Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Feb. 2015 - 5 Sa 480/14

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2015:0212.5SA480.14.0A
bei uns veröffentlicht am12.02.2015

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 22. Mai 2014, Az. 3 Ca 1443/13, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte zu 1)

a) € 225,- und

b) € 3.920,- nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.02.2014

zu zahlen.

3. Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat der Kläger 28 % und die Beklagten zu 1) 72 % zu zahlen.

III. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger 14 % und die Beklagte zu 1) 86 % zu zahlen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über restliche Vergütungs- und Schadensersatzansprüche.

2

Der Kläger war bei der Beklagten zu 1) seit August 1983 als Verkäufer, seit Januar 2000 als Verkaufsleiter Pkw beschäftigt. Ihm war Prokura erteilt. Die Beklagte zu 1) ist eine Kommanditgesellschaft, die Beklagte zu 2) deren Komplementär-GmbH. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete durch außerordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013. Das steht aufgrund der Rechtskraft des Urteils im Kündigungsschutzprozess fest (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 03.07.2014 - 5 Sa 27/14 - Juris; BAG 14.01.2015 - 2 AZN 827/14).

3

Die Monatsvergütung des Klägers betrug seit 2011 € 8.500,- brutto. Dieser Betrag setzte sich aus einem Grundgehalt, einer pauschalierten Provision und einem Tantiemevorschuss zusammen, der seit Januar 2011 € 830,- betrug. Die Beklagte zu 1) reduzierte den Vorschuss ab Mai 2013 einseitig auf € 300,-. Mit seinem Klageantrag zu 1a) machte der Kläger die Monatsgehälter für Juli und August 2013 iHv. € 17.000,- brutto geltend. Mit dem Klageantrag zu 1c) verlangte er restliche Tantiemevorschüsse für die Monate Mai und Juni 2013 iHv. € 1.060,- (2 x € 530,-).

4

Der Vergütungsanspruch des Klägers für die Zeit vom 01. bis 10.07.2013 betrug € 1.612,66 netto. Auf dem von der Beklagten zu 1) geführten Mitarbeiter-Anlagekonto des Klägers stand am 10.07.2013 noch ein Guthaben iHv. € 1.872,27 offen. Gegen die Gesamtforderung iHv. € 3.484,93 netto hat die Beklagte zu 1) die Aufrechnung erklärt. Mit seinem Klageantrag zu 1b) verlangt der Kläger die Auszahlung des Guthabens iHv. € 1.872,27 (netto).

5

Der Kläger kaufte von einem langjährigen Kunden der Beklagten, dem Zeugen B., privat eine goldene Armbanduhr im Wert von ca. € 6.000,-. Als Gegenleistung vereinbarte er mit dem Zeugen ein Tauschgeschäft dahingehend, dass er dessen Neuwagen mit einem Satz Alufelgen der Marke Brabus, incl. Sommerreifen, ausstatten lässt, ohne dass dem Zeugen hierfür Kosten entstehen. In seiner Eigenschaft als Verkaufsleiter der Beklagten zu 1) sorgte der Kläger dafür, dass der Neuwagen des Zeugen in der hauseigenen Werkstatt mit dem gewünschten Felgen-Reifen-Satz ausgestattet und dem Zeugen für diese Leistung keine Rechnung ausgestellt wurde.

6

Hätte der Zeuge den Felgen-Reifen-Satz "offiziell" bestellt und bezogen, hätte ihm die Beklagte zu 1) unter Einschluss aller Lohnarbeiten € 5.358,64 netto (Felgen 4 x € 990,-; Reifen 4 x € 331,93; Felgenschloss € 70,92, Montage/Auswuchten € 137,48) zzgl. MwSt. in Rechnung gestellt. Die Fa. A.-T., über die die Felgen bestellt worden sind, hat der Beklagten zu 1) für die Brabus-Felgen einen Betrag von € 2.302,- netto zzgl. MwSt. berechnet. Die Reifen für den Zeugen B. "besorgte" der Kläger von einem Bekannten, der beim Reifenhersteller Pirelli beschäftigt war. Die Reifen wurden ausweislich des Lieferscheins an die Beklagte zu 1) geliefert. Die Fa. Pirelli Deutschland GmbH erstellte der Fa. Daimler AG, die im Lieferschein als "Regulierer" bezeichnet ist, für diese Lieferung eine "Nullrechnung". In dieser Rechnung ist ausdrücklich aufgeführt: "Die Lieferung erfolgte kostenlos". Der Zeuge B. sagte bei seiner Vernehmung im Kündigungsschutzprozess aus, dass er - ohne das Uhrentauschgeschäft mit dem Kläger - den Felgen-Reifen-Satz nicht bei der Beklagten zu 1) gekauft hätte. Die Beklagte zu 1) erklärte ggü. den Nettoansprüchen des Klägers iHv. € 3.484,93 die Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen aus dem Felgengeschäft des Klägers mit dem Zeugen B..

7

Der Kläger ließ sich am 22.11.2012 von Herrn V. - dem ehemaligen Chefbuchhalter der Beklagten zu 1), den das Amtsgericht Kaiserslautern mit Urteil vom 16.07.2014 wegen Untreue in besonders schwerem Fall in 91 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt hat - einen Betrag von € 30.000,- aus der Kasse der Beklagten auszahlen, die er für seinen privaten Hausbau benötigte. Er gab diesen Betrag am 21.01.2013 zurück. Mit ihrem Widerklageantrag zu 2b) verlangt die Beklagte hierfür Zinsen iHv. 4,5 %.

8

Ausweislich einer Aktennotiz vom 04.03.2013 soll Herr V. an diesem Tag in einem Gespräch mit den beiden Geschäftsführern der Beklagten zu 2) folgendes erklärt haben:

9

"… wie ich schon am vorherigen Freitag angegeben habe, bin ich im Besitz von mehreren Kassenbelegen, dh. etliche Notizblätter, auf denen ich jeweils Geldbeträge aufgeschrieben und meistens auch mit einem Datum versehen habe. Hintergrund für diese Belege ist folgender:

10


Auch zweiter Mitarbeiter, Verkaufsleiter A., hat seit 2005 ebenfalls Barauszahlungen aus der Kasse erhalten. Hier jedoch war mir klar, dass er das Geld nicht für das … Schneeballsystem brauchte, sondern lediglich für seinen eigenen Bedarf (Hausbau).

11

Am 30.12.2005 wurde ein offener Betrag in Höhe von € 13.718,34 über das Sparkonto A. ausgeglichen. Dennoch standen aus 2005 noch Beträge offen, die sich laut den Notizen auf € 14.153,42 aufsummieren. Darüber hinaus wurden bis zum heutigen Tag noch weitere Beträge in Höhe von € 25.183,50 ausbezahlt. Im Ergebnis stehen noch € 39.336,92 offen. Letztmalig habe ich Herrn A. im Januar 2013 auf den noch offenstehenden Betrag angesprochen, insbesondere in dem Wissen, dass sein privates Sparkonto mittlerweile einen Habenbetrag von ca. € 24.000,- ausweist. Die offenen Beträge sind meines Wissens nach gegen das Daimler Konto ausgeglichen worden. …"

12

Aufgrund dieser Gesprächsnotiz und den Aufzeichnungen auf sechs Notizblättern, die Herr V. den Beklagten ausgehändigt hat, verlangt die Beklagte zu 1) mit ihrem Widerklageantrag zu 2a) vom Kläger Schadensersatz iHv. € 39.336,92. Mit ihrem Widerklageantrag zu 2c) macht sie die Rückzahlung der im 1. Halbjahr 2013 geleisteten Tantiemevorschüsse iHv. € 3.920,- geltend.

13

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 22.05.2014 Bezug genommen.

14

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

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1. die Beklagten zu verurteilen, an ihn

16

a) € 17.000,- brutto zzgl. Jahreszinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 8.500,- ab 01.08.2013 und aus weiteren € 8.500,- ab 01.09.2013 zu zahlen,
b) € 1.872,27 netto zzgl. 4,5 % Jahreszinsen aus € 2.608,39 für die Zeit vom 01.01.2013 bis 28.06.2013 und aus € 1.872,27 ab 29.06.2013 zu zahlen,
c) € 1.060,- brutto zzgl. Jahreszinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 530,- brutto ab 01.06.2013 und aus weiteren € 530,- brutto ab 01.07.2013 zu zahlen,

17

2. die Widerklage abzuweisen.

18

Die Beklagten zu 1) und 2) haben beantragt,

19

1. die Klage abzuweisen,

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2. widerklagend den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte zu 1)

21

a) € 39.336,92 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen,
b) € 225,- zu zahlen,
c) € 3.920,- nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen.

22

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 22.05.2014 der Klage - unter Abweisung im Übrigen - teilweise stattgegeben und die Beklagten verurteilt, an den Kläger € 1.182,93 netto (Guthaben Mitarbeiterkonto) und € 1.060,- brutto (restl. Tantiemevorschüsse für Mai, Juni 2013) nebst gestaffelter Zinsen zu zahlen. Die Widerklage hat das Arbeitsgericht voll abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 8 bis 16 des erstinstanzlichen Urteils vom 22.05.2014 Bezug genommen.

23

Gegen das am 25.07.2014 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit am 13.08.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis 16.10.2014 verlängerten Begründungsfrist mit am 16.10.2014 eingegangenem Schriftsatz begründet.

24

Die Beklagten machen zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen geltend, der dem Grunde nach unstreitige Zahlungsanspruch des Klägers über € 3.484,93 netto, sei nicht nur teilweise, sondern vollständig durch Aufrechnung erloschen. Das Arbeitsgericht habe den Anspruch der Beklagten zu 1) auf Ausgleich des für den Kläger geführten Verrechnungskontos ergebenden Schuldsaldos unberücksichtigt gelassen. Das Verrechnungskonto stehe mit einem Betrag von € 2.986,19 im Minus. Dieser Schuldsaldo ergebe sich aus:

25

- einer Barentnahme des Klägers aus der Firmenkasse am 18.02.2010 über € 2.900,-,
- einer Barentnahme des Klägers aus der Firmenkasse am 12.03.2010 über € 900,01,
- einer Gutschrift zu Gunsten des Klägers vom 04.05.2010 über € 1.000,03 und
- einer Warenlieferung zu Gunsten des Klägers gem. Rechnung vom 22.10.2010 über € 186,92.

26

Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Zahlung eines restlichen Tantiemevorschusses für Mai und Juni 2013 iHv. € 1.060,- brutto (2 × € 530,-) zu. Da das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 10.07.2013 beendet worden sei, schulde die Beklagte zu 1) dem Kläger keine (weiteren) Vorschüsse. Vielmehr sei der Kläger verpflichtet, seinen vermeintlichen Tantiemeanspruch für das Jahr 2013 insgesamt und abschließend unter Berücksichtigung der bereits erhaltenen Vorschüsse geltend zu machen. Wie in den Jahren zuvor hätte er auch in 2013 eine Tantieme erhalten sollen, die sich am Jahresergebnis, dh. an den für das Jahr 2013 maßgeblichen Verkaufs- und Umsatzzahlen orientiert hätte. Alle zwischen den Parteien getroffenen Tantiemevereinbarungen und alle Tantiemeabrechnungen bezögen sich ausschließlich auf das volle Kalenderjahr und das jeweilige Jahresziel. Das Jahresziel 2013 habe der Kläger bis zum 10.07.2013 nicht erreicht. Es könne sich nicht zu seinen Gunsten auswirken, dass er seit dem 10.07.2013 nicht mehr an einer Zielerreichung mitwirken konnte. Er habe daher für das Jahr 2013 überhaupt keinen Tantiemeanspruch. Der Kläger sei daher verpflichtet, die ihm in den Monaten Januar bis Juni 2013 schon gezahlten Vorschüsse iHv. € 3.920,- zurückzuzahlen.

27

Der Kläger sei verpflichtet, ihr wegen vorsätzlicher krimineller Schädigung im Zusammenhang mit den Brabus-Felgen Schadensersatz iHv. € 5.358,64 zu leisten. Er habe dem Zeugen B. im Rahmen des "Uhrengeschäfts" widerrechtlich auf ihre Kosten einen Satz Brabus-Felgen mit Reifen zugeschanzt. Der Kläger sei nicht nur verpflichtet, ihr die für die Beschaffung der Felgen tatsächlich angefallenen Einkaufskosten iHv. € 2.302,- zu erstatten, sondern sie so zu stellen, als wenn sie die fraglichen Räder im üblichen Geschäftsbetrieb zu üblichen Preisen veräußert hätte. Es sei für die Bemessung ihres Schadensersatzanspruchs ohne Belang, dass der Zeuge B. ausgesagt habe, er hätte die fraglichen Räder zu normalen Bedingungen niemals gekauft, denn er sei bereit gewesen, dem Kläger für den Felgen-Reifen-Satz eine wertvolle Armbanduhr hinzugeben.

28

Ihre Widerklage sei begründet. Das Arbeitsgericht habe Inhalt und Umfang ihrer Darlegungs- und Beweislast verkannt, soweit es bemängele, sie habe nicht hinreichend substantiiert vorgetragen und unter Beweis gestellt, wann der ehemalige Chefbuchhalter V. dem Kläger, welche konkreten Beträge aus ihrer Kasse gegeben habe. Ihre Darlegungslast könne nur soweit reichen, wie es ihre Erkenntnismöglichkeiten erlaubten. Sie habe im absoluten Vertrauen in die Ehrlichkeit des bei ihr seit Jahrzehnten als Leiter der Buchhaltung beschäftigten V. erst im Februar 2013 durch Zufall von dessen Manipulationen Kenntnis erlangt. Erst durch die geständige Aussage des Herrn V. habe sie erfahren, dass er auch den Kläger mit Barbeträgen versorgt habe. Dies habe V. auch ggü. der Kriminalpolizei eingeräumt. Wörtlich habe er bei seiner polizeilichen Vernehmung am 05.03.2013 ausgeführt:

29

"Herr A. hat auch Geld bekommen. Zwischen 2006 und 2010 hat er insgesamt ca. € 40.000,- aus der Kasse genommen. Ich habe die Summen jeweils gebucht, so dass es nicht auffiel. Das habe ich Herrn R. gestern Abend mitgeteilt.
Auf die Frage, warum er Herrn A. geholfen hat, gab Herr V. an:
Er war ein guter Kollege. Er hat das Geld in kleineren Beträgen der Kasse entnommen. Er hat das Geld für einen Umbau benötigt. Er wollte das Geld zurückzahlen. Er hat auf Schmierzetteln den Empfang des jeweiligen Geldbetrages unterschrieben; diese Zettel sind jetzt in der Firma."

30

Bei den von V. im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung angesprochenen Schmierzetteln handele es sich um die Notizblätter, die sie erstinstanzlich vorgelegt habe. Sie verfüge über keine weitergehenden Informationen als diejenigen, die sie von V. erhalten habe. Der Kläger könne sich nicht auf ein bloßes Bestreiten zurückziehen. Das Arbeitsgericht hätte Herrn V. als Zeugen vernehmen und unter Berücksichtigung der vorgelegten Schmierzettel eine Beweiswürdigung vornehmen müssen.

31

Das Arbeitsgericht habe den mit der Widerklage geltend gemachten Zinsanspruch über € 225,- zu Unrecht zurückgewiesen. Der Kläger habe unstreitig am 22.11.2012 vorübergehend bis zum 21.01.2013 € 30.000,- heimlich aus ihrer Kasse entnommen. Diese Entnahme habe zu dem geltend gemachten Zinsschaden geführt. Sie arbeite fortlaufend mit Bankkredit und zahle hierfür Zinsen mind. iHv. 4,5 %. Die vom Kläger am 22.11.2012 heimlich aus der Kasse entnommen € 30.000,- wären noch am gleichen Tag zur Bank gebracht worden. Unabhängig davon hätte der Kläger für den zeitweise entwendeten Geldbetrag Zinsen zumindest in der Höhe zu zahlen, wie er selbst für sein angelegtes Sparguthaben Zinsen erhalten hätte. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt des Schriftsatzes der Beklagten vom 16.10.2014 Bezug genommen.

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Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen zweitinstanzlich,

33

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 22.05.2014, Az. 3 Ca 1443/13, teilweise abzuändern und

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1. die Klage vollständig abzuweisen,

35

2. den Kläger auf die Widerklage zu verurteilen, an die Beklagte zu 1)

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a) € 39.336,92 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Widerklage,
b) € 225,-,
c) € 3.920,- nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Widerklage

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zu zahlen.

38

Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

40

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 29.12.2014, auf die Bezug genommen wird, als zutreffend. Sein Anspruch auf Zahlung von € 3.484,93 sei durch die Aufrechnungserklärung der Beklagten nicht vollständig erloschen. Die Beklagte habe keinen Anspruch auf Zahlung von € 2.986,19 zum Ausgleich eines Schuldensaldos auf dem Verrechnungskonto. Das Verrechnungskonto sei durch entsprechende Umbuchungen von Guthabenbeträgen aus dem von der Beklagten zu 1) für ihn geführten Sparkonto ausgeglichen worden. Die Beklagten hätten spätestens im Rahmen der Berufungsbegründung durch Vorlage einer vollständigen Einzelpostenaufstellung des Verrechnungskontos, insb. auch für die Kalenderjahre ab 2011, ihrer Darlegungslast Rechnung tragen müssen.

41

Die Beklagte zu 1) habe keinen Schadensersatzanspruch iHv. € 5.358,64 wegen der an den Zeugen B. gelieferten Brabus-Felgen, denn sie hätte den Felgen-Reifen-Satz nicht zu einem Preis in dieser Höhe an den Zeugen verkaufen können. Dies habe der Zeuge bei seiner Vernehmung im Kündigungsschutzprozess so ausgesagt. Die Behauptung der Beklagten, die ihm überlassene gebrauchte Armbanduhr habe wertmäßig einen Betrag iHv. € 5.358,64 entsprochen, sei unrichtig. Die Beklagte hätte den Felgensatz weder an den Zeugen B. noch an einen Drittkunden zu einem Betrag iHv. € 5.358,64 veräußern können.

42

Das Arbeitsgericht habe auch bezüglich der Tantiemevorschüsse richtig entschieden. Die Absenkung der Tantieme ab Mai 2013 sei unwirksam. Ihm habe der Vorschuss bis zu seinem Ausscheiden im Juli 2013 zugestanden, denn nach der Rechtsprechung des BAG sei bei Zielvereinbarungen der vereinbarte Bonus zeitanteilig auch bei vorzeitigem Ausscheiden des Arbeitnehmers zu zahlen. Die Behauptung der Beklagten, die getroffenen Tantiemevereinbarungen hätten sich sowohl in der Vergangenheit als auch für das Jahr 2013 stets und ausschließlich auf die Zielerreichung im jeweiligen vollen Kalenderjahr bezogen, sei falsch. Aus dem Schreiben der Beklagten ergebe sich keineswegs zwingend, dass ihm bei unterjährigem Ausscheiden kein anteiliger Anspruch zustehen solle. Soweit die Beklagte zu 1) die Rückzahlung der Vorschüsse verlange, hätte sie detailliert darlegen müssen, welche Zielvorgaben er in welcher Weise bis zu seinem Ausscheiden bereits erfüllt bzw. nicht erfüllt habe. Allein die Beklagten könnten unter dem Gesichtspunkt der Sachnähe eine entsprechende Tantiemeabrechnung vorlegen.

43

Das Arbeitsgericht habe auch die Widerklage zu Recht abgewiesen. Die bloße Vorlage eines Zettelkonvoluts ersetzte keinen konkreten Sachvortrag. Die Beklagte zu 1) habe auch in ihrer Berufungsbegründung die angeblich ohne Rechtsgrund erfolgten Auszahlungen an ihn nicht näher substantiiert. Es könne nicht zu einer Erleichterung der Darlegungs- und Beweislast führen, dass den Beklagten nach ihrer Behauptung nur begrenzte Erkenntnisse zur Verfügung stünden. Fakt sei, dass er zu keinem Zeitpunkt widerrechtliche Barauszahlungen im Umfang der behaupteten € 39.336,92 erhalten habe. Auszahlungen seien nach Aussage des ehemaligen Buchhalters V. ausschließlich gegen unterschriebene Quittung erfolgt. Die von den Beklagten eingereichten Schmierzettel (ohne Unterschrift), bestätigten keine Auszahlung an ihn. Dies sehe auch der Abschlussvermerk der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte so. Dort heiße es wörtlich:

44

"Ob und in welcher Höhe eine Verbindlichkeit bei der T. besteht, kann anhand der vorliegenden Unterlagen (Zettelwirtschaft) nicht nachvollzogen werden."

45

Überdies habe Herr V. bei seiner Beschuldigtenvernehmung ausgesagt, dass durch die Geschäftsführer der Beklagten so großer Druck auf ihn ausgeübt worden sei, dass er letztlich willkürlich alles zugegeben hätte. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass er zu keinem Zeitpunkt widerrechtliche Barauszahlungen aus der Kasse von Herrn V. erhalten habe. Dessen Vernehmung würde sich als unzulässiger Ausforschungsbeweis darstellen.

46

Bezüglich des angeblichen Zinsschadens bestreite er, dass die Beklagte fortlaufend Bankkredit mit einem Zinssatz von mind. 4,5 % in Anspruch nehme. Im Übrigen sei dieser zweitinstanzliche Vortrag verspätet.

47

Auch der Widerklageantrag zu 2c) sei unbegründet. Die Beklagte zu 1) sei verpflichtet, seinen Tantiemeanspruch für das Jahr 2013 pro rata temporis zu errechnen. Da sie keine Abrechnung erstellt habe, könne sie die geleisteten Vorschüsse nicht zurückverlangen.

48

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen. Außerdem wird Bezug genommen auf den Inhalt der zur Information des Gerichts beigezogenen Akten 5 Sa 27/14 und 5 Sa 28/14.

Entscheidungsgründe

I.

49

Die gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b ArbGG statthafte Berufung der beiden Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und inhaltlich ausreichend begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO).

II.

50

In der Sache hat die Berufung der Beklagten teilweise Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben und die Widerklage in vollem Umfang abgewiesen. Die Klage ist unbegründet, die Widerklage ist teilweise begründet.

51

1. Die Klage ist in vollem Umfang unbegründet.

52

a) Nachdem der Kläger gegen die Abweisung des Klageantrags zu 1a) keine Berufung eingelegt hat, sind Vergütungsansprüche für die Monate Juli und August 2013 iHv. € 17.000,- brutto (2 x € 8.500,-) nicht mehr Streitgegenstand.

53

Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013 mit sofortiger Wirkung. Da die Kündigungsschutzklage rechtskräftig abgewiesen worden ist (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 03.07.2014 - 5 Sa 27/14 – Juris; BAG 14.01.2015 – 2 AZN 827/14), bestehen Zahlungsansprüche für die Zeit nach dem 10.07.2013 nicht mehr.

54

Der Anspruch des Klägers auf das Netto-Arbeitsentgelt für die Zeit vom 01.07. bis 10.07.2013 in rechnerisch unstreitiger Höhe von € 1.612,66 ist durch die von der Beklagten zu 1) erklärten Aufrechnung in voller Höhe erloschen (§ 389 BGB). Das Arbeitsgericht hat hierzu ausgeführt, dass der Beklagten zu 1) eine aufrechenbare Gegenforderung iHv. € 2.302,- gegen den Kläger zustehe, weil sie diesen Betrag auf Veranlassung des Klägers für die Brabus-Felgen, die er dem Zeugen B. als Gegenleistung für die goldene Armbanduhr verschafft hat, an die Fa. A.-T. (als Einkaufspreis) gezahlt habe. Auch dagegen wendet sich der Kläger, der keine Berufung eingelegt hat, nicht.

55

b) Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagten zu 1) und 2) auf Zahlung von € 1.872,27 (netto) nebst Zinsen. Insoweit ist das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und auch der Klageantrag zu 1b) abzuweisen.

56

Zwar stand bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 10.07.2013 unstreitig auf dem von der Beklagten zu 1) geführten Mitarbeiter-Anlagekonto des Klägers noch ein Guthaben iHv. € 1.872,27 offen. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist auch der Anspruch des Klägers auf Auszahlung dieses Guthabens durch Aufrechnung (§ 389 BGB) in voller Höhe erloschen.

57

Die Beklagte zu 1) hat gegen den Kläger wegen der Lieferung des Felgen-Reifen-Satzes an den Zeugen B. nicht nur einen Schadensersatzanspruch iHv. € 2.302,- (Einkaufspreis der Fa. A.-T.), sondern iHv. € 5.358,64. Die Beklagte hätte dem Zeugen B. oder einem anderen Kunden bei einem "offiziellen" Verkauf für die Ware unter Einschluss aller Lohnarbeiten € 5.358,64 netto (Brabus-Felgen 4 x € 990,-; Pirelli-Reifen 4 x € 331,93; Felgenschloss € 70,92, Montage/Auswuchten € 137,48) zzgl. € 1.044,26 MwSt. in Rechnung gestellt.

58

Das Arbeitsgericht hat einen höheren Schadensersatzanspruch der Beklagten zu 1) mit dem Argument, der Zeuge B. habe bei seiner Vernehmung im Kündigungsprozess erklärt, dass er den Felgen-Reifen-Satz zum regulären Kaufpreis nicht erworben hätte, zu Unrecht verneint. Die Beklagte zu 1) begehrt nach § 252 Satz 1 BGB Schadensersatz in Form des entgangenen Gewinns, den sie bei einem "offiziellen" Verkauf des Felgen-Reifen-Satzes erzielt hätte. Sie muss sich vom Kläger, dem der Zeuge B. als Gegenleistung eine Armbanduhr der Manufaktur Glashütte übereignet hat, deren Wert im Kündigungsprozess (Az. 5 Sa 27/14) unstreitig mit ca. € 6.000,- angegeben worden ist, nicht vorhalten lassen, dass es ihr nicht gelungen wäre, den Satz Brabus-Felgen mit Pirelli-Reifen an den Zeugen B. oder einen anderen Kunden zu einem Preis von € 5.358,64 zzgl. MwSt. zu verkaufen.

59

Bei der Feststellung eines entgangenen Gewinns kommen dem zum Schadenersatz Berechtigten die Darlegungs- und Beweiserleichterungen gemäß § 252 Satz 2 BGB zu Gute. Nach dieser Vorschrift gilt als entgangen der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Danach bietet die Vorschrift dem Geschädigten zwei Möglichkeiten der Schadensberechnung, nämlich zum einen die abstrakte Methode, die von dem regelmäßigen Verlauf im Handelsverkehr ausgeht, dass der Kaufmann gewisse Geschäfte im Rahmen seines Gewerbes tätigt und daraus Gewinn erzielt, und zum anderen die konkrete Methode, bei der der Geschädigte nachweist, dass er durch die schädigende Handlung an der Durchführung bestimmter Geschäfte gehindert worden ist und dass ihm wegen der Nichtdurchführbarkeit dieser Geschäfte Gewinn entgangen ist. Ist der Geschädigte Kaufmann, so entspricht es dem "gewöhnlichen Lauf der Dinge", dass er marktgängige Waren jederzeit zum Marktpreis absetzen kann (vgl. BGH 19.10.2005 - VIII ZR 392/03 - NJW-RR 2006, 243; BGH 29.06.1994 - VIII ZR 317/93 - NJW 1994, 2478, jeweils mwN).

60

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe durfte das Arbeitsgericht den zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch iHv. € 5.358,64 nicht verneinen. Im Streitfall hat die Beklagte zu 1), die in ihren Autohäusern gewerbsmäßig mit Kraftfahrzeugen sowie mit Ersatzteilen, Zubehör und Reifen handelt, die abstrakte Schadensberechnung gewählt, indem sie dieser zugrunde gelegt hat, dass sie den Felgen-Reifen-Satz im Rahmen ihres Geschäftsbetriebs zum "offiziellen" Wiederverkaufspreis hätte weiterveräußern können. Dieser vom Kläger nicht widerlegte Vortrag reicht aus, um einen Schaden in der geltend gemachten Höhe zu begründen. Sowohl bei den Brabus-Felgen als auch bei den Pirelli-Reifen handelt es sich um marktgängige Waren, die eine abstrakte Schadensberechnung erlauben. Die Teile werden in Serie produziert und können von den Kunden im Händlerkatalog ausgesucht und bestellt werden. Der Kläger hat im Kündigungsprozess selbst vorgetragen, dass sich der Zeuge B. die Felgen im Katalog ausgesucht habe.

61

c) Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 1) und 2) keinen Anspruch auf Zahlung von restlichen Tantiemevorschüssen iHv. € 1.060,- brutto (2 x € 530,-) für die Monate Mai und Juni 2013 nebst Zinsen. Insoweit ist das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und auch der Klageantrag zu 1c) abzuweisen.

62

Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden. Der Kläger kann nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine (restlichen) Vorschüsse mehr beanspruchen. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Beklagte berechtigt war, den Vorschuss ab Mai 2013 von monatlich € 830,- auf € 300,- zu kürzen.

63

2. Die Widerklage ist teilweise begründet.

64

a) Der Widerklageantrag zu 2a) ist unbegründet. Der Kläger ist aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB bzw. aus § 826 BGB nicht verpflichtet, an die Beklagte zu 1) Schadensersatz iHv. € 39.336,92 zu zahlen. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

65

Nach den allgemeinen Beweisregeln ist die Beklagte zu 1) als Widerklägerin darlegungs- und beweisbelastet für alle rechtsbegründenden Tatsachen. Dies gilt auch für die behaupteten Unterschlagungs- und Untreuehandlungen als Voraussetzung einer deliktischen Haftung des Klägers.

66

Die Beklagte zu 1) hat hierzu vorgetragen, dass ihr ehemaliger Chefbuchhalter V., den das Amtsgericht Kaiserslautern mit Urteil vom 16.07.2014 wegen Untreue in besonders schwerem Fall in 91 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt hat, dem Kläger seit 2005 Bargeld aus ihrer Kasse ausgezahlt habe. Nach dem Inhalt einer Gesprächsnotiz vom 04.03.2013 habe V. erklärt, dass am 30.12.2005 ein offener Betrag iHv. € 13.718,34 über das Sparkonto des Klägers ausgeglichen worden sein. Dennoch habe aus 2005 noch ein Betrag offen gestanden, der sich nach seinen Notizen auf € 14.153,42 summiert habe. Darüber hinaus habe er bis zum 04.03.2013 noch weitere Beträge iHv. € 25.183,50 an den Kläger ausgezahlt, so dass im Ergebnis noch ein Gesamtbetrag von € 39.336,92 vom Kläger zurückzuzahlen sei.

67

Diese Vorbringen der Beklagten zu 1) und die Vorlage von kopierten Notizblättern reicht nicht aus, um ausreichende Anhaltspunkte für eine deliktische Haftung des Klägers in der geltend gemachten Höhe schlüssig vorzutragen. Unabhängig davon, dass die geordnete Darstellung von Tatsachen nicht durch pauschale Bezugnahme auf Anlagen ersetzt werden darf, lässt sich den kopierten handschriftlichen Notizen nicht entnehmen, dass der Kläger dem V. den Empfang von Bargeldbeträgen in eingeklagter Höhe quittiert hätte. Hierauf hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen.

68

Der Kläger durfte das Vorbringen der Beklagten zu 1) pauschal bestreiten. Der Beklagten zu 1) war zuzumuten, die Zusammensetzung ihrer Widerklageforderung zu 2a) in nachvollziehbarer Weise so aufzuarbeiten, dass der Kläger und das Gericht in die Lage versetzt werden, zu erkennen, aus welchen Einzelposten sich die geltend gemachte Forderung zusammensetzt. Für einen schlüssigen Vortrag genügt es nicht, kopierte Notizblätter einzureichen ohne die streitgegenständlichen Einzelforderungen zusammenhängend und nachvollziehbar darzustellen, denn es ist nicht Aufgabe des (Berufungs-)Gerichts, den entscheidungserheblichen Sachverhalt aus den eingereichten Unterlagen ("Zettelwirtschaft") zusammenzusuchen (vgl. BGH 12.12.2013 - IX ZR 299/12 - Juris).

69

Aus den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast ergibt sich in der vorliegenden Konstellation nichts anderes. Hat die darlegungspflichtige Partei alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft, um ihrer primären Darlegungspflicht zu genügen, und steht sie außerhalb des für ihren Anspruch erheblichen Geschehensablaufs, während der Gegner alle wesentlichen Tatsachen kennt und ihm nähere Angaben zuzumuten sind, kann vom Prozessgegner nach den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände und damit der Vortrag positiver Gegenangaben verlangt werden (vgl. BAG 06.10.2011 - 6 AZR 172/10 – Rn. 35, NZA 2012, 94).

70

Die Berufungskammer war nicht verpflichtet, den als Zeugen benannten ehemaligen Chefbuchhalter V. zu den behaupteten Auszahlungen an den Kläger, die sich in der Summe auf € 39.336,92 belaufen haben sollen, zu vernehmen. Dessen Vernehmung wäre auf die Erhebung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises hinausgelaufen. Die Beklagte zu 1) hat nicht alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu näherem Tatsachenvortrag zu den von ihr behaupteten Barauszahlungen an den Kläger ausgeschöpft. Sie hätte sich von V. detaillierte Informationen über die von ihm behaupteten Auszahlungen an den Kläger geben lassen und insbesondere den Inhalt der kopierten Notizblätter übersichtlich darstellen müssen. Nachdem das Arbeitsgericht bereits darauf hingewiesen hat, dass das Gericht nicht verpflichtet sei, die "handschriftlichen Kritzeleien" des ehemaligen Buchhalters V. nach Tatsachen zu durchforsten, hätte die Beklagte zu 1) ihrer Darlegungslast spätestens in ihrer Berufungsbegründung schriftsätzlich nachkommen müssen. Dies ist unterblieben.

