Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Mai 2013 - 6 SaGa 2/13

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2013:0514.6SAGA2.13.0A
bei uns veröffentlicht am14.05.2013

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Tenor

Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 05.02.13, AZ: 9 Ga 2/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz darüber, ob und unter welchen Umständen der Verfügungskläger, der bislang als Betriebsratsvorsitzender freigestellt war, verpflichtet ist, seine arbeitsvertragliche Tätigkeit wieder aufzunehmen.

2

Der Verfügungskläger ist seit 01. Januar 1990 bei der Klimageräte fertigenden Verfügungsbeklagten beschäftigt. Zuletzt war er ab 1. November 1992 in die Lohngruppe D 1 als Prüfer eingestuft. Seit 1998 ist der Verfügungskläger Mitglied des bei der Verfügungsbeklagten gewählten Betriebsrates und seit 1999 dessen Vorsitzender. Er ist seit Juli 2001 gemäß § 38 Abs. 1, Satz 1 BetrVG als einziges Betriebsratsmitglied von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt. Zuletzt wurde der siebenköpfige Betriebsrat am 09. März 2010 gewählt. Die Verfügungsbeklagte gewährt dem Verfügungskläger seit Oktober 2010 im Rahmen des beruflichen Entwicklungsschutzes Vergütung nach der Lohngruppe F2 (Schichtführer/ RPS-Koordinator) mit einer weiteren Zulage von 400,00 Euro. Der Verfügungskläger hat an einer Fortbildung in die Tätigkeit der Lohngruppe F2 bislang nicht teilgenommen und war in der Lohngruppe F2 auch nicht tätig.

3

Die Zahl der Mitarbeiter der Stammbelegschaft der Verfügungsbeklagten, die in der Vergangenheit regelmäßig mehr als 200 Mitarbeiter bzw. Leiharbeitnehmer beschäftigte, entwickelte sich seit Juli 2012 ebenso wie die Zahl der von der Verfügungsbeklagten beschäftigten Leiharbeitnehmer rückläufig. Zwischen den Parteien ist streitig, ob es sich um eine vorübergehende Personalschwankung handelt. Die Zahl der Belegschaftsmitglieder einschließlich der Verwaltungsmitarbeiter stellt sich von Juli 2012 bis Januar 2013 unter Berücksichtigung des Krankenstandes und der Urlaubsabwesenheiten - vom Verfügungskläger im Berufungsrechtszug zuletzt nicht mehr in Abrede gestellt - wie folgt dar:

4

Monate

Stammgesellschaft

Leiharbeitnehmer

Krankheits- und
Urlaubsabwesenheit

Juli
2012

227     

19    

59    

August
2012

217     

21    

57    

September 2012

208     

21    

50    

Oktober
2012

194     

17    

42    

November
2012

187     

12    

28    

Dezember
2012

184     

0       

34    

Januar
2013

183     

0       

        
5

Die Verfügungsbeklagte, die mit dem Betriebsrat in der Vergangenheit zahlreiche Beschlussverfahren geführt hat, ua. hinsichtlich des Einsatzes von Leiharbeitnehmern, teilte dem Verfügungskläger mit Schreiben vom 05. Dezember 2012 mit, auf der Basis des voraussichtlich auch im 1. Quartal 2013 nicht verbesserten rückläufigen Auftragsvolumens seien alle noch verbliebenen Leiharbeitnehmer abgekündigt worden; da die Anzahl der regelmäßigen Beschäftigten künftig deutlich unter der Grenze des § 38 Abs. 1, Satz 1 BetrVG liege, entfalle die Freistellung des Verfügungsklägers. Die Verfügungsbeklagte kündigte an, den Verfügungskläger ab 07. Januar 2013 wieder im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen einzusetzen und schlug verschiedene Tätigkeiten in der Produktion zur Abstimmung vor, nicht jedoch eine Tätigkeit in Lohngruppe F2 als Schichtführer/RPS-Koordinator. In seiner Sitzung vom 11. Dezember 2012 beschloss der Betriebsrat vorsorglich, den Verfügungskläger zur Wahrnehmung seiner Aufgaben als Betriebsratsvorsitzender vollständig von der Arbeit nach § 37 Abs. 2 BetrVG freizustellen.

6

Der zuletzt arbeitsunfähig erkrankte Verfügungskläger hat am 14. Januar 2013 vorliegendes Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz beim Arbeitsgericht eingeleitet, mit dem er die Aufhebung der Arbeitszuweisung durch die Verfügungsbeklagte unter weiterer Freistellung begehrt und hilfsweise verlangt hat, ihm Gelegenheit zur Fortbildung und Einarbeitung in die Tätigkeit der Lohngruppe F2 vor Aufnahme seiner Tätigkeit zu geben bzw. die Aufforderung zur Arbeitsaufnahme zu unterlassen, bis ihm Gelegenheit zur Fortbildung und Einarbeitung gegeben worden sei.

7

Der Verfügungskläger hat erstinstanzlich - unter Vorlage einer Eidesstattlichen Versicherung vom 07. Januar 2013, auf die Bezug genommen wird - im Wesentlichen geltend gemacht, die Weisung vom 05. Dezember 2012 stelle den letzten Schritt im Rahmen der arbeitgeberseitigen Attacken gegen den Betriebsrat und seinen Vorsitzenden dar. Er sei weiter freizustellen, da ein dauerhaftes Absinken der Belegschaftsstärke nicht zu erwarten sei, die nahezu während seiner gesamten drei Amtsperioden über der Grenze von 200 Arbeitnehmern gelegen habe. Hiervon könne insbesondere deshalb nicht ausgegangen werden, weil die Verfügungsbeklagte in der Vergangenheit in den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses gegenüber dem Betriebsrat stets behauptet habe, hinsichtlich der Auftrags- und Personalplanung lediglich eine Vorausschau von vier Wochen vornehmen zu können. Die von der Verfügungsbeklagten vorgetragenen Auftragszahlen würden mit Nichtwissen bestritten. Vorübergehende Schwankungen der Belegschaftsstärke seien irrelevant. Der Verfügungskläger hat vorgetragen, im Übrigen sei wegen der zahlreichen Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat seine vollständige Freistellung auch nach § 37 Abs. 2 BetrVG gerechtfertigt. Der Verfügungskläger hat die Auffassung vertreten, seine Rückkehr auf den Arbeitsplatz sei erst möglich, wenn er über die für seine zuletzt innegehabte Lohngruppe F2 (Schichtführer/ RSP-Koordinator) erforderliche Qualifikation verfüge, da eine Beschäftigung unterhalb der Lohngruppe F2 dem betrieblichen Entwicklungsschutz nach § 37 Abs. 4 BetrVG widerspreche. Die Eilbedürftigkeit für das von ihm angestrengte, seine arbeitsvertragliche Position betreffende Individualverfahren ergebe sich aus der Tatsache, dass die Verfügungsbeklagte ganz offenbar beabsichtige, sein Nichterscheinen in der Produktion zu sanktionieren, da sie in den geführten Beschlussverfahren regelmäßig die Ordnungsgemäßheit der Beschlussfassung des Betriebsrates bestritten habe.

8

Der Verfügungskläger hat zuletzt beantragt,

9

die mit Schreiben vom 05. Dezember 2012 gegenüber dem Verfügungskläger erteilte Weisung, mit Wirkung ab 07. Januar 2013 in der Produktion die Arbeit aufzunehmen, zurückzunehmen und diesen auch weiterhin von der Arbeitspflicht freizustellen,

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hilfsweise,

11

dem Verfügungskläger vor Aufnahme seiner vertraglichen Tätigkeit Gelegenheit zu geben, eine Fortbildung und Einarbeitung in die Tätigkeit der Lohngruppe F2 der Verfügungsbeklagten wahrzunehmen,

12

hilfsweise,

13

die Verfügungsbeklagte zu verurteilen, die Aufforderung des Verfügungsklägers zur Arbeit in der Produktion so lange zu unterlassen, bis sie ihm ausreichend und im Rahmen der gesetzlichen Zeiträume gemäß § 38 Abs. 4 BetrVG Gelegenheit zur Fortbildung und Einarbeitung in die Tätigkeit als Schichtführer und RPS-Koordinator gegeben hat.

14

Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,

15

die Anträge zurückzuweisen.

16

Sie hat - unter Vorlage Eidesstattlicher Versicherungen des J H (undatiert), des R L vom 30. Januar 2013 und des H M vom 30. Januar 2013, auf die Bezug genommen wird - erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, der Hauptantrag könne nicht im Urteilsverfahren, sondern müsse im Beschlussverfahren anhängig gemacht werden. Hilfsweise berufe sie sich darauf, dass ein Verfügungsanspruch nicht bestehe, weil die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend unter den Schwellenwert nach § 38 BetrVG abgesunken sei, weshalb der Freistellungsanspruch automatisch entfalle. Die Grobplanung 2013 sehe monatlich etwa 175 bis 180 Mitarbeiter vor. Sie habe sich entschlossen, außer in Sonderfällen (Krankheits- und Urlaubsvertretung in den zwei Haupturlaubsmonaten) die Abrufe von Leiharbeitnehmern auf Null zu reduzieren. Ihre einzige Auftraggeberin, die R GmbH & Co. KG, habe sich aufgrund von stark schwankender Zuverlässigkeit und Liefertreue bei der Verfügungsbeklagten entschieden, die Aufträge zur Herstellung von Klimageräten verstärkt an andere Produktionsgesellschaften zu vergeben, da die Geräte auch an anderen Standorten der L Group in Italien, den USA, China und Indien gefertigt werden könnten. Die derzeit vorgesehene Produktionskapazität betrage 340 Kühlgeräte täglich, wobei die Arbeitnehmerkapazität nach der Formal zwei Geräte pro Mitarbeiter pro Tag umgerechnet werden könne. Bei der gegebenen Kapazitätsplanung führe das dazu, dass im Jahr 2013 die Auftragslage jedenfalls nicht für mehr als 180 Arbeitnehmeräquivalente ausreichen werde. Dieser Prognose stehe nicht entgegen, dass die konkrete Schicht- und Personalplanung lediglich eine Vorausschau von einem Monat besitze, da sich diese Planung - unabhängig davon, dass die grundsätzliche Personalkapazitätsplanung wie dargestellt erfolge - erst vornehmen lasse, wenn mit einem Vorlauf von ca. einem Monat feststehe, wie der effektive Auftragseingang aussehe. Angesichts der Ankündigung ihrer Auftraggeberin sei mit höheren Auftragszahlen, die in der Vergangenheit mit Leiharbeitnehmern abgedeckt worden seien, in Zukunft nicht zu rechnen, wobei sie nicht gedenke, sich wie in der Vergangenheit in monatliche Streitigkeiten nach §§ 99, 100 BetrVG mit dem Betriebsrat zu begeben, um kurzfristig eingehende Mehraufträge mit Leiharbeitnehmern abdecken zu können. Die Verfügungsbeklagte hat vorgetragen, es fehle auch am Verfügungsgrund, da der Verfügungskläger durch die Freistellungsmöglichkeit nach § 37 Abs. 2 BetrVG bei konkret anfallender Betriebsratsarbeit ausreichend geschützt sei. Auch hinsichtlich der Hilfsanträge seien Verfügungsanspruch und -grund nicht gegeben. Der Verfügungskläger habe keinen Anspruch auf - insoweit unverständlich, unspezifisch und pauschal - „Fortbildung und Einarbeitung“ vor Aufnahme seiner vertraglichen Tätigkeit, zumal Arbeitsplätze als Schichtführer und RPS-Koordinatoren derzeit nicht frei seien und auch nicht frei würden.

17

Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Anträge mit Urteil vom 05. Februar 2013 (Bl. 96 - 107 d. A.), auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, zurückgewiesen und zur Begründung angeführt, der Hauptantrag sei im Urteilsverfahren zulässig, da der Verfügungskläger nach seiner Auswahl zur Freistellung durch den Betriebsrat zu Beginn seiner Amtszeit einen abgeleiteten Individualanspruch auf Freistellung habe. Es fehle dem Hauptantrag jedoch sowohl am im Verfahren auf Einstweiligen Rechtsschutz erforderlichen Verfügungsanspruch, als auch am Verfügungsgrund. Die Arbeitnehmerzahl des Betriebes der Verfügungsbeklagten sei seit November 2012 auf unter 200 Arbeitnehmer prognostisch dauerhaft abgesunken. Die völlige Freistellung des Verfügungsklägers sei zwar gegebenenfalls in Betracht gekommen, wenn sie weiterhin erforderlich gewesen sei. Hierfür fehle es jedoch am nötigen substantiierten Tatsachenvortrag des Verfügungsklägers, zumal derzeit lediglich drei weitere weitgehend ausgeschriebene Verfahren beim erkennenden Gericht anhängig seien und weitere Verfahren zur Einstellung von Leiharbeitnehmern, die der Betriebsrat im Übrigen immer gleichlautend abgelehnt habe, angesichts des glaubhaft gemachten Vortrags der Verfügungsbeklagten nicht zu erwarten seien. Die Angelegenheit sei angesichts des Rechts zur anlassbezogenen Freistellung nach § 37 Abs. 2 BetrVG auch nicht dringlich. Auch hinsichtlich der Hilfsanträge seien Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund nicht gegeben. Der Verfügungskläger habe nicht vorgetragen, dass im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebes die verlangte berufliche Entwicklung möglich sei. Da angesichts der bisherigen Freistellung von drei Amtsperioden der Zeitraum der Nachholung zwei Jahre betrage, sei auch keine Dringlichkeit gegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 101 bis 107 ff. d. A. Bezug genommen

18

Der Verfügungskläger hat gegen das ihm am 11. Februar 2013 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 06. März 2013, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am gleichen Tag Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

19

Der Verfügungskläger macht mit der Berufungsbegründung und mit den weiteren Schriftsätzen vom 10. April 2013 und 08. Mai 2013, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 114 ff. d. A.; 202 ff. d. A.; 231 ff. d. A.), im Wesentlichen geltend,

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das Arbeitsgericht gehe zu Unrecht davon aus, die Arbeitnehmerzahl werde dauerhaft unter 200 liegen. Im Hinblick auf die gerichtsbekannten Streitigkeiten über eine Betriebsvereinbarung zum Thema Arbeitszeit und der Herbeiführung eines Tarifvertrages müsse davon ausgegangen werden, dass die etwaige - schriftlich nicht vorgelegte - Ankündigung der Auftragsverlagerungen durch die R GmbH & Co. KG ins Ausland als reines Druckmittel in den Auseinandersetzungen eingesetzt werde und sich die Auftragsvergabe schlagartig ändern werde, sobald den Wünschen des dortigen Geschäftsführers Herrn F L bei den Verhandlungen Rechnung getragen worden sei. Der von der Verfügungsbeklagten im Berufungsverfahren behauptete weitere Personalabbau von 15 Stellen im März 2013, der ihm angesichts seiner Arbeitsunfähigkeit nicht bekannt sei, werde bestritten. Im Übrigen habe der Arbeitgeber, der sich auf eine rückläufige Belegschaftszahl berufen und das bisher freigestellte Betriebsratsmitglied wieder zur Arbeit auffordern wolle, im Streitfall eine gerichtliche Entscheidung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren herbeizuführen. Hinsichtlich der trotz reduzierter Belegschaftsstärke unveränderten Arbeitsbelastung des Betriebsratsvorsitzenden werde nunmehr eine Aufstellung der einzelnen regelmäßig anfallenden Aufgaben vorgelegt (Bl. 156 d. A.), aus der sich ein täglicher Arbeitsaufwand in Höhe von ca. 8,5 Stunden im Mittelwert ergebe, wobei noch im einzelnen dargestellte Aufgaben hinzukämen, die in längeren Zeitrhythmen anfielen (Bl. 157 d. A.). Hinzu komme die durch das Arbeitsgericht nicht näher bewertete zusätzliche Arbeitsbelastung durch die ständigen Konflikte zwischen einem Teil der Belegschaft und dem Betriebsrat, welche durch die Drohungen der Geschäftsführung bzw. des Herrn L, den Betrieb zu schließen bzw. Arbeitnehmer zu entlassen, in den Betrieb hineingetragen worden seien. Auch wenn er nur Durchschnittswerte angeben könne, sei damit der Zeitaufwand für Betriebsratstätigkeiten bestimmbar. Der Vortrag der Verfügungsbeklagten im Berufungsverfahren, sein Stellvertreter verrichte derzeit lediglich 20 Wochenstunden Betriebsratstätigkeit werde mit Nichtwissen bestritten; zudem habe dieser ihm telefonisch bestätigt, dass die bisher weitgehend von ihm erledigten Aufgaben nunmehr auch auf die Übrigen Betriebsratsmitglieder verteilt seien. Hinsichtlich des Verfügungsgrundes sei zu berücksichtigen, dass angesichts der Auseinandersetzungen mit der Geschäftsführung nicht davon ausgegangen werden könne, dass Freistellungsbeschlüsse nach § 37 Abs. 2 BetrVG hingenommen würden und es ihm nicht zuzumuten sei, am jeweiligen Monatsende mit gekürzten oder völlig gestrichenen Vergütungen konfrontiert zu sein. Der Verfügungskläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe bei der Beurteilung der Hilfsanträge die Darlegungs- und Beweislast verkannt, da die Arbeitgeberseite vortragen müsse, dass und welche zwingenden betrieblichen Notwendigkeiten seiner Beschäftigung in der Funktion des Schichtführers bzw. RPS-Koordinators entgegenstehen. Auch verkenne das Arbeitsgericht durch den Verweis auf die Zweijahresfrist, dass der Arbeitgeber die Durchführung von geeigneten Fortbildungs- und Einarbeitungsmaßnahmen nicht auf den berühmten „Sanktnimmerleinstag“ verzögern dürfe. § 37 Abs. 5 BetrVG enthalte eine partielle Versetzungssperre. Außerdem habe die Verfügungsbeklagte die Zustimmung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG zur streitgegenständlichen Maßnahme nicht eingeholt. Der Hilfsantrag zu 3) werde im Hinblick auf das zwischenzeitlich eingeleitete Hauptsacheverfahren gestellt.

21

Der Verfügungskläger beantragt zuletzt,

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die mit Schreiben vom 05. Dezember 2012 gegenüber dem Verfügungskläger erteilte Weisung, mit Wirkung ab 07. Januar 2013 in der Produktion die Arbeit aufzunehmen, zurückzunehmen und diesen auch weiterhin von der Arbeitspflicht freizustellen,

23

hilfsweise,

24

dem Verfügungskläger vor Aufnahme seiner vertraglichen Tätigkeit Gelegenheit zu geben, eine Fortbildung und Einarbeitung in die Tätigkeit der Lohngruppe F2 der Verfügungsbeklagten wahrzunehmen,

25

hilfsweise,

26

die Verfügungsbeklagte zu verurteilen, die Aufforderung des Verfügungsklägers zur Arbeit in der Produktion so lange zu unterlassen, bis sie ihm ausreichend und im Rahmen der gesetzlichen Zeiträume gemäß § 38 Abs. 4 BetrVG Gelegenheit zur Fortbildung und Einarbeitung in die Tätigkeit als Schichtführer und RPS-Koordinator gegeben hat.

27

hilfsweise,

28

die Verfügungsbeklagte zu verurteilen, die Versetzung des Verfügungsklägers in die Produktion gemäß Schreiben vom 05. Dezember 2012 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens mit dem Aktenzeichen 9 Ca 1305/13 zu unterlassen.

29

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

30

die Berufung zurückzuweisen.

31

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 15. April 2013, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 186 ff. d. A.) und trägt im Wesentlichen vor,

32

die Prognose des Arbeitsgerichts, die Belegschaftsstärke liege dauerhaft unter 200, sei zutreffend und müsse auch nicht revidiert werden. Da die geplanten Aufträge der R GmbH & Co. KG nicht in vollem Umfang eingegangen seien, sei im März 2013 eine weitere Reduktion der Beschäftigtenzahl um 15 Personen eingeleitet worden. Der gesamte übrige Vortrag der Beschwerdeschrift bestehe in den aus den übrigen Verfahren bekannten, üblichen allgemeinen Vorwürfen gegenüber der Verfügungsbeklagten und würden inzwischen nicht mehr beantwortet. Angesichts § 37 Abs. 2 BetrVG sei ein Verfügungsgrund nicht gegeben. Eine dauerhafte Freistellung für die Zukunft sei nicht erforderlich. Derzeit gebe es keine gerichtliche Streitigkeit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. In seiner Aufstellung gebe der Verfügungskläger im Einzelnen benannte Tätigkeiten an, welche - aus im einzelnen dargelegten Gründen - betriebsverfassungsrechtlich nicht relevant, substanzlos oder nicht erforderlich seien, mehrfach benannt würden, täglich nicht anfielen oder nicht den Tatsachen entsprächen, zumal der Stellvertreter des erkrankten Verfügungsbeklagten mit weniger als 20 Wochenstunden Betriebsratstätigkeit auskomme. Auch für den Hilfsantrag sei weder ein Anspruch auf Schulung vor Arbeitsbeginn ersichtlich, noch Eilbedürftigkeit.

33

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes des zweitinstanzlichen Verfahrens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 14. Mai 2013 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

34

A. Die zulässige Berufung des Verfügungsklägers ist in der Sache nicht erfolgreich.

35

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 und 5 ArbGG, §§ 519 und 520 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und hinreichend begründet

36

II. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Haupt- und Hilfsanträge des Verfügungsklägers im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht zurückgewiesen. Auch hinsichtlich des vom Verfügungskläger im Berufungsverfahren zur Entscheidung gestellten weiteren Hilfsantrags blieb das Rechtsmittel erfolglos. Die Berufung war zurückzuweisen.

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1. Der zulässige Hauptantrag ist nicht begründet. Der Verfügungskläger kann von der Verfügungsbeklagten nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verlangen, die Weisung zurückzunehmen, die Arbeit in der Produktion wieder aufzunehmen, und ihn auch weiterhin von der Arbeitspflicht freizustellen.

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1.1. Der Hauptantrag ist zulässig, insbesondere ergeben sich keine Bedenken hinsichtlich der zutreffenden Verfahrensart. Es kann dahinstehen, ob der Verfügungskläger sein Hauptbegehren vorliegend im Urteilsverfahren nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG verfolgen konnte. Die Berufungskammer hat gemäß § 65 ArbGG hinsichtlich des Hauptantrags nicht mehr die erstinstanzlich zwischen den Parteien umstrittene Frage zu prüfen, ob das Urteilsverfahren die zutreffende Verfahrensart ist.

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1.1.1. Gemäß § 65 ArbGG prüft das Berufungsgericht nicht, ob die Verfahrensart zulässig ist. Von diesem Grundsatz ist dann eine Ausnahme zu machen, wenn das Arbeitsgericht trotz ausdrücklicher Rüge nicht vorab durch besonderen Beschluss, sondern im Rahmen der Entscheidung zur Hauptsache über die Zulässigkeit der Verfahrensart mitentschieden hat (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABR 11/11 - Rn. 09; 20. April 1999 - 1 ABR 72/98 - Rn. 63, jeweils zitiert nach juris; Germelmann/Germelmann, ArbGG, 7. Aufl., § 65 Rn. 14; Hauck/Helml-Hauck ArbGG 3. Aufl. § 65 Rn. 5; ebenso zur insoweit identischen Regelung hinsichtlich des Rechtswegs BAG 21. Mai 1999 - 5 AZB 31/98 - Rn. 37, zitiert nach juris). Der beschwerten Partei steht in einem solchen Falle entweder das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde oder das Rechtsmittel der Berufung bzw. Beschwerde im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zur Verfügung, es gilt der Grundsatz der Meistbegünstigung. Das Rechtsmittelgericht ist in diesem Falle berechtigt, auch die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges oder der Verfahrensart bzw. Zuständigkeit zu überprüfen (BAG 26. März 1992 - 2 AZR 443/91 - Rn. 40 ff. zitiert nach juris; Germelmann/Germelmann ArbGG § 65 ArbGG Rn. 14 aaO; vgl. Hauck/Helml-Hauck ArbGG § 65 Rn. 5 aaO). Hat das Arbeitsgericht trotz erhobener Rüge verfahrensfehlerhaft keine Vorabentscheidung getroffen, wird die Rüge im Berufungsverfahren jedoch nicht mehr wiederholt, ist das Landesarbeitsgericht an einer erneuten Prüfung gemäß § 65 ArbGG gehindert(vgl. zur Rechtswegrüge: Schwab Die Berufung im arbeitsgerichtlichen Verfahren S. 286).

40

1.1.2. Danach stand der Berufungskammer nach § 65 ArbGG die Prüfung, ob das Urteilsverfahren vorliegend die zutreffende Verfahrensart war, nicht zu. Zwar hat das Arbeitsgericht trotz entsprechender Rüge der Verfügungsbeklagten über die Frage der Verfahrensart nicht im Wege des Vorabbeschlusses entschieden, sondern im Rahmen der Entscheidung zur Hauptsache angenommen, das Urteilsverfahren sei die zutreffende Verfahrensart, obwohl auch das um vorläufigen Rechtsschutz nach §§ 937 ff ZPO ersuchte Gericht die Zulässigkeit der beschrittenen Verfahrensart gemäß § 17a GVG zu prüfen hat(vgl. zur insoweit identischen Regelung hinsichtlich des Rechtswegs BAG 25. Mai 2000 - 5 AZB 66/99 - Rn. 9; LAG Sachsen 10. Dezember 2008 - 2 SaGa 19/08 - Rn. 4, jeweils zitiert nach juris). Da die Verfügungsbeklagte als insoweit beschwerte Partei jedoch weder ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts hinsichtlich der Verfahrensart ergriffen, noch an ihrer Rüge zur zutreffenden Verfahrensart im Berufungsverfahren festgehalten hat, verblieb es bei der eingeschränkten Prüfungskompetenz der Berufungskammer nach § 65 ArbGG.

41

1.2. Der Hauptantrag ist in der Sache nicht erfolgreich. Es fehlt jedenfalls am erforderlichen Verfügungsgrund.

42

1.2.1. Es bestehen erhebliche Bedenken, ob dem Verfügungskläger der erforderliche Verfügungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte zusteht, von der Zuweisung von Tätigkeiten in der Produktion - auch nur einstweilen - abzusehen und ihn weiter als Betriebsratsvorsitzenden von der Arbeitsleistung freizustellen. Es spricht vielmehr alles dafür, dass die Voraussetzungen für eine weitere Freistellung des Verfügungsklägers weder nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, noch nach § 37 Abs. 2 BetrVG gegeben sind.

43

a) Nach der Betriebsgröße der Verfügungsbeklagten ist eine weitere Freistellung des Verfügungsbeklagten gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht länger gerechtfertigt.

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aa) Die Freistellung von Betriebsratsmitgliedern ist nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG von der Betriebsgröße abhängig. Maßgeblich hierfür ist die Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer (vgl. BAG 05. Dezember 2012 - 7 ABR 17/11 - Rn. 16; 22. Oktober 2003 - 7 ABR 3/03 - jeweils zitiert nach juris). Gemäß 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist in Betrieben mit in der Regel 200 bis 500 Arbeitnehmern ein Betriebsratsmitglied freizustellen. Die freizustellenden Betriebsratsmitglieder werden nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte gewählt (§ 38 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Die freigestellten Betriebsratsmitglieder sind grundsätzlich von ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung zur Arbeitsleistung entbunden, im Rahmen ihrer Freistellung widmen sie sich nur noch der Erfüllung ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben. Sie unterliegen insoweit auch nicht mehr dem Direktionsrecht des Arbeitgebers (Fitting 26. Aufl. § 38 Rn. 77; DKK-Wedde 11. Aufl. § 38 Rn. 62; vgl. Wlotzke/Preis- Kreft BetrVG 4. Aufl. § 38 Rn. 36; MünchArbR-Joost 3. Aufl. 2009 § 220 Rn. 65).

