Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Okt. 2014 - 8 Sa 369/14

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2014:1007.8SA369.14.0A
bei uns veröffentlicht am07.10.2014

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 12.03.2014 - 1 Ca 1742/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger ein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich) zusteht.

2

Der 1962 geborene Kläger war in der Zeit vom 09. November 1992 bis zum 30. September 2013 bei den US-Stationierungsstreitkräften zuletzt als Küchenhelfer in M. zu einer monatlichen Vergütung iHv. 1.816,00 EUR beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der TV SozSich Anwendung.

3

Das Arbeitsverhältnis wurde aufgrund einer Entscheidung der obersten Dienstbehörde im Zusammenhang mit dem Truppenabzug und der damit verbundenen Auflösung der Dienststelle mit Schreiben vom 19. September 2012 (Bl. 9 f. d. A.) zum 30. September 2013 gekündigt. Der Kläger erhielt eine Abfindung in Höhe von 19.077,00 EUR. In der Zeit vom 01. Oktober 2013 bis zum 31. März 2014 wurde der Kläger in eine zur sozialen Absicherung der gekündigten Mitarbeiter gegründete Transfergesellschaft übernommen und erhielt dort 80% seiner bisherigen Arbeitsvergütung.

4

In einem Erhebungsbogen von Daten zur Ermittlung der sozialen Schutzwürdigkeit im Kündigungsschutzverfahren und zur Erfassung der Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten gemäß der Regulation 690-84 hatte der Kläger unter dem 27. September 2011 angegeben, eine Weiterbeschäftigung lediglich in G., H. und M. zu wünschen.

5

Die Beklagte hat die E-Mail einer Mitarbeiterin - Mitglied der zuständigen Betriebsvertretung sowie örtliche Schwerbehindertenvertretung - vom 21. Juni 2012 (Bl. 53 d. A.) an das RIF-Team, das die Aufgabe hat, Zivilbeschäftigte, deren Arbeitsplatz aus betriebsbedingten Gründen wegfällt, anderweitig unterzubringen, vorgelegt, nach der der Kläger die Mitarbeiter gebeten habe mitzuteilen, dass er auch eine Weiterbeschäftigung in K., S., R. oder W. annehmen würde.

6

Weiter hat die Beklagte eine E-Mail vom 17. Oktober 2012 (Bl. 54 d. A.) des Vorsitzenden der örtlichen Betriebsvertretung vorgelegt, in der es heißt, dass der Kläger seinen Auswahlbereich auf alle Standorte außerhalb des Einzugsbereiches erweitern wolle.

7

In Bezug auf ein seitens des Arbeitgebers gegenüber dem Kläger mündlich thematisiertes Angebot einer Tätigkeit in S. teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit E-Mail vom 13. Juni 2013 (Bl. 14 d. A.) mit, dass der Kläger das Angebot mit einem völlig anderen Tätigkeitsgebiet im 115 km entfernten S. nicht annehmen wolle und sich stattdessen lieber einen neuen Arbeitsplatz in seinem bisherigen Tätigkeitsbereich und in örtlicher Nähe suchen wolle.

8

Der zuständige Mitarbeiter des RIF-Teams verwies mit E-Mail vom 21. Juni 2013 (Bl. 15 d. A.) an den Prozessbevollmächtigten des Klägers darauf, dass, bevor dem Kläger ein schriftliches Angebot habe erteilt werden können, die Information erfolgt sei, dass der Kläger für ein Weiterbeschäftigungsangebot in S. nicht zur Verfügung stehe. Somit sei dem Kläger kein offizielles Weiterbeschäftigungsangebot iSd. § 2 Ziff. 3 TV SozSich unterbreitet worden. Der Ausstellung einer Entlassungsbescheinigung stehe demnach nichts im Weg.

9

Mit Schreiben vom 08. Juli 2013 (Bl. 16 f. d. A.) wurde dem Kläger eine Beschäftigung als Küchenhelfer in W. angeboten. In dem Schreiben heißt es - soweit hier von Interesse:

10

"Wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass nunmehr die nachstehende Stelle zu Ihrer Weiterbeschäftigung zur Verfügung steht. Mit diesem Schreiben bieten wir Ihnen hiermit, vorbehaltlich des Ausgangs der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahren, offiziell diese Stelle an.

11

Tätigkeitsbezeichnung: Küchenhelfer

12

Dienststelle: …

13

Dienstort: W.

14

Eingruppierung: HT-7408-02

15

Grundlohn: Euro 1837,24

16

Arbeitszeit: 39 Stunden/Woche

17

Besondere Qualifikationsmerkmale:  Englisch- und Deutschgrundkenntnisse

18

Besondere Bedingungen: Schichtarbeit, Arbeit an Wochenenden und Feiertagen, schweres Heben

19

Falls Sie zusätzliche Informationen über Ihre neue Stelle wünschen oder Ihren neuen Arbeitsplatz in Augenschein nehmen möchten, wenden Sie sich bitte an Herrn …

20

Wir bitten Sie, uns innerhalb von 1 Woche mitzuteilen, spätestens jedoch bis zum 16. Juli 2013, ob Sie dieses verbindliche Angebot zu Ihrer Weiterbeschäftigung annehmen oder grundsätzlich ablehnen würden. Wenn Sie bis zum angegebenen Zeitpunkt nicht geantwortet haben, betrachten wir dies als Ablehnung des Stellenangebots und werden über die Stelle anderweitig verfügen.

21

22

Da die neue Position außerhalb Ihres derzeitigen Einzugsbereiches liegt, werden Ihnen nach der … Dienstvorschrift …, die eventuell entstehenden Umzugskosten beziehungsweise eine pauschale Aufwandsentschädigung erstattet.

23

Beachten Sie daher unbedingt, dass für den Fall Ihrer grundsätzlichen Ablehnung einer Weiterbeschäftigung in der genannten Stelle eine schriftliche Begründung erforderlich ist. Gegebenenfalls sollten Sie Ihrer Ablehnungsbegründung entsprechende Unterlagen wie beispielsweise ärztliche Atteste oder amtliche Bescheinigungen beifügen.

24

Bedenken Sie jedoch bitte, dass für eine grundsätzliche Ablehnung sachlich richtige und wichtige persönliche Gründe vorliegen müssen, die es Ihnen unter keinen Umständen ermöglichen, ein Angebot zur Weiterbeschäftigung in dieser Stelle zu akzeptieren. Gleichfalls müssen wir Sie darauf hinweisen, dass im Falle einer Ablehnung des Stellenangebotes, diese derzeit vakante Stelle zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr für Sie zur Verfügung stehen wird.

25

26

Erweist sich, dass Sie die erforderliche Eignung während der Dauer der Einarbeitungszeit nicht erwerben können, so ist eine Kündigung - gegebenenfalls auch vor Ablauf der Einarbeitungszeit - unter Einhaltung der Kündigungsfristen des Para 44 TVAL II zulässig. Das Beschäftigungsverhältnis endet in diesen Fällen aus den SchutzTV, Para 2 Ziffer 2 genannten Gründen. (vgl. Para 4 IV c Schutz TV).

27

Sollten Sie noch Fragen haben, steht Ihnen gerne das Civilian Personnel Advisory Center in W. zur Verfügung. Ihr Ansprechpartner ist …"

28

Der Kläger antwortete über seinen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 15. Juli 2013 (Bl. 23 d. A.) wie folgt - soweit hier von Interesse:

29

"Obwohl unser Mandant gern bei den US-Streitkräften weiterbeschäftigt werden würde, kann er Ihr Stellenangebot aus gesundheitlichen ebenso wie aus persönlichen Gründen nicht annehmen.

30

Zunächst leidet unser Mandant an einem chronisch degenerativen Wirbelsäulensyndrom mit regelmäßigen Schmerzen im Bereich der Hals- sowie der Lendenwirbelsäule. Aus diesem Grund ist er nicht in der Lage, die bei der Stellenbeschreibung unter "besondere Bedingungen" ausgewiesene schwere Hebetätigkeit zu verrichten. Eine entsprechende ärztliche Bescheinigung ist zu Ihrer Information beigefügt.

31

Darüber hinaus ist lt. Stellenbeschreibung die Tätigkeit auch an Wochenenden sowie an Feiertagen zu leisten, was meinem Mandanten jedoch wegen seiner familiären Situation in der Regel nicht möglich sein würde. So ist sein 9-jähriger Sohn wegen einer seelischen Behinderung während der Woche vollstationär in einem Kinderheim in N. untergebracht und kommt zumindest an jedem 2. Wochenende sowie Feiertag zu ihm nach Hause. Der Mandant, der alleinstehend ist und sich jedenfalls an den Wochenenden bzw. Feiertagen um seinen kranken Sohn kümmern und seinen Erziehungspflichten nachkommen will und auch muss, könnte deshalb nur an Werktagen unter der Woche tätig sein.

32

Davon abgesehen beträgt die Fahrstrecke von A-Stadt nach W. ca. 100 km, was mit erheblichen Einschränkungen und Belastungen für den Mandanten verbunden und für ihn auf Dauer auch unzumutbar wäre. Wegen seiner familiären Verhältnisse kommt ein Umzug nach W. ebenfalls nicht in Frage.

33

Soweit eine adäquate Weiterbeschäftigung bei den US-Streitkräften nicht möglich sein sollte, wird mein Mandant versuchen, einen neuen Arbeitsplatz entsprechend seinen persönlichen Möglichkeiten und in örtlicher Nähe zu finden.

34

Wir gehen davon aus, dass angesichts der Situation Verständnis für die Ablehnung des betreffenden Stellenangebots besteht und sich daraus keine Nachteile für den Mandanten ergeben, insbesondere in Bezug auf die ihm grundsätzlich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zustehenden Leistungen der Überbrückungsbeihilfe nach dem TVSoziale Sicherung (TASS). Wir bitten insoweit um kurze Bestätigung.

35

Sollten Sie weitere Informationen bzw. Unterlagen benötigen, bitten wir um entsprechende Mitteilung."

36

Dem Schreiben des Klägers war eine ärztliche Bescheinigung vom 19. Februar 2009 (Bl. 22 d. A.) beigefügt, in der es heißt:

37

"… Aus medizinischer Sicht wäre eine Entlastung am jetzigen Arbeitsplatz dringend notwendig. Herr A. sollte nicht schwerer als 5 kg heben und nicht länger als 30 min in Vorbeugestellung arbeiten."

38

Der Kläger hat noch zwei weitere ärztliche Stellungnahmen zur Akte gereicht. Die Stellungnahme vom 06. August 2013 (Bl. 20 d. A.) hat u. A. folgenden Inhalt:

39

"Ein Belastungstest in der Praxis mit Heben eines Gewichtes von 8 kg bereitet Herrn A. bereits Schmerzen. Meines Erachtens besteht eine Belastbarkeit von max 10 kg Heben und in Repetition heben von 5 kg".

40

Das fachärztliche Attest vom 16. Dezember 2013 (Bl. 21 d. A.) lautet wie folgt:

41

"Nach der heutigen Untersuchung besteht ein schon länger wehrendes Rückenleiden welches sich verschlechtert hat. Aufgrund dessen sind das Heben von schweren Lasten über 10 Kilo, Arbeiten in Zwangshaltung sowie Arbeiten in feuchten oder kalten Umgebungen nicht möglich.

42

Beim Heben von Lasten können diese nicht aus Bodenhöhe angehoben werden. Maximal können die Lasten in Hüfthöhe bewegt werden.

43

Auch sind Arbeiten im Wechsel gehend, stehend, sitzend angezeigt."

44

Der Kläger hat folgende Bestätigung des Kinder- und Jugendamtes vom 04. Dezember 2013 (Bl. 13 d. A.) zur Akte gereicht:

45

"Für S. S. A., geb. 2004, … wird Eingliederungshilfe gem. § 35a SGB VIII gewährt. Die notwendige Hilfe kann nur in vollstationärer Form erbracht werden, die Dauer der Hilfe ist nicht absehbar.

46

Der Erhalt einer stabilen Eltern-Kind-Beziehung ist zum Wohle des Kindes ebenfalls unerlässlich. S. verbringt deshalb jedes 2. Wochenende und den überwiegenden Teil der Schulferien in A-Stadt bei seinen Eltern. Die Eltern sind geschieden, die elterliche Sorge wird gemeinsam ausgeübt und es besteht eine gute Kooperation in Bezug auf den gemeinsamen Sohn, so dass sich S. in beiden Haushalten gleichermaßen aufhält.

47

Für einen erfolgreichen Hilfeverlauf und die Wiederherstellung der seelischen Gesundheit von S., sollten die bisherigen Besuchsregelungen unbedingt beibehalten werden, dies schließt mit ein, dass die Lebensverhältnisse der Eltern stabil und möglichst wenig Veränderungen unterworfen sein sollten. Dies schließt vor allem mit ein, dass der Wohnsitz beibehalten und damit S. seine vertraute Umgebung erhalten wird."

48

Der Sohn des Klägers bleibt tatsächlich jedes zweite Wochenende in der pädagogisch-therapeutischen Einrichtung und hält sich in A-Stadt sowohl bei dem Kläger als auch bei dessen Exfrau auf.

49

Der Kläger hat am 19. September 2013 die Gewährung von Überbrückungsbeihilfe nach dem TV-SozSich beantragt. Mit Schreiben vom 21. November 2013 (Bl. 11 f. d. A.) wurde ihm mitgeteilt, dass ihm keine Überbrückungsbeihilfe gewährt werden könne. Er habe ein zumutbares Weiterbeschäftigungsangebot abgelehnt und daher auch keine Entlassungsbescheinigung vorlegen können, die ausgestellt werde, wenn kein zumutbares Angebot vorgelegen habe.

50

Der TV SozSich vom 31. August 1971 enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:

"§ 1

51

Geltungsbereich

52

53

Soweit der Tarifvertrag auf Vorschriften des TV AL II oder des KSchTV vom 16. Dezember 1966 Bezug nimmt, ist von der bei Abschluss dieses Vertrages geltenden Fassung auszugehen, und zwar auch für die Arbeitnehmer, deren Arbeitsbedingungen nach TV AL II (Frz) geregelt sind.

§ 2

54

Anspruchsvoraussetzungen

55

Anspruch auf Leistungen nach diesem Tarifvertrag haben Arbeitnehmer, die

56

1. wegen Personaleinschränkung

57

a) infolge einer Verringerung der Truppenstärke

58

b) infolge einer aus militärischen Gründen von der obersten Dienstbehörde angeordneten Auflösung von Dienststellen oder Einheiten oder deren Verlegung außerhalb des Einzugsbereichs des bisherigen ständigen Beschäftigungsortes

59

entlassen werden, wenn sie

60

2. im Zeitpunkt der Entlassung

61

a) seit mindestens einem Jahr vollbeschäftigt sind,

62

b) mindestens fünf Beschäftigungsjahre im Sinne des § 8 TV AL II oder des TV B II nachweisen können und das 40. Lebensjahr vollendet haben,

63

c) ihren ständigen Wohnsitz in den letzten fünf Jahren im Geltungsbereich des TV AL II oder des TV B II hatten,

64

d) die Voraussetzungen zum Bezug des Altersruhegeldes oder des vorgezogenen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erfüllen, und ihnen

65

3. keine anderweitige zumutbare Verwendung im Geltungsbereich des TV AL II angeboten worden ist. Als zumutbar gilt jede anderweitige Verwendung im Sinne des § 1 Ziffern 3 ff. des Kündigungsschutztarifvertrages für die Arbeitnehmer bei den amerikanischen und belgischen Stationierungsstreitkräften vom 16. Dezember 1966 - und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Arbeitnehmer unter den Geltungsbereich des KSchTV TV fällt.

66

67

Anlage

68

zum Tarifvertrag vom 31. August 1971

69

zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den

70

Stationierungsstreitkräften im Gebiet der

71

Bundesrepublik Deutschland

...

72

II. KSchTV TV vom 16. Dezember 1966

§ 1

...

73

2. Als wichtige Gründe im Sinne dieser Bestimmung gelten insbesondere:

74

a) Alle Gründe, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen (§ 45 TV AL II),

75

b) Auflösung der Beschäftigungsdienststelle oder deren Verlegung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland,

76

c) Fortfall des Aufgabenbereichs des Arbeitnehmers oder Verlegung dieses Aufgabenbereichs innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, sofern keine Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer in seinem Beruf oder in einem anderen Beruf, für den er geeignet ist, innerhalb des Einzugsbereichs seines Beschäftigungsortes unterzubringen, oder sofern dem Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung an einem neuen Ort angeboten und von diesem abgelehnt wird.

77

3. Die Verpflichtung der Stationierungskräfte in den Fällen der Ziffer 2c erstreckt sich auf das Angebot vorhandener freier Stellen in der gleichen Lohngruppe/Gehaltsgruppe oder - falls solche nicht vorhanden sind - in einer niedrigeren Lohngruppe/Gehaltsgruppe unter den Bedingungen des § 52 TV AL II bzw. § 55 Ziffer 7 TV AL II.

...

78

Erläuterungen und Verfahrensrichtlinien

79

zum

80

TV Soziale Sicherung

81

82

2.3 Zu § 2 Ziffer 3

83

Für die Frage, ob dem Arbeitnehmer eine anderweitige zumutbare Verwendung angeboten worden ist, gelten ausschließlich § 2 Ziffer 3 TV i.V. mit § 1 Ziffern 3 ff KSchTV TV, wie er in der Anlage zum TV zitiert ist.

84

Danach gilt folgendes:

85

2.3.1 Zumutbar ist jede Verwendung im Geltungsbereich des TV AL II auf einem Arbeitsplatz in der gleichen Lohn-/Gehaltsgruppe oder - falls ein solcher Arbeitsplatz nicht vorhanden ist - in einer niedrigeren Lohn-/Gehaltsgruppe unter den Bedingungen der §§ 52, 55 TV AL II.

86

2.3.2 Das Angebot einer höherwertigen Beschäftigung kann unzumutbar sein, wenn die Tätigkeit den Arbeitnehmer überfordern würde.