71

b) Der Widerklageantrag zu 2b) ist begründet. Der Kläger ist verpflichtet, an die Beklagte zu 1) Schadensersatz iHv. € 225,- zu leisten. Insoweit ist das widerklageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und dem Widerklageantrag zu 2b) stattzugeben.

72

Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass sich der Kläger am 22.11.2012 von Herrn V., dem ehemaligen Chefbuchhalter der Beklagten zu 1), einen Betrag iHv. € 30.000,- aus der Kasse auszahlen ließ, den er für seinen privaten Hausbau benötigte. Er gab diesen Betrag am 21.01.2013 zurück. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts kann die Beklagte für den Zeitraum vom 22.11.2012 bis 21.01.2013 vom Kläger Zinsen iHv. € 225,- beanspruchen.

73

Die Beklagte zu 1) hat vorgetragen, dass sie fortlaufend mit Bankkredit arbeite und hierfür Zinsen iHv. mind. 4,5 % zahle. Wenn dem Kläger der Betrag von € 30.000,- nicht aus der Kasse ausgezahlt worden wäre, wäre er noch am selben Tag zur Bank gebracht worden. Mit diesem Vortrag hat die Beklagte zu 1) den Zinsschaden hinreichend dargelegt; denn der geltend gemachte Schaden ergibt sich typischerweise daraus, dass Kapital in dieser Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt geblieben wäre (vgl. BGH 02.12.1991 - II ZR 141/90 – NJW 1992, 1223, mwN). Der Beklagten zu 1) kommt hierbei die Beweiserleichterung des § 252 Satz 2 BGB zugute. Der geschädigte Kaufmann kann sich auf die allgemeine Lebenserfahrung berufen, dass Bargeld iHv. € 30.000,- nicht ungenutzt liegen bleibt, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz zur Tilgung eines Bankkredits verwendet oder angelegt wird. Der Kläger hat diese Vermutung nicht widerlegt.

74

c) Der Widerklageantrag zu 2c) ist begründet. Der Kläger ist verpflichtet, der Beklagten zu 1) die im ersten Halbjahr 2013 geleisteten Tantiemevorschüsse iHv. € 3.920,- (Januar-April 4 x € 830,-; Mai-Juni 2 x € 300,-) zurückzuzahlen. Insoweit ist Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und dem Widerklageantrag zu 2c) stattzugeben.

75

aa) Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Tantieme für das Geschäftsjahr 2013. Er ist deshalb verpflichtet, die nicht ins Verdienen gebrachten Vorschüsse zurückzuzahlen.

76

Eine Tantieme wird als Gewinnbeteiligung regelmäßig einzelnen Arbeitnehmern, insb. leitenden Angestellten, zugesagt, um sie zu motivieren, sich für das Unternehmen nachhaltig einzusetzen. Sie ist eine Erfolgsvergütung, mit der die besondere Leistung des Arbeitnehmers für das Geschäftsergebnis, also den wirtschaftlichen Ertrag des Arbeitgebers honoriert wird und die als zusätzliches Entgelt zu den sonstigen Bezügen hinzutritt (vgl. BAG 08.09.1998 - 9 AZR 273/97 - NZA 1999, 824). Vorliegend haben der Kläger und die Beklagte zu 1), wie sich aus dem Inhalt des Schreibens vom 25.01.2011 ergibt, vereinbart, dass eine "jährliche Tantiemevereinbarung am Ende des Jahres" getroffen wird. Am Ende des Jahres 2013 haben der Kläger und die Beklagte zu 1) eine individuelle Vereinbarung über die Zahlung einer Tantieme - unstreitig - nicht getroffen, weil das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 10.07.2013 aus wichtigem Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB beendet worden war. Ein vertraglicher Anspruch auf eine Tantieme 2013 ist damit nicht begründet worden. Es kann dahinstehen, ob die Annahme gerechtfertigt sein könnte, die Beklagte habe sich zumindest kraft konkludenter Abrede dem Grunde nach zur Zahlung einer Tantieme verpflichtet und lediglich vorbehalten, nach § 315 BGB jährlich über deren Höhe zu bestimmen (vgl. BAG 17.04.2013 - 10 AZR 251/12 - Rn. 17, DB 2013, 2568), denn er Kläger hätte das Jahresziel nicht erreicht. Das Nichtzustandekommen der Jahreszielvereinbarung 2013 hat die Beklagte zu 1) nicht zu vertreten, so dass der Kläger entgegen seiner Ansicht die Tantieme 2013 auch nicht "pro rata temporis" verdient hat.

77

bb) Die geforderten Prozesszinsen aus € 3.920,- stehen der Beklagten zu 1) seit dem 04.02.2014 zu. Die Pflicht der Verzinsung beginnt bei Prozesszinsen nach §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, 187 Abs. 1 BGB mit dem Folgetag der Rechtshängigkeit. Der Widerklageschriftsatz vom 02.12.2013 wurde dem ersten Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht förmlich zugestellt. Er war seinem jetzigen Bevollmächtigten spätestens seit Einsichtnahme in die Gerichtsakte, die er am 04.02.2014 zurückgereicht hat, bekannt.

III.

78

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Quote für die erste und zweite Instanz richtet sich dabei nach dem jeweiligen Anteil des Gesamtstreitwerts, der in erster Instanz € 63.414,19 und in zweiter Instanz € 45.724,85 betrug.

79

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Feb. 2015 - 5 Sa 480/14

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Feb. 2015 - 5 Sa 480/14

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Feb. 2015 - 5 Sa 480/14 zitiert 17 §§.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

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Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

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Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

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Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrschei

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Diese Entscheidung zitiert Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 31. Oktober 2013, Az. 3 Ca 977/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand

Bundesarbeitsgericht Urteil, 17. Apr. 2013 - 10 AZR 251/12

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Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. Dezember 2011 - 11 Sa 916/11 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 06. Okt. 2011 - 6 AZR 172/10

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Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 10. Dezember 2009 - 7 Sa 333/09 - wird zurückgewiesen.

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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 31. Oktober 2013, Az. 3 Ca 977/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013.

2

Der 1967 geborene Kläger ist verheiratet und drei minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er war seit 01.08.1983 bei der Beklagten zu 1) als Pkw-Verkäufer angestellt. Seit 02.01.2000 wurde er als Verkaufsleiter Pkw beschäftigt, ihm war Prokura erteilt. Sein durchschnittlicher Bruttoverdienst betrug zuletzt € 9.681,88 monatlich. Die Beklagte zu 1) beschäftigt in ihrem Betrieb in C-Stadt 70 bis 80 Arbeitnehmer; es besteht ein Betriebsrat. Die Beklagte zu 1) ist eine Kommanditgesellschaft, die Beklagte zu 2) deren Komplementär-GmbH.

3

Der Kläger war im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 1) Mitgeschäftsführer der zur Unternehmensgruppe der Beklagten gehörenden Fa. A. GmbH, die ua. sportliche Autozubehörteile vertreibt, die nicht vom Hersteller stammen. Zweiter Geschäftsführer war der Kfz-Meister G. M..

4

Zu den langjährigen Kunden der Beklagten zu 1) zählt der Zeuge B., der - wie der Kläger - exklusive Uhren sammelt. Im März 2010 kaufte der Kläger vom Zeugen B. privat eine goldene Armbanduhr der Manufaktur Glashütte im Wert von ca. € 6.000,00. Als Gegenleistung vereinbarte der Kläger mit dem Zeugen B. ein Tauschgeschäft dahingehend, dass er dessen bei der Beklagten zu 1) gekauften Neuwagen (Mercedes-Benz ML 350 CDI) mit einem Satz Alufelgen der Marke Brabus, incl. Sommerreifen, ausstatten lässt, ohne dass dem Zeugen hierfür Kosten entstehen.

5

In seiner Eigenschaft als Verkaufsleiter der Beklagten zu 1) sorgte der Kläger dafür, dass der Neuwagen des Zeugen B. in der hauseigenen Werkstatt mit dem gewünschten Felgen-Reifen-Satz ausgestattet und dem Zeugen für diese Leistung keine Rechnung ausgestellt wurde. Hätte der Zeuge den Felgen-Reifen-Satz "offiziell" bestellt und bezogen, hätte ihm die Beklagte zu 1) unter Einschluss aller Lohnarbeiten ca. € 6.500,00 in Rechnung gestellt (Felgen 4 x € 990,00, Reifen (295/40 ZR20 110Y XL Rosso) 4 x € 331,93, Felgenschloss € 70,92, Montage/Auswuchten € 137,48, MwSt. € 1.044,26).

6

In einem Gespräch vom 01.07.2013 berichtete der Zeuge B. dem Mitgeschäftsführer der Beklagten zu 1) von diesem Uhrengeschäft. Ob die Beklagte zu 1) bereits früher Kenntnis erlangt hat, ist streitig.

7

Am 09.07.2013 hörte die Beklagte zu 1) vorsorglich - für den Fall, dass der Kläger kein leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG sein sollte - den Betriebsrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers an. Der Betriebsrat stimmte zu. Mit Schreiben vom 10.07.2013 kündigte sie das Arbeitsverhältnis fristlos. Gegen diese Kündigung wehrt sich der Kläger mit seiner am 24.07.2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage. Er macht ferner seine vorläufige Weiterbeschäftigung geltend. Die Klage richtete er auch gegen die Beklagte zu 2) als Komplementär-GmbH.

8

Die Beklagte zu 1) hat das Arbeitsverhältnis vorsorglich am 12.08.2013 und am 04.10.2013 erneut außerordentlich gekündigt. Diese Kündigungen sind Gegenstand des weiteren Rechtsstreits 3 Ca 1453/13 (5 Sa 28/14), den die erkennende Kammer mit Beschluss vom 03.07.2014 gem. § 148 ZPO ausgesetzt hat. Klage- und Widerklageanträge wegen unterschiedlicher Zahlungsansprüche sind Gegenstand des abgetrennten Rechtsstreits 3 Ca 1443/13. Wegen des Anspruchs auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses haben die Parteien einen Teilvergleich geschlossen.

9

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 31.10.2013 Bezug genommen.

10

Der Kläger hat erstinstanzlich - soweit vorliegend noch von Interesse - beantragt,

11

festzustellen,

12

a) dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 10.07.2013 nicht aufgelöst worden ist,

13

b) dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 10.07.2013 hinaus fortbesteht,

die Beklagten zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1) in ihrem Betrieb in C-Stadt als Verkaufsleiter Pkw gegen ein monatliches Vergütungsfix von € 3.068,00, eine monatliche Pauschalprovision von € 4.602,00, einen monatlichen Tantiemevorschuss von € 830,00, Nutzung eines Dienstfahrzeugs privat im Wert von monatlich € 400,00 sowie eines weiteren jährlichen Fixums von € 3.068,00, ausgezahlt jeweils zur Hälfte als Weihnachts- und Urlaubsgeld und unter Gewährung von 30 Arbeitstagen Erholungsurlaub weiter zu beschäftigen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag.

14

Die Beklagten zu 1) und zu 2) haben beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 31.10.2013 nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, die Klage gegen die Beklagte zu 2), die Komplementär-GmbH, sei bereits deshalb unbegründet, weil er Kläger ausschließlich Arbeitnehmer der Beklagten zu 1), der Kommanditgesellschaft, gewesen sei. Die Klage gegen die Beklagte zu 1) sei unbegründet, weil die außerordentliche Kündigung vom 10.07.2013 wirksam sei. Der Kläger habe sich einer Untreue iSd. § 266 StGB zum Nachteil der Beklagten zu 1) schuldig gemacht, weil er dem Zeugen B. als Gegenleistung für die Glashütte-Uhr im Wert von ca. € 6.000,00 einen Satz Brabus-Felgen nebst Sommerreifen auf deren Kosten beschafft habe.

17

Der Kläger habe die Kammer nicht davon überzeugt, dass er der Beklagten zu 1) zumindest die entstandenen Selbstkosten in irgendeiner Form erstattet habe. Im Schriftsatz vom 14.10.2013 habe er noch auf die Buchung auf einem sog. Sparkonto iHv. € 2.986,19 zu Rechnung-Nr. 663 (Bl. 124 d.A.) verwiesen, die allerdings sowohl im Soll als auch im Haben stehe. Im Kammertermin habe er erklärt, dass er die Rechnung-Nr. 663 iHv. € 2.986,19 auf einem Verrechnungskonto beglichen habe, die Rechnung könne er allerdings nicht vorlegen. Nach dem Vortrag der Beklagten zu 1) gebe es eine solche Rechnung nicht. Letzteres sei nachvollziehbar, weil der Kläger im Kammertermin erklärt habe, die von ihm zu begleichende Rechnung über die Felgen sei von der Fa. A. GmbH erst Ende 2010/ Anfang 2011 der Beklagten zu 1) gestellt worden, diese habe er mit einem "Aufschlag von € 250,00" bezahlt. Der Aufschlag resultiere aus von ihm geschätzten Unkosten für Montage und Auswuchtung der montierten Reifen. Insofern sei nicht nachvollziehbar, weshalb dann eine Rechnung-Nr. 663 existieren solle, von wem sie stamme und wie sie sich zusammensetze. Nach den Ausführungen des Klägers müsste die Rechnung der Fa. A. GmbH um mindestens € 250,00 niedriger ausgefallen sein, weil er einen Pauschalzuschlag auf die Rechnung geleistet haben will. Der Vortrag sei daher in sich unschlüssig und unglaubwürdig.

18

Dies folge nicht zuletzt daraus, dass der Zeuge M., Mitgeschäftsführer der Fa. A. GmbH und von Beruf Kfz-Mechaniker, der Beklagten zu 1) die Felgen bereits am 03.03.2010 in Rechnung gestellt habe. Bei der von der Beklagten zu 1) vorgelegten Rechnung (Bl. 193 d.A.) handele es sich nach der Aussage des Zeugen M., um die Rechnung, die am 16.03.2010 verbucht worden sei. Der Zeuge M. habe auf mehrfache Nachfrage bestätigt, dass es sich hierbei um die Rechnung über die Felgen handele, die Grundlage des Uhrengeschäfts zwischen dem Zeugen B. und dem Kläger gewesen seien. Demnach sei der Vortrag des Klägers, der Zeuge M. habe die Rechnung zunächst "vergessen" und erst Ende 2010/ Anfang 2011 erstellt, von diesem nicht bestätigt worden.

19

Wenn es sich bei der Rechnung vom 03.03.2010 tatsächlich um die Rechnung für die Felgen des Zeugen B. handele, sei zum einen nicht nachvollziehbar, warum der Kläger diese erst Anfang 2011 auf seinem Spar- bzw. Verrechnungskonto habe verbuchen lassen und erst Mitte 2011, dh. über ein Jahr später, bezahlt haben will. Außerdem sei nicht nachvollziehbar, weswegen auf seinem Spar- bzw. Verrechnungskonto dann ein anderer Betrag zu finden sei. Selbst wenn man zu dem Rechnungsbetrag von € 2.739,38 einen Betrag von € 250,00 addiere, den der Kläger "pauschal für Nebenarbeiten" auf die Rechnung aufgeschlagen haben will, errechne sich nicht der in den vorgelegten Konten ausgewiesene Betrag von € 2.986,19, sondern ein Betrag von € 2.989,38.

20

Zusammengefasst habe der Kläger die Kammer nicht davon überzeugt, dass er mit der angeblichen Verbuchung der ominösen Rechnung-Nr. 663 die Felgen für den Zeugen B. bezahlt habe. Sein ganzer Vortrag sei konstruiert und unglaubwürdig.

21

Das Verhalten des Klägers sei nicht nur als Untreue iSd. § 266 StGB zu Lasten der Beklagten zu 1) zu werten, es stelle auch einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot dar. Dem Kläger als langjährigem Verkaufsleiter und Prokuristen der Beklagten zu 1) hätte klar sein müssen, dass er dem Kunden B. nicht in Konkurrenz zu seiner Arbeitgeberin auf eigene Rechnung Felgen verkaufen und montieren lassen durfte. Es spiele keine Rolle, ob der Zeuge B., wenn der Kläger mit ihm kein Tauschgeschäft "Uhr gegen Felgen" getätigt hätte, bei der Beklagten zu 1) die gleichen Felgen zum gleichen Preis gekauft hätte. Allein die abstrakte Möglichkeit, dass die Beklagte zu 1) mit ihrem langjährigen Kunden dieses oder ein ähnliches Geschäft hätte machen können, genüge, um den Wettbewerbsverstoß als rechtswidrig anzusehen.

22

Die Interessenabwägung falle zu Lasten des Klägers aus. Zu seinen Gunsten sei die Betriebszugehörigkeit seit 1983 und seine Unterhaltspflichten gegenüber vier Personen zu berücksichtigen. Dem stehe allerdings die Schwere seiner Pflichtverletzung, die zu einem nicht wiedergutzumachenden Vertrauensverlust bei der Beklagten zu 1) geführt habe, gegenüber.

23

Die Beklagte zu 1) habe die Kündigungserklärungsfrist gem. § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Ihr Mitgeschäftsführer habe erst aufgrund eines Gesprächs mit dem Zeugen B. am 01.07.2013 von dem Uhrengeschäft Kenntnis erlangt. Der Kläger habe nicht näher substantiiert, dass der Geschäftsführer bereits im Jahr 2010 hiervon Kenntnis erlangt habe.

24

Der Betriebsrat sei vor Ausspruch der Kündigung nicht anzuhören gewesen, weil der Kläger als Prokurist leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG gewesen sei. Dass die Prokura im Verhältnis zum Arbeitgeber nur unbedeutend gewesen sein könnte, sei nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen worden.

25

Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 6 bis 14 des erstinstanzlichen Urteils vom 31.10.2013 Bezug genommen.

26

Gegen das am 02.01.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 10.01.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis 03.04.2014 verlängerten Begründungsfrist mit am 18.03.2014 eingegangenem Schriftsatz begründet. Die Berufung richtet sich nur gegen die Beklagte zu 1).

27

Der Kläger macht zur Begründung der Berufung im Wesentlichen geltend, sein Verhalten sei - ohne vorherige Abmahnung nach 30-Jähriger beanstandungsfreier Tätigkeit - nicht geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Er habe der Beklagten zu 1) die Selbstkosten für den Felgensatz einschließlich der Montage- und Auswuchtkosten über sein Verrechnungskonto erstattet. Der Beklagten zu 1) sei daher kein Schaden entstanden. Das Arbeitsgericht habe durchgängig die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast verkannt. Sein Einwand, wonach er den Felgensatz einschließlich der Kosten für Montage/Auswuchten vollständig über sein bei der Beklagten zu 1) geführtes Verrechnungskonto bezahlt habe, sei im Hinblick auf den Kündigungsvorwurf beachtlich. Die Beklagte zu 1) müsse diesen Rechtfertigungseinwand ausräumen. Das Arbeitsgericht habe im Hinblick auf die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB seine Hinweispflichten verletzt. Wenn es ihn darauf hingewiesen hätte, dass er seinen Vortrag, der Mitgeschäftsführer habe bereits im Jahre 2010 von den Kündigungstatsachen volle Kenntnis gehabt, hätte präzisieren müssen, hätte er zu diesem Punkt weiteren Vortrag geleistet. Er rüge auch weiterhin eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung, insb. sei die Feststellung des Arbeitsgerichts unzutreffend, wonach er aufgrund der ihm erteilten Prokura leitender Angestellter gewesen sei. Im Einzelnen:

28

Ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB liege nicht vor. Er habe den vom Zeugen B. gewünschten Felgensatz als Geschäftsführer der Fa. A. GmbH bei der Fa. Brabus bestellt. Da die Fa. A. GmbH selbst kein Endkundengeschäft abwickle, seien die Felgen an die Beklagte zu 1) weiterfakturiert worden, damit durch sie die Auslieferung an den Zeugen B. erfolgen und gleichsam die Bezahlung der Felgen durch ihn (den Kläger) über das bei der Beklagten zu 1) geführte Verrechnungskonto erfolgen konnte. Nach Auslieferung der Räder an den Zeugen B. im Frühjahr 2010 habe er den Zeugen M. wiederholt daran erinnert, dass noch die Weiterfakturierung des Radsatzes an die Beklagte zu 1) ausstehe. Er habe den Zeugen M. wiederholt um eine zeitnahe Weiterfakturierung gebeten, damit er kurzfristig die Rechnung über sein bei der Beklagten zu 1) geführtes Verrechnungskonto ausgleichen könne. M. habe ihm in einem persönlichen Gespräch Ende des 4. Quartals 2010 explizit mitgeteilt, dass die Weiterfakturierung des Radsatzes versehentlich unterblieben sei. Der Zeuge habe ihm die an die Beklagte zu 1) adressierte Rechnung vorgelegt. Er habe M. erklärt, dass er die Rechnung - aufgrund eines Druckfehlers - so nicht in der Buchhaltung der Beklagten zu 1) abgeben könne und M. gebeten, eine ordnungsgemäße Rechnung zu erstellen. Er habe händisch auf einem Zettel den in der Rechnung ausgewiesenen Betrag notiert, weil er ihn noch im Jahr 2010 habe begleichen wollen. Gleichzeitig habe er händisch einen Aufschlag für die Montage und das Auswuchten der Räder kalkuliert, weil er die anfallenden Selbstkosten habe bezahlen wollte. Den handschriftlich geschriebenen Zettel habe er seiner Sekretärin mit der Bitte übergeben, ihm diesen Betrag als privaten Rechnungsbetrag abzurechnen und ins Buchungssystem einzugeben. Es sei Fakt, dass er seine Sekretärin gebeten habe, für die Kosten des Radsatzes einschließlich der geschätzten Kosten für Montage/Auswuchten eine Rechnung auf ihn privat zu schreiben. Tatsächlich habe er nach seiner Erinnerung wohl auch eine auf ihn ausgestellte, ausgedruckte Rechnung erhalten, die ihm heute jedoch nicht mehr vorliege. Insoweit sei ihm klar gewesen, dass die Rechnung automatisch durch Erstellung im Buchhaltungssystem durch die Sekretärin erfasst worden sei und automatisiert in seinem Verrechnungskonto als Sollstelle gebucht werde. Für das hier maßgebliche Kalenderjahr 2010 liege ihm bis heute kein Einzelkontenauszug für das von der Beklagten zu 1) für ihn geführte Spar- bzw. Verrechnungskonto vor.

29

Seinen erstinstanzlichen Vortrag, die auf dem Verrechnungskonto erscheinende Soll-Position iHv. € 2.986,19 enthalte die Bezahlung des Felgensatzes nebst Montage- und Auswuchtkosten müsse er korrigieren. Bei der ausgewiesenen Position Nr. 663 und dem Betrag von € 2.986,19 handele es sich nicht um eine singuläre Rechnung. Vielmehr handele es sich um eine interne Belegnummer der Beklagten zu 1) und um den kumulierten in das Jahr 2011 übertragenen Saldovortrag aus dem Jahr 2010. Hinter dem genannten Betrag seien zwangsläufig eine oder mehrere entsprechende Buchungen nebst zugehörigen Rechnungen hinterlegt. Hierbei sei festzuhalten, dass eine dieser hinterlegten Rechnungen aus dem Jahr 2010 die von ihm angewiesene Rechnung über den Felgen-Radsatz, einschließlich Montage- und Auswuchtkosten sei. Dies folge bereits daraus, dass er und seine Familienmitglieder im Jahr 2010 kein Mercedesfahrzeug gefahren seien und somit kein Rechnungsbetrag mit Ausnahme des erworbenen Radsatzes auf seinem Verrechnungskonto im Jahr 2010 erscheinen könne, die Grundlage des in das Jahr 2011 übertragenen Saldos aus dem Jahr 2010 sein können.

30

Aus dem Kontoauszug (Bl. 299 d.A.) ergebe sich, dass der Sollbetrag von € 2.986,19 in der Folgezeit durch eine Barkasseneinzahlung am 06.07.2011 in Höhe von € 19.500,00 ausgeglichen worden sei. Soweit die Beklagte zu 1) unsubstantiiert behaupte, der Sollstellungsbetrag von € 2.986,19 setze sich aus Barentnahmen vom 18.02.2010 und 12.03.2010, einer Gutschrift per 04.05.2010 sowie einer Warenrechnung vom 20.10.2010 zusammen, bestreite er dies. Die im Verrechnungskonto aus dem Jahr 2010 eingebuchte Sollstellung iHv. € 2.986,19 beinhalte die Bezahlung des Radsatzes einschließlich der angefallenen Kosten für Montage/Auswuchten.

31

Die von der Beklagten zu 1) vorgelegte Rechnung der Fa. A. GmbH vom 03.03.2010 (Bl. 193 d.A.), die angeblich bereits am 16.03.2010 gebucht worden sei, sei eine Fälschung. Die auf der Rechnung befindliche und angeblich von ihm stammende Paraphe, stamme nicht von seiner Hand. Die Behauptung der Beklagten zu 1), er habe die Rechnung bereits im März 2010 abgezeichnet und in die Buchhaltung gegeben, sei falsch.

32

Das Arbeitsgericht habe unzutreffend eine Straftat sowie einen erheblichen Vermögensschaden angenommen. Er habe von Anfang an dafür Sorge getragen, dass der Beklagten zu 1) kein Vermögensnachteil entstehe. Da der Zeuge B. bei seiner Vernehmung unwidersprochen bestätigt habe, dass er den streitigen Radsatz bei der Beklagten zu 1) außerhalb des Uhren-Tauschgeschäfts niemals erworben hätte, sei auch ein hypothetischer Gewinnverlust ausgeschlossen. Nach einer 30-jährigen ungestörten Betriebszugehörigkeit hätte eine Abmahnung ausgereicht, um dem Arbeitsvertragsverstoß angemessen zu begegnen. Das Arbeitsgericht habe auch seine Doppelrolle unberücksichtigt gelassen. Er habe den Radsatz nicht in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer der Beklagten zu 1), sondern als Geschäftsführer der Fa. A. GmbH bei der Herstellerfirma Brabus bestellt.

33

Die Beklagte zu 1) habe die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt. Der Mitgeschäftsführer der Beklagten C. R. habe bereits wenige Wochen nach dem Uhrenerwerb im ersten Halbjahr des Jahres 2010 Kenntnis von dem Vorfall gehabt. Er habe kurze Zeit nach dem Uhrengeschäft dem Mitgeschäftsführer seine neu erworbene Uhr gezeigt. Er habe mit ihm auch darüber gesprochen, was er für die Uhr bezahlt habe und ihm das Tauschgeschäft mit dem Zeugen B. erläutert. Der Mitgeschäftsführer habe ihn gefragt, ob die Beklagte zu 1) von dem Geschäft einen finanziellen Nachteil gehabt habe. Er habe ihm daraufhin erklärt, dass er den Selbstkostenpreis der Räder bezahlt habe.

34

Im Spätsommer des Jahres 2011 habe er in Begleitung seines Schwagers im Außenbereich einer Pizzeria gesessen. Der Mitgeschäftsführer sei zufällig vorbeigekommen und habe sich zu ihnen an den Tisch gesellt. Die Glashütte-Uhr, die er an diesem Tag getragen habe, sei zum Gesprächsthema geworden. Es sei nochmals das Gespräch darauf gekommen, wie er die Uhr im Jahr 2010 vom Zeugen B. erhalten habe. Er habe nochmals dargestellt, dass er dem Zeugen B., die gewünschten Felgen besorgt und im Gegenzug dafür die Uhr erhalten habe. Aufgrund des damals noch engen freundschaftlichen Verhältnisses sei die gesamte Angelegenheit vom Mitgeschäftsführer nicht kritisch bewertet oder weiter hinterfragt worden.

35

Die Betriebsratsanhörung sei iSd. § 102 BetrVG nicht ordnungsgemäß erfolgt. Er sei kein leitender Angestellter der Beklagten zu 1) gewesen. Ihm sei zwar Prokura erteilt worden, er sei als Verkaufsleiter jedoch nicht mit bedeutenden unternehmerischen Leitungsaufgaben betraut gewesen. Er habe seine Entscheidungen nicht im Wesentlichen frei von Weisungen der Geschäftsleitung treffen können. Die Prokura sei ihm ausschließlich für den Fall erteilt worden, falls aufgrund der Urlaubsabwesenheit des Mitgeschäftsführers C. R. formale Erklärungen gegenüber Behörden oder Banken abzugeben gewesen seien.

36

Die Beklagte zu 1) habe dem Betriebsrat mitgeteilt, dass er dem Zeugen B. einen Satz Brabus-Felgen, inkl. Reifen, im Tausch gegen die Uhr zu ihren Lasten habe zukommen lassen. Sie habe damit ggü. dem Betriebsrat den falschen Eindruck erweckt, dass er dem Zeugen B. auch die Reifen über die Beklagte zu 1) verschafft habe. Dies sei jedoch falsch, weil er die Reifen über seinen Bekannten J. K. (ein Verkaufsmitarbeiter der Fa. Pirelli) zu einem Freundschaftspreis privat bezogen habe. Die Adresse der Beklagten zu 1) habe ausschließlich als Lieferadresse gedient, was dem in der Betriebsratsanhörung genannten Zeugen M. aufgrund eines Gesprächs mit K. bekannt gewesen sei. Darüber hinaus sei dem Betriebsrat nicht mitgeteilt worden, dass er die Selbstkosten für den Radsatz über sein Verrechnungskonto ausgeglichen habe und der Beklagten zu 1) tatsächlich kein Schaden entstanden sei.

37

Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Klägers vom 18.03.2014 und vom 26.06.2014 Bezug genommen.

38

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

39

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 31.10.2013, Az. 3 Ca 977/13, teilweise abzuändern und
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten zu 1) durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013 nicht aufgelöst worden ist,
die Beklagte zu 1) zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) in ihrem Betrieb in C-Stadt als Verkaufsleiter Pkw bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag zu 1) zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen.

40

Die Beklagte zu 1) beantragt,

41

die Berufung zurückzuweisen.

42

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 30.05.2014 auf die Bezug genommen wird, als zutreffend. Ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB liege vor. Die Behauptung des Klägers, er habe ihr die für den Felgensatz angefallenen Kosten zzgl. eines Aufschlags für das Auswuchten und die Montage der Räder gezahlt, sei falsch. Sein Vortrag, er habe die Kosten durch eine von ihm veranlasste Sollstellung auf das für ihn geführte Debitorenkonto bezahlt, sei unsubstantiiert und unzutreffend. Richtig sei, dass dem kumulierten und in das Jahr 2011 übertragenen Saldovortrag aus dem Jahr 2010 iHv. € 2.986,19 Einzelbuchungen zu Grunde liegen. Keine dieser Einzelbuchungen betreffe jedoch die Kosten der Felgen. Der Saldo iHv. € 2.986,19 beruhe auf folgenden Buchungen bzw. Zahlungsvorgängen:

43

Barentnahme des Klägers aus der Firmenkasse am 18.02.2010 über

€ 2.900,00

Barentnahme des Klägers aus der Firmenkasse am 12.03.2010 über

€ 900,00

Gutschrift zu Gunsten des Klägers am 04.05.2010 über

€ 1.000,03

Warenlieferung an den Kläger gemäß Rechnung-Nr. 180662 vom 20.10.2010 über

€ 186,22

44

Sie habe eine Steuerberaterkanzlei mit einer Überprüfung der Konten des Klägers beauftragt. Diese habe das Ergebnis mit Schreiben vom 08.05.2014 vorgelegt. Die Steuerkanzlei sei zweifelsfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass eine irgendwie geartete Belastung der Konten des Klägers mit den Kosten der Felgen nicht stattgefunden habe. Der Kläger habe niemals angeregt oder angeordnet, dass die Kosten der Felgen seinem Verrechnungskonto belastet werden sollen. Vor dem Arbeitsgericht habe der Kläger - als Partei angehört - erklärt, er habe die die Felgen betreffende Rechnung vom Zeugen M. erst Ende 2010/Anfang 2011 erhalten und diese Rechnung dann Mitte 2011 über ein Verrechnungskonto mit einem Aufschlag von € 250,00 bezahlt. Unabhängig davon, dass dieser Vortrag mit der jetzigen Behauptung, die Rechnung sei bereits im Jahr 2010 im Wege der Belastung seines Verrechnungskontos bezahlt worden, nicht zu vereinbaren sei, sei dieser Vortrag auch unwahr. Der Zeuge M. habe bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung zutreffend geschildert, dass er ihr die Rechnung "ganz normal" und zeitnah zugeleitet habe und sie von ihrer Buchhaltung bereits am 16.03.2010 verbucht und durch eine entsprechende Überweisung ausgeglichen worden sei. Der Kläger habe die Rechnung zuvor abgezeichnet. Weder bei dieser Gelegenheit noch zu irgendeinem anderen Zeitpunkt habe er ggü. dem Zeugen M. erklärt, dass er die Kosten der Felgen selbst tragen wolle. Die auf der Rechnung vom 03.03.2010 angebrachte Paraphe "B" stamme vom Kläger. Die zuständige Mitarbeiterin der Buchhaltung habe die Rechnung am 16.03.2013 verbucht und hierbei in das elektronische Buchhaltungssystem eingegeben.

45

Sie habe die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt, denn sie habe über die Kündigungstatsachen erst am 01.07.2013 durch den Zeugen B. Kenntnis erlangt. Der Kläger habe ihren Mitgeschäftsführer C. R. nicht über die Modalitäten des Uhrenerwerbs, insb. darüber unterrichtet, dass er den Kaufpreis für die Uhr durch Lieferung eines Felgensatzes auf ihre Kosten bezahlt habe. Dass der Kläger zu keiner Zeit ggü. ihren Geschäftsführern etwas über die Art und Weise seiner "Kaufpreiszahlung" erzählt habe, werde auch dadurch belegt, dass er den Zeugen B. vor dem Gespräch vom 01.07.2013 telefonisch darum gebeten habe, der Geschäftsführung nichts über die Einzelheiten des Uhrengeschäftes zu berichten.

