Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 29. Apr. 2008 - 5 Sa 181/07

bei uns veröffentlicht am29.04.2008

Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung, die die Beklagte zum einen als Tatkündigung und zum anderen als Verdachtskündigung ausgesprochen hat. Außerdem ist über ein Auflösungsantrag der Beklagten zu entscheiden.

2

Der Kläger ist im Pharmaaußendienst beschäftigt. Die Beklagte hat ihre Außendienstler zu Teams zusammengefasst. Im Team des Klägers waren wohl fünf oder etwas mehr Außendienstler zusammengefasst. Im Team des Klägers arbeitet unter anderem Frau Z., Frau K., Frau V. und Herr F.. Vorgesetzter des Teams ist Herr M..

3

Ausgangspunkt der Differenzen der Parteien war eine Bemerkung des Klägers gegenüber Frau Z. am 06.12.2006. An diesem Tag hatten sich die Mitglieder des Teams zu einer Besprechung getroffen und Frau Z. war gerade damit beschäftigt den Laptop und den Beamer für einen Vortrag vorzubereiten, als der Kläger sie ansprach und sinngemäß zu ihr gewandt sagte: Wieso dauert das Hochfahren des Laptops so lange, hast du da etwa Pornofilme drauf.

4

Ob es an diesem Tag noch einen weiteren Vorfall ähnlicher Art gab, ist streitig geblieben, ebenso wie die Frage, ob dem Kläger im Vorlauf zur Kündigung noch ein weitergehender Vorwurf bezüglich des weiteren Verlaufs des soeben wiedergegebenen Gespräches gemacht worden ist.

5

Die Äußerung gegenüber Frau Z. ist nicht der Grund der Kündigung des Klägers. Die Beklagte hat den Kläger vielmehr gekündigt, weil er im Rahmen der betriebsinternen Aufklärung des Sachverhaltes seine Kolleginnen und Kollegen im Team der Lüge bezichtigt habe.

6

Dem liegt folgendes Geschehen zur Grunde. Frau Z. hatte sich bei ihren Vorgesetzten über den Kläger beschwert. Die Beschwerde betraf den oben wiedergegebenen Sachverhalt sowie "eine weitere Situation im Zusammenhang mit dem Handy von Frau Z., bezüglich dessen" der Kläger "eine ähnliche Bemerkung machte" (Zitat aus der Anhörung des Betriebsrates durch die Beklagte vom 29.01.2007). Über mehrere Zwischenstufen gelangte die Beschwerde zur Personalabteilung der Beklagten in Nürnberg. In Absprache mit dem Betriebsrat wurde der Kläger nach Nürnberg geladen, um ihn zu den Vorfällen anzuhören.

7

In diesem Gespräch am 15.01.2007 wurde ihm die Beschwerde von Frau Z. vorgehalten und es wurde dazu angemerkt, es gäbe weitere Mitarbeiter, die die Vorwürfe bestätigen könnten. Darauf hat der Kläger sinngemäß erklärt:

8

Wenn die Kolleginnen und Kollegen wahrheitsgemäße Bekundungen

9

abgeben würden, müssten sie erklären, dass die ihm unterschobenen Äußerungen nicht stimmten.

10

Auf Grund dieser Einlassung endete die Anhörung am 15.01.2007 mit dem Plan, die Zeugen und Zeuginnen gemeinsam (Personalabteilung und Betriebsrat) zu befragen. Der Zeuge S. konnte zu dem Vorfall nichts sagen, die Zeuginnen K. und V. bestätigten das von Frau Z. behauptete Geschehen ebenso wie der Zeuge F..

11

Ob im Anschluss an diesen Aufklärungsschritt der Kläger nochmals angehört wurde, ist streitig geblieben.

12

Die Beklagte erklärt, sie habe durch den Umstand, dass der Kläger seine Kolleginnen und Kollegen im Team der Lüge bezichtigt, jegliches Vertrauen in ihn verloren, daher sei die Fortsetzung der Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar. Nach Anhörung des Betriebsrates wurde daher unter dem 01.02.2007 eine außerordentliche und ordentliche Tatkündigung und unter dem 02.02.2007 eine außerordentliche und ordentliche Verdachtskündigung ausgesprochen.

13

Der Kläger hat innerhalb der gesetzlichen Frist beide Kündigungen mit der Klage angegriffen. Wegen des Prozessverhaltens des Klägers hat die Beklagte im Laufe des Rechtsstreits in erster Instanz zusätzlich einen Auflösungsantrag gestellt.

14

Das Arbeitsgericht Rostock hat mit Urteil vom 12.06.2007, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen wird, der Klage im vollen Umfang stattgegeben und wie folgt in der Hauptsache tenoriert:

15

"1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die fristlose Kündigung vom 01.02.2007 noch durch die am gleichen Tage ausgesprochene vorsorgliche ordentliche bzw. fristgemäße Kündigung aufgelöst wurde.

16

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die fristlose Kündigung vom 02.02.2007 noch durch die am gleichen Tage ausgesprochene vorsorgliche ordentliche bzw. fristgemäße Kündigung aufgelöst wurde.

17

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits entsprechend dem Anstellungsvertrag zum 01.01.2002 als Pharmaberater weiterzubeschäftigen.

18

4. Der Auflösungsantrag wird abgewiesen."

19

Das Urteil ist der Beklagten am 20.06.2007 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung vom 29.06.2007 (Gerichtseingang per Fax am selben Tag) ist mit Schriftsatz vom 14.08.2007, Gerichtseingang per Fax am selben Tag, begründet worden.

20

Die Beklagte behauptet, dem Kläger sei in dem Gespräch am 15.01.2007 nur der oben im unstreitigen Teil wiedergegebene Vorfall vorgehalten worden. Die weitergehende klägerische Behauptung, Herr M. habe ihm zusätzlich vorgeworfen, er habe Frau Z. angeboten, die Pornos gemeinsam auf dem Zimmer anzusehen, sei falsch.

21

Der Kläger sei auch nach der Befragung der Zeugen durch Geschäftsführung und Betriebsrätin nochmals befragt worden und er sei bei seiner Einlassung beblieben.

22

Für die Beklagte stehe daher fest, dass der Kläger wider besseres Wissen seine Kolleginnen und Kollegen der Lüge bezichtigt hätte. Daher sei es unzumutbar, das Arbeitsverhältnis weiter fortzusetzen.

23

Da der Kläger im Rechtsstreit sogar versucht habe, der Beklagten zu unterstellen, vorsätzlich eine Kampagne gegen den Kläger zu führen, sei auch der Auflösungsantrag begründet.

24

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils

25

1. die Klage abzuweisen;

26

2. hilfsweise das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wobei die Abfindung ein früheres Bruttomonatsgehalt nicht übersteigen sollte.

27

Der Kläger beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Der Kläger behauptet, ihm sei am 15.01.2007 von Herrn M. vorgeworfen worden, er habe Frau Z. ermuntert, die Pornos auf dem Laptop gemeinsam anzuschauen. Da er dies als den Kern des Vorwurfs angesehen habe, habe er den Vorfall mit Recht abgestritten.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

31

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

32

1. Die außerordentlichen Kündigungen sind unwirksam, da es an einem wichtigen Grund zur Kündigung im Sinne von § 626 BGB mangelt.

33

a) Die Beklagte hat nicht deutlich gemacht, ob sie den Grund der Kündigung auch darin sieht, dass sich der Kläger in der Anhörung ihr gegenüber unwahr eingelassen hat.

34

Daher ist zu betonen, dass eine Lüge gegenüber dem Arbeitgeber die Kündigung nicht zu rechtfertigen vermag.

35

Eine Lüge könnte nur insoweit pflichtwidrig sein, als der Arbeitnehmer aus vertraglicher Nebenpflicht zur wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet wäre. Das ist im laufenden Arbeitsverhältnis nicht uneingeschränkt der Fall. Die Auskunftspflicht des Arbeitnehmers setzt vielmehr ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers voraus.

36

Dieses Interesse muss gerade im Zusammenhang mit dem bestehenden Arbeitsverhältnis vorliegen. Da sich die Auskunft nur auf das Bestehen oder den Umfang von Rechten aus dem Arbeitsverhältnis beziehen kann, muss ein Zusammenhang mit der Erfüllung der vom Arbeitnehmer geschuldeten vertraglichen Leistung, mit dessen sonstiger Pflichtenbindung oder mit der Pflichtenbindung des Arbeitgebers bestehen. Ein bloß allgemeiner Zweckzusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis reicht hier nicht aus. Die gesetzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Prozess und gesetzliche Beweislastregeln sind dabei zu berücksichtigen. Die Darlegungs- und Beweissituation darf nicht durch die Gewährung materiellrechtlicher Auskunftsansprüche unzulässig verändert werden. Der Auskunftsanspruch kann nach Treu und Glauben nur da ergänzend eingreifen, wo auch die grundsätzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast einer entsprechenden Korrektur bedarf. Nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG hat der Arbeitgeber die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen. Eine vorprozessuale Auskunftspflicht des Arbeitnehmers stünde hierzu im Widerspruch. Soweit nicht besondere rechtliche Grundlagen bestehen, ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, außergerichtliche Erklärungen zu möglichen Kündigungsgründen abzugeben (BAG 07.09.1995 - 8 AZR 828/93 - BAGE 81, 15 = AP Nr. 24 zu § 242 BGB Auskunftspflicht = DB 1996, 634).

37

Gemessen an diesem Maßstab kann in der falschen Beantwortung der Fragen der Beklagten zu den von Frau Z. erhobenen Vorwürfen keine Pflichtverletzung des Klägers gesehen werden, denn die Befragung stand unter dem Vorzeichen einer möglichen Kündigung des Klägers wegen dieses Vorfalls. Insofern war der Kläger nicht verpflichtet, wahrheitsgemäße Auskünfte zu geben.

38

b) Auch soweit die Beklagte dem Kläger vorwirft, er habe seine Kolleginnen und Kollegen der Lüge bezichtigt, ergibt sich daraus wegen der Umstände des Einzelfalls kein Kündigungsgrund.

39

Insoweit ist mit der Beklagten davon auszugehen, dass die Bezichtigung der Kollegen der Lüge je nach Lage des Einzelfalles die Möglichkeit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses eröffnet. So hat das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden, dass Beleidigungen, verbale Bedrohungen, üble Nachrede und Verleumdung gegenüber dem Arbeitgeber oder gegenüber Arbeitskollegen grundsätzlich geeignet seien, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (BAG 21.01.1999 AP Nr. 151 zu § 626 BGB). Wie bei allen anderen Kündigungsgründen auch müssen die Vorfälle jedoch ein gewisses Gewicht haben, sie müssen betriebliche Auswirkungen haben, etwa indem sie den Betriebsfrieden stören.

40

Gemessen an diesem Maßstab liegt ein Kündigungsgrund nicht vor.

41

Das Gericht hat bereits Zweifel daran, ob die Einlassung des Klägers bei seiner Anhörung am 15.01.2007 überhaupt objektiv ehrverletzend war oder als üble Nachrede bezeichnet werden könnte.

42

Denn wenn der Kläger sagt, wenn die Zeugen bei der Wahrheit bleiben würden, müssten sie bekunden, dass die ihm unterschobenen Äußerungen nicht der Wahrheit entsprechen, so gibt er das Geschehene ersichtlich aus seiner Erkenntniswelt wieder. Mit Wahrheit meint er also seine Wahrheit, also seine eigene Erinnerung. In diesem Sinne hat der Satz nur den Aussagegehalt, dass die Zeugen seine - des Klägers - Erinnerung bestätigen müssten.

43

Aber selbst dann, wenn man zu Gunsten der Beklagten unterstellt, der Kläger hätte mit dieser Einlassung am 15.01.2007 aussagen wollen, die Beschwerde der Frau Z. sei erfunden und die von ihr aufgebotenen Zeugen hätten vorsätzlich ein falsches Zeugnis abgelegt, könnte dies die Kündigung noch nicht rechtfertigen.

44

Denn aus den Gesamtumständen ergibt sich objektiv nur ein geringes Gewicht dieser Äußerung. Dies schließt das Gericht aus der Äußerung selbst und aus dem Kontext, in dem sie gefallen ist.

45

Insoweit ist beachtlich, dass der Kläger die Zeugen nicht wörtlich als Lügner bezeichnet hat, sondern nur defensiv quasi seine Meinung zum Wahrheitsgehalt der Aussagen wiedergegeben hat. Auch muss beachtet werden, dass der Kläger weder Verallgemeinerungen ("lügen mal wieder ...") vorgenommen hat noch ein besonderes Unwerturteil formuliert hat (z. B. "die Lügnerin" oder "infame Lüge" oder eine ähnliche Formulierung). Gerade seine umständliche und farblose Ausdrucksweise zeigt vielmehr, dass er sich auch subjektiv zu jenem Zeitpunkt darum bemühte, mit seiner Aussage niemanden anzugreifen.

46

Zudem muss beachtet werden, dass die Worte in der Anhörung ohne Anwesenheit der Zeuginnen und Zeugen gefallen sind. Der Kläger musste zwar damit rechnen, dass die Beklagte die Zeuginnen und Zeugen mit seiner Aussage konfrontieren würde, angesichts seiner Einlassung musste er aber nicht damit rechnen, dass die Beklagte die Zeugen damit konfrontieren würde, er - der Kläger - hätte die Zeugen der Lüge bezichtigt.

