Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 12. Jan. 2017 - 4 Sa 161/16

bei uns veröffentlicht am12.01.2017

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 11.04.2016 – 5 Ca 868/15 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug noch über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die 1955 geborene Klägerinist bei der Beklagten seit dem 01.06.1979 als Altenpflegehelferin zu einem Bruttogehalt von zuletzt 1.687,00 € bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden beschäftigt.

3

Bereits 2007 war die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung zwischen den Parteien im Streit. Das Kündigungsschutzverfahren ging zu Gunsten der Klägerin aus. Danach wurde die Klägerin zunächst zusammen mit einer weiteren Mitarbeiterin eingesetzt. Inzwischen arbeitete die Klägerin, wenn auch regelmäßig in einer Schicht mit einer anderen Mitarbeiterin, weitgehend selbstständig. Bei einzelnen Patienten gab es die Regelung, dass sie diese nicht pflegt.

4

In den Jahren 2014 und 2015 erhielt die Klägerin insgesamt vier Abmahnungen. Wegen des abgemahnten Verhaltens wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils (Bl. 278f. d. A.) verwiesen. Am 20.05.2015 wurden fünf Vorwürfe wegen des Verhaltens der Klägerin gegenüber Bewohnern mit der Klägerin ausgewertet (Bl. 280 d. A.).

5

Mit der Klägerin am 30.05.2015 zugegangenem Schreiben kündigte die Beklagte das Beschäftigungsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum 31.12.2015. Zuvor hatte sie den Betriebsrat mit Schreiben vom 20.05.2015 (Bl. 61f. d. A.) zu der beabsichtigten Kündigung angehört.

6

Mit am 05.06.2015 beim Arbeitsgericht Schwerin eingegangener Klage hat die Klägerin sich gegen die Kündigung zur Wehr gesetzt und die Weiterbeschäftigung begehrt.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet habe, da es weder einen Grund für die außerordentliche noch für die hilfsweise ordentliche Kündigung gegeben habe. Außerdem seien die von der Beklagten vorgetragenen Kündigungsgründe zu unpräzise. Gleiches gelte für die Betriebsratsanhörung; dem Betriebsrat seien nicht alle entscheidungserheblichen Umstände mitgeteilt worden. Die Klägerin hat bestritten, psychisch krank zu sein. Weiter hat sie die Vorwürfe aus der Kündigung und den Abmahnungen bestritten. Die Beklagte stelle zu wenig Personal zur Verfügung.

8

Die Beklagte hat vorgetragen, dass drei Bewohner eine Betreuung durch die Klägerin ablehnen würden. Weiter hat sie auf das abgemahnte Verhalten Bezug genommen. Am 14.04. und 08.05.2015 habe die Klägerin einer Bewohnerin Frühstück (Essen und Flüssigkeiten) so in den Mund gestopft, dass diese sich verschluckt habe. Am 08.05.2015 hätten sich Wohnbereichsleiterin und Pflegedienstleiterin über die Klägerin beschwert und mitgeteilt, dass aus ihrer Sicht die Klägerin nur zusammen mit einer anderen Kraft arbeiten könne, was zu Schwierigkeiten bei der Einsatzplanung führe. Am 12.05.2015 habe die Klägerin Joghurt und Gulasch zusammengerührt und der gleichen Bewohnerin, die bereits bei den Vorfällen mit der Essensgabe am 14.04. und 08.05.2015 betroffen war, gegeben. Auf den Hinweis einer Kollegin auf respektvolleres Verhalten gegenüber Bewohnern, habe die Klägerin nicht reagiert. Zu einem vergleichbaren Vorfall sei es am 20.05.2015 gekommen. In dem Personalgespräch am 20.05.2015 habe die Klägerin erklärt, dass sie die Vorwürfe und Beschwerden über ihr Fehlverhalten im Mai 2015 für Verleumdung halte. Weiter wurde der Klägerin vorgehalten, dass sie einer sterbenskranken Bewohnerin gegen ihren Willen Essen und Suppe reingestopft habe.

9

Das Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung für unwirksam erklärt und die Kündigungsschutzklage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es nach zuvor durchgeführter Beweisaufnahme festgestellt, dass die Beklagte in der Person oder im Verhalten der Klägerin liegende Gründe nach § 1 Kündigungsschutzgesetz, die einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses entgegenstehen, habe. Die Interessenabwägung falle zu Lasten der Klägerin aus. Auch die Betriebsratsbeteiligung sei ordnungsgemäß erfolgt.

10

Wegen der weiteren Begründung des Arbeitsgerichts und des Parteivortrags erster Instanz wird auf das arbeitsgerichtliche Urteil (Bl. 275 – 293 d. A.) verwiesen.

11

Gegen dieses der Klägerin am 12.07.2016 zugestellte Urteil wendet sie sich mit der rechtzeitig beim Landesarbeitsgericht eingelegten und begründeten Berufung.