87

88

2.3.4 Eine zumutbare Verwendung liegt auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer auf dem neuen Arbeitsplatz nur befristet weiterbeschäftigt werden kann. Wegen der Ansprüche nach Beendigung der befristeten Weiterbeschäftigung siehe Nr. 2.1.6.

89

2.3.5 Hat der Arbeitnehmer ein zumutbares Angebot für eine unbefristete Tätigkeit abgelehnt und kann er deshalb auf einem anderen Arbeitsplatz nur befristet weiterbeschäftigt werden, dann können Ansprüche aus dem Tarifvertrag nicht entstehen. "

90

Mit seiner beim Arbeitsgericht erhobenen Klage hat der Kläger zuletzt die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe für die Monate Oktober 2013 bis einschließlich Januar 2014 in Höhe von insgesamt 2.984,76 EUR nebst Zinsen sowie die Feststellung eines Anspruchs auf Zahlung der Überbrückungsbeihilfe ab Februar 2014 begehrt.

91

Der Kläger hat vorgetragen:

92

Die Unzumutbarkeit des Angebots ergebe sich bereits aus den tarifvertraglichen Vorgaben. § 2 Ziff. 3 TV Soz Sich verweise auf § 1 Ziff. 3 KSchTV TV, der sich wiederum auf die Fälle des § 1 Ziff. 2 c KSchTV TV beziehe. Damit seien nur Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten innerhalb des Einzugsbereichs des bisherigen Beschäftigungsortes zumutbar.

93

§ 2 Ziff 3 TV SozSich bestimme lediglich die objektiven Kriterien für die Zumutbarkeit. Darüber hinaus sei die Zumutbarkeit unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit nach den subjektiven Gegebenheiten beim Arbeitnehmer zu bewerten. Es seien dann die persönlichen Verhältnisse und individuellen Voraussetzungen zu berücksichtigen.

94

Mit einer Arbeitstätigkeit in W. hätten sich seinen familiären Verpflichtungen nicht verbinden lassen. Sowohl die Entfernung der Stelle als auch die vorgesehene Schichtarbeit sowie Arbeit an Wochenenden und Feiertagen seien für ihn nicht annehmbar gewesen. Er sei nicht nur ethisch verpflichtet, sich um seinen Sohn zu kümmern, sondern müsse auch gesetzlich seiner elterlichen Sorge nachkommen. Zu berücksichtigen sei, dass nach § 10 Abs. 1 Ziff. 3 SGB II eine Tätigkeit unzumutbar sei, wenn dadurch die Erziehung des eigenen Kindes gefährdet werde.

95

Die in dem Angebot vom 08. Juli 2013 vorgesehene schwere Hebetätigkeit habe er aus gesundheitlichen Gründen nicht leisten können. Ein degeneratives Lendenwirbelsyndrom, die Folgen eines Leistenbruchs bzw. einer Operation sowie eine beidseitige Koxarthritis führten zu regelmäßigen Beschwerden und erheblichen körperlichen Einschränkungen. Er habe während seiner Beschäftigung als Küchenhelfer zuvor keine - insbesondere schweren - Hebetätigkeiten verrichten müssen. Körperlich schwere Tätigkeiten gehörten grundsätzlich auch nicht zum Aufgabengebiet eines Küchenhelfers. Nach dem auch hier anzulegenden Maßstab des § 10 Abs. 1 Ziff. 1 SGB II sei eine Arbeit nicht zumutbar, wenn der Arbeitnehmer hierzu körperlich nicht in der Lage sei.

96

Grundsätzlich würden keine Weiterbeschäftigungsangebote außerhalb des Einzugsbereichs unterbreitet. Der zuständige Mitarbeiter des RIF-Teams habe erklärt, dies sei hier nur deshalb geschehen, weil er, der Kläger, sich zuvor ausdrücklich bereit erklärt habe, auch in W. zu arbeiten. Zwar habe er noch vor ca. sechs bis sieben Jahren angegeben, bereit zu sein, an anderen Standorten wie etwa W. zu arbeiten. Inzwischen hätten sich seine familiären Verhältnisse jedoch so geändert, dass ein Arbeitsplatz über eine bestimmte Entfernung hinaus nicht mehr in Frage komme. Das Angebot verletzte daher den betrieblichen Gleichheitsgrundsatz.

97

Es sei nur ihm ein Stellenangebot vorgelegt worden, während seine Arbeitskollegen eine Entlassungsbescheinigung und daraufhin Überbrückungsbeihilfe erhalten hätten.

98

Der Kläger hat beantragt:

99

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag Soziale Sicherung für die Monate Oktober 2013 bis einschließlich Januar 2014 in Höhe von insgesamt 2.984,76 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 755,84 brutto seit 01.12.2013, aus 751,78 EUR brutto seit 01.01.2014, aus 737,24 EUR brutto seit 01.02.2014 sowie aus 739,90 EUR seit 01.03.2014 zu zahlen.

100

2. Es wird festgestellt, dass dem Kläger über den 31.01.2014 hinaus bis längstens 30.09.2018 Überbrückungsbeihilfe in Höhe der sich nach § 4 des Tarifvertrages Soziale Sicherung jeweils monatlich zu errechnenden Beträge zusteht.

101

Die Beklagte hat beantragt,

102

die Klage abzuweisen.

103

Die Beklagte hat vorgetragen:

104

Nach dem eindeutigen Wortlaut sei allein auf die Zumutbarkeit iSd. § 2 Ziff. 3 S. 2 TV SozSich iVm. § 1 Ziff. 3 ff. KSchTV abzustellen. Aufgrund der Legaldefinition komme es entgegen der Auffassung des Klägers auf weitere Zumutbarkeits- oder Billigkeitserwägungen nicht an. Der Tarifvertrag solle den Verlust des Arbeitsplatzes abmildern. Werde eine anderweitige Beschäftigung angeboten, stehe der Verlust des Arbeitsplatzes nicht im Raum.

105

Bei der Stelle in W. handle es sich hinsichtlich Stellenbeschreibung, Arbeitszeiten und Tätigkeit um eine identische Stelle als Küchenhelfer wie in M.. Soweit der Kläger sich darauf berufe, aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, der Tätigkeit in W. nachzugehen, spreche hiergegen, dass er dieselbe Tätigkeit bereits verrichtet habe.

106

Da der Kläger über die zwei Mitarbeiter am 21. Juni 2012 sowie am 17. Oktober 2012 seinen Weiterbeschäftigungswunsch erweitert habe, habe das RIF-Team der Streitkräfte eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger gesucht. Während die Weiterbeschäftigung in S. vorbereitet worden sei, habe sich eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auch in W. abgezeichnet. In Gesprächen mit einer Mitarbeiterin des RIF-Teams habe der Kläger angegeben, dass eine Beschäftigung in W. günstiger für ihn sei, da er dort Verwandte/Bekannte hätte, bei denen er unter der Woche wohnen könne. Entsprechend sei dann das Angebot vom 08. Juli 2013 gemacht worden.

107

Mit Urteil vom 12. März 2014 - 1 Ca 1742/13 - hat das Arbeitsgericht Kaiserslautern die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe habe, da er nicht die Anspruchsvoraussetzung nach § 2 Ziff. 3 Satz 1 TVSozSich erfülle. Dem Arbeitnehmer sei eine anderweitige zumutbare Verwendung im Geltungsbereich des TVAL II angeboten worden. Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 2 Ziff. 3 Satz 2 TVSozSich gelte als zumutbar jede anderweitige Verwendung im Sinne des § 1 Ziff. 3 ff. des KSchTV. Nach § 1 Ziff. 3 KSchTV erstrecke sich die Verpflichtung der Stationierungsstreitkräfte auf das Angebot vorhandener freier Stellen in der gleichen Lohngruppe/Gehaltsgruppe im gesamten Geltungsbereich des TVAL II. Dem Kläger sei mit Schreiben vom 08. Juli 2013 eine Stelle als Küchenhelfer in W. in derselben Lohngruppe wie in seinem früheren Arbeitsverhältnis angeboten worden. Nach dem eindeutigen Tarifwortlaut kommt es weder auf die Eignung des Arbeitnehmers für die Tätigkeit, noch auf die Belegenheit des neuen Arbeitsplatzes im Einzugsbereich des bisherigen Beschäftigungsortes, noch auf sonstige Zumutbarkeitskriterien an. Die Tarifvertragsparteien hätten durch die Verwendung der Formulierung "als zumutbar gilt …" zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Fiktion handle, Umstände des Einzelfalles also keine Rolle spielen sollten. Dem Kläger stehe deshalb selbst dann kein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe zu, wenn er aus persönlichen Gründen wie der Betreuung seines psychisch kranken Kindes und aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht in der Lage gewesen sein sollte, die ihm angebotene Stelle anzutreten. Um die soziale Rechtfertigung der Kündigung gehe es im vorliegenden Verfahren nicht und für die Zumutbarkeit im Sinne des § 2 Ziff. 3 TVSozSich komme es darauf nicht an.

108

Gegen das ihm am 16. Mai 2014 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit Schriftsatz vom 06. Juni 2014, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 11. Juni 2014 eingegangen, Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

109

Der Kläger trägt vor:

110

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Zumutbarkeit einer anderweitigen Verwendung entsprechend § 2 Ziff. 3 TV SozSich nicht ausschließlich nach dem Standort des Arbeitsplatzes und der Lohngruppe zu beurteilen. Es seien auch andere subjektive Kriterien beim Arbeitnehmer einzubeziehen. Lediglich wenn ein Arbeitnehmer eine für ihn ausführbare Beschäftigung nicht annehme und deshalb selbst für eintretende Einkommenseinbußen verantwortlich sei, sei es gerechtfertigt, ihn von Leistungen der Überbrückungsbeihilfe auszuschließen. Die Tarifvertragsparteien hätten deswegen mit der Regelung in § 2 Ziff. 3 TV SozSich lediglich festlegen wollen, welche anderweitige Verwendung grundsätzlich als zumutbar anzusehen sei. Eine andere Bewertung im Einzelfall aufgrund der konkreten subjektiven Umstände sei dadurch nicht ausgeschlossen worden.

111

Bei einer anderen Auslegung sei nicht nachvollziehbar, weshalb überhaupt der Terminus der Zumutbarkeit im Zusammenhang mit einer anderweitigen Verwendung benutzt worden sei. Vielmehr wäre in diesem Fall ein Standort innerhalb des Geltungsbereichs des Tarifvertrags sowie eine gleiche bzw. niedrigere Lohngruppe direkt als Ausschlussgrund für die Ansprüche genannt worden.

112

Auch aus den Erläuterungen in Ziff. 2.3.2 zum TV SozSich ergebe sich, dass die Tarifvertragsparteien den Begriff der Zumutbarkeit nicht hätten abschließend festlegen wollen. Die Festlegung, dass das Angebot einer höherwertigen Beschäftigung unzumutbar sein könne, wenn die Tätigkeit den Arbeitnehmer überfordern würde, stehe einer Ausschließlichkeit des Regelungswortlauts von § 2 Ziff. 3 TV SozSich entgegen.

113

Die Bewertung der Zumutbarkeit allein nach der Lohn- bzw. Gehaltsgruppe würde zu dem sinnwidrigen Ergebnis führen, dass z.B. ein Bauingenieur als Übersetzer oder Buchprüfer - jeweils Gehaltsgruppe 7 - weiterarbeiten müsste.

114

Soweit in dem Angebot schwere Hebetätigkeiten hervorgehoben worden seien, habe er daraus schließen müssen, dass es um Arbeiten gehe, die über den normalen Tätigkeitsbereich für Küchenhelfer hinausgingen. Er sei tatsächlich nur mit leichten körperlichen Tätigkeiten beschäftigt worden, insbesondere mit dem Waschen von Salat und Kartoffeln, Schälen von Gemüse, Geschirr spülen und sauber machen. Zumindest nach Vorlage der entsprechenden Atteste seien ihm seit 2009 keine schweren körperlichen Arbeiten mehr zugewiesen worden.

115

Er habe nicht geäußert, dass er für eine Beschäftigung in W. oder sogar im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung stehe. Soweit dies von Dritten gegenüber seinem Arbeitgeber mitgeteilt worden sein sollte, liege eine Verwechslung oder ein Missverständnis vor. Jedenfalls hätten diese dritten Personen keine Legitimation für ihn Erklärungen gegenüber dem Arbeitgeber abzugeben. Mit dem Schreiben vom 13. Juni 2013 habe er jedenfalls unmissverständlich erklärt, dass er keine Weiterbeschäftigung außerhalb des Einzugsgebietes wünsche.

116

Der Arbeitgeber hätte im Hinblick auf seine Ablehnung der Stelle klarstellen müssen, dass mit der Angabe "schweres Heben" lediglich das schwere Heben im Rahmen einer normalen Küchenhelfertätigkeit gemeint sei.

117

Die Kläger beantragt,

118

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und nach seinen erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen.

119

Die Beklagte beantragt,

120

die Berufung zurückzuweisen.

121

Die Beklagte trägt vor:

122

Die Zumutbarkeit der anderweitigen Verwendung sei in § 2 Ziff. 3 S. 2 TV SozSich abschließend legal definiert. Zumutbar sei danach jede anderweitige Verwendung iSd. § 1 Ziff. 3 ff KSchTV vom 16. Dezember 1966. Diese tarifliche Regelung des KSchTV TV habe lediglich einen Schutz vor einer deutlichen Verschlechterung der Eingruppierung vorgesehen.

123

An eine Küchenhilfe in W. würden keine anderen Anforderungen gestellt als in H./M. Die Stellenbeschreibungen (Bl.108 ff. d. A.) seien im wesentlichen Inhalt gleich, da auch die Tätigkeit dieselbe sei. Es handle sich an beiden Orten um eine militärische Truppenküche, die über ein standardisiertes Inventar verfüge, Kochtöpfe und anders Küchenzubehör seien vom Gewicht gleich. Auch in H./M. seien schwere Hebetätigkeiten zB. das Tragen von gefüllten Kochtöpfen erforderlich.

124

Zunächst suche das RIF-Team außerhalb des Einzugsbereichs, wenn Arbeitnehmer prinzipiell bereit seien, sich dorthin vermitteln zu lassen. Dies habe aber nichts mit dem Anspruch nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung zu tun. Wenn es im Sinne dieses Tarifvertrags eine freie Stelle gebe, werde diese selbstverständlich auch dann angeboten, wenn sie nicht im Einzugsbereich des bisherigen Beschäftigungsortes liege und auch dann, wenn der Arbeitnehmer sich nicht grundsätzlich bereit erklärt habe, auch außerhalb des Einzugsbereichs verwendet zu werden.

125

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

126

A. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und in ausreichender Weise begründet worden.

127

B. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg.

128

I. Die Klage ist zulässig.

129

a) Der Kläger verfolgt nach Art. 56 Abs. 8 S. 1 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut sein Klagebegehren zutreffend vor den deutschen Gerichten für Arbeitssachen. Klagegegnerin ist die Bundesrepublik Deutschland als Prozessstandschafterin für die US-Stationierungsstreitkräfte (Art. 56 Abs. 8 S. 2 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut).

130

b) Das von § 256 Abs. 1 ZPO vorausgesetzte Feststellungsinteresse für den Antrag zu 2. liegt vor. Der Kläger hat Überbrückungsbeihilfe für die zurückliegenden Monate Oktober 2013 bis Januar 2014 mit dem Leistungsantrag geltend gemacht und für die künftigen Monate in noch nicht feststehender Höhe mit dem Feststellungsantrag. Eine Verbindung einer auf Zahlung bereits entstandener Ansprüche gerichteten Leistungsklage mit einer wegen zukünftig entstehenden Ansprüchen erhobenen Feststellungsklage ist zulässig (vgl. BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 988/11 - Rn. 44, juris). Da eine Bezifferung für die künftigen Monate zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich war, hat die Leistungsklage keinen Vorrang (vgl. BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 638/02 - Rn. 19, juris). Der Kläger musste seine Anträge auch nicht wegen der inzwischen fällig gewordenen Zahlungsansprüche anpassen. Ein Feststellungsantrag muss nicht auf einen bezifferten Leistungsantrag umgestellt werden, wenn während des Rechtsstreits eine Bezifferung möglich wird (BAG 23. März 2011 - 4 AZR 300/09 - Rn. 14; BAG 18. März 1997 - 9 AZR 84/96 - Rn. 11, jeweils juris).

131

II. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe. Die Klage ist daher sowohl hinsichtlich des Zahlungsantrags als auch im Feststellungsantrag nicht begründet.

132

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe gem. § 4 Ziff. 1 TV SozSich, da er nicht die Anspruchsvoraussetzung nach § 2 Ziff. 3 TV SozSich erfüllt.

133

1. Die Voraussetzungen nach § 2 Ziff. 1 sowie Ziff. 2 Buchst. a bis d TV SozSich liegen zwar vor.

134

Die Entlassung des Klägers erfolgte wegen einer Personaleinschränkung infolge einer von der obersten Dienstbehörde angeordneten Auflösung der Dienststelle iSd. § 2 Ziff. 1 b TV SozSich. Der Kläger war im Zeitpunkt der Entlassung länger als ein Jahr in Vollzeit beschäftigt, wies mehr als fünf anrechenbare Beschäftigungsjahre auf und hatte das 40. Lebensjahr vollendet. Er hatte länger als fünf Jahre seinen ständigen Wohnsitz im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und keinen Anspruch auf Altersruhegeld bzw. vorgezogenes Altersruhegeld.

135

2. Die Voraussetzung des § 2 Ziff. 3 Satz 1 TV SozSich ist jedoch nicht erfüllt. Danach darf dem Arbeitnehmer keine anderweitige zumutbare Verwendung im Geltungsbereich des TVAL II angeboten worden sein. Der Arbeitgeber hat dem Kläger mit dem Angebot vom 08. Juli 2013, als Küchenhelfer in der gleichen Lohngruppe in W. tätig zu werden, eine solche anderweitige zumutbare Verwendung angeboten.