47

Letztlich ist noch hervorzuheben, dass es auch nicht ersichtlich ist, dass die Einlassung des Klägers in der Anhörung am 15.01.2007 negative betriebliche Folgen hatte. Eine dadurch ausgelöste Störung des Betriebsfriedens kann nicht festgestellt werden.

48

Abschließend ist zu diesem Punkt noch festzuhalten, dass das Gericht nur die Einlassungen des Klägers im ersten Anhörungsgespräch am 15.01.2007 bewerten kann. Denn der Kläger hat in beiden Instanzen bestritten, dass es nach dem 15.01.2007 und nach den weiteren Ermittlungen der Beklagten überhaupt noch ein weiteres Gespräch mit ihm gegeben habe. Da die Beklagte dieses weitere Gespräch weder zeitlich noch örtlich noch an Hand der Gesprächspartner weiter eingegrenzt hat, war dieses Bestreiten mit Nichtwissen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zulässig geblieben. Die Einzelheiten dazu können jedoch letzten Endes dahinstehen, da die Beklagte zu diesen behaupteten weiteren Gespräch auch keine konkreten Einzelheiten über den Gesprächsverlauf mitgeteilt hat. Insbesondere auch im nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 10.03.2008 wird nicht ersichtlich, mit welchen Worten sich der Kläger im zweiten Gespräch eingelassen haben soll. Daher kann auch nicht geprüft werden, ob er dabei seine Kolleginnen und Kollegen so direkt der Lüge bezichtigt hat, dass dies eine Kündigung rechtfertigen könnte.

49

2. Da nach den bisherigen Ausführungen bereits objektiv die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung nicht vorliegen, kann diese auch aus dem Gesichtspunkt der Verdachtskündigung nicht gerechtfertigt sein.

50

3. Auch die hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen sind nicht wirksam, denn ihnen fehlt die soziale Rechtfertigung im Sinne von § 1 KSchG.

51

Auch hierfür kann im Wesentlichen Bezug genommen werden auf die bisherigen Ausführungen zur außerordentlichen Kündigung.

52

Selbst wenn man mit der Hilfserwägung des Gerichtes davon ausgeht, dass die Einlassung des Klägers objektiv und subjektiv darauf gerichtet war, die Zeuginnen und Zeugen der Lüge zu bezichtigen, könnte dies angesichts der zurückhaltenden Art und Weise der Formulierung auch eine ordentliche Kündigung nicht rechtfertigen. Es hätte allenfalls eine Abmahnung gerechtfertigt.

53

4. Der Auflösungsantrag der Beklagten ist - wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht begründet.

54

Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG auf Antrag des Arbeitgebers kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wobei an die Auflösungsgründe strenge Anforderungen zu stellen sind. Dies hat seinen Grund darin, dass eine Sozialwidrigkeit einer Kündigung grundsätzlich zu deren Rechtsunwirksamkeit und damit zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses führt. Das Kündigungsschutzgesetz ist vorrangig ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz (BAG Urteil vom 10.10.2002 - 2 AZR 240/01 -). In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Auflösungsgründe der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist. Mithin ist im Zeitpunkt der Entscheidung über den Auflösungsantrag maßgeblich, ob auf Grund des Verhaltens des Arbeitnehmers in der Vergangenheit in Zukunft noch mit einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit der Parteien zu rechnen ist (BAG a. a. O.). Als arbeitgeberseitige Auflösungsgründe im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG kommen insbesondere solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Dabei ist es dem Arbeitgeber allerdings untersagt, Spannungen zwischen dem Arbeitnehmer und Kollegen oder Vorgesetzten ohne Beachtung der Verursachungsanteile zu Lasten eines Arbeitnehmers zu lösen. So kann beispielsweise die bloße Weigerung von Arbeitskollegen, mit einem Arbeitnehmer zusammenzuarbeiten, für sich genommen die Auflösung nach § 9 KSchG noch nicht rechtfertigen. Zudem ist es unzulässig, sich auf solche Auflösungsgründe zu berufen, die vom Arbeitgeber selbst oder von Personen, für die er einzustehen hat, provoziert worden sind (BAG a. a. O.). Danach kommt es also maßgeblich darauf an, ob die objektive Lage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bei dem Arbeitgeber die Besorgnis aufkommen lassen kann, dass die weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer gefährdet ist. Als Auflösungsgründe sind mithin insbesondere geeignet Beleidigungen, sonstige ehrverletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen sowie sonstige in der Persönlichkeit des Arbeitnehmers liegende Gründe (BAG a. a. O. sowie Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, 29.06.2007 - 3 Sa 61/06 - sowie 16.10.2007 - 5 Sa 497/05 -).

55

Gemessen an diesem Maßstab ist ein Auflösungsgrund nicht ersichtlich.

56

Da das Verhalten gegenüber den Kollegen bereits die Kündigung nicht rechtfertigen konnte, kann es auch den Auflösungsantrag nicht rechtfertigen, zumal der Kläger im Laufe des Rechtsstreites den Lügevorwurf nicht weiter vertieft hat. Im Gegenteil hat er sogar eingeräumt, dass es zu der geschmacklosen Bemerkung gegenüber Frau Z. beim Aufbau der PC-Technik tatsächlich gekommen ist.

57

Vom Ansatz her zutreffend weist die Beklagte zwar darauf hin, dass der Kläger ihr unterstellt habe, sie - die Beklagte - habe möglicherweise absichtlich versucht, einen Kündigungsgrund zu provozieren.

58

Auch wenn sich der Kläger verklausuliert ausgedrückt hat, ist dies doch der objektive Erklärungswert seines Vortrages aus dem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 24.04.2007, dort Seite 4 (hier Blatt 150 d. A.). Denn wenn der Kläger den Vorfall unter der Überschrift schildert, hier hätte es möglicherweise einen "Versuch gegeben ... dem Kläger anderweitige Probleme zu bereiten" kann daraus der Leser nur den Schluss ziehen, der Kläger hege den Verdacht, die Beklagte habe ihm eine Falle stellen wollen.

59

Das ist eine ehrverletzende Unterstellung, die umso erstaunlicher ist, als sie auch aus der Sicht des Klägers weitgehend spekulativ geblieben ist. Man kann schon sagen, dass der Kläger hier ohne Rücksicht auf die berechtigten Interessen der Beklagten versucht hat eine diffuse Stimmung gegen die Beklagte im Rechtsstreit zu erzeugen.

60

Zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses reicht dies dennoch nicht. Dabei muss vor allem hervorgehoben werden, dass die Beklagte bereits Monate vor der Kündigung offen und subtil versucht hatte, sich vom Kläger zu trennen. Auf diese Weise hat die Beklagte eine Art Reizklima erzeugt, das sich unter anderem in diesem unsachlichen Angriff des Klägers in dem Rechtsstreit entladen hat. Wegen des Mitverantwortungsbeitrages der Beklagten scheidet daher die Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus diesem Anlass aus.

61

5. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen, da ihr Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).

62

Zur Zulassung der Revision gibt der vorliegende Rechtsstreit keinen Anlass.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 29. Apr. 2008 - 5 Sa 181/07

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 29. Apr. 2008 - 5 Sa 181/07

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unte

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 9 Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts, Abfindung des Arbeitnehmers


(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältni
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 29. Apr. 2008 - 5 Sa 181/07 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unte

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 9 Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts, Abfindung des Arbeitnehmers


(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältni

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 29. Apr. 2008 - 5 Sa 181/07 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 29. Apr. 2008 - 5 Sa 181/07 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 16. Okt. 2007 - 5 Sa 497/05

bei uns veröffentlicht am 16.10.2007

Tenor 1. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. 2. Die Klageerweiterung und der Hilfsantrag der Beklagten werden abgewiesen. 3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte. 4. Die Revision wird nicht zugelassen. T

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 29. Juni 2007 - 3 Sa 61/06

bei uns veröffentlicht am 29.06.2007

Tenor I. Unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin im Übrigen werden die Urteile des Arbeitsgerichtes Schwerin jeweils vom 11.01.2006 - 22 Ca 1397/05 - sowie - 22 Ca 654/05 - in dem hier noch streitgegenständlichen Umfang teilweise abgeändert.
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 29. Apr. 2008 - 5 Sa 181/07.

Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 23. Jan. 2014 - 7 Sa 97/13

bei uns veröffentlicht am 23.01.2014

Tenor Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil desArbeitsgerichts Köln vom 05.12.2012 in Sachen3 Ca 8309/11 teilweise wie folgt abgeändert: Auf den Auflösungsantrag der Beklagten hin wird dasArbeitsverhältnis mit dem Kläger zum Ablauf der

Arbeitsgericht Magdeburg Urteil, 15. Juli 2013 - 3 Ca 713/13 HBS

bei uns veröffentlicht am 15.07.2013

Tenor 1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung mit Schreiben vom 05.03.2013 nicht aufgelöst worden ist. 2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des.

Referenzen

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

Tenor

I. Unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin im Übrigen werden die Urteile des Arbeitsgerichtes Schwerin jeweils vom 11.01.2006 - 22 Ca 1397/05 - sowie - 22 Ca 654/05 - in dem hier noch streitgegenständlichen Umfang teilweise abgeändert.

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristgemäße Kündigung vom 14.03.2005 noch durch die fristlose - vorsorgliche fristgemäße - Kündigung vom 08.06.2005 aufgelöst worden ist.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird zum 31.12.2005 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von € 10.500,00 durch die Beklagte an die Klägerin aufgelöst.

4. Im Übrigen wird der Auflösungsantrag der Beklagten zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt zu 3/4 und die Klägerin zu 1/4 die Kosten des Rechtsstreits.

III. Die Revision gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit der ordentlichen Kündigung vom 14.03.2005 (Aktenzeichen erster Instanz 22 Ca 654/05) und der außerordentlichen - vorsorglich ordentlichen - Kündigung vom 08.06.2005 (Aktenzeichen erster Instanz 22 Ca 1397/05) sowie vor dem Hintergrund der Auflösungsanträge der Beklagten vom 21.02.2007 um den weiteren Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 30.09.2005 bzw. 31.12.2005 hinaus.

2

Die am 31.03.1956 geborene Klägerin war seit dem 06.06.1977 bei der Beklagten als kaufmännische Angestellte zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt € 2.100,00 beschäftigt.

3

Im April 2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie - nachdem sie zuvor als Sekretärin im Bereich der Stadtentsorgung gearbeitet hatte - auf Grund betriebsinterner Umstrukturierungen der Servicedienste nunmehr als Mitarbeiterin in einem Serviceteam zu arbeiten habe.

4

Diesbezüglich führte die Klägerin bei dem Arbeitsgericht Schwerin zwei Prozesse.

5

In dem Verfahren 22 Ca 1411/04 hatte die Klägerin beantragt:

6

1. Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 19.04.2004, der Klägerin zugegangen am 20.04.2004, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

7

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Kündigungen geändert oder beendet wurde, sondern zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht.

8

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

9

Das Verfahren endete mit folgendem Vergleichsabschluss:

10

1. Die Parteien stimmen überein, dass sich die Beklagte im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 19.04.2004 auf keinerlei Rechtswirkungen einer Änderungskündigung beruft. Das Arbeitsverhältnis der Parteien besteht ungekündigt fort.

11

2. Damit ist dieser Rechtsstreit erledigt.

12

In dem Verfahren 22 Ca 2500/04 begehrte die Klägerin die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, unter Weisungsgebundenheit gegenüber der Teamleiterin Aufgaben im Rahmen des Serviceteams zu übernehmen. Dazu zähle insbesondere die Bewirtschaftung des Konferenzraumes, der Einkauf von Kaffee und Kaltgetränken, Bedienung und Telefonempfangszentrale, die Bearbeitung der gesamten Eingangspost, das An-, Ab- und Ummelden von Müllbehältern sowie die Kontrolle von Inventarlisten.

13

Die dementsprechende Klage nahm die Klägerin im November 2004 zurück.

14

Gleichwohl vertrat die Klägerin - bis zuletzt - die Auffassung, sie sei jedenfalls hinsichtlich der vorbenannten Tätigkeitsinhalte nicht Mitarbeiterin der im Jahr 2004 gebildeten Serviceeinheit. Sie erkenne die Leiterin der Serviceeinheit als unmittelbare Vorgesetzte nicht an, so dass sie deren Anweisungen nicht zu befolgen habe.

15

Mit Schreiben vom 14.03.2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus verhaltensbedingten Gründen unter vorheriger Beteiligung des Personalrates mit Schreiben vom 04.03.2005 (Blatt 273/274 Band II d. A.) fristgemäß zum 30.09.2005.

16

Dagegen richtet sich die am 24.03.2005 bei dem Arbeitsgericht Schwerin eingegangene Kündigungsschutzklage der Klägerin (Aktenzeichen 22 Ca 654/05).

17

Im weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses händigte die Leiterin des Serviceteams der Klägerin Anfang Mai 2005 den Dienstplan für die folgenden Wochen aus. Die Klägerin erklärte hinsichtlich des 22.05.2005 und 24.05.2005 (vorgesehene Mittelschicht), dass sie den Dienstplan insoweit nicht akzeptiere.

