Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Dez. 2016 - 6 Sa 168/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:1208.6Sa168.16.00
bei uns veröffentlicht am08.12.2016

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 03. März 2016 - 2 Ca 1008/15 - teilweise abgeändert und insgesamt der Klarstellung halber wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 62.273,59 Euro brutto abzüglich erhaltener Leistungen der Arbeitsagentur und des Jobcenters D in Höhe von 7.765,20 Euro netto sowie der Firma L UG in Höhe von 5.219,64 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01. April 2015 zu zahlen.

2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen der Kläger zu 65 % und die Beklagte zu 35 %.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten nach der rechtskräftigen Feststellung eines zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses um Vergütungsansprüche des Klägers aus Annahmeverzug, gegen die die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung erklärt hat mit Ansprüchen auf Rückzahlung des Unterschiedsbetrages zwischen den für frühere Zeiträume gezahlten Honoraren und dem nach ihrer Auffassung tariflichen Entgelt.

2

Der Kläger war seit dem 09. März 2011 ohne anerkannte Ausbildung als Übersetzer oder entsprechend zertifizierten Nachweis bei der Beklagten am Standort D als Übersetzer bzw. landeskundlicher Berater für die Sprache D/P beschäftigt. Seine Aufgabe bestand darin, aufgrund seiner muttersprachlichen Kenntnisse der Aufklärungssprache Sprachaufzeichnungen aus dem Einsatzgebiet A abzuhören und ins Deutsche zu übersetzen. Ferner wertete er die Inhalte aus und unterrichtete und beriet die zuständigen Stellen über Hintergründe und Besonderheiten. Der konkrete Inhalt der Tätigkeit des Klägers unterlag der Geheimhaltung. Dem Vertragsverhältnis lag der zwischen den Parteien geschlossene "Dienstvertrag" vom 09. März 2011 (Bl. 23 d. A., im Folgenden: DV) zugrunde, ausweislich dessen § 2 der Kläger auf Rechnungstellung an Werktagen zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr ein Stundenhonorar von 38,00 Euro netto, während der Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen ein Stundenhonorar von 45,00 Euro netto, sowie pro Arbeitstag eine pauschale Aufwandsentschädigung von 50,00 Euro, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer erhielt. Wegen der Einzelheiten des Dienstvertrages wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

3

Die Beklagte kündigte das mit dem Kläger bestehende Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 07. März 2013 zum 31. Mai 2013. Auf die vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage hat das Arbeitsgericht Trier mit Urteil vom 05. September 2013 - 2 Ca 461/13 - festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet worden ist und hat die Beklagte zugleich verurteilt, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 15. April 2015 - 2 Sa 504/13 - zurückgewiesen.

4

Seit 01. Juni 2013 wurde der Kläger von der Beklagten weder beschäftigt, noch vergütet. Einer Abordnung der Beklagten zur Arbeitsleistung ab 01. Juni 2015 in Düsseldorf leistete der Kläger keine Folge. Unter dem 14. August 2015 sprach die Beklagte nach Abmahnung eine erneute Kündigung aus. Hiergegen hat sich der Kläger mit einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf gewendet (Az: 15 Ca 5013/15).

5

Der Kläger hat am 10. August 2015 beim Arbeitsgericht Trier vorliegende Zahlungsklage erhoben, mit der er Annahmeverzugslohn für die Monate Juni 2013 bis März 2015 auf der Basis einer monatlichen Durchschnittsvergütung von 8.176,93 Euro brutto verlangt. Die Beklagte, die der Auffassung ist, dass der Kläger seit Beschäftigungsbeginn in die Entgeltgruppe 9 b TVöD einzugruppieren war, hat außergerichtlich bereits mit Schreiben vom 06. Februar 2015 (Bl. 28 ff. d. A.) gegen eventuelle Zahlungsansprüche des Klägers seit Ablauf der Kündigungsfrist hilfsweise aufgerechnet mit einem Rückforderungsanspruch aus ihrer Ansicht nach überzahlten Honoraren im Zeitraum vom 09. März 2011 bis 31. Mai 2013 in Höhe von 143.283,78 Euro). Wegen der weiteren Einzelheiten des Anschreibens der Beklagten nebst erläuternder Anlage zur Berechnung wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. Nach rechtskräftigem Obsiegen des Klägers im Kündigungsschutzprozess gegen die Kündigung vom 07. März 2013 hat die Beklagte Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum der tatsächlichen Beschäftigung des Klägers auf der Basis der an ihn gezahlten Honorare nachentrichtet.

6

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, er habe im Zeitraum vom 01. Juni 2013 bis 31. März 2015 auf der Grundlage des mit der Beklagten eingegangenen Dienstvertrages iVm. § 611 BGB einen weiterbestehenden Lohnanspruch in Höhe von 8.176,93 Euro brutto, die er bei einem Jahresgesamthonorar 2012 in Höhe von 98.123,26 Euro brutto ausweislich einer entsprechenden Aufstellung der Beklagten (vgl. Bl. 146 d. A.) durchschnittlich monatlich bezogen habe. Vom Gesamtbetrag abzuziehen seien Bezüge von der Arbeitsagentur vom 01. Juni 2013 bis 28. Februar 2014 und von der L UG im Zeitraum vom 01. Mai 2014 bis 31. März 2015 erhaltenes Entgelt. Die Beklagte, die die monatliche Vergütung in jedem Abrechnungsmonat aufgrund der von ihr vorgenommenen Arbeitszeitdokumentationen bestimmt habe, habe ihn ausdrücklich nicht nach TVöD beschäftigt, weshalb sie ihn auch nicht rückwirkend nach Entgeltgruppe 9 b TVöD einstufen könne. Sie habe auch deshalb keinen Gegenanspruch, mit dem sie aufrechnen könne, weil er die vereinnahmten Entgelte vollständig verbraucht habe und entreichert sei. Ein Rechtsirrtum über den Status der landeskundlichen Berater habe bei der Beklagten nicht vorgelegen, zumal er als einer der letzten eingestellt worden sei.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 179.892,46 Euro brutto abzüglich erhaltener Leistungen der Arbeitsagentur und des Jobcenters D in Höhe von 7.765,20 Euro netto sowie der Firma L UG in Höhe von 5.219,64 Euro netto nebst jeweiligen Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. März 2015 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

11

Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, ursprünglich seien beide Parteien irrtümlich von einer Selbständigkeit des Klägers ausgegangen, wobei sie die Höhe der Rechnungen des Klägers nicht vorgegeben habe, sondern diesem lediglich bei der Erstellung der allesamt von ihm unterschriebenen Rechnungen auf der Basis seiner Tätigkeitszeiträume behilflich gewesen sei, um deren korrekte Form zu gewährleisten. Im Anschluss an seine erfolgreiche Kündigungsschutzklage sei der Kläger rückwirkend auf den Beschäftigungsbeginn tariflich einzugruppieren gewesen. Nach Teil B der zum Zeitpunkt des Beschäftigungsbeginns geltenden Verwaltungsanordnung Nr. 5 über die Eingruppierung von Angestellten in der Fernmelde- und Elektronischen Aufklärung der Bundeswehr vom 30. Dezember 1964 idF. vom 01. Dezember 1972 (Bl. 107 ff. d. A.; im Folgenden: Verwaltungsanordnung Nr. 5), die sich der im BAT hinterlegten Vergütungsgruppen bedient habe, erfolge die Eingruppierung der Tätigkeit des Klägers in die Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 2, in die Angestellte mit fremdsprachlichen Kenntnissen und entsprechender Tätigkeit eingruppiert seien, die in der Auswertung Teilergebnisse des Sachgebietes in dem sie tätig sind in betrieblicher oder technischer Hinsicht auswerten und Teilergebnisse des Sachgebietes, in dem sie tätig sind, zusammenfassend bearbeiten und dabei selbstständige Leistungen erbringen. Nach § 17 Abs. 7 Satz 1 TVÜ-Bund aF sei der Kläger der Entgeltgruppe E 9 zugeordnet. Der Kläger bleibe für seinen Annahmeverzugslohanspruch bereits eine Berechnung schuldig. Zudem könne er für die abhängige Beschäftigung nicht das Nettostundenhonorar aus dem Dienstvertrag verlangen, da diese hierfür nicht vereinbart gewesen sei. Da keine Vergütung für eine abhängige Beschäftigung vereinbart gewesen sei, sei als übliche Vergütung nach § 612 BGB das Tarifentgelt geschuldet, das der Kläger nicht verlange.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 03. März 2016 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne aus der im Rahmen des Dienstvertrages gezahlten Vergütung keinen Zahlungsanspruch herleiten, da diese - für den Kläger nach §§ 133, 157 ff. BGB erkennbar - in der Annahme vereinbart worden sei, dass der Kläger freier Mitarbeiter sei und die in der Vergangenheit gezahlte Vergütung nicht als geschuldete Bruttoarbeitsvergütung betrachtet werden könne. Die Beklagte schulde die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB, die sich im Öffentlichen Dienst nach dem TVöD bestimme. Einen Vertrauenstatbestand dergestalt, dass die Beklagte sich in jedem Fall an der zugesagten Honorarhöhe habe festhalten lassen wollen, habe der Kläger nicht schlüssig vorgetragen. Dass ihm eine höhere tarifliche Vergütung zustehe, als die Beklagte angenommen habe, habe der Kläger nicht dargelegt. Dennoch habe eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Tarifentgelts nicht erfolgen können, da der Kläger keine Angaben zur Höhe von Tabellenentgelt, Zuschlägen etc. gemacht habe. Zudem sei grundsätzlich ein aufrechenbarer Rückzahlungsanspruch der Beklagten gegeben. Eine Berechnung der nach § 394 Satz 1 BGB pfändungsfreien Entgeltbestandteile sei jedoch ebenfalls nicht möglich gewesen, da der Kläger sich in der letzten mündlichen Verhandlung außerstande gesehen habe, die hierfür erforderlichen Angaben zu machen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 186 ff. d. A. Bezug genommen.

13

Der Kläger hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 08. April 2016 zugestellte Urteil mit am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 28. April 2016 Berufung eingelegt und diese innerhalb bis 08. Juli 2016 verlängerter Frist mit Schriftsatz vom 08. Juli 2016, bei Gericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.

14

Der Kläger macht zweitinstanzlich nach Maßgabe seiner Berufungsbegründungsschrift vom 08. Juli 2016 und seines Schriftsatzes vom 30. November 2016, hinsichtlich deren Inhaltes auf Bl. 215 ff. und Bl. 320 ff. d. A. verwiesen wird, im Wesentlichen geltend,

15

das Arbeitsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass er aus dem ursprünglichen Dienstvertrag seinen Anspruch nicht herleiten könne. Der Beklagten sei von Anfang an bekannt gewesen, dass er und die übrigen landeskundlichen Berater (LKB) tatsächlich abhängig Beschäftigte gewesen seien. Angesichts der Tatsache, dass bei seiner Einstellung das Ende des Einsatzes in A absehbar gewesen sei, sei der Beklagten klar gewesen, dass sie die LKB „schmerzfrei“ nur wieder habe loswerden können, wenn man sie nicht abhängig nach Tarifvertrag unkündbar beschäftige. Soweit die Beklagte im Jahr 2007 die bereits damals beschäftigten LKB habe abhängig beschäftigen wollen und es damals nicht dazu gekommen sei, möglicherweise, weil die LKB mit ihrer tariflichen Einordnung nicht einverstanden gewesen seien, habe das mit ihm nichts zu tun. Er sei bei Vertragsschluss mit Mitte 20 auch nicht in der Lage gewesen, das Beschäftigungsverhältnis rechtlich einzuordnen. Es werde bestritten, dass eine Eingliederung in die Organisation der Beklagten nicht erforderlich gewesen sei. Die Beklagte müsse sich an der Vergütungsvereinbarung im Dienstvertrag festhalten lassen, wenn sie absichtlich für die abhängige Beschäftigung im Rahmen des von ihr gewählten scheinselbstständigen Modells ausdrücklich eine außertarifliche Regelung wähle. Selbst wenn man die Vergütungsabrede für unwirksam halte, sei die übliche Vergütung nicht die von der Beklagten für zutreffend gehaltene aus dem TVöD. Da der Kläger ein höheres Entgelt erhalten habe, als es der Entgeltgruppe E 15 entspreche, gelte folglich der Tarifvertrag nicht. Eine Rückstufung in die tarifvertragliche Vergütung sei mangels Irrtums der Beklagten nicht möglich. Seine sicherheitsrelevante, nachrichtendienstliche Tätigkeit, die der Geheimhaltung unterlegen habe und von überragend nationaler Bedeutung gewesen sei, sei nicht üblich gewesen und könne daher auch nicht üblich bezahlt werden, sondern sei mit der vereinbarten Vergütung zu vergelten. Ein Rückforderungsanspruch der Beklagten bestehe aufgrund ihres rechtsmissbräuchlichen und treuwidrigen Begehrens gemäß § 242 BGB nicht. Auch stehe einem Rückforderungsanspruch § 814 BGB und seine bereits im Vorprozess vorgetragene Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) entgegen. Jedenfalls sei die Beklagte in der Höhe zu verurteilen gewesen, wie ihm der Anspruch bereits nach deren Darlegungen aus TVöD zustehe. Wenn er nach Tarifvertrag beschäftigt gewesen wäre, habe er für den Zeitraum vom 01. Juni 2013 bis 31. März 2015 nach Entgeltgruppe E 9 b ein fiktives Tabellenentgelt in Höhe von 66.113,32 Euro brutto (10 Monate in Stufe 2, 12 Monate in Stufe 3) zu erhalten gehabt.

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Der Kläger beantragt,

17

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 179.892,46 Euro brutto abzüglich erhaltener Leistungen der Ar-beitsagentur und des Jobcenters D in Höhe von 7.765,20 Euro netto sowie der Firma L UG in Höhe von 5.219,64 Euro netto nebst jeweiligen Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. März 2015 zu zahlen.

18

Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

20

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 13. September 2016 (Bl. 271 ff. d. A.) und macht zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,
ursprünglich seien die landeskundlichen Berater wegen fehlender Eingliederung in die Arbeitsorganisation im Rahmen von freien Dienstverhältnissen beschäftigt worden, weshalb die handelnden Personen davon ausgegangen seien, dass es sich um freie Mitarbeiterverhältnisse handele. Der unmittelbar zwischen dem Kommandeur des Fernmeldeaufklärungsregiments 931 durch die Einsatzstelle vor Ort und nicht durch die Personalverwaltung der Beklagten und dem Kläger geschlossene Dienstvertrag enthalte typische Regelungen für einen freien Dienstvertrag. Die Beklagte habe aufgrund der veränderten Bedingungen der Einsätze der Landeskundlichen Berater erstmals in 2007 deren Einsatz nach TVöD geprüft. Die seinerzeitigen Berater hätten damals die Auffassung vertreten, dass ihre Tätigkeit freiberuflich ausgeübt werde und keine Eingliederung nötig sei, weshalb zunächst keine Beschäftigung im Rahmen von Arbeitsverhältnissen erfolgt sei. Nach dem Kündigungsschutzprozess des Klägers sei der Status aller landeskundlichen Berater geprüft und zum 01. November 2014 alle Rechtsverhältnisse unter pflichtgemäßer Eingruppierung umgestellt worden. Mangels konkreter tarifvertraglicher Vergütungsregelung habe man hierfür die Verwaltungsanordnung Nr. 5 zur Grundlage für eine Einreihung in die Vergütungsgruppe IV b BAT genommen, infolge der Überleitung in den TVöD sei dies Entgeltgruppe E 9. Gerichtsbekannt beschäftige die Beklagte bundesweit Angestellte nur nach Tarifvertrag, sofern es sich nicht ausnahmsweise um übertariflich Beschäftigte ausschließlich aufgrund einer gesonderten Regelung durch das Bundesministerium des Inneren handele. Der Vertrag des Klägers weiche vollständig in jeder einzelnen Bestimmung von den Maßgaben des TVöD ab und die vereinbarte Vergütung habe erkennbar unter der Maßgabe einer freiberuflichen Tätigkeit gestanden. Zutreffend habe das Arbeitsgericht auch keine Korrektur nach § 242 BGB vorgenommen. Die Unterstellung des Klägers, die Beklagte (wer?) habe vom Status als Arbeitsverhältnis gewusst, sei falsch, da sie ursprünglich gutgläubig gewesen sei und erst infolge der tatsächlichen Veränderungen und schließlich durch die letztinstanzlichen Urteile etwas anderes herausgestellt habe. § 814 BGB sei mangels positiver Kenntnis nicht einschlägig. § 818 Abs. 3 BGB scheitere an der unsubstantiierten Darlegung des Entreicherungseinwands. Auch in der Berufungsinstanz habe der Kläger seine Ansprüche im Übrigen nicht substantiiert dargetan.

21

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands zweiter Instanz und der zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A

22

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

I.

23

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, wurde vom Kläger nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 08. April 2016 mit am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 28. April 2016 form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 08. Juli 2016, bei Gericht am gleichen Tag eingegangen, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, 5, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 Abs. 2, 3 ZPO).

II.

24

Die Berufung ist in der Sache nur teilweise erfolgreich. Dem Kläger steht für den Zeitraum vom 01. Juni 2013 bis 31. März 2015 ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn nach §§ 615 Satz 1, 611 Abs. 1, 612 Abs. 2 BGB von 62.273,59 Euro brutto in Höhe der üblichen Vergütung auf der Basis der Entgeltgruppe E 9 TVöD zu, auf die er sich erhaltenen Zwischenverdienst nach § 615 Satz 2 BGB anrechnen lassen muss. Darüber hinausgehende Ansprüche bestehen nicht. Auf die Berufung des Klägers war das erstinstanzliche Urteil im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abzuändern.

25

1. Die Beklagte befand sich infolge ihrer Kündigung vom 07. März 2013, deren Unwirksamkeit rechtskräftig feststeht, nach Ablauf der Kündigungsfrist im Streitzeitraum vom 01. Juni 2013 bis 31. März 2015 gemäß § 615 Satz 1 BGB in Annahmeverzug. Für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung hält die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Berufungskammer anschließt, ein Angebot der Arbeitsleistung regelmäßig nach § 296 BGB für entbehrlich(vgl. BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 950/13 - Rn. 34; 25. Februar 2015 - 5 AZR 886/12 - Rn. 41 mwN, jeweils zitiert nach juris).

26

2. Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger für den streitigen Zeitraum Annahmeverzugslohn gemäß § 615 Satz 1 BGB nicht in Höhe des geltend gemachten Betrages von 179.892,46 Euro brutto auf der Grundlage der ursprünglichen Vergütungsvereinbarung aus dem Dienstvertrag vom 09. März 2011 verlangen kann. Die Vergütungsvereinbarung aus dem Dienstvertrag hat nur für das von den Parteien vereinbarte selbständige Dienstverhältnis Bedeutung besessen. Dies ergibt eine Auslegung der Regelungen des Dienstvertrages.

27

2.1. Legen die Parteien ihrer Vergütungsvereinbarung eine unrichtige rechtliche Beurteilung darüber zugrunde, ob die Dienste abhängig oder selbständig erbracht werden, bedarf es einer (ergänzenden) Auslegung. Die Vergütung kann unabhängig von der rechtlichen Einordnung des bestehenden Vertrags gewollt oder gerade an diese geknüpft sein. Maßgebend ist der erklärte Parteiwille, wie er nach den Umständen des konkreten Falls aus der Sicht des Erklärungsempfängers zum Ausdruck kommt (§§ 133, 157 BGB). Für die Beurteilung, was die Parteien redlicherweise vereinbart hätten, ist ebenso wie für die Feststellung des gewöhnlich nicht ausdrücklich geäußerten Willens die spezifische Fallgestaltung entscheidend. Bestehen, etwa im öffentlichen Dienst, unterschiedliche Vergütungsordnungen für Arbeitnehmer und freie Mitarbeiter, ist regelmäßig anzunehmen, dass die Parteien die Vergütung der ihrer Auffassung nach zutreffenden Vergütungsordnung entnehmen wollten. Es fehlt dann an einer Vergütungsvereinbarung für das in Wahrheit vorliegende Rechtsverhältnis; die Vergütung richtet sich nach § 612 Abs. 2 BGB. Dagegen ist anzunehmen, die jeweilige Parteivereinbarung solle gemäß § 611 Abs. 1 BGB maßgebend bleiben, wenn der Arbeitgeber Tagespauschalen nur der Höhe nach abhängig von der rechtlichen Behandlung als Selbständiger oder Arbeitnehmer zahlt(vgl. insgesamt BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 144/04 - Rn. 26, mwN, zitiert nach juris). Ein Arbeitnehmer, der von seinem Arbeitgeber fälschlicherweise als freier Mitarbeiter nach der für diese Personengruppe geltenden Vergütungsordnung bezahlt wird, kann die Erklärungen des Arbeitgebers grundsätzlich nicht so verstehen, die Honorarvereinbarung sei unabhängig von dem tatsächlichen Status gewollt und stelle eine übertarifliche Vergütung dar, wenn später festgestellt werde, dass die Tätigkeit tatsächlich in einem Arbeitsverhältnis erbracht wurde (BAG 09. Dezember 2005 - 5 AZR 175/04 - Rn. 25; 29. Mai 2002 - 5 AZR 680/00 - Rn. 18, jeweils zitiert nach juris).

28

Im Hinblick auf den öffentlichen Dienst ist allgemein bekannt und entspricht der geltenden Rechtslage, dass die öffentlich-rechtlichen Körperschaften pauschale Stundensätze nur bei freier Mitarbeit vereinbaren und bei Anstellungsverhältnissen die Vergütung aus den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes zugrunde legen. Hier ist auch dann, wenn eine einschlägige Tarifgruppe nicht gefunden wird, die Pauschalvergütung unzulässig und völlig unüblich; vielmehr wird eine "passende" Tarifgruppe gewählt. Da für Arbeitnehmer regelmäßig Tarifverträge Anwendung finden und der öffentliche Arbeitgeber grundsätzlich zwischen Tarifgebundenen und Nichttarifgebundenen nicht unterscheidet, kann die Vereinbarung eines Pauschalhonorars nicht für ein Arbeitsverhältnis gelten (vgl. insgesamt BAG 21. November 2001 - 5 AZR 87/00 - Rn. 24, zitiert nach juris).

29

2.2. Gemessen hieran ergibt die Auslegung, dass die zwischen den Parteien in § 2 DV ausdrücklich für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers getroffene Vergütungsregelung über dessen Stundenhonorar nur für den Fall des tatsächlichen Bestehens eines freien Dienstverhältnisses gelten sollte.

30

a) Hierfür spricht bereits - worauf das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat -, dass der Kläger bei der Beklagten ein Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst eingegangen ist und Arbeitgeber der öffentlichen Hand bei Anstellungsverhältnissen in abhängiger Beschäftigung regelmäßig die Vergütung aus den Tarifverträgen aus dem öffentlichen Dienst anwenden und pauschale Stundensätze nur bei freier Mitarbeit vereinbaren. Dies gilt erst recht angesichts der Tatsache, dass der Kläger vorliegend mit der Beklagten für seine Tätigkeit eine für das Tarifsystem im öffentlichen Dienst sehr hohe Vergütung vereinbart hat, was dafür spricht, dass sie die von einem Selbstständigen selbst zu tragenden Beträge für Kranken- und Rentenversicherung mit abdecken sollte. Auch dass die Beklagte die Vergütung des Klägers nebst Mehrwertsteuer auf dessen Rechnung - sei es auch nach Hilfestellung ihrerseits - ausgekehrt hat, lässt erkennen, dass die Parteien ein freies Dienstverhältnis vergüten wollten und rechtfertigt nicht den Rückschluss, dass diese Vergütung auch in einem Arbeitsverhältnis geschuldet sein sollte.

31

b) Aus welchen Gründen der Kläger in Abweichung von den üblichen Gepflogenheiten hätte davon ausgehen dürfen, dass seine hohe Vergütung - als Bruttobetrag - auch für den Fall vereinbart sein sollte, dass es sich bei der Beschäftigung tatsächlich um ein Arbeitsverhältnis handelt, vermochte auch die Berufungskammer nicht zu erkennen. Soweit der Klägers sich darauf berufen hat, der Beklagten sei von Anfang an bekannt gewesen, dass die landeskundlichen Berater tatsächlich abhängig Beschäftigte gewesen seien, ist er hierfür jeglichen konkreten Sachvortrag schuldig geblieben, aufgrund welcher Tatsachen er darauf schließen durfte, die Beklagte - als öffentliche Arbeitgeberin - wolle ihn rechtswidrig als Scheinselbstständigen beschäftigen. Der Kläger hat weder dargelegt, dass, noch wer ihm gegenüber ausdrücklich oder konkludent Erklärungen abgegeben haben soll, die eine solche Annahme bei ihm hätten hervorrufen dürfen. Allein dass die Beklagte im Jahr 2007 den damals beschäftigten Landeskundlichen Beratern eine abhängige Beschäftigung angeboten hat, vermochte einen solchen Schluss nicht zu rechtfertigen, zumal als - zwischen den Parteien nicht streitig und auch der Berufungskammer über die Feststellungen des Arbeitsgerichts in der erstinstanzlichen Entscheidung (S. 7 = Bl. 188 d. A.) hinaus aus dem Parallelverfahren eines bereits damals beschäftigten Kollegen des Klägers gerichtsbekannt - die damaligen landeskundlichen Berater die abhängige Beschäftigung mit der Begründung abgelehnt haben, ihre Tätigkeit sei nicht geeignet, im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt zu werden. Zutreffend hat im Übrigen auch der Kläger darauf hingewiesen, dass die etwaige Vertragsgestaltung von Kollegen im Jahr 2007 mit seinem Vertragsverhältnis nicht im Zusammenhang steht. Selbst wenn die Beklagte angesichts der sich ändernden Umstände des Einsatzes der landeskundlichen Berater Bedenken gehabt haben sollte, ob die rechtliche Annahme gerechtfertigt war, dass es sich in allen Fällen tatsächlich auch zuletzt noch um eine freiberufliche Tätigkeit handelte, hat der Kläger nicht dargetan, dass diese Bedenken bei Vertragsabschluss durch die ihm gegenüber handelnden Vertreter der Beklagten zum Ausdruck gebracht worden sind und er aufgrund dessen hätte davon ausgehen dürfen, dass die vereinbarte Vergütung ihm auf jeden Fall auch in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gewährt werden sollte. Vor diesem Hintergrund ist auch der Vortrag des Klägers, er sei bei Vertragsschluss erst Mitte 20 und zu einer rechtlichen Einordnung des Vertrages nicht in der Lage gewesen, bestenfalls unbehelflich. Aus welchen Gründen sich die Beklagte nach § 242 BGB nicht darauf berufen können soll, dass die ausdrücklich als solche geschlossene Honorarvereinbarung ausschließlich für den Fall einer auch tatsächlich selbstständigen Beschäftigung des Kläger Geltung haben soll, war insgesamt nicht ersichtlich.

32

3. Der Kläger hat gegen die Beklagte für den Zeitraum vom 01. Juni 2013 bis 31. März 2015 jedoch einen Anspruch auf die übliche Vergütung als Annahmeverzugslohn nach §§ 615 Satz 1, 611 Abs. 1, 612 Abs. 2 BGB in Höhe von 62.273,59 Euro brutto.

33

3.1. Der Kläger kann im streitigen Zeitraum Vergütung nach der von der Beklagten für zutreffend gehaltenen Entgeltgruppe E 9 TVöD als übliche Vergütung (§ 612 Abs. 2 BGB) beanspruchen.

34

a) Jedenfalls im Berufungsverfahren hat der Kläger seinen Annahmeverzugslohnanspruch hilfsweise auf die von der Beklagten für zutreffend gehaltene Tarifvergütung als übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB gestützt. Wird ein neuer Streitgegenstand neben dem bisherigen eingeführt, liegt ein Fall nachträglicher Klagehäufung vor, auf den § 263 ZPO entsprechend anwendbar ist(BAG 12. September 2006 - 9 AZR 271/06 - Rn. 16, zitiert nach juris). Nach § 533 ZPO, der gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG auch im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren Anwendung findet, ist eine Klageänderung in der Berufungsinstanz nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat(BAG 12. September 2006 - 9 AZR 271/06 - Rn. 17, aaO). Dies ist vorliegend der Fall. Unabhängig davon, ob von einer Einwilligung der Beklagten infolge rügeloser Einlassung (§ 267 ZPO) auszugehen ist, hat die Beklagte bereits erstinstanzlich anlässlich ihrer Aufrechnungserklärung Tatsachen zur Frage der Eingruppierung des Klägers nach den Tarifverträgen für den öffentlichen Dienst vorgetragen, so dass auch von Sachdienlichkeit auszugehen ist und Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klagehäufung im Berufungsverfahren nicht bestehen.

35

b) Da es für das Arbeitsverhältnis der Parteien aus den dargestellten Gründen an einer Vereinbarung über die Höhe der Vergütung fehlte, nachdem sich das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien herausgestellt hat, hat der Kläger, dessen Tarifgebundenheit nicht ersichtlich ist (vgl. § 4 Abs. 1, 3 Abs. 1 TVG), für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses - und nicht nur für die Zukunft - einen Anspruch auf die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB(vgl. BAG 21. November 2001 - 5 AZR 87/00 - Rn. 28, zitiert nach juris). Entgegen der vom Arbeitsgericht vertretenen Auffassung kann der Kläger jedenfalls Vergütung nach der von der Beklagten für zutreffend gehaltenen Entgeltgruppe E 9 TVöD beanspruchen.

36

aa) Die übliche Vergütung für die Tätigkeit des Klägers im Arbeitsverhältnis bemisst sich nicht nach dem in § 2 Abs. 1 DV vereinbarten Honorarsatz. Eine Honorarregelung auf Stundenbasis ist für Angestellte nicht üblich und angesichts der bestehenden Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflicht nicht zulässig (vgl. BAG 21. November 2001 - 5 AZR 87/00 Rn. 30, zitiert nach juris). Auf die Frage der grundsätzlichen Bedeutung der Beschäftigung des Klägers, die die Beklagte nicht in Abrede gestellt hat, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an.

37

bb) Die übliche Vergütung des Klägers ergibt sich aus Entgeltgruppe E 9 TVöD. Im öffentlichen Dienst kann eine tarifliche Vergütung regelmäßig als übliche Vergütung angesehen werden; unter- oder übertarifliche Vergütung ist hier auf Ausnahmefälle beschränkt (vgl. BAG 21. November 2001 - 5 AZR 87/00 Rn. 30, aaO). Dies ist vorliegend die von der Beklagten angeführte Vergütung nach E 9 TVöD. Die Beklagte hat zu Recht geltend gemacht, dass sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Parteien bei Begründung eines Arbeitsverhältnisses in Ermangelung einer anderweitigen Vergütungsgrundlage auf die Verwaltungsanordnung Nr. 5 zurückgegriffen hätte. Vor diesem Hintergrund kann - auch wenn die Verwaltungsanordnung lediglich einen arbeitgeberseits berücksichtigten Verweis auf tarifliche Normen enthält - nach Auffassung der Berufungskammer davon ausgegangen werden, dass die dortigen Regelungen die übliche Vergütung des Klägers ausmachen. Nach Teil B Verwaltungsanordnung Nr. 5 erfolgte die Eingruppierung von Angestellten mit fremdsprachlichen Kenntnissen und entsprechender Tätigkeit, die in der Auswertung Teilergebnisse des Sachgebietes, in dem sie tätig sind, in betrieblicher oder technischer Hinsicht auswerten und Teilergebnisse des Sachgebietes, in dem sie tätig sind, zusammenfassend bearbeiten und dabei selbstständige Leistungen erbringen, in die Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 2 BAT einzugruppieren, die nach § 17 Abs. 7 Satz 1 TVÜ-Bund aF der Entgeltgruppe E 9 TVöD zugeordnet ist. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte geltend macht, die Tätigkeit des Klägers, der Sprachaufzeichnungen aus dem Einsatzgebiet A aufgrund seiner Sprachkenntnisse abzuhören, zu übersetzen, auszuwerten und die zuständigen Stellen zu unterrichten hatte, lasse sich der Regelung in Teil B der Verwaltungsanordnung Nr. 5 zuordnen. Dass ihm eine höhere Vergütung nach einer anderen Vergütungsgruppe zustände, hat der Kläger, der hierfür die Tatsachen darzulegen und zu beweisen hätte (vgl. BAG 14. März 2001 - 4 AZR 152/00 - Rn. 42, zitiert nach juris), in keiner Weise dargetan.

38

3.2. Die tarifliche Vergütung des Klägers nach Entgeltgruppe E 9 für den Zeitraum vom 01. Juni 2013 bis 31. März 2015 beträgt unter Berücksichtigung tariflicher Lohnerhöhungen insgesamt 62.273,59 Euro brutto. Der Betrag setzt sich zusammen aus dem Tabellenentgelt der Entgeltgruppe E 9 Stufe 2 für Juni 2013 in Höhe von 2.663,11 Euro brutto, 21.603,12 Euro brutto als Tabellenentgelt E 9 Stufe 2 für den Zeitraum Juli 2013 bis Februar 2014 (8 x 2.700,39 Euro brutto), 2.790,39 Euro brutto als Tabellenentgelt E 9 Stufe zwei für März 2014, 32.217,79 Euro brutto Tabellenentgelt E 9 Stufe 3 für den Zeitraum April 2014 bis Februar 2015 (11 x 2.928,89 Euro brutto), sowie 2.999,18 Euro brutto als Tabellenentgelt E 9 Stufe 3 für März 2015. Weitergehende Ansprüche auf Tariflohn hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt, insbesondere nicht, woher der mit 66.113,32 Euro brutto überschießende Betrag aus der Berufungsbegründungsschrift resultieren soll.

