäftigten (im Folgenden: AAB) Anwendung. In der ab Februar 2011 geltenden Fassung der AAB heißt es - soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung - wie folgt:

        

㤠12 Urlaubsgeld

        

(1)     

Alle Beschäftigten mit Anspruch auf Arbeitsentgelt, Entgeltfortzahlung, Krankengeldzuschuss oder Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, erhalten ein Urlaubsgeld in Höhe von 922 € brutto als dynamisierten Festbetrag.

                 

…       

        

(3)     

Im laufenden Kalenderjahr eintretende/austretende Beschäftigte haben für jeden vollen Kalendermonat ihrer Beschäftigung Anspruch auf 1/12 des Urlaubsgeldes.

                 
        

§ 13 Jahressonderzahlung

        

(1)     

Alle Beschäftigten mit Anspruch auf Arbeitsentgelt, Entgeltfortzahlung, Krankengeldzuschuss oder Zuschuss zum Mutterschaftsgeld erhalten eine Jahressonderzahlung (13. Gehalt) in Höhe eines Monatsgehaltes.

                 

…       

        

(2)     

Im laufenden Kalenderjahr eintretende/ausscheidende Beschäftigte haben für jeden vollen Kalendermonat ihrer Beschäftigung Anspruch auf 1/12 der Jahressonderzahlung.

        

...     

        
        

§ 17 Urlaub

        

(1)     

Beschäftigte haben unter Fortzahlung des Entgelts Anspruch auf Jahresurlaub. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

        

(2)     

Für Beschäftigte, deren durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf 5 Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt ist, beträgt der Urlaub 33 Arbeitstage.

        

…       

        
        

(4)     

Der Urlaub ist spätestens bis zum Ende des Urlaubsjahres zu beantragen und zu gewähren und anzutreten.

                 

Auf Antrag des/der Beschäftigten kann der Urlaub bis zum 31. März des folgenden Urlaubsjahres übertragen werden.

                 

Konnte er wegen Arbeitsunfähigkeit des/der Beschäftigten bis zum 31. März nicht angetreten werden, ist er spätestens bis zum 30. Juni zu gewähren und anzutreten.

        

(5)     

Urlaub, der nicht rechtzeitig genommen wurde, verfällt.

                 

Für den gesetzlichen Mindesturlaub gilt, dass dieser Urlaub, wenn er aufgrund von Krankheit bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums ganz oder teilweise wegen Arbeitsunfähigkeit nicht gewährt werden konnte, nicht verfällt.

                 

Dies gilt auch für den gesetzlichen Sonderurlaub für schwerbehinderte Menschen.

        

…       

        
        

(7)     

Schwerbehinderte Menschen erhalten einen Zusatzurlaub von insgesamt 6 Arbeitstagen unter Anrechnung des gesetzlichen Zusatzurlaubs.

                 

…       

        

(10)   

Im übrigen gilt das Bundesurlaubsgesetz in seiner jeweils gültigen Fassung.

        

§ 22 Beendigung des Arbeitsverhältnisses

        

…       

        
        

(3)     

Das Arbeitsverhältnis endet spätestens mit Erreichen der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung oder mit Ablauf des Monats, in dem eine Rente wegen Alters in voller Höhe gewährt wird.

        

…       

        
        

§ 26 Ausschlussfrist

        

(1)     

Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Fälligkeit von dem/der Beschäftigten oder von v schriftlich geltend gemacht werden.

        

…“    

        
4

Der Kläger unterrichtete die Beklagte im August 2007 über die Anerkennung seiner Schwerbehinderteneigenschaft, die mit Wirkung vom 1. Januar 1998 festgestellt worden war. In den Jahren zuvor hatte er weder die Gewährung noch die Übertragung des jeweiligen Zusatzurlaubs für schwerbehinderte Menschen beantragt.

5

Dem Kläger wurde mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 20. April 2011 auf seinen Antrag mit Wirkung ab dem 1. Juli 2011 Altersrente für schwerbehinderte Menschen gewährt. Mit Schreiben vom 22. Juni 2011, dem Kläger zugegangen am 29. Juni 2011, teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sein Arbeitsverhältnis gemäß § 22 Abs. 3 AAB mit dem 30. Juni 2011 ende. Sie zahlte an den Kläger 5.112,21 Euro brutto als Urlaubsabgeltung für 20 Tage Erholungsurlaub und drei Tage Zusatzurlaub aus dem Jahr 2011.

6

Mit seiner am 27. Dezember 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 6. Januar 2012 zugestellten Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis sei nicht wegen Bezugs einer Rente in voller Höhe nach § 22 Abs. 3 Alt. 2 AAB beendet. Die Regelung sei unwirksam. Außerdem lägen die Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 Alt. 2 AAB nicht vor. Die auflösende Bedingung gelte zudem nach § 41 Satz 2 SGB VI als auf den Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersgrenze vereinbart. Die Beklagte sei verpflichtet, ihm für die Jahre 1998 bis 2006 noch 45 Tage Zusatzurlaub und für das Jahr 2011 drei Tage Zusatzurlaub sowie 13 Tage Erholungsurlaub zu gewähren, hilfsweise für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten. Der Zusatzurlaub aus den Jahren 1998 bis 2006 sei nicht verfallen. Im Übrigen habe der Landesbezirksleiter B ihm die Abgeltung des gesamten Urlaubs einschließlich des Zusatzurlaubs zugesagt. Ferner stehe ihm für den Monat Juli 2011 das Arbeitsentgelt zuzüglich einer persönlichen Zulage, anteiliges Urlaubsgeld und anteilige Jahressonderzahlung unter den Gesichtspunkten des Annahmeverzugs und des Schadensersatzes zu.

7

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass zwischen den Parteien über den 30. Juni 2011 hinaus ein Arbeitsverhältnis mit ihm als geschäftsführender Sekretär und Rechtssekretär im v-Flughafenbüro F fortbesteht,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn nach Obsiegen in der Berufungsinstanz als geschäftsführenden Sekretär und Rechtssekretär im v-Flughafenbüro F zu den sonstigen Bedingungen des bis zum 30. Juni 2011 geltenden Arbeitsvertrags auf der Basis der zu beachtenden Entgeltgruppe zuzüglich der persönlichen Zulage von monatlich 383,15 Euro ab sofort weiter zu beschäftigen,

                 

hilfsweise zu 2. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Vertragsangebot als voll beschäftigter Arbeitnehmer ab dem 1. Juli 2011 mit dem Inhalt zu unterbreiten, den das Arbeitsverhältnis gehabt hätte, wenn er ohne Unterbrechung weiter bei der Beklagten beschäftigt worden wäre und zwar als geschäftsführender Sekretär und Rechtssekretär im v-Flughafenbüro F zu den sonstigen Bedingungen bis zum Monat Mai 2014 auf der Basis der EG 8.1 zuzüglich der persönlichen Zulage von monatlich 383,15 Euro zuzüglich eines Urlaubsgeldes in Höhe von 922,00 Euro jährlich und eines 13. Monatsgehalts auf der Basis der oben genannten EG 8.1 zuzüglich der persönlichen Zulage in Höhe von 383,15 Euro,

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Zusatzurlaub in Höhe von 45 Arbeitstagen für den Zeitraum 1998 bis 2006 sowie anteiligen Jahresurlaub von 13 Arbeitstagen und Zusatzurlaub für das Jahr 2011 von drei Arbeitstagen zu bewilligen,

                 

hilfsweise für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis mit dem 31. Juli 2011 sein Ende gefunden hat, an ihn 19.315,88 Euro abzüglich 3.145,91 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2011 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis habe aufgrund Bedingungseintritts nach § 22 Abs. 3 Alt. 2 AAB am 30. Juni 2011 geendet. Die auflösende Bedingung gelte als wirksam und eingetreten, da der Kläger die Klagefrist nicht gewahrt habe. Daher stehe dem Kläger weder weitergehende Urlaubsabgeltung noch die Zahlung von Entgelt, anteiligen Urlaubsgeldes und anteiliger Jahressonderzahlung für Juli 2011 zu. Der Zusatzurlaubsanspruch für die Jahre 1998 bis 2006 sei verfallen.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Dabei begehrt er mit dem Hilfsantrag zum Antrag zu 3. die Zahlung von Urlaubsabgeltung in Höhe von 13.558,47 Euro netto und mit einem gesonderten Antrag zu 4. die Zahlung von Entgelt zuzüglich einer persönlichen Zulage, anteiligem Urlaubsgeld und anteiliger Jahressonderzahlung für Juli 2011 in Höhe von insgesamt 5.789,41 Euro brutto abzüglich 3.145,91 Euro netto, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2011. Den Antrag zu 1. stützt der Kläger ergänzend auf die Behauptung, die Parteien hätten die Geltung des § 22 Abs. 3 AAB im Jahr 1985 abbedungen. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision hat teilweise Erfolg. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund Eintritts der auflösenden Bedingung nach § 22 Abs. 3 Alt. 2 AAB geendet hat. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht verkannt, dass das Arbeitsverhältnis nicht schon mit dem Ablauf des 30. Juni 2011, sondern erst zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Klägers durch die Beklagte über den Zeitpunkt des Bedingungseintritts, somit am 13. Juli 2011, geendet hat. In diesem Umfang ist dem Bedingungskontrollantrag zu 1. unter teilweiser Aufhebung bzw. Abänderung der Urteile der Vorinstanzen stattzugeben. Das Landesarbeitsgericht durfte daher den Zahlungsantrag, soweit er auf Zahlung des Entgelts nebst Zulage für Juli 2011 und Abgeltung von Erholungs- und Zusatzurlaub für das Jahr 2011 gerichtet ist, nicht mit der Begründung abweisen, das Arbeitsverhältnis sei bereits am 30. Juni 2011 beendet worden. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob und ggf. in welcher Höhe dem Kläger diese Ansprüche zustehen. Insoweit ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Das Landesarbeitsgericht hat durch seine Entscheidung über den als Hilfsantrag gestellten Weiterbeschäftigungsantrag gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßen. Insoweit ist das Urteil ersatzlos aufzuheben. In Bezug auf den Hilfsantrag zum Antrag zu 2. ist die Revision unzulässig. Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger weder die Gewährung noch die Abgeltung von Zusatzurlaub aus den Jahren 1998 bis 2006, noch die Zahlung von anteiligem Urlaubsgeld und anteiliger Jahressonderzahlung für Juli 2011 verlangen kann.

11

I. Die Revision des Klägers hat in Bezug auf den Klageantrag zu 1. teilweise Erfolg. Der Klageantrag zu 1. ist zulässig, aber überwiegend unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund Bedingungseintritts nach § 22 Abs. 3 Alt. 2 AAB nicht, wie vom Landesarbeitsgericht angenommen, am 30. Juni 2011, sondern erst am 13. Juli 2011 geendet.

12

1. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag als Bedingungskontrollantrag iSv. §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG ausgelegt. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger den Antrag in der Revision ergänzend darauf gestützt hat, dass die Geltung des § 22 Abs. 3 AAB abbedungen worden sei, liegt darin eine Klageerweiterung um eine allgemeine Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Diese Klageerweiterung ist in der Revision unzulässig.

13

a) Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag zu 1. zu Recht als Bedingungskontrollantrag iSv. §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG verstanden. Dies ergibt die Auslegung der Prozesserklärungen des Klägers.

14

aa) Das Revisionsgericht hat prozessuale Erklärungen selbständig auszulegen. Maßgebend sind die für Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze. Entsprechend § 133 BGB ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, vielmehr ist der in der Erklärung verkörperte Wille zu ermitteln. Im Zweifel sind Prozesserklärungen dahin auszulegen, dass das gewollt ist, was aus Sicht der Prozesspartei nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen Belange des Prozessgegners zu berücksichtigen (vgl. etwa BAG 12. November 2013 - 3 AZR 92/12 - Rn. 27 mwN).

15

bb) Danach war das Klagebegehren in den Vorinstanzen trotz der nicht an § 17 Satz 1 TzBfG orientierten Formulierung des Klageantrags und der anderslautenden Erklärungen des Klägers als Bedingungskontrollklage iSv. §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG zu verstehen.

16

(1) Der Kläger hat in den Vorinstanzen geltend gemacht, sein Arbeitsverhältnis sei nicht wegen Bezugs einer Rente in voller Höhe gemäß § 22 Abs. 3 AAB am 30. Juni 2011 beendet worden, da § 22 Abs. 3 Alt. 2 AAB unwirksam und die Bedingung nicht eingetreten sei. Die Unwirksamkeit und der Nichteintritt der auflösenden Bedingung sind nicht mit einer allgemeinen Feststellungsklage, sondern mit einer Bedingungskontrollklage geltend zu machen. Die Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG ist auch dann einzuhalten, wenn nicht die Wirksamkeit der Bedingung, sondern deren tatsächlicher Eintritt im Streit steht. Ob die auflösende Bedingung eingetreten ist, hängt regelmäßig von der Auslegung der tariflichen oder einzelvertraglichen Bedingungsabrede ab. Die Frage des Eintritts der auflösenden Bedingung ist deswegen häufig mit der Beurteilung der Rechtswirksamkeit der Bedingungsabrede verknüpft. Die Auslegung der Bedingungsabrede ist maßgeblich dafür, ob die Bedingung eingetreten ist. Wegen des fast untrennbaren Zusammenhangs der Wirksamkeit und des Eintritts der auflösenden Bedingung sind beide Fragen Gegenstand der Bedingungskontrollklage (st. Rspr. seit BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 18 ff., 21, BAGE 137, 292; 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 23; 10. Oktober 2012 - 7 AZR 602/11 - Rn. 12 f.; 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 18, BAGE 148, 357; 14. Januar 2015 - 7 AZR 880/13 - Rn. 13). Hierunter fällt auch der Einwand des Klägers, die Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 Alt. 2 AAB hätten jedenfalls nicht vor dem 31. Juli 2011 vorgelegen. Damit rügt der Kläger, die Bedingung sei zum streitgegenständlichen Beendigungstermin am 30. Juni 2011 nicht eingetreten. Die Frage, ob eine auflösende Bedingung überhaupt eingetreten ist, ist unter Berücksichtigung des punktuellen Streitgegenstands einer Bedingungskontrollklage iSv. §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG - der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung - mit der Frage nach dem Zeitpunkt des Bedingungseintritts untrennbar verknüpft. Beides ist gleichermaßen von der Auslegung der Bedingungsabrede abhängig. Damit ist die Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG auch dann einzuhalten, wenn nicht der Bedingungseintritt als solcher, sondern dessen Zeitpunkt im Streit steht.

17

(2) Bei dem Antrag zu 1. hätte es sich in den Vorinstanzen allerdings dann nicht ausschließlich um einen Bedingungskontrollantrag nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG, sondern auch um einen allgemeinen Feststellungsantrag iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gehandelt, wenn der Kläger sich zusätzlich darauf berufen hätte, die auflösende Bedingung sei nicht Vertragsbestandteil geworden. Dies ist nicht mit einer Befristungskontrollklage nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG, sondern mit einer allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO geltend zu machen(vgl. zur Befristungskontrollklage BAG 16. April 2008 - 7 AZR 132/07 - Rn. 10 mwN, BAGE 126, 295). Der Kläger hat jedoch nicht dargelegt, in den Vorinstanzen einen solchen Einwand erhoben zu haben. Die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe sich nicht mit seinem Vortrag zur Vereinbarung aus dem Jahr 1985 befasst, in der eine gegenüber § 22 Abs. 3 AAB günstigere einzelvertragliche Vereinbarung zu sehen sei, greift nicht durch. Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützen will. Bei einer auf § 286 ZPO gestützten Rüge wegen nicht berücksichtigten Vortrags bedarf es der Angabe der genauen vorinstanzlichen Fundstelle nach Schriftsatz und bei umfangreichen Schriftsätzen nach Seitenzahl, an der der Vortrag gehalten wurde(vgl. BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 3 d aa der Gründe mwN, BAGE 109, 145). Diesen Anforderungen wird die Verfahrensrüge des Klägers nicht gerecht. Es fehlt an der Angabe, auf welcher Seite der umfangreichen Schriftsätze vom 4. April 2012, 22. August 2012, 20. November 2012 und vom 21. Juni 2013 er diesen Vortrag gehalten haben will. Der Kläger hat zwar in diesen Schriftsätzen zur Begründung seines Zeugnisantrags und des Anspruchs auf Zahlung einer persönlichen Zulage den Abschluss eines Änderungsvertrags dargelegt. Nach seiner eigenen Behauptung betraf der Änderungsvertrag jedoch nur die Tätigkeit und die Vergütung, nicht aber die weiteren Arbeitsbedingungen. Der Kläger hat im Schriftsatz vom 4. April 2012 und mit Schriftsatz vom 22. August 2012 vorgetragen, dass zwischen den Parteien die Bestimmungen des Arbeitsvertrags aus dem Jahr 1983 in Verbindung mit der Änderungsvereinbarung aus dem Jahr 1985 gelten und dass die AAB in der aktuellen Fassung anzuwenden seien.

18

b) Die mit der Revision vorgenommene Klageänderung ist unzulässig.

19

aa) Mit der Revision hat der Kläger ergänzend behauptet, die Parteien hätten im Jahr 1985 eine gegenüber § 22 Abs. 3 AAB günstigere einzelvertragliche Vereinbarung getroffen. Damit hat er den Bedingungskontrollantrag um einen allgemeinen Feststellungsantrag iSv. § 256 Abs. 1 ZPO erweitert.

20

bb) Diese Klageänderung ist unzulässig.

21

(1) Nach § 559 Abs. 1 ZPO ist in der Revisionsinstanz eine Klageänderung grundsätzlich ausgeschlossen. Der Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz bildet nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch bezüglich der Anträge der Parteien die Entscheidungsgrundlage für das Revisionsgericht. Hiervon hat das Bundesarbeitsgericht insbesondere aus prozessökonomischen Gründen Ausnahmen in den Fällen des § 264 Nr. 2 ZPO zugelassen sowie dann, wenn sich der geänderte Sachantrag auf einen in der Berufungsinstanz festgestellten oder von den Parteien übereinstimmend vorgetragenen Sachverhalt stützen kann, sich das rechtliche Prüfprogramm nicht wesentlich ändert und die Verfahrensrechte der anderen Partei durch eine Sachentscheidung nicht verkürzt werden(vgl. etwa BAG 22. Oktober 2014 - 5 AZR 731/12 - Rn. 36, BAGE 149, 343).

22

(2) Danach ist die Klageänderung unzulässig. Sie ist auf die Behauptung gestützt, die Parteien hätten § 22 Abs. 3 AAB durch eine einzelvertragliche Vereinbarung abbedungen. Dies ist weder vom Landesarbeitsgericht festgestellt noch zwischen den Parteien unstreitig.

23

2. Die Bedingungskontrollklage ist zulässig. Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er bezeichnet die zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch auflösende Bedingung hinreichend genau. Für eine Bedingungskontrollklage bedarf es keines besonderen Feststellungsinteresses (BAG 12. August 2015 - 7 AZR 592/13 - Rn. 13).

24

3. Der Bedingungskontrollantrag ist überwiegend unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nach § 22 Abs. 3 Alt. 2 AAB am 13. Juli 2011 wegen Bedingungseintritts geendet. Die auflösende Bedingung der Gewährung einer Rente wegen Alters in voller Höhe gilt als wirksam und als zum 30. Juni 2011 eingetreten. Allerdings ist das Arbeitsverhältnis nicht bereits mit Ablauf des 30. Juni 2011, sondern erst zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Mitteilung der Beklagten über den Zeitpunkt des Bedingungseintritts, somit am 13. Juli 2011, beendet worden.

25

a) Die auflösende Bedingung nach § 22 Abs. 3 Alt. 2 AAB gilt nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam und als am 30. Juni 2011 eingetreten.

26

aa) Nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG gilt eine auflösende Bedingung als wirksam und als zu dem in der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber angegebenen Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung als eingetreten, wenn der Arbeitnehmer die Rechtsunwirksamkeit der auflösenden Bedingung und den fehlenden Eintritt der Bedingung zu dem in der schriftlichen Unterrichtung angegebenen Zeitpunkt nicht innerhalb der Dreiwochenfrist nach §§ 21, 17 Sätze 1 und 3, § 15 Abs. 2 TzBfG gerichtlich geltend gemacht hat.

27

Die dreiwöchige Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG beginnt bei Bedingungskontrollklagen grundsätzlich mit dem Tag, an dem die auflösende Bedingung eingetreten ist. Allerdings endet der auflösend bedingte Arbeitsvertrag nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der Bedingung. Deshalb wird gemäß §§ 21, 17 Sätze 1 und 3, § 15 Abs. 2 TzBfG die Klagefrist erst mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Eintritts der Bedingung beendet, in Lauf gesetzt, wenn die Bedingung bereits vor Ablauf der Zweiwochenfrist eingetreten ist(grundlegend BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 22, BAGE 137, 292; 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 19, BAGE 148, 357; 12. August 2015 - 7 AZR 592/13 - Rn. 20). Das gilt nicht nur, wenn der Eintritt der auflösenden Bedingung im Streit steht, sondern auch dann, wenn die Parteien über den Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung streiten. In diesem Fall beginnt die Dreiwochenfrist grundsätzlich mit dem vom Arbeitgeber in der schriftlichen Erklärung angegebenen Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung zu laufen. Geht dem Arbeitnehmer die schriftliche Erklärung des Arbeitgebers nach diesem Zeitpunkt zu, beginnt die Dreiwochenfrist mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung beim Arbeitnehmer.

28

bb) Danach gilt die auflösende Bedingung als wirksam und als am 30. Juni 2011 eingetreten.

29

(1) Der Kläger hat die vorliegende Bedingungskontrollklage nicht rechtzeitig innerhalb der Dreiwochenfrist der §§ 21, 17 Sätze 1 und 3, § 15 Abs. 2 TzBfG erhoben. Die Klagefrist begann mit dem 30. Juni 2011 und endete nach Ablauf von drei Wochen am 21. Juli 2011 (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB). Die Klage ist erst am 27. Dezember 2011 beim Arbeitsgericht eingegangen.

30

(2) Da die auflösende Bedingung somit nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 KSchG als wirksam gilt, hat sich das Landesarbeitsgericht zu Recht mit dem Vorbringen des Klägers zur Unwirksamkeit von § 22 Abs. 3 Alt. 2 AAB nicht befasst. Darin liegt entgegen der Auffassung des Klägers keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG. Auf dieses Vorbringen des Klägers kommt es nicht an, weil die Fiktionswirkung grundsätzlich alle Unwirksamkeitsgründe erfasst. Die umfassende Fiktionswirkung entspricht dem Zweck des Erfordernisses der fristgebundenen Klage, die Interessen des Arbeitgebers und des Rechtsverkehrs an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu schützen (vgl. BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 21, BAGE 137, 292). Ebenso wenig kommt es auf das Vorbringen des Klägers zum fehlenden Bedingungseintritt an. Die auflösende Bedingung gilt als eingetreten, da der Kläger nicht innerhalb der Dreiwochenfrist Klage nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG erhoben hat.

31

(3) Der Kläger beruft sich ohne Erfolg auf § 41 Satz 2 SGB VI idF des zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007. Danach gilt eine Vereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der Arbeitnehmer vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente wegen Alters beantragen kann, dem Arbeitnehmer gegenüber als auf das Erreichen der Regelaltersgrenze abgeschlossen, es sei denn, dass die Vereinbarung innerhalb der letzten drei Jahre vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen oder von dem Arbeitnehmer innerhalb der letzten drei Jahre vor diesem Zeitpunkt bestätigt worden ist. Es kann dahinstehen, ob mit der Versäumung der Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu dem vereinbarten Zeitpunkt als wirksam geworden gilt(so ErfK/Rolfs 15. Aufl. § 41 SGB VI Rn. 18; Freudenberg in jurisPK-SGB VI § 41 Rn. 34). Der Anwendungsbereich des § 41 Satz 2 SGB VI ist hier schon deshalb nicht eröffnet, weil § 41 Satz 2 SGB VI nur für einzelvertraglich vereinbarte Altersgrenzen vor Vollendung des Regelrentenalters gilt(BAG 13. Oktober 2015 - 1 AZR 853/13 - Rn. 40). Außerdem betrifft diese Vorschrift Vereinbarungen, nach denen das Arbeitsverhältnis zu dem Zeitpunkt endet, zu dem der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente wegen Alters zu beantragen. § 22 Abs. 3 Alt. 2 AAB knüpft die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht an den Zeitpunkt an, zu dem der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, vor Erreichen der Regelaltersgrenze Rente wegen Alters zu beantragen, sondern an den Zeitpunkt der Rentengewährung. Der Zweck des § 41 Satz 2 SGB VI gebietet nicht dessen Anwendung auf Regelungen wie diejenige in § 22 Abs. 3 AAB. § 41 Satz 2 SGB VI dient dem Schutz der Dispositionsbefugnis des Arbeitnehmers, vor Erreichen der Regelaltersgrenze frei über den Beginn des Ruhestands entscheiden zu können. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass ein vorzeitiger Rentenanspruch nicht zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses führt, wenn der Arbeitnehmer einer solchen nicht im rentennahen Alter zugestimmt hat (BT-Drs. 16/3794 S. 34). Die sozialrechtliche Dispositionsbefugnis wird durch § 22 Abs. 3 Alt. 2 AAB nicht berührt, da die Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Rentengewährung und damit einen Rentenantrag des Arbeitnehmers voraussetzt. Der Arbeitnehmer kann selbst entscheiden, ob er die Voraussetzungen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Erreichen der Regelaltersgrenze durch einen Rentenantrag herbeiführt. Diese Regelung zwingt den Arbeitnehmer nicht zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, sondern nimmt ihm nur die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen und gleichzeitig Altersruhegeld zu beziehen. Dies läuft dem Zweck des § 41 Satz 2 SGB VI nicht zuwider(vgl. BAG 1. Dezember 1993 - 7 AZR 428/93 - zu B III 3 der Gründe, BAGE 75, 166 zur Vorgängerregelung § 41 Abs. 4 Satz 3 SGB VI idF vom 18. Dezember 1989).

32

b) Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete jedoch entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht schon mit Ablauf des 30. Juni 2011, sondern erst am 13. Juli 2011.

33

aa) Nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG endet das Arbeitsverhältnis frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Bedingungseintritts. Tritt die Bedingung vor dem Ende dieses Zweiwochenzeitraums ein, endet das Arbeitsverhältnis deshalb erst mit Ablauf der Zweiwochenfrist. Das Arbeitsverhältnis wird bis dahin fortgesetzt, ohne dass ein Fall der §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG gegeben wäre(vgl. BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 22, BAGE 137, 292).

