Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 09. Sept. 2014 - 5 Sa 227/11

bei uns veröffentlicht am09.09.2014

Tenor

1.

Auf die Berufung des Klägers und unter teilweiser Abänderung des klagabweisenden Urteils des Arbeitsgericht Schwerin vom 13. Juli 2011 (55 Ca 2155/09) bezüglich des Klageantrages zu 1.4 und 1.9 wird der Beklagte verurteilt,

a)

an den Kläger 1.760,87 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2009 zu zahlen,

b)

an den Kläger 61,04 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2009 zu zahlen;

2.

Die weitergehende klägerische Berufung und die Berufung des Beklagten werden zurückgewiesen.

3.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt – unter Abänderung der arbeitsgerichtlichen Kostenentscheidung – der Kläger zu 50 von 100 Anteilen und im Übrigen der Beklagte.

Davon ausgenommen sind die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens der Streithelferin, die der Kläger zu 50 von 100 Anteilen zu tragen hat. Den weiteren Anteil an diese Kosten hat die Streithelferin selbst zu tragen.

4.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten mit wechselseitigen Anträgen noch um die vertragsgemäße bzw. tarifgerechte Vergütung des Klägers und dabei auch um die Frage, ob der Kläger Vergütung als Rettungssanitäter oder als Rettungsassistent beanspruchen kann.

2

Der Beklagte – verfasst in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins – betreibt in seinem regionalen Zuständigkeitsgebiet W. und Nordwest-Mecklenburg unter anderem Kindereinrichtungen und beteiligt sich im Auftrag des Landkreises am Rettungsdienst. Der Beklagte ist die örtliche Gliederung des Verbandes, zu dem es entsprechende eigenständige Landesverbände und einen eigenständigen Bundesverband gibt. Dieser ist Mitglied im Dachverband „Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband - Gesamtverband e. V.“ mit Sitz in B.. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht waren beim Beklagten insgesamt etwa 160 Arbeitnehmer beschäftigt, wovon etwas weniger als 15 Arbeitnehmer wie der Kläger im Rettungsdienst eingesetzt sind. Von den im Rettungsdienst eingesetzten Arbeitnehmern führen neben dem Kläger vier weitere vergleichbare Rechtsstreitigkeiten gegen den Beklagten.

3

Der Kläger ist bei dem Beklagten seit dem 17. August 1991 auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 26. August 1991 als Rettungssanitäter mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden tätig (Kopie als Anlage zur Klageschrift überreicht, hier Blatt 18). Unter Datum des 27. Dezember 1991 haben die Parteien den Arbeitsvertrag neu gefasst (Kopie als Anlage zur Klageschrift überreicht, hier Blatt 17). Auch nach diesem Vertrag ist der Kläger als Rettungssanitäter eingestellt. Im Weiteren heißt es in dem Vertrag wörtlich:

4

„…

5

Soweit nicht anders vereinbart, gelten für dieses Arbeitsverhältnis die vom Bundesverband des ASB herausgegebenen „Richtlinien für Arbeitsbedingungen für Angestellte und Arbeiter im ASB“ – mit Ausnahme von § 13 Nr. 3 – in der neuesten Fassung, die jederzeit beim Arbeitgeber eingesehen werden können und Bestandteil des Vertrages sind.

6

7

Die Einstufung erfolgt nach den Richtlinien des DPWV, in Anlehnung nach BAT und setzt sich wie folgt zusammen.

8

Grundgehalt

        

DM ……………………………………………

Ortszuschlag

        

DM ……………………………………………

allgem. Zulage

        

DM ……………………………………………

Gesamt per Monat

        

DM …………………………………………… Brutto

9

…“

10

Die Felder, in denen die Elemente der Vergütung hätten eingetragen werden können, sind leer geblieben. In dem Feld mit der Beschriftung „Gesamt per Monat“ ist der Betrag 2.035 maschinenschriftlich eingetragen worden.

11

In den Richtlinien für Angestellte und Arbeiter des Bundesverbandes des ASB in der im Dezember 1991 geltenden Fassung (ASB-Richtlinien Bund 1991 – Kopie durch den Beklagten als Anlage zum Schriftsatz vom 18. April 2013 überreicht, hier Blatt 502 ff) heißt es zur Vergütung in § 12 auszugsweise wörtlich:

12

„(1) Der Mitarbeiter wird nach den Tätigkeitsmerkmalen in die Vergütungs- oder Lohngruppe eingereiht, die der überwiegenden Tätigkeit entspricht. Bestandteile, Berechnungshinweise und Höhe der Vergütungen und Löhne ergeben sich aus den Bestimmungen des öffentlichen Dienstes.

13

(2) . . . (3) . . .

14

(4) Ändern sich die Vergütungen und Löhne der Angestellten im Öffentlichen Dienst, so ändern sich die Bezüge entsprechend.

15

(5) . . .“

16

Im November 1995 hat allerdings auch der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern, dem der Beklagte angehört, eigene „Rahmenrichtlinien für Arbeitsbedingungen“ für Arbeitnehmer erlassen (hier als ASB-Richtlinie MV 1995 bezeichnet, Kopie hier Blatt 498 ff). In der Richtlinie heißt es auszugsweise wörtlich:

17

„§ 12 Vergütung, Sonderzuwendung

18

(1) Der Mitarbeiter wird nach Tätigkeitsmerkmalen in eine Vergütungsgruppe oder Lohngruppe eingereiht, die der überwiegend ausgeübten Tätigkeit entspricht.

19

(2) Haben Gliederungen Tarifverträge/Haustarifverträge mit den Gewerkschaften abgeschlossen, richten sich die Bestandteile, Berechnungsweise und Höhe der Vergütungen und Löhne nach dieser Maßgabe. In allen anderen Fällen lehnen sich die Gliederungen an den Bundesangestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O) unter Berücksichtigung der Absatz (3) u. ff an.

20

(3) Dynamisierungen der Vergütungen und Löhne, sowie Sonderzuwendungen (Urlaubsgeld, 13, Gehalt/Lohn, Weihnachtsgratifikation u.a.m.) sind abhängig von der Haushaltslage der Gliederungen und bei pflegesatzrelevanten Einrichtungen von der Maßgabe der Kostenträge bzw. Pflegesatzkommissionen.“

21

(4) …“

22

Während der Anhängigkeit des Rechtsstreits im Berufungsrechtszug haben der Kläger und der Beklagte unter dem 2. Juli 2014 einen neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen, der auszugsweise wörtlich wie folgt lautet (Kopie hier Blatt 673):

23

„1. … 3. Es gelten für das Arbeitsverhältnis die vereinbarten AVB (Arbeitsvertragsbedingungen) - Rettungsdienst des Arbeiter-Samariter-Bundes KV W./NWM e.V. vom 27.05.2014 mit Wirksamkeit vom 01.01.2014.

24

4. Dieser Vertrag ersetzt alle bisher gültigen arbeitsvertraglichen Regelungen und tritt mit dem 01.01.2014 an deren Stelle.

25

5. …“

26

Die in dem neuen Arbeitsvertrag erwähnten örtlichen Arbeitsvertragsbedingungen wurden vom Beklagten erstmals Ende Mai 2014 erlassen (Kopie Blatt 601 ff in der Parallelsache 5 Sa 230/10). Sie sehen derzeit in § 13 AVB eine Vergütung nach den Vergütungstabellen des TVöD (VkA) vor und sie entsprechen damit – ihren Fortbestand unterstellt – für die Zeit ab Januar 2014 dem Klageziel des Klägers mit seinem Feststellungsantrag 1.14.

27

Für die Vergütung im Arbeitsverhältnis der Parteien spielen auch Tarifverträge eine Rolle. Der Kläger war zumindest seit dem Jahr 2000 Mitglied der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) und er hat sich nach der Gründung der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di dieser angeschlossen und ist noch heute Mitglied dieser Gewerkschaft.

28

Am 5. August 1993 wurde zwischen dem Beklagten und der Gewerkschaft ÖTV, Kreisverwaltung W./G., ein Haustarifvertrag abgeschlossen (Kopie als Anlage B 4 überreicht, hier Blatt 159 – hier im Weiteren als Haustarifvertrag 1993 bezeichnet), der folgendes regelt:

29

㤠2

30

Die Tarifparteien vereinbaren den Bundesangestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O) sowie die manteltariflichen Vorschriften für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe — Ost (BMT-G-O) und die diese Tarifverträge ergänzenden und verändernden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung für die im § 1 genannten Beschäftigten.“

31

Einen weiteren Haustarifvertrag schlossen dieselben Tarifvertragsparteien am 5. September 1996 mit Wirkung ab 1. Januar 1996 ab (Kopie als Anlage B 5 überreicht, hier Blatt 160 f – hier im Weiteren als Haustarifvertrag 1996 bezeichnet). Im Kopf des Tarifvertrages steht unter der Bezeichnung der Gewerkschaft der Zusatz „zugleich handelnd für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern“. § 2 des Haustarifvertrages 1996 hat folgenden Wortlaut:

32

„§ 2 Anwendung von Tarifverträgen

33

Die Tarifvertragsparteien vereinbaren

34

1) den Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts Manteltarifliche Vorschriften (BAT-O) in der jeweils gültigen Fassung für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für die Angestellten mit Ausnahme des § 39 (Jubiläumszuwendungen)

35

und

36

2) den Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts — Manteltarifliche Vorschriften für Arbeiter Gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe — (BMT-G-O) in der jeweils gültigen Fassung für die Arbeiter mit Ausnahme des § 37 (Jubiläumszuwendungen) und die diese Tarifverträge ergänzenden und verändernden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung mit Ausnahme der Tarifverträge über Vermögenswirksame Leistungen.“

37

Am 19. Juni 2002 hat die Gewerkschaft ver.di, vertreten durch die Landesbezirksleitung Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern, „zugleich handelnd für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern“ mit dem Beklagten einen weiteren Tarifvertrag abgeschlossen unter der Überschrift „Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum Haustarifvertrag“ (in Kopie als Anlage B 6 überreicht, hier Blatt 162 f – hier im Weiteren als Änderungstarifvertrag 2002 bezeichnet). In dem Tarifvertrag werden „abweichend von den Tätigkeitsmerkmalen für Rettungsassistenten und Rettungssanitäter der Anlage 1a zum BAT“ eigenständige Eingruppierungsregelungen für diese Berufsgruppe getroffen. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen.

38

Mit Schreiben an die Gewerkschaft ver.di, Bezirk B-Stadt, vom 22. September 2003 hat der Beklagte „den Haustarifvertrag zwischen dem ASB KV W. / NWM e.V. und der Gewerkschaft ver.di, zugleich handelnd für die GEW, vom 05.09.1996 fristgemäß zum 31.12.2003“ gekündigt (Kopie als Anlage B 8 überreicht, hier Blatt 166).

39

Im Anschluss vereinbarten der Beklagte und die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, vertreten durch die Landesbezirksleitung Schleswig-Holstein / Mecklenburg-Vorpommern, „zugleich handelnd für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern“, am 29. Dezember 2003 den „Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum Haustarifvertrag“ (Kopie als Anlage B 7 überreicht, hier Blatt 164 f – hier im Weiteren als Änderungstarifvertrag 2003 bezeichnet). Dieser Tarifvertrag hat eine Laufzeit vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2004. Der Tarifvertrag lautet auszugsweise wörtlich:

40

"§ 2 Gegenstand des Vertrages

1.

41

Die Parteien stimmen darin überein, dass die Tariferhöhungen zum 1. Januar und zum 1. April 2004 sowie die für November 2004 vereinbarte Einmalzahlung von 46,25 Euro ebenso wie die Erhöhung des Bemessungssatzes für die Einkommen Ost zum 1. Januar 2004 auf 92,5% nicht gezahlt werden.

2.

42

Das Aussetzen der Tariferhöhungen wird für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2004 vereinbart.

3.

43

Während der Laufzeit des Tarifvertrages verpflichtet sich der Arbeiter-Samariter-Bund, Kreisverband auf die Ausgliederung von Leistungen und auf betriebsbedingte Beendigungskündigungen zu verzichten.

4.

44

Sollte sich während der Laufzeit des Tarifvertrages für den ASB eine wirtschaftlich bedrohliche Situation herausstellen, so nehmen die Parteien unverzüglich Verhandlungen auf. Dabei geht es um die Absenkung von Einkommensbestandteilen im notwendigen Maß. Die wirtschaftlich bedrohliche Situation muss gegenüber der Gewerkschaft nachgewiesen werden.

5.

45

Die Parteien vereinbaren den Ausschluss der Nachwirkung nach Tarifvertragsgesetz § 4."

46

Weitere Tarifverträge, die aus Verhandlungen mit der Gewerkschaft ver.di hervorgegangen sind, gibt es nicht. Zum Ende der Laufzeit des zuletzt erwähnten Änderungstarifvertrages 2003 kam es allerdings zum Abschluss eines Tarifvertrages zwischen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), „zugleich handelnd für die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft e.V.“, und dem Beklagten mit der Überschrift „Haustarifvertrag“ (Kopie als Anlage B 9 überreicht, hier Blatt 167 f – hier im Weiteren als Haustarifvertrag 2004 bezeichnet). Nach § 3 dieses Tarifvertrages tritt er am 1. Januar 2005 in Kraft. Der Tarifvertrag lautet auszugsweise wörtlich:

47

㤠2 Gegenstand des Vertrages

1.

48

Die Tarifvertragsparteien vereinbaren, dass die manteltariflichen Vorschriften (BAT-O) auf dem Stand vom 31. Dezember 2003 für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für die Angestellten verbleiben. Der § 39 (Jubiläumszuwendungen) findet keine Anwendung

49

und

2.

50

die manteltariflichen Vorschriften für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G-O) auf dem Stand vom 31. Dezember 2003 für die Arbeiter verbleiben. Der § 37 (Jubiläumszuwendungen) findet keine Anwendung.

3.

51

Die Tarifvertragsparteien stimmen überein, dass Tariferhöhungen, die nach dem 31. Dezember 2003 wirksam geworden sind, während der Laufzeit des Tarifvertrages nicht gezahlt werden. Dies gilt auch für den Bemessungssatz für die Einkommen Ost.

4.

52

Während der Laufzeit des Tarifvertrages verpflichtet sich der Arbeiter-Samariter-Bund, Kreisverband den Rechtsstatus eingetragener Verein beizubehalten.

5.

53

Sollte sich während der Laufzeit des Tarifvertrages für den ASB eine wirtschaftlich bedrohliche Situation herausstellen, so nehmen die Tarifparteien unverzüglich Verhandlungen auf. Dabei geht es um die Absenkung von Einkommensbestandteilen im notwendigen Maß. Die wirtschaftlich bedrohliche Situation muss gegenüber der Gewerkschaft nachgewiesen werden.

6.

54

Die Tarifparteien vereinbaren, dass über die Höhe der Zuwendungen für Urlaub und Weihnachten für das laufende Jahr jeweils im April beziehungsweise im September ein gesonderter Vertrag geschlossen wird.

7.

55

Die Tarifvertragsparteien vereinbaren den Ausschluss der Nachwirkung nach Tarifvertragsgesetz § 4.“

56

Schließlich hat der Beklagte mit der Gewerkschaft GEW, „zugleich handelnd für die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft e.V. – ver.di“ am 2. November 2006 eine „Vereinbarung zwischen den Tarifpartnern“ abgeschlossen, nach der die Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer, die nach dem 31. Dezember 2006 beim Beklagten eingestellt werden, durch ein eigenes Tarifwerk neu gestaltet werden sollen (Kopie als Anlage B 10 überreicht, hier Blatt 169 f – hier im Weiteren als Tarifliche Vereinbarung 2006 bezeichnet). In der Vereinbarung hießt es auszugsweise wörtlich:

57

„1. Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig, dass die Beschäftigten, die … am 31.12.2006 bereits beim ASB tätig sind, ihren Bruttostundenlohn bzw. Bruttogehalt entsprechend dem BAT-O bzw. BMT-G-O Stand 31. Dezember 2003 behalten. Dabei werden die Grundvergütung der Ortszuschlag und die allgemeine Zulage zukünftig als Grundgehalt als eine Summe ausgewiesen. Kindergeldbestandteile des Gehaltes werden als Besitzstand ausgewiesen, solange Kindergeld bezogen wird. Urlaubsansprüche und Kündigungsfristen bleiben unberührt.

58

2. …“

59

Entsprechend dem Plan aus der Tariflichen Vereinbarung 2006 haben der Beklagte und die GEW „zugleich handelnd für die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft“ am 4. Oktober 2007 einen weiteren „Haustarifvertrag“ abgeschlossen, in dem erstmals ganz im Sinne eines Manteltarifvertrages ein breit gefächertes Spektrum an Regelungsthemen tarifiert wurde. Erstmals gibt es hier auch eigenständige Entgelttabellen mit Vergütungen unterhalb der Entgelte im TVöD, eigenständige Eingruppierungsvorschriften und ergänzende Regelungen zum Vorgang der Eingruppierung (Kopie als Anlage B 1 überreicht, hier Blatt 118 ff – hier im Weiteren als Haustarifvertrag 2007 bezeichnet). Bezogen auf den Kläger und die anderen schon länger eingestellten Arbeitnehmer heißt es in § 28 Haustarifvertrag 2007 sinngemäß, dass in Einzelarbeitsverträgen vereinbarte günstigere Vergütungsbedingungen dem Tarifvertrag vorgehen. § 30 dieses Haustarifvertrages lautet wörtlich:

60

㤠30 Ausschlussfrist

61

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind von dem Mitarbeiter spätestens drei Monate nach Fälligkeit dem andern Vertragspartner gegenüber schriftlich geltend zu machen. Die Geltendmachung von Ansprüchen nach Ablauf der vorgenannten Frist ist ausgeschlossen. Das Gleiche gilt bei Nichterfüllung der vorgenannten Voraussetzungen.“

62

Der Kläger ist im Einvernehmen mit dem Beklagten und dem Landkreis zum Rettungsassistenten ausgebildet worden. Die Prüfung hat der Kläger erfolgreich im Jahre 1994 abgelegt. Es gibt eine vom Kläger und dem Beklagten 2007 unterzeichnete Stellenbeschreibung, nach der die vom Kläger bekleidete Stelle die eines Rettungsassistenten ist (Kopie vom Kläger als Anlage zum Schriftsatz vom 23. Juli 2013 überreicht, hier Blatt 620 f).

63

Der Kläger hat vom Beklagten in den ersten Jahren der Zusammenarbeit bis einschließlich 2003 – wenn man von der Frage der zutreffenden Eingruppierung absieht – Entgelt nach der Tarifentwicklung im Bereich des öffentlichen Dienstes erhalten. Seit Januar 2004 erhält der Kläger – wie auch die weiteren Mitarbeiter im Rettungsdienst – keine tariflichen Steigerungen des Entgelts mehr. Insbesondere hat der Beklagte die für den Bereich des öffentlichen Dienstes vereinbarte Tariferhöhungen ab dem 1. Januar 2004 nicht mehr an die bei ihm beschäftigten Mitarbeiter weitergegeben.

64

Im Streitzeitraum (2006 bis Oktober 2009) hat der Kläger zunächst bis einschließlich Oktober 2007 noch Entgelt in Anlehnung an das Vergütungsschema des BAT / BAT-O erhalten. Die ständigen Anteile des Entgelts setzten sich aus einer Grundvergütung, einem Ortszuschlag und einer allgemeinen Zulage zusammen. In der Summe beliefen sich die ständigen Entgeltbestandteile in dieser Zeit auf 2.521,15 Euro brutto monatlich. Zusätzlich wurden Zuschläge für Arbeit an Samstagen, an Sonn- und Feiertagen und für Bereitschaftszeiten in unterschiedlicher Höhe gezahlt (vgl. die vom Kläger überreichten Lohnabrechnungen, hier Blatt 22 bis 44). Seit November 2007 wird in den Lohnabrechnungen als ständiger Entgeltbestandteil nur noch ein „Gehalt“ ausgewiesen, das ab diesem Zeitpunkt 2.359,57 Euro brutto monatlich betragen hat. Außerdem hat der Beklagte – solange die nicht näher mitgeteilten Voraussetzungen gegeben waren – zusätzlich noch eine „Zulage Kind“ in Höhe von monatlich 80,79 Euro vergütet. So kam der Kläger im November 2007 wegen seiner zwei anspruchsberechtigten Kinder seinerzeit auf ein Gesamteinkommen (ständige Entgeltbestandteile) in Höhe von gleichbleibend 2.521,15 Euro. Dieses Gehalt – später reduziert um einen Kinderzuschlag – wurde in dieser Höhe bis zum Ende des Streitraums (Oktober 2009) und wohl auch noch weit darüber hinaus unverändert ausgezahlt. Jedenfalls im verbleibenden Streitzeitraum hat der Beklagte dem Kläger zusätzlich noch eine Schichtzulage in Höhe von monatlich 93 Euro brutto bezahlt.

65

Der Kläger ist der Auffassung, er habe auch heute noch Anspruch auf eine dynamische Vergütung entsprechend den tariflichen Bestimmungen für im öffentlichen Dienst im kommunalen Bereich beschäftigte Arbeitnehmer und er hat deshalb beim Arbeitsgericht Schwerin Zahlungs- und Feststellungsklage gegen den Beklagten erhoben, die dort am 4. November 2009 eingegangen ist.

66

Der Kläger hat erstinstanzlich für die 46 Monate von Januar 2006 bis einschließlich Oktober 2009 Differenzvergütung auf sein Gehalt verlangt (Anträge 1.1 bis 1.4, Antrag 1.4 betrifft das anteilige Jahr 2009), Vergütung für Überstunden aus dem Jahre 2008 (Antrag 1.5), sowie (Differenz-)Vergütung für die Zuschläge bei Sonn- und Feiertagsarbeit (Klageanträge 1.6 bis 1.9, Antrag 1.9 betrifft das anteilige Jahr 2009). Schließlich verlangt der Kläger weitere Jahressonderzahlungen (Klageanträge zu 1.10 bis 1.12) sowie die Auszahlung der tariflich verabredeten Einmalzahlungen aus den Tarifrunden des öffentlichen Dienstes in den Jahren 2008 und 2009 (Klageantrag 1.13). Außerdem hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht die allgemeine Feststellung begehrt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Vergütungsregelungen des TVöD (VkA) zur Anwendung kommen (Klageantrag zu 1.14) – Der Beklagte hat die Klage für unschlüssig gehalten, da sich die Arbeitsbedingungen auch im Bereich des Rettungsdienstes inzwischen nach den Haustarifverträgen richten würden. Im Rahmen einer Widerklage verlangt er die gerichtliche Feststellung, dass der Haustarifvertrag 2007 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Landesverband Mecklenburg-Vorpommern, ist dem Rechtsstreit nach Aufforderung durch den Beklagten mit Schriftsatz vom 28. April 2010 auf Seiten des Beklagten als Streithelferin beigetreten (hier Blatt 197 f).

67

Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht beantragt,

68

1. die Beklagte zu verurteilen,

69

1.1. an den Kläger 668,76 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB auf 204,65 Euro seit dem 01.01.2007 zu zahlen;

70

1.2. an den Kläger 297,54 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.01.2008 zu zahlen;

71

1.3. an den Kläger 2.353,17 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.01.2009 zu zahlen;

72

1.4. an den Kläger 2.934,80 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 16.04.2009 zu zahlen;

73

1.5. an den Kläger 2.488,44 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.01.2009 zu zahlen;

74

1.6. an den Kläger 1.053,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.01.2007 zu zahlen;

75

1.7. an den Kläger 477,77 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.01.2008 zu zahlen;

76

1.8. an den Kläger 281,61 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.01.2009 zu zahlen;

77

1.9. an den Kläger 171,52 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 16.03.2009 zu zahlen;

78

1.10. an den Kläger 138,30 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.12.2006 zu zahlen;

79

1.11. an den Kläger 81,95 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.12.2007 zu zahlen;

80

1.12. an den Kläger 470,52 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.12.2008 zu zahlen;

81

1.13. an den Kläger 275,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.01.2009 zu zahlen;

82

1.14. festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des TVöD zur Anwendung kommen, soweit in diesem Vergütungsansprüche geregelt werden, insbesondere die jeweils gültigen Gehaltstabellen und dass der Kläger Anspruch auf eine Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe 6 Stufe 6+ (individuelle Endstufe) hat.

83

2. Die Widerklage des Beklagten abzuweisen.

84

Der Beklagte hat vor dem Arbeitsgericht beantragt,

85

1. die Klage abzuweisen;

86

2. festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Haustarifvertrag zwischen dem Arbeiter-Samariter-Bund KV W. / Westmecklenburg und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft e. V. sowie der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft — ver.di — vom 04.10.2007 Anwendung findet.

87

Die Streithelferin hat vor dem Arbeitsgericht keine eigenen Anträge gestellt und hat sich dem Rechtsstandpunkt des Beklagten angeschlossen.

88

Das Arbeitsgericht hat die Klage und die Widerklage mit Urteil vom 13. Juli 2011 als unbegründet abgewiesen (55 Ca 2155/09). Die Kosten des Rechtsstreits hat es zu 2/3 dem Kläger auferlegt und im Übrigen dem Beklagten. Den Streitwert hat es mit 27.521,53 Euro festgesetzt. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

89

Der Kläger sowie der Beklagte haben das arbeitsgerichtliche Urteil mit dem Rechtsmittel der Berufung angegriffen. Die Streithelferin hat kein eigenes Rechtsmittel eingelegt. Die Berufungen, die jeweils fristgemäß eingelegt und begründet wurden, sind vom Landesarbeitsgericht zum hiesigen Aktenzeichen verbunden worden. Die Parteien haben ihr erstinstanzliches Begehren zunächst in vollem Umfang weiterverfolgt.

90

Das Landesarbeitsgericht hat sodann mit Teilurteil vom 25. April 2013 (seinerzeit noch unter dem Aktenzeichen 1 Sa 227/11) über die Klageanträge zu 1.1 bis 1.13 entschieden und die klägerische Berufung insoweit – mit Ausnahme eines Teilbetrages aus den Klageanträgen zu 1.4 und 1.9, über die nicht entschieden wurde – als unbegründet zurückgewiesen. – Dieses Teilurteil ist rechtskräftig geworden, nachdem der Kläger seine beim Bundesarbeitsgericht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde (4 AZN 926/13) zurückgenommen hat (hier Blatt 657). Auf das Teilurteil des Gerichts wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Berufungsgericht bis zum 25. April 2013 Bezug genommen. Die Zurückweisung der klägerischen Berufung wird im Teilurteil auf das Eingreifen von Ausschlussfristen gestützt.

91

In Hinblick auf den neuen Arbeitsvertrag des Klägers und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger vor dem Arbeitsgericht Schwerin weitere Rechtsstreitigkeiten gegen den Beklagten mit Zahlungsanträgen führt, die die möglichen Entgeltdifferenzen von Ende 2009 bis einschließlich 2013 umfassen, haben die Parteien den klägerischen Feststellungsantrag zur Vergütung nach Regeln des TVöD (Antrag 1.14) in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht übereinstimmend für erledigt erklärt. Auf Anregung des Gerichts hat der Beklagte sodann noch seinem Feststellungsbegehren im Rahmen der Widerklage eine andere Formulierung gegeben.

92

Der Kläger hält zu dem noch rechtshängigen letzten Zahlungsanspruch (verbliebener Teil der Klageanträge zu 1.4 und 1.9) an seiner Rechtsauffassung fest, dass er Anspruch auf Vergütung nach den jeweils aktuellen Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes aufgrund der arbeitsvertraglichen Verweisung auf die ASB-Richtlinien Bund 1991 habe. § 12 ASB-Richtlinien Bund 1991 verweise hinsichtlich der Vergütung dynamisch auf die Bestimmungen im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes. Die vom Landesverband Mecklenburg-Vorpommern im November 1995 also nach Abschluss des Arbeitsvertrages erlassenen Richtlinien (ASB-Richtlinien MV 1995) seien nicht Gegenstand des Arbeitsvertrages geworden.

93

Die Frage, ob es inzwischen Tarifverträge im Bereich des Beklagten gibt, an die der Kläger wegen seiner Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di gebunden ist und die schlechtere Arbeitsbedingungen vorsehen, könne offen bleiben, da die arbeitsvertraglichen und die tariflichen Ansprüche voneinander unabhängig seien und Regelungskonflikte wegen themengleicher unterschiedlicher Regelungen auf beiden Ebenen nach dem Günstigkeitsprinzip aufzulösen seien.

94

Der Kläger hält auch an seiner Rechtsauffassung fest, dass die noch rechtshängigen Ansprüche für die Zeit von Mai bis Oktober 2009 nicht verfallen seien.

95

§ 30 Haustarifvertrag 2007 binde den Kläger nicht. Die klägerische Gewerkschaft ver.di sei an den Haustarifverträgen 2004 und 2007 nicht als Tarifvertragspartei beteiligt. Das erkenne man schon daran, dass diese Tarifverträge nicht von der Gewerkschaft ver.di unterzeichnet worden seien. Die öffentlich zugängliche Satzung der Gewerkschaft sehe im Übrigen vor, dass Tarifverträge immer von zwei Gewerkschaftsvertretern zu unterzeichnen seien (erkennbar auch am Änderungstarifvertrag 2003) und dass sie vor Unterschrift intern gebilligt werden müssten, was vorliegend nicht der Fall gewesen sei. Die örtlich und fachlich zuständige Gewerkschaftssekretärin könne bezeugen, dass die hier streitigen Tarifverträge der Gewerkschaft nicht bekannt seien. Ver.di habe daher die Gewerkschaft GEW nicht bevollmächtigt, in ihrem Namen mit dem Beklagten Haustarifverträge abzuschließen. Eine substantiierte Darstellung des Vorgangs der Vollmachtserteilung sei der Beklagte und die Streithelferin auch schuldig geblieben, so das weitergehender Sachvortrag dazu nicht geleistet werden könne.

96

Der Beklagte könne sich auch nicht auf eine Duldungsvollmacht durch die Gewerkschaft ver.di berufen. Denn es gebe keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die maßgeblichen Vertreter von ver.di überhaupt Kenntnis davon hatten, dass die GEW beim Beklagten auch in ihrem Namen Tarifverträge abschließe.

97

Ergänzend müsse beachtet werden, dass der Wille des Unterzeichners des Haustarifvertrages 2007 auf Gewerkschaftsseite, nicht nur für seine Gewerkschaft sondern auch für die Gewerkschaft ver.di eine Erklärung abzugeben, nicht mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck komme.

98

Der Kläger beantragt nunmehr noch sinngemäß,

99

1. die Beklagte und Berufungsbeklagte unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin vom 13.07.2011 — 55 Ca 2155/09 — zu verurteilen,

100

1.4. an den Kläger 1.760,87 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 16.04.2009 zu zahlen;

101

1.9. an den Kläger 75,14 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 16.03.2009 zu zahlen;

102

2. Die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

103

Der Beklagte beantragt,

104

1. die klägerische Berufung zurückzuweisen;

105

2. das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 13.07.2011 — 55 Ca 2155/09 — teilweise abzuändern und auf die Widerklage festzustellen, dass der Kläger aufgrund seiner Gewerkschaftsmitgliedschaft an den Haustarifvertrag zwischen dem Arbeiter-Samariter-Bund KV W. / Westmecklenburg und der Gewerkschaft ver.di vom 04.10.2007 gebunden ist.

106

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit es die Klage abgewiesen hat.