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Zur Beurteilung, wie viele Arbeitnehmer gemäß § 38 Abs. 1 BetrVG von einem Arbeitgeber in der Regel beschäftigt werden, ist auf den Zeitpunkt des Freistellungsbeschlusses abzustellen. Denn in der Vorschrift wird die Mindestanzahl freizustellender Betriebsratsmitglieder geregelt, um Streitigkeiten zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber darüber zu vermeiden, ob die Freistellungen im Einzelfall erforderlich sind. Die Erforderlichkeit wird deshalb - gestaffelt nach der regelmäßigen Arbeitnehmerzahl - unwiderleglich vermutet. Um damit Freistellungen rechtfertigen zu können, muss die Erforderlichkeit, dh. also die Arbeitnehmerzahl, gegenwärtig sein. Künftige Veränderungen der Arbeitnehmerzahl, die nicht unmittelbar bevorstehen, können allenfalls eine spätere Anpassung der Zahl der Freizustellenden bedingen (BAG 26. Juli 1989 - 7 ABR 64/88 - Rn. 20, vgl. auch BAG 05. Dezember 2012 - 7 ABR 17/11 - Rn. 31, jeweils zitiert nach juris). Die Zahl der Freistellungen kann sich daher im Laufe einer Amtszeit - in beide Richtungen - ändern (MünchArbR-Joost 3. Aufl. 2009 Rn. 48; ErfK-Koch 13. Aufl. § 38 BetrVG Rn. 1, Fitting aaO § 38 Rn. 15; Wlotzke/Preis- Kreft BetrVG aaO § 38 Rn. 10 DKK-Wedde aaO § 38 Rn. 10).

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bb) Vorliegend ist die Betriebsgröße der Verfügungsbeklagten nicht nur vorübergehend unter 200 Arbeitnehmer gesunken und der Schwellenwert des § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG daher nicht mehr erreicht.

47

Auch wenn die Belegschaftsstärke in der Vergangenheit überwiegend über dem Schwellenwert des § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gelegen haben mag, ist die Prognose gerechtfertigt, dass der Schwellenwert bis zum Ende der aktuellen Amtszeit des Betriebsrats zum Zeitpunkt der nächsten Betriebsratswahl im Frühjahr 2014 nicht mehr überschritten wird. Zwischen den Parteien ist zuletzt nicht mehr streitig, dass die Zahl der Beschäftigten der Stammbelegschaft der Verfügungsbeklagten in den Monaten Oktober 2012 (194), November 2012 (187) und Dezember 2012 (184) jeweils unter 200 LAG. Auch im Januar 2013 ist dies mit 183 Mitarbeitern der Fall. Die Verfügungsbeklagte hat durch die im Verfahren zur Akte gereichten Eidesstattlichen Versicherungen hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihre alleinige Auftraggeberin, die R GmbH & Co. KG, die Aufträge zur Herstellung von Klimageräten im Jahr 2013 verstärkt an andere Produktionsgesellschaften im Ausland vergeben werde, weshalb nur noch eine durchschnittliche Produktionskapazität von ca. 340 Kühlgeräten zu erwarten sei, was rechnerisch zu einem Personalbedarf von ca. 175 Mitarbeiter führen werde.

48

Es besteht keine Veranlassung, die Prognose in Zweifel zu ziehen, der unterste Wert des § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG werde dauerhaft bis zum Ende der Amtszeit unterschritten. Auch ohne Berücksichtigung des vom Verfügungskläger bestrittenen weiteren Personalabbaus von 15 Mitarbeitern im März 2013 wird der Schwellenwert von 200 Mitarbeitern angesichts der unstreitigen Zahlen nicht erreicht. Auch der Verfügungskläger stellt nicht in Abrede, dass die Verfügungsbeklagte Leiharbeitnehmer nicht länger abgerufen hat und Befristungen nicht verlängert wurden. Soweit er bemängelt, die Verfügungsbeklagte habe in der Vergangenheit stets behauptet, wegen der Personalplanung lediglich eine Vorausschau von vier Wochen vornehmen zu können, hat die Verfügungsbeklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass die genaue Produktions- und Personalplanung erst nach Eingang der konkreten Aufträge und daher erst mit einem Vorlauf von etwa einem Monat möglich ist. Mit der - keinem Schriftformerfordernis unterliegenden - Ankündigung der einzigen Auftraggeberin der Verfügungsbeklagten, künftig weniger Aufträge bei der Verfügungsbeklagten in Produktion geben zu wollen, steht dies nicht in Zusammenhang. Soweit der Verfügungskläger anführt, es müsse davon ausgegangen werden, dass die Auftragsvergabe als reines Druckmittel benutzt und sich schlagartig wieder ändern werde, sobald den Wünschen des Geschäftsführers der alleinigen Auftraggebergesellschaft L bei den Verhandlungen mit dem Betriebsrat Rechnung getragen worden sei, berührt dies die Prognose nicht. Ungeachtet der Tatsache, dass ausreichende Anhaltspunkte für diese bloße Vermutung des Verfügungsklägers nicht ersichtlich sind, verkennt dieser, dass die Frage der Art und Weise der Auftragsvergabe ausschließlich der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit der alleinigen Auftraggeberin der Verfügungsbeklagten obliegt.

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b) Auch die Voraussetzungen einer generellen Freistellung des Verfügungsklägers nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind nicht gegeben.

50

aa) Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind Mitglieder des Betriebsrates von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebes zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Für Betriebe, deren Belegschaftsstärke in der Regel 200 Arbeitnehmer nicht überschreitet, kann in Ausnahmefällen nach dem Grundtatbestand des § 37 Abs. 2 BetrVG die völlige oder teilweise Freistellung eines Betriebsratsmitgliedes geboten sein, wenn diese Freistellung zur ordnungsgemäßen Durchführung der Betriebsratsaufgaben erforderlich ist(vgl. BAG 13. November 1991 - 7 ABR 5/91 - Rn. 18; 2. April 1974 - 1 ABR 43/73 - Rn. 12; jeweils zitiert nach juris). Voraussetzung für die zusätzliche Freistellung eines weiteren Betriebsratsmitglieds ist die Darlegung, dass nach Art und Umfang des Betriebes die zusätzliche Freistellung zur ordnungsgemäßen Durchführung der dem Betriebsrat obliegenden Aufgaben erforderlich ist (vgl. BAG 22. Mai 1973 - 1 ABR 10/73 -; 9. Oktober 1973 - 1 ABR 29/73 -, jeweils zitiert nach juris). Hinsichtlich des Umfanges der Darlegungslast ist zu berücksichtigen, dass für den Regelfall der Bedarf an Freistellungen bereits durch § 38 BetrVG abgedeckt ist(vgl. BAG Urteil vom 21. November 1978 - 6 AZR 247/76 -, zitiert nach juris). Es sind daher Abweichungen von dem in § 38 Abs. 1 BetrVG gesetzlich unterstellten Normalfall darzutun, aufgrund derer die Arbeitsbelastung des gesamten Betriebsrates in zeitlicher Hinsicht derart erhöht ist, dass eine zusätzliche generelle Freistellung eines Betriebsratsmitgliedes für die gesamte Amtszeit erforderlich ist. Aus dem Tatsachenvortrag muss ersichtlich werden, dass weder die Arbeitszeit der bereits generell freigestellten Betriebsratsmitglieder noch die Möglichkeit konkreter Freistellungen der übrigen Betriebsratsmitglieder nach § 37 Abs. 2 BetrVG ausreichen, um sämtliche erforderlichen Betriebsratsaufgaben ordnungsgemäß erfüllen zu können. Dazu ist die so detaillierte Beschreibung der besonderen Umstände erforderlich, dass die sich daraus voraussichtlich ergebenden zeitlichen Belastungen zumindest bestimmbar werden. Da die erstrebte über § 38 Abs. 1 BetrVG hinausgehende Freistellung für die gesamte restliche Amtszeit erfolgen soll, muss aus dem Tatsachenvortrag überdies für das Gericht erkennbar werden, dass die Notwendigkeit einer weiteren Freistellung für diese gesamte Restdauer der Wahlperiode besteht. Wenigstens eine Schätzung des Mindestumfanges der zeitlichen Mehrbelastung des gesamten Betriebsrates muss möglich sein. Die Untergrenze der regelmäßigen Mehrbelastung muss daher nach dem Tatsachenvortrag einer Pauschalierung zugänglich sein. Zugleich muss die Darlegung der zeitlichen Mehrbelastung des Betriebsrates so detailliert sein, dass dem Arbeitgeber eine sachliche Erwiderung möglich ist (vgl. insoweit zur Freistellung eines weiteren Betriebsratsmitglieds: BAG 26. Juli 1989 - 7 ABR 64/88 - Rn. 29 ff, zitiert nach juris).

51

bb) Nach diesen Grundsätzen hat der Verfügungskläger nicht dargelegt, dass seine Freistellung trotz Nichterreichens des Schwellenwertes des § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gerechtfertigt ist. Der Verfügungskläger hat lediglich eine abstrakte Auflistung von Betriebsratsaufgaben vorgenommen, die weder den Schluss zulassen, dass eine Mehrbelastung tatsächlich eintreten wird, noch dass dies für die gesamte restliche Dauer der Amtszeit der Fall sein wird. Bereits aufgrund der vom Verfügungskläger angegebenen Schwankungsbreite des täglichen Zeitaufwandes für Betriebsratstätigkeiten (ohne die zurzeit durch Betriebsratsbeschluss ausgesetzte Teilnahme an Produktionsbesprechungen) zwischen insgesamt 3,6 Stunden (mindestens) und 13,16 Stunden (höchstens) lässt erkennen, dass der Aufstellung eine verlässliche Prognose über die Erforderlichkeit einer weiteren Freistellung nicht entnommen werden kann und zwar auch dann nicht, wenn man die - ebenfalls mit Schwankungsbreite angegebenen - nicht täglich zu verrichtenden Aufgaben mitberücksichtigt, deren pauschale Darlegung eine konkrete Zuordnung zu tatsächlichen betrieblichen Gegebenheiten überwiegend nicht möglich macht. Dies ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass der Verfügungskläger seiner Aufstellung abschließend die Bemerkung angefügt hat, je nach anstehenden aktuellen Themen und Planungen der Geschäftsführung könne sich der Zeitaufwand für die Tätigkeiten erheblich verändern. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, dass bei Teilen der vom Verfügungskläger angegebenen Tätigkeiten gerade aufgrund ihrer Pauschalität - wie beispielsweise das Lesen aktueller politischer und regionaler Nachrichten oder Recherchen im Internet zu aktuellen Themen bis zu 120 Minuten täglich - zweifelhaft ist, ob es sich vollumfänglich um Betriebsratsarbeit handelt und dass Teile der Tätigkeiten doppelt genannt scheinen (E-Mail Posteingang des BR bzw. I. A. lesen und bearbeiten/ Beantwortung von E-Mail; Aufnahme von Stimmungen und Meinungen/ Gespräche mit Mitarbeitern, Gruppensprechern, Schichtführern). Soweit der Verfügungskläger im Berufungsverfahren bemängelt hat, dass Arbeitsgericht habe die zusätzliche Arbeitsbelastung durch die ständigen Konflikte zwischen einem Teil der Belegschaft und dem Betriebsrat nicht näher bewertet, so war eine konkrete Bewertung seines lediglich auf zwei Vorfälle gestützten Vortrages (Betriebliche Folgen des arbeitgeberseitigen Verhaltens auf der Mitarbeiterversammlung am 04. Juli 2012 und der Ankündigung betriebsbedingter Entlassungen im Januar 2013) auch der Berufungskammer nicht möglich, zumal nach dem unbestrittenen Vortrag der Verfügungsbeklagten der überwiegende Teil der zwischen den Betriebspartnern geführten arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zwischenzeitlich erledigt ist.

52

c) Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob das Direktionsrecht der Verfügungsbeklagten mit dem Absinken der Betriebsgröße unter den Schwellenwert nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG automatisch wieder auflebte oder ob sie angesichts der fehlenden Abberufung des Verfügungsklägers durch den Betriebsrat wegen der zwischen den Betriebspartnern bestehenden Meinungsverschiedenheit über das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Freistellung nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG - worauf sich der Verfügungskläger zuletzt im Berufungsverfahren gestützt hat - eine Entscheidung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren hätte herbeiführen müssen, bevor sie den Verfügungskläger zur Wiederaufnahme seiner arbeitsvertraglichen Tätigkeit auffordern durfte.

53

Nach § 38 Abs. 2 BetrVG werden die freizustellenden Betriebsratsmitglieder nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung über die Dauer der Freistellung. Diese erfolgt daher in der Regel für die gesamte Amtszeit des Betriebsrats (BAG 20. April 2005 - 7 ABR 47/04 - Rn. 14 mwN; zitiert nach juris). Der Betriebsrat kann jedoch ein freigestelltes Betriebsratsmitglied jederzeit von dieser Funktion abberufen und durch ein anderes Betriebsratsmitglied ersetzen. Ändert sich die Zahl der Beschäftigten nicht nur vorübergehend, sondern dergestalt, dass in der Regel eine höhere oder niedrigere Zahl von Freistellungen nach der Tabelle vorzunehmen wäre, so hat der Betriebsrat erneut zu beschließen, sobald die Voraussetzungen gegeben sind. Wird dies unterlassen, kann der Arbeitgeber eine Entscheidung im Beschlussverfahren herbeiführen (MünchArbR-Joost § 220 Rn. 48 3. Aufl. 2009; Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/ Hoß - Wildschütz, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 10. Auflage 2012, Abschnitt B Rn. 733; Wlotzke/Preis-Kreft BetrVG 4. Aufl. § 38 Rn. 10). Ob bei einem dauerhaften Absinken der Betriebsgröße während der laufenden Amtszeit unter den Schwellenwert des § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ein derartiges Verfahren Voraussetzung für ein Wiederaufleben des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO gegenüber dem einzigen freigestellten Betriebsratsmitglied ist(wohl verneinend: LAG Hamm 19. August 2009 - 10 Sat 295/09 - Rn. 65, zitiert nach juris), konnte offen bleiben.

54

1.2.2 Der Verfügungskläger ist vorliegend jedenfalls verpflichtet, seine arbeitsvertragliche Tätigkeit einstweilen bis zur Entscheidung in der Hauptsache wieder aufzunehmen, weil er weder dargelegt noch glaubhaft gemacht hat, dass für seinen im Eilverfahren gestellten Antrag auf Unterlassung der Zuweisung arbeitsvertraglicher Tätigkeit und auf weitere Freistellung ein Verfügungsgrund gemäß §§ 935, 940 ZPO vorliegt.

55

a) Ein Verfügungsgrund kann nur dann angenommen werden, wenn die begehrte Regelung eines einstweiligen Zustandes notwendig ist, um ansonsten drohende wesentliche Nachteile des Antragstellers abzuwenden. Es muss eine besondere Eilbedürftigkeit gegeben sein, welche es erforderlich macht, zur Abwendung wesentlicher Nachteile bereits vor einer Klärung strittiger Rechtsfragen im regulären arbeitsgerichtlichen Hauptsacheverfahren vorab im Wege einer summarischen Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine vorläufige Regelung zu treffen. Soll eine so genannte Leistungsverfügung getroffen werden, dürfen an das Vorliegen eines Verfügungsgrundes jedenfalls keine zu geringen Anforderungen gestellt werden (LAG Rheinland-Pfalz 20. April 2011 - 7 SaGa 1/11 -; LAG Schleswig-Holstein - 10. November 2011 - 5 SaGa 12/11 - zitiert nach juris). Wesentliche Nachteile sind bei der summarischen Überprüfung von Versetzungsanordnungen des Arbeitgebers nur in Ausnahmefällen anzunehmen. Allein der Umstand, dass eine möglicherweise vertragswidrige Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, reicht hierfür nicht aus (LAG Köln 14. August 2009 - 9 Ta 264/09 - zitiert nach juris). Vielmehr erfordert die Bejahung eines Verfügungsgrundes für eine einstweilige Verfügung gegen Weisungen des Arbeitgebers zu Inhalt, Ort und Art der Arbeitsleistung, ein deutlich gesteigertes Abwehrinteresse des Arbeitnehmers. Einem Arbeitnehmer ist es mithin in der Regel zuzumuten, einer Versetzungsanordnung oder arbeitsvertraglichen Weisung zunächst Folge zu leisten und sodann den Umfang des Direktionsrechts in einem Hauptsacheverfahren klären zu lassen. Neben einem gesteigerten Abwehrinteresse des Arbeitnehmers erkennt die Rechtsprechung lediglich in Fällen einer offenkundigen Rechtswidrigkeit der arbeitgeberseitigen Maßnahme das Bestehen eines Verfügungsgrundes an (vgl. LAG Schleswig-Holstein - 10. November 2011 - 5 SaGa 12/11 - zitiert nach juris LAG Hamm, 05. Februar 2008 - 11 SaGa 4/08 -; LAG Mecklenburg-Vorpommern, 12. Mai 2009 - 5 SaGa 4/08 - jeweils zitiert nach juris).

56

b) Gemessen hieran ist der Verfügungskläger gehalten, der Weisung der Verfügungsbeklagten, eine Tätigkeit in der Produktion aufzunehmen, zunächst nachzukommen und die Frage, ob der Verfügungsbeklagten nach dauerhaftem Absinken der Belegschaftsstärke unter den für die Freistellung eines Betriebsratsmitglieds erforderlichen Wert des § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG das in Anspruch genommene Direktionsrecht (§ 106 Satz 1 GewO) zusteht oder er - vorerst - weiter freizustellen ist, im Hauptsacheverfahren klären zu lassen.

57

(1) Der Verfügungskläger hat keine Tatsachen vorgetragen, die dafür sprechen würden, dass ihm die Aufnahme einer Produktionstätigkeit, wie er sie auch vor seiner Freistellung als Betriebsratsmitglied verrichtet hat, unzumutbar wäre. Auch bestehen keine Anhaltspunkte für eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der Maßnahme. Wenn der Verfügungskläger sich insoweit zuletzt darauf berufen hat, es fehle die vor einer Versetzung einzuholende Zustimmung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG, übersieht er, dass es sich bei der Zuweisung der vorherigen arbeitsvertraglichen Tätigkeit gegenüber einem Betriebsratsmitglied nach Beendigung einer Freistellung iSv. § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht um eine Versetzung im Sinne des § 99 BetrVG handelt. Hierfür wäre nach § 95 Abs. 3 BetrVG die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches erforderlich, woran es nach Beendigung der Freistellung und Zuweisung der früheren Tätigkeit fehlt, da Betriebsratsmitglieder während ihrer Freistellung von ihren arbeitsvertraglichen Pflichten gerade entbunden sind und sich nur noch der Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben widmen.

58

(2) Auch ist nicht ersichtlich, dass im Falle der Arbeitsaufnahme durch den Verfügungskläger die Wahrung der Rechte des Betriebsrates gefährdet würde und deshalb eine besondere Eilbedürftigkeit einer Entscheidung über seine weitere Freistellung anzunehmen wäre. Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind nicht freigestellte Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung ihres Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Der Arbeitgeber muss der Arbeitsbefreiung nicht zustimmen (vgl. BAG 29. Juni 2011 - 7 ABR 135/09 - Rn. 19 mwN, zitiert nach juris). Dementsprechend ist dem Verfügungskläger auch ohne generelle Freistellung die Wahrnehmung erforderlicher Betriebsratsaufgaben ohne weiteres möglich. Der Einwand des Verfügungsklägers, die Verfügungsbeklagte beabsichtige offenbar, sein Nichterscheinen in der Produktion zu sanktionieren, ist ebenso wenig wie seine in der Eidesstattlichen Versicherung vom 07. Januar 2013 geäußerte Vermutung, die Geschäftsführung wolle ihn von der ordnungsgemäßen Abwicklung der umfangreichen Betriebsratstätigkeiten abhalten, geeignet, einen Verfügungsgrund abzugeben. Der Verfügungskläger hat keine konkreten Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht, die die Befürchtung rechtfertigen, dass die Verfügungsbeklagte den Verfügungskläger in rechtswidriger Weise in seiner Arbeit als Betriebsratsmitglied behindern wird. Das vom Verfügungskläger herangezogene Argument, die Verfügungsbeklagte habe in den zwischen den Betriebspartnern geführten Beschlussverfahren regelmäßig die Ordnungsgemäßheit der Beschlussfassung des Betriebsrates bestritten, ist hierzu nicht geeignet, da der Verfügungsbeklagten - ebenso wie dem Betriebsrat - die Ausschöpfung der von der Betriebsverfassung eingeräumten Rechte im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zusteht. Soweit der Verfügungskläger sich darauf berufen hat, es sei ihm nicht zuzumuten, am jeweiligen Monatsende mit gekürzten oder völlig gestrichenen Vergütungen konfrontiert zu sein, sind tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass ein derartiges schikanöses Verhalten der Verfügungsbeklagten zu erwarten wäre, nicht ersichtlich. Auch der Verfügungskläger stellt zumindest nicht in Abrede, dass während seiner derzeitigen Erkrankung die Betriebsratstätigkeit vertretungsweise von den nicht freigestellten Mitgliedern des Betriebsrats wahrgenommen wird. Hinweise für deren Behinderung durch die Verfügungsbeklagte bestehen nicht.

59

2. Die vom Verfügungskläger zur Entscheidung gestellten, im Urteilsverfahren zulässigen Hilfsanträge zu 1) und 2) sind in der Sache nicht erfolgreich. Dem Verfügungskläger steht weder ein Verfügungsanspruch, noch ein Verfügungsgrund zu.

60

2.1. Der Verfügungskläger begehrt mit dem Hilfsantrag zu 1) die Einräumung der Fortbildungs- und Einarbeitungsmöglichkeit in die Tätigkeit der Lohngruppe F2 vor Aufnahme einer Produktionstätigkeit und mit dem Hilfsantrag zu 2) die Unterlassung der Zuweisung von Tätigkeiten in der Produktion bis er Gelegenheit zur Fortbildung und Einarbeitung hatte. Mit beiden Hilfsanträgen verfolgt der Verfügungskläger demnach das Ziel, dass ihm vor Aufnahme jeglicher (bis dahin nicht zuzuweisender) vertraglicher Tätigkeit in der Produktion Gelegenheit zu einer Fortbildung und Einarbeitung gegeben wird. Ein derartiger Anspruch steht dem Verfügungskläger nicht zu.

61

2.1.1. Gemäß § 38 Abs. 4 Satz 1 BetrVG dürfen freigestellte Betriebsratsmitglieder von inner- und außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsbildung nicht ausgeschlossen werden. Innerhalb eines Jahres - bei Freistellung für drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten innerhalb von zwei Jahren - nach Beendigung der Freistellung eines Betriebsratsmitglieds ist diesem im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebs Gelegenheit zu geben, eine wegen der Freistellung unterbliebene betriebsübliche berufliche Entwicklung nachzuholen (§ 38 Abs. 4 Satz 2, 3 BetrVG). Nach § 37 Abs. 5 BetrVG iVm. § 37 Abs 4 BetrVG dürfen Mitglieder des Betriebsrates einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung gleichwertig sind. Der berufliche Tätigkeitsschutz nach § 37 Abs. 5 BetrVG bedeutet zum einen, dass ein Betriebsratsmitglied grundsätzlich nicht mit einer Tätigkeit beschäftigt werden darf, die nicht mindestens derjenigen, die es vor Antritt des Betriebsratsamtes ausgeübt hat, gleichwertig ist. Darüber hinaus ergibt sich ein Anspruch auf Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit, sofern vergleichbare Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der betriebsüblichen Entwicklung inzwischen eine höherwertige Tätigkeit ausüben. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass das Betriebsratsmitglied die für die Ausübung der beruflichen Tätigkeit erforderliche berufliche Qualifikation besitzt (Fitting BetrVG 26. Auflage § 37 Rn. 133; Richardi/Thüsing BetrVG 13. Aufl. § 37 Rn. 75; GK-Wiese BetrVG 9. Aufl. § 37 Rn. 129; HSG-Glaubitz BetrVG § 37 Rn. 95). Dies ergibt sich daraus, dass ein Betriebsratsmitglied wegen seiner Betriebsratstätigkeit auch in seiner beruflichen Entwicklung nicht begünstigt werden darf (§ 78 Satz 2 BetrVG). Auch wenn das Betriebsratsmitglied wegen seiner Betriebsratstätigkeit nicht die Qualifikation erwerben konnte, besteht kein Anspruch auf Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit, solange die für sie erforderliche Qualifikation nicht erworben ist; allerdings darf in diesem Fall infolge des Arbeitsentgeltschutzes nach § 37 Abs. 4 BetrVG das Arbeitsentgelt des Betriebsratsmitglieds nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt der mit ihm vergleichbaren Arbeitnehmer(Fitting aaO; Richardi/Thüsing aaO; HSG-Glaubitz aaO).

62

2.1.2. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist hinsichtlich der Hilfsanträge zu 1) und 2) ein Verfügungsanspruch nicht gegeben. Der Verfügungskläger, der unstreitig nicht über die erforderliche Qualifikation für eine Tätigkeit der Lohngruppe F2 (Schichtführer/RPS-Koordinator) verfügt, hat keinen Anspruch darauf, vor Erwerb der entsprechenden Qualifikation für Aufgaben der Lohngruppe F2 nicht mit Tätigkeiten in der Produktion betraut zu werden. Der Verfügungskläger behauptet nicht, dass die ihm von der Verfügungsbeklagten zugedachten Produktionstätigkeiten nicht zumindest denjenigen gleichwertig sind, die er vor seiner Freistellung als Betriebsratsmitglied verrichtet hat. Auch wird der Verfügungskläger unstreitig nach der Freistellung nach Lohngruppe F2 vergütet, so dass der Arbeitsentgeltschutz gewährleistet ist. Würde man dem Verfügungskläger zugestehen, ausschließlich die geltend gemachte höherwertige Tätigkeit der Lohngruppe F2 in der Produktion zu verrichten und bis zum Erwerb der unstreitig insoweit nicht vorliegenden Qualifikation überhaupt nicht in der Produktion tätig zu werden, würde er entgegen § 78 Satz 2 BetrVG in unzulässiger Art und Weise wegen seiner Betriebsratstätigkeit bevorzugt. Darauf, dass die Verfügungsbeklagte ohnehin vorgetragen hat, im Betrieb sei keine Tätigkeit der Lohngruppe F2 (Schichtführer /RPS-Koordinator) verfügbar, kommt es nicht mehr entscheidungserheblich an. Einen Anspruch ausschließlich auf Schulung für die höherwertige Tätigkeit trotz (gleichzeitiger) Tätigkeit in der Produktion zu den von der Verfügungsbeklagten angeordneten Bedingungen hat der Verfügungskläger nicht geltend gemacht, sondern sich ausschließlich darauf berufen, die Verfügungsbeklagte solle verpflichtet werden, ihn bis zur verlangten Fortbildung überhaupt nicht in der Produktion einzusetzen. Die Frage nach einem isolierten Schulungsanspruch war daher nicht zu beantworten.

63

2.2. Ungeachtet des fehlenden Verfügungsanspruchs steht dem Verfügungskläger auch kein Verfügungsgrund im Sinne besonderer Dringlichkeit zu. Aus den bereits unter A II 1.2.2. dargestellten Gründen ist es dem Verfügungskläger zuzumuten, bis zur Entscheidung der Hauptsache zunächst eine Tätigkeit in der Produktion aufzunehmen.

64

3. Auch der zuletzt im Berufungsverfahren gestellte im Urteilsverfahren zulässige weitere Hilfsantrag zu 3) ist nicht begründet. Der Verfügungskläger hat den weiteren Hilfsantrag, der inhaltlich nicht über das mit dem Hauptantrag verfolgte Ziel hinaus geht, die Weisung zur Arbeitsaufnahme in der Produktion zurückzunehmen, lediglich im Hinblick auf das zwischenzeitlich anhängig gemachte Hauptsacheverfahren gestellt. Auch diesem Antrag fehlt es zumindest am Verfügungsgrund. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Ausführungen unter II.1.2. Bezug genommen.

65

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

66

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 72 Abs. 4 ArbGG).