34

bb) Danach endete das Arbeitsverhältnis nicht schon mit Ablauf des 30. Juni 2011, sondern erst zwei Wochen nach Zugang der Beendigungsmitteilung der Beklagten beim Kläger. Die Mitteilung der Beklagten ging dem Kläger am 29. Juni 2011 zu. Das Arbeitsverhältnis endete daher mit Ablauf des 13. Juli 2011. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger nicht rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist gemäß §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG Bedingungskontrollklage erhoben hat. Die Klagefrist und die Fiktion nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG gelten nicht für die Einhaltung der Auslauffrist des § 15 Abs. 2 TzBfG(BAG 12. August 2015 - 7 AZR 592/13 - Rn. 33; 19. Januar 2005 - 7 AZR 113/04 - zu II 2 b bb der Gründe). § 15 Abs. 2 TzBfG regelt keinen Unwirksamkeitsgrund für die auflösende Bedingung und betrifft nicht ihren Eintritt, vielmehr wird das vereinbarte Vertragsende durch die gesetzliche Anordnung modifiziert.

35

II. Die Revision greift die Abweisung des Weiterbeschäftigungsantrags mit Erfolg an. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßen. Das Urteil war daher insoweit ersatzlos aufzuheben.

36

Der Weiterbeschäftigungsantrag war als unechter Hilfsantrag für den Fall des Obsiegens mit dem Bedingungskontrollantrag gestellt. Diese innerprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten. Das Landesarbeitsgericht hat den Bedingungskontrollantrag abgewiesen. Soweit das Landesarbeitsgericht ausweislich der Ausführungen unter II 2 der Entscheidungsgründe den auf Weiterbeschäftigung gerichteten Hilfsantrag abgewiesen hat, hat es über einen nicht gestellten Antrag entschieden. Damit hat es § 308 Abs. 1 ZPO verletzt. Die Vorschrift verbietet es, dem Kläger einen Anspruch abzuerkennen, den er nicht zur Entscheidung gestellt hat (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 69; 20. Februar 2014 - 2 AZR 864/12 - Rn. 15). Der Kläger kann die Beseitigung der daraus folgenden Beschwer verlangen.

37

III. Die Revision des Klägers ist in Bezug auf die Abweisung des auf Wiedereinstellung gerichteten Hilfsantrags zum Antrag zu 2. mangels einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Begründung unzulässig.

38

1. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO muss die Revisionsbegründung diejenigen Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts dabei in einer Weise aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Die Revisionsbegründung hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Revisionsführer das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage durchdenkt. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch die Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen. Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne erkennbare Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung (st. Rspr., vgl. etwa BAG 8. Juli 2015 - 4 AZR 323/14 - Rn. 8; 14. Januar 2015 - 7 AZR 2/14 - Rn. 15).

39

Bei mehreren Streitgegenständen muss die Revision für jeden von ihnen in dieser Weise begründet werden. Fehlt die Begründung zu einem der Streitgegenstände, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Entscheidung über den weiteren Streitgegenstand inhaltlich notwendig von derjenigen über den anderen abhängt, wenn also mit der Begründung der Revision hinsichtlich des einen Streitgegenstands gleichzeitig dargelegt ist, dass die Entscheidung über den anderen Streitgegenstand materiellrechtlich unrichtig ist (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 386/11 - Rn. 51).

40

2. Danach hat der Kläger seine Revision in Bezug auf die Abweisung des auf Wiedereinstellung gerichteten Hilfsantrags zum Antrag zu 2. nicht ausreichend begründet.

41

a) Es bedurfte im Streitfall hinsichtlich des Wiedereinstellungsantrags einer eigenständigen Revisionsbegründung. Dieser steht nicht in einer solchen Abhängigkeit zum Bedingungskontrollantrag, dass eine eigenständige Begründung entbehrlich gewesen wäre. Der Wiedereinstellungsantrag stellt einen eigenen Streitgegenstand dar (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 386/11 - Rn. 53). Das Landesarbeitsgericht hat über diesen mit einer von derjenigen über den Bedingungskontrollantrag unabhängigen tragenden Begründung entschieden. Während es den Bedingungskontrollantrag mit der Begründung abgewiesen hat, die Bedingung gelte gemäß §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam und eingetreten, hat es die Abweisung des Wiedereinstellungsanspruchs damit begründet, dass die Voraussetzungen für einen Wiedereinstellungsanspruch nach § 22 Abs. 4 und Abs. 5 AAB nicht vorlägen und andere Anspruchsgrundlagen nicht ersichtlich seien. Mit seinen Revisionsangriffen gegen die Entscheidung über den Bedingungskontrollantrag stellt der Kläger deshalb nicht gleichzeitig die Entscheidung über den Wiedereinstellungsantrag in Frage.

42

b) Die Revisionsbegründung enthält in Bezug auf den Wiedereinstellungsantrag keine ausreichende Begründung. Der Kläger hat dazu vorgetragen, dass der Prüfungsmaßstab für die Zulässigkeit einer Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB nicht unter das absinken dürfe, was Tarifpartner in vergleichbaren Fällen für zumutbar hielten. Dieser auch für Betriebsvereinbarungen geltende Grundsatz führe zu einer analogen Anwendung des § 22 Abs. 4 und Abs. 5 AAB. Das Landesarbeitsgericht habe sich damit nicht befasst. Der Kläger zeigt damit keinen Rechtsfehler auf, der geeignet wäre, die Entscheidung über den Wiedereinstellungsantrag insgesamt in Frage zu stellen. Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, in welcher Hinsicht der Vortrag des Klägers für die Entscheidung über den Wiedereinstellungsanspruch von Bedeutung sein soll.

43

IV. Die Revision des Klägers ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung des Antrags zu 3. richtet. Dieser Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

44

1. Der Feststellungsantrag ist zulässig, insbesondere besteht das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrags, mit dem der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung restlichen Urlaubs aus den Jahren 1998 bis 2006 und 2011 gerichtlich festgestellt wissen will, nicht entgegen (vgl. BAG 21. Juli 2015 - 9 AZR 145/14 - Rn. 9; 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 13 ff., BAGE 137, 328).

45

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der Kläger kann die Feststellung, die Beklagte habe ihm noch 45 Tage Zusatzurlaub aus den Jahren 1998 bis 2006 und 13 Tage Erholungsurlaub sowie drei Tage Zusatzurlaub aus dem Jahr 2011 zu bewilligen, schon deshalb nicht verlangen, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet ist. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird die Erfüllung des Urlaubsanspruchs unmöglich. Nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist Urlaub, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann, abzugelten. Durch diese Bestimmung wird der noch nicht erfüllte Urlaubsanspruch in einen Abgeltungsanspruch umgewandelt (BAG 19. August 2003 - 9 AZR 619/02 - zu I 2 a der Gründe).

46

V. Die Revision ist in Bezug auf die Abweisung des Zahlungsantrags, soweit dieser auf die Abgeltung von Zusatzurlaub für die Jahre 1998 bis 2006 sowie auf Zahlung von Urlaubsgeld und Jahressonderzahlung für Juli 2011 gerichtet war, unbegründet, im Übrigen ist sie hinsichtlich der Abweisung des Zahlungsantrags begründet und führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

47

1. Der Kläger hat mit der Revision seinen in den Vorinstanzen gestellten Zahlungsantrag in zulässiger Weise modifiziert.

48

a) Der Kläger verfolgt in der Revisionsinstanz mit dem Hilfsantrag zum Antrag zu 3. und dem zusätzlichen Antrag zu 4. dieselben Ansprüche wie zuvor in der Berufungsinstanz mit dem Hilfsantrag zum Antrag zu 3. Der Hilfsantrag, der auf die Zahlung von Urlaubsabgeltung gerichtet ist, ist - wie schon in der Berufungsinstanz - als Hilfsantrag für den Fall gestellt, dass der Antrag zu 3. wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen Erfolg hat. Mit dem Antrag zu 4. verfolgt der Kläger die übrigen Zahlungsansprüche in unveränderter Höhe weiter.

49

b) Der Kläger hat die Klage nicht dadurch geändert, dass er die Zahlung der Urlaubsabgeltung nunmehr als Nettobetrag verlangt. Darin liegt keine Klageänderung, sondern nur eine quantitative Änderung des Klageantrags iSv. § 264 Nr. 2 ZPO.

50

c) Eine unzulässige Klageänderung ist nicht damit verbunden, dass der Kläger die Zahlung des Monatsentgelts nebst persönlicher Zulage, Urlaubsgeld und Jahressonderzahlung für Juli 2011 in der Revisionsinstanz mit einem Hauptantrag verfolgt. Die Umstellung auf einen Hauptantrag war auch in der Revisionsinstanz noch möglich. Bei einem Wechsel von Haupt- und Hilfsantrag handelt es sich regelmäßig um eine Erweiterung oder Beschränkung des Klageantrags iSv. § 264 Nr. 2 ZPO(BAG 19. September 2006 - 1 ABR 58/05 - Rn. 11; 11. Februar 1992 - 1 ABR 49/91 - zu B I der Gründe, BAGE 69, 302). Mit dem Wechsel vom Hilfs- zum Hauptantrag ist jedenfalls dann keine Erweiterung des bisherigen Prüfprogramms verbunden, wenn - wie hier - über den bisherigen Hilfsantrag in der Vorinstanz bereits entschieden worden ist (vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 118/09 - Rn. 12).

51

2. Der Hilfsantrag zum Antrag zu 3. ist unbegründet, soweit der Kläger damit die Zahlung von 10.002,15 Euro netto nebst Zinsen verlangt. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Abgeltung des in den Jahren 1998 bis 2006 nicht gewährten Zusatzurlaubs. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses war der Zusatzurlaub bereits verfallen, ein Ersatzurlaubsanspruch war nicht entstanden. Der Kläger kann den Anspruch auch nicht auf eine Zusage der Beklagten stützen.

52

a) Der Kläger kann nicht nach § 7 Abs. 4 BUrlG die Abgeltung von Zusatzurlaub aus den Jahren 1998 bis 2006 verlangen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 13. Juli 2011 bestanden diese Zusatzurlaubsansprüche nicht mehr. Sie waren am Ende des jeweiligen Urlaubsjahres nach § 17 Abs. 5 Satz 1 AAB verfallen, da der Kläger den ihm als schwerbehinderten Menschen nach § 125 Abs. 1 SGB IX zustehenden Zusatzurlaub für die Jahre 1998 bis 2006 nicht rechtzeitig beantragt und genommen hatte. Dem Verfall des Zusatzurlaubsanspruchs steht weder § 17 Abs. 5 Satz 2 AAB noch eine rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderung entgegen.

53

aa) Der Zusatzurlaub ist nach § 17 Abs. 5 Satz 1 und Satz 3 AAB verfallen, da der Kläger ihn nicht rechtzeitig beantragt und genommen hat.

54

Die Regelung in § 17 Abs. 5 Satz 1 AAB zum Verfall des Urlaubs findet entgegen der Ansicht des Klägers auch auf den Zusatzurlaub Anwendung, wie sich aus § 17 Abs. 5 Satz 3 AAB ergibt. Da das Tatbestandsmerkmal „nicht rechtzeitig genommen“ in § 17 Abs. 5 Satz 1 AAB an die Regelung zur Inanspruchnahme des Urlaubs in § 17 Abs. 4 AAB anknüpft, erstreckt sich die Verweisung in § 17 Abs. 5 Satz 3 AAB denknotwendig auch auf die Regelung zur Inanspruchnahme des Urlaubs. Deshalb muss auch der gesetzliche Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen innerhalb der Fristen des § 17 Abs. 4 AAB beantragt (und genommen) werden, um den Verfall zu verhindern. Das entspricht auch der gesetzlichen Konzeption. Auf den Zusatzurlaub nach § 125 SGB IX sind die Vorschriften über die Entstehung, Übertragung, Kürzung und Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs anzuwenden(vgl. BAG 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 40, BAGE 140, 133; 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 69 ff., BAGE 134, 1). Danach erlischt der Anspruch auf Zusatzurlaub - ebenso wie der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch -, wenn der schwerbehinderte Arbeitnehmer ihn nicht bis zum Ablauf des Kalenderjahres oder - beim Vorliegen der Übertragungsvoraussetzungen - nicht bis zum Ende des Übertragungszeitraums geltend macht (BAG 21. Februar 1995 - 9 AZR 675/93 - BAGE 79, 207).

55

bb) Dem Verfall des Zusatzurlaubs steht § 17 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 AAB nicht entgegen.

56

(1) Nach § 17 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 AAB verfallen der gesetzliche Mindesturlaub und der Zusatzurlaub nicht, wenn der Urlaub „aufgrund von Krankheit bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums ganz oder teilweise wegen Arbeitsunfähigkeit nicht gewährt werden konnte“. Diese Voraussetzungen erfüllen allein eine Schwerbehinderung und die ihr zugrunde liegende Erkrankung nicht. Eine Krankheit, die keine Arbeitsunfähigkeit begründet, hindert entgegen der Ansicht des Klägers den Verfall des Urlaubs nicht, da eine solche Krankheit der Urlaubsgewährung nicht entgegensteht.

57

(2) Danach liegen die Voraussetzungen des § 17 Abs. 5 Satz 2 AAB nicht vor. Der Kläger hat nicht dargelegt, in den Jahren 1998 bis 2006 wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit an der Inanspruchnahme von Zusatzurlaub gehindert gewesen zu sein.

58

cc) Dem Verfall des Urlaubsanspruchs steht auch eine etwaige rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers nach § 69 Abs. 1 und Abs. 2 SGB IX nicht entgegen.

59

(1) § 17 Abs. 5 AAB sieht keine Sonderregelung für den Fall der rückwirkenden Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft vor. Daher verfällt der Zusatzurlaub auch in diesem Fall nach § 17 Abs. 5 Satz 1 AAB, wenn er nicht rechtzeitig, dh. bis zum Ende des Kalenderjahres oder im Fall der Übertragung bis zum Ende des Übertragungszeitraums beantragt und genommen wurde.

60

(2) Dies entspricht den gesetzlichen Vorgaben. Nach § 125 Abs. 3 SGB IX finden bei einer rückwirkenden Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft auch für die Übertragbarkeit des Zusatzurlaubs in das nächste Jahr die dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegenden urlaubsrechtlichen Regelungen Anwendung. Danach verfällt nicht genommener Zusatzurlaub auch im Fall der rückwirkenden Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft mit Ende des jeweiligen Urlaubsjahres, wenn er nicht nach den für das Beschäftigungsverhältnis geltenden Regelungen übertragen wurde. Dadurch soll eine Kumulation von Ansprüchen auf Zusatzurlaub aus vorangegangenen Urlaubsjahren ausgeschlossen werden (BT-Drs. 15/1783 S. 18).

61

b) Dem Kläger stand bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein abzugeltender Ersatzurlaub von 45 Tagen zu. Der Zusatzurlaubsanspruch des Klägers aus den Jahren 1998 bis 2006 hatte sich nicht in einen Anspruch auf Ersatzurlaub umgewandelt.

62

aa) Der Urlaubsanspruch wandelt sich in einen Schadensersatzanspruch um, der auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichtet ist, wenn der Arbeitgeber sich zu dem Zeitpunkt, in dem der Urlaubsanspruch aufgrund seiner Befristung verfällt, mit der Urlaubsgewährung in Verzug befindet, § 275 Abs. 1, Abs. 4, § 280 Abs. 1, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, § 249 Abs. 1 BGB. Kann der Ersatzurlaub im bestehenden Arbeitsverhältnis nicht gewährt werden, ist er bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten (vgl. BAG 20. April 2012 - 9 AZR 504/10 - Rn. 12; 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 24).

63

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt der Arbeitgeber grundsätzlich nur dann mit der Urlaubsgewährung in Verzug, wenn er den vom Arbeitnehmer rechtzeitig geltend gemachten Urlaub nicht gewährt. Einer Geltendmachung des Urlaubs durch den Arbeitnehmer bedarf es nur dann nicht, wenn der Arbeitgeber die Urlaubsgewährung ernsthaft und endgültig verweigert (BAG 13. Dezember 2011 - 9 AZR 420/10 - Rn. 39; aA LAG Berlin-Brandenburg 7. Mai 2015 - 10 Sa 86/15, 10 Sa 10 Sa 108/15 - Rn. 30 ff.; 12. Juni 2014 - 21 Sa 221/14 - Rn. 36, das angenommen hat, der Arbeitgeber habe den bei ihm Beschäftigten von sich aus rechtzeitig Urlaub zu gewähren; komme er dieser Verpflichtung nicht nach, habe er Schadensersatz zu leisten, es sei denn, er habe die nicht rechtzeitige Urlaubsgewährung nicht zu vertreten).

64

bb) Danach war ein Ersatzurlaubsanspruch für den verfallenen Zusatzurlaub nicht entstanden. Der Kläger hatte in den Jahren 1998 bis 2006 von der Beklagten keinen Zusatzurlaub verlangt. Die Beklagte hatte die Gewährung von Zusatzurlaub auch nicht verweigert. Im Übrigen scheidet ein Schadensersatzanspruch schon deshalb aus, weil der Kläger die Beklagte erst im August 2007 über seine Schwerbehinderung unterrichtet hat und die Beklagte deshalb die Nichtgewährung des Zusatzurlaubs in den Jahren 1998 bis 2006 mangels Kenntnis von der Schwerbehinderung des Klägers jedenfalls nicht zu vertreten hatte (vgl. Pahlen in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 125 Rn. 9). Bei Kenntniserlangung von der Schwerbehinderung im August 2007 war der Zusatzurlaubsanspruch aus den Vorjahren bereits verfallen.

65

c) Der Kläger kann den Anspruch auf Abgeltung von Zusatzurlaub für die Jahre 1998 bis 2006 auch nicht mit Erfolg auf eine Zusage der Beklagten stützen. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe die behauptete Zusage des Landesbezirksleiters B nicht substantiiert vorgetragen, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Das Landesarbeitsgericht hat entgegen der Auffassung des Klägers nicht verkannt, dass zu dem zu gewährenden Urlaub nicht verfallener Urlaub aus Vorjahren gehört. Es ist davon ausgegangen, dass der Zusatzurlaub aus den Jahren 1998 bis 2006 bereits verfallen war.

66

3. Der in der Revision gestellte Antrag zu 4. ist unbegründet, soweit der Kläger damit die Zahlung von anteiligem Urlaubsgeld in Höhe von 76,83 Euro und anteiliger Jahressonderzahlung in Höhe von 439,43 Euro brutto nebst Zinsen für Juli 2011 begehrt.

67

a) Nach § 12 Abs. 3 AAB haben im laufenden Kalenderjahr austretende Beschäftigte für jeden vollen Kalendermonat ihrer Beschäftigung Anspruch auf 1/12 des Urlaubsgeldes. Urlaubsgeld ist an ausscheidende Beschäftigte demnach nur für solche Kalendermonate zu zahlen, in denen durchgehend ein Arbeitsverhältnis bestand. Danach steht dem Kläger, dessen Arbeitsverhältnis bereits am 13. Juli 2011 endete, für den Monat Juli 2011 kein anteiliges Urlaubsgeld zu.

68

b) Aus den gleichen Gründen hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung anteiliger Jahressonderzahlung für den Monat Juli 2011. Nach § 13 Abs. 2 AAB können im laufenden Kalenderjahr ausscheidende Beschäftigte 1/12 der Jahressonderzahlung nur für jeden vollen Kalendermonat ihrer Beschäftigung verlangen.

69

4. Die Revision des Klägers ist begründet in Bezug auf die Abweisung des Zahlungsantrags, soweit dieser auf Zahlung von Urlaubsabgeltung für das Jahr 2011 in Höhe von 3.556,32 Euro netto und auf Zahlung des Monatsentgelts für Juli 2011 in Höhe von 4.890,00 Euro brutto zuzüglich einer persönlichen Zulage in Höhe von 383,15 Euro brutto abzüglich 3.145,91 Euro netto nebst Zinsen gerichtet ist. Das Landesarbeitsgericht hat die Abweisung zu Unrecht damit begründet, das Arbeitsverhältnis habe bereits am 30. Juni 2011 geendet. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob und ggf. in welcher Höhe dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche zustehen. Dazu bedarf es weiterer Tatsachenfeststellungen. Insoweit ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

70

a) Die bisherigen Feststellungen lassen nicht die Beurteilung zu, ob der geltend gemachte Urlaubsabgeltungsanspruch dem Kläger noch zusteht.

71

aa) Der Kläger hatte bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses für das Jahr 2011 einen Anspruch auf Vollurlaub und nicht auf Teilurlaub. Der Kläger schied nach erfüllter Wartezeit am 13. Juli 2011 und damit in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis aus. Damit hatte der Kläger den vollen Jahresurlaubsanspruch erworben (Umkehrschluss aus § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG). Der Vollurlaubsanspruch beträgt 39 Tage, davon 33 Tage Erholungsurlaub (§ 17 Abs. 2 AAB) und sechs Tage Zusatzurlaub (§ 17 Abs. 7 AAB).

72

bb) Unter Berücksichtigung des zwischen den Parteien unstreitigen Abgeltungsbetrags von 222,27 Euro pro Urlaubstag hatte der Kläger zunächst einen Abgeltungsanspruch in Höhe von 8.668,53 Euro brutto. Dieser Anspruch ist in Höhe von 5.112,21 Euro brutto durch Erfüllung erloschen. Der Senat kann allerdings nicht beurteilen, ob die Beklagte zur Zahlung des Restbetrags von 3.556,32 Euro brutto verpflichtet ist oder ob der verbliebene Anspruch nach § 26 Abs. 1 AAB verfallen ist. Mit der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs durch die Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 30. April 2012 hat der Kläger die Verfallfrist nicht gewahrt. Das Landesarbeitsgericht wird daher zu prüfen haben, ob der Abgeltungsanspruch verfallen ist. Sollte der Anspruch noch bestehen, wird das Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen haben, dass es sich bei der Abgeltung um einen Bruttobetrag handelt und nicht - wie vom Kläger geltend gemacht - um einen Nettobetrag.

73

b) Der Senat kann auch nicht abschließend beurteilen, ob und ggf. in welchem Umfang dem Kläger Entgelt für die Zeit vom 1. bis 13. Juli 2011 zusteht. In Betracht kommt ein Entgeltanspruch aus Annahmeverzug oder als Schadensersatz.

74

aa) Nach § 615 Satz 1, § 611 BGB hat der Arbeitgeber die Vergütung für die infolge Annahmeverzugs nicht geleistete Arbeit zu zahlen. Nach § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung nach § 294 BGB tatsächlich anbieten. Streiten die Parteien über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, genügt gemäß § 295 BGB ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers, weil der Arbeitgeber mit der Berufung auf das Ende des Arbeitsverhältnisses erklärt, er werde keine weitere Arbeitsleistung mehr annehmen. Dieses wörtliche Angebot kann darin liegen, dass der Arbeitnehmer gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses protestiert und/oder eine Bestandsschutzklage einreicht (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 627/11 - Rn. 28, BAGE 143, 119). Lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, ein Angebot der Arbeitsleistung sei regelmäßig nach § 296 BGB entbehrlich(BAG 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 22, BAGE 149, 144; 19. September 2012 - 5 AZR 627/11 - Rn. 28, aaO; 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 14, BAGE 141, 34). Ein Angebot der Arbeitsleistung kann ausnahmsweise auch dann entbehrlich sein, wenn offenkundig ist, dass der Gläubiger auf seiner Weigerung, die geschuldete Leistung anzunehmen, beharrt (BAG 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 22 mwN, aaO).

75

bb) Das Landesarbeitsgericht hat bisher nicht festgestellt, ob der Kläger seine Arbeitsleistung für die Zeit ab dem 1. Juli 2011 wörtlich angeboten hat. Ein solches Angebot wäre nur dann entbehrlich, wenn es offenkundig war, dass die Beklagte auf ihrer durch das Unterrichtungsschreiben zum Ausdruck gekommenen Weigerung, den Kläger über den 30. Juni 2011 hinaus zu beschäftigen, beharrt hat. Das wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben. Andernfalls bedarf es der Aufklärung, ob der Kläger seine Arbeitsleistung für die Zeit ab dem 1. Juli 2011 wörtlich angeboten hat. Durch die der Beklagten erst im Januar 2012 zugestellte Klage wurde ein Annahmeverzug in der Zeit vom 1. bis 13. Juli 2011 nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht wird ggf. zu würdigen haben, ob der Kläger mit seinem Schreiben vom 11. Juni 2011 die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung angeboten hat.

76

cc) Sollte die neue Verhandlung ergeben, dass sich die Beklagte nicht im Annahmeverzug befunden hat, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob dem Kläger für die Zeit vom 1. bis 13. Juli 2011 Vergütung als Schadensersatz zusteht.

77

Der schwerbehinderte Arbeitnehmer hat einen Schadensersatzanspruch in Höhe der ihm entgangenen Vergütung nach § 280 Abs. 1 BGB sowie aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 81 Abs. 4 Satz 1 SGB IX, wenn es der Arbeitgeber schuldhaft versäumt, seine behinderungsgerechte Beschäftigung nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 5 SGB IX zu ermöglichen(BAG 4. Oktober 2005 - 9 AZR 632/04 - BAGE 116, 121). Das Landesarbeitsgericht wird ggf. zu prüfen haben, ob diese Voraussetzungen vorliegen.

78

dd) Sollte die neue Verhandlung ergeben, dass dem Kläger ein Entgeltanspruch aus Annahmeverzug oder als Schadensersatz für die Zeit vom 1. bis 13. Juli 2011 zusteht, wird das Landesarbeitsgericht Feststellungen zur Höhe des geschuldeten Entgelts zu treffen haben. Nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts betrug die Bruttomonatsvergütung zuletzt durchschnittlich 4.808,00 Euro. Der Kläger geht dagegen von einem Monatsentgelt in Höhe von 4.890,00 Euro aus. Das Landesarbeitsgericht wird ggf. auch zu klären haben, ob die Beklagte zur Zahlung der persönlichen Zulage verpflichtet ist.

79

ee) Die Zurückverweisung der Sache erübrigt sich insoweit nicht deswegen, weil etwaige Ansprüche des Klägers aus Annahmeverzug oder Schadensersatz nach § 26 Abs. 1 AAB verfallen wären. Dies ist nicht der Fall. Der Kläger hat mit der am 6. Januar 2012 zugestellten Bedingungskontrollklage die Ausschlussfrist des § 26 Abs. 1 AAB gewahrt. Mit einer Bestandsschutzklage wahrt der Arbeitnehmer eine einstufige bzw. die erste Stufe einer zweistufigen tariflichen Ausschlussfristenregelung für alle vom Ausgang dieses Rechtsstreits abhängigen Ansprüche. Denn mit der Bestandsschutzklage erstrebt der Arbeitnehmer nicht nur die Erhaltung seines Arbeitsplatzes, sondern bezweckt darüber hinaus, sich die Vergütungsansprüche zu erhalten. Die Ansprüche müssen weder ausdrücklich bezeichnet noch beziffert werden (vgl. zur Kündigungsschutzklage BAG 19. August 2015 - 5 AZR 1000/13 - Rn. 26; st. Rspr. seit BAG 10. April 1963 - 4 AZR 95/62 - BAGE 14, 156). Das gilt auch für die Einhaltung einer in einer Betriebsvereinbarung bestimmten Ausschlussfrist durch eine Bedingungskontrollklage.