39

3.3. Die Beklagte hat den Anspruch nicht gemäß § 362 Abs. 1 BGB - teilweise - erfüllt, da sie an den Kläger für den Streitzeitraum keinerlei Leistungen erbracht hat. Soweit sie im Rechtsstreit geltend gemacht hat, hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers nachträglich Sozialversicherungsbeiträge entrichtet zu haben, hat der Kläger in Übereinstimmung mit der zuletzt von ihm zur Akte gereichten Aufstellung über seinen Versicherungsverlauf der Deutschen Rentenversicherung (Bl. 342 d. A.) unwidersprochen vorgetragen, dass sich die nachentrichteten Beträge ausschließlich auf die an den Kläger bis 31. Mai 2013 ausgekehrten Honorarleistungen beziehen. Auch wenn die Tilgungsbestimmung des Leistenden keine rechtlich zutreffende Qualifizierung der geschuldeten Forderung als arbeitsvertragliche oder dienstvertragliche voraussetzt, können Zahlungen auf bestimmte Forderungen nicht als Zahlungen auf Forderungen, die auf anderen Lebenssachverhalten beruhen, angesehen werden (BAG 29. Mai 2002 - 5 AZR 680/00 - Rn. 43, zitiert nach juris). Eine Erfüllung von Zahlungsansprüchen des Klägers aus dem streitigen Zeitraum, der nach dem 31. Mai 2013 liegt, durch die Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen auf zeitlich zuvor begründete Ansprüche des Klägers kann daher bereits mangels Tilgungsbestimmung nicht angenommen werden.

40

3.4. Der Anspruch des Klägers ist nicht gemäß §§ 387 ff. BGB infolge der hilfsweise von der Beklagten erklärten Aufrechnung mit Gegenansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung wegen Überzahlung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) untergegangen.

41

a) Der Anspruch des Klägers ist nicht bereits unabhängig vom Vorliegen der Aufrechnungsvoraussetzungen nach §§ 387 ff. BGB aufgrund einer Verrechnung mit etwaigen Gegenansprüchen der Beklagten aus Überzahlung im Zeitraum bis 31. Mai 2013 untergegangen. Zwar stehen nicht erfüllte Forderungen des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis und Rückzahlungsansprüche des Arbeitgebers aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht beziehungslos nebeneinander, sondern der Arbeitnehmer muss sich die Zahlungen auf seine Ansprüche anrechnen lassen, ebenso wie der Arbeitgeber von vornherein nur einen etwaigen Überschuss verlangen kann, da im Rahmen der Rückabwicklung eine solche Verrechnung nach Treu und Glauben geboten ist und nur ein auf die Differenz von Forderungen und Leistungen gerichteter Anspruch besteht. Eine solche Verrechnung beruht auf der Einheitlichkeit des Vertragsverhältnisses und dient zum einen dem Schutz des Leistungsempfängers, der auf die Ordnungsmäßigkeit der Leistung vertraut hat, zum anderen dem Schutz des Leistenden, der seinerseits auf die Wirksamkeit seiner Tilgungsbestimmung vertraut hat (vgl. insgesamt BAG 29. Mai 2002 - 5 AZR 680/00 - Rn. 44, aaO). Vorliegend sind die Voraussetzungen für eine Verrechnung nach diesen Grundsätzen jedoch nicht gegeben. Die Rückzahlungsansprüche aus dem Zeitraum bis 31. Mai 2013, derer die Beklagte sich berühmt und die Ansprüche, die der Kläger für den Annahmeverzugszeitraum danach ab 01. Juni 2013 erhebt, sind nicht gleichermaßen der Rückabwicklung des irrtümlich als Arbeitsverhältnis betrachteten Rechtsverhältnisses zuzuordnen. Da die vom Kläger geltend gemachten Vergütungsansprüche - anders als die Ansprüche der Beklagten - aus einem Zeitabschnitt stammen, für den infolge der ausgesprochenen Kündigung weder der Kläger, noch die Beklagte Leistungen erbracht haben und hinsichtlich derer zwischenzeitlich der Bestand eines Arbeitsverhältnisses rechtskräftig feststeht, gebietet die Einheitlichkeit des Vertragsverhältnisses die Verrechnung nach Treu und Glauben nicht.

42

b) Der auf einen Bruttobetrag gerichtete Annahmeverzugslohnanspruch des Klägers ist mangels Gegenseitigkeit der Forderungen nicht gemäß §§ 387, 389 BGB durch Aufrechnung der Beklagten mit etwaigen Gegenforderungen aus Honorarüberzahlung erloschen.

43

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Berufungskammer anschließt, kann der Arbeitgeber gegen Bruttolohnforderungen des Arbeitnehmers nicht mit Gegenansprüchen aufrechnen, es sei denn, die Höhe der Abzüge ist bekannt. Aufgerechnet werden kann nur gegen Nettolohnforderungen des Arbeitnehmers. Anderenfalls wäre nicht klar, in welcher Höhe das Gericht über die Gegenforderung entschieden hat. Nach § 322 Abs. 2 ZPO ist „die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig“. Der Umfang der Rechtskraft darf aber nicht unklar bleiben. Auch wenn die Klage aufgrund der Aufrechnung abgewiesen werden soll, muss feststehen, in welcher Höhe die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung erloschen ist (BAG 16. März 1994 - 5 AZR 411/02 - Rn. 43; 22. März 2000 - 4 AZR 120/99 - Rn. 12; 15. März 2005 - 9 AZR 502/03 - Rn. 54, jeweils zitiert nach juris). Erklärt der Arbeitgeber die Aufrechnung gegen eine Bruttoforderung, fehlt es insoweit an der Gegenseitigkeit der Forderungen (§ 387 BGB), als der Arbeitnehmer zwar Gläubiger der Bruttolohnforderung ist, sie sich jedoch hinsichtlich der auf die Gesamtsozialversicherungsbeiträge und die Steuer entfallenden Teile auf Zahlung an das Finanzamt und die Sozialversicherungsträger richtet(BAG 19. Februar 2004 - 6 AZR /02 - Rn. 28 unter Verweis auf BAG 07. März 2001 - GS 1/00 -; vgl. insgesamt lag Rheinland-Pfalz 11. November 2014 - 6 Sa 243/14 -, Rn. 55 mwN, 15. März 2013 - 6 Sa 414/12 - Rn. 52, auch: 27. Januar 2015 - 6 Sa 402/14 - Rn. 72; jeweils zitiert nach juris). Das Gericht ist angesichts des Beibringungsgrundsatzes zur Ermittlung des betreffenden Sachverhaltes nicht verpflichtet, von Amts wegen zu ermitteln, welche Vergütungsdifferenzen der Arbeitnehmer nach Abzug der Steuern und Sozialversicherungsabgaben zu beanspruchen hat (vgl. BAG 22. März 2000 - 4 AZR 120/99 - Rn. 13, zitiert nach juris). Die Arbeitgeberin trägt - anders als vom Arbeitsgericht angenommen - auch die Darlegungslast dafür, dass ihre Aufrechnung gegen den gemäß § 850 Abs. 1 ZPO nur nach Maßgabe des §§ 850 a bis 850 i ZPO pfändbaren Anspruchs des Arbeitnehmers auf Lohn und Überstundenvergütung das Erlöschen oder den teilweisen Untergang dieser Forderungen bewirkt hat (§ 389 BGB)(vgl. BAG 05. Dezember 2002 - 6 AZR 569/01 - Rn. 16, zitiert nach juris).

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bb) Ausgehend hiervon erweist sich die Aufrechnung der Beklagten mit etwaigen Ansprüchen auf Überzahlung der Nettohonorare an den Kläger aus dem Zeitraum bis 31. Mai 2013 gegen dessen Bruttolohnanspruch als unzulässig, da die Nettobeträge, die der Kläger zu beanspruchen hat, nicht feststehen. Nach den Darlegungen der Beklagten war für die Berufungskammer bereits nicht ersichtlich, welche Nettobeträge an den Kläger aus der von ihr für zutreffend gehaltenen Vergütung nach Entgeltgruppe E 9 TVöD monatlich auszukehren gewesen wären. Darüber hinaus war nicht erkennbar, welche Beträge unter Berücksichtigung der Pfändungsfreigrenzen des Klägers nach §§ 850 c ff. ZPO unpfändbar und daher der Aufrechnung entzogen waren. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 30. November 2016 angegeben hat, der monatlich pfändbare Betrag seines Einkommens betrage 54,00 Euro, bezog sich diese Angabe - wie vom Kläger in der Berufungsverhandlung klargestellt - nicht auf das fiktiv von ihm bei der Beklagten bezogene Tarifentgelt, sondern auf den von ihm zur Anrechnung angegebenen Zwischenverdienst.

45

3.5. Nach alledem hat der Kläger von der Beklagten 62.273,59 Euro brutto an Annahmeverzugslohn für den Zeitraum vom 01. Juni 2013 bis 31. März 2015 zu beanspruchen, von dem der vom Kläger angegebene Zwischenverdienst im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang abzuziehen war. Der Zinsanspruch ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzuges (§§ 286 Abs. 1 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB).

B

46

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

47

Gründe, die eine Zulassung der Revision iSd § 72 Abs. 2 ArbGG veranlasst hätten, bestehen nicht.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Dez. 2016 - 6 Sa 168/16

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Dez. 2016 - 6 Sa 168/16

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Dez. 2016 - 6 Sa 168/16 zitiert 32 §§.

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(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

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(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

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(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 322 Materielle Rechtskraft


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 612 Vergütung


(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. (2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 389 Wirkung der Aufrechnung


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 263 Klageänderung


Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 814 Kenntnis der Nichtschuld


Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand z

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 394 Keine Aufrechnung gegen unpfändbare Forderung


Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, findet die Aufrechnung gegen die Forderung nicht statt. Gegen die aus Kranken-, Hilfs- oder Sterbekassen, insbesondere aus Knappschaftskassen und Kassen der Knappschaftsvereine, zu beziehenden

Zivilprozessordnung - ZPO | § 267 Vermutete Einwilligung in die Klageänderung


Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er, ohne der Änderung zu widersprechen, sich in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen hat.

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Dez. 2016 - 6 Sa 168/16 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Dez. 2016 - 6 Sa 168/16 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. Feb. 2016 - 4 AZR 950/13

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Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 31. Oktober 2013 - 5 Sa 324/12 - wird zurückgewiesen.

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Teilurteil, 27. Jan. 2015 - 6 Sa 402/14

bei uns veröffentlicht am 27.01.2015

Tenor I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein - Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz - vom 20. Mai 2014 - Az.: 6 Ca 990/13 - hinsichtlich der Entscheidung über die Klage teilweise wie folg

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Nov. 2014 - 6 Sa 243/14

bei uns veröffentlicht am 11.11.2014

Tenor I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 22. Januar 2014 - 1 Ca 1364/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen. II. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Par

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 15. März 2013 - 6 Sa 414/12

bei uns veröffentlicht am 15.03.2013

weitere Fundstellen ... Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Az: 7 Ca 637/12 - vom 31.07.2012 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand

Referenzen

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, findet die Aufrechnung gegen die Forderung nicht statt. Gegen die aus Kranken-, Hilfs- oder Sterbekassen, insbesondere aus Knappschaftskassen und Kassen der Knappschaftsvereine, zu beziehenden Hebungen können jedoch geschuldete Beiträge aufgerechnet werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt. Das Gleiche gilt, wenn der Handlung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Handlung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 31. Oktober 2013 - 5 Sa 324/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin sowie über die Bezahlung von jeweils 3,22 Wochenarbeitsstunden im Zeitraum März 2007 bis November 2010.

2

Die Klägerin ist beim Beklagten aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 24. Juli 2001 seit September 2001 als Angestellte beschäftigt.

3

Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

        

„…    

        

1       

        

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 29,77 Stunden. …

        

2       

        

Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages vom 23.02.1961 (BAT) in der für den Bereich der kommunalen Arbeitgeber jeweils geltenden Fassung, der einschlägigen Sonderregelung SR 2 y zum BAT und den zusätzlichen für den Bereich des Arbeitgebers verbindlichen Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung. Das gleiche gilt für die an ihre Stelle tretenden Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung.

        

3       

        

…       

        

Die Angestellte ist gem. § 22 BAT in Vergütungsgruppe V b eingruppiert.

        

…“    

4

Die Klägerin war zu Beginn des Arbeitsverhältnisses zunächst als Erzieherin tätig. Nachdem sie eine berufsbegleitende staatliche sonderpädagogische Zusatzausbildung zur Heilpädagogischen Förderlehrerin im Sommer 2006 erfolgreich abgeschlossen hatte, wurde sie fortan im Förderzentrum des Beklagten eingesetzt. Auf den Lohnabrechnungen für die Monate September/Oktober 2007 wurde sie der Personengruppe „Heilp. Förderlehreri“ zugeordnet. Die Klägerin erhielt seit Oktober 2007 eine Vergütung nach Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TVöD/VKA und seit Oktober 2012 nach Entgeltgruppe 9 Stufe 6 TVöD/VKA.

5

Mit Schreiben vom 2. Februar 2007 bot der Beklagte der Klägerin unter Hinweis darauf, dass sie statt der arbeitsvertraglich vereinbarten 29,77 Zeitstunden nur 26,55 Zeitstunden (entsprechend 20 Unterrichtsstunden) im Förderzentrum wöchentlich erbringe, an, entweder die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ab März 2007 zu reduzieren oder die Differenz von 3,22 Zeitstunden zukünftig in der heilpädagogischen Tagesstätte abzuleisten. Einen ihr übermittelten und von Arbeitgeberseite bereits unterzeichneten „Nachtrag zum Arbeitsvertrag“ vom 2. März 2007, der eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 26,55 Stunden vorsah, unterzeichnete die Klägerin nicht. Sie erbrachte in der Folgezeit weiterhin regelmäßig eine wöchentliche Arbeitszeit im Umfang von 26,55 Zeitstunden. Ab März 2007 reduzierte der Beklagte das monatliche Bruttoentgelt der Klägerin deshalb von 2.190,34 Euro auf 1.953,44 Euro.

6

Mit Schreiben vom 29. November 2010 forderte der spätere Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Beklagten zur Erläuterung der Diskrepanz zwischen der im schriftlichen Arbeitsvertrag genannten Arbeitszeit von 29,77 Stunden und der tatsächlichen Beschäftigung im Umfang von nur 26,55 Stunden auf. Mit einem weiteren Schreiben von Februar 2011 bat er um Mitteilung, ob eine Abrechnung des Anspruchs auf Nachzahlung des Differenzlohns erfolgen werde.

7

Die Klägerin hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - die Auffassung vertreten, ihr stehe für den Zeitraum März 2007 bis November 2010 wegen Annahmeverzugs die Zahlung von je 236,90 Euro brutto für insgesamt 45 Kalendermonate zu. Mit der unterbliebenen Unterzeichnung der Vertragsänderung habe sie ein konkludentes Angebot zur Leistung von weiteren 3,22 Wochenstunden abgegeben, sofern ein Angebot sowieso nicht bereits entbehrlich sei. Zudem sei der Beklagte mindestens ab August 2010 zur Zahlung einer Vergütung nach Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA verpflichtet. Der Arbeitsvertrag verweise auf den BAT und auf den Nachfolgetarifvertrag TVöD/VKA. Tarifliche Eingruppierungsregelungen für Heilpädagogische Förderlehrer enthielten diese Tarifwerke aber nicht. Die dadurch entstehende Lücke sei mittels einer ergänzenden Vertragsauslegung durch die entsprechende Heranziehung der Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Lehrer-RL TdL) in der vor dem 10. März 2011 geltenden Fassung und nicht durch die Richtlinien der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte an allgemeinbildenden und an berufsbildenden Schulen (Lehrer-RL VKA) zu schließen. Gemäß B. III. 4. der Lehrer-RL TdL stehe ihr nach vierjähriger Bewährung eine Vergütung nach VergGr. IVa BAT zu, was nach Inkrafttreten des TVöD/VKA der Entgeltgruppe 10 entspreche. Letztlich folge auch aus § 612 BGB ein Anspruch auf Höhergruppierung nach dem Erwerb ihrer Zusatzqualifikation.

8

Die Klägerin hat zuletzt - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt:

        

1.    

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr ab dem 1. August 2010 ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA zu zahlen,

        

2.    

den Beklagten zu verurteilen, an sie 10.660,50 Euro brutto zu zahlen nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung.

9

Der Beklagte hat seinen Klageabweisungsantrag damit begründet, dass Annahmeverzugsansprüche schon aufgrund der Anfang 2007 einvernehmlich erfolgten Arbeitszeitreduzierung nicht bestünden. Auch habe die Klägerin die Arbeitsleistung im erweiterten Umfang nicht angeboten. Etwaige Ansprüche seien zudem nach § 37 TVöD/VKA verfallen. Die Klägerin sei des Weiteren zutreffend eingruppiert. Sie sei Erzieherin und werde allein aufgrund ihrer Zusatzausbildung nicht zur Lehrkraft. Die Lehrer-RL TdL seien ohnehin nicht einschlägig.

10

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts ohne Rechtsfehler zurückgewiesen. Der Beklagte ist weder zur Vergütung der Klägerin nach Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA ab 1. August 2010 noch zur Zahlung von 10.660,50 Euro brutto für den Zeitraum von März 2007 bis November 2010 verpflichtet.

12

I. Der als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Antrag zu 1. der Klägerin ist unbegründet.

13

1. Die Klägerin ist nicht seit dem 1. August 2010 nach der Entgeltgruppe 10 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung seit dem 1. Oktober 2005 anwendbaren TVöD/VKA in seiner jeweiligen Fassung zu vergüten.

14

a) Dabei kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass sie tatsächlich als Heilpädagogische Förderlehrerin und nicht lediglich als Erzieherin eingesetzt wird. Es kann ferner zu ihren Gunsten davon ausgegangen werden, dass die Tätigkeit einer Heilpädagogischen Förderlehrerin als diejenige einer Lehrkraft im tariflichen Sinne anzusehen ist (anders als Art. 60 Abs. 2 BayEUG nahelegt; vgl. dazu aber auch BAG 1. Juli 2009 - 4 AZR 234/08 - Rn. 35 mwN sowie Anlage D.7 zum TVöD-V Protokollerklärung zu Nr. 1), so dass die Verweisungsklausel auf die tariflichen Bestimmungen hinsichtlich der Eingruppierung „ins Leere“ ginge, da die Anlage 1a zum BAT/VKA nach Nr. 5 der Bemerkungen zu allen Vergütungsgruppen der Vergütungsordnung BAT/VKA bei Lehrkräften keine Anwendung findet. Dann könnte insoweit eine Lücke in der arbeitsvertraglichen Vereinbarung vorliegen, wenn man - wiederum zu Gunsten der Klägerin - angesichts dessen die ausdrückliche Vereinbarung einer Eingruppierung in der VergGr. Vb BAT nicht ausnahmsweise als konstitutive eigenständige Vertragsbestimmung ansehen will.

15

b) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auch für diesen Fall nicht aus den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung.

16

aa) Bei einer lückenhaften vertraglichen Vereinbarung tritt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit bzw. Lückenhaftigkeit bekannt gewesen wäre. Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt. Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (vgl. BAG 18. April 2012 - 4 AZR 392/10 - Rn. 20, BAGE 141, 150). Bei der Lückenfüllung ist zunächst an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrags „zu Ende gedacht“ werden (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31, BAGE 134, 283).

17

bb) Auch bei Anwendung dieser Grundsätze hätte die Klägerin keinen Anspruch auf ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA. Dabei kann erneut zu ihren Gunsten unterstellt werden, dass nicht die Lehrer-RL VKA zur Lückenfüllung heranzuziehen wären, obwohl sich die Parteien mit ihrer arbeitsvertraglichen Bezugnahme der Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien des BAT/VKA unterstellt haben. Die von ihr angestrebte Rechtsfolge einer entsprechenden Eingruppierung ergibt sich selbst bei einer Anwendung der Lehrer-RL TdL nicht.

18

(1) Zunächst führt die Anwendung der Lehrer-RL TdL nicht zu einer Eingruppierung und damit zu einem Entgeltanspruch nach einer Entgeltgruppe des TVöD - und zwar weder in der Fassung für den Bund noch in derjenigen für den Bereich der VKA -, weil die dort benannten Tätigkeiten jeweils einer Entgeltgruppe des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zugeordnet sind.

19

(2) Die Tätigkeit der Klägerin erfüllt zudem nicht die entsprechenden Anforderungen derjenigen Vergütungsgruppen, die eine Überleitung in die Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA gem. Anlage 1 zum TVÜ-VKA oder in die Entgeltgruppe 10 TV-L gem. Anlage 2 Teil B zum TVÜ-Länder („Lehrkräfte, für die nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen die Anlage 1a zum BAT/BAT-O nicht gilt … Überleitung Lehrkräfte ‚Nichterfüller‘“) vorsehen. Hierfür wäre eine Eingruppierung in die VergGr. IVa BAT einerseits oder in die VergGr. IVb BAT mit ausstehendem Aufstieg nach IVa BAT erforderlich. Deren Tätigkeitsmerkmale erfüllt die Klägerin nicht.

20

(a) Die am 1. August 2010 geltenden Lehrer-RL TdL idF vom 13. Juni 2007 lauten - soweit von Interesse - auszugsweise wie folgt:

        

„B.     

Sonstige Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis an allgemein bildenden und an berufsbildenden Schulen

        
                 

…       

        
                 

III.   

Lehrkräfte an Sonderschulen

        
                          

…       

                 
                                                     
                                                     
                          

4.    

Jugendleiterinnen mit staatlicher Prüfung, Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung oder Sozialarbeiter mit staatlicher Anerkennung und

        
                                            

mit abgeschlossener zusätzlicher Spezialausbildung (z.B. heilpädagogischer, sozialtherapeutischer oder sozialpsychiatrischer Ausbildung)

                 
                                            

als pädagogische Unterrichtshilfen

IV b   

                                   

nach mindestens vierjähriger Berufsausübung

                 
                                            

nach Ablegung der Zusatzausbildung

 IV a 

                          

…       

                 
                          

6.    

Erzieher, Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen, Krankengymnastinnen, Logopäden und Beschäftigungstherapeuten

        
                                            

mit entsprechender staatlicher Prüfung oder staatlicher Anerkennung und Zusatzausbildung

                 
                                            

als pädagogische Unterrichtshilfen

V b     

                                   

mit mindestens vierjähriger Bewährung in

        
                                            

dieser Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe

 IV b“

                                                              
21

(b) Die Voraussetzungen der Tätigkeitsmerkmale aus B. III. 4. Lehrer-RL TdL erfüllt die Klägerin nicht, auch wenn sie über eine abgeschlossene zusätzliche Spezialausbildung als Heilpädagogische Förderlehrerin verfügt. Sie ist weder Jugendleiterin mit staatlicher Prüfung noch Sozialpädagogin oder Sozialarbeiterin mit staatlicher Anerkennung. Wenn die Richtlinien Anwendung fänden, wäre sie als ausgebildete Erzieherin nach B. III. 6. Lehrer-RL TdL nicht nach der VergGr. IVa BAT zu vergüten, sondern wohl - ohne dass es darauf entscheidungserheblich ankäme - nach den VergGr. Vb bzw. IVb BAT. Folglich wäre sie nach Inkrafttreten des TVöD bzw. TV-L jedenfalls nicht in die Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA bzw. TV-L übergeleitet worden (vgl. Anlage 1 zum TVÜ-VKA bzw. Anlage 2 Teil B zum TVÜ-Länder).

22

(3) Bei Anwendung der Lehrer-RL TdL in der ab dem 10. März 2011 geltenden Fassung, die eine unmittelbare Zuordnung der Tätigkeiten zu den neuen Entgeltgruppen vorsieht, ergibt sich nichts anderes. Gem. B. III. 6. bzw. 7. dieser Richtlinien sind Erzieher als pädagogische Unterrichtshilfen ebenfalls lediglich nach Entgeltgruppe 9 TV-L zu vergüten.

23

2. Auch aus anderen vertraglichen oder tariflichen Rechtsgrundlagen resultiert der begehrte Anspruch der Klägerin nicht.

24

a) Aus der Anwendung der Anlage 1a zum BAT/VKA ergibt sich kein Anspruch der Klägerin auf eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA.

25

aa) Dies entspräche bei Anwendung der Überleitungsregelungen aus dem TVÜ-VKA im konkreten Fall einer - früheren - Eingruppierung in der VergGr. IVa oder IVb (mit ausstehendem Aufstieg nach IVa) BAT (§ 17 Abs. 7 Satz 1 TVÜ-VKA iVm. Anlage 1). Für die Zuordnung der Tätigkeit der Klägerin zu einer entsprechenden Vergütungsgruppe gibt es keine Anhaltspunkte.

26

bb) Unterstellt, die Klägerin wäre als Lehrkraft eingesetzt worden und es fänden, wie der Beklagte gemeint hat, auf ihr Arbeitsverhältnis die Lehrer-RL VKA Anwendung, ergäbe sich auch aus diesen kein Anspruch auf die begehrte Eingruppierung. Hinsichtlich des Wortlauts der Richtlinien kann auf die oben zitierten Lehrer-RL TdL verwiesen werden, die mit einer hier bedeutungslosen sprachlichen Abweichung (B. III. 6.: „nach [statt: ‚mit‘] mindestens vierjähriger Bewährung…“) wortlautidentisch dem der Lehrer-RL VKA sind. Die dazu oben dargelegten Ausführungen gelten deshalb uneingeschränkt auch für die letzteren.

27

b) Die Klägerin kann sich auch nicht erfolgreich auf § 612 BGB berufen. Selbst wenn man zu ihren Gunsten von einer fehlenden Vergütungsvereinbarung iwS (die Tatbestandsvoraussetzung der Norm ist, vgl. dazu ErfK/Preis 16. Aufl. § 612 BGB Rn. 2 mwN) ausgehen würde, hat sie keine Tatsachen dargelegt, aus denen sich als „übliche“ Vergütung iSv. § 612 Abs. 2 BGB einer Heilpädagogischen Förderlehrerin ein Entgelt nach Entgeltgruppe 10 TVöD/VKA ergebe(vgl. zum Erfordernis der Darlegung von Anknüpfungstatsachen BAG 17. Dezember 2014 - 5 AZR 663/13 - Rn. 29, BAGE 150, 223). Die Ausführungen der Klägerin in der Revisionsbegründung, der Beklagte vergüte nach Vergütungsgruppen, weshalb sie wegen der zusätzlich erworbenen Qualifikation „nach dem Wortlaut des § 612 I BGB eine Vergütungsgruppe höhergruppiert werden [müsse], also im Ergebnis in die Vergütungsgruppe 10 TVöD“ sind im Hinblick auf die Bestimmung der üblichen Vergütung iSv. § 612 Abs. 2 BGB ungeeignet. Der Erwerb einer Zusatzqualifikation muss keineswegs zwangsläufig zu einer höheren Vergütung führen. Auch insoweit bedarf es einer Anspruchsgrundlage, die vorliegend nicht gegeben ist.

28

c) Auf eine Aufklärungspflichtverletzung des Beklagten und daraus resultierende Schadensersatzansprüche stützt die Klägerin ihr Begehren in der Revision nicht mehr. Insoweit handelt es sich um einen eigenen Streitgegenstand, der in der Revision nicht zur Entscheidung angefallen ist. Gleiches gilt für die Anspruchsbegründung mit einem vermeintlich treuwidrigen Handeln des Beklagten.

29

3. Ob die Klägerin ggf. einen Anspruch auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gründen könnte, war nicht zu entscheiden, denn die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen ihren Anspruch gegen den Beklagten hierauf nicht gestützt. Gleichwohl war das Urteil des Landesarbeitsgerichts aber insoweit rechtsfehlerhaft und wegen eines von Amts wegen zu beachtenden Verstoßes gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu korrigieren, als es einen möglichen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes abgelehnt hat.

30

a) Der Antragsgrundsatz nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist nicht nur dann verletzt, wenn einer Partei etwas zugesprochen wird, ohne dass sie dies beantragt hat, sondern auch, wenn ihr ein Anspruch aberkannt wird, den sie nicht zur Entscheidung gestellt hat(BAG 15. April 2015 - 4 AZR 796/13 - Rn. 21, BAGE 151, 235).

31

b) Die Klägerin hat sich in den Vorinstanzen nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt. Sie hat zwar ausgeführt, sie könne nicht verstehen, warum andere Kursteilnehmer bei ihren jeweiligen Arbeitgebern im Geltungsbereich des TV-L nach Abschluss der Zusatzausbildung höhergruppiert worden seien und sie nicht. Darin liegt jedoch nur eine bloße Kundgabe einer empfundenen Ungerechtigkeit und noch keine eigenständige Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

32

c) Indem das Landesarbeitsgericht einen möglichen Anspruch der Klägerin aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes ausdrücklich verneint hat, hat es gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen. Das Urteil ist daher - ohne dass es eines förmlichen Entscheidungsausspruchs bedurfte - zu berichtigen, um eine sonst eintretende Rechtskraft auszuschließen (vgl. BAG 15. April 2015 - 4 AZR 796/13 - Rn. 23 mwN, BAGE 151, 235).

33

II. Der Klägerin steht kein Anspruch auf die begehrten Entgeltdifferenzen für den Zeitraum März 2007 bis November 2010 aus Annahmeverzug zu (§ 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB). Dabei kann dahinstehen, ob der arbeitsvertragliche Arbeitszeitumfang zwischen den Parteien (konkludent) auf 26,55 Wochenstunden herabgesetzt worden ist, wie der Beklagte meint. Auch wenn dies nicht der Fall wäre, fehlte es jedenfalls an dem nach §§ 293 ff. BGB erforderlichen Angebot der Klägerin.

34

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt ein Gläubiger gem. § 293 BGB in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung grundsätzlich tatsächlich anbieten, § 294 BGB. Unter den Voraussetzungen des § 295 BGB genügt ein wörtliches Angebot. Das kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber zumindest konkludent erklärt hat, er werde die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annehmen oder er sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen. Lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, ein Angebot der Arbeitsleistung sei regelmäßig nach § 296 BGB entbehrlich(st. Rspr., zuletzt etwa BAG 25. Februar 2015 - 5 AZR 886/12 - Rn. 41 mwN, BAGE 151, 45).

35

2. Nach Maßgabe dieser Rechtsprechung befand sich der Beklagte im gesamten Zeitraum März 2007 bis November 2010 nicht im Verzug. Die Klägerin hat weder tatsächlich noch wörtlich ihre Arbeitsleistung insoweit angeboten.

36

a) Ein wörtliches Angebot genügt, wenn der Arbeitgeber vorher erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen oder wenn eine erforderliche Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers unterbleibt. Das wörtliche Angebot muss als rechtsgeschäftsähnliche Handlung dem Arbeitgeber zugehen (grdl. BAG 21. März 1985 - 2 AZR 201/84 - zu B II 1 der Gründe) und es muss sich inhaltlich auf die geschuldete Arbeitsleistung, dh. am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der rechten Art und Weise beziehen (BAG 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 37, BAGE 149, 144).

37

b) Ein entsprechendes Angebot der Klägerin liegt nicht vor.

38

aa) Entgegen der Revision stellt die fehlende Reaktion der Klägerin auf das Änderungsangebot des Beklagten vom 2. März 2007 kein „konkludentes“ Angebot dar. Hierbei ging es um eine mögliche Einigung der Parteien über den Inhalt des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses. Der Erklärungswert des Schweigens der Klägerin geht jedenfalls nicht über die Ablehnung des Angebots auf eine vertragliche Stundenreduzierung hinaus.

39

bb) Auch das Schreiben der Klägervertreter vom 29. November 2010 an den Beklagten hat diesen nicht in Annahmeverzug gesetzt. Abgesehen davon, dass es nur dann für den letzten Tag des geltend gemachten mehr als dreieinhalbjährigen Annahmeverzugszeitraums Wirkung hätte entfalten können, wenn es noch am selben Tage dem Beklagten zugegangen wäre, wozu die Klägerin im Übrigen nichts vorgetragen hat, wird in dem Schreiben keine Bereitschaft der Klägerin zur Ableistung der weiteren 3,22 Stunden erklärt, sondern „um kurze Erläuterung“ der verminderten Beschäftigung gebeten, weil man „dies mit dem Wortlaut des Arbeitsvertrages nicht ganz in Einklang bringen“ könne. Eine unbedingte Bereitschaft zur erweiterten Leistungserbringung am Folgetag ist darin nicht zu erkennen.

40

3. Auf die Frage des Verfalls des weitaus größten Teils der Ansprüche gem. § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT kommt es danach nicht mehr an.

41

III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Treber    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Mayr    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 3. August 2012 - 5 Sa 252/12 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Revision der Beklagten wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 3. August 2012 - 5 Sa 252/12 - im Kostenausspruch und in seinen Ziffern I.2. und I.3. teilweise aufgehoben und wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 183,92 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2011 zu zahlen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 46 % und die Beklagte 54 % zu tragen, von denen des Berufungsverfahrens der Kläger 68 % und die Beklagte 32 %. Die Kosten der Revision haben der Kläger zu 82 % und die Beklagte zu 18 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten - soweit für die Revision von Belang - über Vergütung wegen Annahmeverzugs.

2

Die Beklagte führte im Auftrag der Bundespolizei auf dem Flughafen Köln/Bonn in drei Schichten Sicherheitskontrollen durch. Die Zahl der zu den jeweiligen Tageszeiten eingesetzten Arbeitnehmer war von kurzfristigen Anforderungen der Bundespolizei abhängig.

3

Der 1979 geborene Kläger ist seit 2001 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Flugsicherheitskraft beschäftigt. Der Bruttostundenlohn betrug bei einem monatlichen Mindestbeschäftigungsumfang von 160 Stunden bis zum 30. Juni 2010 11,58 Euro, im Streitzeitraum danach 12,06 Euro.

4

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der bis zum 30. September 2010 allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen vom 8. Dezember 2005 (im Folgenden: MTV) Anwendung. Dessen § 2 lautet:

        

㤠2

Arbeitsbedingungen für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer

        

1.    

Die tarifliche Mindestarbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt monatlich 160 Stunden.

        

2.    

Die monatliche Regelarbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt im Durchschnitt eines Kalenderjahrs 260 Stunden.

        

…“    

        
5

Für den Betrieb der Beklagten beschloss eine Einigungsstelle am 31. Januar 2011 die Betriebsvereinbarung „Dienst- und Pausenregelung“ (fortan BV 2011). In dieser ist ua. bestimmt:

        

㤠9 Pausen

        

(1)     

Dem Mitarbeiter werden die gesetzlichen Ruhepausen (§ 4 ArbZG) in einem Zeitkorridor zwischen Beginn der 2. Arbeitsstunde (frühester Beginn der Ruhepause) und Ende der 7. Arbeitsstunde (spätestes Ende der Ruhepause) durchgehend gewährt. Die Lage der Ruhepause/n wird dem Mitarbeiter bei Beginn der Schicht mitgeteilt.