107

Es könne dahinstehen, ob der Verweis auf die Richtlinien des ASB zu einer dynamischen Vergütung nach den jeweiligen Einkommen im Bereich des öffentlichen Dienstes führe, denn diese Richtlinien sollten nach dem Arbeitsvertrag lediglich gelten „soweit nichts anderes vereinbart sei“. Vorliegend sei die Vergütung jedoch ausdrücklich im Arbeitsvertrag geregelt, so dass es nur auf die arbeitsvertragliche Regelung ankomme. Danach stehe dem Kläger eine Vergütung in Höhe von 2.035,00 DM als Rettungssanitäter zu. Weitere Entgeltbestandteile seien nicht vereinbart. Da der Beklagte somit die ganzen Jahre die unständigen Entgeltbestandteile zu Unrecht bezahlt habe, werde insoweit Aufrechnung erklärt.

108

Sollte sich die Vergütung – entgegen der Auffassung des Beklagten – dennoch nach den ASB-Richtlinien richten, müsse man beachten, dass der Vertrag so auszulegen sei, dass die jeweils jüngsten Richtlinien zur Geltung kommen sollten. Dies könnten auch die ASB-Landesrichtlinien 1995 sein. So wie man Konkurrenzprobleme zwischen themengleichen Regelungen in unterschiedlichen Tarifverträgen löse, müsse man jedoch auch hier verfahren. Es gelte der Grundsatz der Spezialität, daher würden die örtlich besser passenden Landesrichtlinien den Richtlinien des Bundesverbandes vorgehen. Wende man die ASB-Landesrichtlinien 1995 auf das Arbeitsverhältnis an, käme man zur arbeitsvertraglichen Geltung des Haustarifvertrages 2007, der – für neu eingestellte Arbeitnehmer – eine eigene Entgelttabelle enthalte und für schon früher eingestellt Mitarbeiter, so auch den Kläger, lediglich festhalte, dass günstigere arbeitsvertragliche Regelungen auch nach dem Inkrafttreten des Haustarifvertrages vorgehen würden. Ein arbeitsvertragliches Versprechen, den Kläger dynamisch nach den Regeln im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes zu vergüten, sei daher nicht erkennbar.

109

Letztlich seien jedenfalls etwaige weitergehende Vergütungsansprüche des Klägers wegen des Eingreifens der tariflichen Ausschlussfrist aus § 30 Haustarifvertrag 2007 verfallen.

110

Der Haustarifvertrag 2007 sei auch zwischen dem Beklagten und der Gewerkschaft ver.di wirksam abgeschlossen worden, denn die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) habe die Gewerkschaft ver.di in den Vertragsverhandlungen wirksam vertreten und sei zum Abschluss dieses Haustarifvertrages bevollmächtigt gewesen. Die Gewerkschaft GEW sei von ver.di bevollmächtigt gewesen, auch für die Gewerkschaft ver.di den streitbefangenen Tarifvertrag vom 04.10.2007 abzuschließen; zumindest sei von einer konkludenten Vollmachtserteilung auszugehen, die sich aus den Gesamtumständen im Betrieb des Beklagten in Zusammenhang mit dem Wechsel der Verhandlungsführerschaft der beiden Gewerkschaften ergebe (wegen der Einzelheiten wird auf den Beklagtenschriftsatz vom 12. Januar 2010, hier Blatt 107 ff Bezug genommen).

111

Für den Fall, dass die Gewerkschaft ver.di der Gewerkschaft GEW tatsächlich rechtsgeschäftlich keine Vollmacht erteilt haben sollte, sei die Gewerkschaft ver.di dennoch nach den Grundsätzen der Anscheins- oder Duldungsvollmacht Partei der Haustarifverträge 2004 und 2007 geworden. Dass Herr G., der den Haustarifvertrag 2007 für die Gewerkschaft GEW unterzeichnet habe, damit auch gleichzeitig eine Erklärung für die Gewerkschaft ver.di abgegeben habe, ergebe sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Kopf des Tarifvertrages („zugleich handelnd für die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft“).

112

Zu seiner eigenen Berufung trägt der Beklagte vor, er habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Geltung des Haustarifvertrages 2007 im Arbeitsverhältnis der Parteien. Das betreffe nicht nur die hier relevanten Punkte Vergütung und Ausschlussfristen, sondern im betrieblichen Alltag auch all die anderen im Haustarifvertrag geregelten Materien.

113

Die Streithelferin hat keinen eigenen Antrag gestellt und unterstützt in ihren Stellungnahmen den Standpunkt des Beklagten.

114

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags im Berufungsrechtszug wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

115

Nach dem Teilurteil der Ersten Kammer des Gerichts vom 25. April 2013 und nach der Erledigungserklärung der Parteien zum Feststellungsantrag 1.14 hat das Berufungsgericht im vorliegenden Schlussurteil nur noch über einen kleinen Teil der ursprünglichen Streitgegenstände zu entscheiden.

116

Soweit die Anträge noch rechtshängig sind, ist die klägerische Berufung überwiegend begründet. Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet.

I.

117

Die klägerische Berufung ist hinsichtlich des zuletzt noch rechtshängigen Teils seiner Klage weitgehend begründet. Dem Kläger steht weitere Vergütung für die Monate Mai bis Oktober 2009 (Klageantrag zu 1.4) sowie weitere Zuschläge für die Monate Mai bis August 2009 (Klageantrag zu 1.9) zu. Insoweit ist auf die klägerische Berufung das arbeitsgerichtliche Urteil in diesem Umfang abzuändern und der Klage stattzugeben.

1.

118

Der klägerische Differenzvergütungsanspruch (einschließlich der Differenzen bei den Zuschlägen) lässt sich nicht aus Tarifverträgen ableiten, die im Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der klägerischen Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di gelten. Davon gehen auch die Parteien aus, so dass sich das Gericht insoweit kurz fassen kann.

119

Wenn man davon ausgeht, dass der Kläger seit dem Jahr 2000 Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien seit diesem Zeitpunkt der Haustarifvertrag 1993 mit den Veränderungen, die er durch den Haustarifvertrag 1996 erfahren hat, aufgrund von § 4 TVG anzuwenden. Der Haustarifvertrag 1993 / 1996 ist als Anschlusstarifvertrag an das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes anzusehen. Der BAT-O war also spätestens ab diesem Zeitpunkt mit allen seinen Regelungen und insbesondere mit den ergänzenden Vergütungstarifverträgen im Arbeitsverhältnis der Parteien mit den wenigen Einschränkungen aus dem Haustarifvertrag bindend. Davon ließ sich der Beklagte auch in der betrieblichen Praxis leiten. Denn es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Beklagte seine Arbeitnehmer zumindest bis Ende 2003 nach dem Tarifwerk des öffentlichen Dienstes behandelt und vergütet hat.

120

Der Haustarifvertrag 1993 / 1996 ist dann aber von der Beklagten jedenfalls gegenüber der Gewerkschaft ver.di zum Ende des Jahres 2003 ordentlich gekündigt worden. Dann ist allerdings mit dem Änderungstarifvertrag 2003 zumindest für das Jahr 2004 nochmals eine unmittelbare Tarifgeltung mit dem Charakter eines Anschlusstarifvertrages an das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes mit den dort im Einzelnen geregelten Ausnahmen entstanden.

121

Wie sich die weitere Bindung an Tarifverträge entwickelt hat, hängt von der Antwort auf die Frage ab, ob ver.di, die Gewerkschaft des Klägers, auch Partei der seit 2004 von der GEW ausgehandelten Tarifverträge geworden ist. Die Frage braucht hier allerdings nicht abschließend beantwortet zu werden. Der klägerische Anspruch lässt sich in keinem Falle auf einen Tarifvertrag und seine eigene Gewerkschaftsmitgliedschaft stützen.

122

Geht man mit dem Beklagten davon aus, dass ver.di auch Partei der nachfolgenden Tarifverträge geworden ist, ist der Kläger auch an diese unmittelbar gebunden. Das würde dann auch für den Haustarifvertrag 2004 gelten, in dem erstmals die Weitergabe der Tariferhöhungen im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes für den Bereich des Beklagten auf Dauer ausgesetzt wird. Das müsste der Kläger auch gegen sich gelten lassen, da im Verhältnis verschiedener Tarifverträge der jüngere dem älteren Tarifvertrag vorgeht unabhängig davon, ob er günstiger ist oder nicht. Damit würde feststehen, dass der klägerische Anspruch nicht auf tariflicher Ebene gegeben ist, denn der Lohndifferenzanspruch ergibt sich gerade aus den Entgelterhöhungen aus der Zeit nach dem Jahre 2003 im Bereich des öffentlichen Dienstes.

123

Geht man mit dem Kläger davon aus, dass seine Gewerkschaft ver.di nicht mehr an den Tarifverträgen mit dem Beklagten ab dem Jahre 2004 beteiligt ist, ist die Tarifbindung entweder bereits mit Wirksamwerden der Kündigung des Tarifwerkes durch den Beklagten zum Ende des Jahres 2003 weggefallen oder aber durch Ablauf des auf das Jahresende 2004 befristeten Änderungstarifvertrages 2003. Da nachwirkende Tarifnormen nur noch statisch weiter gelten, könnte der Kläger auch in diesem Falle seinen Anspruch nicht auf einen Tarifvertrag und seine Gewerkschaftsmitgliedschaft stützen. – Der klägerische Versuch, aus dem im Dezember abgeschlossenen Änderungstarifvertrag 2003 zu folgern, die Kündigung des Tarifvertrages durch den Beklagten vom 22. September 2003 sei damit auf Dauer aus der Welt geschafft, vermag nicht zu überzeugen. Vielmehr muss man davon ausgehen, dass mit der Befristung des Änderungstarifvertrages 2003 lediglich das Wirksamwerden der Kündigung seitens des Beklagten um ein Jahr hinausgeschoben werden sollte.

2.

124

Der klägerische Anspruch ergibt sich jedoch aus dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 27. Dezember 1991 und der dortigen Verweisung auf die vom Bundesverband des ASB herausgegebenen Richtlinien. Denn aus den genannten Dokumenten ergibt sich, dass sich die Parteien jedenfalls hinsichtlich der Vergütung an die Tarifentwicklung im Bereich des öffentlichen Dienstes dynamisch binden wollten.

a)

125

Durch die Verweisung auf die Richtlinien des Bundesverbandes für Arbeitsbedingungen für Angestellte und Arbeiter im ASB wurden die vom Bundesverband des ASB herausgegebenen Richtlinien zuletzt in der Fassung vom 7. Dezember 1991 in den Arbeitsvertrag mit einbezogen. Eine Bezugnahme auf Landesrichtlinien in Mecklenburg—Vorpommern scheidet aus, weil diese erst im November 1995, also Jahre nach Abschluss des Arbeitsvertrages verabschiedet wurden. Dass die vom Bundesverband 1991 erlassenen Richtlinien zu einem späteren Zeitpunkt abgeändert worden sind, hat der Beklagte nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich; insoweit kann dahinstehen, ob der Arbeitsvertrag statisch auf die Richtlinien 1991 verweist oder dynamisch auf die jeweils vom Bundesverband erlassenen Richtlinien.

126

Die arbeitsvertragliche Verweisung auf die vom Bundesverband des ASB herausgegebenen Richtlinien für Arbeitsbedingungen für Arbeiter und Angestellte im ASB begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken. Bezugnahmeklauseln – auch dynamische – sind im Arbeitsrecht weit verbreitet, entsprechen einer üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses. Dass bei Vertragsabschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt das in Bezug genommene Regelungswerk haben wird, ist unerheblich (vgl. BAG 18. November 2009 – 4 AZR 493/08 – AP Nr. 54 zu § 611 BGB Kirchendienst). Dass die Bestimmung des Inhaltes des Arbeitsverhältnisses dadurch teilweise auf Dritte delegiert wird, ist von dem erklärten Willen der Parteien, wie er im eindeutigen Wortlaut des Arbeitsvertrages seinen Niederschlag gefunden hat, umfasst und nicht zu beanstanden (BAG 18. April 2007 – 4 AZR 253/06 – NZA 2007, 1455). Auch der Umstand, dass § 12 der Bundesrichtlinien hinsichtlich der Eingruppierung und der Vergütungshöhe auf die Bestimmungen des öffentlichen Dienstes verweist, ist unproblematisch. Mehrstufige Verweisungen sind im Arbeitsrecht üblich. Auch ein Tarifvertrag, der einzelvertraglich dynamisch in Bezug genommen worden ist, kann seinerseits auf weitere, nicht statische Rechtsquellen verweisen (BAG 18. November 2009 aaO; BAG 21. November 2012 – NZA 2013, 512 – NZA 2013, 512 = DB 2013, 999).

127

Nach § 12 Absatz 1 Satz 2 ASB-Richtlinien Bund 1991 richten sich Vergütung und Löhne nach den Bestimmungen des öffentlichen Dienstes und nach dem dortigen § 12 Absatz 4 auch dynamisch entsprechend den Tarifveränderungen im öffentlichen Dienst. Daraus ergibt sich, dass der Kläger davon ausgehen konnte, hinsichtlich aller Bestandteile und der Berechnung des Entgelts wie ein Arbeitnehmer, auf den die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes Anwendung finden, gestellt zu werden.

b)

128

Weitere Regelungen im Arbeitsvertrag stehen dem nicht entgegen.

129

Soweit es in dem Arbeitsvertrag heißt, „die Einstufung erfolgt nach den Richtlinien des DPWV“, ergibt sich daraus keine Abweichung von § 12 der in Bezug genommenen Bundesrichtlinien des ASB. Mit „Einstufung“ dürfte das gemeint sein, was man heute allgemein als „Eingruppierung“ bezeichnet. Der Vertragstext sagt an dieser Stelle also nur aus, dass sich die Eingruppierung nach den Richtlinien des DPWV richten soll, die ihrerseits aber wieder auf den BAT verweisen. Insoweit besteht ein Gleichklang zwischen der Verweisung auf die Richtlinien des ASB und der Verweisung auf die Richtlinien des DPWV. Der Beklagte hat jedenfalls keine Umstände in den Rechtsstreit eingeführt, aufgrund derer das Gericht etwas Abweichendes feststellen könnte.

130

Auch die ausdrückliche Wiedergabe eines Geldbetrages im Arbeitsvertrag, den der Kläger als Verdienst erhalten soll („Gesamt per Monat“), steht der Annahme einer dynamischen Vergütung nach den Regeln des Tarifwerkes für den öffentlichen Dienst nicht entgegen. Insbesondere kann die Wiedergabe eines Geldbetrages im Vertragstext nicht als der Wille der Vertragspartner gedeutet werden, damit etwas von den ASB-Richtlinien Abweichendes regeln zu wollen. Dabei muss insbesondere beachtet werden, dass es vor dem Bereich mit den Feldern für einsetzbare Geldbeträge im Arbeitsvertrag heißt „setzt sich wie folgt zusammen“. Damit ist klar, dass die einzusetzenden Geldbeträge keine eigenständige Regelung sein sollen, sondern dass dort nur wiedergegeben wird, was sich aus anderen Quellen, nämlich den in Bezug genommenen Richtlinien ergibt. Etwas anders könnte man allenfalls folgern, wenn man feststellen könnte, dass der dort bei „Gesamt pro Monat“ genannte Geldbetrag keinerlei Bezug zu dem seinerzeit gültigen Tariflohn im öffentlichen Dienst hatte. Entsprechender Vortrag ist jedoch von keiner Partei geleistet worden.

131

Dementsprechend kann aus den teilweise nicht ausgefüllten Feldern nicht der Schluss gezogen werden, die den Feldern zugeordneten Entgeltbestandteile sollten nicht bezahlt werden. Das ergibt sich aus der oben aufgezeigten Funktion dieses Teils des Arbeitsvertrages. Im Übrigen ist es ein Unterschied, ob ein Formularfeld gar nicht ausgefüllt ist, oder ob in das Feld ein Betrag in Höhe von 0,00 DM eingesetzt wird.

132

Im Übrigen muss bei der Auslegung des Arbeitsvertrages beachtet werden, dass der Beklage seinerzeit durch seine vereinsrechtlich in der Satzung abgesicherte Pflicht zur Einhaltung der Richtlinien des Bundesverbandes ohnehin gezwungen war, das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes hinsichtlich der Vergütungsregelungen dynamisch anzuwenden. Unterstellt man ein vernunftgeleitetes Verhalten auf Seiten des Beklagten, ist keinerlei Grund erkennbar, weshalb er dann im Arbeitsvertrag etwas vereinbaren wollte, was von seinen im Verband eingegangenen Verpflichtungen abweichen sollte und was er daher im Zweifel ohnehin nie würde durchsetzen können. – Letztlich spricht auch die betriebliche Handhabung des Arbeitsverhältnisses für den gerichtlichen Standpunkt. Denn wenn der Beklagte von 1991 bis Ende 2003 das Entgelt des Klägers tatsächlich dynamisch der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst angepasst hat, lässt das auch einen Rückschluss auf sein Verständnis des Arbeitsvertrages im Jahre 1991 zu.

3.

133

Der arbeitsvertragliche Anspruch auf eine Vergütung nach den Regeln des Tarifwerkes für den öffentlichen Dienst ist nicht dadurch untergegangen, dass der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern des Beklagten Jahre nach Abschluss des Arbeitsvertrages im November 1995 eigene Richtlinien für die Beschäftigten erlassen hat, die nicht mehr einschränkungslos auf das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes Bezug nehmen.

a)

134

Der Auffassung des Beklagten, der Arbeitsvertrag meine die jeweils gültigen Richtlinien unabhängig davon, ob sie vom Bundesverband oder von einer anderen Gliederung des ASB erlassen werden, vermag sich das Gericht nicht anzuschließen. Vom Arbeitgeber vorformulierte Arbeitsverträge sind so auszulegen, wie sie von einem mit den Besonderheiten des Verkehrskreises vertrauten Dritten objektiv zu verstehen sind. Maßgeblich sind damit der Wortlaut des Vertrages und dessen Verständnis aus der Sicht des Erklärungsempfängers. Da es zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Jahre 1991 nur Richtlinien des Bundesverbandes zu Arbeitsbedingungen beim ASB gab, kann der Arbeitsvertrag nur so verstanden werden, dass dort eine Bindung an die Bundesrichtlinien geregelt ist.

135

Der aus dem Tarifvertragsrecht entlehnte Gedanke der Spezialität zur Auflösung von Tarifkonkurrenzen ist hier nicht anwendbar. Er entspricht nicht den erkennbaren Interessen der Parteien des Arbeitsvertrages. Mit der Bindung an die Bundesrichtlinien geht der Arbeitnehmer das Risiko ein, dass in seinem Arbeitsverhältnis zukünftig Regelungen gelten könnten, auf deren Inhalt er keinen Einfluss nehmen kann. Dieses Risiko ist für ihn aber hinnehmbar, da er davon ausgehen kann, dass es in einem Bundesverband so viele unterschiedliche Interessen gibt, dass sich Einzelinteressen einer örtlichen Gliederung oder auch einer Landesgliederung auf Arbeitgeberseite nie ungeschmälert werden durchsetzen können. Der Zwang zum mehrheitsfähigen Kompromiss sichert indirekt auch die Interessen des Arbeitnehmers. Ähnliches gilt für Richtlinien, die Landesverbände oder gar örtliche Gliederungen herausgeben, nicht. Die Aussage, dass der ortsnähere oder auf sonstige Weise speziellere Tarifvertrag besser geeignet ist, die Interessen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber zu regeln, lässt sich also auf einseitig vom Arbeitgeber erlassenen Richtlinien nicht übertragen.

b)

136

Aus denselben Erwägungen scheidet auch eine ergänzende Vertragsauslegung im Sinne des Standpunktes des Beklagten aus.

137

Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt in Betracht, wenn man feststellen muss, dass ein Arbeitsvertrag lückenhaft (geworden) ist und wenn man dem Regelungsplan des Vertrages Hinweise darauf entnehmen kann, wie die Parteien wohl die Situation geregelt hätten, wenn sie die (zukünftige) Lücke in ihrem Regelungswerk bei Vertragsabschluss gekannt hätten. Es gilt dann die Regelung als vereinbart, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die (spätere) Lückenhaftigkeit ihres Vertragswerkes bei seinem Abschluss bekannt gewesen wäre. Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt. Das gilt auch dann, wenn die Regelungslücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. BAG 18.April 2012 - 4 AZR 392/10 - BAGE 141, 150 = AP Nr. 112 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = NZA 2012, 1171; BAG 24. August 2011 - 4 AZR 683/09; 16. Juni 2010 - 4 AZR 924/08 - AP Nr. 79 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - BAGE 134, 283).

138

Es ist bereits zweifelhaft, ob der Beklagte schlüssig das Vorhandensein einer Regelungslücke dargelegt hat. Zwar deutet der Umstand, dass die hier zur Anwendung kommenden Bundesrichtlinien nach Lage des Rechtsstreits immer noch den Stand von 1991 haben, darauf hin, dass es tatsächlich verbandspolitisch zu einer Regionalisierung der Zuständigkeit für den Erlass von Arbeitsvertragsrichtlinien beim ASB gekommen sein könnte. Dies ist aber weder vom Beklagten so vorgetragen worden, noch gibt es weitere Indizien für eine solche Veränderung der Verbandspolitik.

139

Aber selbst dann, wenn man zu Gunsten des Beklagten davon ausgeht, dass der Arbeitsvertrag durch den Erlass der Landesrichtlinien nachträglich lückenhaft geworden ist, scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung im Sinne des Beklagten aus, da der Vertrag keinen Regelungsplan erkennen lässt, mit dessen Hilfe die Lücke geschlossen werden kann. Die Geltung der Landesrichtlinien statt der Bundesrichtlinien wäre eine Ergänzung im einseitigen Interesse des Arbeitgebers; eine Ergänzung des Vertrages in dieser Richtung ist daher nicht möglich.

4.

140

Die arbeitsvertragliche Bindung an die jeweiligen Vergütungsregeln im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes ist auch nicht durch die weitere Tarifentwicklung im Hause des Beklagten ab Ende des Jahres 2003 verloren gegangen. Diese Feststellung des Gerichts gilt unabhängig davon, ob die klägerische Gewerkschaft ver.di Partei der Haustarifverträge 2004 und 2007 geworden ist.

a)

141

Geht man mit dem Beklagten davon aus, dass die Gewerkschaft ver.di auch Partei der Haustarifverträge 2004 und 2007 geworden ist, gilt die arbeitsvertragliche Bindung an die Vergütungsregeln im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes unverändert fort, weil die Parteien nicht eine Bindung an die jeweils für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge vereinbart haben.

142

Das ergibt sich schon aus dem eigenen Parteivortrag des Beklagten, der ja gerade darauf abzielt, eine Dynamik in der arbeitsvertraglichen Bindung an Tarifverträge insgesamt in Abrede zu stellen. Aber selbst dann, wenn man nicht vordergründig auf den Parteivortrag im Rechtsstreit abstellt, sondern auf die objektiven Umstände, kann den gegebenen arbeitsvertraglichen Regelungen nicht die Aussage entnommen werden, es sollten immer die Tarifverträge gelten, denen der Beklagte unterworfen ist, denn der Beklagte war 1991 zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht tarifgebunden. Auch die Bezugnahme auf Richtlinien des ASB oder des DPWV im Arbeitsvertrag kann nicht in diesem Sinne gedeutet werden, denn die ASB-Richtlinien Bund 1991 haben eine dynamische Bindung an die Vergütungsregelungen im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes gerade unabhängig von der eigenen Tarifbindung des Bundesverbandes und unabhängig von der Tarifbindung der einzelnen Gliederungen des Verbandes bewirken wollen. Etwas anderes ist auch nicht zu den DPWV-Richtlinien bekannt.

b)

143

Geht man mit dem Kläger davon aus, dass die Gewerkschaft ver.di nicht Partei der Haustarifverträge 2004 und 2007 geworden ist, ergibt sich im Ergebnis nichts anderes. Wenn ver.di an den erwähnten Tarifverträgen nicht mehr beteiligt gewesen sein sollte, hat die Tarifbindung des Beklagten an Tarifverträge mit ver.di entweder Ende 2003 wegen der Kündigung oder jedenfalls Ende 2004 wegen der Befristung des Änderungstarifvertrages 2003 auf das Jahresende 2004 geendet. Dieses Ende der Tarifbindung für den Beklagten wirkt sich allerdings im vorliegenden Einzelfall nicht auf die arbeitsvertragliche Bindung der Vergütung an das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes aus.

aa)

144

Nach der älteren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hatte der Wegfall der Tarifbindung des Arbeitgebers auch Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse, in denen die Tarifverträge nur kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme galten. Das Gericht war in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass der Arbeitgeber mit der Inbezugnahme des ohnehin für ihn kraft Tarifbindung geltenden Tarifwerkes lediglich für eine Gleichstellung aller Arbeitnehmer sorgen wolle, unabhängig davon, ob diese selbst auch kraft Gewerkschaftszugehörigkeit an die Tarifverträge gebunden sind. Daraus ist dann die Folgerung abgeleitet worden, dass derartige Inbezugnahmen unabhängig von ihrem Wortlaut lediglich als bloße Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Verliert der Arbeitgeber seine Tarifbindung, sollte auch die arbeitsvertragliche Bindung an die Tarifverträge enden bzw. wie bei der Nachwirkung im Sinne von § 4 Absatz 5 TVG nur noch ohne Dynamik statisch fortwirken. Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht zwar inzwischen in Hinblick auf die seit Januar 2002 geltende Schuldrechtsreform (AGB-Kontrolle der Arbeitsverträge nach §§ 305 ff BGB) für nach Inkrafttreten der Reform abgeschlossene Verträge aufgegeben. Für Bezugnahmeklauseln, die in älteren Arbeitsverträgen verabredet wurden, gilt die alte Gleichstellungsrechtsprechung aber nach wie vor (vgl. grundlegend BAG 14. Dezember 2005 – 4 AZR 536/04 – BAGE 116, 326 = AP Nr. 39 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = DB 2006, 1322 sowie aus jüngerer Zeit noch BAG 18. April 2007 – 4 AZR 652/05 – BAGE 122, 74 = AP Nr. 53 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = DB 2007, 1982).

145

Diese Auslegungsregel zu einer Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist auch dann anzuwenden, wenn – wie vorliegend – die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an Verbandstarifverträge auf einer dynamischen Verweisung in einem Haustarifvertrag beruht (BAG 11. Dezember 2013 – 4 AZR 473/12 – zur Veröffentlichung vorgesehen).

bb)

146

Da die Parteien hier ihren Arbeitsvertrag im Jahre 1991 abgeschlossen haben, handelt es sich um einen sogenannten Altvertrag, auf den daher aus Gründen des Vertrauensschutzes noch die alte Gleichstellungsrechtsprechung anzuwenden ist. Gleichwohl folgt daraus vorliegend kein Verlust der dynamischen arbeitsvertraglichen Bindung der Vergütung des Klägers an das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes. Denn die arbeitsvertraglichen Abreden der Parteien zur Inbezugnahme von Tarifverträgen können nicht als Gleichstellungsabrede im Sinne der vorerwähnten Rechtsprechung ausgelegt werden.

147

Eine Gleichstellungsabrede liegt vor, wenn der Arbeitgeber sich arbeitsvertraglich verpflichtet, im Arbeitsverhältnis mit seinem Arbeitnehmer die Tarifverträge, denen er kollektivrechtlich unterworfen ist, anzuwenden (BAG aaO). Damit es tatsächlich auch unter Einbeziehung möglicher zukünftiger tariflicher Veränderungen bei dem Gleichklang von Arbeitsvertragsbindung und Tarifvertragsbindung bleibt, ist mit einer Gleichstellungsabrede typischerweise die Aussage verbunden, es sollten zeitdynamisch die jeweiligen Tarifverträge zur Anwendung kommen.

148

Die Interpretation des Arbeitsvertrages als Gleichstellungsabrede scheitert hier schon an der fehlenden Tarifbindung des Beklagten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages im Jahre 1991. Im Übrigen fehlt es auch für die Zeit nach dem Abschluss des Haustarifvertrages 1993 an der für die Gleichstellungsabrede notwendigen Kongruenz zwischen den für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträgen und den in Bezug genommenen tariflichen Regelungen.

5.

149

Die arbeitsvertragliche Bindung an die jeweiligen Vergütungsregeln im Tarifwerk des öffentlichen Dienstes hat ihre Dynamik nicht durch die Einführung des TVöD und die damit einhergehende fehlende Fortentwicklung des BAT-O verloren. Dass sich die Vergütung des Klägers nach den Nachfolgetarifverträgen des BAT richtet, ergibt eine ergänzende Auslegung des Arbeitsvertrags.

150

Der BAT wurde für den Bereich des Bundes und der Kommunen zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (TVöD) ersetzt. Bei der im öffentlichen Dienst erfolgten Ablösung des BAT durch den TVöD handelt es sich um eine Tarifsukzession, Gewerkschaft und Arbeitgeberseite ersetzten übereinstimmend ein Tarifwerk durch ein anderes Tarifwerk (BAG 10. November 2010 – 5 AZR 633/09 – ZTR 2011, 150; BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 122/09; BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Dadurch ist die zeitdynamisch ausgestaltete Bezugnahme auf die Vergütungsregelungen des BAT-O im Arbeitsvertrag der Parteien zu einer statischen geworden, weil das Objekt der Bezugnahme von den Tarifvertragsparteien nicht mehr weiterentwickelt wird.

151

Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die mit der Tarifsukzession entstandene nachträgliche Regelungslücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen (BAG aaO).

152

Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Es ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre. Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf die Vergütungsregeln aus dem Tarifwerk des öffentlichen Dienstes ergibt sich der gemeinsame Wille der Parteien, die Vergütung nicht in einer bestimmten Höhe bis zu einer Vertragsänderung festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Höhe der Vergütung der Angestellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien redlicherweise für den Fall einer Tarifsukzession das dem im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk als Bezugspunkt für die Vergütungsregelung vereinbart, weil ein „Einfrieren“ der Vergütung auf den Zeitpunkt der Tarifsukzession nicht ihren Interessen entspricht (BAG aaO). Zum anderen haben sich die Parteien mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag tatsächlich in Bezug genommenen Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten (BAG aaO).

6.

153

Dem Kläger steht Entgelt aus der Entgeltgruppe 6, Erfahrungsstufe 6 des TVöD zu. Denn der Kläger ist inzwischen als Rettungsassistent eingesetzt und nicht mehr als Rettungssanitäter.

a)

154

Maßgebend sind insoweit die Eingruppierungsmerkmale, die sich der Beklagte mit dem Änderungstarifvertrag 2002 geschaffen hat, die als betriebliches Entgeltschema beim Beklagten nach wie vor zur Anwendung gelangen. Danach werden in die Vergütungsgruppe VIb eingruppiert „Rettungsassistenten nach bestandener Prüfung und entsprechender Tätigkeit“. Der Vergütungsgruppe VIb aus dem Regelwerk des BAT-O entspricht nunmehr die Entgeltgruppe 6 des TVöD.

155

Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger seit dem Ablegen seiner Prüfung als Rettungsassistent im Jahre 1994. Insbesondere hat der Kläger schlüssig vorgetragen, dass er auch entsprechend seiner Ausbildung überwiegend als Rettungsassistent vom Beklagten eingesetzt werde und das diesbezügliche Bestreiten des Beklagten ist unerheblich.