        

    Gräfl    

        

    Kiel    

        

    M. Rennpferdt    

        

        

        

    Meißner    

        

    Schuh    

                 

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 11. Mai 2010 - 13 Sa 1991/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über tarifliches Urlaubsgeld, den Umfang des Urlaubsanspruchs für das Jahr 2008 sowie über die Höhe des Zuschlags für am Ostersonntag 2009 geleistete Arbeit.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen des Wach- und Sicherheitsgewerbes. Sie bewacht vor allem Kasernen und sonstige Objekte der amerikanischen Streitkräfte. Die Klägerin ist bei ihr aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 16. Juni 2003 als Sicherheitsmitarbeiterin im Wachdienst beschäftigt und in einem Objekt in G eingesetzt. Im Arbeitsvertrag heißt es ua.:

        

„§ 1Firma P GmbH ist Mitglied des Bundesverbandes deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e. V. Dieser Arbeitsvertrag unterliegt dem zwischen o. g. Verband und der Gewerkschaft ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Hessen für das Bundesland Hessen abgeschlossenen Tarifvertrag.

        

…       

        

§ 4Der Arbeitnehmer erhält eine Vergütung von € 8,21 in der Stunde. Aufgrund der Tätigkeit wird zusätzlich eine freiwillige, jederzeit widerrufliche Zulage von € 0,12 pro Stunde gezahlt. Die Zahlung weiterer Zulagen erfolgt gemäß den Bestimmungen des gültigen Landestarifvertrages.

        

§ 4.1  Der Arbeitnehmer erhält 34 Kalendertage Urlaub gemäß den Bestimmungen des gültigen Landestarifvertrages.

        

§ 4.2  Als Urlaubsgeld wird gemäß Tarifvertrag für jeden Urlaubstag € 7,50 gezahlt.

        

...     

        

§ 7Auf übertarifliche Verdienstbestandteile sind tariflich festgelegte Entgelterhöhungen - unabhängig von deren Grund und Art - ganz oder teilweise anrechenbar, sofern tarifvertraglich keine andere Vereinbarung besteht.“

3

Der mit Wirkung zum 28. Juni 2003 für den Bereich des Landes Hessen für allgemeinverbindlich erklärte Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Hessen vom 3. Februar 2003 (MTV 2003) regelte ua.:

        

„§ 10 

        

Zeitzuschläge

        

…       

        
        

6.    

Für Arbeit an gesetzlichen Feiertagen, auch wenn diese auf einen Sonntag fallen, sowie am Ostersonntag, Pfingstsonntag

                 

in der Zeit von 00:00 bis 24:00 Uhr 100 % pro Stunde.

        

…       

        
                          
        

§ 11   

        

Urlaubsanspruch

        

I.    

Allgemeine Bestimmungen

                 

1.    

Jeder Arbeitnehmer hat im Kalenderjahr Anspruch auf Urlaub unter Fortzahlung seiner Bezüge. Der Urlaub wird auf der Basis von vollen Kalendertagen (00:00 bis 24:00 Uhr) gewährt. Das Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

                 

…       

        
                 

6.    

Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

                 

...     

        
                 

8.    

… Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder dringende, in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. …

                 

...     

        
                 

14.     

Im Übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen.

                                   
        

II.     

Höhe des Urlaubsanspruches

                 

1.    

Der Grundurlaub für Arbeitnehmer beträgt

                          

ab 01.01.2003

34 Kalendertage

                          

ab 01.01.2005

35 Kalendertage.

                 

2.    

Neben dem Grundurlaub erhält jeder Arbeitnehmer nach einer Betriebszugehörigkeit von

                          

mehr als 2 Jahren

1 Kalendertag Zusatzurlaub,

                          

mehr als 4 Jahren

2 Kalendertage Zusatzurlaub,

                          

mehr als 6 Jahren

4 Kalendertage Zusatzurlaub,

                          

mehr als 8 Jahren

7 Kalendertage Zusatzurlaub.

                          

Der Zusatzurlaub im Rahmen der o. g. Betriebszugehörigkeitsdauer wird in dem Urlaubsjahr gewährt, in dem der Arbeitnehmer seine jeweilige Betriebszugehörigkeit vollendet hat. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

                 

…       

                          
        

§ 15   

        

Urlaubsgeld

        

1.    

Die Arbeitnehmer erhalten in jedem Kalenderjahr ein Urlaubsgeld.

        

2.    

Das Urlaubsgeld beträgt für jeden Urlaubstag € 7,50.

                 

Bei finanzieller Urlaubsabgeltung entfällt die Verpflichtung zur Zahlung des Urlaubsgeldes. Diese Regelung gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum tatsächlichen Ausscheiden den Urlaub aus betriebsbedingten Gründen nicht nehmen konnte.

                 

...     

        

3.    

Auf Wunsch des Arbeitnehmers ist das Urlaubsgeld für den beantragten Urlaubszeitraum vor Urlaubsantritt auszuzahlen.

        

...     

                          
        

§ 21   

        

Erlöschen von Ansprüchen

        

1.    

Alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und soweit sie mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach Fälligkeit schriftlich gegenüber der Gegenpartei geltend gemacht werden.

        

…“    

        
4

Am 1. Juli 2007 trat der bis zum 30. Juni 2009 für allgemeinverbindlich erklärte Entgelttarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Hessen vom 14. Juni 2007 in Kraft (EntgeltTV 2007). Dieser Tarifvertrag enthielt im Vergleich zum Lohn- und Gehaltstarifvertrag vom 31. März 2005 höhere Stundensätze und regelte in § 7 Nr. 1 ua., dass sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis beiderseits drei Monate nach Fälligkeit erlöschen, sofern sie nicht vorher unter Angabe der Gründe schriftlich geltend gemacht worden sind. Nach § 8 Abschn. II Nr. 1 des ebenfalls am 1. Juli 2007 in Kraft getretenen Manteltarifvertrags für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Hessen vom 14. Juni 2007 (MTV 2007) beträgt der Grundurlaub nicht mehr 35, sondern nur noch 32 Kalendertage. Zusätzliche Urlaubstage werden gemäß § 8 Abschn. II Nr. 2 MTV 2007 erst nach einer im Vergleich zur Regelung in § 11 Abschn. II Nr. 2 MTV 2003 längeren Betriebszugehörigkeit gewährt. Die Zahlung von Urlaubsgeld ist im MTV 2007 nicht vorgesehen. Nach § 7 Nr. 4 MTV 2007 beträgt der Zuschlag für Arbeit am Ostersonntag nur noch 25 %. Die Ausschlussfristenregelung in § 13 MTV 2007 entspricht der in § 7 EntgeltTV 2007. Gemäß § 14 Nr. 2 MTV 2007 traten mit dem Inkrafttreten dieses Tarifvertrags der MTV 2003 sowie eventuelle Anhänge oder Protokollnotizen außer Kraft. Nach der Protokollnotiz 1 zum MTV 2007 waren sich die Tarifvertragsparteien ua. einig, dass § 11 Abschn. II und § 15 MTV 2003 bis zum 31. Dezember 2007 weitergelten und § 8 Abschn. II MTV 2007 bis zum 31. Dezember 2007 keine Anwendung findet.

5

Die Beklagte gewährte der Klägerin im Jahr 2008 36 Kalendertage Urlaub. Mit Schreiben vom 2. März 2009 verlangte die Klägerin erfolglos die Gewährung von drei weiteren Urlaubstagen am 22., 26. und am 27. März 2009. Für die von der Klägerin am Ostersonntag 2009 zwischen 0:00 und 6:00 Uhr geleistete Arbeit zahlte die Beklagte einen Zuschlag von 25 %.

6

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Arbeitsvertrag nenne ausdrücklich das von der Beklagten zu zahlende Urlaubsgeld sowie die Anzahl der zu gewährenden Urlaubstage, sodass ihr das beanspruchte Urlaubsgeld und die verlangte Entschädigung für drei nicht gewährte Urlaubstage zustünden. Der Arbeitsvertrag verweise statisch auf den MTV 2003, sodass der Zeitzuschlag für die von ihr am Ostersonntag 2009 geleistete Arbeit nicht 25 %, sondern 100 % betrage. Jedenfalls seien die Verweisungsklauseln im Arbeitsvertrag unklar und intransparent und benachteiligten sie unangemessen. Im Übrigen folgten ihre Ansprüche auch aus einer betrieblichen Übung. Die tariflichen Ausschlussfristen erfassten nur gegenseitige Ansprüche und hätten ihren Anspruch auf Urlaubsgeld und ihren weitergehenden Urlaubsanspruch nicht berührt, weil diese Ansprüche nicht von einer Gegenleistung abhängig gewesen seien, sondern nur das Bestehen des Arbeitsverhältnisses vorausgesetzt hätten.

7

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

        

1.    

an sie 292,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. Mai 2009 zu zahlen,

        

2.    

ihr weitere 298,99 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14. Mai 2009 zu zahlen,

        

3.    

ihr weitere 74,67 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. Mai 2009 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, im Arbeitsvertrag sei die jeweils aktuelle Fassung der Tarifverträge in Bezug genommen worden. Dies zeige die Hervorhebung ihrer Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband. Die auf die Urlaubstage und das Urlaubsgeld bezogenen Angaben seien deklaratorischer Natur und gäben nur den bei Vertragsschluss aktuellen tariflichen Status quo wieder. Den von ihr beanspruchten Zuschlag iHv. 100 % für die Arbeit am Ostersonntag 2009 habe die Klägerin falsch berechnet. Im Übrigen stehe dieser nach § 7 Nr. 4 MTV 2007 nur noch der gezahlte Sonntagszuschlag iHv. 25 % zu.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der im Tenor des Berufungsurteils zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

11

I. Soweit die Klägerin meint, die Beklagte hätte ihr für das Jahr 2008 nicht nur 36, sondern 39 Kalendertage Urlaub gewähren müssen, und sie für die nicht gewährten drei Urlaubstage eine Entschädigung iHv. 298,99 Euro brutto verlangt, fehlt für diesen Zahlungsanspruch eine Anspruchsgrundlage, sodass dahinstehen kann, wie viele Urlaubstage der Klägerin im Jahr 2008 zustanden.

12

1. § 7 Abs. 4 BUrlG erlaubt eine Abgeltung nicht gewährten Urlaubs nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. § 11 Abschn. I Nr. 6 MTV 2003 regelte - insoweit wortgleich mit § 8 Abschn. I Nr. 6 MTV 2007 - nichts anderes. Hat der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt, wandelt sich der im Verzugszeitraum verfallene Urlaubsanspruch in einen auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch um ( BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05  - Rn. 24, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 28 = EzA BUrlG § 7 Nr. 116). Der Arbeitgeber schuldet nach § 251 BGB nur dann Schadensersatz in Geld, wenn die Gewährung von Ersatzurlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unmöglich geworden ist(st. Rspr., vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 24, 40 mwN, aaO). Das Landesarbeitsgericht hat die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht festgestellt. Die Klägerin hat auch nicht behauptet, dass das Arbeitsverhältnis beendet sei.

13

2. Zudem wäre ein im Jahr 2008 entstandener und bis zum 31. Dezember 2008 nicht erfüllter Urlaubsanspruch mit Ablauf des Urlaubsjahres nach § 11 Abschn. I Nr. 8 Satz 3 und Nr. 14 MTV 2003 iVm. § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen. Die Klägerin hat keinen Grund für die Übertragung des Urlaubs auf das Kalenderjahr 2009 dargelegt.

14

II. Der Klägerin steht auch das beanspruchte Urlaubsgeld iHv. 292,50 Euro brutto nicht zu. Die Klage ist insoweit nicht schlüssig.

15

1. Soweit die Klägerin Urlaubsgeld für die nach ihrem eigenen Vortrag im Jahr 2008 gewährten 36 Urlaubstage begehrt, stehen diesem Anspruch bereits die tariflichen Ausschlussfristen entgegen.

16

a) Das Urlaubsgeld wurde von den tariflichen Ausschlussfristen erfasst. Dies galt sowohl für die Ausschlussfrist des § 21 Nr. 1 MTV 2003 als auch für die Ausschlussfrist des § 7 Nr. 1 EntgeltTV 2007. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der Anwendungsbereich dieser Regelungen nicht auf synallagmatische Ansprüche begrenzt. Die tariflichen Ausschlussfristen sollen gleichermaßen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gelten. Allein zur sprachlichen Vereinfachung und Verkürzung und im Interesse der Übersichtlichkeit haben die Tarifvertragsparteien die Begriffe „gegenseitig“ und „Gegenpartei“ verwandt. Gegenseitig ist nach dem allgemeinen Sprachverständnis nur ein anderes Wort für „wechselseitig, beiderseitig“ (Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. Stichwort „gegenseitig“). Der juristische Sprachgebrauch unterscheidet sich hiervon zwar insoweit, als unter „gegenseitigen Ansprüchen“ üblicherweise Ansprüche verstanden werden, die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. Eine solche Beschränkung der Klauseln auf synallagmatische Ansprüche ist aber ersichtlich von den Tarifvertragsparteien nicht gemeint. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese den Arbeitsvertragsparteien des Wach- und Sicherheitsgewerbes jeweils die Prüfung des Vorliegens von synallagmatischen Pflichten zumuten wollten. Ein anderes Verständnis wäre auch nicht mit dem Zweck von Ausschlussfristen vereinbar, im Interesse von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit streitige Ansprüche möglichst zeitnah zu klären (vgl. BAG 18. März 2003 - 9 AZR 44/02 - zu I 2 f bb (1) der Gründe, AP BGB § 157 Nr. 28).

17

b) Selbst bei Zugrundelegung einer dreimonatigen Verfallfrist ist nicht erkennbar, dass die Klägerin etwaige Ansprüche auf Zahlung von Urlaubsgeld rechtzeitig schriftlich geltend gemacht hat.

18

aa) Zum schlüssigen Vortrag der Begründetheit einer Klageforderung, die tariflichen Ausschlussfristen unterliegt, gehört die Darlegung der fristgerechten Geltendmachung. Unterbleibt dieser Vortrag, ist die Klage unschlüssig (BAG 22. Januar 2006 - 9 AZR 416/07 - Rn. 23 mwN, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 191 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 190). Die Einhaltung der tariflichen Ausschlussfristen durch rechtzeitige Geltendmachung ist eine materiell-rechtliche Voraussetzung für den Fortbestand des behaupteten Anspruchs (BAG 22. Januar 2006 - 9 AZR 416/07 - aaO). Nicht erforderlich ist es, dass sich der Prozessgegner auf die Verfallfristen beruft (Schaub/Treber ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 209 Rn. 67).

19

bb) Die Klägerin hat nicht dargelegt, wann sie im Jahr 2008 Urlaub hatte und damit ihre Urlaubsgeldansprüche fällig wurden. Das Urlaubsgeld nach § 15 MTV 2003 ist eine urlaubsakzessorische Sonderzahlung(vgl. zur Abgrenzung: BAG 12. Oktober 2010 - 9 AZR 522/09 - Rn. 23 f., AP BUrlG § 11 Nr. 69; 19. Mai 2009 - 9 AZR 477/07 - Rn. 15 ff. mwN, DB 2009, 2051). Dies folgt insbesondere aus § 15 Nr. 3 MTV 2003, wonach das Urlaubsgeld für den beantragten Urlaubszeitraum auf Wunsch des Arbeitnehmers vor Urlaubsantritt auszuzahlen ist. Aus der Formulierung „Urlaubsgeld für den beantragten Urlaubszeitraum“ folgt, dass es sich nicht um eine jährliche Sonderzahlung, sondern um einen Anspruch handelt, der von der konkreten Inanspruchnahme von Urlaub für einen bestimmten Zeitraum abhängig sein soll. Es kommt hinzu, dass die Klägerin keine Angaben dazu gemacht hat, zu welchem Zeitpunkt der Beklagten vor der Zustellung der Klage am 8. Juni 2009 eine schriftliche Geltendmachung des Urlaubsgelds zugegangen ist.

20

2. Soweit die Klägerin für drei weitere nicht gewährte Urlaubstage Urlaubsgeld beansprucht, würde im Übrigen ein etwa entstandener Urlaubsgeldanspruch aufgrund seiner Akzessorietät das Schicksal des Urlaubsanspruchs teilen. Mangels eines Grundes für die Übertragung des Urlaubs wäre auch der Urlaubsgeldanspruch am 31. Dezember 2008 verfallen. Darüber hinaus stünde einem Anspruch der Klägerin auf Urlaubsgeld selbst bei einem Fortbestand des Urlaubsanspruchs aufgrund der Akzessorietät des Urlaubsgeldanspruchs die fehlende Fälligkeit entgegen, solange die Klägerin den Urlaub nicht verlangt bzw. die Beklagte den Urlaub nicht gewährt hat.

21

III. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Zuschlags iHv. 74,67 Euro brutto für ihre Arbeitsleistung am Ostersonntag 2009. Darüber, dass die Beklagte den Zuschlag auf der Grundlage des § 7 Nr. 4 MTV 2007 ordnungsgemäß berechnet und ausbezahlt hat, besteht kein Streit. Ein Anspruch der Klägerin auf einen höheren Zuschlag folgt nicht aus § 10 Nr. 6 MTV 2003. Diese Tarifnorm fand im Jahr 2009 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.

22

1. Die Parteien haben arbeitsvertraglich die Geltung der jeweils gültigen Tarifverträge für das Wach- und Sicherheitsgewerbe im Land Hessen vereinbart. Der Zuschlag für die am Ostersonntag 2009 geleistete Arbeit richtete sich deshalb nach § 7 Nr. 4 MTV 2007.

23

a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass es sich bei der Regelung in § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags um eine umfassende zeitdynamische Verweisungsklausel auf alle im Bereich des Wach- und Sicherheitsgewerbes in Hessen jeweils geltenden Tarifverträge handelt.

24

aa) Nach den von der Klägerin nicht mit Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei den arbeitsvertraglichen Abreden um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Als solche unterliegt ihre Auslegung durch das Berufungsgericht einer vollen revisionsrechtlichen Überprüfung (st. Rspr., vgl. BAG 19. Oktober 2011 - 4 AZR 811/09 - Rn. 18, DB 2011, 2783). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (vgl. für die st. Rspr.: BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 45, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12). Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden, nicht rechtskundigen Vertragspartners. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 24, EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3; 27. Juli 2010 - 3 AZR 777/08 - Rn. 21, AP BGB § 307 Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 48; 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 91 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 51).

25

bb) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ergibt die Auslegung der Verweisungsklausel des § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags, dass es sich entgegen der Ansicht der Revision um eine(konstitutive) zeitdynamische Bezugnahme handelt.

26

(1) Der Wortlaut des § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags enthält keine Anhaltspunkte für eine statische Verweisung in dem Sinne, dass ein bestimmter Tarifvertrag in einer bestimmten Fassung gelten soll. Entgegen der Auffassung der Revision reicht zur Annahme einer statischen Verweisung nicht das Fehlen des Zusatzes „in seiner jeweiligen Fassung“ aus. In § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags wird kein bestimmter Tarifvertrag konkret nach Datum und Gegenstand eindeutig bezeichnet. Dies wäre jedoch typisch für eine statische Verweisung (vgl. BAG 19. September 2007 - 4 AZR 710/06 - Rn. 22 mwN, AP BGB § 133 Nr. 54 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 36). Der Wortlaut des Vertrags enthält auch sonst keine Anhaltspunkte für eine statische Verweisung. Das in Bezug genommene Tarifwerk wird nur allgemein als abgeschlossener Tarifvertrag bezeichnet. Allein aus dem Umstand, dass der Arbeitsvertrag von „dem … Tarifvertrag“ spricht, lässt sich nicht der Wille entnehmen, ausschließlich dem bei Vertragsabschluss aktuellen Tarifvertrag Geltung zu verschaffen (BAG 27. Februar 2002 - 9 AZR 562/00 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 100, 339).

27

(2) Eine konstitutive dynamische Verweisung ergibt sich aus der Zusammenschau von § 1 Satz 1 und Satz 2 des Arbeitsvertrags. In § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags wird zunächst die Mitgliedschaft der Beklagten im Bundesverband deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e. V. hervorgehoben. Anschließend regelt Satz 2, dass der Arbeitsvertrag dem von diesem Arbeitgeberverband abgeschlossenen Tarifvertrag unterliegt. Aus der Sicht eines durchschnittlichen Arbeitnehmers wird daraus deutlich, dass die Bezugnahme bezweckt, das Arbeitsverhältnis unabhängig von einer Tarifbindung des Arbeitnehmers nach den für den für die tarifgebundene Beklagte verbindlichen tariflichen Regelungen abzuwickeln. Die Klausel dient damit dem Interesse der Beklagten an einer Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen. Dazu gehört auch, zukünftige tarifliche Entwicklungen in den Arbeitsverhältnissen nicht tarifgebundener Arbeitnehmer nachzuvollziehen. Diesen typischen Zweck einer einzelvertraglichen Inbezugnahme erfüllt nur eine dynamische Verweisung. Eine statische Verweisung würde das Ziel einheitlicher Arbeitsbedingungen dagegen verfehlen. Die Beklagte müsste bei jeder Tarifänderung versuchen, die mit nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern abgeschlossenen Arbeitsverträge zu ändern.

28

(3) Die Einbeziehung der weiteren Klauseln des Vertragstexts in eine Gesamtschau führt entgegen der Auffassung der Revision aus der Sicht eines durchschnittlichen Arbeitnehmers zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr muss ein verständiger Arbeitnehmer diese - soweit sie keine vom Tarifvertrag abweichenden Regelungen enthalten - als informatorische Wiedergabe des im Zeitpunkt des Vertragsschlusses aktuellen Tarifstands verstehen. Die allgemeine Bezugnahme ist den nachfolgenden einzelnen Regelungen des Vertragsinhalts vorangestellt und enthält keinerlei Einschränkung dahingehend, dass die Bezugnahme nur dann gelten soll, wenn im Arbeitsvertrag nichts anderes geregelt ist. Zudem verweisen auch die nachfolgenden Vertragsregelungen in Bezug auf Vergütung (§ 4), Urlaub (§ 4.1), Urlaubsgeld (§ 4.2), Jahressonderzahlung (§ 4.3), vermögenswirksame Leistungen (§ 6)und Entgeltfortzahlung (§ 8) selbst nochmals ohne Angabe einer bestimmten Fassung auf den Tarifvertrag. Den dabei verwandten verschiedenen Begriffen, wie „Bestimmungen des gültigen Landestarifvertrags“, „gemäß Tarifvertrag“ und „gemäß den Vorgaben des gültigen Manteltarifvertrags“, kommt keine eigenständige Bedeutung zu.

29

(4) Die Regelung in § 7 des Arbeitsvertrags bestätigt aus der Sicht eines verständigen durchschnittlichen Arbeitnehmers die Dynamik der globalen Bezugnahme. Danach sind auf übertarifliche Verdienstbestandteile tariflich festgelegte Entgelterhöhungen - unabhängig von deren Grund und Art - ganz oder teilweise anrechenbar, sofern tarifvertraglich keine andere Vereinbarung besteht. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, dass diese Regelung nur Sinn macht, wenn auf den Arbeitsvertrag auch spätere Tarifänderungen einwirken sollen.

30

(5) Der Annahme einer zeitdynamischen konstitutiven Bezugnahme steht nicht entgegen, dass bei Abschluss des Arbeitsvertrags am 16. Juni 2003 sowohl der MTV 2003 als auch der Lohn- und Gehaltstarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Hessen vom 6. Juni 2002 bereits kraft Allgemeinverbindlichkeit gemäß § 5 Abs. 4 TVG auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung fanden. Insoweit gilt dasselbe, was bei einer Verweisung auf die für das Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifverträge bei beiderseitiger Tarifgebundenheit iSd. § 4 Abs. 1 TVG gelten würde. In beiden Fällen finden die tariflichen Arbeitsbedingungen im Umfang der Inbezugnahme auf doppelter Grundlage Anwendung. Was von beiden Vertragsteilen zum Gegenstand ihrer korrespondierenden unbedingten rechtsgeschäftlichen Erklärungen gemacht worden ist, kann nicht deshalb unwirksam werden, weil die gleiche Rechtsfolge (zufällig) auch durch eine unmittelbar zu beachtende Normenordnung statuiert wird (vgl. BAG 17. Januar 2006 - 9 AZR 41/05 - Rn. 31 mwN, BAGE 116, 366 ).

31

cc) Angesichts dieses eindeutigen Auslegungsergebnisses anhand der allgemeinen Auslegungskriterien ist für einen Rückgriff auf die von der Rechtsprechung unter Berücksichtigung von § 305c Abs. 2 BGB entwickelte Zweifelsfallregelung kein Raum, nach der regelmäßig von einer zeitdynamischen Verweisung auf Tarifverträge auszugehen ist(vgl. BAG 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - Rn. 22, BAGE 116, 185; unabhängig von § 305c BGB bereits: BAG 20. März 1991 - 4 AZR 455/90 - zu B II 1 b der Gründe, BAGE 67, 330). Für eine Anwendbarkeit des § 305c Abs. 2 BGB bedarf es „erheblicher Zweifel“ an der richtigen Auslegung(st. Rspr., vgl. BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 203/10 - Rn. 29, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 53). Da solche Zweifel nicht bestehen, kann offenbleiben, ob die Unklarheitenregel auf arbeitsvertragliche Klauseln, die auf ein Tarifwerk Bezug nehmen, überhaupt anwendbar wäre oder die Anwendung daran scheiterte, dass die Frage der Günstigkeit für den Arbeitnehmer nicht abstrakt und unabhängig von der jeweiligen Fallkonstellation beantwortet werden kann (vgl. BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 27, BAGE 128, 73).

32

b) Mit dem durch Auslegung ermittelten Inhalt hält die Bezugnahmeklausel auch einer Inhaltskontrolle anhand des § 307 BGB stand. Dieser Kontrolle sind auch formularmäßig verwendete Klauseln in Arbeitsverträgen zu unterziehen, die auf einen Tarifvertrag Bezug nehmen (vgl. dazu BAG 3. April 2007 - 9 AZR 283/06 - Rn. 52 mwN, BAGE 122, 33). Insbesondere wird die Inbezugnahme den Anforderungen des Transparenzgebots des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB gerecht. Arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf andere Regelwerke entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik. Die Dynamisierung dient wegen des Zukunftsbezugs des Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis den Interessen beider Seiten. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung einbezogenen Regelungen sind hinreichend bestimmbar (vgl. BAG 15. April 2008 - 9 AZR 159/07 - Rn. 78, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 38 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 21; 14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - Rn. 28 f., BAGE 122, 12). Die Klausel im Arbeitsvertrag der Parteien legt nicht nur fest, von welchen Tarifvertragsparteien die in Bezug genommenen Tarifverträge abgeschlossen sein müssen, sondern darüber hinaus auch, für welchen räumlichen Geltungsbereich die Tarifverträge vereinbart sein müssen.