46

Sie sei nicht verpflichtet gewesen, den Betriebsrat gem. § 102 BetrVG anzuhören, weil der Kläger leitender Angestellter gewesen sei. Seine Behauptung, die Prokura sei ihm ausschließlich für den Fall erteilt worden, dass während der Urlaubsabwesenheit des Mitgeschäftsführers C. R. formale Erklärungen gegenüber Behörden oder Banken abzugeben seien, sei unsinnig. Die Prokura sei ihm bereits am 24.02.2003 erteilt worden, während C. R. erst am 01.04.2007 eingetreten sei. In seiner Eigenschaft als Verkaufsleiter und Prokurist habe der Kläger eine herausgehobene Position innegehabt. Wie herausgehoben seine Position im Unternehmen gewesen sei, werde auch dadurch verdeutlicht, dass er zum Geschäftsführer der zur Unternehmensgruppe gehörenden Fa. A. GmbH bestellt worden sei.

47

Unabhängig davon habe sie den Betriebsrat gem. § 102 BetrVG vorsorglich angehört. Der Betriebsrat habe den Beschluss, der fristlosen Kündigung zuzustimmen, am 09.07.2013 um 11:00 Uhr gefasst. Im unmittelbaren Anschluss habe die Betriebsratsvorsitzende die Geschäftsführung über den Zustimmungsbeschluss unterrichtet. Die Rüge des Klägers, sie habe den Betriebsrat inhaltlich unvollständig bzw. unrichtig unterrichtet, sei nicht berechtigt. Die feinsinnige Differenzierung zwischen Felgen einerseits und den zugehörigen Reifen andererseits sei unerheblich. Der Kläger habe auch die Reifen widerrechtlich aus ihrem Bestand entnommen. Um die Reifen kostenfrei beziehen und im Rahmen des Tauschgeschäftes mit dem Zeugen B. verwenden zu können, habe er seine persönlichen Beziehungen zu dem bei der Fa. Pirelli beschäftigten K. spielen lassen und dafür gesorgt, dass der Reifenhersteller an sie (die Beklagte zu 1) einen Satz Reifen kostenfrei liefere. Auf diesen Reifen habe der Kläger zugegriffen und sie dem Zeugen B. ohne Berechnung zur Verfügung gestellt.

48

In seiner Replik vom 26.06.2014 führt der Kläger aus, die Beklagte zu 1) weigere sich, einen vollständigen und detaillierten Kontoauszug der Jahre 2010 bis 2011 für das für ihn geführte Spar- und Verrechnungskonto unter detailliertem Ausweis sämtlicher Einzelbuchungen vorzulegen. Stattdessen berufe sie sich auf eine Stellungnahme der Steuerberatersozietät vom 08.05.2014, die jedoch nicht aufschlussreich sei. Letztlich werde nur bestätigt, dass in dem dort genannten Zeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2011 keine Buchung (mit oder ohne Rechnung) über einen Satz Brabus-Felgen enthalten sei. Hierbei sei jedoch festzuhalten, dass die Buchung, die seine Zahlung für den Felgensatz beinhalte, nicht ausdrücklich den Hinweis "Brabus-Felgen" enthalten müsse. Deshalb habe er wiederholt die vollständige Offenlegung der Kontenbewegungen gefordert. Soweit die Beklagte nunmehr anführe, im Verrechnungskonto sei unter dem 18.02.2010 eine Barentnahme über einen Betrag iHv. € 2.900,00 ausgewiesen, so könnte dieser Betrag die veranlasste Zahlung der Felgen darstellen. Die Bezeichnung "Barentnahme" deute nicht auf eine physische Geldentnahme hin. Da er am 18.02.2010 keine Barauszahlung erhalten habe und auch seinem Sparkonto keine Gutschrift erteilt worden sei, verbleibe nur die Möglichkeit, dass mit diesem Betrag die Debitorenrechnung der Brabus-Felgen ausgeglichen worden sei. Eine Offenlegung der Buchungsvorgänge werde exakt diesen Vortrag bestätigen. Hinsichtlich des angegebenen Datums 18.02.2010 sei anzumerken, dass dieses keineswegs das Erfassungsdatum des Buchungsvorgangs darstelle, die Erfassung sei erst im Spätjahr 2010 auf seine Anweisung durch seine Sekretärin erfolgt, aber zurückdatiert worden, was im System der Beklagten zu 1) problemlos möglich sei. Bezüglich der Felgenrechnung vom 03.03.2010, die nach dem Vortrag der Beklagten zu 1) am 16.03.2010 verbucht worden sein soll, sei der Konten-Einzelposten-Auszug verwirrend. Die Rechnung der Fa. Al GmbH über einen Betrag iHv. € 2.739,38 sei bereits am 01.03.2010 im Konto der Beklagten zu 1) aufgetaucht, obwohl die Rechnung erst am 03.03.2010 erstellt und sogar erst am 16.03.2010 verbucht worden sein soll. Auch insoweit sei die Stellungnahme der Steuerberatersozietät unschlüssig.

49

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

50

Die gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und inhaltlich ausreichend begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO).

II.

51

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kündigungsschutzklage ist nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten zu 1) ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden. Der uneigentliche Hilfsantrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung fällt deshalb nicht zur Entscheidung an.

52

Die Berufungskammer folgt der ausführlichen und überzeugend begründeten Entscheidung des Arbeitsgerichts Kaiserslautern und sieht gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer umfassenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Das Berufungsvorbringen veranlasst lediglich folgende Ausführungen:

53

1. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013 beruht auf einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB.

54

a) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (vgl. BAG 29.08.2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 19, NZA 2014, 533).

55

Einen in diesem Sinne die fristlose Kündigung „an sich“ rechtfertigenden Grund stellt ua. ein vom Arbeitnehmer zu Lasten des Arbeitgebers begangenes Vermögensdelikt dar, und zwar auch dann, wenn die rechtswidrige Handlung Sachen von nur geringem Wert betrifft oder zu einem nur geringfügigen, möglicherweise zu gar keinem Schaden geführt hat (vgl. BAG 20.06.2013 - 2 AZR 546/12 - Rn. 13, NZA 2014, 143; BAG 21.06.2012 - 2 AZR 153/11 - Rn. 17, NZA 2012, 1025; BAG 10.06.2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 26, AP BGB § 626 Nr. 232; jeweils mwN). Maßgebend ist der mit der Pflichtverletzung verbundene Vertrauensbruch.

56

b) Nach diesen Grundsätzen ist das Verhalten des Klägers geeignet, die fristlose Kündigung vom 10.07.2013 zu rechtfertigen.

57

Es ist unstreitig, dass der Kläger mit dem Zeugen B. ein Tauschgeschäft dahingehend vereinbart hat, dass der Zeuge dem Kläger eine Glashütte-Uhr im Wert von ca. € 6.000,00 übereignet und der Kläger ihm im Gegenzug den bei der Beklagten zu 1) gekauften Neuwagen mit einem Satz Sommerreifen auf Brabus-Felgen ausstatten lässt, ohne dass dem Zeugen hierfür irgendwelche Kosten entstehen. Das Tauschgeschäft ist vereinbarungsgemäß abgewickelt worden. Der Kläger hat dafür gesorgt, dass die Felgen und Reifen geliefert und in der Werkstatt der Beklagten zu 1) auf das Fahrzeug des Zeugen B. montiert worden sind. Hätte der Zeuge die Sommerreifen auf Brabus-Felgen bei der Beklagten zu 1) "offiziell" bestellt und bezogen, hätte er für Teile und Arbeitskosten, einschließlich Mehrwertsteuer ca. € 6.500,00 zahlen müssen.

58

Allein schon die Tatsache, dass der Kläger ein derartiges Geschäft unter Ausnutzung der ihm als Verkaufsleiter Pkw zur Verfügung stehenden Möglichkeiten mit einem Kunden der Beklagten zu 1) abgeschlossen hat, stellt eine schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar.

59

Soweit der Kläger zu seiner Entlastung geltend macht, der Beklagten zu 1) sei durch sein privates Uhrengeschäft mit dem Zeugen B. kein Schaden entstanden, weil er ihr den Selbstkostenpreis für die Brabus-Felgen erstattet sowie einen Aufschlag für die Werkstattkosten (Montage/Auswuchten) gezahlt habe, handelt es sich um eine bloße Schutzbehauptung. Der Kläger hat im Laufe des Verfahrens wechselnde Einlassungen abgegeben, die mehrfach widersprüchlich und kaum noch nachvollziehbar sind. Die Beklagte zu 1) hat sein Entlastungsvorbringen widerlegt. Die Berufungskammer ist - wie das Arbeitsgericht - der sicheren Überzeugung, dass der Kläger der Beklagten zu 1) für die Felgen und die Arbeitskosten nichts bezahlt hat.

60

Der Zeuge M. hat während seiner erstinstanzlichen Vernehmung bekundet, dass er die Felgen, die sich der Zeuge B. ausgesucht habe, auf Weisung des Klägers bei der Fa. Brabus bestellt habe. Die Rechnung der Fa. A. GmbH (im Original Bl. 193 d.A.) über einen Betrag von € 2.739,38 habe er am 03.03.2010 der Beklagten zu 1) ausgestellt. Die Rechnung sei entgegen der Behauptung des Klägers nicht gefälscht. Auch die Behauptung des Klägers, er habe ihn im Laufe des Jahres 2010 wiederholt an die Ausstellung der Rechnung erinnert, sei falsch. Es sei weiterhin falsch, dass ihm das Nichtausstellen der Rechnung erst bei der Inventur Ende 2010/ Anfang 2011 aufgefallen sei und er die Rechnung später erstellt habe. Auf diese klare, eindeutige Zeugenaussage und die sorgfältige Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts geht die Berufung mit keinem Wort ein. Konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung iSd. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Ein Sachverständigengutachten wegen des vom Kläger erhobenen Fälschungseinwands war nicht einzuholen. Für die Vermutung des Klägers, dass die Rechnung vom 03.03.2010 mit dem Buchungsstempel vom 16.03.2010 gefälscht sein könnte, bestehen keine greifbareren Anhaltspunkte. Das gleiche gilt für die "ins Blaue" hinein aufgestellte Vermutung des Klägers, die Datumsangaben im Buchhaltungssystem der Beklagten seien gefälscht worden. Es bestehen keinerlei Verdachtsmomente dafür, dass die Rechnung nicht am 03.03.2010 vom Zeugen M. ausgestellt und am 16.03.2010 von der Buchhaltung gebucht worden sein könnte. Im Gegenteil: Die Sommerreifen, die der Kläger für den Zeugen B. über seinen Bekannten K. beim Reifenhersteller beschafft hat, sind ausweislich des Lieferscheins (Bl. 72 d.A.) am 03.03.2010 bestellt und am 04.03.2010 geliefert worden. Die Montage des Felgen-Reifen-Satzes auf das Fahrzeug des Zeugen B. erfolgte ausweislich des internen Werkstattauftrags (Bl. 154 d.A.) und der internen Leistungsverrechnung über die Lohnarbeiten (Bl. 155 d.A.) am 15.03.2010. Es ist eine bloße Unterstellung des Klägers, dass das Rechnungsdatum über den Felgensatz vom 03.03.2010 und das Buchungsdatum vom 16.03.2010 gefälscht sei. Der Fälschungseinwand wird durch die Aussage des Zeugen M. widerlegt. An der Glaubhaftigkeit der Aussage und der Glaubwürdigkeit des Zeugen M. zweifelt die Berufung nicht.

61

Auch der Steuerberater, den die Beklagte zu 1) mit der Prüfung der Konten beauftragt hat, kommt in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 08.05.2014 zu dem Ergebnis, dass die Eingangsrechnung Nr. 6-6421 der Fa. A. GmbH über die Brabus-Felgen iHv. € 2.739,38 auf den 03.03.2010 datiert und am 16.03.2010 im Buchhaltungssystem der Beklagten zu 1) erfasst worden sei. Das Erfassungsprotokoll, das die Bezugsdaten (zB. Bearbeiter, Datum, Uhrzeit) automatisch generiere, sei nicht verändert oder verfälscht worden. Eine Fälschung sei auch deshalb auszuschließen, weil sie zu Abweichungen zwischen den Kontensalden führen müsste. Entgegen der Ansicht der Berufung in der Replik auf die Berufungserwiderung sind diese Ausführungen nicht "verwirrend", sondern vollumfänglich überzeugend und nachvollziehbar. Sie stimmen sowohl mit der Aussage des Zeugen M. als auch mit den Bestell-, Liefer- und Werkstattdaten überein, die der Kläger nicht bestreitet. Wenn der Kläger eine Unschlüssigkeit des Berichts des Steuerberaters vom 08.05.2014 daraus herleiten will, dass in der Anlage A4 (Bl. 364 d.A.) in der Aufstellung "Anzeigen Konto: Einzelposten zum Ausgleich" eine Warenrechnung über € 2.739,38 unter dem Datum 01.10.2010 "auftaucht", übersieht er, dass es sich um eine Aufstellung des Kontos der Fa. A. GmbH handelt. Dieser Firma, deren Mitgeschäftsführer der Kläger war, muss eine Warenrechnung der Fa. Brabus zugegangen sein. Auf die Frage der Berufungskammer, warum er nicht unmittelbar die Rechnung der Fa. Brabus bezahlt, sondern diese Rechnung an die Beklagte zu 1) "weiterfakturiert" hat, wusste der Kläger keine Antwort.

62

Der Kläger hat auch zweitinstanzlich nicht ansatzweise darzulegen vermocht, dass er der Beklagten zu 1) den Felgen-Rechnungsbetrag von € 2.739,38 zzgl. eines Aufschlags von € 250,00 für die von ihm geschätzten Werkstattkosten, wie er erstinstanzlich im Kammertermin zu Protokoll erklärt hat, also einen Gesamtbetrag von € 2.989,38, erstattet hat. Unstreitig gibt es keine unmittelbare Zahlung oder Überweisung des Klägers an die Beklagte zu 1). Der Kläger hat den Betrag von € 2.989,38 auch nicht durch eine von ihm veranlasste Soll-Stellung auf dem für ihn bei der Beklagten zu 1) geführten Debitorenkonto gezahlt.

63

In erster Instanz hat der Kläger noch behauptet, die auf seinem Konto mit Datum "31.01.2011" zu Rechnung-Nr. 663 über € 2.986,19 vorgenommene Buchung stelle die Erstattung der Felgen-Kosten nebst Aufschlag dar. Dieses Vorbringen, dass ihm das Arbeitsgericht nicht geglaubt hat, hat der Kläger zweitinstanzlich "korrigiert", weil er nicht länger leugnen konnte, dass die Buchung vom 31.01.2011 mit der Belegnummer 663 iHv. € 2.986,19 nicht im Zusammenhang mit einer einzelnen Rechnung steht, da lediglich der Altsaldo aus dem Jahr 2010 in das Jahr 2011 übertragen worden ist. Den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts, das das Entlastungsvorbringen des Klägers insgesamt als konstruierten Vortrag gewürdigt hat, ist nichts hinzuzufügen.

64

Entgegen der Ansicht der Berufung hat das Arbeitsgericht die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht verkannt. Grundsätzlich ist der kündigende Arbeitgeber verpflichtet, alle Umstände darzulegen und zu beweisen, die eine Kündigung begründen. Hierzu gehören auch die Tatsachen, die einen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund für das Verhalten des Arbeitnehmers ausschließen. Allerdings darf es nicht zu einer Überforderung der mit der Darlegungs- und Beweislast belegten Partei kommen, so dass sich ihr Umfang danach richtet, wie substantiiert sich der gekündigte Arbeitnehmer auf die Kündigungsgründe einlässt. Es gilt eine abgestufte Verteilung der Darlegungs- und Beweislast (st. Rspr., vgl. etwa BAG 06.08.1987 - 2 AZR 226/87- NJW 1988, 438; ErfK/ Müller-Glöge, 14. Aufl. BGB § 626 Rn. 235, mwN).

65

Der Kläger ist seiner diesen Grundsätzen entsprechenden prozessualen Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Er war verpflichtet, schlüssig vorzutragen, dass er die Felgen für den Zeugen B. aus seinem Privatvermögen gezahlt hat. Deswegen hatte er nach § 138 Abs. 2 ZPO die näheren Umstände der Bezahlung substantiiert darzulegen. Das ist ihm mit seinen wechselnden und widersprüchlichen Angaben nicht gelungen. Die Beklagte zu 1) hat sämtliche vom Kläger vorgebrachten Einwände zur angeblichen Kostenerstattung widerlegt.

66

Während der Kläger erstinstanzlich unter Erhebung von Fälschungsvorwürfen behauptet hat, er habe mit Buchung zum Datum 31.01.2011 zu Rechnung-Nr. 663 über € 2.986,19 die Selbstkosten für die Felgen erstattet (Schriftsatz vom 14.10.2013), erklärte er in der Kammerverhandlung vom 31.10.2013 auf Nachfrage des Arbeitsgerichts zu Protokoll, er habe die Rechnung über die Felgen Mitte 2011 über das Verrechnungskonto mit einem Aufschlag von € 250,00 bezahlt. In der Berufungsbegründung behauptete der Kläger, er habe im 4. Quartal 2010 seiner Sekretärin einen Zettel übergeben und sie gebeten, den dort handschriftlich notierten Betrag im Buchungssystem der Beklagten zu 1) als privaten Rechnungsbetrag einzugeben. Die von seiner Sekretärin ausgestellte Rechnung, die ihm heute nicht mehr vorliege, sei in seinem Verrechnungskonto 2010 als Sollstelle erfasst und gebucht worden. Hinter dem in das Jahr 2011 übertragenen Saldovortrag aus dem Jahr 2010 iHv. € 2.986,19 seien zwangsläufig eine oder mehrere entsprechende Buchungen nebst zugehörigen Rechnungen hinterlegt. Hierbei sei festzuhalten, dass eine dieser hinterlegten Rechnungen aus dem Jahr 2010 die Brabus-Felgenrechnung nebst Zuschlag für die Werkstattkosten sei. Dies folge bereits daraus, dass er und seine Familienmitglieder im Jahr 2010 kein Mercedesfahrzeug gefahren seien und somit kein Rechnungsbetrag mit Ausnahme des erworbenen Radsatzes auf seinem Verrechnungskonto im Jahr 2010 erscheinen könne.

67

Aus dem Kontoauszug mit den im Jahr 2010 verbuchten vier Geschäftsvorgängen nebst Anlagen geht eindeutig hervor, dass dem Kläger am 22.10.2010 von der Beklagten zu 1) eine Werkstattrechnung über Arbeiten an einem Fahrzeug vom Typ "Porsche Cayenne" (Nachweis B5, Bl. 367 d.A.) ausgestellt worden ist. Seine Unterstellung, dass im Jahr 2010 nur die Rechnung für den Brabus-Felgensatz auf dem Verrechnungskonto verbucht worden sein könne, weil er und seine Familienmitglieder im Jahr 2010 kein Mercedesfahrzeug gefahren seien, stellt sich bereits deshalb als haltlos heraus.

68

In seiner Replik auf die Berufungserwiderung behauptet der Kläger zuletzt, im Verrechnungskonto sei unter dem 18.02.2010 eine Barentnahme über einen Betrag von € 2.900,00 ausgewiesen. Da er am 18.02.2010 keine Barauszahlung erhalten habe und seinem Sparkonto keine Gutschrift erteilt worden sei, verbleibe nur die Möglichkeit, dass damit die Rechnung über die Brabus-Felgen ausgeglichen worden sei. Die Bezeichnung "Barentnahme" deute nicht auf eine physische Geldentnahme hin, das angegebene Buchungsdatum "18.02.2010" stelle nicht das Erfassungsdatum des Buchungsvorgangs dar, die Erfassung sei vielmehr erst im Spätjahr 2010 durch seine Sekretärin erfolgt, aber zurückdatiert worden, was mit der Buchhaltungssoftware der Beklagten zu 1) problemlos möglich sei.

69

Auch dieser prozessuale Vortrag leidet an unauflösbaren inneren Widersprüchen. Weshalb die Sekretärin, die Rechnung an den Kläger auf den 18.02.2010 zurückdatiert haben sollte, ist nicht nachvollziehbar, zumal die Felgen erst am 15.03.2010 auf das Fahrzeug des Zeugen B. montiert worden sind. Der Kläger bleibt auch jedweder Erklärung dafür schuldig, weshalb die Sekretärin gegen seine Anweisung keine Rechnung eingebucht, sondern im Belegtext "Kasse 01" eingegeben haben sollte.

70

Das Vorbringen des Klägers genügt auch zweitinstanzlich nicht ansatzweise den Anforderungen an einen schlüssigen Tatsachenvortrag. Damit ist nach § 138 Abs. 3 ZPO die Behauptung der Beklagten zu 1), der Kläger habe ihr den Selbstkostenpreis für die Brabus-Felgen nicht erstattet, als zugestanden anzusehen mit der Rechtsfolge, dass von einer erheblichen arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung des Klägers zu Lasten seiner Arbeitgeberin auszugehen ist, die einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung darstellt. Unerheblich ist hierbei, ob der Straftatbestand der Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB erfüllt ist. Auf die strafrechtliche Bewertung des Verhaltens kommt es für seine kündigungsrechtliche Bedeutung nicht entscheidend an. Erschwerend zu berücksichtigen ist aber, dass die Pflichtverletzung mit der vertraglich geschuldeten Tätigkeit des Klägers zusammenhängt, in unmittelbarem Zusammenhang mit dem konkreten Aufgabenbereich des Klägers steht und bei Gelegenheit der Arbeitsleistung verübt worden ist.

71

c) Die Pflichtverletzung des Klägers ist von solchem Gewicht, dass sie auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und aller Umstände des vorliegenden Falls zum Überwiegen des berechtigten Interesses der Beklagten zu 1) führt, das Arbeitsverhältnis ohne Einhalten einer Kündigungsfrist mit sofortiger Wirkung zu beenden.

72

Im Rahmen der Prüfung, ob dem Arbeitgeber trotz Vorliegens eines wichtigen Grunds die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zuzumuten ist, ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers gegenüber dem Bestandsinteresse des Arbeitnehmers abzuwägen. Die außerordentliche Kündigung muss insb. verhältnismäßig sein. Zu berücksichtigen sind regelmäßig Gewicht und Auswirkungen der Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr, die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreien Verlaufs (vgl. BAG 10.6.2010 - 2 AZR 541/09, aaO.), sowie Lebensalter, Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers und seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

73

aa) Entgegen der Ansicht der Berufung ist die außerordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013 nicht wegen des Fehlens einer Abmahnung unverhältnismäßig. Nach dem Ultima-Ratio-Prinzip kommt eine außerordentliche Kündigung grundsätzlich erst dann in Betracht, wenn alle anderen nach den Umständen möglichen und angemessenen milderen Mittel ausgeschöpft sind. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt die Anwendung milderer Mittel, sofern diese gleich geeignet wie eine Kündigung sind, eine weitere einschlägige Pflichtverletzung des Arbeitnehmers zu verhindern. § 626 Abs. 1 BGB berechtigt einen Vertragspartner zur sofortigen Kündigung, um diesem die Vermeidung weiterer Pflichtverletzung zu ermöglichen. Hingegen darf eine Kündigung nicht als Sanktion für eine bereits begangene Pflichtverletzung erfolgen. Eine Abmahnung ist daher in den Fällen erforderlich, in denen es dem Arbeitgeber zumutbar ist, dem Arbeitnehmer die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens sowie die Einordnung dieses Verhaltens durch den Arbeitgeber aufzuzeigen. Folglich ist eine Abmahnung dann entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer die Rechtswidrigkeit einer schweren Pflichtverletzung ohne weiteres erkennen und mit deren Hinnahme durch den Arbeitgeber unter keinen Umständen rechnen kann (vgl. BAG 25.10.2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 16 mwN, NZA 2013, 319).

74

So ist es hier. Der Kläger konnte unter keinen Umständen damit rechnen, die Beklagte zu 1) nehme hin, dass er auf ihre Kosten vom Zeugen B. eine Glashütte-Uhr im Wert von ca. € 6.000,00 erwirbt. Vielmehr hätte dem Kläger bewusst sein müssen, dass er durch ein derartiges Privatgeschäft auf Kosten seiner Arbeitgeberin seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt. Der Kläger hat bei der gebotenen objektiven Betrachtung das für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen nicht nur erschüttert, sondern restlos zerstört. Eine Abmahnung war daher im vorliegenden Fall entbehrlich. Sie war nicht geeignet, das verlorene Vertrauen der Beklagten zu 1) in die Redlichkeit des Klägers wiederherzustellen.

75

bb) Im Rahmen der Interessenabwägung im engeren Sinn hat die Berufungskammer - wie bereits das Arbeitsgericht - zugunsten des Klägers seine langjährige Betriebszugehörigkeit seit 1983 und die Unterhaltspflichten gegenüber seiner Ehefrau und den drei Kindern berücksichtigt. Gleichwohl kann der Beklagten zu 1) aufgrund von Art und Schwere des dem Kläger vorzuwerfenden Fehlverhaltens eine weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden. Durch das vom Kläger begangene Vermögensdelikt zu Lasten seiner Arbeitgeberin ist ein irreparabler Vertrauensverlust entstanden, der dieser eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar gemacht hat. Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Klägers ist durch die vorsätzliche Pflichtverletzung objektiv derart erschüttert worden, dass seine Wiederherstellung und ein künftig wieder störungsfreies Miteinander der Parteien nicht mehr zu erwarten ist. Dem Interesse der Beklagten zu 1) an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist auch unter Berücksichtigung der langjährigen Betriebszugehörigkeit und der Unterhaltspflichten des Klägers Vorrang einzuräumen. Der Kläger hat seine Stellung als Verkaufsleiter Pkw zur Begehung einer Straftat zu Lasten der Beklagten ausgenutzt und dadurch das erforderliche Vertrauen in seine Redlichkeit und Zuverlässigkeit vollständig zerstört. Dieser Vertrauensverlust wiegt schwerer als die zugunsten des Klägers sprechenden sozialen Gesichtspunkte. Schließlich ist auch anzuerkennen, dass die Beklagte zu 1) ein Interesse daran hat, gegen ihre Eigentums- und Vermögensinteressen gerichtete Pflichtverletzungen so zu sanktionieren, dass andere Arbeitnehmer von einer Nachahmung abgeschreckt werden und erkennen können, dass sie ein solches Verhalten unter keinen Umständen duldet.

76

2. Die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013 ist nicht nach § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

77

a) Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist dann der Fall, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglichen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht.

78

b) Danach hat die Beklagte zu 1) die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Entgegen der Ansicht der Berufung begann die Frist nicht vor dem 01.07.2013 zu laufen.

79

Am 01.07.2013 hat der Mitgeschäftsführer der Beklagten in einem Gespräch mit dem Zeugen B. über die Kündigungstatsachen Kenntnis erlangt. Die Beklagte zu 1) hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie sich im Februar 2013 im Zusammenhang mit einem anderen Betrugs- und Unterschlagungsvorgang mit allen Kunden in Verbindung gesetzt habe, die in den letzten 2 bis 3 Jahren Fahrzeuge gekauft haben. In diesem Zusammenhang sei der Gesprächstermin mit dem Zeugen B. vereinbart worden, der am Ende des Gesprächs von sich aus gefragt habe, ob die Geschäftsführung von seinem "Uhrengeschäft" mit dem Kläger wisse.

80

Der zweitinstanzliche Vortrag des Klägers, der Mitgeschäftsführer der Beklagten C. R. habe bereits wenige Wochen nach dem Uhrenerwerb im ersten Halbjahr des Jahres 2010 Kenntnis "von dem Vorfall" gehabt, ist unsubstantiiert. Es kann unterstellt werden, dass der Kläger dem Mitgeschäftsführer die Uhr gezeigt, den Wert von € 6.000,00 genannt und ihm möglicherweise auch erklärt hat, dass er sie vom Zeugen B. erhalten habe. Soweit der Kläger zweitinstanzlich vorträgt, er habe mit dem Mitgeschäftsführer auch darüber gesprochen, was er für die Uhr bezahlt habe und ihm das Tauschgeschäft mit dem Zeugen B. erläutert, ist auch diese Behauptung unsubstantiiert. Von einer Kenntniserlangung der Beklagten zu 1) über die Kündigungstatsachen könnte nur gesprochen werden, wenn der Kläger dem Mitgeschäftsführer konkret erklärt hätte, dass er dem Zeugen B. für die Uhr im Wert von € 6.000,00 keinen Cent bezahlt, sondern ihm als Gegenleistung einen Satz Brabus-Felgen, inkl. Sommerreifen, auf Kosten der Beklagten zu 1) zur Verfügung gestellt habe. Das behauptet der Kläger selbst nicht. Dasselbe gilt für den zweitinstanzlichen Vortrag des Klägers, er habe im Spätsommer des Jahres 2011 dem Mitgeschäftsführer C. R. bei einem zufälligen Treffen in einer Pizzeria nochmals dargestellt, dass er dem Zeugen B., den gewünschten Felgen-Reifen-Satz besorgt und im Gegenzug dafür die Uhr erhalten habe.

81

3. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.07.2013 ist nicht wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats iSd. § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam.

82

Es kann dahinstehen, ob der Kläger als Prokurist und Verkaufsleiter Pkw gem. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BetrVG leitender Angestellter war, so dass der Betriebsrat nicht anzuhören gewesen wäre. Die Beklagte zu 1) hat den Betriebsrat vorsorglich iSd. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG zur Kündigung vom 10.07.2013 angehört. Diese Anhörung ist nicht zu beanstanden.

83

a) Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat. Für die Mitteilung der Kündigungsgründe iSd. § 102 Abs. 1 BetrVG gilt der Grundsatz der „subjektiven Determinierung“. Zu einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Information gehört auch die Unterrichtung über dem Arbeitgeber bekannte und für eine Stellungnahme des Betriebsrats möglicherweise bedeutsame Tatsachen, die den Arbeitnehmer entlasten und deshalb gegen den Ausspruch einer Kündigung sprechen können (vgl. BAG 19.07.2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 41 mwN, NZA 2013, 86).

84

b) Die Beklagte zu 1) ist ihrer Mitteilungspflicht aus § 102 Abs. 1 BetrVG inhaltlich ausreichend nachgekommen. Sie hat dem Betriebsrat mit Informationsschreiben vom 09.07.2013 den ihrer Kündigungsentscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt unter Angabe konkreter Tatsachen zutreffend geschildert.

85

Entgegen der Ansicht der Berufung ist die Information der Beklagten zu 1), dass der Kläger dem Zeugen B. einen Satz Brabus-Felgen, inklusive Reifen, im Tausch gegen die Glashütte-Uhr zu ihren Lasten beschafft habe, richtig. Die Beklagte zu 1) hat gegenüber dem Betriebsrat nicht den falschen Eindruck erweckt, dass er dem Zeugen B. auch die Sommerreifen über die Beklagte zu 1) verschafft habe. Die Information ist zutreffend. Die Reifen für den Zeugen B. (295/40 ZR20 110Y XL Rosso) wurden vom Reifenhersteller ausweislich des Lieferscheins vom 03.03.2010 (Bl. 72 d.A.) zum Liefertermin am 04.03.2010 an die Beklagte zu 1) geliefert. Die Fa. Pirelli Deutschland GmbH erstellte der Fa. D. AG, die im Lieferschein als "Regulierer" bezeichnet ist, für diese Lieferung eine "Nullrechnung" (Bl. 153 d.A.). In dieser Rechnung ist ausdrücklich aufgeführt: "Die Lieferung erfolgte kostenlos". Die Beklagte zu 1) fungierte nicht nur als "Lieferadresse", wie die Berufung behauptet. Sie ist vielmehr sachenrechtlich Eigentümerin geworden.

86

Es ist unerheblich, dass der Kläger unter Vorlage eines E-Mail-Ausdrucks vom 25.10.2013 (Bl. 300 d.A.) vorträgt, er habe die Reifen über seinen Bekannten K. (einen Mitarbeiter des Reifenherstellers) zu einem mit diesem "abgestimmten Freundschaftspreis, welcher hier nichts zur Sache tut" privat bezogen, die Beklagten zu 1) habe lediglich als Lieferadresse gedient. Die Ansicht des Klägers, er habe die Reifen für das Uhrengeschäft mit dem Zeugen B. "privat" erworben, ist offensichtlich unzutreffend. Die Reifen sind nach Faktenlage vom Reifenhersteller - und nicht von K. - der Beklagten zu 1) kostenlos - und nicht dem Kläger zu einem Freundschaftspreis - geliefert worden.

87

Auch die Berufungskammer ist davon überzeugt, dass der Kläger seine persönlichen Beziehungen zu dem bei der Fa. Pirelli beschäftigten K. hat "spielen" lassen, der dafür gesorgt hat, dass der Reifenhersteller an die Beklagte zu 1) einen Satz Reifen kostenfrei lieferte. Auf diese Reifen aus dem Warenbestand der Beklagten zu 1) hat der Kläger dann rechtswidrig zugegriffen.

88

Die Beklagte zu 1) hat dem Betriebsrat entgegen der Ansicht der Berufung auch keine entlastenden Tatsachen verschwiegen, weil sie ihm nicht mitgeteilt hat, dass der Kläger behauptet, er habe die Selbstkosten für den Radsatz über sein Verrechnungskonto ausgeglichen, weshalb ihr kein Schaden entstanden sei. Die Beklagte zu 1) war von Anfang an der festen Überzeugung, dass ihr der Kläger für den Felgensatz nichts bezahlt hat. Damit liegt keine bewusste Irreführung des Betriebsrats vor. Es gilt der Grundsatz der "subjektiven Determinierung".

89

c) Die Beklagte zu 1) brauchte nicht den Ablauf der Frist von drei Tagen abzuwarten, die dem Betriebsrat gem. § 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG zur Stellungnahme eingeräumt ist. Der Arbeitgeber kann eine Kündigung auch schon vor Fristablauf aussprechen, wenn der Betriebsrat erkennbar abschließend zu der Kündigungsabsicht Stellung genommen hat. Das Anhörungsverfahren ist dann beendet (vgl. BAG 09.06.2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 47, NZA 2011, 1342, mwN).