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Mai 2013 - 6 SaGa 2/13

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Mai 2013 - 6 SaGa 2/13

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6.001 bis 7.000Arbeitnehmern 9 Betriebsratsmitglieder,
7.001 bis 8.000Arbeitnehmern 10 Betriebsratsmitglieder,
8.001 bis 9.000Arbeitnehmern 11 Betriebsratsmitglieder,
9.001 bis 10.000Arbeitnehmern 12 Betriebsratsmitglieder.

In Betrieben mit über 10.000 Arbeitnehmern ist für je angefangene weitere 2.000 Arbeitnehmer ein weiteres Betriebsratsmitglied freizustellen. Freistellungen können auch in Form von Teilfreistellungen erfolgen. Diese dürfen zusammengenommen nicht den Umfang der Freistellungen nach den Sätzen 1 und 2 überschreiten. Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung können anderweitige Regelungen über die Freistellung vereinbart werden.

(2) Die freizustellenden Betriebsratsmitglieder werden nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Wird nur ein Wahlvorschlag gemacht, so erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl; ist nur ein Betriebsratsmitglied freizustellen, so wird dieses mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Der Betriebsrat hat die Namen der Freizustellenden dem Arbeitgeber bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber eine Freistellung für sachlich nicht vertretbar, so kann er innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Bestätigt die Einigungsstelle die Bedenken des Arbeitgebers, so hat sie bei der Bestimmung eines anderen freizustellenden Betriebsratsmitglieds auch den Minderheitenschutz im Sinne des Satzes 1 zu beachten. Ruft der Arbeitgeber die Einigungsstelle nicht an, so gilt sein Einverständnis mit den Freistellungen nach Ablauf der zweiwöchigen Frist als erteilt. Für die Abberufung gilt § 27 Abs. 1 Satz 5 entsprechend.

(3) Der Zeitraum für die Weiterzahlung des nach § 37 Abs. 4 zu bemessenden Arbeitsentgelts und für die Beschäftigung nach § 37 Abs. 5 erhöht sich für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, auf zwei Jahre nach Ablauf der Amtszeit.

(4) Freigestellte Betriebsratsmitglieder dürfen von inner- und außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsbildung nicht ausgeschlossen werden. Innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Freistellung eines Betriebsratsmitglieds ist diesem im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebs Gelegenheit zu geben, eine wegen der Freistellung unterbliebene betriebsübliche berufliche Entwicklung nachzuholen. Für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, erhöht sich der Zeitraum nach Satz 2 auf zwei Jahre.

(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.

(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.

(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.

(5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind.

(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung.

(1) Von ihrer beruflichen Tätigkeit sind mindestens freizustellen in Betrieben mit in der Regel

200 bis 500Arbeitnehmern ein Betriebsratsmitglied,
501 bis 900Arbeitnehmern 2 Betriebsratsmitglieder,
901 bis 1.500Arbeitnehmern 3 Betriebsratsmitglieder,
1.501 bis 2.000Arbeitnehmern 4 Betriebsratsmitglieder,
2.001 bis 3.000Arbeitnehmern 5 Betriebsratsmitglieder,
3.001 bis 4.000Arbeitnehmern 6 Betriebsratsmitglieder,
4.001 bis 5.000Arbeitnehmern 7 Betriebsratsmitglieder,
5.001 bis 6.000Arbeitnehmern 8 Betriebsratsmitglieder,
6.001 bis 7.000Arbeitnehmern 9 Betriebsratsmitglieder,
7.001 bis 8.000Arbeitnehmern 10 Betriebsratsmitglieder,
8.001 bis 9.000Arbeitnehmern 11 Betriebsratsmitglieder,
9.001 bis 10.000Arbeitnehmern 12 Betriebsratsmitglieder.

In Betrieben mit über 10.000 Arbeitnehmern ist für je angefangene weitere 2.000 Arbeitnehmer ein weiteres Betriebsratsmitglied freizustellen. Freistellungen können auch in Form von Teilfreistellungen erfolgen. Diese dürfen zusammengenommen nicht den Umfang der Freistellungen nach den Sätzen 1 und 2 überschreiten. Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung können anderweitige Regelungen über die Freistellung vereinbart werden.

(2) Die freizustellenden Betriebsratsmitglieder werden nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Wird nur ein Wahlvorschlag gemacht, so erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl; ist nur ein Betriebsratsmitglied freizustellen, so wird dieses mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Der Betriebsrat hat die Namen der Freizustellenden dem Arbeitgeber bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber eine Freistellung für sachlich nicht vertretbar, so kann er innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Bestätigt die Einigungsstelle die Bedenken des Arbeitgebers, so hat sie bei der Bestimmung eines anderen freizustellenden Betriebsratsmitglieds auch den Minderheitenschutz im Sinne des Satzes 1 zu beachten. Ruft der Arbeitgeber die Einigungsstelle nicht an, so gilt sein Einverständnis mit den Freistellungen nach Ablauf der zweiwöchigen Frist als erteilt. Für die Abberufung gilt § 27 Abs. 1 Satz 5 entsprechend.

(3) Der Zeitraum für die Weiterzahlung des nach § 37 Abs. 4 zu bemessenden Arbeitsentgelts und für die Beschäftigung nach § 37 Abs. 5 erhöht sich für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, auf zwei Jahre nach Ablauf der Amtszeit.

(4) Freigestellte Betriebsratsmitglieder dürfen von inner- und außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsbildung nicht ausgeschlossen werden. Innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Freistellung eines Betriebsratsmitglieds ist diesem im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebs Gelegenheit zu geben, eine wegen der Freistellung unterbliebene betriebsübliche berufliche Entwicklung nachzuholen. Für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, erhöht sich der Zeitraum nach Satz 2 auf zwei Jahre.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Der Arbeitgeber kann, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, die personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 vorläufig durchführen, bevor der Betriebsrat sich geäußert oder wenn er die Zustimmung verweigert hat. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Sach- und Rechtslage aufzuklären.

(2) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat unverzüglich von der vorläufigen personellen Maßnahme zu unterrichten. Bestreitet der Betriebsrat, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, so hat er dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. In diesem Fall darf der Arbeitgeber die vorläufige personelle Maßnahme nur aufrechterhalten, wenn er innerhalb von drei Tagen beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats und die Feststellung beantragt, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

(3) Lehnt das Gericht durch rechtskräftige Entscheidung die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats ab oder stellt es rechtskräftig fest, dass offensichtlich die Maßnahme aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war, so endet die vorläufige personelle Maßnahme mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung. Von diesem Zeitpunkt an darf die personelle Maßnahme nicht aufrechterhalten werden.

(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.

(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.

(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.

(5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind.

(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Von ihrer beruflichen Tätigkeit sind mindestens freizustellen in Betrieben mit in der Regel

200 bis 500Arbeitnehmern ein Betriebsratsmitglied,
501 bis 900Arbeitnehmern 2 Betriebsratsmitglieder,
901 bis 1.500Arbeitnehmern 3 Betriebsratsmitglieder,
1.501 bis 2.000Arbeitnehmern 4 Betriebsratsmitglieder,
2.001 bis 3.000Arbeitnehmern 5 Betriebsratsmitglieder,
3.001 bis 4.000Arbeitnehmern 6 Betriebsratsmitglieder,
4.001 bis 5.000Arbeitnehmern 7 Betriebsratsmitglieder,
5.001 bis 6.000Arbeitnehmern 8 Betriebsratsmitglieder,
6.001 bis 7.000Arbeitnehmern 9 Betriebsratsmitglieder,
7.001 bis 8.000Arbeitnehmern 10 Betriebsratsmitglieder,
8.001 bis 9.000Arbeitnehmern 11 Betriebsratsmitglieder,
9.001 bis 10.000Arbeitnehmern 12 Betriebsratsmitglieder.

In Betrieben mit über 10.000 Arbeitnehmern ist für je angefangene weitere 2.000 Arbeitnehmer ein weiteres Betriebsratsmitglied freizustellen. Freistellungen können auch in Form von Teilfreistellungen erfolgen. Diese dürfen zusammengenommen nicht den Umfang der Freistellungen nach den Sätzen 1 und 2 überschreiten. Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung können anderweitige Regelungen über die Freistellung vereinbart werden.

(2) Die freizustellenden Betriebsratsmitglieder werden nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Wird nur ein Wahlvorschlag gemacht, so erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl; ist nur ein Betriebsratsmitglied freizustellen, so wird dieses mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Der Betriebsrat hat die Namen der Freizustellenden dem Arbeitgeber bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber eine Freistellung für sachlich nicht vertretbar, so kann er innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Bestätigt die Einigungsstelle die Bedenken des Arbeitgebers, so hat sie bei der Bestimmung eines anderen freizustellenden Betriebsratsmitglieds auch den Minderheitenschutz im Sinne des Satzes 1 zu beachten. Ruft der Arbeitgeber die Einigungsstelle nicht an, so gilt sein Einverständnis mit den Freistellungen nach Ablauf der zweiwöchigen Frist als erteilt. Für die Abberufung gilt § 27 Abs. 1 Satz 5 entsprechend.

(3) Der Zeitraum für die Weiterzahlung des nach § 37 Abs. 4 zu bemessenden Arbeitsentgelts und für die Beschäftigung nach § 37 Abs. 5 erhöht sich für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, auf zwei Jahre nach Ablauf der Amtszeit.

(4) Freigestellte Betriebsratsmitglieder dürfen von inner- und außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsbildung nicht ausgeschlossen werden. Innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Freistellung eines Betriebsratsmitglieds ist diesem im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebs Gelegenheit zu geben, eine wegen der Freistellung unterbliebene betriebsübliche berufliche Entwicklung nachzuholen. Für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, erhöht sich der Zeitraum nach Satz 2 auf zwei Jahre.

(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.

(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.

(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.

(5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind.

(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind ausschließlich zuständig für

1.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien oder zwischen diesen und Dritten aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen;
2.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt;
3.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern
a)
aus dem Arbeitsverhältnis;
b)
über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses;
c)
aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und aus dessen Nachwirkungen;
d)
aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen;
e)
über Arbeitspapiere;
4.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und
a)
Arbeitgebern über Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen;
b)
gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien oder Sozialeinrichtungen des privaten Rechts oder Versorgungseinrichtungen, soweit Letztere reine Beitragszusagen nach § 1 Absatz 2 Nummer 2a des Betriebsrentengesetzes durchführen, über Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis oder Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen,
soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
5.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und dem Träger der Insolvenzsicherung über Ansprüche auf Leistungen der Insolvenzsicherung nach dem Vierten Abschnitt des Ersten Teils des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung;
6.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Einrichtungen nach Nummer 4 Buchstabe b und Nummer 5 sowie zwischen diesen Einrichtungen, soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
7.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Entwicklungshelfern und Trägern des Entwicklungsdienstes nach dem Entwicklungshelfergesetz;
8.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen den Trägern des freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres oder den Einsatzstellen und Freiwilligen nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz;
8a.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Bund oder den Einsatzstellen des Bundesfreiwilligendienstes oder deren Trägern und Freiwilligen nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz;
9.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern aus gemeinsamer Arbeit und aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen;
10.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen behinderten Menschen im Arbeitsbereich von Werkstätten für behinderte Menschen und den Trägern der Werkstätten aus den in § 221 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch geregelten arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnissen.

(2) Die Gerichte für Arbeitssachen sind auch zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern,

a)
die ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer festgestellten oder festgesetzten Vergütung für eine Arbeitnehmererfindung oder für einen technischen Verbesserungsvorschlag nach § 20 Abs. 1 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen zum Gegenstand haben;
b)
die als Urheberrechtsstreitsachen aus Arbeitsverhältnissen ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer vereinbarten Vergütung zum Gegenstand haben.

(3) Vor die Gerichte für Arbeitssachen können auch nicht unter die Absätze 1 und 2 fallende Rechtsstreitigkeiten gebracht werden, wenn der Anspruch mit einer bei einem Arbeitsgericht anhängigen oder gleichzeitig anhängig werdenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeit der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Art in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang steht und für seine Geltendmachung nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist.

(4) Auf Grund einer Vereinbarung können auch bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen des Privatrechts und Personen, die kraft Gesetzes allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans der juristischen Person zu deren Vertretung berufen sind, vor die Gerichte für Arbeitssachen gebracht werden.

(5) In Rechtsstreitigkeiten nach diesen Vorschriften findet das Urteilsverfahren statt.

Das Berufungsgericht prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg und die Verfahrensart zulässig sind und ob bei der Berufung der ehrenamtlichen Richter Verfahrensmängel unterlaufen sind oder Umstände vorgelegen haben, die die Berufung eines ehrenamtlichen Richters zu seinem Amte ausschließen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der antragstellenden Arbeitnehmervereinigung gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 11. Januar 2011 - 17 TaBV 160/09 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über das Recht einer Koalition, im Umfeld einer Betriebsversammlung Mitgliederwerbung betreiben zu können.

2

Antragsteller ist die „Arbeitnehmervereinigung p e.V.“. Dieser hat sich nach seiner Satzung die Unterstützung und Beratung von Arbeitnehmern in Betrieben der Berufssparten Telekommunikation und Informationstechnik zum Ziel gesetzt. Er ist nicht tariffähig. Arbeitgeberin ist ein Telekommunikationsanbieter, in dessen Regionalbetrieb West Mitglieder des Antragstellers beschäftigt sind. Weiterer Beteiligter ist der dort gebildete Betriebsrat.

3

Die Betriebsversammlungen des Regionalbetriebs West finden regelmäßig in einem von der Arbeitgeberin angemieteten Kongresszentrum statt. In den Vorräumen des Versammlungssaals sind Informationsstände im Betrieb vertretener Gewerkschaften und von Unternehmen der D AG aufgebaut. Den Wunsch des Antragstellers, bei Betriebsversammlungen vor dem Versammlungsraum einen Informationsstand aufbauen und Informationsmaterial verteilen zu können, lehnte der Betriebsrat wiederholt ab. Gegen diesen gerichtete einstweilige Verfügungsverfahren des Antragstellers waren - von einem Fall abgesehen - erfolglos.

4

Der Antragsteller hat geltend gemacht, als Arbeitnehmervereinigung habe er ein Recht auf angemessene Präsentation zum Zwecke der Mitgliederwerbung bei Betriebsversammlungen. Der Antrag richte sich gegen den Betriebsrat, weil diesem das Hausrecht an den Versammlungsräumen zustehe.

5

Der Antragsteller hat zuletzt beantragt,

        

1.    

den Betriebsrat zu verpflichten, ihm im Rahmen der Betriebsversammlungen des Betriebs der Arbeitgeberin im jeweiligen Versammlungsgebäude den Aufbau eines Informationsstands von zwei mal drei Metern an einer zentralen Stelle vor dem Tagungsraum und die Verteilung von Informationsmaterial an die Teilnehmer der Betriebsversammlung zu gestatten;

        

hilfsweise,

        

2.    

den Betriebsrat zu verpflichten, ihm den Aufbau eines Informationsstands von zwei mal drei Metern im Eingangsbereich des Gebäudes und die Verteilung von Informationsmaterial an die Teilnehmer der Betriebsversammlung zu gestatten;

        

äußerst hilfsweise,

        

3.    

den Betriebsrat zu verpflichten, ihm den Aufbau eines Informationsstands von zwei mal drei Metern auf dem Veranstaltungsgelände und dort auch die Verteilung von Informationsmaterial zu gestatten;

        

4.    

für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Ziffern gegen den Betriebsrat ein Zwangsgeld im höchst zulässigen Maße ersatzweise Zwangshaft festzusetzen und anzudrohen.

6

Der Betriebsrat hat zur Begründung seines Abweisungsantrags ausgeführt, er könne als Inhaber des Hausrechts bei Betriebsversammlungen autonom darüber entscheiden, wer einen Informationsstand aufstellen dürfe. Die von ihm vorgenommene Differenzierung zwischen den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und dem Antragsteller sei schon wegen der begrenzten räumlichen Kapazitäten geboten.

7

Das Arbeitsgericht hat die im ersten Rechtszug auch gegen die Arbeitgeberin gerichteten Anträge durch Beschluss vom 15. Mai 2009 ins Urteilsverfahren verwiesen. Dieses haben die Beteiligten im Anschluss daran für erledigt erklärt. Eine weitere Beteiligung der Arbeitgeberin am vorliegenden Verfahren hat das Arbeitsgericht abgelehnt und den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Arbeitgeberin beteiligt und die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt dieser seine Anträge weiter.

8

B. Die Rechtsbeschwerde der antragstellenden Arbeitnehmervereinigung ist unbegründet.

9

I. Der Antragsteller beruft sich als nicht tariffähige Arbeitnehmervereinigung nicht auf betriebsverfassungsrechtliche Rechte einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft. Ob deshalb das Beschlussverfahren nach § 2a ArbGG die zutreffende Verfahrensart für die gegen den Betriebsrat erhobenen Ansprüche ist, unterliegt gemäß § 93 Abs. 2 iVm. § 65 ArbGG allerdings nicht der Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Dies gilt nur dann nicht, wenn das Arbeitsgericht trotz ausdrücklicher Rüge nicht vorab durch besonderen Beschluss, sondern im Rahmen der Entscheidung zur Hauptsache über die Zulässigkeit der Verfahrensart entschieden hat (vgl. BAG 20. April 1999 - 1 ABR 72/98 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 91, 210). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Die Beteiligten haben eine derartige Rüge nicht erhoben.

10

II. Das Landesarbeitsgericht hat die Arbeitgeberin zu Recht angehört. Diese ist stets Beteiligte eines Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG(BAG 19. September 2006 - 1 ABR 53/05 - Rn. 11, BAGE 119, 279; GK-ArbGG/Dörner Stand Dezember 2010 § 83 Rn. 71). Die rechtskräftige Verweisung der gegen die Arbeitgeberin erhobenen Anträge ins Urteilsverfahren steht dem nicht entgegen. Dies betrifft nur die gegen sie gerichteten Anträge und damit einen anderen Streitgegenstand.

11

III. Der Antragsteller ist beteiligtenfähig, § 10 Satz 1 ArbGG. Als eingetragener Verein steht seine Parteifähigkeit gemäß § 50 Abs. 1 ZPO, § 21 BGB außer Frage.

12

IV. Die Anträge sind zulässig. Sie bedürfen allerdings der Auslegung.

13

1. Die begehrten Erlaubnisse beziehen sich nicht auf alle in den Betrieben der Arbeitgeberin durchgeführten Betriebsversammlungen, sondern nur auf solche des Regionalbetriebs West. Dies folgt aus der Zuständigkeit des beteiligten Betriebsrats, der für diesen Betrieb gebildet ist. Das Begehren des Antragstellers ist allerdings nicht darauf beschränkt, bei regelmäßigen Betriebsversammlungen nach § 43 Abs. 1 BetrVG einen Informationsstand aufbauen und Informationsmaterial verteilen zu können, sondern bezieht sich auf alle künftigen, auch außerordentlichen Betriebsversammlungen. Das hat er bereits in der Anhörung vor dem Arbeitsgericht klargestellt. Der Sache nach begehrt der Antragsteller zum einen, ihm zu gestatten, einen Informationsstand bestimmter Größe aufbauen zu können. Zum andern beantragt der Antragsteller, Informationsmaterial an die Teilnehmer der jeweiligen Betriebsversammlung verteilen zu können. Das betrifft Broschüren, Formulare und Flugblätter, die sich mit arbeitsrechtlichen oder tarifpolitischen Fragen befassen, die für die Beschäftigten der Arbeitgeberin von Bedeutung sein können. Nicht hierzu gehören dagegen kommerzielle Werbebroschüren. Aus dem Stufenverhältnis der Anträge ergibt sich, dass der Antragsteller zunächst verlangt, ihm die begehrten Werbemaßnahmen im Versammlungsgebäude vor dem Tagungsraum zu gestatten. Hilfsweise soll dies im Eingangsbereich des Gebäudes und höchst hilfsweise auf dem Veranstaltungsgelände geschehen. Der Antragsteller hat dabei offensichtlich die räumliche Situation des B kongresszentrums vor Augen, in dem sich innerhalb des Gebäudes der Veranstaltungsraum und davor ein zum Kongresszentrum gehörender Vorplatz befindet.

14

2. Die so verstandenen Anträge sind hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

15

a) Nach dieser Vorschrift sind Anträge, mit denen - wie hier - die Duldung von Handlungen verlangt wird, so genau zu bezeichnen, dass der Inanspruchgenommene im Falle einer dem Antrag entsprechenden gerichtlichen Entscheidung eindeutig erkennen kann, was von ihm verlangt wird. Diese Prüfung darf grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Dessen Aufgabe ist es zu klären, ob der Schuldner einer Verpflichtung nachgekommen ist, und nicht, wie diese aussieht. Gleichwohl sind bei Unterlassungs- und Duldungsanträgen bisweilen generalisierende Formulierungen unvermeidlich. Andernfalls würde die Möglichkeit, gerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen, durch prozessuale Anforderungen unzumutbar erschwert, wenn nicht gar beseitigt. Dementsprechend sind die Gerichte auch verpflichtet, Anträge nach Möglichkeit so auszulegen, dass eine Sachentscheidung ergehen kann (BAG 22. Juni 2010 - 1 AZR 179/09 - Rn. 18, BAGE 135, 1). Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht vorhersehbare Ereignisse auftreten können, die dazu führen, dass die Werbemaßnahme in der begehrten und ggf. titulierten Art und Weise einmalig oder dauerhaft zurücktreten muss. Solche nicht absehbaren Entwicklungen sind bei der Antragstellung im Erkenntnisverfahren regelmäßig nicht benennbar. Dies führt allerdings nicht dazu, dass ein zukunftsbezogener Leistungsantrag schon aus diesem Grund abzuweisen wäre. Solchen Belangen, die erst nach Schluss der Anhörung oder mündlichen Verhandlung auftreten, kann vielmehr durch eine Vollstreckungsgegenklage (§§ 767, 769 ZPO) begegnet werden. Ein zukunftsbezogener Leistungsantrag hat daher das Zutrittsbegehren nur typisierend zu beschreiben (BAG 22. Juni 2010 - 1 AZR 179/09 - Rn. 34 f., aaO).

16

b) Gemessen an diesen Grundsätzen sind die Anträge hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Häufigkeit und Dauer des Zutrittsbegehrens sind erkennbar. Der Antragsteller will bei allen Betriebsversammlungen Informationsstände aufbauen. Diese sollen während der Gesamtdauer der jeweiligen Betriebsversammlung bereitstehen. Begehrt wird nicht der Zutritt zum Versammlungsraum selbst, sondern nur zu dem Gebäude, in dem sich dieser befindet oder zu dessen Vorplatz. Soweit der Antragsteller verlangt, ihm die Verteilung von Informationsmaterial an die Teilnehmer der Betriebsversammlung zu gestatten, genügt auch dies den Bestimmtheitsanforderungen, da hierunter Broschüren uä. mit arbeitsrechtlichem oder tarifpolitischem Inhalt zu verstehen sind.

17

3. Die Arbeitnehmervereinigung ist für diese Anträge antragsbefugt. Sie berühmt sich eigener Rechte, deren Bestehen nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint (vgl. BAG 19. September 2006 - 1 ABR 53/05 - zu B II 3 a der Gründe, BAGE 119, 279).

18

V. Der Hauptantrag und die Hilfsanträge sind allerdings unbegründet. Diese aus Art. 9 Abs. 3 GG hergeleiteten Ansprüche kann nicht der Betriebsrat, sondern nur die Arbeitgeberin erfüllen.

19

1. Der Antragsteller ist eine Arbeitnehmervereinigung, die mangels Tariffähigkeit noch nicht die Anforderungen einer Gewerkschaft erfüllt. Auch als nicht tariffähige Koalition fällt er jedoch in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG(vgl. ErfK/Dieterich 12. Aufl. Art. 9 GG Rn. 21).

20

a) Dieses Freiheitsrecht gewährleistet für jedermann und für alle Berufe das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden. Das umfasst auch den Schutz der Koalition als solcher und ihr Recht, durch spezifisch koalitionsmäßige Betätigung die in Art. 9 Abs. 3 GG genannten Zwecke zu verfolgen. Dazu zählen auch Betätigungen, die auf andere Weise als durch den Abschluss von Tarifverträgen diesem Zweck dienen sollen. Dass einer Koalition die für eine Qualifizierung als Gewerkschaft erforderliche Verbandsmacht und Durchsetzungsfähigkeit und damit die Tariffähigkeit fehlt, ist unerheblich (BVerfG 26. Januar 1995 - 1 BvR 2071/94 - zu II 2 a der Gründe, AP GG Art. 9 Nr. 77 = EzA GG Art. 9 Nr. 56).

21

b) Der Antragsteller ist eine Koalition iSd. Art. 9 Abs. 3 GG. Nach seiner Satzung hat er sich zur Aufgabe gesetzt, innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs für Betriebe in den Wirtschaftszweigen der Telekommunikations- und Informationstechnologie die beruflichen Rechte und die Interessen der Mitglieder wahrzunehmen bzw. zu vertreten. Er ist unabhängig von Arbeitgebern, staatlichen Organisationen, Parteien und Religionsgemeinschaften und setzt sich für die Erringung, Durchsetzung und Sicherung des Mitbestimmungsrechts der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Betrieben und Unternehmen ein. Auch strebt er den Status einer Gewerkschaft im Sinne des Tarifvertragsgesetzes sowie des Betriebsverfassungsgesetzes an. Er ist damit nach seiner Satzung eine Vereinigung, die der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der bei ihm organisierten Arbeitnehmer verpflichtet sowie frei gebildet, gegnerfrei, unabhängig und überbetrieblich organisiert ist.

22

2. Zu den durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Betätigungen gehört auch die Werbung von Mitgliedern, von deren Zahl Bestand und Durchsetzungskraft einer Koalition abhängen. Nach der Senatsrechtsprechung kann das Recht auf Mitgliederwerbung mit dem durch Art. 13, 14 Abs. 1 GG geschützten Haus- und Eigentumsrecht des Arbeitgebers sowie seiner aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit kollidieren. Ein solcher Konflikt widerstreitender Grundrechte bedarf der Ausgestaltung durch die Rechtsordnung. Da der Gesetzgeber bislang hiervon abgesehen hat, ist die bestehende Schutzlücke von den Gerichten im Wege der Rechtsfortbildung zu schließen. Ob der jeweils konkret begehrte Zutritt zu gewähren ist, richtet sich dabei nach den Umständen des Einzelfalls (BAG 22. Juni 2010 - 1 AZR 179/09 - Rn. 32 f. mwN, BAGE 135, 1).

23

3. Das auf Art. 9 Abs. 3 GG gestützte Recht auf Mitgliederwerbung ist gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen. Dies folgt schon daraus, dass Werbemaßnahmen zu der hierdurch geschützten koalitionsmäßigen Betätigung gehören und diese auf die Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen gerichtet ist. Hierauf zielende Forderungen der Koalition kann jedoch nur der soziale Gegenspieler erfüllen. Das gilt auch für die streitgegenständlichen Werbemaßnahmen im räumlichen Umfeld von Betriebsversammlungen.

24

a) Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 BetrVG werden diese zwar vom Betriebsrat einberufen. Soweit der Antragsteller meint, aus dem Hausrecht des Betriebsrats bei Betriebsversammlungen folge, dass dieser auch über die Durchführung von Werbemaßnahmen in den Vorräumen des Versammlungsraums zu entscheiden habe, lässt er jedoch außer Acht, dass das aus der Versammlungsleitung (§ 42 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) hergeleitete Hausrecht des Betriebsratsvorsitzenden in der Betriebsversammlung betriebsverfassungsrechtlicher Natur ist und diesen nur in die Lage versetzen soll, die Betriebsversammlung ordnungsgemäß durchführen zu können (Fitting 26. Aufl. § 42 BetrVG Rn. 36; Weber in GK-BetrVG 9. Aufl. § 42 Rn. 34). Unter Berücksichtigung dieses Zwecks erstreckt es sich auf den Versammlungsraum und die Zugangswege zum Ort der Betriebsversammlung (BAG 18. März 1964 - 1 ABR 12/63 - zu II 3 c der Gründe, BAGE 15, 307), nicht jedoch auch auf sonstige Räumlichkeiten in dessen Umfeld.