33

c) Der Geltung des § 7 MTV 2007 steht letztlich auch nicht entgegen, dass durch ihn der Zuschlag für die Arbeit am Ostersonntag im Vergleich zur Regelung in § 10 MTV 2003 herabgesetzt wurde. Zwar sind die Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich vor schlechterdings nicht voraussehbaren oder billigerweise nicht zu erwartenden Klauseln zu schützen (vgl. BAG 27. Februar 2002 - 9 AZR 562/00 - zu B II 1 c der Gründe, BAGE 100, 339; 28. Juni 2001 - 6 AZR 114/00 - zu C der Gründe, BAGE 98, 175). Diese Grenze ist freilich nicht schon dann erreicht, wenn Tarifverträge Leistungen zulasten der Arbeitnehmer verringern. Die Verminderung eines Zuschlags im Rahmen von Tarifverhandlungen ist vorhersehbar und von Arbeitnehmern, die eine dynamische Bezugnahme arbeitsvertraglich vereinbart haben, billigerweise hinzunehmen.

34

2. Die Zuschlagsregelung des § 10 MTV 2003 wirkte für das Arbeitsverhältnis der Parteien im April 2009 auch nicht gemäß § 4 Abs. 5 TVG nach. Die Allgemeinverbindlichkeit des MTV 2003 endete mit der Ablösung des MTV 2003 durch den MTV 2007, auch wenn Letzterer nicht für allgemeinverbindlich erklärt wurde. Nach § 5 Abs. 5 Satz 3 TVG endet die Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags mit dessen Ablauf. Damit ist jede Beendigung des Tarifvertrags gemeint, gleich wodurch sie eintritt (BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 19, BAGE 120, 84). Die Tarifvertragsparteien vereinbarten in § 14 Nr. 2 MTV 2007 ausdrücklich, dass der MTV 2003 außer Kraft tritt und schufen in der Protokollnotiz lediglich für einzelne Bestimmungen Übergangsregelungen. Allerdings gilt für nicht an den neuen Tarifvertrag gebundene Arbeitsvertragsparteien der allgemeinverbindliche Tarifvertrag unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 TVG weiter(BAG 27. November 1991 - 4 AZR 211/91 - zu A 2 der Gründe, BAGE 69, 119). Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Die zwischen den Parteien vereinbarte dynamische Bezugnahmeklausel stellt eine andere Abmachung iSd. § 4 Abs. 5 TVG mit der Folge dar, dass eine Nachwirkung des § 10 MTV 2003 ausgeschlossen ist(vgl. BAG 17. Januar 2006 - 9 AZR 41/05 - Rn. 21 ff., BAGE 116, 366).

35

3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zahlung eines höheren Zuschlags für die Arbeit am Ostersonntag 2009 aus betrieblicher Übung. Wenn die Klägerin geltend macht, die Beklagte habe von 2003 bis 2007 Leistungen nach dem MTV 2003 erbracht, so durfte die Klägerin dieses Verhalten der Beklagten nicht dahingehend verstehen, die Leistungen würden auch zukünftig unverändert erbracht (vgl. BAG 20. Juni 2007 - 10 AZR 410/06 - Rn. 23 mwN, NZA 2007, 1293). Die Beklagte hat im fraglichen Zeitraum nur ihre sich aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel und der Allgemeinverbindlicherklärung folgenden Pflichten erfüllt.

36

IV. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    D. Wege    

        

    Starke    

        

        

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 9. März 2010 - 7 Sa 220/10 - aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bamberg - Kammer Coburg - vom 20. Mai 2009 - 3 Ca 61/06 C - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisions- und des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung -, aus den Jahren 2005 und 2006 resultierenden Urlaub abzugelten.

2

Zwischen den Parteien bestand im Zeitraum vom 1. September 2004 bis zum 30. November 2007 ein Arbeitsverhältnis. Der Beklagte beschäftigte die Klägerin als Buchhalterin in Teilzeit. Die Klägerin erbrachte ihre Arbeitsleistung an fünf Tagen in der Woche und erzielte ein monatliches Bruttoeinkommen iHv. 900,00 Euro. Die Klägerin hatte Anspruch auf 31 Tage Jahresurlaub.

3

Der Beklagte meldete die Klägerin mit Wirkung zum 30. November 2005 bei der für die Klägerin zuständigen Krankenkasse mit der Begründung ab, er habe das Arbeitsverhältnis gekündigt. Zu diesem Zeitpunkt stand der Klägerin nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ein Urlaubsanspruch von 24,5 Tagen zu.

4

Im Zeitraum vom 30. November 2005 bis zum 15. Januar 2006 war die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig erkrankt.

5

Im Januar 2006 erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage.

6

In der Zeit vom 16. Februar bis zum 8. Juni 2006, vom 18. November bis zum 1. Dezember 2006 und vom 12. April bis zum 20. April 2007 war die Klägerin erneut arbeitsunfähig erkrankt.

7

Mit rechtskräftigem Teilurteil vom 16. Mai 2007 gab das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage statt.

8

Im Zeitraum vom 22. Oktober bis zum 3. Dezember 2007 war die Klägerin wiederum arbeitsunfähig erkrankt.

9

Das Arbeitsverhältnis endete mit Wirkung zum 30. November 2007.

10

Der Beklagte gewährte der Klägerin weder im Jahr 2006 noch im Jahr 2007 Erholungsurlaub.

11

Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2007, der dem Beklagten am 6. Dezember 2007 zugestellt worden ist, verlangte die Klägerin von dem Beklagten ua., Urlaub aus den Jahren 2005 und 2006 abzugelten.

12

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Urlaubsanspruch sei nicht nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen. Wegen der Behauptung des Beklagten, er habe das Arbeitsverhältnis wirksam gekündigt, sei es ihr aufgrund von Umständen, die sie nicht zu vertreten habe, unmöglich gewesen, den Urlaub zu nehmen.

13

Die Klägerin hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.305,47 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Dezember 2007 zu zahlen.

14

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Urlaubsansprüche, deren Abgeltung die Klägerin verlange, seien gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und der Klage ua. hinsichtlich der Urlaubsabgeltung stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte, die Entscheidung des Arbeitsgerichts wiederherzustellen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision ist begründet. Soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, hat das Landesarbeitsgericht das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht abgeändert und den Beklagten verurteilt, Urlaub aus den Jahren 2005 und 2006 in Höhe von insgesamt 55,5 Tagen abzugelten. Der Klägerin steht der erhobene Zahlungsanspruch nicht zu.

17

I. Die Klage ist - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - im Umfang der Anfechtung unbegründet. Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Abgeltung von Urlaubsansprüchen aus den Jahren 2005 und 2006 gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG. Diese Urlaubsansprüche bestanden bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. November 2007 nicht mehr.

18

1. Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG hat der Arbeitgeber den Urlaub abzugelten, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG). Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen (§ 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG). Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG).

19

2. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Beklagte habe 55,5 Arbeitstage Urlaub aus den Jahren 2005 und 2006 gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. Bis zum 30. November 2007, dem Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsverhältnis der Parteien endete, seien die Urlaubsansprüche nicht verfallen. Mit der Behauptung, er habe das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 30. November 2005 wirksam gekündigt, habe der Beklagte den Urlaubsanspruch der Klägerin in Abrede gestellt. Der Klägerin sei es deshalb aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen unmöglich gewesen, den Urlaub zu nehmen. Der Streitfall sei mit dem Fall vergleichbar, dass ein Arbeitnehmer infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit daran gehindert sei, seinen Urlaubsanspruch innerhalb der gesetzlichen Verfallszeiträume zu realisieren.

20

3. Das ist unzutreffend. Die Urlaubsansprüche der Klägerin aus den Jahren 2005 und 2006 sind spätestens mit Ablauf des 31. März 2007 verfallen.

21

a) Mangels abweichender arbeits- oder tarifvertraglicher Regelungen bindet § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG den Urlaubsanspruch an das Urlaubsjahr(so grundlegend BAG 13. Mai 1982 - 6 AZR 360/80 - zu II 4 a der Gründe, BAGE 39, 53). Der Urlaubsanspruch verfällt am Ende des Urlaubsjahres, wenn nicht einer der in § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG genannten Übertragungsgründe vorliegt(vgl. BAG 21. Juni 2005 - 9 AZR 200/04 - zu II 1 a der Gründe, AP InsO § 55 Nr. 11 = EzA BUrlG § 7 Nr. 114). Bestehen dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe, wird der Urlaub ipso iure auf die ersten drei Monate des Folgejahres übertragen (BAG 24. März 2009 -  9 AZR 983/07  - Rn. 52, BAGE 130, 119). In diesem Fall verlangt § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG, dass der Arbeitgeber den Anteil des Urlaubsanspruchs, der vor dem laufenden Urlaubsjahr entstanden ist, innerhalb des ersten Quartals gewährt, damit eine zeitnahe Erholung des Arbeitnehmers gewährleistet ist(vgl. BAG 9. August 2011 -  9 AZR 425/10  - Rn. 19, NZA 2012, 29). Nimmt der Arbeitnehmer den übertragenen Urlaub nicht bis zum 31. März, verfällt der Urlaubsanspruch. Eine Ausnahme hat der Senat im Anschluss an die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 20. Januar 2009 (- C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Rn. 43, Slg. 2009, I-179) für die Fälle anerkannt, in denen es dem Arbeitnehmer aufgrund von ihm nicht zu vertretender Umstände unmöglich gewesen ist, den Urlaub vor Ablauf des Übertragungszeitraums zu nehmen (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 18 f., BAGE 134, 196 ).

22

b) Diesen Grundsätzen zufolge ist der Urlaubsanspruch, dessen Abgeltung die Klägerin verlangt, teilweise mit Ablauf des 31. Dezember 2006, im Übrigen mit Ablauf des 31. März 2007 verfallen.

23

aa) Nach den unangefochtenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatte die Klägerin am 30. November 2005 Anspruch auf 24,5 Arbeitstage Urlaub. Da die Klägerin im Zeitraum vom 30. November 2005 bis zum 15. Januar 2006 arbeitsunfähig erkrankt war, wurde dieser Urlaubsanspruch in das Jahr 2006 übertragen (§ 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG). Ist es dem Arbeitnehmer aufgrund einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit unmöglich, seinen Urlaub am Jahresende zu nehmen, liegt ein Übertragungsgrund in der Person des Arbeitnehmers vor. Denn der Arbeitgeber ist aus Rechtsgründen gehindert, dem aufgrund seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit von der Arbeitsverpflichtung bereits befreiten Arbeitnehmer Urlaub zu erteilen. Urlaub und Arbeitsunfähigkeit schließen sich gegenseitig aus (vgl. BAG 29. Juli 2003 - 9 AZR 270/02 - zu B I 2 b bb (1) der Gründe, BAGE 107, 124).

24

bb) Zu dem übertragenen Urlaubsanspruch (24,5 Arbeitstage) trat am 1. Januar 2006 der Anspruch auf Urlaub für das Urlaubsjahr 2006 (31 Arbeitstage). Der Urlaubsanspruch der Klägerin belief sich demnach zu Beginn des Jahres 2006 auf 55,5 Arbeitstage.

25

cc) Der aus dem Jahr 2005 übertragene Urlaub (24,5 Arbeitstage) bestand ungeachtet des in § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG bestimmten Übertragungszeitraums über den 31. März 2006 fort. Denn die Klägerin war ohne ihr Verschulden daran gehindert, den übertragenen Urlaub zu nehmen. Ursächlich hierfür war ihre krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum vom 16. Februar bis zum 8. Juni 2006. Der Klägerin kann dabei nicht entgegengehalten werden, sie hätte ihren Resturlaub aus dem Jahr 2005 während der Zeit ihrer Arbeitsfähigkeit vom 16. Januar 2006 bis zum Beginn der erneuten krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit am 16. Februar 2006 nehmen können. Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, nach Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit im Übertragungszeitraum unmittelbar Urlaub zu nehmen. Dies würde den Übertragungszeitraum von drei Monaten des Folgejahres gemäß § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG unzulässig verkürzen. Er darf vielmehr für die Festlegung der zeitlichen Lage seines Urlaubs diesen Zeitraum voll ausschöpfen. Diese Grundsätze gelten auch für den arbeitsvertraglichen Mehrurlaub. Es ist deshalb rechtlich nicht erheblich, ob es sich dabei um einen Teil des gesetzlichen Mindesturlaubs oder aber um arbeitsvertraglichen Mehrurlaub handelte. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien gelten weder arbeits- noch tarifvertragliche Regelungen, wonach der übergesetzliche Mehrurlaub anderen Regeln als der durch § 3 Abs. 1 BUrlG garantierte Mindesturlaub folgen soll(vgl. zu tariflichen Regelungen: BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 34, EzA BUrlG § 7 Nr. 123).

26

dd) Am 31. Dezember 2006 verfiel ein Teil des Urlaubsanspruchs gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG; im Übrigen wurde er auf das Urlaubsjahr 2007 übertragen und verfiel später.

27

(1) Vom Ende des Jahres 2006 gerechnet, war der Anspruch auf Urlaub im Umfang von 44,5 Arbeitstagen erfüllbar, da der Gewährung keine Hindernisse entgegenstanden. In diesem Umfang verfiel der Urlaubsanspruch.

28

Der Urlaub geht nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG nur insoweit auf den Übertragungszeitraum über, als er wegen eines Übertragungsgrundes nicht mehr vollständig erfüllt werden kann. Ansonsten erlischt der erfüllbare Teil mit Ablauf des Kalenderjahres (vgl. BAG 24. November 1992 - 9 AZR 549/91 - zu 2 der Gründe, AP BUrlG § 1 Nr. 23 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 102). Dies gilt auch im Falle einer langwierigen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, wenn der Arbeitnehmer im Kalenderjahr so rechtzeitig gesund und arbeitsfähig wird, dass er in der verbleibenden Zeit seinen Urlaub nehmen kann (vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 425/10 - Rn. 20, NZA 2012, 29).

29

(2) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts gilt dies unbeschadet des Umstands, dass die Parteien in den Jahren 2006 und 2007 einen Bestandsrechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Bamberg führten. Insbesondere gibt die reformierte Rechtsprechung des Senats im Nachgang zu der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Schultz-Hoff (EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - Slg. 2009, I-179) keinen Anlass, § 7 Abs. 3 Satz 1 bis Satz 3 BUrlG zugunsten der Klägerin einschränkend anzuwenden.

30

(a) Im Hinblick auf Art. 7 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. EU L 299 vom 18. November 2003 S. 9; im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie) hat der Senat in seiner Entscheidung vom 24. März 2009 ( BAG - 9 AZR 983/07 - BAGE 130, 119) angenommen, § 7 Abs. 3 BUrlG sei dahingehend fortzubilden, dass Urlaub, den ein Arbeitnehmer wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit weder im Urlaubsjahr noch innerhalb des Übertragungszeitraums habe nehmen können, nicht verfalle. Danach wirkt sich die verbindliche Auslegung, die Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie durch den Gerichtshof der Europäischen Union gefunden hat(EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Slg. 2009, I-179), auf das deutsche Urlaubsrecht aus. Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie ist dahin auszulegen, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, nach denen der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei Ablauf des Bezugszeitraums und/oder eines im nationalen Recht festgelegten Übertragungszeitraums auch dann erlischt, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben war und seine Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Übertragungszeitraums fortbestand, weshalb er seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte.

31

(b) Die Voraussetzungen, unter denen der Senat eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung befürwortet, liegen im Streitfall nicht vor. Unabhängig davon, dass die Parteien in den Jahren 2006 und 2007 einen Bestandsrechtsstreit führten, war es der Klägerin möglich, Urlaub zu nehmen.

32

Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand, wie das Arbeitsgericht mit Teilurteil vom 16. Mai 2007 feststellte, über den 30. November 2005 ungekündigt fort und endete erst mit Ablauf des 30. November 2007. Der Arbeitgeber ist - anders als im Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers - rechtlich nicht gehindert, einem Arbeitnehmer in einem unwirksam gekündigten und deshalb fortbestehenden Arbeitsverhältnis Urlaub zu erteilen. Dies gilt nach bisheriger Senatsrechtsprechung unabhängig davon, ob die Parteien einen Rechtsstreit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses führen (vgl. BAG 14. August 2007 - 9 AZR 934/06 - Rn. 14, AP BUrlG § 7 Nr. 38 = EzA BUrlG § 7 Nr. 119).

33

(3) Der Senat ist nicht gehalten, den Gerichtshof der Europäischen Union insoweit um eine Vorabentscheidung zu ersuchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen, an die Art. 267 Abs. 3 AEUV die Vorlagepflicht knüpft, liegen nicht vor.

34

(a) Gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV entscheidet der Gerichtshof der Europäischen Union im Wege der Vorabentscheidung über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen ua. der Organe und Einrichtungen der Union. Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet (Art. 267 Abs. 3 AEUV). Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind.

35

(b) Der Gerichtshof hat mehrfach betont, Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie stehe einer nationalen Regelung nicht entgegen, die den Verlust des Urlaubsanspruchs am Ende eines Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums bestimmt, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit hatte, den Urlaub zu nehmen(EuGH 22. November 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 26, NZA 2011, 1333; 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Rn. 43, Slg. 2009, I-179). Deshalb kann der Urlaub in den folgenden Urlaubsjahren verfallen, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht rechtzeitig genommen hat und er nicht an der Urlaubsnahme wegen Arbeitsunfähigkeit gehindert war (BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 39, EzA BUrlG § 7 Nr. 123). Im Streitfall war es der Klägerin nach ihrer Genesung im Juni 2006 teilweise möglich, in den Genuss des Urlaubs, dessen Abgeltung sie verlangt, zu gelangen. Denn das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand bis zum 30. November 2007 fort.

36

ee) Soweit der Beklagte den Urlaubsanspruch der Klägerin wegen der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit der Klägerin im Zeitraum vom 18. November bis zum 1. Dezember 2006 (10 Arbeitstage) nicht erfüllen konnte, liegt ein Umstand in der Person der Klägerin vor, der zu einer Übertragung des Urlaubs auf das Jahr 2007 führte (§ 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG).

37

ff) Der auf das Jahr 2007 übertragene Urlaubsanspruch (10 Arbeitstage) verfiel am Ende des Übertragungszeitraums am 31. März 2007 (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG). Die Klägerin hat keine Umstände vorgetragen, die darauf schließen ließen, ihr sei es unverschuldet nicht möglich gewesen, den Urlaub im ersten Quartal des Jahres 2007 zu nehmen.

38

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Der Klageanspruch steht der Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes (Abgeltung von Ersatzurlaub) zu. Die tatbestandlichen Voraussetzungen, an die die § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1 BGB eine Entschädigungspflicht des Beklagten knüpfen, liegen nicht vor.

39

1. Ist der Anspruch auf Leistung gemäß § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, weil die Leistung unmöglich ist, bestimmen sich die Rechte des Gläubigers gemäß § 275 Abs. 4 BGB ua. nach den §§ 280, 283 BGB. § 283 Satz 1 BGB bestimmt, dass der Gläubiger in diesen Fällen unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann. Gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Gläubiger Ersatz des Schadens verlangen, der dadurch entsteht, dass der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt. Ungeachtet dessen, dass § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB die Haftung des Schuldners an ein Verschulden knüpft, bestimmt § 287 Satz 2 BGB, dass der Schuldner, der sich im Verzug mit der Leistung befindet, auch für Zufall einzustehen hat, es sei denn, dass der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten wäre. Der Schuldner befindet sich mit der geschuldeten Leistung in Verzug, wenn er auf eine Mahnung des Gläubigers nicht leistet, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt (§ 286 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Mahnung bedarf es nicht, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB).

40

2. Ein Ersatzurlaubsanspruch der Klägerin für den verfallenen Urlaub war nicht entstanden, weil sich der Beklagte zu dem Zeitpunkt, da der Urlaubsanspruch der Klägerin infolge seiner gesetzlichen Befristung nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfiel, nicht mit der Urlaubsgewährung im Verzug befand.

41

a) Die Klägerin mahnte den Beklagten erstmals mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2007; zu diesem Zeitpunkt war der Urlaubsanspruch bereits untergegangen.

42

Der Umstand, dass die Klägerin im Januar 2006 Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Bamberg erhob, rechtfertigt es nicht, abweichend zu urteilen. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung angenommen, dass die Erhebung einer Kündigungsschutzklage regelmäßig nicht die Geltendmachung von Urlaubsansprüchen des Arbeitnehmers zum Inhalt hat (vgl. BAG 18. September 2001 - 9 AZR 571/00 - zu II 2 a aa der Gründe ; 18. Januar 2000 - 9 AZR 803/98 - zu I 2 a der Gründe; 9. November 1999 - 9 AZR 915/98 - zu II 2 b aa der Gründe; 21. September 1999 - 9 AZR 705/98 - zu I 2 b und c der Gründe, BAGE 92, 299; 17. Januar 1995 - 9 AZR 664/93 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 79, 92). Vor dem Hintergrund dieser ständigen Rechtsprechung musste der Beklagte in der Kündigungsschutzklage nicht zugleich auch die Aufforderung zur Urlaubsgewährung sehen.

43

b) Eine Mahnung war auch nicht nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich. Die Klägerin konnte es nicht als ernsthafte und endgütlige Weigerung des Beklagten ansehen, ihre Urlaubsansprüche zu erfüllen, als der Beklagte der Klägerin gegenüber die Ansicht vertrat, er habe das Arbeitsverhältnis wirksam gekündigt.

44

aa) An die Annahme, der Schuldner verweigere ernsthaft und endgültig die Erfüllung einer ihm obliegenden Leistung, sind strenge Anforderungen zu stellen. Eine Erfüllungsverweigerung liegt nur vor, wenn der Schuldner unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen. Es müssen deshalb Umstände vorliegen, die es ausgeschlossen erscheinen lassen, dass er sich von einer Fristsetzung hätte umstimmen lassen (vgl. BGH 13. Juli 2011 - VIII ZR 215/10 - Rn. 24, NJW 2011, 3435). Das ist regelmäßig nur anzunehmen, wenn er sich beharrlich weigert, die Leistung zu erbringen (vgl. BGH 15. März 1996 - V ZR 316/94 - zu II 2 der Gründe, NJW 1996, 1814). Denn nur in diesem Fall entbehrt eine Mahnung ihres Sinnes, den Schuldner zu vertragsgerechtem Verhalten anzuhalten (vgl. zur Nachfristsetzung: BGH 30. Oktober 1991 - VIII ZR 9/91 - zu 2 der Gründe, NJW 1992, 235).

45

bb) Die in anderem Zusammenhang geäußerte Annahme des Landesarbeitsgerichts, ein Arbeitgeber, der den Bestand des Arbeitsverhältnisses bestreite, leugne zugleich seine Verpflichtung, dem Arbeitnehmer Urlaub zu erteilen, widerspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats. Das Bundesarbeitsgericht vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, weder einer ordentlichen noch einer außerordentlichen Kündigungserklärung könne ohne Weiteres der Inhalt beigemessen werden, der Arbeitgeber werde, wenn der Arbeitnehmer den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend mache, die für die Erfüllung des Urlaubsanspruchs nötige Freistellung von der Arbeitspflicht verweigern. Denn der Arbeitgeber habe ein wirtschaftliches Interesse daran, einem Arbeitnehmer auf dessen Wunsch Urlaub zu erteilen, um die Kumulation von Annahmeverzugs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen zu verhindern (vgl. BAG 21. September 1999 - 9 AZR 705/98 - zu I 2 c der Gründe, BAGE 92, 299; so zuletzt BAG 14. August 2007 - 9 AZR 934/06 - Rn. 15, AP BUrlG § 7 Nr. 38 = EzA BUrlG § 7 Nr. 119 ). Im Hinblick auf diese ständige Rechtsprechung konnte die Klägerin die Kündigungserklärung nicht als ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung verstehen und darauf vertrauen, dass eine Mahnung entbehrlich sei.

46

c) Der Senat lässt offen, ob er an dieser überkommenen Rechtsprechung, wie sie unter II 2 a und II 2 b dargestellt ist, für die Zukunft festhalten wird. Denn der Arbeitgeber gerät durch Ausspruch einer rechtsunwirksamen Kündigung in Annahmeverzug, da er dem Arbeitnehmer bei einer ordentlichen Kündigung mit Ablauf der Kündigungsfrist die Arbeitsmöglichkeit entzieht (BAG 5. November 2003 - 5 AZR 562/02 - zu I 1 der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 106 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 2). Es spricht einiges dafür, diese Grundsätze künftig auch für die Kehrseite der Arbeitspflicht, nämlich die Befreiung hiervon durch Urlaubsgewährung anzuwenden.

47

III. Da die Hauptforderung nicht besteht, ist die Klage auch in Bezug auf den von der Klägerin erhobenen Zinsanspruch unbegründet.

48

IV. Die Klägerin hat die Kosten des Revisions- und des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

    Suckow    

        

        

        

    Mehnert    

        

    Neumann     

                 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Schluss-Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 21.07.2015 - 3 Ca 733/14 - teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 4.828,61 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.03.2014 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien je zu Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren nur noch über Ansprüche auf Überstundenvergütung sowie Urlaubsabgeltung für das Jahr 2013.

2

Die Klägerin war vom 10.12.2009 bis zum 28.02.2014 auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags (Bl. 7 - 11 d. A.) zu einem Bruttomonatsgehalt von 2.500,-- € beim Beklagten als Pflegedienstleiterin beschäftigt. Ausweislich des Arbeitsvertrags war eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden und eine monatliche Arbeitszeit von 173 Stunden vereinbart. Die Arbeit erfolgte nach Dienstplan. Vereinbart waren ferner 30 Arbeitstage Jahresurlaub.

3

Die Beklagte betreibt zwei Pflegeeinrichtungen: Das „Haus M.“ (HM) und das Haus „U. V.“ (UV). In den Jahren 2013 und 2014 wurde der Klägerin kein Urlaub gewährt. Die Beklagte zahlte an die Klägerin insgesamt 1.500,-- € aus, von denen sich die Klägerin 1.000,-- € auf die hier geltend gemachten Ansprüche anrechnen lässt.

4

Mit Teil-Urteil vom 14.10.2014 hat das Arbeitsgericht den Beklagten verurteilt, der Klägerin die sie betreffenden Teile der Dienstpläne des HM für das Jahr 2013 auszuhändigen. Nach Aushändigung hat die Klägerin ihr Zahlungsbegehren im Wesentlichen mit folgendem Vortrag begründet:

5

Aus den Dienstplänen der Einrichtung UV ergebe sich im Zeitraum von Januar 2012 bis Dezember 2013 ein Stundenplus von 334,16. Hierfür verlange sie ausgehend von einem Stundenlohn von 14,88 € Vergütung in Höhe von 4.934,80 €. Für das HM ergäben sich aus den Dienstplänen für das Jahr 2013 weitere 91,68 Überstunden, wofür ihr weitere 1.364,19 € zustünden.

6

Die Überstunden im Jahr 2012 seien erforderlich gewesen, weil im Mai 2012 die Kündigung der Versorgungsverträge der Einrichtungen gedroht habe und sie die Unterlagen zur Aufrechterhaltung der Betriebserlaubnis habe erstellen müssen. Daneben habe sie im pflegerischen Bereich immer wieder für ausgefallene Fachkräfte einspringen müssen. Teilweise habe sie auch für die Bewohner gekocht.

7

Sie habe gelegentlich am PC gespielt, keineswegs die überwiegende Zeit. Wenn sie ihre Tätigkeit im HM beendet gehabt habe, habe sie sich zum Haus UV begeben, das Gerät angestellt, und gespielt, um die Zeit für andere Termine zu überbrücken.