90

Die Beklagte zu 1) hat schlüssig vorgetragen, dass ihr die Betriebsratsvorsitzende am 09.07.2013 mitgeteilt habe, der Betriebsrat habe am selben Tag den Beschluss gefasst, der beabsichtigten fristlosen Kündigung des Klägers zuzustimmen. Diesem Vorbringen ist der Kläger in seiner Replik auf die Berufungserwiderung nicht mehr entgegengetreten.

91

4. Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung fällt als uneigentlicher Hilfsantrag nicht zur Entscheidung an.

III.

92

Als unterlegene Partei hat der Kläger gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen.

93

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 31. Oktober 2013, Az. 3 Ca 977/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013.

2

Der 1967 geborene Kläger ist verheiratet und drei minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er war seit 01.08.1983 bei der Beklagten zu 1) als Pkw-Verkäufer angestellt. Seit 02.01.2000 wurde er als Verkaufsleiter Pkw beschäftigt, ihm war Prokura erteilt. Sein durchschnittlicher Bruttoverdienst betrug zuletzt € 9.681,88 monatlich. Die Beklagte zu 1) beschäftigt in ihrem Betrieb in C-Stadt 70 bis 80 Arbeitnehmer; es besteht ein Betriebsrat. Die Beklagte zu 1) ist eine Kommanditgesellschaft, die Beklagte zu 2) deren Komplementär-GmbH.

3

Der Kläger war im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 1) Mitgeschäftsführer der zur Unternehmensgruppe der Beklagten gehörenden Fa. A. GmbH, die ua. sportliche Autozubehörteile vertreibt, die nicht vom Hersteller stammen. Zweiter Geschäftsführer war der Kfz-Meister G. M..

4

Zu den langjährigen Kunden der Beklagten zu 1) zählt der Zeuge B., der - wie der Kläger - exklusive Uhren sammelt. Im März 2010 kaufte der Kläger vom Zeugen B. privat eine goldene Armbanduhr der Manufaktur Glashütte im Wert von ca. € 6.000,00. Als Gegenleistung vereinbarte der Kläger mit dem Zeugen B. ein Tauschgeschäft dahingehend, dass er dessen bei der Beklagten zu 1) gekauften Neuwagen (Mercedes-Benz ML 350 CDI) mit einem Satz Alufelgen der Marke Brabus, incl. Sommerreifen, ausstatten lässt, ohne dass dem Zeugen hierfür Kosten entstehen.

5

In seiner Eigenschaft als Verkaufsleiter der Beklagten zu 1) sorgte der Kläger dafür, dass der Neuwagen des Zeugen B. in der hauseigenen Werkstatt mit dem gewünschten Felgen-Reifen-Satz ausgestattet und dem Zeugen für diese Leistung keine Rechnung ausgestellt wurde. Hätte der Zeuge den Felgen-Reifen-Satz "offiziell" bestellt und bezogen, hätte ihm die Beklagte zu 1) unter Einschluss aller Lohnarbeiten ca. € 6.500,00 in Rechnung gestellt (Felgen 4 x € 990,00, Reifen (295/40 ZR20 110Y XL Rosso) 4 x € 331,93, Felgenschloss € 70,92, Montage/Auswuchten € 137,48, MwSt. € 1.044,26).

6

In einem Gespräch vom 01.07.2013 berichtete der Zeuge B. dem Mitgeschäftsführer der Beklagten zu 1) von diesem Uhrengeschäft. Ob die Beklagte zu 1) bereits früher Kenntnis erlangt hat, ist streitig.

7

Am 09.07.2013 hörte die Beklagte zu 1) vorsorglich - für den Fall, dass der Kläger kein leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG sein sollte - den Betriebsrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers an. Der Betriebsrat stimmte zu. Mit Schreiben vom 10.07.2013 kündigte sie das Arbeitsverhältnis fristlos. Gegen diese Kündigung wehrt sich der Kläger mit seiner am 24.07.2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage. Er macht ferner seine vorläufige Weiterbeschäftigung geltend. Die Klage richtete er auch gegen die Beklagte zu 2) als Komplementär-GmbH.

8

Die Beklagte zu 1) hat das Arbeitsverhältnis vorsorglich am 12.08.2013 und am 04.10.2013 erneut außerordentlich gekündigt. Diese Kündigungen sind Gegenstand des weiteren Rechtsstreits 3 Ca 1453/13 (5 Sa 28/14), den die erkennende Kammer mit Beschluss vom 03.07.2014 gem. § 148 ZPO ausgesetzt hat. Klage- und Widerklageanträge wegen unterschiedlicher Zahlungsansprüche sind Gegenstand des abgetrennten Rechtsstreits 3 Ca 1443/13. Wegen des Anspruchs auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses haben die Parteien einen Teilvergleich geschlossen.

9

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 31.10.2013 Bezug genommen.

10

Der Kläger hat erstinstanzlich - soweit vorliegend noch von Interesse - beantragt,

11

festzustellen,

12

a) dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 10.07.2013 nicht aufgelöst worden ist,

13

b) dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 10.07.2013 hinaus fortbesteht,

die Beklagten zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1) in ihrem Betrieb in C-Stadt als Verkaufsleiter Pkw gegen ein monatliches Vergütungsfix von € 3.068,00, eine monatliche Pauschalprovision von € 4.602,00, einen monatlichen Tantiemevorschuss von € 830,00, Nutzung eines Dienstfahrzeugs privat im Wert von monatlich € 400,00 sowie eines weiteren jährlichen Fixums von € 3.068,00, ausgezahlt jeweils zur Hälfte als Weihnachts- und Urlaubsgeld und unter Gewährung von 30 Arbeitstagen Erholungsurlaub weiter zu beschäftigen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag.

14

Die Beklagten zu 1) und zu 2) haben beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 31.10.2013 nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, die Klage gegen die Beklagte zu 2), die Komplementär-GmbH, sei bereits deshalb unbegründet, weil er Kläger ausschließlich Arbeitnehmer der Beklagten zu 1), der Kommanditgesellschaft, gewesen sei. Die Klage gegen die Beklagte zu 1) sei unbegründet, weil die außerordentliche Kündigung vom 10.07.2013 wirksam sei. Der Kläger habe sich einer Untreue iSd. § 266 StGB zum Nachteil der Beklagten zu 1) schuldig gemacht, weil er dem Zeugen B. als Gegenleistung für die Glashütte-Uhr im Wert von ca. € 6.000,00 einen Satz Brabus-Felgen nebst Sommerreifen auf deren Kosten beschafft habe.

17

Der Kläger habe die Kammer nicht davon überzeugt, dass er der Beklagten zu 1) zumindest die entstandenen Selbstkosten in irgendeiner Form erstattet habe. Im Schriftsatz vom 14.10.2013 habe er noch auf die Buchung auf einem sog. Sparkonto iHv. € 2.986,19 zu Rechnung-Nr. 663 (Bl. 124 d.A.) verwiesen, die allerdings sowohl im Soll als auch im Haben stehe. Im Kammertermin habe er erklärt, dass er die Rechnung-Nr. 663 iHv. € 2.986,19 auf einem Verrechnungskonto beglichen habe, die Rechnung könne er allerdings nicht vorlegen. Nach dem Vortrag der Beklagten zu 1) gebe es eine solche Rechnung nicht. Letzteres sei nachvollziehbar, weil der Kläger im Kammertermin erklärt habe, die von ihm zu begleichende Rechnung über die Felgen sei von der Fa. A. GmbH erst Ende 2010/ Anfang 2011 der Beklagten zu 1) gestellt worden, diese habe er mit einem "Aufschlag von € 250,00" bezahlt. Der Aufschlag resultiere aus von ihm geschätzten Unkosten für Montage und Auswuchtung der montierten Reifen. Insofern sei nicht nachvollziehbar, weshalb dann eine Rechnung-Nr. 663 existieren solle, von wem sie stamme und wie sie sich zusammensetze. Nach den Ausführungen des Klägers müsste die Rechnung der Fa. A. GmbH um mindestens € 250,00 niedriger ausgefallen sein, weil er einen Pauschalzuschlag auf die Rechnung geleistet haben will. Der Vortrag sei daher in sich unschlüssig und unglaubwürdig.

18

Dies folge nicht zuletzt daraus, dass der Zeuge M., Mitgeschäftsführer der Fa. A. GmbH und von Beruf Kfz-Mechaniker, der Beklagten zu 1) die Felgen bereits am 03.03.2010 in Rechnung gestellt habe. Bei der von der Beklagten zu 1) vorgelegten Rechnung (Bl. 193 d.A.) handele es sich nach der Aussage des Zeugen M., um die Rechnung, die am 16.03.2010 verbucht worden sei. Der Zeuge M. habe auf mehrfache Nachfrage bestätigt, dass es sich hierbei um die Rechnung über die Felgen handele, die Grundlage des Uhrengeschäfts zwischen dem Zeugen B. und dem Kläger gewesen seien. Demnach sei der Vortrag des Klägers, der Zeuge M. habe die Rechnung zunächst "vergessen" und erst Ende 2010/ Anfang 2011 erstellt, von diesem nicht bestätigt worden.

19

Wenn es sich bei der Rechnung vom 03.03.2010 tatsächlich um die Rechnung für die Felgen des Zeugen B. handele, sei zum einen nicht nachvollziehbar, warum der Kläger diese erst Anfang 2011 auf seinem Spar- bzw. Verrechnungskonto habe verbuchen lassen und erst Mitte 2011, dh. über ein Jahr später, bezahlt haben will. Außerdem sei nicht nachvollziehbar, weswegen auf seinem Spar- bzw. Verrechnungskonto dann ein anderer Betrag zu finden sei. Selbst wenn man zu dem Rechnungsbetrag von € 2.739,38 einen Betrag von € 250,00 addiere, den der Kläger "pauschal für Nebenarbeiten" auf die Rechnung aufgeschlagen haben will, errechne sich nicht der in den vorgelegten Konten ausgewiesene Betrag von € 2.986,19, sondern ein Betrag von € 2.989,38.

20

Zusammengefasst habe der Kläger die Kammer nicht davon überzeugt, dass er mit der angeblichen Verbuchung der ominösen Rechnung-Nr. 663 die Felgen für den Zeugen B. bezahlt habe. Sein ganzer Vortrag sei konstruiert und unglaubwürdig.

21

Das Verhalten des Klägers sei nicht nur als Untreue iSd. § 266 StGB zu Lasten der Beklagten zu 1) zu werten, es stelle auch einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot dar. Dem Kläger als langjährigem Verkaufsleiter und Prokuristen der Beklagten zu 1) hätte klar sein müssen, dass er dem Kunden B. nicht in Konkurrenz zu seiner Arbeitgeberin auf eigene Rechnung Felgen verkaufen und montieren lassen durfte. Es spiele keine Rolle, ob der Zeuge B., wenn der Kläger mit ihm kein Tauschgeschäft "Uhr gegen Felgen" getätigt hätte, bei der Beklagten zu 1) die gleichen Felgen zum gleichen Preis gekauft hätte. Allein die abstrakte Möglichkeit, dass die Beklagte zu 1) mit ihrem langjährigen Kunden dieses oder ein ähnliches Geschäft hätte machen können, genüge, um den Wettbewerbsverstoß als rechtswidrig anzusehen.

22

Die Interessenabwägung falle zu Lasten des Klägers aus. Zu seinen Gunsten sei die Betriebszugehörigkeit seit 1983 und seine Unterhaltspflichten gegenüber vier Personen zu berücksichtigen. Dem stehe allerdings die Schwere seiner Pflichtverletzung, die zu einem nicht wiedergutzumachenden Vertrauensverlust bei der Beklagten zu 1) geführt habe, gegenüber.

23

Die Beklagte zu 1) habe die Kündigungserklärungsfrist gem. § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Ihr Mitgeschäftsführer habe erst aufgrund eines Gesprächs mit dem Zeugen B. am 01.07.2013 von dem Uhrengeschäft Kenntnis erlangt. Der Kläger habe nicht näher substantiiert, dass der Geschäftsführer bereits im Jahr 2010 hiervon Kenntnis erlangt habe.

24

Der Betriebsrat sei vor Ausspruch der Kündigung nicht anzuhören gewesen, weil der Kläger als Prokurist leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG gewesen sei. Dass die Prokura im Verhältnis zum Arbeitgeber nur unbedeutend gewesen sein könnte, sei nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen worden.

25

Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 6 bis 14 des erstinstanzlichen Urteils vom 31.10.2013 Bezug genommen.

26

Gegen das am 02.01.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 10.01.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis 03.04.2014 verlängerten Begründungsfrist mit am 18.03.2014 eingegangenem Schriftsatz begründet. Die Berufung richtet sich nur gegen die Beklagte zu 1).

27

Der Kläger macht zur Begründung der Berufung im Wesentlichen geltend, sein Verhalten sei - ohne vorherige Abmahnung nach 30-Jähriger beanstandungsfreier Tätigkeit - nicht geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Er habe der Beklagten zu 1) die Selbstkosten für den Felgensatz einschließlich der Montage- und Auswuchtkosten über sein Verrechnungskonto erstattet. Der Beklagten zu 1) sei daher kein Schaden entstanden. Das Arbeitsgericht habe durchgängig die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast verkannt. Sein Einwand, wonach er den Felgensatz einschließlich der Kosten für Montage/Auswuchten vollständig über sein bei der Beklagten zu 1) geführtes Verrechnungskonto bezahlt habe, sei im Hinblick auf den Kündigungsvorwurf beachtlich. Die Beklagte zu 1) müsse diesen Rechtfertigungseinwand ausräumen. Das Arbeitsgericht habe im Hinblick auf die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB seine Hinweispflichten verletzt. Wenn es ihn darauf hingewiesen hätte, dass er seinen Vortrag, der Mitgeschäftsführer habe bereits im Jahre 2010 von den Kündigungstatsachen volle Kenntnis gehabt, hätte präzisieren müssen, hätte er zu diesem Punkt weiteren Vortrag geleistet. Er rüge auch weiterhin eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung, insb. sei die Feststellung des Arbeitsgerichts unzutreffend, wonach er aufgrund der ihm erteilten Prokura leitender Angestellter gewesen sei. Im Einzelnen:

28

Ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB liege nicht vor. Er habe den vom Zeugen B. gewünschten Felgensatz als Geschäftsführer der Fa. A. GmbH bei der Fa. Brabus bestellt. Da die Fa. A. GmbH selbst kein Endkundengeschäft abwickle, seien die Felgen an die Beklagte zu 1) weiterfakturiert worden, damit durch sie die Auslieferung an den Zeugen B. erfolgen und gleichsam die Bezahlung der Felgen durch ihn (den Kläger) über das bei der Beklagten zu 1) geführte Verrechnungskonto erfolgen konnte. Nach Auslieferung der Räder an den Zeugen B. im Frühjahr 2010 habe er den Zeugen M. wiederholt daran erinnert, dass noch die Weiterfakturierung des Radsatzes an die Beklagte zu 1) ausstehe. Er habe den Zeugen M. wiederholt um eine zeitnahe Weiterfakturierung gebeten, damit er kurzfristig die Rechnung über sein bei der Beklagten zu 1) geführtes Verrechnungskonto ausgleichen könne. M. habe ihm in einem persönlichen Gespräch Ende des 4. Quartals 2010 explizit mitgeteilt, dass die Weiterfakturierung des Radsatzes versehentlich unterblieben sei. Der Zeuge habe ihm die an die Beklagte zu 1) adressierte Rechnung vorgelegt. Er habe M. erklärt, dass er die Rechnung - aufgrund eines Druckfehlers - so nicht in der Buchhaltung der Beklagten zu 1) abgeben könne und M. gebeten, eine ordnungsgemäße Rechnung zu erstellen. Er habe händisch auf einem Zettel den in der Rechnung ausgewiesenen Betrag notiert, weil er ihn noch im Jahr 2010 habe begleichen wollen. Gleichzeitig habe er händisch einen Aufschlag für die Montage und das Auswuchten der Räder kalkuliert, weil er die anfallenden Selbstkosten habe bezahlen wollte. Den handschriftlich geschriebenen Zettel habe er seiner Sekretärin mit der Bitte übergeben, ihm diesen Betrag als privaten Rechnungsbetrag abzurechnen und ins Buchungssystem einzugeben. Es sei Fakt, dass er seine Sekretärin gebeten habe, für die Kosten des Radsatzes einschließlich der geschätzten Kosten für Montage/Auswuchten eine Rechnung auf ihn privat zu schreiben. Tatsächlich habe er nach seiner Erinnerung wohl auch eine auf ihn ausgestellte, ausgedruckte Rechnung erhalten, die ihm heute jedoch nicht mehr vorliege. Insoweit sei ihm klar gewesen, dass die Rechnung automatisch durch Erstellung im Buchhaltungssystem durch die Sekretärin erfasst worden sei und automatisiert in seinem Verrechnungskonto als Sollstelle gebucht werde. Für das hier maßgebliche Kalenderjahr 2010 liege ihm bis heute kein Einzelkontenauszug für das von der Beklagten zu 1) für ihn geführte Spar- bzw. Verrechnungskonto vor.

29

Seinen erstinstanzlichen Vortrag, die auf dem Verrechnungskonto erscheinende Soll-Position iHv. € 2.986,19 enthalte die Bezahlung des Felgensatzes nebst Montage- und Auswuchtkosten müsse er korrigieren. Bei der ausgewiesenen Position Nr. 663 und dem Betrag von € 2.986,19 handele es sich nicht um eine singuläre Rechnung. Vielmehr handele es sich um eine interne Belegnummer der Beklagten zu 1) und um den kumulierten in das Jahr 2011 übertragenen Saldovortrag aus dem Jahr 2010. Hinter dem genannten Betrag seien zwangsläufig eine oder mehrere entsprechende Buchungen nebst zugehörigen Rechnungen hinterlegt. Hierbei sei festzuhalten, dass eine dieser hinterlegten Rechnungen aus dem Jahr 2010 die von ihm angewiesene Rechnung über den Felgen-Radsatz, einschließlich Montage- und Auswuchtkosten sei. Dies folge bereits daraus, dass er und seine Familienmitglieder im Jahr 2010 kein Mercedesfahrzeug gefahren seien und somit kein Rechnungsbetrag mit Ausnahme des erworbenen Radsatzes auf seinem Verrechnungskonto im Jahr 2010 erscheinen könne, die Grundlage des in das Jahr 2011 übertragenen Saldos aus dem Jahr 2010 sein können.

30

Aus dem Kontoauszug (Bl. 299 d.A.) ergebe sich, dass der Sollbetrag von € 2.986,19 in der Folgezeit durch eine Barkasseneinzahlung am 06.07.2011 in Höhe von € 19.500,00 ausgeglichen worden sei. Soweit die Beklagte zu 1) unsubstantiiert behaupte, der Sollstellungsbetrag von € 2.986,19 setze sich aus Barentnahmen vom 18.02.2010 und 12.03.2010, einer Gutschrift per 04.05.2010 sowie einer Warenrechnung vom 20.10.2010 zusammen, bestreite er dies. Die im Verrechnungskonto aus dem Jahr 2010 eingebuchte Sollstellung iHv. € 2.986,19 beinhalte die Bezahlung des Radsatzes einschließlich der angefallenen Kosten für Montage/Auswuchten.

31

Die von der Beklagten zu 1) vorgelegte Rechnung der Fa. A. GmbH vom 03.03.2010 (Bl. 193 d.A.), die angeblich bereits am 16.03.2010 gebucht worden sei, sei eine Fälschung. Die auf der Rechnung befindliche und angeblich von ihm stammende Paraphe, stamme nicht von seiner Hand. Die Behauptung der Beklagten zu 1), er habe die Rechnung bereits im März 2010 abgezeichnet und in die Buchhaltung gegeben, sei falsch.

32

Das Arbeitsgericht habe unzutreffend eine Straftat sowie einen erheblichen Vermögensschaden angenommen. Er habe von Anfang an dafür Sorge getragen, dass der Beklagten zu 1) kein Vermögensnachteil entstehe. Da der Zeuge B. bei seiner Vernehmung unwidersprochen bestätigt habe, dass er den streitigen Radsatz bei der Beklagten zu 1) außerhalb des Uhren-Tauschgeschäfts niemals erworben hätte, sei auch ein hypothetischer Gewinnverlust ausgeschlossen. Nach einer 30-jährigen ungestörten Betriebszugehörigkeit hätte eine Abmahnung ausgereicht, um dem Arbeitsvertragsverstoß angemessen zu begegnen. Das Arbeitsgericht habe auch seine Doppelrolle unberücksichtigt gelassen. Er habe den Radsatz nicht in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer der Beklagten zu 1), sondern als Geschäftsführer der Fa. A. GmbH bei der Herstellerfirma Brabus bestellt.

33

Die Beklagte zu 1) habe die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt. Der Mitgeschäftsführer der Beklagten C. R. habe bereits wenige Wochen nach dem Uhrenerwerb im ersten Halbjahr des Jahres 2010 Kenntnis von dem Vorfall gehabt. Er habe kurze Zeit nach dem Uhrengeschäft dem Mitgeschäftsführer seine neu erworbene Uhr gezeigt. Er habe mit ihm auch darüber gesprochen, was er für die Uhr bezahlt habe und ihm das Tauschgeschäft mit dem Zeugen B. erläutert. Der Mitgeschäftsführer habe ihn gefragt, ob die Beklagte zu 1) von dem Geschäft einen finanziellen Nachteil gehabt habe. Er habe ihm daraufhin erklärt, dass er den Selbstkostenpreis der Räder bezahlt habe.

34

Im Spätsommer des Jahres 2011 habe er in Begleitung seines Schwagers im Außenbereich einer Pizzeria gesessen. Der Mitgeschäftsführer sei zufällig vorbeigekommen und habe sich zu ihnen an den Tisch gesellt. Die Glashütte-Uhr, die er an diesem Tag getragen habe, sei zum Gesprächsthema geworden. Es sei nochmals das Gespräch darauf gekommen, wie er die Uhr im Jahr 2010 vom Zeugen B. erhalten habe. Er habe nochmals dargestellt, dass er dem Zeugen B., die gewünschten Felgen besorgt und im Gegenzug dafür die Uhr erhalten habe. Aufgrund des damals noch engen freundschaftlichen Verhältnisses sei die gesamte Angelegenheit vom Mitgeschäftsführer nicht kritisch bewertet oder weiter hinterfragt worden.

35

Die Betriebsratsanhörung sei iSd. § 102 BetrVG nicht ordnungsgemäß erfolgt. Er sei kein leitender Angestellter der Beklagten zu 1) gewesen. Ihm sei zwar Prokura erteilt worden, er sei als Verkaufsleiter jedoch nicht mit bedeutenden unternehmerischen Leitungsaufgaben betraut gewesen. Er habe seine Entscheidungen nicht im Wesentlichen frei von Weisungen der Geschäftsleitung treffen können. Die Prokura sei ihm ausschließlich für den Fall erteilt worden, falls aufgrund der Urlaubsabwesenheit des Mitgeschäftsführers C. R. formale Erklärungen gegenüber Behörden oder Banken abzugeben gewesen seien.

36

Die Beklagte zu 1) habe dem Betriebsrat mitgeteilt, dass er dem Zeugen B. einen Satz Brabus-Felgen, inkl. Reifen, im Tausch gegen die Uhr zu ihren Lasten habe zukommen lassen. Sie habe damit ggü. dem Betriebsrat den falschen Eindruck erweckt, dass er dem Zeugen B. auch die Reifen über die Beklagte zu 1) verschafft habe. Dies sei jedoch falsch, weil er die Reifen über seinen Bekannten J. K. (ein Verkaufsmitarbeiter der Fa. Pirelli) zu einem Freundschaftspreis privat bezogen habe. Die Adresse der Beklagten zu 1) habe ausschließlich als Lieferadresse gedient, was dem in der Betriebsratsanhörung genannten Zeugen M. aufgrund eines Gesprächs mit K. bekannt gewesen sei. Darüber hinaus sei dem Betriebsrat nicht mitgeteilt worden, dass er die Selbstkosten für den Radsatz über sein Verrechnungskonto ausgeglichen habe und der Beklagten zu 1) tatsächlich kein Schaden entstanden sei.

37

Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Klägers vom 18.03.2014 und vom 26.06.2014 Bezug genommen.

38

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

39

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 31.10.2013, Az. 3 Ca 977/13, teilweise abzuändern und
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten zu 1) durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013 nicht aufgelöst worden ist,
die Beklagte zu 1) zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) in ihrem Betrieb in C-Stadt als Verkaufsleiter Pkw bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag zu 1) zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen.

40

Die Beklagte zu 1) beantragt,

41

die Berufung zurückzuweisen.

42

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 30.05.2014 auf die Bezug genommen wird, als zutreffend. Ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB liege vor. Die Behauptung des Klägers, er habe ihr die für den Felgensatz angefallenen Kosten zzgl. eines Aufschlags für das Auswuchten und die Montage der Räder gezahlt, sei falsch. Sein Vortrag, er habe die Kosten durch eine von ihm veranlasste Sollstellung auf das für ihn geführte Debitorenkonto bezahlt, sei unsubstantiiert und unzutreffend. Richtig sei, dass dem kumulierten und in das Jahr 2011 übertragenen Saldovortrag aus dem Jahr 2010 iHv. € 2.986,19 Einzelbuchungen zu Grunde liegen. Keine dieser Einzelbuchungen betreffe jedoch die Kosten der Felgen. Der Saldo iHv. € 2.986,19 beruhe auf folgenden Buchungen bzw. Zahlungsvorgängen:

43

Barentnahme des Klägers aus der Firmenkasse am 18.02.2010 über

€ 2.900,00

Barentnahme des Klägers aus der Firmenkasse am 12.03.2010 über

€ 900,00

Gutschrift zu Gunsten des Klägers am 04.05.2010 über

€ 1.000,03

Warenlieferung an den Kläger gemäß Rechnung-Nr. 180662 vom 20.10.2010 über

€ 186,22

44

Sie habe eine Steuerberaterkanzlei mit einer Überprüfung der Konten des Klägers beauftragt. Diese habe das Ergebnis mit Schreiben vom 08.05.2014 vorgelegt. Die Steuerkanzlei sei zweifelsfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass eine irgendwie geartete Belastung der Konten des Klägers mit den Kosten der Felgen nicht stattgefunden habe. Der Kläger habe niemals angeregt oder angeordnet, dass die Kosten der Felgen seinem Verrechnungskonto belastet werden sollen. Vor dem Arbeitsgericht habe der Kläger - als Partei angehört - erklärt, er habe die die Felgen betreffende Rechnung vom Zeugen M. erst Ende 2010/Anfang 2011 erhalten und diese Rechnung dann Mitte 2011 über ein Verrechnungskonto mit einem Aufschlag von € 250,00 bezahlt. Unabhängig davon, dass dieser Vortrag mit der jetzigen Behauptung, die Rechnung sei bereits im Jahr 2010 im Wege der Belastung seines Verrechnungskontos bezahlt worden, nicht zu vereinbaren sei, sei dieser Vortrag auch unwahr. Der Zeuge M. habe bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung zutreffend geschildert, dass er ihr die Rechnung "ganz normal" und zeitnah zugeleitet habe und sie von ihrer Buchhaltung bereits am 16.03.2010 verbucht und durch eine entsprechende Überweisung ausgeglichen worden sei. Der Kläger habe die Rechnung zuvor abgezeichnet. Weder bei dieser Gelegenheit noch zu irgendeinem anderen Zeitpunkt habe er ggü. dem Zeugen M. erklärt, dass er die Kosten der Felgen selbst tragen wolle. Die auf der Rechnung vom 03.03.2010 angebrachte Paraphe "B" stamme vom Kläger. Die zuständige Mitarbeiterin der Buchhaltung habe die Rechnung am 16.03.2013 verbucht und hierbei in das elektronische Buchhaltungssystem eingegeben.

45

Sie habe die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt, denn sie habe über die Kündigungstatsachen erst am 01.07.2013 durch den Zeugen B. Kenntnis erlangt. Der Kläger habe ihren Mitgeschäftsführer C. R. nicht über die Modalitäten des Uhrenerwerbs, insb. darüber unterrichtet, dass er den Kaufpreis für die Uhr durch Lieferung eines Felgensatzes auf ihre Kosten bezahlt habe. Dass der Kläger zu keiner Zeit ggü. ihren Geschäftsführern etwas über die Art und Weise seiner "Kaufpreiszahlung" erzählt habe, werde auch dadurch belegt, dass er den Zeugen B. vor dem Gespräch vom 01.07.2013 telefonisch darum gebeten habe, der Geschäftsführung nichts über die Einzelheiten des Uhrengeschäftes zu berichten.

46

Sie sei nicht verpflichtet gewesen, den Betriebsrat gem. § 102 BetrVG anzuhören, weil der Kläger leitender Angestellter gewesen sei. Seine Behauptung, die Prokura sei ihm ausschließlich für den Fall erteilt worden, dass während der Urlaubsabwesenheit des Mitgeschäftsführers C. R. formale Erklärungen gegenüber Behörden oder Banken abzugeben seien, sei unsinnig. Die Prokura sei ihm bereits am 24.02.2003 erteilt worden, während C. R. erst am 01.04.2007 eingetreten sei. In seiner Eigenschaft als Verkaufsleiter und Prokurist habe der Kläger eine herausgehobene Position innegehabt. Wie herausgehoben seine Position im Unternehmen gewesen sei, werde auch dadurch verdeutlicht, dass er zum Geschäftsführer der zur Unternehmensgruppe gehörenden Fa. A. GmbH bestellt worden sei.

47

Unabhängig davon habe sie den Betriebsrat gem. § 102 BetrVG vorsorglich angehört. Der Betriebsrat habe den Beschluss, der fristlosen Kündigung zuzustimmen, am 09.07.2013 um 11:00 Uhr gefasst. Im unmittelbaren Anschluss habe die Betriebsratsvorsitzende die Geschäftsführung über den Zustimmungsbeschluss unterrichtet. Die Rüge des Klägers, sie habe den Betriebsrat inhaltlich unvollständig bzw. unrichtig unterrichtet, sei nicht berechtigt. Die feinsinnige Differenzierung zwischen Felgen einerseits und den zugehörigen Reifen andererseits sei unerheblich. Der Kläger habe auch die Reifen widerrechtlich aus ihrem Bestand entnommen. Um die Reifen kostenfrei beziehen und im Rahmen des Tauschgeschäftes mit dem Zeugen B. verwenden zu können, habe er seine persönlichen Beziehungen zu dem bei der Fa. Pirelli beschäftigten K. spielen lassen und dafür gesorgt, dass der Reifenhersteller an sie (die Beklagte zu 1) einen Satz Reifen kostenfrei liefere. Auf diesen Reifen habe der Kläger zugegriffen und sie dem Zeugen B. ohne Berechnung zur Verfügung gestellt.

48

In seiner Replik vom 26.06.2014 führt der Kläger aus, die Beklagte zu 1) weigere sich, einen vollständigen und detaillierten Kontoauszug der Jahre 2010 bis 2011 für das für ihn geführte Spar- und Verrechnungskonto unter detailliertem Ausweis sämtlicher Einzelbuchungen vorzulegen. Stattdessen berufe sie sich auf eine Stellungnahme der Steuerberatersozietät vom 08.05.2014, die jedoch nicht aufschlussreich sei. Letztlich werde nur bestätigt, dass in dem dort genannten Zeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2011 keine Buchung (mit oder ohne Rechnung) über einen Satz Brabus-Felgen enthalten sei. Hierbei sei jedoch festzuhalten, dass die Buchung, die seine Zahlung für den Felgensatz beinhalte, nicht ausdrücklich den Hinweis "Brabus-Felgen" enthalten müsse. Deshalb habe er wiederholt die vollständige Offenlegung der Kontenbewegungen gefordert. Soweit die Beklagte nunmehr anführe, im Verrechnungskonto sei unter dem 18.02.2010 eine Barentnahme über einen Betrag iHv. € 2.900,00 ausgewiesen, so könnte dieser Betrag die veranlasste Zahlung der Felgen darstellen. Die Bezeichnung "Barentnahme" deute nicht auf eine physische Geldentnahme hin. Da er am 18.02.2010 keine Barauszahlung erhalten habe und auch seinem Sparkonto keine Gutschrift erteilt worden sei, verbleibe nur die Möglichkeit, dass mit diesem Betrag die Debitorenrechnung der Brabus-Felgen ausgeglichen worden sei. Eine Offenlegung der Buchungsvorgänge werde exakt diesen Vortrag bestätigen. Hinsichtlich des angegebenen Datums 18.02.2010 sei anzumerken, dass dieses keineswegs das Erfassungsdatum des Buchungsvorgangs darstelle, die Erfassung sei erst im Spätjahr 2010 auf seine Anweisung durch seine Sekretärin erfolgt, aber zurückdatiert worden, was im System der Beklagten zu 1) problemlos möglich sei. Bezüglich der Felgenrechnung vom 03.03.2010, die nach dem Vortrag der Beklagten zu 1) am 16.03.2010 verbucht worden sein soll, sei der Konten-Einzelposten-Auszug verwirrend. Die Rechnung der Fa. Al GmbH über einen Betrag iHv. € 2.739,38 sei bereits am 01.03.2010 im Konto der Beklagten zu 1) aufgetaucht, obwohl die Rechnung erst am 03.03.2010 erstellt und sogar erst am 16.03.2010 verbucht worden sein soll. Auch insoweit sei die Stellungnahme der Steuerberatersozietät unschlüssig.

49

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

50

Die gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und inhaltlich ausreichend begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO).

II.

51

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kündigungsschutzklage ist nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten zu 1) ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden. Der uneigentliche Hilfsantrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung fällt deshalb nicht zur Entscheidung an.