18

Zur vorgegebenen Arbeitszeit erschien die Klägerin nicht. Daraufhin wurde der Klägerin am 23.05.2005 eine Abmahnung erteilt (Blatt 71, 74 bis 76 der Beiakte). Trotz der Abmahnung erschien die Klägerin am 01.06.2005 wiederum nicht wie vorgesehen zum Dienstbeginn um 09.30 Uhr, sondern um 06.30 Uhr mit Beginn der Frühschicht. Mit Schreiben des stellvertretenden Betriebsleiters vom 01.06.2005 wurde der Klägerin für den Fall der fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen Anweisungen der Beklagten eine außerordentliche Kündigung angedroht (Blatt 71 bis 77 der Beiakte).

19

Nachdem die Klägerin sich trotz Dienstanweisung wiederum nicht an die ihr mitgeteilten Schichtzeiten hielt, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 08.06.2005 unter Einhaltung einer Auslauffrist von acht Tagen mit Wirkung zum 21.06.2005 die außerordentliche Kündigung sowie hilfsweise fristgemäße Kündigung zum 31.12.2005.

20

Dagegen wiederum richtet sich die am 23.06.2005 bei dem Arbeitsgericht Schwerin eingegangene Kündigungsschutzklage der Klägerin (Aktenzeichen 22 Ca 1397/05).

21

Anlässlich des Rechtsstreites zum Aktenzeichen 22 Ca 654/05 hat die Klägerin beantragt,

22

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 14.03.2005 - der Klägerin zugegangen am 16.03.2005 - nicht aufgelöst wurde, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht.

23

2. Für den Fall des Obsiegens zu Ziffer 1 die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

24

Hinsichtlich des gerichtlichen Verfahrens zum Aktenzeichen 22 Ca 1397/05 hat die Klägerin beantragt,

25

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 08.06.2005 nicht zum 21.06.2005 beendet worden ist, sondern fortbesteht;

26

2. die Beklagte zu verurteilen, 1.300,00 nebst Zinsen an die Klägerin monatlich zu zahlen;

27

3. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin als Sekretärin weiterzubeschäftigen.

28

Die Beklagte hat jeweils beantragt, die Klage abzuweisen.

29

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages wird auf die tatbestandlichen Feststellungen der beiden Entscheidungen des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 11.01.2006 (22 Ca 654/05 und 22 Ca 1397/05) Bezug genommen.

30

Das Arbeitsgericht Schwerin hat die vorbenannten Klagen abgewiesen und bezüglich der fristlosen - vorsorglich fristgemäßen - Kündigung vom 08.06.2005 im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe sich mehrfach fortgesetzt trotz eingehender Anweisungen und vorangegangener Hinweise auf die Pflichtenlage geweigert, ihre arbeitsvertraglichen Pflichten im Rahmen der angewiesenen Arbeitszeiten zu erfüllen. Dieser Umstand stelle als beharrliche Arbeitsverweigerung einen wichtigen Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB dar. Auch sei die Klägerin in diesem Zusammenhang am 23.05.2005 einschlägig abgemahnt worden. Die notwendige Interessenabwägung falle angesichts der Beharrlichkeit des pflichtwidrigen Verhaltens der Klägerin zu ihren Lasten aus.

31

Bezüglich der ordentlichen Kündigung vom 14.03.2005 zum 30.09.2005 argumentiert das Arbeitsgericht Schwerin in der angefochtenen Entscheidung zum Aktenzeichen 22 Ca 654/05, die Klage könne schon deshalb keinen Erfolg haben, da das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Kündigungsfrist am 30.09.2005 durch die fristlose Kündigung vom 08.06.2005 zum 21.06.2005 rechtswirksam beendet worden sei. Im Übrigen sei die fristgemäße Kündigung vom 14.03.2005 auch sozial gerechtfertigt, da ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund gegeben sei.

32

Die vorerwähnten Urteile sind der Klägerin jeweils am 27.01.2006 zugestellt worden. Die dagegen gerichteten Berufungen sind jeweils am 23.02.2006 bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangen und nach jeweils gewährter Fristverlängerung bis zum 27.04.2006 zum einen am 06.04.2006 (Gerichtseingang zum Aktenzeichen 3 Sa 62/06 zum erstinstanzlichen Verfahren 22 Ca 1397/05) und zum anderen am 27.04.2006 (Gerichtseingang zum Aktenzeichen 3 Sa 61/06 zum erstinstanzlichen Verfahren 22 Ca 654/05) begründet worden.

33

Mit Beschluss des Landesarbeitsgerichtes Mecklenburg-Vorpommern vom 13.12.2006 sind die Berufungsverfahren zu den Aktenzeichen 3 Sa 61/06 und 3 Sa 62/06 verbunden und das Verfahren zum Aktenzeichen 3 Sa 61/06 zur führenden Akte bestimmt worden.

34

In Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrages hält die Klägerin an ihrer Rechtsauffassung fest. Beide Kündigungen seien bereits in Ermangelung einer ordnungsgemäßen Personalratsanhörung rechtsunwirksam. Die ihr gegenüber anlässlich der Kündigung vom 14.03.2005 erhobenen Vorwürfe seien unzutreffend. Bezüglich der fristlosen Kündigung vom 08.06.2005 fehle es an einem wichtigen Grund, da von einer beharrlichen Arbeitsverweigerung keine Rede sein könne. Zwischen den Parteien sei lediglich die Lage der Arbeitszeit streitig. Für die Klägerin sei die bei der Beklagten bestehende Gleitzeitvereinbarung (Blatt 187 bis 199 der Beiakte) maßgeblich. Die jeweiligen Dienstpläne für das Serviceteam nach Früh-, Mittel- und Spätschichten seien als Abweichung von der Gleitzeitvereinbarung in Ermangelung der notwendigen Beteiligung bzw. Zustimmung des Personalrates nicht verbindlich.

35

Die Klägerin beantragt:

36

Die Urteile des Arbeitsgerichtes Schwerin jeweils vom 11.01.2006 - 22 Ca 1397/05 - sowie - 22 Ca 654/05 - werden abgeändert.

37

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristgemäße Kündigung vom 14.03.2005 noch die fristlose - vorsorglich fristgemäße - Kündigung vom 08.06.2005 aufgelöst worden ist.

38

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 26.04.1991 in der Vergütungsgruppe V c/Entgeltgruppe 8 TVÖD weiterzubeschäftigen.

39

Die Beklagte beantragt,

40

die Berufungen der Klägerin gegen die Urteile des Arbeitsgerichtes Schwerin jeweils vom 11.01.2006 zurückzuweisen.

41

Die Beklagte beantragt zudem vorsorglich für den Fall des Unterliegens,

42

das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2005 sowie hilfsweise zum 31.12.2005 gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichtes gestellt wird, aufzulösen.

43

Die Klägerin beantragt insoweit,

44

den Auflösungsantrag abzuweisen.

45

Die Beklagte verteidigt die erstinstanzlichen Urteile.

46

Der bei ihr bestehende Personalrat sei ausweislich der Anhörungsschreiben vom 04.03.2005 (Blatt 273, 274 Band II d. A.) sowie vom 01.06.2005 (Blatt 78 bis 80 der Beiakte) hinsichtlich beider Kündigungen ausreichend informiert worden. Zur weiteren Begründung der fristlosen Kündigung vom 14.03.2005 beruft sich die Beklagte - trotz gerichtlicher Beauflagungen ohne entsprechende Beweisantritte für die Richtigkeit der Inhalte - auf die in dem Kündigungsschreiben (Blatt 21, 22 Band I d. A.) genannten Gründe. Hinsichtlich der fristlosen - vorsorglich fristgemäßen - Kündigung vom 08.06.2005 nimmt die Beklagte im Wesentlichen Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und führt ergänzend aus, die der Klägerin zugewiesenen Arbeitszeiten seien für diese vor dem Hintergrund der Ziffern 3.3 und 2.2 sowie 3.5 der Gleitzeitregelung der Hansestadt W. verbindlich gewesen.

47

Im Übrigen habe der Personalrat die Dienstpläne für das Serviceteam "stets gebilligt".

48

Jedenfalls aber sei das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin aufzulösen, denn eine weitere den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit sei auf Grund des Verhaltens der Klägerin nicht zu erwarten. Die Klägerin habe in der Vergangenheit - insoweit unstreitig - immer wieder deutlich gemacht, zu einer Verrichtung der ihr insgesamt übertragenen Arbeitsaufgaben arbeitsvertraglich nicht verpflichtet zu sein. Zudem habe die Klägerin den Mitarbeitern der Beklagten W. und S. - unstreitig - vorgeworfen, die Klägerin zu "nötigen" und zu "bestrafen". Außerdem habe sie dem Betriebsleiter - unstreitig - willkür vorgeworfen und die Vertreter der Beklagten - unstreitig - der "Falschaussage" bezichtigt.

49

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die von der Beklagten genannten Auflösungsgründe nicht ausreichend seien. Die Klägerin habe sich auf Grund der Mandatsaufgabe ihres ehemaligen Prozessbevollmächtigten in einer schwierigen Situation befunden. Außerdem müsse eine Rechtsverteidigung auch in der gebotenen Schärfe möglich sein.

50

Wegen der weiteren Einzelheiten in der Berufungsinstanz wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

51

Die Berufungen der Klägerin gegen die Urteile des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 11.01.2006 (Aktenzeichen 22 Ca 654/05 und 22 Ca 1397/05) sind jeweils zulässig und begründet. Sowohl die arbeitgeberseitige ordentliche Kündigung vom 14.03.2005 (I.) als auch die außerordentliche

52

- vorsorgliche ordentliche - Kündigung vom 08.06.2005 (II.) sind rechtsunwirksam. Auf den hilfsweise gestellten Auflösungsantrag der Beklagten ist das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.12.2005 gegen Zahlung einer Abfindung auszulösen (III.). Der gestellte Weiterbeschäftigungsantrag bleibt ohne Erfolg. Insoweit ist die Berufung nicht begründet (IV.).

I.

53

Die Rechtswirksamkeit der ordentlichen Kündigung vom 14.03.2005 scheitert sowohl an einer unzureichenden Personalratsanhörung (1.) als auch daran, dass unter Berücksichtigung des Vortrages der Beklagten ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund nicht festzustellen ist (2.).

54

1. Die streitbefangene ordentliche Kündigung vom 14.03.2005 ist entgegen der Auffassung der Beklagten auf Grund einer rechtsfehlerhaften Personalratsanhörung rechtsunwirksam.

55

Gemäß § 68 Abs. 7 LPersVG M-V in Verbindung mit § 108 Abs. 2 BPersVG ist eine Kündigung rechtsunwirksam, wenn der Personalrat nicht beteiligt worden ist. Die benannte Rechtsfolge ergibt sich auch dann, wenn der Arbeitgeber den bei ihm bestehenden Personalrat nicht ordnungsgemäß, d. h. unvollständig über die beabsichtigte Kündigung unterrichtet hat (BAG vom 21.07.2005 - 6 AZR 498/04 -). Diesbezüglich sind von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung Grundsätze erarbeitet worden, wann von einer ausreichenden, d. h. ordnungsgemäßen Beteiligung einer bestehenden Arbeitnehmervertretung auszugehen ist. Dies ist u. a. nur dann der Fall, wenn der Arbeitgeber den ihm obliegenden Mitteilungspflichten nachgekommen ist, nämlich über die Person des Arbeitnehmers (inklusive der Sozialdaten, Lebensalter, Betriebszugehörigkeit und Unterhaltsverpflichtungen), über die Art der Kündigung, über den Zeitpunkt, zu dem gekündigt werden soll und die Kündigungsgründe unterrichtet hat, wobei die Kündigungsgründe selbst dezidiert und nicht lediglich schlagwortartig mitzuteilen sind (BAG vom 06.10.2005, NZA 2006, Seite 431, 434; BAG vom 21.07.2005 a. a. O.), um die bestehende Arbeitnehmervertretung so in die Lage zu versetzen, ohne weitere eigene Nachforschungen die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nachvollziehen zu können. Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, welcher sich die Kammer ausdrücklich anschließt, steht in diesem Zusammenhang der Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung die fehlerhafte Mitteilung der genauen Sozialdaten des betroffenen Arbeitnehmers nur dann nicht entgegen, wenn es dem Arbeitgeber wegen der Schwere der Kündigungsvorwürfe auf die genauen Daten ersichtlich nicht ankommt und die Arbeitnehmervertretung die ungefähren Daten kennt (BAG vom 15.11.2001, AP BGB § 126 Ausschlussfrist Nr. 45).

56

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze kann vorliegend von einer ordnungsgemäßen Personalratsanhörung nicht ausgegangen werden. Hinsichtlich der im Streit befindlichen Kündigung vom 14.03.2005 beruft sich die Beklagte zur Darlegung einer ordnungsgemäßen Personalratsanhörung ausschließlich auf das Anhörungsschreiben vom 04.03.2005. Das benannte Schreiben enthält keinerlei Angaben zu den Sozialdaten (Geburtsdatum, Beschäftigungszeit, Unterhaltsverpflichtungen, Familienstand) der Klägerin. Die der Klägerin gemachten Vorwürfe sind auch keinesfalls im Sinne der zitierten Ausnahmerechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (vom 15.10.2001 a. a. O.) so erheblich, dass es von vornherein ersichtlich - bezogen auf die Vornahme einer entsprechenden Interessenabwägung im Rahmen einer verhaltensbedingten Kündigung - auf die Mitteilung der Sozialdaten der Klägerin nicht ankäme. Dies gilt umso mehr, als vorliegend die Beklagte selbst auch gar nicht vorträgt, die Sozialdaten der Klägerin seien im Hinblick auf den Kündigungsentschluss für sie völlig unerheblich gewesen.

