Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Juli 2013 - 10 Sa 44/13

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2013:0718.10SA44.13.0A
bei uns veröffentlicht am18.07.2013

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Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird Ziffer 3) des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.01.2013, Az.: 10 Ca 4622/11, abgeändert und die Klage auf Feststellung, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, dem Beklagten im Versorgungsfall Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu gewähren, vollständig abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird als unzulässig verworfen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz hat die Klägerin 11 % und der Beklagte 89 % zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über deliktische Schadensersatzansprüche der Klägerin und darüber, ob sie die dem Beklagten erteilte Versorgungszusage wirksam widerrufen hat.

2

Der 1965 geborene Beklagte trat im August 1983 bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin als Auszubildender ein und war (seit einer Fusion im Jahr 2001) bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 31.12.2010 bei der Klägerin als Energie-Manager in deren Niederlassung Nord in N. im Vertrieb tätig. Sein Bruttomonatsgehalt betrug zuletzt € 4.380,91. Die Klägerin ist ein Energiedienstleister, die ihre Kunden mit Strom, Wärme und Erdgas beliefert. Der Beklagte wechselte zum 01.01.2011 zu den Stadtwerken N., dem örtlichen Wettbewerber der Klägerin.

3

Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete durch einen im November 2010 abgeschlossenen, undatierten Aufhebungsvertrag zum 31.12.2010. Der Vertrag (Bl. 22/23 d.A.) hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

4

㤠1 Beendigung des Anstellungsvertrags

5

Das seit dem 01.08.1983 bestehende Anstellungsverhältnis … wird im gegenseitigen Einvernehmen zum 31.12.2010 beendet.

6

§ 2 Vorzeitige Freistellung/Jahresurlaub

7

Die … stellt Herrn … mit Vertragsunterzeichnung bis zum Ende des Anstellungsverhältnisses unter Fortzahlung der laufenden Arbeitsbezüge und unter Anrechnung auf etwaigen Jahresurlaub sowie bestehender positiver Zeitsalden aus dem flexiblen Arbeitszeitkonto bzw. Überstundenkonto von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei.

8

9

§ 4 Betriebliche Altersversorgung

10

Aufgrund der geleisteten Dienstzeit hat sich Herr … einen unverfallbaren Betriebsrentenanspruch erworben. Eine detaillierte Ausrechnung nach heutigem Sachstand ist diesem Aufhebungsvertrag beigefügt.

11

§ 9 Ausgleichsklausel/ Widerrufsmöglichkeit/ Vertragsgültigkeit

12

Die Vertragsparteien sind sich einig, dass mit Erfüllung dieser Vereinbarung keine weiteren Ansprüche - gleich aus welchem Rechtsgrund - aus dem Anstellungsverhältnis mehr bestehen und keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung Ansprüche irgendwelcher Art herleiten ließen.
…“

13

Mit Klageschrift vom 22.12.2011, die am 23.12.2011 beim Arbeitsgericht eingegangen und dem Beklagten am 30.12.2011 zugestellt worden ist, macht die Klägerin Schadensersatzansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung iHv. insgesamt € 254.734,80 geltend. Der Beklagte beruft sich ua. auf die Ausgleichsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags und erhebt die Einrede der Verjährung.

14

Die Klägerin trägt vor, nachdem der Beklagte zu erkennen gegeben habe, zum örtlichen Wettbewerber wechseln zu wollen, habe sie ihn aus diesem Grund ab 08.11.2010 freigestellt. Noch im November 2010 sei der Aufhebungsvertrag zum 31.12.2010 geschlossen worden. Ab Januar 2011 habe sie herausgefunden, dass sie der Beklagte über Jahre mit kriminellen Handlungen vorsätzlich geschädigt habe. Daher sei die Geschäftsgrundlage für die Ausgleichsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags entfallen. Jedenfalls könne sich der Beklagte nach Treu und Glauben nicht auf die Ausgleichsklausel berufen. Vorsorglich focht die Klägerin die Ausgleichsklausel, äußerst hilfsweise den gesamten Aufhebungsvertrag mit Schreiben vom 30.12.2011 (Bl. 430 d.A.) wegen arglistiger Täuschung an.

15

Mit Schreiben vom 30.12.2011 (Bl. 393 d.A.) widerrief die Klägerin die dem Beklagten erteilte Versorgungszusage wegen Rechtsmissbrauchs. Bei seinem Ausscheiden hatte sie ihm mit Schreiben vom 30.11.2010 (Bl. 388 d.A.) einen unverfallbaren Anspruch auf ein betriebliches Ruhegeld iHv. monatlich € 653,22 bescheinigt.

16

Am 04.10.2011 gab der Beklagte, gegen den die Staatsanwaltschaft ermittelt, folgende Verpflichtungserklärung (Bl. 324 d.A.) ab:

17

„Der Schuldner verpflichtet sich gegenüber der Gläubigerin einen jeden ihm nachgewiesenen Schaden, der auf sein Verschulden zurückzuführen ist, nach Kräften wieder gut zu machen.“

18

Diese Erklärung focht der Beklagte mit Schriftsatz vom 23.01.2012 wegen arglistiger Täuschung an.

19

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.01.2013 (dort Seite 2-11 = Bl. 633-642 d.A.) Bezug genommen.

20

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

21

den Beklagten zu verurteilen, an sie € 254.734,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 zu zahlen,
festzustellen, dass der Beklagte den zu Ziffer 1 bezifferten Schadensersatz aus vorsätzlich unerlaubter Handlung schuldet,
den Beklagten zu verurteilen, ihr die Quittungen Nr. 00.000 und 00.000 bis 00.000 aus dem Quittungsblock mit dem Nummernkreis 00.000 bis 00.000 und die Quittungen Nr. 00.000, 00.000, 00.000, 00.000 sowie 00.000 bis 00.000 aus dem Quittungsblock mit dem Nummernkreis 00.000 bis 00.000 herauszugeben, hilfsweise Auskunft über den Verbleib und die Verwendung der Quittungen zu erteilen, ggf. die Auskunft an Eides Statt zu versichern und solche vereinnahmten Beträge an die Klägerin auszukehren,
festzustellen, dass sie gegenüber einer Inanspruchnahme des Beklagten aus der Versorgungszusage (Betriebsvereinbarung vom 17.03.1989 mit Besitzstandsregelung vom 15.12.1987) zur Leistungsverweigerung - hilfs- weise teilweisen Leistungsverweigerung - berechtigt ist, der Widerruf der Versorgungszusage - die ursprünglich gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 30.11.2010 bestätigt worden war - vom 03.01.2012 wirksam - hilfsweise im Umfang der dem Widerrufsschreiben beigefügten Berechnung - wirksam ist,
hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte aus der Versorgungszusage keine - hilfsweise keine über die vorgelegte Simulationsberechnung, die dem Widerrufsschreiben beigefügt war, hinausgehenden - Rechte ihr gegenüber herleiten kann.

22

Der Beklagte hat beantragt,

23

die Klage abzuweisen.

24

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 17.01.2013 teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung iHv. € 230.469,27 nebst Zinsen zu zahlen. Das Arbeitsgericht hat außerdem festgestellt, dass der Beklagte aus der ihm erteilten Versorgungszusage keine Rechte wegen seiner Betriebszugehörigkeit vom 01.04.2001 bis 31.12.2010 herleiten kann. Die weitergehende Klage hat das Arbeitsgericht abgewiesen.

25

Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 12 bis 25 des erstinstanzlichen Urteils vom 17.01.2013 (Bl. 643-656 d.A.) Bezug genommen.

26

Gegen das Urteil, das ihm am 13.02.2013 zugestellt worden ist, hat der Beklagte Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift ist bereits am 29.01.2013, die Begründungsschrift innerhalb der bis zum 13.05.2013 verlängerten Frist am 13.05.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Dieser Schriftsatz ist der Klägerin am 16.05.2013 zugestellt worden. Die Berufungserwiderungsfrist wurde antragsgemäß bis zum 29.06.2013, einem Samstag, verlängert. Mit Telefax vom 01.07.2013, einem Montag, reichte die Klägerin eine Erwiderungsschrift ein, die auch eine Anschlussberufungsbegründung und einen Antrag mit dem ausdrücklichen Vermerk enthält, dass die Anschlussberufung vorbehalten ist. In der Berufungsverhandlung hat die Klägerin erklärt, dass die Anschlussberufung unbedingt eingelegt worden sei. Die Formulierung „unter Vorbehalt“ habe sich auf die Antragstellung bezogen, die von den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung abhängen sollte.

27

Der Beklagte macht mit der Berufung geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei die Klägerin aufgrund der allumfassenden Ausgleichsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags an der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, auch deliktischen, gehindert. Die Klägerin habe zumindest seit Januar 2006 erhebliche Verdachtsmomente für das Vorliegen einer Straftat gehabt, weil der Kunde J. Sch. bei ihr angerufen und den Sachverhalt einem Kundenbetreuer in G. geschildert habe. Dies sei aus der beigezogenen Ermittlungsakte ersichtlich. Die Klägerin hätte im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht den Verdachtsmomenten frühzeitig nachgehen müssen. Sie hätte sich ohne nennenswerte Mühen insgesamt Kenntnis vom Sachverhalt verschaffen können. Die geltend gemachten Schadensersatzansprüche seien entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts verjährt. Die Unkenntnis der Klägerin beruhe seit Ende 2005/ Anfang 2006 zumindest auf grober Fahrlässigkeit. Dies gehe zu ihren Lasten. Die dreijährige Verjährungsfrist sei für Ansprüche vor dem 01.01.2008 bei Klageerhebung Ende 2011 verstrichen gewesen. Die Klägerin habe die Ausgleichsklausel nicht wirksam angefochten. Ihr Prozessbevollmächtigter sei zur Anfechtungserklärung am 30.12.2011 nicht ordnungsgemäß bevollmächtigt gewesen. Die nachträgliche Genehmigung der Vertretungsvollmacht sei verfristet.

28

Der Teilwiderruf der betrieblichen Altersversorgung sei entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht wirksam erfolgt. Selbst wenn die Vorwürfe der Klägerin vollumfassend zuträfen, sei sie nicht berechtigt, die Versorgungszusage zu widerrufen.

29

Was die ausgeurteilten Schadensersatzbeträge im Einzelnen angehe, seien die Ansprüche iHv. € 66.083,93 (Stichwort: „Rücküberweisungen von Kunden“) zumindest verjährt. Soweit er verurteilt worden sei, an die Klägerin € 26.488,64 (Stichwort: „Abhebungen Sparkonto K.-Fußballer“) zu zahlen, habe das Arbeitsgericht den rechtlichen Status der Betriebsfußballmannschaft als BGB-Gesellschaft verkannt. Die Klägerin habe sämtliche Beträge, die sie der Fußballmannschaft gewährt habe, wie dies für „fremde Dritte“ üblich sei, als Betriebsausgaben abgesetzt. Das Arbeitsgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass die Klägerin Inhaberin des Sparkontos der Fußballmannschaft gewesen sei. Im Übrigen sei der Vortrag der Klägerin unsubstantiiert. Das Arbeitsgericht habe die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Die Nachlässigkeit der Klägerin, die - über den von ihm behaupteten und oftmals auch belegten Verwendungszweck hinaus - keine weitergehenden Belege, Quittungen oder Verwendungsnachweise gefordert habe, könne nicht zu seinen Lasten gehen. Auch seine Verurteilung zur Zahlung von € 35.702,10 (Stichwort: „Kassenbarauszahlungen“) sei rechtsfehlerhaft erfolgt. Er habe den unsubstantiierten Vortrag der Klägerin in zulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten. Es sei nicht ersichtlich, wie sich der geltend gemachte Betrag zusammensetze. Die bloße Bezugnahme auf Anlagen ersetze keinen Sachvortrag. Das Arbeitsgericht habe ihn auch zu Unrecht verurteilt, an die Klägerin € 20.710,00 (Stichwort: „Fall T.“) zu zahlen. Er habe in zulässiger Weise bestritten, diesen Betrag erhalten zu haben. Auch dieser Vortrag der Klägerin sei unsubstantiiert. Es sei nicht seine Aufgabe die Klage schlüssig zu machen. Da ihm die Quittungen über die Barzahlungen des Kunden T. nicht mehr vorlägen, könne er sich auf bloßes Bestreiten zurückziehen. Das vorgenannte gelte auch bezüglich der erstinstanzlichen Verurteilung zur Zahlung von € 56.792,16 (Stichwort: „Fall Kur- und Sporthotel F.“). Er habe die behaupteten Scheckzahlungen mit Nichtwissen bestritten. Er habe auch bestritten, dass er Barschecks des Kunden entgegengenommen habe und dass die Schecks dem Konto des Kunden Franz belastet worden seien. Soweit er vom Arbeitsgericht verurteilt worden sei, an die Klägerin € 5.000,00 (Stichwort: „Auszahlungsanweisung Zuschuss Betriebssport“) und € 14.929,28 (Stichwort: „Scheck E.-Rückerstattung“) und € 2.464,66 (Stichwort: „Scheck N.“) und € 2.300,00 (Stichwort: „Rückerstattung Kaution“) zu zahlen, berufe er sich auf die vereinbarte Abgeltungsklausel und die Einrede der Verjährung.

30

Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 13.05.2013 (Bl. 768-782 d.A.) Bezug genommen.

31

Der Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

32

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.01.2013, Az. 10 Ca 4622/11, teilweise abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen,
die Anschlussberufung der Klägerin als unzulässig zu verwerfen bzw. zurückzuweisen.

33

Die Klägerin beantragt,

34

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen,
im Wege der Anschlussberufung, (die vorbehalten ist), das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.01.2013, Az. 10 Ca 4622/11, teilweise abzuändern und den Beklagten zu verurteilen,
an sie über den ausgeurteilten Teilbetrag von € 230.469,27 insgesamt € 254.734,80 nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.01.2011 zu zahlen,
ihr Auskunft über den Verbleib und die Verwendung der Quittungen Nr. 00.000 und 00.000 bis 00.000 aus dem Quittungsblock mit dem Nummernkreis 00.000 bis 00.000 und der Quittungen Nr. 00.000, 00.000, 00.000, 00.000 sowie 00.000 bis 00.000 aus dem Quittungsblock mit dem Nummernkreis 00.000 bis 00.000 zu erteilen, ggf. die Auskunft an Eides Statt zu versichern und solche vereinnahmten Beträge an sie auszukehren,
an sie weitere € 4.380,91 nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31.12.2010 zu zahlen.

35

Die zweitinstanzlich erweitere Klage (Ziff. 2 c) auf Rückzahlung des Bruttogehaltes für den Monat Dezember 2010 hat die Klägerin mit Einwilligung des Beklagten in der Berufungsverhandlung zurückgenommen. Die Formulierung in Ziff. 2 des Antrags „die vorbehalten ist“, hat sie in der mündlichen Verhandlung gestrichen.

36

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

37

1. Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und in ausreichender Weise begründet worden. Sie ist somit zulässig.

38

2. Die Anschlussberufung der Klägerin ist unzulässig. Das folgt daraus, dass die Anschlussberufungsschrift vom 01.07.2013 den ausdrücklichen Vermerk enthält, dass die Einlegung der Anschlussberufung „vorbehalten“ ist.

39

Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG ist eine Anschlussberufung vor den Landesarbeitsgerichten innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung, bei Verlängerung der Berufungsbeantwortungsfrist nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG innerhalb der dann geltenden Frist einzulegen (BAG 24.05.2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 12, NZA 2012, 1223).

40

Durch die zeitliche Begrenzung des Anschließungsrechts ist die nach früherem Recht (vgl. BGH 30.09.1960 - IV ZR 46/60 - BGHZ 33, 169) bestehende Möglichkeit entfallen, die in einem zuvor eingereichten Schriftsatz, der den Anforderungen einer Anschlussschrift genügt, vorbehaltene Anschlussberufung in der mündlichen Verhandlung einzulegen (Musielak/Beil ZPO 10. Aufl. § 524 Rn. 20).

41

Die Klägerin hat sich in ihrem fristgerecht eingereichten Schriftsatz vom 01.07.2013 ausdrücklich vorbehalten, im Wege der Anschlussberufung eine Änderung des Urteils des Arbeitsgerichts zu ihren Gunsten zu erreichen (Anträge zu 2 a) und 2 b)) sowie die Klage zu erweitern (Antrag zu Ziff. 2 c)). Ein derartiger Vorbehalt ist unzulässig (BGH 17.07.2008 - V ZB 151/07 - Rn. 10, Juris). Es handelt sich nicht lediglich um eine „ungeschickte Ausdrucksweise“ bei der Antragsformulierung, sondern um einen ausdrücklichen Vorbehalt, den die Klägerin auf Seite 2 ihrer Berufungserwiderung nochmals und zusätzlich durch Unterstreichung hervorgehoben hat.

II.

42

Die Berufung des Beklagten hat teilweise Erfolg. Die Klägerin hat die dem Beklagten erteilte Versorgungszusage nicht wirksam widerrufen. Dies führt zur teilweisen Abänderung des angefochtenen Urteils. Die weitergehende Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin Schadensersatz iHv. € 230.469,27 nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.01.2011 zu zahlen. Das Arbeitsgericht hat außerdem zutreffend festgestellt, dass die Schadensersatzforderung der Klägerin auf vorsätzlichen unerlaubten Handlungen des Beklagten beruht.

43

1. Die Klägerin ist verpflichtet, bei Eintritt des Versorgungsfalls an den Beklagten bzw. seine Hinterbliebenen, die mit der Versorgungszusage ihrer Rechtsvorgängerin K. vom 17.03.1989 zugesagte Versorgungsleistung zu erbringen. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist nicht nur der vollständige, sondern auch der teilweise Widerruf der Versorgungszusage mit Schreiben vom 30.12.2011 unwirksam.

44

Die Klägerin kann bei Eintritt des Versorgungsfalls die Erbringung von Versorgungsleistungen aus der von ihrer Rechtsvorgängerin erteilten Versorgungszusage weder ganz noch teilweise mit der Begründung verweigern, der Beklagte habe ihr durch grobe Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten erhebliche Vermögensschäden zugefügt. Grobe Pflichtverletzungen, die ein Versorgungsberechtigter begangen hat, berechtigen den Arbeitgeber nur dann zum Widerruf der Versorgungszusage, wenn die Berufung des Versorgungsberechtigten auf die Versorgungszusage dem Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB) ausgesetzt ist.

45

a) Stützt sich der Arbeitgeber - wie hier - auf die Verursachung eines Vermögensschadens durch den Arbeitnehmer, so kann er die Versorgungszusage widerrufen, wenn der Arbeitnehmer seine Pflichten in grober Weise verletzt und ihm hierdurch einen existenzgefährdenden Schaden zugefügt hat. Nur dann ist die Berufung des Arbeitnehmers auf die Versorgungszusage rechtsmissbräuchlich. Führen die vom Arbeitnehmer verursachten Vermögensschäden hingegen nicht zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlage des Arbeitgebers, sind dessen Interessen mit der Möglichkeit, den Arbeitnehmer auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, hinreichend gewahrt (BAG 13.11.2012 - 3 AZR 444/10 - Rn. 30 mwN, Juris).

46

Leistungen der betrieblichen Altersversorgung haben sowohl Versorgungs- als auch Entgeltcharakter. Aufgrund des Entgeltcharakters kann die betriebliche Altersversorgung nicht bereits dann verweigert werden, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber - wie hier mit über € 230.000,-- - einen erheblichen Vermögensschaden zugefügt hat. Er kann den Arbeitnehmer vielmehr nur auf Schadensersatz in Anspruch nehmen und ggf. gegenüber den Vergütungsansprüchen des Arbeitnehmers aufrechnen. Anders verhält es sich nur dann, wenn die Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers zu einer Existenzgefährdung des Arbeitgebers geführt haben. Dann ist das Versorgungsverlangen des Arbeitnehmers rechtsmissbräuchlich. Führen vom Arbeitnehmer durch pflichtwidriges Verhalten verursachte Vermögensschäden hingegen nicht zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlage des Arbeitgebers, sind die Interessen des Arbeitgebers mit der Möglichkeit, den Arbeitnehmer auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, hinreichend gewahrt (BAG 13.11.2012 - 3 AZR 444/10 - Rn. 32 mwN, Juris).

47

Nach diesen Grundsätzen, denen die Berufungskammer folgt, kann die Klägerin die dem Beklagten erteilte Versorgungszusage nicht mit der Begründung widerrufen, er habe ihr durch vorsätzliche unerlaubte Handlungen einen erheblichen Vermögensschaden zugefügt. Der Beklagte hat die Klägerin zwar um ca. € 230.000,-- geschädigt, er hat die Klägerin durch seine Verfehlungen jedoch nicht in eine existenzbedrohende Lage gebracht. Eine existenzbedrohte Lage hat die Klägerin ausdrücklich verneint.

48

b) Der Rechtsmissbrauchseinwand kann nach der Rechtsprechung des BAG außerdem dann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer die Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaft nur durch Vertuschung schwerer Verfehlungen erschlichen hat. Das ist anzunehmen, wenn eine rechtzeitige Entdeckung derartiger Verfehlungen zur fristlosen Kündigung geführt hätte, bevor die Versorgungsanwartschaft unverfallbar werden konnte und der Arbeitnehmer den Arbeitgeber durch die Vertuschung des Fehlverhaltens daran gehindert hat, noch vor Eintritt der Unverfallbarkeit zu kündigen (BAG 13.11.2012 - 3 AZR 444/10 - Rn. 47 mwN., aaO).

49

Im vorliegenden Fall ist die Versorgungsanwartschaft des Beklagten bereits am 16.11.2000 unverfallbar geworden. Der am 16.11.1965 geborene Beklagte war am 01.08.1983 in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Klägerin getreten. Die in Rede stehende Versorgungszusage wurde ihm mit Wirkung zum 01.04.1989 erteilt. Damit beurteilt sich der Eintritt der Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaften nach § 30 f Abs. 1 iVm. § 1 b BetrAVG. Danach bleibt die Anwartschaft erhalten, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, jedoch nach Vollendung des 35. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens zehn Jahre oder bei mindestens zwölfjähriger Betriebszugehörigkeit mindestens drei Jahre bestanden hat. Der Beklagte hatte am 16.11.2000 das 35. Lebensjahr vollendet, der Beginn seiner Betriebszugehörigkeit lag zu diesem Zeitpunkt mindestens zwölf Jahre zurück und die Versorgungszusage hatte für ihn mindestens drei Jahre bestanden.

50

Die Klägerin wirft dem Beklagten schwere Verfehlungen vor, die er seit der Fusion im Jahr 2001 begangen hat. Auf Verfehlungen, die sich bis zum Eintritt der Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaft im November 2000 ereignet haben, beruft sich die Klägerin nicht. Sie macht nicht geltend, der Beklagte habe die Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaft durch Vertuschung pflichtwidrigen Verhaltens erschlichen. Damit ist sie nicht berechtigt, die dem Beklagten erteilte Versorgungszusage ganz oder teilweise zu widerrufen. Ihre Feststellungsklage ist unbegründet. Dies führt zur teilweisen Änderung des angefochtenen Urteils und zur vollständigen Abweisung des Klageantrags zu Ziffer 4.

51

2. Der Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz iHv. € 230.469,27 zu zahlen. Die Berufungskammer folgt der ausführlichen und sorgfältigen Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies nach § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Berufungsvorbringen veranlasst lediglich folgende Ausführungen:

52

a) Entgegen der Ansicht der Berufung steht die in § 9 des Aufhebungsvertrags vereinbarte Ausschlussklausel den erhobenen Schadensersatzansprüchen der Klägerin aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung nicht entgegen. Die Parteien haben in § 9 des Aufhebungsvertrags geregelt, dass mit Erfüllung dieser Vereinbarung keine weiteren Ansprüche, „gleich aus welchem Rechtsgrund“, aus dem Anstellungsverhältnis mehr bestehen und keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung „Ansprüche irgendwelcher Art“ herleiten ließen.