12

Die Klägerin hält das arbeitsgerichtliche Urteil für fehlerhaft. Sie ist der Auffassung, dass die Urteilsbegründung insgesamt nicht überzeuge und sie daher insgesamt durch das Landesarbeitsgericht zu prüfen sei. Das Arbeitsgericht habe nicht ausreichend gewürdigt, dass die Kommunikationsmöglichkeiten der Klägerin eingeschränkt seien. Deshalb habe sie sich nicht gegen die Vielzahl der teilweise unberechtigten oder unverhältnismäßigen Abmahnungen zur Wehr setzen können. Außerdem habe der Klage spätestens im Rahmen der Interessenabwägung stattgegeben werden müssen. Der Beklagten sei es zuzumuten, die Klägerin zu veränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen. Auch sei die Zuweisung von Aufgaben möglich, die keine ständige Beaufsichtigung der Klägerin erforderten. Zur Objektivierung der Kündigungsvorwürfe wäre es erforderlich gewesen, die Betriebsärztin oder den medizinischen Dienst der Krankenkasse zu konsultieren. Schließlich hätte es sich angesichts der Belastungssymptome der Klägerin für die Beklagte geradezu aufdrängen müssen, ein betriebliches Eingliederungsverfahren gem. § 84 SGB IX durchzuführen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 11.10.2016 (Bl. 336 – 341 d. A.) Bezug genommen.

13

Die Klägerin beantragt:

14

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 20.05.2015 nicht beendet wird.

15

2. Im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1.) wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Pflegehilfskraft in der Altenpflege weiter zu beschäftigen.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe des Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 14.12.2016, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 360 - 363 d. A.), als rechtlich zutreffend. Weder bestehe die Verpflichtung ein betriebliches Eingliederungsverfahren durchzuführen noch die Betriebsärztin zu beteiligen. Auch gebe es keine Möglichkeit, die Klägerin zu geänderten Bedingungen zu beschäftigen.

19

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll vom 12.01.2017 (Bl. 365 – 367 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

20

Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft. Sie ist im Sinne der §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit zulässig.

II.

21

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die von der Beklagten am 28.05.2015 zum 31.12.2015 hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung zu Recht als wirksam angesehen. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen kein anderes Ergebnis.

1.

22

Die Kündigung der Beklagten vom 28.05.2015 ist durch Gründe, die im Verhalten der Klägerin liegen, im Sinne des § 1 Abs. 2. Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Die Klägerin hat trotz einschlägiger und wirksamer Abmahnungen erneut gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen.

23

Eine Kündigung ist durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers i. S. v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG „bedingt“, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht (vgl. etwa BAG, Urteil vom 23.01.2014 – 2 AZR 638/13 - Rn. 16).Allerdings ist auch bei der Prüfung, ob verhaltensbedingte Gründe die Kündigung bedingen oder dem Arbeitgeber trotz Pflichtverletzung des Arbeitnehmers eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus zumutbar ist, eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (vgl. etwa BAG Urteil vom 11.07.2013 – 2 AZR 994/12 – Rn.44).

2.

24

Die Klägerin hat ihre sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Pflichten im Mai 2015 mehrfach erheblich verletzt.

a)

25

Die Klägerin hat am 08.05.2015 ihre Arbeitspflicht dadurch verletzt, dass sie eine demente, hochgradig sturzgefährdete Bewohnerin 12 bis 15 Minuten allein ohne Aufsicht in der Toilette des Pflegebades gelassen hat. Dabei stand der Rollator der Bewohnerin in Reichweite, so dass die Gefahr bestand, dass die Bewohnerin entgegen der Anweisung alleine aufgestanden und gegangen wäre. In der Pflegedokumentation für die Bewohnerin ist ausdrücklich festgelegt, dass diese nur in Begleitung zur Toilette zu bringen und zu beaufsichtigen ist. Erschwerend kam hinzu, dass das Pflegebad auf einem anderen Wohnflur liegt und die Toilette sich dadurch in einer für die Bewohnerin fremden Umgebung befand.

b)

26

Ebenfalls am 08.05.2015 reichte die Klägerin einer Bewohnerin im Zimmer das Frühstück und stopfte dieser dabei das Essen in den Mund und flößte ihr so Flüssigkeit ein, dass diese sich verschluckte. Ein vergleichbarer Vorfall hatte sich bereits am 14.04.2015 bei derselben Bewohnerin ereignet.

c)

27

Am 12.05.2015 ereignete sich ein weiterer Vorfall bei der Betreuung der zuvor genannten Bewohnerin. Diese ist dement und ihr wird das Essen in pürierter Form gereicht. An diesem Tag gab es Gulasch. Die Klägerin rührte die Nachspeise (Joghurt) unter das für die Bewohnerin pürierte Gulasch. Als eine Kollegin (Zeugin K) die Klägerin darauf ansprach, dass demente Bewohner häufig nur über das Essen Freude haben, sagte die Klägerin sinngemäß: “Dann füttere du sie doch“.

d)

28

Im Rahmen der Anhörung der Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Freistellung am 20.05.2015 wurde der Beklagten ein weiterer Vorfall bekannt. Die Klägerin hatte eine sterbenskranke Bewohnerin, die die Nahrungsaufnahme nach Absprache mit ihrem Sohn und ihrem Hausarzt verweigern durfte, gefüttert. Die Zeugin R. hatte die Klägerin mit einer Suppenschüssel neben dem Bett der Bewohnerin gesehen. Im Gesicht und im Bett der Bewohnerin war Suppe verteilt. Die Klägerin wollte sich zu dem Vorwurf nicht äußern. Auf anschließende Nachfrage bei der Bewohnerin hatte diese erklärt, klar geäußert zu haben, dass sie nicht essen wolle.