57

2. Unabhängig von der Frage der ordnungsgemäßen Personalratsanhörung ist die ordentliche Kündigung vom 14.03.2005 auch deshalb rechtsunwirksam, weil bereits nach dem Vortrag der Beklagten selbst ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG für das erkennende Gericht nicht feststellbar ist.

58

Nach dem Vortrag der Parteien ist vorliegend unproblematisch von der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (§§ 1, 23 KSchG) auszugehen.

59

Gemäß § 1 Abs. 2 KSchG ist eine fristgemäße Kündigung u. a. dann rechtsunwirksam, wenn sie nicht bzw. nicht hinreichend auf verhaltensbedingte Gründe gestützt werden kann. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG trägt der Arbeitgeber, der sich auf die Rechtswirksamkeit einer Kündigung beruft, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Kündigungsgründe.

60

Gemessen an den genannten Voraussetzungen reicht der Vortrag der Beklagten nicht aus, um verhaltensbedingte Kündigungsgründe für das erkennende Gericht feststellbar belegen zu können.

61

Diesbezüglich kann es dahinstehen, ob der Vortrag der Beklagten mit der Bezugnahme auf die Inhalte des Kündigungsschreibens als ausreichende Darlegung verhaltensbedingter Kündigungsgründe angesehen werden kann. Jedenfalls ist die Klägerin den dort erhobenen Vorwürfen dezidiert entgegengetreten. Trotz entsprechender gerichtlicher Beauflagung zuletzt mit Auflagenbeschluss des erkennenden Gerichts vom 01.11.2006 hat die Beklagte keinerlei Beweisangebote für die in dem Kündigungsschreiben enthaltenen Vorwürfe unterbreitet. Dass danach offene Beweisergebnis geht gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG zu Lasten der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten.

II.

62

Die Rechtswirksamkeit der außerordentlichen - vorsorglich ordentlichen - Kündigung vom 08.06.2005 scheitert in beiden Varianten zwar nicht an einer fehlerhaften Personalratsanhörung (1.). Jedoch ist die fristlose Kündigung nicht gemäß § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt (2.). Die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung zum 31.12.2005 ist sozialwidrig im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG (3.).

63

1. Gemessen an den bereits unter Punkt I. 1. genannten Voraussetzungen kann vorliegend von einer rechtsfehlerhaften Anhörung des Personalrates weder hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung vom 08.06.2005 noch bezüglich der vorsorglich erklärten ordentlichen Kündigung zum 31.12.2005 ausgegangen werden.

64

Soweit sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf das dem Personalrat unstreitig zugegangene Anhörungsschreiben vom 01.06.2005 beruft, so ergibt sich aus dem Inhalt des benannten Anhörungsschreibens eine ordnungsgemäße Anhörung des Personalrates.

65

Denn ausweislich des genannten Anschreibens sind dem Personalrat sowohl die Sozialdaten der Klägerin als auch die Kündigungsarten bzw. die jeweiligen Kündigungstermine ebenso mitgeteilt worden, wie im Einzelnen und dezidiert eben jene Kündigungsgründe, welche die Beklagte anschließend im Verfahren vorgebracht hat. Die Zustimmung des Personalrates selbst sowohl zur außerordentlichen Kündigung als auch zur vorsorglich erklärten ordentlichen Kündigung zum 31.12.2005 erfolgte anlässlich der Personalratssitzung vom 8. Juni 2005 und somit vor Ausspruch der Kündigung durch die Beklagte.

66

2. Die fristlose Kündigung vom 08.06.2005 ist gemessen an den Vorgaben des § 626 Abs. 1 BGB rechtsunwirksam.

67

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

68

Die genannten Voraussetzungen sind vorliegend nach Auffassung des erkennenden Gerichtes im Hinblick auf die im Streit befindliche außerordentliche Kündigung vom 08.06.2005 nicht erfüllt.

69

Im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung ist im Grundsatz die Notwendigkeit anerkannt (Ascheid u. a. GK-Kündigungsrecht 2. Auflage/Dörner Rn. 59 zu § 626 BGB), den der außerordentlichen Kündigung zu Grunde liegende Lebenssachverhalt nach dem sachlichen Inhalt zu systematisieren, um dann zunächst zu überprüfen, ob der vorgefundene sachliche Inhalt dem Grunde nach - ohne Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles (BAG, Urteil vom 12.08.1999, DB 2000, Seite 48) - an sich geeignet ist, einen wichtigen Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Sodann ist zu überprüfen, ob der Arbeitnehmer im konkreten Einzelfall arbeitsvertragliche Pflichten verletzt hat, so dass dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen der Arbeitsvertragsparteien die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist (BAG, Urteil vom 12.08.1999, a. a. O.).

70

a) In diesem Zusammenhang kann es im Hinblick auf die streitbefangene Kündigung zunächst dahinstehen, ob bei der vorzunehmenden Systematisierung von einer Dreiteilung im Sinne des § 1 KSchG nach verhaltensbedingten, betriebsbedingten und personenbedingten Kündigungsgründen auszugehen ist oder ob darüber hinaus noch weitere Untergliederungen vorzunehmen sind (vgl. insgesamt Ascheid, a. a. O., Rn. 61 ff. m. w. N.).

71

Denn hier kommt nach Auffassung des erkennenden Gerichtes nach dem gegebenen Sach- und Streitstand ausschließlich ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund in Betracht. Denn insoweit ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass die der Klägerin im Rahmen der fristlosen Kündigung vorgeworfenen Umstände dem steuerbaren Verhalten der Klägerin zuzuordnen sind und demnach ausschließlich eine verhaltensbedingte Kündigung in Frage kommt.

72

b) Zudem ist die Kammer der Auffassung, dass die der Klägerin vorgeworfenen Verhaltensweisen - ohne Berücksichtigung des konkreten Einzelfalles - jeweils grundsätzlich für sich genommen geeignet sind, den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung rechtfertigen zu können.

73

Denn es handelt sich bei den durch die Beklagte gegenüber der Klägerin gemachten Vorhaltungen um den Vorwurf erheblicher Vertragsverletzungen. Denn Hintergrund der hier im Streit befindlichen Kündigung ist die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe mehrfach und trotz entsprechender Hinweise die vorgegebenen Arbeitszeiten nicht eingehalten und mithin die Arbeitsleistung - jedenfalls zu den vorgegebenen Zeiten - beharrlich verweigert.

74

c) Jedoch ergibt sich nach Ansicht der Kammer unter Berücksichtigung des insoweit unstreitigen Sach- und Streitstandes unter Verwertung des weiteren Vortrages der Parteien kein kündigungsrechtlich relevanter Tatbestand im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB.

75

Die Beklagte begründet die Kündigung vom 08.06.2005 damit, dass sich die Klägerin trotz Abmahnung vom 23.05.2005 sowohl am 01.06.2005 als auch am 02.06.2005 geweigert habe, ihre Arbeit innerhalb der vorgenommenen Schichteinteilungen auszuführen. Dieser Umstand beinhalte eine schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung trotz einschlägiger vorhergehender Abmahnung eines gleichwertigen Fehlverhaltens.

76

Dieser Argumentation vermag sich das erkennende Gericht nicht anzuschließen.

77

Denn die gemäß Dienstplan vom 02.07.2004 (Blatt 167 bis 169 der Beiakte) bzw. vom 16.08.2004 (Blatt 208 bis 210 der Beiakte) monatlich erarbeiteten Schichtpläne für das Serviceteam und mithin auch die Schichteinteilung für die Klägerin in den Monaten Mai und Juni 2005 erfolgten nach dem insoweit lediglich pauschalen Vortrag der Beklagten offensichtlich unter Missachtung der insoweit gegebenen Mitbestimmungsrechte des bei ihr bestehenden Personalrates gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 6 LPersVG M-V.

78

Die der Klägerin im Mai und Juni 2005 zugewiesenen Schichtdienstzeiten waren als mitbestimmungswidrige Vorgaben gegenüber der Klägerin rechtsunwirksam mit der Folge, dass die Klägerin objektiv nicht verpflichtet war, den entsprechenden Vorgaben der Beklagten nachzukommen.

79

Auf der Grundlage der sogenannten "Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung" ist sowohl das Personalvertretungsrecht als auch das Betriebsverfassungsgesetz als Arbeitnehmerschutzrecht zu qualifizieren (BAG vom 10.03.1998, AP Nr. 5 zu § 84 Arbeitsgerichtsgesetz 1979). D. h., die Rechtstellung eines Arbeitnehmers darf durch das mitbestimmungswidrige Verhalten eines Arbeitgebers nicht verschlechtert werden. Einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers gegen Mitbestimmungsrechte des Personalrats sind auch hinsichtlich der davon betroffenen Arbeitnehmer rechtsunwirksam (BAG vom 10.03.1998, a. a. O.).

80

Dies gilt insbesondere auch bezüglich mitbestimmungswidrig veranlasster Abweichungen von der betriebsüblichen bzw. mit der Arbeitnehmervertretung festgelegten täglichen Arbeitszeit (BAG vom 14.02.1963, AP Nr. 22 zu § 66 Betriebsverfassungsgesetz; BAG vom 18.09.2002, AP Nr. 99 zu § 615 BGB).

81

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze war die Klägerin arbeitsvertraglich nicht gehalten, ihre Arbeitsleistung im Rahmen der zugewiesenen Schichtzeiten zu erbringen. Vielmehr durfte die Klägerin im Ergebnis von der Geltung der Gleitzeitregelung für die Hansestadt Wismar auf Grund der entsprechenden Inbezugnahme durch die Dienstvereinbarung vom 11.10.2000 (Blatt 187 der Beiakte) ausgehen.

82

Bei den monatlichen Schichtplänen für das Serviceteam für den streitgegenständlichen Zeitraum handelte es sich unzweifelhaft um Regelungen zur Lage und Verteilung der jeweiligen Schichten im Rahmen der täglichen Arbeitszeit im Sinne von § 70 Abs. 1 Nr. 6 LPersVG M-V und damit um mitbestimmungspflichtige Maßnahmen der Beklagten.

83

Die Klägerin hat im Berufungsrechtszug mehrfach gerügt, dass die aufgestellten Schichtpläne nicht unter Beteiligung des Personalrates zu Stande gekommen seien. Trotz detaillierter Beauflagung durch das erkennende Gericht hat die Beklagte insoweit lediglich unsubstantiiert vorgetragen, der Personalrat habe die Schichtpläne "stets gebilligt".

84

Welcher monatliche Schichtplan für das Serviceteam allerdings unter konkreter Beteiligung des Personalrates zu Stande gekommen sein soll, trägt die Beklagte nicht vor. Dieser unzureichende Sachvortrag geht zu Lasten der auch insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten.

85

Soweit sich die Beklagte darauf beruft, eine Beteiligung des Personalrates sei nicht erforderlich gewesen, da die monatlichen Schichtpläne für das Serviceteam auf der Grundlage der Ausnahmeregelungen der Ziffer 3.3. sowie 2.2. und 3.5. der Gleitzeitvereinbarung erfolgt seien, so vermag die Kammer dem nicht zu folgen.

86

Den benannten Regelungen in der Gleitzeitvereinbarung für die Hansestadt Wismar ist eine Einschränkung der Mitbestimmungsrechte des Personalrates nicht zu entnehmen. D. h., es ist bereits nicht ersichtlich, dass die mitbestimmungspflichtige Aufstellung von Schichtplänen nach § 70 Abs. 1 Nr. 6 LPersVG M-V tatsächlich durch die benannten Gleitzeitregelungen eine Einschränkung erfährt, da dort keinerlei Vereinbarungen getroffen worden sind, welche dem Personalrat konkrete Mitbestimmungsrechte in dem aufgezeigten Bereich entziehen.

87

Im Übrigen lassen sich die Dienstpläne für das Serviceteam nach Frühschicht, Mittelschicht und Spätschicht unter die von der Beklagten angezogenen Regelungen in der Gleitzeitvereinbarung nicht subsumieren.

88

Dieser Umstand folgt hinsichtlich Ziffer 3.3. der Gleitzeitvereinbarung bereits daraus, dass die Dienstpläne für das Serviceteam mit starren Arbeitszeiten in den jeweiligen Schichten versehen sind, während Ziffer 3.3. der Gleitzeitvereinbarung Rahmenfestlegungen mit Gleitmöglichkeiten für die jeweiligen Arbeitnehmer beinhalten.

89

Ziffer 3.5. der Gleitzeitvereinbarung ist vorliegend bereits deshalb nicht einschlägig, weil die Schichtzeiten für das Serviceteam zum Teil erheblich außerhalb der dort geregelten Kernzeiten liegen.

90

Ziffer 2.2. der Gleitzeitvereinbarung beinhaltet ebenfalls keine für die Beklagte günstigen Rechtsfolgen. Zum einen ist nicht ersichtlich, dass der Bereich des Serviceteams Bestandteil der "Anlage 3" zu Ziffer 2.2. Satz 1 der Gleitzeitvereinbarung ist. Zum anderen handelt es sich bei Ziffer 2.2. Satz 2 der Gleitzeitvereinbarung um eine Einschränkungsmöglichkeit aus dringenden dienstlichen Gründen durch Einzelanweisung der "Amtsleitung". Eine derartige Ausnahmesituation im Einzelfall kann vorliegend bereits nach dem Vortrag der Beklagten selbst nicht bejaht werden, da es sich bei dem Serviceteam um einen kompletten Arbeitsbereich handelt und die Mitarbeiter regelmäßig nach monatlich zu fertigenden Schichtplänen ihre Arbeitspflicht im Rahmen eines Drei-Schicht-Systems zu erbringen haben.