53

aa) Welche Rechtsqualität und welchen Umfang eine Ausgleichsklausel hat, ist durch Auslegung nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Es ist der in der auszulegenden Erklärung verkörperte maßgebliche Wille der Parteien zu ermitteln. Lässt sich dabei ein übereinstimmender Wille der Parteien feststellen, so ist dieser allein maßgeblich, auch wenn er in dem Vertrag nur einen unvollkommenen oder gar keinen Ausdruck gefunden hat. Lässt sich ein solch übereinstimmender Wille nicht feststellen, sind die jeweiligen Erklärungen der Vertragsparteien jeweils aus der Sicht des Erklärungsempfängers so auszulegen, wie er sie nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen durfte und musste. Dabei sind alle den Parteien erkennbaren Begleitumstände, die für den Erklärungsinhalt von Bedeutung sein können, zu berücksichtigen. Hierzu gehören insbesondere die Entstehungsgeschichte, das Verhalten der Parteien nach Vertragsschluss, der Zweck des Vertrags und die bei Vertragsschluss vorliegende Interessenlage. Ausgleichsklauseln in gerichtlichen und außergerichtlichen Vergleichen und Aufhebungsverträgen sind im Interesse klarer Verhältnisse grundsätzlich weit auszulegen. In einem Aufhebungsvertrag wollen die Parteien in der Regel das Arbeitsverhältnis abschließend bereinigen und alle Ansprüche erledigen, gleichgültig, ob sie daran dachten oder nicht. Andererseits werden von Ausgleichsklauseln regelmäßig solche Forderungen nicht erfasst, die objektiv außerhalb des von den Parteien Vorgestellten liegen und bei Vergleichsabschluss subjektiv unvorstellbar waren (BAG 11.10.2006 - 5 AZR 755/05 - Rn. 24 mwN, NZA 2008, 72).

54

Im vorliegenden Fall lässt sich aus den Begleitumständen, der Entstehungsgeschichte und dem Zweck des Aufhebungsvertrags vom November 2010 nicht entnehmen, dass die in § 9 geregelte Ausgleichsklausel auch deliktische Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten umfasst. Ohne besondere Anzeichen ist regelmäßig nicht davon auszugehen, dass die Parteien des Arbeitsvertrages mit einer Ausschlussklausel auch Fragen der Vorsatzhaftung regeln wollen (BAG 20.06.2013 - 8 AZR 280/12 - Pressemitteilung Nr. 42/13). Der Beklagte wollte das Arbeitsverhältnis kurzfristig beenden, um zu einem örtlichen Wettbewerber der Klägerin wechseln zu können. Die Parteien haben sich deshalb auf eine Beendigung zum 31.12.2010, die Freistellung des Beklagten unter Fortzahlung der Vergütung, jedoch unter Anrechnung auf Resturlaubsansprüche geeinigt. Die Klägerin hat bei Vertragsschluss nicht damit gerechnet, dass sie der Beklagte seit Jahren durch strafbare Handlungen um insgesamt ca. € 230.000,-- geschädigt hat.

55

bb) Selbst wenn man annehmen sollte, dass die Ausgleichsklausel auch Ansprüche der Klägerin umfasst, die auf vorsätzlichen unerlaubten Handlungen des Beklagten beruhen, könnte sich der Beklagte aufgrund seines strafrechtlich relevanten Vorgehens nicht mit Erfolg auf die vereinbarte Ausgleichsklausel berufen.

56

Wie das Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (BAG 09.03.1972 - 1 AZR 165/71 - DB 1972, 2216; lag Düsseldorf 28.08.2001 - 16 Sa 610/01 - Rn. 39 mwN, Juris) bereits zutreffend ausgeführt hat, verstößt ein Arbeitnehmer, der durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung seinem bisherigen Arbeitgeber einen Schaden zufügt, gegen den die gesamte Rechtsordnung beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn er, um für sich einen Rechtsvorteil zu erzielen, seinen früheren Arbeitgeber an einer Erklärung festhalten will, die dieser bei Kenntnis des Sachverhalts in dieser Form nicht abgegeben hätte. Der Grundsatz von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung, die eine gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage unzulässig macht.

57

Der Klägerin war bei Abschluss des Aufhebungsvertrags im November 2010 nicht bekannt, dass ihr der Beklagte durch vorsätzlich begangene Vermögensdelikte einen Schaden iHv. ca. € 230.000,-- zugefügt hat. Diese Delikte wurden erst ab Januar 2011, auch im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen, aufgedeckt. Die Rechtsausübung des Beklagten ist somit insoweit unzulässig, als er die Klägerin an der Ausgleichsklausel festhalten will, um sie daran zu hindern, ihre nachträglich gegenüber ihm festgestellten auf vorsätzlichen vorwerfbaren Handlungen beruhende Forderung geltend zu machen.

58

cc) Auf die von der Berufung aufgeworfene Frage, ob die Klägerin die Ausgleichsklausel bzw. den gesamten Aufhebungsvertrag gemäß § 123 BGB innerhalb der Anfechtungsfrist des § 124 Abs. 1 BGB wirksam angefochten hat, insb. ob ihrem Prozessbevollmächtigten die erforderliche Vollmacht des Vorstandes zur Anfechtungserklärung vorlag, kommt es auch zweitinstanzlich nicht an.

59

b) Entgegen der Ansicht der Berufung sind die erhobenen Schadensersatzansprüche der Klägerin nicht verjährt.

60

Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit 01.01.2002 für bis dahin nicht verjährten Schadensersatzansprüche die dreijährige Regelverjährung des § 195 BGB. Dabei setzt der Beginn der Frist das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB voraus. Nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

61

Die in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB enthaltene subjektive Voraussetzung für den Verjährungsbeginn knüpft an die Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers hinsichtlich aller Merkmale des Anspruchs an. Ausreichend ist im Allgemeinen eine solche Kenntnis, die es dem Geschädigten erlaubt, eine hinreichend aussichtsreiche - wenn auch nicht risikolose - Feststellungsklage zu erheben. Erforderlich ist, dass der Geschädigte über einen Kenntnisstand verfügt, der ihn in die Lage versetzt, eine auf eine deliktische Anspruchsgrundlage gestützte Schadensersatzklage schlüssig zu begründen (BGH 06.11.2007 - VI ZR 182/06 - MDR 2008, 208).

62

Entgegen der Ansicht des Beklagten hat die Klägerin nicht bereits im Jahr 2006 über einen ausreichenden Kenntnisstand verfügt, um gegen ihn deliktische Schadensersatzansprüche wegen Untreue (§ 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB) oder sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) geltend machen zu können. Allein aus dem Umstand, dass der Zeuge J. Sch., ein Tankstellenpächter und Kunde der Klägerin, im Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten bei seiner polizeilichen Vernehmung am 16.08.2011 (Bl. 514-520 d.A.) ausgesagt hat, es sei ihm „suspekt“ vorgekommen, dass der Beklagte ihn im Januar 2006 gebeten habe, den Geldbetrag von € 4.700,00, den ihm die Klägerin angeblich wegen einer Fehlbuchung irrtümlich überwiesen habe, auf das Konto einer Privatperson zurückzuüberweisen. Deshalb habe er bei der Klägerin angerufen, um mit einem Vorgesetzten des Beklagten zu sprechen. Er wisse nicht mehr mit welcher Person er telefoniert habe, zu der er durchgestellt worden sei. Es habe sich um einen Mann gehandelt, genauere Angaben könne er nicht machen.

63

Im Fall des Kunden Sch. hat die Klägerin keinen Schaden erlitten, weil dieser Kunde misstrauisch geworden ist. Zehn andere Kunden der Klägerin haben die Machenschaften des Beklagten (angebliche Fehlüberweisung und Rücküberweisung auf ein anderes Konto) nicht durchschaut, so dass der Klägerin - was unstreitig ist - durch dieses Tatmuster des Beklagten insgesamt ein Schaden von € 66.083,93 entstanden ist. Es ergibt sich nichts dafür, dass die Klägerin aufgrund eines Telefonanrufs des Zeugen Sch. bei einer männlichen Person, an die er sich nicht erinnern kann, Kenntnis von diesen Machenschaften hatte oder dass ihre Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht.

64

Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat (BGH 24.07.2012 - II ZR 177/11 - Rn. 17, NJW-RR 2012, 1240). Aus einem Telefonanruf des Kunden Sch. bei einem unbekannten männlichen Mitarbeiter der Klägerin, lässt sich keine grobfahrlässige Unkenntnis von den Vorsatzstraftaten des Beklagten herleiten.

65

Nach der Rechtsprechung des BGH, der die Berufungskammer folgt, kommt es hinsichtlich der Kenntnis der für den Beginn der Verjährungsfrist maßgebenden Umstände grundsätzlich auf die Person des Anspruchsinhabers selbst an. Dieser muss sich das Wissen eines Dritten entsprechend § 166 Abs. 1 BGB dann als eigenes Wissen zurechnen lassen, wenn er den Dritten mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut, insbesondere ihm im Zusammenhang mit der Verfolgung des Anspruchs die Kenntnisnahme von bestimmten Tatsachen oder die Vornahme der erforderlichen Tatsachenfeststellungen übertragen hat (BGH 13.12.2012 - III ZR 298/11 - Rn. 19, NJW 2013, 448). Dafür, dass der Kunde Sch. mit einem „Wissensvertreter“ der Klägerin iSd. § 166 Abs. 1 BGB telefoniert hat, hat der Beklagte, der die Darlegungs- und Beweislast für die den Beginn und den Ablauf der Verjährung maßgeblichen Umstände trägt, nichts vorgetragen.

66

Die Klägerin hat erst nach dem Ausscheiden des Beklagten im Januar 2011 nach Eingang der Rechnung einer Wäscherei über die Reinigung von Fußballtrikots das für die Betriebsfußballmannschaft („K.-Fußballer“) eingerichtete Konto Nr. 000 000 000 bei der Sparkasse N., auf das der Beklagte Zugriff hatte, überprüft und dabei Unregelmäßigkeiten festgestellt, die sie dazu veranlasst haben, weitere Nachforschungen anzustellen und auch Strafanzeige zu erstatten. Die Klage ist am 30.12.2011 und damit für alle Schadensersatzansprüche ab 2001 noch innerhalb der zehnjährigen Verjährungshöchstfrist des § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB dem Beklagten zugestellt worden; sie hat den Lauf der Verjährungsfrist rechtzeitig gehemmt, § 204 Abs.1 Nr. 1 BGB.

67

c) Entgegen der Ansicht der Berufung ist die Entscheidung des Arbeitsgerichts, dass der Beklagte wegen der angerichteten Schäden im Einzelnen verpflichtet ist, an die Klägerin insgesamt € 230.469,27 zu zahlen, nicht zu beanstanden.

68

aa) Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB bzw. aus § 826 BGB verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz iHv. € 66.083,93 (Stichwort: „Rücküberweisungen von Kunden“) zu zahlen.

69

Der Beklagte bestreitet nicht, dass er die Klägerin um € 66.083,93 geschädigt hat, indem er in insgesamt 10 Fällen von April 2001 bis November 2005 rechtsgrundlose Geldüberweisungen der Klägerin in einer Gesamthöhe von € 66.083,93 an verschiedene Kunden veranlasst hat, die Kunden anschließend durch Täuschung zur Rücküberweisung der eingegangenen Beträge auf das allein seiner Verfügung unterliegende Sparkonto Nr. 301 710 455 bei der Sparkasse N. bewegt und schließlich persönlich die eingegangenen Beträge vereinnahmt hat.

70

Wie oben - unter Ziff. II. 2. a) und b) der Entscheidungsgründe - ausgeführt, ist der Schadensersatzanspruch der Klägerin weder verjährt noch aufgrund der Ausgleichsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags ausgeschlossen.

71

Der Vorwurf der Berufung, die Klägerin treffe ein „evidentes Organisationsverschulden“ ist nicht berechtigt. Der Beklagte kann der Klägerin kein schadensursächliches Mitverschulden anlasten, weil es ihm über mehrere Jahre gelungen ist, Straftaten zu begehen, die zu ihrer Schädigung geführt haben. Dafür, dass ein unzureichendes Kontrollsystems für den Schaden der Klägerin kausal verantwortlich ist, wofür der Beklagte die Darlegungs- und Beweislast trägt, bestehen keine Anhaltspunkte. Auch ein optimales Kontrollsystem ist nicht stets einer besonderen kriminellen Energie gewachsen (zu diesem Aspekt BGH 30.09.2003 - XI ZR 232/02 - NJW-RR 2004, 45). Im Streitfall haben nicht die Kontrollmechanismen der Klägerin versagt, sie wurden vielmehr durch Fälschung von Unterschriften sowie durch Täuschung von Vorgesetzten, anderen Mitarbeitern und Kunden zielgerichtet unterlaufen.

72

bb) Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB bzw. aus § 826 BGB verpflichtet, an die Klägerin € 26.488,64 (Stichwort: „Abhebungen Sparkonto K.-Fußballer“ [€ 48.988,64 - € 22.500,00]) zu zahlen.

73

Bereits die Rechtsvorgängerin der Klägerin hatte unstreitig für die Betriebsfußballmannschaft („K.-Fußballer“) bei der Sparkasse N. ein Konto Nr. 000 000 000 angelegt, auf das der Beklagte als sog. Teamcaptain Zugriff hatte, um damit sämtliche Aufwendungen für die Mannschaft zu bestreiten. Die Klägerin zahlte unstreitig für die Jahre 2001 bis 2011 Sponsoringbeträge in einer Gesamthöhe von € 22.500,00 auf das Konto ein. Der Beklagte hat nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin dieses Sparkonto wie eine „Schwarze Kasse“ missbraucht. Auf diesem Konto gingen nicht nur die Sponsoringbeträge, sondern auch andere Geldbeträge ein, die sich der Beklagte dorthin hat überweisen lassen. Der Beklagte hat über die Jahre, was ebenfalls unstreitig ist, insgesamt € 48.988,64 von diesem Konto abgehoben. Ob die Ansicht des Arbeitsgerichts zutrifft, der Beklagte sei nicht verpflichtet, die Sponsoringbeträge von € 22.500,00 - zumindest teilweise - zurückzuzahlen, weil die Klägerin die zweckwidrige Verwendung der freiwillig geleisteten Fördermittel für die Fußballmannschaft nicht substantiiert vorgetragen habe, ist mangels Zulässigkeit der Anschlussberufung nicht zu prüfen. Jedenfalls ist die Entscheidung des Arbeitsgerichts, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen € 48.988,64 und € 22.500,00, mithin € 26.488,64, zu zahlen, nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat diese Differenzbeträge jeweils kurz nach der Einzahlung vom Sparkonto abgehoben, ohne dass sich ein Bezug zum Betriebsfußball herstellen ließe.

74

Die Erwägungen der Berufung zum rechtlichen Status der Betriebsfußballmannschaft als „BGB-Gesellschaft“, mit der Rechtsfolge, dass die Klägerin nicht berechtigt sei, Ansprüche gegen den Beklagten wegen Veruntreuung der Geldbeträge auf diesem Sparkonto geltend zu machen, sind fehlsam. Die Sportgruppe hat keine eigene Rechtspersönlichkeit und kein eigenes Vermögen, dass der Beklagte nach Gutdünken für seine privaten Zwecke hätte verwenden dürfen. Er war vielmehr gegenüber der Klägerin weisungsgebunden und zur zweckentsprechenden Verwendung der eingezahlten Gelder verpflichtet.

75

Auch mit dem Argument, die Klägerin habe die Geldbeträge, die sie der Fußballmannschaft gewährt habe, als Betriebsausgaben von der Steuer abgesetzt, kann der Beklagte seine Haftung für den verursachten Schaden nicht ausschließen oder mindern. Soweit der Klägerin Steuervorteile entstanden sein sollten, sind diese bei einer Rückabwicklung im Wege des Schadensersatzes durch die Besteuerung der Ersatzleistung wieder zu korrigieren (BGH 01.03.2011 - XI ZR 96/09 - Rn. 8, 13 mwN, DB 2011, 1158).

76

Soweit der Beklagte einwendet, die Nachlässigkeit der Klägerin, die von ihm keine weitergehenden Belege, Quittungen oder sonstigen Verwendungsnachweise gefordert habe, könne nicht zu seinen Lasten gehen, muss sich die Klägerin ein Mitverschulden nicht anrechnen lassen. Der Beklagte, der die Klägerin über Jahre hinweg vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt hat, kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Klägerin habe leichtfertig gehandelt, weil sie ihm vertraut und ihn nur nachlässig kontrolliert habe.

77

Wie oben - unter Ziff. II. 2. a) und 2 b) der Entscheidungsgründe - ausgeführt, ist der Schadensersatzanspruch der Klägerin weder verjährt noch aufgrund der Ausgleichsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags ausgeschlossen.

78

cc) Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB bzw. aus § 826 BGB verpflichtet, an die Klägerin € 35.702,10 (Stichwort: „Kassenbarauszahlungen“) zu zahlen.

79

Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass sich der Beklagte in insgesamt 77 Fällen in einer Gesamthöhe von € 35.702,10 Bargeld aus der Kasse hat auszahlen lassen, indem er die Unterschriften der die Auszahlung veranlassenden Mitarbeiter gefälscht oder ihnen tatsächlich nicht gegebene Rechtsgründe vorgetäuscht hat. Er ist deshalb zum Schadensersatz verpflichtet.

80

Entgegen der Ansicht der Berufung ist der diesbezügliche Vortrag der Klägerin nicht unsubstantiiert. Die Klägerin hat bereits in der Klageschrift unter zulässiger Bezugnahme auf eine anliegende Tabelle („Übersicht Kassenauszahlungen“, Anlage K 35, Bl. 141/142 d.A.) ausgeführt, dass sich der Beklagte in den Jahren von 2002 bis 2008 insgesamt € 35.702,10 in bar aus der Kasse hat auszahlen lassen, ohne dass eine Veranlassung durch den Betriebssport bestanden habe.

81

Der Beklagte durfte dieses Vorbringen nicht pauschal mit Nichtwissen bestreiten. Zwar gilt allgemein, dass die geordnete Darstellung von Tatsachen nicht durch pauschale Bezugnahme auf Anlagen ersetzt werden kann. Hinsichtlich der Aufzählung der 77 Kassenauszahlungen, die an den Beklagten erfolgt sind, hat die Klägerin auf eine zweiseitige Tabelle verwiesen, was hinsichtlich der Vielzahl einzelner Positionen sachgerecht ist. Letztlich ist es unerheblich, dass die Klägerin die 77 Einzelpositionen in übersichtlicher Tabellenform als Anlage K 35 vorgelegt hat, anstatt sie in die Klageschrift zu kopieren. Dem Beklagten war zuzumuten, die in nachvollziehbarer Weise aufgearbeitete Tabelle durchzuarbeiten und zu den einzelnen durchnummerierten Positionen Stellung zu nehmen. Es ist keineswegs so, dass er sich aus der Tabelle selbst hätten zusammensuchen müssen, wie die geltend gemachte Forderung sich nach Grund und Höhe errechnete. Der in der Klageschrift zusammengefasst wiedergegebenen Betrag von € 35.702,10 ließ sich ohne Mühe aus der Tabelle nachvollziehen.

82

Wenn der Beklagte geltend machen will, dass der Klägerin durch die Kassenbarauszahlungen kein Schaden entstanden ist, weil er die 77 aufgeführten Auszahlungsbeträge für die Betriebsfußballmannschaft verwendet habe, so ist er verpflichtet, detailliert vorzutragen, welche Beträge er für den Betriebssport und nicht für sich privat verwendet hat. Das schlichte Bestreiten mit Nichtwissen ist gemäß § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig, so dass das Vorbringen der Klägerin als zugestanden gilt, § 138 Abs. 3 ZPO.

83

Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf die Abgeltungsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags oder die Einrede der Verjährung berufen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziff. II. 2. a) und 2 b) der Entscheidungsgründe Bezug genommen.

84

dd) Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB bzw. aus § 826 BGB verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz iHv. € 20.710,00 (Stichwort: „Fall T.“) zu zahlen. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

85

Entgegen der Ansicht der Berufung hat die Klägerin substantiiert vorgetragen, dass ihr Kunde T., Betreiber des Cafés am Kurpark E., dem Beklagten zur Begleichung seiner Versorgungsschulden ausweislich der vorgelegten Quittungsdurchschläge (Bl. 263 ff d.A.) von Mai 2009 bis April 2010 insgesamt € 20.710,00 in bar übergeben hat, die der Beklagte jedoch nicht an sie abgeführt, sondern selbst vereinnahmt habe.

86

Diesen Vortrag kann der Beklagte nicht pauschal mit Nichtwissen bestreiten. Eine Erklärung mit Nichtwissen ist gemäß § 138 Abs. 4 ZPO nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Da der Beklagte ausweislich der vorgelegten Quittungsdurchschriften dem Kunden T. den Empfang des Bargeldes quittiert hat, ist ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen prozessual unbeachtlich. Für Geschehnisse im Bereich der eigenen Wahrnehmungsmöglichkeiten besteht grundsätzlich eine Pflicht der Partei, sich das für die Erklärung erforderliche Wissen zu verschaffen. Das Vorbringen der Klägerin ist daher als zugestanden anzusehen, § 138 Abs. 3 ZPO.

87

Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf die Abgeltungsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags oder die Einrede der Verjährung berufen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziff. II. 2. a) und 2 b) der Entscheidungsgründe Bezug genommen.

88

ee) Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB bzw. aus § 826 BGB verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz iHv. € 56.792,16 (Stichwort: „Fall Kur- und Sporthotel F.“) zu zahlen. Auch insoweit sind die Ausführungen des Arbeitsgerichts in keiner Weise zu beanstanden.

89

Entgegen der Ansicht der Berufung hat die Klägerin substantiiert vorgetragen, dass der Beklagte im Mai 2009 ausstehende Forderungen der Klägerin gegen den Kunden Kur- und Sporthotel F. aus D. in einer Gesamthöhe von € 59.653,58 unter Fälschung der Unterschrift seines Vorgesetzten mit der Begründung „Insolvenz“ ausgebucht habe (Bl. 92 d.A.). Tatsächlich habe der Kunde F. dem Beklagten in der Zeit vom Juli 2007 bis Juni 2008 insgesamt 13 Schecks über einen Gesamtbetrag von € 56.972,16 überreicht, die dem Konto des Kunden werthaltig belastet worden seien. Der Beklagte habe die Schecks nicht an sie weitergeleitet, sondern die Scheckbeträge für sich selbst vereinnahmt. Von 5 Schecks über Beträge iHv. insgesamt € 14.000,00 legte die Klägerin darüber hinaus Ablichtungen nebst Einlieferungsformularen zwecks Gutschrift auf dem Konto der Ehefrau des Beklagten bei der W.bank vor (Bl. 601 ff d.A.).

90

Dem Beklagten ist es verwehrt, diesen substantiierten Vortrag der Klägerin pauschal mit Nichtwissen zu bestreiten. Bei eigenen Handlungen oder Wahrnehmungen ist eine Erklärung nach § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen nicht zulässig. Über die Höhe der veruntreuten Geldbeträge verfügt der Beklagte zweifellos über eigene Wahrnehmungen, so dass die Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO greift.

91

ff) Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB bzw. aus § 826 BGB verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz iHv. € 5.000,00 (Stichwort: „Auszahlungsanweisung Zuschuss Betriebssport“) und iHv. € 14.929,28 (Stichwort: „Scheck E.-Rückerstattung“) zu zahlen.

92

Der Beklagte bestreitet nicht, dass er im Mai 2006 unter Fälschung der Unterschrift seines Vorgesetzten oder jedenfalls durch dessen Täuschung eine Auszahlungsanweisung mit dem Stichwort „Zuschuss Betriebssport“ über € 5.000,00 gefertigt (Bl. 61 d.A.) und diesen Geldbetrag auf das Konto seiner Ehefrau bei der W.bank überwiesen hat (Kontoübersicht, Bl. 597 d.A.).

93

Der Beklagte bestreitet auch nicht, die Klägerin im August 2008 darüber getäuscht zu haben, dass eine Kundin (Kläranlagenbetriebsverband E.- und W.) eine E.-Rückerstattung über € 14.929,28 mittels Scheck wünsche, und den von der Klägerin ausgestellten Scheck über diese Summe auf seinem Privatkonto bei der S.-Bank eingelöst hat (Kontoauszug, Bl. 618 d.A.).

94

Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf die Abgeltungsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags oder die Einrede der Verjährung berufen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziff. II. 2 a) und 2 b) der Entscheidungsgründe Bezug genommen.

95

gg) Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB und aus § 826 BGB verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz iHv. € 2.464,66 (Stichwort: „Scheck N.“) zu zahlen.

96

Im Februar 2007 reichte der Beklagte unstreitig einen auf die Sparkasse W. bezogenen, an die Klägerin adressierten Scheck über € 2.464,66 (ausgestellt in L. am 18.01.2007) ein, dessen Gutschrift auf das Konto seiner Ehefrau bei der W. Bank erfolgte, über das er selbst verfügungsberechtigt war (Kontoübersicht, Bl. 594-596 d.A.).

97

Entgegen der Ansicht der Berufung ist der diesbezügliche Schadensersatzanspruch der Klägerin - wie oben unter Ziff. II. 2 a) und 2 b) ausgeführt - weder verjährt noch aufgrund der Ausgleichsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags ausgeschlossen.

98

hh) Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB bzw. aus § 826 BGB verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz iHv. € 2.300,00 (Stichwort: „Rückerstattung Kaution“) zu zahlen.