25

b) Ein Streit über den Umfang des Zutrittsrechts zum Veranstaltungsgelände ist entweder zwischen den Betriebsparteien oder zwischen dem Dritten, der Zutritt begehrt, und dem Arbeitgeber zu klären (vgl. BAG 18. März 1964 - 1 ABR 12/63 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 15, 307). Nur so bleibt berücksichtigt, dass der Anspruch einer Koalition auf Zutritt und Durchführung von Werbemaßnahmen im Betrieb auf einer Ausgestaltung der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Koalitionsfreiheit beruht, die typischerweise mit den Grundrechten des Arbeitgebers aus Art. 12 Abs. 1, Art. 13, 14 Abs. 1 GG kollidiert, und diese Kollisionslage einer praktischen Konkordanz zugeführt werden muss. Die Rechtsbeschwerde lässt darüber hinaus auch die vollstreckungsrechtlichen Durchsetzungsmöglichkeiten eines etwaigen Titels außer Betracht. Sie übersieht, dass der Betriebsrat keine generelle Rechts- und Vermögensfähigkeit besitzt (BAG 29. September 2004 - 1 ABR 30/03 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 112, 96) und deshalb ihm gegenüber eine Zwangsvollstreckung nach §§ 888, 889 ZPO nicht möglich ist(BAG 17. März 2010 - 7 ABR 95/08 - Rn. 27, BAGE 133, 342).

26

4. Die erhobenen Ansprüche ergeben sich auch nicht aus § 46 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Solche macht der Antragsteller auch nicht geltend. Als nicht tariffähige Arbeitnehmervereinigung stehen ihm betriebsverfassungsrechtliche Befugnisse einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft nicht zu (BAG 19. September 2006 - 1 ABR 53/05 - BAGE 119, 279).

27

5. Darüber hinaus sind die Anträge als Globalanträge auch zu weit gefasst und deshalb abzuweisen. Den Darlegungen des Antragstellers ist nicht zu entnehmen, warum er berechtigt sein soll, bei jedweder, auch außerordentlichen Betriebsversammlung einen Informationsstand aufbauen zu können. Er lässt außer Acht, dass nach der Senatsrechtsprechung eine nähere Begründung zur Häufigkeit eines zu Werbezwecken begehrten gewerkschaftlichen Zutrittsrechts nur dann entbehrlich ist, wenn die Gewerkschaft diese einmal im Kalenderhalbjahr in Pausenzeiten im Betrieb durchführen will. Verlangt sie häufiger und unabhängig von Pausenzeiten Zutritt, hat sie die Notwendigkeit solch weiterer betrieblicher Werbemaßnahmen im Einzelnen aufzuzeigen (22. Juni 2010 - 1 AZR 179/09 - Rn. 37, BAGE 135, 1). Hierzu hat der Antragsteller nichts vorgetragen.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Wisskirchen    

        

    N. Schuster    

                 

Das Berufungsgericht prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg und die Verfahrensart zulässig sind und ob bei der Berufung der ehrenamtlichen Richter Verfahrensmängel unterlaufen sind oder Umstände vorgelegen haben, die die Berufung eines ehrenamtlichen Richters zu seinem Amte ausschließen.

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

Das Berufungsgericht prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg und die Verfahrensart zulässig sind und ob bei der Berufung der ehrenamtlichen Richter Verfahrensmängel unterlaufen sind oder Umstände vorgelegen haben, die die Berufung eines ehrenamtlichen Richters zu seinem Amte ausschließen.

(1) Von ihrer beruflichen Tätigkeit sind mindestens freizustellen in Betrieben mit in der Regel

200 bis 500Arbeitnehmern ein Betriebsratsmitglied,
501 bis 900Arbeitnehmern 2 Betriebsratsmitglieder,
901 bis 1.500Arbeitnehmern 3 Betriebsratsmitglieder,
1.501 bis 2.000Arbeitnehmern 4 Betriebsratsmitglieder,
2.001 bis 3.000Arbeitnehmern 5 Betriebsratsmitglieder,
3.001 bis 4.000Arbeitnehmern 6 Betriebsratsmitglieder,
4.001 bis 5.000Arbeitnehmern 7 Betriebsratsmitglieder,
5.001 bis 6.000Arbeitnehmern 8 Betriebsratsmitglieder,
6.001 bis 7.000Arbeitnehmern 9 Betriebsratsmitglieder,
7.001 bis 8.000Arbeitnehmern 10 Betriebsratsmitglieder,
8.001 bis 9.000Arbeitnehmern 11 Betriebsratsmitglieder,
9.001 bis 10.000Arbeitnehmern 12 Betriebsratsmitglieder.

In Betrieben mit über 10.000 Arbeitnehmern ist für je angefangene weitere 2.000 Arbeitnehmer ein weiteres Betriebsratsmitglied freizustellen. Freistellungen können auch in Form von Teilfreistellungen erfolgen. Diese dürfen zusammengenommen nicht den Umfang der Freistellungen nach den Sätzen 1 und 2 überschreiten. Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung können anderweitige Regelungen über die Freistellung vereinbart werden.

(2) Die freizustellenden Betriebsratsmitglieder werden nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Wird nur ein Wahlvorschlag gemacht, so erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl; ist nur ein Betriebsratsmitglied freizustellen, so wird dieses mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Der Betriebsrat hat die Namen der Freizustellenden dem Arbeitgeber bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber eine Freistellung für sachlich nicht vertretbar, so kann er innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Bestätigt die Einigungsstelle die Bedenken des Arbeitgebers, so hat sie bei der Bestimmung eines anderen freizustellenden Betriebsratsmitglieds auch den Minderheitenschutz im Sinne des Satzes 1 zu beachten. Ruft der Arbeitgeber die Einigungsstelle nicht an, so gilt sein Einverständnis mit den Freistellungen nach Ablauf der zweiwöchigen Frist als erteilt. Für die Abberufung gilt § 27 Abs. 1 Satz 5 entsprechend.

(3) Der Zeitraum für die Weiterzahlung des nach § 37 Abs. 4 zu bemessenden Arbeitsentgelts und für die Beschäftigung nach § 37 Abs. 5 erhöht sich für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, auf zwei Jahre nach Ablauf der Amtszeit.

(4) Freigestellte Betriebsratsmitglieder dürfen von inner- und außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsbildung nicht ausgeschlossen werden. Innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Freistellung eines Betriebsratsmitglieds ist diesem im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebs Gelegenheit zu geben, eine wegen der Freistellung unterbliebene betriebsübliche berufliche Entwicklung nachzuholen. Für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, erhöht sich der Zeitraum nach Satz 2 auf zwei Jahre.

(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.

(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.

(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.

(5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind.

(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung.

(1) Von ihrer beruflichen Tätigkeit sind mindestens freizustellen in Betrieben mit in der Regel

200 bis 500Arbeitnehmern ein Betriebsratsmitglied,
501 bis 900Arbeitnehmern 2 Betriebsratsmitglieder,
901 bis 1.500Arbeitnehmern 3 Betriebsratsmitglieder,
1.501 bis 2.000Arbeitnehmern 4 Betriebsratsmitglieder,
2.001 bis 3.000Arbeitnehmern 5 Betriebsratsmitglieder,
3.001 bis 4.000Arbeitnehmern 6 Betriebsratsmitglieder,
4.001 bis 5.000Arbeitnehmern 7 Betriebsratsmitglieder,
5.001 bis 6.000Arbeitnehmern 8 Betriebsratsmitglieder,
6.001 bis 7.000Arbeitnehmern 9 Betriebsratsmitglieder,
7.001 bis 8.000Arbeitnehmern 10 Betriebsratsmitglieder,
8.001 bis 9.000Arbeitnehmern 11 Betriebsratsmitglieder,
9.001 bis 10.000Arbeitnehmern 12 Betriebsratsmitglieder.

In Betrieben mit über 10.000 Arbeitnehmern ist für je angefangene weitere 2.000 Arbeitnehmer ein weiteres Betriebsratsmitglied freizustellen. Freistellungen können auch in Form von Teilfreistellungen erfolgen. Diese dürfen zusammengenommen nicht den Umfang der Freistellungen nach den Sätzen 1 und 2 überschreiten. Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung können anderweitige Regelungen über die Freistellung vereinbart werden.

(2) Die freizustellenden Betriebsratsmitglieder werden nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Wird nur ein Wahlvorschlag gemacht, so erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl; ist nur ein Betriebsratsmitglied freizustellen, so wird dieses mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Der Betriebsrat hat die Namen der Freizustellenden dem Arbeitgeber bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber eine Freistellung für sachlich nicht vertretbar, so kann er innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Bestätigt die Einigungsstelle die Bedenken des Arbeitgebers, so hat sie bei der Bestimmung eines anderen freizustellenden Betriebsratsmitglieds auch den Minderheitenschutz im Sinne des Satzes 1 zu beachten. Ruft der Arbeitgeber die Einigungsstelle nicht an, so gilt sein Einverständnis mit den Freistellungen nach Ablauf der zweiwöchigen Frist als erteilt. Für die Abberufung gilt § 27 Abs. 1 Satz 5 entsprechend.

(3) Der Zeitraum für die Weiterzahlung des nach § 37 Abs. 4 zu bemessenden Arbeitsentgelts und für die Beschäftigung nach § 37 Abs. 5 erhöht sich für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, auf zwei Jahre nach Ablauf der Amtszeit.

(4) Freigestellte Betriebsratsmitglieder dürfen von inner- und außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsbildung nicht ausgeschlossen werden. Innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Freistellung eines Betriebsratsmitglieds ist diesem im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebs Gelegenheit zu geben, eine wegen der Freistellung unterbliebene betriebsübliche berufliche Entwicklung nachzuholen. Für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, erhöht sich der Zeitraum nach Satz 2 auf zwei Jahre.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 27. Oktober 2010 - 8 TaBV 43/10 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Anzahl der von ihrer beruflichen Tätigkeit mindestens freizustellenden Betriebsratsmitglieder.

2

Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ein IT-Dienstleistungsunternehmen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie beschäftigt in der Regel ca. 450 Arbeitnehmer, mit denen sie einen Arbeitsvertrag geschlossen hat. Daneben setzt sie regelmäßig 60 bis 70 Arbeitnehmer verschiedener Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) ein, die ihr von diesen zur Dienstleistung überlassen sind. Dem Einsatz dieser sog. DLÜ-Mitarbeiter liegen zwischen der Arbeitgeberin (Dienstleistungsnehmer) und der jeweiligen AOK (Dienstleistungsgeber) geschlossene Dienstleistungsüberlassungsverträge zugrunde, die sich nach einem standardisierten Vertragsmuster richten (Muster-DLÜ-Vertrag). Dieses lautet auszugsweise:

        

„§ 1 Dienstleistungsüberlassung

        

1Der Dienstleistungsgeber erbringt Dienstleistungen für den Dienstleistungsnehmer für die in § 2 dieses Vertrages beschriebenen Aufgaben. 2Diese werden für den Dienstleistungsnehmer durch die in der Anlage 1 bezeichneten Mitarbeiter/innen erbracht. 3Diese Anlage wird bei Bedarf von den Vertragsparteien fortgeschrieben.

        

…       

        

§ 3 Rechtsverhältnisse der Mitarbeiter/innen

        

1Die Dienstleistungen der Mitarbeiter/innen nach § 1 Abs. 1 werden vom Dienstleistungsgeber dem Dienstleistungsnehmer überlassen. 2Die Dauer der Überlassung erstreckt sich höchstens auf die Dauer dieses Vertrages.

        

3Das Arbeitsverhältnis und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten der Mitarbeiter/innen nach § 1 Abs. 1 zum Dienstleistungsgeber bleiben unverändert bestehen, soweit sich nicht aus dieser Vereinbarung abweichende Regelungen ergeben.

                 
        

§ 4 Weisungsrecht

        

1Dem Dienstleistungsgeber obliegt - vorbehaltlich des Satzes 2 - weiterhin das Direktionsrecht gegenüber dem/der überlassenen Mitarbeiter/in. 2Die fachliche Steuerung erfolgt durch die jeweiligen Projektverantwortlichen des Dienstleistungsnehmers.

        

…       

        

4Über Regelungen im Betriebsablauf oder in der Arbeitsorganisation des Dienstleistungsnehmers, die von den Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen nach § 1 Abs. 1 zu beachten sind, wird der Dienstleistungsgeber informiert. 5Dieser erteilt - soweit notwendig - im Rahmen der gesetzlichen, tarifvertraglichen und dienst- bzw. arbeitsvertraglichen Regelungen die entsprechenden Weisungen an die Mitarbeiter/innen.

        

6Sieht der Dienstleistungsgeber die Notwendigkeit, von den Regelungen des Dienstleistungsnehmers abzuweichen, wird einvernehmlich eine die Interessen aller Beteiligten berücksichtigende Lösung vereinbart.

        

7In dringenden Fällen und bei unabweisbarem Bedarf kann der Dienstleistungsnehmer dem Mitarbeiter/der Mitarbeiterin zur Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes vorläufige Weisungen erteilen; er unterrichtet hiervon unverzüglich den Dienstleistungsgeber.

        

…       

        

§ 6 Individuelle Zusatzleistungen

        

1Die Leistungen und Aufwände der Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter werden abhängig von der Zielerreichung durch einen Bonus abgegolten. 2Die prozentuale Höhe der Zielerreichung wird in einem Mitarbeitergespräch mit der jeweiligen Führungskraft des Dienstleistungsnehmers festgelegt.

        

…       

        

§ 7 Arbeitszeit, Urlaub, Abwesenheit, Krankheit

        

1Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für die Mitarbeiter/innen nach § 1 Abs. 1 richtet sich nach den jeweiligen für den Dienstleistungsnehmer geltenden Regelungen. 2Die sonstigen Arbeitszeitregelungen und -nachweise erfolgen nach den Grundsätzen des Dienstleistungsnehmers.

        

3Die Mitarbeiter/innen nach § 1 Abs. 1 erfassen die für die Dienstleistungsnehmer erbrachten Leistungen im Zeiterfassungssystem des Dienstleistungsnehmers, zur Zeit P-Online. 4Ein entsprechender Zugang wird durch den Dienstleistungsnehmer zur Verfügung gestellt.

        

5Für die Genehmigung, Erfassung und Abrechnung von Dienstreisen und Dienstgängen sowie des Freizeitausgleichs für Mehrarbeit finden die Regelungen des Dienstleistungsnehmers Anwendung. 6Für die übrigen Abwesenheitszeiten wie z.B. Krankheit, Urlaub, bezahlte und unbezahlte Freistellung von der Arbeit gelten die Regelungen des Dienstleistungsgebers. 7Neben der Krankmeldung an den Dienstleistungsgeber hat der Mitarbeiter auch unverzüglich den Dienstleistungsnehmer über Bestehen und voraussichtliche Dauer der Erkrankung zu informieren.

        

8Die Genehmigung und Abgeltung von Urlaubstagen kann nur durch den Dienstleistungsgeber vorgenommen werden. … 10Die zeitliche Lage und Dauer des Urlaubs ist mit dem Dienstleistungsnehmer abzustimmen.

        

11Die Anordnung und Abrechnung von Dienstreisen erfolgt unmittelbar durch den Dienstleistungsnehmer nach dessen Regelungen. …

                 
        

§ 8 Überstunden/Mehrarbeit

        

1Für die Behandlung von Mehrarbeit und Überstunden gelten die Regelungen und Richtlinien des Dienstleistungsnehmers.

        

2Die Möglichkeit, Mehrarbeit durch Bezahlung oder Inanspruchnahme von Gleitzeitstunden abzubauen, richtet sich nach der für den dienstüberlassenen Mitarbeiter geltenden Laufbahnstufe des Dienstleistungsnehmers und den dementsprechenden Regeln und Betriebsvereinbarungen innerhalb der AOK Systems.

        

…       

        

§ 11 Vertragslaufzeit und Kündigung

        

1Der Vertrag ist unbefristet. 2Er kann mit einer Frist von 3 Monaten zum 30.06. bzw. 31.12. gekündigt werden.

        

...“   

3

Die DLÜ-Mitarbeiter werden der Arbeitgeberin grundsätzlich befristet überlassen, sind aber zum Teil mehrere Jahre und teilweise auch als Führungskräfte eingesetzt. Sie nehmen an Betriebsversammlungen teil und sind im betrieblichen Organigramm - insbesondere bei der Auflistung von nummerierten sog. Poolteams im sog. Kompetenz-Pool - wie die „eigenen“ Arbeitnehmer der Arbeitgeberin als „Teamleiter/-in“ und „Mitarbeiter/-in“ namentlich aufgeführt. Nach zur Akte gereichten Ausdrucken von Offerten der Arbeitgeberin wurden von ihr bestimmte Stellen „zeitlich begrenzt“ oder auch „unbefristet“ für die „Mitarbeit … im Rahmen der Dienstüberlassung“ ausgeschrieben.

4

Der zu 1. beteiligte Antragsteller ist der bei der Arbeitgeberin in B gebildete, aus elf Mitgliedern bestehende Betriebsrat. Ein Betriebsratsmitglied ist von seiner beruflichen Tätigkeit vollzeitig freigestellt. Aus Anlass des am 4. August 2009 in Kraft getretenen § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG beanspruchte der Betriebsrat die Freistellung eines weiteren Mitglieds, was die Arbeitgeberin ablehnte.

5

In dem von ihm eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Betriebsrat die Auffassung vertreten, die DLÜ-Mitarbeiter seien bei betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen, die auf die Betriebsgröße abstellten, als Arbeitnehmer der Arbeitgeberin zu berücksichtigen. Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG seien daher mindestens zwei Betriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit vollzeitig freizustellen.

6

Der Betriebsrat hat beantragt,

        

die Arbeitgeberin zu verurteilen, nach Wahl des Betriebsrats ein weiteres Betriebsratsmitglied freizustellen.

7

Die Arbeitgeberin hat Antragsabweisung beantragt und gemeint, die DLÜ-Mitarbeiter seien keine Arbeitnehmer iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Diese Vorschrift erfasse nur auf Dauer und ohne Rückkehroption eingesetzte Personen, die wie ihre „eigenen“ Arbeitnehmer in die Betriebsorganisation eingegliedert seien. Dies treffe für die DLÜ-Mitarbeiter nicht zu. Ein weites Verständnis von § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG sei mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, weil damit bei den organisatorischen Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes zur Arbeitsleistung überlassene Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes gegenüber Leiharbeitnehmern in nicht gerechtfertigter Weise bessergestellt würden.

8

Das Arbeitsgericht hat die Verpflichtung der Arbeitgeberin festgestellt, ein weiteres vom Betriebsrat zu wählendes Betriebsratsmitglied von der beruflichen Tätigkeit freizustellen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin das Ziel der Antragsabweisung weiter. Der Betriebsrat beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

9

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den dem Antrag stattgebenden Beschluss des Arbeitsgerichts zurückgewiesen.

10

I. Der Antrag ist zulässig.

11

1. Wie seine gebotene Auslegung ergibt, ist der Antrag nicht als Leistungsantrag zu verstehen.

12

a) Dem Wortlaut nach ist der Antrag zwar auf die Verurteilung der Arbeitgeberin gerichtet, „nach Wahl des Betriebsrats ein weiteres Betriebsratsmitglied freizustellen“. Mit diesem Inhalt wäre der Antrag aber nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er würde von der Arbeitgeberin die Vornahme einer Handlung verlangen, ohne dass für sie mangels namentlicher Benennung (§ 38 Abs. 2 Satz 3 BetrVG) erkennbar wäre, welches Betriebsratsmitglied sie freistellen soll. Bei einem auf § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gestützten Verpflichtungsbegehren ist die namentliche Benennung des freizustellenden Betriebsratsmitglieds nicht verzichtbar. Erst nach erfolgter Wahl kann die Freistellung des Gewählten durch den Arbeitgeber verlangt werden (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 65/10 - Rn. 12 mwN, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 77 = EzA BetrVG 2001 § 5 Nr. 7).

13

b) Aus der Antragsbegründung folgt jedoch, dass die Beteiligten allein über den Umfang - die „richtige“ Anzahl - der (Voll-)Freistellungen iSv. § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG streiten. Das Begehren des Betriebsrats ist mithin auf die Feststellung gerichtet, dass nach der Freistellungsstaffel des § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mindestens zwei seiner Mitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen sind(ähnlich BAG 26. Juni 1996 - 7 ABR 48/95 - zu B I der Gründe, BAGE 83, 234). Dieses bereits vom Arbeitsgericht vertretene Verständnis hat der Betriebsrat bestätigt, indem er im zweiten Rechtszug die Zurückweisung der Beschwerde der Arbeitgeberin beantragt hat.

14

2. Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig. Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Der Streit über den Umfang der Mindestfreistellungen betrifft ein betriebsverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis der Betriebsparteien im Sinn einer durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandenen rechtlichen Beziehung. Der Betriebsrat hat aufgrund der gegenteiligen Rechtsauffassung der Arbeitgeberin ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung, dass die Voraussetzungen für die (Voll-)Freistellungen zweier seiner Mitglieder vorliegen.

15

II. Der Antrag hat in der Sache Erfolg. Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sind in Betrieben mit in der Regel 501 bis 900 Arbeitnehmern mindestens zwei Betriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Das folgt zwar nicht aus der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Hauptbegründung, nach der die DLÜ-Mitarbeiter bei der Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer iSv. § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu berücksichtigen seien, weil sie bereits aufgrund ihrer Aufgabenstellung und unabhängig von der Leitungsmacht der Arbeitgeberin betriebsverfassungsrechtlich zu deren Arbeitnehmern zählten. Jedoch erweist sich die beschwerdegerichtliche Hilfserwägung, dass die DLÜ-Mitarbeiter der Leitungsmacht der Arbeitgeberin unterfallen und deshalb zu den Arbeitnehmern ihres Betriebs zählen, im Ergebnis als richtig.

16

1. Die Freistellung von Betriebsratsmitgliedern ist nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG von der Betriebsgröße abhängig. Maßgeblich hierfür ist die Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer (vgl. BAG 22. Oktober 2003 - 7 ABR 3/03 - zu B II 2 a aa der Gründe, BAGE 108, 185).

17

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sind Arbeitnehmer(Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinn des Betriebsverfassungsgesetzes Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG gelten als Arbeitnehmer ferner Beamte(Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.

18

Die in § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG genannten Beschäftigten sind bei den organisatorischen Schwellenwerten des Betriebsverfassungsgesetzes - so auch bei § 38 BetrVG - zu berücksichtigen(BAG 12. September 2012 - 7 ABR 37/11 - Rn. 16 mwN; ausf. 15. Dezember 2011 - 7 ABR 65/10 - Rn. 17 ff., AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 77 = EzA BetrVG 2001 § 5 Nr. 7). Dies ergibt eine am Wortlaut, an der Systematik und an Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG orientierte Auslegung, für die ebenso das teleologische Verständnis der in den organisatorischen Bestimmungen festgelegten Schwellenwerte streitet. Die Entstehungsgeschichte von § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG stützt dieses Auslegungsergebnis, gegen das keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen(BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 65/10 - Rn. 21 ff., aaO). Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin gebietet die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der Leiharbeitnehmer bei der für die Betriebsratsgröße maßgeblichen Belegschaftsstärke grundsätzlich nicht „mitzählten“ (vgl. hierzu [noch vor Inkrafttreten des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG] BAG 10. März 2004 - 7 ABR 49/03 - BAGE 110, 27 und 22. Oktober 2003 - 7 ABR 3/03 - BAGE 108, 185), kein Verständnis von § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG dahingehend, dass auch die dort genannten Arbeitnehmer bei der Belegschaftsstärke des § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht berücksichtigt werden dürften(BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 65/10 - Rn. 30, aaO).

19

2. Hiernach sind die bei der Arbeitgeberin regelmäßig eingesetzten 60 bis 70 DLÜ-Mitarbeiter bei der Anwendung von § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu berücksichtigen. Diese Mitarbeiter gelten nach § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG als Arbeitnehmer der Arbeitgeberin. In deren Betrieb sind somit einschließlich der ca. 450 „eigenen“ Arbeitnehmer in der Regel zwischen 501 und 900 Arbeitnehmer beschäftigt.

20

a) Die DLÜ-Mitarbeiter sind Arbeitnehmer des „öffentlichen Dienstes“ iSd. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Sie stehen in einem Arbeitsverhältnis zu der jeweiligen AOK (vgl. § 3 Satz 3 Halbs. 1 Muster-DLÜ-Vertrag). Die AOK sind nach § 4 SGB V, § 29 SGB IV als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes.

21

b) Die Arbeitgeberin ist als GmbH ein „privatrechtlich organisiertes Unternehmen“ iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG.

22

c) Die DLÜ-Mitarbeiter sind im Betrieb der Arbeitgeberin „tätig“ iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG.

23

aa) Indem § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG es für die Einordnung der in dieser Bestimmung genannten Beschäftigten in den Betrieb ausreichen lässt, dass sie dort „tätig sind“, knüpft er an einen tatsächlichen Umstand an. Entscheidend ist die Betriebsangehörigkeit (BAG 15. August 2012 - 7 ABR 24/11 - Rn. 31 und - 7 ABR 34/11 - Rn. 35). Betriebsangehörig sind - da es auf ein individualrechtliches Beschäftigungsverhältnis zum Inhaber oder Träger des Einsatzbetriebs nicht ankommt - alle Beschäftigten, die nach den allgemeinen in der Betriebsverfassung geltenden Grundsätzen in die Betriebsorganisation eingegliedert sind (zu diesen Grundsätzen BAG 21. Juli 2004 - 7 ABR 38/03 - zu B I 2 a der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 9 Nr. 8 = EzA BetrVG 2001 § 9 Nr. 3). Eingegliedert ist, wer eine ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeit verrichtet, die der Arbeitgeber organisiert (vgl. BAG 10. März 2004 - 7 ABR 36/03 - zu B 1 der Gründe; zu § 99 BetrVG vgl. zB 23. Juni 2010 - 7 ABR 1/09 - Rn. 13 mwN, BAGE 135, 26). Der Beschäftigte muss so in die betriebliche Arbeitsorganisation integriert sein, dass der Arbeitgeber das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht innehat und die Entscheidung über den Einsatz nach Zeit und Ort trifft. Der Betriebsinhaber muss diese Arbeitgeberfunktion wenigstens im Sinn einer aufgespaltenen Arbeitgeberstellung teilweise ausüben (zu § 99 BetrVG vgl. BAG 11. September 2001 - 1 ABR 14/01 - zu B I der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 10). Es kommt darauf an, inwieweit dem Inhaber oder Träger des Einsatzbetriebs Weisungsbefugnisse zustehen und er in diesem Sinn eine betriebsverfassungsrechtlich relevante (und sei es partielle) Arbeitgeberstellung einnimmt (vgl. auch BAG 15. August 2012 - 7 ABR 24/11 - Rn. 33 mwN).

24

bb) Das Landesarbeitsgericht ist nach diesen Grundsätzen rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, die DLÜ-Mitarbeiter würden bereits aufgrund ihrer „Aufgabenstellung“ und „von der Leitungsmacht der Arbeitgeberin unabhängig“ als deren Arbeitnehmer gelten. Seine hilfsweise Annahme, die DLÜ-Mitarbeiter unterfielen der Leitungsmacht der Arbeitgeberin und seien deshalb bei ihr „tätig“ iSd. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG, erweist sich aber als zutreffend. Die DLÜ-Mitarbeiter sind in die Betriebsorganisation der Arbeitgeberin eingegliedert. Diese Beurteilung kann der Senat aufgrund des festgestellten Sachverhalts selbst treffen.