3.

29

Die näheren Umstände der von der Beklagten vorgetragenen Pflichtverletzungen der Klägerin sind durch die Beweisaufnahme in erster Instanz bestätigt oder jedenfalls nicht ausreichend durch die Klägerin bestritten worden. Auch mit der Berufung wendet sich die Klägerin nicht gegen die Feststellungen des Arbeitsgerichts. Die von der Beklagten vorgetragenen Pflichtverletzungen der Klägerin gegenüber Bewohnern sind daher auch aus Sicht des Berufungsgerichts zutreffend. Diese Pflichtverletzungen sind so erheblich, dass sie eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Die Klägerin hat sich, ohne einen Rechtfertigungsgrund zu benennen, über bestehende Weisungen hinweggesetzt und Bewohner mehrfach unsachgemäß und ungebührlich behandelt.

4.

30

Die Klägerin ist zuvor einschlägig und wirksam abgemahnt worden. Dabei ist allerdings die Abmahnung vom 25.06.2014 wegen der Verletzung der Dokumentationspflicht nicht zu berücksichtigen. Diese ist im Zusammenhang mit der Kündigung ohne Belang, da die Klägerin dieses Fehlverhalten bisher nicht wiederholt hatte und eine vergleichbare Pflichtverletzung auch nicht Grundlage der Kündigung ist.

5.

31

Auch eine negative Zukunftsprognose ist im Streitfall zu bejahen. Diese kann sich insbesondere daraus ergeben, dass der Arbeitnehmer trotz einschlägiger Abmahnung sein Fehlverhalten wiederholt. Vorliegend ergibt sich die negative Zukunftsprognose bereits aus den bereits erteilten Abmahnungen. Diese erfolgten wegen gleichartiger Pflichtenverstöße. Gerade weil die Klägerin trotz vorheriger einschlägiger Abmahnungen und im vorliegenden Fall teilweise sogar bezüglich derselben Bewohnerin ihre Pflichten verletzt hat, ist eine Wiederholungsgefahr zu bejahen.

32

Angesichts des Gewichts der Pflichtverstöße der Klägerin muss sich die Beklagte auch nicht darauf verweisen lassen, dass die Klägerin ein weiteres Mal hätte abgemahnt werden müssen. Mit den 2014 und 2015 erteilten Abmahnungen hat die Beklagte unmissverständlich darauf hingewiesen, dass sie gleichartige Pflichtverletzungen der Klägerin nicht hinzunehmen bereit ist. Einer erneuten Abmahnung bedurfte es daher nicht.

6.

33

Auch bestand keine Verpflichtung der Beklagten, ein betriebliches Eingliederungsverfahren durchzuführen. Es fehlt schon an der zeitlichen Komponente des § 84 Abs. 2 SGB IX.

34

Warum die Betriebsärztin zu beteiligen wäre, wird von der Klägerin nicht dargelegt.

35

Schließlich gibt es nach dem bisherigen Parteivortrag aus Sicht der Kammer keine Möglichkeit, die Klägerin zu geänderten Bedingungen zu beschäftigen. Dem diesbezüglichen Vortrag der Beklagten ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten.

6.

36

Die streitgegenständliche Kündigung ist auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt.

a)

37

Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung zuzumuten ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmer an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen.

38

Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkung einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Rechtsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf.

b)

39

Nach Überzeugung auch der Berufungskammer überwiegt bei Zugrundelegung dieser Kriterien das Interesse der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dasjenige der Klägerin an dessen Fortsetzung. Dabei hat die Berufungskammer zugunsten der Klägerin berücksichtigt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zum Zeitpunkt der Kündigung 36 Jahre bestanden hatte. Zu ihren Lasten fällt aber ins Gewicht, dass sie trotz mehrerer einschlägiger Abmahnungen weitere Arbeitspflichtverletzungen begangen hat. Auch ist zu berücksichtigen, dass es sich nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien auch vor den aktuellen Abmahnungen um ein belastetes Arbeitsverhältnis gehandelt hat. Die in dem Verhalten der Klägerin zumindest teilweise zum Ausdruck kommende fehlende Bereitschaft, auf die Interessen der Bewohner der Beklagten einzugehen, begründet die negative Prognose, dass es auch künftig zu gleichen oder ähnlichen Pflichtverletzungen kommen kann. Weitere vergleichbare Pflichtverletzungen sind der Beklagten und ihren Bewohnern nicht zuzumuten. Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen erscheint daher die von der Beklagten hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung als angemessene und billigenswerte Reaktion auf das der Klägerin vorzuwerfende Fehlverhalten.

40

Aufgrund der vorstehenden Interessenabwägung erscheint die Kündigung als angemessen.

41

Ob die Kündigung auch aus personenbedingten Gründen gerechtfertigt sein könnte, kann daher dahinstehen.

42

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

III.

43

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen, da das von ihr eingelegte Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 Abs. 1 ZPO).

44

Ein Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 72 Abs. 2. ArbGG besteht nicht.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 12. Jan. 2017 - 4 Sa 161/16

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 12. Jan. 2017 - 4 Sa 161/16

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 12. Jan. 2017 - 4 Sa 161/16 zitiert 7 §§.