136

Das Angebot war nach den tarifvertraglichen Vorgaben zumutbar. Es lagen keine wichtigen persönlichen Gründe im Sinne des Angebotsschreibens vom 08. Juli 2013 vor, die es dem Kläger unter keinen Umständen ermöglichten, ein Angebot zur Weiterbeschäftigung in dieser Stelle zu akzeptieren.

137

Der Zumutbarkeit standen weder die örtliche Lage der Stelle und die persönliche Bindung des Klägers an den Wohnsitz noch die Arbeitszeiten oder Art der angebotenen Beschäftigung entgegen.

138

a) Der Zumutbarkeit des Beschäftigungsangebots stand zunächst nicht bereits nach dem Tarifvertrag entgegen, dass die dem Kläger angebotene Stelle in W. und damit nicht im Einzugsbereich seines Beschäftigungsortes M. liegt.

139

Es ist nach dem Tarifvertrag lediglich erforderlich, dass es sich um eine Stelle im Geltungsbereich des TVAL II handelt. Das ist hier der Fall.

140

Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 2 Ziff. 3 Satz 2 TV SozSich gilt als zumutbar jede anderweitige Verwendung iSv. § 1 Ziff. 3 ff. des KSchTV. Nach § 1 Ziff. 3 KSchTV erstreckt sich die Verpflichtung der Stationierungsstreitkräfte auf das Angebot vorhandener freier Stellen in der gleichen Lohngruppe/Gehaltsgruppe in dem gesamten Geltungsbereich der TVAL II. In § 2 Ziff. 2 TV SozSich wird nicht auf § 1 Ziff. 2 Buchst. c KSchTV und die dort geregelten Tatbestandsmerkmale der Eignung für die neue Tätigkeit und der Belegenheit des neuen Arbeitsplatzes im Einzugsbereich des Beschäftigungsorts Bezug genommen. Da in § 2 Ziff. 3 TV SozSich nur auf § 1 Ziff. 3 ff. und nicht auf Ziff. 2 des KSchTV verwiesen wird, muss der Kläger als zumutbar auch eine anderweitige Verwendung außerhalb des Einzugsbereichs seiner Beschäftigungsdienststelle bei den Stationierungsstreitkräften hinnehmen. Davon gehen auch die "Erläuterungen und Verfahrensrichtlinien zum TV Soziale Sicherung" aus (Ziff. 2.3.1). Das Ergebnis wird zudem durch die Protokollnotiz zu § 1 TV SozSich bestätigt. Nach ihr sind die Vorschriften des TVAL II und des KSchTV, auf die der TV SozSich Bezug nimmt, diesem in seiner bei seinem Inkrafttreten geltenden Fassung als Anlage beigefügt. Hierin liegt eine statische Verweisung. Aus ihr ergibt sich, dass eine abschließende Regelung vorliegt (vgl. BAG 18. Mai 2000 - 6 AZR 879/98 - Rn. 24 mwN, juris).

141

b) Der Zumutbarkeit der Stelle in W. stehen die von dem Kläger angeführten besonderen familiären Bindungen an seinen Wohnsitz nicht entgegen.

142

aa) Aufgrund der Regelung des § 2 Ziff. 3 TV SozSich iVm. § 1 Ziff. 3 KSchTV TV gilt nicht nur, dass der Arbeitnehmer eine anderweitige Verwendung außerhalb des Einzugsbereichs seines Beschäftigungsorts bei den Stationierungsstreitkräften als zumutbar hinnehmen muss. Damit ist zugleich geregelt, dass die persönlichen Erschwernisse, die mit einem Ortswechsel verbunden sind, der Zumutbarkeit der Stelle nicht entgegengehalten werden können. Entgegen der Auffassung des Klägers sieht der Tarifvertrag keine Bewertung der Zumutbarkeit im Einzelfall und die Berücksichtigung konkreter subjektiver Umstände vor.

143

(1) Nach dem Wortlaut des Tarifvertrags "gilt " als zumutbare Verwendung jede anderweitige Verwendung im Sinne des § 1 Ziffern 3 ff. des KSchTV TV und damit im gesamten Geltungsbereich des TV AL II. Damit bedeutet eine Beschäftigung auf einer solchen Stelle nach dem Wortlaut per se eine zumutbare Verwendung. Mit der Formulierung "gilt" wird eine Fiktion begründet. Mit einer Fiktion wird im Ergebnis eine Gleichsetzung zweier Tatbestände erreicht, obwohl klar ist, dass die vorgenommene Gleichsetzung der Lebenswirklichkeit nicht entspricht (vgl. Münchener Kommentar ZPO Prütting, 4. Aufl., § 292 Rn. 8; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., S. 262 ff). Die Tarifvertragsparteien haben damit eine klare, praktikable Regelung getroffen, die der Rechtssicherheit dient. Dem Arbeitnehmer muss nach dem Wortlaut des Tarifvertrags klar sein, dass die persönlichen Erschwernisse, die mit einem Ortswechsel verbunden sind, der Zumutbarkeit der Stelle nicht entgegengehalten werden können.

144

(2) Dass die Tarifvertragsparteien von einem für den Arbeitnehmer weit gefassten Zumutbarkeitsbegriff ausgegangen sind, ergibt sich außerdem aus Ziff. 2.3.4 der Erläuterungen und Verfahrensrichtlinien zum TV SozSich. Danach liegt eine zumutbare Verwendung auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer auf dem neuen Arbeitsplatz nur befristet weiterbeschäftigt werden kann (vgl. BAG 18. Mai 2000 - 6 AZR 879/98 - Rn. 24 juris). Insbesondere ist etwa auch die Annahme einer entfernten Stelle trotz nahen Eintritts in den Ruhestand zumutbar (vgl. BAG 29. Januar 1975 - 4 AZR 167/74 - Rn. 12).

145

(3) Im Übrigen spricht die Besonderheit der Leistung einer Überbrückungsbeihilfe dafür, im Gegenzug vom Arbeitnehmer alle Anstrengungen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess zu verlangen.

146

Die Überbrückungsbeihilfe stellt eine soziale Sonderleistung dar, die weit über die im Arbeitsleben üblichen Leistungen des Arbeitgebers hinausgeht. Mit ihr erhalten ältere, langjährig beschäftigte Arbeitnehmer, die betriebsbedingt und damit wirksam entlassen worden sind, noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus Unterstützungsleistungen durch ihren früheren Arbeitgeber (BAG 06.10.2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 23, NZA 2011, 1431). Nach dem Konzept des Tarifvertrags hat allerdings die Wiedereingliederung des Arbeitnehmers Priorität. Nach § 3 Ziff. 1 TV SozSich soll der entlassene Arbeitnehmer möglichst sofort in den Arbeitsprozess wieder eingegliedert werden. Die Überbrückungsbeihilferegelung soll einen Anreiz darstellen, damit der Arbeitnehmer entweder eine anderweitige Beschäftigung aufnimmt oder zumindest der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Verschafft der Arbeitnehmer sich etwa keine Leistungen durch Meldung beim Arbeitsamt nach § 4 Ziff. 1 und 2 TV SozSich, erhält er grundsätzlich auch keine Überbrückungsbeihilfe (vgl. BAG 22. Dezember 1994 - 6 AZR 337/94 - Rn. 22, NZA 1995, 1168). Der Arbeitnehmer soll alle Möglichkeiten einer Beschäftigung - unabhängig von der Lage der neuen Stelle - ausschöpfen. Tut er dies nicht, besteht kein Anspruch auf die außergewöhnliche zusätzliche Leistung der Überbrückungsbeihilfe. Dies rechtfertigt es, die Zumutbarkeit einer Stelle unabhängig von § 10 SGB II zu definieren, bei dem es um die Zumutbarkeit einer Arbeit im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der Grundsicherung geht.

147

bb) Auch die in dem Angebotsschreiben vom 08. Juli 2013 aufgezeigte Grenze der Zumutbarkeit ist hier nicht aufgrund der persönlichen Situation des Klägers überschritten. Nach dem Schreiben vom 08. Juli 2013 kann der Arbeitnehmer dem Angebot wichtige persönliche Gründe entgegenhalten, die es ihm unter keinen Umständen ermöglichen, ein Angebot zur Weiterbeschäftigung in dieser Stelle zu akzeptieren. Unabhängig von der Frage, ob diese Grenze im Tarifvertrag selbst angelegt ist, muss sich der Arbeitgeber an diesem von ihm selbst im Angebotsschreiben bekundeten Maßstab festhalten lassen.

148

Gründe, die es "unter keinen Umständen ermöglichen" liegen erst dann vor, wenn die Annahme faktisch ausgeschlossen, unter keiner Bedingung möglich ist. Erst wenn Gründe vorliegen, die zu einer Unmöglichkeit der Annahme in jeder Hinsicht führen, soll ein Angebot ohne nachteilige Folgen abgelehnt werden können. Dies ergibt sich aus dem unmissverständlichen Wortlaut des Angebotsschreibens.

149

Der Kläger beruft sich darauf, dass sein Sohn jedes 2. Wochenende, die Feiertage sowie die Schulferien bei ihm oder seiner Exfrau in A-Stadt verbringe und er daher seinen Wohnsitz mit der vertrauten Umgebung für den erkrankten Sohn beibehalten müsse. Ein Umzug komme daher für ihn nicht in Frage.

150

Auch bei einer Beibehaltung des Wohnsitzes in A-Stadt führt eine von dem Kläger selbst angegebene Fahrstrecke von ca. 100 km nicht zu einer Unmöglichkeit der Annahme der Stelle in W.. Eine solche Fahrstrecke bedeutet zwar eine Belastung. Sie schließt jedoch eine Annahme der Stelle bei Beibehaltung des Wohnsitzes nicht faktisch aus.

151

c) Auch die in dem Angebot vorgesehene Schichtarbeit sowie Arbeit an Wochenenden und Feiertagen stehen der Zumutbarkeit der Stelle für den Kläger in Bezug auf seine elterliche Sorge für den Sohn nicht entgegen.

152

aa) Der Tarifvertrag sieht - wie bereits dargelegt - keine Bewertung der Zumutbarkeit im Einzelfall und die Berücksichtigung derartiger konkreter subjektiver Umstände vor.

153

bb) Auch die in dem Angebotsschreiben vom 08. Juli 2013 aufgezeigte Grenze der Zumutbarkeit ist hier nicht aufgrund der Arbeitszeiten unter Berücksichtigung der familiären Situation des Klägers überschritten.

154

Zwar ist hier auch zu berücksichtigen, dass Art. 6 Abs. 1 GG einen besonderen Schutz von Ehe und Familie gebietet und die Familienmitglieder berechtigt, ihre Gemeinschaft nach innen in familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten (vgl. BAG 25. August 2010 - 10 AZR 146/09 - Rn. 81 unter Hinweis auf BVerfG 18. April 1989 - 2 BvR 1169/84 - Rn. 37, jeweils juris). So kann etwa ein Härtefall der Zuordnung zu einem neuen Dienstort entgegenstehen, wenn trotz eigener zumutbarer Bemühungen des Arbeitnehmers, die dieser darzulegen hat, die Betreuung eines Kindes und die Berufstätigkeit nicht zu koordinieren sind (vgl. BAG 25. August 2010 - 10 AZR 146/09 - Rn. 82, juris).

155

Schichtarbeit sowie Arbeit an Wochenenden und Feiertagen sind für den Kläger nicht von vornherein ausgeschlossen. Der Sohn des Klägers bleibt jedes zweite Wochenende in der pädagogisch-therapeutischen Einrichtung. An den anderen Wochenenden und während des überwiegenden Teils der Schulferien hält er sich sowohl im Haushalt des Klägers als auch der Exfrau des Klägers auf. Der Kläger ist daher nicht an jedem Wochenende, Feiertag und in sämtlichen Schulferien aufgrund der Wahrnehmung seiner elterlichen Sorge an einer Arbeit außerhalb von A-Stadt gehindert. Es ist daher davon auszugehen, dass bei eigenen zumutbaren Bemühungen des Klägers die Betreuung seines Sohnes und die Tätigkeit in W. zu koordinieren sind.

156

Zudem hätte der Kläger die Möglichkeit, auf eine Berücksichtigung seiner familiären Verpflichtungen bei der Ausübung des Direktionsrechts durch seinen Arbeitgeber hinzuwirken. So hat der Arbeitgeber bei der Bestimmung der Lage der Arbeitszeit gemäß § 106 Satz 1 GewO berechtigte Interessen des Arbeitnehmers angemessen zu berücksichtigen. Auf schutzwürdige familiäre Belange des Arbeitnehmers hat er Rücksicht zu nehmen, soweit einer vom Arbeitnehmer gewünschten Verteilung der Arbeitszeit nicht betriebliche Gründe oder berechtigte Belange anderer Arbeitnehmer entgegenstehen (vgl. BAG 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - juris).

157

d) Mit dem Angebot der Stelle als Küchenhelfer ist dem Kläger auch von der Art der Tätigkeit her eine anderweitige zumutbare Verwendung im Sinne des § 2 Ziff. 3 TV SozSich angeboten worden.

158

Es handelt sich um eine Stelle in der gleichen Lohngruppe. Der Kläger war als Küchenhelfer in M. eingesetzt und soll nach dem Angebot als in Küchenhelfer in W. eingesetzt werden.

159

Der Zumutbarkeit der Stelle stehen die seitens des Klägers angegebenen körperlichen Einschränkungen nicht entgegen. Auch insoweit lagen keine wichtigen persönlichen Gründe im Sinne des Angebotsschreibens vom 08. Juli 2013 vor, die es dem Kläger unter keinen Umständen ermöglichten, das Angebot zur Weiterbeschäftigung in dieser Stelle zu akzeptieren.

160

aa) Aufgrund der tarifvertraglichen Regelung unterliegt ebenso wie die Belegenheit des Arbeitsplatzes auch die konkrete Art der Tätigkeit für den einzelnen Arbeitnehmer keiner Zumutbarkeitsüberprüfung.

161

(1) Nach dem Wortlaut des Tarifvertrags "gilt " als zumutbare Verwendung "jede" anderweitige Verwendung im Sinne des § 1 Ziffern 3 ff. des Kündigungsschutztarifvertrags (§ 2 Ziff. 3 Satz 1 iVm. Satz 2 TV SozSich) und damit auf freien Stellen in der gleichen Lohngruppe/Gehaltsgruppe. Damit bedeutet eine Beschäftigung auf Stellen in der gleichen Lohngruppe nach dem Wortlaut per se eine zumutbare Verwendung. Auch hier gilt die tarifvertragliche Fiktion.

162

Der Arbeitnehmer soll auch nach der Systematik einem Angebot nicht nur die räumliche Entfernung nicht entgegen halten können, sondern auch nicht die fehlende Eignung in Bezug auf die freie Stelle. Wie bereits ausgeführt wird in § 2 Ziff. 2 TV SozSich nicht auf § 1 Ziff. 2 Buchst. c KSchTV und die dort geregelten Tatbestandsmerkmale der Eignung für die neue Tätigkeit und der Belegenheit des neuen Arbeitsplatzes im Einzugsbereich des Beschäftigungsorts Bezug genommen (BAG 18. Mai 2000 - 6 AZR 879/98 - Rn. 24; BAG 06. August 1998 - 6 AZR 13/97 - Rn. 49, jeweils juris).

163

Dem entspricht auch, dass in den Erläuterungen und Verfahrensrichtlinien zum TV SozSich die Eignung des Arbeitnehmers lediglich insoweit eine Rolle spielt, als nach Ziff. 2.3.2 das Angebot einer höherwertigen Beschäftigung unzumutbar sein kann, wenn die Tätigkeit den Arbeitnehmer überfordern würde. Nur in diesem besonderen Fall ist eine auf Fähigkeiten des Arbeitnehmers bezogene Zumutbarkeitsprüfung vorgesehen. Insoweit hat die "Zumutbarkeit" im Übrigen auch einen Anwendungsbereich.

164

(2) Nach Sinn und Zweck der Regelung soll der Arbeitgeber einen weiten Entscheidungsspielraum haben, welche Stelle er anbieten will.

165

Die Streitkräfte selbst haben ein Interesse daran, freie Stellen möglichst nur geeigneten Arbeitnehmer anzubieten. Im Hinblick auf die erheblichen Zahlungsverpflichtungen bei einer Überbrückungsbeihilfe haben sie aber auch ein anerkennenswertes Interesse daran, in Bezug auf die fachliche Eignung etwa erhebliche Einarbeitungszeiten in Kauf zu nehmen und eine Eignung erst herzustellen.

166

Dies gilt ebenso für gesundheitliche Einschränkungen. Auch hier kann ein Interesse des Arbeitgebers bestehen, in besonderer Weise den Einsatz eines Arbeitnehmers durch unterstützende Maßnahmen und Änderungen in der Organisation erst zu ermöglichen oder eine langsamere Arbeit und weniger Leistung durch einen Arbeitnehmer hinzunehmen. Insoweit macht es Sinn, dass der Arbeitnehmer dem Angebot nicht ohne weiteres eine fehlende - auch gesundheitliche - Eignung entgegenhalten kann. Vielmehr soll auch der Arbeitnehmer, dem eine anderweitige Beschäftigung angeboten wird, alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess zum Erfolg zu verhelfen und seine Eignung herzustellen.

167

Dass eine aktuell fehlende Eignung die Zumutbarkeit des Angebots nicht ausschließen soll, ergibt sich auch aus dem Angebotsschreiben, in dem es heißt: "Erweist sich, dass Sie die erforderliche Eignung während der Dauer der Einarbeitungszeit nicht erwerben können, so ist eine Kündigung … zulässig".

168

(3) Dieser Auslegung steht nicht entgegen, dass nach dem Wortlaut des Tarifvertrags dann dem Arbeitnehmer ein Angebot auf einer freien Stelle mit völlig anderen Fähigkeiten und Kenntnissen zumutbar wäre. So verweist der Kläger darauf, dass die Tätigkeiten in der gleichen Lohngruppe vielfältig seien und es so zu der Verpflichtung eines Bauingenieurs als Übersetzer oder Buchprüfer zu arbeiten kommen könnte.