99

Der Beklagte hat unstreitig unter Fälschung der Unterschrift und Täuschung seines unmittelbaren Vorgesetzten diesen veranlasst, für die Kundin Sport- und Freizeitanlage K. GmbH (Bl. 64 d.A.) unter dem Stichwort „Rückerstattung Kaution“ im Februar 2008 einen Betrag von € 1.000,00 zur Auszahlung anzuweisen. Im Juli 2008 hat er mit dem gleichen Tatmuster eine Auszahlungsanweisung über € 1.300,00 an die Kundin E. H. (Café B.) veranlasst (Bl. 65 d.A.). Beide Geldbeträge hat er seinem Privatkonto gutschreiben lassen.

100

Die Schadensersatzansprüche der Klägerin sind entgegen der Ansicht der Berufung - wie oben unter Ziff. II. 2 a) und 2 b) der Entscheidungsgründe ausgeführt - weder verjährt noch aufgrund der Ausgleichsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags ausgeschlossen.

101

ii) Die geltend gemachten Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sind gemäß §§ 849, 288 Abs. 1 BGB begründet. Der Zinsbeginn ist antragsgemäß auf den 01.01.2011 festzusetzen. Der Zinsanspruch gegen den Deliktsschuldner entsteht bereits mit dem Schadensereignis. Vorliegend lagen sämtliche Rechtsgutsverletzungen vor dem 01.01.2011.

102

3. Die Klage auf Feststellung, dass der Schadensersatzforderung iHv. € 230.469,27 Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung zugrunde liegen, ist im Hinblick auf § 850 f Abs. 2 ZPO, § 302 Nr. 1 InsO zulässig und begründet. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

103

Für die Klägerin besteht das Risiko, dass es früher oder später zu einer Auseinandersetzung über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung wegen der titulierten Schadenersatzforderung kommt. Die Klägerin hat deshalb ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage, dass die Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht. Um den Nachweis für die Vollstreckungsprivilegierung zu erbringen, hat der Gläubiger dem Vollstreckungsgericht einen Titel vorzulegen, aus dem sich der deliktische Schuldgrund und der von § 850 f Abs. 2 ZPO vorausgesetzte Grad des Verschuldens ergeben. Diese Feststellung des Prozessgerichts bindet das Vollstreckungsgericht (BGH 10.03.2011 - VII ZB 70/08 - Rn. 8-9, Juris). Im Übrigen nehmen Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung in der Privatinsolvenz zum Schutz des geschädigten Gläubigers nicht an einer Restschuldbefreiung teil (§ 302 Nr. 1 InsO).

104

Die Feststellungsklage ist begründet. Wie oben unter Ziff. II. 2. der Entscheidungsgründe im Einzelnen ausgeführt, folgen die Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten in einer Gesamthöhe von € 230.469,27 aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. §§ 266 Abs. 1 StGB bzw. aus § 826 BGB.

III.

105

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.

106

Der Streitwert beträgt € 286.631,63. Er setzt sich zusammen aus den bezifferten Zahlungsforderungen von € 254.734,80 und € 4.380,91 sowie der Forderung auf Auskunft über den Verbleib und die Verwendung der Quittungen, die mit € 4.000,00 zu bewerten ist. Zu addieren ist der Streitwert des Feststellungsantrags wegen des Widerrufs der betrieblichen Altersversorgung, der € 23.515,92 (36 Monate x € 653,22) beträgt. Der Beklagte obsiegt mit € 31.896,83, dies entspricht einer gerundeten Quote von 11 Prozent.

107

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Juli 2013 - 10 Sa 44/13

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 166 Willensmängel; Wissenszurechnung


(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht. (2) H

Zivilprozessordnung - ZPO | § 524 Anschlussberufung


(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht. (2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 124 Anfechtungsfrist


(1) Die Anfechtung einer nach § 123 anfechtbaren Willenserklärung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen. (2) Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, im F

Insolvenzordnung - InsO | § 302 Ausgenommene Forderungen


Von der Erteilung der Restschuldbefreiung werden nicht berührt: 1. Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gew

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 849 Verzinsung der Ersatzsumme


Ist wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde ge

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12

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Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 31. Januar 2012 - 5 Sa 1560/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Nov. 2012 - 3 AZR 444/10

bei uns veröffentlicht am 13.11.2012

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 16. April 2010 - 9 Sa 1506/09 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11

bei uns veröffentlicht am 24.05.2012

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Dezember 2010 - 11 Sa 649/10 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es
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Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 20. Okt. 2014 - 9 Sa 97/14

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Tenor 1.Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 06.12.2013, Az. 1 Ca 5183/13 teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 6.314,09 € brutto nebst Zinsen in Höhe vo

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(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Dezember 2010 - 11 Sa 649/10 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die Beklagte zur Zahlung von 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt hat.

2. Die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 24. März 2010 - 1 Ca 2392/09 - wird als unzulässig verworfen.

3. Die weitergehende Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten der Berufungsinstanz haben der Kläger zu 1/6, die Beklagte zu 5/6 und die Kosten der Revision haben der Kläger zu 1/5, die Beklagte zu 4/5 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, auf betriebsbedingte Gründe gestützten Kündigung und damit in Zusammenhang stehende Ansprüche.

2

Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen eines amerikanischen Konzerns. Sie hat in Deutschland drei Produktionsstätten. In ihrem Werk O beschäftigte sie regelmäßig etwa 85 Arbeitnehmer.

3

Der im August 1954 geborene Kläger ist promovierter Chemiker und seit April 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Seit Dezember 2006 ist er als „Betriebsleiter GUR“ Leiter der Kunststoffgranulat-Produktion in O. Anfang Februar 2007 wurde ihm zusätzlich die Leitung des gesamten Standorts übertragen. Laut § 1 des im Juni/Juli 2004 geschlossenen Anstellungsvertrags sieht ihn die Beklagte als leitenden Angestellten iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG an. Seine Vergütung richtete sich nach einem unternehmensweit angewandten „Vertragsstufensystem für leitende Angestellte“. Danach bezog er ein Bruttomonatsgehalt von etwa 9.860,00 Euro, das sich aus einem Fixum und Bonuszahlungen zusammensetzte.

4

Im August 2009 stellte die Beklagte den Kläger unter Berufung auf anstehende seinen Arbeitsplatz betreffende Veränderungen von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 24. September 2009 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 30. April 2010, „vorsorglich ... zum zulässigen Termin“. Der „vorsorglich“ zur Kündigung angehörte Betriebsrat des Werks O hatte der Kündigung mit der Begründung widersprochen, die Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger seien nicht weggefallen.

5

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung liege nicht vor. Sein Arbeitsplatz sei bei im Wesentlichen gleich gebliebenen Aufgaben lediglich neu besetzt worden. Eine Verlagerung bisher durch ihn erledigter Aufgaben auf andere in O beschäftigte Arbeitnehmer sei nicht ohne deren überobligatorische Inanspruchnahme möglich gewesen. Auch habe die Möglichkeit bestanden, ihn auf dem frei gewordenen Arbeitsplatz des „Forschungsleiters“ weiter zu beschäftigen.

6

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24. September 2009 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen;

        

3.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein wohlwollendes Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt;

        

4.    

für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein „endgültiges“ wohlwollendes Zeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, im September 2009 sei auf Konzernebene die - anschließend durch ihren Geschäftsführer umgesetzte - unternehmerische Entscheidung getroffen worden, Produktionsstandorte zusammenzulegen sowie Funktionen und Zuständigkeiten zu bündeln. In diesem Zusammenhang sei die globale Verantwortlichkeit für die Prozessentwicklung und das Qualitätsmanagement in O angesiedelt worden. An diese Funktion habe sie die Hälfte der bisher vom Kläger wahrgenommenen Leitungsaufgaben „angekoppelt“; die Stelle habe sie mit Frau K besetzt, die zuvor Geschäftsführerin eines anderen Konzernunternehmens gewesen sei. Die andere Hälfte der Tätigkeiten habe sie auf insgesamt sieben, dem Kläger bisher nachgeordnete Arbeitnehmer verteilt, die auch in der Lage seien, das zusätzliche Pensum zu bewältigen. Der Kläger sei fachlich nicht in der Lage, die neu zugeschnittene Leitungsstelle auszufüllen. Er verfüge, anders als Frau K, die neben ihrem Chemie- ein Ingenieurstudium absolviert habe, nicht über die erforderlichen Kenntnisse und die notwendige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Prozessentwicklung und des Qualitätsmanagements. Außerdem sei die Stelle mit einem Aufgaben- und Kompetenzzuwachs verbunden, der sich in veränderten Berichtspflichten unmittelbar gegenüber dem Management der Beklagten und der Zuordnung des Arbeitsplatzes zu einem höheren „Gehaltslevel“ ausdrücke. Zur Weiterbeschäftigung des Klägers auf einer solchen „Beförderungsstelle“ sei sie nicht verpflichtet.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz zusätzlich beantragt, an ihn 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten aus jeweils 8.427,00 Euro brutto seit dem 1. November 2010 und seit dem 1. Dezember 2010 zu zahlen. Er hat die Auffassung vertreten, das damit geforderte Gehalt für die Monate Oktober und November 2010 stehe ihm unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu. Die Beklagte hat gerügt, die Klageerweiterung sei unzulässig. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und diese zur Gehaltszahlung in beantragter Höhe verurteilt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage - ausgenommen den Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses - abzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet, soweit die Beklagte ihre Verurteilung zur Zahlung von Vergütung für die Monate Oktober und November 2010 angreift (I.). Im Übrigen bleibt die Revision ohne Erfolg. Die Kündigung vom 24. September 2009 ist unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst (II.). Die (Hilfs-)Anträge auf vorläufige Weiterbeschäftigung und auf Erteilung eines Endzeugnisses sind dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen (III.).

10

I. Mit Erfolg wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Gehaltszahlung, die der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemacht hat. Die Revision ist insoweit aus prozessualen Gründen erfolgreich. Bei der Klageerweiterung handelt es sich um eine nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG verspätete und deshalb unzulässige Anschlussberufung. Das hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BGH 24. Oktober 2007 - IV ZR 12/07 - Rn. 7, MDR 2008, 159).

11

1. Dem Kläger stand für eine Erweiterung der Klage im Berufungsrechtszug nur der Weg der Anschlussberufung zur Verfügung. Als solche ist sein Zahlungsbegehren deshalb zu behandeln; einer ausdrücklichen Bezeichnung als Anschlussberufung bedarf es dazu nicht (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 282/09 - Rn. 20, EzA BetrAVG § 16 Nr. 59; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 42, BAGE 118, 211). Es genügt, dass schriftsätzlich klar und deutlich der Wille zum Ausdruck gebracht wird, eine Änderung des vorinstanzlichen Urteils auch als Rechtsmittelbeklagter zu erreichen. Dazu reicht es, dass der Rechtsmittelbeklagte die Klage - wie im Streitfall mit Schriftsatz vom 19. November 2010 geschehen - erweitert. Einer Beschwer bedarf es für die Anschlussberufung grundsätzlich nicht (vgl. BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 728/07 - Rn. 11, AE 2009, 331).

12

2. Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG ist eine Anschlussberufung zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren wird zwar - anders als nach § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO - dem Berufungsbeklagten vom Gericht keine Frist zur Berufungserwiderung „gesetzt“; vielmehr gilt für die Berufungsbeantwortung die durch § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG bestimmte gesetzliche Frist von einem Monat. Gleichwohl ist § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG im Berufungsverfahren vor den Landesarbeitsgerichten entsprechend anwendbar. Eine Anschlussberufung, die nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung - bei Verlängerung der Berufungsbeantwortungsfrist nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG innerhalb der dann geltenden Frist(vgl. GK-ArbGG/Vossen Stand April 2012 § 64 Rn. 105; GMP/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 64 Rn. 106) - eingeht, ist entsprechend § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen(BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).

13

3. Danach war die Anschlussberufung des Klägers verspätet.

14

a) Der betreffende Schriftsatz ist am 22. November 2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war seit der am 26. Juli 2010 bewirkten Zustellung der Berufungsbegründung weit mehr als ein Monat vergangen. Die Frist zur Berufungsbeantwortung war nicht verlängert worden. Ein Fall des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO liegt nicht vor.

15

b) Die Frist zur Berufungsbeantwortung ist ordnungsgemäß in Lauf gesetzt worden. Insbesondere ist der nach § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG gebotene Hinweis erfolgt. Dies konnte der Senat selbst im Wege des Freibeweises klären (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 AZR 211/09 - Rn. 17, NZA 2012, 691).

16

aa) Die Verwerfung der Anschlussberufung wegen Fristversäumnis setzt voraus, dass der Berufungsgegner mit der Zustellung der Berufungsbegründung gemäß § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG auf die gesetzliche Verpflichtung hingewiesen wurde, die Berufung binnen eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung zu beantworten. Fehlt es an einem solchen Hinweis, wird weder die Frist zur Berufungsbeantwortung noch die zur Einlegung der Anschlussberufung in Lauf gesetzt (BA G 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).

17

bb) Der Klägervertreter hat mit Empfangsbekenntnis vom 26. Juli 2010 den Erhalt der Berufungsbegründung bestätigt. Laut Empfangsbekenntnis ist ihm neben der Berufungsbegründung ein „Hinweis gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG“ zugestellt worden. Dies bezieht sich auf ein zugleich übermitteltes, vom Kläger in Kopie zur Senatsakte gereichtes gerichtliches Begleitschreiben vom 16. Juli 2010, das - auszugsweise - wie folgt lautet:

        

„Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetzmuss die Berufung innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung anliegender Berufungsbegründung b e a n t w o r t e t werden.

                 
        

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel in der Berufungsbeantwortung nicht rechtzeitig vorgebracht, so lässt sie das Gericht nur zu, wenn nach seiner freien Überzeugung ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder die Verspätung genügend entschuldigt wird.“

18

cc) Dieser Hinweis war mit Blick auf die Anschlussberufung ausreichend. Insoweit geht es vor allem um die Klarstellung, zu welchem Zeitpunkt die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG in Gang gesetzt worden ist. Über die Möglichkeit der Anschließung als solche braucht hingegen nicht belehrt zu werden. Ob das gerichtliche Schreiben eine hinreichende Belehrung über die Präklusionsvorschrift des § 67 ArbGG und mögliche Folgen aus einer Versäumung der Beantwortungsfrist enthält, kann offenbleiben. Auf die Präklusionsregelung kommt es für die Frage, ob die Anschlussberufung frist- und formgerecht erhoben worden ist, nicht an. Überdies handelt es sich bei der Klageerweiterung als solche nicht um ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel iSv. § 67 ArbGG, sondern um den Angriff selbst(BAG 11. April 2006 - 9 AZN 892/05 - Rn. 12, BAGE 117, 370).

19

dd) Den Akten ist nicht zu entnehmen, ob das gerichtliche Schreiben vom 16. Juli 2010 oder auch nur die Verfügung, mit der die Zustellung der Berufungsbegründung „mit Belehrung über die Frist gem. § 66 I 3 ArbGG“ veranlasst worden ist, vom Vorsitzenden der Kammer unterzeichnet war. Das ist unschädlich. Der Hinweis hat von Gesetzes wegen „mit der Zustellung der Berufungsbegründung“ zu erfolgen (§ 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG). Ein Tätigwerden des Gerichts bzw. seines Vorsitzenden in jedem Einzelfall ist damit nicht verlangt. Es reicht, dass der Hinweis auf allgemeine Anordnung hin durch die Geschäftsstelle erfolgt. Dieser obliegt ohnehin die Ausführung der Zustellung (§ 168 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zudem besteht hinsichtlich der Erteilung des Hinweises kein Ermessensspielraum; die Regelung des § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG ist zwingend. Die Anschlussberufung war damit als unzulässig zu verwerfen.

20

II. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Feststellungsantrag richtet. Diesem hat das Landesarbeitsgericht zu Recht stattgegeben. Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Die ordentliche Kündigung vom 24. September 2009 ist sozial ungerechtfertigt. Sie ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.

21

1. Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 17, NZA 2012, 852; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165). Nachzuprüfen ist aber, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - aaO; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - aaO).

22

2. Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 14, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - zu II 1 c der Gründe, BAGE 92, 61). Daran fehlt es, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals führte (vgl. Rost Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 39 S. 83) oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 - zu B I 3 d (1) der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126).

23

Läuft die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, muss der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Nur so kann geprüft werden, ob die Entscheidung den dargestellten Voraussetzungen genügt. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, dh. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 13. Februar 2008 - 2 AZR 1041/06 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 174 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158).

24

3. Zu den nur auf Willkür zu überprüfenden Organisationsentscheidungen des Arbeitgebers zählt die Festlegung des Anforderungsprofils einer Stelle. Das Bestreben des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten nur von Arbeitnehmern mit bestimmten Qualifikationen ausführen zu lassen, ist grundsätzlich hinzunehmen (BAG 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 19, AP BGB § 626 Nr. 228 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17). Schafft der Arbeitgeber neu zugeschnittene Arbeitsplätze, ist dies jedenfalls dann zu respektieren, wenn die Qualifikationsmerkmale einen nachvollziehbaren Bezug zur Organisation der auszuführenden Arbeiten haben (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 25, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 32 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).

25

a) Erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast sind dabei mit Blick auf § 1 Abs. 2 KSchG dann zu stellen, wenn der Arbeitgeber das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze ändert, die bereits mit langjährig beschäftigten Arbeitnehmern besetzt sind. Der Arbeitgeber kann nicht unter Berufung auf eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Unternehmerentscheidung den Kündigungsschutz des betreffenden Arbeitnehmers dadurch umgehen, dass er in sachlich nicht gebotener Weise die Anforderungen an die Kenntnisse des Arbeitsplatzinhabers verschärft (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).

26

b) Der Arbeitgeber muss deshalb, will er dem Vorwurf des Missbrauchs entgehen, dartun, dass es sich bei der zusätzlich geforderten Qualifikation für die Ausführung der Tätigkeit nicht nur um eine „wünschenswerte Voraussetzung”, sondern um ein sachlich gebotenes, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für das Stellenprofil handelt (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 24. Juni 2004 - 2 AZR 326/03 - zu B II 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 76 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132). Die Änderung des Anforderungsprofils muss im Zusammenhang mit einer organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers stehen, die nach ihrer Durchführung angesichts eines veränderten Beschäftigungsbedarfs - etwa aufgrund von Änderungen des Arbeitsvolumens oder des Inhalts der Tätigkeit - auch die Anforderungen an den Arbeitsplatzinhaber erfasst (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 31, aaO). Gestaltet der Arbeitgeber lediglich Arbeitsabläufe um, ohne dass sich die Tätigkeit inhaltlich ändert, und ist der bisherige Stelleninhaber aufgrund seiner Fähigkeiten und Ausbildung in der Lage, die künftig anfallenden Arbeiten zu verrichten, so ist eine auf betriebliche Gründe gestützte Kündigung selbst dann nicht sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber die Änderungen zum Anlass nimmt, die Stelle in eine „Beförderungsstelle“ umzuwandeln (ähnlich BAG 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - zu B I 2 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77). Das gleiche gilt, wenn der Arbeitgeber die auf dem Arbeitsplatz bislang zu verrichtende Tätigkeit um zusätzliche Aufgaben erweitert, der dadurch veränderte Arbeitsplatz aber nach Bedeutung und Verantwortung nicht um so viel anspruchsvoller ist, dass insgesamt ein anderer Arbeitsbereich entstanden wäre (BAG 30. August 1995 - 1 ABR 11/95 - zu A II 3 b bb der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 130).

27

4. Daran gemessen hat das Landesarbeitsgericht an die Darlegungslast der Beklagten zu Recht erhöhte Anforderungen gestellt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sich die behauptete Umstrukturierung als Umgestaltung des bisherigen Arbeitsplatzes des Klägers oder als Abbau dieser Stelle bei gleichzeitiger Einrichtung eines neuen, als Beförderungsstelle zu qualifizierenden Arbeitsplatzes darstellt. In beiden Fällen liegt die Organisationsentscheidung nahe am Kündigungsentschluss. Hinzu kommt, dass nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten die bisherigen Aufgaben des Klägers weiterhin anfallen. Die Beklagte musste deshalb zum einen aufzeigen, dass durch die behauptete Bündelung von Funktionen und Zuständigkeiten auf der Leitungsebene tatsächlich ein anderer Arbeitsbereich entstanden ist. Zum anderen war sie gehalten, ihren Entschluss zur Umverteilung der anfallenden Tätigkeiten hinsichtlich seiner Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit durch konkreten Tatsachenvortrag zu verdeutlichen.

28

5. Dem wird das Vorbringen der Beklagten nicht gerecht. Sie hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt war, die Hälfte der bisherigen Arbeitsaufgaben des Klägers könnten von dem ihm bislang nachgeordneten Personal im Rahmen regulärer zeitlicher Verpflichtungen erledigt werden. Bereits dies führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.

29

a) Die Beklagte hat durchaus im Einzelnen vorgetragen, welche konkreten Aufgaben aus den Bereichen „Betriebsleitung GUR“ und „Standortleitung“ in welchem zeitlichen Umfang künftig durch Frau K und weitere sieben namentlich benannte Arbeitnehmer übernommen werden sollten. Sie hat es aber versäumt schlüssig darzutun, dass die fraglichen sieben Personen über hinreichend freie Arbeitszeitkapazität verfügten, um das zusätzliche Pensum von täglich bis zu einer Stunde ohne überobligationsmäßige Leistungen zu bewältigen. Sie hat dies lediglich pauschal behauptet ohne aufzuzeigen, worauf sich ihre Einschätzung stützt. Spätestens nachdem der Kläger die mangelnde Schlüssigkeit ihres Vorbringens beanstandet und sich beispielhaft unter Angabe von Beginn und Ende täglicher Arbeitszeiten darauf berufen hatte, zwei der betroffenen Mitarbeiter seien bereits in der Zeit vor seiner Freistellung voll ausgelastet gewesen, hätte die Beklagte ihren Vortrag im Rahmen der abgestuften Darlegungslast substantiieren müssen. Das ist nicht geschehen. Sie hat nur ihren nicht weiter einlassungsfähigen Vortrag wiederholt, einer der Genannten sei „genau wie alle anderen Mitarbeiter in der Lage, die ihm übertragenen Aufgaben ohne überobligatorische Verpflichtung zu übernehmen“, die Arbeitszeit eines anderen werde vom Kläger unzutreffend dargestellt. Stattdessen hätte sie, um ihrer Vortragslast zu genügen, die zutreffenden Arbeitszeiten der fraglichen Mitarbeiter nebst der Möglichkeit, „freie“ Kapazitäten für die Übertragung weiterer Arbeiten zu nutzen, darstellen müssen.

30

b) Eine Konkretisierung ihres Vorbringens war auch dann nicht entbehrlich, wenn es sich - wie die Beklagte geltend macht - bei den fraglichen Arbeitnehmern um „leitende Angestellte“ oder zumindest außertariflich vergütete Arbeitnehmer handeln sollte. Aus beidem folgt nicht, dass mit diesen keine vertraglichen Vereinbarungen hinsichtlich des Umfangs der zu leistenden Arbeitszeit bestanden. Im Übrigen unterliegen auch sog. AT-Mitarbeiter den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes und nimmt nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG nur leitende Angestellte iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG aus seinem Anwendungsbereich aus(vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - zu B II 2 b aa der Gründe, BAGE 106, 111). Inwieweit diese Voraussetzungen bei einzelnen Arbeitnehmern erfüllt sind, ist dem Vorbringen der Beklagten nicht zu entnehmen.

31

c) In welcher Weise ein Arbeitgeber darlegt, dass die Umverteilung von Arbeitsaufgaben nicht zu einer überobligatorischen Beanspruchung im Betrieb verbliebener Arbeitnehmer führt, bleibt ihm überlassen. Handelt es sich um nicht taktgebundene Arbeiten, muss nicht in jedem Fall und minutiös dargelegt werden, welche einzelnen Tätigkeiten die fraglichen Mitarbeiter künftig mit welchen Zeitanteilen täglich zu verrichten haben. Es kann ausreichend sein, wenn der Arbeitgeber die getroffenen Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit darstellt und Anhaltspunkte dafür darlegt, dass Freiräume für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben vorhanden sind. Im Streitfall hat die Beklagte auch dies unterlassen. Soweit das Landesarbeitsgericht noch strengere Anforderungen an ihr Vorbringen gestellt hat, wirkt sich dies im Ergebnis nicht aus.

32

d) Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe sie auf die Mängel in ihrem Vortrag hinweisen müssen, ist unberechtigt.