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Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 84 Hilfsmittel


(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

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Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 12. Jan. 2017 - 4 Sa 161/16 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. Jan. 2014 - 2 AZR 638/13

bei uns veröffentlicht am 23.01.2014

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 5. Juni 2013 - 2 Sa 252/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 5. Juni 2013 - 2 Sa 252/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung.

2

Die 1957 geborene Klägerin war seit 1977 bei der Universität des beklagten Landes als Sachbearbeiterin beschäftigt. Zu ihrem Aufgabenbereich gehörten haushälterische, kaufmännische und Sekretariatsaufgaben. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes Anwendung.

3

Im Jahr 2009 erhielt die Klägerin den Auftrag, die Mülltonnen für zwei Universitätsgebäude bei der Stadt „abzumelden“. Ob sie dem nachgekommen ist, ist zwischen den Parteien streitig.

4

Am 23. Februar 2010 fand ein Mitarbeitergespräch zwischen der Klägerin und ihrer Referatsleiterin statt. Gegenstand war die nicht zufriedenstellende Arbeitsorganisation der Klägerin. Ihr wurde ein Fortbildungsangebot zum Stress- und Zeitmanagement unterbreitet. Dieses nahm sie nicht wahr.

5

Im Laufe des Jahres erhielt die Universität alle drei Monate Abfallgebührenbescheide und später entsprechende Mahnungen, welche die fraglichen Mülltonnen betrafen. Es handelte sich um insgesamt 16 Schreiben. Diese wurden von der Klägerin nicht bearbeitet. Mit Schreiben vom 31. Januar 2011 übersandte die Stadt der Universität entsprechende Zahlungsaufforderungen über insgesamt 4.936,70 Euro; die Summe wurde aus Kulanz auf 4.632,84 Euro reduziert.

6

Am 3. Februar 2011 bat die Referatsleiterin die Klägerin zu einem Gespräch. Die Klägerin teilte mit, dass sie die Mülltonnen im November 2009 auftragsgemäß abgemeldet habe. Gegen den ersten Gebührenbescheid habe sie am 5. Februar, gegen den zweiten im Mai 2010 Widerspruch eingelegt. Kopien der Schreiben befanden sich bei den Akten. Es war jedoch weder deren Versand im Postausgangsbuch vermerkt noch ihr Zugang - auf Nachfrage - vom Empfänger bestätigt worden. Die Referatsleiterin äußerte Zweifel am Wahrheitsgehalt der Schilderungen und bat die Klägerin, noch einmal über den Vorgang nachzudenken. Am darauf folgenden Morgen räumte die Klägerin ein, die beiden Widersprüche nicht zu dem darin angegebenen Datum verfasst, sondern nachträglich gefertigt und zu den Unterlagen genommen zu haben. Die Abmeldung der Mülltonnen sei aber tatsächlich erfolgt.

7

Im März 2011 beantragte das beklagte Land beim Personalrat die Zustimmung zu einer beabsichtigten Kündigung. Nachdem der Personalrat seine Zustimmung verweigert hatte, leitete es das Einigungsstellenverfahren ein. Dieses wurde aus formellen Gründen ohne Entscheidung beendet. Im Mai 2011 wurde die Klägerin vorübergehend in die Bibliothek versetzt.

8

Am 21. Oktober 2011 ersuchte das beklagte Land den Personalrat (erneut) um Zustimmung zu einer ordentlichen Kündigung. Dieser verweigerte seine Zustimmung abermals. Nachdem auch eine Einigung zwischen der obersten Dienstbehörde und dem Hauptpersonalrat nicht zustande gekommen war, wurde die Zustimmung auf Antrag des beklagten Landes am 26. Januar 2012 durch die Einigungsstelle ersetzt. Wann der begründete und vom Vorsitzenden der Einigungsstelle unterschriebene Beschluss den Beteiligten zuging, ist nicht festgestellt.

9

Mit Schreiben vom 20. Februar 2012 kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 30. September 2012.

10

Mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Kündigung gewandt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Sie hat behauptet, sie habe im November 2009 die Müllentsorgungsverträge gekündigt. Der Umstand, dass sie die Gebührenbescheide und Mahnungen nicht bearbeitet habe, sei auf das hohe Arbeitsaufkommen zurückzuführen. Nach Eingang der Zahlungsaufforderungen im Januar 2011 sei sie in Panik geraten und habe die rückdatierten Widersprüche verfasst. Die Beklagte könne sie zumindest auf einem anderen Arbeitsplatz - etwa in der Universitätsbibliothek - weiterbeschäftigen. Die Kündigung sei auch deshalb unwirksam, weil eine ordnungsgemäße Zustimmung des Personalrats nicht vorliege. Dieser sei schon nicht ausreichend unterrichtet worden. Das beklagte Land habe ihm nicht mitgeteilt, dass sie wiederholt die Begleichung des Schadens angeboten habe. Die Kündigung sei außerdem erklärt worden, bevor dem beklagten Land der Beschluss der Einigungsstelle mit beigefügter Begründung und Unterschrift des Vorsitzenden zugestellt worden sei.

11

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Kündigung vom 20. Februar 2012 zum 30. September 2012 beendet worden ist.