52

Die Berufungskammer folgt der ausführlichen und überzeugend begründeten Entscheidung des Arbeitsgerichts Kaiserslautern und sieht gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer umfassenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Das Berufungsvorbringen veranlasst lediglich folgende Ausführungen:

53

1. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013 beruht auf einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB.

54

a) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (vgl. BAG 29.08.2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 19, NZA 2014, 533).

55

Einen in diesem Sinne die fristlose Kündigung „an sich“ rechtfertigenden Grund stellt ua. ein vom Arbeitnehmer zu Lasten des Arbeitgebers begangenes Vermögensdelikt dar, und zwar auch dann, wenn die rechtswidrige Handlung Sachen von nur geringem Wert betrifft oder zu einem nur geringfügigen, möglicherweise zu gar keinem Schaden geführt hat (vgl. BAG 20.06.2013 - 2 AZR 546/12 - Rn. 13, NZA 2014, 143; BAG 21.06.2012 - 2 AZR 153/11 - Rn. 17, NZA 2012, 1025; BAG 10.06.2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 26, AP BGB § 626 Nr. 232; jeweils mwN). Maßgebend ist der mit der Pflichtverletzung verbundene Vertrauensbruch.

56

b) Nach diesen Grundsätzen ist das Verhalten des Klägers geeignet, die fristlose Kündigung vom 10.07.2013 zu rechtfertigen.

57

Es ist unstreitig, dass der Kläger mit dem Zeugen B. ein Tauschgeschäft dahingehend vereinbart hat, dass der Zeuge dem Kläger eine Glashütte-Uhr im Wert von ca. € 6.000,00 übereignet und der Kläger ihm im Gegenzug den bei der Beklagten zu 1) gekauften Neuwagen mit einem Satz Sommerreifen auf Brabus-Felgen ausstatten lässt, ohne dass dem Zeugen hierfür irgendwelche Kosten entstehen. Das Tauschgeschäft ist vereinbarungsgemäß abgewickelt worden. Der Kläger hat dafür gesorgt, dass die Felgen und Reifen geliefert und in der Werkstatt der Beklagten zu 1) auf das Fahrzeug des Zeugen B. montiert worden sind. Hätte der Zeuge die Sommerreifen auf Brabus-Felgen bei der Beklagten zu 1) "offiziell" bestellt und bezogen, hätte er für Teile und Arbeitskosten, einschließlich Mehrwertsteuer ca. € 6.500,00 zahlen müssen.

58

Allein schon die Tatsache, dass der Kläger ein derartiges Geschäft unter Ausnutzung der ihm als Verkaufsleiter Pkw zur Verfügung stehenden Möglichkeiten mit einem Kunden der Beklagten zu 1) abgeschlossen hat, stellt eine schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar.

59

Soweit der Kläger zu seiner Entlastung geltend macht, der Beklagten zu 1) sei durch sein privates Uhrengeschäft mit dem Zeugen B. kein Schaden entstanden, weil er ihr den Selbstkostenpreis für die Brabus-Felgen erstattet sowie einen Aufschlag für die Werkstattkosten (Montage/Auswuchten) gezahlt habe, handelt es sich um eine bloße Schutzbehauptung. Der Kläger hat im Laufe des Verfahrens wechselnde Einlassungen abgegeben, die mehrfach widersprüchlich und kaum noch nachvollziehbar sind. Die Beklagte zu 1) hat sein Entlastungsvorbringen widerlegt. Die Berufungskammer ist - wie das Arbeitsgericht - der sicheren Überzeugung, dass der Kläger der Beklagten zu 1) für die Felgen und die Arbeitskosten nichts bezahlt hat.

60

Der Zeuge M. hat während seiner erstinstanzlichen Vernehmung bekundet, dass er die Felgen, die sich der Zeuge B. ausgesucht habe, auf Weisung des Klägers bei der Fa. Brabus bestellt habe. Die Rechnung der Fa. A. GmbH (im Original Bl. 193 d.A.) über einen Betrag von € 2.739,38 habe er am 03.03.2010 der Beklagten zu 1) ausgestellt. Die Rechnung sei entgegen der Behauptung des Klägers nicht gefälscht. Auch die Behauptung des Klägers, er habe ihn im Laufe des Jahres 2010 wiederholt an die Ausstellung der Rechnung erinnert, sei falsch. Es sei weiterhin falsch, dass ihm das Nichtausstellen der Rechnung erst bei der Inventur Ende 2010/ Anfang 2011 aufgefallen sei und er die Rechnung später erstellt habe. Auf diese klare, eindeutige Zeugenaussage und die sorgfältige Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts geht die Berufung mit keinem Wort ein. Konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung iSd. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Ein Sachverständigengutachten wegen des vom Kläger erhobenen Fälschungseinwands war nicht einzuholen. Für die Vermutung des Klägers, dass die Rechnung vom 03.03.2010 mit dem Buchungsstempel vom 16.03.2010 gefälscht sein könnte, bestehen keine greifbareren Anhaltspunkte. Das gleiche gilt für die "ins Blaue" hinein aufgestellte Vermutung des Klägers, die Datumsangaben im Buchhaltungssystem der Beklagten seien gefälscht worden. Es bestehen keinerlei Verdachtsmomente dafür, dass die Rechnung nicht am 03.03.2010 vom Zeugen M. ausgestellt und am 16.03.2010 von der Buchhaltung gebucht worden sein könnte. Im Gegenteil: Die Sommerreifen, die der Kläger für den Zeugen B. über seinen Bekannten K. beim Reifenhersteller beschafft hat, sind ausweislich des Lieferscheins (Bl. 72 d.A.) am 03.03.2010 bestellt und am 04.03.2010 geliefert worden. Die Montage des Felgen-Reifen-Satzes auf das Fahrzeug des Zeugen B. erfolgte ausweislich des internen Werkstattauftrags (Bl. 154 d.A.) und der internen Leistungsverrechnung über die Lohnarbeiten (Bl. 155 d.A.) am 15.03.2010. Es ist eine bloße Unterstellung des Klägers, dass das Rechnungsdatum über den Felgensatz vom 03.03.2010 und das Buchungsdatum vom 16.03.2010 gefälscht sei. Der Fälschungseinwand wird durch die Aussage des Zeugen M. widerlegt. An der Glaubhaftigkeit der Aussage und der Glaubwürdigkeit des Zeugen M. zweifelt die Berufung nicht.

61

Auch der Steuerberater, den die Beklagte zu 1) mit der Prüfung der Konten beauftragt hat, kommt in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 08.05.2014 zu dem Ergebnis, dass die Eingangsrechnung Nr. 6-6421 der Fa. A. GmbH über die Brabus-Felgen iHv. € 2.739,38 auf den 03.03.2010 datiert und am 16.03.2010 im Buchhaltungssystem der Beklagten zu 1) erfasst worden sei. Das Erfassungsprotokoll, das die Bezugsdaten (zB. Bearbeiter, Datum, Uhrzeit) automatisch generiere, sei nicht verändert oder verfälscht worden. Eine Fälschung sei auch deshalb auszuschließen, weil sie zu Abweichungen zwischen den Kontensalden führen müsste. Entgegen der Ansicht der Berufung in der Replik auf die Berufungserwiderung sind diese Ausführungen nicht "verwirrend", sondern vollumfänglich überzeugend und nachvollziehbar. Sie stimmen sowohl mit der Aussage des Zeugen M. als auch mit den Bestell-, Liefer- und Werkstattdaten überein, die der Kläger nicht bestreitet. Wenn der Kläger eine Unschlüssigkeit des Berichts des Steuerberaters vom 08.05.2014 daraus herleiten will, dass in der Anlage A4 (Bl. 364 d.A.) in der Aufstellung "Anzeigen Konto: Einzelposten zum Ausgleich" eine Warenrechnung über € 2.739,38 unter dem Datum 01.10.2010 "auftaucht", übersieht er, dass es sich um eine Aufstellung des Kontos der Fa. A. GmbH handelt. Dieser Firma, deren Mitgeschäftsführer der Kläger war, muss eine Warenrechnung der Fa. Brabus zugegangen sein. Auf die Frage der Berufungskammer, warum er nicht unmittelbar die Rechnung der Fa. Brabus bezahlt, sondern diese Rechnung an die Beklagte zu 1) "weiterfakturiert" hat, wusste der Kläger keine Antwort.

62

Der Kläger hat auch zweitinstanzlich nicht ansatzweise darzulegen vermocht, dass er der Beklagten zu 1) den Felgen-Rechnungsbetrag von € 2.739,38 zzgl. eines Aufschlags von € 250,00 für die von ihm geschätzten Werkstattkosten, wie er erstinstanzlich im Kammertermin zu Protokoll erklärt hat, also einen Gesamtbetrag von € 2.989,38, erstattet hat. Unstreitig gibt es keine unmittelbare Zahlung oder Überweisung des Klägers an die Beklagte zu 1). Der Kläger hat den Betrag von € 2.989,38 auch nicht durch eine von ihm veranlasste Soll-Stellung auf dem für ihn bei der Beklagten zu 1) geführten Debitorenkonto gezahlt.

63

In erster Instanz hat der Kläger noch behauptet, die auf seinem Konto mit Datum "31.01.2011" zu Rechnung-Nr. 663 über € 2.986,19 vorgenommene Buchung stelle die Erstattung der Felgen-Kosten nebst Aufschlag dar. Dieses Vorbringen, dass ihm das Arbeitsgericht nicht geglaubt hat, hat der Kläger zweitinstanzlich "korrigiert", weil er nicht länger leugnen konnte, dass die Buchung vom 31.01.2011 mit der Belegnummer 663 iHv. € 2.986,19 nicht im Zusammenhang mit einer einzelnen Rechnung steht, da lediglich der Altsaldo aus dem Jahr 2010 in das Jahr 2011 übertragen worden ist. Den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts, das das Entlastungsvorbringen des Klägers insgesamt als konstruierten Vortrag gewürdigt hat, ist nichts hinzuzufügen.

64

Entgegen der Ansicht der Berufung hat das Arbeitsgericht die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht verkannt. Grundsätzlich ist der kündigende Arbeitgeber verpflichtet, alle Umstände darzulegen und zu beweisen, die eine Kündigung begründen. Hierzu gehören auch die Tatsachen, die einen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund für das Verhalten des Arbeitnehmers ausschließen. Allerdings darf es nicht zu einer Überforderung der mit der Darlegungs- und Beweislast belegten Partei kommen, so dass sich ihr Umfang danach richtet, wie substantiiert sich der gekündigte Arbeitnehmer auf die Kündigungsgründe einlässt. Es gilt eine abgestufte Verteilung der Darlegungs- und Beweislast (st. Rspr., vgl. etwa BAG 06.08.1987 - 2 AZR 226/87- NJW 1988, 438; ErfK/ Müller-Glöge, 14. Aufl. BGB § 626 Rn. 235, mwN).

65

Der Kläger ist seiner diesen Grundsätzen entsprechenden prozessualen Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Er war verpflichtet, schlüssig vorzutragen, dass er die Felgen für den Zeugen B. aus seinem Privatvermögen gezahlt hat. Deswegen hatte er nach § 138 Abs. 2 ZPO die näheren Umstände der Bezahlung substantiiert darzulegen. Das ist ihm mit seinen wechselnden und widersprüchlichen Angaben nicht gelungen. Die Beklagte zu 1) hat sämtliche vom Kläger vorgebrachten Einwände zur angeblichen Kostenerstattung widerlegt.

66

Während der Kläger erstinstanzlich unter Erhebung von Fälschungsvorwürfen behauptet hat, er habe mit Buchung zum Datum 31.01.2011 zu Rechnung-Nr. 663 über € 2.986,19 die Selbstkosten für die Felgen erstattet (Schriftsatz vom 14.10.2013), erklärte er in der Kammerverhandlung vom 31.10.2013 auf Nachfrage des Arbeitsgerichts zu Protokoll, er habe die Rechnung über die Felgen Mitte 2011 über das Verrechnungskonto mit einem Aufschlag von € 250,00 bezahlt. In der Berufungsbegründung behauptete der Kläger, er habe im 4. Quartal 2010 seiner Sekretärin einen Zettel übergeben und sie gebeten, den dort handschriftlich notierten Betrag im Buchungssystem der Beklagten zu 1) als privaten Rechnungsbetrag einzugeben. Die von seiner Sekretärin ausgestellte Rechnung, die ihm heute nicht mehr vorliege, sei in seinem Verrechnungskonto 2010 als Sollstelle erfasst und gebucht worden. Hinter dem in das Jahr 2011 übertragenen Saldovortrag aus dem Jahr 2010 iHv. € 2.986,19 seien zwangsläufig eine oder mehrere entsprechende Buchungen nebst zugehörigen Rechnungen hinterlegt. Hierbei sei festzuhalten, dass eine dieser hinterlegten Rechnungen aus dem Jahr 2010 die Brabus-Felgenrechnung nebst Zuschlag für die Werkstattkosten sei. Dies folge bereits daraus, dass er und seine Familienmitglieder im Jahr 2010 kein Mercedesfahrzeug gefahren seien und somit kein Rechnungsbetrag mit Ausnahme des erworbenen Radsatzes auf seinem Verrechnungskonto im Jahr 2010 erscheinen könne.

67

Aus dem Kontoauszug mit den im Jahr 2010 verbuchten vier Geschäftsvorgängen nebst Anlagen geht eindeutig hervor, dass dem Kläger am 22.10.2010 von der Beklagten zu 1) eine Werkstattrechnung über Arbeiten an einem Fahrzeug vom Typ "Porsche Cayenne" (Nachweis B5, Bl. 367 d.A.) ausgestellt worden ist. Seine Unterstellung, dass im Jahr 2010 nur die Rechnung für den Brabus-Felgensatz auf dem Verrechnungskonto verbucht worden sein könne, weil er und seine Familienmitglieder im Jahr 2010 kein Mercedesfahrzeug gefahren seien, stellt sich bereits deshalb als haltlos heraus.

68

In seiner Replik auf die Berufungserwiderung behauptet der Kläger zuletzt, im Verrechnungskonto sei unter dem 18.02.2010 eine Barentnahme über einen Betrag von € 2.900,00 ausgewiesen. Da er am 18.02.2010 keine Barauszahlung erhalten habe und seinem Sparkonto keine Gutschrift erteilt worden sei, verbleibe nur die Möglichkeit, dass damit die Rechnung über die Brabus-Felgen ausgeglichen worden sei. Die Bezeichnung "Barentnahme" deute nicht auf eine physische Geldentnahme hin, das angegebene Buchungsdatum "18.02.2010" stelle nicht das Erfassungsdatum des Buchungsvorgangs dar, die Erfassung sei vielmehr erst im Spätjahr 2010 durch seine Sekretärin erfolgt, aber zurückdatiert worden, was mit der Buchhaltungssoftware der Beklagten zu 1) problemlos möglich sei.

69

Auch dieser prozessuale Vortrag leidet an unauflösbaren inneren Widersprüchen. Weshalb die Sekretärin, die Rechnung an den Kläger auf den 18.02.2010 zurückdatiert haben sollte, ist nicht nachvollziehbar, zumal die Felgen erst am 15.03.2010 auf das Fahrzeug des Zeugen B. montiert worden sind. Der Kläger bleibt auch jedweder Erklärung dafür schuldig, weshalb die Sekretärin gegen seine Anweisung keine Rechnung eingebucht, sondern im Belegtext "Kasse 01" eingegeben haben sollte.

70

Das Vorbringen des Klägers genügt auch zweitinstanzlich nicht ansatzweise den Anforderungen an einen schlüssigen Tatsachenvortrag. Damit ist nach § 138 Abs. 3 ZPO die Behauptung der Beklagten zu 1), der Kläger habe ihr den Selbstkostenpreis für die Brabus-Felgen nicht erstattet, als zugestanden anzusehen mit der Rechtsfolge, dass von einer erheblichen arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung des Klägers zu Lasten seiner Arbeitgeberin auszugehen ist, die einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung darstellt. Unerheblich ist hierbei, ob der Straftatbestand der Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB erfüllt ist. Auf die strafrechtliche Bewertung des Verhaltens kommt es für seine kündigungsrechtliche Bedeutung nicht entscheidend an. Erschwerend zu berücksichtigen ist aber, dass die Pflichtverletzung mit der vertraglich geschuldeten Tätigkeit des Klägers zusammenhängt, in unmittelbarem Zusammenhang mit dem konkreten Aufgabenbereich des Klägers steht und bei Gelegenheit der Arbeitsleistung verübt worden ist.

71

c) Die Pflichtverletzung des Klägers ist von solchem Gewicht, dass sie auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und aller Umstände des vorliegenden Falls zum Überwiegen des berechtigten Interesses der Beklagten zu 1) führt, das Arbeitsverhältnis ohne Einhalten einer Kündigungsfrist mit sofortiger Wirkung zu beenden.

72

Im Rahmen der Prüfung, ob dem Arbeitgeber trotz Vorliegens eines wichtigen Grunds die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zuzumuten ist, ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers gegenüber dem Bestandsinteresse des Arbeitnehmers abzuwägen. Die außerordentliche Kündigung muss insb. verhältnismäßig sein. Zu berücksichtigen sind regelmäßig Gewicht und Auswirkungen der Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr, die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreien Verlaufs (vgl. BAG 10.6.2010 - 2 AZR 541/09, aaO.), sowie Lebensalter, Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers und seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

73

aa) Entgegen der Ansicht der Berufung ist die außerordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013 nicht wegen des Fehlens einer Abmahnung unverhältnismäßig. Nach dem Ultima-Ratio-Prinzip kommt eine außerordentliche Kündigung grundsätzlich erst dann in Betracht, wenn alle anderen nach den Umständen möglichen und angemessenen milderen Mittel ausgeschöpft sind. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt die Anwendung milderer Mittel, sofern diese gleich geeignet wie eine Kündigung sind, eine weitere einschlägige Pflichtverletzung des Arbeitnehmers zu verhindern. § 626 Abs. 1 BGB berechtigt einen Vertragspartner zur sofortigen Kündigung, um diesem die Vermeidung weiterer Pflichtverletzung zu ermöglichen. Hingegen darf eine Kündigung nicht als Sanktion für eine bereits begangene Pflichtverletzung erfolgen. Eine Abmahnung ist daher in den Fällen erforderlich, in denen es dem Arbeitgeber zumutbar ist, dem Arbeitnehmer die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens sowie die Einordnung dieses Verhaltens durch den Arbeitgeber aufzuzeigen. Folglich ist eine Abmahnung dann entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer die Rechtswidrigkeit einer schweren Pflichtverletzung ohne weiteres erkennen und mit deren Hinnahme durch den Arbeitgeber unter keinen Umständen rechnen kann (vgl. BAG 25.10.2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 16 mwN, NZA 2013, 319).

74

So ist es hier. Der Kläger konnte unter keinen Umständen damit rechnen, die Beklagte zu 1) nehme hin, dass er auf ihre Kosten vom Zeugen B. eine Glashütte-Uhr im Wert von ca. € 6.000,00 erwirbt. Vielmehr hätte dem Kläger bewusst sein müssen, dass er durch ein derartiges Privatgeschäft auf Kosten seiner Arbeitgeberin seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt. Der Kläger hat bei der gebotenen objektiven Betrachtung das für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen nicht nur erschüttert, sondern restlos zerstört. Eine Abmahnung war daher im vorliegenden Fall entbehrlich. Sie war nicht geeignet, das verlorene Vertrauen der Beklagten zu 1) in die Redlichkeit des Klägers wiederherzustellen.

75

bb) Im Rahmen der Interessenabwägung im engeren Sinn hat die Berufungskammer - wie bereits das Arbeitsgericht - zugunsten des Klägers seine langjährige Betriebszugehörigkeit seit 1983 und die Unterhaltspflichten gegenüber seiner Ehefrau und den drei Kindern berücksichtigt. Gleichwohl kann der Beklagten zu 1) aufgrund von Art und Schwere des dem Kläger vorzuwerfenden Fehlverhaltens eine weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden. Durch das vom Kläger begangene Vermögensdelikt zu Lasten seiner Arbeitgeberin ist ein irreparabler Vertrauensverlust entstanden, der dieser eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar gemacht hat. Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Klägers ist durch die vorsätzliche Pflichtverletzung objektiv derart erschüttert worden, dass seine Wiederherstellung und ein künftig wieder störungsfreies Miteinander der Parteien nicht mehr zu erwarten ist. Dem Interesse der Beklagten zu 1) an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist auch unter Berücksichtigung der langjährigen Betriebszugehörigkeit und der Unterhaltspflichten des Klägers Vorrang einzuräumen. Der Kläger hat seine Stellung als Verkaufsleiter Pkw zur Begehung einer Straftat zu Lasten der Beklagten ausgenutzt und dadurch das erforderliche Vertrauen in seine Redlichkeit und Zuverlässigkeit vollständig zerstört. Dieser Vertrauensverlust wiegt schwerer als die zugunsten des Klägers sprechenden sozialen Gesichtspunkte. Schließlich ist auch anzuerkennen, dass die Beklagte zu 1) ein Interesse daran hat, gegen ihre Eigentums- und Vermögensinteressen gerichtete Pflichtverletzungen so zu sanktionieren, dass andere Arbeitnehmer von einer Nachahmung abgeschreckt werden und erkennen können, dass sie ein solches Verhalten unter keinen Umständen duldet.

76

2. Die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013 ist nicht nach § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

77

a) Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist dann der Fall, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglichen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht.

78

b) Danach hat die Beklagte zu 1) die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Entgegen der Ansicht der Berufung begann die Frist nicht vor dem 01.07.2013 zu laufen.

79

Am 01.07.2013 hat der Mitgeschäftsführer der Beklagten in einem Gespräch mit dem Zeugen B. über die Kündigungstatsachen Kenntnis erlangt. Die Beklagte zu 1) hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie sich im Februar 2013 im Zusammenhang mit einem anderen Betrugs- und Unterschlagungsvorgang mit allen Kunden in Verbindung gesetzt habe, die in den letzten 2 bis 3 Jahren Fahrzeuge gekauft haben. In diesem Zusammenhang sei der Gesprächstermin mit dem Zeugen B. vereinbart worden, der am Ende des Gesprächs von sich aus gefragt habe, ob die Geschäftsführung von seinem "Uhrengeschäft" mit dem Kläger wisse.

80

Der zweitinstanzliche Vortrag des Klägers, der Mitgeschäftsführer der Beklagten C. R. habe bereits wenige Wochen nach dem Uhrenerwerb im ersten Halbjahr des Jahres 2010 Kenntnis "von dem Vorfall" gehabt, ist unsubstantiiert. Es kann unterstellt werden, dass der Kläger dem Mitgeschäftsführer die Uhr gezeigt, den Wert von € 6.000,00 genannt und ihm möglicherweise auch erklärt hat, dass er sie vom Zeugen B. erhalten habe. Soweit der Kläger zweitinstanzlich vorträgt, er habe mit dem Mitgeschäftsführer auch darüber gesprochen, was er für die Uhr bezahlt habe und ihm das Tauschgeschäft mit dem Zeugen B. erläutert, ist auch diese Behauptung unsubstantiiert. Von einer Kenntniserlangung der Beklagten zu 1) über die Kündigungstatsachen könnte nur gesprochen werden, wenn der Kläger dem Mitgeschäftsführer konkret erklärt hätte, dass er dem Zeugen B. für die Uhr im Wert von € 6.000,00 keinen Cent bezahlt, sondern ihm als Gegenleistung einen Satz Brabus-Felgen, inkl. Sommerreifen, auf Kosten der Beklagten zu 1) zur Verfügung gestellt habe. Das behauptet der Kläger selbst nicht. Dasselbe gilt für den zweitinstanzlichen Vortrag des Klägers, er habe im Spätsommer des Jahres 2011 dem Mitgeschäftsführer C. R. bei einem zufälligen Treffen in einer Pizzeria nochmals dargestellt, dass er dem Zeugen B., den gewünschten Felgen-Reifen-Satz besorgt und im Gegenzug dafür die Uhr erhalten habe.

81

3. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.07.2013 ist nicht wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats iSd. § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam.

82

Es kann dahinstehen, ob der Kläger als Prokurist und Verkaufsleiter Pkw gem. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BetrVG leitender Angestellter war, so dass der Betriebsrat nicht anzuhören gewesen wäre. Die Beklagte zu 1) hat den Betriebsrat vorsorglich iSd. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG zur Kündigung vom 10.07.2013 angehört. Diese Anhörung ist nicht zu beanstanden.

83

a) Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat. Für die Mitteilung der Kündigungsgründe iSd. § 102 Abs. 1 BetrVG gilt der Grundsatz der „subjektiven Determinierung“. Zu einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Information gehört auch die Unterrichtung über dem Arbeitgeber bekannte und für eine Stellungnahme des Betriebsrats möglicherweise bedeutsame Tatsachen, die den Arbeitnehmer entlasten und deshalb gegen den Ausspruch einer Kündigung sprechen können (vgl. BAG 19.07.2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 41 mwN, NZA 2013, 86).

84

b) Die Beklagte zu 1) ist ihrer Mitteilungspflicht aus § 102 Abs. 1 BetrVG inhaltlich ausreichend nachgekommen. Sie hat dem Betriebsrat mit Informationsschreiben vom 09.07.2013 den ihrer Kündigungsentscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt unter Angabe konkreter Tatsachen zutreffend geschildert.

85

Entgegen der Ansicht der Berufung ist die Information der Beklagten zu 1), dass der Kläger dem Zeugen B. einen Satz Brabus-Felgen, inklusive Reifen, im Tausch gegen die Glashütte-Uhr zu ihren Lasten beschafft habe, richtig. Die Beklagte zu 1) hat gegenüber dem Betriebsrat nicht den falschen Eindruck erweckt, dass er dem Zeugen B. auch die Sommerreifen über die Beklagte zu 1) verschafft habe. Die Information ist zutreffend. Die Reifen für den Zeugen B. (295/40 ZR20 110Y XL Rosso) wurden vom Reifenhersteller ausweislich des Lieferscheins vom 03.03.2010 (Bl. 72 d.A.) zum Liefertermin am 04.03.2010 an die Beklagte zu 1) geliefert. Die Fa. Pirelli Deutschland GmbH erstellte der Fa. D. AG, die im Lieferschein als "Regulierer" bezeichnet ist, für diese Lieferung eine "Nullrechnung" (Bl. 153 d.A.). In dieser Rechnung ist ausdrücklich aufgeführt: "Die Lieferung erfolgte kostenlos". Die Beklagte zu 1) fungierte nicht nur als "Lieferadresse", wie die Berufung behauptet. Sie ist vielmehr sachenrechtlich Eigentümerin geworden.

86

Es ist unerheblich, dass der Kläger unter Vorlage eines E-Mail-Ausdrucks vom 25.10.2013 (Bl. 300 d.A.) vorträgt, er habe die Reifen über seinen Bekannten K. (einen Mitarbeiter des Reifenherstellers) zu einem mit diesem "abgestimmten Freundschaftspreis, welcher hier nichts zur Sache tut" privat bezogen, die Beklagten zu 1) habe lediglich als Lieferadresse gedient. Die Ansicht des Klägers, er habe die Reifen für das Uhrengeschäft mit dem Zeugen B. "privat" erworben, ist offensichtlich unzutreffend. Die Reifen sind nach Faktenlage vom Reifenhersteller - und nicht von K. - der Beklagten zu 1) kostenlos - und nicht dem Kläger zu einem Freundschaftspreis - geliefert worden.

87

Auch die Berufungskammer ist davon überzeugt, dass der Kläger seine persönlichen Beziehungen zu dem bei der Fa. Pirelli beschäftigten K. hat "spielen" lassen, der dafür gesorgt hat, dass der Reifenhersteller an die Beklagte zu 1) einen Satz Reifen kostenfrei lieferte. Auf diese Reifen aus dem Warenbestand der Beklagten zu 1) hat der Kläger dann rechtswidrig zugegriffen.

88

Die Beklagte zu 1) hat dem Betriebsrat entgegen der Ansicht der Berufung auch keine entlastenden Tatsachen verschwiegen, weil sie ihm nicht mitgeteilt hat, dass der Kläger behauptet, er habe die Selbstkosten für den Radsatz über sein Verrechnungskonto ausgeglichen, weshalb ihr kein Schaden entstanden sei. Die Beklagte zu 1) war von Anfang an der festen Überzeugung, dass ihr der Kläger für den Felgensatz nichts bezahlt hat. Damit liegt keine bewusste Irreführung des Betriebsrats vor. Es gilt der Grundsatz der "subjektiven Determinierung".

89

c) Die Beklagte zu 1) brauchte nicht den Ablauf der Frist von drei Tagen abzuwarten, die dem Betriebsrat gem. § 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG zur Stellungnahme eingeräumt ist. Der Arbeitgeber kann eine Kündigung auch schon vor Fristablauf aussprechen, wenn der Betriebsrat erkennbar abschließend zu der Kündigungsabsicht Stellung genommen hat. Das Anhörungsverfahren ist dann beendet (vgl. BAG 09.06.2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 47, NZA 2011, 1342, mwN).

90

Die Beklagte zu 1) hat schlüssig vorgetragen, dass ihr die Betriebsratsvorsitzende am 09.07.2013 mitgeteilt habe, der Betriebsrat habe am selben Tag den Beschluss gefasst, der beabsichtigten fristlosen Kündigung des Klägers zuzustimmen. Diesem Vorbringen ist der Kläger in seiner Replik auf die Berufungserwiderung nicht mehr entgegengetreten.

91

4. Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung fällt als uneigentlicher Hilfsantrag nicht zur Entscheidung an.

III.

92

Als unterlegene Partei hat der Kläger gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen.

93

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 31. Oktober 2013, Az. 3 Ca 977/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013.

2

Der 1967 geborene Kläger ist verheiratet und drei minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er war seit 01.08.1983 bei der Beklagten zu 1) als Pkw-Verkäufer angestellt. Seit 02.01.2000 wurde er als Verkaufsleiter Pkw beschäftigt, ihm war Prokura erteilt. Sein durchschnittlicher Bruttoverdienst betrug zuletzt € 9.681,88 monatlich. Die Beklagte zu 1) beschäftigt in ihrem Betrieb in C-Stadt 70 bis 80 Arbeitnehmer; es besteht ein Betriebsrat. Die Beklagte zu 1) ist eine Kommanditgesellschaft, die Beklagte zu 2) deren Komplementär-GmbH.

3

Der Kläger war im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 1) Mitgeschäftsführer der zur Unternehmensgruppe der Beklagten gehörenden Fa. A. GmbH, die ua. sportliche Autozubehörteile vertreibt, die nicht vom Hersteller stammen. Zweiter Geschäftsführer war der Kfz-Meister G. M..

4

Zu den langjährigen Kunden der Beklagten zu 1) zählt der Zeuge B., der - wie der Kläger - exklusive Uhren sammelt. Im März 2010 kaufte der Kläger vom Zeugen B. privat eine goldene Armbanduhr der Manufaktur Glashütte im Wert von ca. € 6.000,00. Als Gegenleistung vereinbarte der Kläger mit dem Zeugen B. ein Tauschgeschäft dahingehend, dass er dessen bei der Beklagten zu 1) gekauften Neuwagen (Mercedes-Benz ML 350 CDI) mit einem Satz Alufelgen der Marke Brabus, incl. Sommerreifen, ausstatten lässt, ohne dass dem Zeugen hierfür Kosten entstehen.

5

In seiner Eigenschaft als Verkaufsleiter der Beklagten zu 1) sorgte der Kläger dafür, dass der Neuwagen des Zeugen B. in der hauseigenen Werkstatt mit dem gewünschten Felgen-Reifen-Satz ausgestattet und dem Zeugen für diese Leistung keine Rechnung ausgestellt wurde. Hätte der Zeuge den Felgen-Reifen-Satz "offiziell" bestellt und bezogen, hätte ihm die Beklagte zu 1) unter Einschluss aller Lohnarbeiten ca. € 6.500,00 in Rechnung gestellt (Felgen 4 x € 990,00, Reifen (295/40 ZR20 110Y XL Rosso) 4 x € 331,93, Felgenschloss € 70,92, Montage/Auswuchten € 137,48, MwSt. € 1.044,26).

6

In einem Gespräch vom 01.07.2013 berichtete der Zeuge B. dem Mitgeschäftsführer der Beklagten zu 1) von diesem Uhrengeschäft. Ob die Beklagte zu 1) bereits früher Kenntnis erlangt hat, ist streitig.

7

Am 09.07.2013 hörte die Beklagte zu 1) vorsorglich - für den Fall, dass der Kläger kein leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG sein sollte - den Betriebsrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers an. Der Betriebsrat stimmte zu. Mit Schreiben vom 10.07.2013 kündigte sie das Arbeitsverhältnis fristlos. Gegen diese Kündigung wehrt sich der Kläger mit seiner am 24.07.2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage. Er macht ferner seine vorläufige Weiterbeschäftigung geltend. Die Klage richtete er auch gegen die Beklagte zu 2) als Komplementär-GmbH.

8

Die Beklagte zu 1) hat das Arbeitsverhältnis vorsorglich am 12.08.2013 und am 04.10.2013 erneut außerordentlich gekündigt. Diese Kündigungen sind Gegenstand des weiteren Rechtsstreits 3 Ca 1453/13 (5 Sa 28/14), den die erkennende Kammer mit Beschluss vom 03.07.2014 gem. § 148 ZPO ausgesetzt hat. Klage- und Widerklageanträge wegen unterschiedlicher Zahlungsansprüche sind Gegenstand des abgetrennten Rechtsstreits 3 Ca 1443/13. Wegen des Anspruchs auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses haben die Parteien einen Teilvergleich geschlossen.

9

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 31.10.2013 Bezug genommen.