33

aa) Ein Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht (§ 139 ZPO) liegt schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte darauf durch die erstinstanzliche Entscheidung und die Ausführungen der Gegenseite aufmerksam gemacht wurde (vgl. BGH 23. April 2009 - IX ZR 95/06 - Rn. 6 mwN, NJW-RR 2010, 70). Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte sei ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Sie habe es ua. versäumt deutlich zu machen, in welchem Umfang die anderen Mitarbeiter, auf die nunmehr neue Aufgaben zukämen, bisher ausgelastet gewesen seien und warum sie in der Lage sein sollten, die neuen Arbeitsaufgaben ohne überobligatorischen Aufwand zu bewältigen. Dies hat der Kläger aufgegriffen und geltend gemacht, das Vorbringen der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung sei „immer noch“ unsubstantiiert. Überdies stützen sich die Entscheidungen der Vorinstanzen insoweit auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die Beklagte war daher auch ohne richterlichen Hinweis gehalten, deutlich konkreter vorzutragen.

34

bb) Ob der im Rahmen der Revision nachgeholte Vortrag den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung entspricht, kann dahinstehen. Allerdings handelt es sich bei der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“, auf die die Beklagte hinsichtlich einzelner Arbeitnehmer verweist, typischerweise um ein Arbeitszeitmodell, bei dem der Arbeitgeber lediglich auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit verzichtet und darauf vertraut, dass die Arbeitnehmer ihre Arbeitsverpflichtung auch ohne Kontrolle erfüllen (vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - Rn. 65, BAGE 106, 111; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 160 Rn. 33). Aus der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“ folgt dagegen nicht, dass es an arbeits- oder tarifvertraglichen Vorgaben zur wöchentlichen Arbeitszeit fehlt und die Beklagte über die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit hinaus Arbeitsleistungen im Umfang von bis zu einer Stunde täglich verlangen konnte.

35

e) Dringende betriebliche Erfordernisse, die die Kündigung bedingen, hat die Beklagte damit nicht dargelegt. Unerheblich ist, dass das in Rede stehende zu verteilende Arbeitsvolumen - ausgehend vom Vorbringen der Beklagten - lediglich 50 Prozent der bislang dem Kläger zugewiesenen Arbeitsaufgaben umfasst. Auch wenn die Übertragung der anderen 50 Prozent auf Frau K kündigungsrechtlich nicht zu beanstanden sein sollte, hätte die Beklagte dem Kläger zumindest eine Weiterbeschäftigung im entsprechend reduzierten Umfang anbieten müssen. Dafür, dass ein solches Angebot wegen „Unannehmbarkeit“ hätte unterbleiben können (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 - Rn. 57, BAGE 133, 226; 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 130 = EzA KSchG § 2 Nr. 62), fehlt es an Anhaltspunkten. Im Übrigen kann der Vortrag der Beklagten so verstanden werden, dass ihre gesamte Organisationsentscheidung mit der Möglichkeit der Umverteilung von Aufgaben auf nachgeordnete Mitarbeiter „steht und fällt“.

36

III. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag ist dem Senat nicht angefallen. Der Kündigungsrechtsstreit ist rechtskräftig entschieden. Der Antrag auf Erteilung eines Endzeugnisses ist nur für den Fall des Unterliegens mit dem Feststellungsantrag gestellt. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.

37

IV. Die Kosten der Berufungsinstanz und der Revision waren im Verhältnis von jeweiligem Obsiegen und Unterliegen der Parteien zu teilen (§ 97 Abs. 1 iVm. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

        

    Kreft    

        

    Koch    

        

    Berger    

        

        

        

    Gans    

        

    F. Löllgen    

                 

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 16. April 2010 - 9 Sa 1506/09 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte die dem vormaligen Kläger erteilte Versorgungszusage wirksam widerrufen hat.

2

Der am 25. Dezember 1942 geborene vormalige Kläger S (im Folgenden: vormaliger Kläger) wurde zum 1. Januar 1973 von der M M GmbH in Köln (später M GmbH) als Leiter des Kundendienstes Deutschland eingestellt. Mit Wirkung zum 29. Oktober 1975 wurde ihm Prokura erteilt. Seit dem 1. September 1982 war er als Technischer Direktor Deutschland auch Mitglied der Geschäftsleitung. Zum 1. Januar 1989 wurde sein Verantwortungsbereich um den Bereich Logistik (Lager und Versand) vergrößert. Anfang 1991 wurde die R GmbH & Co. KG, Solingen, in den Konzern integriert, dem die M GmbH angehörte. Der vormalige Kläger übernahm zusätzlich die Leitung des Kundendienstes dieses Unternehmens in Solingen. Im Jahr 1997 verlagerte die M GmbH ihren Sitz von Köln nach Solingen. Sie wurde 1999 mit der K GmbH & Co. KG verschmolzen und in K GmbH, die Beklagte, umbenannt. Seit dem 28. März 2000 war der vormalige Kläger nicht mehr verantwortlich für den Bereich Technik, ab Februar 2001 wurde er freigestellt. Das Arbeitsverhältnis zwischen der Beklagten und dem vormaligen Kläger endete am 31. Dezember 2001. Der vormalige Kläger schied im Rahmen einer Restrukturierungsmaßnahme aus.

3

Mit Wirkung zum 1. Januar 1985 hatte die M GmbH dem vormaligen Kläger eine Pensionszusage erteilt. In der hierüber erstellten „Pensionsurkunde für Herrn S“ heißt es ua.:

        

„II     

        

Art und Umfang der Versorgungsleistung

        

1.1     

Die Alterspension wird gewährt nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen nach Vollendung des 63. Lebensjahres.

        

1.2     

Die Alterspension beträgt 40 % der beim Ausscheiden erreichten pensionsberechtigten Bezüge. Hierunter wird das vertragliche Festgehalt verstanden, ausgenommen davon sind Sonderzahlungen wie Tantiemen, Gratifikationen, Provisionen und ähnliche Vergütungen.

        

1.3     

Im Falle des Ausscheidens vor Vollendung des 63. Lebensjahres entsteht ein Anspruch auf Alterspension nach den Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung.

        

...     

        
        

3.    

Hinterbliebenenversorgung

        

3.1.   

Eine Witwenpension wird nach dem Tode des Zusageempfängers seiner ihn überlebenden Ehefrau auf Lebenszeit gewährt, wenn die Ehe vor Eintritt des Versorgungsfalles geschlossen wurde und bis zum Tode bestanden hat.

        

3.2.   

Die Witwenpension beträgt 60 % der beim Tode erreichten Anwartschaft auf Invalidenpension oder der beim Tode gezahlten Pensionsansprüche.

        

...     

        
        

3.4.   

Eine Waisenpension erhalten nach dem Tode des Zusageempfängers seine ehelichen oder vor Eintritt des Versorgungsfalles diesen gleichgestellte Kinder jeweils bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres; darüberhinaus, solange sich die Kinder jeweils noch in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, längstens jedoch jeweils bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres.

        

3.5.   

Die Waisenpension beträgt für jede Waise 20 % der beim Tode erreichten Anwartschaft auf Invalidenpension oder der beim Tode gezahlten Pension. Vollwaisen erhalten das Doppelte der Pension von Halbwaisen.

        

...     

        
        

7.    

Vorbehalte

        

7.1.   

Die Inhaber dieser Urkunde bzw. der Empfänger von Versorgungsleistungen ist zum Wohlverhalten gegenüber unserem Unternehmen verpflichtet. Das Unternehmen ist berechtigt, die Zahlung der Versorgungsleistungen einzustellen oder die Anwartschaft auf Versorgungsleistungen zu widerrufen, wenn der Inhaber dieser Urkunde bzw. der Empfänger von Versorgungsleistungen Handlungen begeht, die in grober Weise gegen Treu und Glauben verstoßen oder zu einer fristlosen Entlassung berechtigen würden.

        

...“   

        
4

Mit Schreiben vom 14. November 2005 widerrief die Beklagte „gemäß Punkt 7.1 der Pensionsurkunde“ die Anwartschaft des vormaligen Klägers auf Versorgungsleistungen aus der Pensionsurkunde.

5

Die Beklagte stützt den Widerruf darauf, der vormalige Kläger habe seine vertraglichen Pflichten ua. im Zusammenhang mit den von ihr als „Rollkarte machen“ und „h“ bezeichneten Vorgängen über Jahre hinweg in grober Weise verletzt und ihr dadurch einen erheblichen Schaden zugefügt.

6

Die M GmbH verkaufte, ebenso wie die Beklagte, Haushaltsgeräte, die ihr von der französischen Muttergesellschaft geliefert wurden. Wurden Geräte wegen eines Defekts vom Käufer oder Händler an die M GmbH zurückgesandt (sog. Retouren), übernahmen Arbeitnehmer im Zuständigkeitsbereich des vormaligen Klägers, soweit möglich, die Aufarbeitung. Nach der Aufarbeitung wurden die Geräte als A-Geräte (verkaufsfähige Neugeräte) oder B-Geräte klassifiziert. In erster Linie entschied der vormalige Kläger darüber, ob ein Gerät der Kategorie A oder B zugeordnet wurde. Falls er verhindert war, erledigten dies andere Arbeitnehmer. Es existierte ein A-Lager für die A-Geräte und ein B-Lager für die B-Geräte.

7

Der vormalige Kläger und die Mitarbeiterin der Rechtsvorgängerin der Beklagten Mü waren Mitglied des Reitvereins „Kloster We“. Dessen Vorsitzender war Sc, der ua. einen Pferdeausbildungsbetrieb unterhielt. Zwischen dem vormaligen Kläger und Sc bestanden vertragliche Beziehungen über den Kauf, die Ausbildung und den Verkauf von Pferden. Sc war auch Kunde der M GmbH. Er kaufte dort Staubsauger, die er zu Pferdeputzgeräten umbaute.

8

Ausweislich von Rechnungen, die unter dem Briefkopf des Sc erstellt wurden, lieferte dieser den Industrievertretungen Ma aufgrund verschiedener Bestellungen aus den Jahren 1984 und 1985 insgesamt 31 Paletten Elektrogeräte zu einem Gesamtpreis von 38.550,99 DM. Unter demselben Briefkopf wurden eine Rechnung an die Firma D vom 18. November 1986 über die Lieferung von Mikrowellengeräten und eine Rechnung an die A AG vom 1. Juli 1987 über die Lieferung einer Partie elektrischer Geräte ausgestellt.

9

Die M GmbH leistete ab Ende der 80er-Jahre bis Ende des Jahres 1999 Zahlungen an W und K H, die unter der Bezeichnung „ha“ ein Geschäft für Sportartikelherstellung und Kunststoffverarbeitung betrieben. Diese hatten der M GmbH die Lieferung von Folienetiketten, Stabilisierungseinlagen, Kantenschutzeinlagen, Kantenschlussstreifen und die Erbringung anderer Leistungen in Rechnung gestellt. Die Eheleute H hatten die in Rechnung gestellten Leistungen nicht selbst erbracht. Auf Veranlassung des vormaligen Klägers erhielten sie zunächst Rechnungen des Sc und ab einem späteren Zeitpunkt, zumindest ab 1994, Rechnungen des St, der einen Service-Dienst betrieb. Der vormalige Kläger hatte in diesem Zusammenhang - ohne die Geschäftsleitung der M GmbH hierüber informiert zu haben - mit W H vereinbart, dass die M GmbH an die Eheleute H um bis zu 15 % mehr zahlt als diesen von Sc und St in Rechnung gestellt worden war. Nach Erhalt der Rechnungen der Eheleute H zeichnete der vormalige Kläger diese als „sachlich richtig“ ab und leitete sie an die Finanzabteilung zur Zahlung weiter.

10

Am 22. Oktober 2004 ließ Sc von einem Notar eine eidesstattliche Versicherung beurkunden, in der er erklärte, die Rechnungen, die er auf Aufforderung des vormaligen Klägers an die Firma ha ausgestellt habe, seien fingiert gewesen, dh. die darin aufgeführten Leistungen und Lieferungen seien nicht von ihm erbracht worden.

11

Mit der am 2. Januar 2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der vormalige Kläger gegen den Widerruf der Versorgungszusage gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, der Widerruf sei unzulässig. Er habe weder seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt noch der Beklagten oder ihrer Rechtsvorgängerin erheblichen Schaden zugefügt.

12

Er habe Geräte, die wegen eines Defekts entweder von den Endverbrauchern oder den Handelspartnern an die M GmbH zurückgeschickt worden seien, nach ihrer Aufarbeitung in der Werkstatt nicht willkürlich als A- oder B-Ware qualifiziert. Im B-Lager hätten sich technisch funktionierende Geräte befunden, die als Austauschgeräte, Ersatzteilreserve, Präsentationsgeräte, Testgeräte und Kulanzgeräte genutzt worden seien. Diese Geräte seien mit Beleg verkauft oder als Ersatzgeräte für Kundenforderungen aus Garantieansprüchen genutzt worden. Alle Geräte seien nach Stückzahl erfasst worden. Gebrauchte oder beschädigte Geräte habe die Beklagte als Schrottgeräte deklariert und - verbunden mit hohen Kosten - „entsorgen“ lassen. Auch Sc habe Austauschgeräte erhalten. Im Zusammenhang mit dessen Käufen bei der M GmbH habe er diesem weder Weisungen erteilt noch von ihm Zahlungen erhalten. Die in den Rechnungen an die Industrievertretungen Ma und andere Unternehmen genannte Ware habe Sc bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten gekauft.

13

Sc habe auch Umrüstungstätigkeiten für die M GmbH ausgeführt. Die Rechnungsstellung über die Firma ha sei in Absprache mit der Geschäftsführung erfolgt, da diese Wert darauf gelegt habe, nur einen Ansprechpartner im Rahmen der vertraglichen Beziehungen zu haben und sie zudem zB im Hinblick auf Gewährleistungsansprüche auf einer renommierten Fachfirma als Vertragspartnerin bestanden habe. W H habe aufgrund seines großen Fachwissens in der Kunststofftechnik auch wertvolle (Entwicklungs-)Hilfen gegeben. Der Preisaufschlag für die Entwicklungsarbeit und die übernommene Gewährleistung sei angemessen gewesen, der Einkaufspreis hinsichtlich der gelieferten Teile habe um ca. 50 % unter den Preisen gelegen, die bei industrieller Fertigung angefallen wären. Später habe die Firma St die Umrüstungsarbeiten übernommen, weil Sc sein Einzelhandelsgeschäft aufgegeben und nur noch Pferde ausgebildet habe. Die Preisvereinbarung mit den Eheleuten H habe im Rahmen seiner Zuständigkeit gelegen und nicht der Zustimmung der Geschäftsleitung bedurft.

14

Der vormalige Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass der von der Beklagten mit Schreiben vom 14. November 2005 erklärte Widerruf der Anwartschaft auf Versorgungsleistungen aus dem Vertrag über die Pensionszusage vom 1. Januar 1985 unwirksam ist.

15

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, zum Widerruf der Pensionszusage berechtigt gewesen zu sein.

16

Ab dem Jahr 1979 habe der vormalige Kläger gemeinschaftlich handelnd mit Sc ihre Rechtsvorgängerin mittels des Systems „Rollkarte machen“ erheblich geschädigt. Der Schaden habe jährlich mindestens 1.000.000,00 DM betragen. Die von Kunden oder Händlern an die M GmbH zurückgesandten Waren seien zunächst im sog. Retourenbestand gebucht worden. Je nach Zustand sei entweder eine Umbuchung in das Verkaufslager oder auf ein sog. Schrottkonto erfolgt. Der vormalige Kläger habe aufgearbeitete Ware, die tatsächlich „A-Qualität“ gehabt habe, als „B-Ware“ qualifiziert. Die nach der Aufarbeitung vom vormaligen Kläger mit „B“ gekennzeichneten Geräte seien demnach buchmäßig, obwohl sie nicht Schrott gewesen seien, als Schrott erfasst worden. Seit Beginn der 80er-Jahre sei regelmäßig zum Ende einer Woche ein mit „Sc“ beschrifteter Pferdetransporter bei der M GmbH erschienen. Mit diesem Fahrzeug seien die vom vormaligen Kläger als „B-Ware“ erfassten Gegenstände abtransportiert worden. Dies ergebe sich daraus, dass die „B-Ware“ am Folgetag bzw. am Montag der folgenden Woche nicht mehr vorhanden oder jedenfalls in ihrem Umfang sichtbar reduziert gewesen sei. Der vormalige Kläger habe die von ihm aussortierten B-Geräte mit Hilfe des Sc auf eigene Rechnung verkauft. Sc habe die Rechnungen an die Industrievertretungen Ma und andere Unternehmen auf Weisung des vormaligen Klägers ausgestellt. Aus einzelnen Rechnungen ergebe sich, dass der vormalige Kläger selbst handschriftlich die zu liefernden Geräte aufgelistet habe. Die Bezahlung der Rechnungen sei auf ein Konto erfolgt, das Sc auf den Namen eines Mitarbeiters eingerichtet habe. Von dort aus seien die Beträge auf das Konto der Mutter der Mitarbeiterin Mü weitergeleitet worden. Ihre Rechtsvorgängerin habe mit Sc nur insoweit in Geschäftsverbindung gestanden, als sie ihm Staubsauger und Ersatzteile für Staubsauger geliefert habe.

17

Auch im Zusammenhang mit dem Vorgang „ha“ habe der vormalige Kläger ihre Rechtsvorgängerin erheblich geschädigt. Auf Veranlassung des vormaligen Klägers seien ihrer Rechtsvorgängerin fingierte Rechnungen über nicht erbrachte Leistungen gestellt worden, die der vormalige Kläger zur Bezahlung freigegeben habe. Die Zahlungen seien abzüglich einer Marge von zuletzt 15 % für den Rechnungssteller H letztlich - überwiegend über die Mitarbeiterin Mü - dem vormaligen Kläger zugeflossen. Hierdurch sei ein Schaden iHv. 973.394,80 Euro entstanden.

18

Die von den Eheleuten H in Rechnung gestellten Leistungen seien tatsächlich nicht erbracht worden. Eine Notwendigkeit zu Umrüstungen habe nicht bestanden. Da weder Angebots- noch Auftragsschreiben aufzufinden seien, habe es dem vormaligen Kläger oblegen, seine Darlegungen zu den behaupteten Umrüstungsarbeiten zu substantiieren. Dies sei nicht geschehen. Soweit er beispielhaft Umrüstungsarbeiten behauptet habe, seien diese nicht mit Hilfe der Materiallieferungen des S oder der Firma ha vorgenommen worden. Die Erhöhung des Rechnungsbetrags um 15 % sei im Übrigen unangemessen. Handelsüblich sei nur ein Aufschlag von maximal 3 % des Rechnungsbetrags.

19

Das Arbeitsgericht hat die Klage nach uneidlicher Vernehmung von W H, Sc, St, N, P und Kr als Zeugen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr nach uneidlicher Vernehmung des B und des Sc als Zeugen stattgegeben und die Revision nicht zugelassen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat der Senat das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage ohne weitere Beweisaufnahme erneut stattgegeben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren nach Klageabweisung weiter. Während des Revisionsverfahrens ist der vormalige Kläger am 16. Juni 2011 verstorben. Er wurde von seiner Ehefrau, der nunmehrigen Klägerin zu 1. sowie von seinen Kindern, dem nunmehrigen Kläger zu 2. und Frau Ba beerbt. Frau Ba ist am 16. August 2012 verstorben und wurde von ihrem Ehemann, dem nunmehrigen Kläger zu 3. sowie ihren Kindern, den nunmehrigen Klägern zu 4. bis 8. beerbt. Der Rechtsstreit wird von den Erben fortgeführt. Diese beantragen die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

20

Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann der Klage nicht stattgegeben werden. Ob die zulässige Klage begründet ist, kann der Senat mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO).

21

A. Die Klage ist zulässig.

22

I. Der Klageantrag bedarf der Auslegung. Diese ergibt, dass der vormalige Kläger trotz des auf die Feststellung der Unwirksamkeit des Widerrufs der Versorgungszusage gerichteten Wortlauts des Klageantrags die Feststellung begehrt hat, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei Eintritt des Versorgungsfalls „Alter“ an ihn und bei Eintritt des Versorgungsfalls „Tod“ an seine Hinterbliebenen die mit der Versorgungszusage ihrer Rechtsvorgängerin vom 1. Januar 1985 zugesagten Versorgungsleistungen zu erbringen. In diesem Sinne hat auch das Landesarbeitsgericht das Klagebegehren verstanden. Dem sind weder der vormalige Kläger noch seine Erben, die nunmehrigen Kläger, entgegengetreten.

23

1. Klageanträge sind der Auslegung durch das Revisionsgericht zugänglich. Dabei sind die für Willenserklärungen geltenden Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) heranzuziehen (BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 70/07 - Rn. 16, BAGE 126, 26). Für das Verständnis eines Klageantrags ist deshalb nicht am buchstäblichen Wortlaut des Antrags zu haften. Das Gericht hat vielmehr den erklärten Willen zu erforschen, wie er aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage hervorgeht. Im Zweifel ist das gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 25; BGH 12. Februar 2003 - XII ZR 324/98 - zu II 1 a der Gründe mwN, WM 2003, 1919).

24

2. Danach ist das Begehren des vormaligen Klägers auf die Feststellung gerichtet, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei Eintritt des Versorgungsfalls an ihn bzw. seine Hinterbliebenen die in der Versorgungszusage ihrer Rechtsvorgängerin vom 1. Januar 1985 zugesagten Versorgungsleistungen zu erbringen. Dem vormaligen Kläger ging es um den Erhalt seiner Anwartschaften und damit um den Erhalt des Rentenstammrechts, aus dem bei Eintritt des Versorgungsfalls die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der versprochenen Betriebsrente folgt. Ein Festhalten an dem buchstäblichen Wortlaut des Antrags wäre nach den Maßstäben der Rechtsordnung nicht vernünftig gewesen. Da die Wirksamkeit des Widerrufs kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist und deshalb nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann, hätte der vormalige Kläger sein wahres Begehren mit dem von ihm ausdrücklich formulierten Antrag nicht zulässig verfolgen können.

25

II. In dieser Auslegung ist der Feststellungsantrag zulässig. Für ihn besteht insbesondere das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse.

26

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Vorliegend geht es um die Frage, ob die Beklagte verpflichtet war bzw. ist, an den vormaligen Kläger bzw. seine Hinterbliebenen bei Eintritt des Versorgungsfalls die versprochenen Versorgungsleistungen zu erbringen. Damit ging es bei Klageerhebung um die Klärung eines gegenwärtigen bzw. zukünftigen Rechtsverhältnisses.

27

2. Der vormalige Kläger hatte auch ein Interesse an alsbaldiger Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten. Diese hatte mit dem Widerruf ihre Verpflichtung zur Leistung im Versorgungsfall in Abrede gestellt. Zwar war der Versorgungsfall „Alter“ für den vormaligen Kläger mit Vollendung des 63. Lebensjahres am 25. Dezember 2005 eingetreten; er konnte nach der Pensionszusage bereits ab dem 1. Januar 2006 Leistungen der betrieblichen Altersversorgung beanspruchen. Gleichwohl konnte der vormalige Kläger nicht auf den Vorrang der Leistungsklage verwiesen werden. Der Vorrang der Leistungsklage gilt nicht uneingeschränkt. Die Feststellungsklage ist dann zulässig, wenn auf diesem Weg eine sachgemäße, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 27. Mai 2008 - 3 AZR 893/06 - Rn. 24) und das angestrebte Urteil mit seiner lediglich grundsätzlich klärenden, der Vollstreckung nicht zugänglichen Wirkung geeignet ist, den Konflikt der Parteien endgültig zu lösen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu verhindern (BAG 16. November 2011 - 4 AZR 872/09 - Rn. 19). So liegt der Fall hier. Vor dem Hintergrund der eindeutigen, in der Pensionszusage getroffenen Regelung zur Höhe der zu beanspruchenden Betriebsrente war nicht zu erwarten, dass es zu einem Streit der Parteien über die Höhe der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung kommen würde. Damit stand die grundsätzliche Frage im Mittelpunkt, ob die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet war bzw. ist, bei Eintritt des Versorgungsfalls an den vormaligen Kläger bzw. seine Hinterbliebenen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu erbringen.