12

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat gemeint, die Kündigung sei wirksam. Es hat bestritten, dass die Klägerin die Mülltonnen abgemeldet habe. Auch in der Vergangenheit habe die Klägerin Rechnungen nicht zuverlässig bearbeitet. In den Jahren 2004 und 2005 sei sie entsprechend ermahnt worden. Im Februar 2011 habe sie nicht nur Rechnungen und Mahnungen nachlässig bearbeitet, sondern habe die Akten manipuliert und dadurch ihre Vorgesetzte aktiv getäuscht. Damit habe sie das Vertrauensverhältnis der Parteien unwiederbringlich zerstört. Ein anderweitiger Arbeitsplatz sei nicht vorhanden. Die Stelle der Klägerin könne nicht dauerhaft der Bibliothek zugeordnet werden.

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Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die ordentliche Kündigung vom 20. Februar 2012 mit Ablauf des 30. September 2012 aufgelöst worden.

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I. Die Kündigung ist durch Gründe im Verhalten der Klägerin bedingt.

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1. Eine Kündigung ist durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG „bedingt“, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht. Dann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die (fristgemäße) Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden. Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers - etwa eine Abmahnung oder eine Versetzung - geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (BAG 27. September 2012 - 2 AZR 811/11 - Rn. 16 mwN; 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 34 mwN). Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten bereits durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes demnach nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist(vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 16; 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 35).

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2. Die Klägerin hat ihre vertraglichen Pflichten - die tatsächliche Abmeldung der Mülltonnen zu ihren Gunsten unterstellt - dadurch erheblich und schuldhaft verletzt, dass sie innerhalb der Zeitspanne von etwa einem Jahr auf insgesamt 16 Schreiben der Stadt nicht reagiert und anschließend zwei in Wahrheit nicht versandte Widerspruchsschreiben unter falschem Datum erstellt und zu den Akten genommen hat. Damit ist sie nicht nur ihren Hauptleistungspflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen. Sie hat darüber hinaus durch Manipulation der Akten versucht, ihre Pflichtverstöße zu verschleiern und eine korrekte Aufgabenerfüllung vorzutäuschen. Auf diese Weise hat sie das in sie gesetzte Vertrauen des beklagten Landes zerstört.

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3. Eine auf diese Pflichtverletzungen gestützte ordentliche Kündigung ist nicht unverhältnismäßig. Einer vorherigen Abmahnung bedurfte es nicht.

19

a) Hätte die Klägerin die Gebührenbescheide und Mahnungen lediglich nicht bearbeitet, wäre zwar auch dies pflichtwidrig gewesen: Gerade auf der Grundlage ihrer Behauptung, sie habe die fraglichen Mülltonnen im November 2009 in Wirklichkeit abgemeldet, hätte sie sich bei der Stadt um Aufklärung des Sachverhalts und ggf. Rücknahme der Bescheide bemühen müssen; auch unter Berücksichtigung eines - behaupteten - hohen Arbeitsaufkommens ist nicht zu erkennen, dass es ihr unmöglich gewesen wäre, bei Vorgesetzten oder Kollegen Abhilfe zumindest zu initiieren. Der Vorwurf hätte sich dann aber auf bloße Leistungsmängel beschränkt. Selbst wenn sie es - entgegen ihrer Behauptung - versäumt haben sollte, die Mülltonnen bei der Stadt rechtzeitig abzumelden, sie sich dazu aber bei Eingang des ersten oder der späteren Gebührenbescheide bekannt und gegenüber Vorgesetzten offenbart hätte, wäre ihre Pflichtwidrigkeit auf den Leistungsbereich beschränkt und nicht „unverzeihlich“ gewesen. In beiden Fällen spräche vieles dafür, dass eine Kündigung mangels Abmahnung als unverhältnismäßig anzusehen wäre. So indessen hat es die Klägerin nicht beim Untätigbleiben bewenden lassen, sondern hat durch ihre manipulative Ergänzung der Akten um zwei vermeintliche Widerspruchsschreiben den Versuch einer aktiven Täuschung ihrer Vorgesetzten unternommen. Darin liegt eine nicht hinnehmbare Grenzüberschreitung. Es ist dem beklagten Land objektiv nicht zuzumuten, eine Mitarbeiterin - wenn es sich dazu denn von sich aus nicht in der Lage sieht - weiterzubeschäftigen, die bereit ist, um der Vertuschung eigener Fehler willen Akten zu manipulieren.

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b) Dem Umstand, dass die Klägerin die Erstellung der in Wahrheit nicht versandten Widerspruchsschreiben eingeräumt sowie nachträglich die Wiedergutmachung des Schadens angeboten hat, kommt - wie das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat - keine entlastende Bedeutung zu. Die Vorgesetzte der Klägerin hatte bereits vor deren „Geständnis“ festgestellt, dass die Widerspruchsschreiben weder im Postausgangsbuch vermerkt noch dem Empfänger zugegangen waren - ebenso wenig wie eine Kündigung der Müllentsorgungsverträge. Damit hatte sie die Klägerin konfrontiert. Angesichts dessen kann nicht die Rede davon sein, die Offenbarung der Klägerin sei „freiwillig“ erfolgt. Sie ist deshalb - ebenso wenig wie das spätere Angebot eines Schadensausgleichs - nicht geeignet, einen Verlust des Vertrauens in die Lauterkeit der Klägerin zu verhindern.