        

(2)     

Es können pro Schicht zusätzlich unbezahlte Ruhepausen von maximal 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden angeordnet werden, wenn innerhalb eines Kalenderjahres im Durchschnitt unbezahlte Pausen an nicht mehr als zehn Arbeitstagen monatlich gegenüber dem Mitarbeiter angeordnet werden.“

6

Die Lage der gesetzlichen Pause und der zusätzlichen Arbeitsunterbrechung für den jeweiligen Einsatztag wurden erst in der Nacht vor dem Einsatztag von den Disponenten der Beklagten festgelegt.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei für Zeiten pausenbedingter Arbeitsunterbrechungen in Annahmeverzug geraten. Die jeweiligen Pausenanordnungen seien unwirksam. Die Pausen dienten nicht der Erholung, ihre zeitliche Lage richte sich allein nach dem Passagieraufkommen und lasse die Belange von Arbeitnehmern unberücksichtigt. Auf § 9 BV 2011 könne sich die Beklagte nicht berufen. Diese Regelung sei betriebsverfassungswidrig.

8

Der Kläger hat - soweit die Klage in die Revisionsinstanz gelangt ist - zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 948,90 Euro brutto und 72,36 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.021,26 Euro seit dem 1. Dezember 2011 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Das Arbeitsgericht hat - soweit die Klage in die Revisionsinstanz gelangt ist - die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage überwiegend stattgeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Vergütung wegen Annahmeverzugs für den Monat März 2010 iHv. 92,64 Euro brutto weiter, während die Beklagte die vollständige Klageabweisung begehrt.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von insgesamt 183,92 Euro brutto richtet. Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Revision der Beklagten begründet, die Revision des Klägers unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs.

12

I. Die Revision der Beklagten ist hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung von insgesamt 183,92 Euro brutto als weitere Vergütung (einschließlich Zuschläge) für Arbeitsunterbrechungen am 17. und 18. Juli 2011, am 4., 5., 6., 22., 28. und 31. August 2011, am 15. und 18. September 2011, am 4., 20. und 21. Oktober 2011 sowie am 20. November 2011 nicht ordnungsgemäß begründet und daher unzulässig, § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 ZPO(vgl. BAG 22. Juli 2014 - 9 AZR 449/12 - Rn. 10 mwN). Die Revisionsbegründung setzt sich mit der weiteren, selbständig tragenden rechtlichen Erwägung des Landesarbeitsgerichts, an den genannten Tagen komme hinzu, dass die Beklagte gegen § 4 Satz 3 ArbZG verstoßen habe und „vor diesem Hintergrund“ die Arbeitszeitunterbrechungen nicht als Pausen „eingestuft werden“ könnten(S. 20 des Berufungsurteils), nicht auseinander.

13

II. Die Revision der Beklagten hat im Übrigen Erfolg. Die Klage ist, soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist, unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs (§ 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB)für die streitgegenständlichen Arbeitsunterbrechungen. Während der auf der Grundlage von § 9 BV 2011 angeordneten Pausen war die Beklagte zur Beschäftigung des Klägers nicht verpflichtet. Im Übrigen war der Kläger im Umfang der gesetzlichen Mindestpausen nicht leistungsfähig, für die darüber hinausgehenden Arbeitsunterbrechungen fehlte es an dem erforderlichen Angebot der Arbeitsleistung.

14

1. In welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber in Annahmeverzug geraten kann, richtet sich grundsätzlich nach der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Diese bestimmt den zeitlichen Umfang, in welchem der Arbeitnehmer berechtigt ist, Arbeitsleistung zu erbringen und der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Arbeitsleistung anzunehmen (BAG 16. April 2014 - 5 AZR 483/12 - Rn. 13). Allerdings sind dabei die gesetzlichen Ruhepausen des § 4 ArbZG zu beachten. Mit der bußgeld- und strafbewehrten (§ 22 Abs. 1 Nr. 2, § 23 ArbZG) Verpflichtung des Arbeitgebers, die Arbeit mindestens in dem vorgeschriebenen Umfang zu unterbrechen, entbindet die Norm gleichzeitig den Arbeitgeber von der Verpflichtung, Arbeitsleistung der Arbeitnehmer anzunehmen, und setzt zudem die Arbeitnehmer außerstande, die Arbeitsleistung zu bewirken (§ 297 BGB).

15

2. Der Kläger hat für die auf der Grundlage von § 9 BV 2011 angeordneten Arbeitsunterbrechungen keinen Vergütungsanspruch. Er hat in diesen Zeiten weder gearbeitet, noch sich zur Arbeit bereithalten müssen, noch war die Beklagte zur Beschäftigung verpflichtet.

16

a) Die von der Einigungsstelle beschlossene Regelung in § 9 BV 2011 über die Lage und Dauer der gesetzlichen Pause sowie einer zusätzlichen Ruhepause ist vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG erfasst und wirksam.

17

aa) Nach § 9 Abs. 1 BV 2011 gewährt die Beklagte den von der BV 2011 erfassten Arbeitnehmern die gesetzlichen Ruhepausen in dem dort bestimmten Zeitkorridor. Die Lage der Pausen wird dem Mitarbeiter bei Schichtbeginn mitgeteilt. Absatz 2 erweitert die Anordnungsbefugnis der Beklagten unter den dort bestimmten Voraussetzungen für eine zusätzliche unbezahlte Ruhepause von maximal 30 Minuten pro Schicht.

18

bb) Die Ausgestaltung der Pausenzeiten unterfällt dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.

19

(1) Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat mitzubestimmen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen. Der Zweck des Mitbestimmungsrechts besteht darin, die Interessen der Arbeitnehmer an der Lage ihrer Arbeitszeit und damit zugleich ihrer freien und für die Gestaltung ihres Privatlebens nutzbaren Zeit zur Geltung zu bringen. Dementsprechend betrifft das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG die Lage der Grenze zwischen Arbeitszeit und Freizeit(BAG 10. November 2009 - 1 ABR 54/08 - Rn. 14).

20

(2) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG können die Betriebsparteien die Lage und die Dauer von Pausen innerhalb der Arbeitszeit mit normativer Wirkung für die Betriebsangehörigen festlegen.

21

(a) Der Begriff der Pause ist in der Vorschrift nicht definiert, sondern wird dort vorausgesetzt. Er hat denselben Inhalt wie der Begriff der Ruhepause in § 4 ArbZG und in seiner allgemeinen Bedeutung(BAG 29. Oktober 2002 - 1 AZR 603/01 - zu I 3 b dd der Gründe, BAGE 103, 197). Pausen sind im Voraus feststehende Unterbrechungen der Arbeit, in denen der Arbeitnehmer weder Arbeit zu leisten noch sich dafür bereitzuhalten hat und frei über die Nutzung des Zeitraums bestimmen kann (BAG 23. September 1992 - 4 AZR 562/91 - zu I 2 der Gründe; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 157/09 - Rn. 10; Baeck/Deutsch 3. Aufl. § 4 ArbZG Rn. 9; ErfK/Wank 15. Aufl. § 4 ArbZG Rn. 1; Schliemann 2. Aufl. § 4 ArbZG Rn. 6, jeweils mwN). Weil sie keine Arbeit, sondern eine Unterbrechung der Arbeit sind (§ 4 Satz 1 ArbZG), zählen sie nicht zur Arbeitszeit, § 2 Abs. 1 Satz 1 ArbZG(BAG 18. November 2009 - 5 AZR 774/08 - Rn. 13) und müssen nicht nach § 611 Abs. 1 BGB vergütet werden(vgl. BAG 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 21 mwN, BAGE 137, 366).

22

(b) Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG erfasst auch die Frage, ob die Arbeit an einem Arbeitstag zusammenhängend oder in mehreren Teilabschnitten, die durch größere Pausenzeiten unterbrochen sind, geleistet wird(BAG 14. März 1989 - 1 ABR 77/87 - zu B II 2 b der Gründe). Hierbei haben die Betriebsparteien die Interessen der Arbeitnehmer an einer sinnvollen, insbesondere zusammenhängenden Gestaltung der arbeitsfreien Zeit mit denen des Arbeitgebers, die Arbeitszeit aus betrieblichen Gründen mit Unterbrechungen festzulegen, zu einem Ausgleich zu bringen.

23

(3) Die in § 9 Abs. 1 BV 2011 getroffene Regelung über die Lage der gesetzlichen Pausen hält sich ebenso im Rahmen des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG wie die in Absatz 2 ausgestaltete weitere Pause. Die Lage und Dauer der Pausen musste nicht bereits in den Monats- oder Tagesschichtplänen verbindlich festgelegt werden. Der durch § 4 ArbZG bestimmte Rahmen für die gesetzliche Mindestpause wird durch den Einigungsstellenspruch nicht überschritten. Ebenso war die Einigungsstelle befugt, die Lage und Dauer einer weiteren Arbeitsunterbrechung von längstens 30 Minuten zu regeln. Denn die in § 4 ArbZG geregelten Ruhepausen stellen lediglich das Mindestmaß dar(BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 157/09 - Rn. 7) und verwehren es den Betriebsparteien nicht, längere Pausen vorzusehen.

24

cc) Die Pausenregelung in § 9 BV 2011 ist hinreichend bestimmt.

25

Mit dem in § 9 Abs. 1 Satz 1 BV 2011 verwandten Begriff der „gesetzlichen Ruhepausen“ werden die in § 4 ArbZG festgelegten Mindestruhezeiten bezeichnet. Diese können unter den in § 9 Abs. 2 BV 2011 näher ausgestalteten Voraussetzungen um eine „unbezahlte“ Ruhepause von bis zu 30 Minuten verlängert werden. Das in § 9 Abs. 1 Satz 1 BV 2011 enthaltene Erfordernis der durchgehenden Gewährung sowie die in Satz 2 bestimmte Mitteilungspflicht gelten für die Gesamtpausenzeit und daher auch für die nach Absatz 2 verlängerte Ruhepause. Für dieses Verständnis spricht, dass bei der Mitteilungspflicht in § 9 Abs. 1 Satz 2 BV 2011 einheitlich auf „die Lage der Ruhepause/n“ abgestellt wird. Auch der Zeitkorridor für die Pausengewährung ist wegen der in § 9 Abs. 1 Satz 1 BV 2011 enthaltenen Bezugnahme auf § 4 ArbZG eindeutig bestimmt.

26

dd) Die Pausenregelung in § 9 Abs. 1 BV 2011 verstößt nicht deshalb gegen § 4 Satz 1 ArbZG, weil es sich nicht um eine „im Voraus“ feststehende Arbeitsunterbrechung handelt. Eine Festlegung von Lage und Dauer der gesetzlichen Pause vor Beginn der täglichen Arbeitszeit verlangt § 4 Satz 1 ArbZG nicht(BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 139/08 - Rn. 47, BAGE 132, 195; ebenso bereits BAG 22. Juli 2003 - 1 ABR 28/02 - zu B II 3 c dd der Gründe, BAGE 107, 78; Baeck/Deutsch 3. Aufl. § 4 ArbZG Rn. 24; Schliemann 2. Aufl. § 4 ArbZG Rn. 19, jeweils mwN). Dies gilt gleichermaßen für die in § 9 Abs. 2 BV 2011 vorgesehenen zusätzlichen Pausen.

27

(1) Das Arbeitszeitgesetz legt weder einen bestimmten Zeitpunkt, noch - anders als § 11 Abs. 2 JArbSchG - einen bestimmten Zeitrahmen fest, zu dem bzw. innerhalb dessen die Ruhepause gewährt werden muss. Ebenso wenig regelt § 4 Satz 1 ArbZG, wann die Ruhepause im Voraus feststehen muss. Auch aus der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 12/5888 S. 24) ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Notwendigkeit, Beginn und Dauer der Ruhepause bereits vor Beginn der täglichen Arbeitszeit festzulegen.

28

(2) Das Erfordernis des im Voraus Feststehens soll sicherstellen, dass der Arbeitnehmer sich auf die Pause einrichten und sie auch tatsächlich zur Erholung nutzen kann (ErfK/Wank 15. Aufl. § 4 ArbZG Rn. 4). Die Ruhepause soll nicht durch kontinuierliche Weiterarbeit überlagert und „vergessen“ werden (BAG 13. Oktober 2009 9 AZR 139/08 - Rn. 47, BAGE 132, 195). Diesem Zweck genügt es, wenn dem Arbeitnehmer - wie von § 9 Abs. 1 Satz 2 BV 2011 vorgesehen - Beginn und Dauer der Ruhepause zu Beginn der täglichen Arbeitszeit mitgeteilt werden.

29

(3) Der Senat braucht deshalb nicht zu entscheiden, ob eine „spontan“ gewährte Ruhepause, in der der Arbeitnehmer weder arbeiten noch sich zur Arbeit bereit halten muss, den gesetzlichen Anforderungen genügt und allein ein Verstoß gegen das Erfordernis des im Voraus Feststehens überhaupt zu einer Vergütungspflicht des Arbeitgebers führt oder die Gewährung (nur) nicht im Voraus feststehender Ruhepausen ebenso wie die Gewährung zu kurzer Ruhepausen (hierzu BAG 28. September 1972 - 5 AZR 198/72 -) einen Schadensersatzanspruch begründet, wenn Arbeitnehmer durch die Nichteinhaltung des § 4 Satz 1 ArbZG einen Schaden an der Gesundheit erleiden.

30

ee) Der Einigungsstellenspruch ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Einigungsstelle ihrem Regelungsauftrag nicht ausreichend nachgekommen ist. Zwar hat sie die konkrete Lage und Dauer der Pausen im Dienstplan nicht festgelegt. In § 9 BV 2011 wird jedoch ein Verfahren für die Festlegung von Lage und Dauer der Pausen abschließend geregelt. Damit ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in ausreichendem Umfang ausgeübt worden.

31

(1) Eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Ausübung des Mitbestimmungsrechts liegt allerdings nicht vor, wenn dem Arbeitgeber das alleinige Gestaltungsrecht über den mitbestimmungspflichtigen Sachverhalt eröffnet wird (BAG 3. Juni 2003 - 1 AZR 349/02 - zu II 2 der Gründe, BAGE 106, 204). Dieses Erfordernis gilt auch für die aufgrund eines Einigungsstellenspruchs ergangenen betrieblichen Regelungen. Die Einigungsstelle muss bei ihrer Entscheidung das jeweilige Mitbestimmungsrecht entsprechend seinem Normzweck angemessen ausgestalten und die einseitige Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers begrenzen. Eine Regelung, in der das Beteiligungsrecht verkannt oder faktisch ausgeschlossen wird, genügt diesen Anforderungen nicht (vgl. BAG 17. Oktober 1989 - 1 ABR 31/87 [B] - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 63, 140).

32

(2) Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist bei der Ausgestaltung der Pausenregelung in § 9 BV 2011 wirksam ausgeübt worden.

33

Die Einigungsstelle hat der Beklagten zwar gestattet, innerhalb der Grenzen von § 9 BV 2011 Pausenzeiten anzuordnen, ohne dafür in jedem Einzelfall die Zustimmung des Betriebsrats einholen zu müssen. Das durch § 106 Satz 1 GewO eröffnete Bestimmungsrecht des Arbeitgebers wird durch die Regelung entsprechend dem Normzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG jedoch in mehrfacher Weise beschränkt. Die Beklagte verfügt über keine beliebige Ausgestaltungsmöglichkeit der täglichen Arbeitszeit. Die Lage der gesetzlichen Ruhepause hält sich in den durch § 4 ArbZG gezogenen Grenzen. In § 9 Abs. 2 BV 2011 werden die über die gesetzliche Mindestpause hinausgehenden Arbeitsunterbrechungen nach Zahl und Dauer begrenzt. Die Beklagte hat keine Möglichkeit, die Pausen in mehrere Zeitabschnitte aufzuteilen. Ihr ist es versagt, die konkrete Lage der Pause erst im Verlauf der Schicht flexibel zu bestimmen. Soweit die Anordnung einer Pause nach § 9 Abs. 2 BV 2011 dazu führt, dass der betroffene Arbeitnehmer an anderen Tagen für eine entsprechend längere Schicht eingeteilt werden muss, damit die monatliche Mindestarbeitszeit erreicht wird, unterliegt diese Maßnahme der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bei der Ausgestaltung des Schichtplans.

34

ff) Ob die Einigungsstelle mit der Pausenregelung in § 9 BV 2011 die Belange der Arbeitnehmer ausreichend berücksichtigt hat, ist vorliegend nicht zu prüfen. Der Einigungsstellenspruch ist von den Betriebsparteien nicht angefochten worden. Eine Kontrolle des Einigungsstellenspruchs auf Ermessensfehler findet nur in einem innerhalb der Frist des § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG von Arbeitgeber oder Betriebsrat eingeleiteten Beschlussverfahren statt.

35

b) Durch die von der Beklagten auf der Grundlage von § 9 BV 2011 angeordneten Arbeitszeitunterbrechungen hat diese die Lage der Arbeitszeit nach § 106 Satz 1 GewO wirksam bestimmt.

36

aa) Nach § 106 Satz 1 GewO hat der Arbeitgeber sein Weisungsrecht nach billigem Ermessen auszuüben. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Ob die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB(BAG 9. April 2014 - 10 AZR 637/13 - Rn. 26 mwN).

37

bb) Die Beklagte ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zur Durchführung der in § 9 BV 2011 getroffenen Pausenregelung berechtigt und gegenüber ihrem Betriebsrat auch verpflichtet. Wegen der fehlenden Anfechtung des Einigungsstellenspruchs gelten die kollektiven Interessen der Arbeitnehmer bei der Festlegung der gesetzlichen Ruhepause und der zusätzlichen Arbeitsunterbrechung als gewahrt. Damit entsprechen die von der Beklagten innerhalb des durch § 9 BV 2011 bestimmten Rahmens angeordneten Arbeitsunterbrechungen billigem Ermessen iSv. § 106 Satz 1 GewO. Dass deren Festlegung im Einzelfall aus Gründen erfolgt ist, die mangels eines kollektiven Tatbestands nicht dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG unterliegen und deshalb von der Einigungsstelle nicht geregelt werden konnten, hat der insoweit darlegungspflichtige Kläger nicht geltend gemacht.

38

3. Es kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass die Beklagte nicht für alle von ihr angeordneten Arbeitsunterbrechungen die sich aus § 9 BV 2011 ergebenden Vorgaben beachtet hat. Ein etwaiges betriebsverfassungswidriges Verhalten der Beklagten führt nicht zu einem Vergütungsanspruch des Klägers aus § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB.

39

a) Im Umfang der gesetzlichen Mindestpausen war der Kläger in diesen Zeiträumen schon aus Rechtsgründen nicht leistungsfähig, § 297 BGB. Denn § 4 Satz 1 ArbZG verpflichtet - bußgeld- und strafbewehrt(§ 22 Abs. 1 Nr. 2, § 23 ArbZG) - den Arbeitgeber, die Arbeit mindestens in dem vorgeschriebenen Umfang zu unterbrechen. Damit entbindet die Norm gleichzeitig den Arbeitgeber von der Verpflichtung, Arbeitsleistung anzunehmen und setzt den Arbeitnehmer außerstande, seine Arbeitsleistung zu bewirken.

40

b) Unabhängig davon fehlt es in allen Fällen an dem erforderlichen Angebot der Arbeitsleistung für die genommenen Pausen.

41

aa) Gemäß § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung grundsätzlich tatsächlich anbieten, § 294 BGB. Unter den Voraussetzungen des § 295 BGB genügt ein wörtliches Angebot. Das kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber zumindest konkludent erklärt hat, er werde die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annehmen oder er sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen. Lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, ein Angebot der Arbeitsleistung sei regelmäßig nach § 296 BGB entbehrlich(zuletzt BAG 15. Mai 2013 - 5 AZR 130/12 - Rn. 22; 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 22).

42

bb) Nach diesen Grundsätzen hätte der Kläger gegen die angeordneten Arbeitsunterbrechungen zumindest protestieren und damit seine Arbeitsleistung für die Zeit der genommenen Pausen wörtlich anbieten müssen.

43

(1) Die für das Arbeitsverhältnis maßgebliche Regelarbeitszeit bestimmt sich unstreitig nach § 2 Ziff. 1 MTV und beträgt 160 Stunden monatlich (vgl. BAG 21. Juni 2011 - 9 AZR 236/10 - Rn. 52 und 72; 22. April 2009 - 5 AZR 629/08 - Rn. 13). In diesem Umfang ist der Kläger - ohne die Arbeitsunterbrechungen - beschäftigt bzw. vergütet worden. Das steht zwischen den Parteien außer Streit.

44

(2) Soweit die Beklagte durch die Schichteinteilung von der Möglichkeit des § 2 Ziff. 2 MTV, den Arbeitnehmer mehr als 160 Stunden monatlich zur Arbeit heranzuziehen, Gebrauch gemacht hat und Arbeitsunterbrechungen nicht wirksam angeordnet haben sollte, hätte der Kläger, der während der angeordneten Zeiten unstreitig weder gearbeitet hat, noch sich zur Arbeit bereit halten musste, seine Arbeitsleistung zumindest wörtlich anbieten müssen. Das ist nicht erfolgt. Der Kläger hat die von der Beklagten festgelegten Ruhe- und Zusatzpausen genommen, ohne bei der jeweiligen Anordnung dagegen zu protestieren. Er hat nicht deutlich gemacht, dass er - unter Beachtung des § 4 ArbZG - an dem betreffenden Arbeitstag eine Ruhepause zu einem anderen als von der Beklagten bestimmten Zeitpunkt einlegen und/oder keine Zusatzpause nehmen möchte.

45

(3) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger seine Arbeitsleistung für die seiner Auffassung nach „unwirksamen“ Pausen auch nicht tatsächlich angeboten. Dafür reichen das Erscheinen am Arbeitsplatz und die Arbeitsaufnahme als solche nicht aus (vgl. BAG 25. April 2007 - 5 AZR 504/06 - Rn. 20). Denn daraus wird für den Arbeitgeber nicht deutlich, dass der Arbeitnehmer auch dann arbeiten möchte, wenn er tatsächlich nicht arbeitet, sondern die angeordnete Pause nimmt.

46

(4) Ein zumindest wörtliches Angebot der Arbeitsleistung war auch dann nicht entbehrlich, wenn die Beklagte die Arbeitszeitunterbrechungen entgegen § 9 BV 2011 und damit betriebsverfassungswidrig angeordnet hätte.

47

(a) Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis vom Arbeitgeber zum Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats führt allerdings nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (BAG 3. September 2014 - 5 AZR 109/13 - Rn. 17; 11. Januar 2011 - 1 AZR 310/09 - Rn. 33, jeweils mwN). Dies gilt nicht nur, wenn eine Beteiligung des Betriebsrats gänzlich unterbleibt, sondern auch, wenn der Arbeitgeber die nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG zwingenden Vorgaben aus einer Betriebsvereinbarung ausübt.

48

(b) Selbst wenn die Beklagte im Einzelfall bei der Anordnung von Arbeitszeitunterbrechungen die Vorgaben von § 9 BV 2011 nicht beachtet und deshalb Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats verletzt hätte, begründet dies alleine keinen Anspruch des Klägers auf Vergütung der davon erfassten Pausen. Ein solcher Anspruch kann sich - da der Kläger in den Pausen weder gearbeitet noch sich zur Arbeit bereitgehalten hat - nur aus § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB ergeben(vgl. BAG 18. September 2002 - 1 AZR 668/01 - zu I 2 der Gründe) und hätte ein entsprechendes Angebot der Arbeitsleistung erfordert, an dem es vorliegend gerade fehlt. Aus diesem Grund ist etwa unerheblich, ob die Beklagte stets der sich aus § 9 Abs. 1 Satz 2 BV 2011 ergebenden Mitteilungspflicht genügt oder sich an die in § 9 Abs. 1 Satz 1 BV 2011 bestimmte Lage der Pausenzeiten gehalten hat. Ebenso kann dahin stehen, ob die Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzungen überhaupt Fallgestaltungen erfasst, in denen der Arbeitgeber eine unwirksame Betriebsvereinbarung durchführt.

49

III. Die Revision des Klägers ist unbegründet.

50

Unabhängig davon, in welchem Umfang der Kläger bei den streitgegenständlichen Arbeitsunterbrechungen im Monat März 2010 überhaupt leistungsfähig war, fehlt es für eine Vergütung wegen Annahmeverzugs jedenfalls an einem Angebot der Arbeitsleistung für den Zeitraum der genommenen Pausen (vgl. oben zu II 3 b der Gründe).

51

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Dombrowsky    

        

    Zorn    

                 

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er, ohne der Änderung zu widersprechen, sich in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen hat.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 22. Januar 2014 - 1 Ca 1364/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten zuletzt noch um Überstundenvergütung und Urlaubsabgeltung.

2

Der Kläger war bei der Beklagten vom 1. August 2011 bis zu seiner Eigenkündigung zum 30. September 2013 auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 10. Juni 2011 (Bl. 6 ff. d. A.; im Folgenden: AV) als Projektmanager beschäftigt, zuletzt zu einem monatlichen Grundgehalt von 4.500,00 Euro brutto nebst einer monatlichen Projekteinsatzprämie von 500,00 Euro brutto. Er erhielt zudem einen monatlichen Mietkostenzuschuss von 300,00 Euro und ihm wurde - unter Ansatz eines geldwerten Vorteils in Höhe von 311,00 Euro monatlich - ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt. Die betriebliche Arbeitszeit betrug 40 Stunden; der Kläger war zur Leistung erforderlicher Mehrarbeit arbeitsvertraglich verpflichtet. Eventuelle Mehrarbeit sollte mit der Vergütung abgegolten sein (§ 6 Abs. 2 AV). Kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung stand dem Kläger ein jährlicher Urlaubsanspruch von 30 Werktagen basierend auf einer 5-Tage-Woche zu, verbunden mit einem Kürzungsrecht für die Beklagte von jeweils 1/12 pro Monat, in dem der Kläger im Ein- und Austrittsjahr nicht im Unternehmen beschäftigt war (§ 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AV).

3

Der Kläger war beim Kunden der Beklagten P AG eingesetzt, wo er bei der Entwicklung von Soundsystemen und Mikrofonen mitwirkte. Bis Juni 2012 wurde er für die P AG auf der Basis eines zwischen dieser und der Beklagten geschlossenen Arbeitnehmerüberlassungsvertrages tätig. Die Beklagte stellte dem Kläger vor diesem Hintergrund Formulare zur Zeiterfassung als Arbeitszeitnachweis für das Projekt in Form einer excel-Datei zur Verfügung, in die der Kläger monatlich nach Datum und Uhrzeit eine tägliche Arbeitszeit ohne Fahrzeiten und Pausen eintrug und aus der sich eine monatliche Arbeitszeitsumme ergab. Weiter wurden auf Seite 2 des Formulars die Ist-Stunden den Soll-Stunden gegenübergestellt, ein Übertrag von Gleitzeit-/Fehlzeiten aus dem Vormonat eingetragen und ein Saldo Gleitzeit-/ Fehlzeitstunden ermittelt. Soweit der Kläger für die Firma P AG an einzelnen Tagen nicht im Einsatz war, trug er diese als genommene Gleitzeit in das Zeiterfassungsformular ein. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger Mehrarbeit geleistet hat und ob eine Gleitzeitregelung vereinbart war. Der Kläger legte die Formblätter der Beklagten jeweils monatlich unbeanstandet vor, wobei er auch für die "Gleittage" Vergütung erhielt.

4

Ab Juli 2012 erbrachte die Beklagte ihre Entwicklungsdienstleistungen für die P AG auf der Grundlage eines Dienstleistungsvertrags zum Festpreis unter Vereinbarung sog. Meilensteine als Fertigstellungstermine. Der Kläger legte der Beklagten die ihm ursprünglich zur Zeiterfassung als Arbeitszeitnachweis für das Projekt zur Verfügung gestellten Formblätter weiterhin unverändert vor. Im Jahr 2013 war der Kläger - ohne Urlaub beantragt zu haben - an insgesamt 16 Tagen (08. Januar, 26. bis 30. April, 02./03. Mai, 27./28. Juni, 01. bis 05. Juli, 22./23. Juli und am 12. August 2013) nicht für die P AG tätig. Er trug diese Tage als „Gleittage“ in die Arbeitszeitnachweise ein. Der Kläger war - bis auf einen erstinstanzlich zuletzt unstreitigen Urlaubstag am 30. September 2013 - zuletzt während des gesamten Monats September 2013 bei der P AG tätig. Zum Zeitpunkt seines Ausscheidens Ende September 2013 wies der Zeiterfassungsnachweis in der Saldierung, dh. nach Abzug der zwischen den Parteien streitigen „Gleittage“, 103,67 offene "Gleitstunden" aus.

5

Dem Kläger wurden im Jahr 2013 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses (zuletzt) unstreitig insgesamt 17 Urlaubstage gewährt, davon unstreitig 13 Urlaubstage für das Jahr 2013 (10. Mai 2013, 31. Mai 2013, 08. bis 19. Juli 2013, 30. September 2013). Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Tage, an denen der Kläger wegen Inanspruchnahme von „Gleittagen“ nicht gearbeitet hat, ebenfalls auf den Urlaubsanspruch zu verrechnen sind.

6

Der Kläger hat am 15. Oktober 2013 nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung Klage beim Arbeitsgericht Kaiserslautern erhoben und neben der Erteilung von Gehaltsabrechnungen und der Herausgabe seiner Lohnsteuerkarte die Zahlung seines Gehaltes für September 2013 in Höhe von 5.311,00 Euro brutto (einschließlich geldwertem Vorteil Dienstwagen), von Reisekosten für Juni bis September 2013 in Höhe von 2.597,94 Euro netto (einschließlich 600,00 Euro Mietzuschuss für August und September 2013), von Urlaubsabgeltung in Höhe von 4.138,56 Euro brutto für zunächst 18 Tage und Vergütung in Höhe von 2.979,48 Euro brutto für 103,67 Überstunden verlangt. Zuletzt hat der Kläger zudem ein sehr gutes qualifiziertes Zeugnis geltend gemacht. Die Beklagte erteilte dem Kläger unter dem 20. Januar 2014 ein Zeugnis, wegen dessen Inhaltes auf Bl. 140 d. A. verwiesen wird.

7

Die Beklagte hat an den Kläger nach Klageerhebung für September 2013 2.900,00 Euro netto und den geltend gemachten Mietkostenzuschuss für August und September 2013 in Höhe von 600,00 Euro, insgesamt 3.500,00 Euro netto gezahlt. Bei der Entgeltabrechnung für September 2013 (Bl. 60 d. A.) hat sie einen Betrag in Höhe von 1.350,00 Euro brutto unter der Bezeichnung „Kürzung Gehalt zu viel genommener Urlaub“ abgezogen und die Projekteinsatzprämie um 400,00 Euro brutto gekürzt. Soweit der Kläger restliche Reisekosten verlangt hat, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 06. November 2013 die Aufrechnung mit - auch als Abzug in die Entgeltabrechnung September 2013 eingestellten - Gegenansprüchen wegen behaupteter Schäden am Dienstwagen des Klägers (einschließlich Sachverständigenkosten) und wegen streitiger Mehrkilometer des Leasingfahrzeugs in Höhe von insgesamt 2.611,88 Euro netto erklärt. Wegen eines sich unter Berücksichtigung sämtlicher Positionen aus der Entgeltabrechnung September 2013 ergebenden „Negativbetrages“ in Höhe von 1.378,86 Euro (netto) hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 07. November 2013 Widerklage erhoben.

8

Die Parteien haben den Rechtsstreit wegen der nach Klageerhebung erfolgten Zahlung von 3,500,00 Euro netto auf die Septembervergütung 2013 und den Mietkostenzuschuss August und September 2013 erstinstanzlich teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt.

9

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt im Wesentlichen vorgetragen, die Beklagte schulde ihm auch bei Berücksichtigung der erfolgten Zahlung von 2.900,00 Euro und nach Abzug des geldwerten Vorteils für den Dienstwagen in Höhe von 311,00 Euro in weitere Vergütung für September 2013. Die Kürzung der Projekteinsatzprämie sei zu Unrecht erfolgt, da er bis zuletzt das ihm zugewiesene Projekt bei der P AG in vollem Umfang erfüllt habe. Auch der Abzug wegen zu viel genommenen Urlaubs sei nicht gerechtfertigt, ihm stehe vielmehr angesichts eines anteiligen Urlaubsanspruchs für 2013 bei für dieses Jahr von der Beklagten gewährten 12 Urlaubstagen (zuletzt unter Berücksichtigung des 30. September 2013 unstreitig: 13) ein Resturlaubsanspruch von 11 Tagen à 8 Stunden à 28,74 Euro brutto (= 2.529,12 Euro brutto) zu. Bei den weiteren von ihm erhaltenen vier Urlaubstagen habe es sich um aus 2012 übertragenen Urlaub gehandelt. Die von der Beklagten offenbar verfolgte Verrechnung der von ihm in Anspruch genommenen „Gleittage“ mit dem Urlaubsanspruch sei nicht zulässig. Die Beklagte sei vielmehr zur Zahlung der in Höhe von 2.979,48 Euro brutto geltend gemachten Abgeltung von restlichen 103,67 Überstunden verpflichtet, da die Abgeltungsklausel im Arbeitsvertrag unwirksam sei. Er habe die aus den Zeiterfassungsnachweisen ersichtlichen Überstunden geleistet, weil er sich den Arbeitszeiten und Arbeitsrhythmen im Team der P AG habe anpassen müssen. Es habe für beide Parteien, bei der Beklagten insbesondere für den damaligen Geschäftsführer F, festgestanden, dass in diesem Zusammenhang Gleitzeit ebenso selbstverständlich und erforderlich gewesen sei, wie Mehrarbeit und dass diese grundsätzlich durch Gleitzeit ausgeglichen werden sollte. Bis Juni 2012 habe er seine Gleittage - wie exemplarisch aus dem die Gleittage 25. und 29. Mai 2012 betreffenden Email-Verkehr (Bl. 99 f. d. A.) ersichtlich - jeweils auf Antrag von der Beklagten bewilligt bekommen. Nachdem der Festpreisvertrag mit der P AG geschlossen gewesen sei, sei er verpflichtet gewesen, die vereinbarten Meilensteine zu erreichen und selbst zu entscheiden, ob und wann Mehrarbeit erforderlich geworden sei und wann der Ablauf des Projektes es erlaubt habe, Gleitzeit zu nehmen. Anträge auf Gleitzeit seien auf ausdrückliche Anweisung des Geschäftsführers der Beklagten daher nicht mehr bei dieser gestellt, sondern mit dem zuständigen Abteilungsleiter der P AG R abgesprochen worden. Dem Geschäftsführer habe die Darstellung in den monatlichen Arbeitszeitnachweisen genügt. Weiter schulde ihm die Beklagte im Einzelnen dargelegte restliche Reisekosten von 1.997,94 Euro (nach Abzug der nach Klageerhebung in Höhe von 600,00 Euro netto gewährten Mietzuschüsse August und September 2013). Der Kläger hat weiter vorgetragen, aufrechenbare Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung des Dienstwagens bestünden ebenso wenig wie ein Gegenanspruch wegen behaupteter Mehrkilometer. Die Widerklage sei nicht begründet. Die Beklagte schulde ihm die Herausgabe der Lohnsteuerkarte und das erteilte Zeugnis genüge nicht den Anforderungen, die an ein sehr gutes Zeugnis zu stellen seien. Der Abteilungsleiter R der P AG habe seine Leistungen als sehr gut bewertet.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

11
1.a) an den Kläger 5.311,00 Euro brutto abzüglich 3.211,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 % - Punkten über dem Basiszins seit 01. Oktober 2013 zu bezahlen,

12
1.b) an den Kläger 1.997,94 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 % - Punkten über dem Basiszins seit 01. Oktober 2013 zu bezahlen,

13
1.c) an den Kläger 2.529,12 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszins seit 01. Oktober 2013 zu bezahlen,

14
1.d) an den Kläger 2.979,48 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszins seit 01. Oktober 2013 zu bezahlen

15
2. dem Kläger die korrekte Gehaltsabrechnung für den Monat September 2013 auszuhändigen,

16
3. dem Kläger seine Lohnsteuerkarte 2010 herauszugeben.