28

3. Das für den Feststellungsantrag erforderliche besondere Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO, das als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, gegeben sein muss(vgl. etwa BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 261/08 - Rn. 25, BAGE 131, 176), ist nicht dadurch entfallen, dass der vormalige Kläger am 16. Juni 2011 verstorben ist und der Prozess nunmehr durch seine Erben fortgeführt wird. Diese haben als Erben des vormaligen Klägers ein Interesse an alsbaldiger Feststellung des Rechtsverhältnisses, weil sich hieraus Folgen für die Gegenwart und für die Zukunft ergeben (vgl. BAG 23. April 1997 - 5 AZR 727/95 - zu 2 der Gründe, BAGE 85, 347; 28. Juni 2012 - 6 AZR 745/10 - Rn. 13). Das vorliegende Verfahren dient der Klärung der Frage, ob den nunmehrigen Klägern als Erben des vormaligen Klägers Ansprüche auf rückständige Betriebsrente für die Zeit ab Eintritt des Versorgungsfalls (Vollendung des 63. Lebensjahres durch den vormaligen Kläger am 25. Dezember 2005; Leistungsbeginn am 1. Januar 2006) bis zu dessen Tod am 16. Juni 2011 zustehen. Auch hier ist nicht zu erwarten, dass es über die Höhe der zu zahlenden Betriebsrente zum Streit zwischen den Parteien kommen wird, so dass auch die nunmehrigen Kläger nicht auf den Vorrang der Leistungsklage zu verweisen sind. Für die Klägerin zu 1. kommt hinzu, dass sie als Hinterbliebene erkennbar die Voraussetzungen der Pensionszusage für den Bezug einer Hinterbliebenenversorgung erfüllt, dieser Anspruch auf dem Rentenstammrecht beruht (vgl. BAG 29. Januar 1991 - 3 AZR 85/90 - zu I 4 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 13) und sie deshalb ein besonderes Interesse an der Klärung der Frage hat, ob die Beklagte bei Eintritt des Versorgungsfalls „Tod“ ihr dem Grunde nach eine Hinterbliebenenversorgung schuldet.

29

B. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob die Klage begründet ist. Zwar hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen, die Beklagte könne den Widerruf der dem vormaligen Kläger erteilten Versorgungszusage nicht darauf stützen, dieser habe seine Stellung im Unternehmen dazu missbraucht, die Beklagte in erheblichem Umfang zu schädigen. Ob der Widerruf der Versorgungszusage berechtigt war, weil der vormalige Kläger die Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaft erschlichen hatte, kann aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden. Hierzu wird das Landesarbeitsgericht weitere Feststellungen zu treffen haben. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

30

I. Die Beklagte kann die Erbringung von Versorgungsleistungen aus der von ihrer Rechtsvorgängerin erteilten Versorgungszusage nicht mit der Begründung verweigern, der vormalige Kläger habe ihr oder ihrer Rechtsvorgängerin durch grobe Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten erhebliche Vermögensschäden zugefügt. Grobe Pflichtverletzungen, die ein Versorgungsberechtigter begangen hat, berechtigen den Arbeitgeber nur dann zum Widerruf der Versorgungszusage, wenn die Berufung des Versorgungsberechtigten auf die Versorgungszusage dem Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB)ausgesetzt ist. Stützt sich der Arbeitgeber - wie hier - auf die Verursachung eines Vermögensschadens durch den Arbeitnehmer, so kann er die Versorgungszusage nur dann widerrufen, wenn der Arbeitnehmer seine Pflichten in grober Weise verletzt und ihm hierdurch einen existenzgefährdenden Schaden zugefügt hat. Nur dann ist die Berufung des Arbeitnehmers auf die Versorgungszusage rechtsmissbräuchlich. Führen die vom Arbeitnehmer verursachten Vermögensschäden hingegen nicht zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlage des Arbeitgebers, sind dessen Interessen mit der Möglichkeit, den Arbeitnehmer auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, hinreichend gewahrt.

31

1. Die Beklagte kann sich - trotz der unter Punkt 7.1. der Pensionsurkunde getroffenen Vereinbarung - von dem dem vormaligen Kläger von ihrer Rechtsvorgängerin gegebenen Versorgungsversprechen nur dann im Wege des Widerrufs lösen, wenn die Berufung des vormaligen Klägers auf die Versorgungszusage dem Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB)ausgesetzt ist (vgl. etwa BAG 29. Januar 1991 - 3 AZR 85/90 - zu III der Gründe, AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 13; 8. Mai 1990 - 3 AZR 152/88 - zu III 1 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Treuebruch Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Rechtsmissbrauch Nr. 3; 3. April 1990 - 3 AZR 211/89 - zu II 1 der Gründe, BAGE 64, 298; 11. Mai 1982 - 3 AZR 1239/79 - zu 1 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Treuebruch Nr. 4 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 23; BGH 17. Dezember 2001 - II ZR 222/99 - NZA 2002, 511). Dies folgt aus dem Entgeltcharakter der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung.

32

Leistungen der betrieblichen Altersversorgung haben sowohl Versorgungs- als auch Entgeltcharakter (vgl. BVerfG 29. Februar 2012 - 1 BvR 2378/10 - Rn. 56, NZA 2012, 788; 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 - Rn. 107, BVerfGE 124, 199; 28. Juni 2000 - 1 BvR 387/00 - zu II 2 b (1) der Gründe, EzA BetrAVG § 1 Rechtsmissbrauch Nr. 5). Betriebliche Altersversorgung ist auch Entgelt des Arbeitnehmers, das dieser als Gegenleistung für die im Arbeitsverhältnis erbrachte Betriebszugehörigkeit erhält (BVerfG 16. Juli 2012 - 1 BvR 2983/10 - Rn. 33, NVwZ 2012, 1535; 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 - aaO; 28. Juni 2000 - 1 BvR 387/00 - aaO; BAG 8. Februar 1983 - 3 AZR 10/81 - zu II der Gründe, BAGE 41, 338; BGH 19. Dezember 1983 - II ZR 71/83 - zu II 1 der Gründe, NJW 1984, 1529). Aufgrund des Entgeltcharakters kann die betriebliche Altersversorgung nicht bereits dann verweigert werden, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber einen erheblichen Vermögensschaden zugefügt hat. In einem solchen Fall kann sich der Arbeitgeber auch nicht ohne weiteres von der Zahlung der vereinbarten Vergütung befreien. Er kann den Arbeitnehmer vielmehr nur auf Schadensersatz in Anspruch nehmen und ggf. gegenüber den Vergütungsansprüchen des Arbeitnehmers aufrechnen. Entsprechendes gilt wegen des Entgeltcharakters der betrieblichen Altersversorgung grundsätzlich auch für die versprochenen Versorgungsleistungen. Anders verhält es sich im Fall der Berufung des Arbeitgebers auf die Verursachung eines Vermögensschadens durch den Arbeitnehmer nur dann, wenn die Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers zu einer Existenzgefährdung des Arbeitgebers geführt haben. Dann ist das Versorgungsverlangen des Arbeitnehmers rechtsmissbräuchlich. Führen vom Arbeitnehmer durch pflichtwidriges Verhalten verursachte Vermögensschäden hingegen nicht zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlage des Arbeitgebers, sind die Interessen des Arbeitgebers mit der Möglichkeit, den Arbeitnehmer auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, hinreichend gewahrt.

33

a) Der Widerruf einer Versorgungszusage dient nicht dazu, auf einfachem und schnellem Wege einen Schadensersatzanspruch zu befriedigen. Vielmehr ist der Arbeitgeber insoweit auf die gesetzlichen Möglichkeiten verwiesen, wobei insbesondere mitwirkendes Verschulden, beschränkte Arbeitnehmerhaftung und der Pfändungsschutz zu berücksichtigen sind (BAG 8. Mai 1990 - 3 AZR 152/88 - zu III 2 a der Gründe, AP BetrAVG § 1 Treuebruch Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Rechtsmissbrauch Nr. 3; 18. September 1984 - 3 AZR 248/82 - zu 1 der Gründe; 8. Februar 1983 - 3 AZR 463/80 - zu 1 der Gründe, BAGE 41, 333).

34

b) Die vorrangige Verweisung des Arbeitgebers auf die Möglichkeit, den Arbeitnehmer auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, trägt auch dem Grundsatz des § 249 BGB Rechnung, wonach verursachter Schaden und Ersatzleistung einander entsprechen müssen und der Arbeitgeber deshalb nur verlangen kann, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn die zum Schadensersatz verpflichtende Handlung des Arbeitnehmers unterblieben wäre. Der Arbeitgeber darf sich über den Widerruf der Versorgungszusage grundsätzlich keine Ersatzleistungen verschaffen, die er als Schadensersatz nicht beanspruchen könnte. Bei der Verweigerung von Versorgungsleistungen darf der vom Arbeitnehmer verursachte Schaden deshalb nicht hinter dem Wert der Versorgungszusage zurückbleiben. Der Wert einer Versorgungszusage kann im Einzelfall jedoch nur dann genau ermittelt werden, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Leistungen der betrieblichen Altersversorgung als Kapitalleistung zugesagt hat. Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer hingegen - was regelmäßig der Fall ist - laufende Betriebsrentenleistungen versprochen, lässt sich der Wert der Versorgungszusage exakt erst dann bestimmen, wenn der Arbeitgeber sämtliche Verpflichtungen aus der Ruhegeldzusage erfüllt hat.

35

c) Der Arbeitgeber ist allerdings dann nicht auf die Möglichkeit verwiesen, den Arbeitnehmer auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber einen nicht behebbaren, insbesondere durch Ersatzleistungen nicht wiedergutzumachenden schweren Schaden zugefügt hat (BAG 8. Mai 1990 - 3 AZR 152/88 - zu III 2 c der Gründe, AP BetrAVG § 1 Treuebruch Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Rechtsmissbrauch Nr. 3; 24. April 1990 - 3 AZR 497/88 - zu II 2 a der Gründe, ZIP 1990, 1615; 3. April 1990 - 3 AZR 211/89 - zu II 1 der Gründe, BAGE 64, 298; vgl. auch BGH 25. November 1996 - II ZR 118/95 - zu III 1 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Nr. 12; 22. Juni 1981 - II ZR 146/80 - zu 3 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Treuebruch Nr. 3). In einem solchen Fall kann der Rechtsmissbrauchseinwand gerechtfertigt sein. Das setzt bei einem Vermögensschaden allerdings eine existenzgefährdende Schädigung voraus (vgl. BAG 8. Mai 1990 - 3 AZR 152/88 - zu III 2 a der Gründe, aaO; 24. April 1990 - 3 AZR 497/88 - aaO; 16. Juni 1980 - 3 AZR 137/79 - zu I 1 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Treuebruch Nr. 2 = EzA BGB § 242 Ruhegeld Nr. 85). Hat der Arbeitnehmer die wirtschaftliche Grundlage des Arbeitgebers gefährdet, hat er durch sein eigenes Verhalten die Gefahr heraufbeschworen, dass seine Betriebsrente nicht gezahlt werden kann. Deshalb kann er nach Treu und Glauben (§ 242 BGB)nicht verlangen, dass der Arbeitgeber dennoch seine Betriebsrentenansprüche erfüllt. In einem solchen Fall ist die Grenze überschritten, bis zu der auch ein pflichtwidrig Handelnder, ohne sich dem Einwand des Rechtsmissbrauchs auszusetzen, das ihm gegebene Versprechen einfordern kann (vgl. BGH 18. Juni 2007 - II ZR 89/06 - Rn. 18, VersR 2007, 1438; 11. März 2002 - II ZR 5/00 - DB 2002, 1207; 17. Dezember 2001 - II ZR 222/99 - NZA 2002, 511; 13. Dezember 1999 - II ZR 152/98 - zu III der Gründe, ZIP 2000, 380; 25. November 1996 - II ZR 118/95 - zu III 1 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Treuebruch Nr. 12; 19. Dezember 1983 - II ZR 71/83 - zu II 1 der Gründe, NJW 1984, 1529).

36

d) Führen die vom Arbeitnehmer verursachten Vermögensschäden hingegen nicht zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlage des Arbeitgebers, kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht den Rechtsmissbrauchseinwand entgegenhalten.

37

aa) Dies gilt unabhängig von der Größe und Finanzkraft des Arbeitgebers und auch unabhängig davon, ob die Vollstreckung aus einem Schadensersatztitel von vornherein aussichtslos erscheint, etwa weil der Arbeitnehmer vermögenslos ist. Ob die Berufung des Arbeitnehmers auf die ihm erteilte Versorgungszusage rechtsmissbräuchlich ist, hängt weder von der Finanzkraft des Unternehmens noch von der Vermögenssituation des Arbeitnehmers ab.

38

bb) Eine andere Bewertung ist auch dann nicht geboten, wenn die Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung nicht zum Tragen kommen, ein mitwirkendes Verschulden des Arbeitgebers von vornherein ausscheidet und ohne weiteres erkennbar ist, dass der angerichtete Schaden der Höhe nach den Barwert der Versorgungsanwartschaften (ggf. zzgl. eines Risikoaufschlags für eine längere Lebensdauer) deutlich übersteigt. Auch in diesem Fall sind die Interessen des Arbeitgebers mit der Möglichkeit, den Arbeitnehmer auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, hinreichend gewahrt. Über Schwierigkeiten bei der Berechnung und dem Nachweis eines Schadens hilft dem Arbeitgeber ggf. eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO hinweg. Zudem kann er ab Eintritt des Versorgungsfalls gegenüber dem Betriebsrentenanspruch des Arbeitnehmers aufrechnen und auf diesem Weg seine Schadensersatzforderung nahezu vollständig in Höhe des Wertes der Versorgungszusage realisieren.

39

(1) Zwar kann der Arbeitgeber gegen Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung eines Versorgungsempfängers nach Maßgabe des § 394 Satz 1 BGB grundsätzlich nur insoweit wirksam aufrechnen, als die Betriebsrentenansprüche der Pfändung unterworfen sind. Da es sich bei diesen Ansprüchen um Arbeitseinkommen iSv. § 850 Abs. 2 ZPO handelt, ist die Aufrechnungsmöglichkeit im Grundsatz beschränkt. Allerdings ist die Berufung auf das Aufrechnungsverbot des § 394 Satz 1 BGB nach dem Grundsatz des Rechtsmissbrauchs(§ 242 BGB) dann unzulässig, wenn der Arbeitgeber gegen eine Lohn- oder Ruhegehaltsforderung mit einer Schadensersatzforderung aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des früheren Arbeitnehmers aufrechnen will (vgl. ausführlich dazu BAG 18. März 1997 - 3 AZR 756/95 - zu III 2 der Gründe, BAGE 85, 274). In einem solchen Fall ist dem Versorgungsberechtigten lediglich das Existenzminimum zu belassen. Bei dessen Ermittlung ist an den im Unterhaltsrecht maßgebenden sog. notwendigen Selbstbehalt (§ 850d ZPO) anhand der jeweiligen Leitlinien zum Unterhaltsrecht der Familiensenate der Oberlandesgerichte anzuknüpfen, wobei auch anderweitige Einkünfte wie zB Einkünfte aus der gesetzlichen Rente - die regelmäßig bestehen - zulasten des Versorgungsberechtigten zu berücksichtigen sind (vgl. BAG 18. März 1997 - 3 AZR 756/95 - zu IV der Gründe, aaO).

40

(2) Eine andere Beurteilung ist auch dann nicht veranlasst, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Betriebsrente nicht nur für den Versorgungsfall „Alter“ zugesagt hat, sondern sich zugleich verpflichtet hat, bei Eintritt des Versorgungsfalls „Tod“ Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an die Hinterbliebenen des Arbeitnehmers zu zahlen.

41

(a) Haben sich die Hinterbliebenen selbst an dem Fehlverhalten des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber beteiligt, so kann der Arbeitgeber auch die Hinterbliebenen auf Schadensersatz in Anspruch nehmen und gegenüber deren Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung aufrechnen.

42

(b) Ist dies nicht der Fall, ist zwar fraglich, ob der Arbeitgeber gegenüber dem Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung mit einem Anspruch auf Schadensersatz gegen den vormaligen Arbeitnehmer aufrechnen kann.

43

Sagt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht nur eine Altersrente, sondern auch eine Hinterbliebenenversorgung zu, so handelt es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter (BGH 27. Februar 1961 - II ZR 60/59 - zu II der Gründe; BAG 26. August 1997 - 3 AZR 235/96 - zu A II 1 der Gründe, BAGE 86, 216; 29. Januar 1991 - 3 AZR 85/90 - zu III 2 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 13). Nach § 334 BGB stehen Einwendungen aus dem Vertrag dem Versprechenden(Arbeitgeber) auch gegenüber dem Dritten (Hinterbliebenen) zu. Allerdings ist die Aufrechnung des Versprechenden keine Einwendung aus dem Vertrag iSd. § 334 BGB(BGH 27. Februar 1961 - II ZR 60/59 - zu II der Gründe). Dies gilt trotz der Akzessorietät der Hinterbliebenenversorgung. Die Akzessorietät der Hinterbliebenenversorgung bedeutet lediglich, dass die Versorgungsansprüche der Hinterbliebenen auf dem Rentenstammrecht des Arbeitnehmers beruhen und von ihm abhängen (BAG 29. Januar 1991 - 3 AZR 85/90 - zu I 4 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 13). Dieser Grundsatz schränkt allerdings das Recht des Dritten aus dem Vertrag zugunsten Dritter nicht ein, weshalb den Hinterbliebenen die Hinterbliebenenversorgung allenfalls dann versagt werden könnte, wenn sich die Geltendmachung der Hinterbliebenenversorgung selbst als rechtsmissbräuchlich darstellen würde (vgl. BAG 29. Januar 1991 - 3 AZR 85/90 - zu III 2 der Gründe, aaO). Denn eine Ausnahme von dem für die Aufrechnung geltenden Grundsatz der Gegenseitigkeit der Forderungen kommt nach § 242 BGB nur in den Fällen in Betracht, in denen die Berufung auf die mangelnde Gegenseitigkeit der Forderungen gegen Treu und Glauben verstoßen und zu einem unbilligen Ergebnis führen würde. Dies hat der Bundesgerichtshof bislang nur für Fälle bejaht, in denen der Inhaber der Forderung, gegen die aufgerechnet wird, und der Schuldner der Forderung, mit der aufgerechnet wird, als eine Einheit behandelt werden müssen (vgl. 7. November 1957 - II ZR 280/55 - zu II der Gründe, BGHZ 26, 31) oder wenn Ansprüche und Gegenansprüche in einem derartigen wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, dass die Tatbestände, auf die sich die Ansprüche stützen, innerlich zusammengehören und es Treu und Glauben widersprechen würde, wollte eine Partei ihren Anspruch ohne Berücksichtigung des Gegenanspruchs durchsetzen (BGH 22. Oktober 1957 - VIII ZR 67/56 - zu III der Gründe, BGHZ 25, 360) oder wenn ein Treuhandverhältnis besteht (vgl. BGH 27. Februar 1989 - II ZR 182/88 - zu 2 d der Gründe, NJW 1989, 2386; 15. Januar 1990 - II ZR 164/88 - zu B III 3 b der Gründe, BGHZ 110, 47).

44

Es kann dahinstehen, ob diese Voraussetzungen bei dem Versprechen einer Hinterbliebenenversorgung vorliegen. Jedenfalls kann der Arbeitgeber gegen die Forderung auf Hinterbliebenenversorgung dann mit seiner Forderung auf Schadensersatz durch den vormaligen Arbeitnehmer (Versprechensempfänger) aufrechnen, wenn der Gläubiger der Hinterbliebenenversorgung auch Erbe ist (BGH 27. Februar 1961 - II ZR 60/59 - zu II der Gründe, MDR 1961, 481). Dies ist bei der Hinterbliebenenversorgung zumeist - wie auch hier - der Fall.

45

2. Danach konnte die Beklagte die dem vormaligen Kläger erteilte Versorgungszusage nicht mit der Begründung widerrufen, der Kläger habe ihr oder ihrer Rechtsvorgängerin durch grobes Fehlverhalten einen erheblichen Vermögensschaden zugefügt. Die Beklagte hat nicht geltend gemacht, sie oder ihre Rechtsvorgängerin sei durch Verfehlungen des vormaligen Klägers in eine existenzbedrohende Lage gebracht worden. Sie hat auch nicht behauptet, die Folgen der Pflichtverletzungen des vormaligen Klägers seien von einem Gewicht, das einer Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Grundlage oder derjenigen ihrer Rechtsvorgängerin gleichsteht.

46

II. Ob der Widerruf berechtigt war, weil der vormalige Kläger die Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaften erschlichen hatte, kann der Senat mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht beurteilen. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

47

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Berufung des Arbeitnehmers auf die Versorgungszusage rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB)und die Versorgungszusage kann widerrufen werden, wenn der Arbeitnehmer die Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaft nur durch Vertuschung schwerer Verfehlungen erschlichen hat. Das ist anzunehmen, wenn eine rechtzeitige Entdeckung derartiger Verfehlungen zur fristlosen Kündigung geführt hätte, bevor die Versorgungsanwartschaft unverfallbar werden konnte und der Arbeitnehmer den Arbeitgeber durch die Vertuschung des Fehlverhaltens daran gehindert hat, noch vor Eintritt der Unverfallbarkeit zu kündigen (vgl. BAG 8. Februar 1983 - 3 AZR 10/81 - zu I 3 der Gründe, BAGE 41, 338; 18. Oktober 1979 - 3 AZR 550/78 - zu III 1 b der Gründe, BAGE 32, 139; BGH 22. Juni 1981 - II ZR 146/80 - zu 3 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Treuebruch Nr. 3). Eine „Vertuschung“ in diesem Sinne kann auch darin liegen, dass sich der Arbeitnehmer seine Stellung in der Betriebshierarchie und die damit verbundene „Abhängigkeit“ anderer Mitarbeiter zunutze macht, um seine Pflichtverletzungen zu verschleiern (BAG 29. Januar 1991 - 3 AZR 85/90 - zu III 1 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 13; 8. Mai 1990 - 3 AZR 152/88 - zu III 2 a der Gründe, AP BetrAVG § 1 Treuebruch Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Rechtsmissbrauch Nr. 3; 24. April 1990 - 3 AZR 497/88 - zu II 2 a der Gründe, ZIP 1990, 1615; 19. Juni 1980 - 3 AZR 137/79 - zu I 1 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Treuebruch Nr. 2 = EzA BGB § 242 Ruhegeld Nr. 85; 18. Oktober 1979 - 3 AZR 550/78 - zu III 1 b der Gründe, BAGE 32, 139).

48

2. Die Versorgungsanwartschaft des vormaligen Klägers ist am 1. Januar 1988 unverfallbar geworden.

49

Der am 25. Dezember 1942 geborene vormalige Kläger war mit Wirkung zum 1. Januar 1973 in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der M M GmbH (später M GmbH) getreten. Die M GmbH hatte ihm mit Wirkung zum 1. Januar 1985 die in Rede stehende Versorgungszusage erteilt. Damit beurteilt sich der Eintritt der Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaften nach § 30f Abs. 1 iVm. § 1b BetrAVG.

50

Nach § 30f Abs. 1 BetrAVG ist § 1b Abs. 1 BetrAVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Anwartschaft erhalten bleibt, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, jedoch nach Vollendung des 35. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens zehn Jahre oder bei mindestens zwölfjähriger Betriebszugehörigkeit mindestens drei Jahre bestanden hat. Der vormalige Kläger hatte am 1. Januar 1988 das 35. Lebensjahr vollendet, der Beginn seiner Betriebszugehörigkeit lag zu diesem Zeitpunkt mindestens zwölf Jahre zurück und die Versorgungszusage hatte für ihn mindestens drei Jahre bestanden.

51

3. Für die Frage, ob der vormalige Kläger die Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaft durch Vertuschung schwerer Verfehlungen erschlichen hatte, deren rechtzeitige Aufdeckung die Rechtsvorgängerin der Beklagten zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor Eintritt der Unverfallbarkeit berechtigt hätte, kommen deshalb nur Verfehlungen des vormaligen Klägers in Betracht, die sich bis zum Eintritt der Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaft am 1. Januar 1988 ereignet haben. Auf derartige Verfehlungen hat sich die Beklagte lediglich im Hinblick auf die Vorgänge „ha“ und „Rollkarte machen“ berufen. Zum Vorgang „ha“ hat sie behauptet, die M GmbH habe ab Ende der 80er-Jahre Zahlungen an die Eheleute H erbracht, denen keine Leistungen zugrunde gelegen hätten. Zum Vorgang „Rollkarte machen“ hat sie Verfehlungen des vormaligen Klägers ab dem Jahr 1979 behauptet. Demgegenüber sind Pflichtverletzungen des vormaligen Klägers im Zusammenhang mit anderen Vorgängen („MKF“, „Artemide“, „Ri & He“) nicht von Bedeutung, da diese nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten nicht vor dem 1. Januar 1988 begangen wurden.

52

4. Sollte das Vorbringen der Beklagten zutreffen, dass die M GmbH ab Ende der 80er-Jahre auf Veranlassung des vormaligen Klägers Zahlungen an die Eheleute H erbracht hat, denen keine Leistungen zugrunde lagen, so spricht zwar viel dafür, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf diese Verfehlungen hätte stützen können. Die Beklagte könnte dem Versorgungsverlangen des vormaligen Klägers den Rechtsmissbrauchseinwand allerdings nur dann entgegenhalten, wenn die Verfehlungen sich ereignet hätten, bevor die Anwartschaft des vormaligen Klägers am 1. Januar 1988 unverfallbar wurde. Denn nur dann könnte sich der vormalige Kläger die Unverfallbarkeit seiner Anwartschaft erschlichen haben. Hierzu hat die Beklagte mit ihrem Vorbringen, die Pflichtverletzungen des vormaligen Klägers hätten sich ab Ende der 80er-Jahre zugetragen, bislang allerdings nicht hinreichend substantiiert vorgetragen.