91

Im Ergebnis ist mithin ein kündigungsrechtlich relevanter Sachverhalt nicht festzustellen.

92

3. Aus den eben unter Punkt II. 2. genannten Gründen ist die vorsorgliche fristgemäße Kündigung vom 08.06.2005 sozialwidrig im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG.

93

Denn es fehlt auch insoweit an einem kündigungsrechtlich relevanten Sachverhalt im Sinne verhaltensbedingter Kündigungsgründe nach § 1 Abs. 2 KSchG.

III.

94

Der Antrag der Beklagten, das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2005 aufzulösen ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet (1.). Dementgegen ist der hilfsweise gestellte Antrag der Beklagten gerichtet auf eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2005 erfolgreich, so dass das Arbeitsverhältnis der Parteien gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von € 10.500,00 zum 31.12.2005 seine Beendigung gefunden hat (2.).

95

1. Der auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2005 gerichtete Auflösungsantrag der Beklagten ist gemäß § 9 Abs. 1 KSchG nicht begründet.

96

Nach zutreffender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes kann sich ein Arbeitgeber, wenn die Kündigung nicht nur sozialwidrig, sondern auch aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, nicht auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 9 Abs. 1 KSchG stützen (BAG vom 21.09.2000, NZA 2001, Seite 102).

97

Unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze kommt eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage der ordentlichen Kündigung vom 14.03.2005 zum 30.09.2005 nicht in Betracht. Denn aus den Ausführungen zu Punkt I. der Entscheidungsgründe ergibt sich, dass die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.03.2005 nicht nur sozialwidrig ist, sondern auch auf Grund einer unzureichenden Personalratsanhörung rechtsunwirksam ist.

98

2. Das Auflösungsbegehren der Beklagten gerichtet auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2005 auf der Grundlage der vorsorglich ausgesprochenen ordentlichen Kündigung vom 08.06.2005 ist dagegen gemäß § 9 Abs. 1 KSchG begründet. Anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2005 hat die Beklagte gemäß § 10 KSchG an die Klägerin einen Abfindungsbetrag in Höhe von € 10.500,00 zu zahlen.

99

a) Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die im Rahmen einer - rechtsunwirksamen - fristlosen Kündigung ausgesprochene hilfsweise ordentliche Kündigung im Fall der Sozialwidrigkeit grundsätzlich als ausreichend anzusehen ist, um darauf einen arbeitgeberseitigen Auflösungsantrag stützen zu können (BAG vom 26.10.1979, AP Kündigungsschutzgesetz 1969, § 9 Nr. 5).

100

b)Gemäß § 9 Abs. 1 KSchG hat das Arbeitsgericht auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn es zum einen festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis durch die sozialwidrige Kündigung nicht aufgelöst worden ist [aa)] und zum anderen Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen [bb)].

101

Die Auflösungsvoraussetzungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 KSchG sind vorliegend erfüllt.

102

aa) Aus den Ausführungen zu Punkt II. 1. und 3. ergibt sich im Einzelnen, dass die im Streit befindliche Kündigung sozialwidrig im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG und nicht aus sonstigen Gründen rechtsunwirksam ist.

103

bb) Zudem ist die Kammer unter Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstandes zu der Auffassung gelangt, dass im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und der Beklagten nicht erwarten lassen.

104

Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG auf Antrag des Arbeitgebers kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wobei an die Auflösungsgründe strenge Anforderungen zu stellen sind. Dies hat seinen Grund darin, dass eine Sozialwidrigkeit einer Kündigung grundsätzlich zu deren Rechtsunwirksamkeit und damit zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses führt. Das Kündigungsschutzgesetz ist vorrangig ein Bestandsschutz und kein Abfindungsgesetz (BAG vom 10.10.2002, 2 AZR 240/01). In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Auflösungsgründe der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist. Mithin ist im Zeitpunkt der Entscheidung über den Auflösungsantrag maßgeblich, ob auf Grund des Verhaltens des Arbeitnehmers in der Vergangenheit in Zukunft noch mit einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit der Parteien zu rechnen ist (BAG vom 10.10.2002, a. a. O.). Als arbeitgeberseitige Auflösungsgründe im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG kommen insbesondere solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen (BAG vom 10.10.2002, a. a. O.). Diesbezüglich ist weiter anerkannt, dass die vom Arbeitgeber genannten Auflösungsgründe insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen müssen. Andererseits ist es dem Arbeitgeber untersagt, Spannungen zwischen dem Arbeitnehmer und Kollegen oder Vorgesetzten ohne Beachtung der Verursachungsanteile zu Lasten eines Arbeitnehmers zu lösen. So kann beispielsweise die bloße Weigerung von Arbeitskollegen, mit einem Arbeitnehmer zusammenzuarbeiten, für sich genommen die Auflösung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG noch nicht rechtfertigen. Zudem ist es unzulässig, sich auf solche Auflösungsgründe zu berufen, die vom Arbeitgeber selbst oder von Personen, für die er einzustehen hat, provisiert worden sind (BAG vom 10.10.2002, a. a. O.). Danach kommt es also maßgeblich darauf an, ob die objektive Lage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bei dem Arbeitgeber die Besorgnis aufkommen lassen kann, dass die weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer gefährdet ist. Als Auflösungsgründe sind mithin insbesondere geeignet Beleidigungen, sonstige ehrverletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen sowie sonstige in der Persönlichkeit des Arbeitnehmers liegende Gründe (BAG, Urteil vom 10.10.2002, a. a. O.).

105

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze ist das erkennende Gericht im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 29.06.2007 zu dem Ergebnis gelangt, dass auf Grund der Geschehnisse in der Vergangenheit unter Berücksichtigung des weiteren wechselseitigen Vortrages der Parteien eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien für die Zukunft nicht zu erwarten ist.

106

Zunächst ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass das Vertrauensverhältnis zwischen der Klägerin einerseits und der Betriebsleitung der Beklagten andererseits, insbesondere auf Grund der von der Beklagten angeführten Äußerungen der Klägerin in den zu Grunde liegenden Verfahren für die Zukunft massiv und dauerhaft gestört ist. So hat die Klägerin unstreitig die Betriebsleitung der Beklagten der "Falschaussage" bezichtigt. Dem Betriebsleiter hat sie weiter vorgeworfen sie - die Klägerin - zu "nötigen" und mit widerrechtlichen Abmahnungen zu "bestrafen". Soweit die Klägerin meint, ihre Äußerungen seien allgemein gegenüber der Beklagten erfolgt, so dass eine Zuordnung zu konkreten Personen nicht möglich sei, so vermag sich das erkennende Gericht dem nicht anzuschließen. Denn die Äußerungen der Klägerin in den Schriftsätzen vom 20.05.2005 und vom 15.09.2005 stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen der Parteien um die konkreten Arbeitsanweisungen des Betriebsleiters der Beklagten, dessen Stellvertreter sowie der Leiterin des Serviceteams. Die Klägerin selbst benennt in den aufgeführten Schriftsätzen, welche Maßnahmen bzw. Anweisungen entweder des Betriebsleiters oder seines Stellvertreters bzw. der Leiterin des Serviceteams nach ihrer Rechtsauffassung rechtswidrig gewesen sein sollen. Mithin lassen sich die oben aufgeführten und jedenfalls ehrverletzenden Anschuldigungen - unabhängig von einer etwaigen strafrechtlichen Relevanz - ohne weiteres dem Betriebsleiter, dem stellvertretenden Betriebsleiter sowie der Leiterin der Serviceteams zuordnen. Zudem sind die angesprochenen Äußerungen der Klägerin auch nicht mit der Mandatsaufgabe ihres ehemaligen Prozessbevollmächtigten zu rechtfertigen. Die Klägerin musste sich darüber im Klaren sein, dass derartige Anschuldigungen gegenüber ihren Vorgesetzten zu einer massiven Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses führen würde. Ein Arbeitnehmer, der unter Berücksichtigung des herkömmlichen Umgangstons im Bereich des öffentlichen Dienstes die unmittelbaren Vorgesetzten der Nötigung sowie der Falschaussage bezichtigt und ihnen eine willkürliche Bestrafung vorwirft, ist sich bewusst, dass er mit einer solchen Verhaltensweise eine zukünftige gedeihliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit extrem gefährdet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn entsprechende Anschuldigungen - wie hier - jeglicher Grundlage entbehren. Denn die Klägerin selbst nahm eine unstreitige Organisationsänderung und damit betriebsbedingte Gründe zum Anlass, um daraus resultierende Arbeitsanweisungen ihrer Vorgesetzten im Rahmen des geänderten Aufgabengebietes nicht nur zu negieren, sondern diese Anweisungen - ohne weitere ersichtliche Hintergründe - als willkürlich und möglicherweise sogar als strafrechtlich relevante Verhaltensweisen abzuqualifizieren. Diese Vorgehensweise der Klägerin lässt sich im Übrigen argumentativ auch nicht mit einer notwendigen Rechtsverteidigung rechtfertigen, da die benannten Anschuldigungen im Rahmen eines erforderlichen Vortrages zur Darstellung des eigenen Rechtsstandpunktes völlig ohne Belang sind.

107

Darüber hinaus ist der Beklagten davon unabhängig ein Festhalten an dem Arbeitsverhältnis auch deshalb unzumutbar, weil sich die Klägerin noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses vehement über einen langen Zeitraum hinweg weigerte, die ihr im Rahmen des neuen Arbeitsgebietes übertragenen Aufgaben wahrzunehmen, obschon sie ihre auf Feststellung gerichtete Klage, zur Verrichtung bestimmter Tätigkeiten nicht verpflichtet zu sein (22 Ca 2500/04; Arbeitsgericht Schwerin), zurückgenommen hatte.

108

Spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre die Klägerin verpflichtet gewesen, im Rahmen der Zugehörigkeit zu den gebildeten Serviceteams die ihr übertragenen Aufgaben zu verrichten. Stattdessen führte die Klägerin in den zu Grunde liegenden Verfahren mehrfach an, nicht Mitarbeiterin des Serviceteams zu sein, jedenfalls aber nicht die dort anfallenden Tätigkeiten verrichten zu müssen.

109

Die Klägerin beharrt offensichtlich hartnäckig auf dem rechtsirrigen Standpunkt, ihre arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeitsinhalte selbst definieren und bestimmen zu können, wobei sie sich der gerichtlichen Klärung zur Frage der Rechtsmäßigkeit der ihr übertragenen Arbeitsaufgaben durch Klagerücknahme selbst entzogen hat.

110

Im Ergebnis bleibt damit festzuhalten, dass die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 29.06.2007 vorzunehmende Prognoseentscheidung im Hinblick auf eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit der Klägerin mit der Betriebsleitung der Beklagten nach Ansicht des erkennenden Gerichtes nicht zu Gunsten der Klägerin ausfällt, sondern vielmehr in die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2005 mündet.

111

c) Die Entscheidung im Hinblick auf den gewählten Beendigungszeitpunkt zum 31.12.2005 folgt unmittelbar aus § 9 Abs. 2 KSchG in Verbindung mit der auf Grund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme geltenden sechsmonatigen tariflichen Kündigungsfrist.

112

d) Die Festsetzung der Abfindungshöhe gemäß § 10 KSchG ist nach Auffassung der Kammer mit fünf Bruttomonatsgehältern angemessen. Unter Berücksichtigung des Lebensalters der Klägerin (49 Jahre) zum Auflösungszeitpunkt (31.12.2005) sowie auf der Grundlage der Beschäftigungszeiten der Klägerin kommt gemäß § 10 KSchG eine Abfindungshöhe bis zum 12 Bruttomonatsgehältern in Betracht. Gleichwohl ist auf der Grundlage des Sach- und Streitstandes und in Abwägung der Interessen der Vertragsparteien sowie unter Berücksichtigung der Auflösungsverursachung vorliegend lediglich eine Abfindungshöhe von fünf Bruttomonatsgehältern als angemessen zu erachten.

113

Zwar ist zu Gunsten der Klägerin sowohl das fortgeschrittene Lebensalter als auch die nach wie vor als schwierig einzustufende Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt zu bedenken. Zudem darf nicht verkannt werden, dass die vorsorglich ausgesprochene ordentliche Kündigung der Beklagten sozialwidrig ist.

114

Andererseits ist zu Gunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass die Hintergründe für den erfolgreichen Auflösungsantrag im Wesentlichen - wie unter Punkt III. 2. b) erörtert - in der verhaltensbedingten Handlungssphäre der Klägerin liegen. Insoweit ist nämlich anerkannt, dass für die festzusetzende Abfindungshöhe beachtlich ist, ob der Arbeitnehmer - wie hier - den Auflösungsgrund schuldhaft herbeigeführt hat. Insbesondere sind Erklärungen über den Arbeitgeber, die diesen in seinem Ansehen herabsetzen, jedenfalls dann geeignet, die Abfindungshöhe erheblich herabzusetzen, wenn diese Erklärungen - wie hier - nicht zur Verteidigung im Rechtsstreit erforderlich sind (BAG vom 12.02.1973, EzA § 9 KSchG Nr. 1; LAG Schleswig-Holstein, NZA 1987, Seite 601).