17
4. dem Kläger ein wohlwollendes Zeugnis zu erteilen, welches seinem beruflichen Fortkommen dienlich ist und welches die Gesamtnote sehr gut enthält.

18

Die Beklagte hat beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Widerklagend hat sie beantragt,

21

den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 1.378,86 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab Zustellung der Widerklageschrift zu bezahlen.

22

Der Kläger hat beantragt,

23

die Widerklage abzuweisen.

24

Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, das Gehalt für September 2013 sei zu Recht gekürzt worden. Der Kläger habe sich 16 ungenehmigte, von ihm als „Gleitzeittage“ bezeichnete Urlaubstage genommen, an denen er nicht im Projekt tätig gewesen und weshalb die Projektprämie zu kürzen sei. Eine Vereinbarung über Gleittage habe es nicht gegeben. Die vom Kläger unsubstantiiert behaupteten Überstunden würden bestritten und seien nach dem Arbeitsvertrag ohnehin nicht gesondert zu vergüten. Auch wenn nicht in Abrede gestellt werde, dass der Kläger sich in den Arbeitsrhythmus der Mitarbeiter der P AG einzufinden gehabt habe, werde bestritten, dass hierbei Mehrarbeit angefallen sei. Arbeitszeiten seien mit der Beklagten abzusprechen gewesen. Von dem anteiligen Urlaubsanspruch des Klägers für 2013 in Höhe von 23 Urlaubstagen seien daher nicht nur die für 2013 genehmigten 13 Urlaubstage, sondern weitere 16 Urlaubstage in Abzug zu bringen; hilfsweise werde gegen die Klageforderung aufgerechnet mit einem Rückforderungsanspruch wegen unbezahlten Urlaubs in Höhe von 3.678,72 Euro brutto (16 x 229,92 Euro brutto). Es werde bestritten, dass im Zeitpunkt, in dem der Kläger vier übertragene Urlaubstage genommen habe, diese nicht bereits verfallen gewesen seien. Soweit der Kläger noch Reisekosten geltend mache, stehe dem ihr zur Aufrechnung erklärter Gegenanspruch wegen im Einzelnen dargelegter offener Reparaturkosten am Dienstwagen, Gutachterkosten und zu ersetzender unerlaubte Mehrkilometer nach dem Leasingvertrag entgegen. Der Kläger habe weder derzeit einen Anspruch auf eine korrigierte Lohnabrechnung, noch sei sie verpflichtet, dem Kläger ein Zeugnis mit der Note „sehr gut“ zu erteilen. Der mit der Widerklage verfolgte Betrag ergebe sich aus der Entgeltabrechnung für September 2013.

25

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 22. Januar 2014, wegen dessen Tatbestand auf Bl. 149 bis 154 d. A. verwiesen wird, überwiegend stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte schulde dem Kläger die zuletzt geltend gemachte restliche Vergütung für September 2013. Der Anspruch auf die Projektprämie bestehe wegen ausnahmsloser Tätigkeit des Klägers im September 2013 ungekürzt. Eine Berechtigung der Beklagten, das Gehalt für September 2013 um 1.350,00 Euro wegen „zu viel genommenen Urlaubs“ zu kürzen, sei nicht erkennbar. Auch sei sie nicht zur Aufrechnung wegen vermeintlicher Gegenansprüche im Zusammenhang mit dem Dienstwagen berechtigt. Vor diesem Hintergrund sei auch der Anspruch des Klägers auf Reisekostenerstattung in zuletzt verlangter Höhe gerechtfertigt. Dem Kläger stehe angesichts zuletzt unstreitig genommener 13 Tage bei einem anteiligen Urlaubsanspruch für 2013 von 23 Tagen ein Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von 2.299,20 Euro brutto zu (10 Tage à 8 Stunden à 28,74 Euro). Die vom Kläger dem Jahr 2012 zugeordneten vier Urlaubstage könnten nicht auf den Urlaubsanspruch 2013 angerechnet werden, da die Beklagte die Darlegung schuldig geblieben sei, dass diese vier Tage außerhalb des bis zum 31. März 2013 reichenden Übertragungszeitraums genommen worden seien. Die von der Beklagten nicht genehmigten „Gleittage“ könnten bereits deshalb nicht auf den Urlaubsanspruch angerechnet werden, weil die Beklagte den Kläger nicht zur Urlaubsgewährung freigestellt habe. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Überstundenvergütung in Höhe von 2.279,48 Euro brutto (ausweislich des Urteilstenors Ziff. 1 d) beabsichtigt: 2.979,48 Euro brutto) sei in vollem Umfang begründet. Die Beklagte habe die in den Zeitnachweisen dokumentierten Stunden nicht substantiiert bestritten. Der Kläger habe darauf vertrauen dürfen, dass auch nach der Festpreisvereinbarung der Beklagten mit der Firma P AG ab Juli 2012 die Abmachung mit dem damaligen Geschäftsführer F über die Handhabung der Arbeitszeiterfassung in den zur Verfügung gestellten Formularen weiterhin Gültigkeit gehabt habe, zumal diese unverändert fortgesetzt worden sei. Einzelfallbezogene Absprachen seien vor diesem Hintergrund nicht erforderlich und auch praxisfern gewesen. § 6 AV stehe der Abgeltung der Überstunden nicht entgegen, da die Klausel nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB intransparent und damit unwirksam sei. Auch die Lohnsteuerkarte 2010 habe die Beklagte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses herauszugeben. Nicht begründet sei die Klage in den Hauptforderungen lediglich wegen eines zu viel geltend gemachten Tages an Urlaubsabgeltung (30. September 2013), der Erteilung einer „korrekten“ Lohnabrechnung für September 2013, die die Beklagte nicht schulde und wegen des verlangten „sehr guten“ Zeugnisses, da der Kläger seiner Darlegungs- und Beweislast wegen seiner sehr guten Leistungen nicht nachgekommen sei. Die Widerklage sei aus den dargelegten Gründen nicht erfolgreich. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 154 ff. d. A. verwiesen.

26

Die Beklagte hat gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 31. März 2014 zugestellte Urteil mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 30. April 2014 Berufung eingelegt und diese innerhalb nachgelassener Frist mit Schriftsatz vom 02. Juli 2014, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, begründet.

27

Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung lediglich noch Klageabweisung (auch) hinsichtlich der dem Kläger zugesprochenen Urlaubsabgeltung und Überstundenvergütung und macht zur Begründung ihrer Berufung nach Maßgabe der Berufungsbegründungsschrift vom 02. Juli 2014 (Bl. 188 ff. A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,

28

das Arbeitsgericht habe dem Kläger zu Unrecht Urlaubsabgeltung zuerkannt. Es habe verkannt, dass sie hinsichtlich der vom Kläger eingeräumten vier weiteren Tage im Einzelnen dargelegt habe, dass diese bis auf einen außerhalb des Übertragungszeitraums bis zum 31. März 2013 gelegen hätten. Zudem verkenne es, dass die 16 "Gleitzeittage" mangels Gleitzeitvereinbarung anzurechnen seien. Auch ein Anspruch auf Überstundenvergütung in Höhe von 2.279,48 Euro brutto (gemeint: 2.979,48 Euro brutto) sei zu Unrecht zugesprochen worden. Mehrarbeit habe der Kläger trotz ihres Bestreitens nicht substantiiert und hinsichtlich Anfall, Anordnung und Notwendigkeit dargelegt. Die vom Kläger auf den Formularen erstellten Aufstellungen seien von niemandem gegengezeichnet worden. Eine „gelebte Praxis“, nach der sie die vom Kläger eingetragenen Mehrarbeitsstunden habe bezahlen müssen, habe es nicht gegeben. Sie könne die pauschalen Stundenaufstellungen auch nicht substantiiert bestreiten, da niemand von ihr bei der Firma P AG anwesend gewesen sei. Allein die Berufung auf die sog. Meilensteine genüge nicht, um die Erforderlichkeit der Ableistung von Überstunden nachvollziehen zu können. Die vom Kläger behauptete Absprache mit dem ehemaligen Geschäftsführer F über Erfassung und Übertrag von Gleitzeitstunden sei bestritten worden. Auch wenn das Arbeitsgericht meine, eine Rückversicherung des Klägers bei der Beklagten wegen Überstunden sei unpraktikabel gewesen, bedeute dies noch nicht, dass der Kläger berechtigt sei, Überstunden zu leisten, wie er wolle. Nach Erlass des Urteils habe sie zudem erfahren, dass auch der Abteilungsleiter R bei der P AG zu keinem Zeitpunkt Überstunden angeordnet habe.

29

Die Beklagte beantragt,

30

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 22. Januar 2014 - Az.: 1 Ca 1364/13 - wird wie folgt abgeändert:

31

Die Klage wird auch hinsichtlich der Klageanträge zu 1 c und d abgewiesen.

32

Der Kläger beantragt,

33

die Berufung zurückzuweisen.

34

Der Kläger verteidigt das von der Beklagten angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 05. August 2014, auf die Bezug genommen wird (Bl. 213 ff. d. A.), zweitinstanzlich im Wesentlichen wie folgt,

35

der Urlaubsabgeltungsanspruch für 10 Tage sei zu Recht zuerkannt worden; die Beklagte habe selbst nicht in Abrede gestellt, 13 Urlaubstage für 2013 gewährt zu haben und die Gewährung weiterer 4 Urlaubstage für dieses Urlaubsjahr bis zuletzt nicht einlassungsfähig dargetan. Gleitzeittage seien bereits mangels Freistellung zur Urlaubsgewährung nicht abzuziehen. Ungeachtet dessen habe er auch nach der Vertragsänderung ab Juli 2012 seine Arbeitszeiten dem Projektteam anpassen müssen und können, um die auf der Angebotskalkulation der Beklagten beruhenden, auf seinem vollzeitigen Einsatz ohne Berücksichtigung von Urlaub, Krankheit und unvorhergesehenen Durchführungsschwierigkeiten basierenden taggenauen sog. Meilensteine zu erreichen. Wäre die Beklagte, der von vorneherein klar gewesen sei, dass die Meilensteine ohne Überstunden nicht zu erreichen gewesen seien, hiermit nicht einverstanden gewesen, hätte sie ihn hierauf hinweisen und einen zweiten Mitarbeiter einstellen müssen, wenn sie der Auffassung gewesen sei, das Projekt laufe wegen der Mehrarbeitsstunden aus dem Ruder. Dass der Zeuge R ihm gegenüber keine Überstunden angeordnet habe, verstehe sich von selbst, da dieser ihm gegenüber nicht weisungsbefugt gewesen sei.

36

Im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schrift-sätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

37

A.  Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich.

38

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe b ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 31. März 2014 mit am 30. April 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) und innerhalb nachgelassener Frist mit Schriftsatz vom 02. Juli 2014, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, 5, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO).

39

II. Die Berufung ist nicht begründet. Dem Kläger steht die geltend gemachte Überstundenvergütung und Urlaubsabgeltung wie tenoriert zu. Die Berufung war zurückzuweisen.

40

1. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger im Urteilstenor zu Ziff. 1d) zu Recht einen Anspruch auf Überstundenvergütung in Höhe von 2.979,48 Euro brutto zugesprochen (§ 611 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag).

41

1.1. Verlangt der Arbeitnehmer aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung, tarifvertraglicher Verpflichtung des Arbeitgebers oder § 612 Abs. 1 BGB Arbeitsvergütung für Überstunden, hat er darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat. Dabei genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern und im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen - nicht - nachgekommen ist (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 27, zitiert nach juris). Erbringt der Arbeitnehmer Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang, ist der Arbeitgeber zu deren Vergütung nur verpflichtet, wenn er die Leistung von Überstunden veranlasst hat oder sie ihm zumindest zuzurechnen ist. Für diese arbeitgeberseitige Veranlassung und Zurechnung als - neben der Überstundenleistung - weitere Voraussetzung eines Anspruchs auf Überstundenvergütung ist erforderlich, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sind (vgl. BAG 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 13 mwN, zitiert nach juris). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass geleistete Überstunden angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit erforderlich waren, trägt der Arbeitnehmer als derjenige, der den Anspruch erhebt (BAG 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 15, vgl. BAG 18. April 2012 - 5 AZR 248/11 - Rn. 15 mwN, jeweils zitiert nach juris).

42

1.2. Gemessen hieran steht dem Kläger der in rechnerisch unstreitiger Höhe geltend gemachte Anspruch zu.

43

a) Der Kläger ist der ihm obliegenden Darlegungslast nachgekommen, dass er im Zeitraum seiner Beschäftigung Überstunden geleistet hat, die zum Zeitpunkt seines Ausscheidens in Höhe von 103,67 Stunden nicht von der Beklagten vergütet waren. Dem ist die Beklagte nicht in ausreichendem Maße entgegengetreten.

44

(1) Der Kläger hat zunächst schlüssig behauptet, dass zum Zeitpunkt seines Ausscheidens 103,67 Überstunden offen standen.

45

Zwischen den Parteien war zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer nicht streitig, dass der Kläger der Beklagten im gesamten Zeitraum der Beschäftigung monatlich die von dieser zur Verfügung gestellten Formblätter vorgelegt hat, in denen er nach Datum und Uhrzeit bei der P AG geleistete Arbeitszeiten aufgelistet hat und dass der Saldo der vom Kläger behaupteten Arbeitszeiten nach Abzug der ebenfalls jeweils eingetragenen „Gleittage“, an denen der Kläger unstreitig eine Arbeitsleistung nicht erbracht hat, zum Zeitpunkt seines Ausscheidens 103,67 Stunden (im Terminsprotokoll irrtümlich aufgenommen: 103,87) betragen hat. Damit hat der Kläger die Zeiten, an denen er über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus Arbeitsleistung für die Beklagte erbracht haben will, substantiiert dargetan. Einer Vorlage aller Formblätter für den gesamten Zeitraum seiner Beschäftigung im Rechtsstreit bedurfte es nicht.

46

Der Kläger hat zudem vorgetragen, dass er im angegebenen Zeitraum über seine regelmäßige Arbeitszeit hinaus Arbeitsleistungen für die Beklagte erbracht hat. Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass der Kläger gehalten war, sich dem Arbeitsrhythmus der ebenfalls im Projekt tätigen Mitarbeiter der P AG anzupassen. Ebenfalls von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wurde, dass der Kläger die mit der P AG vereinbarten Projektziele, nach der Vertragsumstellung auf eine Festpreisvereinbarung in Form der sog. „Meilensteine“ einhalten musste und dass die Ziele jeweils erreicht worden sind. Der Kläger hat insoweit zuletzt dargelegt, dass die von der Beklagten mit der P AG ausgehandelten Zeitpläne unter Kalkulation seiner gesamten Arbeitskraft ohne Berücksichtigung von Urlaub und Arbeitsunfähigkeitszeiten erstellt worden sind, so dass bereits von vorneherein ersichtlich gewesen sei, dass diese ohne Mehrarbeit nicht einzuhalten sein würden. In Ergänzung dazu hat er in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer nachvollziehbar erläutert, die Einhaltung der Meilensteine sei das Hauptziel gewesen, weshalb er an einzelnen Tagen je nach Erreichbarkeit von Kunden und Belastung der Mitarbeiter der P AG zwangsläufig mehr habe arbeiten müssen und an anderen Tagen weniger, was sich mit den Gleittagen immer so ergeben habe.

47

(2) Die Beklagte hat die vom Kläger behaupteten Überstunden nicht ausreichend bestritten. Sie kann sich nicht darauf zurückziehen, der Kläger könne sich für die Erforderlichkeit von Überstunden nicht allein auf die sog. Meilensteine berufen und da niemand bei der P AG anwesend gewesen sei, könne sie seine Stundenaufstellungen nicht substantiiert bestreiten. Der Geschäftsführer der Beklagten D hat in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer ausdrücklich klargestellt, dass die Meilensteine zwischen den Beklagten und der P AG vereinbart waren. Vor dem Hintergrund der von der Beklagten für diese Meilensteine vorgenommenen Kalkulationen wäre es ihr möglich gewesen, die Behauptungen des Klägers zu seinen Arbeitszeiten im Abgleich mit den vereinbarten Meilensteinen konkret zu bestreiten und darzulegen, aus welchen Gründen die vom Kläger in Anspruch genommenen Zeiten nicht zutreffen können. Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen. Ihr Hinweis, der Abteilungsleiter der P AG R habe Überstunden nicht angeordnet, war vor dem Hintergrund, dass dieser arbeitsvertraglich nicht gegenüber dem Kläger weisungsbefugt war, unbehelflich. Insgesamt hat die Beklagte ihrer sekundären Behauptungslast nicht genügt und die Ausführungen des Klägers zu den geltend gemachten Überstunden gelten als zugestanden (§ 138 Abs. 2, 3 ZPO).

48

b) Der Kläger hat auch dargetan, dass die Beklagte die von ihm behaupteten Überstunden zumindest geduldet hat, ohne dass die Beklagte dies substantiiert in Abrede gestellt hätte. Die Duldung von Überstunden bedeutet, dass der Arbeitgeber in Kenntnis einer Überstundenleistung diese hinnimmt und keine Vorkehrungen trifft, die Leistung von Überstunden fürderhin zu unterbinden, er also nicht gegen die Leistung von Überstunden einschreitet, sie vielmehr weiterhin entgegennimmt (BAG 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 21 mwN, zitiert nach juris). Unstreitig hat die Beklagte monatlich die vom Kläger erstellten Arbeitszeitformulare unbeanstandet entgegen genommen und bis zur Vertragsumstellung gegenüber der P AG zur Abrechnung der geleisteten Stunden verwendet. Den vom Kläger im Rechtsstreit exemplarisch für die Gleittage 25. und 29. Mai 2012 betreffenden Email-Verkehr (Bl. 99 f. d. A.), ausweislich dessen der Geschäftsführer der Beklagten F vom Kläger beantragte „Gleittage“ bewilligt hat, hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt. Vor und nach Juli 2012 wurde dem Kläger für die zwischen den Parteien streitigen „Gleittage“, die der Kläger ebenfalls in die Saldierung seiner Aufstellung eingestellt hat, Vergütung geleistet. Das Arbeitsgericht geht vor diesem Hintergrund völlig zu Recht davon aus, dass die Beklagte sich auch für den Zeitraum ab Juli 2012 auf eine fehlende Anordnung der Überstunden nicht berufen kann. Die Berufungskammer macht sich die diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts zu Eigen und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Inwieweit die Beklagte angesichts der unstreitigen Handhabung der bezahlten „Gleittage“ in der Vergangenheit davon ausgehen kann, es habe keine „gelebte Praxis“ hinsichtlich der Vergütung von Mehrarbeit gegeben, erschloss sich der Kammer nicht. Gleiches gilt für ihr pauschales Bestreiten, es habe eine entsprechende Absprache des Klägers mit dem Geschäftsführer F hinsichtlich Erfassung und Übertrag von Gleitzeitstunden gegeben.

49

1.3. Nach alledem steht dem Kläger die geltend gemachte Überstundenvergütung zu. Gegen die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Unwirksamkeit der Abgeltungsklausel in § 6 AV wegen Intransparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, die sich die Berufungskammer ausdrücklich zu eigen macht (§ 69 Abs. 2 ArbGG) wendet sich die Berufung nicht.

50

2. Der Kläger kann von der Beklagten für das Jahr 2013 gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG, § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AV Urlaubsabgeltung für 10 Urlaubstage in rechnerisch unstreitiger Höhe von 2.299,20 Euro brutto verlangen. Hiervon ist das Arbeitsgericht mit zutreffenden Erwägungen ausgegangen. Die Berufungskammer macht sich die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu Eigen und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Auch die Angriffe der Berufung blieben erfolglos.

51

2.1. Die Beklagte hat entgegen der von ihr auch im Berufungsverfahren vertretenen Auffassung nicht dargelegt, dass sie den anteilig für 23 Tage bestehenden Urlaubsanspruch des Klägers für das Jahr 2013 gemäß § 362 Abs. 1 BGB in Höhe von mehr als 13 Urlaubstagen erfüllt hat. Nach eigenem Vortrag der Beklagten wurden dem Kläger (an zwischen den Parteien zuletzt bereits erstinstanzlich nicht mehr streitigen Tagen) insgesamt 13 Urlaubstage vom Urlaubsanspruch 2013 gewährt. Soweit der Kläger - ungeachtet der streitigen „Gleitzeittage“ - in 2013 unstreitig an vier weiteren Tagen Urlaub hatte, hat er vorgetragen, hierbei habe es sich um aus dem Jahr 2012 übertragene Urlaubstage gehandelt. Der Einwand der Beklagten, es werde bestritten, dass dem Kläger noch ein Anspruch auf übertragenen Urlaub zugestanden habe, weil dieser verfalle, wenn er nicht spätestens zum 31. März des Folgejahres geltend gemacht werde, genügte nicht, um von der Erfüllung weiterer Urlaubstage aus 2013 ausgehen zu können. Die Beklagte, die die grundsätzliche Übertragung von vier Tagen Urlaub aus 2012 nicht in Abrede stellt, hat - worauf das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen hat - nicht dargelegt, an welchen, nach dem 31. März 2013 liegenden Tagen sie dem Kläger über die unstreitigen 13 Urlaubstage hinaus Urlaub gewährt haben will, der wegen Verfalls des Alturlaubs nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG auf den Urlaubsanspruch 2013 anzurechnen gewesen wäre. Soweit sie sich auch im Berufungsverfahren ausschließlich auf die weiteren insgesamt 16 vom Kläger nach Auffassung der Beklagten eigenmächtig genommenen „Gleitzeittage“ berufen hat, hat das Arbeitsgericht in der Tatsache, dass der Kläger an den „Gleitzeittagen“ nicht gearbeitet hat, eine Erfüllung des Urlaubsanspruchs zutreffend nicht gesehen. Die Erfüllung eines Anspruchs auf Erholungsurlaub setzt voraus, dass der Arbeitnehmer im Voraus durch eine unwiderrufliche Freistellungserklärung des Arbeitgebers zu Erholungszwecken von seiner sonst bestehenden Arbeitspflicht befreit wird (BAG 16. Juli 2013 - 9 AZR 50/12 - Rn. 15; 19. Januar 2010 - 9 AZR 246/09 - Rn. 27; jeweils zitiert nach juris). Auch die Beklagte behauptet nicht, den Kläger an den streitigen „Gleitzeittagen“ durch einseitige empfangsbedürfte Willenserklärung zum Zwecke der Urlaubsgewährung freigestellt zu haben. Damit hat sie einen weitergehenden Urlaubsanspruch des Klägers auch dann nicht nach § 362 Abs. 1 BGB erfüllt, wenn der Kläger - wie sie meint - an den 16 „Gleitzeittagen“ unentschuldigt gefehlt hätte. Eine „automatische Anrechnung“ unerlaubter Fehltage auf Urlaubsansprüche, wie sie die Beklagte für zutreffend hält, erfolgt nicht.

52

2.2. Der Anspruch des Klägers ist auch nicht infolge Aufrechnung gemäß §§ 387, 389 BGB untergegangen, obwohl sich die Beklagte - wie bereits erstinstanzlich - hilfsweise auf die Aufrechnung mit einer behaupteten Lohnrückforderung wegen zu Unrecht in Anspruch genommener „Gleittage“ in Höhe von 3.678,72 Euro brutto gegen den geltend gemachten Urlaubsabgeltungsanspruch berufen hat.

53

a) Die Beklagte ist mit dem Aufrechnungseinwand nicht bereits ausgeschlossen, weil das Arbeitsgericht ihr die zur Aufrechnung gestellte Forderung nach § 322 Abs. 2 ZPO rechtskräftig aberkannt hätte. Zwar hat das Arbeitsgericht unter Bezug auf den in der Abrechnung für September 2013 von der Beklagten vorgenommenen Abzug entschieden, eine Berechtigung der Beklagten, das Gehalt des Klägers um 1.350,00 Euro wegen „zuviel genommenen Urlaubs“ zu kürzen, sei nicht ersichtlich. Mangels näherer Begründung zum Einbehalt durch die Beklagte ist jedoch bereits nicht ersichtlich, dass der vom Arbeitsgericht berücksichtigte, von der Beklagten in die Abrechnung September 2013 aufgenommene Betrag zumindest teilweise identisch ist mit dem von ihr zur Aufrechnung gestellten Lohnrückforderungsanspruch in Höhe von 3.678,72 Euro brutto. Es kann daher dahinstehen, ob das Arbeitsgericht die Zulässigkeit der Aufrechnung bewusst offen gelassen hat und bereits deshalb nicht rechtskräftig über die Gegenforderung entschieden wäre (vgl. BGH 25. Mai 1988 - VIII ZR 18/88 - Rn. 2 zitiert nach juris).

54

b) Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit einem behaupteten Rückforderungsanspruch wegen einer Lohnüberzahlung konnte jedoch keine Berücksichtigung finden und den auf einen Bruttobetrag gerichteten Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers nicht zum Erlöschen bringen, da sie unzulässig ist.

55

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Berufungskammer anschließt, kann der Arbeitgeber gegen Bruttolohnforderungen des Arbeitnehmers nicht mit Gegenansprüchen aufrechnen, es sei denn, die Höhe der Abzüge ist bekannt. Aufgerechnet werden kann nur gegen Nettolohnforderungen des Arbeitnehmers. Anderenfalls wäre nicht klar, in welcher Höhe das Gericht über die Gegenforderung entschieden hat. Nach § 322 Abs. 2 ZPO ist „die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig“. Der Umfang der Rechtskraft darf aber nicht unklar bleiben. Auch wenn die Klage aufgrund der Aufrechnung abgewiesen werden soll, muss feststehen, in welcher Höhe die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung erloschen ist (BAG 16. März 1994 - 5 AZR 411/02 - Rn. 43; 22. März 2000 - 4 AZR 120/99 - Rn. 12; 15. März 2005 - 9 AZR 502/03 - Rn. 54, jeweils zitiert nach juris). Erklärt der Arbeitgeber die Aufrechnung gegen eine Bruttoforderung, fehlt es insoweit an der Gegenseitigkeit der Forderungen (§ 387 BGB), als der Arbeitnehmer zwar Gläubiger der Bruttolohnforderung ist, sie sich jedoch hinsichtlich der auf die Gesamtsozialversicherungsbeiträge und die Steuer entfallenden Teile auf Zahlung an das Finanzamt und die Sozialversicherungsträger richtet(BAG 19. Februar 2004 - 6 AZR /02 - Rn. 28 unter Verweis auf BAG 07. März 2001 - GS 1/00 -, LAG Rheinland-Pfalz 15. März 2013 - 6 Sa 414/12 - Rn. 52, jeweils zitiert nach juris).

56

(2) In Anwendung dieser Grundsätze ist die von der Beklagten erklärte Aufrechnung unzulässig. Unabhängig davon, ob der Beklagten überhaupt ein Rückforderungsanspruch hinsichtlich der vom Kläger in Anspruch genommenen „Gleitzeittage“ zustünde, entzog sich die Höhe des Nettobetrags der Lohnforderung des Klägers der Kenntnis der angesichts des Beibringungsgrundsatzes zur Ermittlung des betreffenden Sachverhaltes nicht von Amts wegen verpflichteten Berufungskammer. An der Unzulässigkeit der Aufrechnung ändert sich vorliegend auch daran nichts, dass die Beklagte vorliegend die Aufrechnung mit einer von ihr geltend gemachten eigenen Bruttoforderung erklärt hat. Eine Aufrechnung eines überzahlten Bruttobetrages gegen anderweitige Bruttovergütungsansprüche des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ist nicht möglich. Dies ergibt sich bereits daraus, dass auch bei einer Aufrechnung brutto gegen brutto nicht sichergestellt ist, dass dem Arbeitnehmer tatsächlich der pfändungsfreie Betrag verbleibt, weil sich dieser nur aus dem Nettobetrag bestimmen lässt (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 21 Sa 866/13 Rn. 130 mwN, zitiert nach juris). Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass etwaige Ansprüche auf Rückzahlung von Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträgen nach § 38 Abs 2 EStG und § 26 Abs 3 SGB IV dem Arbeitnehmer zustehen(vgl. LAG Rheinland-Pfalz 26. Februar 2010 - 9 Sa 599/09 - Rn. 18 f. mwN, zitiert nach juris, Staudinger - Gursky (2011) BGB § 387 Rn. 57). Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber bei Überzahlung von Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträgen etwa deswegen, weil ein Entgeltanspruch des Arbeitnehmers in Wirklichkeit nicht bestand, die überzahlten Steuern und Beiträge nicht gegenüber dem Finanzamt oder den Sozialversicherungsträgen zurückverlangen kann. Zumindest ohne Einverständnis des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber derartige Überzahlungen nicht mit Lohnsteuern und Beitragszahlungen für andere Zeiträume verrechnen. Die Abgaben erfolgten auf eine bestimmte Entgeltzahlung in einem bestimmten Zeitraum. Hat der Arbeitgeber Entgelt für andere Zeitabschnitte zu entrichten, so muss er für dieses Entgelt erneut Lohnsteuer- und Versicherungsbeiträge abführen. Eine Verrechnung mit den für andere Zeiträume gezahlten Steuern und Beiträgen ist hierbei nicht möglich (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 26. Februar 2010 - 9 Sa 599/09 - Rn. 18, aaO). Auch eine Aufrechnung „brutto gegen brutto“, wie vorliegend von der Beklagten vorgenommen, scheidet daher aus.

57

c) Mangels Zulässigkeit der Aufrechnung kommt es darauf, dass der Beklagten der behauptete Gegenanspruch auf Lohnrückforderung ohnehin nicht zustehen dürfte, da der Kläger aus den unter 1. genannten Gründen auch nach der Vertragsumstellung ab Juli 2012 darauf vertrauen durfte, weiterhin entsprechend den Anforderungen des von ihm bei der P AG zu betreuenden Projektes Gleittage nehmen zu dürfen, nicht mehr entscheidungserheblich an.

58

3. Der Anspruch des Klägers auf Zinsen ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

59

B.  Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

60

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

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Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Az: 7 Ca 637/12 - vom 31.07.2012 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche der Klägerin für die Monate Februar, März und April 2012.

2

Die Klägerin wurde mit Wirkung zum 01. Februar 2002 neben ihrem Ehemann zur Geschäftsführerin der G. N. GmbH bestellt. Nach § 1 des zu Grunde liegenden Geschäftsführervertrags (Bl. 306 bis 308 d. A.) bestand ihr Aufgabengebiet in der kaufmännischen Geschäftsführung des Unternehmens. Zu ihrem Aufgabenbereich gehörte vereinbarungsgemäß die Allgemeine Verwaltung, die Überwachung Rechnungswesen, Materialwirtschaft und Vertrieb, Personalwesen, Controlling und die Unternehmensorganisation. Die Klägerin bezog für ihre Tätigkeit ein Jahresgehalt von 134.400,00 Euro brutto, zahlbar in zwölf gleichen Teilbeträgen à 11.200,00 Euro. Zudem beinhaltete der Geschäftsführervertrag eine Tantiemeregelung.

3

Zuletzt bestand das Geschäftsführerverhältnis der Klägerin mit der W. Z. GmbH als Rechtsnachfolgerin der G. N. GmbH. Alleinige Gesellschafterin der W. Z. GmbH ist die M. W. KG, deren Komplementärin die Klägerin und ihr Ehemann sind.

4

Mit Schreiben vom 25. April 2010 (Bl. 304 d. A.), zugegangen am 26. April 2010, kündigte die Klägerin den Geschäftsführervertrag gegenüber der W. Z. GmbH zum 31. Oktober 2010. Am 18. August 2010 schlossen die Klägerin und die W. Z. GmbH einen Anstellungsvertrag (Bl. 22 - 25 d. A., im Folgenden: AnstellungsV) über eine Tätigkeit der Klägerin als der Geschäftsführung direkt unterstellte Assistentin der Geschäftsleitung beginnend ab 01. November 2010. Die Aufgabenbeschreibung der Klägerin gemäß § 2 AnstellungsV umfasst die Gebiete Allgemeine Verwaltung, Überwachung Finanzbuchhaltung, Personalwesen und Organisation.Nach § 3 AnstellungsV erhielt die Klägerin ein Jahresbruttogehalt von 96.000,00 Euro, zahlbar in monatlichen Teilbeträgen à 8.000,00 Euro. Hinsichtlich der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall enthält § 8 AnstellungsV folgende Regelung:

5

㤠8 Urlaub und Krankheit

6

… Bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit wird das Festgehalt ab der 7. Woche weitergezahlt, jedoch unter Abzug des von der Krankenkasse oder eines anderen Sozialversicherungsträges gezahlten Betrages.