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c) Etwas anderes gilt nicht mit Blick auf die Betriebszugehörigkeit der Klägerin von mehr als dreißig Jahren. Die Klägerin hat gezeigt, dass sie bereit ist, ein sich im Laufe von gut einem Jahr im Durchschnitt alle vier bis fünf Wochen bemerkbar machendes, sich dabei insbesondere finanziell ständig verstärkendes Problem vor sich her zu „schieben“, um schließlich mit Hilfe von Aktenmanipulationen ein korrektes Verhalten vorzutäuschen und von eigenen Verantwortlichkeiten und Fehlern abzulenken. Ein solcher, mit möglichst großer Heimlichkeit einhergehender Täuschungsversuch wird auch durch jahrzehntelange pflichtgemäße Aufgabenerfüllung nicht aufgewogen. Es kommt hinzu, dass die Klägerin noch im Februar 2010 zum wiederholten Male auf ihre nicht zufriedenstellende Arbeitsorganisation hingewiesen worden war und das ihr unterbreitete Fortbildungsangebot zum Stress- und Zeitmanagement abgelehnt hat.

22

d) Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, das Landesarbeitsgericht habe zu ihren Gunsten berücksichtigen müssen, dass sie nicht vorsätzlich zu Lasten des beklagten Landes gehandelt habe und diesem kein Schaden entstanden sei. Die Annahmen der Klägerin treffen bereits in der Sache nicht zu. Zumindest mit der Erstellung der rückdatierten Widerspruchsschreiben hat sie vorsätzlich zu Lasten des beklagten Landes gehandelt. Ihr Verhalten diente dabei nicht nur der Verschleierung von Arbeitsversäumnissen. Es war überdies geeignet, die Erhebung von Regressansprüchen gegen sie wenn nicht zu vereiteln, so doch zu erschweren. Dem beklagten Land ist auch ein Schaden entstanden. Der Umstand, dass die offenbar nicht mehr benötigten Mülltonnen möglicherweise dennoch geleert wurden, ändert nichts daran, dass Universität und Land die betreffenden Kosten gerade einsparen wollten.

23

e) Die Kündigung ist nicht deshalb unverhältnismäßig, weil die Klägerin auf einem anderen Arbeitsplatz zu Bedingungen hätte weiterbeschäftigt werden können, unter denen sich die eingetretene Vertragsstörung nicht mehr, zumindest nicht mehr in erheblicher Weise ausgewirkt hätte (vgl. dazu BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 583/12 - Rn. 19 ff.; 10. Juni 2010 - 2 AZR 1020/08 - Rn. 15). Das Landesarbeitsgericht hat mit Bezug auf das Urteil des Arbeitsgerichts angenommen, ein anderweitiger Arbeitsplatz sei nicht frei gewesen. Dem ist die Klägerin in der Revision nicht entgegengetreten. Ob dem beklagten Land eine Weiterbeschäftigung andernfalls zumutbar gewesen wäre, bedarf keiner Entscheidung.

24

4. Die Kündigung ist nicht deshalb unwirksam, weil das beklagte Land von der Vertragspflichtverletzung der Klägerin bei Zugang der Kündigung schon etwa ein Jahr Kenntnis hatte.

25

a) Allerdings kann ein Kündigungssachverhalt durch Zeitablauf in einem Maß an Bedeutung verlieren, dass selbst eine ordentliche, dh. nicht fristgebundene Kündigung nicht mehr gerechtfertigt ist. Der Schutz des Arbeitnehmers wird insoweit durch die Grundsätze der Verwirkung gewährleistet (BAG 15. August 2002 - 2 AZR 514/01 - zu B I 3 c der Gründe mwN). Der Arbeitgeber hat das Recht zur ordentlichen Kündigung verwirkt, wenn er in Kenntnis eines Kündigungsgrundes längere Zeit untätig bleibt, dh. die Kündigung nicht erklärt, obwohl ihm dies möglich und zumutbar gewesen wäre (Zeitmoment), und er dadurch beim Arbeitnehmer das berechtigte Vertrauen erweckt, die Kündigung werde auch künftig unterbleiben (Umstandsmoment; BAG 15. August 2002 - 2 AZR 514/01 - zu B I 2 a der Gründe; 20. August 1998 - 2 AZR 736/97 - zu II 1 der Gründe).

26

b) Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Zwar hat das beklagte Land die Kündigung erst im Februar 2012 ausgesprochen, obwohl es bereits im Februar 2011 von dem aus seiner Sicht kündigungsrelevanten Sachverhalt Kenntnis erhalten hatte. Es fehlt jedoch am erforderlichen Umstandsmoment. Das beklagte Land hatte bereits im März 2011 den Personalrat um Zustimmung zu einer beabsichtigten Kündigung ersucht und nach deren Verweigerung die Einigungsstelle angerufen. Dieses Verfahren wurde nur aufgrund von Bedenken des Vorsitzenden der Einigungsstelle an der Einhaltung von Fristen nicht fortgeführt. Im Mai 2011 hat das Land die Klägerin zudem - vorübergehend - auf einen Arbeitsplatz in der Bibliothek versetzt. Am 21. Oktober 2011 hat es sodann den Personalrat um Zustimmung zur streitgegenständlichen Kündigung gebeten. Angesichts dieser Aktivitäten durfte die Klägerin nicht darauf vertrauen, das Land werde aus dem fraglichen Sachverhalt auch künftig keine weiteren arbeitsrechtlichen Konsequenzen ziehen.