115

Schließlich gilt es zu bedenken, dass vorliegend lediglich ein geringer Grad der Sozialwidrigkeit der vorsorglichen ordentlichen Kündigung der Beklagten zum 31.12.2005 festzustellen ist. Dieser Umstand resultiert daraus, dass die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung unmittelbar aus einer Verletzung kollektiver Rechte des bei der Beklagten bestehenden Personalrates herrührt, welche quasi lediglich mittelbar auf das individualarbeitsrechtliche Verhältnis der Klägerin mit der Beklagten ausstrahlt.

116

Bei der Festlegung der konkreten Abfindungshöhe selbst ist bei der hier gegebenen Fallkonstellation nach Ansicht der Kammer rechtlich zu berücksichtigen, dass ein der Klägerin vergleichbarer Arbeitnehmer im Anwendungsbereich der Tarifverträge für den öffentlichen Dienst, der eine von seiner Person völlig unabhängige betriebsbedingte Kündigung erhält, über einen maximalen tariflichen Abfindungsanspruch von fünf Bruttomonatsgehältern verfügt. Unabhängig von der Frage der Sozialwidrigkeit einer Kündigung darf jedenfalls der Arbeitnehmer im Rahmen einer Auflösung nach § 9, 10 KSchG, der den Auflösungsgrund - wie hier - im Wesentlichen selbst zu vertreten hat, in Ansehung der oben zitierten Rechtsprechung nicht besser gestellt werden, als derjenige, der ohne eigenes Zutun von einer betriebsbedingten Kündigung betroffen wird.

IV.

117

Auf Grund der gerichtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2005 bleibt der Weiterbeschäftigungsantrag der Klägerin ohne Erfolg.

V.

118

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

119

Revisionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich (§ 72 ArbGG).

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

2. Die Klageerweiterung und der Hilfsantrag der Beklagten werden abgewiesen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Arbeitsentgelt für die Zeit von Juni bis November 2004, über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung aus Dezember 2004 und um den hilfsweise gestellten Antrag der Beklagten, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.

2

Die Beklagte betreibt auf der Insel Rügen einen Einzelhandel mit Neu- und Gebrauchtwagen nebst eigener Werkstatt mit einer Bindung an die Marke HONDA. Der Geschäftsführer der Beklagten stammt aus Mossul im Irak und war lange Jahre mit einer Schwester der Klägerin verheiratet. Das Ehepaar ist inzwischen geschieden. Die Ehefrau des Geschäftsführers war bis zur Trennung ebenfalls im Unternehmen tätig; sie hat sich in erster Linie um buchhalterische Aufgaben gekümmert.

3

Die Klägerin hatte zur Beklagten sowie zu anderen Unternehmungen des Geschäftsführers der Beklagten verschiedene Arbeitsverhältnisse unterschiedlichen Umfangs. Die Zusammenarbeit begann im Jahr 1996 als Autoverkäuferin. 1998 und 2000 gab es Phasen geringfügiger Beschäftigung und 2001 sowie 2002 war die Klägerin im "Betriebsteil" Autoglas - der wohl ein eigenständiges Unternehmen des Geschäftsführers der Beklagten darstellt - tätig.

4

Seit dem 01.02.2003 ist die Klägerin wieder direkt bei der Beklagten angestellt, und zwar zunächst auf Basis geringfügiger Beschäftigung. Zwischen den Parteien ist streitig, ob dieses Arbeitsverhältnis durch Änderungsvertrag ab dem 15.01.2004 wieder als Vollzeitarbeitsverhältnis in der Position als Autoverkäuferin und einem vereinbarten Nettomonatsentgelt in Höhe von 1.500,00 EUR fortgesetzt werden sollte. Die Klägerin beruft sich hierfür auf einen schriftlichen Arbeitsvertrag vom 04.11.2003, der beiderseits unterzeichnet ist. Die Beklagte hält diese Urkunde für eine Fälschung.

5

Die Beklagte hat weder für anteilig Januar 2004 noch für die Folgemonate Entgeltzahlungen wie in der streitigen Vertragsurkunde vorgesehen vorgenommen. Sie ist deshalb in einem Vorprozess der Parteien auf Zahlung in Anspruch genommen worden (Arbeitsgericht Stralsund Aktenzeichen, 3 Ca 154/04). Der Rechtsstreit endete am 02.06.2004 mit einem gerichtlichen Vergleich, nach dem sich die Beklagte zur Zahlung des in der streitigen Vertragsurkunde ausgewiesenen Gehalts verpflichtet hatte.

6

In der Folgezeit hat die Beklagte versucht, sich durch Kündigungen vom 02.06.2004 und 17.06. 2004 von der Klägerin zu trennen. In diesem Zusammenhang wurde ihr auch ein bis heute nicht widerrufenes Hausverbot erteilt. In einem weiteren Vorprozess der Parteien hat die Klägerin diese Kündigungen angegriffen. Der Rechtsstreit ist zu ihren Gunsten ausgegangen (Arbeitsgericht Stralsund, Urteil vom 29.09.2004, 3 Ca 199/04 - die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist durch Beschluss des Landesarbeitsgerichtes vom 03.02.2005 als unzulässig verworfen worden; 1 Sa 503/04).

7

Nach der Vertragslage war die Klägerin zuletzt als Verkäuferin angestellt. Tatsächlich hatte sie zusätzlich auch Aufgaben in der Buchhaltung übernommen und sie verfügte sogar über Kontovollmacht. Die Beklagte hat in einem Schriftsatz in dem Rechtsstreit der Parteien vor dem Landgericht Stralsund (7 O 479/04) die Klägerin als "die rechte Hand des Geschäftsführers" bezeichnet.

8

Tatsächlich tätig war die Klägerin für die Beklagte lediglich bis in den April 2004 hinein. Danach war sie zunächst mehrere Wochen bis zum 31.05.2004 arbeitsunfähig erkrankt und hat dann die Tätigkeit wegen der beiden Kündigungen aus Juni 2004 und dem damit zusammenhängenden Hausverbot nicht wieder aufgenommen.

9

Die Klägerin hat sich zwar arbeitssuchend gemeldet, jedoch nach eigenen Angaben in den streitigen Monaten von Juni bis November 2004 keine Leistungen der Bundesagentur erhalten.

10

Bei der Beklagten waren sowohl Ende 2003 als auch Ende 2004 zumindest fünf Arbeitnehmer beschäftigt, nämlich Herr Ronny L. (Werkstattmeister), Herr Mirko H. (Mechaniker), Herr René M. (Verkäufer), Frau H. (inzwischen Frau M.) auf Basis geringfügiger Beschäftigung am Empfang sowie die Klägerin als weitere Verkäuferin. Zusätzlich stand auch Herr Peter P. in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten. Herr P. ist Maurer und er wurde für Maurerarbeiten auf dem Betriebsgelände eingesetzt. Soweit hier keine Arbeiten angefallen waren, wurde er nach Weisung des Geschäftsführers der Beklagten mit Maurerarbeiten an weiteren Immobilien des Geschäftsführers betraut. Über die Mitarbeit weiterer Arbeitnehmer besteht ebenso Streit zwischen den Parteien wie über die Frage, auf welcher rechtsgeschäftlichen Grundlage die Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten für die Beklagte Tätigkeiten entfaltet hat.

11

Mit einem undatierten Schreiben, dass der Klägerin am 15.12.2004 zugegangen ist, hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde fristlos gekündigt. Die Kündigung steht im Zusammenhang mit - so die Beklagte - von der Klägerin zu verantwortenden Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit dem Kauf eines fabrikneuen weißen HONDA CRV durch die Klägerin bei der Beklagten im Jahre 2000.

12

Im Jahre 2000 hat die Klägerin tatsächlich bei der Beklagten einen fabrikneuen weißen HONDA CRV erworben. Er wurde Anfang April 2000 vom Generalimporteur ausgeliefert und am 06.04.2000 auf die Klägerin zugelassen. Am 10.04.2000 ist die Klägerin in den Besitz des Kfz-Briefes gelangt; Einzelheiten sind streitig. Der Wagen ist in den Folgemonaten mit Extras von Drittanbietern ausgestattet worden (Frontbügel, Trittbretter, Breitreifen, Alufelgen, Radkastenverbreiterung, Navigationsgerät etc.). Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, ob die Klägerin diesen Wagen überhaupt bezahlt hat. In diesem Zusammenhang beruft sich die Klägerin auf einen undatierten Quittungsvermerk des Verkäufers Herrn M., den dieser auf einer Rechnung zu dem Verkauf vom 10.04.2000 (Rechnungsbetrag lautet auf rund 68.500,00 DM) angebracht hat.

13

Herr M. hat sich zu diesem Quittungsvermerk gegenüber der Beklagten auf Aufforderung der Beklagten mit einem Vermerk vom 29.11.2004 geäußert. Später ist Herr M. noch von der Polizei, von der Staatsanwaltschaft und von dem Landgericht Stralsund als Zeuge hierzu vernommen worden. Herr M. hat dabei eingeräumt, dass die Unterschrift zu dem Quittungsvermerk von ihm stamme, hat aber stets betont, der Stempelaufdruck "Betrag erhalten" sei zum Zeitpunkt seiner Unterschrift noch nicht vorhanden gewesen. Er habe mit der Unterschrift keinen Zahlungsempfang quittieren wollen, vielmehr habe er die Unterschrift auf Bitten der Klägerin auf die Rechnung gesetzt, damit diese einen offizielleren Eindruck mache. Die Unterschrift sei auch lange nach dem Rechnungsdatum (April 2000) erfolgt; er - der Zeuge M. - habe das so verstanden, dass die Klägerin diese Rechnung brauche, um anderen Personen - möglicherweise potentiellen Käufern des HONDA - den wahren Wert des Wagens besser aufzeigen zu können.

14

Unstreitig gibt es zu diesem Verkaufsgeschäft über den weißen HONDA CRV noch eine weitere Rechnung der Beklagten an die Klägerin vom 06.04.2000, die auf dem offiziellen Briefpapier des HONDA-Autohauses erstellt ist und als Verkaufspreis den Einkaufspreis der Beklagten (rund 42.000,00 DM) ohne weitere Aufschläge ausweist. Unstreitig ist weiter, dass weder die eine noch die andere Rechnung in den Büchern der Beklagten verbucht ist. Unstreitig ist auch, dass die Beklagte die - nach ihrer heutigen Sicht - noch ausstehende Kaufpreiszahlung für den weißen HONDA CRV bis zur Erhebung der Widerklage im landgerichtlichen Rechtsstreit zu keinem Zeitpunkt gegenüber der Klägerin geltend gemacht hatte.

15

Im Juni 2003 hat die Klägerin den weißen HONDA wieder an die Beklagte zurückverkauft mit der Abrede, dass der Kaufpreis erst nach Weiterverkauf des Autos an einen Kunden fällig werde. Die Klägerin wirft der Beklagten vor, sie habe den Weiterverkauf des Wagens absichtlich vereitelt. Mit Klage aus Juli 2004 verlangt die Klägerin daher vor dem Landgericht in Stralsund von der Beklagten die Zahlung des vereinbarten Kaufpreises mit knapp unter 20.000,00 € (Aktenzeichen 7 O 479/04). In diesem Rechtsstreit hat die Beklagte im November 2004 Widerklage auf Zahlung des seit 2000 noch offenen Kaufpreises für den fabrikneuen weißen HONDA CRV erhoben, und zwar in Höhe des Kaufpreises aus der Rechnung vom 06.04.2000 (rund 42.000,00 DM). Später ist die Widerklage um weitere Zahlungsbeträge aus dem Einbau der Extras erhöht worden.

16

Der Zeitpunkt, zu dem der Geschäftsführer der Beklagten von diesen Unregelmäßigkeiten und den Einlassungen seines Verkäufers Herrn M. zu dem Quittungsvermerk Kenntnis erlangt hat, ist nach wie vor unklar. Die Beklagte hatte zunächst lediglich vorgetragen, der Zeuge M. habe die Beklagte mit der Erklärung vom 29.11.2004 über die Hintergründe der Rechnung vom 10.04.2000 aufgeklärt. Später hat die Beklagte dann jedoch erklärt, der Geschäftsführer der Beklagten habe die Erklärung des Zeugen M. erst am 06.12.2004 in Vorbereitung auf eine Besprechung mit seinem Prozessbevollmächtigten am 07.12.2004 zur Kenntnis genommen.

17

Zwischen den Parteien ist wiederum unstreitig, dass die Klägerin vor Ausspruch der hier streitgegenständlichen Kündigung zu den Verdachtsmomenten, die sich aus der Erklärung des Herrn M. ergeben, nicht nochmals gesondert angehört wurde.

18

Mit der Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung sowie die Zahlung von Entgelt für die Monate Juni bis einschließlich November 2004. Wegen Säumnis der Beklagten hat das Arbeitsgericht am 15.06.2005 ein Versäumnisurteil erlassen, das in der Hauptsache wie folgt tenoriert ist:

19

"1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.113,92 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.12.2004 zu zahlen.

20

2. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung vom 15.12.2004 beendet worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht."

21

Nach rechtzeitig erhobenem Einspruch und einem hilfsweise gestellten Auflösungsantrag der Beklagten nach § 9 KSchG hat das Arbeitsgericht mit Urteil vom 14.09.2005 das Versäumnisurteil unter Zurückweisung des Einspruchs aufrechterhalten. Aus den Gründen ergibt sich, dass auch die hilfsweise beantragte Auflösung des Arbeitsverhältnisses damit zurückgewiesen sein sollte.