10

Der Kläger hat erstinstanzlich - soweit vorliegend noch von Interesse - beantragt,

11

festzustellen,

12

a) dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 10.07.2013 nicht aufgelöst worden ist,

13

b) dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 10.07.2013 hinaus fortbesteht,

die Beklagten zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1) in ihrem Betrieb in C-Stadt als Verkaufsleiter Pkw gegen ein monatliches Vergütungsfix von € 3.068,00, eine monatliche Pauschalprovision von € 4.602,00, einen monatlichen Tantiemevorschuss von € 830,00, Nutzung eines Dienstfahrzeugs privat im Wert von monatlich € 400,00 sowie eines weiteren jährlichen Fixums von € 3.068,00, ausgezahlt jeweils zur Hälfte als Weihnachts- und Urlaubsgeld und unter Gewährung von 30 Arbeitstagen Erholungsurlaub weiter zu beschäftigen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag.

14

Die Beklagten zu 1) und zu 2) haben beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 31.10.2013 nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, die Klage gegen die Beklagte zu 2), die Komplementär-GmbH, sei bereits deshalb unbegründet, weil er Kläger ausschließlich Arbeitnehmer der Beklagten zu 1), der Kommanditgesellschaft, gewesen sei. Die Klage gegen die Beklagte zu 1) sei unbegründet, weil die außerordentliche Kündigung vom 10.07.2013 wirksam sei. Der Kläger habe sich einer Untreue iSd. § 266 StGB zum Nachteil der Beklagten zu 1) schuldig gemacht, weil er dem Zeugen B. als Gegenleistung für die Glashütte-Uhr im Wert von ca. € 6.000,00 einen Satz Brabus-Felgen nebst Sommerreifen auf deren Kosten beschafft habe.

17

Der Kläger habe die Kammer nicht davon überzeugt, dass er der Beklagten zu 1) zumindest die entstandenen Selbstkosten in irgendeiner Form erstattet habe. Im Schriftsatz vom 14.10.2013 habe er noch auf die Buchung auf einem sog. Sparkonto iHv. € 2.986,19 zu Rechnung-Nr. 663 (Bl. 124 d.A.) verwiesen, die allerdings sowohl im Soll als auch im Haben stehe. Im Kammertermin habe er erklärt, dass er die Rechnung-Nr. 663 iHv. € 2.986,19 auf einem Verrechnungskonto beglichen habe, die Rechnung könne er allerdings nicht vorlegen. Nach dem Vortrag der Beklagten zu 1) gebe es eine solche Rechnung nicht. Letzteres sei nachvollziehbar, weil der Kläger im Kammertermin erklärt habe, die von ihm zu begleichende Rechnung über die Felgen sei von der Fa. A. GmbH erst Ende 2010/ Anfang 2011 der Beklagten zu 1) gestellt worden, diese habe er mit einem "Aufschlag von € 250,00" bezahlt. Der Aufschlag resultiere aus von ihm geschätzten Unkosten für Montage und Auswuchtung der montierten Reifen. Insofern sei nicht nachvollziehbar, weshalb dann eine Rechnung-Nr. 663 existieren solle, von wem sie stamme und wie sie sich zusammensetze. Nach den Ausführungen des Klägers müsste die Rechnung der Fa. A. GmbH um mindestens € 250,00 niedriger ausgefallen sein, weil er einen Pauschalzuschlag auf die Rechnung geleistet haben will. Der Vortrag sei daher in sich unschlüssig und unglaubwürdig.

18

Dies folge nicht zuletzt daraus, dass der Zeuge M., Mitgeschäftsführer der Fa. A. GmbH und von Beruf Kfz-Mechaniker, der Beklagten zu 1) die Felgen bereits am 03.03.2010 in Rechnung gestellt habe. Bei der von der Beklagten zu 1) vorgelegten Rechnung (Bl. 193 d.A.) handele es sich nach der Aussage des Zeugen M., um die Rechnung, die am 16.03.2010 verbucht worden sei. Der Zeuge M. habe auf mehrfache Nachfrage bestätigt, dass es sich hierbei um die Rechnung über die Felgen handele, die Grundlage des Uhrengeschäfts zwischen dem Zeugen B. und dem Kläger gewesen seien. Demnach sei der Vortrag des Klägers, der Zeuge M. habe die Rechnung zunächst "vergessen" und erst Ende 2010/ Anfang 2011 erstellt, von diesem nicht bestätigt worden.

19

Wenn es sich bei der Rechnung vom 03.03.2010 tatsächlich um die Rechnung für die Felgen des Zeugen B. handele, sei zum einen nicht nachvollziehbar, warum der Kläger diese erst Anfang 2011 auf seinem Spar- bzw. Verrechnungskonto habe verbuchen lassen und erst Mitte 2011, dh. über ein Jahr später, bezahlt haben will. Außerdem sei nicht nachvollziehbar, weswegen auf seinem Spar- bzw. Verrechnungskonto dann ein anderer Betrag zu finden sei. Selbst wenn man zu dem Rechnungsbetrag von € 2.739,38 einen Betrag von € 250,00 addiere, den der Kläger "pauschal für Nebenarbeiten" auf die Rechnung aufgeschlagen haben will, errechne sich nicht der in den vorgelegten Konten ausgewiesene Betrag von € 2.986,19, sondern ein Betrag von € 2.989,38.

20

Zusammengefasst habe der Kläger die Kammer nicht davon überzeugt, dass er mit der angeblichen Verbuchung der ominösen Rechnung-Nr. 663 die Felgen für den Zeugen B. bezahlt habe. Sein ganzer Vortrag sei konstruiert und unglaubwürdig.

21

Das Verhalten des Klägers sei nicht nur als Untreue iSd. § 266 StGB zu Lasten der Beklagten zu 1) zu werten, es stelle auch einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot dar. Dem Kläger als langjährigem Verkaufsleiter und Prokuristen der Beklagten zu 1) hätte klar sein müssen, dass er dem Kunden B. nicht in Konkurrenz zu seiner Arbeitgeberin auf eigene Rechnung Felgen verkaufen und montieren lassen durfte. Es spiele keine Rolle, ob der Zeuge B., wenn der Kläger mit ihm kein Tauschgeschäft "Uhr gegen Felgen" getätigt hätte, bei der Beklagten zu 1) die gleichen Felgen zum gleichen Preis gekauft hätte. Allein die abstrakte Möglichkeit, dass die Beklagte zu 1) mit ihrem langjährigen Kunden dieses oder ein ähnliches Geschäft hätte machen können, genüge, um den Wettbewerbsverstoß als rechtswidrig anzusehen.

22

Die Interessenabwägung falle zu Lasten des Klägers aus. Zu seinen Gunsten sei die Betriebszugehörigkeit seit 1983 und seine Unterhaltspflichten gegenüber vier Personen zu berücksichtigen. Dem stehe allerdings die Schwere seiner Pflichtverletzung, die zu einem nicht wiedergutzumachenden Vertrauensverlust bei der Beklagten zu 1) geführt habe, gegenüber.

23

Die Beklagte zu 1) habe die Kündigungserklärungsfrist gem. § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Ihr Mitgeschäftsführer habe erst aufgrund eines Gesprächs mit dem Zeugen B. am 01.07.2013 von dem Uhrengeschäft Kenntnis erlangt. Der Kläger habe nicht näher substantiiert, dass der Geschäftsführer bereits im Jahr 2010 hiervon Kenntnis erlangt habe.

24

Der Betriebsrat sei vor Ausspruch der Kündigung nicht anzuhören gewesen, weil der Kläger als Prokurist leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG gewesen sei. Dass die Prokura im Verhältnis zum Arbeitgeber nur unbedeutend gewesen sein könnte, sei nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen worden.

25

Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 6 bis 14 des erstinstanzlichen Urteils vom 31.10.2013 Bezug genommen.

26

Gegen das am 02.01.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 10.01.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis 03.04.2014 verlängerten Begründungsfrist mit am 18.03.2014 eingegangenem Schriftsatz begründet. Die Berufung richtet sich nur gegen die Beklagte zu 1).

27

Der Kläger macht zur Begründung der Berufung im Wesentlichen geltend, sein Verhalten sei - ohne vorherige Abmahnung nach 30-Jähriger beanstandungsfreier Tätigkeit - nicht geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Er habe der Beklagten zu 1) die Selbstkosten für den Felgensatz einschließlich der Montage- und Auswuchtkosten über sein Verrechnungskonto erstattet. Der Beklagten zu 1) sei daher kein Schaden entstanden. Das Arbeitsgericht habe durchgängig die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast verkannt. Sein Einwand, wonach er den Felgensatz einschließlich der Kosten für Montage/Auswuchten vollständig über sein bei der Beklagten zu 1) geführtes Verrechnungskonto bezahlt habe, sei im Hinblick auf den Kündigungsvorwurf beachtlich. Die Beklagte zu 1) müsse diesen Rechtfertigungseinwand ausräumen. Das Arbeitsgericht habe im Hinblick auf die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB seine Hinweispflichten verletzt. Wenn es ihn darauf hingewiesen hätte, dass er seinen Vortrag, der Mitgeschäftsführer habe bereits im Jahre 2010 von den Kündigungstatsachen volle Kenntnis gehabt, hätte präzisieren müssen, hätte er zu diesem Punkt weiteren Vortrag geleistet. Er rüge auch weiterhin eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung, insb. sei die Feststellung des Arbeitsgerichts unzutreffend, wonach er aufgrund der ihm erteilten Prokura leitender Angestellter gewesen sei. Im Einzelnen:

28

Ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB liege nicht vor. Er habe den vom Zeugen B. gewünschten Felgensatz als Geschäftsführer der Fa. A. GmbH bei der Fa. Brabus bestellt. Da die Fa. A. GmbH selbst kein Endkundengeschäft abwickle, seien die Felgen an die Beklagte zu 1) weiterfakturiert worden, damit durch sie die Auslieferung an den Zeugen B. erfolgen und gleichsam die Bezahlung der Felgen durch ihn (den Kläger) über das bei der Beklagten zu 1) geführte Verrechnungskonto erfolgen konnte. Nach Auslieferung der Räder an den Zeugen B. im Frühjahr 2010 habe er den Zeugen M. wiederholt daran erinnert, dass noch die Weiterfakturierung des Radsatzes an die Beklagte zu 1) ausstehe. Er habe den Zeugen M. wiederholt um eine zeitnahe Weiterfakturierung gebeten, damit er kurzfristig die Rechnung über sein bei der Beklagten zu 1) geführtes Verrechnungskonto ausgleichen könne. M. habe ihm in einem persönlichen Gespräch Ende des 4. Quartals 2010 explizit mitgeteilt, dass die Weiterfakturierung des Radsatzes versehentlich unterblieben sei. Der Zeuge habe ihm die an die Beklagte zu 1) adressierte Rechnung vorgelegt. Er habe M. erklärt, dass er die Rechnung - aufgrund eines Druckfehlers - so nicht in der Buchhaltung der Beklagten zu 1) abgeben könne und M. gebeten, eine ordnungsgemäße Rechnung zu erstellen. Er habe händisch auf einem Zettel den in der Rechnung ausgewiesenen Betrag notiert, weil er ihn noch im Jahr 2010 habe begleichen wollen. Gleichzeitig habe er händisch einen Aufschlag für die Montage und das Auswuchten der Räder kalkuliert, weil er die anfallenden Selbstkosten habe bezahlen wollte. Den handschriftlich geschriebenen Zettel habe er seiner Sekretärin mit der Bitte übergeben, ihm diesen Betrag als privaten Rechnungsbetrag abzurechnen und ins Buchungssystem einzugeben. Es sei Fakt, dass er seine Sekretärin gebeten habe, für die Kosten des Radsatzes einschließlich der geschätzten Kosten für Montage/Auswuchten eine Rechnung auf ihn privat zu schreiben. Tatsächlich habe er nach seiner Erinnerung wohl auch eine auf ihn ausgestellte, ausgedruckte Rechnung erhalten, die ihm heute jedoch nicht mehr vorliege. Insoweit sei ihm klar gewesen, dass die Rechnung automatisch durch Erstellung im Buchhaltungssystem durch die Sekretärin erfasst worden sei und automatisiert in seinem Verrechnungskonto als Sollstelle gebucht werde. Für das hier maßgebliche Kalenderjahr 2010 liege ihm bis heute kein Einzelkontenauszug für das von der Beklagten zu 1) für ihn geführte Spar- bzw. Verrechnungskonto vor.

29

Seinen erstinstanzlichen Vortrag, die auf dem Verrechnungskonto erscheinende Soll-Position iHv. € 2.986,19 enthalte die Bezahlung des Felgensatzes nebst Montage- und Auswuchtkosten müsse er korrigieren. Bei der ausgewiesenen Position Nr. 663 und dem Betrag von € 2.986,19 handele es sich nicht um eine singuläre Rechnung. Vielmehr handele es sich um eine interne Belegnummer der Beklagten zu 1) und um den kumulierten in das Jahr 2011 übertragenen Saldovortrag aus dem Jahr 2010. Hinter dem genannten Betrag seien zwangsläufig eine oder mehrere entsprechende Buchungen nebst zugehörigen Rechnungen hinterlegt. Hierbei sei festzuhalten, dass eine dieser hinterlegten Rechnungen aus dem Jahr 2010 die von ihm angewiesene Rechnung über den Felgen-Radsatz, einschließlich Montage- und Auswuchtkosten sei. Dies folge bereits daraus, dass er und seine Familienmitglieder im Jahr 2010 kein Mercedesfahrzeug gefahren seien und somit kein Rechnungsbetrag mit Ausnahme des erworbenen Radsatzes auf seinem Verrechnungskonto im Jahr 2010 erscheinen könne, die Grundlage des in das Jahr 2011 übertragenen Saldos aus dem Jahr 2010 sein können.

30

Aus dem Kontoauszug (Bl. 299 d.A.) ergebe sich, dass der Sollbetrag von € 2.986,19 in der Folgezeit durch eine Barkasseneinzahlung am 06.07.2011 in Höhe von € 19.500,00 ausgeglichen worden sei. Soweit die Beklagte zu 1) unsubstantiiert behaupte, der Sollstellungsbetrag von € 2.986,19 setze sich aus Barentnahmen vom 18.02.2010 und 12.03.2010, einer Gutschrift per 04.05.2010 sowie einer Warenrechnung vom 20.10.2010 zusammen, bestreite er dies. Die im Verrechnungskonto aus dem Jahr 2010 eingebuchte Sollstellung iHv. € 2.986,19 beinhalte die Bezahlung des Radsatzes einschließlich der angefallenen Kosten für Montage/Auswuchten.

31

Die von der Beklagten zu 1) vorgelegte Rechnung der Fa. A. GmbH vom 03.03.2010 (Bl. 193 d.A.), die angeblich bereits am 16.03.2010 gebucht worden sei, sei eine Fälschung. Die auf der Rechnung befindliche und angeblich von ihm stammende Paraphe, stamme nicht von seiner Hand. Die Behauptung der Beklagten zu 1), er habe die Rechnung bereits im März 2010 abgezeichnet und in die Buchhaltung gegeben, sei falsch.

32

Das Arbeitsgericht habe unzutreffend eine Straftat sowie einen erheblichen Vermögensschaden angenommen. Er habe von Anfang an dafür Sorge getragen, dass der Beklagten zu 1) kein Vermögensnachteil entstehe. Da der Zeuge B. bei seiner Vernehmung unwidersprochen bestätigt habe, dass er den streitigen Radsatz bei der Beklagten zu 1) außerhalb des Uhren-Tauschgeschäfts niemals erworben hätte, sei auch ein hypothetischer Gewinnverlust ausgeschlossen. Nach einer 30-jährigen ungestörten Betriebszugehörigkeit hätte eine Abmahnung ausgereicht, um dem Arbeitsvertragsverstoß angemessen zu begegnen. Das Arbeitsgericht habe auch seine Doppelrolle unberücksichtigt gelassen. Er habe den Radsatz nicht in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer der Beklagten zu 1), sondern als Geschäftsführer der Fa. A. GmbH bei der Herstellerfirma Brabus bestellt.

33

Die Beklagte zu 1) habe die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt. Der Mitgeschäftsführer der Beklagten C. R. habe bereits wenige Wochen nach dem Uhrenerwerb im ersten Halbjahr des Jahres 2010 Kenntnis von dem Vorfall gehabt. Er habe kurze Zeit nach dem Uhrengeschäft dem Mitgeschäftsführer seine neu erworbene Uhr gezeigt. Er habe mit ihm auch darüber gesprochen, was er für die Uhr bezahlt habe und ihm das Tauschgeschäft mit dem Zeugen B. erläutert. Der Mitgeschäftsführer habe ihn gefragt, ob die Beklagte zu 1) von dem Geschäft einen finanziellen Nachteil gehabt habe. Er habe ihm daraufhin erklärt, dass er den Selbstkostenpreis der Räder bezahlt habe.

34

Im Spätsommer des Jahres 2011 habe er in Begleitung seines Schwagers im Außenbereich einer Pizzeria gesessen. Der Mitgeschäftsführer sei zufällig vorbeigekommen und habe sich zu ihnen an den Tisch gesellt. Die Glashütte-Uhr, die er an diesem Tag getragen habe, sei zum Gesprächsthema geworden. Es sei nochmals das Gespräch darauf gekommen, wie er die Uhr im Jahr 2010 vom Zeugen B. erhalten habe. Er habe nochmals dargestellt, dass er dem Zeugen B., die gewünschten Felgen besorgt und im Gegenzug dafür die Uhr erhalten habe. Aufgrund des damals noch engen freundschaftlichen Verhältnisses sei die gesamte Angelegenheit vom Mitgeschäftsführer nicht kritisch bewertet oder weiter hinterfragt worden.

35

Die Betriebsratsanhörung sei iSd. § 102 BetrVG nicht ordnungsgemäß erfolgt. Er sei kein leitender Angestellter der Beklagten zu 1) gewesen. Ihm sei zwar Prokura erteilt worden, er sei als Verkaufsleiter jedoch nicht mit bedeutenden unternehmerischen Leitungsaufgaben betraut gewesen. Er habe seine Entscheidungen nicht im Wesentlichen frei von Weisungen der Geschäftsleitung treffen können. Die Prokura sei ihm ausschließlich für den Fall erteilt worden, falls aufgrund der Urlaubsabwesenheit des Mitgeschäftsführers C. R. formale Erklärungen gegenüber Behörden oder Banken abzugeben gewesen seien.

36

Die Beklagte zu 1) habe dem Betriebsrat mitgeteilt, dass er dem Zeugen B. einen Satz Brabus-Felgen, inkl. Reifen, im Tausch gegen die Uhr zu ihren Lasten habe zukommen lassen. Sie habe damit ggü. dem Betriebsrat den falschen Eindruck erweckt, dass er dem Zeugen B. auch die Reifen über die Beklagte zu 1) verschafft habe. Dies sei jedoch falsch, weil er die Reifen über seinen Bekannten J. K. (ein Verkaufsmitarbeiter der Fa. Pirelli) zu einem Freundschaftspreis privat bezogen habe. Die Adresse der Beklagten zu 1) habe ausschließlich als Lieferadresse gedient, was dem in der Betriebsratsanhörung genannten Zeugen M. aufgrund eines Gesprächs mit K. bekannt gewesen sei. Darüber hinaus sei dem Betriebsrat nicht mitgeteilt worden, dass er die Selbstkosten für den Radsatz über sein Verrechnungskonto ausgeglichen habe und der Beklagten zu 1) tatsächlich kein Schaden entstanden sei.

37

Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Klägers vom 18.03.2014 und vom 26.06.2014 Bezug genommen.

38

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

39

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 31.10.2013, Az. 3 Ca 977/13, teilweise abzuändern und
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten zu 1) durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013 nicht aufgelöst worden ist,
die Beklagte zu 1) zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) in ihrem Betrieb in C-Stadt als Verkaufsleiter Pkw bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag zu 1) zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen.

40

Die Beklagte zu 1) beantragt,

41

die Berufung zurückzuweisen.

42

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 30.05.2014 auf die Bezug genommen wird, als zutreffend. Ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB liege vor. Die Behauptung des Klägers, er habe ihr die für den Felgensatz angefallenen Kosten zzgl. eines Aufschlags für das Auswuchten und die Montage der Räder gezahlt, sei falsch. Sein Vortrag, er habe die Kosten durch eine von ihm veranlasste Sollstellung auf das für ihn geführte Debitorenkonto bezahlt, sei unsubstantiiert und unzutreffend. Richtig sei, dass dem kumulierten und in das Jahr 2011 übertragenen Saldovortrag aus dem Jahr 2010 iHv. € 2.986,19 Einzelbuchungen zu Grunde liegen. Keine dieser Einzelbuchungen betreffe jedoch die Kosten der Felgen. Der Saldo iHv. € 2.986,19 beruhe auf folgenden Buchungen bzw. Zahlungsvorgängen:

43

Barentnahme des Klägers aus der Firmenkasse am 18.02.2010 über

€ 2.900,00

Barentnahme des Klägers aus der Firmenkasse am 12.03.2010 über

€ 900,00

Gutschrift zu Gunsten des Klägers am 04.05.2010 über

€ 1.000,03

Warenlieferung an den Kläger gemäß Rechnung-Nr. 180662 vom 20.10.2010 über

€ 186,22

44

Sie habe eine Steuerberaterkanzlei mit einer Überprüfung der Konten des Klägers beauftragt. Diese habe das Ergebnis mit Schreiben vom 08.05.2014 vorgelegt. Die Steuerkanzlei sei zweifelsfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass eine irgendwie geartete Belastung der Konten des Klägers mit den Kosten der Felgen nicht stattgefunden habe. Der Kläger habe niemals angeregt oder angeordnet, dass die Kosten der Felgen seinem Verrechnungskonto belastet werden sollen. Vor dem Arbeitsgericht habe der Kläger - als Partei angehört - erklärt, er habe die die Felgen betreffende Rechnung vom Zeugen M. erst Ende 2010/Anfang 2011 erhalten und diese Rechnung dann Mitte 2011 über ein Verrechnungskonto mit einem Aufschlag von € 250,00 bezahlt. Unabhängig davon, dass dieser Vortrag mit der jetzigen Behauptung, die Rechnung sei bereits im Jahr 2010 im Wege der Belastung seines Verrechnungskontos bezahlt worden, nicht zu vereinbaren sei, sei dieser Vortrag auch unwahr. Der Zeuge M. habe bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung zutreffend geschildert, dass er ihr die Rechnung "ganz normal" und zeitnah zugeleitet habe und sie von ihrer Buchhaltung bereits am 16.03.2010 verbucht und durch eine entsprechende Überweisung ausgeglichen worden sei. Der Kläger habe die Rechnung zuvor abgezeichnet. Weder bei dieser Gelegenheit noch zu irgendeinem anderen Zeitpunkt habe er ggü. dem Zeugen M. erklärt, dass er die Kosten der Felgen selbst tragen wolle. Die auf der Rechnung vom 03.03.2010 angebrachte Paraphe "B" stamme vom Kläger. Die zuständige Mitarbeiterin der Buchhaltung habe die Rechnung am 16.03.2013 verbucht und hierbei in das elektronische Buchhaltungssystem eingegeben.

45

Sie habe die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt, denn sie habe über die Kündigungstatsachen erst am 01.07.2013 durch den Zeugen B. Kenntnis erlangt. Der Kläger habe ihren Mitgeschäftsführer C. R. nicht über die Modalitäten des Uhrenerwerbs, insb. darüber unterrichtet, dass er den Kaufpreis für die Uhr durch Lieferung eines Felgensatzes auf ihre Kosten bezahlt habe. Dass der Kläger zu keiner Zeit ggü. ihren Geschäftsführern etwas über die Art und Weise seiner "Kaufpreiszahlung" erzählt habe, werde auch dadurch belegt, dass er den Zeugen B. vor dem Gespräch vom 01.07.2013 telefonisch darum gebeten habe, der Geschäftsführung nichts über die Einzelheiten des Uhrengeschäftes zu berichten.

46

Sie sei nicht verpflichtet gewesen, den Betriebsrat gem. § 102 BetrVG anzuhören, weil der Kläger leitender Angestellter gewesen sei. Seine Behauptung, die Prokura sei ihm ausschließlich für den Fall erteilt worden, dass während der Urlaubsabwesenheit des Mitgeschäftsführers C. R. formale Erklärungen gegenüber Behörden oder Banken abzugeben seien, sei unsinnig. Die Prokura sei ihm bereits am 24.02.2003 erteilt worden, während C. R. erst am 01.04.2007 eingetreten sei. In seiner Eigenschaft als Verkaufsleiter und Prokurist habe der Kläger eine herausgehobene Position innegehabt. Wie herausgehoben seine Position im Unternehmen gewesen sei, werde auch dadurch verdeutlicht, dass er zum Geschäftsführer der zur Unternehmensgruppe gehörenden Fa. A. GmbH bestellt worden sei.

47

Unabhängig davon habe sie den Betriebsrat gem. § 102 BetrVG vorsorglich angehört. Der Betriebsrat habe den Beschluss, der fristlosen Kündigung zuzustimmen, am 09.07.2013 um 11:00 Uhr gefasst. Im unmittelbaren Anschluss habe die Betriebsratsvorsitzende die Geschäftsführung über den Zustimmungsbeschluss unterrichtet. Die Rüge des Klägers, sie habe den Betriebsrat inhaltlich unvollständig bzw. unrichtig unterrichtet, sei nicht berechtigt. Die feinsinnige Differenzierung zwischen Felgen einerseits und den zugehörigen Reifen andererseits sei unerheblich. Der Kläger habe auch die Reifen widerrechtlich aus ihrem Bestand entnommen. Um die Reifen kostenfrei beziehen und im Rahmen des Tauschgeschäftes mit dem Zeugen B. verwenden zu können, habe er seine persönlichen Beziehungen zu dem bei der Fa. Pirelli beschäftigten K. spielen lassen und dafür gesorgt, dass der Reifenhersteller an sie (die Beklagte zu 1) einen Satz Reifen kostenfrei liefere. Auf diesen Reifen habe der Kläger zugegriffen und sie dem Zeugen B. ohne Berechnung zur Verfügung gestellt.

48

In seiner Replik vom 26.06.2014 führt der Kläger aus, die Beklagte zu 1) weigere sich, einen vollständigen und detaillierten Kontoauszug der Jahre 2010 bis 2011 für das für ihn geführte Spar- und Verrechnungskonto unter detailliertem Ausweis sämtlicher Einzelbuchungen vorzulegen. Stattdessen berufe sie sich auf eine Stellungnahme der Steuerberatersozietät vom 08.05.2014, die jedoch nicht aufschlussreich sei. Letztlich werde nur bestätigt, dass in dem dort genannten Zeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2011 keine Buchung (mit oder ohne Rechnung) über einen Satz Brabus-Felgen enthalten sei. Hierbei sei jedoch festzuhalten, dass die Buchung, die seine Zahlung für den Felgensatz beinhalte, nicht ausdrücklich den Hinweis "Brabus-Felgen" enthalten müsse. Deshalb habe er wiederholt die vollständige Offenlegung der Kontenbewegungen gefordert. Soweit die Beklagte nunmehr anführe, im Verrechnungskonto sei unter dem 18.02.2010 eine Barentnahme über einen Betrag iHv. € 2.900,00 ausgewiesen, so könnte dieser Betrag die veranlasste Zahlung der Felgen darstellen. Die Bezeichnung "Barentnahme" deute nicht auf eine physische Geldentnahme hin. Da er am 18.02.2010 keine Barauszahlung erhalten habe und auch seinem Sparkonto keine Gutschrift erteilt worden sei, verbleibe nur die Möglichkeit, dass mit diesem Betrag die Debitorenrechnung der Brabus-Felgen ausgeglichen worden sei. Eine Offenlegung der Buchungsvorgänge werde exakt diesen Vortrag bestätigen. Hinsichtlich des angegebenen Datums 18.02.2010 sei anzumerken, dass dieses keineswegs das Erfassungsdatum des Buchungsvorgangs darstelle, die Erfassung sei erst im Spätjahr 2010 auf seine Anweisung durch seine Sekretärin erfolgt, aber zurückdatiert worden, was im System der Beklagten zu 1) problemlos möglich sei. Bezüglich der Felgenrechnung vom 03.03.2010, die nach dem Vortrag der Beklagten zu 1) am 16.03.2010 verbucht worden sein soll, sei der Konten-Einzelposten-Auszug verwirrend. Die Rechnung der Fa. Al GmbH über einen Betrag iHv. € 2.739,38 sei bereits am 01.03.2010 im Konto der Beklagten zu 1) aufgetaucht, obwohl die Rechnung erst am 03.03.2010 erstellt und sogar erst am 16.03.2010 verbucht worden sein soll. Auch insoweit sei die Stellungnahme der Steuerberatersozietät unschlüssig.

49

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

50

Die gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und inhaltlich ausreichend begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO).

II.

51

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kündigungsschutzklage ist nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten zu 1) ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden. Der uneigentliche Hilfsantrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung fällt deshalb nicht zur Entscheidung an.

52

Die Berufungskammer folgt der ausführlichen und überzeugend begründeten Entscheidung des Arbeitsgerichts Kaiserslautern und sieht gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer umfassenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Das Berufungsvorbringen veranlasst lediglich folgende Ausführungen:

53

1. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013 beruht auf einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB.

54

a) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (vgl. BAG 29.08.2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 19, NZA 2014, 533).

55

Einen in diesem Sinne die fristlose Kündigung „an sich“ rechtfertigenden Grund stellt ua. ein vom Arbeitnehmer zu Lasten des Arbeitgebers begangenes Vermögensdelikt dar, und zwar auch dann, wenn die rechtswidrige Handlung Sachen von nur geringem Wert betrifft oder zu einem nur geringfügigen, möglicherweise zu gar keinem Schaden geführt hat (vgl. BAG 20.06.2013 - 2 AZR 546/12 - Rn. 13, NZA 2014, 143; BAG 21.06.2012 - 2 AZR 153/11 - Rn. 17, NZA 2012, 1025; BAG 10.06.2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 26, AP BGB § 626 Nr. 232; jeweils mwN). Maßgebend ist der mit der Pflichtverletzung verbundene Vertrauensbruch.

56

b) Nach diesen Grundsätzen ist das Verhalten des Klägers geeignet, die fristlose Kündigung vom 10.07.2013 zu rechtfertigen.

57

Es ist unstreitig, dass der Kläger mit dem Zeugen B. ein Tauschgeschäft dahingehend vereinbart hat, dass der Zeuge dem Kläger eine Glashütte-Uhr im Wert von ca. € 6.000,00 übereignet und der Kläger ihm im Gegenzug den bei der Beklagten zu 1) gekauften Neuwagen mit einem Satz Sommerreifen auf Brabus-Felgen ausstatten lässt, ohne dass dem Zeugen hierfür irgendwelche Kosten entstehen. Das Tauschgeschäft ist vereinbarungsgemäß abgewickelt worden. Der Kläger hat dafür gesorgt, dass die Felgen und Reifen geliefert und in der Werkstatt der Beklagten zu 1) auf das Fahrzeug des Zeugen B. montiert worden sind. Hätte der Zeuge die Sommerreifen auf Brabus-Felgen bei der Beklagten zu 1) "offiziell" bestellt und bezogen, hätte er für Teile und Arbeitskosten, einschließlich Mehrwertsteuer ca. € 6.500,00 zahlen müssen.

58

Allein schon die Tatsache, dass der Kläger ein derartiges Geschäft unter Ausnutzung der ihm als Verkaufsleiter Pkw zur Verfügung stehenden Möglichkeiten mit einem Kunden der Beklagten zu 1) abgeschlossen hat, stellt eine schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar.

59

Soweit der Kläger zu seiner Entlastung geltend macht, der Beklagten zu 1) sei durch sein privates Uhrengeschäft mit dem Zeugen B. kein Schaden entstanden, weil er ihr den Selbstkostenpreis für die Brabus-Felgen erstattet sowie einen Aufschlag für die Werkstattkosten (Montage/Auswuchten) gezahlt habe, handelt es sich um eine bloße Schutzbehauptung. Der Kläger hat im Laufe des Verfahrens wechselnde Einlassungen abgegeben, die mehrfach widersprüchlich und kaum noch nachvollziehbar sind. Die Beklagte zu 1) hat sein Entlastungsvorbringen widerlegt. Die Berufungskammer ist - wie das Arbeitsgericht - der sicheren Überzeugung, dass der Kläger der Beklagten zu 1) für die Felgen und die Arbeitskosten nichts bezahlt hat.

60

Der Zeuge M. hat während seiner erstinstanzlichen Vernehmung bekundet, dass er die Felgen, die sich der Zeuge B. ausgesucht habe, auf Weisung des Klägers bei der Fa. Brabus bestellt habe. Die Rechnung der Fa. A. GmbH (im Original Bl. 193 d.A.) über einen Betrag von € 2.739,38 habe er am 03.03.2010 der Beklagten zu 1) ausgestellt. Die Rechnung sei entgegen der Behauptung des Klägers nicht gefälscht. Auch die Behauptung des Klägers, er habe ihn im Laufe des Jahres 2010 wiederholt an die Ausstellung der Rechnung erinnert, sei falsch. Es sei weiterhin falsch, dass ihm das Nichtausstellen der Rechnung erst bei der Inventur Ende 2010/ Anfang 2011 aufgefallen sei und er die Rechnung später erstellt habe. Auf diese klare, eindeutige Zeugenaussage und die sorgfältige Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts geht die Berufung mit keinem Wort ein. Konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung iSd. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Ein Sachverständigengutachten wegen des vom Kläger erhobenen Fälschungseinwands war nicht einzuholen. Für die Vermutung des Klägers, dass die Rechnung vom 03.03.2010 mit dem Buchungsstempel vom 16.03.2010 gefälscht sein könnte, bestehen keine greifbareren Anhaltspunkte. Das gleiche gilt für die "ins Blaue" hinein aufgestellte Vermutung des Klägers, die Datumsangaben im Buchhaltungssystem der Beklagten seien gefälscht worden. Es bestehen keinerlei Verdachtsmomente dafür, dass die Rechnung nicht am 03.03.2010 vom Zeugen M. ausgestellt und am 16.03.2010 von der Buchhaltung gebucht worden sein könnte. Im Gegenteil: Die Sommerreifen, die der Kläger für den Zeugen B. über seinen Bekannten K. beim Reifenhersteller beschafft hat, sind ausweislich des Lieferscheins (Bl. 72 d.A.) am 03.03.2010 bestellt und am 04.03.2010 geliefert worden. Die Montage des Felgen-Reifen-Satzes auf das Fahrzeug des Zeugen B. erfolgte ausweislich des internen Werkstattauftrags (Bl. 154 d.A.) und der internen Leistungsverrechnung über die Lohnarbeiten (Bl. 155 d.A.) am 15.03.2010. Es ist eine bloße Unterstellung des Klägers, dass das Rechnungsdatum über den Felgensatz vom 03.03.2010 und das Buchungsdatum vom 16.03.2010 gefälscht sei. Der Fälschungseinwand wird durch die Aussage des Zeugen M. widerlegt. An der Glaubhaftigkeit der Aussage und der Glaubwürdigkeit des Zeugen M. zweifelt die Berufung nicht.