8

Die nachträglich ausgehändigten Dienstpläne des HM seien vom Beklagten manipuliert worden. So fehlten Eintragungen der Ist-Zeiten ab September 2013; weitere Eintragungen stammten nicht von Frau N., die für das Eintragen der Stunden zuständig gewesen sei. Die Dienstpläne seien für beide Häuser auch nur zu Beginn des Jahres 2012 durch Frau B. einheitlich erstellt worden, danach habe es stets getrennte Dienstpläne gegeben. Sie könne daher kumulativ die in den beiden Dienstplänen ausgewiesenen Plusstunden geltend machen.

9

Urlaub habe sie wegen des hohen Arbeitsanfalls im gesamten Jahr 2013 nicht nehmen können. Er sei - wie auch für 2014 - abzugelten. Der Beklagte schulde daher eine Abgeltung für 35 Urlaubstage in Höhe von 4.038,30 €.

10

Die Klägerin hat beantragt,

11

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 10.337,29 € brutto abzüglich 1.000,-- € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit auf 8.973,10 € und auf 1.364,19 €.

12

Der Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Er hat erwidert:

15

Überstunden seien von ihm nicht angeordnet und auch nicht erforderlich gewesen. So gehöre das Erstellen von Unterlagen zur Aufrechterhaltung der Versorgungsverträge zu den vertraglich geschuldeten Aufgaben einer Pflegedienstleitung und sei in der regelmäßigen Arbeitszeit zu erledigen. Die Klägerin sei in der Pflege tätig gewesen, obwohl bereits eine Fachkraft anwesend gewesen sei. Das sei allein von Januar bis August 2012 an 87 Tagen der Fall gewesen.

16

Die Dienstpläne des HM seien für die Anzahl der geleisteten Stunden nicht maßgeblich. Sämtliche Arbeitszeiten der Klägerin seien in den Plänen des UV erfasst. Diese sei bis Juli 2013 täglich nur ca. 15 Minuten im HM gewesen und dann in UV gewechselt. Erst ab August 2013 habe er die Klägerin aufgefordert, mehr in HM tätig zu sein. Dass sein Vortrag zutreffe, zeige sich besonders deutlich am Dienstplan für Dezember 2013, in dem für die Klägerin im Dienstplan von UV 217 Ist-Stunden ausgewiesen seien und die Klägerin wegen Arbeiten in derselben Arbeitszeit weitere 133 Ist-Stunden im HM behaupte.

17

Er schulde aber auch deswegen keine weitere Vergütung, weil er erst nachträglich - im April 2015 - erfahren habe, dass die Klägerin den ganz überwiegenden Teil der im Dienstplan eingetragenen Zeiten mit exzessivem Spielen am PC verbracht habe. Sie sei von den weiteren Arbeitskollegen im Dienstzimmer ganz regelmäßig beim Spielen angetroffen worden.

18

Urlaubsansprüche für 2013 seien verfallen. Vom 13. bis 31.05.2013 sei für die Klägerin Urlaub vorgesehen gewesen. Die Klägerin habe diesen Urlaub aber nicht genommen, sondern sich noch nachträglich für die Frühschicht eingetragen.

19

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

20

Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung von zwei Zeugen die Klage mit Ausnahme des Urlaubsabgeltungsanspruchs für 5 Tage aus 2014 abzüglich gezahlter 1.000,-- € abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne keine Überstundenvergütung verlangen, weil die beiden Zeuginnen überzeugend ausgeführt hätten, dass die Klägerin regelmäßig vertragswidrig nicht gearbeitet habe. Urlaubsabgeltungsansprüche für das Jahr 2013 seien verfallen.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf das angefochtene Schluss-Urteil Bezug genommen.

22

Gegen das am 04.08.2015 zugestellte Schluss-Urteil hat die Klägerin am 31.08.2015 Berufung eingelegt und diese am 01.10.2015 begründet.

23

Sie trägt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ergänzend wie folgt vor:

24

Sie wende sich insbesondere gegen die Beurteilung der Zeugenaussagen durch das Arbeitsgericht und rüge, dass die von ihr benannten Gegenzeugen nicht gehört worden seien. Die Zeugin K. habe im Übrigen die Behauptungen des Beklagten gerade nicht bestätigt. Sie habe sich falsch und widersprüchlich geäußert. Beide Zeuginnen seien auch nicht regelmäßig bei der Übergabe der Nachttätigkeit anwesend gewesen. Die Zeugin K. habe im Übrigen selbst gespielt, etwa im Nachtdienst oder an Wochenenden. Auch bezögen sich ihre Angaben erkennbar erst auf den Zeitraum ab August 2013.

25

Auch die Aussage der Zeugin B. sei nicht glaubhaft. Diese habe keine Veranlassung gehabt, das Dienstzimmer aufzusuchen. Sie habe dieses Zimmer allenfalls zwei bis dreimal am Tag für wenige Minuten betreten, um Kaffee zu bringen. Sie sei im Jahr 2012 auch nicht in UV, sondern in HM eingesetzt gewesen und könne daher zu ihrer - Klägerin - Tätigkeit nichts sagen.

26

Ihr stehe auch der Urlaubsabgeltungsanspruch zu, da der Beklagte von sich aus verpflichtet gewesen sei, ihr Urlaub im Jahr 2013 zu gewähren und dies nicht getan habe.

27

Ihrer Darlegungslast sei sie durch Vorlage der Dienstpläne nachgekommen. Der Beklagte habe seinen Vortrag nicht ausreichend substantiiert.

28

Die Klägerin beantragt,

29

das Schluss-Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 21.07.2015 - 3 Ca 733/14 - teilweise abzuändern und den Beklagten zu verurteilen an die Klägerin weitere 9.760,37 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

30

Der Beklagte beantragt,

31

die Berufung zurückzuweisen.

32

Er erwidert:

33

Er bleibe dabei, dass die Dienstzeiten der Klägerin vollständig im Dienstplan für UV erfasst seien. Bis Juli 2013 sei die Klägerin auch nur wenige Minuten täglich im HM gewesen. Das Arbeitsgericht habe fehlerfrei festgestellt, dass die Klägerin regelmäßig privat gespielt habe. Er tritt insoweit der Würdigung der Zeugenaussagen durch die Klägerin im Einzelnen entgegen. Die Klägerin räume im Übrigen in der Berufungsbegründung selbst ein, dass sie während der Arbeitszeit regelmäßig und nicht nur ausnahmsweise privat gespielt habe. Urlaubsabgeltungsansprüche für 2013 habe das Arbeitsgericht zutreffend abgelehnt.

34

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Akte verwiesen.

Entscheidungsgründe

35

Die gemäß § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG statthafte, form- und fristgemäß eingelegte und begründete und damit zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Der Klägerin stehen noch Vergütungsansprüche für einen Teil der von ihr geltend gemachten Überstunden zu. Urlaubsabgeltungsansprüche bestehen, soweit nicht das Arbeitsgericht bereits rechtskräftig zu Gunsten der Klägerin entschieden hat, nicht mehr.

I.

36

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Überstundenvergütung in Höhe von 6.298,99 € zuzüglich Zinsen ist zu einem Teil, nämlich in Höhe von 4.828,61 € begründet, im Übrigen unbegründet.

37

1. Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 3 des Arbeitsvertrags der Klägerin. Nach § 3 letzter Satz ihres Arbeitsvertrags wird Mehrarbeit der Klägerin „vorrangig in Freizeit ausgeglichen“. Daraus kann im Wege der Auslegung der Rückschluss gezogen werden, dass in dem Fall, dass ein Freizeitausgleich nicht möglich ist, die Überstunden auszubezahlen sind.

38

2. Den Umfang der von ihr geleisteten Überstunden hat die Klägerin aber nur zum Teil schlüssig dargelegt.

39

a) Ausgehend von den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts i. V. m. § 614 BGB gilt im Arbeitsverhältnis der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“. Verlangt der Arbeitnehmer gemäß § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er deshalb darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt. Da die konkret zu leistende Arbeit in der Regel vom Arbeitgeber durch Weisungen zu bestimmen ist (§ 106 GewO), genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereit gehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern. Deshalb hat der Arbeitgeber im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und ob der Arbeitnehmer den Weisungen nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden (BAG, Urt. v. 18.04.2012 - 5 AZR 248/11 - Juris, Rn 4).

40

Nichts anderes gilt für die Behauptung des Arbeitnehmers, er habe die geschuldete Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet. Auch insoweit genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern und im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen nicht nachgekommen ist (BAG, Urt. v. 16.05.2012 - 5 AZR 347/11 - Juris, Rn 27).

41

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin schlüssig dargelegt, dass sie im Haus UV 334,16 Stunden Mehrarbeit geleistet hat. Ihr Vortrag zur Mehrarbeit im HM im Umfang von 91,68 weiteren Überstunden ist hingegen nicht schlüssig. Der Beklagte hat den schlüssigen Vortrag der Klägerin nicht ausreichend bestritten.

42

aa) Der Vortrag der Klägerin zu der von ihr abgeleisteten Mehrarbeit ist nur teilweise ausreichend substantiiert. Sie hat zwar ausreichend zum Umfang der im UV abgeleisteten Überstunden, nicht aber zu den im HM angefallenen Überstunden vorgetragen.

43

(1) Mit der Vorlage der Dienstpläne für die Einrichtung UV genügt die Klägerin den vom BAG aufgestellten Anforderungen für die Darlegungslast. Die Klägerin hat die Dienstpläne für die Einrichtung UV von Januar 2012 bis Dezember 2013 durchgehend eingereicht. Aus den in den Dienstplänen enthaltenen Schichten verbunden mit der Legende, in der die Arbeitszeiten zu diesen Schichten hinterlegt sind, ergibt sich für jeden einzelnen Tag der Jahre 2012 und 2013 für welchen Zeitraum die Klägerin behauptet sich zur Arbeitsleistung für den Beklagten bereit gehalten zu haben. Der Vortrag ist auch ausreichend substantiiert, insbesondere auch für den Beklagten einlassungsfähig. Dieser hat selbst wiederholt ausgeführt, (ausschließlich) die Dienstpläne der Einrichtung UV gäben die Dienstzeiten der Klägerin wieder.

44

Soweit der Beklagte im Berufungstermin darauf abgestellt hat, im Dienstplan für Mai 2013 seien nachträglich Eintragungen vorgenommen worden, steht das der Schlüssigkeit des Vorbringens nicht entgegen. Der Beklagte hat insoweit nur behauptet, die Klägerin habe den für sie vorgesehenen Urlaub nicht wahrgenommen und sich stattdessen in den Dienstplan eingetragen. Damit hat der Beklagte aber ausdrücklich nicht gesagt, dass die Klägerin die von ihr für den Zeitraum 13.05. bis 31.05. 2013 eingetragene Frühschicht nicht tatsächlich wahrgenommen hat. Auch im Übrigen geht der Beklagte davon aus, dass sich die Klägerin zu den im Dienstplan hinterlegten Zeiten in seinem Betrieb aufgehalten hat.

45

(2) Dagegen genügt die Vorlage des Dienstplans betreffend die Einrichtung HM allein nicht, um ausreichend darzulegen, dass die Klägerin weitere 91,68 Überstunden geleistet hat.

46

Der Beklagte hat ausdrücklich bestritten, dass die im Dienstplan HM eingetragenen Zeiten zusätzlicher von der Klägerin angeforderter Arbeitsleistung darstellen. Er hat insoweit darauf hingewiesen, dass die dort wiedergegebenen Zeiten in beiden Dienstplänen aufgeführt sind.

47

Das Gericht ist diesem Vortrag im Berufungstermin unter Einsichtnahme in den Originaldienstplan für die Einrichtung HM und Abgleich mit dem Dienstplan für die Einrichtung UV nachgegangen. Dabei hat es übereinstimmend mit den beiden Prozessbevollmächtigten festgestellt, dass etwa im August 2013 sämtliche Dienste - Frühdienste -, die für die Klägerin in der Einrichtung UV eingetragen waren, auch in der Einrichtung HM eingetragen worden sind und im Dienstplan der Einrichtung UV mit dem Zusatz „HM“ versehen waren. Ferner sind bei der Addition der geleisteten Arbeitsstunden im August im Dienstplan von UV sämtliche Arbeitsstunden herangezogen worden. Sonst käme man nicht auf die dort ausgewiesene Stundenzahl von 189 geleisteten Stunden. Die Klägerin kann daher etwa die im August 2013 im HM ausgewiesenen Arbeitsstunden nicht zusätzlich als geleistete Arbeit geltend machen. Vergleichbares gilt für den Monat Dezember 2013 oder auch den April 2013. Allerdings hat das Berufungsgericht auch festgestellt, dass für einzelne Tage und in einzelnen Monaten die Dienstpläne für die Einrichtung HM Zeiten für die Klägerin ausweisen, die nicht im Dienstplan der Einrichtung UV ausgewiesen sind und damit grundsätzlich deren Vortrag bestätigen.

48

Im Rahmen der Darlegung der von ihr geleisteten Mehrarbeit genügt es dann aber nicht, wenn die Klägerin pauschal auf den Dienstplan der Einrichtung HM Bezug nimmt und damit weitere Überstunden begründet. Vielmehr hätte dann für jeden einzelnen Tag des Jahres 2013 vorgetragen werden müssen, ob dieser bereits im Dienstplan der Einrichtung UV enthalten ist oder nicht. Daran fehlt es.

49

(3) Im Ergebnis sind damit nur 334,16 Stunden aus UV ausreichend dargelegt.

50

bb) Die Ableistung dieser Stunden hat die Beklagte nicht ausreichend bestritten. Sie gelten daher nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als zugestanden.

51

(1) Der Beklagte kann zunächst einmal nicht mit seinem ursprünglichen erstinstanzlichen Vortrag gehört werden, die Ableistung der entsprechenden Stunden sei nicht erforderlich gewesen; die Klägerin hätte die Arbeit auch in kürzerer Zeit erledigen können. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin ausschließlich Stunden geltend macht, in denen sie nach dem Dienstplan und ihrem Arbeitsvertrag zur Ableistung verpflichtet war. Die Klägerin hat diese Dienstpläne - das ist unstreitig - auch nicht selbst erstellt, sondern die weiteren Mitarbeiterinnen des Beklagten B. und N. . Aus welchen Gründen es dazu gekommen ist, dass die Klägerin in so großem Umfang zu Diensten herangezogen wurde, ist hier nicht weiter aufzuklären. Jedenfalls war dem Beklagten der Umfang der geleisteten Dienste auch jederzeit bekannt. Unstreitig hat er die Dienstpläne monatlich gesehen und zur Abrechnung an den Steuerberater weiter geleitet.

52

(2) Soweit der Beklagte einwendet, die Klägerin habe während ihrer Arbeitszeit am Computer gespielt, ist sein Vortrag nicht ausreichend substantiiert. Die vom Bundesarbeitsgericht geforderten Angaben dazu, an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann seinen Weisungen nicht nachgekommen ist, fehlen vollständig. Der Beklagte hat sich vielmehr auf den pauschalen Vortrag beschränkt, die Klägerin habe die überwiegende Zeit gespielt. Das ist nach dem vorstehend Ausgeführten unsubstantiiert.

53

(3) Vor diesem Hintergrund hätte das Arbeitsgericht auch nicht Beweis erheben dürfen. Dennoch ist eine durchgeführte Beweisaufnahme vom Berufungsgericht zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hat die Beweisaufnahme aber nicht ergeben, dass die Klägerin während ihrer Arbeitszeit durchgehend - also ausschließlich - gespielt hat oder aber an welchen Tagen in welchem zeitlichen Umfang dies der Fall war.

54

Die Zeugen konnten zu einzelnen Tagen und zum zeitlichen Umfang des Spielens im Einzelnen nichts sagen. So hat die Zeugin K. zum Umfang des Spielens der Klägerin am PC Angaben gemacht, die sich keinem bestimmten zeitlichen Zeitraum zuordnen lassen. So heißt es in ihrer Aussage unter anderem, die Klägerin habe dreimal in der Woche gespielt, dann im nächsten Satz, wenn sie dreimal im Dienstzimmer gewesen sei, lief zweimal der PC. Zur Frage, wie häufig der PC lief, hat sie dann weiter ausgeführt, das sei schwer zu sagen, es sei in den letzten Monaten häufiger gewesen. Bei Arbeiten am Qualitätshandbuch habe die Klägerin zwischendurch gespielt, länger als eine halbe Stunde bestimmt, das sei etwa einmal die Woche gewesen. Unstreitig ist, dass sich die Äußerungen der Zeugin allein auf den Zeitraum ab August 2013, also auf fünf der hier in Rede stehenden 24 Monate bezogen haben. Ebenso wenig ergiebig war die Aussage der Zeugin Bö., die gesagt hat, die Klägerin habe, wenn sie (Zeugin) ihr einen Kaffee gebracht habe, meistens gespielt. Dies sei nach der Übergabe des Nachtdienstes meistens so gewesen. Die Klägerin habe meistens gespielt, aber - so die Zeugin einen Satz später - sie habe auch nebenbei ihre Akten gemacht und auch nicht gespielt, wenn der Beklagte im Haus gewesen sei.

55

Aus diesen Zeugenaussagen lässt sich nicht im Ansatz ein bestimmter Zeitraum ermitteln, in dem die Klägerin ihrer arbeitsvertraglichen Pflicht konkret nicht nachgekommen ist. Der Beklagte hat im Übrigen auch an keiner Stelle behauptet, dass Arbeiten der Klägerin nicht erledigt oder von anderen Mitarbeitern miterledigt worden seien. Vielmehr hat er selbst vorgetragen, die Klägerin sei etwa von Januar bis August des Jahres 2012 an 87 Tagen neben einer weiteren Fachkraft in der Pflege tätig gewesen und ausgeführt, dies sei nicht nötig gewesen. Dass in diesem Zeitraum dann an bestimmten Tagen nicht so viel zu tun ist, und die Klägerin Gelegenheit hat, auch zu spielen, liegt auf der Hand. Dem muss aber der Beklagte durch eine entsprechende Gestaltung des Dienstplans entgegentreten und die Klägerin nicht für Zeiten einteilen lassen, in denen sie gar nicht benötigt wird.

56

Die Kammer sieht auch keine Möglichkeit einen etwaigen Anteil der Klägerin an Zeiten des PC-Spielens nach Maßgabe des § 287 ZPO zu schätzen. Die Zeugenaussagen liefern hierfür keine ausreichende Grundlage.

57

(4) Mangels substantiierten Vortrags des Beklagten kam auch eine Wiederholung der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme nicht in Betracht. Auf die Anfordernisse an die jeweilige Darlegungslast sind die Parteien mit Verfügung des Gerichts vom 12.11.2015 hingewiesen worden, ohne dass der Beklagte hieraus weitere Konsequenzen gezogen hat. Im Übrigen ist er auch erkennbar zu substantiierterem Vortrag schon aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr in der Lage.

58

3. Danach steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung restlicher Vergütung in Höhe von 4.828,61 € brutto zu.

59

a) Auszugehen ist entgegen der Berechnung der Klägerin nicht von einem Stundenlohn von 14,88 € brutto, sondern von einem Stundenlohn von 14,45 € brutto. Die Parteien haben keine monatliche Arbeitszeit von 168 Stunden vereinbart, sondern ausdrücklich von 173 Stunden. Demzufolge ermittelt sich der Stundenlohn der Klägerin auch durch folgende Division: 2.500,-- € : 173. Die Klägerin legt bei ihrer Berechnung ersichtlich einen Zeitraum von vier Wochen zugrunde. Vier Wochen sind aber weniger als ein Monat.

60

b) 334,16 Stunden multipliziert mit 14,45 € brutto ergibt 4.828,61 €.

61

4. Zinsen stehen der Klägerin ab dem 19.03.2014 gemäß den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 291 BGB zu.

II.

62

Ein weiterer Anspruch auf Urlaubsgeltung für 30 Tage aus dem Jahr 2013 gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG besteht nicht.

63

1. Nach § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen.

64

a) Der Jahresurlaub der Klägerin aus dem Jahr 2013 ist nicht in das Jahr 2014 übertragen worden. Die Klägerin hat zum Vorliegen betrieblicher Gründe im Sinne des § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG nicht ausreichend vorgetragen.

65

aa) Dringende betriebliche Gründe im Sinne des § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG liegen vor, wenn die Interessen des Arbeitgebers an einer Gewährung von Urlaub im Übertragungszeitraum anstelle des im Urlaubsjahr zu gewährenden Urlaubs das Interesse des Arbeitnehmers an der fristgerechten Inanspruchnahme des Urlaubs noch innerhalb des Kalenderjahres überwiegen. Das ist z. B. dann gegeben, wenn die Auftragslage zum Jahresende die Anwesenheit des Arbeitnehmers erfordert, eine besonders arbeitsintensive Zeit bevorsteht, bereits anderen Arbeitnehmern Urlaub gewährt worden ist usw.. Von der Erfüllung des Tatbestandsmerkmals kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber eine entsprechende Erklärung abgegeben hat, insbesondere ein Urlaubswunsch des Arbeitnehmers zum Jahresende abgelehnt hat (Erf.-Komm., 16. Aufl., § 7 BUrlG, Rn 61). Die Darlegungslast für das Vorliegen eines Übertragungstatbestands liegt beim Arbeitnehmer (LAG Schl.-Holst. - 6 Sa 492/06 - Juris, Rn 48).

66

bb) Danach hat die Klägerin keine ausreichenden dringenden betrieblichen Gründe dargelegt, die eine Übertragung ihres Urlaubs in das erste Kalenderquartal 2014 rechtfertigen. Weder hat sie konkret zur Personalsituation zum Ende des Jahres hin vorgetragen, noch ist ein Urlaubswunsch von ihr abschlägig beschieden worden. Im Berufungsverfahren hat sie sich auf die Übertragung des Urlaubs auch nicht mehr bezogen.

67

b) Ohne Übertragungstatbestand erlischt der Urlaubsanspruch am Jahresende (Erf.-Komm., a. a. O., Rn 39).

68

2. Der Klägerin steht auch kein Schadensersatzanspruch auf Urlaubsabgeltung zu.

69

a) Anerkannt ist, dass dem Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber ein Verzugsschadensersatz dann zusteht, wenn er rechtzeitig, aber erfolglos die Freistellung im Urlaubsjahr verlangt und damit den Arbeitnehmer gemahnt und in Verzug gesetzt hat (Erf.-Komm., a. a. O., Rn 40).

70

Die Voraussetzungen eines Verzugsschadensersatzanspruchs liegen nicht vor. Die Klägerin hat den Beklagten nicht durch einen konkreten Urlaubsantrag mit der Erteilung des Urlaubs in Verzug gesetzt.

71

b) Der Klägerin steht auch kein Anspruch gemäß den §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB zu, weil der Beklagte seine Pflicht zur Urlaubserteilung verletzt hat.

72

aa) Eine Rechtspflicht des Arbeitgebers, auch ohne entsprechenden Antrag des Arbeitnehmers im laufenden Kalenderjahr Urlaub zu erteilen nimmt das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in einem Urteil vom 12.06.2014 - 21 Sa 221/14 - Juris sowie auch in anderen Entscheidungen an und begründet dies im Wesentlichen damit, dass der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub dem Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers diene und der Wortlaut des § 7 BUrlG der entsprechenden Auslegung nicht entgegenstehe.

73

bb) Das Bundesarbeitsgericht geht demgegenüber nicht von einer Pflicht des Arbeitgebers zur Urlaubsgewährung im laufenden Kalenderjahr aus. Vielmehr verfällt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Urlaub am Jahresende, nur unter den Voraussetzungen des Verzugs entsteht der oben dargestellte Ersatzurlaubsanspruch (BAG v. 14.05.2013 - 9 AZR 760/11 -).

74

Dieser Auffassung des Bundesarbeitsgerichts folgt auch das Berufungsgericht. Gerade aus Sicht des Gesundheitsschutzes hält es eine Lösung für vorzugswürdig, nach der der Arbeitnehmer zumindest gehalten ist, einen Urlaubsantrag zu stellen. Folgt man der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg, befördert das nämlich nach Einschätzung der Kammer das Anhäufen von Urlaubsansprüchen im bestehenden Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer wird von der Stellung rechtzeitiger Urlaubsanträge abgehalten, die er um Streitigkeiten wegen der Urlaubsgewährung zu vermeiden, nicht stellt. Unter Berücksichtigung der Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg erwüchse ihm hieraus kein Nachteil. Er kann das Stellen von Urlaubsanträgen einfach unterlassen mit dem Argument, er kann den Urlaub hinterher - spätestens nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses - immer noch nehmen. Dieses Herausschieben der Urlaubsgewährung dient aber gerade nicht dem Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers, der nur verwirklicht wird, wenn der Urlaub auch tatsächlich genommen wird. Selbstverständlich ist es nicht besser, wenn der Arbeitnehmer wegen des Verfalls am Jahresende gar keinen Urlaub erhält. Droht aber der Verfall seines Urlaubs, wird der Arbeitnehmer gezwungen, zumindest einen Urlaubsantrag zu stellen, um den Verzug des Arbeitgebers auszulösen. Das ist das Warnsignal auch für den Arbeitgeber, die Urlaubsgewährung zu ermöglichen. Weiß der Arbeitnehmer, dass ihm ohne Urlaubsantrag der komplette Verlust seines Urlaubs droht, wird er eher Maßnahmen zur tatsächlichen Urlaubsgewährung ergreifen.

75

Im Übrigen setzt nach § 7 Abs. 1 BUrlG die Gewährung des Urlaubs voraus, dass die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind. Das wiederum ist nur möglich, wenn der Arbeitnehmer zuvor einen Urlaubsantrag gestellt hat.

III.

76

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

77

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die hier streitige Rechtsfrage zum Urlaubsrecht ist vom Bundesarbeitsgericht in der jüngeren Vergangenheit im Sinne der Berufungskammer entschieden worden. Anlass deswegen die Revision zuzulassen, sieht die Kammer nicht.


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.

(1) Das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (Anspruch), unterliegt der Verjährung.

(2) Der Verjährung unterliegen nicht

1.
Ansprüche, die aus einem nicht verjährbaren Verbrechen erwachsen sind,
2.
Ansprüche aus einem familienrechtlichen Verhältnis, soweit sie auf die Herstellung des dem Verhältnis entsprechenden Zustands für die Zukunft oder auf die Einwilligung in die genetische Untersuchung zur Klärung der leiblichen Abstammung gerichtet sind.

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 5. Juni 2013 - 11 Sa 48/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Gewährung von 22,75 Stunden Freizeitausgleich für Überstunden.

2

Der Kläger trat 1990 in die Dienste des beklagten Landes und war zuletzt als Fahrer bei der Zentralen Polizeidirektion N beschäftigt. Arbeitsvertraglich ist die Anwendung des Manteltarifvertrags für Arbeiter der Länder (MTL II) vom 27. Februar 1964 und der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge sowie die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge vereinbart.