25

(1) Die Bestimmungen im Muster-DLÜ-Vertrag sprechen für ein Tätigsein der DLÜ-Mitarbeiter im Betrieb der Arbeitgeberin. Zwar obliegt gemäß § 4 Satz 1 Muster-DLÜ-Vertrag das nach § 4 Satz 4 Muster-DLÜ-Vertrag an den Regelungen im Betriebsablauf und in der Arbeitsorganisation der Arbeitgeberin orientierte Direktionsrecht gegenüber dem DLÜ-Mitarbeiter weiterhin der jeweiligen AOK. Ausdrücklich hiervon ausgenommen ist jedoch die der Arbeitgeberin obliegende „fachliche Steuerung“, also das damit korrespondierende Direktionsrecht (vgl. § 4 Satz 2 Muster-DLÜ-Vertrag und die Parenthese in § 4 Satz 1 Muster-DLÜ-Vertrag [„vorbehaltlich“]). Auch ist ein Weisungsrecht der Arbeitgeberin „in dringenden Fällen und bei unabweisbarem Bedarf“ eröffnet (§ 4 Satz 7 Muster-DLÜ-Vertrag). Die DLÜ-Mitarbeiter unterliegen dem Arbeitszeitregime des Einsatzbetriebs (§ 7 Sätze 1 bis 4 Muster-DLÜ-Vertrag; vgl. auch § 8 Satz 2 Muster-DLÜ-Vertrag). Für die Mehrarbeit sowie deren Ausgleich durch Freizeit, für Überstunden und für Dienstreisen/Dienstgänge gelten die bei der Arbeitgeberin bestehenden Regelungen (§ 7 Satz 5 und § 8 Muster-DLÜ-Vertrag). Dienstreisen ordnet die Arbeitgeberin an (§ 7 Satz 11 Muster-DLÜ-Vertrag). Die DLÜ-Mitarbeiter haben bei „Krankmeldung“ auch die Arbeitgeberin zu informieren (§ 7 Satz 7 Muster-DLÜ-Vertrag) und mit dieser die zeitliche Lage und Dauer ihres Urlaubs abzustimmen (§ 7 Satz 10 Muster-DLÜ-Vertrag). Mit einem Bonus abzugeltende Leistungen und Aufwände der DLÜ-Mitarbeiter werden unter Hinzuziehung einer Führungskraft der Arbeitgeberin festgelegt (§ 6 Muster-DLÜ-Vertrag). In der Gesamtschau übt die Arbeitgeberin damit schon nach den vertraglichen Bedingungen der Dienstüberlassung gegenüber den DLÜ-Mitarbeitern wesentliche Arbeitgeberbefugnisse aus. Sie hat im Hinblick auf die Aufgabenerfüllung durch die DLÜ-Mitarbeiter zumindest teilweise die Personalhoheit und besitzt die für eine weisungsabhängige Tätigkeit typische Befugnis zur Entscheidung auch über Zeit und Ort der Tätigkeit.

26

(2) Im Übrigen berücksichtigt die Arbeitgeberin nach den zur Akte gereichten Stellenangeboten, die eine „Mitarbeit … im Rahmen der Dienstüberlassung“ offerieren, die DLÜ-Mitarbeiter offensichtlich bei ihren Ressourcenplanungen. Auch dies spricht eher dafür, dass die DLÜ-Mitarbeiter ihre Dienstleistungen im Rahmen der von der Arbeitgeberin bestimmten Arbeitsorganisation erbringen. Vor allem aber zeigt der betriebliche Organisationsplan, nach dem die DLÜ-Mitarbeiter ohne Unterschied zu den „eigenen“ Arbeitnehmern der Arbeitgeberin als „Mitarbeiter/-in“ diversen Poolteams zugewiesen sind, deren Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Einsatzbetriebs. Die Arbeitgeberin setzt die DLÜ-Mitarbeiter im Ergebnis wie ihre „eigenen“ Mitarbeiter zur Verwirklichung des betrieblichen Arbeitszwecks ein.

27

d) Der Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG steht nicht entgegen, dass die Überlassung der DLÜ-Mitarbeiter nicht auf Dauer erfolgt, sondern - nach dem Vortrag der Arbeitgeberin - nur vorübergehend und projektbezogen sowie nach § 3 Satz 2 Muster-DLÜ-Vertrag für die Dauer des Vertrags über die Dienstleistungsüberlassung.

28

aa) Auch wenn die Personalgestellung im öffentlichen Dienst strukturell - anders als die Arbeitnehmerüberlassung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - nicht vorübergehend angelegt ist (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 65/10 - Rn. 30, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 77 = EzA BetrVG 2001 § 5 Nr. 7), setzt § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nicht notwendig einen dauerhaften oder auch nur langfristigen Einsatz der in Privatbetrieben tätigen Beschäftigten voraus.

29

(1) Die temporäre Personalgestellung ist im öffentlichen Dienst nicht ausgeschlossen (vgl. etwa die Zuweisung iSd. § 4 Abs. 2 TVöD nebst Protokollerklärung hierzu, also die vorübergehende Beschäftigung bei einem dem Allgemeinen Teil des TVöD nicht unterfallenden Dritten im In- und Ausland unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses). Voraussetzung des Tätigseins nach § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG ist(nur), dass die dort genannten Personengruppen in den Betrieb eingegliedert sind. Die tatsächliche Einsatzdauer ist ebenso wenig ausschlaggebend wie eine zeitliche Begrenzung des der Personalgestellung oder -überlassung zugrunde liegenden Vertrags (zu Letzterem vgl. BAG 15. August 2012 - 7 ABR 24/11 - Rn. 32; kritisch zB Kreutz/Raab GK-BetrVG 9. Aufl. § 7 Rn. 49).

30

(2) Dies entspricht der vom Gesetzgeber zu § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG verlautbarten Intention, nach der die in privaten Einrichtungen beschäftigten Personengruppen der Betriebsverfassung ua. mit der Begründung unterstellt werden sollten, „dies entspreche den in den Spezialgesetzen, zB im Bundesschuldenwesenmodernisierungsgesetz, dazu getroffenen Regelungen“ (vgl. BT-Drucks. 16/11608 S. 21). Die spezialgesetzlichen Regelungen treffen eine betriebsverfassungsrechtliche Geltungsanordnung nicht nur dann, wenn Beschäftigte dauerhaft oder zumindest längerfristig in einem Betrieb eines privatrechtlichen Unternehmens eingesetzt sind: So gilt etwa das Kooperationsgesetz der Bundeswehr (BwKoopG) nach seinem § 1 für Beamtinnen, Beamte, Soldatinnen, Soldaten, Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung, „soweit und solange“ ihnen unter Beibehaltung ihres Dienst- oder Arbeitsverhältnisses zum Bund eine Tätigkeit in einem Wirtschaftsunternehmen zugewiesen wurde, mit dem die Bundeswehr eine Kooperation eingegangen ist. Diese Beschäftigten gelten nach § 6 Abs. 1 BwKoopG ua. für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Kooperationsbetriebs.

31

(3) Im Übrigen kommt es bei den betriebsverfassungsrechtlichen Organisationsvorschriften ohnehin allein auf die Zahl der „in der Regel“ beschäftigten Arbeitnehmer an (vgl. zu § 38 BetrVG BAG 22. Oktober 2003 - 7 ABR 3/03 - zu B II 2 a aa der Gründe, BAGE 108, 185). Für § 38 BetrVG ist die im Zeitpunkt der Freistellungswahl allgemein für den Betrieb kennzeichnende Arbeitnehmerzahl entscheidend; kurzfristige Schwankungen im Personalbestand bleiben unberücksichtigt (vgl. BAG 26. Juli 1989 - 7 ABR 64/88 - zu I 1 der Gründe, BAGE 63, 1).

32

bb) Hiernach gelten die DLÜ-Mitarbeiter ungeachtet ihres befristeten Einsatzes als Arbeitnehmer der Arbeitgeberin. Dass es sich bei ihnen um „in der Regel“ Beschäftigte iSv. § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG handelt, hat die Arbeitgeberin zuletzt ausdrücklich bestätigt.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Günther Metzinger    

        

    Krollmann    

                 

(1) Von ihrer beruflichen Tätigkeit sind mindestens freizustellen in Betrieben mit in der Regel

200 bis 500Arbeitnehmern ein Betriebsratsmitglied,
501 bis 900Arbeitnehmern 2 Betriebsratsmitglieder,
901 bis 1.500Arbeitnehmern 3 Betriebsratsmitglieder,
1.501 bis 2.000Arbeitnehmern 4 Betriebsratsmitglieder,
2.001 bis 3.000Arbeitnehmern 5 Betriebsratsmitglieder,
3.001 bis 4.000Arbeitnehmern 6 Betriebsratsmitglieder,
4.001 bis 5.000Arbeitnehmern 7 Betriebsratsmitglieder,
5.001 bis 6.000Arbeitnehmern 8 Betriebsratsmitglieder,
6.001 bis 7.000Arbeitnehmern 9 Betriebsratsmitglieder,
7.001 bis 8.000Arbeitnehmern 10 Betriebsratsmitglieder,
8.001 bis 9.000Arbeitnehmern 11 Betriebsratsmitglieder,
9.001 bis 10.000Arbeitnehmern 12 Betriebsratsmitglieder.

In Betrieben mit über 10.000 Arbeitnehmern ist für je angefangene weitere 2.000 Arbeitnehmer ein weiteres Betriebsratsmitglied freizustellen. Freistellungen können auch in Form von Teilfreistellungen erfolgen. Diese dürfen zusammengenommen nicht den Umfang der Freistellungen nach den Sätzen 1 und 2 überschreiten. Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung können anderweitige Regelungen über die Freistellung vereinbart werden.

(2) Die freizustellenden Betriebsratsmitglieder werden nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Wird nur ein Wahlvorschlag gemacht, so erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl; ist nur ein Betriebsratsmitglied freizustellen, so wird dieses mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Der Betriebsrat hat die Namen der Freizustellenden dem Arbeitgeber bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber eine Freistellung für sachlich nicht vertretbar, so kann er innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Bestätigt die Einigungsstelle die Bedenken des Arbeitgebers, so hat sie bei der Bestimmung eines anderen freizustellenden Betriebsratsmitglieds auch den Minderheitenschutz im Sinne des Satzes 1 zu beachten. Ruft der Arbeitgeber die Einigungsstelle nicht an, so gilt sein Einverständnis mit den Freistellungen nach Ablauf der zweiwöchigen Frist als erteilt. Für die Abberufung gilt § 27 Abs. 1 Satz 5 entsprechend.

(3) Der Zeitraum für die Weiterzahlung des nach § 37 Abs. 4 zu bemessenden Arbeitsentgelts und für die Beschäftigung nach § 37 Abs. 5 erhöht sich für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, auf zwei Jahre nach Ablauf der Amtszeit.

(4) Freigestellte Betriebsratsmitglieder dürfen von inner- und außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsbildung nicht ausgeschlossen werden. Innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Freistellung eines Betriebsratsmitglieds ist diesem im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebs Gelegenheit zu geben, eine wegen der Freistellung unterbliebene betriebsübliche berufliche Entwicklung nachzuholen. Für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, erhöht sich der Zeitraum nach Satz 2 auf zwei Jahre.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 27. Oktober 2010 - 8 TaBV 43/10 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Anzahl der von ihrer beruflichen Tätigkeit mindestens freizustellenden Betriebsratsmitglieder.

2

Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ein IT-Dienstleistungsunternehmen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie beschäftigt in der Regel ca. 450 Arbeitnehmer, mit denen sie einen Arbeitsvertrag geschlossen hat. Daneben setzt sie regelmäßig 60 bis 70 Arbeitnehmer verschiedener Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) ein, die ihr von diesen zur Dienstleistung überlassen sind. Dem Einsatz dieser sog. DLÜ-Mitarbeiter liegen zwischen der Arbeitgeberin (Dienstleistungsnehmer) und der jeweiligen AOK (Dienstleistungsgeber) geschlossene Dienstleistungsüberlassungsverträge zugrunde, die sich nach einem standardisierten Vertragsmuster richten (Muster-DLÜ-Vertrag). Dieses lautet auszugsweise:

        

„§ 1 Dienstleistungsüberlassung

        

1Der Dienstleistungsgeber erbringt Dienstleistungen für den Dienstleistungsnehmer für die in § 2 dieses Vertrages beschriebenen Aufgaben. 2Diese werden für den Dienstleistungsnehmer durch die in der Anlage 1 bezeichneten Mitarbeiter/innen erbracht. 3Diese Anlage wird bei Bedarf von den Vertragsparteien fortgeschrieben.

        

…       

        

§ 3 Rechtsverhältnisse der Mitarbeiter/innen

        

1Die Dienstleistungen der Mitarbeiter/innen nach § 1 Abs. 1 werden vom Dienstleistungsgeber dem Dienstleistungsnehmer überlassen. 2Die Dauer der Überlassung erstreckt sich höchstens auf die Dauer dieses Vertrages.

        

3Das Arbeitsverhältnis und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten der Mitarbeiter/innen nach § 1 Abs. 1 zum Dienstleistungsgeber bleiben unverändert bestehen, soweit sich nicht aus dieser Vereinbarung abweichende Regelungen ergeben.

                 
        

§ 4 Weisungsrecht

        

1Dem Dienstleistungsgeber obliegt - vorbehaltlich des Satzes 2 - weiterhin das Direktionsrecht gegenüber dem/der überlassenen Mitarbeiter/in. 2Die fachliche Steuerung erfolgt durch die jeweiligen Projektverantwortlichen des Dienstleistungsnehmers.

        

…       

        

4Über Regelungen im Betriebsablauf oder in der Arbeitsorganisation des Dienstleistungsnehmers, die von den Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen nach § 1 Abs. 1 zu beachten sind, wird der Dienstleistungsgeber informiert. 5Dieser erteilt - soweit notwendig - im Rahmen der gesetzlichen, tarifvertraglichen und dienst- bzw. arbeitsvertraglichen Regelungen die entsprechenden Weisungen an die Mitarbeiter/innen.

        

6Sieht der Dienstleistungsgeber die Notwendigkeit, von den Regelungen des Dienstleistungsnehmers abzuweichen, wird einvernehmlich eine die Interessen aller Beteiligten berücksichtigende Lösung vereinbart.

        

7In dringenden Fällen und bei unabweisbarem Bedarf kann der Dienstleistungsnehmer dem Mitarbeiter/der Mitarbeiterin zur Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes vorläufige Weisungen erteilen; er unterrichtet hiervon unverzüglich den Dienstleistungsgeber.

        

…       

        

§ 6 Individuelle Zusatzleistungen

        

1Die Leistungen und Aufwände der Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter werden abhängig von der Zielerreichung durch einen Bonus abgegolten. 2Die prozentuale Höhe der Zielerreichung wird in einem Mitarbeitergespräch mit der jeweiligen Führungskraft des Dienstleistungsnehmers festgelegt.

        

…       

        

§ 7 Arbeitszeit, Urlaub, Abwesenheit, Krankheit

        

1Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für die Mitarbeiter/innen nach § 1 Abs. 1 richtet sich nach den jeweiligen für den Dienstleistungsnehmer geltenden Regelungen. 2Die sonstigen Arbeitszeitregelungen und -nachweise erfolgen nach den Grundsätzen des Dienstleistungsnehmers.

        

3Die Mitarbeiter/innen nach § 1 Abs. 1 erfassen die für die Dienstleistungsnehmer erbrachten Leistungen im Zeiterfassungssystem des Dienstleistungsnehmers, zur Zeit P-Online. 4Ein entsprechender Zugang wird durch den Dienstleistungsnehmer zur Verfügung gestellt.

        

5Für die Genehmigung, Erfassung und Abrechnung von Dienstreisen und Dienstgängen sowie des Freizeitausgleichs für Mehrarbeit finden die Regelungen des Dienstleistungsnehmers Anwendung. 6Für die übrigen Abwesenheitszeiten wie z.B. Krankheit, Urlaub, bezahlte und unbezahlte Freistellung von der Arbeit gelten die Regelungen des Dienstleistungsgebers. 7Neben der Krankmeldung an den Dienstleistungsgeber hat der Mitarbeiter auch unverzüglich den Dienstleistungsnehmer über Bestehen und voraussichtliche Dauer der Erkrankung zu informieren.

        

8Die Genehmigung und Abgeltung von Urlaubstagen kann nur durch den Dienstleistungsgeber vorgenommen werden. … 10Die zeitliche Lage und Dauer des Urlaubs ist mit dem Dienstleistungsnehmer abzustimmen.

        

11Die Anordnung und Abrechnung von Dienstreisen erfolgt unmittelbar durch den Dienstleistungsnehmer nach dessen Regelungen. …

                 
        

§ 8 Überstunden/Mehrarbeit

        

1Für die Behandlung von Mehrarbeit und Überstunden gelten die Regelungen und Richtlinien des Dienstleistungsnehmers.

        

2Die Möglichkeit, Mehrarbeit durch Bezahlung oder Inanspruchnahme von Gleitzeitstunden abzubauen, richtet sich nach der für den dienstüberlassenen Mitarbeiter geltenden Laufbahnstufe des Dienstleistungsnehmers und den dementsprechenden Regeln und Betriebsvereinbarungen innerhalb der AOK Systems.

        

…       

        

§ 11 Vertragslaufzeit und Kündigung

        

1Der Vertrag ist unbefristet. 2Er kann mit einer Frist von 3 Monaten zum 30.06. bzw. 31.12. gekündigt werden.

        

...“   

3

Die DLÜ-Mitarbeiter werden der Arbeitgeberin grundsätzlich befristet überlassen, sind aber zum Teil mehrere Jahre und teilweise auch als Führungskräfte eingesetzt. Sie nehmen an Betriebsversammlungen teil und sind im betrieblichen Organigramm - insbesondere bei der Auflistung von nummerierten sog. Poolteams im sog. Kompetenz-Pool - wie die „eigenen“ Arbeitnehmer der Arbeitgeberin als „Teamleiter/-in“ und „Mitarbeiter/-in“ namentlich aufgeführt. Nach zur Akte gereichten Ausdrucken von Offerten der Arbeitgeberin wurden von ihr bestimmte Stellen „zeitlich begrenzt“ oder auch „unbefristet“ für die „Mitarbeit … im Rahmen der Dienstüberlassung“ ausgeschrieben.

4

Der zu 1. beteiligte Antragsteller ist der bei der Arbeitgeberin in B gebildete, aus elf Mitgliedern bestehende Betriebsrat. Ein Betriebsratsmitglied ist von seiner beruflichen Tätigkeit vollzeitig freigestellt. Aus Anlass des am 4. August 2009 in Kraft getretenen § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG beanspruchte der Betriebsrat die Freistellung eines weiteren Mitglieds, was die Arbeitgeberin ablehnte.

5

In dem von ihm eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Betriebsrat die Auffassung vertreten, die DLÜ-Mitarbeiter seien bei betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen, die auf die Betriebsgröße abstellten, als Arbeitnehmer der Arbeitgeberin zu berücksichtigen. Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG seien daher mindestens zwei Betriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit vollzeitig freizustellen.

6

Der Betriebsrat hat beantragt,

        

die Arbeitgeberin zu verurteilen, nach Wahl des Betriebsrats ein weiteres Betriebsratsmitglied freizustellen.

7

Die Arbeitgeberin hat Antragsabweisung beantragt und gemeint, die DLÜ-Mitarbeiter seien keine Arbeitnehmer iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Diese Vorschrift erfasse nur auf Dauer und ohne Rückkehroption eingesetzte Personen, die wie ihre „eigenen“ Arbeitnehmer in die Betriebsorganisation eingegliedert seien. Dies treffe für die DLÜ-Mitarbeiter nicht zu. Ein weites Verständnis von § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG sei mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, weil damit bei den organisatorischen Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes zur Arbeitsleistung überlassene Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes gegenüber Leiharbeitnehmern in nicht gerechtfertigter Weise bessergestellt würden.

8

Das Arbeitsgericht hat die Verpflichtung der Arbeitgeberin festgestellt, ein weiteres vom Betriebsrat zu wählendes Betriebsratsmitglied von der beruflichen Tätigkeit freizustellen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin das Ziel der Antragsabweisung weiter. Der Betriebsrat beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

9

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den dem Antrag stattgebenden Beschluss des Arbeitsgerichts zurückgewiesen.

10

I. Der Antrag ist zulässig.

11

1. Wie seine gebotene Auslegung ergibt, ist der Antrag nicht als Leistungsantrag zu verstehen.

12

a) Dem Wortlaut nach ist der Antrag zwar auf die Verurteilung der Arbeitgeberin gerichtet, „nach Wahl des Betriebsrats ein weiteres Betriebsratsmitglied freizustellen“. Mit diesem Inhalt wäre der Antrag aber nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er würde von der Arbeitgeberin die Vornahme einer Handlung verlangen, ohne dass für sie mangels namentlicher Benennung (§ 38 Abs. 2 Satz 3 BetrVG) erkennbar wäre, welches Betriebsratsmitglied sie freistellen soll. Bei einem auf § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gestützten Verpflichtungsbegehren ist die namentliche Benennung des freizustellenden Betriebsratsmitglieds nicht verzichtbar. Erst nach erfolgter Wahl kann die Freistellung des Gewählten durch den Arbeitgeber verlangt werden (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 65/10 - Rn. 12 mwN, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 77 = EzA BetrVG 2001 § 5 Nr. 7).

13

b) Aus der Antragsbegründung folgt jedoch, dass die Beteiligten allein über den Umfang - die „richtige“ Anzahl - der (Voll-)Freistellungen iSv. § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG streiten. Das Begehren des Betriebsrats ist mithin auf die Feststellung gerichtet, dass nach der Freistellungsstaffel des § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mindestens zwei seiner Mitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen sind(ähnlich BAG 26. Juni 1996 - 7 ABR 48/95 - zu B I der Gründe, BAGE 83, 234). Dieses bereits vom Arbeitsgericht vertretene Verständnis hat der Betriebsrat bestätigt, indem er im zweiten Rechtszug die Zurückweisung der Beschwerde der Arbeitgeberin beantragt hat.

14

2. Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig. Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Der Streit über den Umfang der Mindestfreistellungen betrifft ein betriebsverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis der Betriebsparteien im Sinn einer durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandenen rechtlichen Beziehung. Der Betriebsrat hat aufgrund der gegenteiligen Rechtsauffassung der Arbeitgeberin ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung, dass die Voraussetzungen für die (Voll-)Freistellungen zweier seiner Mitglieder vorliegen.

15

II. Der Antrag hat in der Sache Erfolg. Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sind in Betrieben mit in der Regel 501 bis 900 Arbeitnehmern mindestens zwei Betriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Das folgt zwar nicht aus der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Hauptbegründung, nach der die DLÜ-Mitarbeiter bei der Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer iSv. § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu berücksichtigen seien, weil sie bereits aufgrund ihrer Aufgabenstellung und unabhängig von der Leitungsmacht der Arbeitgeberin betriebsverfassungsrechtlich zu deren Arbeitnehmern zählten. Jedoch erweist sich die beschwerdegerichtliche Hilfserwägung, dass die DLÜ-Mitarbeiter der Leitungsmacht der Arbeitgeberin unterfallen und deshalb zu den Arbeitnehmern ihres Betriebs zählen, im Ergebnis als richtig.

16

1. Die Freistellung von Betriebsratsmitgliedern ist nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG von der Betriebsgröße abhängig. Maßgeblich hierfür ist die Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer (vgl. BAG 22. Oktober 2003 - 7 ABR 3/03 - zu B II 2 a aa der Gründe, BAGE 108, 185).

17

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sind Arbeitnehmer(Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinn des Betriebsverfassungsgesetzes Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG gelten als Arbeitnehmer ferner Beamte(Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.

18

Die in § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG genannten Beschäftigten sind bei den organisatorischen Schwellenwerten des Betriebsverfassungsgesetzes - so auch bei § 38 BetrVG - zu berücksichtigen(BAG 12. September 2012 - 7 ABR 37/11 - Rn. 16 mwN; ausf. 15. Dezember 2011 - 7 ABR 65/10 - Rn. 17 ff., AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 77 = EzA BetrVG 2001 § 5 Nr. 7). Dies ergibt eine am Wortlaut, an der Systematik und an Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG orientierte Auslegung, für die ebenso das teleologische Verständnis der in den organisatorischen Bestimmungen festgelegten Schwellenwerte streitet. Die Entstehungsgeschichte von § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG stützt dieses Auslegungsergebnis, gegen das keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen(BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 65/10 - Rn. 21 ff., aaO). Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin gebietet die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der Leiharbeitnehmer bei der für die Betriebsratsgröße maßgeblichen Belegschaftsstärke grundsätzlich nicht „mitzählten“ (vgl. hierzu [noch vor Inkrafttreten des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG] BAG 10. März 2004 - 7 ABR 49/03 - BAGE 110, 27 und 22. Oktober 2003 - 7 ABR 3/03 - BAGE 108, 185), kein Verständnis von § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG dahingehend, dass auch die dort genannten Arbeitnehmer bei der Belegschaftsstärke des § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht berücksichtigt werden dürften(BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 65/10 - Rn. 30, aaO).

19

2. Hiernach sind die bei der Arbeitgeberin regelmäßig eingesetzten 60 bis 70 DLÜ-Mitarbeiter bei der Anwendung von § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu berücksichtigen. Diese Mitarbeiter gelten nach § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG als Arbeitnehmer der Arbeitgeberin. In deren Betrieb sind somit einschließlich der ca. 450 „eigenen“ Arbeitnehmer in der Regel zwischen 501 und 900 Arbeitnehmer beschäftigt.

20

a) Die DLÜ-Mitarbeiter sind Arbeitnehmer des „öffentlichen Dienstes“ iSd. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Sie stehen in einem Arbeitsverhältnis zu der jeweiligen AOK (vgl. § 3 Satz 3 Halbs. 1 Muster-DLÜ-Vertrag). Die AOK sind nach § 4 SGB V, § 29 SGB IV als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes.

21

b) Die Arbeitgeberin ist als GmbH ein „privatrechtlich organisiertes Unternehmen“ iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG.

22

c) Die DLÜ-Mitarbeiter sind im Betrieb der Arbeitgeberin „tätig“ iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG.

23

aa) Indem § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG es für die Einordnung der in dieser Bestimmung genannten Beschäftigten in den Betrieb ausreichen lässt, dass sie dort „tätig sind“, knüpft er an einen tatsächlichen Umstand an. Entscheidend ist die Betriebsangehörigkeit (BAG 15. August 2012 - 7 ABR 24/11 - Rn. 31 und - 7 ABR 34/11 - Rn. 35). Betriebsangehörig sind - da es auf ein individualrechtliches Beschäftigungsverhältnis zum Inhaber oder Träger des Einsatzbetriebs nicht ankommt - alle Beschäftigten, die nach den allgemeinen in der Betriebsverfassung geltenden Grundsätzen in die Betriebsorganisation eingegliedert sind (zu diesen Grundsätzen BAG 21. Juli 2004 - 7 ABR 38/03 - zu B I 2 a der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 9 Nr. 8 = EzA BetrVG 2001 § 9 Nr. 3). Eingegliedert ist, wer eine ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeit verrichtet, die der Arbeitgeber organisiert (vgl. BAG 10. März 2004 - 7 ABR 36/03 - zu B 1 der Gründe; zu § 99 BetrVG vgl. zB 23. Juni 2010 - 7 ABR 1/09 - Rn. 13 mwN, BAGE 135, 26). Der Beschäftigte muss so in die betriebliche Arbeitsorganisation integriert sein, dass der Arbeitgeber das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht innehat und die Entscheidung über den Einsatz nach Zeit und Ort trifft. Der Betriebsinhaber muss diese Arbeitgeberfunktion wenigstens im Sinn einer aufgespaltenen Arbeitgeberstellung teilweise ausüben (zu § 99 BetrVG vgl. BAG 11. September 2001 - 1 ABR 14/01 - zu B I der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 10). Es kommt darauf an, inwieweit dem Inhaber oder Träger des Einsatzbetriebs Weisungsbefugnisse zustehen und er in diesem Sinn eine betriebsverfassungsrechtlich relevante (und sei es partielle) Arbeitgeberstellung einnimmt (vgl. auch BAG 15. August 2012 - 7 ABR 24/11 - Rn. 33 mwN).