169

Der damit aufgezeigten Problematik der Gefahr eines Rechtsmissbrauchs durch von vornherein absurde Angebote kann mit Hilfe von § 242 BGB sachgerecht begegnet werden. Die sich aus einer Rechtsnorm an sich ergebenden Folgen müssen ua. zurücktreten, wenn ein Vertragspartner die an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Normzweck nicht vorgesehen sind (vgl. BAG 18. Oktober 2006 - 7 AZR 145/06 - Rn. 17, NZA 2007, 443).

170

Im Übrigen hat der Arbeitgeber in seinem Angebotsschreiben selbst die Grenze zu seinem Recht, Angebote zu machen, genannt. Diese liegt da, wo wichtige persönliche Gründe es dem Arbeitnehmer unter keinen Umständen ermöglichen, das Angebot zu akzeptieren. Unabhängig davon, ob diese Grenze im Tarifvertrag selbst angelegt oder ob der Arbeitgeber erst selbst ein Korrektiv aufgezeigt hat, werden hierdurch jedenfalls auch die Fälle abwegiger Angebote erfasst.

171

(4) Es geht bei der Überbrückungszulage darum, einen betriebsbedingten Verlust des Arbeitsplatzes abzumildern. Wird dem Arbeitnehmer eine Stelle in derselben Funktion wieder angeboten, ist dies vom Tarifvertrag her ein zumutbares Angebot.

172

Ist der Arbeitnehmer krankheitsbedingt dauerhaft nicht mehr in der Lage, ein Angebot in derselben Funktion wieder anzunehmen, betrifft dies eigentlich die Frage einer Überbrückungsbeihilfe zum Krankengeld oder Verletztengeld, wie sie in § 4 Ziff. 2 b) TV SozSich lediglich innerhalb eines Kalenderjahres insgesamt bis zur Dauer von 12 Wochen vorgesehen ist.

173

bb) Auch nach dem Maßstab des Angebotsschreibens vom 08. Juli 2013 ist die Tätigkeit nicht unzumutbar. Die vom Kläger angegebenen gesundheitlichen Einschränkungen sind nicht derart, dass sie es dem Kläger unter keinen Umständen ermöglichen, das Angebot zu akzeptieren. Eine Beschäftigung ist nicht von vornherein in jeder Hinsicht ausgeschlossen.

174

(1) Die seitens des Klägers vorgelegten Atteste enthalten bereits keine Angaben, nach denen eine Tätigkeit als Küchenhelfer, der "schwer heben" muss, von vornherein ausgeschlossen ist.

175

Die der Ablehnung des Klägers beigefügte Bescheinigung vom 12. Februar 2009 enthält lediglich eine Empfehlung: "Aus medizinischer Sicht wäre eine Entlastung am jetzigen Arbeitsplatz dringend notwendig. Herr A. sollte nicht schwerer als 5 kg heben und nicht länger als 30 min in Vorbeugestellung arbeiten". In der aktuelleren ärztlichen Stellungnahme vom 06. August 2013 - nach der Ablehnung des Angebots durch den Kläger - kommt der Arzt zu der Einschätzung, es bestehe eine Belastbarkeit von maximal 10 kg Heben und in Repetition Heben von 5 kg. In dem fachärztlichen Attest vom 16. Dezember 2013 wird ausgeführt, dass das Heben von schweren Lasten über 10 Kilo, Arbeiten in Zwangshaltung sowie Arbeiten in feuchten oder kalten Umgebungen nicht möglich seien, beim Heben von Lasten könnten diese nicht aus Bodenhöhe angehoben werden, maximal könnten die Lasten in Hüfthöhe bewegt werden.

176

Nach diesen Empfehlungen und benannten Einschränkungen wäre dem Kläger zwar nicht mehr jede schwere körperliche Tätigkeit möglich. Auch nach den vorgelegten Attesten kann der Kläger jedoch noch bis 10 kg heben. Es ist nicht ersichtlich, dass damit die in der Stellenbeschreibung benannte besondere Bedingung "schweres Heben" ausgeschlossen ist.

177

(2) Gründe, die es dem Arbeitnehmer unter keinen Umständen ermöglichen, ein Angebot zu akzeptieren, liegen auch nicht vor, solange sich der Arbeitnehmer nicht bemüht hat, die einzelnen Arbeitsbedingungen abzuklären.

178

Was unter "schwerem Heben" verstanden wird, ist in der Stellenbeschreibung nicht ausgeführt. In dem Angebotsschreiben vom 08. Juli 2013 sind dem Kläger zwei Ansprechpartner mit diversen Kontaktmöglichkeiten benannt worden, um Informationen zu der Stelle einzuholen und um Fragen bzgl. des Angebots generell zu klären. Der Kläger hat zudem das Angebot auf in Augenscheinnahme des Arbeitsplatzes nicht wahrgenommen.

179

(3) Selbst wenn unter "schwerem Heben" Tätigkeiten zu verstehen wären, die mit den Angaben in den Attesten nicht zu vereinbaren wären, liegen, solange die Chance auf eine leidensgerechte Anpassung des angebotenen Arbeitsplatzes besteht, keine Gründe vor, die es dem Kläger "unter keinen Umständen" ermöglichen, das Angebot in dieser Stelle zu akzeptieren. Ist dem Arbeitnehmer unter bestimmten Umständen eine Annahme möglich, hat er diese Chance zu ergreifen.

180

Der Kläger war - nach seiner eigenen Darstellung - gerade in der Lage, unter bestimmten Umständen eine Tätigkeit als Küchenhelfer auszuüben.

181

Körperlich auch schwere Arbeiten gehören zum allgemeinen Berufsbild eines Küchenhelfers in einer militärischen Truppenküche/Großküche, etwa das Tragen gefüllter Kochtöpfe und von anderem Küchenzubehör. Der Kläger beruft sich darauf, er habe im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses bereits in Bezug auf seinen ursprünglichen Arbeitsplatz körperliche Einschränkungen geltend gemacht, worauf hin ihm seit 2009 nur leichte körperliche Tätigkeiten zugewiesen worden seien. Genauso wäre es ihm nun zuzumuten gewesen, die Stelle in gleicher Funktion anzunehmen und ggf. eine leidensgerechte Anpassung des Arbeitsplatzes zu erwirken.

182

3. Das Angebot vom 08. Juli 2013 mit einer anderweitigen zumutbaren Verwendung iSd. § 2 Ziff. 3 TV SozSich ist nicht wegen einer Zusage des Arbeitgebers, die Entlassungsbescheinigung zu erteilen, unbeachtlich.

183

Soweit der zuständige Mitarbeiter des RIF-Teams mit E-Mail vom 21. Juni 2013 ausführte, der Ausstellung einer Entlassungsbescheinigung stehe nichts im Weg, ist dies lediglich eine Auskunft über die derzeitige Lage. Es handelt sich weder um eine Zusicherung, die Entlassungsbescheinigung zu erteilen noch um eine Zusicherung, dem Kläger keine freien Stellen mehr anzubieten.

184

4. Das Angebot ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz unbeachtlich. Der Kläger beruft sich ohne Erfolg darauf, dass grundsätzlich keine Weiterbeschäftigungsangebote außerhalb des Einzugsbereichs unterbreitet würden, dies sei hier nur deshalb geschehen, weil er sich zuvor ausdrücklich bereit erklärt habe, auch in W. zu arbeiten.

185

Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist seiner Struktur nach Anspruchsgrundlage, aber auch Rechtsausübungsschranke. Er kann auf alle Arten von Maßnahmen und Entscheidungen des Arbeitgebers erstreckt werden. Entscheidend ist, ob diese einen kollektiven Charakter haben. Er verbietet die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe und eine sachfremde Gruppenbildung (Erfurter Kommentar/Preis, 15. Aufl., § 611 BGB Rn. 575).

186

Unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob der Kläger zunächst seine Bereitschaft zur Annahme von Stellen außerhalb des Einzugsbereichs erklärt hatte, hat er jedenfalls mit E-Mail seines Prozessbevollmächtigten vom 13. Juni 2013 darauf hingewiesen, dass er lieber einen Arbeitsplatz in örtlicher Nähe suche.

187

Selbst wenn bei fehlender Bereitschaft eines Arbeitnehmers der Arbeitgeber in der Regel nicht explizit nach einer zumutbaren Verwendung außerhalb des Einzugsbereich für den Arbeitnehmer suchen sollte, bedeutet dies nicht, dass bei Vorhandensein einer solchen Stelle diese nicht allen nach der Lohngruppe in Frage kommenden Arbeitnehmern angeboten werden kann. Der Arbeitgeber hat sich hier nicht durch eine gleichförmige Handhabung gegenüber den Arbeitnehmern in dem Sinne gebunden, dass bei einer fehlenden Bereitschaft des Arbeitnehmers, ein Angebot außerhalb des Einzugsbereichs des Beschäftigungsorts anzunehmen, kein Angebot im Sinne des TV SozSich gemacht wird.

188

Der Tarifvertrag sieht gerade vor, dass eine freie Stelle außerhalb des Beschäftigungsorts zumutbar ist. Dass solche Angebote tatsächlich unterbreitet werden, ergibt sich auch aus den von der Beklagten vorgelegten Urteilen.

189

Das Angebot einer freien Stelle unterliegt nicht einer sozialen Rechtfertigung in dem Sinne, dass die Auswahl des Arbeitnehmers nach bestimmten Kriterien zu überprüfen wäre. Das Angebot im Sinne des TV SozSich ist keine belastende Maßnahme, sondern entspricht dem Ziel, den Arbeitnehmer wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern. Es war daher nicht vorrangig anderen Arbeitnehmer ein Angebot zu machen. Es kommt auch nicht darauf an, ob den Kollegen des Klägers ebenfalls ein Angebot gemacht wurde und ob sie Überbrückungsbeihilfe erhalten.

190

5. Schließlich ist das Angebot auch nicht unbeachtlich, weil der Arbeitgeber nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen wäre, auf das Ablehnungsschreiben des Klägers zu reagieren und Einsatzmöglichkeiten mit diesem abzuklären.

191

Das Angebotsschreiben zeigt klar und unmissverständlich den strengen Maßstab für eine Ablehnung des Angebots durch den Arbeitnehmer auf.

192

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

193

IV. Die Revision wurde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

194

Dunker                                           Heiser                                          Eigelsbach

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Okt. 2014 - 8 Sa 369/14

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. Okt. 2014 - 8 Sa 369/14

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Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 27. Feb. 2014 - 6 AZR 988/11

bei uns veröffentlicht am 27.02.2014

Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 5. August 2011 - 18 Sa 437/09 - teilweise aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 06. Okt. 2011 - 6 AZN 815/11

bei uns veröffentlicht am 06.10.2011

Tenor 1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 28. April 2011 - 16 Sa 854/10 - wird zurückgewies

Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. März 2011 - 4 AZR 300/09

bei uns veröffentlicht am 23.03.2011

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 18. März 2009 - 3 Sa 424/08 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 25. Aug. 2010 - 10 AZR 146/09

bei uns veröffentlicht am 25.08.2010

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 8. Januar 2009 - 11 Sa 1131/08 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 5. August 2011 - 18 Sa 437/09 - teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 5. Februar 2009 - 3 Ca 2168/08 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Gehalt in Höhe von insgesamt 25.062,67 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus 1.180,00 Euro ab 1. April 2008,

aus weiteren 1.180,00 Euro ab 1. Mai 2008,

aus weiteren 1.180,00 Euro ab 31. Mai 2008,

aus weiteren 1.710,00 Euro ab 1. Juli 2008,

aus weiteren 1.418,97 Euro ab 1. August 2008,

aus weiteren 333,77 Euro ab 30. August 2008,

aus weiteren 1.180,00 Euro ab 31. August 2008,

aus weiteren 1.458,23 Euro ab 1. Oktober 2008,

aus weiteren 1.458,23 Euro ab 1. November 2008,

aus weiteren 278,23 Euro ab 29. November 2008,

aus weiteren 645,00 Euro ab 30. November 2008,

aus weiteren 923,23 Euro ab 1. Januar 2009,

aus weiteren 479,19 Euro ab 31. Januar 2009,

aus weiteren 85,62 Euro ab 28. Februar 2009,

aus weiteren 322,50 Euro ab 1. März 2009,

aus weiteren 467,00 Euro ab 1. April 2009,

aus weiteren 445,43 Euro ab 1. Mai 2009,

aus weiteren 56,01 Euro ab 30. Mai 2009,

aus weiteren 322,50 Euro ab 31. Mai 2009,

aus weiteren 352,16 Euro ab 1. Juli 2009,

aus weiteren 389,46 Euro ab 1. August 2009,

aus weiteren 408,12 Euro ab 1. September 2009,

aus weiteren 426,78 Euro ab 1. Oktober 2009,

aus weiteren 467,00 Euro ab 31. Oktober 2009,

aus weiteren 389,46 Euro ab 1. Dezember 2009,

aus weiteren 396,52 Euro ab 1. Januar 2010,

aus weiteren 122,93 Euro ab 30. Januar 2010,

aus weiteren 645,00 Euro ab 31. Januar 2010,

aus weiteren 48,31 Euro ab 27. Februar 2010,

aus weiteren 645,00 Euro ab 1. März 2010,

aus weiteren 778,85 Euro ab 1. April 2010,

aus weiteren 790,13 Euro ab 1. Mai 2010,

aus weiteren 816,23 Euro ab 1. Juni 2010,

aus weiteren 767,93 Euro ab 1. Juli 2010,

aus weiteren 467,63 Euro ab 31. Juli 2010,

aus weiteren 467,63 Euro ab 1. September 2010,

aus weiteren 467,63 Euro ab 1. Oktober 2010,

aus weiteren 55,68 Euro ab 30. Oktober 2010,

aus weiteren 322,50 Euro ab 31. Oktober 2010,

aus weiteren 335,82 Euro ab 1. Dezember 2010,

aus weiteren 322,50 Euro ab 1. Januar 2011

sowie aus weiteren 55,49 Euro ab 1. Februar 2011,

zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin über den 31. März 2010 hinaus nach der Entgeltgruppe Ä 2 Stufe 5 TV-Ärzte-KF zu vergüten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Im Übrigen werden die Berufung und die Revision zurückgewiesen.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung einer Ärztin nach ihrer Überleitung in den Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte - Kirchliche Fassung (TV-Ärzte-KF) und sich daraus ergebende Entgeltdifferenzen.

2

Die 1955 geborene Klägerin war vom 6. November 1989 bis zum 31. Dezember 2010 bei dem beklagten Krankenhaus als Assistenzärztin beschäftigt. Aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme fanden die jeweils geltenden Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags in kirchlicher Fassung (BAT-KF) Anwendung. Die Klägerin war zunächst in der Vergütungsgruppe II Fallgruppe 1 BAT-KF eingruppiert. Zum 1. November 1994 wurde sie entsprechend Ziff. 3.1 des bis zum 30. Juni 2007 geltenden Allgemeinen Vergütungsgruppenplans zum BAT-KF (AVGP.BAT-KF) in die Vergütungsgruppe Ib Fallgruppe 3 BAT-KF höhergruppiert. Fachärzte mit entsprechender Tätigkeit waren nach dem AVGP.BAT-KF originär in die Vergütungsgruppe Ib Fallgruppe 4 eingruppiert. Die Klägerin absolvierte bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Ausbildung zur Fachärztin.

3

Mit Beschluss der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission vom 22. Oktober 2007 wurde der BAT-KF rückwirkend zum 1. Juli 2007 neu gefasst und in der Fassung der redaktionellen Überarbeitung vom 21. November 2007 (BAT-KF nF) im Kirchlichen Amtsblatt der Evangelischen Kirche von Westfalen vom 14. Dezember 2007 bekannt gemacht. Die Arbeitsverhältnisse der Ärztinnen und Ärzte in den kirchlichen Krankenhäusern richten sich nach dem Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte - Kirchliche Fassung (TV-Ärzte-KF) als Anlage 6 zum BAT-KF nF. Die Überleitung in diesen Tarifvertrag erfolgte nach Maßgabe des Tarifvertrags zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte in den TV-Ärzte-KF (TVÜ-Ärzte-KF) als Anlage 7 zum BAT-KF nF.

4

Der TVÜ-Ärzte-KF lautet auszugsweise wie folgt:

        

§ 3   

        

Eingruppierung

        

(1)     

Die Ärzte werden derjenigen Stufe der Entgeltgruppe (§ 11 TV-Ärzte) zugeordnet, die sie erreicht hätten, wenn die Entgelttabelle für Ärztinnen und Ärzte bereits seit Beginn ihrer Zugehörigkeit zu der für sie maßgebenden Entgeltgruppe gegolten hätte. Dabei werden Ärzte der Vergütungsgruppe II in die Entgeltgruppe 1 und Ärzte der Vergütungsgruppe Ib BAT-KF in die Entgeltgruppe 2 eingruppiert. Ärzte der Vergütungsgruppe Ia BAT-KF werden in die Entgeltgruppe 3 eingruppiert, es sei denn, sie sind überwiegend in Assistenzarzt-/Stationsarztfunktion tätig; als Assistenzarzt/Stationsarzt gelten Ärzte nicht, die mehrmals monatlich im fachärztlichen Hintergrunddienst Aufsicht führend eingesetzt oder mit der fachlichen Beaufsichtigung anderer Ärzte beauftragt sind. ...

        

(2)     

Für die Stufenfindung bei der Überleitung zählen die Zeiten im jetzigen Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber. Für die Berücksichtigung von Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit bei der Stufenfindung gilt § 15 Abs. 2 TV-Ärzte-KF.“

5

In § 4 TVÜ-Ärzte-KF finden sich besitzstandssichernde Regelungen zur Berechnung eines Vergleichsentgelts. Ist das Vergleichsentgelt höher als das nach der Überleitung maßgebende Tabellenentgelt, wird das Vergleichsentgelt so lange gezahlt, bis das Tabellenentgelt das Vergleichsentgelt erreicht.

6

Der TV-Ärzte-KF regelt in der bis zum 31. März 2010 geltenden Fassung im Abschnitt III „Eingruppierung, Entgelt und sonstige Leistungen“ ua.:

        

§ 11 

        

Eingruppierung

        

Ärzte sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit wie folgt eingruppiert:

        

Entgeltgruppe

Bezeichnung

        

Ä 1     

Ärztin/Arzt mit entsprechender Tätigkeit

        

Ä 2     

Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit

        

Ä 3     

Oberärztin/Oberarzt

        

...     