7

Die Fortzahlung der Bezüge erfolgt jedoch längstens bis zur Beendigung dieses Vertrages.“

8

Mit Schreiben vom 01. November 2010 (Bl. 305 d. A.) erklärte die Klägerin nochmals ausdrücklich, das Amt als Geschäftsführerin niederzulegen. Am 21. Juni 2011 wurde im Handelsregister eingetragen, dass die Klägerin nicht mehr Geschäftsführerin der W. Z. GmbH ist.

9

Am 01. Februar 2012 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Zweibrücken, Insolvenzgericht, Inso IN 00/00 über das Vermögen der W. Z. GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzschuldnerin bestellt. Am 09. März 2012 hat das Amtsgericht Bingen mit Beschluss vom gleichen Tag (Az.: 4 IN 00/00) über das Vermögen der M. W. KG das Insolvenzverfahren eröffnet und den Beklagten auch hier zum Insolvenzverwalter bestellt.

10

Der Beklagte kündigte das Anstellungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Insolvenzschuldnerin mit Schreiben vom 21. März 2012 zum 30. Juni 2012. Er zahlte an die Klägerin, die in den Monaten Februar bis April 2012 arbeitsunfähig erkrankt war, für die Monate Februar und März 2012 Vergütung in Höhe von jeweils 500,00 EUR brutto und für den Monat April 2012 400,00 EUR brutto. Eine außergerichtliche Geltendmachung weiterer Vergütung für die Monate Februar und März 2012 mit Schreiben vom 16. März 2012 (Bl. 26 d. A.) durch die Klägerin gegenüber dem Beklagten blieb erfolglos.

11

Mit ihrer am 27. April 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Zahlungsklage begehrte die Klägerin für die Monate Februar, März und April 2012 zunächst die Zahlung von 23.500,00 EUR brutto. Im Kammertermin vom 31. Juli 2012 vor dem Arbeitsgericht hat sie ihre Klage in Höhe von 900,00 EUR brutto zurückgenommen.

12

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 12. Juni 2012 hilfsweise gegen die von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsansprüche die Aufrechnung erklärt mit einem Anspruch aus Geschäftsführerhaftung nach § 64 Satz 1 GmbHG gegen die Klägerin, weil diese allein im April 2011 Zahlungen der Insolvenzschuldnerin in Gesamthöhe von über 180.000,00 Euro geleistet oder nicht verhindert habe, obgleich bereits Zahlungsunfähigkeit vorgelegen habe.

13

Die Klägerin hat erstinstanzlich - im Wesentlichen - vorgetragen, ihr stehe für die Monate Februar 2012 bis April 2012 ein Vergütungsanspruch von je 8.000,00 Euro brutto abzüglich des jeweils vom Beklagten geleisteten Teilbetrags von 500,00 Euro brutto (Februar und März 2012) bzw. 400,00 Euro brutto (April 2012), insgesamt demnach ein Betrag von 22.600,00 Euro brutto zu. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei ihr Vergütungsanspruch nicht aufgrund einer bestehenden Treuepflicht als Geschäftsführerin entfallen bzw. zu reduzieren. Sie sei zuletzt als Assistentin der Geschäftsführung und gerade nicht als Geschäftsführerin für die Insolvenzschuldnerin tätig gewesen. Eine Änderungskündigung habe der Beklagte nicht ausgesprochen. Sie habe mit der Beendigung des Geschäftsführervertrages auch nicht einer Haftung als Geschäftsführerin entgehen wollen. Vielmehr habe sie sich als Geschäftsführerin zurückgezogen, weil ihre damals seit fünf Jahren schwer erkrankte einzige Tochter von der Schulmedizin als unheilbar aufgegeben worden sei und sie sich außer Stande gesehen habe, gleichzeitig sowohl ein Unternehmen mit zu leiten als auch bestmögliche alternative Behandlungsmöglichkeiten für ihre Tochter zu finden und dieser beizustehen. Der hilfsweise vom Beklagten zur Aufrechnung gestellte Anspruch auf Ersatz der im Monat April 2011 von der Insolvenzschuldnerin geleisteten Zahlungen nach § 64 S. 1 GmbHG stehe dem Beklagten nicht zu, da sie bereits seit 01. November 2010 nicht mehr Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin gewesen sei. Da dies der Insolvenzschuldnerin bekannt gewesen sei, könne weder sie, noch der Beklagte sich auf die verspätete Eintragung der Tatsache im Handelsregister erst am 21. Juni 2011 berufen. Im Übrigen lägen auch die weiteren Voraussetzungen einer Haftung nach § 64 S. 1 GmbHG nicht vor. Da der Beklagte ausschließlich „Insolvenzreife“ in den ersten Quartalen 2011 behaupte, habe er bereits nicht schlüssig dargelegt, dass die Insolvenzschuldnerin vor dem 01. November 2010 zahlungsunfähig oder überschuldet gewesen sei; allein eventuelle Jahresfehlbeträge aus den Jahresabschlüssen zum Bilanzstichtag seien hierzu jedenfalls nicht geeignet.

14

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

15

den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 22.600,00 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.500,00 EUR ab dem 01.03.2012, aus weiteren 7.500,00 EUR ab dem 01.04.2012 sowie aus weiteren 7.600,00 EUR ab dem 02.05.2012 zu zahlen.

16

Der Beklagte hat beantragt

17

die Klage abzuweisen.

18

Er hat erstinstanzlich - im Wesentlichen - vorgetragen, der Klägerin stünden für die Monate Februar bis April 2012 keine Vergütungsansprüche zu. Sie habe aufgrund ihrer Treuepflicht für die Monate Februar bis April 2012 keine Vergütungsansprüche aus dem Anstellungsvertrag vom 18. August 2010. Die Klägerin sei zwar zuletzt nur Assistentin der Geschäftsführung gewesen, habe aber in dieser Funktion nahezu die gleichen Tätigkeiten wie zuvor während ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin verrichtet. Durch ihren Rückzug als Geschäftsführerin habe die Klägerin lediglich einer Haftung als Geschäftsführerin entgehen wollen. Schließlich sei die Insolvenzschuldnerin bereits in den ersten Quartalen des Jahres 2011 insolvenzreif und damit die Klägerin zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet gewesen. Zum Zeitpunkt des Austritts der Klägerin als Geschäftsführerin am 21. Juni 2011 hätten gegenüber der Insolvenzschuldnerin ausweislich eines Auszugs aus der Insolvenztabelle - ohne Zinsen, Vollstreckungskosten und bestrittene Forderungen - Forderungen in Höhe von 465.374,09 Euro bestanden; auch aus dem Jahresabschluss 2010 sei die marode finanzielle Situation ersichtlich, da sich zum Bilanzstichtag 2010 ein Jahresfehlbetrag von 605.119,13 Euro ergeben habe. Dieser negative Trend habe sich zunehmend verschärft, so dass ausweislich des Zwischenberichts vom 31. Oktober 2011 habe ein Jahresfehlbetrag von 268.741,68 Euro verzeichnet werden müssen und ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 35.028,39 Euro bestanden. Somit sei die Insolvenzschuldnerin im letzten Quartal 2011 bilanziell überschuldet gewesen. Die Klägerin habe für die Monate Februar bis April 2012 höchstens einen verringerten Vergütungsanspruch in Höhe von 500,00 EUR brutto. Für den Fall, dass der Klägerin Vergütungsansprüche für die Monate Februar bis April 2012 zustünden, seien sie zudem jedenfalls infolge der erklärten Aufrechnung mit Ansprüchen gegen die Klägerin auf Ersatz der im Monat April 2011 von der Insolvenzschuldnerin geleisteten bzw. nicht von der Klägerin verhinderten Zahlungen in Höhe von 180.518,62 Euro nach § 64 S. 1 GmbHG untergegangen. Obwohl die Insolvenzschuldnerin jedenfalls im April 2011 bereits zahlungsunfähig gewesen sei und zu diesem Zeitpunkt auch keine Sanierungschancen bestanden hätten, habe die Klägerin im April 2011 im einzelnen dargelegte Zahlungen in einer Gesamthöhe von 180.518,62 EUR geleistet bzw. Zahlungen in dieser Höhe nicht verhindert. Diese Zahlungen seien auch nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar gewesen.

19

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat der Klage mit Urteil vom 31. Juli 2012 (Bl. 317 - 330 d. A.), auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, entsprochen und zur Begründung angeführt, der Klägerin stehe der geltend gemachte Vergütungsanspruch für die Monate Februar, März und April 2012 in zuletzt geltend gemachter Höhe nach § 3 EntgeltfortzahlungsG iVm. §§ 3, 8 AnstellungsV zu, da die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und sie Leistungen der Krankenkasse bzw. eines sonstigen Sozialversicherungsträgers nicht erhalten habe. Der Anspruch sei nicht nach § 313 Abs. 1 BGB wegen Störung oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage und auch nicht aufgrund einer fortwirkenden gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der Klägerin entfallen bzw. anzupassen. Der Vergütungsanspruch sei auch nicht durch Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen. Dem Beklagten stehe der - gemäß § 2 Abs. 3 ArbGG der Entscheidung des Arbeitsgerichts unterliegende - Anspruch auf Ersatz der im Monat April 2011 von der Insolvenzschuldnerin geleisteten Zahlungen nach § 64 Satz 1 GmbHG nicht zu, da die Klägerin im April 2011 weder bestellte, noch faktische Geschäftsführerin gewesen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 324 ff. d. A. Bezug genommen.

20

Der Beklagte hat gegen das ihm am 17. August 2012 zugestellte Urteil mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 11. September 2012 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung aufgrund Beschlusses vom 18. Oktober 2012 bis 24. Oktober 2012 mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2012, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, begründet.

21

Der Insolvenzverwalter der M. W. KG hat an den Beklagten gemäß Abtretungserklärung vom 27. September 2012 (Anlage 6 zum Beklagtenschriftsatz vom 28. September 2012 (Bl. 356 ff. d. A.), Anlagen in Aktendeckel) Forderungen abgetreten aufgrund persönlicher Haftung der Klägerin als Komplementärin bis zur Höhe des vom Arbeitsgericht tenorierten Anspruchs in Gemäßheit der der laufenden Nummernfolge festgestellter Forderungen der Gläubigerliste gemäß Anlage 5 zum Beklagtenschriftsatz vom 28. September 2012. Im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens vor dem Landesarbeitsgericht hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 28. September 2012 gegenüber den streitgegenständlichen Vergütungsansprüchen die Aufrechnung erklärt mit den der Abtretungserklärung vom 27. September 2012 zu Grunde liegenden Ansprüchen.

22

Im Rahmen der Berufungsbegründung vom 24. Oktober 2012 hat der Beklagte zudem hinsichtlich der streitgegenständlichen Ansprüche Aufrechnung erklärt mit einem weiteren Anspruch gegen die Klägerin aus Geschäftsführerhaftung nach § 64 Satz 1 GmbHG, weil von ihr im Zeitraum vom 21. bis 24. Oktober 2010 veranlasste Zahlungen der Insolvenzschuldnerin in Gesamthöhe von über 28.757,60 Euro trotz deren Zahlungsunfähigkeit respektive Überschuldung erfolgt seien.

23

Der Beklagte macht mit der Berufungsbegründung, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 406 ff. d. A.), im Wesentlichen geltend, die nach §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO zugrunde zulegenden Tatsachen rechtfertigten eine andere Entscheidung. Die Klägerin hafte für die noch während ihrer Zeit als Geschäftsführerin im Oktober 2010 veranlassten Zahlungen, da die Insolvenzschuldnerin zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens - wie der Jahresfehlbetrag von 605.119,13 Euro für den Jahresabschluss 2010 zeige - bereits überschuldet gewesen sei. Mit Schriftsatz vom 08. März 2013 (Bl. 473 ff. d. A.), auf den ergänzend verwiesen wird, trägt der Beklagte vor, im Zeitraum vom 10. Februar 2009 bis 03. Oktober 2010 seien bereits Forderungen gegenüber der Insolvenzschuldnerin über 466.658,68 Euro fällig gestellt worden. Unter Berücksichtigung der Kontokorrentsalden aller Geschäftskonten habe zum 04. Oktober 2010 eine Unterdeckung von - 3.049.177,93 Euro vorgelegen, zum 20. Oktober 2010 eine Unterdeckung von - 2.935,143,01 Euro. Gleichwohl habe die Klägerin im Zeitraum vom 20. Oktober bis 24. Oktober 2010 bei unverändert offenen Verbindlichkeiten Zahlungen in Höhe von insgesamt 37.092,96 Euro aus einer Liquidität nach einer Gutschrift der S. GmbH ausgeführt. Die eingewendeten Forderungen seien im Berufungsverfahren zuzulassen, da das Arbeitsgericht erst im Kammertermin darauf hingewiesen habe, dass nicht auf den Zeitpunkt der Löschung der Klägerin im Handelsregister, sondern auf Ende Oktober 2010 abzustellen sei und einen erbetenen Schriftsatznachlass zur Bezifferung der Forderungen, die vor diesem Zeitpunkt entstanden seien, nicht gewährt habe. Auch die Einführung der weiter erklärten Aufrechnung mit der am 27. September 2012 abgetretenen Forderung im Berufungsverfahren sei zulässig, da die Voraussetzungen erst nach Schluss der ersten Instanz geschaffen worden seien.

24

Der Beklagte beantragt:

25

Das am 31. Juli 2012 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Az.: 7 Ca 637/12 - wird aufgehoben.

26

Die Klage wird abgewiesen.

27

Die Klägerin beantragt,

28

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

29

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 29. November 2012, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 453 ff. d. A.) und trägt im Wesentlichen vor,
die Aufrechnungserklärung des Beklagten im Berufungsverfahren sei nicht zulässig, da sie - die Klägerin - ausdrücklich nicht einwillige und die Aufrechnungserklärung auch nicht sachdienlich sei, weil völlig neuer Prozessstoff in das Verfahren eingeführt und so der Rechtsstreit verzögert werde; zumindest handele es sich um neue Tatsachen, deren Berücksichtigung nach § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht zulässig sei. Im Übrigen bestehe auch keine Aufrechnungslage. Ein Anspruch aus Geschäftsführerhaftung sei auch hinsichtlich der im Berufungsverfahren vom Beklagten angeführten Zahlungen nicht gegeben. Im Oktober 2010 habe weder Zahlungsunfähigkeit, noch Überschuldung vorgelegen. Ein Liquiditätsstatus sei vom Beklagten nicht vorgelegt worden und allein der behauptete Jahresfehlbetrag 2010 genüge - gerade angesichts der unstreitig im Jahr 2009 entstandenen Investitionskosten von rund 3,5 Millionen Euro - nicht, um die Zahlungsunfähigkeit zu belegen. Auch könne in Ermangelung einer Überschuldungsbilanz von Überschuldung Ende Oktober 2010 nicht ausgegangen werden, zumal der Beklagte sich schriftsätzlich auf eine bilanzielle Überschuldung im letzten Quartal 2011 berufen habe. Im Übrigen sei die Fortführungsprognose positiv gewesen, da der Betrieb immerhin noch weitere 1,5 Jahre fortgeführt worden sei. Auch aus abgetretenem Recht stehe dem Beklagten kein zur Aufrechnung geeigneter Anspruch zu. Unabhängig davon, dass § 93 InsO ein Abtretungsverbot gebiete, seien allein die Forderungsgläubiger der M. W. KG - und nicht der Beklagte - zur Geltendmachung und damit auch zur Abtretung der Ansprüche aus persönlicher Haftung berechtigt.

30

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes des zweitinstanzlichen Verfahrens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 15. März 2013 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

31

Die zulässige Berufung des Beklagten ist in der Sache nicht erfolgreich.

I.

32

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe b ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 17. August 2012 mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 11. September 2012 form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) und nach Fristverlängerung aufgrund Beschlusses vom 18. Oktober 2012 bis 24. Oktober 2012 mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2012, eingegangen am gleichen Tag, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO). Die Begründung setzt sich in hinreichender Weise mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinander (§ 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO).

II.

33

Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage mit zutreffenden Erwägungen entsprochen. Auch die vom Beklagten im Berufungsverfahren erklärte Aufrechnung führt zu keinem anderen Ergebnis.

34

1. Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für einen Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall der Klägerin für die Monate Februar bis April 2012 vorliegen, der Anspruch weder nach § 313 BGB, noch aufgrund einer fortwirkenden gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der Klägerin anzupassen oder entfallen und auch nicht infolge der vom Beklagten erstinstanzlich erklärten Aufrechnung mit einem Anspruch aus Geschäftsführerhaftung nach § 64 Satz 1 GmbHG für im April 2011 veranlasste Zahlungen der Insolvenzschuldnerin untergegangen ist.

35

1.1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten als W. Z. GmbH für die Monate Februar, März und April 2012 einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach §§ 8, 3 AnstellungsV iVm mit § 3 EntgeltfortzahlungsG in Höhe von insgesamt 22.600,00 Euro brutto, sich zusammensetzend aus 8.000,00 Euro brutto monatlich abzüglich jeweils für die Monate Februar und März 2012 gezahlter 500,00 Euro brutto und für den Monat April 2012 gezahlter 400,00 Euro brutto. Da die Klägerin nach den im Berufungsverfahren nicht angegriffenen Feststellungen des Arbeitsgerichts von Februar bis April 2012 arbeitsunfähig erkrankt war, steht ihr die in § 3 AnstellungsV vereinbarte Vergütung von 8.000,00 Euro brutto pro Monat für den streitgegenständlichen Zeitraum als Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu. Für die ersten sechs Wochen der Erkrankung ergibt sich der Anspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 1 EntgeltfortzahlungsG, ab der 7. Woche besteht der Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 AnstellungsV. Dass vorübergehende Arbeitsunfähigkeit im Sinne der vertraglichen Vereinbarung bestand und Beträge seitens der Krankenkasse oder eines anderen Sozialversicherungsträgers nicht gezahlt wurden, hat der Beklagte nicht in Abrede gestellt.

36

1.2. Der Vergütungsanspruch der Klägerin ist weder nach § 313 Abs. 1 BGB, noch aufgrund einer fortwirkenden gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der Klägerin anzupassen oder gar entfallen. Einwendungen gegen die Ausführungen des Arbeitsgerichts diesbezüglich macht der Beklagte mit seiner Berufung nicht geltend. Ungeachtet dessen erweist sich die Entscheidung des Arbeitsgerichts als zutreffend.

37

a) Eine Anpassung oder ein Entfallen des von den Parteien im AnstellungsV vereinbarten Vergütungsanspruchs unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) kommt nicht in Betracht. Die Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage ist grundsätzlich kein selbständiger Grund für die Beendigung oder Änderung eines Arbeitsverhältnisses. Die Notwendigkeit, einen Arbeitsvertrag an veränderte Verhältnisse anzupassen, kann zwar ein Anlass für eine Änderungskündigung sein (soweit diese an sich zulässig ist), ersetzt diese aber nicht (BAG 29. August 1981 - 2 AZR 778/78 - Rn. 32, zitiert nach juris). Das Kündigungsrecht ist gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB lex specialis(BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 126/05 - Rn. 29, zitiert nach juris). Der Arbeitgeber hat sich grundsätzlich der Möglichkeit der Änderungskündigung zu bedienen, in deren Rahmen die Tatbestände zu würdigen sind, welche für den Wegfall der Geschäftsgrundlage herangezogen werden können (KR- Rost/Kreft 10. Auflage § 2 KSchG Rn. 54k). Eine Änderungskündigung hat der Beklagte - unabhängig davon, ob eine solche wirksam gewesen wäre - vorliegend nicht ausgesprochen.

38

b) Der Anspruch der Klägerin auf Entgeltfortzahlung für die Monate Februar bis April 2012 unterliegt auch nicht wegen einer fortwirkenden gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der Klägerin der Anpassung oder dem Wegfall. Selbst wenn man davon ausgeht, dass ein Organmitglied bei Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft in wesentlichem Maße aufgrund der von ihm als solchem geschuldeten Treuepflicht gehalten ist, einer Herabsetzung seiner Bezüge zuzustimmen und dies im Grundsatz auch für Geschäftsführer einer GmbH unabhängig davon gilt, ob und in welchem Umfang sie an der Gesellschaft beteiligt sind (vgl. BGH 15. Juni 1992 - II ZR 88/91 - Rn. 16 zitiert nach juris), bringt dies die Ansprüche der Klägerin nicht zu Fall. Die Klägerin beansprucht für die Monate Februar bis April 2012 keine Geschäftsführervergütung aus dem bereits zum 31. Oktober 2010 beendeten Geschäftsführervertrag, sondern verlangt Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall aus ihrem kraft AnstellungsV vom 18. August 2010 bestehenden Arbeitsverhältnis als Assistentin der Geschäftsführung. Die Klägerin ist an der Geltendmachung ihrer arbeitsvertraglichen Rechte auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) gehindert. Zwar ist die Ausübung eines Rechts regelmäßig rechtsmissbräuchlich, wenn der Berechtigte es durch gesetzes-, sitten- oder vertragswidriges Verhalten erworben hat (BGH 26. November 2004 - V ZR 90/04 - Rn. 25; MünchKomm-BGB - Roth/Schubert 6. Auflage 2012 - § 242 Rn. 241 ff.). Anhaltspunkte für ein derartiges Verhalten der Klägerin sind jedoch nicht ersichtlich. Der Beklagte hat den klägerischen Vortrag nicht in Abrede gestellt, dass die bereits im April 2010 gegenüber der Insolvenzschuldnerin erklärte Kündigung des Geschäftsführervertrages durch die Klägerin zum 31. Oktober 2010 vor dem Hintergrund der erforderlichen Betreuung der schwer erkrankten Tochter der Klägerin erfolgt ist. Dass der Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit der Klägerin als Assistentin der Geschäftsführung vom 18. August 2010 zum Zwecke der Umgehung gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten geschlossen worden wäre, war daher nicht erkennbar.

39

1.3. Der streitgegenständliche Anspruch ist nicht gemäß §§ 389, 387 ff. BGB infolge der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 12. Juni 2012 hilfsweise erklärte Aufrechnung untergegangen. Die Berufung verhält sich zur Frage der erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 12. Juni 2012 erklärten Aufrechnung nicht, insbesondere tritt sie den insoweit zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts nicht entgegen, die Klägerin hafte nicht gemäß § 64 Satz 1 GmbHG für die im April 2011 veranlassten bzw. nicht verhinderten Zahlungen der Insolvenzschuldnerin, da die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr Geschäftsführerin gewesen sei und der Beklagte sich - ebenso wie die Insolvenzschuldnerin - nach der der Insolvenzschuldnerin am 26. April 2010 zugegangenen Kündigung des Geschäftsführervertrags vom 25. April 2010 zum 31. Oktober 2010, nicht auf die Publizität des Handelsregisters (§ 15 Abs. 1 HGB) berufen könne.

40

2. Auch die vom Beklagten erst im Berufungsrechtszug erklärte Aufrechnung mit weiteren Gegenforderungen gegen die Klägerin aus persönlicher Haftung als Komplementärin der M. W. KG und aus Geschäftsführerhaftung nach § 64 Satz 1 GmbHG wegen von ihr im Oktober 2010 veranlasster oder nicht verhinderter Zahlungen der Insolvenzschuldnerin haben die Klageforderung nicht gemäß §§ 389, 387 ff. BGB zum Erlöschen gebracht. Die Aufrechnung konnte keine Berücksichtigung finden, da zwar die prozessualen Voraussetzungen dafür nach den §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 533 ZPO vorlagen, die erklärte Aufrechnung jedoch unzulässig ist.

41

2.1. Wird erstmals in der Berufungsinstanz eine Aufrechnung erklärt, ist dies nach §§ 64 Abs. 4 ArbGG, 533 ZPO nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält (Nr. 1) und die Aufrechnung auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (Nr. 2). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

42

(a) Zwar hat die Klägerin ihre Einwilligung zu Berücksichtigung der vom Beklagten im Berufungsverfahren erklärten Aufrechnung mit einem weiteren Anspruch aus Geschäftsführerhaftung nach § 64 Satz 1 GmbHG und Ansprüchen aus persönlicher Haftung der Klägerin als Komplementärin der M. W. KG aus abgetretenem Recht ausdrücklich verweigert. Die Aufrechnung war jedoch iSd § 533 Nr. 1 ZPO sachdienlich. Der Begriff der Sachdienlichkeit ist vornehmlich unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu betrachten (Germelmann-Germelmann, ArbGG, 7. Aufl., § 64 Rn 91, 91). Die Sachdienlichkeit ist dabei nur ausnahmsweise zu verneinen (Zöller-Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 533 Rn 6). Im Hinblick darauf, dass unter der Flagge der Klageänderung im zweiten Rechtszug ohnehin kein neuer Prozessstoff eingeführt werden kann, ist die Sachdienlichkeit nicht kleinlich zu beurteilen und im Sinne der doppelten Nutzung des Streitstoffs immer schon dann zu bejahen, wenn damit bei objektiver Betrachtung der Streit zwischen den Parteien endgültig erledigt und einem weiteren Prozess vorgebeugt wird (MünchKomm-ZPO - Rimmelspacher 4. Aufl. 2012 § 533 Rn. 13). Hiervon ist vorliegend auszugehen, da bei einer Entscheidung auch über die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen ein weiterer Rechtsstreit zwischen den Parteien insoweit nicht zu erwarten stünde.

43

b) Die Einführung der Aufrechnung mit den weiteren Gegenforderungen erstmals im laufenden Berufungsverfahren scheitert auch nicht an der Regelung des § 533 Nr. 2 ZPO, wonach eine Aufrechnungserklärung nur dann berücksichtigt werden kann, wenn diese auf Tatsachen gestützt wird, die das Berufungsgericht im Rahmen seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zu berücksichtigen hat.

44

(1) Soweit der Beklagte die Aufrechnung erklärt hat mit abgetretenen Ansprüchen aus persönlicher Haftung der Klägerin als Komplementärin der M. W. KG, liegen der Beurteilung der behaupteten Forderung zwar neue Tatsachen zu Grunde, diese sind jedoch gemäß §§ 533 Nr. 2, 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO berücksichtigungsfähig, da der Beklagte die Geltendmachung der Forderung im ersten Rechtszug nicht aus Nachlässigkeit unterlassen hat. Sind Angriffs- und Verteidigungsmittel erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Vorinstanz entstanden, so konnte keine Partei sie im ersten Rechtszug einführen und ihre unterlassene Geltendmachung im ersten Rechtszug beruht von Hause aus nicht auf einer Nachlässigkeit iSd. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO(vgl. MünchKomm-ZPO - Rimmelspacher 4. Aufl. 2012 § 531 Rn. 25). Stützt der Beklagte eine Einwendung gegen den Klageanspruch auf eine Rechtsposition, die er im Wege der Abtretung erworben hat, so ist das entsprechende Verteidigungsmittel erst mit dem Erwerb der Rechtsposition entstanden; hierbei ist unerheblich, ob das nachträglich entstandene Angriffs- oder Verteidigungsmittel schon vorher hätte geschaffen werden können (BGH 17. Mai 2011 - X ZR 77/10 - Rn. 13 f. zitiert nach juris). Da die Abtretungserklärung, auf die sich der Beklagte hinsichtlich der Ansprüche gegen die Klägerin aus persönlicher Haftung als Komplementärin der M. W. KG beruft - unabhängig von ihrer von der Klägerin in Abrede gestellten Wirksamkeit - vom 27. September 2012 datiert, sind die Voraussetzungen des nunmehr geltend gemachten Rechts erst nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung vom 31. Juli 2012 entstanden. Die Einführung der Forderung im Wege der Aufrechung erst im Berufungsverfahren war daher zulässig.

45

(2) Auch der vom Beklagten im Rahmen der Berufungsbegründung vom 24. Oktober 2012 erklärten Aufrechnung mit einem weiteren Anspruch gegen die Klägerin aus Geschäftsführerhaftung nach § 64 Satz 1 GmbHG wegen von ihr im Zeitraum vom (zuletzt geltend gemachten) 20. bis 24. Oktober 2010 veranlasste Zahlungen der Insolvenzschuldnerin liegt Streitstoff zu Grunde, mit dem sich das Berufungsgericht auch ohne die Aufrechnungserklärung hätte beschäftigen müssen. Der Beklagte hat unter dem Gesichtspunkt einer fortwirkenden gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der Klägerin als Geschäftsführerin bereits den Bestand der Klageforderung in Abrede gestellt und unter Berufung auf einen Jahresfehlbetrag von 605.119,13 Euro zum Bilanzstichtag 2010 geltend gemacht, diese habe durch ihren Rückzug als Geschäftsführerin lediglich einer Haftung als Geschäftsführerin entgehen wollen. Auch wenn dieser Vortrag für die Klageforderung als solche aus den dargestellten Gründen materiellrechtlich unbeachtlich war, stützt der Beklagte die nunmehr unter konkreter Darlegung einzelner - von der Klägerin nicht in Abrede gestellter Zahlungen - zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung daher im Wesentlichen auf dieselben Tatsachen, die der Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin zu Grunde zu legen waren.

46

2.2. Ungeachtet des Vorliegens der formalen Voraussetzungen des § 533 ZPO für die Berücksichtigung einer Aufrechnung im Rahmen des zweitinstanzlichen Verfahrens scheitert die Aufrechnung des Beklagten jedoch, weil sie unzulässig ist.

47

a) Der Beklagte stützt sich bei seiner im Berufungsverfahren erklärten Aufrechnung auf behauptete rechtswegfremde Gegenforderungen. Sowohl die behauptete Forderung gegen die Klägerin aus persönlicher Haftung als Komplementärin der M. W. KG, als auch die behauptete Forderung aus Geschäftsführerhaftung nach § 64 Satz 1 GmbHG wegen von ihr als Geschäftsführerin im Oktober 2010 veranlasster oder nicht verhinderter Zahlungen der Insolvenzschuldnerin haben ihren Ursprung nicht im zwischen der Klägerin und der Insolvenzschuldnerin bestandenen Arbeitsverhältnis kraft AnstellungsV vom 18. August 2010. Würde der Beklagte die Forderungen im Klagewege geltend machen, läge eine die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen begründende bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) ArbGG daher nicht vor.

48

b) Die Berufungskammer war zur Entscheidung über die Zulässigkeit der vom Beklagten mit rechtswegfremden Forderungen erklärten Aufrechnung befugt.

49

(1) Gemäß § 17 Abs. 2 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Die Aufrechnung ist kein rechtlicher Gesichtspunkt iSv. § 17 Abs. 2 GVG, sondern ein selbstständiges Gegenrecht, das dem durch die Klage bestimmten Streitgegenstand einen weiteren selbstständigen Gegenstand hinzufügt. Die Gerichte für Arbeitssachen können deshalb über die Begründetheit der Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Gegenforderung nicht selbst entscheiden (BAG 28. November 2007 - 5 AB 44/07 - Rn. 7; 23. August 2001 - 5 AZB 3/01 - Rn. 8, jeweils zitiert nach juris). Eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für die Entscheidung über die Wirkung einer Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Gegenforderung ist ohne weiteres zu bejahen, wenn die Gegenforderung als Zusammenhangsklage nach § 2 Abs. 3 ArbGG vor die Arbeitsgerichte gebracht werden könnte, weil sie in einem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang zur arbeitsrechtlichen Klageforderung steht(Germelmann - Matthes/Schlewing ArbGG 7. Aufl. § 2 Rn. 144). Die Gerichte für Arbeitssachen sind für den Rechtsstreit im Übrigen zuständig, soweit nicht mit Rechtskraftwirkung über die Gegenforderung zu entscheiden ist (§ 322 Abs. 2 ZPO). Das Arbeitsgericht hat auch die Zulässigkeit der Aufrechnung zu prüfen, weil es insoweit nicht auf das Bestehen der Gegenforderung ankommt (BAG 28. November 2007 - 5 AZB 44/07 - Rn. 12, zitiert nach juris; Germelmann - Matthes/Schlewing ArbGG aaO § 2 Rn. 146).

50

(2) Ausgehend hiervon war die Kammer zur Entscheidung über die Zulässigkeit der Aufrechnung berufen. Ob die Voraussetzungen einer Zusammenhangsklage nach § 2 Abs. 3 ArbGG in Form eines engen rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen der Klageforderung und den Gegenforderungen gegeben sind, die dem Gericht auch eine Entscheidung über das Bestehen der streitigen Forderungen in der Sache ermöglich hätte, kann dahinstehen.

51

c) Die vom Beklagten gegen den Bruttolohnanspruch der Klägerin erklärte Aufrechnung ist nicht zulässig.

52

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitgeber gegen Bruttolohnforderungen des Arbeitnehmers nicht mit Gegenansprüchen aufrechnen, es sei denn, die Höhe der Abzüge ist bekannt. Aufgerechnet werden kann nur gegen Nettolohnforderungen des Arbeitnehmers. Anderenfalls wäre nicht klar, in welcher Höhe das Gericht über die Gegenforderung entschieden hat. Nach § 322 Abs. 2 ZPO ist „die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig“. Der Umfang der Rechtskraft darf aber nicht unklar bleiben. Auch wenn die Klage aufgrund der Aufrechnung abgewiesen werden soll, muss feststehen, in welcher Höhe die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung erloschen ist (BAG 16. März 1994 - 5 AZR 411/02 - Rn. 43; 22. März 2000 - 4 AZR 120/99 - Rn. 12; 15. März 2005 - 9 AZR 502/03 - Rn. 54, jeweils zitiert nach juris). Erklärt der Arbeitgeber die Aufrechnung gegen eine Bruttoforderung, fehlt es insoweit an der Gegenseitigkeit der Forderungen (§ 387 ZPO), als der Arbeitnehmer zwar Gläubiger der Bruttolohnforderung ist, sie sich jedoch hinsichtlich der auf die Gesamtsozialversicherungsbeiträge und die Steuer entfallenden Teile auf Zahlung an das Finanzamt und die Sozialversicherungsträger richtet(BAG 19. Februar 2004 - 6 AZR /02 - Rn. 28 unter Verweis auf BAG 07. März 2001 - GS 1/00 -, jeweils zitiert nach juris).