24

bb) Das Landesarbeitsgericht ist nach diesen Grundsätzen rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, die DLÜ-Mitarbeiter würden bereits aufgrund ihrer „Aufgabenstellung“ und „von der Leitungsmacht der Arbeitgeberin unabhängig“ als deren Arbeitnehmer gelten. Seine hilfsweise Annahme, die DLÜ-Mitarbeiter unterfielen der Leitungsmacht der Arbeitgeberin und seien deshalb bei ihr „tätig“ iSd. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG, erweist sich aber als zutreffend. Die DLÜ-Mitarbeiter sind in die Betriebsorganisation der Arbeitgeberin eingegliedert. Diese Beurteilung kann der Senat aufgrund des festgestellten Sachverhalts selbst treffen.

25

(1) Die Bestimmungen im Muster-DLÜ-Vertrag sprechen für ein Tätigsein der DLÜ-Mitarbeiter im Betrieb der Arbeitgeberin. Zwar obliegt gemäß § 4 Satz 1 Muster-DLÜ-Vertrag das nach § 4 Satz 4 Muster-DLÜ-Vertrag an den Regelungen im Betriebsablauf und in der Arbeitsorganisation der Arbeitgeberin orientierte Direktionsrecht gegenüber dem DLÜ-Mitarbeiter weiterhin der jeweiligen AOK. Ausdrücklich hiervon ausgenommen ist jedoch die der Arbeitgeberin obliegende „fachliche Steuerung“, also das damit korrespondierende Direktionsrecht (vgl. § 4 Satz 2 Muster-DLÜ-Vertrag und die Parenthese in § 4 Satz 1 Muster-DLÜ-Vertrag [„vorbehaltlich“]). Auch ist ein Weisungsrecht der Arbeitgeberin „in dringenden Fällen und bei unabweisbarem Bedarf“ eröffnet (§ 4 Satz 7 Muster-DLÜ-Vertrag). Die DLÜ-Mitarbeiter unterliegen dem Arbeitszeitregime des Einsatzbetriebs (§ 7 Sätze 1 bis 4 Muster-DLÜ-Vertrag; vgl. auch § 8 Satz 2 Muster-DLÜ-Vertrag). Für die Mehrarbeit sowie deren Ausgleich durch Freizeit, für Überstunden und für Dienstreisen/Dienstgänge gelten die bei der Arbeitgeberin bestehenden Regelungen (§ 7 Satz 5 und § 8 Muster-DLÜ-Vertrag). Dienstreisen ordnet die Arbeitgeberin an (§ 7 Satz 11 Muster-DLÜ-Vertrag). Die DLÜ-Mitarbeiter haben bei „Krankmeldung“ auch die Arbeitgeberin zu informieren (§ 7 Satz 7 Muster-DLÜ-Vertrag) und mit dieser die zeitliche Lage und Dauer ihres Urlaubs abzustimmen (§ 7 Satz 10 Muster-DLÜ-Vertrag). Mit einem Bonus abzugeltende Leistungen und Aufwände der DLÜ-Mitarbeiter werden unter Hinzuziehung einer Führungskraft der Arbeitgeberin festgelegt (§ 6 Muster-DLÜ-Vertrag). In der Gesamtschau übt die Arbeitgeberin damit schon nach den vertraglichen Bedingungen der Dienstüberlassung gegenüber den DLÜ-Mitarbeitern wesentliche Arbeitgeberbefugnisse aus. Sie hat im Hinblick auf die Aufgabenerfüllung durch die DLÜ-Mitarbeiter zumindest teilweise die Personalhoheit und besitzt die für eine weisungsabhängige Tätigkeit typische Befugnis zur Entscheidung auch über Zeit und Ort der Tätigkeit.

26

(2) Im Übrigen berücksichtigt die Arbeitgeberin nach den zur Akte gereichten Stellenangeboten, die eine „Mitarbeit … im Rahmen der Dienstüberlassung“ offerieren, die DLÜ-Mitarbeiter offensichtlich bei ihren Ressourcenplanungen. Auch dies spricht eher dafür, dass die DLÜ-Mitarbeiter ihre Dienstleistungen im Rahmen der von der Arbeitgeberin bestimmten Arbeitsorganisation erbringen. Vor allem aber zeigt der betriebliche Organisationsplan, nach dem die DLÜ-Mitarbeiter ohne Unterschied zu den „eigenen“ Arbeitnehmern der Arbeitgeberin als „Mitarbeiter/-in“ diversen Poolteams zugewiesen sind, deren Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Einsatzbetriebs. Die Arbeitgeberin setzt die DLÜ-Mitarbeiter im Ergebnis wie ihre „eigenen“ Mitarbeiter zur Verwirklichung des betrieblichen Arbeitszwecks ein.

27

d) Der Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG steht nicht entgegen, dass die Überlassung der DLÜ-Mitarbeiter nicht auf Dauer erfolgt, sondern - nach dem Vortrag der Arbeitgeberin - nur vorübergehend und projektbezogen sowie nach § 3 Satz 2 Muster-DLÜ-Vertrag für die Dauer des Vertrags über die Dienstleistungsüberlassung.

28

aa) Auch wenn die Personalgestellung im öffentlichen Dienst strukturell - anders als die Arbeitnehmerüberlassung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - nicht vorübergehend angelegt ist (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 65/10 - Rn. 30, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 77 = EzA BetrVG 2001 § 5 Nr. 7), setzt § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nicht notwendig einen dauerhaften oder auch nur langfristigen Einsatz der in Privatbetrieben tätigen Beschäftigten voraus.

29

(1) Die temporäre Personalgestellung ist im öffentlichen Dienst nicht ausgeschlossen (vgl. etwa die Zuweisung iSd. § 4 Abs. 2 TVöD nebst Protokollerklärung hierzu, also die vorübergehende Beschäftigung bei einem dem Allgemeinen Teil des TVöD nicht unterfallenden Dritten im In- und Ausland unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses). Voraussetzung des Tätigseins nach § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG ist(nur), dass die dort genannten Personengruppen in den Betrieb eingegliedert sind. Die tatsächliche Einsatzdauer ist ebenso wenig ausschlaggebend wie eine zeitliche Begrenzung des der Personalgestellung oder -überlassung zugrunde liegenden Vertrags (zu Letzterem vgl. BAG 15. August 2012 - 7 ABR 24/11 - Rn. 32; kritisch zB Kreutz/Raab GK-BetrVG 9. Aufl. § 7 Rn. 49).

30

(2) Dies entspricht der vom Gesetzgeber zu § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG verlautbarten Intention, nach der die in privaten Einrichtungen beschäftigten Personengruppen der Betriebsverfassung ua. mit der Begründung unterstellt werden sollten, „dies entspreche den in den Spezialgesetzen, zB im Bundesschuldenwesenmodernisierungsgesetz, dazu getroffenen Regelungen“ (vgl. BT-Drucks. 16/11608 S. 21). Die spezialgesetzlichen Regelungen treffen eine betriebsverfassungsrechtliche Geltungsanordnung nicht nur dann, wenn Beschäftigte dauerhaft oder zumindest längerfristig in einem Betrieb eines privatrechtlichen Unternehmens eingesetzt sind: So gilt etwa das Kooperationsgesetz der Bundeswehr (BwKoopG) nach seinem § 1 für Beamtinnen, Beamte, Soldatinnen, Soldaten, Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung, „soweit und solange“ ihnen unter Beibehaltung ihres Dienst- oder Arbeitsverhältnisses zum Bund eine Tätigkeit in einem Wirtschaftsunternehmen zugewiesen wurde, mit dem die Bundeswehr eine Kooperation eingegangen ist. Diese Beschäftigten gelten nach § 6 Abs. 1 BwKoopG ua. für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Kooperationsbetriebs.

31

(3) Im Übrigen kommt es bei den betriebsverfassungsrechtlichen Organisationsvorschriften ohnehin allein auf die Zahl der „in der Regel“ beschäftigten Arbeitnehmer an (vgl. zu § 38 BetrVG BAG 22. Oktober 2003 - 7 ABR 3/03 - zu B II 2 a aa der Gründe, BAGE 108, 185). Für § 38 BetrVG ist die im Zeitpunkt der Freistellungswahl allgemein für den Betrieb kennzeichnende Arbeitnehmerzahl entscheidend; kurzfristige Schwankungen im Personalbestand bleiben unberücksichtigt (vgl. BAG 26. Juli 1989 - 7 ABR 64/88 - zu I 1 der Gründe, BAGE 63, 1).

32

bb) Hiernach gelten die DLÜ-Mitarbeiter ungeachtet ihres befristeten Einsatzes als Arbeitnehmer der Arbeitgeberin. Dass es sich bei ihnen um „in der Regel“ Beschäftigte iSv. § 38 Abs. 1 Satz 1 BetrVG handelt, hat die Arbeitgeberin zuletzt ausdrücklich bestätigt.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Günther Metzinger    

        

    Krollmann    

                 

(1) Von ihrer beruflichen Tätigkeit sind mindestens freizustellen in Betrieben mit in der Regel

200 bis 500Arbeitnehmern ein Betriebsratsmitglied,
501 bis 900Arbeitnehmern 2 Betriebsratsmitglieder,
901 bis 1.500Arbeitnehmern 3 Betriebsratsmitglieder,
1.501 bis 2.000Arbeitnehmern 4 Betriebsratsmitglieder,
2.001 bis 3.000Arbeitnehmern 5 Betriebsratsmitglieder,
3.001 bis 4.000Arbeitnehmern 6 Betriebsratsmitglieder,
4.001 bis 5.000Arbeitnehmern 7 Betriebsratsmitglieder,
5.001 bis 6.000Arbeitnehmern 8 Betriebsratsmitglieder,
6.001 bis 7.000Arbeitnehmern 9 Betriebsratsmitglieder,
7.001 bis 8.000Arbeitnehmern 10 Betriebsratsmitglieder,
8.001 bis 9.000Arbeitnehmern 11 Betriebsratsmitglieder,
9.001 bis 10.000Arbeitnehmern 12 Betriebsratsmitglieder.

In Betrieben mit über 10.000 Arbeitnehmern ist für je angefangene weitere 2.000 Arbeitnehmer ein weiteres Betriebsratsmitglied freizustellen. Freistellungen können auch in Form von Teilfreistellungen erfolgen. Diese dürfen zusammengenommen nicht den Umfang der Freistellungen nach den Sätzen 1 und 2 überschreiten. Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung können anderweitige Regelungen über die Freistellung vereinbart werden.

(2) Die freizustellenden Betriebsratsmitglieder werden nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Wird nur ein Wahlvorschlag gemacht, so erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl; ist nur ein Betriebsratsmitglied freizustellen, so wird dieses mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Der Betriebsrat hat die Namen der Freizustellenden dem Arbeitgeber bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber eine Freistellung für sachlich nicht vertretbar, so kann er innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Bestätigt die Einigungsstelle die Bedenken des Arbeitgebers, so hat sie bei der Bestimmung eines anderen freizustellenden Betriebsratsmitglieds auch den Minderheitenschutz im Sinne des Satzes 1 zu beachten. Ruft der Arbeitgeber die Einigungsstelle nicht an, so gilt sein Einverständnis mit den Freistellungen nach Ablauf der zweiwöchigen Frist als erteilt. Für die Abberufung gilt § 27 Abs. 1 Satz 5 entsprechend.

(3) Der Zeitraum für die Weiterzahlung des nach § 37 Abs. 4 zu bemessenden Arbeitsentgelts und für die Beschäftigung nach § 37 Abs. 5 erhöht sich für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, auf zwei Jahre nach Ablauf der Amtszeit.

(4) Freigestellte Betriebsratsmitglieder dürfen von inner- und außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsbildung nicht ausgeschlossen werden. Innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Freistellung eines Betriebsratsmitglieds ist diesem im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebs Gelegenheit zu geben, eine wegen der Freistellung unterbliebene betriebsübliche berufliche Entwicklung nachzuholen. Für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, erhöht sich der Zeitraum nach Satz 2 auf zwei Jahre.

(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.

(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.

(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.

(5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind.

(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung.

(1) Von ihrer beruflichen Tätigkeit sind mindestens freizustellen in Betrieben mit in der Regel

200 bis 500Arbeitnehmern ein Betriebsratsmitglied,
501 bis 900Arbeitnehmern 2 Betriebsratsmitglieder,
901 bis 1.500Arbeitnehmern 3 Betriebsratsmitglieder,
1.501 bis 2.000Arbeitnehmern 4 Betriebsratsmitglieder,
2.001 bis 3.000Arbeitnehmern 5 Betriebsratsmitglieder,
3.001 bis 4.000Arbeitnehmern 6 Betriebsratsmitglieder,
4.001 bis 5.000Arbeitnehmern 7 Betriebsratsmitglieder,
5.001 bis 6.000Arbeitnehmern 8 Betriebsratsmitglieder,
6.001 bis 7.000Arbeitnehmern 9 Betriebsratsmitglieder,
7.001 bis 8.000Arbeitnehmern 10 Betriebsratsmitglieder,
8.001 bis 9.000Arbeitnehmern 11 Betriebsratsmitglieder,
9.001 bis 10.000Arbeitnehmern 12 Betriebsratsmitglieder.

In Betrieben mit über 10.000 Arbeitnehmern ist für je angefangene weitere 2.000 Arbeitnehmer ein weiteres Betriebsratsmitglied freizustellen. Freistellungen können auch in Form von Teilfreistellungen erfolgen. Diese dürfen zusammengenommen nicht den Umfang der Freistellungen nach den Sätzen 1 und 2 überschreiten. Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung können anderweitige Regelungen über die Freistellung vereinbart werden.

(2) Die freizustellenden Betriebsratsmitglieder werden nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Wird nur ein Wahlvorschlag gemacht, so erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl; ist nur ein Betriebsratsmitglied freizustellen, so wird dieses mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Der Betriebsrat hat die Namen der Freizustellenden dem Arbeitgeber bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber eine Freistellung für sachlich nicht vertretbar, so kann er innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Bestätigt die Einigungsstelle die Bedenken des Arbeitgebers, so hat sie bei der Bestimmung eines anderen freizustellenden Betriebsratsmitglieds auch den Minderheitenschutz im Sinne des Satzes 1 zu beachten. Ruft der Arbeitgeber die Einigungsstelle nicht an, so gilt sein Einverständnis mit den Freistellungen nach Ablauf der zweiwöchigen Frist als erteilt. Für die Abberufung gilt § 27 Abs. 1 Satz 5 entsprechend.

(3) Der Zeitraum für die Weiterzahlung des nach § 37 Abs. 4 zu bemessenden Arbeitsentgelts und für die Beschäftigung nach § 37 Abs. 5 erhöht sich für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, auf zwei Jahre nach Ablauf der Amtszeit.

(4) Freigestellte Betriebsratsmitglieder dürfen von inner- und außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsbildung nicht ausgeschlossen werden. Innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Freistellung eines Betriebsratsmitglieds ist diesem im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebs Gelegenheit zu geben, eine wegen der Freistellung unterbliebene betriebsübliche berufliche Entwicklung nachzuholen. Für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, erhöht sich der Zeitraum nach Satz 2 auf zwei Jahre.

(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.

(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.

(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.

(5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind.

(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung.

(1) Von ihrer beruflichen Tätigkeit sind mindestens freizustellen in Betrieben mit in der Regel

200 bis 500Arbeitnehmern ein Betriebsratsmitglied,
501 bis 900Arbeitnehmern 2 Betriebsratsmitglieder,
901 bis 1.500Arbeitnehmern 3 Betriebsratsmitglieder,
1.501 bis 2.000Arbeitnehmern 4 Betriebsratsmitglieder,
2.001 bis 3.000Arbeitnehmern 5 Betriebsratsmitglieder,
3.001 bis 4.000Arbeitnehmern 6 Betriebsratsmitglieder,
4.001 bis 5.000Arbeitnehmern 7 Betriebsratsmitglieder,
5.001 bis 6.000Arbeitnehmern 8 Betriebsratsmitglieder,
6.001 bis 7.000Arbeitnehmern 9 Betriebsratsmitglieder,
7.001 bis 8.000Arbeitnehmern 10 Betriebsratsmitglieder,
8.001 bis 9.000Arbeitnehmern 11 Betriebsratsmitglieder,
9.001 bis 10.000Arbeitnehmern 12 Betriebsratsmitglieder.

In Betrieben mit über 10.000 Arbeitnehmern ist für je angefangene weitere 2.000 Arbeitnehmer ein weiteres Betriebsratsmitglied freizustellen. Freistellungen können auch in Form von Teilfreistellungen erfolgen. Diese dürfen zusammengenommen nicht den Umfang der Freistellungen nach den Sätzen 1 und 2 überschreiten. Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung können anderweitige Regelungen über die Freistellung vereinbart werden.

(2) Die freizustellenden Betriebsratsmitglieder werden nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Wird nur ein Wahlvorschlag gemacht, so erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl; ist nur ein Betriebsratsmitglied freizustellen, so wird dieses mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Der Betriebsrat hat die Namen der Freizustellenden dem Arbeitgeber bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber eine Freistellung für sachlich nicht vertretbar, so kann er innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Bestätigt die Einigungsstelle die Bedenken des Arbeitgebers, so hat sie bei der Bestimmung eines anderen freizustellenden Betriebsratsmitglieds auch den Minderheitenschutz im Sinne des Satzes 1 zu beachten. Ruft der Arbeitgeber die Einigungsstelle nicht an, so gilt sein Einverständnis mit den Freistellungen nach Ablauf der zweiwöchigen Frist als erteilt. Für die Abberufung gilt § 27 Abs. 1 Satz 5 entsprechend.

(3) Der Zeitraum für die Weiterzahlung des nach § 37 Abs. 4 zu bemessenden Arbeitsentgelts und für die Beschäftigung nach § 37 Abs. 5 erhöht sich für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, auf zwei Jahre nach Ablauf der Amtszeit.

(4) Freigestellte Betriebsratsmitglieder dürfen von inner- und außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsbildung nicht ausgeschlossen werden. Innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Freistellung eines Betriebsratsmitglieds ist diesem im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebs Gelegenheit zu geben, eine wegen der Freistellung unterbliebene betriebsübliche berufliche Entwicklung nachzuholen. Für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, erhöht sich der Zeitraum nach Satz 2 auf zwei Jahre.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

Tenor

Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.12.2010 - Az.: 4 Ga 31/10 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision kann nicht zugelassen werden.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.640,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Verfügungskläger ist seit vielen Jahren in dem zuletzt von der Verfügungsbeklagten betriebenen Werk in Z, Z-Straße XX, beschäftigt bzw. beschäftigt gewesen (s. dazu bereits den Arbeitsvertrag vom 09.06./14.06.1976 mit der W für das dortige Werk "Z" = Bl. 160 ff. d.A.). Der - soweit ersichtlich - zeitlich letzte Arbeitsvertrag des Verfügungsklägers datiert vom 14.12.1999 (Anstellungsvertrag = Bl. 13 ff. d.A.; mit Anrechnungsklausel hinsichtlich der Beschäftigungszeit vom 01.07.1976 bis zum 31.12.1999 auf die Betriebszugehörigkeit ab 01.01.2000). In dem (vom Betriebsrat freilich angefochtenen) Sozialplan vom 16.09.2010 (Einigungsstellenspruch; Bl. 18 ff. d. A.) heißt es in der Präambel u. a.

2

"…Y [= die Verfügungsbeklagte] wird den bisher am Standort Z betriebenen Betrieb in dem Zeitraum vom 01.09.2010 bis zum 31.12.2010 sukzessive mit allen Arbeitsplätzen nach C-Stadt [C-Stadt/V; Arbeitsgerichtsbezirk Darmstadt] verlegen…. Der Sozialplan wird zum Ausgleich und zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile geschlossen, die den bisher am Standort Z beschäftigten Mitarbeitern von Y infolge der Betriebsverlegung entstehen…." (die Zusätze in den eckigen Klammern von hier; der Anfechtungsantrag des Betriebsrates wurde erstinstanzlich am 16.02.2011 von dem ArbG Koblenz unter dem Az.: - 4 BV 31/10 - zurückgewiesen; der Antrag des Betriebsrates eine neue Einigungsstelle zu errichten, blieb erfolglos: LAG Rheinland-Pfalz vom 12.04.2011 - 3 TaBV 6/11 -).

3

Mit dem Schreiben vom 28.09.2010 (BL. 16 f. d.A.) erklärte die Verfügungsbeklagte dem Verfügungskläger eine ordentliche (Änderungs-)Kündigung zum 31.03.2011. Der Verfügungskläger lehnte das Änderungsangebot ab (Schreiben vom 18.10.2010, Bl. 17 d.A.) und erhob Kündigungsschutzklage (- 4 Ca 2318/10 - ArbG Koblenz). Nach näherer Maßgabe seines Schreibens vom 26.10.2010 (Bl. 26 d.A.) führte der Verfügungskläger zur Frage der Unzumutbarkeit gemäß § 7 des Sozialplanes aus.

4

Im Schreiben der Verfügungsbeklagten vom 09.12.2010 (Bl. 34 d.A.) an den Verfügungskläger heißt es u.a.:

5

"… Wir weisen Sie daher in Ausübung unseres Direktionsrechts dazu an, Ihre Arbeitsleistung ab dem 13.12.2010 bis zum Ablauf der Kündigungsfrist auf Ihrem bisherigen Arbeitsplatz am Standort C-Stadt zu erbringen….".

6

In dem Schreiben vom 24.02.2011 (Bl. 159 d.A.) an den Verfügungskläger führt die Verfügungsbeklagte u.a. aus:

7

"…Ihr Arbeitsplatz ist bereits seit dem 13.12.2010 am Standort C-Stadt eingerichtet. Das zwischenzeitlich bereits vollständig geräumte ehemalige Betriebsgrundstück in Z wurde auch schon an den Vermieter zurückgegeben. Vor diesem Hintergrund ist eine Beschäftigung in Z nicht mehr möglich. Wir weisen Sie daher in Ausübung unseres Direktionsrechts erneut dazu an, Ihre Arbeitsleitung - unmittelbar nach Beendigung ihrer Arbeitsunfähigkeit - nunmehr auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz am Standort C-Stadt zu erbringen…".

8

Erstinstanzlich hat der Verfügungskläger zuletzt beantragt:

9

Die Antragsgegnerin wird verurteilt, den Antragsteller zu unveränderten Arbeitsbedingungen als technischen Angestellten in Z zu beschäftigen,

10

hilfsweise

11

Es wird festgestellt, dass die Versetzung des Antragstellers gem. Schreiben der Antragsgegnerin vom 09.12.2010 zum 13.12.2010 bis zum Ablauf der Kündigungsfrist auf dem bisherigen Arbeitsplatz am Standort C-Stadt unwirksam ist.

12

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 22.12.2010 - 4 Ga 31/10 - (dort Seite 2 ff. = Bl. 117 ff. d.A.). Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Gegen das ihm am 05.01.2011 zugestellte Urteil vom 22.12.2010 - 4 Ga 31/10 - hat der Verfügungskläger am 20.01.2011 Berufung eingelegt und diese am 04.03.2011 mit dem Schriftsatz vom 04.03.2011 begründet.

13

Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 04.03.2011 (Bl. 142 ff. d.A.) verwiesen. Der Verfügungskläger führt dort dazu aus, dass sich die Betriebsparteien bei der Ausarbeitung des Arbeitsvertrages einig gewesen seien, dass zwar die Tätigkeit (des Arbeitnehmers) durch den Arbeitgeber geändert werden könne, nicht jedoch der Arbeitsort. Eine Änderung des Arbeitsortes hätte nur im Rahmen einer Änderungskündigung möglich sein sollen, nicht jedoch durch die Ausübung des Direktionsrechtes bzw. durch Versetzung. Der Arbeitsvertrag vom 14.12.1999 entspreche hinsichtlich Ziffer 1. exakt den (auf S. 2 der Berufungsbegründung) beschriebenen Verhandlungen. Der Verfügungskläger wirft dem Arbeitsgericht nach näherer Maßgabe der Ausführungen auf den Seiten 2 ff. der Berufungsbegründung vor, rechtsirrig zu der Auffassung gelangt zu sein, es bestehe kein Verfügungsanspruch.

14

Die in Ziffer 1. des Anstellungsvertrages enthaltene allgemeine Geschäftsbedingung verstoße gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Juristisch nicht geschulten Personen - so macht der Verfügungskläger geltend - sei es nicht möglich, zwischen Werk, Betrieb, Unternehmen und Konzern zu unterscheiden.

15

Nach Ansicht des Verfügungsklägers verstößt die Versetzungsanordnung (auch) gegen § 106 GewO. Die Angemessenheitskontrolle ergebe, dass die Verfügungsbeklagte das von ihr geschuldete billige Ermessen nicht hinreichend berücksichtigt habe. Der Verfügungskläger bringt vor, dass eine Entfernung von 160 km (einfacher Weg) nicht oder doch nur sehr schwerlich jeden Tag zurückgelegt werden könne, - daher seien die betroffenen Arbeitnehmer gezwungen, zumindest von Montag Morgen bis Freitag Abend ihren Wohnsitz nach C-Stadt zu verlegen. Der Verfügungskläger macht geltend, dass Unzumutbarkeitsgründe oder Härtefälle im Sinne des Sozialplanes auch im Rahmen der Angemessenheitskontrolle zu berücksichtigen seien. Er, der Verfügungskläger, habe entsprechende Gründe dargelegt, ohne dass diese eine angemessene Berücksichtigung gefunden hätten. Alle unter § 7 des Sozialplans fallenden Arbeitnehmer könnten daher auch nicht nach C-Stadt versetzt werden. Insoweit habe sich die Verfügungsbeklagte im Sozialplan gebunden.

16

Der Verfügungskläger beantragt,

17

auf die Berufung des Verfügungsklägers das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.12.2010 - 4 Ga 31/10 - abzuändern und die Verfügungsbeklagte zu verurteilen, den Verfügungskläger zu unveränderten Bedingungen als technischen Angestellten in Z zu beschäftigen,

18

- hilfsweise -

19

der Verfügungsbeklagten zu untersagen, gegenüber dem Verfügungskläger anzuordnen, dass dieser seine Arbeitsleistung am Standort C-Stadt zu erbringen hat;

20

äußerst hilfsweise, der Verfügungsbeklagten aufzugeben, die Versetzungsanordnung vom 09.12.2010 zurückzunehmen.

21

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

22

die Berufung des Verfügungsklägers zurückzuweisen.

23

Die Verfügungsbeklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 13.04.2011 (Bl. 189 ff. d.A.), worauf verwiesen wird.

24

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt - insbesondere auf die von den Parteien vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen - Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

25

Die Berufung ist (jedenfalls) unbegründet.

26

Das Arbeitsgericht hat das Gesuch zu recht als unbegründet abgewiesen. Es ist jedenfalls der notwendige Verfügungsgrund (§§ 935 und 940 ZPO) zu verneinen. Es fehlt - im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer - die Dringlichkeit im Sinne des Gesetzes.

27

1. In einem Fall der vorliegenden Art liegt ein Verfügungsgrund nur dann vor, wenn die dem Verfügungskläger drohenden Nachteile schwerwiegen und außer Verhältnis stehen zu dem Schaden, den die gegnerische Partei (Verfügungsbeklagte) erleiden kann (§§ 935 und 940 ZPO: „zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen…"; vgl. Huber/Musielak 8. Auflage ZPO § 940 Rz 14). Es muss eine besondere Eilbedürftigkeit gegeben sein, welche es erforderlich macht, zur Abwendung wesentlicher Nachteile bereits vor einer Klärung strittiger Rechtsfragen im regulären arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren (Hauptsacheverfahren, für das der Beschleunigungsgrundsatz des § 9 ArbGG gilt) vorab im Wege einer summarischen Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine vorläufige Regelung zu treffen. Soll eine sog. Leistungsverfügung erlassen werden, dürfen an das Vorliegen eines Verfügungsgrundes jedenfalls keine zu geringen Anforderungen gestellt werden (vgl. B/L/A/Hartmann 64. Aufl. ZPO § 916 Grundzüge Rz 9: "stets scharfe Anforderungen ... an den Nachweis des Verfügungsgrundes"). Speziell für den Fall einer arbeitsrechtlichen Versetzung ist es anerkanntes Recht, dass nur in seltenen Ausnahmefällen ein entsprechender rechtfertigender Verfügungsgrund - und zudem meist nur für eine kurz bemessene Übergangszeit - gegeben sein kann. Freilich kann auch bei einer Versetzung ein Verfügungsgrund u.U. – etwa aus dem Gesichtspunkt offenkundiger Rechtswidrigkeit der strittigen Maßnahme - doch zu bejahen sein (vgl. LAG Rheinland-Pfalz vom 9.2.2011 – 7 Ta 7/11 - ).