3

Der Pkw-Fahrer-TV-L lautet, soweit hier von Interesse, auszugsweise:

        

§ 2   

        
        

Arbeitszeit, höchstzulässige Arbeitszeit

        
        

(1)     

Die Arbeitszeit umfasst Lenkzeiten, Vor- und Abschlussarbeiten, Reparaturarbeiten, Wagenpflege, Wartezeiten, Wartungsarbeiten und sonstige Arbeit. …

        
        

(2)     

Die höchstzulässige Arbeitszeit kann im Hinblick auf die in ihr enthaltenen Wartezeiten auf bis zu 15 Stunden täglich ohne Ausgleich verlängert werden, wenn der Fahrer/die Fahrerin schriftlich einwilligt und geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes getroffen sind (§ 7 Absatz 2a Arbeitszeitgesetz); sie darf im Tarifgebiet West 268 Stunden und im Tarifgebiet Ost 272,5 Stunden im Kalendermonat ohne Freizeitausgleich nicht übersteigen. Geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes sind insbesondere das Recht des Fahrers/der Fahrerin zu einer jährlichen, für den Beschäftigten kostenfreien arbeitsmedizinischen Untersuchung … und/oder die Gewährung eines Freizeitausgleichs möglichst durch ganze Tage oder durch zusammenhängende arbeitsfreie Tage zur Regenerationsförderung. …

        
        

(3)     

Muss die höchstzulässige monatliche Arbeitszeit nach Absatz 2 Satz 1 aus zwingenden dienstlichen oder betrieblichen Gründen ausnahmsweise überschritten werden, so sind die Stunden, die über 268 beziehungsweise 272,5 Stunden hinausgehen, im Laufe des kommenden oder des darauf folgenden Monats durch Erteilung entsprechender Freizeit auszugleichen; ferner ist der Zeitzuschlag für Überstunden nach § 8 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe a TV-L zu zahlen. Die Zahlung einer geldlichen Entschädigung anstelle der Erteilung entsprechender Freizeit ist aus Gründen des Gesundheitsschutzes (Absatz 2 Satz 1) unzulässig.

        
        

…       

                 
        

Protokollerklärung zu § 2:

        
        

Die regelmäßige Arbeitszeit des Fahrers/der Fahrerin nach § 6 Absatz 1 TV-L bleibt unberührt. Soweit die höchstzulässige Arbeitszeit nach Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz nicht überschritten wird, ist § 6 Absatz 2 TV-L mit der Maßgabe anwendbar, dass bei der Berechnung auf das jeweilige Kalenderhalbjahr abzustellen ist.

        
                          
        

§ 3     

        
        

Monatsarbeitszeit

        
        

(1)     

Die Arbeitszeit, die in einem Kalendermonat im Rahmen von § 2 geleistet wird, ist die Monatsarbeitszeit.

        
        

…       

                 
        

(3)     

Im Falle

        
                 

●       

eines Erholungsurlaubs, Zusatzurlaubs (§§ 26, 27 TV-L),

        
                 

●       

einer Arbeitsunfähigkeit infolge Erkrankung oder Unfalls,

        
                 

●       

einer Arbeitsbefreiung unter Entgeltfortzahlung (§ 29 TV-L),

        
                 

●       

einer Qualifizierung in überwiegend dienstlichem oder betrieblichem Interesse unter Zahlung des Entgelts,

        
                                            
                 

●       

eines ganztägigen Freizeitausgleichs nach § 2 Absatz 3 Satz 1,

        
                 

●       

eines ganzen oder teilweisen Ausfalls wegen der Tätigkeit als Mitglied einer Personalvertretung/eines Betriebsrates,

        
                 

●       

eines ganzen oder teilweisen Ausfalls infolge eines Wochenfeiertages

        
                 

sind für jeden Arbeitstag folgende Stunden pauschal anzusetzen:

        
                 

a)    

bei ständiger Verteilung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf 5 Werktage bei Fahrern/Fahrerinnen der

        
                          

Tarifgebiet West

        

…       

                 

Pauschalgruppe I

…       

        

…       

                 

…       

…       

        

…       

                 

Pauschalgruppe IV

11,65 Stunden

        

…       

                 

…       

        
        

(5)     

Bei Arbeitsbefreiung (§ 29 TV-L) oder Beurlaubung (§ 28 TV-L) ohne Entgeltfortzahlung werden die Stunden angesetzt, die der Fahrer/die Fahrerin ohne diese Ausfallsgründe innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 6 Absatz 1 TV-L) geleistet hätte.

        
        

...     

                 
        

§ 4     

        
        

Pauschalentgelt

        
        

(1)     

Für die Fahrer/Fahrerinnen wird ein Pauschalentgelt festgesetzt, mit dem das Tabellenentgelt (§ 15 Absatz 1 TV-L) sowie das Entgelt für Überstunden und Zeitzuschläge für Überstunden (§ 8 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe a TV-L) abgegolten sind.

        
        

…       

                 
        

§ 5     

        
        

Pauschalgruppen

        
        

(1)     

Entsprechend ihrer Monatsarbeitszeit (§ 3) sind die Fahrer/Fahrerinnen folgenden Pauschalgruppen zugeordnet:

        
                          

Tarifgebiet West

Tarifgebiet Ost

                 
                 

Pauschalgruppe I

ab 185 bis 196 Stunden

ab 189 bis 199 Stunden

                 
                 

Pauschalgruppe II

über 196 bis 221 Stunden

über 199 bis 224 Stunden

                 
                 

Pauschalgruppe III

über 221 bis 244 Stunden

über 224 bis 248 Stunden

                 
                 

Pauschalgruppe IV

über 244 bis 268 Stunden

über 248 bis 272,5 Stunden

                 
                 

Ständige persönl. Fahrer/Fahrerinnen

bis 288 Stunden

bis 292 Stunden

                 
        

…“    

        
4

Der Kläger war entsprechend seiner Monatsarbeitszeit der Pauschalgruppe IV zugeordnet. Im Zeitraum von November 2010 bis Januar 2011 leistete er insgesamt 78,47 Überstunden. Als Ausgleich hierfür erteilte ihm das beklagte Land im Frühjahr 2011 sieben Tage Freizeit.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, für den Ausgleich der Überstunden sei gemäß der Protokollerklärung zu § 2 Pkw-Fahrer-TV-L die regelmäßige Arbeitszeit nach § 6 Abs. 1 TV-L maßgeblich. Diese betrage täglich 7,96 Stunden. Daher würden durch einen Tag Freizeitausgleich nur 7,96 Überstunden abgebaut. Er könne deshalb einen weiteren Freizeitausgleich im Umfang von 22,75 Stunden verlangen.

6

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren noch relevant - beantragt,

        

das beklagte Land zu verurteilen, ihm Freizeitausgleich im Umfang von 22,75 Stunden zu gewähren, wobei ein Tag Freizeitausgleich mit 7,96 Stunden anzusetzen ist.

7

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, für einen Tag Freizeitausgleich seien in der für den Kläger maßgeblichen Pauschalgruppe IV gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 iVm. § 3 Abs. 3 Buchst. a Pkw-Fahrer-TV-L 11,65 Stunden anzusetzen.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage im hier noch streitigen Umfang stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung des beklagten Landes abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen das beklagte Land auf weiteren Freizeitausgleich im Umfang von 22,75 Stunden.

10

I. Die Klage ist zulässig. Der Antrag ist dahin gehend auszulegen, das beklagte Land zu verurteilen, dem Kläger Freizeit im Umfang von weiteren 22,75 Stunden zum Ausgleich für sämtliche in den Monaten November 2010 bis Januar 2011 geleisteten Überstunden zu erteilen. Dieses Antragsverständnis hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. In dieser Auslegung ist der Klageantrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

11

II. Die Klage ist unbegründet. Der Anspruch des Klägers aus § 2 Abs. 3 Satz 1 Pkw-Fahrer-TV-L auf Freizeitausgleich für die im Zeitraum von November 2010 bis Januar 2011 geleisteten 78,47 Überstunden ist nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen. Dem Kläger stand für je 11,65 Überstunden ein Tag Freizeitausgleich zu. Indem das beklagte Land dem Kläger sieben Tage Freizeitausgleich gewährte, hat es den Anspruch des Klägers erfüllt.

12

1. Der Pkw-Fahrer-TV-L findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Zu den „für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträgen“, nach denen sich das Arbeitsverhältnis gemäß § 2 des Arbeitsvertrags richtet, zählte bei Vertragsschluss der Pkw-Fahrer-TV-L vom 10. Februar 1965, der durch den am 1. November 2006 in Kraft getretenen Pkw-Fahrer-TV-L vom 12. Oktober 2006 ersetzt wurde.

13

2. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 iVm. § 3 Abs. 3 Buchst. a Pkw-Fahrer-TV-L kann der Kläger als Fahrer der Pauschalgruppe IV für 11,65 Überstunden einen Tag Freizeitausgleich verlangen.

14

a) Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 3 Satz 1 Pkw-Fahrer-TV-L, von dem bei der Auslegung vorrangig auszugehen ist(st. Rspr., vgl. zB BAG 15. Januar 2014 - 10 AZR 297/13 - Rn. 14), sind die Stunden, die über 268 Stunden hinausgehen, durch „Erteilung entsprechender Freizeit“ auszugleichen. Die „entsprechende Freizeit“ bezieht sich auf die „Stunden, die über 268 Stunden hinausgehen“. Damit ordnet der Tarifvertrag für die über die höchstzulässige Arbeitszeit hinausgehenden Stunden einen Freizeitausgleich im Verhältnis 1:1 an.

15

b) § 2 Abs. 3 Satz 1 Pkw-Fahrer-TV-L ist jedoch nicht zu entnehmen, wie viele Stunden ein ganzer Tag Freizeitausgleich umfasst. Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 3 Buchst. a Pkw-Fahrer-TV-L. Danach sind im Falle eines ganztägigen Freizeitausgleichs nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Pkw-Fahrer-TV-L für jeden Arbeitstag bei einer Verteilung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Werktage bei Fahrern der Pauschalgruppe IV 11,65 Stunden anzusetzen. Diese beiden aufeinander aufbauenden und im unmittelbaren systematischen Zusammenhang stehenden Tarifvorschriften bezwecken einen Gleichlauf von durchschnittlicher täglicher Arbeitszeit und ganztägigem Freizeitausgleich. Durch die bezahlte Freistellung soll der Fahrer unter Berücksichtigung des in § 2 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 Pkw-Fahrer-TV-L vorgesehenen Zeitzuschlags für Überstunden als Äquivalent für einen Tag geleistete Überstunden einen Tag Freizeitausgleich zuzüglich des Überstundenzuschlags nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TV-L erhalten (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand Juli 2014 Pkw-Fahrer-TV-L § 2 Rn. 11).

16

3. Diesem Tarifverständnis steht Satz 1 der Protokollerklärung zu § 2 Pkw-Fahrer-TV-L nicht entgegen. Mit dem Hinweis, die regelmäßige Arbeitszeit des Fahrers nach § 6 Abs. 1 TV-L bleibe unberührt, stellt die Protokollerklärung lediglich klar, dass die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit grundsätzlich auch für die Fahrer gilt. Hiervon ausgehend haben die Tarifvertragsparteien mit § 2 Pkw-Fahrer-TV-L im Oktober 2006 erstmalig eine tarifliche „Opt-out“-Regelung, dh. eine abweichende Vereinbarung iSd. § 7 Abs. 2a iVm. § 7 Abs. 7 ArbZG getroffen. Dies war erforderlich geworden, weil die entsprechenden Arbeitszeitregelungen in den früheren Tarifverträgen gemäß § 25 Satz 1 ArbZG ab dem 1. Januar 2007 nicht mehr anwendbar waren. Die jetzige Tarifregelung sieht vor, dass bei schriftlicher Einwilligung des Fahrers die höchstzulässige Arbeitszeit dauerhaft auf bis zu 15 Stunden täglich ohne Ausgleich verlängert werden kann, wenn geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes getroffen sind. Diese sind in § 2 Abs. 2 Satz 2 Pkw-Fahrer-TV-L nicht abschließend aufgeführt. Zugleich ist die höchstzulässige Arbeitszeit im Kalendermonat auf 268 bzw. 272,5 Stunden begrenzt.

17

4. Soweit der Kläger zur Begründung seiner Klage geltend macht, ein Fahrer in der Pauschalgruppe IV erhalte selbst in der höchsten Stufe weniger für eine Überstunde als nach dem TV-L, berücksichtigt er nicht, dass die Tarifvertragsparteien des Pkw-Fahrer-TV-L im Rahmen der ihnen zustehenden Gestaltungsfreiheit ein eigenständiges Vergütungssystem geschaffen haben. So werden die Fahrer entsprechend ihrer Monatsarbeitszeit Pauschalgruppen zugeordnet. Nach § 4 Pkw-Fahrer-TV-L erhalten sie ein Pauschalentgelt, dessen Höhe sich nach der durchschnittlichen Monatsarbeitszeit im vorangegangenen Kalenderhalbjahr in der jeweiligen Pauschalgruppe bemisst und mit dem das Tabellenentgelt sowie das Entgelt für Überstunden sowie die Zeitzuschläge hierfür abgegolten sind. Der zusätzliche Überstundenausgleich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Pkw-Fahrer-TV-L erfasst damit nicht Überstunden iSd. § 7 Abs. 7 TV-L, sondern beschränkt sich auf die Überstunden, die ausnahmsweise „über 268 beziehungsweise 272,5 Stunden hinausgehen“. Nur für diese Überstunden ist daneben der 30 %ige Zeitzuschlag nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TV-L zu zahlen.

18

5. Der von der Revision geforderte Rückgriff auf die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit nach § 6 TV-L im Rahmen des Überstundenausgleichs nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Pkw-Fahrer-TV-L steht nicht im Einklang mit dieser besonderen tariflichen Überstundenregelung. Er hätte zur Folge, dass ein Vergütungsanspruch für 11,65 Stunden als Gegenleistung für nur 7,96 geleistete Überstunden entstünde. Das widerspricht ersichtlich der Tarifsystematik. Der Kläger berücksichtigt zudem nicht genügend, dass in § 3 Abs. 5 Pkw-Fahrer-TV-L der gegenüber den Pauschalen nach § 3 Abs. 3 Pkw-Fahrer-TV-L niedrigere Ansatz der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit nach § 6 TV-L ausdrücklich auf zwei Fälle (Arbeitsbefreiung und Beurlaubung) beschränkt ist, in denen kein unabdingbarer Entgeltanspruch besteht. Aufgrund des Ausnahmecharakters der Regelung in § 3 Abs. 5 Pkw-Fahrer-TV-L und des aufgezeigten tariflichen Gesamtzusammenhangs verbietet sich ihre Übertragung auf die Abgeltung von Überstunden durch Freizeitausgleich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Pkw-Fahrer-TV-L.

19

6. Der vom Kläger verlangte weitere Freizeitausgleich ergibt sich auch nicht daraus, dass das beklagte Land die Frist des § 2 Abs. 3 Satz 1 Pkw-Fahrer-TV-L, wonach die über 268 Stunden hinausgehenden Arbeitsstunden im Laufe des kommenden oder des darauf folgenden Monats durch Erteilung entsprechender Freizeit auszugleichen sind, nicht beachtet hat. Eine derartige Rechtsfolge sieht der Tarifvertrag für den Fall der Fristüberschreitung nicht vor.

20

III. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    W. Reinfelder    

        

    Brune    

        

        

        

    D. Diener    

        

    Stefan Fluri    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. März 2010 - 14 Sa 2333/09 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 3. Juni 2009 - 44 Ca 2253/09 - abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.692,32 Euro brutto abzüglich 1.188,64 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Januar 2009 zu zahlen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 1/3 und der Beklagte 2/3 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Abgeltung von 16 Urlaubstagen aus dem Jahr 2008.

2

Der Kläger war seit dem 15. Januar 2008 beim Beklagten als „Operation-Manager“ mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden bei einer Fünftagewoche zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 5.000,00 Euro beschäftigt. Gemäß § 6 Abs. 1 des Arbeitsvertrags der Parteien betrug der Urlaubsanspruch „27 Arbeitstage/Werktage“. Dabei sollte im Kalenderjahr des Beginns und des Endes des Arbeitsverhältnisses für jeden Monat, in dem das Arbeitsverhältnis mindestens 15 Kalendertage bestand, 1/12 des Jahresurlaubs gewährt werden.

3

In der Zeit vom 28. Mai bis zum 30. Juni 2008 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt.

4

Die Parteien führten vor dem Arbeitsgericht einen Kündigungsrechtsstreit wegen der vom Beklagten ausgesprochenen Kündigungen vom 27. Mai 2008 zum 30. Juni 2008 und vom 17. Juni 2008 zum 15. Juli 2008. Das Arbeitsgericht stellte mit Urteil vom 27. November 2008 rechtskräftig fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 17. Juni 2008 erst zum 31. Juli 2008 geendet hat.

5

Urlaub war dem Kläger nicht gewährt worden. Er verlangte deshalb mit Schreiben vom 6. Januar 2009 vom Beklagten die Abgeltung von 16 Urlaubstagen aus dem Jahr 2008. Das lehnte dieser durch Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2009 ab.

6

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ein Urlaubsabgeltungsanspruch könne nicht verfallen, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt werde und der Kündigungszeitpunkt bzw. das genaue Ende des Arbeitsverhältnisses unklar sei. Zudem sei es rechtlich nicht überzeugend, einem Arbeitnehmer, der im gesamten Kalenderjahr keine Arbeitsleistung erbracht habe, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bzw. auf Abgeltung zu erhalten und umgekehrt einem anderen Arbeitnehmer, der seine Arbeitsleistung erbracht habe, denselben Anspruch zu verwehren, nur weil er ihn nicht „rechtzeitig“ geltend gemacht habe.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 3.692,32 Euro brutto abzüglich 1.188,64 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Januar 2009 zu zahlen.

8

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, vorliegend bedürfe die nationale Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keiner Modifizierung, da die Umstände, die zum Verfall des Urlaubsanspruchs führten, nur vom Willen und Können des Arbeitnehmers abhingen.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger verfolgt mit der vom Senat zugelassenen Revision sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

10

A. Die Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat seine Berufung gegen die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Unrecht insgesamt zurückgewiesen. Der Kläger hat Anspruch auf Abgeltung von 16 Urlaubstagen aus dem Jahr 2008 in Höhe von 3.692,32 Euro brutto abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengelds.

11

I. Der Anspruch folgt aus § 7 Abs. 4 BUrlG. Danach hat der Arbeitgeber den Urlaub abzugelten, der dem Arbeitnehmer wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Das sind vorliegend mindestens die geltend gemachten 16 Urlaubstage.

12

1. Dem Kläger stand nach § 6 des Arbeitsvertrags ein jährlicher Urlaubsanspruch von 27 Arbeitstagen zu. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien am 15. Januar 2008 begann, hatte der Kläger bei seiner Beendigung die Wartezeit von sechs Monaten gemäß § 4 BUrlG erfüllt. Bei Ausscheiden nach erfüllter Wartezeit hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den ungekürzten Vollurlaub. Eine Kürzung (Teilurlaub) sieht § 5 BUrlG für diesen Fall nicht vor. Hiervon weicht § 6 des Arbeitsvertrags zwar zuungunsten des Klägers ab, indem der Urlaubsanspruch nur in Höhe von 1/12 je Monat des bestehenden Arbeitsverhältnisses entstehen soll. Diese Abweichung von § 5 ist nach § 13 Abs. 1 BUrlG einzelvertraglich zulasten des Arbeitnehmers nicht zulässig und für den gesetzlichen Mindesturlaub deshalb nicht wirksam. Dem Kläger stand bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses damit mindestens der ungekürzte gesetzliche Vollurlaub zu. Das sind 20 Arbeitstage in der Fünftagewoche. Hiervon macht er nur 16 Tage als Abgeltung geltend.

13

2. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Urlaubsanspruch nicht mit Ablauf des Jahres 2008 erloschen, weil der Kläger im Urlaubsjahr 2008 keinen Urlaub beansprucht und die Abgeltung des Urlaubs erstmals mit Schreiben vom 6. Januar 2009 und damit nach Ablauf des Urlaubsjahres verlangt hat.

14

a) Die frühere Rechtsprechung hat angenommen, der Abgeltungsanspruch sei abgesehen von dem Tatbestandsmerkmal der Beendigung des Arbeitsverhältnisses an die gleichen Voraussetzungen gebunden wie der Urlaubsanspruch. Er setze als Erfüllungssurrogat des Urlaubsanspruchs voraus, dass der Urlaub noch gewährt werden könne, wenn das Arbeitsverhältnis noch bestände (erstmals BAG 6. Juni 1968 - 5 AZR 410/67 - zu 4 der Gründe, AP BUrlG § 3 Rechtsmissbrauch Nr. 5 = EzA BUrlG § 1 Nr. 5: „von denselben rechtlichen Faktoren abhängig wie die des Freizeitanspruchs“; ferner 28. Juni 1984 - 6 AZR 521/81 - zu 2 der Gründe, BAGE 46, 224; 7. März 1985 - 6 AZR 334/82 - zu 3 b der Gründe, BAGE 48, 186; 7. Dezember 1993 - 9 AZR 683/92 - zu I 4 der Gründe, BAGE 75, 171; 17. Januar 1995 - 9 AZR 263/92 - zu I 1 der Gründe). Da der Urlaubsanspruch auf das Kalenderjahr befristet sei, müsse auch der ihn ersetzende Abgeltungsanspruch bis zum Ende des Kalenderjahres geltend gemacht und erfüllt werden. Anderenfalls gehe er ebenso wie der Urlaubsanspruch ersatzlos unter (zB BAG 17. Januar 1995 - 9 AZR 664/93 - zu I 1 c aa der Gründe, BAGE 79, 92). Danach wäre der Abgeltungsanspruch des Klägers am 31. Dezember 2008 gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG verfallen.

15

b) Der Senat gibt seine Rechtsprechung zum Charakter des Abgeltungsanspruchs als Surrogat des Urlaubsanspruchs insgesamt auf. Der Abgeltungsanspruch ist ein Geldanspruch, dessen Erfüllbarkeit nicht von der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers abhängt und der nicht dem Fristenregime des BUrlG unterliegt. Deshalb kommt es vorliegend nicht darauf an, ob der Kläger seinen Urlaub im Urlaubsjahr 2008 verlangte.

16

aa) Anlass der Surrogatsrechtsprechung waren die Ansprüche auf Urlaubsabgeltung von fortdauernd arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmern. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wollte ausschließen, dass arbeitsunfähig ausscheidende Arbeitnehmer bessergestellt werden als die im Arbeitsverhältnis verbleibenden arbeitsunfähigen Arbeitnehmer (BAG 17. Januar 1995 - 9 AZR 436/93 - zu I 1 b der Gründe). Nach der mittlerweile überholten Rechtsprechung wären die Urlaubsansprüche der arbeitsunfähigen im Arbeitsverhältnis verbleibenden Arbeitnehmer zum 31. März des dem Urlaubsjahr folgenden Jahres gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen. Demgegenüber hätte der Abgeltungsanspruch, wäre er nicht Erfüllungssurrogat des Urlaubsanspruchs, als reiner Geldanspruch trotz fortdauernder Arbeitsunfähigkeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfüllt werden müssen. Weiterhin nahm die Rechtsprechung zur Begründung der Surrogatstheorie eine Zweckidentität von Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen an. Der Arbeitnehmer erhalte trotz der Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Urlaubsabgeltung das Arbeitsentgelt für eine fiktive Arbeitszeit weiter, die der ihm als Urlaub zu gewährenden Freizeit entspreche (BAG 7. November 1985 - 6 AZR 202/83 - zu 3 der Gründe, BAGE 50, 107). Er sollte nach § 7 Abs. 4 BUrlG so gestellt werden, als würde die Arbeitspflicht durch Gewährung des Urlaubs suspendiert werden können. Nur deswegen habe er den Abgeltungsanspruch. Dieser bestehe demnach nur in der Bindung an die als fortbestehend zu behandelnde Arbeitspflicht (BAG 7. März 1985 - 6 AZR 334/82 - zu 3 b der Gründe, BAGE 48, 186). Er diene der gleichen Funktion wie der Urlaubsanspruch selbst (BAG 23. Juni 1983 - 6 AZR 180/80 - zu 3 der Gründe, BAGE 44, 75). Der Arbeitnehmer sollte trotz der Beendigung des Arbeitsverhältnisses finanziell in die Lage versetzt werden, Freizeit zur Erholung zu nehmen (BAG 23. Juni 1983 - 6 AZR 180/80 - aaO).

17

bb) Diese Argumente tragen nicht mehr.

18

(1) Die Surrogatstheorie konnte für Abgeltungsansprüche bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Übertragungszeitraums in der Folge der Schultz-Hoff-Entscheidung des EuGH vom 20. Januar 2009 (-  C-350/06 und C-520/06  - Slg. 2009, I-179) nicht aufrechterhalten werden (BAG 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 15, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 20). Damit ist aber zugleich auch ihr tragendes Fundament entfallen, krankheitsbedingt arbeitsunfähige und aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidende Arbeitnehmer nicht besser zu stellen als im Arbeitsverhältnis verbleibende arbeitsunfähige Arbeitnehmer. Dies wirkt sich auf den Abgeltungsanspruch insgesamt aus. Er ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG in seiner Rechtsqualität ein einheitlicher Anspruch. Die Vorschrift differenziert nicht zwischen arbeitsunfähigen und arbeitsfähigen Arbeitnehmern. Das verbietet es, die Surrogatstheorie nur für Abgeltungsansprüche fortdauernd arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer aufzugeben.

19

(2) Für eine dennoch unterschiedliche Behandlung des rechtlichen Schicksals des Urlaubsabgeltungsanspruchs, je nachdem, ob der Arbeitnehmer arbeitsunfähig oder arbeitsfähig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, gibt es auch keinen sonstigen sachlichen Grund.

20

Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird es in jedem Fall unmöglich, den Urlaub in natura zu nehmen. Dies unterscheidet die Lage des ausgeschiedenen maßgeblich von der des im Arbeitsverhältnis verbleibenden Arbeitnehmers. Aus diesem Grund stellt die Zuerkennung eines nicht nach § 7 Abs. 3 BUrlG befristeten Urlaubsabgeltungsanspruchs auch keine ungerechtfertigte Besserstellung des ausscheidenden Arbeitnehmers gegenüber der Situation bei Verbleib im Arbeitsverhältnis dar. Zwar kann im fortbestehenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich nur innerhalb des Fristenregimes des § 7 Abs. 3 BUrlG die Erfüllung des Urlaubsanspruchs verlangt werden. Jedoch ist hier eine Freistellung grundsätzlich möglich. Dagegen ist eine solche nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unmöglich.

21

cc) Der Surrogatscharakter des Abgeltungsanspruchs ist zudem im Gesetzeswortlaut nicht ausdrücklich angelegt und dem Gesetzeszusammenhang nicht in einer Weise zu entnehmen, die jede andere Auslegung ausschließt (vgl. BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 62, BAGE 130, 119 ). In § 7 Abs. 4 BUrlG selbst ist kein Verfall des Urlaubsabgeltungsanspruchs verankert. Zudem macht der Wortlaut des § 7 Abs. 4 BUrlG die Abgeltung auch nicht von einer Geltendmachung, sondern allein von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abhängig. Auch § 7 Abs. 3 BUrlG normiert seinem Wortlaut und Sinn nach allein die zeitliche Bindung und Übertragung des Urlaubs als Freizeitanspruch(so bereits die vormalige Rechtsprechung, vgl. BAG 21. Juli 1978 - 6 AZR 1/77 - zu 4 der Gründe, AP BUrlG § 13 Unabdingbarkeit Nr. 5 = EzA BUrlG § 7 Nr. 20).