22

Die Klägerin hat aus dem Versäumnisurteil bis zur vollen Befriedigung die Vollstreckung betrieben (insgesamt 14.834,55 EUR).

23

Das Urteil ist der Beklagten am 12.10.2005 zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist hier am 14.11.2005 (Montag) eingegangen. Sie ist mit Schriftsatz vom 12.12.2005, Gerichtseingang per Fax am selben Tage, begründet worden.

24

Die Beklagte begehrt nach wie vor die volle Abweisung der Klage, hinsichtlich der Kündigung hilfsweise die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung. Zusätzlich begehrt die Beklagte die Zurückzahlung dessen, was die Klägerin im Rahmen der Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil erlangt hat.

25

Zur Kündigung behauptet die Beklagte, die von der Klägerin vorgelegte Rechnung vom 10.04.2000 mit dem Quittungsvermerk sei im Unternehmen gänzlich unbekannt. Die Beklagte habe diese Rechnung erstmals wahrgenommen, als die Klägerin sie mit Schriftsatz vom 27.10.2004 in dem Rechtsstreit um den Kaufpreis für den Rückverkauf des Wagens vor dem Landgericht Stralsund (7 O 479/04) vorgelegt habe. Da der Verkäufer Herr M. zu diesem Zeitpunkt bereits aus dem Unternehmen ausgeschieden gewesen sei, konnte dieser erst Ende November 2004 zu der Rechnung befragt werden. Darum habe sich die Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten gekümmert. Von dem Inhalt der Stellungnahme des Herrn M. habe der Geschäftsführer der Beklagten erst in Vorbereitung des Termins mit seinem Prozessbevollmächtigten am 07.12. Kenntnis erlangt. Daher sei bei Ausspruch der Kündigung am 15.12.2004 die Frist nach § 626 Abs. 2 BGB noch nicht verstrichen gewesen.

26

Im Weiteren behauptet die Beklagte, die Klägerin habe den weißen HONDA weder gänzlich noch zum Teil bezahlt. Ein "Guthaben", mit dem man einen Teil des Kaufpreises hätte verrechnen können, habe es nie gegeben. Aber auch die von der Klägerin behauptete Teilzahlung in bar habe es nicht gegeben. Ein solcher Zahlungseingang sei nirgends verbucht.

27

Jedenfalls könne und müsse man diese außerordentliche Kündigung gegebenenfalls in eine ordentliche Kündigung umwandeln, die ohne weiteres wirksam sei, da das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde. Mitte Dezember 2004 seien im Betrieb der Beklagten mit der Klägerin lediglich fünf Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Weder Herr Peter P. noch die Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten seien seinerzeit beschäftigt gewesen.

28

Die Beklagte ist im Weiteren der Ansicht, sie sei auch nicht zu weiteren Zahlungen an die Klägerin verpflichtet, denn auch bei dem Arbeitsvertrag vom 04.11.2003, den die Klägerin vorgelegt habe, handele es sich um eine Fälschung. Auch die von der Klägerin vorgelegten Lohnabrechnungen könnten nicht als Indiz für das Einverständnis der Beklagten mit dem Vollzeitarbeitsverhältnis gewertet werden, da die Abrechnungen vom Steuerbüro auf Anweisung durch die Klägerin ohne Billigung durch die Beklagte erstellt worden seien.

29

Auch der gerichtliche Vergleich über die Zahlung des vollen Entgeltes bis April 2004 sei kein Indiz für das Einverständnis der Beklagten, denn die Beklagte sei in dem Rechtsstreit bei Vergleichsabschluss nicht anwaltlich vertreten gewesen und ihr anwesender Geschäftsführer habe den Vergleich so verstanden, dass mit der Zahlung das Arbeitsverhältnis insgesamt beendet werde.

30

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

31

1. unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes vom 14.09.2005 und unter Aufhebung des Versäumnis-Urteils vom 15.06.2005 die Klage abzuweisen;

32

2. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 14.834,55 EUR zurückzuzahlen;

33

3. hilfsweise für den Fall des Unterliegens hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.

34

Die Klägerin beantragt,

35

die Berufung zurückzuweisen und die weiteren Anträge abzuweisen.

36

Die Klägerin ist der Auffassung, ein Grund zur Kündigung sei nicht gegeben. Der Geschäftsführer der Beklagten hätte bereits im Jahre 2000 gewusst, dass sie - die Klägerin - die unter dem Briefkopf des Autohauses erstellte Rechnung vom 06.04.2000 zurückgewiesen habe, weil dort die Extras nicht ausgewiesen gewesen seien. Das habe der Geschäftsführer der Beklagten akzeptiert und man habe daher mit Kenntnis und Billigung des Geschäftsführers der Beklagten die hier streitige Rechnung vom 10.04.2000 erstellt. Auch der Quittungsvermerk sei in Ordnung. Als sie - bzw. ihre andere Schwester Frau Heidrun L. - den letzten Teilbetrag am 10.04.2000 in bar bezahlt habe, habe Herr M. auf der Rechnung den Erhalt des gesamten Betrages quittiert.

37

Dass der gesamte Betrag bezahlt worden sein muss, ergebe sich indirekt auch daraus, dass ihr bzw. ihrer Schwester Frau L. noch am 10.04.2000 durch Herrn M. der Kfz-Brief ausgehändigt worden sei, der immer bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung im Autohaus bleibe.

38

Letztlich könne offen bleiben, ob man die unwirksame außerordentliche Kündigung in eine ordentliche Kündigung umdeuten könne, denn auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sei das Kündigungsschutzgesetz anwendbar und der Kündigung fehle die soziale Rechtfertigung. Dazu vertritt die Klägerin die Rechtsansicht, Herr P. müsste zu dem Betrieb der Beklagten hinzugerechnet werden, da er auch für das Autohaus tätig geworden sei und dort unter Vertrag stehe. Dass Herr P. möglicherweise - so jedenfalls der Vortrag der Beklagten - in den Wintermonaten nicht unter Vertrag stehe und dann im Frühjahr wieder eingestellt werde, könne keine Rolle spielen, da es sich insoweit um eine bautypische Unterbrechung der Tätigkeit handele, bei der man trotzdem noch von einem andauernden Arbeitsverhältnis zwischen diesen Parteien sprechen könne.

39

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

40

Die dem Streitwert bzw. dem Streitgegenstand nach statthafte Berufung ist nicht begründet (I. und II.). Auch der hilfsweise gestellte Auflösungsantrag ist nicht begründet (III.). Da das Versäumnisurteil nach wie vor gilt, ist auch die Widerklage nicht begründet (IV.).

I.

41

Der klägerische Zahlungsantrag ist begründet. Damit wird die Berufung in diesem Punkt zurückgewiesen und das Versäumnisurteil vom 15.06.2005 aufrechterhalten.

42

Im fraglichen Zeitraum von Juni 2004 bis November 2004 bestand zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis. Das steht auf Grund des Obsiegens der Klägerin in dem vorausgegangenen Kündigungsschutzprozess rechtskräftig fest.

43

Die Klägerin hat zwar während der streitigen Monate für die Beklagte keine Leistungen erbracht, die Beklagte ist jedoch dennoch zur Entgeltfortzahlung verpflichtet, da sie sich im Annahmeverzug befunden hat (§ 615 BGB). Zur Begründung des Annahmeverzuges brauchte die Klägerin ihre Arbeitskraft nicht mehr gesondert anbieten, da die Beklagte durch das ausgesprochene Hausverbot selbst deutlich gemacht hat, dass sie an weiteren Leistungen der Klägerin nicht interessiert ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichtes Bezug genommen.

44

Der Entgeltanspruch steht der Klägerin auch in der geltend gemachten Höhe zu. Das von der Klägerin angesetzte Bruttomonatsgehalt entspricht der Höhe nach der streitigen Nettolohnabrede über 1.500,00 EUR; gegen diese Umrechnung des Nettolohns in ein Bruttolohn hat die Beklagte auch keine Einwendungen erhoben.

45

Die Entgeltabrede ergibt sich aus dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 04.11.2003. Diesen legt das Gericht seiner Entscheidung zu Grunde, da es der Beklagten nicht gelungen ist, ihren Fälschungsvorwurf durch Vortrag weiterer Indizien zu untermauern. Das Gericht wertet den Fälschungsvorwurf daher als eine bloße unbeachtliche Schutzbehauptung der Beklagten

46

Das Gericht hat den Geschäftsführer der Beklagten im ersten Teil der mündlichen Verhandlung zu weiteren Indizien, die für seinen Vorwurf sprechen könnten, befragt. Auch dabei sind keine zusätzlichen Umstände deutlich geworden.

47

Dass die Beklagte das verbesserte Entgelt an die Klägerin zunächst nicht auszahlen wollte, spricht hier nicht für die Beklagte, denn in der fraglichen Zeit zu Beginn des Jahres 2004 ist es auch zu dem Zerwürfnis der handelnden Personen gekommen, so dass die verweigerte Zahlung nicht zwingend ein Indiz für den guten Glauben des Geschäftsführers der Beklagten ist, zu einer Vertragsänderung sei es nicht gekommen.

48

Außerdem hat das Gericht bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt, dass der angeblich gefälschte Arbeitsvertrag in einer notariellen Urkunde vom 14. Januar 2004 als "der bereits abgeschlossene Arbeitsvertrag" Erwähnung gefunden hat (Kopie Bl. 572 f). Diese Urkunde steht im Zusammenhang mit einem Grundstücksgeschäft zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und der Klägerin. Im Rahmen einer notariellen Abänderung des Grundstückskaufvertrages haben die Parteien in einer Nebenabrede vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien frühestens zum 15. Februar 2005 gekündigt werden könnte.

49

Aus der Wortwahl "bereits abgeschlossen" zieht das Gericht den Schluss, dass die Parteien zeitnah zu dem Notartermin ihren Arbeitsvertrag abgeändert haben, denn das Verb "abschließen" deutet auf ein aktives Tun hin. Hätte man sich auf einen bereits seit längerem bestehenden Arbeitsvertrag beziehen wollen, wäre das Ereignis des Abschlusses unbedeutend und allein die Vertragslage als Zustand wichtig gewesen. Dann hätte es näher gelegen, den Vertrag als "den bereits bestehenden Arbeitsvertrag" zu bezeichnen.

50

Wenn die Beklagte den Fälschungsvorwurf tatsächlich ernst gemeint hätte, hätte sie also den ihrer Auffassung nach richtigen Arbeitsvertrag vorlegen können; zumindest hätte sie einen Lebenssachverhalt schildern können, der als Abschluss eines Änderungsvertrages gewertet werden könnte. Da sie das nicht konnte, sieht das Gericht den Fälschungsvorwurf als bloße Schutzbehauptung an.

51

Von der Klagforderung ist auch kein Abzug zu machen in Hinblick auf den Bezug von Arbeitslosengeld durch die Klägerin, denn nach Lage der Dinge ist davon auszugehen, dass die Klägerin im Zeitraum von Juni bis November 2004 keine Leistungen der Bundesagentur empfangen hat. Die Klägerin hat behauptet, sie hätte sich zwar arbeitssuchend gemeldet, hätte jedoch keine Leistungen der Bundesagentur erhalten. Das hat die Beklagte lediglich mit Nichtwissen bestritten.

52

Das ist nicht ausreichend, denn die Beklagte will mit dieser Einrede ihre Zahlungspflicht reduzieren bzw. sich vor doppelter Inanspruchnahme schützen. Also ist sie darlegungs- und beweispflichtig. Sie hätte daher zumindest Umstände vortragen müssen, die ihr Bestreiten plausibel machen. Damit wird die Beklagte nicht überfordert. Denn einerseits wird die Bundesagentur den Arbeitgeber im Regelfall selbst auf den Anspruchsübergang hinweisen, wenn sie Leistungen im Rahmen der Gleichwohlgewährung erbringt. Sollte das einmal nicht erfolgt sein, hätte die Beklagte als Arbeitgeberin zusätzlich auch Anspruch darauf, von der Bundesagentur eine entsprechende Auskunft zu bekommen.

53

Bei seiner Feststellung hat das Gericht auch berücksichtigt, dass der klägerische Vortrag nicht unwahrscheinlich erscheint. Denn wegen der vielen Zeiten nur geringfügiger Beschäftigung lagen in der Person der Klägerin möglicherweise die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld im Juni 2004, als sie unplanmäßig einkommenslos wurde, noch nicht wieder vor.

II.

54

Zutreffend hat bereits das Arbeitsgericht im Versäumnisurteil festgestellt, dass die außerordentliche Kündigung vom 15.12.2004 das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat.

55

1. Das Arbeitsgericht hat zunächst festgestellt, dass die Beklagte ihr Recht zur außerordentlichen Kündigung zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 15.12.2004 bereits verwirkt hatte, da die Frist aus § 626 Abs. 2 BGB bereits verstrichen gewesen sei. Dem schließt sich das Berufungsgericht im Ergebnis an. Das Arbeitsgericht ist von dem ursprünglichen Vortrag der Beklagten ausgegangen, wonach der Geschäftsführer der Beklagten durch die Befragung des Herrn M. am 29.11.2004 vollständige Kenntnis des Kündigungsgrundes gehabt habe. Nach dieser Feststellung war die Frist aus § 626 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 13.12.2004 und damit bereits vor Ausspruch der Kündigung verstrichen. Den jüngeren Parteivortrag der Beklagten, nach dem die Befragung des Herrn M. allein von der Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten vorgenommen sei, hat das Arbeitsgericht als unbeachtlich bewertet, da die Abänderung des Sachvortrages nicht erklärt worden sei und letztlich dadurch unklar sei, was die Beklagte nun tatsächlich vortragen wolle.