53

Sollte der vormalige Kläger ab 1979 das System „Rollkarte machen“ praktiziert haben, indem er A-Ware willkürlich und fehlerhaft als B-Ware qualifiziert und diese Ware mit Hilfe des Sc auf eigene Rechnung verkauft hat, dürfte die Berufung auf das Versorgungsversprechen rechtsmissbräuchlich sein. In diesem Fall hätte die Rechtsvorgängerin der Beklagten das Arbeitsverhältnis mit dem vormaligen Kläger fristlos kündigen können, bevor dessen Anwartschaft am 1. Januar 1988 unverfallbar wurde. Zudem spricht alles dafür, dass sich der vormalige Kläger seine Stellung in der Betriebshierarchie und die damit verbundene „Abhängigkeit“ anderer Mitarbeiter zunutze gemacht hat, um seine Pflichtverletzungen zu verschleiern. Gleiches gilt, wenn sich das Fehlverhalten des vormaligen Klägers darauf beschränkt haben sollte, aufgearbeitete Ware, die tatsächlich A-Qualität hatte, willkürlich als B-Ware zu qualifizieren. In diesem Fall hätte der vormalige Kläger verkaufsfähige Ware als „Schrott“ ausgesondert und allein hierdurch die Rechtsvorgängerin der Beklagten unter Ausnutzung seiner Stellung in der Betriebshierarchie erheblich geschädigt.

54

5. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts unterliegt bereits deshalb der Aufhebung und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, weil das Landesarbeitsgericht den Sachverhalt im Hinblick auf das Vorbringen der Beklagten, der vormalige Kläger habe aufgearbeitete Ware, die tatsächlich A-Qualität hatte, willkürlich als B-Ware qualifiziert, nicht hinreichend aufgeklärt hat. Es hätte den von der Beklagten benannten Zeugen B, den es bereits zu einem anderen Beweisthema vernommen hatte, auch hierzu als Zeugen vernehmen müssen.

55

a) Das Landesarbeitsgericht hat insoweit ausgeführt, der Zeuge B habe zwar bei seiner Vernehmung ausgesagt, 95 % der aufgearbeiteten Geräte hätten A-Qualität gehabt, der vormalige Kläger habe jedoch etwa 50 % als B-Geräte qualifiziert. Ob dies tatsächlich zutreffe, lasse sich jedoch allein aufgrund dieser Aussage nicht feststellen. Es sei schon nicht ersichtlich, aufgrund welcher Überlegungen der Zeuge zu dieser Schlussfolgerung gelangt sei. Da die Beklagte keine nachvollziehbaren Tatsachen dazu vorgetragen habe, dass tatsächlich mehr aufgearbeitete Ware als A-Ware hätte qualifiziert werden müssen, sei es auch nicht möglich gewesen, dem Zeugen zu diesem Teil seiner Aussage weitere Fragen zu stellen. Der Zeuge B sei zudem zu einem anderen Beweisthema vernommen worden, nämlich zu der Behauptung der Beklagten, die vom vormaligen Kläger als B-Ware klassifizierte Ware sei mit einem Fahrzeug des Zeugen Sc abtransportiert worden.

56

b) Gegen diese Würdigung wendet sich die Revision mit Erfolg.

57

Das Landesarbeitsgericht durfte die vom Zeugen B gemachte Aussage nicht mit dieser Begründung unberücksichtigt lassen und von einer weiteren Beweisaufnahme absehen. Die Beklagte hatte mit ihrer Behauptung, der vormalige Kläger habe willkürlich verkaufsfähige Geräte, die als A-Ware hätten qualifiziert werden müssen, als B-Ware eingestuft und hierdurch erreicht, dass diese Ware als nicht mehr existente „Schrottware“ in das B-Lager verbracht wurde, hinreichend substantiiert zu einem erheblichen Fehlverhalten des vormaligen Klägers, das die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt hätte, bevor die Anwartschaft des vormaligen Klägers unverfallbar geworden war, vorgetragen. Es hätte deshalb dem Landesarbeitsgericht oblegen, den Zeugen zu diesem Beweisthema zu vernehmen und ihn im Rahmen der Beweisaufnahme nach weiteren Einzelheiten, insbesondere danach zu befragen, aufgrund welcher Überlegungen der Zeuge zu seiner Einschätzung gelangt war.

58

6. Im Rahmen der neuen Verhandlung wird das Landesarbeitsgericht ggf. auch aufzuklären haben, ob der vormalige Kläger die Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaft durch Vertuschung pflichtwidrigen Verhaltens im Zusammenhang mit dem Vorgang „ha“ erschlichen hat. Insoweit wird der Beklagten Gelegenheit zu geben sein, ihr bisheriges Vorbringen dazu, welche Verfehlungen der vormalige Kläger vor dem 1. Januar 1988 begangen haben soll, zu präzisieren.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Kaiser    

        

    Becker    

                 

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 31. Januar 2012 - 5 Sa 1560/10 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht Köln zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um einen Schmerzensgeldanspruch, den die Klägerin wegen „Mobbings“ geltend macht.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin vom 1. Juli 1996 bis zum 31. Mai 2010 beschäftigt, zuletzt als Leiterin einer Tankstelle in E. Diese hatte früher ihren Schwiegereltern gehört und war am 1. September 2009 von der Beklagten übernommen worden.

3

In diesem Zusammenhang vereinbarten die Parteien am 31. August 2009 ein bis zum 31. August 2010 befristetes Anstellungsverhältnis. § 12 des Arbeitsvertrages lautete:

        

㤠12 Verfallfristen

        

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

        

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“

4

Ab 16. November 2009 war die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 1. Dezember 2009 „fristgemäß“ zum 16. Dezember 2010 und, wegen der fehlerhaften Jahreszahl, vorsorglich unter dem 16. Dezember 2009 ein weiteres Mal zum 31. Dezember 2009. Im anschließenden Kündigungsschutzprozess verständigten sich die Parteien schließlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Mai 2010.

5

Die Klägerin erstattete Strafanzeige gegen ihren Vorgesetzten Em wegen „des Verdachts der Beleidigung und der sexuellen Belästigung“ und unterrichtete davon die Beklagte mit Schreiben vom 26. März 2010. Das Ermittlungsverfahren gegen den Vorgesetzten Em ist im November 2010 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Mit Eingang beim Arbeitsgericht am 30. August 2010 und Zustellung an die Beklagte am 9. September 2010 ist die vorliegende Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes erhoben worden. Die Klägerin hat behauptet, ihr Vorgesetzter Em habe sie fast täglich als „doof“, „blöd“ oder „unfähig“ bezeichnet, habe sie nicht vertragsgerechte Arbeiten verrichten lassen und ihr bewusst wahrheitswidrig unterstellt, Überstunden zu Unrecht abzurechnen. Nach einem Überfall auf die Tankstelle am 8. Oktober 2009 habe er ihr wie anderen Mitarbeitern vorgeworfen, zu blöd für die Ergreifung des Täters gewesen zu sein. Schließlich habe er die Klägerin gezwungen, bei der Vorführung eines Videos der Gruppe Rammstein mit dem Titel „Pussy Video“ anwesend zu sein.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, mit der Klageeinreichung am 30. August 2010 die vertragliche Ausschlussfrist eingehalten zu haben. Im Übrigen sei die Ausschlussklausel unwirksam, weil die Haftung für vorsätzlich verursachte Schäden nicht im Voraus erlassen oder beschränkt werden könne.

7

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 5.000,00 Euro zu zahlen.

8

Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte damit begründet, dass die Klägerin die wirksam vereinbarte Ausschlussfrist des Arbeitsvertrages nicht eingehalten habe. Im Übrigen hat sie die in der Sache von der Klägerin erhobenen Vorwürfe mit Gegendarstellungen bestritten.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist begründet. Dem von der Klägerin geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch steht jedenfalls nicht die in § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist entgegen. Wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen kann der Senat aber nicht selbst entscheiden. Die Sache ist daher an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 3 ZPO.

11

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages sei dahin auszulegen, dass die Ausschlussklausel auch die Haftung für vorsätzliches Verhalten eines Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen erfasse. Dies verstoße nicht gegen § 202 Abs. 1 BGB. Danach könne zwar die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Diese Vorschrift ergänze jedoch den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden könne. Dieser Grundsatz gelte aber nach § 278 Satz 2 BGB gerade nicht für den Ausschluss der Haftung für vorsätzliches Verhalten des Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen. Der Ausschluss einer solchen Haftung sei also möglich, die Ausschlussklausel allenfalls teilnichtig. § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages halte auch einer AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand. Insbesondere sei nicht gegen § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB verstoßen worden, da die Obliegenheit einer schriftlichen Geltendmachung keinen Haftungsausschluss und keine Haftungsbegrenzung enthalte. Die Klägerin habe im Sinne der ersten Stufe der somit wirksam vereinbarten Ausschlussfrist ihren Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht. Da § 167 ZPO hier keine Anwendung finde, komme es auf den Eingang der Klage beim Arbeitsgericht nicht an.

12

B. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, der Anspruch der Klägerin sei verfallen. Mit dieser vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden.

13

I. Eine rechtsfehlerfreie Auslegung der in § 12 Abs. 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages geregelten Ausschlussfrist ergibt, dass sie nicht vertragliche oder deliktische Ansprüche wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines Erfüllungs- bzw. Verrichtungsgehilfen der Beklagten erfasst.

14

1. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass es sich bei der streitgegenständlichen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt.

15

a) Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Da der Arbeitnehmer Verbraucher ist (BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 6), finden § 305c Abs. 2 und §§ 306, 307 bis 309 nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB grundsätzlich auch Anwendung, falls die Klausel nur zur einmaligen Verwendung bestimmt ist und der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf den Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB gelten Allgemeine Geschäftsbedingungen zudem als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher eingeführt wurden(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 20).

16

b) Danach ist die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, die Klausel stelle eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden; dies ist von der Klägerin auch nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen worden und daher für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO).

17

2. Bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegt die Auslegung des Arbeitsvertrages der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung durch den Senat (BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 23 mwN, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3).

18

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen Vertragspartners. Anhaltspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 965/11 - Rn. 24).

19

b) Danach ist eine Auslegung von § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages dahin gehend, dass die Parteien grundsätzlich auch Ansprüche wegen vorsätzlicher Vertragsverstöße und vorsätzlich begangener unerlaubter Handlungen durch die Ausschlussklausel erfassen wollten, nicht frei von Rechtsfehlern.

20

aa) Auf den zwischen den Parteien am 31. August 2009 geschlossenen Arbeitsvertrag findet das BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung Anwendung. Demzufolge kann gemäß § 202 Abs. 1 BGB die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Diese Vorschrift ergänzt den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden kann. § 202 Abs. 1 BGB erfasst nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen. Es handelt sich um eine Verbotsnorm iSv. § 134 BGB.

21

bb) Im Hinblick auf diese klare Gesetzeslage ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Vertragspartner mit solchen Vertragsklauseln keine Fälle anders als das Gesetz und unter Verstoß gegen die gesetzliche Verbotsnorm iSd. § 134 BGB regeln wollten. Vertragsklauseln, die nur in außergewöhnlichen, von den Vertragspartnern bei Vertragsabschluss nicht für regelungsbedürftig gehaltenen Fällen gegen das Gesetz verstoßen, sind wirksam (vgl. BGH 17. Februar 2011 - III ZR 35/10 - Rn. 10, BGHZ 188, 351; 23. November 2005 - VIII ZR 154/04 - zu II 2 b der Gründe; 10. Mai 1994 - XI ZR 65/93 - zu II 2 b der Gründe; Palandt/Grüneberg 72. Aufl. § 306 BGB Rn. 9; Schlewing NZA-Beilage 2012, 33, 34). Eine am Sinn und Zweck solcher Klauseln orientierte Auslegung ergibt, dass derartige Ausnahmefälle von der Klausel gar nicht erfasst werden sollen (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 6 der Gründe, BAGE 115, 19 = AP BGB § 310 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 3; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - zu II 4 der Gründe, BAGE 116, 66 = AP BGB § 307 Nr. 7 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 8).

22

cc) Der Senat hält an dieser von ihm bereits bestätigten Rechtsprechung fest (BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 31, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 200). Dass ein Arbeitgeber seine eigene Haftung für Vorsatz nicht ausschließen kann, ergibt sich, auch wenn es sich nicht um einen Formulararbeitsvertrag handelt, schon aus § 276 Abs. 3 BGB. Über den Gesetzeswortlaut hinaus verbietet § 202 Abs. 1 BGB nicht nur Vereinbarungen zur Verjährung von Ansprüchen wegen Vorsatzhaftung, sondern auch Ausschlussfristen, die sich auf eine Vorsatzhaftung des Schädigers beziehen(BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - aaO). Hinzu kommt, dass § 104 Abs. 1 SGB VII die Haftung des Arbeitgebers bei Arbeitsunfällen und Berufsunfähigkeit auf Vorsatz beschränkt, sie aber auch genau in diesen Fällen gerade nicht ausschließt. Daher spielt einerseits die Haftung des Arbeitgebers wegen Verletzung der Gesundheit des Arbeitnehmers in der Praxis keine große Rolle (Däubler/Bonin/Deinert/Däubler 3. Aufl. § 309 Nr. 7 Rn. 5; Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 309 Nr. 7 BGB Rn. 23); andererseits hat der Arbeitgeber grundsätzlich kein Interesse daran, einen gesetzwidrigen Haftungsausschluss für vorsätzlich verursachte Personenschäden zu vereinbaren, der in jedem Falle wegen § 134 BGB nichtig und bei Formulararbeitsverträgen zudem nach § 309 Nr. 7 Buchst. a BGB ohne Wertungsmöglichkeit unwirksam wäre. Bei der Vereinbarung einer Ausschlussfrist denken die Parteien eines Arbeitsvertrages vor allem an laufende Entgeltansprüche, also an Ansprüche des Arbeitnehmers, gegebenenfalls aber auch an Ansprüche des Arbeitgebers auf Rückzahlung überzahlten Arbeitsentgelts, nicht aber an vertragliche oder deliktische Ansprüche wegen Personenschäden (vgl. Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 309 Rn. 89 ff.; Bayreuther NZA 2005, 1337). Daher ist eine zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist dahin gehend auszulegen, dass sie nur die von den Parteien für regelungsbedürftig gehaltenen Fälle erfassen soll. Ohne besondere Hinweise im Einzelfall ist eine Anwendung auch auf die Fälle, die durch zwingende gesetzliche Verbote oder Gebote geregelt sind, regelmäßig gerade nicht gewollt. Ohne solche Besonderheiten kann auch nicht angenommen werden, die Ausschlussfrist beziehe sich auf Kriterien, die aufgrund von Rückausnahmen, hier § 278 Satz 2 BGB, ausnahmsweise doch regelbar seien.

23

dd) Nach § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders. Diese sogenannte Unklarheitenregel stellt bei objektiv mehrdeutigen Klauseln eine Auslegungshilfe dar, wonach in solchen Fällen die Interessen des Verwenders hinter denjenigen der anderen Partei zurücktreten sollen. Auf diese Unklarheitenregel kann nur zurückgegriffen werden, wenn nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden nicht behebbare Zweifel verbleiben (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 19). Derartige Zweifel bei der Auslegung bestehen im vorliegenden Fall nicht.

24

ee) Der Senat hat für tarifvertragliche Ausschlussfristen, die Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfassen, entschieden, dass solchen Tarifklauseln § 202 Abs. 1 BGB nicht entgegensteht, da das Gesetz die Erleichterung der Haftung wegen Vorsatzes nur „durch Rechtsgeschäft“ verbietet(BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 32 ff., EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 200). Da die Arbeitsvertragsparteien hier nicht auf einen Tarifvertrag Bezug genommen haben, braucht nicht entschieden zu werden, ob ein Rechtsgeschäft iSv. § 202 BGB dann ausscheidet, wenn ein Tarifvertrag aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel insgesamt Anwendung findet.

25

c) Sind von der vertraglich vereinbarten Ausschlussklausel Schadensersatzansprüche der in § 309 Nr. 7 oder § 202 Abs. 1 BGB erfassten Art nicht umfasst, so kommt es auf die weitere Frage, ob die Klausel nach § 309 Nr. 7 BGB unwirksam ist, nicht an.

26

II. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), weil der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO). Soweit das Berufungsgericht den Verfall eines eventuell bestehenden Schmerzensgeldanspruchs angenommen hat, hat es aus seiner Sicht folgerichtig nicht geprüft, ob die materiellen Voraussetzungen eines Anspruchs wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben sind. Ob die Rechte der Klägerin nach den von ihr behaupteten Mobbinghandlungen verletzt worden sind, muss das Landesarbeitsgericht aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilen. Diese Würdigung darf dem Berufungsgericht nicht entzogen werden (BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 63, BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6).

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

      

        

        

    Umfug    

        

    Andreas Henniger    

                 

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Die Anfechtung einer nach § 123 anfechtbaren Willenserklärung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.

(2) Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, im Falle der Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(3) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 182/06 Verkündet am:
6. November 2007
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 852 (Fassung bis 31. Dezember 2001)
Der Umstand, dass sich der Geschädigte erfolglos um die Rückzahlung einer Geldanlage
bemüht hat, führt auch dann nicht zu der für den Beginn der Verjährung erforderlichen
Kenntnis von den Tatbestandsmerkmalen der schädigenden Handlung
(hier: Betrug, § 263 StGB), wenn der Geschädigte vermutet, dass das Geld nicht in
der vereinbarten Anlageform verwendet worden ist.
BGH, Urteil vom 6. November 2007 - VI ZR 182/06 - OLG Bamberg
LG Bamberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. November 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 2. August 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 1 zurückgewiesen hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt vom Beklagten zu 1 (künftig: Beklagter) Schadensersatz für den Verlust einer Geldanlage.
2
Sie schloss am 17. August 1998 durch Vermittlung des Johann K. mit der GVP Finance (Suisse) S.A. (künftig: GVP) einen "Vermögensverwaltungsver- trag und Treuhandauftrag", mit dem sie 55.000,00 DM bei der GVP anlegte. Die Überweisung des Anlagebetrages erfolgte auf das Konto des Beklagten zu 1 bei der Banque et Caisse d'Épargne de l'État in Luxemburg. Die Gewinne von 8,25 % Verzinsung jährlich nebst einem Jahresbonus von 2,75 % sollten durch Nutzung der Differenz zwischen den Kapitalmarktzinsen erwirtschaftet werden.
3
Mit Anwaltsschreiben vom 31. Januar 2001 kündigte die Klägerin die Verträge. Eine Rückzahlung der Anlage erfolgte nicht.
4
Der Beklagte war Treuhänder der GVP sowie einer GVP Vermögensberatung GmbH und Geschäftsführer einer GVP Service s.a.r.l. Er wurde mit Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 3. Juni 2004, rechtskräftig seit 31. Mai 2005, wegen Betrugs in neun Fällen sowie eines Betrugs in 432 tateinheitlich begangenen Fällen und wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegenstand der Verurteilungen waren keine Straftaten zu Lasten der Klägerin; soweit solche angeklagt waren, sind sie im Verlauf des Strafverfahrens gemäß § 154 Abs. 1, 2 StPO eingestellt worden.
5
Die Klägerin wirft dem Beklagten vor, er habe zusammen mit dem Geschäftsführer zahlreicher GVP-Unternehmen, G., ein Schneeballsystem aufgebaut , dessen Opfer sie geworden sei. Die Gelder der Anleger seien dabei gezielt zweckentfremdet, die Neuanlagen seien für die Zahlung von Renditen und Boni der alten Anleger, für Verluste der GVP-Unternehmensgruppe, Betriebsausgaben und für persönliche Zwecke u.a. des Beklagten verbraucht worden. Ihre Kündigung vom 31. Januar 2001 sei erfolgt, weil ihr gerüchteweise Machenschaften der GVP bekannt geworden seien.
6
Sie begehrt die Anlagesumme in Höhe von 28.121,05 €, nicht ausgeschüttete Zinsen und den jeweiligen Jahresbonus für die Zeit vom 15. September 1998 bis 31. Januar 2001, entgangene Erträge von der Kündigung bis zum 1. August 2004 (Zinsen und Jahresbonus) sowie Rechtsverfolgungskosten , insgesamt 51.611,53 €.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin die behaupteten unerlaubten Handlungen des Beklagten nicht bewiesen habe. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, weil Ansprüche der Klägerin jedenfalls verjährt seien. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

8
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, vertragliche Beziehungen hätten nur zwischen der Klägerin und der GVP bestanden. Ein Anspruch der Klägerin aus einem TreuhandVertrag des Beklagten mit der GVP könne zwar bestehen, wenn der Beklagte für die Klägerin erkennbar als Mittelverwendungstreuhänder eingeschaltet gewesen oder ihr gegenüber als solcher aufgetreten sei. Letztlich könne das jedoch dahinstehen, weil der Beklagte sich erfolgreich auf Verjährung berufe. Die Verjährungsfrist für etwaige vertragliche Ansprüche der Klägerin betrage seit dem 1. Januar 2002 drei Jahre. Am 1. Januar 2002 habe die Klägerin bereits Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners gehabt. Die Kenntnis vom Schaden (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) habe die Klägerin spätestens im Jahre 2001 erlangt, als eine Rückzahlung ihrer Anlagegelder nach der Kündigung vom 31. Januar 2001 nicht erfolgt sei. Kenntnis vom Schädiger habe sie bereits im Zeitpunkt der Zahlung des Anlagebetrages auf das Konto des Beklagten gehabt; ihr sei aufgrund einer Mitteilung der GVP vom 27. August 1998 auch bekannt gewesen, dass dieses Konto ein Treuhandkonto gewesen sei. Mit Ablauf des 31. Dezember 2004 sei daher die Verjährungsfrist abgelaufen. Die am 17. Dezember 2004 eingereichte Klage habe die Verjährung nicht gehemmt. Sie sei erst am 16. Februar 2005, also nicht "demnächst" zugestellt worden.
9
Auch deliktische Ersatzansprüche der Klägerin wegen Beihilfe des Beklagten zur Untreue (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 266 Abs. 1, 27 Abs. 1 StGB) nach einer abredewidrigen Verwendung der eingezahlten Beträge seien verjährt. Es sei zwar unschädlich, dass das Strafurteil des Landgerichts Darmstadt vom 3. Juni 2004 zum Geldfluss des von der Klägerin eingezahlten Betrages keine Feststellungen getroffen habe. Insoweit habe der Beklagte darlegen müssen , dass er das eingezahlte Geld der Klägerin entsprechend den Vereinbarungen der Klägerin mit der GVP verwendet habe. Mangels einer solchen Darlegung gehe das Berufungsgericht davon aus, dass auch das von der Klägerin gezahlte Geld veruntreut worden sei und der Beklagte hierzu jedenfalls Beihilfe geleistet habe. Die Klägerin habe bereits Anfang 2001 Kenntnis vom Schaden und vom Schädiger gehabt, denn sie habe gewusst, dass sie das Geld auf das Konto des Beklagten eingezahlt habe und eine Rückzahlung trotz Kündigung nicht erfolgt sei. Auch müsse sie sich die Kenntnis ihrer im Dezember 2000 beauftragten Prozessbevollmächtigten in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Diesen sei im Zusammenhang mit anderen Mandatsverhältnissen bekannt geworden, dass der Beklagte das auf sein Konto geflossene Geld der Anleger nicht in der zugesagten Anlageform verwendet, sondern einem Schneeballsystem zugeführt habe. Das sei ausreichend für den Beginn der Verjährungsfrist spätestens im Frühjahr 2001 gewesen. Der Klägerin sei es zumutbar gewesen, zumindest eine Feststellungsklage zu erheben.

II.