22

dd) Zudem dient das Fristenregime des § 7 Abs. 3 BUrlG dem auch im Interesse der Allgemeinheit liegenden Zweck, einen einigermaßen regelmäßigen Rhythmus für eine mögliche Freizeitnahme zur selbstbestimmten Erholung zu gewährleisten. Die Regelung soll einer nicht gewollten Urlaubshortung entgegenwirken (Schütz/Hauck Gesetzliches und tarifliches Urlaubsrecht Rn. 483). Diese Gesichtspunkte passen nicht zum Urlaubsabgeltungsanspruch und lassen sich nicht auf diesen übertragen. Insbesondere besteht hinsichtlich des Urlaubsabgeltungsanspruchs von vornherein nicht die Gefahr der Hortung, da dieser Anspruch erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine abzugeltenden Urlaubsansprüche mehr entstehen können.

23

ee) Die völlige Aufgabe der Surrogatstheorie hat zur Folge, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch nunmehr stets einen auf eine finanzielle Vergütung iSd. Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäisches Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. EU L 299 vom 18. November 2003 S. 9; im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie) gerichteten reinen Geldanspruch darstellt. Die damit insbesondere verbundene Möglichkeit des Verfalls aufgrund Nichtwahrung tariflicher Ausschlussfristen (vgl. zu dieser Konsequenz bei andauernder Arbeitsunfähigkeit bereits ausführlich: BAG 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 16 ff., EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 18) steht im Einklang mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie.

24

(1) Die Vereinbarkeit der Anwendung von Ausschlussfristen auf den Abgeltungsanspruch mit Unionsrecht hat der Senat bereits für die Fälle der Urlaubsabgeltung eines andauernd arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmers eingehend begründet (vgl. BAG 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 22 ff., EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 20; 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 25 ff., EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 18 ). Diese Erwägungen gelten gleichermaßen, wenn der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist.

25

(2) Die von der Arbeitszeitrichtlinie eingeräumte Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Ausübung des von Art. 7 Abs. 1 gewährleisteten Urlaubsanspruchs gilt ebenso für den aus Art. 7 Abs. 2 der Arbeitsrichtlinie folgenden Anspruch auf eine finanzielle Vergütung. Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie soll lediglich verhindern, dass dem Arbeitnehmer wegen der Unmöglichkeit der Urlaubsnahme aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses jeder Genuss des bezahlten Jahresurlaubs, sei es auch nur in finanzieller Form, verwehrt wird(vgl. EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06  - [Schultz-Hoff] Rn. 56, Slg. 2009, I-179). Diesem Zweck stehen nationale Regelungen über Ausübungsmodalitäten, selbst wenn sie bei Nichtbeachtung zum Verlust des Anspruchs führen können, solange nicht entgegen, wie der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit behält, das ihm mit der Arbeitszeitrichtlinie verliehene Recht auf Urlaubsabgeltung auszuüben (vgl. EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06  - [Schultz-Hoff] Rn. 46, 56, 62, aaO). Es ist grundsätzlich nicht nur dem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer, sondern erst recht auch dem arbeitsfähig ausgeschiedenen Arbeitnehmer regelmäßig unschwer tatsächlich möglich, seinen Abgeltungsanspruch zur Wahrung von Ausschlussfristen geltend zu machen.

26

3. Der für Arbeitgeber aus Art. 12, 20 Abs. 3 GG abgeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes steht dem Anspruch des Klägers auf Abgeltung des gesetzlichen Urlaubs nicht entgegen.

27

a) Es verstößt als solches nicht gegen Art. 20 Abs. 3 GG, eine in der Rechtsprechung bislang vertretene Gesetzesauslegung aufzugeben. Höchstrichterliche Urteile sind kein Gesetzesrecht und erzeugen keine vergleichbare Rechtsbindung. Die über den Einzelfall hinausreichende Wirkung fachgerichtlicher Gesetzesauslegung beruht nur auf der Überzeugungskraft ihrer Gründe sowie der Autorität und den Kompetenzen des Gerichts. Ein Gericht kann deshalb von seiner bisherigen Rechtsprechung abweichen, auch wenn keine wesentlichen Änderungen der Verhältnisse oder der allgemeinen Anschauungen eintreten. Es muss jedoch den im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatz des Vertrauensschutzes beachten und ihm erforderlichenfalls durch Billigkeitserwägungen Rechnung tragen. Eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist grundsätzlich unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält (vgl. für die st. Rspr.: BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07  - Rn. 85, BVerfGE 122, 248 ; BAG 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 100 mwN, BAGE 134, 1).

28

b) Der vorliegend geltend gemachte Urlaubsabgeltungsanspruch entstand erst mit Ablauf des 31. Juli 2008 und damit nach Bekanntwerden des Vorabentscheidungsersuchens des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf in der Sache Schultz-Hoff vom 2. August 2006 (-  12 Sa 486/06  - LAGE BUrlG § 7 Nr. 43). Danach bestand kein schützenswertes Vertrauen mehr in den Fortbestand der bisherigen Senatsrechtsprechung zur Surrogatstheorie. Ab diesem Zeitpunkt durfte der Beklagte insgesamt nicht mehr erwarten, dass das Bundesarbeitsgericht seine ständige Rechtsprechung fortführt, da jedenfalls mit diesem Vorlagebeschluss die Rechtsprechung zur Surrogatstheorie von Grund auf infrage gestellt wurde (vgl. BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 76, BAGE 130, 119 ). Der Vertrauensverlust ist insoweit umfassend und betrifft nicht lediglich den einzelnen Aspekt des Erlöschens von Urlaubsabgeltungsansprüchen bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit. Spätestens ab diesem Zeitpunkt konnten Arbeitgeber nicht mehr davon ausgehen, dass die Senatsrechtsprechung zu den Grundsätzen der Surrogatstheorie und der hieraus gefolgerten Befristung des Urlaubsabgeltungsanspruchs fortgeführt würde.

29

4. Der Abgeltungsanspruch ist auch nicht nach § 12 des schriftlichen Arbeitsvertrags der Parteien wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen. Gemäß § 12 des Arbeitsvertrags muss der Mitarbeiter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb eines Monats nach der letzten Vergütungsabrechnung geltend machen, andernfalls sind sie verwirkt. Vorliegend bedarf es keiner Aufklärung, wann die letzte Vergütungsabrechnung erfolgte und ob das Schreiben des Klägers vom 6. Januar 2009 rechtzeitig oder verspätet war. Denn die Vertragsklausel ist als Allgemeine Geschäftsbedingung wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

30

a) Schon nach dem äußeren Erscheinungsbild handelt es sich beim vom Beklagten verwendeten schriftlichen Arbeitsvertrag um ein Vertragsmuster für eine Vielzahl von Fällen und damit um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB. Der Vertrag ist allgemein gefasst und enthält nur wenige auf das Arbeitsverhältnis des Klägers bezogene Daten, die an den hierfür vorgesehenen auszufüllenden Lücken eingefügt wurden. Auch die Regelung zur Verwirkung von Ansprüchen in § 12 des schriftlichen Arbeitsvertrags selbst belegt ihren generellen Charakter, in dem es dort ausdrücklich heißt: „Der/die Mitarbeiter/in“. Im Übrigen gilt die Vertragsklausel auch nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB als vom Beklagten gestellt, da ein Arbeitsvertrag einen Verbrauchervertrag iSd. §§ 13, 310 Abs. 3 BGB darstellt(vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu V 1 der Gründe, BAGE 115, 19; BT-Drucks. 14/7052 S. 190). Selbst bei unterstellter einmaliger Verwendung des vorliegenden Vertragsmusters findet nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB statt.

31

b) Die Verfallklausel hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht stand. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts benachteiligt eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, die die Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von weniger als drei Monaten vorsieht, den Arbeitnehmer unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Sie ist mit wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Verjährungsrechts nicht vereinbar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und schränkt wesentliche Rechte, die sich aus der Natur des Arbeitsvertrags ergeben, so ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (st. Rspr. seit BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 28 ff. mwN, BAGE 116, 66 ).

32

c) Diese Grenze wird von der in § 12 des schriftlichen Arbeitsvertrags vorgesehenen Ausschlussfrist von einem Monat ab der letzten Vergütungsabrechnung bei der gebotenen generellen Betrachtung nicht gewahrt. Etwaige Besonderheiten einer bestimmten Branche oder bestimmter Arbeitsverhältnisse stehen hingegen nicht in Rede.

33

II. Dem Kläger stehen die beanspruchten Verzugszinsen gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3, § 288 Abs. 1 BGB zu.

34

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Klose    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Furche    

        

    Heilmann    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 29. März 2012 - 16 Sa 322/10 - teilweise aufgehoben.

2. Die Anschlussberufung der Klägerin wird insgesamt zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 21. Januar 2010 - 4 Ca 955/09 - teilweise abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über Urlaubsabgeltung und zusätzliche Urlaubsvergütung (Urlaubsgeld) für die Jahre 2007 und 2008.

2

Die Klägerin war vom 14. März 1984 bis zum 10. Dezember 2008 bei der Beklagten als Monteurin beschäftigt. Sie bezog zuletzt ein monatliches Grundentgelt in Höhe von 1.674,61 Euro brutto, welches sich durch regelmäßige Entgeltbestandteile um durchschnittlich 30,92 Euro pro Tag erhöhte. Kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit richtete sich das Arbeitsverhältnis ua. nach den Vorschriften des „Einheitlichen Manteltarifvertrags“ für die Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2003 (EMTV). In diesem heißt es zum Urlaub und zum Arbeitsentgelt ua.:

        

§ 11 

        

Grundsätze der Urlaubsgewährung

        

1.    

Beschäftigte/Auszubildende haben nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen in jedem Urlaubsjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

                          
                 

Der Urlaubsanspruch erlischt drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde oder dass Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte.

                 

Konnte der Urlaub wegen Krankheit nicht genommen werden, erlischt der Urlaubsanspruch zwölf Monate nach Ablauf des Zeitraums nach Abs. 2.

        

…       

        
        

3.    

Eine Abgeltung des Urlaubsanspruchs ist nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses/Ausbildungsverhältnisses zulässig.

                 

Die Urlaubsabgeltung entfällt ausnahmsweise, wenn der/die Beschäftigte durch eigenes schwerwiegendes Verschulden aus einem Grund entlassen worden ist, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt, oder das Arbeitsverhältnis unberechtigt vorzeitig gelöst hat und in diesen Fällen eine grobe Verletzung der Treuepflicht aus dem Arbeitsverhältnis vorliegt.

                 

Die hiernach verwirkte Urlaubsvergütung ist im Einvernehmen mit dem Betriebsrat einer betrieblichen Unterstützungseinrichtung zuzuführen oder sonst zugunsten der Beschäftigten zu verwenden. Bei Meinungsverschiedenheiten über die Zuführung oder Verwendung ist nach § 24 zu verfahren.

        

…       

        
        

§ 13   

        

Urlaubsdauer

        

1.    

Der Urlaub beträgt für Beschäftigte/Auszubildende 30 Arbeitstage/Ausbildungstage bei einer Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit auf fünf Tage/Woche.

        

…       

        
        

§ 14   

        

Urlaubsvergütung

        

1.    

Den Beschäftigten und Auszubildenden wird während des Urlaubs das regelmäßige Arbeitsentgelt/die regelmäßige Ausbildungsvergütung weitergezahlt (berechnet nach § 16).

                 

Sie erhalten darüber hinaus eine zusätzliche Urlaubsvergütung, die bei 30 Urlaubstagen gemäß § 13 Nr. 1 je Urlaubstag 2,4 % des monatlichen regelmäßigen Arbeitsentgelts/der regelmäßigen Ausbildungsvergütung ausmacht. In den Fällen des § 13 Nr. 4 ist der Prozentsatz wertgleich anzupassen.

                 

Berechnungsgrundlage der zusätzlichen Urlaubsvergütung sind die festen Entgeltbestandteile des laufenden Monats zuzüglich des Monatsdurchschnitts der gemäß § 16 Nr. 1 zu berücksichtigenden variablen Entgeltbestandteile der letzten sechs abgerechneten Monate.

        

2.    

Die Urlaubsvergütung ist auf Wunsch des/der Beschäftigten/Auszubildenden vor Antritt des Urlaubs zu zahlen, sofern der Urlaub mindestens zwei Wochen umfasst. Statt der Urlaubsvergütung kann ein entsprechender Abschlag geleistet werden.

                 

Fällt ein Zahlungstermin für Entgelt oder Ausbildungsvergütung in die Urlaubszeit, so ist das Entgelt oder die Ausbildungsvergütung auf Wunsch des/der Beschäftigten/Auszubildenden vor Beginn des Urlaubs auszuzahlen. Stattdessen kann ein entsprechender Abschlag geleistet werden.

        

3.    

Durch freiwillige Betriebsvereinbarung kann festgelegt werden, dass die zusätzliche Urlaubsvergütung für das gesamte Urlaubsjahr spätestens mit der Abrechnung für den Monat Juni, bei Eintritt im Laufe des Urlaubsjahres mit der Abrechnung im Monat Dezember ausgezahlt wird. Steht dem/der Beschäftigten/Auszubildenden bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis/Ausbildungsverhältnis ein anteiliger Urlaubsanspruch zu, kann die zu viel gezahlte zusätzliche Urlaubsvergütung zurückgefordert werden.

        

§ 15   

        

Monatsentgelt

        

I       

Monatsentgelt

        

1.    

Die Beschäftigten erhalten ein Monatsentgelt als regelmäßiges Arbeitsentgelt.

        

2.    

Das Monatsentgelt setzt sich zusammen aus

                 

-       

den festen Entgeltbestandteilen,

                 

-       

den variablen Entgeltbestandteilen.

        

3.    

Feste Entgeltbestandteile des Monatsentgelts sind

                 

-       

das tarifliche Monatsgrundentgelt entsprechend der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nach den Bestimmungen des Entgeltabkommens,

                 

-       

weitere monatlich stetige Entgeltbestandteile (alle Zulagen, Zuschläge und sonstige Vergütungen, die regelmäßig und in gleicher Höhe anfallen).

        

4.    

Variable Entgeltbestandteile des Monatsentgelts sind

                 

-       

leistungsabhängige variable Entgeltbestandteile,

                 

-       

zeitabhängige variable Entgeltbestandteile,

                 

-       

sonstige variable Entgeltbestandteile.

                 

Die variablen Entgeltbestandteile werden aus dem Vormonat ermittelt. Sie werden aus dem laufenden Monat ermittelt, wenn gemäß Nr. 11 ein späterer Auszahlungstermin als der letzte Banktag des Kalendermonats vereinbart worden ist.

        

5.    

Zu den leistungsabhängigen variablen Entgeltbestandteilen gehören die über das Monatsgrundentgelt hinausgehenden leistungsbezogenen Entgeltbestandteile (einschließlich der Leistungsentgeltdurchschnitte), die nicht verstetigt sind.

        

6.    

Zu den zeitabhängigen variablen Entgeltbestandteilen gehören die Vergütungen für Mehrarbeit, die Zuschläge für Mehr-, Spät-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit, die Vergütungen für Reisezeit nach § 5 II sowie sonstige zeitbezogene Zulagen und Zuschläge.

        

7.    

Zu den sonstigen variablen Entgeltbestandteilen des Monatsentgelts gehören alle sonstigen Vergütungen, die nicht regelmäßig oder nicht in gleicher Höhe wiederkehren.

        

8.    

Einmalzahlungen (z. B. Jahressonderzahlungen, zusätzliche Urlaubsvergütungen), vermögenswirksame Leistungen sowie Aufwendungsersatz gehören nicht zum Monatsentgelt. Diese Ansprüche werden unabhängig von den Regelungen des Monatsentgelts erfüllt.

        

…       

        
        

10.     

Der Abrechnungszeitraum für das Monatsentgelt ist der Kalendermonat.

        

11.     

Den Beschäftigten muss das Monatsentgelt spätestens zum Schluss des Kalendermonats (am letzten Banktag) zur Verfügung stehen.

                 

Hiervon abweichende Auszahlungstermine, insbesondere zur Ermöglichung einer gemeinsamen Abrechnung der variablen mit den festen Entgeltbestandteilen des Monats, können betrieblich vereinbart werden.

        

12.     

Die Abrechnung des Monatsentgelts erfolgt in Textform. Aus ihr müssen die festen und variablen Bestandteile des Monatsentgelts ersichtlich sein.

        

…       

        
        

§ 16   

        

Berechnung des weiterzuzahlenden regelmäßigen Arbeitsentgelts/…

        

1.    

In allen Fällen, in denen dieser Tarifvertrag Anspruch auf Weiterzahlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts regelt, werden für die Berechnung die festen Entgeltbestandteile des Monatsentgelts (Monatsgrundentgelt und stetige Entgeltbestandteile) zu Grunde gelegt, die der/die Beschäftigte erhalten haben würde, wenn er/sie gearbeitet hätte.

                 

Zusätzlich erhält er/sie die leistungsabhängigen variablen Entgeltbestandteile sowie Zuschläge für Spät-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit, Erschwerniszuschläge, individuelle Prämien, Provisionen und Zulagen aus dem Durchschnitt der letzten sechs abgerechneten Monate, jedoch ohne das Mehrarbeitsentgelt gemäß § 6 Nr. 1.

                 

…“    

3

§ 19 EMTV regelt für die Geltendmachung und den Ausschluss von Ansprüchen ua. Folgendes:

        

„…    

        
        

2.    

Beschäftigte/Auszubildende haben das Recht, Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis/Ausbildungsverhältnis innerhalb folgender Fristen geltend zu machen:

                 

a)    

Ansprüche auf Zuschläge für Mehr-, Spät-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Abrechnung,

                 

b)    

alle übrigen Ansprüche innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit.

        

…       

        
        

4.    

Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Fristen geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dass Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert waren, diese Fristen einzuhalten.

        

…“    

        
4

Nach der bei der Beklagten bestehenden betrieblichen Regelung erfolgen die monatlichen Entgeltzahlungen spätestens bis zum sechsten Werktag des jeweiligen Folgemonats. Die zusätzliche Urlaubsvergütung ist nach § 6 des bei der Beklagten geltenden Sanierungstarifvertrags vom 18. Dezember 2006 ab dem Kalenderjahr 2007 jeweils mit der Vergütung für Juni zu zahlen.

5

Die Klägerin war seit dem 31. Januar 2006 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 10. Dezember 2008 arbeitsunfähig krank. Sie bezog seit dem 1. August 2006 wegen voller Erwerbsminderung eine zunächst befristete Rente, die mit Bescheid vom 5. August 2008 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze weitergewährt wurde. Die Beklagte erteilte der Klägerin unter dem 9. Januar 2009 eine Entgeltabrechnung für Dezember 2008. In dieser wurde der Urlaubsanspruch der Klägerin mit null Tagen angegeben, während eine am 5. Dezember 2008 für November 2008 erteilte Abrechnung einen Urlaubanspruch der Klägerin von 13 Tagen ausgewiesen hatte.

6

Die Klägerin verlangte mit einem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 26. Januar 2009 die Auszahlung einer Urlaubsvergütung für 13 Urlaubstage aus den Jahren 2005 und 2006, die sie einschließlich eines Urlaubsgelds von 50 % mit 2.430,68 Euro brutto berechnete. Mit weiterem Schreiben vom 25. März 2009 machte sie für Urlaubsansprüche aus den Jahren 2006, 2007 und 2008 im Umfang von insgesamt 58 Arbeitstagen eine weitere Urlaubsvergütung von 7.229,70 Euro brutto geltend. Mit ihrer Klageschrift vom 30. März 2009 beanspruchte sie die Abgeltung ihres tariflichen Urlaubsanspruchs im Umfang von jeweils 30 Tagen für die Jahre 2006, 2007 und anteilig für das Jahr 2008 sowie Urlaubsgeld iHv. insgesamt 16.453,80 Euro brutto. Die Klageschrift übermittelte die Klägerin der Beklagten am 31. März 2009 zum Zwecke der Geltendmachung ihrer Ansprüche per Telefax. Das Original der Klageschrift ging am 1. April 2009 beim Arbeitsgericht ein.

7

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 16.453,80 Euro brutto, hilfsweise 7.229,70 Euro brutto, äußerst hilfsweise 2.430,06 Euro brutto, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Dezember 2008 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, Urlaubsansprüche der Klägerin seien während des Bezugs der Erwerbsminderungsrente nicht entstanden. Im Übrigen seien die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche infolge der tariflichen Ausschlussfrist verfallen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 11.167,02 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Januar 2009 stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht unter jeweiliger Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 9.524,60 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Januar 2009 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der vollständigen Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, Urlaubsansprüche der Klägerin aus den Jahren 2007 und 2008 abzugelten und an die Klägerin Urlaubsgeld zu zahlen. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind jedenfalls nach § 19 Nr. 4 EMTV ausgeschlossen.

11

I. Die Regelungen in § 19 EMTV gelten für die tarifgebundenen Parteien(§ 3 Abs. 1 TVG) gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG unmittelbar und zwingend. Nach § 19 Nr. 2 Buchst. b EMTV sind alle nicht in § 19 Nr. 2 Buchst. a EMTV genannten Ansprüche innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit geltend zu machen, damit sie nicht gemäß § 19 Nr. 4 EMTV ausgeschlossen sind. Das Schreiben der Klägerin vom 25. März 2009 wahrte die Ausschlussfrist ebenso wenig wie die Übersendung der Klageschrift an die Beklagte per Telefax zum Zwecke der Geltendmachung der Abgeltungsansprüche am 31. März 2009.

12

1. Der Anspruch auf Abgeltung des nach lang andauernder Arbeitsunfähigkeit bestehenden gesetzlichen Mindesturlaubs kann aufgrund tariflicher Ausschlussfristen verfallen (BAG 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 16 f., BAGE 139, 1). Er ist nicht in dem Sinne Surrogat des Urlaubsanspruchs, dass für ihn dieselben Regeln wie für den Urlaubsanspruch gelten, sondern ist ein reiner Geldanspruch. Er unterfällt deshalb den Bedingungen, die nach dem anwendbaren Tarifvertrag für die Geltendmachung von Geldansprüchen vorgeschrieben sind. Solche Ausschlussfristen können dabei kürzer als ein Jahr sein. Der vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellte Rechtssatz, dass die Dauer des Übertragungszeitraums, innerhalb dessen der Urlaubsanspruch bei durchgängiger Arbeitsunfähigkeit nicht verfallen kann, die Dauer des Bezugszeitraums deutlich übersteigen muss, ist auf die Mindestlänge einer tariflichen Ausschlussfrist für die Geltendmachung des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung nicht übertragbar (BAG 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 31, BAGE 140, 133; vgl. auch BAG 18. September 2012 - 9 AZR 1/11 - Rn. 27).

13

2. Die Klägerin hat Ansprüche auf Urlaubsabgeltung nicht rechtzeitig geltend gemacht. Da der Urlaubsabgeltungsanspruch keinen Anspruch auf „Zuschläge“ iSd. § 19 Nr. 2 Buchst. a EMTV darstellt, ist er innerhalb von drei Monaten nach seiner Fälligkeit geltend zu machen (§ 19 Nr. 2 Buchst. b EMTV). Ansonsten ist der Anspruch nach § 19 Nr. 4 EMTV ausgeschlossen, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, diese Frist einzuhalten.

14

a) Der Urlaubsabgeltungsanspruch war mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 10. Dezember 2008 fällig. Der Abgeltungsanspruch gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG entsteht mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses(BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 45, BAGE 142, 371; 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 17, BAGE 139, 1). Das Arbeitsverhältnis endete nach der von der Klägerin nicht mit Revisionsrügen angegriffenen Feststellung des Landesarbeitsgerichts zum 10. Dezember 2008.

15

aa) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung gemäß § 271 BGB sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken. Fehlen Sonderregeln, gilt der Grundsatz sofortiger Fälligkeit der Leistung (vgl. Palandt/Grüneberg 73. Aufl. § 271 BGB Rn. 2). Das gilt auch für den Urlaubsabgeltungsanspruch, der grundsätzlich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig wird (vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 18, BAGE 139, 1; MüArbR/Düwell 3. Aufl. Bd. 1 § 80 Rn. 67).

16

bb) Der EMTV enthält für die Fälligkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs keine vom Grundsatz der sofortigen Fälligkeit abweichende Sonderregelung. Zwar ist es grundsätzlich zulässig zu vereinbaren, dass die Urlaubsabgeltung in die allgemeine Abrechnung einbezogen und zum Beispiel erst zum Monatsende mit der letzten Entgeltzahlung fällig wird (vgl. BAG 21. September 2010 - 9 AZR 510/09 - Rn. 32, BAGE 135, 312). Die Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung ergibt sich schon aus dem Umstand, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch bei andauernder Arbeitsunfähigkeit eine auf eine finanzielle Vergütung im Sinne von Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG gerichtete reine Geldforderung darstellt(vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 17, BAGE 139, 1). Auch kann es im Interesse des Arbeitgebers liegen, bei einer Beendigung im laufenden Monat die Urlaubsabgeltung nicht getrennt von anderen Ansprüchen abrechnen und auszahlen zu müssen. Die Tarifvertragsparteien des EMTV haben jedoch keine eigenständige Regelung zur Fälligkeit der Urlaubsabgeltung getroffen. Nach § 15 Abschn. I Nr. 11 EMTV in Verbindung mit der bei der Beklagten bestehenden Regelung muss den Beschäftigten das Monatsentgelt spätestens zum sechsten Werktag des jeweiligen Folgemonats zur Verfügung stehen. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, dass der Tarifvertrag den Begriff des Monatsentgelts in § 15 EMTV selbstständig definiert. Nach § 15 Abschn. I Nr. 2 EMTV setzt sich das Monatsentgelt aus den festen und den variablen Entgeltbestandteilen zusammen. Diese sind wiederum in § 15 Abschn. I Nr. 3 ff. EMTV definiert. Die Urlaubsabgeltung fällt weder unter die festen noch unter die variablen Entgeltbestandteile. Vielmehr ist sie eine Einmalzahlung iSd. § 15 Abschn. I Nr. 8 EMTV. Der Begriff der Einmalzahlung wird in dieser Tarifbestimmung durch eine beispielhafte, aber nicht abschließende Aufzählung („Jahressonderzahlungen, zusätzliche Urlaubsvergütungen“) konkretisiert. Beim Urlaubsabgeltungsanspruch handelt es sich um eine einmalige Zahlung, durch die nicht gewährter Urlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegolten wird. Einmalzahlungen sind nach § 15 Abschn. I Nr. 8 Satz 2 EMTV unabhängig von den Regelungen zum Monatsentgelt zu erfüllen. Die Fälligkeitsregelung des § 15 Abschn. I Nr. 11 EMTV einschließlich der dort vorgesehenen Möglichkeit der abweichenden betrieblichen Regelung gilt damit für die Urlaubsabgeltung nicht.