27

II. Die Kündigung ist nicht mangels ordnungsgemäßer Durchführung des personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsverfahrens unwirksam.

28

1. Gem. § 68 Abs. 1 Nr. 2 PersVG MV unterliegen Kündigungen der Mitbestimmung des Personalrats. Sie bedürfen seiner Zustimmung (§ 62 Abs. 1 PersVG MV). Nach § 68 Abs. 7 PersVG MV ist eine durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung unwirksam, wenn die Personalvertretung nicht oder nicht ordnungsgemäß beteiligt worden ist.

29

2. Das Zustimmungsersuchen selbst ist rechtlich nicht zu beanstanden.

30

a) Nach § 62 Abs. 2 Satz 1 PersVG MV unterrichtet der Leiter der Dienststelle den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme und beantragt seine Zustimmung. Die erforderliche Unterrichtung soll dem Personalrat die Möglichkeit eröffnen, sachgerecht zur Kündigungsabsicht Stellung zu nehmen. Dazu ist es notwendig, dass der Leiter dem Personalrat die für die Dienststelle maßgeblichen Kündigungsgründe mitteilt. Der Personalrat ist ordnungsgemäß unterrichtet, wenn ihm der Leiter die aus der subjektiven Sicht der Dienststelle tragenden Umstände unterbreitet hat (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 46; zu § 102 BetrVG: BAG 22. April 2010 - 2 AZR 991/08 - Rn. 13 mwN). Darauf, ob diese Umstände auch objektiv geeignet und ausreichend sind, die Kündigung zu stützen, kommt es bei der Unterrichtung nicht an. Fehlerhaft ist die Unterrichtung, wenn der Dienstherr dem Personalrat bewusst einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt unterbreitet oder einen für dessen Entschließung wesentlichen, insbesondere einen den Arbeitnehmer entlastenden Umstand verschwiegen hat. Enthält der Dienstherr dem Personalrat bewusst ihm bekannte und seinen Kündigungsentschluss bestimmende Tatsachen vor, die nicht nur eine Ergänzung oder Konkretisierung des mitgeteilten Sachverhalts darstellen, sondern diesem erst das Gewicht eines Kündigungsgrundes verleihen, ist die Unterrichtung fehlerhaft und die Kündigung unwirksam (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 46).

31

b) Danach hat das beklagte Land den Personalrat ordnungsgemäß unterrichtet. Es hat den aus seiner Sicht relevanten Kündigungssachverhalt, die Auswirkungen auf die betrieblichen Belange sowie seine der Verhältnismäßigkeitsprüfung zugrunde liegenden Erwägungen im Einzelnen dargestellt. Die Unterrichtung ist nicht deshalb unvollständig, weil das beklagte Land nicht mitgeteilt hat, dass sich die Klägerin, falls ihr Arbeitsverhältnis nicht gekündigt würde, zur Rückzahlung des entstandenen Schadens bereit erklärt hatte. Darauf kam es dem Land ersichtlich nicht an. Die - ohnehin nur bedingte - Bereitschaft zur Wiedergutmachung des Schadens war aus seiner Sicht nicht geeignet, das durch die Manipulation der Akten zerstörte Vertrauen wiederherzustellen.

32

3. Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert nicht daran, dass der Beschluss der Einigungsstelle bei Zugang der Kündigung - möglicherweise - noch nicht mit einer Begründung versehen, vom Vorsitzenden unterschrieben und den Beteiligten zugeleitet worden war.

33

a) Der Leiter der Dienststelle hat die Angelegenheit nach Verweigerung der Zustimmung durch den Personalrat gem. § 62 Abs. 3 PersVG MV der übergeordneten Behörde - dem zuständigen Ministerium - vorgelegt. Dieses hat gem. § 62 Abs. 5 PersVG MV den Hauptpersonalrat beteiligt und nach dessen Weigerung, der Kündigung zuzustimmen, die Einigungsstelle angerufen. Diese hat mit Beschluss vom 26. Januar 2012 die Zustimmung ersetzt. Mängel im Verfahren sind weder gerügt noch objektiv erkennbar.

34

b) Mit der Beschlussfassung durch die Einigungsstelle hat das personalvertretungsrechtliche Beteiligungsverfahren sein Ende gefunden. Für die Wirksamkeit der Kündigung kommt es nicht darauf an, ob der Beschluss im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 20. Februar 2012 bereits schriftlich begründet, vom Vorsitzenden unterschrieben und den Beteiligten übersandt worden war.

35

aa) Gem. § 64 Abs. 2 Satz 1 PersVG MV entscheidet die Einigungsstelle nach mündlicher Beratung durch Beschluss. Nach Abs. 3 Satz 1 der Regelung ist dieser schriftlich abzufassen, zu begründen und von dem Vorsitzenden zu unterzeichnen.