…       

        

§ 14   

        

Tabellenentgelt

        

(1) Die Ärztin/Der Arzt erhält monatlich ein Tabellenentgelt. Die Höhe bestimmt sich nach der Entgeltgruppe, in die sie/er eingruppiert ist, und nach der für ihn geltenden Stufe.

        

(2) Ärzte, erhalten Entgelt nach den Anlagen A 1 und A 2.

        

…       

        

§ 15   

        

Stufen der Entgelttabelle

        

(1) Die Entgeltgruppe Ä 1 und Ä 2 umfasst fünf Stufen; die Entgeltgruppen Ä 3 bis Ä 4 umfassen drei Stufen. Die Ärzte erreichen die jeweils nächste Stufe nach den Zeiten ärztlicher (Ä 1), fachärztlicher (Ä 2), oberärztlicher (Ä 3) Tätigkeit ..., die in den Tabellen (Anlagen A 1 und A 2) angegeben sind.

        

(2) Für die Anrechnung von Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit gilt Folgendes: Bei der Stufenzuordnung werden Zeiten mit einschlägiger Berufserfahrung als förderliche Zeiten berücksichtigt, das gilt insbesondere für die Tätigkeit als Arzt im Praktikum. Zeiten von sonstiger Berufserfahrung aus nichtärztlicher Tätigkeit können berücksichtigt werden.

        

...“   

7

Nach der Entgelttabelle der Anlage A 1 zum TV-Ärzte-KF vollzieht sich der Stufenaufstieg in der Entgeltgruppe Ä 2 in fünf Stufen, wobei die Stufe 5 bei einer Tätigkeit ab dem 11. Jahr erreicht wird.

8

Die Beklagte leitete die Klägerin entsprechend § 3 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF mit Wirkung ab dem 1. Juli 2007 in die Entgeltgruppe Ä 2 über. In den Monaten Juli 2007 bis einschließlich Februar 2008 vergütete sie die Klägerin nach Stufe 5 der Entgeltgruppe Ä 2. Für ihre Vollzeittätigkeit im Monat Juli 2007 bezog die Klägerin entsprechend § 14 Abs. 2 TV-Ärzte-KF iVm. dessen Anlage A 1 eine Vergütung in Höhe von 5.900,00 Euro brutto als Tabellenentgelt. Von August 2007 bis einschließlich Dezember 2007 war sie in Teilzeit tätig (21 Stunden/Woche). Hierfür bezog sie eine monatliche Vergütung in Höhe von 2.950,00 Euro brutto. Ab 10. Januar 2008 war die Klägerin wieder in Vollzeit beschäftigt. Nach einer ab 1. Januar 2008 geltenden Entgelterhöhung leistete die Beklagte nunmehr 6.070,00 Euro brutto als monatliches Tabellenentgelt. Damit erhöhte sich der für die Vergütung von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft maßgebliche Stundensatz auf 33,24 Euro brutto.

9

In der Zeit von März 2008 bis einschließlich Oktober 2008 vergütete die Beklagte die Klägerin nur noch nach Stufe 1 der Entgeltgruppe Ä 2 in Höhe eines Tabellenentgelts von 4.890,00 Euro brutto. Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 28. April 2008 die Fortführung der Vergütung nach Stufe 5 der Entgeltgruppe Ä 2 verlangt hatte, teilte die Beklagte mit, dass die Vergütung nach Stufe 5 irrtümlicherweise erfolgt sei. Bei der Stufenfestsetzung müsse entsprechend § 15 Abs. 1 TV-Ärzte-KF berücksichtigt werden, ob die Vorbeschäftigung mit oder ohne Facharztabschluss erfolgt sei. Daher sei für Ärzte ohne Facharzttätigkeit ungeachtet einer langjährigen Vorbeschäftigung stets die Stufe 1 der Entgeltgruppe Ä 2 einschlägig. Die irrtümlich von Juli 2007 bis Februar 2008 überzahlten Beträge seien daher zurückzufordern.

10

Diesen angenommenen Rückforderungsanspruch realisierte die Beklagte dadurch, dass sie ab März 2008 die Differenz zwischen dem Tabellenentgelt der Stufe 1 (4.890,00 Euro brutto) und dem aus ihrer Sicht seit 1. Juli 2007 nach § 4 TVÜ-Ärzte-KF geschuldeten Vergleichsentgelt in Höhe von 5.425,00 Euro brutto, dh. monatlich 535,00 Euro brutto, einbehielt. Durch diesen Einbehalt und die Reduzierung des dem Vergleichsentgelt entsprechenden Stundensatzes von 29,71 Euro brutto auf 26,78 Euro brutto für die Vergütung von Bereitschaftsdiensten und Rufbereitschaften wurden die Rückforderungsansprüche aus Sicht der Beklagten durch Verrechnung mit den Gehaltsansprüchen der Klägerin bis zum November 2008 erfüllt.

11

Ab November 2008 vergütete die Beklagte die Klägerin dann nach Stufe 1 der Entgeltgruppe Ä 2 unter Berücksichtigung des Vergleichsentgelts. Für Vollzeittätigkeit in den Monaten November und Dezember 2008 leistete sie folglich 5.425,00 Euro brutto monatlich. Im gesamten Jahr 2009 war die Klägerin in Teilzeit mit der Hälfte der regulären Arbeitszeit tätig. Folglich belief sich die monatliche Bruttovergütung auf 2.712,50 Euro brutto als hälftiges Vergleichsentgelt. Von Januar 2010 bis einschließlich Juni 2010 arbeitete die Klägerin wieder in Vollzeit. Die Beklagte bezahlte monatlich 5.425,00 Euro brutto. Von Juli bis einschließlich Dezember 2010 verringerte die Klägerin ihre Arbeitszeit wieder um die Hälfte; die Beklagte leistete monatlich wiederum 2.712,50 Euro brutto. Auch die Vergütung für Bereitschafts- und Rufbereitschaftsdienste erfolgte nach Stufe 1 der Entgeltgruppe Ä 2.

12

Mit ihrer am 18. September 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin Vergütung nach Stufe 5 der Entgeltgruppe Ä 2 verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, dass in den Regelungen des TVÜ-Ärzte-KF keine Begrenzung auf eine Vergütung nach Stufe 1 der Entgeltgruppe Ä 2 bei Nichtvorliegen der Facharztqualifikation vorgesehen sei. Maßgeblich sei allein die Zeit im jetzigen Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber (§ 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Ärzte-KF) und im Rahmen dieser Beschäftigungszeit die Fiktion des § 3 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Ärzte-KF. Ausgehend von der Vergütungsgruppe Ib Fallgruppe 3 BAT-KF sei sie fiktiv seit dem 1. November 1994 in die Entgeltgruppe Ä 2 eingruppiert gewesen. Folglich habe sie zum Zeitpunkt der Überleitung am 1. Juli 2007 nach über zwölfjähriger Tätigkeit bereits die Stufe 5 erreicht gehabt.

13

Die Beklagte sei daher für den Zeitraum von März 2008 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Nachzahlung der Differenz zwischen der Vergütung nach Stufe 5 der Entgeltgruppe Ä 2 und den geleisteten Zahlungen verpflichtet. Hinsichtlich des monatlichen Tabellenentgelts belaufe sich die Differenz auf insgesamt 20.405,00 Euro brutto. Dies umfasse einen Betrag von 9.440,00 Euro brutto für die Zeit von März bis Oktober 2008 (8 x monatliche Differenz von 1.180,00 Euro brutto) sowie 1.290,00 Euro brutto für die Monate November und Dezember 2008 (2 x 645,00 Euro brutto Differenz). Für das Jahr 2009 seien 3.870,00 Euro brutto nachzuzahlen (12 x Differenzbetrag von 322,50 Euro brutto). Der gleiche Betrag ergebe sich für die Monate Januar bis einschließlich Juni 2010 (6 x 645,00 Euro brutto Differenz). Für die Zeit von Juli bis Dezember 2010 seien schließlich 1.935,00 Euro brutto (6 x Differenzbetrag von 322,50 Euro brutto) zu bezahlen. Hinzu kämen die Differenzen bei den Vergütungen für Bereitschafts- und Rufbereitschaftsdienste in Höhe von insgesamt 4.657,67 Euro brutto. Hinsichtlich der stundengenauen Berechnung der monatlichen Beträge wird auf den im Berufungsverfahren vorgelegten Schriftsatz vom 11. Juli 2011 verwiesen. Insgesamt belaufe sich die Klageforderung daher auf 25.062,67 Euro brutto zuzüglich Zinsen bezüglich der monatlichen Differenzbeträge ab dem jeweils letzten Tag eines Kalendermonats.

14

Zudem sei der begehrte Vergütungsanspruch festzustellen. Das Arbeitsverhältnis sei zwar zwischenzeitlich beendet. Es habe aber noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses eine nicht berücksichtigte Tariferhöhung gegeben, über die sie nicht informiert worden sei. Dies begründe das erforderliche Feststellungsinteresse.

15

Die Klägerin hat dementsprechend zuletzt beantragt:

        

1.    

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Gehalt in Höhe von insgesamt 25.062,67 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins in im Einzelnen genannter, gestaffelter Höhe zu bezahlen.

        

2.    

Es wird festgestellt, dass die Klägerin gegen die Beklagte Anspruch hat auf das tarifliche Gehalt gemäß Tarifgruppe TV-Ärzte-KF, Ä 2, Stufe 5.

16

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass nach der für die Stufenzuordnung maßgeblichen Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Ärzte-KF der von der Überleitung betroffene Arzt so gestellt werde, als wenn der TV-Ärzte-KF schon vorher gegolten hätte. Demnach sei für die Entgeltgruppe Ä 2 grundsätzlich der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem die Berechtigung zur Führung der Bezeichnung „Facharzt“ erworben und auch eine entsprechende Tätigkeit ausgeführt worden sei. § 15 Abs. 1 TV-Ärzte-KF verlange für die Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä 2 die fachärztliche Tätigkeit. Ärzte ohne Facharztqualifikation hätten eigentlich nicht in die Entgeltgruppe Ä 2 eingruppiert werden können. Diese Eingruppierung sei nur aufgrund der Ausnahmevorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF erfolgt. Als Ausnahmeregelung sei diese Vorschrift aber eng auszulegen. Dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF lasse sich nicht entnehmen, dass mit der ausnahmsweisen Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 2 auch die Folge eintreten solle, dass der Nichtfacharzt gleich einem Facharzt bei der Stufenfindung zu behandeln sei. § 3 Abs. 1 TVÜ-Ärzte-KF bezwecke nicht, dass ein Arzt ohne Facharztqualifikation im Wege der Überleitung einen Facharzt, der vor der Überleitung bereits Facharzt in der ersten Vergütungsstufe war, sogar „überspringen“ könnte.

17

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageziele weiter.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision ist hinsichtlich des Zahlungsantrags bis auf Teile des Zinsanspruchs begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts war die Klägerin bei ihrer Überleitung in den TV-Ärzte-KF gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Ärzte-KF der Stufe 5 der Entgeltgruppe Ä 2 zuzuordnen. Daraus folgen die Ansprüche der Klägerin auf Zahlung der Differenzvergütung und Feststellung der entsprechenden Vergütungspflicht der Beklagten. Die begehrte Feststellung kann allerdings nur für die Zeit ab dem 1. April 2010 getroffen werden, da der Leistungsantrag die vorher entstandenen Ansprüche vollständig umfasst.

19

I. Die Klägerin hat gemäß § 611 Abs. 1 BGB iVm. den arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Vergütungsregelungen des BAT-KF nF einen Anspruch auf Vergütung nach Stufe 5 der Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte-KF ab dem 1. Juli 2007. Aufgrund der durch § 3 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Ärzte-KF angeordneten Fiktion war die Klägerin bei ihrer gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF in die Entgeltgruppe Ä 2 erfolgten Überleitung hinsichtlich der Stufenzuordnung so zu behandeln, als sei sie seit ihrer Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe Ib BAT-KF, also seit dem 1. November 1994, in die Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte-KF eingruppiert gewesen. Folglich hatte die Beklagte keinen Rückforderungsanspruch wegen Überzahlungen im Zeitraum von Juli 2007 bis Februar 2008, der in den Folgemonaten zur Aufrechnung hätte gebracht werden können. Die Höhe des Anspruchs der Klägerin auf Zahlung der streitgegenständlichen Differenzvergütung ist sowohl hinsichtlich des Tabellenentgelts als auch der Vergütung für Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaften unstreitig. Der Anspruch ist nicht gemäß § 33 Abs. 1 TV-Ärzte-KF verfallen.

20

1. Die Regelungen des BAT-KF fanden unstreitig aufgrund vertraglicher Inbezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung. Damit galten ab 1. Juli 2007 auch die Regelungen des TV-Ärzte-KF und des TVÜ-Ärzte-KF als Anlagen zum BAT-KF nF (vgl. BAG 29. Juni 2011 - 5 AZR 163/10 - Rn. 22).

21

2. Der BAT-KF ist eine im sog. Dritten Weg beschlossene kirchliche Arbeitsrechtsregelung (BAG 29. Juni 2011 - 5 AZR 163/10 - Rn. 21). Die Auslegung einer derartigen Regelung erfolgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nach den gleichen Grundsätzen, wie sie für die Tarifauslegung maßgeblich sind. Danach ist vom Wortlaut der Regelungen auszugehen und dabei deren maßgeblicher Sinn zu erforschen, ohne am Wortlaut zu haften. Der wirkliche Wille der Normgeber und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Bestimmungen ist mit zu berücksichtigen, soweit sie in den Regelungen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den systematischen Zusammenhang ist abzustellen (BAG 21. November 2013 - 6 AZR 664/12 - Rn. 28; 17. Juli 2008 - 6 AZR 635/07 - Rn. 9 zu den AVR Caritasverband).

22

3. Die Stufenzuordnung der Klägerin anlässlich ihrer Überleitung in den TV-Ärzte-KF zum 1. Juli 2007 war nach § 3 TVÜ-Ärzte-KF vorzunehmen. Nach dessen Wortlaut und unter Berücksichtigung seines systematischen Zusammenhangs war die Klägerin der Stufe 5 der Entgeltgruppe Ä 2 zuzuordnen.

23

a) § 3 TVÜ-Ärzte-KF regelt die Stufenzuordnung der in den TV-Ärzte-KF übergeleiteten Ärzte im Wechselspiel von Regel und Ausnahme. Den Grundsatz legt § 3 Abs. 1 TVÜ-Ärzte-KF fest. Danach werden die Ärzte derjenigen Stufe zugeordnet, die sie erreicht hätten, wenn die Entgelttabelle für Ärztinnen und Ärzte bereits seit Beginn ihrer Zugehörigkeit zu der für sie maßgebenden Entgeltgruppe gegolten hätte. Davon macht § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Ärzte-KF eine Ausnahme. Für die Stufenfindung bei der Überleitung zählen danach an sich nur die Zeiten im jetzigen Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber. § 3 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF trifft jedoch für Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit über den Verweis auf § 15 Abs. 2 TV-Ärzte-KF eine Unterausnahme(vgl. BAG 24. März 2011 - 6 AZR 851/09 - Rn. 19).

24

b) Die Frage der Berücksichtigung einer Vorzeit gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF stellt sich im vorliegenden Fall nicht. Die Klägerin beruft sich nur auf den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Ärzte-KF. Die Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF und die darin enthaltene Verweisung auf § 15 Abs. 2 TV-Ärzte-KF kommt somit nicht zum Tragen.

25

c) Die Stufenzuordnung vollzieht sich bei dieser Konstellation nach § 3 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 3 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Ärzte-KF. Sie wird „dabei“ mit der Eingruppierung nach § 3 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF verknüpft. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF werden auch Ärzte, die wie die Klägerin keine Facharztausbildung haben, gleichwohl aber im Wege des Fallgruppenaufstiegs in die Vergütungsgruppe Ib BAT-KF aufgestiegen waren, abweichend von § 11 TV-Ärzte-KF in die Entgeltgruppe Ä 2 und nicht in die Entgeltgruppe Ä 1 übergeleitet. Diese Überleitung hinsichtlich der Eingruppierung ist maßgeblich für die Fiktion nach § 3 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Ärzte-KF bezüglich der Stufenzuordnung. Die Stufenzuordnung ist insoweit mit der Eingruppierung verbunden. Konsequenz der Eingruppierung ist die Anrechnung der im aktuellen Arbeitsverhältnis in der Vergütungsgruppe Ib BAT-KF verbrachten Zeit bei der Stufenzuordnung im neuen Entgeltsystem. Der Klammerzusatz „§ 11 TV-Ärzte-KF“ in § 3 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Ärzte-KF stellt dabei nur den Bezug zur Entgeltordnung des TV-Ärzte-KF her. Die Spezialregelung zur Überleitung von Ärzten der Vergütungsgruppe II und Ib BAT-KF in § 3 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF wird hierdurch nicht berührt.

26

d) Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, wonach die Anforderungen des § 15 Abs. 1 Satz 2 TV-Ärzte-KF hinsichtlich der ärztlichen Tätigkeit auch bei der Stufenzuordnung im Rahmen der Überleitung berücksichtigt werden müssen, findet keinen Niederschlag in § 3 TVÜ-Ärzte-KF. Wie dargelegt, bestimmen § 3 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF sowohl Eingruppierung als auch Stufenzuordnung anhand der bisherigen Eingruppierung. Die Qualifikation als Facharzt spielt dabei keine Rolle, da die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Ib BAT-KF gerade ohne den Erwerb dieser Qualifikation im Wege des Fallgruppenaufstiegs erreicht werden konnte. Die Überleitungsregelungen des TVÜ-Ärzte-KF setzen diese begrenzte Gleichstellung von Fachärzten und Ärzten ohne Facharzttitel fort.