10
Diese Erwägungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen durfte das Berufungsgericht die Klage nicht mit der Begründung abweisen, die Ansprüche der Klägerin seien verjährt.
11
1. Das Berufungsgericht nimmt an, deliktische Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 266 Abs. 1, 27 Abs. 1 StGB seien verjährt. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
12
a) Ohne Rechtsfehler geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die Frage des Verjährungsbeginns nach dem vor dem 1. Januar 2002 geltenden Recht zu beurteilen ist (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB).
13
b) Die Revision wendet sich nicht gegen die ihr günstige Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz zustehe.
14
c) Mit Recht geht das Berufungsgericht auch davon aus, dass es für den Beginn der Verjährung gemäß § 852 Abs. 1 BGB a. F. darauf ankommt, zu welchem Zeitpunkt die Klägerin von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat (vgl. Senat, Urteile vom 8. Januar 1963 - VI ZR 35/62 - VersR 1963, 285, 286; vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 379/02 - VersR 2004, 123; RGRK/Kreft, BGB, 12. Aufl., § 852 Rdn. 64).
15
§ 852 Abs. 1 BGB a. F. verlangt nicht die Kenntnis des Schadensvorgangs in allen Einzelheiten. Für den Verjährungsbeginn reicht im Allgemeinen eine solche Kenntnis aus, die es dem Geschädigten erlaubt, eine hinreichend aussichtsreiche - wenn auch nicht risikolose - Feststellungsklage zu erheben. Erforderlich ist, dass der Geschädigte über einen Kenntnisstand verfügt, der ihn in die Lage versetzt, eine auf eine deliktische Anspruchsgrundlage gestützte Schadensersatzklage schlüssig zu begründen (st. Rspr., vgl. Senat, Urteil vom 31. Januar 1995 - VI ZR 305/94 - VersR 1995, 551, 552 m.w.N.).
16
aa) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte die Klägerin Kenntnis vom Schaden spätestens im Jahre 2001 erlangt, nachdem ihr der Vermittler K. mitgeteilt hatte, dass "bei der GVP nichts mehr zu holen" sei und auf ihre Kündigung vom 31. Januar 2001 eine Rückzahlung des Anlagebetrages nicht erfolgt war.
17
bb) Sie hatte damals aber keine Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen. Das Berufungsgericht bejaht diese Kenntnis zwar deshalb, weil die Klägerin gewusst habe, dass sie den Anlagebetrag auf das Konto des Beklagten eingezahlt habe, und auch deshalb, weil sie sich in Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB die Kenntnis ihrer Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen müsse. Das hält rechtlicher Prüfung jedoch nicht stand.
18
(a) Allein aus dem Umstand, dass die Klägerin Geld auf das Konto des Beklagten eingezahlt hat, ergibt sich nichts dafür, dass sie dessen Namen und Anschrift so genau kannte, dass ihr eine Klageerhebung möglich war (vgl. zu den Voraussetzungen Senat, BGHZ 145, 358, 362 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2000 - VI ZR 345/99 - VersR 2001, 381, 382). Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
19
(b) Die Revision rügt auch mit Erfolg, eine Kenntnis der damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin von den wesentlichen Tatumständen einschließlich des Verschuldens des Schädigers sei deren Schreiben vom 16. August 2000 an das Amtsgericht Darmstadt nicht zu entnehmen. Die Würdigung des Schreibens der früheren Klägervertreter obliegt zwar in erster Linie dem Tatrichter. Das Revisionsgericht kann sie nur darauf überprüfen, ob sie gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 2007 - VIII ZR 37/06 - VersR 2007, 1084). Diese Voraussetzungen liegen jedoch vor. Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung nicht beachtet, dass der Wortlaut des Schreibens der Klägervertreter seine Schlussfolgerung nicht trägt.
20
Das Schreiben enthält den Antrag des damaligen Antragstellers A. an das Insolvenzgericht, über das Vermögen des Beklagten das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Dort schreibt der spätere Prozessbevollmächtigte der Klägerin, "nach ersten Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Darmstadt wurden die Gelder der Anleger jedoch nicht in der zugesagten Anlageform eingestellt bzw. die ausgezahlten Renditen und Boni sowie die Kapitalzahlungen von den Neuanlagen getätigt". Er teilt dann mit, dass der Beklagte "in diesem Zusammenhang" in Untersuchungshaft genommen worden sei und der Strafverteidiger erklärt habe, der Schuldner habe ihm gegenüber geäußert, er wisse nicht, wohin das Geld geflossen sei, er habe kein Geld und er wisse auch nicht, warum er in Untersuchungshaft genommen worden sei. Zahlungen könne er nicht leisten. Der Prozessbevollmächtigte vertritt dann die Ansicht, dass der Schuldner zahlungsunfähig sei; es hätten sich mehrere Geschädigte gemeldet, deren Forderungen zusammen mehrere Millionen DM ausmachten, und fährt fort: "Der Schuldner haftet den Gläubigern jedenfalls deliktisch wegen Betrugs und Veruntreuung". Diesem Wortlaut des Schreibens ist schon kein Anhaltspunkt für eine Kenntnis der ladungsfähigen Anschrift des Beklagten zu entnehmen; auch eine über eine Vermutung hinausgehende Kenntnis von Tatsachen, die einen Betrug oder eine Untreue des Beklagten zum Nachteil der Klägerin ergeben, ist dem Schreiben nicht zu entnehmen. Allein der Umstand, dass der damalige Gläubiger sich so wie die Klägerin erfolglos um die Rückzahlung des Geldes bemüht hatte, vermag allenfalls das Tatbestandsmerkmal "Schaden" nahe zu legen.
21
Zu den weiteren Tatbestandsmerkmalen des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 266, 27 StGB ist dem Schreiben ebenfalls nichts zu entnehmen, was auf eine Kenntnis der Klägerin oder ihres späteren Prozessbevollmächtigten hindeuten würde. Dass "nach ersten Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Darmstadt die Gelder der Anleger … nicht in der zugesagten Anlageform eingestellt bzw. die ausgezahlten Renditen und Boni sowie die Kapitalrückzahlungen von den Neuanlagen getätigt wurden", begründet keine für eine Feststellungsklage ausreichende Kenntnis der Klägerin von Handlungen des Beklagten, die eine vom Berufungsgericht bejahte Beihilfe zur Untreue aufzeigten. Welche Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft gemeint waren, blieb offen und ist nicht festgestellt. Dass der Beklagte die von den Anlegern eingezahlten Gelder nicht in der zugesagten Anlageform verwendet, sondern einem "Schneeballsystem" zugeführt habe, war lediglich eine Vermutung aufgrund "erster Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft" und ist einer Tatsachenkenntnis nicht gleichzusetzen.
22
Selbst wenn davon auszugehen sein sollte, dass der Beklagte darlegungspflichtig dazu wäre, wie der Geldfluss des von der Klägerin eingezahlten Betrages im Einzelfall gewesen sei und dass der Beklagte das Geld der Klägerin entsprechend seiner Vereinbarung mit der GVP weitergeleitet habe, durfte das Berufungsgericht nicht zu Lasten der Klägerin deren Kenntnis hiervon unterstellen und durfte auch nicht den Beginn der Verjährung daran anknüpfen. § 852 Abs. 1 BGB a. F. verlangt positive Kenntnis des Geschädigten, damit der Lauf der Verjährungsfrist in Gang gesetzt wird. Der bloße Verdacht steht einer Kenntnis nicht gleich. Das ist in der Rechtsprechung des erkennenden Senats seit langem anerkannt (vgl. Senat, Urteil vom 2. Februar 1960 - VI ZR 2/59 - VersR 1960, 365, 366). Erforderlich ist stets, dass der Geschädigte über einen Kenntnisstand verfügt, der ihn in die Lage versetzt, eine auf eine deliktische Anspruchsgrundlage gestützte Schadensersatzklage schlüssig zu begründen (vgl. Senat, Urteil vom 31. Januar 1995 - VI ZR 305/94 - VersR 1995, 551, 552; BGH, BGHZ 102, 246, 248). Dafür genügt nicht die Kenntnis, dass der Beklagte Inhaber eines Kontos war, auf das ein Geschädigter anzulegende Gelder überwiesen hat, die er nicht zurückerhalten hat. Anders als in dem der Entscheidung des erkennenden Senats vom 15. Oktober 1991 (- VI ZR 280/90 - VersR 1992, 207 f.) zugrunde liegenden Sachverhalt, hatte hier die Klägerin auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen keine positive Kenntnis davon, dass der Beklagte die vereinnahmten Kundengelder entgegen einer vertraglichen Vereinbarung der Kunden mit der GVP nicht angelegt, sondern mit diesem Geld die ausgezahlten Renditen anderer Anleger und Kapitalrückzahlungen von Neuanlagen getätigt hatte.
23
Reichen mithin die im Schreiben vom 16. August 2000 erwähnten Umstände für eine positive Kenntnis nicht aus, so kann dahinstehen, ob sich die Klägerin eine Kenntnis ihrer späteren Prozessbevollmächtigten überhaupt zurechnen lassen müsste (vgl. Senat, Urteile vom 9. Februar 1955 - VI ZR 40/54 - VersR 1955, 234; vom 16. Mai 1989 - VI ZR 251/88 - VersR 1989, 914; vom 15. Oktober 1991 - VI ZR 280/90 - VersR 1992, 207; BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92 - VersR 1993, 1358, 1362).
24
2. Auch soweit das Berufungsgericht vertragliche Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten für verjährt hält, hält das einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin aus Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte für möglich gehalten, diese Frage letztlich aber offen gelassen, weil es auch insoweit Verjährung angenommen hat. Das geht gleichfalls fehl.
25
a) Das Berufungsgericht erkennt, dass etwaige Ansprüche der Klägerin aus einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte am 1. Januar 2002 noch nicht verjährt waren (§§ 195, 198 BGB a. F.; Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Die Frist für die Verjährung etwaiger vertraglicher Ansprüche beträgt hiernach drei Jahre (§ 195 BGB n. F.) und könnte frühestens vom 1. Januar 2002 an gerechnet werden (Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB).
26
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts begann der Lauf dieser Verjährungsfrist jedoch nicht mit dem 1. Januar 2002. Die Klägerin hatte zu diesem Zeitpunkt zwar möglicherweise die erforderliche Kenntnis von der Person des Schuldners (wobei eine Kenntnis von dessen ladungsfähiger Anschrift bislang nicht festgestellt ist, vgl. Senat, BGHZ 145, 358, 362 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2000 - VI ZR 345/99 - aaO), nicht aber die erforderliche Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen.
27
aa) Die Klägerin hat den Anlagebetrag nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auf das Treuhandkonto des Beklagten eingezahlt. Kenntnis vom Schaden hat die Klägerin erlangt, als sie ihr Geld trotz Kündigung der Anlage am 31. Januar 2001 in der Folgezeit nicht zurückerhalten hat.
28
bb) Das Berufungsgericht hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen , aus welchem Grund bereits das Unterbleiben der Rückzahlung der Klägerin die Kenntnis davon verschafft haben soll, dass der Beklagte die ihm aus dem mit der GVP zugunsten der Klägerin abgeschlossenen Vertrag obliegenden Pflichten verletzt und dadurch den Schaden verursacht habe. Allein der Umstand , dass der Beklagte als Treuhänder für die GVP tätig war, reicht hierfür nicht aus, wenn der Beklagte nicht auch Treuhänder der Klägerin war. Das hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt. Wenn die Klägerin hiernach aus einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte berechtigt gewesen sein sollte, müsste sie den Inhalt des Vertrages zwischen dem Beklagten und der GVP gekannt haben, um Kenntnis von der Verletzung derjenigen Vorschriften zu haben , die ihren - der Klägerin - Schutz bewirken sollten; zugleich hätte sie Kenntnis von der Verletzung dieser Pflichten haben müssen. Dazu fehlen Feststellungen. Deshalb vermag der Senat auf der Grundlage der derzeitigen Feststellungen nicht davon auszugehen, dass auch etwaige vertragliche Schadensersatzansprüche der Klägerin verjährt sind.
29
3. Nach allem ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
30
Für den erneut eröffneten Berufungsrechtszug weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass es für die Annahme eines Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte nicht darauf ankommt, was die Vertragsparteien letztlich beabsichtigt haben , sondern darauf, wie ihre auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen nach dem objektiven Erklärungsgehalt zu verstehen sind. Ob ein rechtsgeschäftlicher Wille zur Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des Vertrags besteht, hat der Tatrichter nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu ermitteln. Er wird dabei insbesondere zu berücksichtigen haben, ob ein treuwidrig entgegenstehender Wille der Vertragsparteien Beachtung finden kann. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Bamberg, Entscheidung vom 18.11.2005 - 2 O 744/04 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 02.08.2006 - 3 U 356/05 -

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

17
c) Dem Kläger kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch keine grobfahrlässige Unkenntnis einer Beteiligung des Beklagten vorgeworfen werden. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat (BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 28). Die tatrichterliche Beurteilung, ob einer Partei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt, bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen oder gegen Denkge- setze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen hat (BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 27 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat bei seiner Bewertung, die Unkenntnis des Klägers sei grobfahrlässig , wesentliche Umstände außer Acht gelassen und Vortrag des Klägers übergangen.

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.

19
Allerdings muss sich der Anspruchsinhaber das Wissen eines Dritten entsprechend § 166 Abs. 1 BGB und mit Rücksicht auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) dann als eigenes Wissen zurechnen lassen, wenn er den Dritten mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut , insbesondere ihm im Zusammenhang mit der Verfolgung des Anspruchs die Kenntnisnahme von bestimmten Tatsachen oder die Vornahme der erforderlichen Tatsachenfeststellungen übertragen hat; in diesen Fällen ist der Dritte als "Wissensvertreter" des Anspruchsinhabers zu behandeln (s. Senatsurteil vom 29. Januar 1968 aaO S. 988 f; BGH, Urteile vom 20. Januar 1976 - VI ZR 15/74, NJW 1976, 2344 f; vom 16. Mai 1989 aaO S. 2323 mwN; vom 15. Oktober 1992 aaO; vom 18. Januar 1994 - VI ZR 190/93, NJW 1994, 1150, 1151; vom 4. Februar 1997 - VI ZR 306/95, BGHZ 134, 343, 347 f; vom 19. März 1997 aaO und vom 23. Januar 2007 aaO S. 11 f Rn. 35; vgl. auch Senatsurteil vom 20. Oktober 2011 - III ZR 252/10, NJW 2012, 447, 448 Rn. 12; BGH, Urteil vom 25. März 1982 - VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 296). Die hierauf gegründete Zurechnung umfasst nicht nur das positive Wissen des Wissensvertreters, sondern auch seine leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis (vgl. Senatsurteil vom 20. Oktober 2011 aaO S. 449 Rn. 21; BGH, Urteil vom 16. Mai 1989 aaO S. 2323 f).

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 232/02 Verkündet am:
30. September 2003
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
BGB §§ 254 Ea, 989, 990
Zum Einwand des Mitverschuldens gegenüber Schadensersatzansprüchen wegen
grob fahrlässiger Hereinnahme abhanden gekommener Schecks.
BGH, Urteil vom 30. September 2003 - XI ZR 232/02 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 30. September 2003 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die
Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 22. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 7. Juni 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Anschlußrevision der Beklagten wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Aktiengesellschaft verlangt von der beklagten Sparkasse Schadensersatz, weil diese bei der Hereinnahme von 59 Inhaber- bzw. Orderverrechnungsschecks zur Einziehung grob fahrlässig nicht erkannt habe, daß die Schecks abhanden gekommen seien.
In der Zeit von 1989 bis 1996 reichte ein Angestellter der Klägerin, der u.a. für Logistik und Lagerverwaltung zuständig war, der Beklagten die Schecks zur Einziehung auf sein privates Girokonto ein und hob die gutgeschriebenen Scheckbeträge ab. Die Klägerin hat vorgetragen, der Angestellte habe ihr durch die Vorlage fingierter Rechnungen von Geschäftspartnern Verbindlichkeiten vorgetäuscht und sie dadurch zur Ausstellung und Aushändigung der Schecks veranlaßt. Bei der Hereinnahme der Schecks habe die Beklagte, insbesondere wegen der Disparität zwischen den Scheckbegünstigten und dem Scheckeinreicher, grob fahrlässig gehandelt. Die Beklagte hat ein Abhandenkommen der Mehrzahl der Schecks bestritten, ein grob fahrlässiges Verhalten in Abrede gestellt und ein überwiegendes Mitverschulden der Klägerin eingewandt.
Das Landgericht hat der in erster Instanz nur wegen fünf Schecks erhobenen Klage in Höhe von 398.531,25 DM nebst Zinsen zur Hälfte stattgegeben. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin zusätzlich Schadensersatz wegen des Abhandenkommens weiterer 54 Schecks verlangt und insgesamt Zahlung von 3.938.032,55 DM nebst Zinsen begehrt. Das Berufungsgericht hat der Klage in Höhe von insgesamt 683.403,56 (= 1.336.621,18 DM) nebst Zinsen stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Der Senat hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläge-
rin ihre Revision, mit der sie ihre Klageforderung in voller Höhe weiterverfolgt , zugelassen und die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte begehrt mit der Anschlußrevision die vollständige Abweisung der Klage bzw. Zurückweisung der Berufung.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlußrevision der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Das in erster Instanz geltend gemachte Schadensersatzbegehren sei gemäß Art. 21 ScheckG i.V. mit §§ 989, 990 BGB in voller Höhe begründet. Die zugrunde liegenden fünf Inhaberverrechnungsschecks seien der Klägerin abhanden gekommen und von der Beklagten grob fahrlässig zur Einziehung hereingenommen worden. Der Beklagten habe auffallen müssen, daß die Schecks erhebliche Beträge aufwiesen und über ein Privatkonto eingezogen wurden, auf dem außer häufigen Scheckeinzahlungen und Abhebungen erheblicher Beträge praktisch keine Umsätze stattfanden. Die Beklagte, die gewußt habe, daß der einreichende Ange-
stellte der Klägerin kein selbständiger Kaufmann gewesen sei, habe ferner erkennen müssen, daß den Schecks Handelsgeschäfte zwischen Kaufleuten zugrunde lagen. Hinzu komme, daß es im Zeitpunkt der Einreichung der Schecks im kaufmännischen Geschäftsverkehr nicht mehr üblich gewesen sei, Inhaberverrechnungsschecks zahlungshalber weiterzugeben.
Den Beweis eines Mitverschuldens der Klägerin und dessen Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden habe die beweispflichtige Klägerin (richtig: Beklagte) nicht geführt. In dem eingeholten Sachverständigengutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft werde nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, daß die innerbetriebliche Organisation der Klägerin zwar Mängel und Unzulänglichkeiten aufgewiesen habe, daß aber angesichts der erheblichen kriminellen Energie und Raffinesse des Angestellten der Klägerin nicht davon ausgegangen werden könne, daß dessen betrügerische Manipulationen durch ein branchenübliches , den wirtschaftlichen und personellen Verhältnissen der Klägerin angemessenes Kontrollsystem hätten verhindert oder früher entdeckt werden können. An der Richtigkeit dieser plausiblen und nachvollziehbaren Ausführungen bestehe kein Zweifel. Die fachliche Kompetenz des Gutachters stehe außer Frage.
Die Klageerweiterung im Berufungsverfahren sei zulässig, aber nur teilweise begründet. Von den zugrunde liegenden Inhaber- und Orderverrechnungsschecks seien der Klägerin nur 16 mit einem Gesamtwert von 938.090 DM abhanden gekommen. Bei den weiteren 38 Schecks sei das nicht der Fall. Da sie Indossamente der von der Klägerin angegebenen Scheckbegünstigten aufwiesen, sei von wirksamen Begebungsverträgen
zwischen der Klägerin als Ausstellerin und den Begünstigten als ersten Scheckempfängern auszugehen. Für eine Fälschung der Indossamente fehle jegliches substantiiertes Vorbringen der Klägerin.

II.


1. Revision der Klägerin

a) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage teilweise abgewiesen hat, ist rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat an die Substantiierung des klägerischen Sachvortrags zur Fälschung der Indossamente der Scheckbegünstigten überzogene Anforderungen gestellt.
aa) Sachvortrag ist erheblich, wenn Tatsachen vorgetragen werden , die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, den geltend gemachten Anspruch zu begründen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2000 - VI ZR 236/99, NJW 2000, 3286, 3287, m.w.Nachw.). Die Angabe näherer Einzelheiten ist grundsätzlich nur erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolge von Bedeutung sind, wenn der Vortrag infolge der Einlassung des Gegners unklar wird oder wenn die Angabe weiterer Umstände erforderlich ist, um dem Gegner die Nachprüfung der behaupteten Tatsachen und den Antritt von Gegenbeweisen zu ermöglichen (BGH, Urteile vom 21. Januar 1999 - VII ZR 398/97, WM 1999, 1178 und vom 26. Mai 1999 - VIII ZR 123/98, WM 1999, 1986, 1989).
bb) Gemessen hieran ist der Vortrag der Klägerin hinreichend substantiiert. Sie hat unter Benennung von Zeugen behauptet, daß sämtliche Indossamente gefälscht seien. Zur Konkretisierung hat sie ausgeführt, daß in dem rechtskräftigen Strafurteil gegen ihren betrügerischen Angestellten Fälschungen von Indossamenten festgestellt worden seien. Hierzu hat sie eine Gegenüberstellung der Mehrzahl der streitgegenständlichen Schecks mit den in dem Strafurteil behandelten Schecks vorgelegt. Im Strafurteil, das das Berufungsgericht, zusammen mit den Strafakten, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat, wird im einzelnen festgestellt, daß der Angestellte der Klägerin die Indossamente der Begünstigten auf der Mehrzahl der Schecks gefälscht und anschließend sein eigenes Blankoindossament hinzugefügt hat.
Weitere Einzelheiten brauchte die Klägerin auch deshalb nicht vorzutragen , weil nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht ersichtlich ist, wie die Schecks, wenn sie nicht abhanden gekommen, sondern wirksam an die Begünstigten begeben worden sein sollten, wieder an den betrügerischen Angestellten, der sie unstreitig der Beklagten zur Einziehung eingereicht hat, gelangt sein könnten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war es im kaufmännischen Geschäftsverkehr unüblich, Schecks zahlungshalber weiterzugeben.

b) Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Grobe Fahrlässigkeit der Beklagten im Sinne des Art. 21 ScheckG kann, anders als die Revisionserwiderung meint, nicht allein deshalb verneint werden, weil die hereingenommenen Schecks teilweise eine formell ordnungsgemäße Indossamentenkette aufwiesen und die Beklagte die Indossamente nicht auf ihre Echtheit
prüfen mußte. Trotz formeller Ordnungsmäßigkeit der Indossamentenkette hat eine Bank zur Vermeidung grober Fahrlässigkeit die sachliche Berechtigung des Einreichers zu prüfen, wenn Umstände nach der Lebenserfahrung den Verdacht nahe legen, der Scheck könne abhanden gekommen und vom Einreicher auf unredliche Weise erlangt worden sein (vgl. Nobbe, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 61 Rdn. 196). Dies ist nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auszuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Februar 2000 - XI ZR 186/99, WM 2000, 812, 813).

c) Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), soweit zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist. Das Berufungsgericht wird nunmehr die zum schlüssigen Vortrag der Klägerin, die Schecks seien ihr abhanden gekommen und teilweise mit gefälschten Indossamenten versehen worden, angetretenen Beweise zu erheben haben.
2. Anschlußrevision der Beklagten

a) Die Anschlußrevision ist zulässig.
aa) Dem steht nicht entgegen, daß das Berufungsgericht die Revision der Beklagten nicht zugelassen und der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zurückgewiesen hat (§ 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO; vgl. auch Begr. RegE ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722, S. 107 f.; BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, NJW 2003, 2525). Die Zulässigkeit der Anschlußrevision ist auch nicht davon abhängig, ob sie
denselben Streitstoff betrifft, auf den sich die Zulassung der Revision der Klägerin bezieht (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 aaO, m.w.Nachw.).
bb) Ob eine Anschlußrevision nur zulässig ist, wenn zwischen ihrem Streitgegenstand und dem der Hauptrevision ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang besteht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 aaO, m.w.Nachw.), bedarf keiner Entscheidung. Ein solcher Zusammenhang ist im vorliegenden Fall gegeben. Die Anschlußrevision , mit der die Beklagte den Einwand des Mitverschuldens geltend macht, betrifft ebenso wie die Revision den Schadensersatzanspruch gemäß Art. 21 ScheckG i.V. mit §§ 989, 990 BGB.

b) Die Anschlußrevision ist unbegründet. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage teilweise als begründet angesehen hat, hält rechtlicher Überprüfung stand.
aa) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Abhandenkommen der Schecks und zur groben Fahrlässigkeit der Beklagten bei ihrer Hereinnahme sind rechtsfehlerfrei, entsprechen, soweit sie die grobe Fahrlässigkeit mit der Disparität zwischen Schecknehmer und -einreicher begründen, der Rechtsprechung des Senats (vgl. für Inhaberverrechnungsschecks : Urteil vom 17. Juli 2001 - XI ZR 362/00, WM 2001, 1666, 1667 und für Orderverrechnungsschecks: Urteil vom 15. Februar 2000 - XI ZR 186/99, WM 2000, 812, 813, jeweils m.w.Nachw.) und werden von der Anschlußrevision nicht angegriffen.
bb) Die Klageforderung ist, anders als die Anschlußrevision meint, nicht gemäß § 254 BGB gemindert oder ausgeschlossen.