56

Da das Berufungsgericht selbst einen Eindruck von den Schwierigkeiten bekommen hat, aus Gesprächen mit dem Geschäftsführer der Beklagten gerichtlich verwertenden Sachvortrag zu gewinnen, hält es das Berufungsgericht nicht für ausgeschlossen, dass die Veränderung des Parteivortrages lediglich auf eine größere Detailgenauigkeit des jüngeren Vortrages zurückzuführen ist, ohne dass der jüngere Vortrag im Widerspruch zu dem etwas pauschaleren älteren Vortrag steht.

57

Aber selbst dann, wenn man dem jüngeren Vortrag der Beklagten folgt, steht damit noch nicht fest, dass die Kündigung noch rechtzeitig im Sinne von § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen wurde. Im Gegenteil: Erste Hinweise auf den Kündigungsgrund hat die Beklagte nach ihrem eigenen Bekunden bereits durch den Schriftsatz der Klägerseite aus Oktober 2004 aus dem landgerichtlichen Prozess erhalten, dem als Anlage der streitige Quittungsvermerk nebst Kaufvertrag vom 10.04.2000 beigefügt war. Von diesem Zeitpunkt an hat die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen begonnen.

58

Nach der Rechtsprechung des BAG ist zwar der Lauf der Frist aus § 626 Abs. 2 BGB gehemmt, so lange und so weit sich der Arbeitgeber noch um die weitere Aufklärung des Sachverhaltes bemüht (vgl. nur BAG Urteil vom 05.12.2002 AP Nr. 63 zu § 123 BGB). Diese Hemmung des Fristablaufs gilt aber nur für die zügige Aufklärung eines Sachverhaltes. Gerät die Aufklärung ohne sachlichen Grund ins Stocken, setzt der Fristablauf wieder ein.

59

Von einer solchen Situation ist hier auszugehen. Denn selbst wenn es richtig ist, dass die Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten Herrn M. am 29.11.2004 allein befragt hatte, ist überhaupt nicht erkennbar, wieso sich der Geschäftsführer der Beklagten erst am 6. oder 7. Dezember wieder für das Ergebnis der Befragung interessiert haben will. Eine zügige Aufklärung hätte verlangt, dass sich der Geschäftsführer umgehend von dem Ergebnis der Befragung unterrichten lässt.

60

2. Die streitgegenständliche Kündigung hat das Arbeitsverhältnis aber auch deshalb nicht beendet, weil es der Beklagten nicht gelungen ist, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne von § 626 Absatz 1 BGB darzulegen und zu beweisen.

61

Dabei steht außer Frage, dass die im Raum stehenden Vorwürde eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen geeignet wären. Dabei muss lediglich eine Klarstellung angebracht werden. Die Beklagte wirft der Klägerin auch vor, sie hätte den weißen HONDA bis heute nicht bezahlt. Dies ist für sich genommen selbstverständlich kein Grund zur Kündigung, denn die Beklagte hatte als die Verkäuferin genügend andere Möglichkeiten, die Klägerin zur Zahlung des Kaufpreises zu bewegen und bedurfte dazu des Rechts der Kündigung nicht.

62

Der Beklagten geht es auch erkennbar um etwas anderes, nämlich um den Vorwurf, die Klägerin habe versucht, den Umstand der nicht erfolgten Kaufpreiszahlung zu vertuschen oder gar positiv eine erfolgte Bezahlung vorzutäuschen. Insoweit bezieht sich der Kern des Vorwurfs auf die Verwendung des gefälschten Quittungsvermerks.

63

Aber auch nach Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten einschließlich der immer wieder von der Beklagten begehrten und zuletzt gewährten Aussetzung des Verfahrens während des Laufs des landgerichtlichen Prozesses und während der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen steht es nicht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass die Klägerin den Quittungsvermerk gefälscht hat bzw. den Quittungsvermerk in Kenntnis seiner Fehlerhaftigkeit im Rechtsverkehr verwendet hat.

64

Legt man die Einlassungen des Verkäufers M. zu Grunde, hat die Klägerin den Quittungsvermerk gefälscht, indem sie nachträglich den Stempelaufdruck "Betrag erhalten" hinzugefügt hat und damit der Unterschrift, die zu anderen Zwecken geleistet wurde, nachträglich den Sinn einer Quittung gegeben hat. Die Aussage von Herrn M. klingt auch nicht abwegig oder unwahrscheinlich. Im Gegenteil, sie fügt sich mit weiteren Indizien in ein Bild, das deutlich gegen die Klägerin spricht. Da ist zum einen die amateurhaft gestaltete Rechnung vom 10.04.2000, in der dem Auto ein Wert bescheinigt wird, den es seinerzeit gar nicht hatte, da die ganzen Extras erst noch bestellt und eingebaut werden mussten.

65

Diese Rechnung passt auch gut zu dem klägerischen Interesse, die Kosten des Autokaufs umsatz- und einkommenssteuerrechtlich in ihrem eigenen Gewerbe zu verwerten. Zum anderen ist da der reichlich synthetisch anmutende klägerische Vortrag zu den Einzelheiten der Bargeldzahlung und der Übergabe des Kfz-Briefes am 10. April 2000.

66

Dennoch ist das Gericht von der Schuld der Klägerin nicht überzeugt, da das weitere Verhalten der Beklagten nach Abwicklung des Kaufes im Jahr 2000 eher dafür spricht, dass die Beklagte das Geschäft seinerzeit als beiderseits erfüllt angesehen hat. Denn anders lässt sich nicht erklären, dass die Beklagte weder in ihrer Buchhaltung eine offene Forderung gegen die Klägerin ausgewiesen hat noch die Forderung bis ins 4. Quartal 2004 hinein gegenüber der Klägerin überhaupt geltend gemacht worden ist.

67

Der Behauptung der Beklagten, die Nichtgeltendmachung der Kaufpreisforderung beruhe allein auf dem erfolgreichen Versuch der Klägerin, das Bestehen der Forderung zu vertuschen, kann und will das Gericht keinen Glauben schenken. Denn zum einen war auch die Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten in der Buchhaltung tätig, was ein kriminelles Vorgehen der Klägerin zumindest erschwert hätte. Zum anderen kann das Geschäft der Beklagten nicht so umfangreich gewesen sein, dass der Geschäftsführer nicht mehr in der Lage war, einzelne Verkaufsgeschäfte und deren ordnungsgemäße Verbuchung zu beobachten. Dies gilt vor allem dann, wenn es sich um Geschäfte im Kreise der Familie handelt, die nicht anonym sind und hinsichtlich derer es häufig - und auch hier nach dem Vortrag der Beklagten - besondere Absprachen über den Kaufpreis gibt.

68

Da weitere Erkenntnisquellen nicht zur Verfügung stehen, sieht sich das Gericht außer Stande, die von der Beklagten gewünschte Feststellung zur Fälschung des Quittungsvermerks durch die Klägerin zu tätigen. Dies stimmt mit den Feststellungen des Landgerichts Stralsund in seinem Urteil vom 13.10.2006 (7 O 479/04) überein, denn auch das Landgericht hat die Widerklage der Beklagten auf Zahlung des Kaufpreises abgewiesen, weil der Quittungsvermerk nicht widerlegt werden konnte.

69

3. Ob die gegen die Klägerin sprechenden Verdachtsmomente für eine wirksame Verdachtskündigung ausgereicht hätten, muss offen bleiben, denn die Beklagte hat die Klägerin vor Ausspruch der Kündigung nicht mehr angehört, und daher kann die Kündigung auch als eine Verdachtskündigung nicht wirksam ausgesprochen worden sein.

70

4. Ebenfalls dahinstehen kann, ob man die unwirksame außerordentliche Kündigung in eine ordentliche Kündigung umdeuten könnte, denn auch diese hätte das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beenden können.

71

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, denn zum 31.12.2003 waren im Betrieb der Beklagten mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt und diese Personen waren ebenfalls noch Mitte Dezember 2004 dort beschäftigt (§ 23 KSchG).

72

Die Beklagte räumt selbst ein, dass einschließlich der Klägerin und einschließlich Frau H. zum Zeitpunkt der Kündigung fünf Arbeitnehmer beschäftigt waren. Dies ist das Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht. Der Vorsitzende hat in der mündlichen Verhandlung weiter erläutert, dass es nicht nur auf den Zeitpunkt der Kündigung im Dezember 2004, sondern zusätzlich auch auf den Zeitpunkt des 31.12.2003 ankomme. Da keine der Parteien dazu Einwendungen vorgetragen hat, geht das Gericht davon aus, dass die genannten fünf Personen auch schon zum gesetzlichen Stichtag am 31.12.2003 dort beschäftigt waren.

73

Weiter hinzuzurechnen ist Herr Peter P.. Es mag sein, dass Herr P. - was die Beklagte erstmals im letzten Teil der mündlichen Verhandlung mündlich vorgetragen hat - jeweils über die Wintermonate arbeitslos gemeldet ist und im Frühjahr wieder eingestellt wird. Da dies jedoch seit Jahren so praktiziert wird, ist im Rechtssinne von einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis auszugehen, das über die Wintermonate lediglich ruht. In der Rechtsprechung sind ähnliche Sachverhalte bereits als unschädliche Unterbrechung im Sinne von § 1 KSchG bewertet worden. Diese Wertung lässt sich auf die Zählung der Arbeitnehmer in § 23 KSchG übertragen.

74

Herr P. zählt auch zum Betrieb der Beklagten. Er hat einen Vertrag mit der Beklagten und die Beklagte führt nach eigenen Angaben auch nur einen Betrieb. Da Herr P. unstreitig jedenfalls auch für den Betrieb als Maurer tätig geworden ist, kann mit dem Hinweis auf seine häufig betriebsfremde Tätigkeit in den Immobilien des Geschäftsführers der Beklagten die Betriebsbindung nicht verneint werden.

75

Der streitgegenständlichen Kündigung fehlt die soziale Rechtfertigung im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG. Wegen der entgegenstehenden Indizien konnte sich das Gericht auch hier nicht zu der Überzeugung durchringen, dass die Klägerin tatsächlich den Quittungsvermerk gefälscht oder jedenfalls wissentlich die als falsch erkannte Quittung im Rechtsverkehr verwendet hat. Wegen der weiteren Einzelheiten kann auf die obigen Ausführungen zur außerordentlichen Kündigung verwiesen werden.

III.

76

Letztlich musste das Gericht auch den hilfsweise gestellten Antrag der Beklagten auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung abweisen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.

77

Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen.

78

Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Da das Kündigungsschutzgesetz seiner Konzeption nach ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz ist, sind an die Auflösungsgründe strenge Anforderungen zu stellen. Die Gründe brauchen zwar nicht im Zusammenhang mit den Gründen zu stehen, die zur Kündigung geführt haben. Beruft der Arbeitgeber sich allerdings nur auf die Kündigungsgründe als Auflösungsgrund, muss er zusätzlich greifbare Tatsachen dafür vortragen, weshalb der Kündigungssachverhalt, obwohl er die Kündigung selbst nicht rechtfertigt, jedenfalls so beschaffen sein soll, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht erwartet werden kann (BAG 24.05.2005, NZA 2005, 1178).

79

Die Beklagte hat insoweit ins Feld geführt, eine weitere Zusammenarbeit sei nicht möglich, da sich die Parteien gegenseitig mit Strafanzeigen und anderen Rechtsstreitigkeiten überzogen hätten. Das ist in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. Strafanzeigen hat lediglich der Geschäftsführer der Beklagten oder die Beklagte selber gegenüber der Klägerin erhoben. Die Klägerin ihrerseits hat zwar zivilrechtliche Streitigkeiten gegen die Beklagte geführt und auch gewonnen, dies allein kann allerdings kein Grund sein, der einer weiteren Zusammenarbeit entgegensteht. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Urteile eine friedensstiftende Wirkung haben und sie auch der unterliegenden Partei die Möglichkeit geben, auf Grund der klargestellten Rechtsverhältnisse wieder eine konstruktive Zusammenarbeit zu beginnen.

80

Bei der Gesamtabwägung hat das Gericht auch berücksichtigt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien inzwischen auf Grund einer späteren Kündigung, die die Klägerin nicht mehr angegriffen hat, unstreitig beendet ist und daher hier nicht über eine weitere zukünftige Zusammenarbeit zu entscheiden ist, sondern nur über die Frage, ob die restliche Zeit des Arbeitsverhältnisses über die Regelung aus § 615 BGB oder über eine Abfindungsregelung abgewickelt wird.

IV.

81

Die Widerklage ist unbegründet, denn die Klägerin hat die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil zu Recht betrieben. Da die Berufung zurückgewiesen ist, ist indirekt auch das Versäumnisurteil in seinem Zahlungsantrag bestätigt worden.

V.

82

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Dies beruht hinsichtlich der Zurückweisung der Berufung auf § 97 ZPO und im Übrigen auf § 91 ZPO.

83

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)