27

Die Anwendung von § 15 Abs. 1 TV-Ärzte-KF bei der Überleitung kann auch nicht daraus geschlossen werden, dass § 3 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF bezüglich der Berücksichtigung von Vorzeiten die Geltung von § 15 Abs. 2 TV-Ärzte-KF und nicht nur die „entsprechende Anwendung“ vorsieht. Bei dem TVÜ-Ärzte-KF und dem TV-Ärzte-KF handelt es sich um eigenständige Regelungskomplexe, welche als Anlagen zum BAT-KF nF nebeneinander stehen. Der TV-Ärzte-KF enthält keine Überleitungsregelungen, diese wurden gesondert im TVÜ-Ärzte-KF vorgenommen. Da sich § 15 TV-Ärzte-KF nicht mit dem Überleitungsrecht befasst, kommt seine „direkte Anwendung“ für die Stufenzuordnung bei der Überleitung nicht in Betracht. Wegen dieser Trennung der Regelungsmaterien ist die Anordnung der gewünschten Geltung von § 15 Abs. 2 TV-Ärzte-KF im Überleitungsrecht durch § 3 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF erforderlich. Die Geltung von § 15 Abs. 1 TV-Ärzte-KF ist demgegenüber nicht bestimmt.

28

e) Dieses Verständnis von § 3 TVÜ-Ärzte-KF steht nicht im Widerspruch zur grundsätzlichen Differenzierung der Vergütung von Ärzten, Fachärzten, Oberärzten und Vertretern von Chefärzten in § 11 TV-Ärzte-KF. Durch § 3 TVÜ-Ärzte-KF werden nicht sämtliche Entgeltunterschiede beseitigt. So sind nur solche Assistenzärzte, die am Stichtag länger als 5 Jahre beschäftigt und damit bereits in die Vergütungsgruppe Ib BAT-KF aufgestiegen sind, in die Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte-KF überzuleiten. Bei den kürzer beschäftigten Assistenzärzten erfolgt nur eine Überleitung in die Entgeltgruppe Ä 1. Die Fachärzte, welche die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-Ärzte-KF erfüllen, sind sofort in die Entgeltgruppe Ä 3 überzuleiten. Alle nach dem 1. Juli 2007 eingestellten Ärzte unterliegen der Entgeltordnung des TV-Ärzte-KF uneingeschränkt, dh. sie müssen für eine Vergütung nach Entgeltgruppe Ä 2 eine Facharztausbildung vorweisen können.

29

f) Soweit die Beklagte auf Mehrkosten, die durch die vorstehende Auslegung des § 3 Abs. 1 TVÜ-Ärzte-KF für sie entstehen, hinweist, vermag diese rein wirtschaftliche Betrachtungsweise § 3 TVÜ-Ärzte-KF keinen anderen Bedeutungsinhalt zu geben(BAG 24. März 2011 - 6 AZR 851/09 - Rn. 30).

30

4. Die Beklagte war daher seit 1. Juli 2007 zur Vergütung der Klägerin nach Stufe 5 der Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte-KF verpflichtet. Die Voraussetzung einer Tätigkeit in der Entgeltgruppe Ä 2 ab dem 11. Jahr  14 Abs. 2 iVm. Anlage A 1 TV-Ärzte-KF) hat die Klägerin angesichts einer fiktiven Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 2 ab dem 1. November 1994 (Zeitpunkt der Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe Ib BAT-KF) im Moment der Überleitung unstreitig erfüllt.

31

5. Der Höhe nach sind die eingeklagten Differenzbeträge unstreitig.

32

a) Hinsichtlich des monatlichen Tabellenentgelts besteht für den streitgegenständlichen Zeitraum eine Differenz von insgesamt 20.405,00 Euro brutto. Das monatliche Tabellenentgelt in Stufe 5 beläuft sich auf 5.900,00 Euro brutto für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2007. Nach der Anlage A 2 zum TV-Ärzte-KF stieg die Vergütung ab dem 1. Januar 2008 auf 6.075,00 Euro brutto. Die Beklagte ging allerdings von nur 6.070,00 Euro brutto aus. Die Klägerin hat diesen Wert ihren Differenzberechnungen zu Grunde gelegt. Hieran ist der Senat gebunden (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Hiervon ausgehend hat die Klägerin im Schriftsatz vom 11. Juli 2011 rechnerisch nachvollziehbar und bei Berücksichtigung ihrer zeitweisen Teilzeittätigkeit die Differenz zwischen dem geschuldeten Tabellenentgelt und den geleisteten Zahlungen dargelegt. Die Beklagte ist dem nicht entgegengetreten. Die dem klägerischen Vortrag zu Grunde liegenden Tatsachen sind als zugestanden anzusehen (§ 138 Abs. 3 ZPO).

33

b) Für Bereitschafts- und Rufbereitschaftsdienste ergibt sich nach den Berechnungen der Klägerin ein Nachforderungsbetrag von 4.657,67 Euro brutto. Zwischen den Parteien besteht auch über diese Differenz kein Streit. Die Beklagte legt ihren Differenzberechnungen dieselbe Berechnungsweise wie die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 11. Juli 2011 zu Grunde (vgl. Anlagen B 4 und B 5 zum Schriftsatz vom 20. Oktober 2008). Demnach ist Bereitschaftsdienst zu 95 % und Rufbereitschaft zu 35 % zu vergüten. Dies ergibt sich auch aus den vorgelegten Gehaltsabrechnungen. Die Stundenvergütung in Stufe 5 beläuft sich ab 1. Januar 2008 unstreitig auf 33,24 Euro brutto. Bezahlt wurde auf Basis von 26,78 Euro brutto bzw. 29,71 Euro brutto. Die behauptete Anzahl geleisteter Stunden hat die Beklagte nicht bestritten.

34

6. Hinsichtlich der nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 247 BGB begehrten Verzugszinsen ist die Klage jedoch teilweise unbegründet. Der Beginn des Zinslaufs ist überwiegend fehlerhaft berechnet.

35

a) Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 TV-Ärzte-KF erfolgt die Zahlung des Tabellenentgelts und der sonstigen Entgeltbestandteile am letzten Tag des Monats(Zahltag) für den laufenden Kalendermonat. Fällt der Zahltag auf einen Samstag oder einen Wochenfeiertag, gilt der vorhergehende Werktag, fällt er auf einen Sonntag, gilt der zweite vorhergehende Werktag als Zahltag (§ 23 Abs. 1 Satz 3 TV-Ärzte-KF). Entgeltbestandteile, die nicht in Monatsbeträgen festgelegt sind, sowie der Tagesdurchschnitt nach § 20 TV-Ärzte-KF sind aber erst am Zahltag des zweiten Kalendermonats, der auf ihre Entstehung folgt, fällig(§ 23 Abs. 1 Satz 4 TV-Ärzte-KF). Sind solche sog. unständigen Entgeltbestandteile beispielsweise im Mai entstanden, sind sie am 31. Juli fällig (vgl. zu § 24 Abs. 1 TV-L Budrus in Bepler/Böhle/Meerkamp/Stöhr TV-L Stand Mai 2009 Bd. I § 24 Rn. 6). Dementsprechend ist bezüglich der Fälligkeit der Zahlungen zwischen dem Tabellenentgelt und unständigen Entgeltbestandteilen zu unterscheiden. Nicht in Monatsbeträgen festgelegt sind ua. die Entgelte für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft (vgl. zu § 24 Abs. 1 TV-L Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand Dezember 2006 Teil B 1 § 24 Rn. 21). Diese Entgeltbestandteile variieren ggf. von Monat zu Monat und bedürfen einer individuellen Berechnung, welche eine Zahlung bereits zum letzten Tag des laufenden Monats verhindert.

36

b) Hiervon abweichend hat die Klägerin die sich für die einzelnen Monate ergebenden Nachforderungen für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft dem Monat der Leistung der Dienste zugeschlagen, indem sie die monatliche Differenz bezüglich des Tabellenentgelts zu der Differenz bezüglich der Vergütung für diese Dienste in diesem Monat addiert hat. Sie verlangt die Verzinsung dabei „einheitlich“ ab dem Letzten des jeweiligen Kalendermonats. Damit berücksichtigt die Klägerin nicht durchgängig, dass der Anspruch auf Verzugszinsen gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB frühestens ab dem Folgetag nach der Fälligkeit entstehen kann(vgl. BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 595/12 - Rn. 10; 21. Januar 2011 - 9 AZR 870/09 - Rn. 28; zu Prozesszinsen nach § 291 BGB vgl. BAG 15. September 2009 - 9 AZR 645/08 - Rn. 60).

37

c) Folglich ist die Zinsforderung dahin gehend zu korrigieren, dass die monatlichen Differenzbeträge für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft jeweils erst beim zweiten Kalendermonat, der auf ihre Entstehung folgt, zu berücksichtigen sind. Dadurch ergeben sich von der Klage abweichende monatsbezogene Differenzbeträge. Hinsichtlich des Beginns des Zinslaufs ist die differenzierende tarifliche Vorgabe zur Fälligkeit zu berücksichtigen. Soweit die Klage den Zinsanspruch bezogen auf das Tabellenentgelt erst ab einem späteren Tag erhoben hat, zB ab dem 31. August 2008, obwohl der Anspruch ab dem 30. August 2008 bestünde, sind die Zinsen gemäß § 308 Abs. 1 ZPO erst ab dem späteren Termin zuzusprechen. Diese Problematik stellt sich allerdings nicht hinsichtlich der Differenzbeträge für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft, denn insoweit wurden die Zinsen ohnehin bezogen auf den zwei Monate früher angenommenen Zeitpunkt der Fälligkeit verlangt. Es kann mangels Vorliegen eines Schaltjahres auch keine Verurteilung zur Zahlung von Zinsen ab dem 29. Februar 2009 oder 2010 erfolgen. Die Zahlungspflicht besteht dann jeweils ab dem 1. März.

38

7. Die Ansprüche der Klägerin sind nicht wegen Versäumung der Ausschlussfrist des § 33 Abs. 1 TV-Ärzte-KF verfallen.

39

a) Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von den Ärzten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus (§ 33 Abs. 1 Satz 2 TV-Ärzte-KF). Derselbe Sachverhalt liegt vor, wenn bei unveränderter rechtlicher oder tatsächlicher Lage aus einem bestimmten Tatbestand Ansprüche herzuleiten sind (zu § 37 Abs. 1 TV-L vgl. BAG 22. Mai 2012 - 9 AZR 423/10 - Rn. 39; zu § 70 Abs. 2 BAT-O vgl. BAG 20. April 2011 - 4 AZR 368/09 - Rn. 56; zu § 70 Satz 2 BAT-KF vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 28, BAGE 131, 215). Ansprüche auf eine dauerhafte Zulage oder aus einer bestimmten Eingruppierung sind solche Ansprüche aus einem ständig gleichen Grundtatbestand (vgl. BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 863/11 - Rn. 33). Macht ein Arbeitnehmer den Anspruch auf Vergütung nach einer bestimmten höheren Vergütungsgruppe geltend, so bedarf es keiner Geltendmachung der später fällig werdenden höheren Vergütungsbeträge (zu § 70 Abs. 2 BAT-O vgl. BAG 17. Mai 2001 - 8 AZR 366/00 - zu II 3 c der Gründe). Die jeweiligen Ansprüche für Folgemonate hängen dann mit der im Geltendmachungsschreiben angesprochenen Eingruppierung unmittelbar zusammen (zu § 70 Abs. 2 BAT-O vgl. BAG 20. April 2011 - 4 AZR 368/09 - Rn. 59). Gleiches gilt bei Verlangen einer Vergütung nach einer höheren Stufenzuordnung. Auch bei Ansprüchen aus einer bestimmten Stufenzuordnung liegt ein ständig gleicher Grundtatbestand vor.

40

b) Die Klägerin hat die begehrte Vergütung nach Stufe 5 der Entgeltgruppe Ä 2 bereits mit Schreiben vom 28. April 2008 verlangt. Die Geltendmachung erfolgte somit schon im ersten Monat nach Fälligkeit der erstmals für März 2008 zu beanspruchenden Differenzvergütung. Die für die Folgemonate geltend gemachten Ansprüche hängen sämtlich von dem allein streitigen Grundtatbestand der Stufenzuordnung ab.

41

II. Bezüglich des zu Ziff. 2 gestellten Feststellungsantrags ist die Revision teilweise begründet.

42

1. Der Antrag ist dahin gehend zu verstehen, dass entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Feststellung der Vergütungspflicht, deren Höhe sich aus der Entgeltgruppe und der hier streitigen Stufenzuordnung ergibt, festgestellt worden soll (vgl. BAG 18. April 2012 - 4 AZR 441/10 - Rn. 13; 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 15, BAGE 124, 240). Es fehlt jedoch an einer ausdrücklichen Bestimmung des Zeitraums, für den diese Feststellung begehrt wird (vgl. BAG 9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 20, BAGE 132, 365).Aus dem gesamten Vorbringen der Klägerin ergibt sich jedoch unzweifelhaft, dass der Zeitraum ab dem 1. Juli 2007 gemeint ist. Der Antrag ist somit auf die Feststellung gerichtet, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 1. Juli 2007 nach der Entgeltgruppe Ä 2 Stufe 5 TV-Ärzte-KF zu vergüten. Der so verstandene Antrag ist hinreichend bestimmt.

43

2. Der Antrag ist jedoch mangels des gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresses unzulässig, soweit er sich auf die Zeit bis zum 31. März 2010 bezieht. Insoweit steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage der Vorrang der Leistungsklage entgegen.

44

a) Eine Feststellungsklage ist trotz der Möglichkeit einer bezifferten Leistungsklage zulässig, wenn mit ihr eine sachgerechte, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Überlegungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG 15. Februar 2011 - 9 AZR 584/09 - Rn. 21; vgl. auch 8. Dezember 2011 - 6 AZR 350/10 - Rn. 12; 6. Mai 2009 - 10 AZR 313/08 - Rn. 27). Eine Verbindung einer auf Zahlung bereits entstandener Ansprüche gerichteten Leistungsklage mit einer wegen zukünftig entstehenden Ansprüchen erhobenen Feststellungsklage ist zulässig. Überschneiden sich Leistungs- und Feststellungsklage zeitlich, muss der Kläger vortragen, welches über die mit der Leistungsklage verfolgten Zahlungen hinausgehende Interesse für den Zeitraum der Überschneidung an der begehrten Feststellung besteht. Anderenfalls ist die Feststellungsklage bezüglich dieses Zeitraums unzulässig (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 12, BAGE 137, 80; Spelge in Groeger Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst 2. Aufl. Teil 8 Rn. 83; Schaub/Treber ArbR-HdB 15. Aufl. § 183 Rn. 108).

45

b) Die Klägerin hat ihre Ansprüche für den Zeitraum von März 2008 bis Dezember 2010 mit der Leistungsklage beziffert. Sie hat die Stellung des sich zeitlich überschneidenden Feststellungsantrags damit begründet, dass während des Arbeitsverhältnisses noch eine nicht berücksichtigte Entgelterhöhung erfolgt sein soll. Mangels Kenntnis habe sie diese nicht berücksichtigen können. Dieser Vortrag begründet für sich genommen das erforderliche Feststellungsinteresse nicht hinreichend, da er nicht erkennen lässt, für welche Monate die Leistungsklage die Ansprüche nicht vollumfänglich abdeckt und deshalb ein gesondertes Feststellungsinteresse bestehen kann. Dieser Zeitraum ist für den Senat jedoch aufgrund der auch im Internet erfolgten Veröffentlichung des TV-Ärzte-KF ersichtlich. Nach der Anlage A zum TV-Ärzte-KF in der vom 1. April 2010 bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung hat mit Wirkung ab dem 1. April 2010 eine Erhöhung des Tabellenentgelts stattgefunden. Demnach belief sich die Vergütung der Stufe 5 der Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte-KF ab diesem Zeitpunkt auf 6.348,38 Euro brutto. Der Leistungsantrag deckt somit die Ansprüche der Klägerin bis einschließlich 31. März 2010 vollständig ab. Mangels Feststellungsinteresse ist die Feststellungsklage insoweit unzulässig.

46

c) Bezogen auf die Zeit ab dem 1. April 2010 besteht das Feststellungsinteresse. Der von § 256 Abs. 1 ZPO verlangte Gegenwartsbezug des Rechtsverhältnisses wird dadurch hergestellt, dass die Klägerin die Erfüllung konkreter Zahlungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit gegenwärtige rechtliche Vorteile erstrebt(vgl. BAG 16. Mai 2013 - 6 AZR 680/11 - Rn. 18; 28. Juni 2012 - 6 AZR 745/10  - Rn. 13 mwN).

47

3. Im Rahmen seiner Zulässigkeit ist der Feststellungsantrag begründet. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen zu I. verwiesen.

48

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu tragen. Wirtschaftlich unterlag die Klägerin nur hinsichtlich des Beginns des Zinslaufs.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    D. Knauß    

        

    Fischermeier    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 18. März 2009 - 3 Sa 424/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung und damit verbundene Zahlungsansprüche des Klägers.

2

Der Kläger ist aufgrund eines am 2. August 1990 geschlossenen Arbeitsvertrages seit dem 1. September 1990 als angestellter Religionslehrer mit Fachhochschulabschluss im Kirchendienst (i. K.) beschäftigt.

3

Der schriftliche Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

        

㤠5

        

Dem - Der Angestellten obliegen in der Regel folgende Tätigkeiten:

        

Religionslehrer (in) i. K. mit Gemeindeauftrag.

        

Nach den vorgenannten überwiegend auszuübenden Tätigkeiten wird der Angestellte ab Dienstantritt in die Vergütungsgruppe Vb BAT eingereiht.