156

Der Kläger trägt vor, seine Wache sei regelmäßig mit drei Arbeitnehmern besetzt von denen zwei Rettungsassistenten sein müssten. Selbst wenn man also zu Gunsten des Beklagten unterstellt, dass alle Beschäftigten in allen Rollen in der Rettungswache gleichmäßig verteilt tätig sind, ergibt sich daraus rein statistisch ein überwiegender Einsatz des Klägers als Rettungsassistent. Für seine Argumentation beruft sich der Kläger auf die mit der Klageschrift vorgelegten Einsatzpläne. Im Übrigen ergibt sich die Stellung des Klägers als Rettungssanitäter auch aus der Stellenbeschreibung 2007, die beiderseits unterzeichnet ist (Kopie hier Blatt 620). Damit hat der Kläger schlüssig seinen überwiegenden Einsatz als Rettungsassistent dargelegt. Da nicht erkennbar ist, dass sich die Arbeitssituation in den Jahren vor 2006 anders dargestellt hat, erstreckt sich die Schlüssigkeit des Vortrags auch auf die Jahre vor Beginn des hiesigen Streitzeitraums.

157

Das Bestreiten des Beklagten ist unerheblich.

158

Soweit der Beklagte meint, er könne nicht wissen, wie der Kläger auf der Wache eingesetzt gewesen sei, fehlt es an einer Auseinandersetzung mit den vorgelegten Einsatzplänen. Soweit der Beklagte meint, die Arbeitnehmer hätten untereinander Schichten getauscht, so dass die Einsatzpläne nicht die Realität widerspiegeln würden, ergibt sich daraus kein Argument gegen die Auswertung der Einsatzpläne, denn es kann davon ausgegangen werden, dass sich über die Zeit gesehen, die durch Tausch von Diensten entstanden Abweichungen vom Plan aufheben.

159

Soweit der Beklagte bestreitet, dass die Wachen regelmäßig mit drei Mitarbeitern zu besetzen seien, von denen zwei Rettungsassistenten sein müssten, ist das Bestreiten unerheblich. Der Kläger hat sich für seine Argumentation auf die Gesetzeslage und auf eine Anweisung des Landkreises bezogen. Mit diesen Argumenten hat sich der Beklagte nicht auseinandergesetzt, sondern nur mit Nichtwissen bestritten, was in diesem Punkte nicht ausreicht (§ 138 Absatz 4 ZPO).

b)

160

Ein anderes Bild ergibt sich auch dann nicht, wenn man zu Gunsten des Beklagten davon ausgeht, dass die Eingruppierungsmerkmale aus dem BAT-O in Verbindung mit dem Überleitungstarifvertrag zum TVöD zur Anwendung kommen. Darauf hat der Kläger zutreffend hingewiesen, denn im hier streitigen Zeitraum Mai bis Oktober 2009 wäre der Kläger auch nach den Regeln des BAT-O bereits der Vergütungsgruppe VIb bzw. Entgeltgruppe 6 zuzuordnen gewesen. Davon muss im Übrigen auch der Beklagte ausgegangen sein, denn in der Stellenbeschreibung zu dem Arbeitslatz des Klägers wird dieser jedenfalls seit 2007 als Rettungsassistent geführt.

7.

161

Der Höhe nach sind die verbliebenen Teile aus den Klageanträgen zu 1.4 und 1.9 weitgehend begründet. Dem Kläger stehen weitere 1.821,92 Euro brutto zu.

a)

162

Der verbliebene Teil des Klageantrages zu 1.4 ist in der Hauptsache begründet und in Hinblick auf die Zinsen zu einem kleinen Teil nicht begründet.

163

Legt man die Vergütungsregeln des TVöD zu Grunde, stehen dem Kläger für die Monate Mai bis Oktober 2009 (6 Monate) wie eingeklagt weitere 1.760,88 Euro brutto zu. Die Höhe des dem Kläger nach den Regeln des TVöD zustehenden Entgelts (ständige Entgeltbestandteile) ist – wenn man eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 6 des TVöD zu Grunde legt – nicht in Streit. Der Kläger hatte 2009 einen Entgeltanspruch (ständige Entgeltbestandteile) nach der Entgeltgruppe 6 Stufe 6 in Höhe von 2.474,80 Euro brutto. Davon geht auch der Kläger ausweislich seiner Zusammenstellung (Anlage K 2 zur Klageschrift, hier Blatt 20 f) aus. Hinzuzurechnen sind monatliche 151,15 Euro Überleitungsdifferenz (vgl. Anlage 2 zur Klageschrift, hier Blatt 20) im Sinne von § 6 TVÜ-VkA, die der Beklagte nicht geleistet hat und zu der sich der Beklagte im Rechtsstreit nicht weiter eingelassen hat. Hinzuzurechnen ist außerdem die tarifliche Wechselschichtzulage in Höhe von monatlich 105 Euro und der tariflich geschuldete kinderbezogene Anteil des ehemaligen Ortszuschlags für nunmehr noch ein Kind in Höhe von 95,89 Euro brutto monatlich im Streitzeitraum. Das Gesamtentgelt des Klägers (ständige Entgeltbestandteile) beläuft sich damit im Streitzeitraum pro Monat auf 2.826,84 Euro. Ausweislich der überreichten Abrechnungen hat der Beklagte im Streitzeitraum dagegen lediglich 2.533,36 Euro vergütet, nämlich 2.359,57 Euro „Gehalt“, 80,79 Euro „Zulage Kind“ sowie 93 Euro „Schichtzulage“. Bei einer monatlichen Differenz in Höhe von 293,48 Euro brutto ergibt sich somit für die streitigen 6 Monate ein Gesamtbetrag in Höhe von 1.760,88 Euro brutto.

164

Soweit die Berufung in diesem Punkt (Anteile aus dem Klageantrag zu 1.4) begründete ist, ist auch die Zinsforderung berechtigt, denn der Kläger macht lediglich den gesetzlichen Verzugszins nach § 288 BGB geltend. Der Zeitpunkt des Zinsbeginns ist allerdings zu Lasten des Klägers zu korrigieren. Legt man – was offensichtlich auch dem Kläger vorgeschwebt hat – ein mittleres Zinsdatum für die Gesamtforderung zu Grunde, ist dies bei den 6 Teilforderungen, die zwischen dem 1. Juni 2009 und dem 1. November 2009 in Monatsschritten fällig wurden, der 1. August 2009.

b)

165

Der verbliebene Teil des Klageantrages zu 1.9 ist in der Hauptsache überwiegend begründet und in Hinblick auf die Zinsen zu einem kleinen Teil nicht begründet.

166

Dem Kläger steht ein Betrag in Höhe von 61,04 Euro brutto aus dem Klageantrag zu 1.9 (Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit 2009) zu. Der Betrag ergibt sich aus den Zuschlagsdifferenzen für die Monate Mai bis August 2009, die der Kläger aus Seite 12 seiner Klageschrift (hier Blatt 12) im Einzelnen aufgelistet hat. Die Teilbeträge für die streitigen Monate addieren sich auf den zugesprochenen Betrag. Damit sind die Berufung und die Klage hinsichtlich des verbliebenen Teils des Klageantrages zu 1.9 in Höhe von 14,10 Euro nicht begründet. Die Differenz rührt offensichtlich aus einem Rechenfehler im Teilurteil, denn das Landesarbeitsgericht hat dort die Klage für die Monate Januar bis April 2009 im Umfang von 96,38 Euro abgewiesen, obwohl sich die Teilbeträge für diese Zeit auf 110,48 Euro summieren.

167

Dem Grunde nach stehen dem Kläger aufgrund der arbeitsvertraglichen Bindung an die Vergütungsentwicklung im öffentlichen Dienst die Zuschläge für Sonntags- und Feiertagsarbeit zu. Wegen der Einzelheiten wird auf die unten folgenden Ausführungen zur Aufrechnungserklärung des Beklagten verweisen.

168

Zur Höhe der für die hier zugesprochenen Monate geltend gemachten Differenzen hat der Beklagte nicht Stellung genommen; das Gericht sieht daher keinen Anlass, die Zusammensetzung dieses Klagebetrages einer eingehenden Prüfung zu unterziehen.

169

Zinsen in Höhe der geltend gemachten Verzugszinsen nach § 288 BGB können dem Kläger allerdings nur ab jeweiliger Fälligkeit der Teilbeträge zuerkannt werden und nicht wie beantragt ab dem 16. März 2009. Die Fälligkeit ist jeweils zum Beginn des Folgemonats eingetreten. Aus Gründen der Prozessökonomie hat das Gericht stattdessen das mittlere Zinsdatum geschätzt und daher Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe ab dem 1. Juli 2009 zugesprochen.

8.

170

Die begründeten Ansprüche ist nicht wegen des Eingreifens der 3-monatigen Ausschlussfrist aus § 30 Haustarifvertrag 2007 untergegangen, denn der Kläger ist nicht an diesen Tarifvertrag gebunden.

171

Da es an einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme dieses Tarifvertrages mangelt, könnte der Haustarifvertrag 2007 im Arbeitsverhältnis der Parteien nur kraft Tarifbindung gelten. Das würde aber voraussetzen, dass es sich um einen Tarifvertrag handelt, bei dem die Gewerkschaft ver.di Partei des Tarifvertrages geworden ist. Das ist vorliegend nicht der Fall.

172

Da der Haustarifvertrag 2007 nicht von einem nach der Satzung der Gewerkschaft ver.di vertretungsbefugten Organ unterzeichnet wurde, könnte ver.di nur dann Partei des Tarifvertrages geworden sein, wenn diese Gewerkschaft der Gewerkschaft GEW eine Vollmacht zum Abschluss des streitigen Tarifvertrages gegeben hätte. Davon kann nicht ausgegangen werden.

173

Ver.di hat für den Abschluss des Haustarifvertrages 2007 keine ausdrückliche Vollmacht erteilt. Das ist zwischen den Parteien unter Einschluss der Streithelferin unstreitig und braucht daher nicht weiter vertieft zu werden. Bezogen auf den Haustarifvertrag 2007 kann aber auch nicht von einer konkludenten Vollmachtserteilung seitens ver.di ausgegangen werden. Weder die Streithelferin noch der Beklagte hat ein Ereignis geschildert, aus dem man die Schlussfolgerung ziehen könnte, damit wollte ver.di für den Tarifvertrag 2007 eine Abschlussvollmacht erteilen.

174

Es ist insoweit noch nicht einmal vorgetragen, dass ver.di überhaupt bekannt war, dass der Beklagte mit der GEW 2007 über den Abschluss eines völlig eigenständigen vom öffentlichen Dienst entkoppelten Haustarifvertrages verhandelt hat. Vorgetragen ist insoweit lediglich, dass sich für die Verhandlungen 2007 im Betrieb des Beklagten wiederum eine Tarifkommission gebildet hat, bestehend aus Mitgliedern der GEW und Mitgliedern von ver.di. Aus dem Umstand, dass sich beim Beklagten eine gemischtgewerkschaftliche Tarifkommission gebildet hat, kann aber nicht geschlossen werden, dass die für die Tarifpolitik zuständigen Organe der Gewerkschaft ver.di Kenntnis von den Aktivitäten ihrer Mitglieder bekommen haben. Da es schon am Vortrag zur Kenntnis der Gewerkschaft von den Tarifverhandlungen fehlt, kann die Folgefrage, ob man aus der fehlenden Unterbindung des Tätigwerdens ihrer Mitglieder in einer gemischtgewerkschaftlichen betrieblichen Tarifkommission auf die Billigung dieses Vorgehens schließen kann, offen bleiben.

175

Auf eine konkludente Vollmachtserteilung kann auch nicht aus den Ereignissen im Jahre 2004 geschlossen werden, als es zu dem Wechsel der Tarifführerschaft von ver.di auf die Gewerkschaft GEW gekommen war. Es spricht zwar viel dafür, dass man aus dem lautlosen Rückzug von ver.di und dem gleichzeitigen erstmaligem Auftreten von Funktionären der GEW beim Beklagten den Schluss ziehen kann, dass der Wechsel der Verhandlungsführerschaft auf ein abgestimmtes Verhalten der beiden Gewerkschaften zurückgeht. Daraus mag man auch folgern, dass die Gewerkschaft GEW bevollmächtigt war, den Haustarifvertrag 2004 auch im Namen von ver.di abzuschließen. Es gibt aber keine Grundlage für die Annahme, ver.di hätte 2004 über die konkrete Tarifrunde hinaus für alle Zeit der GEW eine Vollmacht erteilt, weitere Tarifverträge mit dem Beklagten abzuschließen. Die Vorstellung, eine Gewerkschaft würde einer anderen Gewerkschaft eine unbefristete und auch inhaltlich nicht weiter bestimmte Vollmacht für eine unbekannte Anzahl späterer Tarifverträge erteilen, ist so ungewöhnlich, dass es dafür konkreter Anhaltspunkte im Einzelfall bedürfte, die hier nicht vorliegen.

176

Es gibt auch keine rechtlich tragfähigen Gesichtspunkte, die es rechtfertigen, ver.di und seine Mitglieder so zu behandeln, als hätte die Gewerkschaft Vollmacht erteilt. Weder die Voraussetzungen einer Duldungs- noch die einer Anscheinsvollmacht sind gegeben.

177

Von einer Duldungsvollmacht spricht man, wenn der Vollmachtgeber (hier die Gewerkschaft ver.di) weiß, dass andere in seinem Namen auftreten und Geschäfte abschließen, und dies nicht unterbindet. Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Insoweit fehlt es schon an Vortrag des Beklagten oder der Streithelferin, dass man gegenüber der Gewerkschaft ver.di Rechenschaft über die in Vollmacht abgeschlossenen Tarifverträge abgelegt hat. Es sind auch sonst keine Ereignisse geschildert, die den Schluss zulassen, dass die für die Tarifpolitik bei ver.di zuständigen Organe Kenntnis von den Haustarifverträgen beim Beklagten erlangt haben. Die Kenntnis der ver.di-Mitglieder in der betrieblichen Tarifkommission kann ver.di nicht zugerechnet werden, da nicht ersichtlich ist, dass diese Tarifkommission oder jedenfalls ihre ver.di-Mitglieder von der Gewerkschaft in irgendeiner Weise zur Verhandlung und zum Abschluss der Haustarifverträge autorisiert worden sind.

178

Von einer Anscheinsvollmacht spricht man, wenn dem Publikum gegenüber der Eindruck entsteht, der Vollmachtgeber wisse und dulde, dass andere in seinem Namen Geschäfte abschließen. Durch die Rechtsfigur der Anscheinsvollmacht soll das redliche Vertrauen der Geschäftspartner geschützt werden, wenn es erdrückende Anzeichen dafür gibt, dass der Vollmachtgeber Kenntnis von den getätigten Geschäftsabschlüssen hat, diese sich jedoch nicht nachweisen lässt. Es kann dahinstehen, ob man diese Rechtsfigur überhaupt anerkennen kann, denn jedenfalls gibt es hier weder auf Seiten der Streithelferin noch auf Seiten des Beklagten ein redliches schützenswertes Vertrauen in die Kenntnis vom und die Billigung des Tarifgeschehens beim Beklagten durch die Gewerkschaft ver.di. Die Streithelferin und der Beklagte haben darauf vertraut, dass man aus dem Geschehen 2004 aus Anlass des Wechsels der Tarifführerschaft von der einen auf die andere Gewerkschaft nicht nur auf eine Vollmacht sondern auf eine dauerhafte Generalvollmacht für die GEW schließen könne. Wie oben bereits betont, gibt es aber keine ausreichenden Indizien dafür, dass die Gewerkschaft ver.di der Gewerkschaft GEW seinerzeit eine auf Dauer angelegt Generalvollmacht erteilt haben könnte. Daher ist das Vertrauen der genannten Personen nicht schutzbedürftig.

9.

179

Der weitere klägerische Entgeltanspruch ist auch nicht im Wege der Aufrechnung untergegangen, denn dem Beklagten stehen gegen den Kläger keine Ansprüche zu, mit denen die Aufrechnung erklärt werden könnte.

180

Der Beklagte hat erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 12. Januar 2010 Aufrechnung mit Gegenansprüchen erklärt und hat diese Erklärung im Rahmen der Berufungsbegründung wiederholt. Der Beklagte meint, er hätte gegen den Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung der unständigen Bestandteile des Entgelts, da die Vergütung des Klägers im Arbeitsvertrag ausdrücklich und abweichend von den in Bezug genommenen Richtlinien geregelt worden sei, und diese Regelung keine unständigen Entgeltbestandteile in Form von Zuschlägen vorsehe.

181

Die Aufrechnung greift nicht, da hinsichtlich der unständigen Entgeltbestandteile keine Überzahlung bzw. Zahlung ohne Rechtsgrund vorliegt. Wie sich aus den bisherigen Ausführungen ergibt, hat der Kläger einen einzelvertraglich begründeten Anspruch auf Vergütung nach den Regeln des TVöD. Danach hat der Kläger auch Anspruch auf die unständigen Entgeltbestanteile, sofern er an Sonn- oder Feiertagen oder nachts gearbeitet hat. Aus dem nicht vollständigen Ausfüllen des Arbeitsvertragsformulars kann keine gegenteilige Folgerung gezogen werden, vermutlich war es den Vertragsparteien lediglich zu lästig, die ohnehin geltenden Einzelheiten zu ermitteln und in das Formular einzutragen. Jede andere Deutung wäre lebensfremd. Die Deutung des Gerichts stimmt mit der gelebten Vertragspraxis bis in die heutige Zeit überein und sie wird zusätzlich dadurch gestützt, dass der Beklagte 1991 bei Vertragsabschluss ohnehin verbandsrechtlich verpflichtet war, die ASB-Richtlinien Bund 1991 auch einzuhalten.

II.

182

Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Widerklage zu Recht abgewiesen. Die Widerklage ist nicht begründet. Der Kläger ist nicht Kraft seiner Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di an den Haustarifvertrag 2007 gebunden. Wegen der Einzelheiten kann auf die obigen Ausführungen verweisen werden.

III.

183

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO.

184

Der Kläger hat die Hälfte der Kosten (Gericht und Parteien) zu tragen, da er im Berufungsrechtszug im Umfang von 9.870,96 Euro unterlegen ist, während er nur im Umfang von 9.821,92 Euro obsiegt hat.

185

Der Beklagte hat dementsprechend den übrigen Anteil der Kosten (Gericht und Parteien) zu tragen. Wegen der veränderten Kostenverteilung ist insoweit auch das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern.

186

Der Anteil des Unterliegens des Klägers im Berufungsrechtszug summiert sich auf einen Wert in Höhe von 9.870,96 Euro. Dieser Wert setzt sich zusammen aus dem Wert der mit Teilurteil vom 25. April 2013 abgewiesenen Klageanträge (9.856,86 Euro) zuzüglich der 14,10 Euro wegen der Berechnungsfehler bei der Höhe der zugesprochenen Klageforderung aus dem Antrag zu 1.9. Der Anteil des Unterliegens des Beklagten summiert sich im Berufungsrechtszug auf 9.821,92 Euro. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 1.821,92 Euro wegen des Teilerfolges der klägerischen Berufung im Schlussurteil. Hinzuzurechnen ist nach § 97 ZPO der Wert der erfolglosen Berufung des Beklagten wegen seiner Widerklage. Mangels Anhaltspunkten für die Bemessung des wirtschaftlichen Wertes dieses Antrages, wird dieser Teil des Rechtsstreits nach dem Rechtsgedanken aus § 23 Absatz 3 RVG bei der Kostenverteilung mit einem Ansatz in Höhe von 5.000 Euro berücksichtigt (1 voller Auffangwert). Der Beklagte hat außerdem die Kosten des in der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 2014 für erledigt erklärten klägerischen Feststellungsantrages zu 1.14 zu tragen. Diese Pflicht ergibt sich aus § 91a ZPO. Es entspricht billigem Ermessen die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen, weil der Antrag, wenn das erledigende Ereignis (Abschluss einen neuen Arbeitsvertrages, durch den der Kläger faktisch streitlos gestellt wurde) nicht eingetreten wäre, mit diesem Feststellungsantrag obsiegt hätte. Dies ergibt sich aus dem vorliegenden Schlussurteil und der Begründung des erfolgreichen Anteils der klägerischen Berufung. Der Wert dieses Antrages bis zur Erledigungserklärung ist mit dem 36-fachen Monatswert der jüngsten streitigen Monate zu bewerten, hier also mit 36 mal 293,48 Euro, also mit insgesamt 10.565,28 Euro. Die nach § 42 Absatz 3 GKG vorgesehene Außerachtlassung rückständiger mit eingeklagter Einzelbeträge kann nur bei der Bemessung des Streitwertes des Verfahrens berücksichtigt werden und hat keinen Einfluss auf die Bemessung der Anteile des Obsiegens und Verlierens im Rahmen der gerichtlichen Kostenentscheidung. Nach der Erledigung hat sich der Wert dieses Streitgegenstandes auf das Kosteninteresse reduziert, welches das Gericht auf einen Betrag in Höhe von 3.000 Euro schätzt (Unterschied der Summe aus den gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten beider Parteien und der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin im Berufungsrechtszug bei einer Reduzierung des Gesamtstreitwertes um 10.565,28 Euro nach der Erledigung).

187

Die Entscheidung bezüglich der Kosten der Streithelferin beruht auf § 101 ZPO; Kosten im Verhältnis zwischen der Streithelferin und der Hauptpartei werden nicht festgesetzt, da zwischen diesen Beteiligten kein Rechtsstreit besteht.

188

Die Revision kann nicht zugelassen werden, da die gesetzlichen Voraussetzungen für ihre Zulassung nach § 72 Absatz 2 ArbGG nicht erfüllt sind.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 09. Sept. 2014 - 5 Sa 227/11

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 09. Sept. 2014 - 5 Sa 227/11

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 09. Sept. 2014 - 5 Sa 227/11 zitiert 17 §§.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 4 Wirkung der Rechtsnormen


(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 1 Inhalt und Form des Tarifvertrags


(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen könne

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91a Kosten bei Erledigung der Hauptsache


(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksich

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 3 Tarifgebundenheit


(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist. (2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 42 Wiederkehrende Leistungen


(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitneh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 101 Kosten einer Nebenintervention


(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebeninte

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 23 Allgemeine Wertvorschrift


(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder de

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Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 09. Sept. 2014 - 5 Sa 227/11 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 11. Dez. 2013 - 4 AZR 473/12

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Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 14. März 2012 - 4 Sa 12/10 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Apr. 2012 - 4 AZR 392/10

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. Aug. 2011 - 4 AZR 683/09

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Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 22. Mai 2008 - 8 Sa 1/08 - wird zurückgewiesen.

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(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 13. April 2010 - 3 Sa 906/09 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung Vergütung nach dem zwischen dem Marburger Bund und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geschlossenen Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (vom 17. August 2006 - TV-Ärzte/VKA) beanspruchen kann.

2

Der Kläger ist seit dem 1. Januar 1996 bei der Beklagten, die nicht Mitglied in einem Mitgliedsverband der VKA ist, zuletzt als leitender Oberarzt auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 5./24. Oktober 1995 beschäftigt. In diesem heißt es ua.:

        

㤠2

        

Für das Arbeitsverhältnis gilt der Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 1.4.61 in der jeweils für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (BAT/VKA) unter Berücksichtigung der in § 5 dieses Vertrages aufgeführten Ausnahmen und Ergänzungen.

        

Ergänzende Tarifverträge finden ebenfalls Anwendung, sofern sie für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände gelten und in § 5 des Arbeitsvertrages nichts Gegenteiliges bestimmt ist.

        

§ 3

        

Der Arzt erhält eine Vergütung nach Vergütungsgruppe Ia Altersstufe 9 BAT/VKA.

        

...     

        

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit richtet sich nach § 15, Abs. 1 BAT/VKA.“

3

In § 5 des Arbeitsvertrages haben die Parteien zu einigen Bestimmungen des BAT/VKA und den diesen ergänzenden Tarifverträgen abweichende Regelungen getroffen oder deren Anwendung ausgeschlossen.

4

Zum 1. Oktober 2005 trat der zwischen der VKA und ua. der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) geschlossene Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (vom 13. September 2005 - TVöD/VKA) sowie für den Bereich der Krankenhäuser, Pflege- und Betreuungseinrichtungen dessen besonderer Teil Krankenhäuser (BT-K) in Kraft. Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum TVöD-BT-K vom 1. August 2006 wurde der BT-K mit Wirkung zum 1. August 2006 in den Besonderen Teil Krankenhäuser nF und den Besonderen Teil Pflege- und Betreuungseinrichtungen (BT-B) aufgegliedert. Ebenfalls am 1. August 2006 trat der TV-Ärzte/VKA in Kraft. Bereits seit dem 1. Oktober 2005 wurde der Kläger nach der Entgeltgruppe II, Stufe 4, TVöD-BT-K vergütet. Mit Schreiben vom 30. Juni 2007 wandte sich der Kläger gegen die vorgenommene Tarifumstellung und die Eingruppierung nach dem TVöD-BT-K. Mit weiterem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 4. Dezember 2008 machte er eine Vergütung nach der Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA geltend.

5

Mit seiner am 8. Januar 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die in der Höhe zwischen den Parteien unstreitige Vergütungsdifferenz zwischen der seiner Meinung nach zutreffenden Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA und der ihm von der Beklagten gezahlten Vergütung für die Zeit ab dem 1. August 2006 verlangt. Eine ergänzende Vertragsauslegung ergebe, dass der TV-Ärzte/VKA für das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis maßgebend sei. Es handele sich dabei um ein spezielles Regelwerk für an kommunalen Krankenhäusern beschäftigte Ärzte. Das Geltendmachungsschreiben vom 30. Juni 2007 erfasse den gesamten Streitzeitraum, da der TV-Ärzte/VKA nicht bereits am 17. August 2006 wirksam zustande gekommen sei, sondern erst durch die Unterzeichnung der Urschrift des Tarifvertrages am 23. Februar 2007.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 21.993,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB aus 1.110,00 Euro seit dem 1. September 2006, aus 1.110,00 Euro seit dem 1. Oktober 2006, aus 1.110,00 Euro seit dem 1. November 2006, aus 1.110,00 Euro seit dem 1. Dezember 2006, aus 1.110,00 Euro seit dem 1. Januar 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. Februar 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. März 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. April 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. Mai 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. Juni 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. Juli 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. August 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. September 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. Oktober 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. November 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. Dezember 2007, aus 900,00 Euro seit dem 1. Januar 2008, aus 759,60 Euro seit dem 1. Februar 2008, aus 759,60 Euro seit dem 1. März 2008, aus 759,60 Euro seit dem 1. April 2008, aus 1.121,50 Euro seit dem 1. Mai 2008, aus 1.121,50 Euro seit dem 1. Juni 2008, aus 1.121,50 Euro seit dem 1. Juli 2008 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die für eine ergänzende Vertragsauslegung erforderliche Lücke innerhalb der vertraglichen Bezugnahmeregelung sei nicht eingetreten. Im Übrigen komme selbst dann eine Auslegung zugunsten des TV-Ärzte/VKA nicht in Betracht, weil mehrere Auslegungsergebnisse in gleicher Weise möglich seien und der hypothetische Wille der Parteien heute nicht mehr ermittelt werden könne.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts konnte die Klage nicht abgewiesen werden. Der Senat kann aber mangels ausreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in der Sache nicht abschließend entscheiden. Dies führt zur Aufhebung der Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

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I. Der auf Zahlung gerichtete Antrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Wie die gebotene Auslegung ergibt, ist der Klagebetrag als Bruttovergütung gefordert. Der Kläger hat bereits im Rahmen seiner Klagebegründung, die für die Antragsauslegung heranzuziehen ist, stets Bruttoentgeltbeträge und -entgeltdifferenzen zugrunde gelegt. Davon ist auch erkennbar das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung ausgegangen und hat die Beklagte zur Zahlung eines Bruttobetrages verurteilt. Dies hat der Kläger auch nicht gerügt.

11

II. Der Senat kann nicht abschließend darüber entscheiden, ob die Zahlungsklage begründet ist. Zwar richtet sich das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis im streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr nach den Bestimmungen des BAT in der für die VKA geltenden Fassung (BAT/VKA). Der Senat kann aber nicht abschließend darüber befinden, welcher der beiden möglichen Nachfolgetarifverträge auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden ist. Das führt zur Aufhebung der Berufungsentscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht.

12

1. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Anwendbarkeit des TV-Ärzte/VKA ergebe sich nicht aus den Vereinbarungen in den §§ 2 und 3 des Arbeitsvertrages. Der Arbeitsvertrag sei zwar aufgrund der mangelnden Fortführung des BAT/VKA lückenhaft geworden. Eine ergänzende Vertragsauslegung führe aber nicht zu dem Ergebnis, welches der Kläger verfolge. Seit dem 1. Oktober 2005 seien die Vergütungsregelungen des TVöD/VKA als Ersatzregelung maßgebend. Die Tarifvertragsparteien einschließlich des Marburger Bundes hätten zum Ausdruck gebracht, dass sie einer Überleitung aus dem BAT/VKA in den TVöD/VKA ab 1. Oktober 2005 zustimmten. Dem entspreche auch § 2 Abs. 1 TVÜ-Ärzte/VKA, wonach der TV-Ärzte/VKA den TVöD einschließlich des BT-K ablöse. Entsprechend sei das Arbeitsverhältnis in dem Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis 31. Juli 2006 einvernehmlich auf der Grundlage des TVöD/VKA weitergeführt worden, was einer Vertragslücke zum 1. August 2006 entgegenstehe. Selbst im Falle einer Regelungslücke fehle es an ausreichenden Anhaltspunkten für die Annahme, der TV-Ärzte/VKA könne zur Lückenfüllung herangezogen werden.

13

2. Dem folgt der Senat nicht. Die Nichtanwendung des TV-Ärzte/VKA kann mit der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht begründet werden.

14

a) Nach § 2 des Arbeitsvertrages gelten - abgesehen von den unter § 5 aufgeführten Ausnahmen und Ergänzungen - für das Arbeitsverhältnis der „Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 1.4.61 in der jeweils für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (BAT/VKA)“ sowie die ergänzenden Tarifverträge. Diese Abrede (zu den Maßstäben der Auslegung einer solchen Allgemeinen Geschäftsbedingung BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, BAGE 134, 283; 25. August 2010 - 4 AZR 14/09 - Rn. 23 ff., AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 21)enthält jedenfalls hinsichtlich der streitgegenständlichen Vergütungsregelungen eine zeitdynamische Bezugnahme, die den jeweiligen BAT/VKA und nach Absatz 2 der Vertragsbestimmung auch ihn ergänzende Tarifverträge erfasst. Dem entspricht die nachstehende Regelung in § 3 des Arbeitsvertrages. Sie benennt die sich aus der vorstehenden Bezugnahme ergebende Vergütungsgruppe, die für die Tätigkeit des Klägers maßgebend ist. Von diesem dynamischen Verständnis der Bezugnahmeklausel gehen auch die Parteien im Grundsatz übereinstimmend aus.

15

Die Bezugnahme erfasst nach ihrem Wortlaut allerdings weder den den BAT/VKA ersetzenden TVöD/VKA noch den TV-Ärzte/VKA. Beide Tarifverträge sind weder eine jeweilige Fassung des BAT/VKA noch ihn ergänzende Tarifverträge iSd. § 2 des Arbeitsvertrages(vgl. nur BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 18, BAGE 134, 283 ). Die Vertragsregelung ist zeitdynamisch ausgestaltet, jedoch nicht inhaltsdynamisch. Ein Zusatz, dass auch die „ersetzenden“ Tarifverträge Anwendung finden sollen (dazu BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 25 mwN, BAGE 130, 286; 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38), wurde nicht in den Arbeitsvertrag aufgenommen. Davon ist auch das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen.