53

(2) Ausgehend hiervon erweist sich die vom Beklagten gegen die Bruttolohnforderung der Klägerin erklärte Aufrechnung hinsichtlich beider im Berufungsrechtszug eingeführter Gegenforderungen als unzulässig. Zwar hätte der Beklagte mit den behaupteten Gegenforderungen gegen den Nettobetrag der Vergütungsdifferenzen an sich aufrechnen können. Er ist jedoch entsprechenden Vortrag, auf welche Vergütungsdifferenzen die Klägerin nach Abzug der Steuern und Sozialversicherungsabgaben Anspruch hat, auch nach gerichtlichem Hinweis vom 10. Januar 2013 auf die fehlende Gegenseitigkeit nach § 387 BGB bei der Aufrechnung des Arbeitgebers gegen Bruttolohnforderungen des Arbeitnehmers schuldig geblieben. Damit entzog sich der genaue Nettobetrag der Lohnforderung der Kenntnis der angesichts des Beibringungsgrundsatzes zur Ermittlung des betreffenden Sachverhaltes nicht von Amts wegen verpflichteten Berufungskammer.

54

(3) Angesichts der Unzulässigkeit der Aufrechnung des Beklagten gegen eine Bruttolohnforderung war der Klage ohne Rücksicht auf den möglichen Bestand der Gegenforderungen zu entsprechen. Dass der Beklagte trotz gerichtlichen Hinweises zudem nicht vorgetragen hat, inwieweit seine Aufrechnung gegen die Arbeitsentgeltforderung der Klägerin dem Aufrechnungsverbot des § 394 BGB iVm. §§ 850 ff. ZPO Rechnung trägt, obwohl ihm insoweit die Darlegungslast obliegt und das Gericht nicht zu Ermittlungen von Amts wegen verpflichtet ist (vgl. BAG 05. Dezember 2002 -6 AZR 569/01 - Rn. 16 -; LAG Düsseldorf 02. Juni 2004 - 12 Sa 361/04 - Rn. 9; jeweils zitiert nach juris) konnte dahinstehen.

55

3. Der Klägerin stehen die ihr auf den zuerkannten Betrag geltend gemachten Zinsen unter dem Gesichtspunkt des Verzuges nach den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB zu.

B.

56

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein - Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz - vom 20. Mai 2014 - Az.: 6 Ca 990/13 - hinsichtlich der Entscheidung über die Klage teilweise wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Vergütung für den Zeitraum vom 01. bis 27. Oktober 2009 in Höhe von 4.354,84 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01. November 2009 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die Arbeitgeber-Zuschüsse zur PV und KV für den Zeitraum vom 01. bis 27. Oktober 2009 in Höhe von 232,82 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01. November 2009 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein - Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz vom 20. Mai 2014 - Az.: 6 Ca 990/13 - über die Klage zurückgewiesen.

III. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein - Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz - vom 20. Mai 2014 - Az.: 6 Ca 990/13 - hinsichtlich der Entscheidung über die Widerklage teilweise wie folgt abgeändert.

1. Der Kläger wird verurteilt, Auskunft zu erteilen, welche Angebote er im Zeitraum vom 24. September 2008 bis 26. Oktober 2009 vorgenommen hat und wann, wo er welche Aufträge eigenen Namens oder namens der neu gegründeten Firma V entgegengenommen oder an Vertragsverhandlungen mitgewirkt hat.

2. Die Widerklage wird hinsichtlich der Anträge zu 1a), 1b) im Übrigen, 3) und 4) abgewiesen.

IV. Die Berufung der Beklagten gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein - Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz vom 20. Mai 2014 - Az.: 6 Ca 990/13 - wird hinsichtlich der Widerklageanträge zu 1a), 1b) im Übrigen, 3) und 4) zurückgewiesen.

V. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung wegen unerlaubten Wettbewerbs, um restliche Vergütungsansprüche des Klägers und um Auskunfts- und Schadensersatzansprüche, die die Beklagte im Wege der Widerklage verfolgt.

2

Der Kläger, der Geschäftsführer der Beklagten, die Zeugen T, O und E waren gemeinsam in der Entwicklungsabteilung der E E- und L GmbH beschäftigt. Ab 01. April 2005 begründete der Kläger (verheiratet und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet) mit der neu gegründeten Beklagten ein Arbeitsverhältnis als Leiter Systemadministration zu einer Bruttovergütung von 5.000,00 Euro zuzüglich eines Arbeitgeberzuschusses zur Pflege- und Krankenversicherung in Höhe von 267,31 Euro monatlich. Das Arbeitsverhältnis richtete sich nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 14. Februar 2005 (im Folgenden: AV), hinsichtlich dessen Inhaltes im Einzelnen auf Bl. 5 f. d. A. verwiesen wird. Der Kläger hatte seine Arbeitsleistung in einem von der Beklagten ausschließlich für ihn angemieteten Projektbüro in München zu erbringen. In diesem Zusammenhang stand ihm unmittelbarer Zugriff auf die Datenverarbeitungssysteme der Beklagten zu. Auch die Zeugen T, O und E nahmen eine Tätigkeit für die Beklagte auf.

3

Während seiner Beschäftigung entwickelte der Kläger das Produkt der Beklagten, den Datenlogger X, bei dem es sich um einen sog. Multibus-Logger handelt, der in der Lage ist, den gesamten Bordnetz-Datenverkehr eines der modernsten Oberklasse-Fahrzeuge in Echtzeit aufzuzeichnen und mit sehr hoher Genauigkeit von 100 Nano-Sekunden zu speichern. Ende 2009/ Anfang 2010 waren mehr als 300 der Geräte bei der Firma B AG, dem Schlüsselkunden der Beklagten, im Einsatz. Bei der Beklagten war seit Ende 2008 dem Zeugen T die Entwicklung der Hardware-Seite eines sog. Datenloggers der „3. Generation“ übertragen. Ob der Kläger auf die Entwicklungsergebnisse Zugriff hatte, ist zwischen den Parteien umstritten.

4

Der Kläger erwog im Verlaufe des Arbeitsverhältnisses, sich zusammen mit seinen Kollegen T, E und O selbstständig zu machen. Gespräche über eine mögliche Beteiligung bei der Beklagten scheiterten aus zwischen den Parteien streitigen Gründen. Im Zuge der Überlegungen zur Selbstständigkeit kam es unter Teilnahme des Klägers am 24. September 2008 in F und am 10. November 2008 in S zu Gesprächen mit dem ehemaligen Vorgesetzten des Klägers und seiner Kollegen bei der E E- und L GmbH, dem dortigen Leiter des Geschäftsbereichs Automotive und Mitglied der Geschäftsführung S, deren Inhalt im Einzelnen zwischen den Parteien streitig ist, die aber jedenfalls auch einen - weiterentwickelten bzw. noch zu entwickelnden - Datenlogger und eine eventuelle Kooperation mit der E Elektroniksystem- und L GmbH zum Gegenstand hatten.

5

Das Arbeitsverhältnis des Zeugen E zur Beklagten endete zum 31. August 2008. Der Zeuge T schied aus dem Beschäftigungsverhältnis zur Beklagten - nach zunächst von der Beklagten ausgesprochener ordentlicher Kündigung zum 30. Juni 2009 - durch Aufhebungsvereinbarung Ende März 2009 bei Zahlung einer Abfindung in Höhe von 26.500,00 Euro aus. Personalverantwortlich, auch hinsichtlich der Vereinbarung der Abfindung, war bei der Beklagten zum damaligen Zeitpunkt der Zeuge B.

6

Am 26. Mai 2009 fand ein „Kick-off Meeting Kooperationsgespräche“ zwischen der Firma R und S I O GmbH und dem Kläger und den Zeugen T und E als Vertreter der von ihnen geplanten Firma V GmbH statt, hinsichtlich dessen Agenda auf Bl. 263 d. A. verwiesen wird. Zu einem weiteren Gespräch kam es am 30. Juni 2009. Die Beklagte stand zum damaligen Zeitpunkt nicht in Kooperation zur Firma R und S I O GmbH. Diese war allerdings in der Vergangenheit Auftragnehmer der Beklagten im Segment Messtechnik für die Lieferung eines zu verwendenden Teils. Der Kläger hatte für die Teilnahme an den beiden Gesprächen keinen Urlaub beantragt. Es ist zwischen den Parteien streitig, ob dies zum damaligen Zeitpunkt aufgrund einer Arbeitsanweisung der Beklagten erforderlich war oder - wie unstreitig jedenfalls vor Februar 2009 - aufgrund flexibler Handhabung der Arbeitszeiten nicht nötig gewesen ist. Ebenso ist umstritten, was im Einzelnen Inhalt der Gespräche war.

7

Am 02. Juni 2009 gründete der Kläger mit seinen Kollegen T und O die V GmbH, deren Geschäftsführer der Zeuge T ist und an der der Kläger zu 25 % beteiligt ist. Die V GmbH hatte sich zum Ziel gesetzt, einen Datenlogger mit der Bezeichnung M 2011+ zu entwickeln und die Markteinführung vorzubereiten. Ob dieser Datenlogger bereits entwickelt war, insbesondere ob dies während des Beschäftigungsverhältnisses mit der Beklagten geschehen ist, und ob er eine Weiterentwicklung des Datenloggers der Beklagten X unter Verwendung von Betriebsgeheimnissen der Beklagten darstellt, ist zwischen den Parteien streitig.

8

Der Kläger kündigte sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten fristgerecht zum 31. Oktober 2009. Im Vorfeld wurde der Geschäftsführer der Beklagten in einem Gespräch mit dem Kläger und den Zeugen B und O am 07. Juli 2009 über die Neugründung der V GmbH in Kenntnis gesetzt, und darüber, dass der Kläger und die vorgenannten Mitarbeiter in diese Firma wechseln wollten. Dem Zeugen B wurde von der Beklagten am 14. Juli 2009 fristlos gekündigt, der Zeuge O war noch bis 31. Dezember 2009 bei der Beklagten beschäftigt.

9

Am 21. Oktober 2009 erhielt der Geschäftsführer der Beklagten ein Schreiben des Zeugen S (Bl. 46 d. A.), in dem dieser mitteilte, der Kläger und die Zeugen T, E und B hätten ihn in verschiedener Zusammensetzung und an unterschiedlichen Orten am 24. September 2008, 10. Januar, 04. Februar, 09. April und 08. Mai 2009 aufgesucht und mit ihm unterschiedliche Themen besprochen, die ihm im Einzelnen nicht mehr erinnerlich seien, bei denen die Herren aber generell einen nach ihrer Aussage bereits entwickelten und noch weiter zu entwickelnden Datenlogger vorgestellt und ihm zur gemeinsamen Vermarktung und Weiterentwicklung angeboten hätten unter der Bedingung, dass die E E- und L GmbH das angedachte, aber noch nicht fertig gestellte Geschäftsmodell finanziell unterstütze. Weiter heißt es im Schreiben, wegen dessen Inhalt im Übrigen auf den Akteninhalt Bezug genommen wird:

10

„Auf meine Frage, dass das Produkt doch der Firma X gehöre, wurde mir erklärt, dass es von einer neuen Organisation weiter entwickelt werden soll und es diesbezüglich mit Herrn Dr. W, dem Inhaber und Geschäftsführer der X, eine Absprache gebe. …“

11

Mit Schreiben vom 26. Oktober 2009, dem Kläger zugegangen am 27. Oktober 2009, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos.

12

Der Kläger hat am 16. November 2009 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein - Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz - Kündigungsschutzklage erhoben und zugleich die von der Beklagten nicht an ihn ausgekehrte Vergütung für Oktober 2009 einschließlich der Arbeitgeberzuschüsse zu Pflege- und Krankenversicherung geltend gemacht. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 22. Januar 2010, bei Gericht eingehend am gleichen Tag und dem Kläger zugestellt am 27. Januar 2010, im Wege der Stufenklage widerklagend Auskunft ua. über vom Kläger im Namen der V GmbH entgegengenommene Aufträge oder Mitwirkung an Vertragsverhandlungen verlangt, sowie Versicherung an Eides Statt und Schadensersatz in zu beziffernder Höhe.

13

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, ein wichtiger Kündigungsgrund sei nicht ersichtlich. Er habe die Interessen der Beklagten stets in dem ihm obliegenden Maß gewahrt und bis zum Ausspruch der fristlosen Kündigung seine Arbeitskraft gewissenhaft und im vereinbarten Umfang zur Verfügung gestellt, insbesondere die Bearbeitung eines im Frühjahr 2009 beim Datenlogger X aufgetretenen Fehlers entgegen der Behauptung der Beklagten nicht absichtlich verzögert. Die von der Beklagten behauptete Fehlerbehebung durch den Zeugen G und den Geschäftsführer der Beklagten werde mit Nichtwissen und als unsubstantiiert bestritten. Es habe sich insoweit um eine seltene schwer lokalisierbare Fehlfunktion gehandelt, für die es keine banale Lösung gegeben habe, zumal er noch mit anderen Projekten und mit einem vom Kunden als wesentlich schwer wiegender eingeschätzten Fehlers befasst gewesen sei. Die - von der Beklagten unsubstantiiert behauptet: während der Arbeitszeit geführten - Gespräche mit seinem früheren Vorgesetzten bei der E E- und L GmbH S, der als eine Art Mentor fungiert habe und die Beklagte im Übrigen bereits am 28. September 2009 über sein angebliches Fehlverhalten informiert habe, hätten nur eine unverbindliche Diskussion über mögliche künftige Kooperationen, Joint Ventures und eine etwaige finanzielle Unterstützung bei einer potentiellen Selbstständigkeit bezweckt, was letztlich jedoch nicht zum Tragen gekommen sei. Er habe den Datenlogger X bzw. dessen unmittelbare Weiterentwicklung nicht Dritten angeboten und zu keinem Zeitpunkt Datenblätter des Datenloggers der Beklagten unbefugten Dritten gezeigt oder sich Dritten gegenüber geschäftsschädigend geäußert. Die unsubstantiierten Anschuldigungen der Beklagten seien auch Gegenstand des gegen ihn und die Kollegen geführten, zuletzt rechtskräftig eingestellten Strafverfahrens gewesen und hätten sich in keinem einzigen Fall als wahr erwiesen. Er habe zu keinem Zeitpunkt unentschuldigt gefehlt und jeweils vor dem 24. September 2008 und 10. November 2008 Urlaub genommen. Es sei nicht zu beanstanden, wenn er - nachdem die Gespräche über eine Beteiligung bei der Beklagten gescheitert gewesen seien - neue Beschäftigungsmöglichkeiten ausgelotet habe. Er habe zu keinem Zeitpunkt geheime Informationen weitergegeben oder Entwicklungen der Beklagten preisgegeben. Eine Diskussion über die technischen Anforderungen an zukünftige Datenlogger sei rechtlich nicht zu beanstanden. Er habe auch nicht an der Entwicklung einer neuen Generation des Datenloggers auf Basis Intel-Atom-Technologie mitgewirkt und auf die entsprechenden Entwicklungsergebnisse der Beklagten zugreifen können. Die außerordentliche Kündigung sei zudem verfristet, da der Geschäftsführer der Beklagten seit 07. Juli 2009 von der Firmengründung gewusst habe. Er habe weder während seiner Beschäftigungszeit bei der Beklagten für die Firma L C GmbH gearbeitet (Gegenteiliges habe er entgegen dem beklagtenseitigen Vortrag auch nicht gegenüber dem Zeugen W behauptet), noch insoweit Stundenkontingente der Beklagten unterschlagen. Die L C GmbH habe der Beklagten in 2006 zwei konkrete Aufträge erteilt, hinsichtlich derer die Stundenkontinente nicht verbraucht worden seien, so dass der Zeuge T und er sich im Auftrag des Geschäftsführers der Beklagten zur Vermeidung des Verfalls - letztlich mangels geeigneten Projektes ergebnislos - um eine Übertragung in die Folgejahre bemüht hätten. Eine Umbudgetierung habe es gerade nicht gegeben. Er habe aufgrund des Angebots der V GmbH vom 24. September 2009 (Bl. 516 d. A.) erst nach seinem Ausscheiden bei der Beklagten vom 02. November bis 31. Dezember 2009 ca. 300 Stunden für die L C GmbH gearbeitet. Bei der Rechnung vom 21. Dezember 2009 (Bl. 512 d. A.) habe es sich um eine Abschlagsrechnung und Vorschussrechnung gehandelt, die ausweislich des Lieferscheins vom 29. April 2010 (Bl. 293 d. A.) erst in 2010 abgearbeitet worden sei, was man auch daran erkennen könne, dass ein Lieferdatum am 21. Dezember 2009 noch nicht vereinbart gewesen sei. Am 16. Dezember 2009 seien 300 gelieferten Stunden mit Lieferschein (Bl. 511 d. A.) in Rechnung gestellt worden (vgl. Bl. 510 d. A.).

14

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

15

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 26. Oktober 2009, zugegangen am 27. Oktober 2009, nicht aufgelöst worden ist, sondern bis 31. Oktober 2009 fortbestanden hat.

16

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die Vergütung für Oktober 2009 in Höhe von 5.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01. November 2009 zu zahlen.

17

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die AG-Zuschüsse zur PV und KV für Oktober 2009 in Höhe von 267,31 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit 01. November 2009 zu zahlen.

18

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Widerklagend hat sie erstinstanzlich zuletzt beantragt,

21

1. Der Kläger und Widerbeklagte wird verurteilt, der Beklagten und Widerklägerin Auskunft über die im Zeitraum vom 24. September 2008 bis zum 26. Oktober 2009 getätigten Arbeiten zu erteilen, insbesondere mitzuteilen, welche Entwicklungen, Konzepte und Angebote er alleine oder gemeinsam mit anderen Personen vorgenommen hat. Wann, wo, welche Aufträge von wem er eigenen Namens oder namens der neu gegründeten Firma V entgegen genommen oder an Vertragsverhandlungen mitgewirkt hat.

22

Die Auskunft ist aufzuschlüsseln nach Datum, Ort und Zeitaufwand des Klägers.

23

2. Nach erteilter Auskunft hat der Kläger die Vollständigkeit und Richtigkeit der erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern.

24

3. Der Kläger und Widerbeklagte wird als Gesamtschuldner mit Herrn S B verurteilt, an die Beklagte und Widerklägerin 26.500,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit 01. Mai 2009 zu zahlen.

25

4. Es wird festgestellt, dass der Kläger und Widerbeklagte verpflichtet ist, der Beklagten und Widerklägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der der Beklagten noch dadurch entstehen wird, dass der Kläger sich die Technologie der Beklagten zu Erstellung eines M-B-Datenloggers unbefugt verschafft hat.

26

5. Den Kläger zu verurteilen, die Rechte an den getätigten Entwicklungen, Konzepten und Arbeitsergebnissen zu übertragen und den Kläger zu verurteilen, Schadensersatz in einer nach Auskunftserteilung zu berechnenden Höhe zu leisten.

27

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

28

die Widerklage abzuweisen.

29

Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, der Kläger habe mindestens beginnend mit dem 24. September 2008 während der Arbeitszeit eigene Interessen verfolgt. Er habe - wie aus dem bei ihr am 21. Oktober 2009 eingegangenen Schreiben des Zeugen ersichtlich - zusammen mit seinen Kollegen ihren Datenlogger in Weiterentwicklung und zur Weiterentwicklung für 1.000.000,00 Euro dem Zeugen S von der E E- und L GmbH angeboten und wahrheitswidrig behauptet, sich in Abstimmung mit ihrem Geschäftsführer selbstständig machen zu wollen. Der Kläger habe ab Mai 2009 seine Aufgaben bei der Beklagten nicht mehr bearbeitet, va. einen Fehler im X-System nicht behoben. Der Fehler habe letztlich erst durch den Zeugen T G mit 100 Stunden Arbeitsaufwand à 35 Euro Kosten und den Geschäftsführer der Beklagten mit 30 Stunden Arbeitsaufwand à 100,00 Euro Zeit beseitigt werden können. Insoweit hat die Beklagte (Bl. 35 d. A.) die Aufrechnung erklärt. Der Kläger habe bei den Besuchen der Firma E E- und L GmbH Dritten Leistungen angeboten, die gemäß seinem Arbeitsvertrag ihr gehörten. Bei der Firma R und S I O GmbH sei ausweislich einer Email des dortigen Product Managers R vom 27. November 2009 (Bl. 78 f. d. A.) behauptet worden, man wolle den Datenlogger auf der Basis der Intel-Atom-Technologie weiterentwickeln. Diese Weiterentwicklung habe die Beklagte selbst seit 2009 durchgeführt und der Kläger habe auf die Entwicklungsergebnisse Zugriff gehabt. Dem Zeugen R sei ein offizielles Datenblatt des X 6810 gezeigt worden und man habe ihm - wie aus der Mitschrift zum Protokoll (Bl. 264 ff. d. A.) erkennbar - erklärt, dass vom bisherigen Datenlogger 200 Stück an B geliefert und im Einsatz seien. Im Übrigen habe der Kläger anlässlich der Gespräche - und zwar auch an weiteren im Einzelnen genannten Terminen als den vom Kläger eingeräumten - unentschuldigt gefehlt, was die fristlose Kündigung bereits rechtfertige. Am 29. Januar 2010 habe sie von einem Mitarbeiter der H-T-G Management GmbH Dr. D erfahren, dass die Zeugen T, E, B und der Kläger für die Firma V GmbH das Ventrue Kapital von 1.000.000,00 Euro beantragt hätten mit dem Ziel der Entwicklung eines Datenloggers für Automotive Anwendungen und das die diesbezüglichen Gespräche schon seit vielen, vielen Monaten begonnen hätten. Spätestens ab August 2009 habe der Kläger für die Firma V GmbH unter Nutzung von Software und Werkzeugen der Beklagten für Projekte der Firma L C GmbH gearbeitet. So habe er dem Werkstudenten W im August 2009 erklärt, es sei ihm gelungen, ein Entwicklungsprojekt dieser Firma zu gewinnen. Da die Firma V GmbH der L C GmbH am 16. Dezember 2009 22.500,00 Euro basierend auf einem Angebot über ein Arbeitspaket von Softwareentwicklung in Höhe von 300 Stunden vom 24. September 2009 bei Leistungserfüllung laut Bestellauftrag ab 31. Oktober 2009 in Rechnung gestellt habe und am 21. Dezember 2009 24.000,00 Euro netto basierend auf einem Auftrag vom 21. Dezember 2009 mit 320 Arbeitsstunden, sei ersichtlich, dass es eine Umbudgetierung von Projektvolumen für die Beklagte zugunsten der Firma V GmbH gegeben habe. Der Kläger müsse noch während seiner Beschäftigung für die Beklagte mindestens seit Anfang August 2009 in Vollzeit und in der bezahlten Arbeitszeit an diesem Gateway-Entwicklungsauftrag gearbeitet habe. Die vom Kläger behauptete Vorkasse sei bei der Firma L C GmbH aufgrund interner Vorgänge nicht möglich. Im Übrigen habe man auf den Arbeitsplatzrechnern des Zeugen T und des Klägers einen Projektplan M.pdf betreffend den Datenlogger der V GmbH vom 02. März 2009 gefunden, den der Zeuge T während seiner Arbeitszeit und ihm Rahmen seiner Dienstaufgabe zum Projekt M erstellt und auf einem USB-Stick I gespeichert habe. Da der Kläger das Dokument A-M.pdf erarbeitet und der Beklagten vorenthalten, indiziere dies sein wettbewerbsschädigendes Verhalten. Da die Firma V GmbH in ihrem Businessplan vom 30. November 2009 (vgl. Asservatenauswertung Polizeipräsidium Rheinpfalz vom 17. August 2010, Bl. 71 (Bl. 277 d. A.)) behauptet habe, dass das technische Know-How bei der Beklagten ausgeschieden sei und in Zukunft bei ihr angesiedelt sei, weil aufgrund der veränderten Personalstruktur in den letzten 12 Monaten davon ausgegangen werde, dass die Beklagte im Bereich hochleistungsfähiger Test- und Analysesysteme die Anforderungen nicht mehr erfüllen könne, sei der Tatbestand der üblen Nachrede zu Lasten der Beklagten erfüllt.

30

Zur Widerklage hat die Beklagte ausgeführt, wegen seiner Wettbewerbsverstöße schulde der Kläger eine weitgehende Aufklärungs- und Auskunftspflicht, auch weil sie Urheberrechtsverstößen nachgehen müsse und der Kläger Geschäftsgeheimnisse verraten habe. Da der Kläger als leitender Angestellter verpflichtet gewesen sei, sie über die Missstände zu informieren, dies jedoch nicht getan habe, hafte er gemeinsam mit dem damals personalverantwortlichen Zeugen B für die an den Zeugen T gezahlte Abfindung. Sie habe den Zeugen T wegen seines Versagens im Aufgabenfeld Weiterentwicklung des Datenloggers entlassen und wegen eigenmächtiger Absprachen mit Kunden und Verletzungen der Arbeitszeitregelung und mit ihm zur Vermeidung einer langwierigen Auseinandersetzung einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung geschlossen, was sie nie und nimmer getan hätte, wenn der Kläger sie über die illegalen Machenschaften des Zeugen T informiert hätte.

31

Der Kläger hat erstinstanzlich hinsichtlich der Widerklage im Wesentlichen vorgetragen, er schulde mangels vertraglicher Pflichtverletzungen keine Auskunft und sei auch nicht zum Schadensersatz verpflichtet. Er habe während seiner Beschäftigung bei der Beklagten weder für die L C GmbH Entwicklungsarbeiten erbracht, noch sei er einer anderen Nebentätigkeit nachgegangen. Auch habe er keine Veranlassung gehabt, von der Beklagten behauptete „illegale Machenschaften“ des Zeugen T offen zu legen. Ein Schadensersatzanspruch wegen der an diesen gezahlten Abfindung bestehe nicht, zumal sie weit überwiegend Gehaltsansprüche im Hinblick auf den durch die Aufhebungsvereinbarung abgekürzte Kündigungsfrist habe ausgleichen sollen.

32

Anlässlich des ua. gegen den Kläger wegen Verrats von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (§ 17 UWG) geführten Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern - 6…. Js ... - hat das Arbeitsgericht im Einvernehmen mit den Parteien vom 02. März 2010 bis 21. November 2011 und vom 13. Dezember 2011 bis 14. November 2013 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Das Ermittlungsverfahren wurde letztlich rechtskräftig eingestellt (§ 153a StPO). Die Beklagte hat bei der Staatsanwaltschaft Landau - 7…. Js 7…. - gegen den Kläger ein Verfahren wegen behaupteten Prozessbetruges anhängig gemacht.

33

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 20. Mai 2014 stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die fristlose Kündigung sei unwirksam, da die Beklagte zur ihrer Rechtfertigung keine Tatsachen vorgetragen habe, die eine außerordentliche Tatkündigung rechtfertigten, sondern sich zur Rechtfertigung ihrer fristlosen Kündigung vielmehr auf bloße Vermutungen und subjektive Einschätzungen stütze. Die Beklagte habe nicht substantiiert dargelegt, dass der Kläger dem Zeugen S ein in seiner Arbeitszeit bereits entwickeltes konkurrenzgeeignetes Produkt zum Datenlogger der Beklagten X angeboten habe. Dem Schreiben des Zeugen sei nicht klar zu entnehmen, dass ihm bereits entwickelte Datensätze nebst Hardware zur Weiterentwicklung angeboten worden sei. Allein die Tatsache, dass auf dem Rechner des Arbeitskollegen T auf einem mobilen Datenträger I ein Projektplan „M…..pdf“ gespeichert gewesen und auf den Firmenrechnern der bloße Unternehmensplan „A-.pdf“ gefunden worden sei, belege dies nicht und gehe über eine reine Vorbereitungshandlung nicht hinaus, zumal der Datenlogger M+ zu diesem Zeitpunkt nach Überzeugung des Gerichts noch gar nicht existent gewesen sei. Auch habe der Kläger die Firma R & S am 26. Mai und 30. Juni 2009 lediglich zur vorbereitenden Geschäftsanbahnung außerhalb seiner Arbeitszeit besucht. Der Themenkomplex L C GmbH biete keinen fristlosen Kündigungsgrund, da der Kläger substantiiert dargelegt habe, warum der pauschale Schluss der Beklagten aus den Rechnungen und Lieferscheinen, der Kläger habe noch während seines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten für diese Firma gearbeitet nicht zwingend sei. Der weitere Kündigungsgrund, der Kläger habe geheime firmeninterne Informationen weitergegeben und Investoren getäuscht, sei unsubstantiiert und gehe über eine bloße Vorbereitungshandlung nicht hinaus. Auch eine üble Nachrede zu Lasten der Beklagten sei nicht schlüssig dargelegt worden. Daher stünden die geltend gemachten Zahlungsansprüche dem Kläger unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges zu. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Kläger seine Arbeitsleistung für die Beklagte ab Mai 2009 eingestellt habe. Das Arbeitsgericht hat zur Widerklage die Auffassung vertreten, der Kläger sei nicht zur Auskunftserteilung verpflichtet, da kein begründeter Anlass für eine Konkurrenztätigkeit des Klägers bestehe. Die Gründung eines Unternehmens während des bestehenden Arbeitsverhältnisses genüge hierzu nicht. Ihre Behauptung, der Kläger habe den Datenlogger der Beklagten X Dritten zur Weiterentwicklung angeboten oder ein Konkurrenzprodukt entwickelt, habe die Beklagte trotz Bestreitens des Klägers nicht näher substantiiert. Das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren sei eingestellt worden. Da ein Wettbewerbsverbot nicht vereinbart sei, sei es dem Kläger nicht nach §§ 74 ff. HGB und §§ 1, 17 ff. UWG verwehrt, als früherer Arbeitnehmer Betriebsgeheimnisse zu nutzen, die er während seiner Tätigkeit redlich erlangt habe. Deren rechtswidrige Erlangung habe die Beklagte nicht schlüssig dargelegt. Die Kontaktaufnahme mit potentiellen Geldgebern während des bestehenden Arbeitsverhältnisses, um einen Datenlogger zu schaffen, stelle eine reine Vorbereitungshandlung dar. Auch das bloße Speichern eines Anforderungsprofils oder einer Datei über die beabsichtigte Entwicklung eines neuen Datenloggers sei noch keine unerlaubte Wettbewerbshandlung. Mangels Auskunftsanspruchs sei auch der auf der 2. Stufe geltend gemachte Schadensersatzanspruch unbegründet. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch über 26.500,00 Euro scheide mangels bereits dargestellter Pflichtverletzung des Klägers aus. Es sei auch nicht ersichtlich, welche wettbewerbswidrige Handlungen des Mitarbeiters T der Kläger der Beklagten hätte anzeigen müssen. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 362 bis 374 d. A. verwiesen.

34

Die Beklagte hat gegen das ihr am 13. Juni 2014 zugestellte Urteil mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 04. Juli 2014 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis 13. September 2014 mit Schriftsatz vom 12. September 2014, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, begründet.

35

Die Beklagte macht zur Begründung ihrer Berufung nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 12. September 2014 und ihres Schriftsatzes vom 19. Januar 2015, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 414 ff. d. A. und Bl. 548 ff. d. A.), zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,
der Projektplan M+, Stand 02. März 2009, bei dem der Kläger eigenhändig während des Arbeitsverhältnisses mitgewirkt habe, decke das gesamte von der Beklagten entwickelte Know-How und ihr Arbeitsgebiet ab und habe dem Zeugen S dies offengelegt, was ihr Geschäftsführer am 21. Oktober 2009 erfahren habe. Auch dass das Ermittlungsverfahren eingestellt worden sei, belege nicht den fehlenden wichtigen Grund, zumal sie erst nach einem Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht Kaiserslautern und dann auch keine vollständige Akteneinsicht erhalten habe. Aus dem ihr nunmehr dank Akteneinsicht vom 30. Juli 2014 zur Verfügung stehenden Business-Plan der V GmbH in Kurzfassung (Stand 21. Dezember 2009, Bl. 446 ff. d. A., vgl. Bl. 462 f. d. A) ergebe sich, dass mit dem Zeugen S während der Arbeitszeit das Anwendungsfeld eines komplett neuen Datenloggers besprochen worden sei, womit spätestens eine vom Arbeitsgericht verkannte Konkurrenzsituation vorgelegen habe. Gleiches sei in den Terminen mit der Firma R und S geschehen, die auch als ihr potentieller Auftragnehmer im Bereich Datenlogger in Betracht gekommen sei. Mit dem Verhalten des Klägers sei einhergegangen, dass er seine Entwicklungsaufgaben bei der Beklagten, zB die Fehlerbehebung am X-Datenlogger, nicht mehr bearbeitet habe, weshalb dem Kunden B, dem mitgeteilt worden sei, die Beklagte sei zur Weiterentwicklung des Datenloggers nicht mehr in der Lage, zunehmend vom Zeugen T durch Support-Angebote ausgenutzte Probleme bekommen habe. Der Kläger und seine Mitgesellschafter T, B und O hätten kollusiv zusammengewirkt und - indem sie wahrheitswidrig behauptet hätten, die Beklagte gebe das Geschäftsfeld Datenlogger auf - erwirkt, dass B zunächst einen Auftragsstopp für Juli bis September 2009 verhängt habe, während mit der Firma V GmbH über den Support und die Weiterentwicklung des Datenloggers der Beklagten gesprochen worden sei. Zudem sei beim Kläger am 16. November 2011 ein Laptop beschlagnahmt worden, auf dem der Projektplan M-...pdf gefunden worden sei, der im Februar 2009 vom Zeugen T, der das Dokument in seiner Arbeitszeit erstellt habe, zum Kläger gegangen sei, und dessen Spuren sich auch auf dem Arbeitsplatzrechner des Klägers gefunden hätten. Der Kläger habe dann in seiner Arbeitszeit und auf dem Rechner der Beklagten das elektronische Dokument A-2011.pdf mit Erstellungsdatum 02. Juli 2009 kreiert. Der Datenlogger sei bereits entwickelt gewesen. Zum Vorgang L werde auf den erstinstanzlichen Vortrag verwiesen, die Behauptungen des Klägers seien anlässlich der üblichen Handhabung in einem Großkonzern wenig glaubhaft. Der damals bei der Firma L mit der Angelegenheit befasste Zeuge K sei mittlerweile ausgeschieden und sein zurückhaltendes Aussageverhalten bei der Staatsanwaltschaft sei auffällig. Da der Kläger für Dritte Leistungen erbracht habe, stehe ihr ein Auskunftsrecht diesbezüglich zu. Den ihr entstandenen erheblichen Schaden durch den kurzzeitigen Lieferstopp von B, die befürchtete Aufsaugung und den Schutz ihrer Entwicklungsergebnisse durch die Firma V. Schließlich stünden ihr alle Rechte an den getätigten Entwicklungen zu. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts komme es nicht auf den konkreten Datenlogger an, sondern auf ihr gesamtes Arbeitsfeld, in dem der Kläger handfeste, planmäßige und zielgerichtete Konkurrenztätigkeit betrieben habe. Es werde angeregt, das vorliegende Verfahren vorläufig für ruhend zu erklären, bis das Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Landau - 7 Js 7…. - abgeschlossen sei. Der Kläger schulde infolge kollusiver Ausnutzung seiner leitenden Position mit dem Personalverantwortlichen B und den Zeugen T und O, den Abfindungsbetrag, der nie gezahlt worden wäre, wie auch die Übertragung des Teilbereichs der Firma der Beklagten (an den Zeugen T) nie zustande gekommen wäre, wenn der Kläger seiner Aufklärungspflicht über die bereits damals bestehende Konkurrenztätigkeit nachgekommen wäre. Da Dateien der Firma V GmbH den Namen K K als Suchbegriff vielfach enthalten hätten, der bei ihr von 2005 bis 2007 als Student in der Abteilung „Leiterplatte“ gearbeitet habe, sei nachgewiesen, dass die V sich fremdes Know-How angeeignet habe. Auch sei der X Datenlogger häufig genannt und der Name des aktuellen Mitarbeiters der Firma der Beklagten „H K“. Unzweifelhaft liege ein Verstoß gen § 17 UWG vor. Nach § 69 b UrheberrechtsG stünden die Computerprogramme, die von Arbeitnehmern in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach Anweisung des Arbeitsgebers geschaffen würden, ausschließlich dem Arbeitgeber, also ihr, zu. Das Gericht erster Instanz habe sich nicht ansatzweise mit dem Inhalt der Strafakten auseinandergesetzt.