36

bb) Die Bestimmungen verlangen nicht, dass das beklagte Land vor einer Erklärung der Kündigung die Zuleitung des schriftlich begründeten und unterschriebenen Beschlusses abwartet (vgl. zur Rechtslage nach § 72 Abs. 3, Abs. 4 PersVG Brandenburg: BAG 2. Februar 2006 - 2 AZR 38/05 - Rn. 37 ff.; zur Rechtslage nach §§ 58 ff. BremPersVG: BAG 26. September 2013 - 2 AZR 843/12 - Rn. 28 ff.).

37

(1) § 64 PersVG MV differenziert zwischen der Entscheidung der Einigungsstelle durch Beschluss mit Stimmenmehrheit als solcher(§ 64 Abs. 2) und der schriftlichen Abfassung, Begründung und Übersendung des Beschlusses an die Beteiligten (§ 64 Abs. 3). Wortlaut und Systematik der Regelungen ist nicht zu entnehmen, dass personelle Maßnahmen, die nach der abschließenden Beratung und Entscheidung der Einigungsstelle, aber vor Zuleitung des begründeten Beschlusses getroffen werden, unwirksam wären. Die Beteiligung des Personalrats in Form des Austausches der für und gegen die Kündigung sprechenden Argumente ist in dem Zeitpunkt abgeschlossen, in dem die Einigungsstelle ihren Beschluss gefasst hat (vgl. BAG 26. September 2013 - 2 AZR 843/12 - Rn. 29; 2. Februar 2006 - 2 AZR 38/05 - Rn. 39). Das gilt, sofern das Landespersonalvertretungsgesetz - wie hier - keine abweichende Regelung enthält, auch dann, wenn der Beschlusstenor als solcher nicht unterschrieben ist. Seine mit Unterschrift des Vorsitzenden versehene Begründung und Zuleitung an die Beteiligten können das Ergebnis des Einigungsstellenverfahrens nicht mehr beeinflussen. Hat die Einigungsstelle die Zustimmung des Personalrats durch Beschluss ersetzt, erfolgt eine anschließend erklärte Kündigung nicht ohne das erforderliche Einvernehmen.

38

(2) Auch Sinn und Zweck des Begründungszwangs sprechen für dieses Verständnis. Die Begründung soll den Beteiligten die maßgebenden Erwägungen der Einigungsstelle erläutern. Durch sie sollen Transparenz hergestellt, die Überzeugungskraft des Beschlusses verstärkt und die gerichtliche Kontrolle der Entscheidung der Einigungsstelle erleichtert werden (vgl. BAG 26. September 2013 - 2 AZR 843/12 - Rn. 30). Für den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers und die materielle Berechtigung der Kündigung hat die Begründung der Einigungsstelle hingegen keine maßgebende Bedeutung, wenn er - wie hier - dem Beschluss folgt. Auch für die nicht erzwungene Zustimmung des Personalrats schreibt das Gesetz keine Begründung vor. Eine Verpflichtung, die schriftliche Begründung des Einigungsstellenspruchs abzuwarten, hätte lediglich ein Hinausschieben der Kündigungserklärung zur Folge. Das ohnehin zeitaufwendige Mitbestimmungsverfahren dient nicht dem zeitlichen Aufschub der Maßnahme, sondern ihrer Beratung. Hat diese ihren Abschluss gefunden, besteht kein sachlicher Grund für ein weiteres Zuwarten (vgl. BAG 26. September 2013 - 2 AZR 843/12 - Rn. 30; 2. Februar 2006 - 2 AZR 38/05 - Rn. 39).

39

(3) Diesem Ergebnis steht - anders als die Klägerin meint - die Rechtsprechung des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG 14. September 2010 - 1 ABR 30/09 - BAGE 135, 285; 5. Oktober 2010 - 1 ABR 31/09 - BAGE 135, 377) nicht entgegen. Danach ist ein Spruch der Einigungsstelle nur wirksam, wenn er schriftlich niedergelegt und mit der Unterschrift des Vorsitzenden versehen beiden Betriebsparteien zugeleitet worden ist. Die Entscheidungen betreffen einen Spruch der betrieblichen Einigungsstelle nach § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG. Die in ihnen aufgestellten Grundsätze lassen sich nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Gegenstand der Einigungsstellenverfahren in den vom Ersten Senat entschiedenen Fällen war der Abschluss einer Betriebsvereinbarung. Deren normative Wirkung kann aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit erst mit der Zuleitung eines formwirksamen Beschlusses der Einigungsstelle eintreten (BAG 14. September 2010 - 1 ABR 30/09 - Rn. 19, aaO; vgl. für eine Dienstvereinbarung: BVerwG 20. Dezember 1988 - 6 P 34.85 -). Ein solches Formerfordernis besteht für die Zustimmungsersetzung durch die Einigungsstelle in personellen Angelegenheiten nicht. Hier ersetzt der Beschluss der Einigungsstelle nicht etwa die dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB unterliegende Kündigungserklärung, sondern die Zustimmung der zuständigen Personalvertretung. Diese unterliegt keinem Formzwang (BAG 26. September 2013 - 2 AZR 843/12 - Rn. 33).

40

III. Die Klägerin hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Rinck    

        

        

        

    Beckerle    

        

    B. Schipp    

                 

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)