16

b) Die unbedingte dynamische Bezugnahme bewirkt spätestens ab dem 1. August 2006 und damit für den streitgegenständlichen Zeitraum eine nachträgliche Lücke der vertraglichen Vereinbarung, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (ausf. zu den Voraussetzungen und Maßstäben BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 23, 31 ff., BAGE 134, 283; 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 27, 31 ff., NZA 2012, 100) zu schließen ist.

17

aa) Die dynamische Bezugnahmeregelung in § 2 des Arbeitsvertrages ist lückenhaft. Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das jeweils geltende tarifliche Regelungswerk ergibt sich der Wille der Parteien, jedenfalls die Eingruppierungs- und Vergütungsregelungen für das Arbeitsverhältnis, nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie dynamisch an der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) auszurichten. Durch die weitestgehende Ersetzung des BAT/VKA für den Bereich der Kommunen zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 (§ 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-VKA] vom 13. September 2005) sowie den TV-Ärzte/VKA zum 1. August 2006 (§ 2 Abs. 1 TVÜ-Ärzte/VKA) hat die dynamische Entwicklung des BAT/VKA und die zu seiner Ergänzung geschlossenen Tarifverträge ihr Ende gefunden. Da die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf dieser Dynamik aufbaut, ist der Vertrag durch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst spätestens seit dem 1. August 2006 lückenhaft geworden (st. Rspr., BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 25 ff., BAGE 134, 283; 24. August 2011 - 4 AZR 683/09 - Rn. 23 mwN; 16. November 2011 - 4 AZR 246/10 - Rn. 23).

18

bb) Eine nachträgliche Regelungslücke kann, wie es auch das Landesarbeitsgericht zutreffend gewürdigt hat, nicht deshalb verneint werden, weil der BAT/VKA noch mit seinem - statischen - Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien regeln könnte, wie es die Beklagte erstinstanzlich vorgetragen hat. Ein solches Verständnis ist weder mit dem Wortlaut der Klausel noch mit dem Zweck einer zeitdynamischen Bezugnahme vereinbar (ausf. BAG 25. August 2010 - 4 AZR 14/09 - Rn. 26 mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 21 sowie 16. November 2011 - 4 AZR 246/10 - Rn. 24).

19

cc) Die mit der Ersetzung des BAT/VKA entstandene nachträgliche Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen.

20

(1) Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre. Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt. Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (st. Rspr., BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31 mwN, BAGE 134, 283; 16. Juni 2010 - 4 AZR 924/08 - Rn. 26 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 79; 24. August 2011 - 4 AZR 683/09 - Rn. 29 mwN).

21

(2) Die ergänzende Vertragsauslegung bedeutet vorliegend in einem ersten Schritt, dass die Parteien redlicherweise für den Fall der hier vorliegenden Tarifsukzession des im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerks das nachfolgende Regelungswerk des öffentlichen Dienstes vereinbart hätten, weil eine statische Regelung der Arbeitsbedingungen auf den Zeitpunkt der bestehenden Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach. Die Parteien haben mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das Tarifwerk des BAT/VKA in § 2 des Arbeitsvertrages - mit Ausnahme der in § 5 aufgeführten Ausnahmen und Ergänzungen - die Regelungen der Arbeitsbedingungen für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Bereich der VKA anvertraut.

22

(3) Der ergänzenden Vertragsauslegung steht nicht entgegen, dass von der arbeitsvertraglichen Verweisung einzelne Bestimmungen des BAT aufgrund der Regelungen des § 5 des Arbeitsvertrages ausgenommen sind. Die Parteien haben - anders als in der grundlegend anders gelagerten Fallgestaltung, die der Entscheidung des Senats vom 10. Juni 2009 (- 4 AZR 194/08 - AP BGB § 157 Nr. 38) zugrunde lag - nicht etwa mehrere Elemente aus verschiedenen Normenwerken in einer eigenständigen Vertragsregelung miteinander verbunden, die einer Grundvorstellung des Arbeitsvertrages entgegensteht, mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk des BAT sollten für die Zukunft die arbeitsvertraglichen Bedingungen im Grundsatz der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut werden (s. auch BAG 24. August 2011 - 4 AZR 683/09 - Rn. 32; 16. November 2011 - 4 AZR 246/10 - Rn. 37).

23

Aus den in § 5 des Arbeitsvertrages im Einzelnen aufgeführten unanwendbaren oder geänderten Bestimmungen des BAT/VKA und der diesen ergänzenden Tarifverträge ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien die grundsätzliche Anbindung ihres Arbeitsverhältnisses an die tariflichen Bedingungen des öffentlichen Dienstes im Bereich der VKA hinsichtlich der streitigen Vergütungs- und Eingruppierungsbestimmungen ausschließen wollten. Die Herausnahme der § 6(Gelöbnis) und § 69 BAT(Anwendbarkeit beamtenrechtlicher Vorschriften) von der Verweisung ist naheliegend, da die Beklagte nicht dem öffentlichen Dienst angehört. Das gilt im Wesentlichen auch für § 20 BAT(Dienstzeit). § 32 BAT(Örtlicher Sonderzuschlag) war bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses durch den 55. Änderungstarifvertrag zum BAT vom 9. Januar 1987 gestrichen. § 33 BAT regelt Zulagen für Bereiche, die für das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht einschlägig sind, die §§ 62 bis 64 BAT das Übergangsgeld nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bei den Änderungen und Ergänzungen im Übrigen handelt es sich im Wesentlichen um Sonderregelungen für die spezielle Berufsgruppe des Klägers (zB §§ 42 und 50 BAT)und die Anpassung an den kirchlichen/diakonischen Dienst (zB §§ 8, 29 Abs. 5 bis Abs. 7 BAT, Regelungen im Bereich des Zuwendungs-Tarifvertrages für Angestellte).

24

(4) Aufgrund der Aufspaltung der Regelungen des BAT/VKA in die tariflichen Regelungen des TVöD/VKA und den TV-Ärzte/VKA ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung nach § 2 des Arbeitsvertrages maßgebend sein soll, also welches Tarifwerk die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie die eingetretene aufgespaltene Tarifsukzession bedacht hätten.

25

c) Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die den Klageanspruch ausschließende Anwendung des TVöD/VKA ab dem 1. Oktober 2005 nicht angenommen werden.

26

aa) Bereits die grundlegende Annahme des Landesarbeitsgerichts, aufgrund der zeitlichen Abfolge sei die vertragliche Regelung schon zum 1. Oktober 2005 lückenhaft geworden und infolgedessen sei der TVöD/VKA anzuwenden, der als einziger Tarifvertrag bereits zu diesem Zeitpunkt zur Lückenfüllung dienen konnte, ist nicht zwingend. Das Landesarbeitsgericht übersieht, dass der BAT/VKA, soweit er vom Marburger Bund mit abgeschlossen wurde, von diesem erst zum 31. Dezember 2005 gekündigt wurde und bis zum Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA zwischen dem Marburger Bund und der VKA gemäß § 4 Abs. 5 TVG nachwirkte(zur Tarifhistorie s. etwa BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 549/08 - Rn. 3, BAGE 135, 80). Eine vertraglich lückenhafte Regelung bereits ab dem 1. Oktober 2005 könnte nur dann angenommen werden, wenn es dem Willen der Parteien entsprochen hätte, gerade das zwischen der VKA und der Gewerkschaft ver.di vereinbarte Tarifwerk und damit auch dessen Nachfolgeregelung, nicht dagegen dasjenige des Marburger Bundes in Bezug zu nehmen (für die allerdings abweichende Fallgestaltung einer Vergütungsabrede eines Chefarztes „entsprechend der Vergütungsgruppe I BAT“ anders, weil hier eine Überleitungsregelung im TVÜ-VKA besteht und der TV-Ärzte/VKA nach seinem persönlichen Geltungsbereich Chefärzte nicht erfasst BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 696/09 - NZA 2011, 109). Dazu fehlt es an den erforderlichen Feststellungen seitens des Landesarbeitsgerichts.

27

bb) Das Landesarbeitsgericht beruft sich hierbei auch zu Unrecht auf § 2 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Ärzte/VKA. Soweit dort die Parteien dieses Tarifvertrages eine Ersetzung des TVöD und des BT-K vereinbart haben, ist dies ohne Bedeutung. Die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Ärzte/VKA können in ihrem Tarifwerk nicht die Ersetzung von Tarifverträgen festlegen, die von anderen Tarifvertragsparteien geschlossen wurden. Deshalb konnten sie damit auch nicht zum Ausdruck bringen, sie hätten einer Überleitung „aus dem BAT in den TVöD ab 01.10.2005“ zugestimmt, wie es das Berufungsgericht angenommen hat. Für die tarifgebundenen Mitglieder ist allein die tarifliche Rechtslage maßgebend. Für die Auslegung einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel ist eine solche von nicht am Arbeitsvertrag Beteiligten vereinbarte „Tarifregelung“ und ein sich etwaiger daraus ableitbarer Wille der Tarifvertragsparteien grundsätzlich ohne Bedeutung (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 20 mwN, BAGE 134, 283).

28

cc) Schließlich folgt die Anwendung des TVöD/VKA im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nicht aus der Durchführung des Arbeitsverhältnisses für den Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis 31. Juli 2006 auf der Grundlage dieses Tarifvertrages.

29

(1) Zwar darf sich das Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht in Widerspruch zum Parteiwillen setzen. Dieser Grundsatz ist aber dahingehend zu präzisieren, dass eine ergänzende Vertragsauslegung nicht im Widerspruch zu dem im Vertrag zum Ausdruck gebrachten Parteiwillen stehen und nicht zu einer unzulässigen Erweiterung des Vertragsgegenstandes führen darf (BGH 22. April 1953 - II ZR 143/52 - BGHZ 9, 273). Ohne Bedeutung sind hingegen unterschiedliche Auffassungen der Parteien, wie eine Regelungslücke zu schließen ist. Bei den Begleitumständen, die Rückschlüsse auf den erklärten Geschäftswillen haben können, sind bei der Auslegung grundsätzlich nur diejenigen zu berücksichtigen, die bei Abschluss des Rechtsgeschäfts erkennbar waren. Dies gilt auch im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung. Soweit gleichwohl ein nachträgliches Verhalten der Parteien bei der Auslegung von Willenserklärungen berücksichtigt wird (vgl. Staudinger/Singer BGB Neubearbeitung 2012 § 133 Rn. 50 mwN), muss es „Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und das tatsächliche Verständnis der an dem Rechtsgeschäft Beteiligten zulassen“. Hierzu bedarf es in der Regel aber einer über längere Zeit geübten einverständlichen Vertrags- und Zahlungspraxis.

30

(2) Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Dabei kann es dahinstehen, ob aus der Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis für den genannten Zeitraum auf Grundlage des TVöD/VKA durchgeführt wurde, nach den genannten Kriterien überhaupt auf einen Willen der Parteien bei Vertragsschluss geschlossen werden kann, es solle der TVöD/VKA maßgebend sein. Selbst wenn man davon ausgehen würde, fehlt es an einer über längere Zeit einverständlich ausgeübten Vertrags- oder Zahlungspraxis. Weiterhin hat das Landesarbeitsgericht nicht berücksichtigt, dass ausweislich des Schreibens des Klägers vom 30. Juni 2007 die Beklagte die „Tarifumstellung“ mit ihrem Schreiben vom 27. März 2007 mitgeteilt hat, weshalb schon nicht feststeht, ob tatsächlich ab dem 1. Oktober 2005 bereits eine „vollständige“ Überleitung in den TVöD/VKA vorgenommen worden ist.

31

dd) Entgegen der hilfsweise herangezogenen Annahme des Landesarbeitsgerichts kann eine ergänzende Vertragsauslegung für die Zeit ab dem 1. August 2006 auch nicht mit der Begründung abgelehnt werden, es hätte eine Vielzahl von möglichen Regelungsmöglichkeiten bestanden, weshalb es an ausreichenden Anhaltspunkten für die Durchführung einer ergänzenden Vertragsauslegung fehle. Für eine „Abkoppelung“ von den Tarifwerken des öffentlichen Dienstes als mutmaßlichen Parteiwillen gibt es keinerlei Hinweise. Dem steht zudem entgegen, dass die Parteien mit der dynamischen Inbezugnahme des BAT/VKA sich gerade der Regelungsbefugnis dieser Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut haben. Deshalb kann des Weiteren auch nicht angenommen werden, die Vertragsparteien hätten im Wege der Lückenfüllung die einschlägigen kirchlichen Arbeitsvertrags-Richtlinien in Bezug genommen. Hier handelt es sich nicht um Regelungen, deren Urheber die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes sind.

32

3. Über die Klage kann nicht aus anderen Gründen abschließend entschieden werden. Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lassen keinen Schluss darauf zu, welchen der beiden hier in Frage stehenden Tarifverträge die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von der Ersetzung des BAT/VKA durch mehrere Tarifverträge Kenntnis gehabt hätten.

33

a) Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass entgegen der Auffassung des Klägers der TV-Ärzte/VKA gegenüber dem TVöD/VKA nicht der sachnähere Tarifvertrag ist. Der TVöD-BT-K idF vom 1. August 2006 stellt für das ärztliche Personal in Krankenhäusern ein vollständiges Tarifwerk mit speziellen Entgeltgruppen und -regelungen dar. Die einzelnen Bestimmungen beider Tarifwerke stimmen mit Ausnahme der Vergütungshöhe im Wesentlichen überein. Unterschiede, die vorrangig den Entgeltbereich betreffen, führen für sich genommen nicht zu größerer Sachnähe (s. nur Bayreuther NZA 2009, 935).

34

Zudem handelt es sich bei dem Prinzip der Sachnähe oder Spezialität um eine tarifrechtliche Kollisionsregel, die dazu dient, eine Tarifkonkurrenz aufzulösen (vgl. BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 190/08 - Rn. 49, AP TVG § 3 Nr. 48 = EzA TVG § 3 Nr. 34). Eine Tarifkonkurrenz kann aber bei der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag nicht entstehen (s. nur BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 20, BAGE 124, 34). Für die ergänzende Vertragsauslegung ist deshalb das tarifrechtliche Prinzip der Spezialität ohne Belang, sofern sich nicht aus dem Regelungsplan des Vertrages Gegenteiliges ergibt (BAG 29. Juni 2011 - 5 AZR 186/10 - Rn. 30, KHE 2011/126). Solche Anhaltspunkte sind vorliegend nicht ersichtlich.

35

b) Eine Mitgliedschaft des Klägers im Marburger Bund allein kann für die Interessenlage der Parteien bei Vertragsschluss keine Hinweise geben. Selbst wenn die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt davon Kenntnis gehabt hätte, fehlt es nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien an Anhaltspunkten dafür, dieser Umstand sei von Bedeutung für den Inhalt der Bezugnahmeklausel gewesen.

36

c) Für eine Anwendung des TVöD/VKA im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung könnte allerdings sprechen, dass die Beklagte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts über Jahrzehnte mit dem gesamten, also auch dem nicht-ärztlichen Personal den BAT/VKA vereinbart hatte. Für die unmittelbar im Anschluss getroffene Schlussfolgerung des Landesarbeitsgerichts, dies sei „mithin“ zur Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen und aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung erfolgt, fehlt es aber an entsprechenden Tatsachenfeststellungen. Insbesondere hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt, ob auch mit dem nicht-ärztlichen Personal entsprechende, ggf. auf den jeweiligen Beschäftigtenkreis bezogene Ausnahmen und Ergänzungen getroffen wurden, wie sie in § 5 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages vereinbart sind. Anderenfalls könnte nicht mehr ohne Weiteres von einer „Schaffung möglichst einheitlicher Arbeitsbedingungen“ ausgegangen werden.

37

4. Der Rechtsstreit ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

38

a) Das Landesarbeitsgericht wird im Rahmen der neuen Verhandlung Feststellungen darüber zu treffen haben, ob den von der Beklagten vereinbarten Bezugnahmeklauseln unter Berücksichtigung von „Ausnahmen und Ergänzungen“ iSd. § 5 des vorliegenden Arbeitsvertrages der Regelungszweck entnommen werden kann, für alle Beschäftigten Arbeitsbedingungen zu schaffen, die sich an der einheitlichen Anwendung eines Tarifvertrages orientieren, der für sämtliche Beschäftigtengruppen Regelungen enthält. Hierfür könnte auch sprechen, dass es sich vorliegend um einen tarifungebundenen Arbeitgeber handelt, der die seinen Betrieb in ihrem fachlichen Geltungsbereich erfassenden Tarifverträge vor allem deshalb in Bezug genommen haben könnte, weil dies die bezweckte einheitliche Regelung der Arbeitsbedingungen herbeiführen kann, und er nicht zugleich an Tarifverträge eines Verbandes gebunden ist, die dieser mit anderen Tarifvertragsparteien auf Arbeitnehmerseite geschlossen hat. Ausgehend von einem solchen - allerdings noch festzustellenden - Regelungszweck wäre dies nicht der TV-Ärzte/VKA, der nach seinem § 1 Abs. 1 Satz 1 lediglich für Ärztinnen und Ärzte Regelungen trifft, sondern der TVöD/VKA, weil er sowohl nach seinem fachlichen als auch nach seinem persönlichen Geltungsbereich in der Lage ist, für die Gesamtheit der im Betrieb der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer den verfolgten Zweck zu gewährleisten(so bereits BAG 25. August 2010 - 4 AZR 14/09 - Rn. 33, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 21).

39

Sollten hingegen nur mit den ärztlichen Beschäftigten Vereinbarungen iSd. § 5 des Arbeitsvertrages geschlossen worden sein, könnte dies ein Anhaltspunkt für die Absicht sein, für diese gesonderte Arbeitsbedingungen zu schaffen. Ob sich daraus die weitere Annahme ableiten lässt, der TV-Ärzte/VKA sei anzuwenden, wird das Landesarbeitsgericht unter Würdigung der Vertragspraxis der Beklagten insgesamt und des weiteren Sachvortrags der Parteien zu entscheiden haben.

40

b) Für den Fall, dass das Landesarbeitsgericht zur Anwendung der Vergütungsregelungen des TV-Ärzte/VKA auf das Arbeitsverhältnis der Parteien gelangt, wird es zu prüfen haben, ob der Kläger die tarifliche Ausschlussfrist gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte/VKA gewahrt hat, die bei einer vertraglichen Bezugnahme des TV-Ärzte/VKA aufgrund der Verweisung in § 2 des Arbeitsvertrages zur Anwendung käme.

41

aa) Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Dies braucht zwar nicht wörtlich, muss jedoch hinreichend klar geschehen. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung bestehen wird. Die Geltendmachung nach § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte/VKA setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und dessen Höhe, dh. der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Klarheit ersichtlich gemacht wird. Der Sinn und Zweck der Regelung besteht darin, dem Schuldner gegenüber den behaupteten Anspruch so zu kennzeichnen, dass er sich über Inhalt und Umfang klar werden kann und dem Gläubiger die Erhebung einer formellen Klage zunächst erspart wird. Deshalb müssen für den Arbeitgeber die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, erkennbar sein. Eine rechtliche Begründung ist nicht erforderlich (vgl. zu § 70 BAT BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 549/08 - Rn. 83 mwN, AP GG Art. 9 Nr. 140 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 25; 17. Mai 2001 - 8 AZR 366/00 - zu II 3 b der Gründe mwN, AP BAT-O § 70 Nr. 2 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 136). Darüber hinaus muss dem Anspruchsschuldner gegenüber unmissverständlich klargestellt werden, dass auf der Anspruchserfüllung bestanden wird. Allein die Aufforderung, die bisherige Nichterfüllung „zu überdenken“ oder „zu überprüfen“ ist noch keine Geltendmachung im Tarifsinn, weil ihr das eindeutige Erfüllungsverlangen fehlt. Gleiches gilt für den Hinweis, sich „die Geltendmachung der Ansprüche vorzubehalten“ (BAG 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 39 mwN, AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 40).

42

bb) Das Geltendmachungsschreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 4. Dezember 2008 wahrt jedenfalls die Ausschlussfrist für eventuelle nach § 25 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte/VKA am 30. Juni 2008 und danach fällig gewordene Entgeltansprüche. Es bezeichnet eindeutig den Tarifvertrag und die Entgeltgruppe, nach denen der Kläger die Vergütung verlangt. Darüber hinaus nennt es den Zeitraum, für den die Nachzahlung beansprucht wird.

43

cc) Demgegenüber erfüllt das Schreiben des Klägers vom 30. Juni 2007 diese Anforderungen nicht, weshalb es dahinstehen kann, ob die Ausschlussfristen erst durch die abschließende Unterzeichnung des TV-Ärzte/VKA am 23. Februar 2007 in Gang gesetzt wurden.

44

(1) Dem Schreiben ist nicht eindeutig zu entnehmen, welches tarifliche Regelwerk der Kläger auf sein Arbeitsverhältnis angewendet wissen will. Er ist der Auffassung, dass angesichts des Wortlauts von § 2 des Arbeitsvertrages, der den „BAT/VKA“ in Bezug nehme, ein „Automatismus dahingehend, dass automatisch ein den BAT/VKA ersetzender Tarifvertrag gilt“, seinem Vertrag nicht zu entnehmen sei. Daher sei bereits die Anwendung des TVöD fragwürdig. Nur für den Fall, dass das in Bezug genommene tarifliche Regelwerk überhaupt durch ein anderes ersetzt werde, sei der TV-Ärzte/VKA anzuwenden.

45

(2) Damit hat der Kläger lediglich eine Rechtsauffassung dargelegt, ohne einen konkreten Anspruch nach dem TV-Ärzte/VKA zu reklamieren. Vielmehr stellt er die Anwendung eines ersetzenden Tarifvertrages auf sein Arbeitsverhältnis gerade in Abrede. Nur für den Fall, dass der Standpunkt der Beklagten zuträfe, es komme eine Ersetzung in Betracht, legt der Kläger dar, warum dies aus seiner Sicht der TV-Ärzte/VKA und in der Folge die Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA sei. Damit argumentiert der Kläger nur alternativ und ohne konkret zum Ausdruck zu bringen, welcher Tarifvertrag hinsichtlich der Eingruppierung auf sein Arbeitsverhältnis anzuwenden sei. Dem entspricht es, dass er abschließend um eine wohlwollende Prüfung bittet, ohne ein Erfüllungsverlangen zu formulieren. Dies stellt lediglich eine Aufforderung an die Beklagte dar, ihre vorgenommene Eingruppierung und die Anwendung des TVöD/VKA als einschlägigen Tarifvertrag noch einmal zu überprüfen, nicht jedoch eine ordnungsgemäße Geltendmachung im Rahmen einer tariflichen Ausschlussfrist.

        

    Creutzfeldt    

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

        

        

    Steding     

        

    Rupprecht    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 24. Juni 2009 - 2 Sa 134/08 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zu 1) des Urteils des Arbeitsgerichts Neunkirchen vom 26. August 2008 - 4 Ca 809/08 - klarstellend wie folgt neu gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ab dem 1. November 2006 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) mit Ausnahme der Beihilfevorschriften anzuwenden ist.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche tariflichen Regelungen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

2

Die Klägerin ist seit dem Jahre 1997 bei der Beklagten, einer mit der Hilfe für Menschen mit geistiger Behinderung befassten gemeinnützigen GmbH, als Erzieherin beschäftigt.

3

In § 2 ihres Arbeitsvertrages vom 10. Oktober 1997 heißt es:

        

„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem jeweils geltenden Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) Bund/Land. Außerdem finden die für [den] Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge (z.B. ZuwendungsTV, UrlaubsgeldTV) Anwendung. Ausdrücklich ausgeschlossen wird die Anwendung der Beihilfevorschriften.“

4

Seit Herbst 2005 wurde das bis dahin wesentlich durch den BAT geprägte Arbeitsrecht des öffentlichen Dienstes in mehreren Schritten reformiert. Zum 1. Oktober 2005 vereinbarten die Arbeitgeber des Bundes und der Kommunen mit den Gewerkschaften den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Zum 1. November 2006 trat der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) in Kraft. Zum Letzteren vereinbarten die Tarifvertragsparteien einen Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder). Dieser regelt in § 2 iVm. Anl. 1 Teil A Ziff. 1, dass der TV-L und der TVÜ-Länder im Bereich des öffentlichen Dienstes der Länder den BAT zum 1. November 2006 ersetzen.

5

Die Beklagte und der bei ihr bestehende Betriebsrat schlossen am 26. Juli 2007 eine Betriebsvereinbarung „zur Überleitung der Beschäftigungsverhältnisse … in Anlehnung an die Regelungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L)“, die mit Wirkung vom 1. Januar 2007 in Kraft treten sollte. In § 2 Abs. 1 der Betriebsvereinbarung heißt es, dass die Beschäftigungsverhältnisse nach den Regelungen des TVÜ-Länder in neue Beschäftigungsverhältnisse in Anlehnung an die tariflichen Verhältnisse des TV-L überführt werden. Nach § 2 Abs. 3 der Betriebsvereinbarung erhalten die davon erfassten Beschäftigten nach Überleitung einen neuen Arbeitsvertrag, in dem die regelmäßige Arbeitszeit, die zutreffende Entgeltgruppe und die Entgeltstufe nach TVÜ-Länder sowie der Anspruch auf Erholungsurlaub festgelegt werden.

6

Im Anschluss hieran bot die Beklagte den Beschäftigten den Abschluss neuer Arbeitsverträge an. Dieses Angebot wurde von der Klägerin sowie einigen anderen Beschäftigten nicht angenommen.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass auf ihr Arbeitsverhältnis der TV-L, der ein den arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) ersetzendes Vertragswerk sei, mit Ausnahme der Beihilfevorschriften Anwendung findet. Soweit die abgeschlossene Betriebsvereinbarung Abweichungen von den tariflichen Regelungen enthalte, beispielsweise durch Ausschluss des Leistungsentgelts, verstoße dies gegen den Tarifvorbehalt des § 77 Abs. 3 BetrVG.

8

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ab dem 1. November 2006 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) mit Ausnahme der Beihilfevorschriften anzuwenden ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Aus dem Wortlaut der vertraglichen Bezugnahmeklausel ergebe sich eindeutig, dass nur der jeweils geltende BAT vereinbart sei und kein anderer Tarifvertrag. Insbesondere enthalte die Klausel keinen Bezug auf „ersetzende“ Tarifverträge. Eine ergänzende Vertragsauslegung, die zu einer Anwendung des TV-L führe, entspreche nicht dem Vertragsinhalt. Gegen eine ergänzende Vertragsauslegung hin zum TV-L spreche auch, dass der BAT in vielen Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege sowie in den Ländern Berlin und Hessen nach wie vor angewendet werde. Auch die Betriebsvereinbarung, die wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz des Tarifvorrangs bereits unwirksam sei, stütze den Klageantrag in seiner umfassenden Form nicht.

10

Das Arbeitsgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Klageabweisung. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Feststellungsklage zu Recht stattgegeben. Die Klägerin kann die Anwendung des TV-L auf ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel in dem in der Revisionsverhandlung klargestellten Umfang verlangen.

12

I. Die Feststellungsklage ist zulässig.

13

Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, BAGE 128, 165). Mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellten Begehren kann der Streit der Parteien über Grund und Umfang der zukünftigen Pflichten, die sich aus einer Anwendbarkeit des TV-L auf das Arbeitsverhältnis ergeben, geklärt werden.

14

II. Die Klage ist begründet. Der Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien, die nicht iSv. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG tarifgebunden sind, bestimmt sich seit dem 1. November 2006 nicht mehr nach dem BAT, sondern vielmehr nach dem TV-L mit der fortgeltenden, von den Arbeitsvertragsparteien ausdrücklich vereinbarten Ausnahme der Beihilfevorschriften. Das ergibt eine ergänzende Auslegung der in § 2 des Arbeitsvertrages vom 10. Oktober 1997 vereinbarten Bezugnahmeklausel.

15

1. Nach § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach „dem jeweils geltenden Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) Bund/Land“. Diese Vereinbarung enthält eine dynamische Bezugnahme, die den TV-L zunächst nicht erfasst.

16

a) Der Arbeitsvertrag vom 10. Oktober 1997 ist ein Formularvertrag, dessen Bestimmungen nach den Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen auszulegen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48). Die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden. Dies gilt auch für dynamische Verweisungsklauseln (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, BAGE 122, 74).

17

b) § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien enthält eine zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen Regelungen des BAT, die jedoch nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet ist.

18

aa) In § 2 des Arbeitsvertrages knüpfen die Parteien hinsichtlich der Arbeitsbedingungen an die für den öffentlichen Dienst im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalten sie zeitdynamisch. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Dass die Bezugnahme - jedenfalls im Rahmen des Bezugsobjekts BAT - dynamisch sein sollte, ist zwischen den Parteien nicht streitig und wird auch von der Revision nicht in Abrede gestellt. Mit der Bezugnahme auf die Bestimmungen des BAT in der jeweils geltenden Fassung wollte die Beklagte in ihrem Betrieb das im öffentlichen Dienst geltende Tarifwerk - mit Ausnahme der Beihilfevorschriften - anwenden und die dort stattfindende tarifliche Entwicklung nachvollziehen. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweitige normative Regelungen in der Regel zeitdynamisch zu verstehen sind (13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b bb der Gründe, BAGE 103, 338; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 17, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48).

19

bb) Die Bezugnahme erfasst nach ihrem Wortlaut allerdings nicht den den BAT ersetzenden TV-L. Letzterer ist kein „jeweils geltender“ BAT. Der Zusatz, dass auch die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen, wurde entgegen der im öffentlichen Dienst üblichen Formulierung (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 19, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48) nicht in den Arbeitsvertrag aufgenommen.

20

cc) Der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes selbst in der Niederschriftserklärung zu § 2 Abs. 1 TVÜ-Länder erklärt haben, sie gingen davon aus, dass der TV-L und der TVÜ-Länder das bisherige Tarifrecht auch dann ersetzten, wenn arbeitsvertragliche Bezugnahmen nicht ausdrücklich den Fall der ersetzenden Regelung beinhalteten, kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Es handelt sich hierbei um eine Erklärung der Tarifvertragsparteien und nicht der Arbeitsvertragsparteien, die hieran als nicht unmittelbar Tarifgebundene nicht gebunden sind (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 16, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 20, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48).

21

2. Die Anwendbarkeit des TV-L ergibt sich allerdings aufgrund einer ergänzenden Auslegung des Arbeitsvertrages. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält infolge einer Tarifsukzession eine spätestens am 1. November 2006 nachträglich eingetretene Regelungslücke, die im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist.

22

a) Vorliegend ist die Regelung in § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien nachträglich lückenhaft geworden. Durch die Ersetzung des BAT für den Bereich des Bundes und der Kommunen zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 (§ 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-Bund]; § 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-VKA], jew. vom 13. September 2005) und für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den TV-L vom 12. Oktober 2006 nach § 2 TVÜ-Länder ist der Vertrag spätestens seit dem 1. November 2006 lückenhaft geworden. Damit fände entgegen der vertraglichen Vereinbarung eine weitere dynamische Entwicklung ihrer Arbeitsbedingungen nicht mehr statt.

23

b) Für eine derart vereinbarte, auf die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst bezogene Dynamik hat das Bundesarbeitsgericht bereits mehrfach entschieden, dass bei einer Beendigung der Dynamik durch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst von einer nachträglich entstandenen Vertragslücke auszugehen ist (vgl. nur 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 18 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 27. Januar 2010 - 4 AZR 591/08 - Rn. 25 ff., ZTR 2010, 479; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 25 ff., AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 15. Juni 2011 - 4 AZR 665/09 - Rn. 27).

24

aa) Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass eine Vereinbarung eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist. Eine Regelungslücke liegt dabei nur vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber doch bewusst deshalb offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und diese Annahme sich nachträglich als unzutreffend herausstellt. Von einer Planwidrigkeit kann nur die Rede sein, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist ( BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 924/08 - Rn. 23 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 79 ).