        

…       

        

§ 9

        

…       

        

b) Die Dienst- und Vergütungsordnung für kirchlich angestellte Religionslehrer an Volks- und Sonderschulen in den Bayerischen (Erz-)Diözesen in der jeweiligen Fassung sowie die einschlägigen Regelungen der Regional-KODA Bayern sind Bestandteil des Arbeitsvertrages, soweit in diesem keine abweichenden Regelungen getroffen sind.“

4

Gemäß § 9 Buchst. b des Arbeitsvertrages ist ua. die Dienst- und Besoldungsordnung der Erzdiözese B in der jeweiligen Fassung Bestandteil des Arbeitsvertrages. Damit ist das Arbeitsvertragsrecht der Bayerischen (Erz-)Diözesen (ABD) in Bezug genommen, dessen Eingruppierungsregelungen im hier bedeutsamen Zusammenhang nach Aufbau und Inhalt denen des BAT entsprechen. Die Parteien stellen im Rechtsstreit für den Klageanspruch auf das ABD ab. Dieses enthält ua. eine „Dienstordnung für Religionslehrer im Kirchendienst (RL i. K.) an Volksschulen und Förderschulen in den bayerischen (Erz-)Diözesen“ (DO/RL-VF) nebst einer „Vergütungsordnung“ (VO/RL-VF) und eine „Sonderregelung für Religionslehrer, die nicht unter die Dienstordnung für Religionslehrer im Kirchendienst fallen“ (DO/RL-SR) nebst einer „Vergütungsregelung“ (VR/RL-SR).

5

Ab dem 1. September 1995 erhielt der Kläger Vergütung nach VergGr. IVa ABD nach einem in § 1 Abs. 1 VO/RL-VF geregelten Bewährungsaufstieg aus der VergGr. IVb.

6

Seit dem 1. Februar 2004 wird der Kläger von der Beklagten als Religionslehrer an berufsbildenden Schulen beschäftigt. Die hierfür geltende VR/RL-SR sieht einen Bewährungsaufstieg aus der VergGr. IVa in die VergGr. III „nach 8,5 Jahren Bewährung“ vor. Seit dem 1. Oktober 2007 wird der Kläger nach VergGr. III ABD entlohnt.

7

Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 7. April 2004 bei der Beklagten die Vergütung nach VergGr. III ABD erfolglos geltend gemacht und das anschließende, im ABD vorgesehene Schlichtungsverfahren durchgeführt hatte, hat er Klage erhoben und die Auffassung vertreten, ihm stehe die nunmehr gezahlte Vergütung nach VergGr. III ABD bereits seit dem 1. März 2004 zu. Bei der Berechnung der achteinhalbjährigen Bewährungszeit seien nicht nur die Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen, die er als Religionslehrer an berufsbildenden Schulen abgeleistet habe, sondern auch die davor an Volks- und Sonderschulen absolvierten Beschäftigungszeiten. Für seine Auffassung hat er sich ua. auf Stellungnahmen berufen, die im Jahre 1998 im Rahmen einer Kontroverse innerhalb der Kommission zur Ordnung des diözesanen Arbeitsvertragsrechts für den Bereich der bayerischen Bistümer (Regional-KODA) von deren stellvertretendem Vorsitzenden W R abgegeben worden waren.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

        

1.    

Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei verpflichtet ist, der klägerischen Partei vom 1. November 2006 bis zum 30. September 2007 Grundentgelt nach der Entgeltgruppe 11 der Anlage 2 K zur Regelung zur Überleitung der Beschäftigten und des Übergangsrechts (RÜÜ) des ABD idF vom 1. Oktober 2005 zu zahlen.

        

2.    

Die beklagte Partei wird verurteilt, an die klägerische Partei den Differenzbetrag zwischen Vergütungsgruppe IVa ABD und Vergütungsgruppe III ABD bzw. Tarifgruppe 11 ABD iHv 9.461,71 Euro brutto für die Zeit vom 1. März 2004 bis zum 31. Oktober 2006 nebst 5 % Zinspunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 311,67 Euro seit dem 1. April 2004 und seit dem 1. Mai 2004, aus jeweils 314,79 Euro seit dem 1. Juni 2004, dem 1. Juli 2004, dem 1. August 2004, dem 1. September 2004 und dem 1. Oktober 2004, aus 514,79 Euro seit dem 1. November 2004, aus 314,79 Euro seit dem 1. Dezember 2004, aus jeweils 271,08 Euro seit dem 1. Januar 2005, dem 1. Februar 2005, dem 1. März 2005, dem 1. April 2005, dem 1. Mai 2005, dem 1. Juni 2005, dem 1. Juli 2005, dem 1. August 2005, dem 1. September 2005, dem 1. Oktober 2005 und dem 1. November 2005, aus 471,08 Euro seit dem 1. Dezember 2005, sowie aus jeweils 271,08 Euro seit dem jeweils ersten der Monate Januar 2006 bis November 2006, zu zahlen.

9

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass es nach der Bewährungsaufstiegsregelung in § 23a ABD auf die Bewährung innerhalb derjenigen Vergütungsgruppe ankomme, in der der Arbeitnehmer eingruppiert ist. Die Tätigkeit eines Religionslehrers an Volks- und Förderschulen sei nicht nur in einer anderen Vergütungsgruppe geregelt als die Tätigkeit eines Religionslehrers an berufsbildenden Schulen, sondern sogar in einer anderen Vergütungsordnung, so dass eine Anrechnung der Beschäftigungszeiten vor dem 1. Februar 2004 für den Kläger ausscheide.

10

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

12

I. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das in der Vergütungsordnung des ABD vorgesehene Bewährungserfordernis beziehe sich nicht allgemein auf die Tätigkeit eines Religionslehrers, unabhängig davon, an welcher Schule er unterrichte. Es werde vielmehr ausdrücklich differenziert zwischen Religionslehrern, die an Volks- und Förderschulen eingesetzt seien, und Religionslehrern nach der Sonderregelung, die an weiterführenden Schulen unterrichteten. Danach müssten die Bewährungszeiten jeweils in Tätigkeiten innerhalb der Vergütungsordnung zurückgelegt werden. Tätigkeiten, die der jeweils anderen Vergütungsordnung zuzuordnen seien, könnten dabei nicht berücksichtigt werden.

13

II. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis wie in der Begründung rechtsfehlerfrei abgewiesen.

14

1. Die Klage ist auch hinsichtlich des Feststellungsantrages zulässig. Es handelt sich um einen gebräuchlichen Eingruppierungsfeststellungsantrag. Für ihn ist das erforderliche Feststellungsinteresse auch dann gegeben, wenn der Zeitraum, für den die Feststellung des Rechtsverhältnisses begehrt wird, während des Rechtsstreits verstreicht. Die Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage geht nicht so weit, dass der Kläger einen Feststellungsantrag auf einen bezifferten Leistungsantrag umstellen muss, wenn während des Rechtsstreits eine Bezifferung möglich wird (BAG 18. März 1997 - 9 AZR 84/96 - mwN, BAGE 85, 306, 308).

15

2. Die Klage ist im Feststellungsantrag nicht begründet. Dem Kläger steht die Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 ABD nicht zu.

16

a) Für das Arbeitsverhältnis des Klägers gilt nach dem Arbeitsvertrag das ABD in seiner jeweiligen Fassung.

17

aa) Für die Eingruppierung galten vor dem 1. Oktober 2005 die Regelungen in §§ 22 ff. ABD, die weitgehend der Struktur der entsprechenden Vorschriften im BAT entsprachen. Für den Bewährungsaufstieg regelt § 23a ABD:

        

„§ 23a Bewährungsaufstieg/Zeitaufstieg/Vergütungs-gruppenzulagen

        

A. Bewährungsaufstieg/Fallgruppenbewährungsaufstieg

        

Der Angestellte, der ein in der Allgemeinen Vergütungsordnung (ABD Teil A, 3.) mit dem Hinweiszeichen * gekennzeichnetes Tätigkeitsmerkmal oder die Voraussetzungen für einen Bewährungsaufstieg gem. seiner Vergütungsordnung erfüllt, ist nach Erfüllung der vorgeschriebenen Bewährungszeit höher gruppiert.

        

Für die Erfüllung der Bewährungszeit gilt Folgendes:

        

1. Das Erfordernis der Bewährung ist erfüllt, wenn der Angestellte während der vorgeschriebenen Bewährungszeit sich den in der ihm übertragenen Tätigkeit auftretenden Anforderungen gewachsen gezeigt hat. Maßgebend hierbei ist die Tätigkeit, die der Vergütungsgruppe entspricht, in der der Angestellte eingruppiert ist.

        

2. …“ 

18

bb) Im Jahre 2004 galten insoweit für Religionslehrer im Kirchendienst zwei verschiedene Regelungen.

19

(1) Für Religionslehrer im Kirchendienst (amtl. Abkürzung: RL i. K.) an Volks- und Förderschulen war die entsprechende Dienstordnung vom 1. September 1996 (DO/RL-VF - zuletzt geändert am 15./16. Juli 2003 zum 1. September 2003) maßgebend. Der Anwendungs- bzw. Geltungsbereich dieser Dienstordnung ist in § 1 wie folgt beschrieben:

        

„(1) Religionslehrer im Sinne dieser Ordnung sind alle Personen, die im Auftrag des Diözesanbischofs als kirchliche Angestellte katholischen Religionsunterricht an Volksschulen und Förderschulen im Bereich der (Erz-)Diözesen erteilen, soweit sich die Verpflichtung zur Unterrichtstätigkeit nicht aus anderen Regelungen ergibt.

        

(2) Religionslehrer, die auch an beruflichen Schulen, Realschulen, Gymnasien, Fachoberschulen oder Waldorfschulen Religionsunterricht erteilen, fallen unter diese Ordnung, solange sie in der Regel mindestens die Hälfte der Wochenstunden gemäß § 8 Religionsunterricht an Volks- und Förderschulen erteilen. Das gilt auch, wenn die Tätigkeit eines Religionslehrers nach dieser Ordnung sowie nach der Sonderregelung zu dieser Ordnung jeweils mindestens die Hälfte des Umfangs eines Vollbeschäftigten erreicht.

        

(3) Religionslehrer nach Abs. 2, die weder im Bereich der beruflichen Schulen, Realschulen, Gymnasien, Fachoberschulen oder Waldorfschulen noch im Bereich der Volks- und Förderschulen mindestens die Hälfte des jeweiligen Wochenstundenmaßes für die Vollbeschäftigten erreichen, sind Religionslehrer im Sinne des Abs. 1.“

20

Die hierzu ergangene Vergütungsordnung (VO/RL-VF) setzt fest, dass die entsprechenden Religionslehrer während des Vorbereitungsdienstes nach VergGr. Vb vergütet werden. Nach erneuter Anstellung nach bestandener Dienstprüfung erfolgt eine Vergütung nach VergGr. IVb, aus der „bei Bewährung in dieser Vergütungsgruppe“ nach fünf Jahren ein Aufstieg in die VergGr. IVa möglich ist.

21

(2) Für Religionslehrer, die nicht vom Anwendungsbereich des § 1 DO/RL-VF erfasst sind, also insbesondere für die in § 1 Abs. 2 DO/RL-VF genannten Religionslehrer an beruflichen Schulen, Realschulen, Gymnasien und Fachoberschulen, die dort überwiegend tätig sind, gibt es eine „Sonderregelung für Religionslehrer, die nicht unter die Dienstordnung für Religionslehrer im Kirchendienst fallen“ vom 1. September 1998 (DO/RL-SR). Hier ist in § 1 ua. bestimmt:

        

„(1) Religionslehrer im Sinne dieser Sonderregelung sind alle Personen, soweit sie im Auftrag des Diözesanbischofs als kirchliche Angestellte katholischen Religionsunterricht an Schulen mit Ausnahme der Grund-, Haupt- und Förderschulen erteilen, mit Ausnahme der Personen, deren Unterrichtsverpflichtung in anderen Ordnungen geregelt ist.

        

…“    

22

Die von der DO/RL-SR erfassten Religionslehrer haben eine eigene „Vergütungsregelung“ (VR/RL-SR), die in § 1 Abs. 1 vorsieht, dass „Religionslehrer (Dipl. FH) an beruflichen Schulen ... nach Vergütungsgruppe IVa vergütet (werden), nach 8,5 Jahren Bewährung erfolgt der Aufstieg nach Vergütungsgruppe III“. Entsprechendes gilt nach den Abs. 3 und Abs. 5 derselben Vorschrift für die Religionslehrer an Realschulen und Gymnasien (insoweit bis höchstens 10. Jahrgangsstufe).

23

cc) Von Bedeutung ist ferner noch die Anlage 2 K zu ABD Teil A, 3: Regelung zur Überleitung der Beschäftigten und des Übergangsrechts (RÜÜ). Die Anlage 2 K regelt die „Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen für am 30. September/1. Oktober 2005 vorhandene Beschäftigte für die Überleitung (kirchenspezifische Berufe)“. Dabei sind zunächst die Berufsgruppen genannt, sodann ihre Vergütungsgruppe (alt) und die entsprechende Entgeltgruppe (neu). Soweit hier von Interesse, ist Folgendes geregelt:

        

Berufsgruppe

Vergütungsgruppen

Entgeltgruppe

        

Religionslehrer i. K.

IVb mit ausstehendem Aufstieg nach IVa

10    

        

mit 2. Dienstprüfung

                 
                 

IVa nach Aufstieg aus IVb

        
        

Religionslehrer

IVa mit ausstehendem Aufstieg nach III

11    

        

(Dipl. FH) an beruflichen Schulen

                 
                 

III nach Aufstieg aus IVa

        
        

Religionslehrer

IVa mit ausstehendem Aufstieg nach III

11    

        

(Dipl. FH) an Realschulen

                 
                 

III nach Aufstieg aus IVa

        
        

Religionslehrer

IVa mit ausstehendem Aufstieg nach III

11    

        

(Dipl. FH) an Gymnasien (bis höchstens 10. Jahrgangsstufe)

                 
                 

III nach Aufstieg aus IVa

        
24

b) Nach Maßgabe dieser Vorschriften war die Beklagte im Streitzeitraum nicht verpflichtet, dem Kläger Entgelt nach Entgeltgruppe 11 zu zahlen. Dies setzte nach übereinstimmender Auffassung der Parteien und der Vorinstanzen voraus, dass der Kläger vor der Tarif- bzw. ABD-Reform im Jahre 2005 in der VergGr. III eingruppiert gewesen wäre. Eine solche Eingruppierung hätte - wiederum nach zutreffender Auffassung der Parteien und der Vorinstanzen - zur Voraussetzung, dass der Kläger bereits damals die in VergGr. III der VR/RL-SR vorgesehene Bewährungszeit von 8,5 Jahren erfüllt hatte. Dies ist jedoch entgegen der Auffassung des Klägers nicht der Fall.

25

aa) Die Bewährung in der VergGr. IVa der VR/RL-SR setzt voraus, dass es sich um eine Tätigkeit nach der VergGr. IVa der VR/RL-SR handelt. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut der Eingruppierungsregelung in § 1 Abs. 1 VR/RL-SR. Dort ist für den konkreten Bewährungsaufstieg von Religionslehrern an beruflichen Schulen nicht einmal eine eigenständige Regelung getroffen worden, in der die Bewährungsvoraussetzungen noch einmal unabhängig von der Grundeingruppierung in die VergGr. IVa festgesetzt werden. Der Bewährungsaufstieg stellt sich vielmehr nach dem Wortlaut als unmittelbare Fortsetzung der Tätigkeit in der konkreten VergGr. IVa VR/RL-SR dar.

26

Dass diese Bewährungszeit auch in einer anderen Tätigkeit der VR/RL-SR erfolgen könnte (etwa als Realschul- oder Gymnasiallehrer, für die wortgleich dieselben Regelungen gelten), ergibt sich jedenfalls aus dem Wortlaut nicht. Um so weniger kann der Kläger die Anrechnung von Tätigkeitszeiten aus einer Tätigkeit geltend machen, die einer anderen Vergütungsordnung, nämlich der VO/RL-VF unterworfen sind.

27

bb) Diese Auslegung steht in Übereinstimmung mit der Systematik des ABD insgesamt und mit allgemeinen Grundsätzen des Eingruppierungsrechts.

28

(1) Das ABD bestimmt für die Bewährungszeit, dass sich der Angestellte der ihm übertragenen Tätigkeit gewachsen gezeigt hat, wobei insofern die Tätigkeit der Vergütungsgruppe entspricht, in der er eingruppiert ist (§ 23a A, 1 ABD). Anzurechnen ist demnach nur eine Beschäftigung, an die diejenigen Anforderungen gestellt werden, die der Ausgangsgruppe entsprechen, aus der ein Bewährungsaufstieg möglich ist. Insoweit ist nicht jede beliebige, in der Vergütungsordnung des ABD mit einer Wertigkeit nach VergGr. IVa verbundene Tätigkeit geeignet, die Bewährungszeit des hier fraglichen Tätigkeitsmerkmales zu erfüllen. Eine Bewährung als Religionslehrer an beruflichen Schulen ist - wie auch nach dem Wortlaut - danach nur als Religionslehrer an beruflichen Schulen und nicht als solcher an anderen Schulen festzustellen.

29

(2) Für eine weitgehende Differenzierung des Normgebers der Vergütungsordnung spricht auch, dass an mehreren Stellen die Tätigkeiten eines Religionslehrers in Volks- und Förderschulen einerseits und weiterbildenden Schulen andererseits unterschiedlich geregelt und bewertet sind.

30

(a) Das beginnt bei der Vergütung, die für Lehrer an Volks- und Förderschulen mit der Vergütung nach VergGr. IVa ABD endet; von hier aus sind weitere Aufstiegsgruppen nicht zu erreichen. Anderes gilt dagegen für die Lehrer in weiterführenden Schulen, die in der VergGr. IVa ABD beginnen und dann nach 8,5 Jahren nach VergGr. III aufsteigen können. Dem entspricht, dass selbst dann, wenn zwei verschiedene Lehrer nach VergGr. IVa ABD vergütet werden, die Überleitungsvorschrift zur Tarifreform die Überleitung der „Religionslehrer i. K.“ in „IVa nach Aufstieg aus IVb“ in die Entgeltgruppe 10, die Überleitung der „Religionslehrer (Dipl. FH) an beruflichen Schulen“ in „IVa mit ausstehendem Aufstieg nach III“ in die Entgeltgruppe 11 vorsieht.