61

Auch der Steuerberater, den die Beklagte zu 1) mit der Prüfung der Konten beauftragt hat, kommt in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 08.05.2014 zu dem Ergebnis, dass die Eingangsrechnung Nr. 6-6421 der Fa. A. GmbH über die Brabus-Felgen iHv. € 2.739,38 auf den 03.03.2010 datiert und am 16.03.2010 im Buchhaltungssystem der Beklagten zu 1) erfasst worden sei. Das Erfassungsprotokoll, das die Bezugsdaten (zB. Bearbeiter, Datum, Uhrzeit) automatisch generiere, sei nicht verändert oder verfälscht worden. Eine Fälschung sei auch deshalb auszuschließen, weil sie zu Abweichungen zwischen den Kontensalden führen müsste. Entgegen der Ansicht der Berufung in der Replik auf die Berufungserwiderung sind diese Ausführungen nicht "verwirrend", sondern vollumfänglich überzeugend und nachvollziehbar. Sie stimmen sowohl mit der Aussage des Zeugen M. als auch mit den Bestell-, Liefer- und Werkstattdaten überein, die der Kläger nicht bestreitet. Wenn der Kläger eine Unschlüssigkeit des Berichts des Steuerberaters vom 08.05.2014 daraus herleiten will, dass in der Anlage A4 (Bl. 364 d.A.) in der Aufstellung "Anzeigen Konto: Einzelposten zum Ausgleich" eine Warenrechnung über € 2.739,38 unter dem Datum 01.10.2010 "auftaucht", übersieht er, dass es sich um eine Aufstellung des Kontos der Fa. A. GmbH handelt. Dieser Firma, deren Mitgeschäftsführer der Kläger war, muss eine Warenrechnung der Fa. Brabus zugegangen sein. Auf die Frage der Berufungskammer, warum er nicht unmittelbar die Rechnung der Fa. Brabus bezahlt, sondern diese Rechnung an die Beklagte zu 1) "weiterfakturiert" hat, wusste der Kläger keine Antwort.

62

Der Kläger hat auch zweitinstanzlich nicht ansatzweise darzulegen vermocht, dass er der Beklagten zu 1) den Felgen-Rechnungsbetrag von € 2.739,38 zzgl. eines Aufschlags von € 250,00 für die von ihm geschätzten Werkstattkosten, wie er erstinstanzlich im Kammertermin zu Protokoll erklärt hat, also einen Gesamtbetrag von € 2.989,38, erstattet hat. Unstreitig gibt es keine unmittelbare Zahlung oder Überweisung des Klägers an die Beklagte zu 1). Der Kläger hat den Betrag von € 2.989,38 auch nicht durch eine von ihm veranlasste Soll-Stellung auf dem für ihn bei der Beklagten zu 1) geführten Debitorenkonto gezahlt.

63

In erster Instanz hat der Kläger noch behauptet, die auf seinem Konto mit Datum "31.01.2011" zu Rechnung-Nr. 663 über € 2.986,19 vorgenommene Buchung stelle die Erstattung der Felgen-Kosten nebst Aufschlag dar. Dieses Vorbringen, dass ihm das Arbeitsgericht nicht geglaubt hat, hat der Kläger zweitinstanzlich "korrigiert", weil er nicht länger leugnen konnte, dass die Buchung vom 31.01.2011 mit der Belegnummer 663 iHv. € 2.986,19 nicht im Zusammenhang mit einer einzelnen Rechnung steht, da lediglich der Altsaldo aus dem Jahr 2010 in das Jahr 2011 übertragen worden ist. Den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts, das das Entlastungsvorbringen des Klägers insgesamt als konstruierten Vortrag gewürdigt hat, ist nichts hinzuzufügen.

64

Entgegen der Ansicht der Berufung hat das Arbeitsgericht die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht verkannt. Grundsätzlich ist der kündigende Arbeitgeber verpflichtet, alle Umstände darzulegen und zu beweisen, die eine Kündigung begründen. Hierzu gehören auch die Tatsachen, die einen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund für das Verhalten des Arbeitnehmers ausschließen. Allerdings darf es nicht zu einer Überforderung der mit der Darlegungs- und Beweislast belegten Partei kommen, so dass sich ihr Umfang danach richtet, wie substantiiert sich der gekündigte Arbeitnehmer auf die Kündigungsgründe einlässt. Es gilt eine abgestufte Verteilung der Darlegungs- und Beweislast (st. Rspr., vgl. etwa BAG 06.08.1987 - 2 AZR 226/87- NJW 1988, 438; ErfK/ Müller-Glöge, 14. Aufl. BGB § 626 Rn. 235, mwN).

65

Der Kläger ist seiner diesen Grundsätzen entsprechenden prozessualen Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Er war verpflichtet, schlüssig vorzutragen, dass er die Felgen für den Zeugen B. aus seinem Privatvermögen gezahlt hat. Deswegen hatte er nach § 138 Abs. 2 ZPO die näheren Umstände der Bezahlung substantiiert darzulegen. Das ist ihm mit seinen wechselnden und widersprüchlichen Angaben nicht gelungen. Die Beklagte zu 1) hat sämtliche vom Kläger vorgebrachten Einwände zur angeblichen Kostenerstattung widerlegt.

66

Während der Kläger erstinstanzlich unter Erhebung von Fälschungsvorwürfen behauptet hat, er habe mit Buchung zum Datum 31.01.2011 zu Rechnung-Nr. 663 über € 2.986,19 die Selbstkosten für die Felgen erstattet (Schriftsatz vom 14.10.2013), erklärte er in der Kammerverhandlung vom 31.10.2013 auf Nachfrage des Arbeitsgerichts zu Protokoll, er habe die Rechnung über die Felgen Mitte 2011 über das Verrechnungskonto mit einem Aufschlag von € 250,00 bezahlt. In der Berufungsbegründung behauptete der Kläger, er habe im 4. Quartal 2010 seiner Sekretärin einen Zettel übergeben und sie gebeten, den dort handschriftlich notierten Betrag im Buchungssystem der Beklagten zu 1) als privaten Rechnungsbetrag einzugeben. Die von seiner Sekretärin ausgestellte Rechnung, die ihm heute nicht mehr vorliege, sei in seinem Verrechnungskonto 2010 als Sollstelle erfasst und gebucht worden. Hinter dem in das Jahr 2011 übertragenen Saldovortrag aus dem Jahr 2010 iHv. € 2.986,19 seien zwangsläufig eine oder mehrere entsprechende Buchungen nebst zugehörigen Rechnungen hinterlegt. Hierbei sei festzuhalten, dass eine dieser hinterlegten Rechnungen aus dem Jahr 2010 die Brabus-Felgenrechnung nebst Zuschlag für die Werkstattkosten sei. Dies folge bereits daraus, dass er und seine Familienmitglieder im Jahr 2010 kein Mercedesfahrzeug gefahren seien und somit kein Rechnungsbetrag mit Ausnahme des erworbenen Radsatzes auf seinem Verrechnungskonto im Jahr 2010 erscheinen könne.

67

Aus dem Kontoauszug mit den im Jahr 2010 verbuchten vier Geschäftsvorgängen nebst Anlagen geht eindeutig hervor, dass dem Kläger am 22.10.2010 von der Beklagten zu 1) eine Werkstattrechnung über Arbeiten an einem Fahrzeug vom Typ "Porsche Cayenne" (Nachweis B5, Bl. 367 d.A.) ausgestellt worden ist. Seine Unterstellung, dass im Jahr 2010 nur die Rechnung für den Brabus-Felgensatz auf dem Verrechnungskonto verbucht worden sein könne, weil er und seine Familienmitglieder im Jahr 2010 kein Mercedesfahrzeug gefahren seien, stellt sich bereits deshalb als haltlos heraus.

68

In seiner Replik auf die Berufungserwiderung behauptet der Kläger zuletzt, im Verrechnungskonto sei unter dem 18.02.2010 eine Barentnahme über einen Betrag von € 2.900,00 ausgewiesen. Da er am 18.02.2010 keine Barauszahlung erhalten habe und seinem Sparkonto keine Gutschrift erteilt worden sei, verbleibe nur die Möglichkeit, dass damit die Rechnung über die Brabus-Felgen ausgeglichen worden sei. Die Bezeichnung "Barentnahme" deute nicht auf eine physische Geldentnahme hin, das angegebene Buchungsdatum "18.02.2010" stelle nicht das Erfassungsdatum des Buchungsvorgangs dar, die Erfassung sei vielmehr erst im Spätjahr 2010 durch seine Sekretärin erfolgt, aber zurückdatiert worden, was mit der Buchhaltungssoftware der Beklagten zu 1) problemlos möglich sei.

69

Auch dieser prozessuale Vortrag leidet an unauflösbaren inneren Widersprüchen. Weshalb die Sekretärin, die Rechnung an den Kläger auf den 18.02.2010 zurückdatiert haben sollte, ist nicht nachvollziehbar, zumal die Felgen erst am 15.03.2010 auf das Fahrzeug des Zeugen B. montiert worden sind. Der Kläger bleibt auch jedweder Erklärung dafür schuldig, weshalb die Sekretärin gegen seine Anweisung keine Rechnung eingebucht, sondern im Belegtext "Kasse 01" eingegeben haben sollte.

70

Das Vorbringen des Klägers genügt auch zweitinstanzlich nicht ansatzweise den Anforderungen an einen schlüssigen Tatsachenvortrag. Damit ist nach § 138 Abs. 3 ZPO die Behauptung der Beklagten zu 1), der Kläger habe ihr den Selbstkostenpreis für die Brabus-Felgen nicht erstattet, als zugestanden anzusehen mit der Rechtsfolge, dass von einer erheblichen arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung des Klägers zu Lasten seiner Arbeitgeberin auszugehen ist, die einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung darstellt. Unerheblich ist hierbei, ob der Straftatbestand der Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB erfüllt ist. Auf die strafrechtliche Bewertung des Verhaltens kommt es für seine kündigungsrechtliche Bedeutung nicht entscheidend an. Erschwerend zu berücksichtigen ist aber, dass die Pflichtverletzung mit der vertraglich geschuldeten Tätigkeit des Klägers zusammenhängt, in unmittelbarem Zusammenhang mit dem konkreten Aufgabenbereich des Klägers steht und bei Gelegenheit der Arbeitsleistung verübt worden ist.

71

c) Die Pflichtverletzung des Klägers ist von solchem Gewicht, dass sie auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und aller Umstände des vorliegenden Falls zum Überwiegen des berechtigten Interesses der Beklagten zu 1) führt, das Arbeitsverhältnis ohne Einhalten einer Kündigungsfrist mit sofortiger Wirkung zu beenden.

72

Im Rahmen der Prüfung, ob dem Arbeitgeber trotz Vorliegens eines wichtigen Grunds die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zuzumuten ist, ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers gegenüber dem Bestandsinteresse des Arbeitnehmers abzuwägen. Die außerordentliche Kündigung muss insb. verhältnismäßig sein. Zu berücksichtigen sind regelmäßig Gewicht und Auswirkungen der Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr, die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreien Verlaufs (vgl. BAG 10.6.2010 - 2 AZR 541/09, aaO.), sowie Lebensalter, Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers und seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

73

aa) Entgegen der Ansicht der Berufung ist die außerordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013 nicht wegen des Fehlens einer Abmahnung unverhältnismäßig. Nach dem Ultima-Ratio-Prinzip kommt eine außerordentliche Kündigung grundsätzlich erst dann in Betracht, wenn alle anderen nach den Umständen möglichen und angemessenen milderen Mittel ausgeschöpft sind. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt die Anwendung milderer Mittel, sofern diese gleich geeignet wie eine Kündigung sind, eine weitere einschlägige Pflichtverletzung des Arbeitnehmers zu verhindern. § 626 Abs. 1 BGB berechtigt einen Vertragspartner zur sofortigen Kündigung, um diesem die Vermeidung weiterer Pflichtverletzung zu ermöglichen. Hingegen darf eine Kündigung nicht als Sanktion für eine bereits begangene Pflichtverletzung erfolgen. Eine Abmahnung ist daher in den Fällen erforderlich, in denen es dem Arbeitgeber zumutbar ist, dem Arbeitnehmer die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens sowie die Einordnung dieses Verhaltens durch den Arbeitgeber aufzuzeigen. Folglich ist eine Abmahnung dann entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer die Rechtswidrigkeit einer schweren Pflichtverletzung ohne weiteres erkennen und mit deren Hinnahme durch den Arbeitgeber unter keinen Umständen rechnen kann (vgl. BAG 25.10.2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 16 mwN, NZA 2013, 319).

74

So ist es hier. Der Kläger konnte unter keinen Umständen damit rechnen, die Beklagte zu 1) nehme hin, dass er auf ihre Kosten vom Zeugen B. eine Glashütte-Uhr im Wert von ca. € 6.000,00 erwirbt. Vielmehr hätte dem Kläger bewusst sein müssen, dass er durch ein derartiges Privatgeschäft auf Kosten seiner Arbeitgeberin seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt. Der Kläger hat bei der gebotenen objektiven Betrachtung das für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen nicht nur erschüttert, sondern restlos zerstört. Eine Abmahnung war daher im vorliegenden Fall entbehrlich. Sie war nicht geeignet, das verlorene Vertrauen der Beklagten zu 1) in die Redlichkeit des Klägers wiederherzustellen.

75

bb) Im Rahmen der Interessenabwägung im engeren Sinn hat die Berufungskammer - wie bereits das Arbeitsgericht - zugunsten des Klägers seine langjährige Betriebszugehörigkeit seit 1983 und die Unterhaltspflichten gegenüber seiner Ehefrau und den drei Kindern berücksichtigt. Gleichwohl kann der Beklagten zu 1) aufgrund von Art und Schwere des dem Kläger vorzuwerfenden Fehlverhaltens eine weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden. Durch das vom Kläger begangene Vermögensdelikt zu Lasten seiner Arbeitgeberin ist ein irreparabler Vertrauensverlust entstanden, der dieser eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar gemacht hat. Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Klägers ist durch die vorsätzliche Pflichtverletzung objektiv derart erschüttert worden, dass seine Wiederherstellung und ein künftig wieder störungsfreies Miteinander der Parteien nicht mehr zu erwarten ist. Dem Interesse der Beklagten zu 1) an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist auch unter Berücksichtigung der langjährigen Betriebszugehörigkeit und der Unterhaltspflichten des Klägers Vorrang einzuräumen. Der Kläger hat seine Stellung als Verkaufsleiter Pkw zur Begehung einer Straftat zu Lasten der Beklagten ausgenutzt und dadurch das erforderliche Vertrauen in seine Redlichkeit und Zuverlässigkeit vollständig zerstört. Dieser Vertrauensverlust wiegt schwerer als die zugunsten des Klägers sprechenden sozialen Gesichtspunkte. Schließlich ist auch anzuerkennen, dass die Beklagte zu 1) ein Interesse daran hat, gegen ihre Eigentums- und Vermögensinteressen gerichtete Pflichtverletzungen so zu sanktionieren, dass andere Arbeitnehmer von einer Nachahmung abgeschreckt werden und erkennen können, dass sie ein solches Verhalten unter keinen Umständen duldet.

76

2. Die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013 ist nicht nach § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

77

a) Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist dann der Fall, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglichen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht.

78

b) Danach hat die Beklagte zu 1) die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Entgegen der Ansicht der Berufung begann die Frist nicht vor dem 01.07.2013 zu laufen.

79

Am 01.07.2013 hat der Mitgeschäftsführer der Beklagten in einem Gespräch mit dem Zeugen B. über die Kündigungstatsachen Kenntnis erlangt. Die Beklagte zu 1) hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie sich im Februar 2013 im Zusammenhang mit einem anderen Betrugs- und Unterschlagungsvorgang mit allen Kunden in Verbindung gesetzt habe, die in den letzten 2 bis 3 Jahren Fahrzeuge gekauft haben. In diesem Zusammenhang sei der Gesprächstermin mit dem Zeugen B. vereinbart worden, der am Ende des Gesprächs von sich aus gefragt habe, ob die Geschäftsführung von seinem "Uhrengeschäft" mit dem Kläger wisse.

80

Der zweitinstanzliche Vortrag des Klägers, der Mitgeschäftsführer der Beklagten C. R. habe bereits wenige Wochen nach dem Uhrenerwerb im ersten Halbjahr des Jahres 2010 Kenntnis "von dem Vorfall" gehabt, ist unsubstantiiert. Es kann unterstellt werden, dass der Kläger dem Mitgeschäftsführer die Uhr gezeigt, den Wert von € 6.000,00 genannt und ihm möglicherweise auch erklärt hat, dass er sie vom Zeugen B. erhalten habe. Soweit der Kläger zweitinstanzlich vorträgt, er habe mit dem Mitgeschäftsführer auch darüber gesprochen, was er für die Uhr bezahlt habe und ihm das Tauschgeschäft mit dem Zeugen B. erläutert, ist auch diese Behauptung unsubstantiiert. Von einer Kenntniserlangung der Beklagten zu 1) über die Kündigungstatsachen könnte nur gesprochen werden, wenn der Kläger dem Mitgeschäftsführer konkret erklärt hätte, dass er dem Zeugen B. für die Uhr im Wert von € 6.000,00 keinen Cent bezahlt, sondern ihm als Gegenleistung einen Satz Brabus-Felgen, inkl. Sommerreifen, auf Kosten der Beklagten zu 1) zur Verfügung gestellt habe. Das behauptet der Kläger selbst nicht. Dasselbe gilt für den zweitinstanzlichen Vortrag des Klägers, er habe im Spätsommer des Jahres 2011 dem Mitgeschäftsführer C. R. bei einem zufälligen Treffen in einer Pizzeria nochmals dargestellt, dass er dem Zeugen B., den gewünschten Felgen-Reifen-Satz besorgt und im Gegenzug dafür die Uhr erhalten habe.

81

3. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.07.2013 ist nicht wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats iSd. § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam.

82

Es kann dahinstehen, ob der Kläger als Prokurist und Verkaufsleiter Pkw gem. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BetrVG leitender Angestellter war, so dass der Betriebsrat nicht anzuhören gewesen wäre. Die Beklagte zu 1) hat den Betriebsrat vorsorglich iSd. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG zur Kündigung vom 10.07.2013 angehört. Diese Anhörung ist nicht zu beanstanden.

83

a) Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat. Für die Mitteilung der Kündigungsgründe iSd. § 102 Abs. 1 BetrVG gilt der Grundsatz der „subjektiven Determinierung“. Zu einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Information gehört auch die Unterrichtung über dem Arbeitgeber bekannte und für eine Stellungnahme des Betriebsrats möglicherweise bedeutsame Tatsachen, die den Arbeitnehmer entlasten und deshalb gegen den Ausspruch einer Kündigung sprechen können (vgl. BAG 19.07.2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 41 mwN, NZA 2013, 86).

84

b) Die Beklagte zu 1) ist ihrer Mitteilungspflicht aus § 102 Abs. 1 BetrVG inhaltlich ausreichend nachgekommen. Sie hat dem Betriebsrat mit Informationsschreiben vom 09.07.2013 den ihrer Kündigungsentscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt unter Angabe konkreter Tatsachen zutreffend geschildert.

85

Entgegen der Ansicht der Berufung ist die Information der Beklagten zu 1), dass der Kläger dem Zeugen B. einen Satz Brabus-Felgen, inklusive Reifen, im Tausch gegen die Glashütte-Uhr zu ihren Lasten beschafft habe, richtig. Die Beklagte zu 1) hat gegenüber dem Betriebsrat nicht den falschen Eindruck erweckt, dass er dem Zeugen B. auch die Sommerreifen über die Beklagte zu 1) verschafft habe. Die Information ist zutreffend. Die Reifen für den Zeugen B. (295/40 ZR20 110Y XL Rosso) wurden vom Reifenhersteller ausweislich des Lieferscheins vom 03.03.2010 (Bl. 72 d.A.) zum Liefertermin am 04.03.2010 an die Beklagte zu 1) geliefert. Die Fa. Pirelli Deutschland GmbH erstellte der Fa. D. AG, die im Lieferschein als "Regulierer" bezeichnet ist, für diese Lieferung eine "Nullrechnung" (Bl. 153 d.A.). In dieser Rechnung ist ausdrücklich aufgeführt: "Die Lieferung erfolgte kostenlos". Die Beklagte zu 1) fungierte nicht nur als "Lieferadresse", wie die Berufung behauptet. Sie ist vielmehr sachenrechtlich Eigentümerin geworden.

86

Es ist unerheblich, dass der Kläger unter Vorlage eines E-Mail-Ausdrucks vom 25.10.2013 (Bl. 300 d.A.) vorträgt, er habe die Reifen über seinen Bekannten K. (einen Mitarbeiter des Reifenherstellers) zu einem mit diesem "abgestimmten Freundschaftspreis, welcher hier nichts zur Sache tut" privat bezogen, die Beklagten zu 1) habe lediglich als Lieferadresse gedient. Die Ansicht des Klägers, er habe die Reifen für das Uhrengeschäft mit dem Zeugen B. "privat" erworben, ist offensichtlich unzutreffend. Die Reifen sind nach Faktenlage vom Reifenhersteller - und nicht von K. - der Beklagten zu 1) kostenlos - und nicht dem Kläger zu einem Freundschaftspreis - geliefert worden.

87

Auch die Berufungskammer ist davon überzeugt, dass der Kläger seine persönlichen Beziehungen zu dem bei der Fa. Pirelli beschäftigten K. hat "spielen" lassen, der dafür gesorgt hat, dass der Reifenhersteller an die Beklagte zu 1) einen Satz Reifen kostenfrei lieferte. Auf diese Reifen aus dem Warenbestand der Beklagten zu 1) hat der Kläger dann rechtswidrig zugegriffen.

88

Die Beklagte zu 1) hat dem Betriebsrat entgegen der Ansicht der Berufung auch keine entlastenden Tatsachen verschwiegen, weil sie ihm nicht mitgeteilt hat, dass der Kläger behauptet, er habe die Selbstkosten für den Radsatz über sein Verrechnungskonto ausgeglichen, weshalb ihr kein Schaden entstanden sei. Die Beklagte zu 1) war von Anfang an der festen Überzeugung, dass ihr der Kläger für den Felgensatz nichts bezahlt hat. Damit liegt keine bewusste Irreführung des Betriebsrats vor. Es gilt der Grundsatz der "subjektiven Determinierung".

89

c) Die Beklagte zu 1) brauchte nicht den Ablauf der Frist von drei Tagen abzuwarten, die dem Betriebsrat gem. § 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG zur Stellungnahme eingeräumt ist. Der Arbeitgeber kann eine Kündigung auch schon vor Fristablauf aussprechen, wenn der Betriebsrat erkennbar abschließend zu der Kündigungsabsicht Stellung genommen hat. Das Anhörungsverfahren ist dann beendet (vgl. BAG 09.06.2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 47, NZA 2011, 1342, mwN).

90

Die Beklagte zu 1) hat schlüssig vorgetragen, dass ihr die Betriebsratsvorsitzende am 09.07.2013 mitgeteilt habe, der Betriebsrat habe am selben Tag den Beschluss gefasst, der beabsichtigten fristlosen Kündigung des Klägers zuzustimmen. Diesem Vorbringen ist der Kläger in seiner Replik auf die Berufungserwiderung nicht mehr entgegengetreten.

91

4. Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung fällt als uneigentlicher Hilfsantrag nicht zur Entscheidung an.

III.

92

Als unterlegene Partei hat der Kläger gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen.

93

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 299/12
vom
30. Januar 2014
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, den Richter Vill, die Richterin Lohmann, die Richter
Dr. Fischer und Dr. Pape
am 30. Januar 2014

beschlossen:
Die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Gründe:


1
Die Anhörungsrüge ist unbegründet. Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivortrags in den Gründen der Entscheidung auch ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f). Der Senat hat die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers in vollem Umfang daraufhin geprüft, ob ein Zulassungsgrund (§ 543 Abs. 2 ZPO) gegeben ist, und dabei auch zur Kenntnis genommen , dass der Kläger die bislang fehlende geordnete Zusammenstellung der streitgegenständlichen Forderungen nebst Bezugnahme auf die jeweiligen Unterlagen nachgeholt hat. Er hat die Beanstandungen jedoch sämtlich für nicht durchgreifend erachtet und hat insoweit seinem die Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisenden Beschluss vom 20. Dezember 2013 eine den Kern der Angriffe betreffende Begründung (§ 544 Abs. 4 ZPO) beigefügt. Von einer weiterreichenden Begründung kann auch in diesem Verfahrensabschnitt in ent- sprechender Anwendung des § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen werden. Weder aus § 321a Abs. 4 Satz 5 ZPO, nach dessen Inhalt der die Anhörungsrüge zurückweisende Beschluss kurz begründet werden soll, noch unmittelbar aus dem Verfassungsrecht ergibt sich eine Verpflichtung zu einer weitergehenden Begründung der Entscheidung. Nach der Gesetzesbegründung kann eine Gehörsrüge gegen die Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht dazu eingelegt werden, eine Begründungsergänzung herbeizuführen (vgl. BT-Drucks. 15/3706 S. 16; BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04, NJW 2005, 1432, 1433; vom 28. Juli 2005 - III ZR 443/04, NJW-RR 2006, 63, 64; vom 6. Oktober 2005 - IX ZR 120/03; siehe ferner BGH, Beschluss vom 19. Januar 2004 - II ZR 108/02, WM 2004, 1894, 1895).
Kayser Vill Lohmann
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 16.11.2011 - 12 O 450/09 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 15.11.2012 - 12 U 241/11 -

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 10. Dezember 2009 - 7 Sa 333/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt den beklagten Insolvenzverwalter persönlich wegen Nichterfüllung der in einem gerichtlichen Vergleich vereinbarten Abfindungsverpflichtung auf Schadenersatz in Anspruch.

2

Der 1942 geborene Kläger war seit dem 1. Oktober 1989 bei der Schuldnerin bzw. deren Rechtsvorgängerin als Außendienstmitarbeiter tätig. Durch Beschluss des Amtsgerichts Hannover - Insolvenzgericht - (902 IN 395/04 - 0 -) vom 2. April 2004 wurde der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 26. Mai 2004 kündigte die Schuldnerin mit Zustimmung des Beklagten das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger aus betriebsbedingten Gründen zum 31. März 2005. Am 1. Juni 2004 wurde das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser kündigte mit Schreiben vom 15. Juni 2004 das Arbeitsverhältnis mit der Kündigungsfrist des § 113 Satz 2 InsO zum 30. September 2004.

3

Gegen beide Kündigungen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage. Im Gütetermin vom 1. Juli 2004 erklärte der Vertreter des Beklagten, der Fortbestand der Schuldnerin hänge davon ab, dass der Beklagte einen share- oder asset-deal erreiche. In diesem Fall könnten ohne Weiteres Abfindungen an die ausscheidenden Arbeitnehmer gezahlt werden. Anderenfalls bleibe nur die Abwicklung des Unternehmens. Der daraufhin geschlossene Vergleich sah die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung vom 15. Juni 2004 zum 30. September 2004 aus betriebsbedingten Gründen sowie die Zahlung einer Abfindungssumme von 9.000,00 Euro vor. Außerdem war eine beidseitige Widerrufsfrist bis zum 13. August 2004 vereinbart, um das Gelingen eines share- oder asset-deals abzuwarten. Der Vergleich wurde nicht widerrufen.

4

Am 26. August 2004 erkundigte sich der Beklagtenvertreter telefonisch beim Klägervertreter, auf welches Konto die Abfindungssumme überwiesen werden solle. Dieser teilte mit, dass der Betrag auf sein Konto geleistet werden könne und forderte den Beklagten unter dem 10. September 2004 zur Zahlung auf. Am 23. September 2004 stellte der Klägervertreter den mit einer Klausel versehenen Vergleich vom 1. Juli 2004 zu und forderte den Beklagten erneut zur Zahlung unter Fristsetzung bis zum 30. September 2004 auf. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2004 informierte der Beklagtenvertreter den Klägervertreter darüber, dass aufgrund der Verfahrenssituation noch nicht absehbar sei, in welchem Umfang Masseverbindlichkeiten zu decken seien. In den nächsten Wochen sei eine Klärung zu erwarten. Aktuell könne deshalb eine Zahlung nicht angekündigt werden. Es werde gebeten, den Vorgang zumindest bis Ende Oktober 2004 zurückzustellen. Der Beklagte zeigte mit Schreiben vom 10. November 2004 gegenüber dem Insolvenzgericht Masseunzulänglichkeit an. Zum 31. Dezember 2004 stellte die Schuldnerin ihren Geschäftsbetrieb ein.

5

Mit seiner am 30. November 2005 erhobenen Klage nimmt der Kläger den Beklagten persönlich auf Schadenersatz in Anspruch. Der von ihm zunächst beschrittene Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist mit Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16. November 2006 (- IX ZB 57/06 -) rechtskräftig für unzulässig erklärt worden und der Rechtsstreit an die Arbeitsgerichte verwiesen worden.

6

Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe planmäßig in zahlreichen Verfahren Abfindungsvergleiche mit ungewöhnlich geringen Abfindungen geschlossen. Sodann habe er die Kläger von der Vollstreckung abzuhalten versucht, indem er Erfüllungsbereitschaft signalisiert habe. Die Abfindungsforderung des Klägers aus dem Prozessvergleich hätte bedient werden können und müssen, nachdem mehrere Millionenbeträge im laufenden Verfahren an gleich- und nachrangige Gläubiger gezahlt worden seien.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er müsse im Wege des negativen Interesses so gestellt werden, wie er ohne den Prozessvergleich bei Obsiegen im Kündigungsschutzprozess stünde. Ohne den Vergleich hätte er den Prozess gewonnen und hätte sein Arbeitsverhältnis bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze am 17. April 2007 fortsetzen können. Der Schaden liege damit in der Differenz zwischen dem Arbeitslosengeld und dem bis zum 17. April 2007 verdienten Nettomonatsentgelt sowie in der Differenz zwischen der tatsächlichen Altersrente und der Rente, die der Kläger bei einer durchgehenden Beschäftigung bis zum 17. April 2007 beziehen würde. Weil diese Beträge bei Erheben der Klage noch nicht bekannt gewesen seien und äußerst diffizil ermittelt werden müssten, sei eine Feststellungsklage zulässig. Jedenfalls müsse der Beklagte Ersatz für die Abfindung leisten.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

        

1.    

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die dieser infolge des Abschlusses eines Prozessvergleiches in dem Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Hannover zu Aktenzeichen 11 Ca 949/04 am 1. Juli 2004 und der hiernach vom Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der G AG beim Amtsgericht Hannover - Insolvenzgericht - zu Aktenzeichen 902 IN 395/04-01 angezeigten Masseunzulänglichkeit erlitten hat und noch erleiden wird.

        

2.    

Hilfsweise für den Fall, dass das erkennende Gericht den Antrag zu 1. zurückweist, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 9.000,00 Euro netto nebst Zinsen hierauf in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. August 2008 zu zahlen.

9

Der Beklagte hat sein Begehren auf Klageabweisung damit begründet, dass der Kläger die Voraussetzungen eines Schadenersatzanspruchs, insbesondere eine Pflichtverletzung bei Begründung der Verbindlichkeit, nicht dargelegt habe. Er hat behauptet, zum Zeitpunkt des Ablaufs der Widerrufsmöglichkeit am 13. August 2004 sei indiziert gewesen, dass die Abfindung gezahlt werden könne.

10

Bezüglich des Hilfsantrags hat der Beklagte behauptet, er habe in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter lediglich solche Forderungen bedient, deren Gläubiger dem Kläger gegenüber vorrangig gewesen seien. Später eingegangene Beträge hätten den ab- und aussonderungsberechtigten Gläubigern zugestanden. Es hätten noch nicht einmal alle bevorrechtigten Gläubiger befriedigt werden können.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagte weder nach § 61 InsO noch nach § 60 InsO auf den vom Kläger geltend gemachten Schaden haftet. Auch aus Normen außerhalb des Insolvenzrechts folgt kein Anspruch auf die mit dem Hilfsantrag verfolgte Zahlung der Abfindung aus dem Vergleich vom 1. Juli 2004.

13

I. Einer Entscheidung des Senats in der Sache stehen Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage nicht entgegen.

14

1. Ob das für den Hauptantrag erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO, das als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, gegeben sein muss und dessen Vorliegen von Amts wegen zu prüfen ist(st. Rspr., zuletzt BAG 19. Januar 2011 - 3 AZR 111/09 - Rn. 29, NZA 2011, 1054), besteht, erscheint allerdings fraglich.