25

bb) Vorliegend ist das Landesarbeitgericht zutreffend zu dem die Annahme einer Regelungslücke begründenden Schluss gekommen, dass bei Vertragsabschluss im Jahre 1997 nicht zur Diskussion stand, dass der BAT durch einen anderen Tarifvertrag abgelöst werden soll und die Parteien deshalb mangels Anlass die Frage nicht geregelt haben, was in einem solchen Fall gelten soll. Die Parteien haben die nun tatsächlich eingetretene Situation nicht bedacht, dass nämlich das von ihnen dynamisch in Bezug genommene Regelwerk des BAT nicht mehr fortgeführt werden könnte. Für diesen Fall fehlt eine Regelung in § 2 des Arbeitsvertrages, wodurch eine planwidrige Unvollständigkeit der vereinbarten dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme eingetreten ist.

26

cc) Entgegen der Auffassung der Revision verstößt die ergänzende Vertragsauslegung nicht gegen die ihr immanenten Grenzen des Parteiwillens und des Vertragsinhaltes. Nach dem Inhalt der arbeitsvertraglichen Regelung haben die Parteien unübersehbar eine Dynamik für ihre Arbeitsvertragsbeziehung vereinbart, die vor und nach Vertragsschluss innerhalb des in Bezug genommenen Tarifwerks stattfand. Die Parteien haben ein Ende der Fortführung des BAT nicht bedacht, sondern sie sind vielmehr von dessen ununterbrochener Fortschreibung ausgegangen. Sie haben deshalb für die Situation der „Ersetzung“ des BAT durch einen Nachfolgetarifvertrag keine ausdrückliche Regelung getroffen. Für eine beiderseitige Vorstellung der Vertragsparteien, sie hätten sich mit der Bezugnahme zwar an den jeweiligen BAT binden wollen, die Dynamik jedoch dann ausschließen wollen, wenn es zu Nachfolgetarifverträgen kommen sollte, fehlt es sowohl in der vertraglichen Regelung selbst als auch im Übrigen an Anhaltspunkten. Nur wenn die Parteien die tatsächliche Entwicklung bedacht hätten, hätte überhaupt von einem diesbezüglichen Regelungswillen ausgegangen werden können, wie ihn die Beklagte geltend macht. Nur in diesem Fall hätte es entgegen der in der Bezugnahmeklausel vereinbarten Dynamik bei einer - nunmehr im Ergebnis statischen - Anwendung des BAT verbleiben und es deshalb an einer Vertragslücke fehlen können (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 28, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48).

27

dd) Entgegen der Auffassung der Revision kann eine nachträgliche Regelungslücke auch nicht deshalb verneint werden, weil der BAT in den Bundesländern Berlin und Hessen fortbestand. Es ist bereits kein Umstand ersichtlich, aus dem heraus für die Beklagte, die im Saarland ansässig ist, die Tarifentwicklung in den beiden genannten Bundesländern, die zudem selbst nicht unmittelbar Tarifvertragspartei des BAT gewesen sind, maßgebend sein sollte. Auch aus dem Hinweis der Beklagten, der BAT werde auch noch von Mitgliedern der freien Wohlfahrtspflege angewendet, folgt nichts anderes. Der ersichtliche Regelungswille der Parteien betraf die Einbeziehung der tariflichen Regelungen im öffentlichen Dienst für die Angestellten in ihrer jeweiligen Entwicklung. Ein „statisch“ gewordener BAT trägt dem nicht Rechnung, wobei unerheblich ist, ob in anderen Arbeitsverhältnissen mit möglicherweise anderen Bezugnahmeregelungen Anderes gilt. Soweit die Revision ausführt, es sei kein Hindernis für die Tarifvertragsparteien ersichtlich, die Vorschriften des BAT weiter zu entwickeln, widerspricht dem bereits der in § 2 Abs. 1 TVÜ-Länder zum Ausdruck gebrachte Wille der Tarifvertragsparteien zur Ersetzung der bisherigen Tarifverträge durch den TV-L.

28

3. Die mit der Ersetzung des BAT durch das neue Tarifrecht für den öffentlichen Dienst entstandene nachträgliche Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Diese ergibt, dass die Parteien den TV-L in Bezug genommen hätten.

29

a) Bei der Schließung einer Vertragslücke durch ergänzende Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Lückenhaftigkeit der getroffenen Regelung bekannt gewesen wäre (st. Rspr., etwa BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Die ergänzende Vertragsauslegung im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat sich zu orientieren an einem objektiv generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise ausgerichteten Maßstab, und nicht nur an dem der konkret beteiligten Personen. Sie muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt. Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 924/08 - Rn. 26 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 79; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31 mwN, aaO).

30

Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck, sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrages „zu Ende gedacht“ werden (BGH 20. September 1993 - II ZR 104/92 - zu 2 der Gründe, BGHZ 123, 281). Auszugehen ist dabei von der Bezugnahmeklausel.

31

b) Der Zweck der allgemeinen dynamischen Verweisung auf Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes ist es zunächst, am öffentlichen Dienst orientierte Arbeitsbedingungen zu schaffen. Zugleich weist eine solche Klausel auf ein Interesse des Arbeitgebers hin, aus Wettbewerbs- und Arbeitsmarktgründen dasjenige Tarifsystem zur Geltung zu bringen, das typischerweise gelten würde, wenn die ausgeübten Tätigkeiten innerhalb des öffentlichen Dienstes erbracht würden (BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 924/08 - Rn. 26 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 79 ).

32

c) Die ergänzende Vertragsauslegung führt im Streitfall dazu, dass die Parteien redlicherweise für den Fall der hier vorliegenden Tarifsukzession des im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerks das nachfolgende tarifliche Regelungswerk des öffentlichen Dienstes vereinbart hätten, weil eine statische Regelung der Arbeitsbedingungen auf den Zeitpunkt der hier vorliegenden Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach. Die Parteien haben mit der Regelung des § 2 des Arbeitsvertrages die nähere Ausgestaltung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses - unter Ausschluss der Anwendbarkeit der Beihilfevorschriften - mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk des BAT für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die weiteren Bestimmungen des Arbeitsvertrages in den §§ 3 bis 8, in denen etwa die regelmäßige Wochenarbeitszeit der Klägerin bestimmt wird oder die Vergütungsgruppe benannt wird, weichen von dieser Grundvorstellung des Arbeitsvertrages nicht ab, sondern füllen sie aus. Die Beklagte hat - anders als in der grundlegend anders gelagerten Fallgestaltung, die der Entscheidung des Senats vom 10. Juni 2009 (- 4 AZR 194/08 - ZTR 2010, 154) zugrunde lag - nicht etwa mehrere Elemente aus verschiedenen Normenwerken in einer eigenständigen Vertragsregelung miteinander verbunden.

33

d) Von den nach der Tarifsukzession in Betracht kommenden Tarifwerken des öffentlichen Dienstes hätten die Arbeitsvertragsparteien die Anwendung des TV-L vereinbart.

34

aa) Aufgrund der Aufspaltung der bis zum 30. September 2005 weitgehend gleichlautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes in die tariflichen Regelungen des TVöD (Bund und Kommunen) und des TV-L ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung nach § 2 des Arbeitsvertrages maßgebend sein soll, also welches Tarifwerk die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie die eingetretene aufgespaltene Tarifsukzession bedacht hätten.

35

bb) Nach dem Wortlaut in § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien ist keinerlei Bezug auf das Tarifvertragsrecht im Bereich der Kommunen ersichtlich, welches demnach als Bezugspunkt ausscheidet. Ausdrücklich genannt wurde der BAT für den Bereich „Bund/Land“, für den eine Trennung in Bund einerseits und Länder andererseits nicht voraussehbar war. Es sind jedenfalls keine Anknüpfungspunkte ersichtlich, die eine Beziehung der Arbeitsvertragsparteien zum Bund ergeben und für eine zukünftige Anwendung des TVöD in der Fassung für den Bund sprechen könnten. Dies spricht dafür, dass die Klägerin und die Beklagte, die auf den Landkreis bezogen organisiert ist und die kommunalen Tarifregelungen in die von ihr gestellten Allgemeinen Vertragsbedingungen nicht aufgenommen hat, den TV-L vereinbart hätten, wenn sie die Tarifsukzession im Bereich des BAT Bund/Länder vorhergesehen hätten. Für dessen Anwendbarkeit spricht auch, dass die Parteien - wie selbstverständlich und übereinstimmend - ausschließlich den TV-L als möglichen Nachfolgetarifvertrag des BAT in Betracht ziehen. Dass der TV-L den beiderseitigen Interessen entspricht, haben zudem die Beklagte und der für die Beschäftigten handelnde Betriebsrat durch die von ihnen geschlossene Betriebsvereinbarung zum Ausdruck gebracht, die den TV-L grundsätzlich als maßgebend ansieht. Auch die Revision macht nicht - wenigstens hilfsweise - geltend, bei einer ergänzenden Vertragsauslegung müsse der TVöD zur Anwendung kommen.

36

4. Dahinstehen kann für die Entscheidung des Rechtsstreits, ob die Betriebsvereinbarung vom 26. Juli 2007 gegen den Tarifvorrang des § 77 Abs. 3 BetrVG verstößt. Auch im Fall ihrer Wirksamkeit können damit nicht für die klagende Partei günstigere vertragliche Absprachen verdrängt werden. Denn für das Verhältnis vertraglicher Ansprüche zu den Normen einer nachfolgenden Betriebsvereinbarung gilt grundsätzlich das Günstigkeitsprinzip (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 766/06 - Rn. 36, ArbuR 2008, 181; 21. April 2010 - 4 AZR 768/08 - Rn. 38 mwN, AP BGB § 613a Nr. 387 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 118).

37

III. Die Beklagte hat die Kosten der erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Treber    

        

    Winter    

        

        

        

    Valentien    

        

    J. Ratayczak    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 15. September 2008 - 14 Sa 1731/07 - insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 24. Oktober 2007 - 2 Ca 305/07 Ö - wegen der Einmalzahlung nach § 2 Abs. 1 a) TV Einmalzahlungen-L in Höhe von 100,00 Euro zurückgewiesen hat.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 24. Oktober 2007 - 2 Ca 305/07 Ö - teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 150,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2007 zu zahlen.

3. Die weitergehende Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6 zu tragen. Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens haben der Kläger zu 2/5 und die Beklagte zu 3/5 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, aufgrund einer Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag tarifvertraglich geregelte Einmalzahlungen zu leisten.

2

Der Kläger ist seit dem 16. September 1985 bei der Beklagten als Erzieher beschäftigt. Die Beklagte ist Mitglied des Diakonischen Werks der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover. Beide Parteien sind nicht tarifgebunden.

3

Der Arbeitsvertrag vom 17. September 1985 lautet, soweit von Interesse:

        

„§ 5        

        

Für das Dienstverhältnis gelten die Bestimmungen des Bundesangestelltentarifs - Bund und Länder - in der jeweils gültigen Fassung.

        

§ 6      

        

Herr P erhält monatliche Bezüge nach BAT VII.

        

Für die Gewährung von Zuwendungen gelten die tarifvertraglichen Bestimmungen des Bundesangestelltentarifs.

        

…       

        

§ 7      

        

…       

        

Auf die §§ 9 (Schweigepflicht), 10 (Belohnung und Geschenke), 11 (Nebentätigkeit), 12 (Versetzung und Abordnung), 14 (Schadenshaftung) und 70 (Ausschlußfristen) des Bundesangestelltentarifs wird ausdrücklich hingewiesen.“

4

Am 12. September 1994 vereinbarten die Parteien einen „Nachtrag zum Dienstvertrag“, der die Vergütungsverpflichtung der Beklagten nach Vergütungsgruppe „BAT IVb, Fallgruppe 3“ vom 1. September 1990 bis zum 31. Dezember 1990 und nach Vergütungsgruppe „BAT IVb, Fallgruppe 16“ seit dem 1. Januar 1991 bestimmte.

5

Die Beklagte zahlte dem Kläger auch zuletzt Vergütung nach der Vergütungsgruppe IVb der Anlage 1a zum BAT und wandte dabei die vom Bund und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) vereinbarte Vergütungsordnung an.

6

Am 8. Juni 2006 vereinbarten die TdL einerseits und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) sowie die dbb tarifunion andererseits den Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 (TV Einmalzahlungen-L). Dieser lautet auszugsweise:

        

„§ 1 Geltungsbereich           

        

(1)     

Dieser Tarifvertrag gilt für Beschäftigte, die unter den Geltungsbereich eines der nachstehenden Tarifverträge

                 

a)    

Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT),

        

…       

                 

fallen oder die ab dem 1. November 2006 unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) fallen, ...

        

…       

        

§ 2 Einmalzahlung           

        

(1)     

Die unter § 1 Abs. 1 Buchst. a bis d fallenden Beschäftigten erhalten folgende Einmalzahlungen:

                 

a)    

Mit den Bezügen für Juli 2006 werden in den Vergütungs-/Lohngruppen

                          

VergGr. X bis Vc

        
                          

VergGr. Kr. I bis Va,

150 Euro

                          

LohnGr. 1 bis 8a

        
                          

VergGr. Vb bis III,

        
                          

VergGr. IIb,

        
                          

VergGr. IIa nach Aufstieg aus VergGr. III und künftiger Zuordnung zur E 12,

100 Euro

                          

VergGr. Kr. VI bis XIII, LohnGr. 9

        
                          

VergGr. IIa (ohne Aufstieg aus VergGr. III),

50 Euro

                          

VergGr. Ib bis I

        
                          

als Einmalzahlung ausgezahlt.

                 

b)    

Mit den Bezügen für Januar 2007 werden in den Entgeltgruppen

                          

E 1 bis E 8

310 Euro

                          

E 9 bis E 12

210 Euro

                          

E 13 bis E 15

 60 Euro

                          

als Einmalzahlung ausgezahlt.

                 

c)    

Mit den Bezügen für September 2007 werden in den Entgeltgruppen

                          

E 1 bis E 8

450 Euro

                          

E 9 bis E 12

300 Euro

                          

E 13 bis E 15

100 Euro

                          

als Einmalzahlung ausgezahlt.

        

…       

        

(4)     

Voraussetzung für den Anspruch auf die Einmalzahlung ist ein Entgeltanspruch (Vergütung/Lohn/Entgelt, Urlaubsvergütung/Urlaubslohn/Urlaubsentgelt oder Krankenbezüge) der/des Beschäftigten für mindestens einen Tag im jeweiligen Zahlungsmonat. …

        

…       

        

§ 4 In-Kraft-Treten           

        

Dieser Tarifvertrag tritt am 1. Juli 2006 in Kraft. …“

7

Bereits am 9. Februar 2005 hatten die Bundesrepublik Deutschland und ver.di den Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die Jahre 2005, 2006 und 2007 für den Bereich des Bundes (TV Einmalzahlungen-Bund) vereinbart, der ua. folgende Regelungen enthält:

        

„§ 1 Geltungsbereich           

        

Dieser Tarifvertrag gilt für Personen, die unter den Geltungsbereich eines der nachstehenden Tarifverträge

        

a)    

Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT),

        

… oder

        

die ab dem 1. Oktober 2005 unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) fallen, einschließlich der zuvor unter die Buchstaben e bis j fallenden Beschäftigten.

        

§ 2 Einmalzahlung für Angestellte und Arbeiter           

        

(1)     

Die unter § 1 Buchst. a bis d fallenden Personen erhalten für die Jahre 2005, 2006 und 2007 jeweils eine Einmalzahlung in Höhe von 300,00 Euro, die in folgenden Teilbeträgen ausgezahlt wird:

                 

a)    

Im Jahr 2005 in Höhe von jeweils 100,00 Euro mit den Bezügen für April, Juli und Oktober 2005.

                 

b)    

In den Jahren 2006 und 2007 in Höhe von jeweils 150,00 Euro mit den Bezügen für die Monate April und Juli der Jahre 2006 und 2007.

                 

Der Anspruch auf die Teilbeträge nach Unterabsatz 1 besteht, wenn die/der Beschäftigte an mindestens einem Tag des jeweiligen Fälligkeitsmonats Anspruch auf Bezüge (Vergütung/Lohn/Entgelt, Urlaubsvergütung/Urlaubslohn/Urlaubsentgelt oder Krankenbezüge) gegen einen der unter den in § 1 Buchst. a bis d genannten Tarifverträge fallenden Arbeitgeber hat; dies gilt auch für Kalendermonate, in denen nur wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers Krankengeldzuschuss nicht gezahlt wird. …“

8

Nach vergeblicher Geltendmachung von Ansprüchen nach dem TV Einmalzahlungen-Bund für die Jahre 2005, 2006 und 2007 in Höhe von insgesamt 900,00 Euro in einem Schreiben vom 12. Juni 2006 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat zunächst die Auffassung vertreten, der „Tarifvertrag öffentlicher Dienst“ finde aufgrund der Bezugnahmeklausel in seinem Arbeitsvertrag Anwendung. Im Laufe des Rechtsstreits hat er sich sodann auf die Anwendung des TV Einmalzahlungen-L berufen. Die Parteien hätten bei Vertragsschluss eine Gleichstellung des Klägers mit den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gewollt. Die Klausel sei dynamisch ausgestaltet und dürfe daher nicht als nur noch statisch wirkende Verweisung auf den BAT ausgelegt werden.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 250,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 100,00 Euro ab dem 1. August 2006 sowie aus 150,00 Euro ab dem 1. Mai 2007 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Bezugnahmeklausel verweise nur auf den BAT, nicht aber auf den TVöD, TV-L oder TV Einmalzahlungen-L. Eine Vertragslücke bestehe nicht. Die arbeitsvertragliche Bestimmung enthalte nicht die mögliche und übliche Verweisung auf die den BAT ersetzenden Tarifverträge. Die Tarifvertragsparteien hätten auch keine Gleichstellungsabrede oder Tarifwechselklausel vereinbart. Selbst bei Vorliegen einer Vertragslücke bestünden keine konkreten Anhaltspunkte für die Fortschreibung des Parteiwillens. Bei der Tarifreform im öffentlichen Dienst handele es sich um einen vollständigen Wechsel des Tarifsystems, der den Parteien bei Abschluss des Arbeitsvertrages nicht bekannt gewesen sei und den sie auch nicht gewollt hätten.

11

Das Arbeitsgericht hat - unter rechtskräftiger Abweisung darüber hinaus erstinstanzlich noch geltend gemachter Zahlungsansprüche in Höhe von 650,00 Euro - der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Abweisung der Klage weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist teilweise begründet. Die dem Kläger von den Vorinstanzen zugesprochene Einmalzahlung in Höhe von 100,00 Euro für den Bezugsmonat Juli 2006 steht ihm nicht zu. Der Anspruch ist zwar entstanden, mangels rechtzeitiger Geltendmachung durch den Kläger jedoch verfallen. Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht von der Anwendbarkeit des TV Einmalzahlungen-L ausgegangen. Nach dessen § 2 Abs. 1 Buchst. b) hat der Kläger für den Bezugsmonat Januar 2007 einen Anspruch auf Zahlung von - mindestens - 150,00 Euro.

13

I. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass die Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag der Parteien im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dahin auszulegen ist, dass auf das Arbeitsverhältnis nach der Tarifreform im öffentlichen Dienst die jeweiligen von der TdL abgeschlossenen Tarifverträge anzuwenden seien. Hierzu gehöre auch der TV Einmalzahlungen-L. Aus dessen § 2 Abs. 1 ergebe sich der Anspruch des Klägers auf die Zahlung von 100,00 Euro für den Bezugsmonat Juli 2006 sowie von 150,00 Euro für den Bezugsmonat Januar 2007.

14

II. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Den Anspruch auf Zahlung von 150,00 Euro für den Bezugsmonat Januar 2007 hat das Landesarbeitsgericht zwar mit zutreffender Begründung für gegeben erachtet. Soweit der Kläger 100,00 Euro für den Bezugsmonat Juli 2006 verlangt, hat das Landesarbeitsgericht jedoch rechtsfehlerhaft angenommen, dass der zunächst entstandene Anspruch nicht verfallen sei.

15

1. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von 100,00 Euro nebst Zinsen für den Bezugsmonat Juli 2006 ist zwar zunächst entstanden, mangels Einhaltung der tariflichen Ausschlussfrist aus § 70 BAT jedoch verfallen. Das Schreiben des Klägers vom 12. Juni 2006 konnte den erst im Juli 2006 entstehenden Anspruch nicht wirksam geltend machen. Nach Entstehen des Anspruchs ist eine Geltendmachung innerhalb des Zeitraums von sechs Monaten gem. § 70 BAT nicht erfolgt.

16

a) Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von 100,00 Euro für den Bezugsmonat Juli 2006 ist zunächst entstanden.

17

aa) Das Arbeitsverhältnis der Parteien sollte sich ausweislich der Verweisungsklausel im Arbeitsverhältnis nach dem „Bundesangestelltentarif - Bund und Länder“ in seiner jeweils gültigen Fassung richten. Die Auslegung der Klausel ergibt, dass sie zunächst zeitdynamisch auch die den BAT (Bund/Länder) ergänzenden Tarifverträge in Bezug nahm. Soweit hier unterschiedliche Ergänzungstarifverträge für den Bereich des Bundes einerseits und den Bereich der TdL andererseits geschlossen wurden, sollten nach zutreffender Auslegung der Verweisungsklausel die für den Bereich der TdL geltenden Tarifverträge Anwendung finden.

18

(1) Das Landesarbeitsgericht hat die Bezugnahmeklausel in § 5 des Arbeitsvertrages rechtsfehlerfrei als zeitdynamische Verweisung ausgelegt. Dies ergibt sich aus der Formulierung, dass „die Bestimmungen des Bundesangestelltentarifs - Bund und Länder - in der jeweils gültigen Fassung“ gelten. Weiter stützt sich das Landesarbeitsgericht zu Recht auf die bisherige Vertragspraxis, die jedenfalls dann zur Auslegung der Klausel herangezogen werden kann, wenn sie - wie hier - Rückschlüsse auf den zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden Erklärungswillen der Parteien zulässt (vgl. BAG 15. März 2006 - 4 AZR 132/05 - Rn. 38, AP TVG § 2 Firmentarifvertrag Nr. 9; 25. Oktober 2000 - 4 AZR 506/99 - BAGE 96, 177, 185). Die Beklagte berücksichtigte in der Vergangenheit die Vergütungserhöhungen durch die jeweiligen Vergütungstarifverträge.

19

(2) Weiter geht das Landesarbeitsgericht zutreffend davon aus, dass die Bezugnahmeklausel dahingehend auszulegen ist, dass sie auch die den BAT „ergänzenden“ Tarifverträge erfasste. Der BAT selbst regelte die Höhe der Vergütung nicht. Die jeweilige dem Kläger zu zahlende und gezahlte Vergütung ergab sich - und ergibt sich - erst aus den einzelnen zum BAT vereinbarten Vergütungstarifverträgen. Unter anderem durch deren jeweilige Anwendung im Arbeitsverhältnis der Parteien gab die Beklagte den Willen zu erkennen, nicht nur den BAT selbst, sondern auch die ihn ergänzenden Tarifverträge anzuwenden. Dies folgt außerdem aus § 6 des Arbeitsvertrages. Danach „gelten die tarifvertraglichen Bestimmungen des Bundesangestelltentarifs“ auch „für die Gewährung von Zuwendungen“. Selbst wenn man mit der Beklagten den Begriff „Bundesangestelltentarif“ mit dem Tarifvertrag BAT gleichsetzt, folgten aus diesem - mit Ausnahme der Jubiläumszuwendung gemäß § 39 BAT - keine Ansprüche auf „Zuwendungen“(vgl. zu einer solchen Verweisung auch BAG 27. Januar 2010 - 4 AZR 591/08 -). Der BAT verweist auch nicht auf andere Tarifverträge, aus denen sich ein solcher Anspruch ergeben könnte. Zuwendungen gewährt vielmehr der den BAT ergänzende Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973. Ginge man davon aus, dass die Arbeitsvertragsparteien ausschließlich die Anwendbarkeit des BAT gewollt haben, wäre der Verweis auf die Gewährung von Zuwendungen in § 6 des Arbeitsvertrages widersprüchlich.

20

(3) Das Landesarbeitsgericht ist ferner - jedenfalls im Ergebnis - zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Parteien mit ihrer Verweisungsklausel im Zweifel an einem Arbeitsverhältnis orientieren wollten, das den Tarifregelungen der Länder unterliegt und nicht der - hiervon abweichenden - des Bundes orientieren wollten. Soweit Bund und Länder unterschiedliche Regelungen für einen Zeitraum treffen, in dem der BAT nicht außer Kraft getreten ist, sind daher auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Regelungen für die Länder anzuwenden. Dabei kann offenbleiben, ob dieses Ergebnis bereits aus einer unmittelbaren Auslegung der arbeitsvertraglichen Verweisung folgt oder - wie es das Landesarbeitsgericht, ausdrücklich allerdings erst für den Zeitraum ab dem 1. November 2006, dem Inkrafttreten des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. Oktober 2006, angenommen hat - aus einer ergänzenden Vertragsauslegung im Wege der nachträglichen Lückenfüllung.

21

(a) Es spricht zwar mehr dafür, die Verweisungsklausel unmittelbar auszulegen. Der BAT war zum Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs im Juli 2006 im Bereich der Länder noch das geltende Tarifwerk; die Arbeitsverhältnisse der Angestellten der Länder wurden bis zum Inkrafttreten des TV-L am 1. November 2006 vom BAT gestaltet. Von dem Bestehen einer arbeitsvertraglichen Regelungslücke bereits im Juli 2006 auszugehen, gibt es keinen Anlass. Die Verweisung erfolgte auf das Tarifwerk des BAT in der für Bund und Länder geltenden Fassung. Dass bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des TVöD zum 1. Oktober 2005 eine Lücke entstanden wäre, könnte nur dann angenommen werden, wenn ernsthaft in Betracht zu ziehen wäre, dass die Parteien des Arbeitsvertrages sich im Zweifel an den Arbeitsbedingungen für die Angestellten des Bundes und nicht derjenigen für die Angestellten der Länder orientieren wollten. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist dies insbesondere im Hinblick auf die regionale Tätigkeit der Beklagten nicht anzunehmen. Es handelt sich bei der Beklagten nicht um einen bundesweit agierenden Arbeitgeber, sondern um eine auf die Region H bezogene Rechtspersönlichkeit.

22

(b) Aber selbst dann, wenn man von einer schon zu diesem Zeitpunkt aufgetretenen vertraglichen Regelungslücke ausgehen wollte, wäre sie mit dem selben Ergebnis im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen.

23

(aa) Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass eine Vereinbarung eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist (BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, AP BetrAVG § 2 Nr. 60). Eine Regelungslücke liegt dabei nur vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber doch bewusst deshalb offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und diese Annahme sich nachträglich als unzutreffend herausstellt (BAG 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, aaO). Von einer Planwidrigkeit kann nur die Rede sein, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zu Grunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist (BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 26; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, aaO).

24

(bb) Die Annahme einer Regelungslücke kann sich vorliegend auf eine von den Parteien nicht mitgedachte Entwicklung der tariflichen Verhältnisse berufen. Die dynamische Ausgestaltung der Bezugnahme auf den „Bundesangestelltentarif - Bund und Länder - in der jeweils gültigen Fassung“ zeigt den Willen der Parteien, die Arbeitsbedingungen nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst - hier: des Bundes und der Länder - auszurichten. Wie oben unter II 1 a) aa) dargelegt, haben die Parteien eine zeitdynamische Bindung an den jeweiligen BAT und die ihn ergänzenden Tarifverträge vereinbart. Das Arbeitsverhältnis sollte in seiner Entwicklung an diejenigen Arbeitsbedingungen gebunden werden, die für die Arbeitnehmer gelten, die normativ von den in Bezug genommenen Tarifverträgen erfasst werden.

25

Eine Regelungslücke im Arbeitsvertrag der Parteien läge ab dem 1. Oktober 2005 vor, wenn man davon ausgeht, dass die Parteien bei Abschluss des Arbeitsvertrages nicht bedacht haben, dass der BAT zu einem bestimmten Zeitpunkt nur noch im Bereich der TdL, nicht mehr dagegen im Bereich des Bundes normativ gelten könnte, weshalb für diesen Fall eine Regelung in § 5 des Arbeitsvertrages fehlt. Durch die weitestgehende Ersetzung des BAT für den Bereich des Bundes und der Kommunen zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 (§ 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-Bund]; § 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-VKA], jew. vom 13. September 2005) könnte der Arbeitsvertrag insofern lückenhaft geworden sein, als nunmehr für die dem arbeitsvertraglichen Wortlaut nach einheitlich in Bezug genommenen tarifgebundenen Arbeitsverhältnisse in Bund und Ländern unterschiedliche tarifliche Bedingungen geregelt waren.

26

(cc) Bei der Schließung einer Vertragslücke durch ergänzende Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44 ) . Die ergänzende Vertragsauslegung im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bedeutet einen an einem objektiv generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise ausgerichteten Maßstab, und nicht nur an dem der konkret beteiligten Personen. Sie muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt. Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat. Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck, sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Auszugehen ist dabei von der Bezugnahmeklausel. Lässt sich aus deren Wortlaut nicht zweifelsfrei feststellen, ob die im Bereich der Länder über den 1. Oktober 2005 hinaus weiter geltenden Regelungen des BAT oder ab diesem Zeitpunkt die neuen und den BAT ablösenden Regelungen des TVöD Anwendung finden sollen, ist dieses nach Sinn und Zweck einer Inbezugnahme tariflicher Regelungen zu ermitteln. Der Zweck der dynamischen Verweisung auf Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes ist es zunächst, am öffentlichen Dienst orientierte Arbeitsbedingungen zu schaffen. Zugleich weist eine solche Klausel auf ein Interesse des Arbeitgebers hin, aus Wettbewerbs- und Arbeitsmarktgründen dasjenige Tarifsystem zur Geltung zu bringen, das typischerweise gelten würde, wenn die ausgeübten Tätigkeiten innerhalb des öffentlichen Dienstes erbracht würden (vgl. ausf. BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - mwN, EBE/BAG 2010, 116; zur Inbezugnahme der Vergütungsregelungen des BAT BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 26, aaO).

27

(dd) Auch für die ergänzende Vertragsauslegung ist auf die räumliche Orientierung der betrieblichen Tätigkeit der Beklagten abzustellen. Die größere regionale Nähe spricht in einem solchen Fall für die Annahme der Orientierung an den Arbeitsbedingungen der örtlichen Landesbediensteten und nicht an denjenigen des Bundes. Eine aufgrund des Geschäftsbereichs der Beklagten möglicherweise noch näher liegende Orientierung an den Tarifwerken der Kommunalen Arbeitgeberverbände scheidet aufgrund der insoweit eindeutigen Formulierung der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel aus. Da für eine Inbezugnahme gerade der Tarifregelungen der Bundesangestellten kein Anhaltspunkt vorgetragen oder sonst ersichtlich ist und da die Revision gerade nicht darauf abstellt, es seien nicht die Bedingungen der Länder, sondern die des Bundes in Bezug genommen, ist die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene ergänzende Auslegung des Arbeitsvertrages dahingehend, dass im Zweifel die Tarifbedingungen der Angestellten der Länder für den Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien maßgebend sein sollten, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

28

bb) Die Regelung der Einmalzahlungen im TV Einmalzahlungen-L stellt sich für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten des TV-L am 1. November 2006 als eine den BAT ergänzende tarifliche Vergütungsregelung dar.