36

Die Beklagte beantragt zuletzt,

37

Das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - 6 Ca 990/13 - vom 20. Mai 2014 wird abgeändert:

38

I. Die Klage wird abgewiesen.

39

II. 1a. Der Kläger wird verurteilt, Auskunft über die im Zeitraum vom 24. September 2008 bis zum 26. Oktober 2009 getätigten Arbeiten zu erteilen, insbesondere mitzuteilen, welche Entwicklungen und Konzepte er allein oder gemeinsam mit anderen Personen vorgenommen hat.

40

1b. Der Kläger wird verurteilt, Auskunft zu erteilen, welche Angebote er im Zeitraum vom 24. September 2008 bis zum 26. Oktober 2009 vorgenommen hat und wann, wo, er welche Aufträge eigenen Namens oder namens der neu gegründeten Firma V entgegengenommen oder an Vertragsverhandlungen mitgewirkt hat; die Auskunft ist detailliert aufzuschlüsseln nach Datum, Ort und Zeitaufwand des Klägers.

41

2. Nach erteilter Auskunft hat der Kläger die Richtigkeit der erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern,

42

3. Der Kläger wird als Gesamtschuldner mit Herrn S B verurteilt, an die Beklagte 26.500 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit 01. Mai 2009 zu bezahlen.

43

4. Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten sämtlichen Schaden zu ersetzen, der der Beklagten noch dadurch entstehen wird, dass der Kläger sich die Technologie der Beklagten zur Erstellung eines Multibusdatenloggers unbefugt verschafft hat.

44

5a. Der Kläger wird nach erteilter Auskunft zu Ziffer 1 a verurteilt, die Rechte an den getätigten Entwicklungen Konzepten und Arbeitsergebnissen an die Beklagte zu übertragen.

45

5b. Der Kläger wird verurteilt, Schadenersatz in einer nach Auskunftserteilung zu berechnenden Höhe zu leisten.

46

Der Kläger beantragt,

47

die Berufung zurückzuweisen.

48

Der Kläger verteidigt das von der Beklagten angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 10. November 2014 (Bl. 536 ff. d. A.) und seines Schriftsatzes vom 21. Januar 2015 (Bl. 625 ff. d. A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, zweitinstanzlich im Wesentlichen wie folgt,
eine Rechtsverletzung sei nach dem auf vagen Vermutungen und Verdächtigungen beruhenden Vortrag der Beklagten nach wie vor nicht zu erkennen. Der von ihr nunmehr angeführte Projektplan M+ vom 02. März 2009, der bereits dem Arbeitsgericht vorgelegen habe, enthalte keine einzige vertrauliche Information, sondern beschreibe das potentielle Projekt „Neuentwicklung eines Datenloggers“ im Sinne einer zulässigen Vorbereitungshandlung. Der vorgelegte Businessplan datiere aus einer Zeit, als er längst bei der Beklagten ausgeschieden gewesen sei und zu der zudem immer noch nicht mehr als die Idee existiert habe, für die man habe Investoren habe gewinnen wollen. Die Beklagte bestätige überdies den Vortrag des Klägers, dass man stets einen komplett neuen Datenlogger habe vertreiben wollen. Mit Gesprächen über eine mögliche Neuentwicklung und den Bau eines Datenloggers trete man noch nicht in Wettbewerb zu seinem Arbeitgeber. Die Beklagte behaupte wahrheitswidrig, er oder der Zeuge T hätten während der Arbeitszeit auf den Rechnern der Beklagten den Projektplan erstellt. Dieser habe sich - was sich aus der Email des (bei der Beklagten mit der Überprüfung der konkreten Arbeitsplatzrechner befassten) Zeugen K vom 24. Oktober 2011 ergebe (Bl. 545 d. A.), immer nur auf einem USB-Stick gespeichert befunden, der Eigentum des Zeugen T sei. Zu den Vorgängen im Komplex „L“ belasse es die Beklagten bei Mutmaßungen, ihre Behauptungen, insbesondere, er habe zwingend auf eine Software der Beklagten zurückgreifen müssen, bleibe bestritten. Was er konkret wann wem mitgeteilt haben soll, lasse sich auch der Berufungsbegründungsschrift nicht entnehmen. Ein konkretes Gespräch des Klägers mit dem Kunden über die Zukunft des Datenloggers mit B trage die Beklagte nicht vor. Das Schreiben der Firma V GmbH vom 24. September 2009 habe er nicht verfasst. Er sei zu keinem Zeitpunkt während seiner Beschäftigungszeit an Kunden der Beklagten zum Abschluss eigener Geschäfte herangetreten. Dass er nach seinem durch die berufliche Unzufriedenheit verursachten Ausscheiden bei der Beklagten mit einem eigenen Datenlogger habe in Konkurrenz treten wollen, habe er nie bestritten. Mit dem Ausscheiden des Zeugen T habe er nicht zu tun gehabt und auch nie - wie nunmehr von der Beklagten erfunden - die Zahlung einer Abfindung empfohlen. Mit dem Antrag auf Aussetzung des Verfahrens wegen im Hinblick auf das Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Landau wolle die Beklagte offenbar die Amtsermittlung in das Zivilverfahren einführen. Dieser werde widersprochen, zumal eine Vorgreiflichkeit nicht erkennbar sei. Die Beklagte habe in alle Ermittlungsakten Einsicht nehmen können, mit Ausnahme einiger Asservate, bei denen die V GmbH zum Schutz eigenen Firmenwissens selbst ein überragendes Interesse am Unterbleiben der Einsicht habe. Der Kläger habe zu Zeiten seiner Beschäftigung keinen Kunden der Beklagten die Neuentwicklung des Datenloggers angeboten und B keine Supportleistungen angeboten. Nachdem der verantwortliche Mitarbeiter bei B W sich angesichts des Mitarbeiterverlusts bei der Beklagten Sorgen wegen seines Datenloggers gemacht habe, habe der Zeuge T für die V GmbH ein - pauschales - Angebot auf technische Unterstützung gemacht, mit dem er nichts zu tun gehabt habe. Soweit die Beklagte einen Schriftsatz aus dem Strafverfahren zur Akte gereicht habe, ersetze dies eigenen Sachvortrag nicht.

49

Im Übrigen wird hinsichtlich des Sach- und Streitstandes zweiter Instanz ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

50

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch - soweit entscheidungsreif - nur teilweise begründet.

I.

51

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe b und c ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 13. Juni 2014 mit am 04. Juli 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und nach Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 12. September 2014, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 ZPO).

II.

52

Die Berufung der Beklagten ist - soweit entscheidungsreif - teilweise begründet.

53

1. Die insgesamt zur Entscheidung reife Berufung der Beklagten hinsichtlich der Klage ist in der Sache teilweise erfolgreich.

54

1.1. Die vom Kläger fristgerecht nach §§ 4 Satz 1, 13 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erhobene Kündigungsschutzklage, hinsichtlich deren Zulässigkeit Bedenken nicht bestehen, ist nicht begründet. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 26. Oktober 2009 hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt ihres Zugangs am 27. Oktober 2009 mit sofortiger Wirkung beendet, weil der Beklagten ein nicht verfristeter fristloser Kündigungsgrund iSd. § 626 BGB zur Seite stand. Da die Klage entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags der Abweisung unterlag, war das erstinstanzliche Urteil insoweit auf die Berufung der Beklagten teilweise abzuändern.

55

a) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 651/1310 - Rn. 13, 10. April 2014 - 2 AZR 684/13 - Rn. 39; 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 15, jeweils zitiert nach juris). Gemäß § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann eine außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen.

56

b) Nach diesen Grundsätzen ist dem Kläger ein an sich zur Begründung einer fristlosen Kündigung geeignetes Verhalten vorzuwerfen, weil er einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit während des bestehenden Arbeitsverhältnisses nachgegangen ist.

57

aa) Ein Arbeitnehmer, der während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Konkurrenztätigkeiten entfaltet, verstößt gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers aus § 241 Abs. 2 BGB. Es handelt sich in der Regel um eine erhebliche Pflichtverletzung. Sie ist „an sich“ geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 644/13 - Rn. 27, 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 20; 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - Rn. 15 mwN; jeweils zitiert nach juris). Während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses ist einem Arbeitnehmer grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 644/13 - Rn. 28, 16. Januar 2013 - 10 AZR 560/11 - Rn. 14; 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 22, zitiert nach juris). Die für Handlungsgehilfen geltende Regelung des § 60 Abs. 1 HGB normiert einen allgemeinen Rechtsgedanken. Der Arbeitgeber soll vor Wettbewerbshandlungen seines Arbeitnehmers geschützt werden. Der Arbeitnehmer darf im Marktbereich seines Arbeitgebers Dienste und Leistungen nicht Dritten anbieten. Dem Arbeitgeber soll dieser Bereich uneingeschränkt und ohne die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offenstehen (BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - aaO). Dem Arbeitnehmer ist aufgrund des Wettbewerbsverbots nicht nur eine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen und Interesse untersagt. Ihm ist ebenso wenig gestattet, einen Wettbewerber des Arbeitgebers zu unterstützen (BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - aaO; 21. November 1996 - 2 AZR 852/95 - aaO). Allerdings darf er, wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach § 74 HGB - wie vorliegend - nicht vereinbart ist, schon vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Zeit nach seinem Ausscheiden die Gründung eines eigenen Unternehmens oder den Wechsel zu einem Konkurrenzunternehmen vorbereiten (vgl. BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - Rn. 15; zitiert nach juris). Verboten ist lediglich die Aufnahme einer werbenden Tätigkeit, etwa durch Vermittlung von Konkurrenzgeschäften oder aktives Abwerben von Kunden. Bloße Vorbereitungshandlungen, die in die Interessen des Arbeitgebers nicht unmittelbar eingreifen, erfüllen diese Voraussetzungen regelmäßig nicht (vgl. BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 644/13 - aaO, 16. Januar 2013 - 10 A10 AZR 560/11 - Rn. 17, zitiert nach juris; vgl. 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - aaO).

58

bb) Die Beklagte wirft dem Kläger zu Recht die Verletzung des Wettbewerbsverbots während des bestehenden Arbeitsverhältnisses vor. Hierbei war vom Gericht - worauf das Arbeitsgericht zutreffend abgehoben hat - zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Tatkündigung vorliegen, da die Beklagte sich nicht auf den Ausspruch einer Verdachtskündigung berufen hat. Dass einer solchen - soweit ersichtlich - mangels Anhörung des Klägers vor Kündigungsausspruch ohnehin der Erfolg versagt geblieben wäre, konnte dahinstehen.

59

(1) Mit dem Arbeitsgericht ist allerdings davon auszugehen, dass es der Beklagten nicht gelungen ist, substantiiert darzulegen, dass der Kläger durch sein Verhalten im Zusammenhang mit den Gesprächen mit dem Zeugen S, durch die Geschehnisse um die Gateway-Anwendungen für die Firma L C GmbH oder durch die bloße Entwicklung eines Multibus-Datenloggers während des Bestands des Arbeitsverhältnisses der Beklagten unerlaubt Konkurrenz gemacht hätte. Die Berufungskammer macht sich insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen die zutreffenden und sorgfältig begründeten Ausführungen des Arbeitsgerichts unter I 1, I 3 und I 4 der Entscheidungsgründe (Seite 11 bis 17 des Urteils = Bl. 363 bis 369 d. A.) zu eigen und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Auch die Angriffe der Berufung führen insoweit zu keiner anderen Betrachtung.

60

(1.1.) Soweit die Beklagte darauf abhebt, der Projektplan M2011+, Stand 02. März 2009, habe dem Zeugen S ihr gesamtes Know-How und ihr Arbeitsgebiet offen gelegt, verkennt sie, dass der Projektplan nicht geeignet ist, diese Behauptung zu untermauern. Der Kläger hat lediglich eingeräumt, an Gesprächen mit dem Zeugen S am 24. September 2008 und 10. November 2008 beteiligt gewesen zu sein, ohne dass die Beklagte seine Teilnahme an weiteren Gesprächen substantiiert behauptet hätte. Auch der Zeuge S hat im Schreiben eingehend bei der Beklagten am 21. Oktober 2009 (Bl. 46 d. A.) hierzu keinerlei Angaben gemacht. Die Offenlegung eines Projektplans aus März 2009 bereits in 2008 scheidet jedoch denknotwendig aus. Ungeachtet dessen enthält der von der Beklagten als Anlage 4 - B2 (Bl. 253R d. A.) - auszugsweise - vorgelegte Projektplan keinen Bezug auf konkrete Daten der Beklagten. Ohne dass dies für eine eventuelle Konkurrenztätigkeit erforderlich gewesen wäre, bestehen im Übrigen aufgrund des Dokuments auch keine Anhaltspunkte, dass und wann der Kläger den Projektplan während der Arbeitszeit erstellt haben soll. Vielmehr ergibt sich aus dem ebenfalls von der Beklagten zur Akte gereichten Dokument A-M2011.pdf, Stand 02. Juli 2009 (Anlage 4 - B2, Bl. 254 d. A.), dass noch im Juli 2009, dh. ca. ein Jahr nach den Gesprächen mit dem Zeugen S, an denen der Kläger teilgenommen hat, für die Entwicklung des von der V GmbH geplanten Analyse- und Diagnosetools ein Entwicklungszeitraum von 21 Monaten angesetzt wurde und der Verkauf einer Basisvariante erst nach 12 Monaten geplant war. Inwiefern der Kläger vor diesem Hintergrund bereits in 2008 einen bereits marktfähig weiterentwickelten Datenlogger hätte anbieten sollen, erschließt sich nicht, zumal auch der Zeuge S in seinem Schreiben aus Oktober 2009 - insoweit in Übereinstimmung mit dem klägerischen Vortrag - von einem zwar bereits entwickelten, jedoch noch weiterzuentwickelnden Datenlogger spricht und von einem angedachten, aber noch nicht fertig gestellten Geschäftsmodell, dass die E E- und L GmbH finanziell habe unterstützen sollen. Allein die Planung und Konzeption eines Konkurrenzunternehmens sind keine Handlungen, die schon selbst als Teil der werbenden Tätigkeit aufzufassen wären (vgl. LAG Köln 25. Februar 2004 - 4 Sa 1311/03 - Rn. 17, zitiert nach juris). Dass der Kläger während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten an Terminen mit dem Zeugen S teilgenommen hätte, in denen angesichts des frühen Stadiums der Absicht, eine eigene Firma zu gründen, mehr als erlaubte Vorbereitungshandlungen darstellende Sondierung und Planspiele stattgefunden hätten, hat die Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht schlüssig dargetan. Der von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegte Business-Plan der V GmbH in Kurzfassung vom 21. Dezember 2009 (Bl. 446 ff. d. A.) belegt dies - unabhängig davon, dass er von einem Zeitpunkt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses datiert - ebenso wenig wie die „Kontakthistorie zur Fa. E GmbH“ aus dem von ihr in Bezug genommenen Zeitplan der Firma V GmbH (Bl. 462 f. d. A.).

61

(1.2.) Es ist der Beklagten auch zweitinstanzlich nicht gelungen, schlüssig darzulegen, dass der Kläger vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten unerlaubt Konkurrenz betrieben hätte, indem er - während der Arbeitszeit - für den Kunden der Beklagten L C GmbH gearbeitet hätte. Bereits das Arbeitsgericht hat zutreffend dargelegt, dass die von der Beklagten auch zweitinstanzlich herangezogenen Lieferscheine und Rechnungen für die Gateway-Anwendungen angesichts der einleuchtenden Erläuterungen des Klägers, es habe sich teilweise um Abschlags- und Vorschussrechnungen für später in konkret benannten Zeiträumen erbrachte Leistungen gehandelt, nicht geeignet sind zu belegen, dass der Kläger entgegen seiner Behauptung bereits vor dem 02. November 2009 für die L C GmbH tätig geworden ist. Dass die Beklagte zweitinstanzlich erneut betont, der nunmehr bei der Kundin verantwortliche Zeuge W halte Vorschussleistungen angesichts der Handhabung bei der Firma L C GmbH für unerklärlich, schließt die vom Kläger behaupteten Geschehensabläufe, die von der V GmbH mit dem zwischenzeitlich offenbar ausgeschiedenen damaligen Mitarbeiter der L C GmbH K abgewickelt worden sind, jedenfalls nicht aus. Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren darauf abgehoben hat, dass das entsprechende Angebot der Firma V GmbH über eine (spätere) Tätigkeit des Klägers bereits aus September 2009 stammt, kommt es darauf ebenso wenig an, wie auf die Behauptung, dass der Kläger dem Zeugen W gegenüber erklärt habe, der Auftrag sei bereits im August 2009 erteilt worden. Auch hieraus lässt sich nicht schlussfolgern, dass der Kläger bereits vor dem 27. Oktober 2009 für die L C GmbH gearbeitet hat. Der Auftrag erfolgte seitens der Firma V GmbH. Es ist nicht zu beanstanden, wenn diese bereits vorab Aufträge geriert, bei denen der Kläger nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten eingesetzt werden sollte. Dass, wann, wo und in welcher Art und Weise der Kläger persönlich Auftragsakquise betrieben haben soll, hat die Beklagte bis zuletzt nicht substantiiert dargetan. Gleiches gilt für die pauschale Behauptung, der Kläger habe bereits vor dem 02. November 2009 konkret für die Firma L C GmbH Arbeitsleistungen erbracht. Die Erhebung der von der Beklagten angebotenen Beweise durch Vernehmung der Zeugen (W, T, F) bzw. die Parteivernehmung des Klägers hätten zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis geführt und kam nicht in Betracht.

62

(2) Der Kläger hat das bestehende Wettbewerbsverbot jedoch - anders als vom Arbeitsgericht angenommen - im Zusammenhang mit den Gesprächen vom 26. Mai 2009 und 30. Juni 2009 mit der Firma R und S International Operations GmbH verletzt, an denen er unstreitig für die Firma V GmbH teilgenommen hat. Hierbei kann dahinstehen, ob die Gespräche, die nach der von der Beklagten vorgelegten E-Mail des bei der R und S International Operations GmbH tätigen Zeugen R vom 27. November 2009 (Bl. 78 f. d. A.) jeweils in M stattgefunden haben, während der Arbeitszeit des Klägers lagen oder ob dies - wie vom Kläger behauptet - angesichts der flexiblen Arbeitszeithandhabung der Beklagten ihm gegenüber nicht der Fall gewesen ist. Auch kann dahinstehen, ob der Kläger und seine Kollegen in den Gesprächen einen eigenen neu entwickelten Datenlogger zur Weiterentwicklung angeboten haben oder ob die Weiterentwicklung unter Verletzung von Rechten der Beklagten auf der Basis von deren Datenlogger erfolgen sollte. Selbst wenn der Kläger in seiner Freizeit an den Gesprächen teilgenommen haben sollte und die Verhandlungen einen eigenen Datenlogger betroffen haben sollten, ist dem Kläger unerlaubte Konkurrenztätigkeit vorzuwerfen. Ausweislich der Agenda des Termins vom 26. Mai 2009 (Bl. 263 d. A.) haben die für die Firma V GmbH auftretenden Zeugen T und E und der Kläger an einem sog. „Kick-off-Meeting“ mit der Firma R und S I O GmbH teilgenommen. Bei einem solchen Gespräch handelt es sich regelmäßig um eine Zusammenkunft aller Beteiligten zu Beginn eines Projektes (vgl. auch http://www.duden.de/ rechtschreibung/Kick_off_Meeting). Bereits die Bezeichnung der Veranstaltung legt daher den Schluss nahe, dass sie nicht lediglich der zwanglosen Auslotung von Möglichkeiten einer eventuellen Zusammenarbeit dienen sollte, sondern der konkreten Planung eines beabsichtigten Projektes. Dies ergibt sich folgerichtig auch aus dem in der Agenda für 12:00 Uhr vorgesehenen Programmpunkt, nach dem neben einer Diskussion über die Frage der Entstehung eines neuen Marktsegmentes und potentieller zukünftiger Kundenbedarfe im Bereich Datalogger insbesondere auch vorgesehen war, nach Ansätzen einer gemeinsamen Lösungsentwicklung zu suchen. Dass die weitere Zusammenarbeit unzweifelhaft geplant war, zeigt der für 13:00 Uhr vorgesehene Punkt: Festlegung der weiteren Schritte. In der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer vom 27. Januar 2015 war zwischen den Parteien nicht streitig, dass die Firma R und S I GmbH zumindest in der Vergangenheit Kooperationspartner der Beklagten gewesen ist. Auch ist der Kläger den Ausführungen des Geschäftsführers der Beklagten, die R und S I O GmbH wäre grundsätzlich im Bereich Datenlogger als Vertragspartner auch für die Beklagte in Betracht gekommen, nicht entgegengetreten, so dass diese für die Berufungskammer als zugestanden galten (§ 138 Abs. 2 und 3 ZPO). Auch wenn die R und S I O GmbH kein Kunde der Beklagten im klassischen Sinne gewesen sein mag, handelt es sich doch um einen für die Beklagte relevanten potentiellen Partner für die weitere Entwicklung ihres Datenloggers. Vor diesem Hintergrund überschreiten die Gespräche mit der Firma R und S I O GmbH die Grenze der erlaubten Vorbereitungshandlung für eine geplante Selbstständigkeit des Klägers. Der Kläger hat zusammen mit seinen Kollegen für die Firma V GmbH bei einem potentiell auch für die Beklagte in Frage kommenden Partner Verhandlungen über die konkrete Ausgestaltung einer Zusammenarbeit aufgenommen. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer selbst eingeräumt, dass Gegenstand der Gespräche eine Stellung der R und S I O GmbH als Geld- oder Auftraggeber gewesen sei. Dass er dabei in den Marktbereich und die unmittelbaren Interessen der Beklagten eingegriffen hat, zeigt sich daran, dass dem handschriftlichen Protokoll der Veranstaltung vom 26. Mai 2009 (Bl. 264 d. A.), dessen Berechtigung der Kläger nicht entgegen getreten ist, die Mitteilung zu entnehmen ist, dass vom bisherigen Datenlogger 200 Stück an B geliefert sind. Diese Information betrifft zweifellos den Datenlogger der Beklagten und deren Schlüsselkunden B. Ob der Kläger oder einer seiner Kollegen die konkrete Information weitergegeben hat, kann vor dem Hintergrund des gemeinsamen Auftretens aller Beteiligten für die Firma V GmbH dahinstehen. Ebenso ist es unerheblich, dass das Strafverfahren gegen den Kläger wegen Verrats von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (§ 17 UWG) zuletzt rechtskräftig eingestellt worden ist (§ 153 a StGB). Unabhängig davon, dass die Frage wettbewerbswidrigen Handelns als Kündigungsgrund nicht zwingend gleichzusetzen ist mit dem Vorwurf des Verrats von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen, ist die Beurteilung im Strafverfahren weder für den Zivilrichter (§ 14 EG ZPO) noch für die Gerichte für Arbeitssachen bindend(vgl. BAG 23. April 1998 - 2 AZR 442/97 - Rn. 19, zitiert nach juris). Von einer erlaubten bloßen Vorbereitungshandlung ist angesichts der erfolgten Gespräche nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, dass zu deren Zeitpunkt die Gründung der V GmbH unmittelbar bevorstand bzw. bereits erfolgt war, nach Auffassung der Berufungskammer nicht mehr auszugehen.

63

c) Die Kündigung ist bei Beachtung der Umstände des vorliegenden Falls und nach Abwägung der widerstreitenden Interessen gerechtfertigt.

64

aa) Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 407/13 -, Rn. 34, 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 17; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 27, jeweils zitiert nach juris). Die bei der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Umstände lassen sich nicht abschließend und für alle Fälle einheitlich festlegen. Geht es um die Beurteilung rechtswidrigen schuldhaften Verhaltens des Arbeitnehmers, sind aber stets die beanstandungsfreie Dauer des Arbeitsverhältnisses, das Gewicht und die nachteiligen Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, eine mögliche Wiederholungsgefahr und der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers zu berücksichtigen (vgl. BAG 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 26; 26. März 2009 - 2 AZR 953/07 - Rn. 28; 10. November 2005 - 2 AZR 623/04 - Rn. 38, jeweils zitiert nach juris).

65

bb) Gemessen hieran überwiegt das Interesse der Beklagten an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Weiterbeschäftigungsinteresse des Klägers. Zwar ist zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass ihn Unterhaltspflichten gegenüber seiner Ehefrau und seinem Kind treffen und die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch eine außerordentliche Kündigung zwangsläufig mit einem Makel behaftet ist. Auch war zu bedenken, dass das - unterstellt bis dahin beanstandungsfreie - Arbeitsverhältnis, aufgrund der ordentlichen Eigenkündigung des Klägers ohnehin nur noch bis zum 31. Oktober 2009 fortbestehen sollte. Dennoch erweist sich der Kündigungsvorwurf nach Auffassung der Berufungskammer als so gravierend, dass der Beklagten eine Beschäftigung auch nur für wenige weitere Tage nicht zuzumuten war. Der Kläger hat das Vertrauen der Beklagten in seine Redlichkeit in schwerwiegender Weise verletzt, indem er in deren Geschäftsbereich Wettbewerb betrieben hat. Er hat durch die Verhandlungen mit der R und S I O GmbH in Kauf genommen, der Beklagten Nachteile zuzufügen, um seine eigene Selbstständigkeit zu fördern, auch wenn die Beklagte selbst konkrete Vertragsverhandlungen mit ihrer früheren Kooperationspartnerin nicht aufgenommen hatte. Dass insoweit keinesfalls ein finanzieller Schaden entstehen würde, konnte der Kläger nicht mit Sicherheit annehmen. Da keinerlei Anhaltspunkte für ein Unrechtsbewusstsein des Klägers bestehen, war nicht damit zu rechnen, dass die berechtigten Zweifel der Beklagten im Hinblick auf die Loyalität des Klägers etwa durch den Ausspruch einer Abmahnung hätten beseitigt werden können. Dies gilt umso mehr, als der Kläger sich unstreitig jedenfalls nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses im Marktbereich der Beklagten mit der in Konkurrenz zur Beklagten stehenden Firma V GmbH selbstständig betätigen wollte und betätigt hat. Die potentielle Beeinträchtigung ihrer geschäftlichen Interessen bei entgeltpflichtiger Weiterbeschäftigung des ohnehin nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch seine Selbstständigkeit gesicherten Klägers musste die Beklagte auch nicht kurzfristig mehr hinnehmen.

66

d) Die Beklagte hat die außerordentliche, fristlose Kündigung innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt.

67

aa) Gemäß § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann eine außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach Abs. 2 Satz 2 der Bestimmung mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist der Fall, sobald er eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis der einschlägigen Tatsachen hat, die ihm die sachgerechte Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen soll oder nicht. Zu den maßgebenden Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen eine Kündigung sprechenden Umstände (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 407/13 - Rn. 3921. Februar 2013 - 2 AZR 433/12 - Rn. 27; 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 15, jeweils zitiert nach juris).

68

bb) Danach hat die Beklagte die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Die E-Mail des Zeugen R der Firma R und S I O GmbH die Informationen zu den streitigen Gesprächen vom 26. Mai 2009 und 30. Juni 2009 enthält, ist dem Geschäftsführer der Beklagten am 27. November 2009 übersandt worden. Selbst wenn im Text der E-Mail auf ein zuvor stattgefundenes Gespräch an einem Messestand Bezug genommen wird, sind auch dem Vortrag des Klägers keine Anhaltspunkte zu entnehmen, dass die Beklagte bereits länger als zwei Wochen vor Kündigungszugang (am 27. Oktober 2009) Kenntnis von den Geschehnissen im Zusammenhang mit der Firma R und S I O GmbH hatte. Soweit der Kläger die Ansicht vertreten hat, die Kündigung sei verfristet, weil der Geschäftsführer der Beklagten bereits am 07. Juli 2009 - offenbar im Zusammenhang mit der Eigenkündigung des Klägers - über die geplante Selbstständigkeit des Klägers und seiner Kollegen informiert worden sei, vermochte sich die Berufungskammer dem nicht anzuschließen. Auch der Kläger hat nicht behauptet, dem Geschäftsführer der Beklagten die konkreten Vorgänge um die Gespräche vom 26. Mai 2009 und 30. Juni 2009 offenbart zu haben. Allein die bloße Mitteilung der (beabsichtigen) Gründung der V GmbH und deren Tätigkeit im Geschäftsbereich der Beklagten stellt keine Mitteilung der vorliegend relevanten Kündigungsvorwürfe da. Die Beklagte hat dem Kläger nicht gekündigt, weil er sich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses selbstständig machen wollte, sondern weil er unerlaubt Wettbewerb im bestehenden Arbeitsverhältnis betrieben hat.

69

1.2. Die zulässige Zahlungsklage des Klägers ist teilweise begründet. Der Kläger kann von der Beklagten infolge Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die außerordentliche, fristlose Kündigung gemäß § 611 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag Arbeitsentgelt im Zeitraum vom 01. bis 27. Oktober 2009 in anteiliger Höhe von 4.354,84 Euro brutto nebst anteiliger Arbeitgeberzuschüsse zur PV und KV in Höhe von 232,82 Euro verlangen. Soweit bezüglich letztgenannten Anspruchs im Tenor zur Ziff. I 2 ein - vom Kläger nicht geltend gemachter und der Sache nach auch nicht gerechtfertigter - Bruttobetrag zuerkannt wurde, liegt ein offensichtliches Schreibversehen vor. Der weitergehenden Zahlungsklage blieb der Erfolg versagt. Das erstinstanzliche Urteil unterlag auch insoweit der teilweisen Abänderung.

70

1.2.1. Für den Zeitraum vom 1. bis 27. Oktober 2009 steht dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung von 4.354,84 Euro brutto und Arbeitgeberzuschüssen zur PV und KV in Höhe von 232,82 Euro infolge geleisteter Tätigkeit aus § 611 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag zu (5.000,00 Euro bzw. 267,31 Euro : 31 x 27).

71

a) Verlangt der Arbeitnehmer gemäß § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt. Da die konkret zu leistende Arbeit idR vom Arbeitgeber durch Weisungen zu bestimmen ist (§ 106 GewO), genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern. Deshalb hat der Arbeitgeber im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und ob der Arbeitnehmer den Weisungen nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden (vgl. insgesamt BAG 18. April 2012 - 5 AZR 248/11 - Rn. 14, mwN; zitiert nach juris).

72

b) Dem Kläger steht der geltend gemachte Vergütungsanspruch bis 27. Oktober 2009 zu. Er hat behauptet, seine Arbeitsleistung auch nach Mai 2009 wie vereinbart im eigens für ihn angemieteten Projektbüro in München erbracht zu haben. Dem ist die Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten. Insbesondere kann sie sich seinem Anspruch nicht mit der pauschalen Behauptung entziehen, der Kläger habe „spätestens ab Mai 2009“ seine Arbeitsleistung bei der Beklagten eingestellt. Bereits das Arbeitsgerichts hat zutreffend darauf hingewiesen, dass allein die Tatsache, dass dem Kläger in diesem Zeitraum die Fehlerbehebung am Datenlogger X nicht gelungen sein mag, mangels im Arbeitsverhältnis geschuldeten Erfolgs keinen Grund für den Einbehalt der Vergütung darstellt. Auch im Berufungsverfahren ist die die Beklagte schlüssigen Vortrag schuldig geblieben. Soweit sie darauf abhebt, der Kläger habe Entwicklungsarbeiten für das eigene Projekt M vorgenommen bzw. nachfolgend für die Firma L gearbeitet, beschränkt sich ihr Vortrag auf bloße Vermutungen, ohne dass zu konkreten Tagen und Tätigkeiten des Klägers substantiierte Behauptungen erfolgt wären. Die von der Beklagten erstinstanzlich erklärte Aufrechnung mit einer behaupteten Gegenforderung wegen der ihr entstandenen Kosten durch die Fehlerbehebung am Datenlogger X durch den Zeugen G und den Geschäftsführer der Beklagten hat den Anspruch nicht gemäß §§ 387, 389 BGB zum Erlöschen gebracht. Die Aufrechnung erweist sich - soweit Bruttoforderungen des Klägers betroffen sind - zum einen bereits mangels Gegenseitigkeit der Forderungen als unzulässig. Der Arbeitgeber kann gegen Bruttolohnforderungen des Arbeitnehmers nicht mit Gegenansprüchen aufrechnen, es sei denn, die Höhe der Abzüge ist bekannt; aufgerechnet werden kann nur gegen Nettolohnforderungen des Arbeitnehmers (LAG Rheinland-Pfalz 11. November 2014 - 6 Sa 243/14 -, Rn. 55 mwN, zitiert nach juris). Darüber hinaus steht der Beklagten der geltend gemachte Schadensersatzanspruch bereits deshalb nicht zu, da sie - nachdem der Kläger ein Tätigwerden des Zeugen G und den Geschäftsführers der Beklagten mit Nichtwissen und als unsubstantiiert bestritte hatte - nicht im Einzelnen dargelegt und unter Beweis gestellt hat, wann und wie die pauschal behauptete Fehlerbehebung stattgefunden hat.