28

Im hier zu entscheidenden Fall führt dieser zuletzt genannte Gesichtspunkt jedoch nicht dazu, dass die einstweilige Verfügung entweder so wie beantragt oder mit einem anderen Inhalt zu erlassen wäre.

29

2. a) Die von der Verfügungsbeklagten als Arbeitgeber vorgenommene Zuordnung/Versetzung des Verfügungsklägers zum neuen Arbeitsort „C-Stadt“ ist nicht (von vornherein) offensichtlich rechtswidrig. Nach Ziffer 1 Satz 2 des schriftlichen Anstellungsvertrages kann die Verfügungsbeklagte dem Verfügungskläger eine andere, gleichwertige Tätigkeit innerhalb des Unternehmens übertragen. Hieraus folgt, dass der Verfügungskläger unternehmensweit einsetzbar ist. Zumindest zu dem Zeitpunkt der Versetzungsanordnung gehörte zu dem Unternehmen der Verfügungsbeklagten auch ein Produktionsbetrieb in C-Stadt/V, so dass eine Versetzung des Verfügungsklägers zu diesem Zeitpunkt nach C-Stadt, ausgehend vom Vertragswortlaut, wohl nicht ohne weiteres ausgeschlossen war (vgl. LAG Rheinland-Pfalz vom 1.2.2011 – 7 Ta 278/10- ). Diese Rechtsauffassung hat das ArbG Koblenz am 16.2.2011 - was dem Berufungsgericht wegen des Verfahren - 10 TaBV 14/11 - bekannt ist - zwischenzeitlich auch in dem regulären Erkenntnisverfahren (Beschlussverfahren - 4 BV 38/10 - ) vertreten. Dabei handelt es sich um die Entscheidung eines Kollegialgerichts einer Fachgerichtsbarkeit (ebenso ArbG Koblenz - jeweils vom 16.2.2011 - in den Verfahren - 4 BV 34/10 - und - 4 BV 37/10 - ). Auch wenn der Verfügungskläger diese Rechtsauffassung nicht teilt (und sie mit möglicherweise durchaus vertretbar erscheinender Argumentation bekämpft), ist jedenfalls der Tatbestand einer offensichtlich rechtswidrigen Versetzungsanordnung im Hinblick auf die eben zitierten gerichtlichen Entscheidungen zu verneinen. Das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist wegen seines notwendigerweise summarischen Charakters grundsätzlich ungeeignet, die Wirksamkeit von Versetzungsanordnungen zu klären (vgl. Rolfs/Giesen/Hamacher-BeckOKStand: 01.03.2011, ArbGG § 62 Rn 84.1: bei unklarer Rechtslage stelle ein Antrag auf einstweilige Verfügung regelmäßig nichts anderes als ein Antrag auf ein „in Urteilsform gefasstes Zwischengutachten des Gerichts“ dar). Dem Arbeitnehmer ist es grundsätzlich zumutbar, für den Zeitraum des erstinstanzlichen Hauptverfahrens entweder die neu zugewiesene Tätigkeit unter Vorbehalt auszuüben (Hamacher aaO) oder aber ( - bei Vorliegen aller hierfür erforderlichen Voraussetzungen; vgl. dazu Preis/Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 11. Aufl. Rn 690 - ) ein etwaiges Leistungsverweigerungs- oder Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen.

30

b) Vorliegend ergibt sich die fehlende Dringlichkeit hinsichtlich des vom Verfügungskläger mit dem Hauptantrag verfolgten Verfügungsanspruches daraus, dass damit ausdrücklich die Beschäftigung zu unveränderten Bedingungen in Z begehrt wird. Die Nachteile, die der Verfügungsbeklagten - würde ihr eine derartige Beschäftigung des Verfügungsklägers aufgegeben - drohen, würden schwer wiegen und außer Verhältnis zu dem Schaden stehen, den der Verfügungskläger durch eine Beschäftigung in C-Stadt erleiden könnte.

31

Insoweit hat der Verfügungskläger nicht glaubhaft gemacht, dass die Verfügungsbeklagte in Z überhaupt noch eine Betriebsstätte unterhält, in der er - der Verfügungskläger - unverändert beschäftigt werden könnte. Demgegenüber hat die Verfügungsbeklagte vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass das Betriebsgrundstück zwischenzeitlich - jedenfalls deutlich vor dem 20.4.2011 - an die Vermieterin zurückgegeben worden ist, so dass der Verfügungskläger dort (in der Z-Straße XX in Z) nicht mehr in betriebswirtschaftlich sinnvoller Weise beschäftigt werden kann. Von Letzterem ist die Berufungskammer überzeugt.

32

c) Auch hinsichtlich des ersten Hilfsantrages fehlt der Verfügungsgrund. Diesbezüglich nimmt die Berufungskammer gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts, wie sie im Urteil vom 22.12.2010 (dort ab S. 6 - unten -, S. 7 ff.) ausgeführt werden. Das Berufungsvorbringen des Verfügungsklägers rechtfertigt es letztlich nicht, das Gesuch auf Erlass einer einstweiligen Verfügung rechtlich anders zu bewerten als dies im erstinstanzlichen Urteil geschehen ist. Dahingestellt bleiben kann, ob sich - soweit der Verfügungskläger dem Gericht sein Begehren auf einstweiligen Rechtsschutz im Rahmen eines sog. Globalantrages unterbreitet hat (- der Verfügungsbeklagten soll generell untersagt werden anzuordnen, dass der Verfügungskläger am Standort C-Stadt arbeitet -) - weitere Bedenken gegen die beantragte einstweilige Verfügung ergeben. Dahingestellt bleiben kann weiter, ob und wie es sich gegebenenfalls jeweils rechtlich auswirkt, dass der Verfügungskläger die 2-monatige Berufungsbegründungsfrist (nahezu) voll ausgeschöpft hat ( - was "für den Gläubiger schädlich sein" kann; vgl. B/L/A/Hartmann 64. Aufl. ZPO § 940 Rz 8).

33

d) Schließlich fehlt auch hinsichtlich des zweiten Hilfsantrages der notwendige Verfügungsgrund. Eine Dringlichkeit des Begehrens, der Verfügungsbeklagten aufzugeben, die Versetzungsanordnung vom 09.12.2010 zurückzunehmen, ist nicht gegeben. Dies ergibt sich daraus, dass diese Anordnung ausdrücklich auf die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zeitlich beschränkt, also befristet, war. Als Kündigungs-Termin nennt die Kündigung vom 28.09.2010 den 31.03.2010. Damit ist die Kündigungsfrist abgelaufen, so dass die daran gekoppelte Versetzungsanordnung vom 09.12.2010 mit Ablauf des 31.03.2011 ihre Bedeutung verloren hat. Einer Rücknahme der befristeten Anordnung bedarf es nicht. Jedenfalls fehlt dem entsprechenden Begehren des Verfügungsklägers die Dringlichkeit.

II.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Mit Rücksicht auf die vom Verfügungskläger konkret verfolgten Anträge erscheint es angemessen, den Streitwert des Berufungsverfahrens mit ca. einer Monatsvergütung zu bewerten bzw. festzusetzen.

35

In einem Fall der vorliegenden Art kann die Revision nicht zugelassen werden. Eine Nichtzulassungsbeschwerde findet nicht statt (vgl. § 72 Abs. 4 ZPO).

Tenor

Die Berufung wird auf Kosten des Verfügungsklägers zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Abordnungsverfügung des Staatlichen Schulamtes Neubrandenburg vom 28.07.2008 für die Dauer des Schuljahres 2008/2009.

2

Der am 13.06.1967 geborene Verfügungskläger ist Gymnasiallehrer mit den Fächern Mathematik, Physik und Informatik, seit 1994 im Schuldienst und mit Stammdienststelle am G.-Gymnasium U. eingesetzt. Er ist ledig und keinen Kindern zum Unterhalt verpflichtet.

3

Durch den Schulleiter wurde er in den Sommerferien zu einem Personalgespräch gebeten und darüber informiert, dass das Schulamt beabsichtige, ihn für das kommende Schuljahr an die Regionale Schule nach L. zur Erteilung von Mathematikunterricht abzuordnen. Der Verfügungskläger brachte zum Ausdruck, damit sei er nicht einverstanden und trug seine Gründe vor. Mit Schreiben vom 28.07.2008 erhielt er die Abordnungsverfügung für 18 Stunden an die Regionalschule L.. Dagegen erhob der Verfügungskläger mehrfach schriftlich Widerspruch bei dem Schulamt und wandte sich darüber hinaus an Vertreter des örtlichen sowie des Bezirkspersonalrates. Der Schulamtsleiter teilte dem Verfügungskläger am 20.08.2008 schriftlich mit, die Verfügung habe für das Schuljahr 2008/2009 Bestand. Mit Beginn des Schuljahres erfolgte der Einsatz des Verfügungsklägers an der Regionalschule im Fach Informatik.

4

Der klägerische Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Abordnung ging am 18. September 2008 beim Arbeitsgericht Neubrandenburg ein. Das Arbeitsgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung wegen Fehlens eines Verfügungsgrundes mit Verfügungsurteil vom 16. Oktober 2008 zurückgewiesen. Auf dieses Urteil wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

5

Beim Arbeitsgericht Neubrandenburg ist auch das Hauptsacheverfahren anhängig (4 Ca 1119/08). Zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht war die Hauptsache in erster Instanz noch nicht entschieden.

6

Im Rahmen der rechtzeitig eingereichten und rechtzeitig begründeten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren in vollem Umfang weiter. Der Kläger bezweifelt den dienstlichen Bedarf für die Abordnung nach L., da er dort nicht wie in der Abordnungsverfügung vorgesehen im Fach Mathematik, sondern im Fach Informatik eingesetzt werde. Außerdem habe an seiner Stammschule gar kein Lehrerüberhang bestanden, da eine Kollegin sich nach Bayern habe versetzen lassen.

7

Außerdem sei die Abordnung unwirksam, da er wegen seiner Qualifikation und der Tätigkeit am Gymnasium in die Vergütungsgruppe II a BAT-O und jetzt Entgeltgruppe 13 TVL eingruppiert wäre. Eine Tätigkeit an der Regionalen Schule entspreche nur der Entgeltgruppe 12 TVL. Auch habe der Arbeitgeber bei der Abordnungsentscheidung eine ordnungsgemäße Auswahl nicht vorgenommen, die Wahl sei auf ihn gefallen, da er der jüngste Lehrer sei; das sei ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot wegen des Alters. Auch sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass er in der Vergangenheit bereits mehrfach abgeordnet war. Entgegen dem Vortrag des beklagten Landes bestehe auch ein Verfügungsgrund, da die neu übertragene Arbeit an der Regionalen Schule L. mit erheblichen Nachteilen verbunden sei, da er für eine Tätigkeit an der Regionalschule nicht ausgebildet wäre und gegen seinen Willen zur Ausübung dieser Tätigkeiten gezwungen werde. Außerdem hätte er erhöhte Fahrkosten.

8

Der Verfügungskläger beantragt unter Abänderung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung,

9

die Antragsgegnerin zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des geführten Hauptsacheverfahrens am G.-Gymnasium in U. als Lehrer für Mathematik, Physik und Informatik mit mindestens 18 Wochenunterrichtsstunden im Schuljahr 2008/2009 weiterzubeschäftigen.

10

Das verfügungsbeklagte Land beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

11

Der Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung scheitere bereits an dem fehlenden Verfügungsgrund. Eine einstweilige Regelung des Zustandes sei vorliegend nicht dringlich geboten. Mit dem Antrag habe der Verfügungskläger weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass er durch die Abordnung an die Regionale Schule L. so wesentliche und schwerwiegende Nachteile erleide, die es erforderlich machten, schon vor der abschließenden Beurteilung im Hauptsacheverfahren eine Regelungsverfügung zu erlassen.

12

Auch bestehe kein Verfügungsanspruch. Der Arbeitgeber habe von dem arbeitsvertraglichen Recht Gebrauch gemacht, ihn als Lehrer für ein Schuljahr abzuordnen. Die dienstlichen Gründe dafür hätten in einem erheblichen Lehrerüberhang am Gymnasium U. und in dem Bedarf zur Absicherung des Unterrichts an der Regionalen Schule L. bestanden. Auch entspreche die Abordnung billigem Ermessen. Vor Erlass der Abordnungsverfügung seien die wesentlichen Umstände im konkreten Fall abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden. Im Weiteren könne auch keine Rede davon sein, der Verfügungskläger wäre vorab nicht in ausreichendem Maße angehört worden. Das dazu am 21.07.2008 geführte Gespräch und die weiteren schriftlichen Einwände des Verfügungsklägers hätten bei der Auswahlentscheidung Berücksichtigung gefunden und zu keiner anderen Beurteilung geführt.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die Schriftsätze nebst ihren Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14

Die Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung. Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass es bereits an einem Verfügungsgrund mangelt.

15

Nach § 940 ZPO sind einstweilige Verfügungen zur Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen erforderlich ist. Eine solche Regelungsverfügung setzt wie jede einstweilige Verfügung das Vorliegen eines Verfügungsanspruches und eines Verfügungsgrundes voraus. Hier fehlt es bereits am Verfügungsgrund.

16

Ein Verfügungsgrund setzt voraus, dass dem Verfügungskläger wesentliche Nachteile drohen, die über die bloße Nichterfüllung der Vertragspflichten des Verfügungsgegners hinausgehen. Derartige wesentliche Nachteile sind bei der summarischen Überprüfung arbeitgeberseitiger Weisungen nur in Ausnahmefällen anzunehmen. Allein der Umstand, dass eine möglicherweise vertragswidrige Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, reicht hierfür nicht aus (LAG Köln, Urteil vom 14. Mai 2008 - 3 SaGa 3/08; LAG Köln, Urteil vom 26.08.1992 - 2 Sa 624/92 - LAGE § 940 ZPO Nr. 1). Vielmehr erfordert die Bejahung eines Verfügungsgrundes für eine einstweilige Verfügung gegen Weisungen des Arbeitgebers zu Inhalt, Ort und Art der Arbeitsleistung, ein deutlich gesteigertes Abwehrinteresse des Arbeitnehmers, wie es allenfalls bei erheblichen Gesundheitsgefahren, einer drohenden irreparablen Schädigung des beruflichen Ansehens oder bei schweren Gewissenskonflikten bestehen kann (LAG Hamm, Urteil vom 05.02.2008 - 11 SaGa 4/08; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 2. Aufl., Teil I Rz. 51; Ostrowicz/Künzl/Schäfer, Handbuch des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, 3. Aufl. S. 473 jeweils m. w. N.). Daneben erkennt die Rechtsprechung lediglich in Fällen einer offenkundigen Rechtswidrigkeit der arbeitgeberseitigen Maßnahme das Bestehen eines Verfügungsgrundes an (vgl. LAG Hamm, a. a. O.).

17

In diesem Sinne wesentliche Nachteile für den Verfügungskläger sind nicht ersichtlich.

18

1. Das Argument des Mehraufwandes für die Fahrten zur Schule in L. hat der Kläger selbst in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrecht erhalten. Nach den Recherchen des Gerichts kann insoweit ein wesentlicher Nachteil auch nicht festgestellt werden. Die Wegstrecke zur Schule in L. beträgt für den in Torgelow wohnhaften Kläger etwas über 30 Kilometer und ist damit gut 15 Kilometer länger als sein Weg nach U.. Aber auch die Fahrtstrecke nach L. liegt noch innerhalb des Rahmens üblicher Fahrtstrecken zur Arbeit, wie man sie im Flächenland Mecklenburg-Vorpommern hinzunehmen hat. Selbst wenn der Kläger einen finanziellen Mehraufwand zu tragen hat - was das Gericht nicht im Einzelnen geprüft hat - könnte das den Erlass der Verfügung nicht rechtfertigen, da der Kläger aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers immer damit rechnen muss, an andere Schulen abgeordnet zu werden, was stets dazu führen kann, dass der damit verbundene Mehraufwand nicht vollständig ausgeglichen wird.

19

2. Das Argument des Klägers, die Abordnung sei rechtswidrig, weil der Unterricht in L. üblicherweise von Lehrern erteilt wird, die niedriger als er eingruppiert sind, teilt das Gericht nicht. Der aus dem Beamtenrecht entlehnte Anspruch auf amtsgemäße Beschäftigung wie auch der arbeitsrechtliche Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung schließen nicht aus, dass der Beschäftigte vorübergehend aus dienstlichem Anlass auch mit Arbeiten betraut wird, die nicht seinem Berufsbild entsprechen. Dass mit der Beschäftigung an einer Regionalschule für den Kläger unwiederbringliche Nachteile verbunden sind, hält das Gericht für ausgeschlossen. Im Gegenteil dürfte es für den Unterricht an einem Gymnasium sogar von Nutzen sein, einmal Erfahrungen sammeln zu können, wie sich Gymnasialschüler von Regionalschülern unterscheiden. Das Gericht hält es auch für ausgeschlossen, dass der Kläger in dem einen Jahr der Abordnung Wissen, das er nur am Gymnasium benötigt, verliert, nur weil er es ein Schuljahr lang nicht beruflich anwenden muss.

20

3. Die begehrte Verfügung kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt der offensichtlichen Rechtswidrigkeit der Abordnungsverfügung erlassen werden. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass die Abordnungsverfügung offensichtlich rechtswidrig ist.

21

Die Abordnung ist nach Anhörung des Klägers und nach Beteiligung des Bezirkspersonalrats (vgl. Blatt 70 der Akte) erfolgt. Sie leidet daher nicht bereits an formellen Mängeln. Die gegen die Anhörung ins Feld geführten formalen Argumente sind nicht nachvollziehbar.

22

Für die Abordnung bestand ein dienstlicher Anlass, da es an der Regionalschule in L. einen Lehrermangel im Bereich der Unterrichtsfächer des Klägers gab. Auf den Umstand, dass der Kläger eigentlich Mathematik unterrichten sollte, dann aber aufgrund neuer dienstliche Bedürfnisse an der Regionalschule Informatik unterrichtet, kann es nicht ankommen. Der Kläger hat die Lehrbefähigung für beide Fächer.

23

Es kann offen bleiben, ob die Auswahl des Klägers als die abzuordnende Lehrkraft gemessen an § 315 BGB letztlich Bestand haben kann, denn sie ist jedenfalls nicht offensichtlich fehlerhaft. Dafür ist es für das Gericht wesentlich, dass die Feststellung des Überhangs an Lehrkräften mit der Fächerkombination des Klägers an seiner Stammschule auch dann noch zutreffend bleibt, wenn man zugunsten des Klägers berücksichtigt, dass eine Kollegin des Klägers an der Schule sich nach Bayern hat versetzen lassen, denn der Überhang war größer als das Unterrichtspotential einer Lehrkraft. Daher ist ja auch nicht nur der Kläger von der Schule weg abgeordnet worden, sondern noch eine weitere Lehrkraft. Dass diese die Abordnung hingenommen hat, kann im Ergebnis nicht dazu führen, dass der Kläger so eine Art Anrecht auf den Unterricht erwirbt, der durch den Weggang der Kollegin nach Bayern frei geworden ist.

24

Ob in der Abordnungsentscheidung zu Lasten des Klägers möglicherweise eine mittelbare Diskriminierung wegen seines geringen Alters zum Ausdruck kommt, muss im einstweiligen Verfügungsverfahren offen bleiben, denn auch insoweit ist die Abordnungsverfügung jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig. Denn der Maßstab für die Prüfung der Rechtswidrigkeit bleiben die objektiven Verhältnisse. Daher würden die bestehenden Verdachtsmomente, dass die Wahl auf den Kläger gefallen ist, weil er der jüngste Kollege war, rechtlich nur dann eine Bedeutung gewinnen, wenn sich die Auswahlentscheidung nicht auch mit sachlich tragfähigen Gesichtspunkten rechtfertigen lässt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger ledig und keinen Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist. Es spricht daher viel dafür, dass es ihm eher zumutbar ist, die mit der Abordnung verbundenen Beschwerlichkeiten auf sich zu nehmen als einer Kollegin, die neben dem Beruf auch noch ihren familiären Verpflichtungen nachkommen muss.

II.

25

Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen, da sein Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).

26

Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben, da Entscheidungen im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht revisibel sind.

(1) Von ihrer beruflichen Tätigkeit sind mindestens freizustellen in Betrieben mit in der Regel

200 bis 500Arbeitnehmern ein Betriebsratsmitglied,
501 bis 900Arbeitnehmern 2 Betriebsratsmitglieder,
901 bis 1.500Arbeitnehmern 3 Betriebsratsmitglieder,
1.501 bis 2.000Arbeitnehmern 4 Betriebsratsmitglieder,
2.001 bis 3.000Arbeitnehmern 5 Betriebsratsmitglieder,
3.001 bis 4.000Arbeitnehmern 6 Betriebsratsmitglieder,
4.001 bis 5.000Arbeitnehmern 7 Betriebsratsmitglieder,
5.001 bis 6.000Arbeitnehmern 8 Betriebsratsmitglieder,
6.001 bis 7.000Arbeitnehmern 9 Betriebsratsmitglieder,
7.001 bis 8.000Arbeitnehmern 10 Betriebsratsmitglieder,
8.001 bis 9.000Arbeitnehmern 11 Betriebsratsmitglieder,
9.001 bis 10.000Arbeitnehmern 12 Betriebsratsmitglieder.

In Betrieben mit über 10.000 Arbeitnehmern ist für je angefangene weitere 2.000 Arbeitnehmer ein weiteres Betriebsratsmitglied freizustellen. Freistellungen können auch in Form von Teilfreistellungen erfolgen. Diese dürfen zusammengenommen nicht den Umfang der Freistellungen nach den Sätzen 1 und 2 überschreiten. Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung können anderweitige Regelungen über die Freistellung vereinbart werden.

(2) Die freizustellenden Betriebsratsmitglieder werden nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Wird nur ein Wahlvorschlag gemacht, so erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl; ist nur ein Betriebsratsmitglied freizustellen, so wird dieses mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Der Betriebsrat hat die Namen der Freizustellenden dem Arbeitgeber bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber eine Freistellung für sachlich nicht vertretbar, so kann er innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Bestätigt die Einigungsstelle die Bedenken des Arbeitgebers, so hat sie bei der Bestimmung eines anderen freizustellenden Betriebsratsmitglieds auch den Minderheitenschutz im Sinne des Satzes 1 zu beachten. Ruft der Arbeitgeber die Einigungsstelle nicht an, so gilt sein Einverständnis mit den Freistellungen nach Ablauf der zweiwöchigen Frist als erteilt. Für die Abberufung gilt § 27 Abs. 1 Satz 5 entsprechend.

(3) Der Zeitraum für die Weiterzahlung des nach § 37 Abs. 4 zu bemessenden Arbeitsentgelts und für die Beschäftigung nach § 37 Abs. 5 erhöht sich für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, auf zwei Jahre nach Ablauf der Amtszeit.

(4) Freigestellte Betriebsratsmitglieder dürfen von inner- und außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsbildung nicht ausgeschlossen werden. Innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Freistellung eines Betriebsratsmitglieds ist diesem im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebs Gelegenheit zu geben, eine wegen der Freistellung unterbliebene betriebsübliche berufliche Entwicklung nachzuholen. Für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, erhöht sich der Zeitraum nach Satz 2 auf zwei Jahre.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Von ihrer beruflichen Tätigkeit sind mindestens freizustellen in Betrieben mit in der Regel

200 bis 500Arbeitnehmern ein Betriebsratsmitglied,
501 bis 900Arbeitnehmern 2 Betriebsratsmitglieder,
901 bis 1.500Arbeitnehmern 3 Betriebsratsmitglieder,
1.501 bis 2.000Arbeitnehmern 4 Betriebsratsmitglieder,
2.001 bis 3.000Arbeitnehmern 5 Betriebsratsmitglieder,
3.001 bis 4.000Arbeitnehmern 6 Betriebsratsmitglieder,
4.001 bis 5.000Arbeitnehmern 7 Betriebsratsmitglieder,
5.001 bis 6.000Arbeitnehmern 8 Betriebsratsmitglieder,
6.001 bis 7.000Arbeitnehmern 9 Betriebsratsmitglieder,
7.001 bis 8.000Arbeitnehmern 10 Betriebsratsmitglieder,
8.001 bis 9.000Arbeitnehmern 11 Betriebsratsmitglieder,
9.001 bis 10.000Arbeitnehmern 12 Betriebsratsmitglieder.

In Betrieben mit über 10.000 Arbeitnehmern ist für je angefangene weitere 2.000 Arbeitnehmer ein weiteres Betriebsratsmitglied freizustellen. Freistellungen können auch in Form von Teilfreistellungen erfolgen. Diese dürfen zusammengenommen nicht den Umfang der Freistellungen nach den Sätzen 1 und 2 überschreiten. Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung können anderweitige Regelungen über die Freistellung vereinbart werden.

(2) Die freizustellenden Betriebsratsmitglieder werden nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Wird nur ein Wahlvorschlag gemacht, so erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl; ist nur ein Betriebsratsmitglied freizustellen, so wird dieses mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Der Betriebsrat hat die Namen der Freizustellenden dem Arbeitgeber bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber eine Freistellung für sachlich nicht vertretbar, so kann er innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Bestätigt die Einigungsstelle die Bedenken des Arbeitgebers, so hat sie bei der Bestimmung eines anderen freizustellenden Betriebsratsmitglieds auch den Minderheitenschutz im Sinne des Satzes 1 zu beachten. Ruft der Arbeitgeber die Einigungsstelle nicht an, so gilt sein Einverständnis mit den Freistellungen nach Ablauf der zweiwöchigen Frist als erteilt. Für die Abberufung gilt § 27 Abs. 1 Satz 5 entsprechend.

(3) Der Zeitraum für die Weiterzahlung des nach § 37 Abs. 4 zu bemessenden Arbeitsentgelts und für die Beschäftigung nach § 37 Abs. 5 erhöht sich für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, auf zwei Jahre nach Ablauf der Amtszeit.

(4) Freigestellte Betriebsratsmitglieder dürfen von inner- und außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsbildung nicht ausgeschlossen werden. Innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Freistellung eines Betriebsratsmitglieds ist diesem im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebs Gelegenheit zu geben, eine wegen der Freistellung unterbliebene betriebsübliche berufliche Entwicklung nachzuholen. Für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, erhöht sich der Zeitraum nach Satz 2 auf zwei Jahre.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(2) In Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat die Aufstellung von Richtlinien über die bei Maßnahmen des Absatzes 1 Satz 1 zu beachtenden fachlichen und persönlichen Voraussetzungen und sozialen Gesichtspunkte verlangen. Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(2a) Die Absätze 1 und 2 finden auch dann Anwendung, wenn bei der Aufstellung der Richtlinien nach diesen Absätzen Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt.

(3) Versetzung im Sinne dieses Gesetzes ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Werden Arbeitnehmer nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt, so gilt die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht als Versetzung.

(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.

(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.

(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.

(5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind.

(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 15. Mai 2009 - 18 TaBV 6/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Mitglieder des Betriebsrats verpflichtet sind, sich ab- und zurückzumelden, wenn sie an ihren Arbeitsplätzen Betriebsratstätigkeit versehen.

2

Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin ist ein Unternehmen für automobile Marktforschung mit etwa 220 Arbeitnehmern. Der zu 1. beteiligte Antragsteller ist der in ihrem Betrieb gewählte Betriebsrat. Er besteht aus neun Mitgliedern, die überwiegend im Bereich Informationstechnologie, zum Teil auch in der Datenerfassung und der Telefonzentrale beschäftigt sind.