29

(1) Der TV Einmalzahlungen-L ist eine Übergangsnorm zur Regelung der tariflichen Entgelterhöhungen in den Jahren 2006 bis 2008. Bei den dort für die Jahre 2006 und 2007 bestimmten Einmalzahlungen handelt es sich um pauschalierte Entgelterhöhungen, da in diesen Tarifrunden keine tabellenwirksamen Vergütungserhöhungen vereinbart wurden (vgl. dazu ausf. BAG 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 57 ff. mwN, AP BGB § 157 Nr. 38).

30

(2) Der personelle Geltungsbereich des TV Einmalzahlungen-L erstreckt sich ua. auf alle Beschäftigten, die unter den Geltungsbereich des BAT fallen (§ 1 Abs. 1 Buchst. a) TV Einmalzahlungen-L).

31

(3) Die Einmalzahlung nach § 2 Abs. 1 Buchst. a) TV Einmalzahlungen-L sollte mit den Bezügen für Juli 2006 ausgezahlt werden. Dieser Zeitpunkt lag noch vor Inkrafttreten des TV-L am 1. November 2006. Soweit die tarifgebundenen Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst nicht dem TVöD unterfielen, etwa weil sie Beschäftigte von Mitgliedern der TdL waren, war für sie zu diesem Zeitpunkt der BAT noch voll wirksam. Dementsprechend sind die Bezugsgrößen in dieser ersten Sonderzahlung für Juli 2006 noch an den in der Anlage 1a zum BAT festgelegten Vergütungsgruppen orientiert. Erst die Höhe der nächsten, in § 2 Abs. 1 Buchst. b) TV Einmalzahlungen-L geregelten Zahlungen zum Januar 2007 richtet sich in der Höhe nach den - seit dem 1. November 2006 - im TV-L vereinbarten Entgeltgruppen (vgl. dazu ausführlich BAG 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 57 ff. mwN, AP BGB § 157 Nr. 38).

32

cc) Die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Einmalzahlung nach § 2 Abs. 1 Buchst. a) TV Einmalzahlungen-L werden von dem Kläger erfüllt. Er hatte nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auch den nach § 2 Abs. 4 Satz 1 TV Einmalzahlungen-L tatbestandlich vorgesehenen Entgeltanspruch für mindestens einen Tag im Monat Juli 2006. Da er nach der Vergütungsordnung der Anlage 1a zum BAT in der Vergütungsgruppe IVb eingruppiert war, hat die Beklagte ihm mit den Bezügen für Juli 2006 eine Einmalzahlung von 100,00 Euro zu leisten.

33

b) Der Anspruch des Klägers ist aber verfallen, weil er die tarifliche Ausschlussfrist gemäß § 70 BAT nicht eingehalten hat.

34

aa) Der Anspruch ist erst im Juli 2006 entstanden und gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 BAT am 31. Juli 2006 fällig geworden. Die innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit erforderliche Geltendmachung (§ 70 Satz 1 BAT) ist nicht erfolgt. Die erste, möglicherweise als ausreichend anzusehende Geltendmachung nach der Fälligkeit des Anspruchs erfolgte durch die Zustellung der Klageschrift am 25. Juli 2007.

35

bb) Das von den Vorinstanzen als ausreichend angesehene Geltendmachungsschreiben vom 12. Juni 2006 konnte die tarifliche Ausschlussfrist des § 70 Satz 1 BAT nicht wahren. Es ist vor der Entstehung des hier streitigen Anspruchs ergangen. Die tariflich wirksame Geltendmachung eines Anspruchs setzt jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den Bestand des Anspruchs voraus (22. Januar 2009 - 6 AZR 5/08 - Rn. 14, AP BAT § 70 Nr. 39; 9. März 2005 - 5 AZR 385/02 - EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr.   177; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - zu 3 a der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 168). Aus Wortlaut und Zweck des § 70 BAT ergibt sich, dass die rechtserzeugenden Anspruchsvoraussetzungen nach dem Vorbringen des Anspruchstellers bei der Geltendmachung bereits erfüllt sein müssen, um die tarifliche Ausschlussfrist zu wahren. Vor Entstehen eines Anspruchs ist ungewiss, ob, wann und in welchem Umfang der Arbeitgeber überhaupt zur Zahlung verpflichtet sein wird. Ausschlussfristen sollen zur raschen Klärung von Ansprüchen beitragen. Dieser Zweck kann nicht erfüllt werden, wenn Ansprüche vor ihrer Entstehung geltend gemacht werden und damit letztlich nur als möglich angekündigt werden (BAG 22. Januar 2009 - 6 AZR 5/08 - aaO).

36

2. Im Übrigen ist die Revision der Beklagten unbegründet. Dem Kläger steht die weitere Einmalzahlung für den Bezugsmonat Januar 2007 nach § 2 Abs. 1 Buchst. b) TV Einmalzahlungen-L zu.

37

a) Der Kläger erfüllt die Anwendungsvoraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch.

38

b) Auf sein Arbeitsverhältnis ist seit dem 1. November 2006 der TV-L anwendbar (§ 1 Abs. 1 Alt. 2 TV Einmalzahlungen-L). Das ergibt sich aus der ergänzenden Vertragsauslegung der von den Parteien vereinbarten Verweisungsklausel.

39

aa) Spätestens mit dem Inkrafttreten des TV-L am 1. November 2006 ist der Arbeitsvertrag endgültig lückenhaft geworden. Die Parteien haben beim Abschluss des Arbeitsvertrages jedenfalls nicht bedacht, dass der BAT weder im Bereich des Bundes noch im Bereich der Länder dynamisch fortgeschrieben, sondern durch ein neues Tarifwerk abgelöst werden würde.

40

(1) Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel trägt keine Erstreckung auf den TV-L und den ihn ergänzenden TV Einmalzahlungen-L (vgl. BAG 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 15, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). § 5 des Arbeitsvertrages ist zeit-, nicht jedoch inhaltsdynamisch ausgestaltet. Der TV-L ist keine „gültige Fassung“ des „Bundesangestelltentarifs“ (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - aaO). Der Zusatz, dass auch die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen, wurde entgegen der im öffentlichen Dienst üblichen Formulierung, die in dem seit 1981 vom Arbeitgeberkreis der BAT-Kommission gebilligten Musterarbeitsvertrag enthalten war, nicht in den Arbeitsvertrag der Parteien aufgenommen (vgl. hierzu BAG 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - aaO).

41

(2) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 1 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts(TVÜ-Länder) vom 12. Oktober 2006. Mit dieser Bestimmung werden ua. der BAT sowie der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT vom 31. Januar 2003 durch den TV-L ersetzt. Die Tarifvertragsparteien haben zu § 2 Abs. 1 TVÜ-Länder zwar eine Niederschriftserklärung abgegeben, nach der sie davon ausgehen, dass der TV-L und der TVÜ-Länder das bisherige Tarifrecht auch dann ersetzen, wenn arbeitsvertragliche Bezugnahmen nicht ausdrücklich den Fall der ersetzenden Regelung beinhalten. An diese Bestimmung sind die Parteien des Rechtsstreits mangels Tarifbindung jedoch nicht gebunden, unabhängig davon, ob dieser überhaupt tarifliche Normqualität zukommt (vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 16, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

42

(3) Die Regelungslücke ergibt sich daraus, dass die Parteien eine unbedingte Dynamik in ihrer Bezugnahme vereinbart haben. Mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk für die Zukunft haben sie sich der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Es handelt sich vorliegend nicht um eine besondere Verwendung einer Verweisung auf lediglich einzelne Bestimmungen des BAT, die mit anderen arbeitsvertraglichen Regelungen auch innerhalb einzelner Regelungsbereiche verknüpft werden, sondern - mit Ausnahme der Bestimmungen in § 4 (betr. die Mitarbeitervertretung) und § 8 (betr. die zusätzliche Altersversorgung) des Arbeitsvertrages - um eine pauschale Anknüpfung an das in § 5 genannte Tarifwerk hinsichtlich aller weiteren wesentlichen Arbeitsbedingungen und damit an die allgemein für den öffentlichen Dienst im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen. Die Beklagte hat - anders als in der besonders gelagerten und vom vorliegenden Rechtsstreit abweichenden Fallgestaltung in der Entscheidung des Senats vom 10. Juni 2009 (- 4 AZR 194/08 - AP BGB § 157 Nr. 38)  - nicht mehrere Elemente aus verschiedenen Normenwerken in einer eigenständigen Vertragsregelung miteinander verbunden.

43

(4) Entgegen der Auffassung der Revision kann eine nachträgliche Regelungslücke auch nicht deshalb verneint werden, weil der BAT noch fortbestehe und mit seinem - statischen - Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien noch regeln könne. Ein solches Verständnis ist weder mit dem Wortlaut der Klausel noch mit dem Zweck einer zeitdynamischen Bezugnahme vereinbar. Es träte eine statische Fortgeltung der tariflichen Rechtslage des Jahres 2003 ein. Der ersichtliche Regelungswille der Parteien betraf die Einbeziehung der tariflichen Regelungen im öffentlichen Dienst für die Angestellten des Bundes und der Länder in ihrer jeweiligen Entwicklung. Für die von dem in Bezug genommenen BAT erfassten Arbeitsverhältnisse hat sich die Tarifentwicklung fortgesetzt. Es sind die Nachfolgetarifverträge zum BAT an dessen Stelle getreten. Die mit dieser Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine tiefgreifende inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag benannten Tarifvertrages. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 24, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Deshalb greift auch der Einwand der Beklagten nicht, die Parteien hätten sich nicht an ein ihnen unbekanntes Tarifwerk binden wollen.

44

bb) Die nach den oben unter II 1 a) aa) (3) (b) dargelegten Kriterien vorzunehmende ergänzende Vertragsauslegung führt zu dem Ergebnis, dass der für den Bereich der Länder abgeschlossene TV-L und die hierzu weiter abgeschlossenen Zusatztarifverträge auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden. Das ergibt sich aus der Anwendung der oben dargelegten Ausführungen, auf die verwiesen wird.

45

c) Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des Anspruchs auf eine Einmalzahlung in Höhe von 210,00 Euro aus § 2 Abs. 1 Buchst. b) TV Einmalzahlungen-L. Das Landesarbeitsgericht ordnet die Vergütungsgruppe IVb BAT zutreffend gemäß der Anlage 2 zum TVÜ-Länder entweder der Entgeltgruppe 9 oder 10 zu. Da der Kläger - durch seinen Antrag auf Zurückweisung der Berufung - nur den vom Arbeitsgericht insoweit zugesprochenen Betrag in Höhe von 150,00 Euro geltend gemacht hat, darf ihm auch nicht mehr zugesprochen werden.

46

d) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Kläger durch Erhebung der Klage den Anspruch auf die (zweite) mit den Bezügen für Januar 2007 auszuzahlende Einmalzahlung nach § 2 Abs. 1 Buchst. b) TV Einmalzahlungen-L in Höhe von 150,00 Euro innerhalb der Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L geltend gemacht hat. Die Geltendmachung der Ansprüche nach dem TV Einmalzahlungen-Bund durch die Klage vom 9. Juli 2007 erfasst - zwar nicht nach dem prozessualen Streitgegenstandsbegriff, aber nach Sinn und Zweck der Ausschlussfrist - auch Einmalzahlungen nach dem TV Einmalzahlungen-L. Die Klage ist am 25. Juli 2007 und damit innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit der Ansprüche zugestellt worden. Nach § 2 Abs. 1 Buchst. b) TV Einmalzahlungen-L wird die Einmalzahlung „mit den Bezügen für Januar 2007“ ausgezahlt und war demnach gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 TV-L am 31. Januar 2007 fällig. Der für den Zeitraum ab dem 1. Mai 2007 geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich dabei aus §§ 288, 286 BGB.

47

III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO, wobei die vom Kläger nicht angegriffene Teilabweisung der ursprünglich erhobenen Klage durch das Arbeitsgericht zu berücksichtigen war.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Bepler
Zugleich für den ehrenamtlichen
Richter Jürgens, der wegen
des Endes seiner Amtszeit
an einer Unterzeichnung
verhindert ist.    

        

        

Grimm 

        

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 22. Mai 2008 - 8 Sa 1/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche tariflichen Regelungen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden sind und in diesem Zusammenhang über eine Zahlung nach dem Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 vom 8. Juni 2006 (TV EZ) .

2

Der Kläger ist seit dem 1. November 1995 bei der nicht tarifgebundenen Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin als Erzieher beschäftigt. Er erhielt zuletzt eine Vergütung nach der VergGr. Vb der Anlage 1 zum Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT). In dem mit der Rechtsvorgängerin geschlossenen Arbeitsvertrag vom 6. Oktober 1995 heißt es ua.:

        

„2.

Soweit nachstehend nichts anderes vereinbart ist, gelten für das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) in der jeweils gültigen Fassung und die dazu abgeschlossenen Zusatzverträge.

        

…       

        
        

8.   

Der Mitarbeiter erhält jährlich 32 Tage Erholungsurlaub.

        

9.   

Der Mitarbeiter erhält die Möglichkeit, eine Zusatzversicherung im Versorgungswerk VBLU zu Beginn des Arbeitsverhältnisses oder zu jedem späteren Zeitpunkt abzuschließen.“

3

Am 1. November 2006 trat der am 12. Oktober 2006 geschlossene Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder(TV-L) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-L) in Kraft. Bereits am 8. Juni 2006 schlossen die Tarifvertragsparteien des TV-L den TV-EZ. Die Beklagte wendet nicht diese Tarifverträge, sondern nach wie vor die Bestimmungen des BAT auf das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis an.

4

Mit seiner Klage will der Kläger die Anwendung der Nachfolgetarifverträge zum BAT für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder auf sein Arbeitsverhältnis festgestellt wissen. Mit Klageerweiterung vom 5. Juli 2007 hat er - soweit für die Revision von Bedeutung - eine Einmalzahlung auf Basis der Entgeltgruppe 9 TV-L nach dem TV-EZ für das Jahr 2007 iHv. 210,00 Euro brutto verlangt. Die Anwendung der angeführten Tarifverträge ergebe sich aus einer ergänzenden Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Im Arbeitsvertrag sei eine planwidrige Regelungslücke entstanden. Hätten die Parteien diese bei Abschluss des Arbeitsvertrages erkannt, wäre nur eine Bezugnahme auf die Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes der Länder in Betracht gekommen.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

1.   

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) anwendbar ist, mit der Ausnahme, dass sich die Altersversorgung nach vertraglichen Vereinbarungen richtet,

        

2.   

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 210,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Juli 2007 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, der nach wie vor bestehende BAT sei weiterhin für das Arbeitsverhältnis maßgebend. Die vertragliche Regelung sei nicht lückenhaft. Der TV-L habe den BAT nicht abgelöst. Zudem könne nicht vom Willen der Parteien ausgegangen werden, das gegenüber dem BAT völlig neue Tarifwerk des TV-L anzuwenden. Durch die dynamische Bezugnahme auf den BAT hätten die Parteien ein Regelwerk vereinbaren wollen, welches über Jahrzehnte auch den Rahmenbedingungen des schwächsten der drei auf Arbeitgeberseite Beteiligten Rechnung getragen habe. Dies sei durch die Auflösung der Tarifgemeinschaft nicht mehr gewährleistet.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Bedeutung - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist begründet.

9

I. Die Klage ist auch hinsichtlich des Feststellungsantrages zu 1) zulässig.

10

1. Der Feststellungsantrag zu 1) bedarf der Auslegung. Nach dem Vorbringen des Klägers will er nicht nur die Anwendbarkeit des TV-L und des TVÜ-L auf sein Arbeitsverhältnis geklärt wissen, sondern auch die derjenigen Tarifverträge, die - entsprechend dem Inhalt der Bezugnahmeklausel in Nr. 2 des Arbeitsvertrages - „die dazu abgeschlossenen Zusatzverträge“ bilden. Die im Antrag genannten Tarifverträge sollen anstelle des in der Bezugnahmeklausel genannten BAT neben den weiteren dort aufgeführten Zusatztarifverträgen maßgebend sein. Dies zeigt auch das klägerische Anliegen, dass er die einschlägigen Vergütungstarifverträge einschließlich des TV EZ für sein Arbeitsverhältnis als maßgebend ansieht. Ein entsprechendes Verständnis seines Antrages hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch klargestellt.

11

2. Der Feststellungsantrag zu 1) ist zulässig. Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerkes auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein(st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 66 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 39 ).

12

II. Die Klage ist auch begründet.

13

1. Der Feststellungsantrag ist begründet. Der Inhalt des Arbeitsverhältnisses des Klägers richtet sich seit 1. November 2006 nicht mehr nach dem BAT. Es finden vielmehr der TV-L, der TVÜ-L sowie die dazu geschlossenen Zusatztarifverträge Anwendung. Das ergibt eine ergänzende Auslegung der Nr. 2 des Arbeitsvertrages.

14

a) Nach Nr. 2 des Arbeitsvertrages gelten für das Arbeitsverhältnis „die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) in der jeweils gültigen Fassung und die dazu abgeschlossenen Zusatzverträge“. Diese Vereinbarung enthält eine dynamische Bezugnahme, die den TV-L und die hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge zunächst nicht erfasst.

15

aa) Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Nr. 2 als Allgemeine Geschäftsbedingung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen ist, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten(BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12 mwN, NZA 2010, 401). Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr., vgl. nur BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 b der Gründe mwN, BAGE 95, 296). Dies gilt auch für Verweisungsklauseln (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, BAGE 122, 74).

16

bb) Danach enthält Nr. 2 des Arbeitsvertrages eine zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen Regelungen des BAT einschließlich der hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge, die aber nicht inhaltsdynamisch ausgestattet ist.

17

(1) In Nr. 2 des Arbeitsvertrages knüpfen die Parteien hinsichtlich der Arbeitsbedingungen an die für den öffentlichen Dienst im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalten sie zeitdynamisch. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Für das Arbeitsverhältnis sollen die Bestimmungen des BAT und die hierzu abgeschlossenen Zusatztarifverträge in der jeweils gültigen Fassung gelten. Damit wollte die Rechtsvorgängerin der Beklagten in ihrem Betrieb das im öffentlichen Dienst geltende Tarifwerk - vorbehaltlich anderer Bestimmungen des Arbeitsvertrages hinsichtlich der günstigeren Urlaubsregelung in Nr. 8 und der Zusatzversorgung des Arbeitnehmers in Nr. 9 - anwenden und die dort stattfindende tarifliche Entwicklung nachvollziehen. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweitige normative Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen sind(BAG 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b bb der Gründe, BAGE 103, 338, 343; s. auch BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, NZA 2010, 401). Dass die Bezugnahme - jedenfalls im Rahmen des Bezugsobjekts BAT - dynamisch sein sollte, ist zwischen den Parteien nicht streitig und wird auch von der Revision nicht in Abrede gestellt.

18

(2) Die Bezugnahme erfasst nach ihrem Wortlaut allerdings nicht den den BAT ersetzenden TV-L und die hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge. Der TV-L ist keine „gültige Fassung“ des BAT. Nr. 2 des Arbeitsvertrages ist zeitdynamisch ausgestaltet, jedoch nicht inhaltsdynamisch(so auch BAG 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, ZTR 2010, 154).

19

Der Zusatz, dass auch die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen, wurde entgegen der im öffentlichen Dienst üblichen Formulierung, die in dem seit 1981 vom Arbeitgeberkreis der BAT-Kommission gebilligten Musterarbeitsvertrag enthalten war(dazu BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 25 mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 38 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 41; 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, ZTR 2010, 154 ), nicht in den Arbeitsvertrag der tarifungebundenen Parteien aufgenommen.

20

Ein anderes folgt nicht aus § 2 Abs. 1 TVÜ-L. Mit dieser Bestimmung werden ua. der BAT sowie der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT vom 31. Januar 2003 durch den TV-L ersetzt. Die Tarifvertragsparteien haben zu § 2 Abs. 1 TVÜ-L zwar eine Niederschriftserklärung abgegeben, nach der sie davon ausgehen, dass der TV-L und der TVÜ-L das bisherige Tarifrecht auch dann ersetzen, wenn arbeitsvertragliche Bezugnahmen nicht ausdrücklich den Fall der ersetzenden Regelung beinhalten. Diese von nicht am Arbeitsvertrag Beteiligten erfolgte Niederschriftserklärung ist für die Auslegung einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel aber ohne Bedeutung(so auch BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 15, NZA 2010, 401).

21

b) Die Anwendbarkeit der Regelungen der vom Kläger angeführten Tarifverträge ergibt sich allerdings aufgrund einer ergänzenden Auslegung des Arbeitsvertrages. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält infolge einer Tarifsukzession eine spätestens am 1. November 2006 nachträglich eingetretene Regelungslücke, die im Wege einer zulässigen ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist.

22

aa) Der Arbeitsvertrag ist, weil er nachträglich lückenhaft geworden ist, einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich.

23

(1) Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass eine Vereinbarung eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist(BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 31, AP BetrAVG § 2 Nr. 60). Eine Regelungslücke liegt dabei nur vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber doch bewusst deshalb offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und diese Annahme sich nachträglich als unzutreffend herausstellt (BAG 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, aaO). Von einer Planwidrigkeit kann nur die Rede sein, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zu Grunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist (BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, aaO).

24

(2) Danach ist die Bestimmung in Nr. 2 des Arbeitsvertrages lückenhaft.

25

Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das jeweils geltende tarifliche Regelungswerk ergibt sich der Wille der Parteien, die Arbeitsbedingungen nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst auszurichten. Das Arbeitsverhältnis wird in seiner Entwicklung an diejenigen Arbeitsbedingungen gebunden, die für die Arbeitnehmer gelten, die von dem in Bezug genommenen Tarifvertrag erfasst werden.

26

Die Parteien haben allerdings bei Abschluss des Arbeitsvertrages die nun tatsächlich eingetretene Situation nicht bedacht, dass nämlich das dynamisch in Bezug genommene Regelwerk des BAT nicht mehr fortgeführt werden könnte. Für diesen Fall fehlt deshalb eine Regelung in Nr. 2 des Arbeitsvertrages. Durch die weitestgehende Ersetzung des BAT für den Bereich des Bundes und der Kommunen zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst(TVöD) vom 13. September 2005 (§ 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-Bund]; § 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-VKA], jew. vom 13. September 2005) und für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den TV-L vom 12. Oktober 2006 nach § 2 TVÜ-L ist der Vertrag spätestens seit dem 1. November 2006 lückenhaft geworden.

27

(3) Entgegen der Auffassung der Revision kann eine nachträgliche Regelungslücke nicht deshalb verneint werden, weil der BAT noch fortbestehe und mit seinem - statischen - Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien noch regeln könne. Ein solches Verständnis ist weder mit dem Wortlaut der Klausel noch mit dem Zweck einer zeitdynamischen Bezugnahme vereinbar. Es träte eine statische Fortgeltung der bereits heute überholten tariflichen Rechtslage des Jahres 2003 ein. Der ersichtliche Regelungswille der Parteien betraf die Einbeziehung der tariflichen Regelungen im öffentlichen Dienst für die Angestellten in ihrer jeweiligen Entwicklung. Für die von dem in Bezug genommenen BAT unmittelbar erfassten Arbeitsverhältnisse hat sich die typischerweise an die tatsächliche Entwicklung angepasste Tarifentwicklung fortgesetzt. Es sind die Nachfolgetarifverträge zum BAT an dessen Stelle getreten.

28

(4) Eine Lücke kann nicht deshalb verneint werden, weil die Vertragsparteien - wie die Revision es anführt - sich mit der vertraglichen Bezugnahme nur an den jeweiligen BAT binden wollten, die Dynamik aber nicht mehr zum Tragen kommen sollte, wenn es zu verschiedenen Nachfolgetarifverträgen kommen sollte. Für eine solche beiderseitige Vorstellung fehlt es sowohl in der vertraglichen Regelung als auch im Übrigen an Anhaltspunkten. Hiergegen spricht zudem, dass die Parteien, wie es das Landesarbeitsgericht für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindend festgestellt hat, eine fehlende Fortführung des BAT nicht bedacht haben, also gerade von dessen ununterbrochener Fortsetzung ausgegangen sind. Nur wenn die Parteien die tatsächliche Entwicklung bedacht hätten, könnte überhaupt von einem diesbezüglichen Regelungswillen ausgegangen werden, wie ihn die Beklagte geltend macht. Nur in diesem Fall könnte es entgegen der in der Bezugnahmeklausel vereinbarten Dynamik bei einer - nunmehr im Ergebnis statischen - Anwendung des BAT verbleiben und es deshalb an einer Vertragslücke fehlen.

29

(5) Ohne Erfolg ist auch der weitere Einwand der Beklagten, der BAT gelte nach wie vor in Berlin und - jedenfalls bis Ende des Jahres 2009 bis zum Inkrafttreten des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen vom 1. September 2009 am 1. Januar 2010 - in Hessen. Sowohl die Beklagte als auch ihre Rechtsvorgängerin sind und waren in Hamburg ansässig. Anhaltspunkte dafür, die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel beziehe sich hinsichtlich ihrer Dynamik nicht auf die Entwicklung, wie sie die Tarifvertragsparteien des BAT durch dessen Ersetzung mittels der Nachfolgetarifverträge TVöD und TV-L gestaltet haben, sondern lediglich auf die in den beiden von ihr genannten Ländern, die selbst nicht unmittelbar Tarifvertragspartei des BAT gewesen sind, entstandene, sind weder der vertraglichen Vereinbarung zu entnehmen noch sonst vorgetragen oder ersichtlich.

30

bb) Die mit der Ersetzung des BAT durch den TV-L spätestens am 1. November 2006 entstandene nachträgliche Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Diese ergibt, dass die Parteien den TV-L und die zu diesem geschlossenen Zusatztarifverträge in Bezug genommen hätten.

31

(1) Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre(etwa BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22, NZA 2010, 401 ; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 26, BAGE 122, 182; BGH 4. Juli 2002 - VII ZR 502/99 - zu B II 2 b aa der Gründe, BGHZ 151, 229; 13. November 1997 - IX ZR 289/96 - zu II 2 a der Gründe, BGHZ 137, 153). Die ergänzende Vertragsauslegung im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen orientiert sich an einem objektiv generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise, ausgerichteten Maßstab, und nicht nur am Willen und Interesse der konkret beteiligten Personen (BGH 7. März 1989 - KZR 15/87 - zu II 1 der Gründe mwN, BGHZ 107, 273). Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt (BGH 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03 - zu IV 1 b der Gründe, BGHZ 164, 297). Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (BGH 6. Juli 1989 - III ZR 35/88 - zu II 4 a, d der Gründe, NJW-RR 1989, 1490). Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrages „zu Ende gedacht“ werden (BGH 20. September 1993 - II ZR 104/92 - zu 2 der Gründe, BGHZ 123, 281).

32

(2) Ausgehend von diesen Maßstäben hätten die Parteien redlicherweise für den Fall der hier vorliegenden Tarifsukzession des im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerkes das nachfolgende tarifliche Regelungswerk des öffentlichen Dienstes vereinbart, weil eine statische Regelung der Arbeitsbedingungen auf den Zeitpunkt der hier vorliegenden Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach(oben unter aa [2]). Weiterhin hätten die Vertragsparteien von den nach der Tarifsukzession in Betracht kommenden Tarifwerken des öffentlichen Dienstes die Anwendung des TV-L und der hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge vereinbart.

33

(a) Die Parteien hätten, wenn sie die im Bereich des BAT in den Jahren 2005 und 2006 eingetretene Tarifsukzession vorhergesehen hätten, die an die Stelle des BAT nachfolgenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes vereinbart.

34

(aa) Die Parteien haben die nähere Ausgestaltung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses - mit Ausnahme der Regelungsbereiche betriebliche Altersversorgung und Erholungsurlaub - mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk des BAT für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Allein die im Arbeitsvertrag abweichend vereinbarte Regelung hinsichtlich einer Zusatzversicherung beim Versorgungsverband bundes- und landesgeförderter Unternehmen e.V. (VBLU) sowie die gegenüber dem BAT für den Kläger günstigere Urlaubsregelung hindert entgegen der Auffassung der Beklagten eine solche Annahme nicht. Es handelt sich vorliegend nicht um eine besondere Verwendung einer Verweisung auf lediglich einzelne Bestimmungen des BAT, die mit anderen arbeitsvertraglichen Regelungen auch innerhalb einzelner Regelungsbereiche verknüpft werden, sondern - mit Ausnahme der Bestimmungen in Nr. 8 und 9 des Arbeitsvertrages - um eine pauschale Anknüpfung an das in Nr. 2 genannte Tarifwerk hinsichtlich aller weiteren wesentlichen Arbeitsbedingungen und damit an die allgemein für den öffentlichen Dienst im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen. Die Beklagte hat - anders als in der besonders gelagerten und vom vorliegenden Rechtsstreit abweichenden Fallgestaltung in der Entscheidung des Senats vom 10. Juni 2009 (- 4 AZR 194/08 - ZTR 2010, 154) - nicht mehrere Elemente aus verschiedenen Normenwerken in einer eigenständigen Vertragsregelung miteinander verbunden.

35

Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine tiefgreifende inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag benannten Tarifvertrages. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten(BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 24, NZA 2010, 401). Deshalb greift auch der Einwand der Beklagten nicht, die Parteien hätten sich nicht an ein ihnen unbekanntes Tarifwerk binden wollen.

36

(bb) Entgegen der Auffassung der Revision steht dem nicht entgegen, dass es sich bei der vertraglich vereinbarten Bezugnahmeklausel nicht um eine sog. Tarifwechselklausel oder große dynamische Verweisungsklausel handelt.

37

Bei der Ersetzung des BAT durch den TVöD und den TV-L handelt es sich bereits nicht um einen Tarifwechsel iSd. Rechtsprechung des Senats zu arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln, sondern um eine von den denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Anwendungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages(ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 38 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 41). Schon deshalb ist eine sog. Tarifwechselklausel für den Klageerfolg nicht erforderlich. Im Übrigen dürfte es bei Vereinbarung einer wirksamen sog. Tarifwechselklausel regelmäßig schon an einer Lücke als Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung fehlen (vgl. BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17 ff. mwN, BAGE 124, 34). Es führt in einem solchen Fall bereits die Vertragsauslegung zur Inbezugnahme jedenfalls der an die Stelle des BAT tretenden Nachfolgetarifverträge.

38

(b) Aufgrund der Aufspaltung der bis zum 30. September 2005 weitgehend gleichlautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes in die tariflichen Regelungen des TVöD(Bund und Kommunen) und des TV-L ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung weiterhin zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung nach Nr. 2 des Arbeitsvertrages maßgebend sein soll, also welches Tarifwerk die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie die eingetretene aufgespaltene Tarifsukzession bedacht hätten. Das ist vorliegend das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes im Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder.

39

(aa) Auszugehen ist dabei von der Bezugnahmeklausel. Lässt sich aus dieser - wie hier - nicht zweifelsfrei feststellen, welches der dem BAT nachfolgenden Tarifwerke nunmehr Anwendung finden soll, ist dies nach Sinn und Zweck einer Inbezugnahme tariflicher Regelungen zu ermitteln. Der Zweck der dynamischen Verweisung auf Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes ist es zunächst, am öffentlichen Dienst orientierte Arbeitsbedingungen zu schaffen. Zugleich weist eine solche Klausel auf ein Interesse des Arbeitgebers hin, aus Wettbewerbs- und Arbeitsmarktgründen dasjenige Tarifsystem zur Geltung zu bringen, das typischerweise gelten würde, wenn die ausgeübten Tätigkeiten innerhalb des öffentlichen Dienstes erbracht würden(zur Inbezugnahme der Vergütungsregelungen des BAT BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 26, NZA 2010, 401).