73

c) Der Zinsausspruch ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzuges (§§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 2 BGB).

74

1.2.2. Ein über den 27. Oktober 2009 hinausgehender Zahlungsanspruch besteht infolge Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten nicht.

75

2. Die Berufung der Beklagten gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts über die Widerklage, ist teilweise entscheidungsreif und - soweit entscheidungsreif - nur teilweise begründet. Das erstinstanzliche Urteil war im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang teilweise abzuändern.

76

2.1. Die von der Beklagten zuletzt mit den Anträgen zu 1a), 1b), 2, 5a) und 5b) verfolgte Stufenklage ist nur teilweise zur Entscheidung reif. Die Beklagte kann lediglich die mit dem Antrag zu 1b) in der ersten Stufe verfolgte Auskunft und diese auch nur im tenorierten Umfang verlangen (2.1.1.). Der mit dem Antrag zu 1a) verfolgte Auskunftsanspruch ist als Stufenklage nicht zulässig; als im Wege zulässiger objektiver Klagehäufung verfolgter Auskunftsanspruch nicht begründet (2.1.2.). Die Entscheidung über die Anträge zu 2, 5a) und 5b) bleibt vorbehalten.

77

2.1.1. Die Beklagte kann vom Kläger gemäß ihres Antrags zu 1b) in der 1. Stufe der - diesbezüglich wegen festgestellter Wettbewerbsverletzung des Klägers zulässigen - Stufenklage verlangen, Auskunft zu erteilen, welche Angebote er im Zeitraum vom 24. September 2008 bis zum 26. Oktober 2009 vorgenommen hat und wann, wo er welche Aufträge eigenen Namens oder namens der neu gegründeten Firma V GmbH entgegengenommen oder an Vertragsverhandlungen mitgewirkt hat. Der weitergehende Antrag zu 1b) ist nicht begründet.

78

a) Die von der Beklagten mit dem Antrag zu 1b) geltend gemachte Auskunftsklage ist in der ersten Stufe zur Endentscheidung reif, so dass ein Teilurteil ergehen kann, § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Berufungskammer legt den Antrag zu 1b) hierbei dahingehend aus, dass der Kläger ausschließlich zu Auskünften hinsichtlich eines Tätigwerdens im Datenlogger betreffenden Geschäftsbereich der Beklagten verpflichtet werden soll, da die Beklagte den Antrag auf unerlaubten Wettbewerb des Klägers stützt. Gleichermaßen hat die Berufungskammer den Antrag der Beklagten dahingehend ausgelegt, dass dem Begehren der Beklagten, der Kläger möge seine Auskunft nach Datum und Ort aufschlüsseln, bereits damit Rechnung getragen ist, dass der Kläger über bestimmte Angebote und den Zeitpunkt („wann“) und Ort („wo“) bestimmter Aufträge bzw. Vertragsverhandlungen Auskunft erteilen soll. Es ist nicht anzunehmen, dass die Beklagte die Angaben von Datum und Ort zweifach verlangen wollte, weshalb der Antrag insoweit wegen doppelter Rechtshängigkeit als unzulässig betrachtet werden müsste.

79

b) Der Beklagten steht der mit dem Antrag zu 1b) im ausgelegten Umfang verfolgte Auskunftsanspruch überwiegend zu.

80

aa) Verstößt ein Arbeitnehmer gegen das während des Arbeitsverhältnisses bestehende Wettbewerbsverbot, stehen dem Arbeitgeber eine Reihe von Rechten zu, insbesondere ua. der Anspruch auf Schadenersatz wegen Vertragsverletzung und der Anspruch auf Herausgabe des durch die vertragswidrige Handlungsweise Erlangten; entsprechende Rechte räumen dem Arbeitgeber §§ 60, 61 HGB ein(vgl. BAG 21. Oktober 1970 - 3 AZR 479/69- Rn. 9, zitiert nach juris). Derjenige, der einem anderen gegenüber vertraglich verpflichtet ist, Wettbewerb zu unterlassen, schuldet diesem Auskunft, sobald er ihm erheblichen Anlass gegeben hat, zu vermuten, er habe seine Vertragspflicht verletzt; in ähnlicher Weise wird auch sonst eine Auskunftspflicht anerkannt, wenn aufgrund eines bestehenden Rechtsverhältnisses einem Beteiligten Ansprüche erwachsen können, die er ohne vorherige Auskunft nicht geltend zu machen vermag; Voraussetzung der Auskunftspflicht ist lediglich, dass der Berechtigte die Wahrscheinlichkeit seines Anspruchs darlegt (BAG 12. Mai 1972 - 3 AZR 401/71 - Rn. 24, vgl. auch 17. Dezember 2012 - 10 AZR 809/11 - Rn. 25; jeweils zitiert nach juris). Für den Auskunftsanspruch kommt es nicht darauf an, dass nachgewiesen ist, dass der Arbeitnehmer in weiteren Fällen Wettbewerb betrieben hat; ob dies der Fall ist, soll gerade durch seine Auskunft geklärt werden, der Auskunftsanspruch setzt deshalb nur voraus, dass der Arbeitgeber ernsthaften Anlass hat, vertragswidrigen Wettbewerb zu befürchten; dazu reicht es aus, dass ein einziger Versuch des Arbeitnehmers feststeht, gleichviel, ob er erfolgreich war oder nicht (vgl. BAG 12. Mai 1972 - 3 AZR 401/71 - Rn. 33, aaO).

81

bb) Ausgehend hiervon hat der Kläger der Beklagten Auskunft zu erteilen, welche Angebote er im Zeitraum vom 24. September 2008 bis zum 26. Oktober 2009 vorbenommen hat und wann, wo er welche Aufträge eigenen Namens oder namens der neu gegründeten Firma V GmbH entgegengenommen oder an Vertragsverhandlungen mitgewirkt hat.

82

(1) Aus den unter A II 1 1.1. b bb (2) dargestellten Gründen steht für die Berufungskammer zur Überzeugung fest, dass der Kläger sich zumindest im Falle der Verhandlungen mit der Firma R und S I O GmbH im bestehenden Arbeitsverhältnis des unerlaubten Wettbewerbs schuldig gemacht hat.

83

Der Kläger hat seine Auskunftsverpflichtung bislang nicht erfüllt. Das Bestreiten einer vertragswidrigen Konkurrenztätigkeit reicht dann als Auskunft nicht aus, wenn die Parteien noch darüber streiten, wie weit die Unterlassungspflicht reicht; solange hierüber noch Streit besteht, fehlt der Erklärung des Klägers, er habe sich nicht vertragswidrig verhalten, die für eine Auskunft zu fordernde Eindeutigkeit; der Umfang der Auskunftspflicht muss so bestimmt sein, dass auch eine negative Auskunft die Grundlage einer eidesstattlichen Versicherung abgeben kann (BAG 12. Mai 1972 - 3 AZR 401/71 - Rn. 45, zitiert nach juris).

84

Dem Auskunftsbegehren der Beklagten stünde nicht entgegen, dass der Kläger sich möglicherweise einer strafbaren Handlung bezichtigen müsste. Die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung befreit den Schuldner nicht von der Verpflichtung zur Auskunft und Rechnungslegung. Wer ein fremdes Rechtsgut verletzt, hat grundsätzlich dafür einzustehen und für die Wiedergutmachung zu sorgen. Ist dies nicht anders möglich als durch das Eingeständnis strafbarer Handlungen, so hat der Schädiger dies auf sich zu nehmen (BAG 11. Dezember 1990 - 3 AZR 407/89 - Rn. 16, zitiert nach juris). Ungeachtet dessen greift dieser Gesichtspunkt vorliegend im Übrigen bereits deshalb nicht ein, da das gegen den Kläger wegen Verrats von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (§ 17 UWG) geführte Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist(vgl. Hessisches Landesarbeitsgericht 17. August 2012 - 10 Sa 1160/11 -, Rn. 70, zitiert nach juris).

85

(2) Die Auskunftsklage zu 1b) unterlag allerdings der Abweisung, soweit die Beklagte die detaillierte Aufschlüsselung des Zeitaufwands des Klägers verlangt hat. Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf alle Angaben, die Voraussetzung einer etwaigen Schadensersatzforderung sein können (BAG 12. Mai 1972 - 3 AZR 401/71 - Rn. 36, zitiert nach juris). Es ist bereits nicht ersichtlich, inwieweit der zeitliche Umfang des Tätigwerdens des Klägers für einen wettbewerbsrechtlichen Schadensersatzanspruch der Beklagten relevant sein könnte. Soweit das Begehren der Beklagten darauf gerichtet sein sollte, zu ermitteln, in welchem Umfang der Kläger möglicherweise durch wettbewerbswidrige Handlungen zugleich seine Arbeitspflicht verletzt hat, ist dies vom Auskunftsanspruch nicht gedeckt. Außerhalb der gesetzlich oder vertraglich geregelten Auskunftsansprüche besteht ein Auskunftsrecht nur dann, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang eines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen tatsächlichen Angaben unschwer machen kann (BAG 19. April 2005 - 9 AZR 188/04 - Rn. 21 mwN; 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - Rn. 15, jeweils zitiert nach juris). Da es der Beklagten unbenommen war, die Kontrolle der Arbeitsleistung des Klägers - auch wenn diese im Projektbüro in M zu erbringen war - durch geeignete Instrumentarien (zB. feste Anwesenheitszeiten, Vorgabe bestimmter Abgabetermine und Rückmeldefristen) sicherzustellen, ist sie jedenfalls nicht in entschuldbarer Weise in Unkenntnis.

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2.1.2. Die Beklagte kann nicht - wie zuletzt mit dem Antrag zu 1a) begehrt - vom Kläger Auskunft verlangen über die im Zeitraum vom 24. September 2008 bis zum 26. Oktober 2009 getätigten Arbeiten, insbesondere, welche Entwicklungen und Konzepte er allein oder gemeinsam mit anderen Personen vorgenommen hat.

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a) Der von der Beklagten verfolgte Antrag zu 1a) ist als Stufenklage gemäß § 254 ZPO nicht zulässig.

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aa) Nach § 254 ZPO kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, wenn mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet(BGH 29. März 2011 - VI ZR 117/10 - Rn. 8, zitiert nach juris). Die begehrte Auskunft muss für die Erhebung eines bestimmten Antrages erforderlich sein (vgl. BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 527/10 - Rn. 53 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - Rn. 15; jeweils zitiert nach juris). Die Besonderheit der Stufenklage liegt nicht in der Zulassung einer Anspruchsverbindung in einer Klage, sondern in erster Linie in der Zulassung eines unbestimmten Antrags entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Stufenklage soll dem Kläger die Prozessführung nicht allgemein erleichtern. Vielmehr muss sein Unvermögen zur bestimmten Angabe der von ihm auf der letzten Stufe seiner Klage beanspruchten Leistung gerade auf den Umständen beruhen, über die er auf der ersten Stufe Auskunft begehrt, bzw. muss das Auskunftsbegehren gerade der Vorbereitung der auf der letzten Stufe noch nachzuholenden bestimmten Angabe dienen. Daraus folgt, dass im Rahmen der Stufenklage die Auskunft lediglich ein Hilfsmittel ist, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen. Die der Stufenklage eigentümliche Verknüpfung von unbestimmtem Leistungsanspruch und vorbereitendem Auskunftsanspruch steht dagegen nicht zur Verfügung, wenn die Auskunft überhaupt nicht dem Zwecke einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll (BGH 29. März 2011 - VI ZR 117/10 - Rn. 8 mwN, 18. April 2002 - VII ZR 260/01 - Rn. 16; 02. März 2000 - III ZR 65/99 - Rn. 18; jeweils zitiert nach juris).

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bb) Ausgehend hiervon kann von einer Zulässigkeit des Auskunftsantrags zu 1a) im Wege der Stufenklage nicht ausgegangen werden. Die von der Beklagten verlangte Auskunft dient nicht dazu, einen ihr zustehenden Schadensersatzanspruch (Antrag zu 5b) lediglich zu beziffern oder einen Leistungsanspruch - hier: Übertragung von Rechten (Antrag zu 5a) - bestimmbar zu machen, sondern hat allein den Zweck, zu ermitteln, ob der Beklagten solche Ansprüche überhaupt zustehen. Nach dem Wortlaut des Antrags zu 1a) soll der Kläger Auskunft erteilen über die von ihm - allein oder mit anderen - im Antragszeitraum getätigten Arbeiten, insbesondere in Form von Entwicklungen und Konzepten. Damit soll der Klägers Auskunft erteilen über sämtliche von ihm verrichtete Arbeiten, unabhängig davon, ob er sie im Rahmen des Arbeitsverhältnisses der Parteien oder privat, rechtmäßig oder unter Verletzung von Rechten der Beklagten oder Dritter erbracht hat. Auf welcher Rechtsgrundlage der Beklagten ein Schadensersatz- oder sonstiger Leistungsanspruch zustehen sollte, für den es einer derart weitgehenden Auskunft bedarf, erschließt sich nicht. Damit ergibt sich zweifellos, dass das Auskunftsbegehren gerade nicht dazu dient, der Beklagten die Bezifferung eines ihr auf der letzten Stufe zustehenden Anspruchs zu ermöglichen, sondern es vielmehr im Rahmen der Rechtsverfolgung um die Sachverhaltsermittlung geht, ob der Beklagten Ansprüche zustehen könnten.

90

b) Die als solche unzulässige Stufenklage ist jedoch in eine - zulässige - Klagehäufung im Sinne des § 260 ZPO umzudeuten. Auch wenn das Auskunftsbegehren der Beklagten nicht der Bestimmbarkeit bzw. Bezifferbarkeit des Leistungsantrags dient und daher als erste Stufe einer Stufenklage im Sinne des § 254 ZPO unzulässig ist, ist ihr ein - zumindest für die Rechtsschutzgewährung ausreichendes - berechtigtes Interesse an der begehrten Auskunft nicht abzusprechen. Die Frage, ob ihr gegen den Kläger ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Auskunft tatsächlich zusteht, ist dementsprechend nicht eine solche der Zulässigkeit des Auskunftsanspruchs, sondern der Begründetheit (vgl. BGH 23. März 2011 - VI ZR 117/10 - Rn. 13, 2. März 2000 - III ZR 65/99 - Rn. 22, jeweils zitiert nach juris). Werden im Wege objektiver Klagehäufung in zulässiger Weise sowohl (zur Vorbereitung eines Schadensersatzbegehrens) ein Auskunftsanspruch als auch der Anspruch auf Schadensersatz geltend gemacht, darf über den Auskunftsantrag vorab durch Teilurteil entschieden werden (vgl. zu §§ 84a, 84 AMG: BGH 29. März 2011 - VI ZR 117/10 - Rn. 14, zitiert nach juris)

91

c) Der Beklagten steht der mit dem Antrag zu 1a) geltend gemachte Auskunftsanspruch in der Sache nicht zu.

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aa) Der Umstand allein, dass jemand Kenntnis von Tatsachen hat oder haben könnte, die für einen anderen von Bedeutung sein mögen, verpflichtet ihn nicht zur Auskunftserteilung; denn eine allgemeine, nicht aus besonderen Rechtsgründen abgeleitete Auskunftspflicht ist dem bürgerlichen Recht unbekannt (BGH 18. Januar 1978 - VIII ZR 262/76 - Rn. 17, zitiert nach juris). Gewohnheitsrechtlich ist jedoch anerkannt, dass Auskunftsansprüche nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) bestehen können, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann (vgl. BAG 19. April 2005 - 9 AZR 188/04 - Rn. 21, 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - Rn. 21 f.; jeweils zitiert nach juris). Im Regelfall setzt das einen dem Grunde nach feststehenden Leistungsanspruch voraus (BAG 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - Rn. 22; 27. Juni 1990 - 5 AZR 334/89 - Rn. 17 ff.; BGH 7. Dezember 1988 - IVa ZR 290/87 - Rn. 11; vgl. auch BAG 21. November 2000 - 9 AZR 665/99 -Rn. 44; BGH 18. Januar 1978 - VIII ZR 262/76 - Rn. 18, jeweils zitiert nach juris). Besteht zwischen den Parteien eine Sonderverbindung, insbesondere ein Vertragsverhältnis, dann reicht es aus, dass mit der Auskunftsklage auch der Bestand eines Leistungsanspruchs geklärt werden soll, sofern der Berechtigte die Wahrscheinlichkeit seines Anspruchs dargelegt hat (BAG 21. November 2000 - 9 AZR 665/99 - mwN Rn. 44 aaO). Innerhalb vertraglicher Beziehungen, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen wie dem Arbeitsverhältnis, kann der Auskunftsanspruch darüber hinaus die Funktion haben, dem Berechtigten Informationen auch schon über das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach zu verschaffen (vgl. BAG 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - Rn. 22, aaO). Allerdings sind die gesetzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Prozess und gesetzliche Beweislastregeln zu berücksichtigen; die Darlegungs- und Beweissituation darf nicht durch die Gewährung materiell-rechtlicher Auskunftsansprüche unzulässig verändert werden (BAG 01. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - Rn. 23; 07. September 1998 - 8 AZR 828/93 - Rn. 30; LAG Rheinland-Pfalz 17. September 2008 - 9 Ta 169/08 - Rn. 11, jeweils zitiert nach juris).

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bb) Ausgehend hiervon steht der Beklagten der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht zu. Es ist der Beklagten nicht gelungen, darzulegen, dass ihr ein als Basis für den verfolgten - unselbstständigen - Auskunftsanspruch dienender Hauptanspruch zustehen könnte. Die Zuerkennung eines Auskunftsanspruchs würde die im Zivilprozess bestehende Darlegungs- und Beweislastsituation, nach der die Beklagte die Anspruchsvoraussetzungen darlegen und beweisen muss, durch die Gewährung eines materiell-rechtlichen Auskunftsanspruchs unzulässig zu Gunsten der Beklagten verändern.

94

(1) Die Beklagte hat zivilprozessual nicht schlüssig dargelegt, dass die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nach §§ 280 BGB, 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB iVm. § 17 Abs. 1 und Abs. 2 UWG, § 1 UWG vorliegen könnten, weil der Kläger Betriebsgeheimnisse der Beklagten unbefugt verwertet hat. Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten unterstellt, dass es sich beim Datenlogger X der Beklagten um ein Betriebsgeheimnis iSd. § 17 UWG handelt, hat sie nicht substantiiert dargetan, dass der Kläger sich dieses Betriebsgeheimnis während des bestehenden Arbeitsverhältnisses unbefugt verschafft und verwertet hat. Der Kläger hat stets bestritten, dass der Datenlogger M+ der V GmbH während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses bereits fertig entwickelt gewesen sei und hat vorgetragen, dass es sich bei diesem geplanten Datenlogger um eine Neuentwicklung gehandelt habe. Auch in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer hat der Kläger in diesem Sinne erneut dargelegt, der letztlich von der Firma V GmbH entwickelte Datenlogger habe eine andere Hard- und Softwarearchitektur und basiere auf Soft- und Hardwarekomponenten, die entweder selbst entwickelt, zugekauft worden seien oder bei denen man O S Software verwendet habe. Das Arbeitsgericht hat in der erstinstanzlichen Entscheidung (A III S. 20 f. = Bl. 372 f. d. A.) zutreffend darauf hingewiesen, die Beklagte habe weder substantiiert dargelegt, inwieweit der Kläger rechtswidrig Betriebsgeheimnisse benutzt haben soll, noch konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für ihre pauschale Behauptung, der Kläger habe sich in unredlicher Weise unter Verstoß gegen §§ 1, 17 UWG Betriebsgeheimnisse angeeignet, benannt. Auch die Ausführungen der Beklagten im Berufungsverfahren haben hieran nichts geändert. Die Beklagte hat für die Berufungskammer nicht in erkennbarer Weise dargetan, dass und aus welchen Gründen der Datenlogger M+ der Firma V GmbH nur unter Verwendung von Betriebsgeheimnissen der Beklagten in Form von deren Datenlogger X durch den Kläger während des bestehenden Arbeitsverhältnisses entwickelt worden sein kann. Es war nicht - etwa durch vergleichende Betrachtung - ersichtlich, dass der Datenlogger M+ entgegen der Behauptung des Klägers nicht aus käuflich zu erwerbenden oder vom Kläger und seinen Kollegen selbst entwickelten Bauteilen zusammengesetzt ist, sondern aus geschützten, anspruchsvollen und technisch nicht trivialen Programmsequenzen des Datenloggers der Beklagten in erheblichem Umfang. Auch ausreichende Indizien, die nur diesen Schluss zulassen würden, hat die Beklagte nicht dargetan. Soweit sie sich darauf berufen hat, dass bei der Auswertung der dienstlichen Rechner des Klägers und seiner Kollegen in Dokumenten der Firma V GmbH Schlüsselwörter wie beispielsweise die Namen früherer Mitarbeiter der Beklagten oder der Name X gefunden worden seien, erlaubt allein dies nicht die Schlussfolgerung, dass als Betriebsgeheimnis zu wertende Programme oder Dateien der Beklagten vom Kläger unerlaubt für den Datenlogger M verwendet worden sind. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte dem Zeugen T bei dessen Ausscheiden im Hinblick auf ein von diesem betreutes Projekt die weitere Nutzung zugestanden und einen Teilbereich der Firma der Beklagten an diesen übertragen hat. Soweit die Beklagte beanstandet hat, das Arbeitsgericht habe sich nicht mit dem Inhalt der Akten aus dem - zwischenzeitlich eingestellten - Strafverfahren gegen den Kläger wegen unlauteren Wettbewerbs (§ 17 UWG) im Einzelnen auseinandergesetzt, verkennt sie die ihr obliegende Darlegungs- und Beweislast im Zivilprozess. Gleiches gilt, soweit sie - vom Kläger beanstandet - zur Untermauerung ihrer pauschalen Behauptungen Schriftsätze aus dem Strafverfahren zur Akte gereicht hat. Anlagen können lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nicht ersetzen (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 29; BGH 2. Juli 2007 - II ZR 111/05 - Rn. 25 mwN; zitiert nach juris).

95

(2) Auch die von der Beklagten angeführte Ansprüche aus Urheberrechtsverletzung, hinsichtlich derer der Berufungskammer die Prüfung der Rechtwegeröffnung gemäß § 65 ArbGG iVm. § 17a Abs. 5 GVG versagt ist, kommen als Grundlage für deren Auskunftsanspruch nach dem Vorbringen der Beklagten in vorliegendem Rechtsstreit nicht in Betracht. Gemäß § 69b Abs. 1 UrhG ist ausschließlich der Arbeitgeber zur Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse an dem Computerprogramm berechtigt, sofern nichts anderes vereinbart ist, wenn ein Computerprogramm von einem Arbeitnehmer in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen seines Arbeitgebers geschaffen wird. Vorliegend ist es der Beklagten bereits nicht gelungen darzulegen, dass der Kläger in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach Anweisungen der Beklagten ein Computerprogramm geschaffen hat. § 69b UrhG differenziert insoweit zwischen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses geschaffenen Pflichtwerken und privaten (sog. freien) Werken (Wandtke/Bullinger UrheberR - Grützmacher UrhG § 69 b Rn. 5). § 69 b UrhG unterfällt nicht ein sogenanntes freiwilliges Werk, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass es vom Arbeitnehmer oder Bediensteten ohne einen inneren Zusammenhang mit seinen arbeitsvertraglichen bzw. dienstrechtlichen Pflichten geschaffen worden ist, jedoch im Arbeitsbereich des Betriebes verwendbar ist oder ihm Konkurrenz machen könnte (OLG Düsseldorf - 27. Mai 2004 - I-2 U 67/95, 2 U 67/2 U 67/95 - Rn. 24; zitiert nach juris). Der Geschäftsführer der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer bestätigt, dass die Entwicklung der Hardwareseite des Datenloggers der „3. G“ bei der Beklagten ab ca. Ende 2008 dem Zeugen T übertragen war. Auch wenn der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger zugleich als „wichtigen Tippgeber“ für den Zeugen T hinsichtlich der - bei richtiger Konzipierung der Hardware nach seinen Angaben regelmäßig zu 90 % übertragbaren - Softwareseite bezeichnete, stand damit für die Berufungskammer fest, dass der Kläger zwar für die Wartung und Betreuung des Datenloggers X zuständig war, - anders als der Zeuge T – aber die Erstellung eines Datenloggers der 3. G als Ergebnis seiner Arbeitstätigkeit gerade nicht arbeitsvertraglich geschuldet hat. Unabhängig davon setzt das Vorliegen einer Rechtsverletzung bezüglich urheberrechtlich geschützter Software bei Übereinstimmungen der Software in Teilbereichen voraus, dass urheberrechtlich geschützte Programmteile übernommen werden (LG Düsseldorf 12. Januar 2007 - 12 O 345/02 - Rn. 69; OLG Hamburg, CR 2001, 434, 435). Dass dies vorliegend bei der Erstellung des Datenloggers M+ im Hinblick auf den Datenlogger X der Beklagten der Fall gewesen ist, hat die Beklagte nicht substantiiert dargelegt. Auf die Ausführungen zu § 17 UWG unter A II 2.1.2. c) bb) (1) wird Bezug genommen.

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2.2. Der Beklagten steht kein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 280 BGB iVm. § 241 Abs. 2BGB in Höhe von 26.500,00 Euro zu, was dem Abfindungsbetrag entspricht, den die Beklagte an den Zeugen T ausgekehrt hat. Die Berufungskammer nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (IV der Entscheidungsgründe, S. 21 des Urteils = Bl. 373 f. d. A.) Bezug, macht sie sich zur Vermeidung von Wiederholungen zu Eigen und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Auch die Einwendungen der Beklagten in der Berufung geben keinen Anlass zu einer anderen Betrachtung. Ungeachtet der Tatsache, dass es der Beklagten auch zweitinstanzlich bereits nicht gelungen ist, darzulegen, inwieweit der Zeuge T sich im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses arbeitsvertraglicher Pflichtverletzungen schuldig gemacht hat, hinsichtlich derer der Kläger eine Aufklärungspflicht gehabt hätte, hat die Beklagte auch nicht weiter dargelegt, inwieweit ein Verhalten des Klägers kausal für die Abfindungszahlung gewesen sein sollte. Angesichts der Tatsache, dass die Beklagte selbst vorgetragen hat, sie habe den Zeugen T wegen seines Versagens im Aufgabenfeld Weiterentwicklung des Datenloggers, wegen eigenmächtiger Absprachen mit Kunden und wegen Verletzungen der Arbeitszeitregelung entlassen und mit ihm zur Vermeidung einer langwierigen Auseinandersetzung einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung geschlossen, bestehen hieran jedenfalls erhebliche Zweifel. Ob - wie vom Kläger behauptet - die Abfindung im Hinblick auf die im Vergleich zum ursprünglichen Kündigungszeitpunkt frühere Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Zeugen T gezahlt worden ist, kann dahinstehen.

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2.3. Der von der Beklagten im Rahmen der Widerklage zur Entscheidung gestellte Antrag zu 4), mit dem sie die Feststellung begehrt, dass der Kläger verpflichtet ist, ihr sämtlichen Schadens zu ersetzen, der ihr noch dadurch entstehen wird, dass der Kläger sich die Technologie der Beklagten zur Erstellung eines Multibusdatenloggers unbefugt verschafft hat, ist weder zulässig, noch - seine Zulässigkeit zu Gunsten der Beklagten unterstellt - begründet.

98

2.3.1. Der Antrag erweist sich bereits mangels hinreichender Bestimmtheit als nicht zulässig.

99

a) § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO verlangt (u. a.) einen „bestimmten Antrag“. Der Klageantrag bestimmt Art und Umfang des Rechtsschutzbegehrens. Er bindet das Gericht (§ 308 ZPO) und bestimmt durch Erfolg und Nichterfolg die Kostenfolge (§ 92 ZPO). Daher muss er, obwohl der Auslegung (§ 133 BGB) zugänglich, eindeutig sein. Es genügt nicht, dass sich aus der Klagebegründung oder einer Anlage der Gegenstand des Rechtsstreits erschließen lässt. Grundsätzlich ist ein Klageantrag hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret (beziffert oder gegenständlich) bezeichnet, den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) erkennbar abgrenzt, den Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt und das Risiko des (eventuell teilweisen) Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt(LAG Hessen 05. August 2014 - 13 Sa 795/13 -, Rn. 21, zitiert nach juris unter Verweis auf Zöller/Greger ZPO 30. Auflage 2014 § 253 Rn. 13 mwN.). Auch eine Feststellungsklage muss nach § 253 Abs 2 Nr. 2 ZPO die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Streitgegenstand und der Umfang der gerichtlichen Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis müssen klar umrissen sein (BAG 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11; 19. Februar 2008 - 9 AZR 70/07 - Rn. 16; jeweils zitiert nach juris), so dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann. Bei einer stattgebenden Entscheidung darf keine Unklarheit über den Umfang der Rechtskraft bestehen. Bei einer Feststellungsklage sind dabei grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einer Leistungsklage (BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 242/10 - Rn. 19 mwN, zitiert nach juris).

100

b) Gemessen hieran ist der Antrag zu 4) nicht zulässig. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass bereits nicht klar umrissen ist, was unter dem Begriff der „Technologie der Beklagten zur Erstellung eines Multibusdatenloggers“ zu verstehen sein soll. Hierunter könnten Hard- und/oder Softwarekomponenten fallen, sowie einzelne Programme und zwar von Mitarbeitern der Beklagten selbst erstellte Programme oder aber auf dem allgemeinen Markt erhältliche zugekaufte Programme. Gleichermaßen ist nicht ersichtlich, welcher Multibusdatenlogger vom Antrag umfasst sein soll, da -wie dem Streit der Parteien zu entnehmen - Multibusdatenlogger verschiedener Generationen existieren. Ebenso bleibt unklar, auf welches konkrete schadensersatzbegründende Ereignis und Verhalten des Klägers sich der Antrag beziehen soll. Es erfolgt weder eine zeitliche, noch eine sächliche Eingrenzung.

101

2.3.2. Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten davon ausgehen wollte, dass der Klageantrag die Bestimmtheitserfordernisse des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfüllt, steht der Beklagten die begehrte Feststellung in der Sache nicht zu. Die Beklagte hat weder schlüssig dargetan, dass ihr ein Schadensersatzanspruch nach §§ 280 BGB, 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB iVm. § 17 Abs. 1 und Abs. 2 UWG, § 1 UWG zusteht, weil der Kläger Betriebsgeheimnisse der Beklagten unbefugt verwertet hat, noch dass sie Ansprüche wegen Verletzung von Urheberrechten hat. Auf die diesbezüglichen Ausführungen unter A II 2.1.2. c) bb) wird Bezug genommen.

102

3. Soweit die Anregung der Beklagten, vorliegendes Verfahren bis zum Abschluss des gegen den Kläger wegen Prozessbetrugs bei der Staatsanwaltschaft Landau - 7... - geführten Verfahrens vorläufig ruhend zu stellen, als Aussetzungsantrag nach § 149 ZPO zu verstehen sein sollte, konnte dem Antrag nach alledem nicht stattgegeben werden. Unabhängig davon, dass die Beklagte bereits nicht im Einzelnen dargelegt hat, inwieweit nach dem rechtskräftigem Abschluss des ua. gegen den Kläger gerichteten Verfahrens wegen Wettbewerbsverletzung (§ 17 UWG) das Verfahren wegen Prozessbetruges vorliegend vorgreiflich sein soll, war jedenfalls nicht ersichtlich, dass ein zu erwartender Erkenntnisgewinn die weitere Verzögerung des bereits seit Ende 2009 anhängigen Zivilprozesses rechtfertigen würde, nachdem der Rechtsstreit bereits im Hinblick auf das frühere Strafverfahren vom 02. März 2010 bis 21. November 2011 und vom 13. Dezember 2011 bis 14. November 2013 im Einvernehmen mit den Parteien geruht hat.

B.

103

Die Kostenentscheidung war dem Schlussurteil vorzubehalten.

104

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

(1) Arbeitseinkommen, das in Geld zahlbar ist, kann nur nach Maßgabe der §§ 850a bis 850i gepfändet werden.

(2) Arbeitseinkommen im Sinne dieser Vorschrift sind die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten, Arbeits- und Dienstlöhne, Ruhegelder und ähnliche nach dem einstweiligen oder dauernden Ausscheiden aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis gewährte fortlaufende Einkünfte, ferner Hinterbliebenenbezüge sowie sonstige Vergütungen für Dienstleistungen aller Art, die die Erwerbstätigkeit des Schuldners vollständig oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen.

(3) Arbeitseinkommen sind auch die folgenden Bezüge, soweit sie in Geld zahlbar sind:

a)
Bezüge, die ein Arbeitnehmer zum Ausgleich für Wettbewerbsbeschränkungen für die Zeit nach Beendigung seines Dienstverhältnisses beanspruchen kann;
b)
Renten, die auf Grund von Versicherungsverträgen gewährt werden, wenn diese Verträge zur Versorgung des Versicherungsnehmers oder seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen eingegangen sind.

(4) Die Pfändung des in Geld zahlbaren Arbeitseinkommens erfasst alle Vergütungen, die dem Schuldner aus der Arbeits- oder Dienstleistung zustehen, ohne Rücksicht auf ihre Benennung oder Berechnungsart.

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.