15

a) Ausnahmsweise ist dem Kläger ein Übergang zur Leistungsklage zuzumuten, wenn lange vor Beendigung der ersten Instanz die Schadensentwicklung abgeschlossen ist, der Beklagte deshalb den Übergang zur Leistungsklage anregt und dies die Entscheidung nicht verzögert (BGH 31. Januar 1952 - III ZR 131/51 - LM ZPO § 256 Nr. 5). Aufgrund des Zuständigkeitsstreits ist die erste Instanz erst im November 2008 und damit auch unter Zugrundelegung des Rechtsstandpunkts des Klägers, der mit dem Hauptantrag inhaltlich Schadenersatz für das ihm bis zum Rentenbeginn im April 2007 entgangene Entgelt und Ersatz der Rentennachteile begehrt, erst deutlich nach Eintritt der Bezifferbarkeit des Schadens beendet worden. Der Beklagte hat nach Abschluss des Zuständigkeitsstreits im Schriftsatz vom 25. Juni 2008 auf die Bezifferbarkeit des Schadens hingewiesen. Der Kläger wäre deshalb gehalten gewesen, den Schaden zu beziffern. Ob dies den Rechtsstreit verzögert hätte, bedürfte weiterer Aufklärung durch das Landesarbeitsgericht.

16

b) Das Vorliegen des Feststellungsinteresses kann jedoch dahingestellt bleiben. Es ist echte Prozessvoraussetzung nur für das stattgebende Urteil (BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 921/08 - Rn. 12; 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 13, BAGE 128, 73). Deshalb ist das Revisionsgericht auch bei Fehlen des Feststellungsinteresses jedenfalls dann zu einer Sachentscheidung befugt, wenn gewichtige prozessökonomische Gründe gegen eine Prozessabweisung sprechen, etwa wenn die Klage eindeutig und unzweifelhaft abweisungsreif ist (BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - aaO).

17

Derartige gewichtige prozessökonomische Gründe liegen hier vor. Der Rechtsstreit müsste zur Aufklärung der Verzögerung des Rechtsstreits durch eine erstinstanzliche Bezifferung zurückverwiesen werden, obwohl die Klage materiell eindeutig der Abweisung unterliegt. Bei einer solchen Konstellation ist dem Ziel der Feststellungsklage, den Rechtsfrieden unter Beachtung des Gebots prozessökonomischen Verhaltens zu sichern, mit einer Abweisung der Feststellungsklage durch das Revisionsgericht besser gedient als mit einem Prozessurteil (BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 14, BAGE 128, 73).

18

2. Der Streitgegenstand der Anträge ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO(vgl. dazu BAG 1. Juni 2006 - 6 AZR 59/06 - Rn. 10, AP InsO § 61 Nr. 2 = EzA InsO § 61 Nr. 2; BGH 6. Mai 2004 - IX ZR 48/03 - zu III 4 der Gründe, BGHZ 159, 104). Der Kläger hat eine eindeutige Zuordnung zu den Haftungstatbeständen der §§ 61, 60 InsO vorgenommen. Nur für den Fall, dass der Hauptantrag, mit dem er die von ihm angenommenen Ansprüche aus § 61 InsO verfolgt, keinen Erfolg hat, soll sich der Hilfsanspruch aus § 60 InsO ergeben.

19

3. Der Kläger ist für die Geltendmachung der Schadenersatzansprüche prozessführungsbefugt. Er behauptet Pflichtverletzungen vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit. Bei einer derartigen Schädigung liegt regelmäßig ein Einzelschaden vor. Dieser kann schon während des Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden (BAG 25. Januar 2007 - 6 AZR 559/06 - Rn. 16, BAGE 121, 112; BGH 6. Mai 2004 - IX ZR 48/03 - zu II 2 a der Gründe, BGHZ 159, 104).

20

II. Die Klage ist unbegründet.

21

1. Der Kläger begehrt mit dem Hauptantrag, so gestellt zu werden, als habe das Arbeitsverhältnis bis zum Beginn der Regelaltersrente im April 2007 fortbestanden und stützt diesen Anspruch auf § 61 InsO.

22

a) Eine Haftung des Beklagten nach § 61 InsO scheidet bereits aufgrund der von diesem vor Abschluss des Vergleiches abgegebenen Erklärungen aus. Die dem Insolvenzverwalter durch § 61 InsO auferlegte Pflicht zur Prüfung, ob er von ihm eingegangene Masseverbindlichkeiten erfüllen kann, soll das gegenüber den allgemeinen Gefahren eines Vertragsabschlusses erhöhte Risiko des Vertragspartners reduzieren(BGH 6. Mai 2004 - IX ZR 48/03 - zu II 1 c der Gründe, BGHZ 159, 104; Gerhardt in Jaeger InsO § 61 Rn. 21). Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist für eine Haftung nach dieser Norm dann kein Raum, wenn die Entscheidung eines Arbeitnehmers, in einem Kündigungsschutzprozess einen Vergleich mit Abfindungsregelung zu schließen, auf einer eigenverantwortlichen, in Kenntnis aller Tatsachen und Risiken getroffenen Beurteilung der Sach- und Rechtslage und damit auf einem bewussten Handeln auf eigenes Risiko beruht (vgl. OLG Düsseldorf 26. März 2004 - I-16 U 216/02, 16 U 216/02 - zu II 1 der Gründe, OLGR Düsseldorf 2004, 259; Gerhardt in Jaeger InsO aaO; HambKomm/Weitzmann 3. Aufl. § 61 Rn. 1; vgl. auch Bank/Weinbeer NZI 2005, 478, 485, die bei einer Warnung vor den Risiken des Vertragsschlusses eine Entlastung des Verwalters nach § 61 Satz 2 InsO annehmen). Das gilt jedenfalls dann, wenn, wie vom Landesarbeitsgericht festgestellt, eine weiträumige Widerrufsfrist für beide Parteien, also auch und gerade für den Arbeitnehmer, vereinbart wird, um den Parteien Gelegenheit zu geben, den Erfolg von Veräußerungsbemühungen bzw. gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen abzuwarten, von dem nach der Erklärung des Insolvenzverwalters vor Abschluss des Vergleiches die Erfüllbarkeit der Abfindung als Masseverbindlichkeit abhängt. In einer solchen Situation kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, dass der Insolvenzverwalter den Vergleich widerruft, wenn sich die Verkaufsbemühungen zerschlagen oder verzögern. Vielmehr muss der Arbeitnehmer selbst initiativ werden und sich nach dem Stand dieser Bemühungen und der Zahlungsfähigkeit der Masse erkundigen. Genau zu diesem Zweck hat er sich den Widerruf vorbehalten. Tut er das nicht und verwirklicht sich das ihm bei Vergleichsabschluss bekannte und von ihm in Kauf genommene Zahlungsrisiko, kann er den Insolvenzverwalter nicht aus § 61 InsO in Anspruch nehmen. Der Verwalter hat kein schutzwürdiges Vertrauen des Arbeitnehmers in Anspruch genommen und ein solches deshalb auch nicht verletzt.

23

b) Darüber hinaus hat der Kläger einen nach § 61 InsO ersatzfähigen Vertrauensschaden auch nicht schlüssig dargelegt.

24

aa) Gemäß § 61 Satz 1 InsO ist der Insolvenzverwalter einem Massegläubiger zum Schadenersatz verpflichtet, wenn eine Masseverbindlichkeit, die durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden ist, aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden kann. Der Umfang des Schadenersatzes nach § 61 InsO ist begrenzt auf das negative Interesse. Der Gläubiger ist nach § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, wie er ohne die die Masseverbindlichkeit begründende Handlung stünde(BAG 25. Januar 2007 - 6 AZR 559/06 - Rn. 36, BAGE 121, 112 im Anschluss an BGH 6. Mai 2004 - IX ZR 48/03 - zu III 1 c bb der Gründe, BGHZ 159, 104). Der Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens ist also auf die Herstellung des Zustandes gerichtet, der ohne das Fehlverhalten bestehen würde (vgl. BGH 14. Oktober 1971 - VII ZR 313/69 - BGHZ 57, 137). Entscheidend ist, wie sich die Vermögenslage des Geschädigten entwickelt hätte, wenn sich der Schädiger pflichtgemäß verhalten hätte (BGH 10. Juli 2003 - III ZR 155/02 - zu I 4 a der Gründe, BGHZ 155, 354 für die Verpflichtung zur Erteilung einer Auskunft).

25

bb) Lägen hier die Voraussetzungen einer Haftung des Beklagten nach § 61 InsO vor, wäre der Kläger demnach so zu stellen, wie er ohne den im Kündigungsschutzprozess geschlossenen Vergleich stünde. Ohne diesen hätte der Prozess fortgeführt werden müssen. Bereits das Arbeitsgericht hat im Gütetermin zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger als Teil seiner Darlegungslast für den ihm entstandenen Schaden (vgl. dazu BGH 6. Mai 2004 - IX ZR 48/03 - zu III 1 der Gründe, BGHZ 159, 104) substantiiert hätte vortragen müssen, dass und warum die Kündigung vom 15. Juni 2004 sozial ungerechtfertigt war und das Arbeitsverhältnis über den 30. September 2004 fortbestanden hätte. Anderenfalls wäre das Arbeitsverhältnis auch ohne den Prozessvergleich mit Ablauf des 30. September 2004 beendet gewesen, ohne dass dem Kläger weitere Ansprüche gegen die Schuldnerin bzw. den Beklagten zugestanden hätten.

26

Dieser Darlegungslast hat der Kläger nicht genügt. Das operative Geschäft der Schuldnerin ist Ende September 2004 eingestellt und ihr Betrieb zum 31. Dezember 2004 geschlossen worden. Der Kläger hat sich darauf beschränkt zu bestreiten, dass Sozialdaten abgewogen worden seien. Zu den Voraussetzungen eines Betriebsübergangs hat er nicht substantiiert vorgetragen. Das genügt zur schlüssigen Darlegung seines Vertrauensschadens nicht.

27

c) Schließlich richtet sich die persönliche Haftung des Insolvenzverwalters, der erkennen kann, dass er eine in einem Vergleich zu vereinbarende Abfindung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht aus der Masse wird zahlen können, nicht auf die Garantie der Erfüllung des Arbeitsvertrags bis zum Bezug der Regelaltersrente, wie es der Kläger begehrt. Der Arbeitnehmer kann in einem solchen Fall nach § 61 InsO vielmehr nur verlangen, so gestellt zu werden, wie er gestanden hätte, wenn der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis rechtzeitig und ordnungsgemäß gekündigt und den Kündigungsschutzprozess mit der von ihm geschuldeten Sorgfalt(dazu Gerhardt in Jaeger InsO § 60 Rn. 80) geführt hätte (vgl. BAG 25. Januar 2007 - 6 AZR 559/06 - Rn. 36, BAGE 121, 112; 19. Januar 2006 - 6 AZR 600/04 - Rn. 17, BAGE 117, 14). Ein ersatzfähiger Schaden ist vom Kläger nicht dargelegt. Mangels entsprechenden Vortrags des Klägers ist davon auszugehen, dass der Beklagte im Kündigungsschutzprozess obsiegt hätte.

28

2. Auch der Hilfsantrag ist unbegründet.

29

a) Der Kläger kann die Zahlung der im Vergleich vom 1. Juli 2004 vereinbarten Abfindung nicht im Wege des Schadenersatzes aus § 60 InsO verlangen. Danach ist der Insolvenzverwalter zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Das Vorbringen des Klägers zur Verletzung solcher insolvenzspezifischer Pflichten ist unschlüssig.

30

aa) Der Kläger hat keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine pflichtwidrige Verkürzung der Masse vorgetragen. Er hat insoweit lediglich pauschal behauptet, vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit seien ständig neue Masseverbindlichkeiten begründet und bedient worden. Zwar kann auch die Begründung von Masseverbindlichkeiten zu einer Massekürzung führen. Aufgrund des Ermessensspielraums des Insolvenzverwalters bei der Verwertung der Masse genügt für eine Haftung nach § 60 InsO allerdings nicht bereits der Vertragsabschluss als solcher(Gerhardt in Jaeger InsO § 60 Rn. 32). Anhaltspunkte für die Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten bei der Begründung von Masseverbindlichkeiten, die aufgrund der vorübergehenden Fortführung des Betriebs durch den Beklagten als Insolvenzverwalter ohnehin unvermeidlich waren, hat der Kläger nicht vorgetragen.

31

bb) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, der Kläger habe mit der Behauptung, der Beklagte habe die Abfindung nicht gezahlt, gleichwohl aber gleich- bzw. nachrangige Masseverbindlichkeiten bedient, keinen Verteilungsfehler des Beklagten dargelegt. Die Aufklärungsrüge, mit der der Kläger einen Verstoß des Landesarbeitsgerichts gegen die Hinweispflicht aus § 139 ZPO geltend macht, verhilft der Revision daher ebenso wenig zum Erfolg wie die als Verstoß gegen formelles Recht bezeichnete, sich tatsächlich aber auf eine Verkennung der Darlegungs- und Beweislast beziehende und damit materiellrechtliche Rüge(vgl. dazu GK-ArbGG/Mikosch Stand April 2011 § 73 Rn. 44), nicht der Kläger, sondern der Beklagte habe die Zahlungsverläufe dezidiert erklären müssen.

32

(1) Vor Befriedigung einzelner Massegläubiger trifft den Insolvenzverwalter die insolvenzspezifische Pflicht zur Prüfung, ob die Masse ausreicht, um alle Masseforderungen zu bedienen. Sind mehrere Masseschulden fällig und einredefrei, darf der Verwalter sie nur anteilig befriedigen, sofern er momentan zur vollständigen Bezahlung nicht in der Lage ist. Erkennt er eine drohende Masseunzulänglichkeit, darf er gleichrangige Masseverbindlichkeiten allenfalls in Höhe der nach § 209 Abs. 1 InsO zu erwartenden Quote begleichen(BAG 25. Januar 2007 - 6 AZR 559/06 - Rn. 28, 33, BAGE 121, 112; 1. Juni 2006 - 6 AZR 59/06 - Rn. 21, AP InsO § 61 Nr. 2 = EzA InsO § 61 Nr. 2; BGH 21. Oktober 2010 - IX ZR 220/09 - Rn. 12, ZIP 2010, 2356).

33

(2) Nach den allgemeinen Beweisregeln ist der Kläger darlegungs- und beweisbelastet für alle rechtsbegründenden Tatsachen (allg. zu diesem Grundsatz BGH 18. Februar 2009 - XII ZR 163/07 - Rn. 19, NJW-RR 2009, 1142; Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. vor § 284 Rn. 17a). Dies gilt auch für die Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten als Voraussetzung einer Haftung des Insolvenzverwalters nach § 60 InsO. Bei dieser Vorschrift ist im Unterschied zu § 61 InsO eine Beweislastumkehr zugunsten der Beteiligten gerade nicht vorgesehen.

34

(3) Aus den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast ergibt sich in der vorliegenden Konstellation nichts anderes.

35

(a) Hat die darlegungspflichtige Partei alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft, um ihrer primären Darlegungspflicht zu genügen, und steht sie außerhalb des für ihren Anspruch erheblichen Geschehensablaufs, während der Gegner alle wesentlichen Tatsachen kennt und ihm nähere Angaben zuzumuten sind, kann vom Prozessgegner nach den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände und damit der Vortrag positiver Gegenangaben verlangt werden (BAG 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 53, AP AGG § 3 Nr. 3 = EzA AGG § 10 Nr. 3).

36

(b) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Kläger Verteilungsfehler des Beklagten nicht ausreichend aufgezeigt hat. Der Kläger hat nicht alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu näherem Tatsachenvortrag zu der von ihm behaupteten Pflichtverletzung des Beklagten ausgeschöpft. Der Kläger bzw. sein Bevollmächtigter hätten versuchen müssen, durch Einsicht in die gerichtliche Insolvenzakte Informationen über die vom Beklagten an andere Gläubiger geleisteten Zahlungen zu erlangen. Unabhängig davon, ob nur Insolvenzgläubiger oder auch Massegläubiger als Parteien iSd. § 4 InsO iVm. § 299 Abs. 1 ZPO ein Recht zur Akteneinsicht haben(zum Meinungsstand Martini jurisPR-InsR 17/2010 Anm. 5), dürfte jedenfalls das nach § 299 Abs. 2 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an einer Einsicht in die Insolvenzakte zur Vorbereitung möglicher Schadenersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter bestehen(vgl. BGH 5. April 2006 - IV AR (VZ) 1/06 - NZI 2006, 472, 473). Der Kläger hat jedoch nicht einmal den Versuch unternommen, Akteineinsicht zu erhalten. Soweit sein Prozessbevollmächtigter im Termin vor dem Senat vorgetragen hat, erfahrungsgemäß ließen sich für einen Beteiligten aus der Insolvenzakte zur näheren Begründung eines Schadenersatzanspruchs nur schwer geeignete Tatsachen entnehmen, ist dieser Vortrag unsubstantiiert und zudem gem. § 559 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Auch kommt es bei einer anwaltlich vertretenen Partei nicht auf deren Erkenntnismöglichkeiten, sondern auf die ihres Rechtsanwalts an.

37

cc) Hätte der Beklagte den Kläger, wie dieser annimmt, planmäßig von der Zwangsvollstreckung aus dem am 1. Juli 2004 geschlossenen Vergleich abgehalten, könnte dies keine Haftung aus § 60 InsO begründen. Der Beklagte hat den Vergleich in seiner Eigenschaft als Verwalter der Masse geschlossen. Mit Eintritt der Fälligkeit am 30. September 2004 war er zur Auszahlung der Abfindungssumme verpflichtet. Diese Pflicht stellt jedoch keine spezifische insolvenzrechtliche Verpflichtung dar, denn die Erfüllung der Abfindungsforderung aus diesem Vergleich als Masseforderung und ihre Durchsetzung richteten sich bis zur Anzeige der Masseunzulänglichkeit nicht nach der Insolvenzordnung, sondern ausschließlich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches und der Zivilprozessordnung (vgl. BAG 1. Juni 2006 - 6 AZR 59/06 - Rn. 22, AP InsO § 61 Nr. 2 = EzA InsO § 61 Nr. 2; Lohmann in HK-InsO 5. Aufl. § 60 Rn. 41, 42). Hätte der Beklagte eine der ihn danach treffenden Pflichten verletzt, würde die Insolvenzmasse, nicht aber der Beklagte persönlich nach § 60 InsO haften. Dessen persönliche Haftung kann neben der Haftung der Masse nur aus Vorschriften außerhalb der Insolvenzordnung, etwa bei Begründung eines Vertrauenstatbestandes oder aus Delikt, begründet sein (BAG 1. Juni 2006 - 6 AZR 59/06 - Rn. 24, aaO; BGH 18. Januar 1990 - IX ZR 71/89 - ZIP 1990, 242).

38

b) Der Kläger hat auch die Voraussetzungen für eine persönliche Haftung des Beklagten aus allgemeinen Vorschriften außerhalb des Insolvenzrechts nicht dargelegt.

39

aa) Der Beklagte hat nicht in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst. Eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss nach § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB scheidet deshalb aus.

40

Mehr als das im Geschäftsverkehr übliche Verhandlungsvertrauen nimmt auch ein Insolvenzverwalter nicht in Anspruch, der als solcher in Erscheinung tritt. Von einem besonderen Vertrauenstatbestand lässt sich erst dann sprechen, wenn er beim Verhandlungspartner ein zusätzliches, von ihm persönlich ausgehendes Vertrauen auf die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Erklärungen und die Durchführbarkeit des vereinbarten Geschäftes hervorgerufen hat (BGH 24. Mai 2005 - IX ZR 114/01 - zu II 1 b der Gründe, ZIP 2005, 1327). Davon kann im vorliegenden Fall auch nach dem Vorbringen des Klägers nicht ausgegangen werden. Der Kläger hat aufgrund der Erklärung des Vertreters des Beklagten im Gütetermin vom 1. Juli 2004 das Risiko, dass die Abfindung bei Misslingen eines share- oder asset-deals nicht werde gezahlt werden können, gekannt.

41

bb) Der Beklagte hat mit dem Vergleich auch keine Garantieerklärung abgegeben und keine sich daraus ergebende vertragliche Einstandspflicht begründet (zu den Voraussetzungen und Folgen einer solchen Erklärung im Einzelnen siehe BAG 25. Juni 2009 - 6 AZR 210/08 - Rn. 16 ff., AP InsO § 60 Nr. 3 = EzA InsO § 60 Nr. 2). Im Gegenteil hat sein Vertreter mit dem Hinweis auf die Ungewissheit der Erfüllung der Abfindung eine solche Garantie gerade ausgeschlossen.

42

cc) Die Voraussetzungen einer Haftung des Beklagten aus § 826 BGB, die etwa dann in Betracht käme, wenn dieser den Kläger über die Risiken des abzuschließenden Vergleiches getäuscht, insbesondere die künftige Zulänglichkeit der Masse als sicher vorgespiegelt, dadurch den Kläger zum Abschluss des Vergleiches bewogen und einen ihm daraus möglicherweise erwachsenden Schaden erkannt und in Kauf genommen hätte(BGH 14. April 1987 - IX ZR 260/86 - zu 2 b der Gründe, BGHZ 100, 346), sind nicht dargelegt. Das Vorbringen des Klägers zu der von ihm behaupteten „Ausschaltung der Vollstreckungsbereitschaft“ ist widersprüchlich. Ungeachtet seiner Behauptung, durch den Anruf des Beklagtenvertreters vom 26. August 2004, in dem nachgefragt worden ist, wohin die Abfindungssumme überwiesen werden solle, und das Schreiben vom 13. Oktober 2004 sei seine Vollstreckungsbereitschaft ausgeschaltet worden, hat der Klägervertreter bereits am 23. September 2004 - also noch vor Fälligkeit - den mit der Klausel versehenen Prozessvergleich an den Beklagten zustellen lassen und damit die Vollstreckung eingeleitet. Ohnehin bestand spätestens Ende Oktober 2004 auch im Hinblick auf das Schreiben vom 13. Oktober 2004 keine Veranlassung zu weiterem Absehen von Vollstreckungsmaßnahmen mehr.

43

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Klapproth    

        

    Lorenz    

                 

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. Dezember 2011 - 11 Sa 916/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Sonderzahlungen für die Jahre 2007 bis 2011.

2

Der Kläger war bis zum 30. Juni 2011 für die Beklagte als „Leiter IT“ tätig. Der Arbeitsvertrag vom 22. Dezember 1995 regelt in § 3(Bezüge) Folgendes:

        

„1.     

Herr J erhält als Vergütung für seine Tätigkeit ein Jahres-Bruttogehalt in Höhe von DM 120.000,00 (in Worten: einhundertzwanzigtausend Deutsche Mark), das monatlich nach Abzug der gesetzlichen Abgaben in 12 gleichen Teilbeträgen ausgezahlt wird. Bei erfolgreicher Zusammenarbeit im ersten Jahr erfolgt die Zahlung einer Tantieme in Höhe von DM 10.000,00 (Brutto).

        

…“    

        
3

Die Beklagte zahlte dem Kläger jährlich eine Tantieme und jedenfalls seit Januar 2001 auch monatliche Vorauszahlungen auf diese, ohne dass es später zu einer Verrechnung kam. In den Jahren 2004 bis 2006 erhielt der Kläger jeweils 34.103,00 Euro brutto ohne Verrechnung auf den monatlich gezahlten Vorschuss iHv. 766,94 Euro.

4

Im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Neuregelung der Vergütung schlug der Kläger mit E-Mail vom 7. März 2007 vor:

        

„…    

        

J       

        

T-Rest für 2006 wie gehabt 35T. Jahresgehalt 2006 entspricht dann 2005. Fix ab Juni 9.100 anstelle 7.160 (davon sind 766 Tantieme Vorauszahlung). Ergibt für 2007 Fix von 99,5T. Tantieme für 2007 wäre dann 21,4T (vorausgesetzt Jahresgehalt bleibt gleich zu 2005/2006). Das sind dann 18 % Tantiemeanteil anstelle von 36,5 %. Und wenn das mit dem X5 klappen würde, wäre klasse. Ich fahre ja jetzt eine besonders kleine Kiste (118d), vielleicht kann der Nächste dafür etwas größer als normal werden.

        

Bitte kurze Info, ob das so OK geht. …“

5

Mit weiterer E-Mail vom 30. August 2007 ua. an den damaligen Geschäftsführer S gab der Kläger ein gemeinsames Gespräch vom 23. Juli 2007 wie folgt wieder:

        

„…    

        

wir hatten am 23.07. in unserem gemeinsamen Gespräch folgende Punkte besprochen bzw. festgelegt:

        

1.    

mein monatliches Grundgehalt wird auf 8.500,00 Euro angehoben und eine monatliche Tantiemevorauszahlung von 600,00 Euro gezahlt. Und zwar rückwirkend zum 01.01.2007 mit Umsetzung zum August-Gehalt.

        

2.    

Aufgrund der Zusage eines X5 Ihrerseits vom April diesen Jahres und meiner Situation, dass sich in einem Audi A 6 und dem 5er BMW keine drei Kindersitze unterbringen lassen, wollte sich Hr. H bei Hr. D persönlich dafür einsetzen, dass ich den X5 als Dienstwagen bekomme (bei dem die monatliche Leasingrate mit 25.000 km/Jahr 570 Euro beträgt).

        

Ich möchte an dieser Stelle höflich nachfragen wie der Stand der Dinge ist, da mir aufgefallen ist, dass die Gehaltszahlung für August nicht angepasst wurde.“

6

Nachfolgend rechnete die Beklagte die Monate Januar bis Oktober 2007 mit dem bisherigen Gehalt iHv. 6.391,15 Euro brutto, einem weiteren Gehalt iHv. 2.108,85 Euro brutto, einem Sachbezug für die Kfz-Nutzung iHv. 423,95 Euro und der bisherigen Tantiemevorauszahlung iHv. 766,94 Euro abzüglich eines Betrags iHv 166,94 Euro ab. Die Abrechnungen für die Monate Januar bis September 2008 weisen ein Gehalt iHv. 8.500,00 Euro brutto, eine Tantiemevorauszahlung iHv. 600,00 Euro brutto und einen Sachbezug für die Kfz-Nutzung von 938,25 Euro aus, ab Oktober 2008 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind einheitlich 9.100,00 Euro brutto abgerechnet worden. Letztmalig mit der Verdienstabrechnung Mai 2008 erhielt der Kläger für das Jahr 2007 einen als „Einmalsonderzahlung“ ausgewiesenen Betrag iHv. 24.103,00 Euro brutto.

7

In einer E-Mail des Klägers vom 30. April 2009 an den Gesellschafter der Beklagten D heißt es:

        

„…    

        

in den 13 Jahren, in denen ich hier tätig bin, hat sich mein Gehalt immer aus dem fixen und einem nicht unerheblichen variablen Teil zusammengesetzt. Herr S hat mich am 2. März aufgefordert, ihm einen Vorschlag für die Tantieme von Herrn V und mir für das Jahr 2008 zu unterbreiten, so wie auch schon in den letzten Jahren.

        

Meinen Vorschlag, basierend auf dem sehr positiven Feedback für 2008 von Herrn S via Mail vom 24.12.2008, habe ich ihm am 13. März zugesendet (Schriftsätze habe ich unten angehängt).

        

…“    

8

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe Anspruch auf eine jährliche Tantieme iHv. 34.103,00 Euro entsprechend der in den Jahren 2004 bis 2006 gezahlten Beträge.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 129.365,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 10.000,00 Euro seit dem 1. April 2008, aus 34.103,00 Euro seit dem 1. April 2009, aus 34.103,00 Euro seit dem 1. April 2010 sowie aus 34.103,00 Euro seit dem 1. April 2011 und aus weiteren 17.056,50 Euro seit dem 1. Juli 2011 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO).

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, ein vertraglicher Anspruch auf eine Tantieme sei nicht begründet worden. Nach § 3 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags sei nur für das erste Jahr eine Tantieme iHv. 10.000,00 DM brutto vereinbart worden. Einem durch betriebliche Übung entstandenen Anspruch stehe entgegen, dass eine Tantieme gewinnabhängig sei; aus der zufälligen Gewährung gleich hoher Tantiemen in den Jahren 2004 bis 2006 habe der Kläger deshalb nicht auf die Zusage der Beklagten zu einer dauerhaften Zahlung in dieser Höhe schließen können.

14

II. Mit dieser Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden.

15

1. Es kann dahinstehen, ob - wegen des Einzelfallcharakters der Zahlungen sowie einer individuellen Vereinbarung über die Zahlung einer festgelegten Tantieme im ersten Jahr - nichttypische Erklärungen auszulegen sind, deren Würdigung durch die Tatsacheninstanzen nur einer eingeschränkten Überprüfung durch den Senat dahin gehend unterliegt, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt, allgemeine Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder für die Auslegung wesentliche Umstände außer Acht gelassen wurden (vgl. BAG 15. Februar 2012 - 10 AZR 111/11 - Rn. 36), oder ob der Erklärungswert des Verhaltens der Beklagten in vollem Umfang revisionsrechtlich zu überprüfen ist. Bereits einer eingeschränkten Überprüfung hält die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts nicht stand, denn es hat eine mögliche (und naheliegende) Auslegung nicht in Erwägung gezogen und erheblichen Vortrag nicht gewürdigt.

16

2. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht noch davon ausgegangen, dass der Kläger nicht aus betrieblicher Übung einen Anspruch auf eine Tantieme in einer bestimmten Höhe erworben hat. Eine betriebliche Übung bezieht sich auf eine Vielzahl oder zumindest auf eine abgrenzbare Gruppe von Arbeitnehmern, ohne dass individuelle Besonderheiten die vertraglichen Beziehungen gestalten; das Rechtsinstitut der betrieblichen Übung enthält ein kollektives Element (vgl. BAG 21. April 2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 11; 11. April 2006 - 9 AZR 500/05 - Rn. 15, BAGE 118, 16). Der Kläger hat bereits nicht dargelegt, dass die Beklagte durch kollektive Handhabung Tantiemezahlungen vorgenommen hat; sein Vortrag beschränkt sich auf das ihm gegenüber gezeigte Leistungsverhalten.

17

3. Das Landesarbeitsgericht hat aber verkannt, dass der Kläger zumindest aufgrund konkludenter Abrede einen vertraglichen Anspruch auf eine Tantieme dem Grunde nach erworben haben kann, über deren Höhe die Beklagte gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu entscheiden hat. Die Parteien haben in § 3 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags die Zahlung einer festen Tantieme bei erfolgreicher Zusammenarbeit im ersten Jahr vereinbart. Dies lässt für sich genommen eine Auslegung als denkbar erscheinen, dass für die Folgejahre kein Anspruch begründet werden sollte. Im Zusammenhang mit dem nachfolgenden langjährigen Leistungsverhalten der Beklagten ist es aber naheliegend, dass dem Grunde nach ein vertraglicher Anspruch des Klägers auf eine jährliche Tantieme begründet und im Arbeitsvertrag lediglich für das erste Jahr ein bestimmter Betrag festgelegt worden ist. Das Landesarbeitsgericht hat nicht berücksichtigt, dass der Kläger bis einschließlich 2007 eine jährliche Tantieme und diese in drei Jahren sogar in gleicher Höhe erhalten hat. Es hat auch nicht gewürdigt, dass die Beklagte jedenfalls seit 2001 später nicht verrechnete monatliche Vorauszahlungen geleistet und bei keiner Zahlung einen Unverbindlichkeitsvorbehalt erklärt hat. Es greift deshalb zu kurz und verstößt gegen die §§ 133, 157 BGB, einen Anspruch bereits deshalb zu verneinen, weil eine Tantieme nicht in einer bestimmten Höhe zugesagt wurde. Naheliegend (und wahrscheinlich) ist vielmehr, dass nach §§ 133, 157 BGB die Annahme gerechtfertigt ist, die Beklagte habe sich zumindest kraft konkludenter Abrede dem Grunde nach zur Zahlung einer Tantieme verpflichtet und lediglich vorbehalten, nach § 315 BGB jährlich über deren Höhe zu bestimmen(zu einer ähnlichen Auslegung von Leistungsverhalten vgl. BAG 21. April 2010 - 10 AZR 163/09 -).

18

III. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

19

1. Ein Anspruch auf eine variable Vergütung ist nicht dadurch untergegangen, dass die Parteien eine Änderung der Bezüge vereinbart haben. Dies ergibt sich bereits aus der E-Mail des Klägers vom 30. April 2009, welcher die Beklagte inhaltlich nicht entgegengetreten ist. Danach hat der damalige Geschäftsführer der Beklagten den Kläger aufgefordert, für das Jahr 2008 einen Tantiemevorschlag zu unterbreiten. Daraus folgt, dass beide Parteien von einem fortbestehenden Anspruch auf eine variable Vergütung ausgegangen sind.

20

2. Da das Landesarbeitsgericht das Leistungsverhalten nur unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Übung erörtert und gewürdigt hat, ist den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben. Ergibt die Auslegung von Arbeitsvertrag und Leistungsverhalten einen Anspruch auf Festsetzung einer Tantieme nach § 315 BGB, ist weiter zu prüfen, ob dieser Anspruch durch eine Neuregelung der Vergütung im Jahr 2007 inhaltlich verändert wurde, auch insoweit ist den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben. Das Landesarbeitsgericht wird abschließend die Höhe des Anspruchs gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil festsetzen müssen. Dazu hat die Beklagte im Rahmen abgestufter Darlegungs- und Beweislast vorzutragen, nach welchen Kriterien sie in der Vergangenheit - für den Kläger erkennbar - die Tantieme festgelegt hat. Bonusansprüche richten sich häufig nach Geschäftsergebnis und individueller Leistung; die dreimalige Zahlung einer Tantieme in gleicher Höhe kann aber auch den Schluss erlauben, dass sie sich nicht nach dem Geschäftsergebnis gerichtet hat.

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Simon    

        

    Trümner    

                 

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.