40

(bb) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindend sind, bestehen keine Anknüpfungspunkte, die eine Beziehung der Arbeitsvertragsparteien zum Bund oder den Gemeinden ergeben könnten. Deshalb ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Arbeitsvertragsparteien, wäre ihnen eine künftige Tarifsukzession bekannt gewesen, die Anwendung des TV-L und der hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge vereinbart hätten.

41

Fehlt es an Hinweisen, die eine Orientierung an den tariflichen Regelungen des öffentlichen Dienstes für die Angestellten des Bundes oder der durch die VKA vertretenen kommunalen Arbeitgeberverbände und ihrer Mitglieder erkennen lassen, kann nicht angenommen werden, dass die Parteien die für diesen Bereich geltenden Nachfolgeregelungen vereinbart hätten. Deshalb kann bei den drei hier in Betracht kommenden Nachfolgetarifverträgen des BAT nicht angenommen werden, der TVöD für den Bereich des Bundes oder für den der Kommunen wäre vereinbart worden. Insoweit macht auch die Revision nicht - wenigstens hilfsweise - geltend, bei einer ergänzenden Vertragsauslegung könne der TVöD zur Anwendung kommen.

42

(cc) Soweit die Revision anführt, die Parteien hätten entgegen den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht übereinstimmend erklärt, die Regelungen des TV-L und des TVÜ-L seien die sachnäheren Regelungswerke, ist diese Rüge jedenfalls unerheblich. Denn unabhängig davon ergibt sich aus den vorstehend angeführten Gründen bereits eine Bezugnahme des TV-L und des TVÜ-L einschließlich der entsprechenden Zusatztarifverträge im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung.

43

Darüber hinaus hat die Beklagte in dem von der Revision angeführten Vorbringen in der Berufungsinstanz keinen der Feststellung des Landesarbeitsgerichts entgegenstehenden Sachvortrag gehalten. Soweit sie dort geltend gemacht hat, bereits der BAT führe zu „nicht mehr marktgerecht hohen Gehältern insbesondere durch seine diversen Zulagen“, weshalb ein „Einfrieren selbstverständlich folgerichtig“ sei, und weiterhin anführt, der TV-L bedeute „durch seine Übergangsregelungen einen Kostenanstieg“, wendet sie sich nicht gegen die Sachnähe des TV-L, sondern gegen das Vergütungsniveau des öffentlichen Dienstes insgesamt. Dieser Einwand richtet sich sowohl gegen den unstreitig in Bezug genommenen BAT als auch den TV-L. Diese Argumentation ließe sich gleichermaßen gegen den TVöD als Nachfolgeregelung anführen. Ein Argument für oder gegen die größere Sachnähe eines bestimmten Nachfolgetarifvertrages des BAT im Verhältnis zu einem anderen Nachfolgetarifvertrag ergibt sich daraus nicht. Deshalb hat das Landesarbeitsgericht entgegen der Annahme der Revision bei seiner Beweiswürdigung - genauer: der Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme -, die durch das Revisionsgericht nur beschränkt auf die Wahrung der Voraussetzungen und Grenzen von § 286 ZPO überprüfbar ist(BAG 12. März 1997 - 5 AZR 766/95 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 85, 237; 19. April 2005 - 9 AZR 184/04 - Rn. 38, AP BErzGG § 15 Nr. 43 = EzA BErzGG § 15 Nr. 14; 21. Oktober 2009 - 4 ABR 40/08 - Rn. 45), keinen Vortrag der Beklagten als wesentlichen Gesichtspunkt unberücksichtigt gelassen.

44

(dd) Ein anderes ergibt sich nicht aus dem von der Beklagten angeführten Umstand, dass die Tarifvertragsparteien des BAT auf Arbeitgeberseite nicht mehr in gleicher Form an(nur) einem Nachfolgetarifvertrag beteiligt sind. Der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel kann nicht entnommen werden, dass ihre Dynamik dann entfallen soll, wenn auf Arbeitgeberseite nicht mehr alle Tarifvertragsparteien beteiligt sein sollten. Die von der Beklagten angeführten unterschiedlichen Arbeitszeit- und Sonderzahlungsregelungen im Bereich des TVöD gegenüber denen im Bereich des TV-L stehen in Anbetracht der geringen Unterschiede zwischen den beiden Tarifwerken einer unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben erfolgenden ergänzenden Vertragsauslegung einer dynamischen Bezugnahmeklausel, die die Arbeitsvertragsbedingungen ja von vornherein an sich ändernde Tarifbestimmungen koppelt, nicht entgegen.

45

(ee) An der Richtigkeit der vorgenommenen ergänzenden Vertragsauslegung ändert auch der Einwand der Revision nichts, der TV-L enthalte anders als der BAT nur „rudimentäre“ Bestimmungen zum Bereitschaftsdienst und zur Rufbereitschaft, es sei für die Beklagte aber essentiell gewesen, wegen solcher Regelungen die Bezugnahme des BAT zu vereinbaren, solange alle drei Tarifvertragsparteien auf Arbeitgeberseite einen gemeinsamen Tarifvertrag ausgehandelt hätten, seien auch die Interessen derjenigen Arbeitgeber bedacht worden, die auf Bereitschaftszeitregelungen angewiesen seien.

46

Hierbei handelt es sich um einen nach § 559 Abs. 1 ZPO in der Revisionsinstanz unzulässigen neuen Tatsachenvortrag. Im Übrigen hat die Beklagte auch nicht näher dargetan, inwieweit die Regelungen zum Bereitschaftsdienst, die § 7 Abs. 3 TV-L enthält, für ihren Betrieb von den Bestimmungen des § 15 Abs. 6a BAT iVm. Nr. 5 SR 2b BAT derart abweicht, dass nicht mehr von einer dem ursprünglichen Vertragswillen ergänzend zu entnehmenden Bezugnahme des TV-L ausgegangen werden kann. Hinsichtlich der von der Revision in diesem Zusammenhang erstmals angeführten Regelungen zur Vergütung von Bereitschaftsdienst gelten zudem nach § 8 Abs. 6 Satz 2 TV-L „die in dem jeweiligen Betrieb/der jeweiligen Verwaltung/Dienststelle am 31. Oktober 2006 jeweils geltenden Bestimmungen fort“, bis das „Entgelt für Bereitschaftsdienst … durch besonderen Tarifvertrag“ nach Satz 1 der tariflichen Bestimmung geregelt ist.

47

(c) Entgegen der Auffassung der Revision kann schließlich nicht angenommen werden, die Arbeitsvertragsparteien hätten bei Kenntnis der weiteren Entwicklung auf den Tarifvertrag für die Arbeitsrechtliche Vereinigung Hamburg e.V.(TV AVH vom 19. September 2005, derzeit idF vom 28. Oktober 2008) oder den Kirchlichen Tarifvertrag Diakonie (KTD vom 15. August 2002, derzeit idF vom 16. März 2009) verwiesen.

48

(aa) Eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend, die Arbeitsvertragsparteien hätten den TV AVH vereinbart, ist nach den genannten Grundsätzen nicht möglich. Die Parteien haben bereits dessen Vorläuferregelung, den MTV Angestellte(vom 1. August 1961, in der Neufassung vom 23. März 1993), nicht in der arbeitsvertraglichen Abrede aus dem Jahre 1995 in Bezug genommen, sondern den auf Arbeitgeberseite von Bund, Ländern und Kommunen geschlossenen BAT. Deshalb kann nicht angenommen werden, sie hätten zum maßgebenden Zeitpunkt des Vertragsschlusses für den Fall, dass sie die Lückenhaftigkeit der Vertragsregelung erkannt hätten, die Anwendung eines Tarifwerks vereinbart, an dem auf Arbeitgeberseite ein anderer Vertragspartner beteiligt ist.

49

(bb) Gleiches gilt für den von der Beklagten angeführten KTD. Auch hier handelt es sich um einen von einem anderen Arbeitgeberverband - dem Verband kirchlicher und diakonischer Anstellungsträger Nordelbien - geschlossenen Tarifvertrag, der zudem zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsabschlusses noch nicht existierte.

50

2. Begründet ist auch der Klageantrag zu 2). Der Anspruch auf die geltend gemachte Einmalzahlung ergibt sich aus der Bezugnahmeregelung in Nr. 2 des Arbeitsvertrages iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. b) TV EZ.

51

a) Nach § 2 Abs. 1 Buchst. b) TV EZ werden mit den Bezügen für den Monat Januar 2007 in den Entgeltgruppen E 9 bis E 12 als Einmalzahlung 210,00 Euro ausgezahlt. Der Kläger, der nach der VergGr. Vb BAT vergütet wurde, ist nach § 3, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-L iVm. der Anlage 2(Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen für am 31. Oktober 2006/1. November 2006 vorhandene Beschäftigte für die Überleitung), Teil A, der Entgeltgruppe 9 TV-L zugeordnet und kann daher diesen Betrag beanspruchen.

52

b) Der Kläger hat die Einmalzahlungen rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist des § 37 TV-L geltend gemacht. Die mit den Bezügen für Januar 2007 auszuzahlende Einmalzahlung nach § 2 Abs. 1 Buchst. b) TV EZ hat der Kläger mit der am 10. Juli 2007 der Beklagten zugestellten Klageerweiterung geltend gemacht und so die sechsmonatige Frist ab Fälligkeit des Anspruchs gewahrt. In der Zustellung der Klageerweiterung an die Beklagte liegt hinsichtlich der Einmalzahlung eine rechtzeitige schriftliche Geltendmachung(BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 34, NZA 2010, 401; s. auch BAG 9. Juli 2008 - 5 AZR 518/07 - Rn. 15, AP TVG § 1 Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 21 = EzA ZPO 2002 § 249 Nr. 1).

53

c) Der Zinsanspruch für die Einmalzahlung ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

54

III. Die Kosten der erfolglosen Revision hat nach § 97 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Treber    

        

        

        

    Görgens    

        

    Th. Hess    

                 

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 14. März 2012 - 4 Sa 12/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifverträge und sich daraus ergebende Vergütungsansprüche des Klägers.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten, die keinem Arbeitgeberverband angehört, seit Oktober 1995 als kaufmännischer Angestellter gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 3.663,91 Euro tätig. Im schriftlichen Arbeitsvertrag aus dem Monat Oktober 1995 ist ua. geregelt:

        

„Als Vergütung für Ihre Tätigkeit erhalten Sie ein am letzten Arbeitstag jeden Monats zahlbares Bruttogehalt nach Tarifgruppe 5/4 in Höhe von DM 5.400.-- …

        

Tarifgehalt

Leistungszulage

Außertarifl. Zulage

Gesamtsumme

        

DM 4848.--

        

552.--

DM 5400.--

        

Die nach 3 Monaten auszuweisende Leistungszulage ist bereits in der AT-Zulage enthalten.

        

Wir sind berechtigt, die Leistungszulage zu kündigen oder bei einer Einstufung in eine andere Tarifgruppe neu festzulegen und die außertarifliche Zulage jederzeit ganz bzw. teilweise zu widerrufen oder bei einer Neufestsetzung Ihrer Bezüge ganz bzw. teilweise aufzurechnen.“

3

In den von den Parteien gleichfalls im Oktober 1995 unterzeichneten „Allgemeinen Vertragsbedingungen“ wird hinsichtlich des Urlaubs und der Kündigungsfristen während der Probezeit auf den „geltenden Tarifvertrag“ verwiesen. Für die Arbeitszeit sind demgegenüber die „nach den gesetzlichen und jeweils geltenden betrieblichen Bestimmungen“ maßgebend und nach Ablauf der Probezeit sollen die „gesetzlichen Kündigungsfristen“ gelten. Die weiteren vertraglichen Bestimmungen enthalten keine Verweisungen auf andere Regelungen.

4

Bereits vor Abschluss des Arbeitsvertrags mit dem Kläger hatte die Beklagte mit der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) einen zum 1. Juli 1995 in Kraft getretenen „Werktarifvertrag (Anerkennungstarifvertrag)“ (nachfolgend: Anerkennungstarifvertrag) geschlossen. In diesem wird auf sieben, im Einzelnen aufgeführte Verbandstarifverträge der bayerischen Metallindustrie, ua. den Manteltarifvertrag für die Angestellten der bayerischen Metallindustrie (idF vom 1. April 1994) verwiesen. Sodann lautet der Anerkennungstarifvertrag wie folgt:

        

„II.   

        

Abweichend von diesen Bestimmungen gilt folgendes:

        

1.    

Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütung

        

1.1.   

Die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütung von Stand 31.12.94 werden in 1995 wie folgt erhöht:

                 

-       

Bei einem Einkommen bis 5000.-- DM brutto im Monat erfolgt eine Erhöhung von 150.-- DM monatlich ab 01.07.95.

                 

-       

Bei einem Einkommen über 5000.-- DM brutto im Monat erfolgt eine Erhöhung von 150.-- DM monatlich ab 01.10.95.

                 

-       

Die Ausbildungsvergütung beträgt monatlich …

        

1.2.   

Die Lohn-, Gehalts- und Ausbildungstabellen in der Fassung vom 01.11.95, die zwischen IG Metall und dem Verein der Bayer. Metallindustrie am 07.03.95 vereinbart wurden, gelten ab 01.01.96 für die Beschäftigten der Firma Generalelektronik GmbH Magdeburg, Zweigniederlassung Müller und Weigert, Nürnberg.

                 

Beide Parteien vereinbaren eine Laufzeit bis 31.12.96. Sie kann mit einer Frist von einem Monat, erstmals zum 31.12.96 gekündigt werden.

                 

Wenn sich das bereits negativ geplante operative Ergebnis noch um 10 % bis 31.12.95 verschlechtert, verpflichten sich die Parteien über die Löhne und Gehälter für 1996 neu zu verhandeln.

                 

…       

        

2.    

Teil des 13. Monatseinkommens

                 

Für das Jahr 1995 erhalten die Beschäftigten den gleichen Prozentsatz wie 1994.

                 

Ab 1996 gilt die Regelung des Tarifvertrages der Bayer. Metallindustrie.

        

3.    

Die Arbeitszeit aller Beschäftigten wird ab 01.10.96 auf 35 Stunden verkürzt, nach den Regelungen, die für die Bayer. Metallindustrie gelten.

        

III.   

        

Die in diesen Tarifverträgen geltenden Kündigungsfristen und Termine sowie ausgesprochenen Kündigungen gelten auch zwischen den Parteien dieses Anerkennungstarifvertrages.

        

Forderungen, die zu den in Bezug genommenen Tarifverträgen gestellt werden, gelten auch gegenüber der jeweiligen Partei dieses Tarifvertrages als gestellt.

        

Arbeitskampffreiheit und Friedenspflicht regeln sich so, als wäre die Firma Mitglied des Arbeitgeberverbandes, der die in Bezug genommenen Tarifverträge abgeschlossen hat.

        

Zwischen den Parteien finden ebenfalls alle Abmachungen, Abkommen, Zusatzabkommen und Änderungsverträge Anwendung, die zwischen den Parteien der mit diesem Vertrag in Bezug genommenen Tarifverträge abgeschlossen werden.

        

Dies gilt auch hinsichtlich des Inkrafttretens neuer Tarifbestimmungen, die anstelle der in Bezug genommenen Tarifverträge bzw. Tarifbestimmungen treten. Die in Bezug genommenen Tarifverträge bzw. -abkommen oder -vereinbarungen gelten in der jeweils gültigen Fassung und mit dem jeweils gültigen Rechtsstatus.“

5

Mit „Zusatztarifvertrag“ vom 14. Januar 1997 wurde - neben Änderungen der Wochenarbeitszeit und des anteiligen 13. Monatseinkommens - auf den Lohn- und Gehaltstarifvertrag der bayerischen Metallindustrie vom 12. Dezember 1996 verwiesen. In einem weiterem „Zusatztarifvertrag“ (vom 1. Oktober 1998) wird die „kommende Lohn-Gehaltserhöhung 1999“ ungekürzt weitergegeben, aber auf die zu leistende Sonderzahlung, die für dasselbe Jahr um die Hälfte gekürzt wurde, angerechnet. Ab 1. Januar 2000 sollten alle tariflichen Bestimmungen wieder uneingeschränkt gelten.

6

Die Beklagte kündigte im September 2001 sämtliche von ihr mit der IG Metall vereinbarten Tarifverträge fristgerecht zum 31. Dezember 2001. Die in der Folgezeit durch die Verbandstarifverträge der bayerischen Metallindustrie vereinbarten Entgelterhöhungen leistete sie nicht.

7

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - für den Zeitraum ab Februar 2008 die Nachzahlung der Differenz zwischen dem ihm geleisteten Entgelt und dem jeweiligen Tarifentgelt der Tarifgruppe 5, 4. Gruppenjahr nach den Vergütungstabellen der bayerischen Metallindustrie nebst den Leistungszulagen geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, die tariflichen Entgeltregelungen der bayerischen Metallindustrie auch für die Zeit nach dem 1. Januar 2002 dynamisch anzuwenden. Der Arbeitsvertrag enthalte eine konstitutive Abrede, die eine dynamische Anwendung der jeweiligen Entgeltregelungen der bayerischen Metallindustrie zur Folge habe. Der arbeitsvertragliche Verweis auf das jeweilige Tarifgehalt, die Tarifgruppe sowie auf die Leistungszulage, die im Verbandstarifvertrag geregelt sei, belegten den Willen der Parteien, die Tarifverträge der bayerischen Metallindustrie dynamisch anzuwenden. Selbst wenn sich das arbeitsvertraglich in Bezug genommene jeweils „geltende Tarifrecht“ auf die von der Beklagten geschlossenen Haustarifverträge beziehe, die er zudem nicht gekannt habe, gelte dies nur für deren Geltungsdauer, danach seien die jeweiligen Verbandstarifverträge wieder maßgebend. Es liege auch keine sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Senats vor. Die Beklagte sei nicht Verbandsmitglied gewesen und habe die Tarifverträge des Verbands nur teilweise in Bezug genommen. Da der Arbeitsvertrag im Übrigen keinen Hinweis auf den Anerkennungstarifvertrag enthalte, sei die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB anzuwenden. Er sei Mitglied der IG Metall und ihm sei es darauf angekommen, nicht schlechter gestellt zu werden als bei seinem bisherigen Arbeitgeber, für den die Verbandstarifverträge aufgrund Mitgliedschaft gegolten hätten.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.531,78 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.192,40 Euro seit dem 1. Januar 2009 und aus weiteren 1.339,38 Euro seit dem 1. März 2009 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, sie sei an die Tarifregelungen der bayerischen Metallindustrie nicht mehr gebunden. Bei der arbeitsvertraglichen Verweisung handele es sich allenfalls um eine sog. Gleichstellungsabrede. Mit Beendigung ihrer eigenen Tarifgebundenheit ab dem 1. Januar 2002 habe gleichzeitig die Dynamik der Bezugnahme geendet. Zudem enthalte der Arbeitsvertrag keinen Verweis auf das Tarifrecht des Verbands. Allenfalls könne der mit ihr vereinbarte Anerkennungstarifvertrag erfasst sein. Die Nennung der Tarifgruppe im Arbeitsvertrag habe nur der Zuweisung in das betriebliche Eingruppierungsschema gedient.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage im noch streitigen Umfang stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Für den geltend gemachten Zahlungsanspruch des Klägers gibt es keine rechtliche Grundlage. Die nach dem 31. Dezember 2001 vereinbarten Tarifentgelterhöhungen in den Flächentarifverträgen der bayerischen Metallindustrie finden im Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.

12

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die geltend gemachten Entgeltdifferenzen auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen. Dies gilt auch dann, wenn man zu seinen Gunsten und mit dem Landesarbeitsgericht davon ausgeht, die arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütungsregelungen enthielten im Ergebnis eine dynamische Bezugnahme auf die tariflichen Bestimmungen der bayerischen Metallindustrie. Eine Bezugnahmeregelung in den Vergütungsbestimmungen des im Jahre 1995 geschlossenen Arbeitsvertrags ist als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen, die keine von der Tarifgebundenheit der Beklagten unabhängige zeitdynamische Verweisung auf genannte Tarifregelungen in der jeweiligen Fassung zum Inhalt hat. Nach der von der Beklagten erklärten Kündigung sämtlicher Haustarifverträge zum Ablauf des Jahres 2001 galten diese nur noch mit dem zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Regelungsbestand - „statisch“ - fort. Spätere Tariflohnerhöhungen in den Verbandstarifverträgen werden von einer Bezugnahmeregelung nicht mehr erfasst.

13

1. Die Auslegungsregel zu einer Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede nach der früheren Rechtsprechung des Senats ist auch dann anzuwenden, wenn die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an Verbandstarifverträge auf einer dynamischen Verweisung in einem Haustarifvertrag beruht. Ihr steht weder die Bezugnahme auf einen einzelnen Tarifvertrag oder Teile hiervon, noch die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB entgegen.

14

a) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats galt die - widerlegliche - Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum geht, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags zu kommen und damit zu dessen Geltung für alle Beschäftigten. Daraus hat der Senat die Konsequenz gezogen, dass auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen seien. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, dass die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik nur so weit reicht, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reicht, also dann endet, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden ist. Ab diesem Zeitpunkt sind die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden (st. Rspr., siehe nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 17 f. mwN).

15

b) Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; bestätigt durch BVerfG 26. März 2009 - 1 BvR 3564/08 - und 21. April 2009 - 1 BvR 784/09 -).

16

c) Die zu dieser Rechtsfolge führende Auslegungsregel ist auch dann maßgebend, wenn die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers nicht auf dessen Verbandsmitgliedschaft zurückgeht, sondern auf einen zum Zeitpunkt des Arbeitsvertrags geltenden Anerkennungstarifvertrag (st. Rspr., BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 477/08 - Rn. 19; siehe weiterhin 15. März 2006 - 4 AZR 132/05 - Rn. 30 ff.).

17

d) Der Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahme als sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung steht - anders als dies der Kläger meint - nicht entgegen, dass nicht auf das ganze Tarifwerk, sondern nur auf einen einzelnen Tarifvertrag oder Teile hiervon verwiesen wird. Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, mit der dynamisch auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk verwiesen wird, dient dem Zweck, die Anwendung der jeweiligen Tarifnormen im Arbeitsverhältnis herbeizuführen, beinhaltet jedoch nicht eine vertragliche Vereinbarung über eine umfassende Behandlung des Arbeitnehmers als Gewerkschaftsmitglied (BAG 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 30, BAGE 130, 43; 9. Mai 2007 - 4 AZR 275/06 - Rn. 28). Die durch die frühere Rechtsprechung des Senats begründete Auslegung einer solchen arbeitsvertraglichen Verweisung als Gleichstellungsabrede setzt ebenso wenig wie die Verweisungsklausel im Allgemeinen besondere Anforderungen an das im Arbeitsvertrag genannte Bezugsobjekt voraus, sondern variiert lediglich die Wirkungsweise der vertraglichen Gestaltung. An die besondere Voraussetzung, dass der Arbeitgeber an den im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag seinerseits auch normativ gebunden ist, knüpft sie die abweichende und besondere Rechtsfolge des Wegfalls der Dynamik bei Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers. Keine notwendige Bedingung dagegen ist es, dass im Arbeitsvertrag auf sämtliche Tarifverträge verwiesen wird, die für den Arbeitgeber und die bei ihm beschäftigten tarifgebundenen Gewerkschaftsmitglieder normativ gelten. Die Bestimmung des Umfangs der vertraglichen Bezugnahme ist allein Sache der Vertragsparteien (etwa ob eine sog. Tarifwechselklausel vorliegt: BAG 29. August 2007 - 4 AZR 765/06 - Rn. 29).

18

Dementsprechend ist der Senat stets davon ausgegangen, dass eine sog. Gleichstellungsabrede auch dann vorliegen kann, wenn arbeitsvertraglich nur einzelne Regelungsbereiche in Bezug genommen wurden oder tarifvertragliche Bestimmungen lediglich „im Übrigen“ anzuwenden sind und/oder „soweit nicht abweichende arbeitsvertragliche Regelungen bestehen“ (vgl. bspw. BAG 23. Januar 2008 - 4 AZR 602/06 -; 1. Dezember 2004 - 4 AZR 50/04 - BAGE 113, 40; 13. November 2002 - 4 AZR 393/01 - BAGE 103, 364; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 467/01 - BAGE 103, 141; 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - BAGE 99, 120).

19

e) Entgegen der Auffassung des Klägers stehen der Auslegung der Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede die §§ 305 ff. BGB nicht entgegen. Die bisherige Rechtsprechung des Senats ist unter Anwendung der seit dem 1. Januar 2002 in § 305c Abs. 2 BGB normierten, jedoch bereits vorher auch für das Arbeitsrecht anerkannten Unklarheitenregelung(zB BAG 17. November 1998 - 9 AZR 584/97 -) davon ausgegangen, dass bei der der Gleichstellung generell zugrunde liegenden soziotypischen Konstellation von als berechtigt anzuerkennenden Zweifeln iSv. § 305c Abs. 2 BGB nicht ausgegangen werden kann(BAG 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 d bb der Gründe, BAGE 105, 284). Die Auslegung einer arbeitsvertraglichen Verweisung als Gleichstellungsabrede umfasst nicht nur das Verständnis des tarifgebundenen Arbeitgebers bei der Abgabe seines Vertragsangebots, wonach die Verweisung auf einschlägige Tarifregelungen hinsichtlich der Dynamik unter der auflösenden Bedingung des Wegfalls seiner eigenen Tarifgebundenheit steht, sondern auch die vom Senat seinerzeit angenommene Erkennbarkeit dieser Vertragsbedingung für den Arbeitnehmer, dessen Zustimmung zu der vom Arbeitgeber vorformulierten Klausel diese auflösende Bedingung umfasst. Soweit daher aus Vertrauensschutzgründen die frühere Rechtsprechung des Senats weiterhin anzuwenden ist, gilt dies auch für den vom Senat vorausgesetzten Empfängerhorizont des Arbeitnehmers, der davon „ausgehen (muss), daß eine Bezugnahmeklausel, die von der Arbeitgeberseite angeboten wird, als Gleichstellungsabrede gemeint ist“ (BAG 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - zu I 2 d aa der Gründe, aaO; 26. September 2001 - 4 AZR 544/00 - zu II 1 c bb (1) der Gründe, BAGE 99, 120). Auch insoweit hält der Senat für Altverträge aus der Zeit vor dem 1. Januar 2002 aus Gründen des Vertrauensschutzes an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (siehe auch BAG 15. März 2006 - 4 AZR 132/05 - Rn. 28 ff.).

20

2. Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze ist die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung der Parteien im Entscheidungsfall als sog. Gleichstellungsabrede zu qualifizieren.

21

a) Die Beklagte war bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Oktober 1995 über den Anerkennungstarifvertrag normativ an die dort genannten Tarifverträge der bayerischen Metallindustrie, ua. den Manteltarifvertrag für die Angestellten der bayerischen Metallindustrie (vom 31. Oktober/2. November 1970 idF vom 1. April 1994), gebunden. Dieser Manteltarifvertrag enthält die Zuordnung von Tätigkeiten zu bestimmten Gehaltsgruppen sowie die Bestimmung des einschlägigen Gruppenjahres, die für den Kläger im Arbeitsvertrag mit „Tarifgruppe 5/4“ bezeichnet wurde und auf die er sich zur Begründung seines Anspruchs bezogen hat.

22

b) Entgegen der Auffassung des Klägers kann nicht davon ausgegangen werden, im Arbeitsvertrag sei lediglich eine unmittelbare Bezugnahme auf die Verbandstarifverträge erfolgt, nicht dagegen auf die Haustarifverträge der Beklagten. Dem widerspricht schon das vertraglich vereinbarte „Tarifgehalt“ von 4.848,00 DM, das sich gerade nicht aus der zu diesem Zeitpunkt geltenden Gehaltstabelle des Verbandstarifvertrags ergab. Vielmehr entsprach es in seiner Höhe allein den sich in Anwendung der Ziff. II.1.1. des Anerkennungstarifvertrags ergebenden Bestimmungen.

23

c) Die - zugunsten des Klägers vom Landesarbeitsgericht unterstellte - dynamische Inbezugnahme der Entgeltregelungen der bayerischen Metallindustrie über die Verweisung im Anerkennungstarifvertrag endete mit Ablauf der Tarifgebundenheit der Beklagten durch die Kündigung der Haustarifverträge zum Jahresende 2001. Nach diesem Zeitpunkt erfolgte Änderungen in den Tarifverträgen der bayerischen Metallindustrie waren für die Beklagte nicht mehr verbindlich.

24

II. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Entgelts nach den jeweiligen Tarifverträgen der bayerischen Metallindustrie ergibt sich für den streitgegenständlichen Zeitraum auch nicht aus der von ihm behaupteten Mitgliedschaft in der IG Metall.

25

Nach Beendigung des Anerkennungstarifvertrags zum Ende des Jahres 2001 wirken seine Rechtsnormen nach § 4 Abs. 5 TVG zwar nach. Eine lediglich nachwirkende Verweisung auf andere Tarifverträge erstreckt sich jedoch nicht auf im Nachwirkungszeitraum vereinbarte Änderungen der in Bezug genommenen Tarifbestimmungen (st. Rspr., BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 8/10 - Rn. 27 mwN; so bereits 17. Mai 2000 - 4 AZR 363/99 - zu I 4 der Gründe, BAGE 94, 367).

26

III. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen, weil er mit seinem Rechtsmittel unterlegen ist (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Bredendiek    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 30. Juli 2009 - 11 Sa 87/08 - aufgehoben, soweit es über den Antrag zu 2. entschieden hat.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 21. Oktober 2008 - 3 Ca 291/08 - teilweise abgeändert und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 2. abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Revision des Beklagten zurückgewiesen.

3. Der Beklagte hat von den erst- und zweitinstanzlichen Kosten 80 % und von den Kosten des Revisionsverfahrens 86 % zu tragen. Die übrigen Kosten hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

2

Der Kläger ist beim beklagten Verein als Hausmeister auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 14. August 1980 tätig. Unter der Überschrift „Vergütung“ regelten die Parteien in Ziffer 5 des Arbeitsvertrags:

        

„Herr L erhält für ihre/seine Tätigkeit eine Vergütung in Anlehnung an den BAT (Bund/Länder) nach Vergütungsgruppe VII.

        

...“   

3

Bis 2003 zahlte der Beklagte die Vergütung nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (im Folgenden: BAT) und den jeweiligen Vergütungstarifverträgen. Der Kläger wurde in die VergGr. VIb BAT höhergruppiert. Nach dem Jahr 2003 erfolgten die Leistungen nicht mehr in vollem Umfang. Im April 2004 verzichtete der Kläger auf die tarifliche Erhöhung des Gehalts um ein Prozent ab dem 1. Januar 2004 gemäß dem 35. Vergütungstarifvertrag für den Bereich des Bundes und der Länder.

4

Am 1. November 2006 traten der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) in Kraft. Der Beklagte bot daraufhin allen Mitarbeitern einen neuen Arbeitsvertrag an. Der Kläger nahm das Angebot nicht an.

5

Mit der Zahlungsklage hat er unter anderem tarifliche Einmalzahlungen für 2007,  Ansprüche auf Differenzvergütung für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. August 2008 und (restliche) Jahressonderzahlungen für 2006 und 2007 geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag enthalte hinsichtlich der Vergütung eine dynamische Inbezugnahme der jeweils gültigen Tarifverträge des öffentlichen Dienstes der Länder.