3

Die Arbeitgeberin teilte dem Betriebsrat mit Schreiben vom 26. Oktober 2007 mit, seine Mitglieder hätten sich bei der Ausübung jeder Betriebsratstätigkeit bei ihrem Vorgesetzten ab- und zurückzumelden.

4

Der Betriebsrat hat in dem von ihm eingeleiteten Beschlussverfahren die Auffassung vertreten, es bestehe keine arbeitsvertragliche Nebenpflicht des Betriebsratsmitglieds, sich beim Arbeitgeber ab- und zurückzumelden, wenn Betriebsratstätigkeit verrichtet werde. Die Rechtsstellung des Betriebsratsmitglieds bestimme sich allein betriebsverfassungsrechtlich. Das Betriebsverfassungsgesetz begründe für die Befreiung von der Arbeitspflicht - anders als § 37 Abs. 6 BetrVG für die Teilnahme an Schulungsveranstaltungen - keine Ab- und Anmeldepflicht. Dem Betriebsratsmitglied obliege es lediglich nach dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit des § 2 Abs. 1 BetrVG, darüber zu entscheiden, ob die betrieblichen Belange es erforderten, den Arbeitgeber über die anstehende Betriebsratstätigkeit zu informieren. Das gelte auch dann, wenn das Betriebsratsmitglied den Arbeitsplatz nicht verlasse. Aus § 37 Abs. 2 BetrVG folge nur die Verpflichtung, dem Arbeitgeber nachträglich den zeitlichen Umfang der Betriebsratstätigkeit mitzuteilen. Da nur eine betriebsverfassungsrechtliche Obliegenheit und keine arbeitsvertragliche Nebenpflicht bestehe, könne der Arbeitgeber das Betriebsratsmitglied auch nicht aufgrund von § 106 Satz 1 GewO anweisen, sich ab- und zurückzumelden.

5

Der Betriebsrat hat vor dem Landesarbeitsgericht zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass seine Mitglieder nicht verpflichtet sind, sich bei der Ausführung von Betriebsratstätigkeit am Arbeitsplatz an- und abzumelden;

        

hilfsweise

        

festzustellen, dass seine Mitglieder nicht verpflichtet sind, sich bei der Ausführung von Betriebsratstätigkeit am Arbeitsplatz an- und abzumelden, wenn dem Betriebsratsmitglied im Einzelfall eine Umorganisation der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeit bei gewissenhafter Prüfung nicht erforderlich erscheint.

6

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat gemeint, die Betriebsratsmitglieder müssten sich aufgrund arbeitsvertraglicher Nebenpflicht ab- und zurückmelden, wenn sie Betriebsratstätigkeiten ausübten. Der Arbeitgeber müsse darüber informiert werden, dass die Arbeit beendet werde, um den Arbeitsablauf umorganisieren und auf die Betriebsratstätigkeit Rücksicht nehmen zu können. Das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit aus § 2 Abs. 1 BetrVG betreffe ausschließlich das betriebsverfassungsrechtliche Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und einzelnem Betriebsratsmitglied, wenn es betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben wahrnehme. Für das Arbeitsverhältnis des Betriebsratsmitglieds mit dem Arbeitgeber gelte § 2 Abs. 1 BetrVG nicht. Das Betriebsratsmitglied habe unabhängig vom Verlassen des Arbeitsplatzes und der Dauer der Betriebsratstätigkeit keinen Beurteilungsspielraum in der Frage, ob es sich ab- und zurückmelde.

7

Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Betriebsrats abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Hauptantrag mit der Maßgabe der Ab- und Anmeldung weiter. Als Hilfsantrag hat der Betriebsrat mit der Rechtsbeschwerdebegründung zunächst nicht den im zweiten Rechtszug gestellten Eventualantrag angekündigt. Er hat vielmehr das Ziel verfolgt festzustellen, dass seine Mitglieder nur nach eigenem Ermessen verpflichtet sind, sich bei der Ausführung von Betriebsratstätigkeit am Arbeitsplatz ab- und anzumelden. In der Anhörung vor dem Senat hat der Betriebsrat klargestellt, dass er den Hilfsantrag in der Fassung zweiter Instanz mit der Maßgabe der Ab- und Anmeldung verfolgt. Die Arbeitgeberin hat der aus ihrer Sicht gegebenen Antragsänderung widersprochen. Der Betriebsrat hat höchst hilfsweise den Eventualantrag aus der Rechtsbeschwerdebegründung gestellt.

8

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Anträge des Betriebsrats im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

9

I. Der Hauptantrag ist zulässig, aber unbegründet.

10

1. Die Verfahrensvoraussetzungen sind erfüllt.

11

a) Wie die gebotene Auslegung ergibt, will der Betriebsrat festgestellt wissen, dass sich das einzelne Betriebsratsmitglied unabhängig von der Art der zu leistenden Arbeit nicht für die Dauer der Betriebsratstätigkeit abmelden und sich danach nicht zurückmelden muss, wenn es seinen Arbeitsplatz nicht verlässt.

12

b) Mit diesem Verständnis ist der Hauptantrag zulässig.

13

aa) Der Senat hat im Beschlussverfahren zu entscheiden. Er hat die richtige Verfahrensart nach § 92 Abs. 2 Satz 1, § 73 Abs. 2, § 65 ArbGG nicht zu prüfen, wenn die Beteiligten die Verfahrensart - wie hier - in erster Instanz nicht gerügt haben. Das vom Betriebsrat gewählte Beschlussverfahren ist im Übrigen die richtige Verfahrensart (§ 2a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ArbGG). Die begehrte Feststellung ist betriebsverfassungsrechtlicher Art. Der Betriebsrat ist als Gremium berechtigt durchzusetzen, dass seine Mitglieder für erforderliche Betriebsratstätigkeiten von der Arbeitspflicht befreit werden und dabei nur den gesetzlich vorgesehenen Beschränkungen unterliegen(vgl. in dem anderen Zusammenhang der Geltendmachung von Schulungskosten zB BAG 17. November 2010 - 7 ABR 113/09 - Rn. 19 mwN, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 10; ohne Problematisierung vorausgesetzt von BAG 14. Februar 1990 - 7 ABR 13/88 - zu B der Gründe, BB 1990, 1625; 23. Juni 1983 - 6 ABR 65/80 - zu II 1 und 2 der Gründe, BAGE 43, 109; in der Begründung abweichend BAG 27. Juni 1990 - 7 ABR 43/89 - zu II 1 der Gründe, BAGE 65, 230, das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags einen eigenen Anspruch des Betriebsrats(-gremiums) aus § 37 Abs. 2 BetrVG unterstellt).

14

bb) Der Hauptantrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass er sich auf verschiedene Fallgestaltungen der Abmeldung von der Arbeit wegen Betriebsratstätigkeit am Arbeitsplatz und der Rückmeldung danach bezieht. Er erfasst alle denkbaren Konstellationen, wenn das Betriebsratsmitglied den Arbeitsplatz nicht verlässt, und lässt deshalb nichts unbestimmt. Die Frage, ob die fehlende Verpflichtung, sich bei der Ausführung von Betriebsratstätigkeit am Arbeitsplatz ab- und zurückzumelden, in allen vom Hauptantrag erfassten Fallgestaltungen festgestellt werden kann, stellt sich erst bei der Prüfung, ob der Antrag begründet ist (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 ABR 83/09 - Rn. 10 mwN, AP SGB IX § 95 Nr. 3 = EzA SGB IX § 95 Nr. 3). Ein solcher Globalantrag ist umfassend, aber nicht unbestimmt (BAG 17. November 2010 - 7 ABR 123/09 - Rn. 15, EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 7).

15

cc) Der Hauptantrag wird den Anforderungen des § 256 Abs. 1 ZPO gerecht.

16

(1) Der Streit über die Ab- und Rückmeldepflicht eines Betriebsratsmitglieds bei der Ausübung von Betriebsratstätigkeit am Arbeitsplatz betrifft ein betriebsverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis der Betriebsparteien im Sinne einer durch die Herrschaft von Rechtsnormen - hier § 37 Abs. 2, § 2 Abs. 1 BetrVG, § 241 Abs. 2 BGB - über einen konkreten Sachverhalt entstandenen rechtlichen Beziehung einer Person zu einer anderen Person(vgl. BAG 17. November 2010 - 7 ABR 123/09 - Rn. 20, EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 7 ).

17

(2) Für den Streit über diese Pflicht kommt dem Betriebsrat das erforderliche Feststellungsinteresse gelöst von einem konkreten Ausgangsfall zu. Die Frage der Ab- und Rückmeldepflicht tritt im Betrieb häufiger auf, wie das Schreiben der Arbeitgeberin vom 26. Oktober 2007 zeigt. Das Problem kann sich künftig jederzeit wiederholen (vgl. für die Feststellung eines Mitbeurteilungsrechts BAG 17. November 2010 - 7 ABR 123/09 - Rn. 22, EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 7).

18

2. Das Landesarbeitsgericht hat den Hauptantrag des Betriebsrats im Ergebnis zu Recht für unbegründet erachtet. Der uneingeschränkt gestellte Hauptantrag erfasst auch Fallgestaltungen, in denen er in der Sache erfolglos ist. Die umstrittenen Pflichten zur Abmeldung für die Dauer der am Arbeitsplatz auszuübenden Betriebsratstätigkeit und zur Rückmeldung nach ihrem Ende lassen sich weder allgemein bejahen noch generell verneinen. Sie hängen von den Umständen des Einzelfalls ab.

19

a) Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind nicht freigestellte Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung ihres Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Der Arbeitgeber muss der Arbeitsbefreiung nicht zustimmen (vgl. nur BAG 15. März 1995 - 7 AZR 643/94 - zu I 1 der Gründe mwN, BAGE 79, 263). Ein Betriebsratsmitglied, das seinen Arbeitsplatz verlässt, um Aufgaben nach dem Betriebsverfassungsgesetz wahrzunehmen, hat sich aber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aufgrund arbeitsvertraglicher Nebenpflicht beim Arbeitgeber abzumelden. Es ist auch verpflichtet, sich zurückzumelden, sobald es nach Beendigung der Betriebsratstätigkeit seine Arbeit wieder aufnimmt (vgl. BAG 13. Mai 1997 - 1 ABR 2/97 - zu B II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 119 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 135; 15. März 1995 - 7 AZR 643/94 - zu I 1 der Gründe mwN, BAGE 79, 263; 15. Juli 1992 - 7 AZR 466/91 - zu 2 b bb der Gründe, BAGE 71, 14; 14. Februar 1990 - 7 ABR 13/88 - zu B 2 der Gründe, BB 1990, 1625; 23. Juni 1983 - 6 ABR 65/80 - zu II 1 der Gründe, BAGE 43, 109).

20

aa) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde treffen Betriebsratsmitglieder nicht nur kollektivrechtliche Obliegenheiten zur Ab- und Rückmeldung aufgrund des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit aus § 2 Abs. 1 BetrVG. Die Pflicht, sich beim Arbeitgeber abzumelden, wenn während der Arbeitszeit die geschuldete Arbeitsleistung nicht erbracht wird, trifft alle Arbeitnehmer gleichermaßen. Sie ist - ebenso wie die Rückmeldepflicht - eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht (vgl. nur BAG 13. Mai 1997 - 1 ABR 2/97 - zu B II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 119 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 135; 15. März 1995 - 7 AZR 643/94 - zu I 1 b der Gründe, BAGE 79, 263; 15. Juli 1992 - 7 AZR 466/91 - zu 2 b bb der Gründe, BAGE 71, 14, das offenlässt, ob sich die Pflichten daneben auch aus dem in § 2 Abs. 1 BetrVG normierten kollektivrechtlichen Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit der Betriebsparteien ergeben).

21

bb) Die Meldepflichten dienen dem Zweck, dem Arbeitgeber die Arbeitseinteilung zu erleichtern, vor allem den Arbeitsausfall des Arbeitnehmers zu überbrücken (vgl. BAG 13. Mai 1997 - 1 ABR 2/97 - zu B II 2 c der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 119 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 135). Um diesen Zweck zu erfüllen, genügt es, wenn das Betriebsratsmitglied bei der Abmeldung den Ort und die voraussichtliche Dauer der Betriebsratstätigkeit angibt. Aufgrund dieser Mindestangaben ist der Arbeitgeber imstande, die Arbeitsabläufe in geeigneter Weise zu organisieren und Störungen im Betriebsablauf zu vermeiden. Das Betriebsratsmitglied muss die Art der geplanten Betriebsratstätigkeit deshalb nicht mitteilen (vgl. BAG 15. März 1995 - 7 AZR 643/94 - zu I 1 b der Gründe, BAGE 79, 263 unter teilweiser Aufgabe von BAG 14. Februar 1990 - 7 ABR 13/88 - zu B 2 der Gründe, BB 1990, 1625). Wie das Betriebsratsmitglied die Meldungen bewirkt, ist seine Sache (vgl. BAG 13. Mai 1997 - 1 ABR 2/97 - aaO).

22

cc) Diese vertraglichen Nebenpflichten werden nicht dadurch zu betriebsverfassungsrechtlichen, kollektivrechtlich begründeten Pflichten, weil das Betriebsratsmitglied von der Arbeitspflicht befreit werden soll, um Betriebsratstätigkeit auszuüben. § 37 Abs. 2 BetrVG umschreibt nur einen besonderen, betriebsverfassungsrechtlich begründeten Anlass für eine Arbeitsbefreiung ohne Minderung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt. Damit werden die Verpflichtungen, sich beim Arbeitgeber ab- und zurückzumelden, keine ausschließlich kollektivrechtlichen Pflichten. Dieselben Verpflichtungen treffen jeden Arbeitnehmer auch in anderen Fällen, in denen er Anspruch darauf hat, unter Fortzahlung der Bezüge von seiner Arbeitspflicht befreit zu sein. Die Ab- und Rückmeldepflichten beruhen ebenso wie der Entgeltanspruch, der dem Betriebsratsmitglied im Fall des § 37 Abs. 2 BetrVG erhalten bleibt, nicht auf Betriebsverfassungsrecht, sondern auf Individualrecht, dem Arbeitsvertrag(vgl. BAG 15. Juli 1992 - 7 AZR 466/91 - zu 2 b bb der Gründe, BAGE 71, 14). Sie sind als Rücksichtspflichten auf die Organisationsinteressen des Arbeitgebers iSv. § 241 Abs. 2 BGB zu verstehen.

23

b) Diese Grundsätze sind auf Fallgestaltungen zu übertragen, in denen das Betriebsratsmitglied seinen Arbeitsplatz nicht verlässt, um Betriebsratstätigkeit zu versehen. Grundsätzlich besteht auch in diesen Fällen eine Ab- und Rückmeldepflicht. Aufgrund der Umstände des Einzelfalls - etwa der Art der Arbeitsaufgabe, der wahrzunehmenden Betriebsratstätigkeit oder der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunterbrechung - können die Rücksichtspflichten jedoch entfallen. Der Arbeitgeber kann dann verlangen, dass ihm die Gesamtdauer der in einem bestimmten Zeitraum verrichteten Betriebsratstätigkeit nachträglich mitgeteilt wird. Da der Bestand der Ab- und Rückmeldepflichten von den Umständen des Einzelfalls abhängt, kann der Senat die mit dem Hauptantrag erstrebte Feststellung, dass die Betriebsratsmitglieder (generell) nicht verpflichtet sind, sich bei Ausführung von Betriebsratstätigkeit am Arbeitsplatz ab- und anzumelden, nicht treffen.

24

aa) Grundsätzlich hat sich auch das Betriebsratsmitglied, das am Arbeitsplatz während der Arbeitszeit Betriebsratstätigkeit verrichtet, beim Arbeitgeber abzumelden, die voraussichtliche Dauer der Betriebsratstätigkeit mitzuteilen und sich nach dem Ende der Arbeitsunterbrechung zurückzumelden. Das gebietet der Zweck der Pflichten, der in der Rücksicht auf die Organisationsinteressen des Arbeitgebers besteht. Dem Arbeitgeber soll insbesondere ermöglicht werden, den Arbeitsausfall zu überbrücken. Er soll darüber entscheiden können, ob und ggf. welche Maßnahmen er ergreifen will, um die aus seiner unternehmerischen Sicht unabdingbaren Arbeitsabläufe sicherzustellen.

25

bb) Das Betriebsratsmitglied ist nach dem Schutzzweck der Rücksichtspflichten allerdings nicht verpflichtet, sich beim Arbeitgeber abzumelden, bevor es an seinem Arbeitsplatz die Betriebsratstätigkeit aufnimmt, wenn eine vorübergehende Umorganisation der Arbeitseinteilung nicht ernsthaft in Betracht kommt. In solchen Konstellationen besteht auch keine Rückmeldepflicht. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. Die Verpflichtung des Betriebsratsmitglieds, sich im Fall der während der Arbeitszeit geleisteten Betriebsratstätigkeit beim Arbeitgeber abzumelden, folgt nicht aus einem Recht des Arbeitgebers, bereits im Voraus zu erfahren, ob das Betriebsratsmitglied seiner Arbeitspflicht nachkommt, die ihm als Arbeitnehmer obliegt. Die Pflicht ist für die Dauer der Betriebsratstätigkeit nach § 37 Abs. 2 BetrVG gerade aufgehoben. Die Abmeldepflicht des Betriebsratsmitglieds beruht vielmehr auf dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers daran, auf den Arbeitsausfall des Betriebsratsmitglieds umgehend reagieren und durch organisatorische Maßnahmen für Abhilfe sorgen zu können. Kommen solche organisatorischen Maßnahmen - zB wegen der Art der Tätigkeit, des Zeitpunkts und des Anlasses der Arbeitsunterbrechung sowie ihrer voraussichtlichen Dauer - nicht ernsthaft in Betracht, besteht kein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers daran, schon vor der Aufnahme der Betriebsratstätigkeit über sie informiert zu werden. Während der Arbeitgeber den Arbeitsausfall zB eines Fluglotsen oder Callcenterarbeitnehmers stets wird überbrücken müssen, wird es für ihn regelmäßig nicht ernsthaft in Betracht kommen, die Arbeit umzuorganisieren, wenn ein ausschließlich mit einem langfristig angelegten Projekt befasster Entwicklungsingenieur seine Tätigkeit kurzfristig unterbricht, um an seinem Arbeitsplatz Betriebsratsaufgaben wahrzunehmen. Entsprechendes wird gelten, wenn ein angestellter Lehrer während der Korrektur von Klassenarbeiten in seiner Eigenschaft als Betriebsratsmitglied ein Telefongespräch führt. In derartigen Konstellationen begründen die berechtigten organisatorischen Interessen des Arbeitgebers keine Ab- und Rückmeldepflicht des Betriebsratsmitglieds.

26

cc) Ist ein Betriebsratsmitglied wegen der konkreten Umstände nicht verpflichtet, sich vor und nach der Betriebsratstätigkeit ab- und zurückzumelden, kann der Arbeitgeber allerdings verlangen, dass ihm die Gesamtdauer der in einem bestimmten Zeitraum versehenen Betriebsratstätigkeiten nachträglich mitgeteilt wird. Er hat ein berechtigtes Interesse daran zu erkennen, für welche Zeiten er aufgrund von Betriebsratstätigkeit nach § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 37 Abs. 2 BetrVG Entgelt leisten muss, obwohl der Arbeitnehmer keine Arbeit geleistet hat. Meldet sich das Betriebsratsmitglied ab und zurück, entfällt demgegenüber die Dokumentationspflicht (vgl. BAG 14. Februar 1990 - 7 ABR 13/88 - zu B 2 der Gründe, BB 1990, 1625).

27

c) Der Hauptantrag konnte deswegen keinen Erfolg haben. Er erfasst jedenfalls auch Fallgestaltungen, in denen die Betriebsratsmitglieder wegen der organisatorischen Interessen der Arbeitgeberin eine Ab- und Rückmeldepflicht trifft.

28

II. Der durch die Abweisung des Hauptantrags zur Entscheidung des Senats angefallene Hilfsantrag ist zulässig, aber in der Sache erfolglos.

29

1. Der Eventualantrag ist zulässig.

30

a) Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn auch auslegungsbedürftig. Dem Betriebsrat geht es mit dem vor dem Landesarbeitsgericht zuletzt gestellten Hilfsantrag darum festzustellen, dass eine Ab- und Rückmeldepflicht des Betriebsratsmitglieds nicht besteht, wenn es eine Umorganisation der Arbeit während der Betriebsratstätigkeit am Arbeitsplatz im Einzelfall als nicht erforderlich beurteilt. Zu diesem Hilfsantrag ist der Betriebsrat in der Anhörung vor dem Senat mit einer redaktionellen Umformulierung vorrangig zurückgekehrt. Der ausgelegte, vorrangig gestellte Eventualantrag ist ausreichend konkret. Über ihn kann mit Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten entschieden werden (§ 322 Abs. 1 ZPO).

31

b) Der Betriebsrat hat den Hilfsantrag nicht in unzulässiger Weise geändert, indem er in der Anhörung vor dem Senat anstelle des in der Rechtsbeschwerdebegründung angekündigten Eventualantrags vorrangig zu dem in zweiter Instanz zuletzt gestellten Hilfsantrag zurückgekehrt ist.

32

aa) Nach § 559 Abs. 1 ZPO ist eine Antragsänderung in der Revisions- oder Rechtsbeschwerdeinstanz grundsätzlich ausgeschlossen. Der Schluss der mündlichen Verhandlung oder Anhörung in zweiter Instanz bildet nicht nur hinsichtlich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch im Hinblick auf die Anträge der Parteien oder Beteiligten die Entscheidungsgrundlage für das Revisions- oder Rechtsbeschwerdegericht. Ausnahmen sind insbesondere aus verfahrensökonomischen Gründen möglich, etwa wenn sich der geänderte Sachantrag auf einen in der Beschwerdeinstanz festgestellten oder von den Beteiligten des Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahrens übereinstimmend vorgetragenen Sachverhalt stützen kann, sich das rechtliche Prüfprogramm nicht wesentlich ändert und die Verfahrensrechte der Beteiligten durch eine Sachentscheidung nicht verkürzt werden (vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 15/09 - Rn. 19 mwN, EzA BetrVG 2001 § 99 Umgruppierung Nr. 7).

33

bb) In der Rückkehr zu dem letzten Hilfsantrag zweiter Instanz liegt keine unzulässige Antragsänderung. Der Betriebsrat hat in dritter Instanz denselben Antrag wie im zweiten Rechtszug gestellt. Dieser Antrag ist von der Rechtsbeschwerdebegründung gedeckt. Die beiden Antragsformulierungen unterscheiden sich nach gebotener Auslegung inhaltlich nicht. Der Betriebsrat reklamiert für das einzelne Betriebsratsmitglied einen Beurteilungsspielraum in der Frage, ob die Arbeitsabläufe im Einzelfall umzuorganisieren sind, wenn das Betriebsratsmitglied an seinem Arbeitsplatz Betriebsratstätigkeit versieht. Für den Fall, dass die Arbeitsabläufe nach der Beurteilung des Betriebsratsmitglieds im Einzelfall nicht umzuorganisieren sind, will der Betriebsrat festgestellt wissen, dass keine Ab- und Rückmeldepflicht besteht.

34

c) Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind aus den für den Hauptantrag genannten Gründen erfüllt.

35

2. Der Hilfsantrag ist unbegründet. Die Ab- und Rückmeldepflicht eines Betriebsratsmitglieds entfällt nicht schon dann, wenn es ihm bei gewissenhafter Prüfung nicht erforderlich erscheint, die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeit umzuorganisieren. Sie entfällt vielmehr nur, wenn eine Umorganisation durch den Arbeitgeber anlässlich der vom Betriebsratsmitglied versehenen Betriebsratstätigkeit nicht ernsthaft in Betracht kommt.

36

3. Über den in der Anhörung vor dem Senat höchst hilfsweise gestellten weiteren Hilfsantrag aus der Rechtsbeschwerdebegründung hat der Senat nicht zu befinden. Er ist nicht für den Fall der Abweisung des vorrangig gestellten Eventualantrags in der Fassung zweiter Instanz gestellt, sondern für den Fall, dass der Senat in der Rückkehr zu dem früheren Hilfsantrag eine unzulässige Antragsänderung sieht. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Gallner    

        

        

        

Für den an der Unterschrift gehinderten
ehrenamtlichen Richter Schiller
    Linsenmaier    

        

    Glock    

                 

(1) Von ihrer beruflichen Tätigkeit sind mindestens freizustellen in Betrieben mit in der Regel

200 bis 500Arbeitnehmern ein Betriebsratsmitglied,
501 bis 900Arbeitnehmern 2 Betriebsratsmitglieder,
901 bis 1.500Arbeitnehmern 3 Betriebsratsmitglieder,
1.501 bis 2.000Arbeitnehmern 4 Betriebsratsmitglieder,
2.001 bis 3.000Arbeitnehmern 5 Betriebsratsmitglieder,
3.001 bis 4.000Arbeitnehmern 6 Betriebsratsmitglieder,
4.001 bis 5.000Arbeitnehmern 7 Betriebsratsmitglieder,
5.001 bis 6.000Arbeitnehmern 8 Betriebsratsmitglieder,
6.001 bis 7.000Arbeitnehmern 9 Betriebsratsmitglieder,
7.001 bis 8.000Arbeitnehmern 10 Betriebsratsmitglieder,
8.001 bis 9.000Arbeitnehmern 11 Betriebsratsmitglieder,
9.001 bis 10.000Arbeitnehmern 12 Betriebsratsmitglieder.

In Betrieben mit über 10.000 Arbeitnehmern ist für je angefangene weitere 2.000 Arbeitnehmer ein weiteres Betriebsratsmitglied freizustellen. Freistellungen können auch in Form von Teilfreistellungen erfolgen. Diese dürfen zusammengenommen nicht den Umfang der Freistellungen nach den Sätzen 1 und 2 überschreiten. Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung können anderweitige Regelungen über die Freistellung vereinbart werden.

(2) Die freizustellenden Betriebsratsmitglieder werden nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Wird nur ein Wahlvorschlag gemacht, so erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl; ist nur ein Betriebsratsmitglied freizustellen, so wird dieses mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Der Betriebsrat hat die Namen der Freizustellenden dem Arbeitgeber bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber eine Freistellung für sachlich nicht vertretbar, so kann er innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Bestätigt die Einigungsstelle die Bedenken des Arbeitgebers, so hat sie bei der Bestimmung eines anderen freizustellenden Betriebsratsmitglieds auch den Minderheitenschutz im Sinne des Satzes 1 zu beachten. Ruft der Arbeitgeber die Einigungsstelle nicht an, so gilt sein Einverständnis mit den Freistellungen nach Ablauf der zweiwöchigen Frist als erteilt. Für die Abberufung gilt § 27 Abs. 1 Satz 5 entsprechend.

(3) Der Zeitraum für die Weiterzahlung des nach § 37 Abs. 4 zu bemessenden Arbeitsentgelts und für die Beschäftigung nach § 37 Abs. 5 erhöht sich für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, auf zwei Jahre nach Ablauf der Amtszeit.

(4) Freigestellte Betriebsratsmitglieder dürfen von inner- und außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsbildung nicht ausgeschlossen werden. Innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Freistellung eines Betriebsratsmitglieds ist diesem im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebs Gelegenheit zu geben, eine wegen der Freistellung unterbliebene betriebsübliche berufliche Entwicklung nachzuholen. Für Mitglieder des Betriebsrats, die drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt waren, erhöht sich der Zeitraum nach Satz 2 auf zwei Jahre.

(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.

(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.

(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.

(5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind.

(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung.

Die Mitglieder des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Wirtschaftsausschusses, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der in § 3 Abs. 1 genannten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, einer tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) und einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86) sowie Auskunftspersonen (§ 80 Absatz 2 Satz 4) dürfen in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Sie dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung.

(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.

(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.

(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.

(5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind.

(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung.

Die Mitglieder des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Wirtschaftsausschusses, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der in § 3 Abs. 1 genannten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, einer tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) und einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86) sowie Auskunftspersonen (§ 80 Absatz 2 Satz 4) dürfen in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Sie dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.