17

b) Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, dass sie trotz Anwendung aller nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt iSd. § 19 Nr. 4 EMTV verhindert war, die Ausschlussfrist einzuhalten(zu diesem Ausnahmetatbestand: vgl. BAG 10. Dezember 2013 - 9 AZR 494/12 - Rn. 12 ff.). Es ist auch sonst nicht erkennbar, warum die Klägerin nicht in der Lage gewesen sein sollte, die tarifliche Ausschlussfrist von drei Monaten zu wahren.

18

II. Die Klägerin ist auch mit etwaigen Ansprüchen auf zusätzliche Urlaubsvergütung nach § 14 Nr. 1 Abs. 2 und Abs. 3 EMTV (Urlaubsgeld) ausgeschlossen. Das Urlaubsgeld war wie der Urlaubsabgeltungsanspruch innerhalb der Frist des § 19 Nr. 2 Buchst. b EMTV geltend zu machen. Es war spätestens mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Urlaubsgeld akzessorisch zur Urlaubsvergütung und Urlaubsabgeltung ausgestaltet ist. Etwaige Ansprüche auf Zahlung von Urlaubsgeld sind damit mit dem Anspruch auf Urlaubsabgeltung verfallen.

19

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Preuß    

        

    Starke    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Januar 2013 - 6 Sa 1894/12 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von dem Beklagten zuletzt, 29 Urlaubstage aus dem Jahr 2010 abzugelten.

2

Der Beklagte beschäftigte den Kläger, der im Laufe des Jahres 2010 zuvor in einem anderen Arbeitsverhältnis stand, vom 12. April bis zum 31. Mai 2010 in seinem Lebensmittelgeschäft als Aushilfe in Teilzeit. Unter dem 31. Mai 2010 vereinbarten die Parteien, das Arbeitsverhältnis ab dem 1. Juni 2010 als Vollzeitarbeitsverhältnis mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 45 Wochenstunden fortzuführen. Das monatliche Bruttoarbeitsentgelt des Klägers, der seine Arbeitsleistung fortan in einer Sechstagewoche erbrachte, betrug 1.930,00 Euro.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 31. Mai 2010 (im Folgenden: ArbV) sieht ua. vor:

        

§ 10 

        

Urlaub

        

Der Urlaubsanspruch beträgt 30 Werktage im Kalenderjahr. Bei Eintritt oder Ausscheiden während eines Kalenderjahres wird der Urlaub anteilig gewährt.

        

…       

        

§ 21   

        

Verwirkung von Ansprüchen

        

Gegenseitige Ansprüche aller Art aus dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb einer Ausschlussfrist von mindestens drei Monaten seit Fälligkeit des Anspruches schriftlich geltend zu machen.

        

…“    

4

Der Beklagte gewährte dem Kläger am 28. September 2010 einen Tag Erholungsurlaub. Der Kläger war vom 15. November 2010 bis zum 10. April 2011 arbeitsunfähig krank. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete am 31. Mai 2011. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2011 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 28. Oktober 2011 ua. auf, den Jahresurlaub für das Jahr 2010 abzurechnen und als Urlaubsabgeltung an ihn auszuzahlen.

5

Der Kläger hat behauptet, sein früherer Arbeitgeber habe ihm weder Urlaub für das Jahr 2010 gewährt noch solchen abgegolten.

6

Der Kläger hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.152,69 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Oktober 2011 zu zahlen.

7

Der Beklagte, der die Abweisung der Klage beantragt hat, ist der Ansicht gewesen, der Urlaubsanspruch des Klägers für das Jahr 2010 sei einerseits wegen der anfänglichen Teilzeit, andererseits gemäß § 10 ArbV zu kürzen. Zudem hat er behauptet, dem Kläger am 27. September 2010 und vom 29. September bis zum 9. Oktober 2010 Urlaub gewährt zu haben. Im Übrigen sei der von dem Kläger erhobene Anspruch gemäß § 21 ArbV verfallen. Schließlich könne er die Abgeltung des Urlaubs gemäß § 6 BUrlG verweigern, da der Kläger eine Urlaubsbescheinigung seines vorherigen Arbeitgebers nicht vorgelegt habe.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage auf Abgeltung von 29 Urlaubstagen aus dem Jahr 2010 stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Klage, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Abgeltungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Mit der Begründung, der Kläger habe den Urlaubsabgeltungsanspruch nicht binnen der arbeitsvertraglichen „Ausschlussfrist“ geltend gemacht, durfte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen. Aufgrund der festgestellten Tatsachen kann der Senat nicht abschließend darüber befinden, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Beklagte Urlaub des Klägers aus dem Jahr 2010 abzugelten hat.

10

I. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, die „Ausschlussfrist“ in § 21 ArbV stehe der Zahlungsverpflichtung des Beklagten entgegen. Der Kläger hat den Anspruch auf Abgeltung seiner Urlaubsansprüche rechtzeitig gegenüber dem Beklagten geltend gemacht. § 21 ArbV enthält keine Obliegenheit, Ansprüche spätestens drei Monate nach Fälligkeit geltend zu machen. Das rügt die Revision zu Recht.

11

1. Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG hat der Arbeitgeber den Urlaub, der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann, abzugelten.

12

2. Der Kläger erwarb im Jahr 2010 einen Urlaubsanspruch im Umfang von 30 Arbeitstagen, § 10 Satz 1 ArbV.

13

a) Die gesetzlichen Vorschriften über den Teilurlaub sind auf den Streitfall nicht anzuwenden. Insbesondere die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Teilurlaubs nach § 5 Abs. 1 Buchst. a BUrlG liegen nicht vor. Danach hat ein Arbeitnehmer für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für Zeiten eines Kalenderjahres, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlausanspruch erwirbt. Der Kläger trat am 12. April 2010 in die Dienste des Beklagten. Die sechsmonatige Wartezeit (§ 4 BUrlG) endete am 11. Oktober 2010 (§§ 186, 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 BGB) und damit vor Ablauf des ersten Kalenderjahres des Beschäftigungsverhältnisses. Der Umstand, dass der Kläger im Zeitraum vom 12. April bis zum 31. Mai 2010 lediglich in Teilzeit arbeitete, ist nicht erheblich. Für die Berechnung der Wartezeit ist allein der rechtliche Bestand eines Arbeitsverhältnisses maßgeblich (so bereits BAG 6. Juni 1968 - 5 AZR 410/67 - zu 1 der Gründe).

14

b) Der volle Urlaubsanspruch entstand ungeachtet der arbeitsvertraglichen Regelung des § 10 Satz 2 ArbV, der zufolge der Urlaub „bei Eintritt oder Ausscheiden während eines Kalenderjahres anteilig gewährt“ wird. Die Regelung, deren Einbeziehung in den Vertrag der Senat zugunsten des Beklagten unterstellen kann, ist unwirksam, da sie zuungunsten des Arbeitnehmers von den gesetzlichen Regelungen der §§ 4 und 5 BUrlG abweicht(§ 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG).

15

aa) Während die Arbeitsvertragsparteien Urlaubsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. EU L 299 vom 18. November 2003 S. 9) gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen, frei regeln können, ist der Anspruch auf den Mindesturlaub arbeitsvertraglichen Dispositionen entzogen(§ 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG). § 3 Abs. 1 BUrlG sieht für Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsleistung in einer Sechstagewoche erbringen, nach Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit(§ 4 BUrlG)einen Mindesturlaub von jährlich 24 Tagen vor. Eine anteilige Entstehung des Urlaubsanspruchs im Eintrittsjahr ist nur in den Fällen vorgesehen, in denen der Arbeitnehmer die Wartezeit nicht erfüllt (§ 5 Abs. 1 Buchst. a BUrlG). Demgegenüber regelt § 10 Satz 2 ArbV im Eintrittsjahr eine Kürzung auch in den Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis - wie im Streitfall - in der ersten Hälfte des Jahres begründet wird.

16

bb) Die Unwirksamkeit der vertraglichen Kürzungsregelung betrifft auch den Anspruch auf vertraglichen Mehrurlaub. Eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel auf den Mehrurlaub scheidet ebenso aus wie eine ergänzende Vertragsauslegung.

17

(1) § 10 Satz 2 ArbV ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Arbeitsvertrag, den die Parteien unter dem 31. Mai 2010 schlossen, ist ein von dem Beklagten vorformulierter Vertrag, den er nach dem äußeren Erscheinungsbild mehrfach verwendete. Der Vertrag enthält über die persönlichen Daten des Klägers hinaus keine individuellen Besonderheiten (vgl. BAG 18. August 2009 - 9 AZR 482/08 - Rn. 18).

18

(2) Die in § 10 Satz 2 ArbV vorgesehene Kürzungsregelung erfasst nicht nur den disponiblen Mehrurlaub, sondern auch den mit zwingender Wirkung für die Arbeitsvertragsparteien gesetzlich geregelten Mindesturlaub. Dies ergibt die Auslegung der Bestimmung.

19

(a) Für einen Regelungswillen, den Mehrurlaub einem eigenen, von dem des Mindesturlaubs abweichenden Kürzungsregime zu unterstellen, fehlt jeder Anhaltspunkt. § 10 Satz 2 ArbV unterscheidet seinem Wortlaut nach nicht zwischen dem Mindesturlaub und dem Mehrurlaub. Auch der systematische Zusammenhang, in den die Vertragsbestimmung eingebunden ist, weist in diese Richtung. § 10 Satz 2 ArbV nimmt mit dem Begriff „Urlaub“ auf § 10 Satz 1 ArbV Bezug. Dabei regelt § 10 Satz 1 ArbV den Grundsatz, § 10 Satz 2 ArbV die Ausnahme. § 10 Satz 1 ArbV sieht für einen Arbeitnehmer, der seine Arbeitsleistung an sechs Wochentagen erbringt, in jedem - vollen - Kalenderjahr 30 Werktage Urlaub, dh. über den 24 Werktage umfassenden Mindesturlaub hinaus sechs Werktage Mehrurlaub vor. § 10 Satz 2 ArbV regelt abweichend hiervon eine Kürzung im Eintritts- sowie im Austrittsjahr. Das Objekt der Kürzung ist der gesamte in § 10 Satz 1 ArbV vorgesehene Urlaubsanspruch. Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck der Vertragsbestimmung für eine sowohl den Mindesturlaub als auch den Mehrurlaub erfassende Kürzungsregelung. Mit dieser wollte der Beklagte als Klauselverwender den gesamten in § 10 Satz 1 ArbV beschriebenen Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers im Eintritts- und Austrittsjahr ratierlich kürzen und so einen „Gleichlauf“ beider Urlaubsansprüche erreichen.

20

(b) Die Klausel ist nicht mit dem Inhalt aufrechtzuerhalten, dass lediglich der Mehrurlaub zu kürzen ist. Im Rahmen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist eine geltungserhaltende Reduktion von Vertragsbestimmungen nicht vorgesehen (BAG 15. September 2009 - 3 AZR 173/08 - Rn. 48). Unwirksame Klauseln sind deshalb grundsätzlich nicht auf einen mit dem Gesetz zu vereinbarenden Regelungsgehalt zurückzuführen, denn eine Aufrechterhaltung mit eingeschränktem Inhalt wäre nicht mit dem Zweck der §§ 305 ff. BGB vereinbar (BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 33). Es ist Ziel des Gesetzes, auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinzuwirken (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 32, BAGE 124, 259). Wer die Möglichkeit nutzen kann, die ihm der Grundsatz der Vertragsfreiheit für die Aufstellung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen eröffnet, muss auch das vollständige Risiko einer Klauselunwirksamkeit tragen (vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 30, BAGE 118, 36).

21

(c) Auch eine ergänzende Vertragsauslegung, die auf eine Kürzung des Mehrurlaubs unter Fortgeltung des Mindesturlaubs in vollem Umfang hinausläuft, kommt nicht in Betracht. Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt voraus, dass der Vertrag infolge der durch die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel entstandenen Lücke einer Vervollständigung bedarf. Dies verlangt zumindest, dass die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine angemessene, den typischen und schutzwürdigen Interessen des Klauselverwenders und seines Vertragspartners Rechnung tragende Lösung bietet (BAG 30. September 2014 - 3 AZR 930/12 - Rn. 39). Dies ist hier nicht der Fall. Der Beklagte hat kein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung der Kürzungsklausel mit einem zulässigen Inhalt. Er hatte es als Klauselverwender in der Hand, eine Kürzungsregelung zu formulieren, die lediglich den Mehrurlaub, nicht aber darüber hinaus den Mindesturlaub zum Gegenstand hat.

22

(d) Der Senat braucht im Streitfall nicht der Frage nachzugehen, wie die Kürzung zu berechnen ist. Nicht erheblich ist deshalb, ob die Kürzung taggenau, monatsweise oder kalendermonatsweise zu berechnen ist. Die §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen unzulässiger Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall. Der Rechtsfolge der Unwirksamkeit sind auch solche Klauseln unterworfen, die in ihrem Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat (BAG 28. Mai 2013 - 3 AZR 103/12 - Rn. 21).

23

c) Soweit der Beklagte geltend macht, der Urlaubsanspruch sei im Hinblick auf die Teilzeittätigkeit des Klägers vom 12. April bis zum 31. Mai 2010 zu kürzen, übersieht er, dass der Kläger im Eintrittsjahr mehr als sechs Monate in Vollzeit beschäftigt war.

24

3. Da der Beklagte dem Kläger am 28. September 2010 einen Tag Erholungsurlaub gewährte, erlosch der Urlaubsanspruch insoweit infolge Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB).

25

4. Der Urlaubsanspruch wurde im Umfang der verbleibenden 29 Werktage in das Jahr 2011 übertragen (§ 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG). Der Kläger war infolge seiner vom 15. November 2010 bis zum 10. April 2011 währenden krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit aus einem in seiner Person liegenden Grund nicht in der Lage, den Urlaub vor Ablauf des Urlaubsjahres in Anspruch zu nehmen (vgl. hierzu BAG 5. August 2014 - 9 AZR 77/13 - Rn. 17). Der Urlaubsanspruch bestand über den 31. März 2011 hinaus bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 31. Mai 2011 fort. § 7 Abs. 3 BUrlG ist unionsrechtskonform so auszulegen, dass der Urlaubsanspruch nicht erlischt, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums arbeitsunfähig ist und seit dem Ende des Urlaubsjahres, aus dem der Urlaubsanspruch stammt, nicht mehr als 15 Monate vergangen sind(vgl. BAG 12. November 2013 - 9 AZR 646/12 - Rn. 11).

26

5. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts steht die arbeitsvertragliche „Ausschlussfrist“ des § 21 ArbV dem Klageanspruch nicht entgegen. Danach sind „gegenseitige Ansprüche aller Art aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von mindestens drei Monaten seit Fälligkeit des Anspruches“ schriftlich geltend zu machen. Der Kläger hat mit Zugang des Schreibens vom 14. Oktober 2011 bei dem Beklagten die „Ausschlussfrist“ gewahrt.

27

a) Die „Ausschussfrist“ des § 21 ArbV ist entgegen der Ansicht des Klägers auf den Abgeltungsanspruch anzuwenden.

28

aa) Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung kann als reiner Geldanspruch Ausschlussfristen unterliegen. Dies hat der Senat sowohl für tarifvertragliche Ausschlussfristen (vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 14 ff., BAGE 139, 1) als auch für eine Ausschlussfrist in den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland entschieden (vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 475/10 - Rn. 32 ff.). Für Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen gilt nichts anderes (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 36, BAGE 144, 306).

29

bb) § 21 ArbV erfasst „gegenseitige Ansprüche aller Art aus dem Arbeitsverhältnis“. Zu diesen gehört ua. der Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Finden sich keine sachlichen Einschränkungen, so fallen unter den Begriff der „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis” alle gesetzlichen, tariflichen und vertraglichen Ansprüche, die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben (BAG 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 17, BAGE 140, 133).

30

b) Der Kläger hat mit Zugang des Schreibens vom 14. Oktober 2011, spätestens aber mit der Zustellung der Klageschrift am 7. Dezember 2011 seinen Anspruch gegenüber dem Beklagten form- und fristgerecht geltend gemacht. § 21 ArbV verlangt von den Arbeitsvertragsparteien entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts nicht, dass sie ihre Ansprüche binnen einer Frist von drei Monaten dem Vertragspartner gegenüber geltend machen.

31

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen in Formularverträgen hat das Revisionsgericht selbstständig und uneingeschränkt nach den Grundsätzen von Normen entsprechend ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 113/09 - Rn. 35).

32

bb) Die Regelung in § 21 ArbV verlangt von den Arbeitsvertragsparteien, ihre Ansprüche binnen einer Frist von „mindestens drei Monaten seit Fälligkeit“ dem anderen Teil gegenüber geltend zu machen. Die Klausel setzt den Parteien des Arbeitsvertrags ihrem eindeutigen Wortlaut nach eine Mindestfrist, nicht aber eine Höchstfrist. Das Auslegungsergebnis, zu dem das Landesarbeitsgericht gelangt, trägt dem Wortlaut der von dem Beklagten gestellten Vertragsbestimmung nicht hinreichend Rechnung. Das Landesarbeitsgericht macht aus dem „mindestens“ ein „höchstens“ und verkehrt damit die Frist in ihr Gegenteil. Damit werden die schutzwürdigen Belange des Vertragspartners außer Acht gelassen. Der Beklagte hatte es als Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Hand, eine klare Ausschlussfrist zu formulieren. Wollte er die Geltungsmachungsfrist als Höchstfrist verstanden wissen, hätte es ihm oblegen, eine solche zu formulieren. Wenn er stattdessen die Geltendmachung an eine Mindestfrist knüpft, muss er sich daran festhalten lassen.

33

cc) Der Umstand, dass der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Klausel dahin gehend verstanden hat, dass er Ansprüche binnen einer Höchstfrist von drei Monaten geltend machen müsse, ist für die Auslegung des § 21 ArbV ohne Belang. Der Maßstab, an dem Allgemeine Geschäftsbedingungen zu messen sind, bestimmt sich nach dem Verständnis der beteiligten Verkehrskreise (vgl. BAG 18. März 2008 - 9 AZR 186/07 - Rn. 19, BAGE 126, 187). Zugrunde zu legen sind damit nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 13, BAGE 124, 259).

34

II. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Es steht weder fest, ob der Beklagte berechtigt war, die Urlaubsabgeltung zu verweigern, weil der Kläger es trotz Aufforderung unterlassen hat, ihm eine Urlaubsbescheinigung vorzulegen, noch, ob der Beklagte dem Kläger an elf weiteren Tagen Urlaub gewährte. Das Landesarbeitsgericht wird die entsprechenden Feststellungen zu treffen haben.

35

1. Der Senat kann nicht beurteilen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Urlaubsanspruch des Klägers beim Eintritt in das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten gemäß § 6 Abs. 1 BUrlG gemindert war oder zu einem späteren Zeitpunkt gemindert wurde.

36

a) Nach § 6 Abs. 1 BUrlG besteht der Anspruch auf Urlaub nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. Der frühere Arbeitgeber ist gemäß § 6 Abs. 2 BUrlG verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen.

37

b) § 6 Abs. 1 BUrlG regelt den Urlaubsanspruch, wenn der Arbeitnehmer während des Urlaubsjahres den Arbeitgeber wechselt. Bei aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen wird durch § 6 Abs. 1 BUrlG der Anspruch im neuen Arbeitsverhältnis ganz oder teilweise ausgeschlossen, wenn Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers bereits im früheren Arbeitsverhältnis erfüllt worden sind und auch im neuen Arbeitsverhältnis kein Anspruch auf eine höhere Anzahl von Urlaubstagen als im früheren Arbeitsverhältnis entsteht(BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 487/10 - Rn. 16, BAGE 141, 27). Es genügt allerdings nicht, dass dem Arbeitnehmer gegen den früheren Arbeitgeber nur ein Anspruch auf Urlaub zustand (vgl. BAG 17. Februar 1966 - 5 AZR 447/65 - zu 1 a der Gründe, BAGE 18, 153).

38

c) In § 6 Abs. 1 BUrlG formuliert das Gesetz eine negative Anspruchsvoraussetzung. Dem Arbeitnehmer als Gläubiger des Urlaubsanspruchs obliegt es, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die Voraussetzungen, unter denen § 6 Abs. 1 BUrlG eine Anrechnung bereits gewährten Urlaubs vorsieht, nicht vorliegen.

39

aa) Nach der bisherigen Rechtsprechung und der überwiegenden Ansicht in der urlaubsrechtlichen Literatur handelt es sich bei § 6 Abs. 1 BUrlG um eine rechtshindernde Einwendung, die der Arbeitgeber dem Urlaubs- oder Urlaubsabgeltungsanspruch des Arbeitnehmers entgegensetzen kann(vgl. BAG 9. Oktober 1969 - 5 AZR 501/68 - zu 2 der Gründe; Arnold/Tillmanns/Tillmanns BUrlG 3. Aufl. § 6 Rn. 33; MüArbR/Düwell 3. Aufl. Bd. 1 § 80 Rn. 19; Friese Urlaubsrecht Rn. 567; Leinemann/Linck Urlaubsrecht 2. Aufl. § 6 BUrlG Rn. 31; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 611 Rn. 936; Küttner/Röller Personalbuch 2014 Urlaubsanspruch Rn. 30; HWK/Schinz 6. Aufl. § 6 BUrlG Rn. 2; HzA/Schütz Gruppe 4 Rn. 581). In der Konsequenz dieser dogmatischen Einordnung liegt es, dem Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür aufzubürden, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des ihn begünstigenden Anrechnungstatbestands vorliegen (vgl. Arnold/Tillmanns/Tillmanns aaO; MüArbR/Düwell aaO; ErfK/Gallner 15. Aufl. § 6 BUrlG Rn. 6; Leinemann/Linck aaO; HWK/Schinz aaO; HzA/Schütz aaO; Zerbe in Tschöpe AHB-Arbeitsrecht Teil 2 C Rn. 135). Eine Mindermeinung im urlaubsrechtlichen Schrifttum versteht die Vorschrift richtigerweise als negative Anspruchsvoraussetzung (vgl. Bachmann in GK-BUrlG 5. Aufl. § 6 Rn. 19; Natzel Bundesurlaubsrecht 4. Aufl. § 6 Rn. 31; in diese Richtung auch Dütz Anm. SAE 1970, 155, 157 f.). Weder der Wortlaut der Vorschrift noch die Gesetzeshistorie geben verlässliche Hinweise auf den Rechtscharakter des § 6 Abs. 1 BUrlG. Die Entwurfsbegründungen sind ebenso unergiebig wie der Bericht des Ausschusses für Arbeit vom 30. November 1962 (BT-Drs. IV/785). Allerdings spricht der Gesichtspunkt der Beweisnähe dafür, § 6 Abs. 1 BUrlG als negative Anspruchsvoraussetzung aufzufassen. Das Entstehen von Urlaubsansprüchen, deren Umfang, die Gewährung von Urlaub und dessen Abgeltung sind sämtlich Tatsachen, die im Rechtsverhältnis zwischen dem früheren Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer wurzeln. Sie liegen außerhalb der Sphäre des neuen Arbeitgebers. Erachtete man § 6 Abs. 1 BUrlG als rechtshindernde Einwendung, belastete man den neuen Arbeitgeber mit der Obliegenheit, Umstände, von denen er in aller Regel keine Kenntnis hat, vorzutragen und im Streitfalle unter Beweis zu stellen. Ein faktischer Zwang zu Behauptungen „ins Blaue“ ist dem Zivilprozessrecht fremd. Der im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren geltende Beibringungsgrundsatz verlangt vielmehr einen schlüssigen Tatsachenvortrag der Parteien. Für einen solchen genügt es nicht, wenn eine Partei lediglich Mutmaßungen aufstellt, ohne dass sie tatsächliche Anhaltspunkte für ihre Behauptung darlegt (vgl. BAG 25. April 2013 - 8 AZR 287/08 - Rn. 36). Ein Auslegungsergebnis, das diesem Aspekt Rechnung trägt, harmoniert im Übrigen mit § 6 Abs. 2 BUrlG. Danach ist der frühere Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub zu erteilen. Das BUrlG gibt dem Arbeitnehmer damit ein geeignetes Mittel an die Hand, dem neuen Arbeitgeber gegenüber nachzuweisen, dass der frühere Arbeitgeber im laufenden Kalenderjahr keinen oder weniger anrechenbaren Urlaub gewährt oder abgegolten hat, als dem Arbeitnehmer zusteht. Nur auf diese Weise lässt sich der Interessenkonflikt in dem Dreiecksverhältnis von früherem Arbeitgeber, Arbeitnehmer und neuem Arbeitgeber unter Beachtung von Sinn und Zweck des § 6 Abs. 1 BUrlG, die Gewährung des Mindesturlaubs sicherzustellen, ohne den sein Arbeitsverhältnis wechselnden Arbeitnehmer gegenüber anderen zu bevorteilen, sachgerecht lösen.

40

bb) Es gelten die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast. Es obliegt zunächst dem Arbeitnehmer vorzutragen, dass die Voraussetzungen, unter denen § 6 Abs. 1 BUrlG eine Anrechnung von Urlaubsansprüchen vorsieht, nicht vorliegen. Bestreitet der Arbeitgeber den Vortrag des Arbeitnehmers - gegebenenfalls mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) -, hat der Arbeitnehmer seine Darlegungen zu substanziieren. Stellt der Arbeitgeber den Vortrag des Arbeitnehmers in Abrede, hat der Arbeitnehmer für seine Angaben Beweis anzubieten. Neben anderen Beweismitteln kommt hierbei insbesondere die Urlaubsbescheinigung gemäß § 6 Abs. 2 BUrlG in Betracht. Legt der Arbeitnehmer eine solche vor, obliegt es dem Arbeitgeber, den besonderen Beweiswert dieser Bescheinigung, der in § 6 Abs. 2 BUrlG zum Ausdruck kommt, durch konkreten Sachvortrag zu erschüttern.

41

2. Das Landesarbeitsgericht hat das klagestattgebende Urteil des Arbeitsgerichts allein mit der Begründung abgeändert, die „Ausschussfrist“ in § 21 ArbV habe zum Untergang des Abgeltungsanspruchs geführt. Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der frühere Arbeitgeber dem Kläger Urlaub aus dem Jahr 2010 gewährt oder diesen abgegolten hat. Der verfassungsrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör erfordert es im Streitfall, den Parteien die Möglichkeit einzuräumen, ihren diesbezüglichen Sachvortrag zu ergänzen und für ihr Vorbringen Beweis anzubieten.

42

3. Sollte das Landesarbeitsgericht bei der vorzunehmenden Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 BUrlG vorliegen, zu dem Ergebnis gelangen, dass dem Kläger noch Urlaubsansprüche für das Jahr 2010 zustanden, wird es der Behauptung des Beklagten nachzugehen haben, er habe dem Kläger am 27. September 2010 und vom 29. September bis zum 9. Oktober 2010 Urlaub gewährt.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    Spiekermann    

        

    Starke    

                 

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.