(1) Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Klägerin sei kein schadensursächliches Organisationsverschulden in Form eines mangelhaften internen Kontrollsystems anzulasten, hält rechtlicher Überprüfung stand.
(a) Das Berufungsgericht hat diese Auffassung in einer § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO genügenden Weise begründet. Hiernach sind die für die Überzeugungsbildung des Tatrichters wesentlichen Gesichtspunkte darzulegen, um dem Revisionsgericht die Überprüfung zu ermöglichen, ob alle Umstände vollständig berücksichtigt sind und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen worden ist (BGH, Urteile vom 17. November 1998 - VI ZR 32/97, NJW 1999, 423, 424 und vom 7. März 2001 - X ZR 176/99, LM ZPO § 286 (A) Nr. 79). Diese Darlegungen enthält das Berufungsurteil. Das Berufungsgericht hat klar zum Ausdruck gebracht, daß seine Überzeugung auf dem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten beruht, das es sich aufgrund eigener Würdigung des Streitstoffes zu eigen gemacht hat. Die nähere Darlegung dieser Würdigung in allen Einzelheiten war nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2001 - X ZR 176/99, LM ZPO § 286 (A) Nr. 79).
(b) Daß das Berufungsgericht seine Überzeugungsbildung entscheidend auf das Sachverständigengutachten gestützt hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Gutachten ist entgegen der Auffassung der Anschlußrevision nicht unvollständig und gibt auch keinen Anlaß zu Zweifeln an seinen Feststellungen. Der Sachverständige vertritt aufgrund seiner eigenen Erfahrung und unter Berufung auf das Institut der Wirtschaftsprüfer mit eingehender Begründung die Auffassung, daß auch ein
sachgerecht gestaltetes internes Kontrollsystem nicht in jedem Fall Un- terschlagungen verhindern könne. Bezogen auf den vorliegenden Fall nimmt er an, daß sachgerechte Kontrollen die Straftaten des Angestellten der Klägerin weder verhindert noch früher aufgedeckt hätten. Nach Auffassung des Sachverständigen spricht angesichts der kriminellen Energie des Angestellten - die durch dessen rechtskräftige Verurteilung zu langjähriger Freiheitsstrafe belegt ist - vieles dafür, daß auch bei optimierten Kontrollen im Ergebnis der geltend gemachte Schaden entstanden wäre. Diese Ausführungen begründen, anders als die Anschlußrevision meint, keine Zweifel an den Feststellungen des Sachverständigen, sondern bringen Zweifel an der Kausalität des unsachgemäßen Kontrollsystems der Klägerin für den Schaden zum Ausdruck. Aufgrund dieser Zweifel hat das Berufungsgericht die Kausalität rechtsfehlerfrei nicht als erwiesen angesehen.
Der Inhalt des Sachverständigengutachtens gab dem Berufungsgericht mithin auch keinen Anlaß, von Amts wegen auf eine Ergänzung hinzuwirken oder ein weiteres Gutachten einzuholen. Einen dahingehenden Antrag hat die Beklagte nicht gestellt, obwohl das Berufungsgericht ihr ausdrücklich Gelegenheit gegeben hatte, eine mündliche Erläuterung des Gutachtens zu beantragen.
(c) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, daß die Beklagte die Beweislast für die Kausalität des unzureichenden Kontrollsystems für den Schaden der Klägerin trägt. Die Beweislast für die zur Anwendung des § 254 BGB führenden Umstände, mithin auch für die Ursächlichkeit eines Mitverschuldens, trägt der Schädiger (BGHZ 91, 243, 260; vgl. auch BGH, Urteil vom 30. Mai 2001 - VIII ZR 70/00, WM 2001,
2010, 2012). Die Anschlußrevision zieht dies nicht in Zweifel, meint aber, die Frage, ob bei einem ausreichenden Kontrollsystem der gleiche Schaden entstanden wäre, betreffe nicht die Ursächlichkeit des Mitverschuldens , sondern den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens. Dies trifft nicht zu. Die Frage, ob ein hypothetisches rechtmäßiges Alternativverhalten den Schaden ebenso herbeigeführt hätte, stellt sich erst, wenn die Ursächlichkeit des tatsächlichen Verhaltens feststeht. Dies ist hier gerade nicht der Fall.
(2) Ein schadensursächliches Mitverschulden ist entgegen der Ansicht der Anschlußrevision auch unter keinem anderen Gesichtspunkt gegeben.
(a) Die Klägerin trifft nicht etwa deshalb ein eigenes Mitverschulden an der Schadensentstehung, weil sie nach der Belastung ihres Girokontos mit den Scheckbeträgen die Beklagte als Inkassobank nicht rechtzeitig vor der Auszahlung an ihren Angestellten gewarnt hat. Dieses Verhalten war nicht sorgfaltswidrig, weil der Klägerin das Abhandenkommen der Schecks bis zu den Abhebungen nicht bekannt war und auch nicht bekannt sein mußte.
(aa) Daß sie sich diese Kenntnis durch ein sachgerechtes Kontrollsystem hätte verschaffen können, hat das Berufungsgericht - wie dargelegt - rechtsfehlerfrei nicht festgestellt.
(bb) Die Kenntnis ihres betrügerischen Angestellten vom Abhandenkommen der Schecks muß sich die Klägerin nicht in entsprechender Anwendung des § 166 BGB zurechnen lassen. Der Angestellte ist im
Verhältnis zur Beklagten nicht Wissensvertreter der Klägerin. Er war bei der Klägerin für den Geschäftsverkehr mit Kreditinstituten nicht zuständig und nicht gehalten, sein aus der Straftat zum Nachteil der Klägerin resultierendes Wissen für den insoweit zuständigen Mitarbeiter verfügbar zu machen.
(b) Das Verschulden ihres betrügerischen Angestellten ist der Klägerin gemäß §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 Satz 1 bzw. § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zurechenbar. Ob das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, das zwischen den Parteien infolge der Hereinnahme der Schecks durch die Beklagte bestand, eine Sonderbeziehung ist, die die Anwendung des § 278 BGB rechtfertigt (verneinend: RGZ 119, 152, 155 f.; s. auch BGH, Urteil vom 31. Mai 1965 - II ZR 89/63, WM 1965, 741, 743; bejahend: KG WM 1995, 241, 245 und die herrschende Lehre, vgl. die Nachweise bei Staudinger/Gursky, BGB 13. Bearbeitung Vorbem. zu §§ 987-993 Rdn. 28 und § 989 Rdn. 31), bedarf keiner Entscheidung. Die Klägerin hat sich dieses Angestellten jedenfalls nicht zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber der Beklagten bedient. Der Angestellte hat bei der Begehung seiner Straftaten schon deshalb nicht in Erfüllung von Pflichten der Klägerin gehandelt, weil diese selbst Pflichtverletzungen durch Straftaten zu ihrem eigenen Nachteil nicht begehen konnte (vgl. Senat, Urteil vom 13. Mai 1997 - XI ZR 84/96, WM 1997, 1250, 1251). Zur Erfüllung etwaiger Warn- und Hinweispflichten gegenüber der Beklagten vor Auszahlung der Scheckbeträge hat sich die Klägerin nicht des betrügerischen Angestellten bedient. Dieser war weder in der Buchhaltung tätig noch sonst für den Geschäftsverkehr mit Kreditinstituten zuständig. Eine Zurechnung gemäß § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil der Angestellte, soweit er eine Warnung an die Beklagte
unterließ, nicht in Ausführung einer Verrichtung, zu der die Klägerin ihn bestellt hatte, handelte.

c) Die Anschlußrevision war demnach als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

8
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Anrechnung von Steuervorteilen grundsätzlich nicht in Betracht, wenn die Rückabwicklung des Erwerbs zu einer Besteuerung führt, die dem Geschädigten die erzielten Steuervorteile wieder nimmt (vgl. nur BGH, Urteil vom 22. März 1979 - VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103, 114; Urteile vom 17. November 2005 - III ZR 350/04, WM 2006, 174, 175, vom 30. November 2007 - V ZR 284/06, WM 2008, 350 Rn. 11, vom 6. März 2008 - III ZR 298/05, WM 2008, 725 Rn. 28, vom 19. Juni 2008 - VII ZR 215/06, WM 2008, 1757 Rn. 7, vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, WM 2010, 1310 Rn. 25 sowie vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, WM 2010, 1641 Rn. 35 ff. und vom 20. Juli 2010 - XI ZR 465/07, WM 2010, 1555 Rn. 22, beide zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Da das Gericht über die Höhe des Schadens unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung zu entscheiden hat (§ 287 Abs. 1 ZPO) und eine exakte Errechnung von Steuervorteilen unter Gegenüberstellung der tatsächlichen mit der hypothetischen Vermögenslage angesichts der vielfältigen Besonderheiten und Möglichkeiten der konkreten Besteuerung und ihrer unterschiedlichen Entwicklung in verschiedenen Besteuerungszeiträumen häufig einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert, müssen in der Regel keine Feststellungen dazu getroffen werden, in welcher genauen Höhe sich die Versteuerung der Schadensersatzleistung auswirkt (vgl. BGH, Urteile vom 17. November 2005 - III ZR 350/04, WM 2006, 174, 175, vom 6. März 2008 - III ZR 298/05, WM 2008, 725 Rn. 28, vom 30. November 2007 - V ZR 284/06, WM 2008, 350, Rn. 13, vom 19. Juni 2008 - VII ZR 215/06, WM 2008, 1757 Rn. 13 und vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, WM 2010, 1641 Rn. 36 f.).

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Ist wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Von der Erteilung der Restschuldbefreiung werden nicht berührt:

1.
Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat, oder aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist; der Gläubiger hat die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Absatz 2 anzumelden;
2.
Geldstrafen und die diesen in § 39 Abs. 1 Nr. 3 gleichgestellten Verbindlichkeiten des Schuldners;
3.
Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 70/08
vom
10. März 2011
in der Zwangsvollstreckungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Sowohl die Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs auf Zahlung von Verzugszinsen
als auch wegen der Ansprüche auf Erstattung von Prozesskosten und Kosten
der Zwangsvollstreckung unterfällt dem Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2
ZPO, wenn diese Ansprüche Folgen der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung
sind.
BGH, Beschluss vom 10. März 2011 - VII ZB 70/08 - LG Hannover
AG Hannover
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. März 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Dr. Kuffer, Bauner,
Dr. Eick und Prof. Leupertz

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Gläubigers wird der Beschluss der 55. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 11. Juli 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1
Der Gläubiger hat am 19. Mai 2008 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkt, durch den unter anderem die angeblichen Ansprüche des Schuldners auf Zahlung der nach dem Sozialgesetzbuch fällig werdenden laufenden Geldleistungen gegen den Drittschuldner zu 1 gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen worden sind.
2
Der Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Versäumnisurteil des Amtsgerichts N. vom 4. Januar 2008 unter anderem wegen 102,09 € Hauptforderung, außergerichtlicher Schadenskosten in Höhe von 17 €, außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 39 € und Zinsen hieraus, aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts N. vom 27. Februar 2008 wegen festgesetzter Kosten des Hauptsacheverfahrens in Höhe von 112,75 € nebst Zinsen und wegen Kosten der Zwangsvollstreckung.
3
Unter Ziffer 2 des Versäumnisurteils wird festgestellt, dass der Beklagte die Forderung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung schuldet.
4
Den Antrag des Gläubigers, den unpfändbaren Betrag gemäß § 850f Abs. 2 ZPO auf die jeweilige gesetzliche Größe gemäß §§ 20, 22 SGB II je Monat festzusetzen, hat das Vollstreckungsgericht zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Gläubigers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger seinen Antrag weiter.

II.

5
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
6
1. Das Beschwerdegericht führt aus, die Erhöhung des pfändbaren Betrages nach § 850f Abs. 2 ZPO komme nicht in Betracht, weil es sich bei dem vollstreckbaren Titel um ein Versäumnisurteil handele, das weder Tatbestand noch Entscheidungsgründe enthalte. Dem Vollstreckungsgericht sei es daher nicht möglich, die Voraussetzungen des Vollstreckungsprivilegs (Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung) zu überprüfen. Es hat auf die Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen. Dieses meint, bei Versäumnisurteilen sei das Vollstre- ckungsgericht nicht an die Entscheidung des Prozessgerichts gebunden, weil keine materiell-rechtliche Befassung des Prozessgerichts stattfinde; die rechtliche Einordnung beruhe allein auf einseitigen, vor der Titulierung nicht oder nur auf Schlüssigkeit geprüften Angaben des Gläubigers. Die Berechtigung zum erweiterten Vollstreckungszugriff sei ausschließlich durch das Prozessgericht zu beurteilen; diese Prüfung könne nicht durch die bloße Behauptung, der Anspruch ergebe sich aus unerlaubter Handlung, ersetzt werden. Wolle der Gläubiger dies verhindern, müsse er Titel dieser Art vermeiden oder titelergänzende Feststellungsklage erheben.
7
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
8
a) Die Vorschrift des § 850f Abs. 2 ZPO erweitert den Zugriff des Gläubigers auf das Arbeitseinkommen des Schuldners, wenn er wegen eines Anspruchs aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung vollstreckt. Der Schuldner soll in diesen Fällen bis zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit auch mit den Teilen seines Arbeitseinkommens einstehen, die ihm sonst nach der Vorschrift des § 850c ZPO zu belassen wären. Über die Herabsetzung des unpfändbaren Betrages entscheidet das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers. Allerdings ist es nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts, auch über das Vorliegen eines Anspruchs aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zu entscheiden. Insoweit ist es an die Auffassung des Prozessgerichts gebunden. Um den Nachweis für die Vollstreckungsprivilegierung zu erbringen, hat der Gläubiger dem Vollstreckungsgericht daher einen Titel vorzulegen , aus dem sich - gegebenenfalls im Wege der Auslegung - der deliktische Schuldgrund und der von § 850f Abs. 2 ZPO vorausgesetzte Grad des Verschuldens ergeben; eine davon abweichende Beurteilung ist dem Vollstreckungsgericht versagt (BGH, Beschluss vom 5. April 2005 - VII ZB 17/05, NJW 2005, 1663 = Rpfleger 2005, 370).
9
b) Nach diesen Grundsätzen hat der Senat bereits entschieden, dass durch die Vorlage eines Vollstreckungsbescheides der Nachweis einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung für das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO durch den Gläubiger nicht geführt werden kann (BGH, Beschluss vom 5. April 2005 - VII ZB 17/05, aaO). Ob dies in gleicher Weise auch für ein Versäumnisurteil gilt, das weder Tatbestand noch Entscheidungsgründe enthält (bejahend: LG Frankenthal, Rpfleger 2006, 29; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 850f Rn. 9; verneinend: OLG Stuttgart, OLGReport 2000, 255; Musielak/Becker, ZPO, 6. Aufl., § 850f Rn. 10; vgl. auch BGH, Beschluss vom 28. Juni 2006 - VII ZB 161/05, NZI 2006, 593 = Rpfleger 2006, 617), muss der Senat im vorliegenden Fall nicht entscheiden. Denn das Versäumnisurteil des Amtsgerichts N. vom 4. Januar 2008 enthält im Tenor unter Ziffer 2 die Feststellung, dass der Beklagte die Forderung aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung schuldet. Diese Feststellung des Prozessgerichts bindet das Vollstreckungsgericht (BGH, Beschluss vom 5. April 2005 - VII ZB 17/05, aaO) Sie genügt entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts für den Nachweis der Voraussetzungen des § 850f Abs. 2 ZPO. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist es unschädlich, dass das Versäumnisurteil lediglich auf eine Behauptung des Gläubigers gestützt wird. Anders als beim Vollstreckungsbescheid (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 5. April 2005 - VII ZB 17/05, aaO Rn. 10) findet eine Schlüssigkeitsprüfung aufgrund der vorgetragenen anspruchsbegründenden Tatsachen statt, § 331 Abs. 2 ZPO. Ein auf dieser Grundlage ergangenes Urteil ist eine ausreichende Legitimation für eine Bindung des Vollstreckungsgerichts.
10
Die Feststellung bezieht sich erkennbar auf alle Schadenspositionen, die im Tenor unter Ziffer 1 genannt sind. Dem steht die Formulierung "die Forderung" im Singular nicht entgegen, denn die unter Ziffer 1 mit aufgeführten außergerichtlichen Schadenskosten in Höhe von 17 € sind wie die Hauptforderung in Höhe von 102,09 € ausschließlich aus der Anspruchsgrundlage der unerlaubten Handlung geschuldet und von der Formulierung ebenfalls erfasst.
11
c) Ob auch die Zwangsvollstreckung wegen der durch den Kostenfestsetzungsbeschluss titulierten Prozesskosten nebst Zinsen und wegen der Kosten der Zwangsvollstreckung (§ 788 ZPO) der Privilegierung des § 850f Abs. 2 ZPO unterfällt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
12
aa) So wird die Auffassung vertreten, das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO finde wegen der engen materiell-rechtlichen Verbindung auch auf die Vollstreckung wegen des Zinsanspruchs (LG Stuttgart, Rpfleger 2005, 38 und InVo 2005, 281; KG, Rpfleger 1972, 66 zu § 67 Abs. 2 Nr. 5 BVersG), der Prozesskosten (LG Saarbrücken, JurBüro 2006, 380; LG Ellwangen, JurBüro 2003, 660; LG Dortmund, Rpfleger 1989, 75; MünchKommZPO/Smid, 3. Aufl., § 850f Rn. 14) oder der Vollstreckungskosten (Zöller/Stöber, aaO Rn. 8; Musielak/Becker, aaO Rn. 9; MünchKommZPO/ Smid, aaO Rn. 14) Anwendung. Es handele sich um adäquate Folgen der unerlaubten Handlung.
13
bb) Die Gegenmeinung (betreffend die Zinsen: LG Ellwangen, JurBüro 2003, 660; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 21. Aufl., § 850f Rn. 8; MünchKommZPO/ Smid, aaO Rn. 14; Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., Rn. 1191; Musielak/ Becker, aaO Rn. 9; betreffend die Prozess- und Zwangsvollstreckungskosten: LG Hannover, Rpfleger 1982, 232; Zöller/Stöber, aaO Rn. 8) geht demgegenüber auf der Grundlage einer am Wortlaut orientierten engen Auslegung davon aus, dass Verzugszinsen und Prozesskosten aus einem anderen Rechtsgrund als aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung geschuldet werden und deshalb nicht § 850f Abs. 2 ZPO unterfielen.
14
cc) Der Senat schließt sich der erstgenannten Meinung an. Sowohl die Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs auf Zahlung von Verzugszinsen als auch wegen der Ansprüche auf Erstattung von Prozesskosten und Kosten der Zwangsvollstreckung unterfällt dem Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO, wenn diese Ansprüche Folgen der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung sind.
15
Der Gesetzgeber wollte dem Gläubiger eines Anspruchs aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung eine Vorzugsstellung bei der Zwangsvollstreckung in das Arbeitseinkommen des Schuldners einräumen. Damit sollte einem Grundgedanken unseres Rechts entsprochen werden, der unter anderem nach § 393 BGB für das Recht der Aufrechnung gilt (BT-Drucks. 3/415 unter IV 5). Zu § 393 BGB ist allgemeine Meinung, dass der Zweck des Gesetzes es rechtfertigt, das dort geregelte Aufrechnungsverbot auf Ansprüche auf Erstattung von Folgeschäden eines vorsätzlichen Delikts wie etwa Kostenerstattungsansprüche oder Ansprüche auf Verzugszinsen auszudehnen (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2010 - IX ZR 67/10, WM 2011, 131 m.w.N.). Eine gleichermaßen funktional wie systematisch indizierte Parallele bietet § 302 Nr. 1 InsO (PG/Ahrens, § 850f Rn. 35). Zu dieser Ausnahmeregelung der Restschuldbefreiung bei Ansprüchen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch die durch die unerlaubte Handlung verursachten Nebenforderungen wie Zinsen und Kosten nicht an der Restschuldbefreiung teilnehmen (BGH, Urteil vom 18. November 2010 - IX ZR 67/10, WM 2011, 131). Er hat dazu ausgeführt, dass der Schutz des geschädigten Gläubigers unvollständig bliebe, wenn man nur die Hauptforderung , nicht aber auch die durch die Handlung verursachten Nebenforderungen von der Restschuldbefreiung ausnehme.
16
Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Restschuldbefreiung den durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung geschädigten Gläubiger härter trifft als die Versagung einer Erhöhung des pfändbaren Betrags , besteht kein Anlass, dies insoweit anders zu sehen. Maßgeblich ist die gesetzgeberische Wertung, die den Gläubiger umfassend schützen will. § 850f Abs. 2 ZPO will dem Gläubiger die Kompensation erleichtern und es besteht kein Anlass, abweichend von vergleichbaren Regelungen mit ähnlicher Intention die durch die vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung entstandenen Folgekosten nicht in den Regelungsbereich der Norm einzubeziehen. Die Pflicht des Schuldners, entstandenen Schaden wieder gut zu machen, besteht nicht nur hinsichtlich des Schadensersatzanspruches selbst, sondern auch bezüglich der Folgeschäden wie Kostenerstattungsansprüche für die Durchsetzung und Verzugszinsen für verspätete Zahlung, die eng mit der schädigenden Handlung zusammenhängen. Sie stammen ebenfalls "aus" einer unerlaubten Handlung, sind also Bestandteil des Hauptanspruchs aus unerlaubter Handlung, auch wenn die Anspruchsgrundlage aus Verzug oder prozessualer bzw. materieller Kostenerstattung folgt.
17
dd) Aus § 788 Abs. 1 ZPO lässt sich für den Anspruch auf Erstattung der Zwangsvollstreckungskosten nichts Gegenteiliges herleiten. Die Vorschrift besagt lediglich, dass die Kosten der Vollstreckung, ohne gesondert tituliert zu sein, zugleich mit dem Hauptanspruch beigetrieben werden können. Welche Vermögensgegenstände des Schuldners dieser Zwangsvollstreckung unterliegen , regelt die Norm nicht (KG, Rpfleger 1972, 66).
18
ee) Nichts anderes folgt daraus, dass die Vollstreckungsprivilegierung nach § 850d Abs. 1 Satz 1 ZPO nur gesetzliche Unterhaltsansprüche des Gläubigers , nicht aber den prozessualen Kostenerstattungsanspruch umfasst (BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - VII ZB 65/08, FamRZ 2009, 1483 f.).
19
Hinter der durch § 850d Abs. 1 ZPO für gesetzliche Unterhaltsansprüche angeordneten Herabsetzung der Pfändungsfreigrenzen steht das gesetzgeberische Anliegen, den Gläubiger, der seinen Unterhalt nicht selbst bestreiten kann, nicht auf die staatliche Sozialfürsorge zu verweisen. Stattdessen soll er privilegiert Zugriff auf das Arbeitseinkommen des ihm gegenüber unterhaltspflichtigen Schuldners nehmen dürfen (BGH, Beschluss vom 5. Juli 2005 - VII ZB 11/05, FamRZ 2005, 1564, 1565). An diesem Privileg nimmt die Zwangsvollstreckung wegen des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs nicht teil, weil insoweit kein Bedürfnis besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - VII ZB 65/08 aaO Rn. 11).
20
Schutzzweck des § 850f Abs. 2 ZPO ist dagegen das vom besonderen Unrechtsgehalt der Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung getragene Ausgleichsinteresse. Hinter der durch § 850f Abs. 2 ZPO nach dem Ermessen des Vollstreckungsgerichts ermöglichten Herabsetzung der Pfändungsfreigrenzen steht das gesetzgeberische Anliegen, dass der Schuldner für vorsätzlich begangene unerlaubte Handlungen bis zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit einzustehen hat. Der Schuldner soll somit den gesamten entstandenen Schaden mit der erforderlichen Anstrengung ersetzen. Es ist kein Grund ersichtlich, dem Schuldner durch einschränkende Auslegung des § 850f Abs. 2 ZPO einen Schutz angedeihen zu lassen, den er nicht verdient.
21
3. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Eine abschließende Entscheidung des Senats ist nicht möglich, § 577 Abs. 5 ZPO. Das Beschwerdegericht hat, von seinem Standpunkt aus konsequent, sein Ermessen nach § 850f Abs. 2 ZPO nicht ausgeübt und keine Feststellungen dazu getroffen, wie viel dem Schuldner für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten zu belassen ist. Die Aufhebung und Zurück- verweisung gibt ihm Gelegenheit, dies nachzuholen. Dabei wird das Beschwerdegericht auch zu überprüfen haben, aus welchem Rechtsgrund die Position "unverzinsliche Kosten 44 €" geschuldet wird und ob diese ebenfalls unter das Privileg des § 850f Abs. 2 ZPO fällt.
Kniffka Kuffer Bauner Leupertz Eick

Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 19.05.2008 - 712 M 125363/08 -
LG Hannover, Entscheidung vom 11.07.2008 - 55 T 53/08 -

Von der Erteilung der Restschuldbefreiung werden nicht berührt:

1.
Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat, oder aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist; der Gläubiger hat die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Absatz 2 anzumelden;
2.
Geldstrafen und die diesen in § 39 Abs. 1 Nr. 3 gleichgestellten Verbindlichkeiten des Schuldners;
3.
Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.