6

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Interesse, folgende Anträge gestellt,

        

1.    

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.778,05 Euro brutto nebst Verzugszinsen zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass er Anspruch auf laufende monatliche Vergütung entsprechend dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in Verbindung mit dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts und dem Vergütungstarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in jeweils aktueller Fassung hat.

7

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, es sei weiterhin der BAT anzuwenden.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren im Wesentlichen weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Beklagten ist nur zum Teil erfolgreich.

10

A. Die Revision ist unbegründet, soweit die Vorinstanzen dem Zahlungsantrag des Klägers stattgegeben haben.

11

I. Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf die geltend gemachten Einmalzahlungen für das Jahr 2007. Das ergibt eine ergänzende Auslegung von Ziffer 5 des Arbeitsvertrags.

12

1. Gemäß Ziffer 5 des Arbeitsvertrags erfolgt die Vergütung „in Anlehnung an den BAT (Bund/Länder) nach Vergütungsgruppe VII“. Diese Vereinbarung enthält nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des Berufungsgerichts eine kleine dynamische Bezugnahme.

13

2. In Ziffer 5 knüpfen die Parteien die Vergütung pauschal und ohne Nennung fester Beträge an die für den öffentlichen Dienst des Bundes und der Länder im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalten sie dynamisch. Das ergibt sich deutlich aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Damit haben die Parteien einen einzelvertraglichen Entgeltanspruch nach dieser Vergütungsgruppe begründet. Die Formulierung „in Anlehnung an“ stellt keine Einschränkung dar, sondern ist als Hinweis des Beklagten auf ein von ihm praktiziertes Vergütungssystem zu verstehen. Danach hat der Angestellte Anspruch auf Vergütung nach der vertraglich vereinbarten Vergütungsgruppe, und zwar dynamisch. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweite normative Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen sind (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - BAGE 116, 185; 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b bb der Gründe, BAGE 103, 338).

14

Die Parteien haben den Begriff der Vergütung in Ziffer 5 des Arbeitsvertrags im Übrigen nicht selbst definiert oder näher konkretisiert. Zutreffend hat ihn das Berufungsgericht dahingehend auslegt, dass er alle finanziellen Leistungen des Arbeitgebers erfasst, die das in Bezug genommene tarifliche Regelungswerk als Gegenleistung für die vom Angestellten erbrachte Arbeitsleistung vorsieht (vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 41, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

15

3. Allerdings trägt der Wortlaut der Bezugnahmeklausel eine Erstreckung auf den TV-L und den Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 (TV EZ-L) vom 8. Juni 2006 nicht. Beide Tarifverträge werden nicht von der vertraglichen Verweisung auf den BAT erfasst, denn Ziffer 5 des Arbeitsvertrags ist zeit- und nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet. Der Zusatz, dass auch die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen, wurde entgegen der im öffentlichen Dienst üblichen Formulierung, die in dem seit 1981 vom Arbeitgeberkreis der BAT-Kommission gebilligten Musterarbeitsvertrag enthalten war, nicht in den Arbeitsvertrag der Parteien aufgenommen (vgl. dazu BAG 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38).

16

4. Dass sich die Vergütung des Klägers nach den Nachfolgetarifverträgen des BAT richtet, ergibt eine ergänzende Auslegung des Arbeitsvertrags.

17

a) Es ist nachträglich eine Regelungslücke entstanden. Der BAT in der für den Bund und die Länder geltenden Fassung wurde für den Bereich des Bundes zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (TVöD) ersetzt (§ 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 [TVÜ-Bund]), für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den TV-L (§ 2 TVÜ-Länder). Bei der im öffentlichen Dienst erfolgten Ablösung des BAT durch den TVöD und den TV-L handelt es sich um eine Tarifsukzession: Gewerkschaft und Arbeitgeberseite ersetzten übereinstimmend ein Tarifwerk durch ein anderes Tarifwerk. Dadurch ist die zeitdynamisch ausgestaltete Bezugnahme auf den BAT im Arbeitsvertrag zur statischen geworden, weil das Objekt der Bezugnahme von den Tarifvertragsparteien nicht mehr weiterentwickelt wird (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 122/09 -; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

18

b) Die mit der Tarifsukzession entstandene nachträgliche Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen.

19

aa) Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Es ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre (vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - mwN, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

20

bb) Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk ergibt sich zum einen der Wille der Parteien, die Vergütung nicht in einer bestimmten Höhe bis zu einer Vertragsänderung festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Höhe der Vergütung der Angestellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien redlicherweise für den Fall einer Tarifsukzession das dem im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk vereinbart, weil ein „Einfrieren“ der Vergütung auf den Zeitpunkt der Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach (vgl. BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 122/09 -; 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - NZA 2010, 1183; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

21

cc) Zum anderen haben sich die Parteien mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag benannten Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten.

22

dd) Der von dem Beklagten erhobene Einwand der Verletzung seiner negativen Koalitionsfreiheit geht fehl. Die Auslegung und die Wirksamkeit einer individualrechtlichen Inbezugnahme von Tarifverträgen in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht berührt die negative Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat, nicht. Ein Verstoß gegen die negative Koalitionsfreiheit kommt nur dann in Betracht, wenn es um die von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unabhängige kollektiv-rechtliche Wirkungsweise von tariflichen Normen geht. Denn nur in diesem Bereich lässt sich die Verbindlichkeit von Rechten und Pflichten mit der Wahrnehmung von negativer oder positiver Koalitionsfreiheit begründen. Bei der (ergänzenden) Vertragsauslegung spielt weder die Mitgliedschaft oder Nichtmitgliedschaft in einer tarifschließenden Koalition noch die Position als Tarifvertragspartei eine Rolle (vgl. auch BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 47, 48, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47).

23

c) Die Annahme des Berufungsgerichts, gerade der TV-L und nicht der TVöD sei an die Stelle des BAT getreten, ist in der Revision nicht angegriffen worden.

24

5. Der Anspruch auf die geltend gemachten Einmalzahlungen ergibt sich aus Ziffer 5 des Arbeitsvertrags iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. a TV EZ-L.

25

a) Die Einmalzahlungen sind Vergütung iSd. Ziffer 5 des Arbeitsvertrags. Die zeitdynamische Verweisung umfasst auch tarifliche „Einmalzahlungen“, die an die Stelle einer (prozentualen) Erhöhung der im Arbeitsvertrag genannten Vergütungsbestandteile treten. Bei den Einmalzahlungen handelt es sich um pauschalierte Vergütungserhöhungen, die die in den Jahren 2006 und 2007 ausgebliebene Erhöhung der Vergütungs- bzw. Entgelttabellen kompensieren sollten und die - wie § 2 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 TV EZ-L zeigt - keine von einem unmittelbaren Gegenleistungsbezug unabhängige Sonderzahlung sind(BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 32, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

26

b) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfüllt der Kläger die tariflichen Voraussetzungen für die Einmalzahlung. Die VergGr. VIb BAT, nach der der Kläger vergütet wurde, entspricht der Entgeltgruppe 6 des TV-L (vgl. TVÜ-Länder Anlage 2). Nach dem TV EZ-L bestand am 31. Januar 2007 für Vollzeitbeschäftigte der Entgeltgruppe 6 ein Anspruch auf Zahlung von 310,00 Euro und am 30. September 2007 ein Anspruch auf Zahlung von weiteren 450,00 Euro. Hiervon sind die Vorinstanzen zutreffend ausgegangen.

27

II. Der Kläger hat gemäß Ziffer 5 des Arbeitsvertrags iVm. § 6 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVÜ-Länder Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Entgelterhöhung für die Monate Januar bis August 2008 um 2,9 Prozent nach dem TVÜ-Länder für 2007. Insoweit gelten die Ausführungen zu A I 5 der Entscheidungsgründe entsprechend.

28

III. Der Kläger hat gemäß Ziffer 5 des Arbeitsvertrags iVm. § 20 Abs. 1 und Abs. 3 TV-L für die Jahre 2006 und 2007 Anspruch auf Leistung einer Jahressonderzahlung in der von den Vorinstanzen errechneten Höhe. Bei der Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L handelt es sich um eine finanzielle Leistung des Arbeitgebers, die als Gegenleistung für die vom Angestellten erbrachte Arbeitsleistung vorgesehen ist und mangels anderweitiger vertraglicher Regelung von der Bezugnahmeklausel in Ziffer 5 des Arbeitsvertrags erfasst wird. Sie tritt an die Stelle der von dem Beklagten vor der Tarifsukzession in Vollzug der vertraglichen Regelung gezahlten Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973.

29

B. Die Revision des Beklagten ist begründet, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, er habe Anspruch auf laufende monatliche Vergütung entsprechend dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in Verbindung mit dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts und dem Vergütungstarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in jeweils aktueller Fassung. Die Vergütung des Klägers richtet sich zwar nicht mehr nach dem BAT. Sie lässt sich jedoch auch nicht aus den Tabellenwerten der jeweiligen Vergütungstarifverträge zum TV-L ablesen. Der Kläger hat 2004 auf die Erhöhung des Gehalts entsprechend dem 35. Vergütungstarifvertrag für den Bereich des Bundes und der Länder vom 31. Januar 2003 um ein Prozent ab dem 1. Januar 2004 verzichtet. Die Parteien haben damit eine individuelle Vergütungsvereinbarung getroffen, die für eine weitere Dynamisierung der Vergütung als Basis zugrunde gelegt werden muss. Hiervon sind die Vorinstanzen bei der Ermittlung des individuellen Vergleichsentgelts gemäß § 6 Abs. 1 TVÜ-Länder im Rahmen der Zahlungsklage auch zutreffend ausgegangen.

30

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    W. Hinrichs    

        

    Heyn    

        

        

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 15. August 2008 - 3 Sa 1798/07 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung Vergütung nach dem zwischen dem Marburger Bund und der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) geschlossenen Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände vom 17. August 2006 (im Folgenden: TV-Ärzte/VKA) beanspruchen kann.

2

Der Beklagte ist Mitglied im kommunalen Arbeitgeberverband Hessen und betreibt ein Kreiskrankenhaus. Der 1941 geborene Kläger war bei ihm vom 12. Mai 1986 bis zum 31. Oktober 2006 als leitender Abteilungsarzt (Chefarzt) der Anästhesieabteilung beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 12. Mai 1996 vereinbarten die Parteien ua.:

        

㤠1

        
        

Dienstverhältnis           

        
        

...     

        
        

(3)     

Auf das Dienstverhältnis finden die §§ 4 und 6 bis 10, 13, 14, 18, 39, 52, 66 und 70 des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.02.1961 sowie die vom Krankenhausträger erlassenen Satzungen, Dienstanweisungen und Hausordnungen in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.

        
        

...     

                 
        

§ 7

        
        

Vergütung für die Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich           

        
        

(1)     

Der Arzt erhält für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich (§§ 3 bis 5)

        
                 

1.    

als feste Vergütung           

        
                          

Grundvergütung und Ortszuschlag entsprechend Vergütungsgruppe I des BAT in Verbindung mit dem Vergütungstarifvertrag vom 17.05.1976 in der für Mitglieder der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VkA) jeweils gültigen Fassung. Die Gewährung von Kindergeld richtet sich nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) vom 31.01.1975, BGBl. I S. 412, in der jeweils gültigen Fassung.

        
                          

Wird der BAT oder der maßgebende Vergütungstarifvertrag im Bereich der VKA durch einen anderen Tarifvertrag ersetzt, so tritt an die Stelle der Vergütungsgruppe I BAT die entsprechende Vergütungsgruppe des neuen Tarifvertrages unter Berücksichtigung etwaiger Überleitungsbestimmungen.

        
                          

Der Arzt erhält dieselben tariflichen Vergünstigungen (z. B. Weihnachtszuwendung und Urlaubsgeld) wie die übrigen Bediensteten des Krankenhausträgers in sinngemäßer Anwendung der hierfür jeweils gültigen Tarifverträge. Bemessungsgrundlage für die Weihnachtszuwendung ist die Monatsvergütung.

        
                 

2.    

als variable, nicht zusatzversorgungspflichtige Vergütung           

        

        

                 

a)    

das Liquidationsrecht für die von ihm erbrachten Leistungen bei denjenigen Kranken, die

        
                                   

-       

gemäß § 7 BPflV und § 8 der AVB des Krankenhauses gesondert berechenbaren ärztlichen Leistungen gewählt und dies mit dem Krankenhaus vereinbart haben.

                          

b)    

das Liquidationsrecht für das Gutachterhonorar bei Aufnahmen zur Begutachtung (§ 7 BPflV), soweit die gesonderte Berechnung eines Gutachterhonorars neben dem Pflegesatz nach dem Pflegekostentarif des Krankenhauses in der jeweils gültigen Fassung zulässig ist;

        
                          

c)    

das Liquidationsrecht für diejenigen ambulanten Notfallbehandlungen von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung, die der Arzt in eigener Person vorgenommen hat.

        
                          

...     

                 
        

(6)     

Erreicht das Bruttoeinkommen aus den Dienstbezügen nach Abs. 1 Nr. 1, den Liquidationserlösen nach Abs. 1 Nr. 2, Einnahmen aus der Tätigkeit nach § 17, sowie aus der Vergütung nach § 20 den Betrag von 150.000,00 DM (Stand 1979) jährlich nicht, so bezahlt der Krankenhausträger dem Chefarzt eine Zulage in Höhe des Differenzbetrages, um den das Bruttoeinkommen im vorstehenden Sinne hinter dem Betrag von 150.000,00 DM (Stand 1979) jährlich zurückbleibt.

        
                 

...     

        
                 

Der Betrag von 150.000,00 DM (Stand 1979) jährlich erhöht oder ermäßigt sich jeweils um den gleichen Prozentsatz, um den sich das Grundgehalt in der Endstufe der Vergütungsgruppe des Chefarztes ändert. Der sich daraus ergebende Betrag ist jeweils auf volle 10,00 DM aufzurunden.“

        
3

Die arbeitsvertraglich garantierte Vergütung betrug im Jahr 2006 unabhängig von etwaigen Liquidationserlösen 147.000,00 Euro brutto.

4

Nach der Ersetzung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (im Folgenden: BAT) durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (im Folgenden: TVöD) zum 1. Oktober 2005 vergütete der Beklagte den Kläger nach Maßgabe dieses Tarifvertrags. Der Kläger erhielt zuletzt eine monatliche Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe 15 Ü der Anlage 1 zum Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (im Folgenden: TVÜ-VKA) vom 13. September 2005 iHv. monatlich 5.625,00 Euro brutto zuzüglich eines in den Gehaltsabrechnungen als „Diff. Vergleichsentg.“ bezeichneten Betrags iHv. 11,38 Euro brutto.

5

Mit seiner Klage hat der Kläger für den Zeitraum August bis Oktober 2006 Abrechnung und Zahlung der Differenz zwischen der Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA und der erhaltenen Vergütung iHv. monatlich 863,62 Euro brutto sowie einer auf der Grundlage der Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA berechneten Rufbereitschaftspauschale und eines entsprechend berechneten Überstundenzuschlags von 15 % begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, eine ergänzende Vertragsauslegung ergebe die Anwendung der Vergütungsregelungen des TV-Ärzte/VKA. Bei letzterem handele es sich um einen seit dem 1. August 2006 geltenden speziellen Ärztetarifvertrag für die an kommunalen Krankenhäusern beschäftigten Ärztinnen und Ärzte. Der TVöD sei dagegen ein allgemeiner, berufsgruppenübergreifender Tarifvertrag für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Hinzu komme, dass alle beim Beklagten beschäftigten Ärzte mit Ausnahme der Chefärzte nach dem TV-Ärzte/VKA bezahlt würden.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, die ihm für die Monate August bis Oktober 2006 erteilten Abrechnungen dahingehend zu berichtigen, dass diese ein zusätzliches Bruttogehalt von 1.760,92 Euro ausweisen und an ihn 5.282,76 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-punkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus 1.760,92 Euro seit dem 31. August 2006, 30. September 2006 und 31. Oktober 2006 zu zahlen.

7

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, der Kläger sei aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarung zum 1. Oktober 2005 in die Entgeltgruppe 15 Ü TVöD übergeleitet worden. Mit dem rückwirkenden Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA sei der TVöD nicht ersetzt worden. Ein Wille der Arbeitsvertragsparteien, von zwei Tarifwerken dasjenige zu wählen, welches die höchste Vergütungsgruppe enthalte, lasse sich weder dem Vertag noch den sonstigen Umständen als hypothetischer Parteiwille entnehmen. Gemessen an der Gesamtvergütung bestehe weiterhin ein gebührender Abstand zum Gehalt eines Oberarztes.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA.

10

I. Der TV-Ärzte/VKA findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Unabhängig von der fehlenden beiderseitigen Tarifgebundenheit gilt der TV-Ärzte/VKA nicht für Chefärzte, § 1 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA. Chefärzte werden nach ausdrücklicher Regelung vom persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrags nicht erfaßt. Darüber hinaus sind nach § 16 Buchst. d TV-Ärzte/VKA in Entgeltgruppe IV (nur) Leitende Oberärzte, denen die ständige Vertretung des Chefarztes übertragen ist (zu den Eingruppierungsmerkmalen des § 16 Buchst. d TV-Ärzte/VKA vgl. BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 836/08 - ZTR 2010, 294), nicht aber Chefärzte eingruppiert.

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II. Ein Anspruch des Klägers auf Vergütung nach Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA ergibt sich nicht aus dem Arbeitsvertrag.

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1. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitsvertrag erhält der Kläger für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich als feste Vergütung Grundvergütung und Ortszuschlag entsprechend Vergütungsgruppe I BAT in der für Mitglieder der VKA jeweils gültigen Fassung. Bei Ersetzung des BAT oder des maßgeblichen Vergütungstarifvertrags tritt an die Stelle der Vergütungsgruppe I BAT die entsprechende Vergütungsgruppe des neuen Tarifvertrags unter Berücksichtigung etwaiger Überleitungsbestimmungen. Diese Vereinbarung enthält eine kleine dynamische Bezugnahme.

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a) Bei § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Arbeitsvertrags handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB). Dafür begründet das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 20 ff., BAGE 117, 155; 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 18, AP BGB § 305c Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 15),der keine der Parteien entgegen getreten ist. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 24 mwN, BAGE 126, 198). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen (BAG 26. September 2007 - 5 AZR 808/06 - Rn. 13, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 58 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 13).

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b) Danach enthält § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Arbeitsvertrags eine kleine dynamische Bezugnahme.

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In § 7 Abs. 1 Nr. 1 knüpfen die Parteien die Vergütung, obwohl Leitende Ärzte(Chefärzte) nach § 3 Buchst. i BAT von dessen Geltungsbereich ausgenommen sind und dementsprechend die Vergütungsordnungen zum BAT keine Eingruppierungsmerkmale für Chefärzte enthalten, pauschal an die Vergütungsgruppe I der für den Bereich VKA geltenden Vergütungsordnung einschließlich der in § 26 BAT vorgesehenen Struktur einer Gesamtvergütung bestehend aus der Grundvergütung und dem Ortszuschlag an und gestalten sie dynamisch. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Die Vergütung soll sich nach der Vergütungsgruppe I des BAT in der jeweils gültigen Fassung richten. Damit wollte der tarifgebundene Beklagte das in seinem Krankenhaus geltende Vergütungssystem des öffentlichen Dienstes auch für die Vergütung der Chefärzte im dienstlichen Aufgabenbereich anwenden und die dort stattfindende Vergütungsentwicklung nachvollziehen (vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 14, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweitige Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen sind (13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b bb der Gründe, BAGE 103, 338; vgl. auch 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - Rn. 22, BAGE 116, 185).

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c) Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel trägt allerdings neben der Erstreckung auf den TVöD auch eine solche auf den TV-Ärzte/VKA. Denn beide haben den BAT durch Tarifsukzession (vgl. dazu BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 19 mwN, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44) ersetzt, § 2 Abs. 1 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts(im Folgenden: TVÜ-VKA) vom 13. September 2005, § 2 Abs. 1 Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte in kommunalen Krankenhäusern in den TV-Ärzte/VKA und zur Regelung des Übergangsrechts(im Folgenden: TVÜ-Ärzte/VKA) vom 17. August 2006. Der BAT wurde auf Gewerkschaftsseite nicht nur von der Gewerkschaft ver.di bzw. deren Rechtsvorgängerinnen abgeschlossen, diese handelte aufgrund einer 1994 zwischen der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG) und dem Marburger Bund geschlossenen Vereinbarung zugleich für den Marburger Bund, der im Jahre 2005 gegenüber der Gewerkschaft ver.di die zum Abschluss von Tarifverträgen erteilte Vollmacht widerrief, zugleich die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände zu Tarifvertragsverhandlungen über einen Tarifvertrag für Ärzte aufforderte und den BAT zum 31. Dezember 2005 kündigte (vgl. dazu BAG 27. Januar 2010 - 4 AZR 549/08 (A) - Rn. 3, ZIP 2010, 1045; Bayreuther NZA 2009, 935).

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2. Diese „Regelungspluralität“ auf vertraglicher Ebene ist nicht zugunsten und im Sinne des Klägers gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu lösen.

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a) Eine Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB auf arbeitsvertragliche Klauseln, die auf ein Tarifwerk Bezug nehmen, scheitert in der Regel schon daran, dass die Frage der Günstigkeit für den Arbeitnehmer nicht abstrakt und unabhängig von der jeweiligen Fallkonstellation beantwortet werden kann(BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 27, BAGE 128, 73). Das gilt nicht nur dann, wenn arbeitsvertraglich auf ein Tarifwerk insgesamt Bezug genommen wird, sondern auch, wenn die Parteien nur für einen Regelungsgegenstand - hier: Vergütung - auf ein Tarifwerk verweisen. Denn es ist nicht zwingend, dass eine Vergütung nach dem einen Tarifvertrag für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses günstiger ist als eine nach dem anderen Tarifvertrag. Die Frage, welcher Tarifvertrag in Bezug genommen ist, kann aber nicht jeweils abhängig vom Zeitpunkt der Geltendmachung unterschiedlich bestimmt werden. Ansonsten käme man von Fall zu Fall zu unterschiedlichen Auslegungsergebnissen hinsichtlich ein und derselben vertraglichen Bezugnahmeregelung. Je nachdem, welcher Tarifvertrag gerade eine für den Arbeitnehmer günstigere (also höhere) Vergütung vorsieht, käme es zu unterschiedlichen Auslegungsergebnissen und einem in der Praxis nur schwer handhabbaren „Hin und Her“ der Tarifanwendung (so zutreffend Bayreuther NZA 2009, 935).

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b) Zudem ist die Bezugnahmeklausel in § 7 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitsvertrag anders als in dem der Entscheidung des Senats vom 9. November 2005 (- 5 AZR 128/05 - BAGE 116, 185) zugrunde liegenden Fall, in dem zweifelhaft war, ob eine statische oder dynamische Verweisung vorlag, selbst nicht unklar, sondern eindeutig. Im Fall der Ersetzung des BAT oder der maßgeblichen Vergütungstarifverträge im Bereich der VKA soll an die Stelle der Vergütungsgruppe I BAT „die entsprechende Vergütungsgruppe des neuen Tarifvertrages unter Berücksichtigung etwaiger Überleitungsbestimmungen“ treten. „Unklar“ wurde lediglich und erst im Nachhinein aufgrund der bei Vertragsschluss nicht vorhersehbaren Tarifpluralität, welcher der den BAT ersetzenden Tarifverträge vertraglich in Bezug genommen sein soll.

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3. Eine Auflösung der nach Vertragsschluss und bedingt durch die Tarifpluralität auf tariflicher Ebene eingetretene Regelungspluralität hat durch ergänzende Vertragsauslegung zu erfolgen.

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a) Die Parteien wollten mit der Klausel des § 7 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitsvertrag den den vereinbarten Tarifvertrag ersetzenden in Bezug nehmen, haben aber bei Abschluss des Arbeitsvertrags aufgrund der damaligen Tarifpraxis nicht bedacht(und auch nicht bedenken können), dass später auf tariflicher Ebene Tarifpluralität eintreten könnte. Die Vergütung kann sich nach dem Wortlaut nach mehreren unterschiedlichen Tarifverträgen richten, während die Parteien die Orientierung ihrer Vergütung an (nur) einem Tarifwerk gewollt haben. Damit ist nachträglich ein regelungsbedürftiger Sachverhalt entstanden, denn die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung bestimmt nicht, nach welchem Tarifwerk sich die Vergütung richten soll, wenn es durch den späteren Abschluss mehrerer Tarifverträge nachträglich mehrere mögliche Bezugnahmeobjekte gibt.

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b) Mithin ist die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung nach dem ihr zugrunde liegenden Regelungsplan zu vervollständigen und zu fragen, nach welchem Tarifwerk die Parteien ihre Vergütung gerichtet hätten, wenn sie bei Vertragsschluss bedacht hätten, dass der BAT durch mehrere Tarifverträge ersetzt werden könnte. Als redliche Vertragsparteien (vgl. zum Maßstab der ergänzenden Vertragsauslegung bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen BAG 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 26, BAGE 122, 182) hätten die Parteien dasjenige ersetzende Tarifwerk gewählt, das überhaupt eine Vergütungsgruppe enthält, die die im Arbeitsvertrag benannte „Vergütungsgruppe I des BAT“ ersetzt oder ihr am nächsten kommt. Eine „Überleitung“ bzw. „Ersetzung“ der Vergütungsgruppe I der Vergütungsordnung zum BAT erfolgte nur durch die Entgeltgruppe 15 Ü TVöD (§ 4 Abs. 1 Satz 1 in Verb. mit der Anlage 1 TVÜ-VKA, § 19 Abs. 2 TVÜ-VKA). Damit erhält der Kläger genau die Vergütung, die er arbeitsvertraglich vereinbart hat.

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Die Entgeltgruppe 15 Ü TVöD ist - jedenfalls bislang - auch dynamisch, ihre Tabellenwerte wurden zum 1. Januar 2008, 1. Januar 2009, 1. Januar 2010 sowie 1. Januar und 1. August 2011 erhöht, § 19 Abs. 2 TVÜ-VKA idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 und des Änderungstarifvertrags Nr. 5 vom 27. Februar 2010. Dagegen enthält der TV-Ärzte/VKA überhaupt keine der Vergütungsgruppe I der Vergütungsordnung zum BAT entsprechende Entgeltgruppe und hat zudem ein gegenüber dem früheren BAT vollständig neues Eingruppierungssystem für die von ihm erfassten Ärztinnen und Ärzte (also nicht für Chefärzte) geschaffen, §§ 16 ff. TV-Ärzte/VKA. Einer derartigen diskontinuierlichen Ersetzung ihrer Vergütungsabrede hätten redliche Vertragsparteien nicht den Vorzug gegenüber der mit einer Vergütung entsprechend Entgeltgruppe 15 Ü TVöD kontinuierlichen Entwicklung gegeben (ähnlich Anton ZTR 2009, 2, 5). Es wäre keine angemessene Lösung, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die Vergütungsvereinbarung und die Vergütung der Parteien auf ein „neues System“ umzustellen, wenn ein die Kontinuität der bisherigen Vergütungsabrede wahrendes Vergütungssystem zur Verfügung steht. Dass über die von den Parteien gewollte Dynamisierung der Vergütung hinaus der Kläger auch an strukturellen Änderungen der tariflichen Vergütungsregelungen oder an neuen Entgeltsystemen für Ärzte, die nicht Chefärzte sind, teilhaben soll, lässt sich dem Regelungsplan des § 7 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitsvertrag nicht entnehmen. Dafür hat der Kläger auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte vorgebracht.

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c) Ein anderes Auslegungsergebnis lässt sich nicht damit begründen, der TV-Ärzte/VKA sei der „speziellere“ Tarifvertrag. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dem tatsächlich so ist (verneinend etwa Bayreuther NZA 2009, 935: „tarifrechtlich (…) gleichwertig“). Jedenfalls für Chefärzte ist der TV-Ärzte/VKA schon deshalb nicht „spezieller“, weil er für sie ebenso wie der TVöD nicht gilt, § 1 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA, und keine Regelungen für die Berufsgruppe der Chefärzte enthält. Zudem handelt es sich bei dem Prinzip der Sachnähe oder Spezialität um eine tarifrechtliche Kollisionsregel, die dazu dient, eine Tarifkonkurrenz aufzulösen (vgl. dazu ErfK/Franzen 10. Aufl. § 4 TVG Rn. 65 ff. mwN; BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 190/08 - Rn. 49, NZA 2010, 712). Eine Tarifkonkurrenz kann aber bei der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag nicht entstehen (BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 20, BAGE 124, 34; 27. Januar 2010 - 4 AZR 549/08 (A) - Rn. 99, NZA 2010, 645). Für die ergänzende Vertragsauslegung ist deshalb das tarifrechtliche Prinzip der Spezialität ohne Belang, sofern sich nicht aus dem Regelungsplan des Vertrags Gegenteiliges ergibt.

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d) Eine Vergütung entsprechend dem TV-Ärzte/VKA hätten die Parteien nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien auch nicht deshalb vereinbaren müssen, weil Chefärzte stets mehr verdienen müssten, als ihr in Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA eingruppierter ständiger Vertreter.

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Einen allgemeinen Grundsatz, ein Vorgesetzter sei stets höher zu vergüten als seine ihm unterstellten Mitarbeiter, gibt es im Arbeitsrecht ebenso wenig wie ein „Abstandsgebot“ (vgl. für tarifliche Vergütungsregelungen BAG 17. Dezember 2009 - 6 AZR 665/08 - ZTR 2010, 190). Überdies erzielt ein Chefarzt aufgrund der Einräumung des Liquidationsrechts als variablen weiteren Vergütungsbestandteil neben der Festvergütung in der Regel ein höheres Einkommen als die ihm unterstellten Ärzte.

27

III. Damit kann der Kläger auch eine Berechnung der ihm von dem Beklagten gewährten Rufbereitschaftspauschale sowie eines Überstundenzuschlags auf der Basis des TV-Ärzte/VKA nicht verlangen.

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IV. Ein Anspruch auf Berichtigung der Gehaltsabrechnungen für die Monate August bis Oktober 2006 besteht nicht. Dafür gibt es keine Anspruchsgrundlage. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO ist dem Arbeitnehmer bei der Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen(vgl. dazu BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 13, BAGE 119, 62). Selbst wenn der Kläger eine Nachzahlung zu beanspruchen gehabt hätte, wären nach § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO nicht die Abrechnungen für die Monate August bis Oktober 2006 zu berichtigen gewesen. Vielmehr hätte der Beklagte dem Kläger über die erstrittene Nachzahlung eine eigene Abrechnung erteilen müssen.

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V. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

    Spelge    

        

        

        

    Zoller    

        

    Haas    

        

        

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist. Diese Wertvorschriften gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. § 22 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) In Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten, ist der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach Absatz 3 Satz 2 zu bestimmen, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Der Gegenstandswert ist durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt. In Verfahren über eine Erinnerung oder eine Rüge wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs richtet sich der Wert nach den für Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften.

(3) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gelten in anderen Angelegenheiten für den Gegenstandswert die Bewertungsvorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes und die §§ 37, 38, 42 bis 45 sowie 99 bis 102 des Gerichts- und Notarkostengesetzes entsprechend. Soweit sich der Gegenstandswert aus diesen Vorschriften nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 5 000 Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500 000 Euro anzunehmen.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Ist im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die Höhe des Jahresbetrags nicht nach dem Antrag des Klägers bestimmt oder nach diesem Antrag mit vertretbarem Aufwand bestimmbar, ist der Streitwert nach § 52 Absatz 1 und 2 zu bestimmen.

(2) Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.

(3) Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen. Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.