31

(b) Auch die Aufstellung zweier unterschiedlicher Dienstordnungen nebst jeweils gesonderten Vergütungsordnungen als getrennte Regelwerke spricht dafür, dass der Normgeber des ABD von unterschiedlich zu bewertenden Tätigkeiten ausgeht, die so verschieden voneinander sind, dass sie nicht einmal in einer einheitlichen Vergütungsordnung zueinander in Beziehung gesetzt worden sind. Dabei zeigt sich die bewusste Abweichung der Regelungen auch in anderen Vorschriften. So ist eine sog. „Mischtätigkeit“ bei einem Einsatz an beiden Schularten ausdrücklich und detailliert geregelt. Danach ist bei Lehrern, die auch an beruflichen Schulen, Realschulen, Gymnasien ua. tätig sind, gleichwohl die DO/RL-VF und die dazu gehörige VO/RL-VF anzuwenden, wenn die Tätigkeit an den Volks- und Förderschulen in der Regel mindestens die Hälfte der Religionsunterrichts-Wochenstunden ausmacht (§ 1 Abs. 2 Satz 1 DO/RL-VF). In § 4 der hierzu ergangenen VO/RL-VF ist geregelt, dass bei solchen Mischtätigkeiten eine „Zulage“ in Form der anteiligen Vergütungsdifferenz pro regelmäßig gehaltener Wochenstunde entsprechend der unter die Sonderregelung fallenden Religionslehrer an beruflichen Schulen usw. gezahlt wird.

32

(3) Nach allgemeinen Grundsätzen des Eingruppierungsrechts, die hier ungeachtet der Tatsache, dass es sich nicht um eine tarifliche, sondern um eine im weiteren Sinne „vertragliche“ Vergütungsordnung handelt, herangezogen werden können, ist entscheidend auf die entsprechende Bewährungsaufstiegsregelung abzustellen. Die Tarifvertragsparteien sind bei der Festlegung der Voraussetzungen für einen Bewährungsaufstieg weitgehend frei. Sie können zB Tätigkeitszeiten in einer bestimmten Vergütungsgruppe ausreichen lassen. Sie können aber auch bestimmen, dass die Bewährungszeiten in einer bestimmten Fallgruppe zurückgelegt werden müssen (BAG 22. April 2009 - 4 AZR 163/08 -; 2. Juli 2008 - 4 AZR 246/07 -).

33

Die hier gewählte Regelungstechnik des ABD bzw. VR/RL-SR bestimmt für jedes Tätigkeitsmerkmal der Religionslehrer, selbst „innerhalb“ der VR/RL-SR, gesondert den Bewährungsaufstieg als Fortsetzung der Erfüllung der Anforderungen des Ausgangs-Tätigkeitsmerkmales. Eine tätigkeitsmerkmalübergreifende Anerkennung (im Sinne einer fallgruppenübergreifenden Anerkennung im öffentl. Dienst) wäre - entgegen dem Wortlaut der Vergütungsordnung - danach allenfalls im Zusammenhang von Tätigkeiten erwägenswert, die mit derselben Vergütungsgruppe und denselben Qualifikationsvoraussetzungen und vergleichbaren Anforderungen in derselben Vergütungsordnung geregelt sind. Dies ist bei dem Verhältnis der Religionslehrer nach der Sonderregelung, hier: an beruflichen Schulen, zu den Religionslehrern an Volks- und Förderschulen jedoch nicht der Fall.

34

cc) Hiergegen kann sich der Kläger auch nicht auf die von ihm zitierten Äußerungen verschiedener Vertreter der Regional-KODA berufen.

35

(1) Der Kläger hat ua. geltend gemacht, dass bei einem „Versammlungstermin des Vorbereitungsausschusses für die bayerische Regional-KODA“ im Jahre 1998 sowohl deren Vorsitzender Dr. E wie auch der stellvertretende Vorsitzende R eine der Auffassung des Klägers entsprechende Auslegung des ABD vertreten hätten. Dies sei eine Art authentische Interpretation der beiden Seiten des Normgebers.

36

(2) Diese Argumentation geht fehl.

37

(a) Die Auslegung von Arbeitsvertragsrichtlinien erfolgt, obwohl es sich nicht um normativ wirkende Tarifregelungen handelt (st. Rspr., BAG 25. März 2009 - 7 AZR 710/07 - Rn. 16, BAGE 130, 146; 8. Juni 2005 - 4 AZR 412/04 - Rn. 54 mwN, AP MitarbeitervertretungsG-EK Rheinland-Westfalen § 42 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 6; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 12, BAGE 129, 1), sondern um Kollektivvereinbarungen besonderer Art, nach den für die Tarifauslegung maßgeblichen Grundsätzen (BAG 13. September 2006 - 4 AZR 1/06 - Rn. 20, ZMV 2007, 148; 23. Januar 2007 - 9 AZR 624/06 - Rn. 19, AP AVR Diakonisches Werk § 1 Nr. 14; 26. Juli 2007 - 7 AZR 515/05 - Rn. 12, BAGE 119, 157; 14. Januar 2004 - 10 AZR 188/03 - zu II 2 a der Gründe, AP AVR Caritasverband Anlage 1 Nr. 3; 18. Mai 2000 - 6 AZR 53/99 - zu 1 der Gründe, ZTR 2001, 172). Die Äußerungen von Einzelpersonen, die an der Erarbeitung eines Tariftextes beteiligt waren, haben keinerlei Verbindlichkeit für die Auslegung des Tarifvertrages durch das Gericht, sondern können allenfalls Anregungen für eine Erwägung geben.

38

(b) Im Übrigen ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der vom Kläger vorgelegten Unterlagen, dass es sich jeweils um Stellungnahmen und „Erläuterungen zur ‚Sonderregelung für Religionslehrer, die nicht unter die Dienstordnung für Religionslehrer i. K. fallen’“ handelt. Es ist daher ausschließlich die Anrechnung von Tätigkeitszeiten behandelt worden, die für Lehrer an verschiedenen weiterführenden Schulen im Sinne der DO/RL-SR angefallen sind. Danach müssen „Zeiten für einen Bewährungsaufstieg ... nicht in derselben Schulart, wohl aber in derselben Vergütungsgruppe zurückgelegt werden“. In der Tat mag es gute Gründe dafür geben, die dort geregelten Religionslehrertätigkeiten an beruflichen Schulen, an Realschulen, an Gymnasien (bis höchstens 10. Jahrgangsstufe), an Fachoberschulen und an Waldorfschulen hinsichtlich der Bewährungszeiten jeweils wechselseitig anzuerkennen; alle diese Tätigkeiten unterfallen der DO/RL-SR und der dazu gehörigen Vergütungsordnung. Dies macht zum einen deutlich, dass selbst innerhalb der Sonderregelung an sich Klärungsbedarf für die Anerkennung von Bewährungszeiten bestand. Es stellt überdies aber auch klar, dass eine Anerkennung von Bewährungszeiten außerhalb der Sonderregelung, nämlich derjenigen Tätigkeiten als Religionslehrer an Volks- und Förderschulen nach der gesondert geregelten DO/RL-VF und der dazu gehörigen Vergütungsordnung VO/RL-VF gerade nicht vorgesehen ist.

39

3. Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich, dass die Klage auch hinsichtlich des Zahlungsantrages nicht begründet ist. Dieser setzt die begehrte Feststellung der Vergütungsverpflichtung für einen bestimmten Zeitraum in einen geltend gemachten Zahlungsanspruch um. Er unterliegt jedoch denselben Begründetheitsvoraussetzungen wie der Feststellungsantrag. Da jener nicht begründet ist, hat der Kläger auch keinen Zahlungsanspruch.

40

III. Der Kläger hat auch die Kosten der Revision zu tragen, da sein Rechtsmittel erfolglos geblieben ist, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Kiefer    

        

    Görgens    

                 

Tenor

1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 28. April 2011 - 16 Sa 854/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 25.270,92 Euro festgesetzt.

Gründe

1

A. Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich). Die Beklagte stellte die Zahlung dieser tariflichen Leistung seit dem 1. Juni 2009 ein, weil der 1949 geborene, schwerbehinderte Kläger seit diesem Zeitpunkt Anspruch auf gesetzliche Altersrente hatte. Gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich wird die Überbrückungsbeihilfe nicht gezahlt für Zeiten nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug eines vorgezogenen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt. Der Kläger hat geltend gemacht, diese Regelung verletze das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 2 AGG. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat gegen sein Urteil die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner auf grundsätzliche Bedeutung gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.

2

B. Die Beschwerde ist unbegründet.

3

I. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtsfrage nur zuzulassen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer klärungsfähigen, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage abhängt (§ 72 Abs. 2 Nr. 1, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG). Das ist der Fall, wenn die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen zumindest eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt. Die aufgeworfene Rechtsfrage muss sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen können und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berühren (BAG 5. Oktober 2010 - 5 AZN 666/10 - AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 74 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 43).

4

II. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

5

1. Die Beschwerdebegründung geht zu Unrecht noch von den Zulassungsvoraussetzungen des § 72a Abs. 1 Nr. 2 ArbGG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung aus. Sie führt zu den Zulassungsvoraussetzungen lediglich aus, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und die Parteien stritten über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen hinaus erstrecke. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich jedoch eindeutig, dass der Kläger die Rechtsfrage geklärt wissen will, ob die Einstellung der Zahlung der Überbrückungsbeihilfe bei Bestehen eines Anspruchs auf die gesetzliche Altersrente gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich zu einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung wegen des Alters oder einer Behinderung führt und diese Tarifvorschrift deshalb gegebenenfalls nicht angewendet werden darf. Damit hat er auch hinreichend die Entscheidungserheblichkeit der Frage dargetan. Aus den weiteren Ausführungen der Beschwerdebegründung ergibt sich die Darlegung, dass der aufgeworfenen Frage eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt und die Frage im Hinblick auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) klärungsbedürftig erscheint.

6

2. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die angesprochene Frage nicht klärungsbedürftig, weil der Senat bereits entschieden hat, dass der Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe aufgrund der Regelung in § 2 Ziff. 2 Buchst. d TV SozSich auch bei Anspruch auf eine Altersrente wegen Schwerbehinderung nicht entsteht und dies nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung wegen der Behinderung führt. Für das Erlöschen des Anspruchs auf die Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich gilt nichts anderes. Der Senat hat ferner entschieden, dass die Überbrückungsbeihilfe bereits dann nicht mehr zu zahlen ist, wenn lediglich die Möglichkeit des Bezugs der vorzeitigen Altersrente besteht, ohne dass es darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer die Rente tatsächlich erhält oder beantragt hat (18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - BAGE 118, 196; 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7).

7

3. Die von der Beschwerde angeführte Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) führt ebenso wenig zu einem Klärungsbedarf wie die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2011 (- 9 AZR 584/09 - und - 9 AZR 750/09 - NZA 2011, 740). § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich diskriminiert die davon betroffenen Arbeitnehmer weder unmittelbar noch mittelbar wegen ihres Alters oder einer Behinderung.

8

a) Die Regelung in § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich knüpft nicht unmittelbar an die Behinderteneigenschaft oder an das Alter, sondern an die Voraussetzungen für den Bezug einer vorgezogenen Altersrente und damit auch für die vorzeitige Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente wegen Schwerbehinderung an. Anspruch auf vorzeitige Inanspruchnahme von Altersrente haben nicht nur Schwerbehinderte (§ 37 bzw. § 236a SGB VI). Altersrente können vielmehr auch langjährig Versicherte vorzeitig in Anspruch nehmen (§ 36 bzw. § 236 SGB VI), ebenso arbeitslose Arbeitnehmer und solche in Altersteilzeit unter den Voraussetzungen des § 237 SGB VI, Frauen unter den Voraussetzungen des § 237a SGB VI, ferner langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute(§ 40 bzw. § 238 SGB VI). § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich knüpft also nicht ausdrücklich an das Alter und/oder die Behinderung des Arbeitnehmers an. Ebenso wenig betrifft diese Regelung ausschließlich Träger von Diskriminierungsmerkmalen oder steht in untrennbarem Zusammenhang mit einem der Diskriminierungsmerkmale des § 1 AGG(vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 23, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17; MüArbR/Oetker 3. Aufl. Bd. 1 § 14 Rn. 55; Rupp RdA 2009, 307, 308 f.). Eine unmittelbare Diskriminierung scheidet damit aus (vgl. bereits BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c cc der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7; Wißmann RdA 2011, 181, 187).

9

b) § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich führt auch nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung wegen der Merkmale Alter oder Behinderung.

10

aa) Es fehlt bereits an einer tatbestandlichen Benachteiligung vergleichbarer Personen (ebenso Wißmann RdA 2011, 181, 187). Das Verbot mittelbarer Diskriminierung ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes, so dass eine mittelbare Diskriminierung nur vorliegen kann, wenn die benachteiligten und die begünstigten Personen vergleichbar sind (BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 33, ZTR 2011, 357).

11

Die finanzielle Lage Behinderter und Nichtbehinderter ist nur bis zu dem Zeitpunkt vergleichbar, in dem für den Behinderten erstmals eine Rentenberechtigung besteht. Danach ändert sich die objektive Ausgangslage. Der Behinderte hat anders als der Nichtbehinderte Anspruch auf eine gesetzliche Rente. Dies führt bei Leistungen wie der Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich, die im hier interessierenden Zusammenhang dazu dienen, den Lebensstandard bis zum Beginn des Anspruchs auf eine gesetzliche Rente zu sichern, notwendigerweise zu einer unterschiedlichen Behandlung von Arbeitnehmern, die Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben, und von Arbeitnehmern, die weiterhin auf die vom ehemaligen Arbeitgeber finanzierte Überbrückungsbeihilfe angewiesen sind. Arbeitnehmer mit einer Rentenberechtigung und solche ohne eine derartige Berechtigung befinden sich hinsichtlich des Überbrückungsbedarfs nicht mehr in einer vergleichbaren Lage. Mit der Übernahme der sozialversicherungsrechtlichen Altersgrenze enthält § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich somit ein neutrales Kriterium, so dass eine Diskriminierung ausscheidet (vgl. EuGH 9. Dezember 2004 - C-19/02 - [Hlozek] Rn. 49, Slg. 2004, I-11491; 9. November 1993 - C-132/92 - [Birds Eye Walls Ltd.] Rn. 18, 20, 23, Slg. 1993, I-5579).

12

bb) Darüber hinaus wäre die vom Kläger angenommene besondere Benachteiligung rentenberechtigter Behinderter ebenso wie die darin nach seiner Auffassung liegende mittelbare Altersdifferenzierung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels wären erforderlich und angemessen (§ 3 Abs. 2 AGG).

13

(1) Die Überbrückungsbeihilfe ist eine Sonderleistung, durch die ein während eines Arbeitsverhältnisses oder der Arbeitslosigkeit auftretender wirtschaftlicher Bedarf älterer Arbeitnehmer oder Arbeitsloser überbrückt werden soll. Diesen Arbeitnehmern soll längstens bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ein angemessener Lebensunterhalt gesichert werden. Dafür werden für einen Übergangszeitraum die Gesamteinkünfte nach einer Bemessungsgrundlage gewährleistet, die auf die tarifliche Grundvergütung Bezug nimmt (BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 12, BAGE 118, 196; 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c bb der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7). Die Überbrückungsbeihilfe verfolgt also im hier interessierenden Zusammenhang das Ziel, den Lebensunterhalt von Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz unter den Voraussetzungen des § 2 TV SozSich verloren haben, bis zum Erwerb einer wirtschaftlichen Absicherung durch den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu gewährleisten. Ein solches Ziel des Schutzes langjährig beschäftigter Arbeitnehmer ist rechtmäßig (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 29, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17).

14

(2) Das zur Erreichung dieses Ziels eingesetzte Mittel, nämlich die Beschränkung der Zahlung der Überbrückungsbeihilfe auf die Zeit bis zum Bestehen des Anspruchs auf gesetzliche Altersrente, ist auch angemessen und erforderlich.

15

(a) Ausgehend vom Zweck der Überbrückungsbeihilfe, die nur solange gewährt werden soll, wie der Lebensunterhalt nicht durch den Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente gesichert ist, ist es erforderlich, diese Zahlung auch dann nicht mehr zu gewähren, wenn der Rentenberechtigte die gesetzliche Altersrente nicht beantragt.

16

(b) Die Regelung in § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich geht auch nicht über das hinaus, was zur Erreichung der von den Tarifvertragsparteien verfolgten Ziele erforderlich ist, und ist damit angemessen. Die Tarifvertragsparteien wollten einen zeitlich begrenzten Überbrückungsbedarf befriedigen. Sie haben dabei in typisierender Weise auf den Personenkreis abgestellt, der besonders von Arbeitslosigkeit bedroht ist und deshalb wirtschaftlicher Absicherung bedarf. Sie durften im Hinblick auf die Tarifautonomie, die auch im Unionsrecht Anerkennung gefunden hat und bei dessen Anwendung zu berücksichtigen ist (vgl. EuGH 8. September 2011 - C-297/10 - [Hennigs] Rn. 65, 92; ausführlich BAG 19. Januar 2011 - 3 AZR 29/09 - Rn. 47 ff.), dabei an die bloße Berechtigung zum Bezug einer vorgezogenen Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anknüpfen, ohne im Einzelfall darauf abstellen zu müssen, ob die zu erwartende Rente tatsächlich die Aufrechterhaltung des Lebensstandards gewährleistet (BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c dd der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7).

17

Die Tarifvertragsparteien mussten sich auch nicht darauf beschränken, die Überbrückungsbeihilfe lediglich um den hypothetischen Rentenbetrag zu kürzen, der bei einem frühestmöglichen Rentenantrag gezahlt würde. Ebenso wenig mussten sie sich auf die Anrechnung tatsächlich bezogener Renten beschränken oder den durch den vorzeitigen Rentenbezug entstehenden Nachteil ausgleichen (so aber wohl von Roetteken Anm. 1 jurisPR-ArbR 3/2007 unter C). Eine solche Kürzungs- oder Anrechnungsregelung würde dem Zweck der Überbrückungsbeihilfe nicht gerecht und wäre deshalb kein ebenso geeignetes, milderes Mittel. Die Überbrückungsbeihilfe soll nicht eine nach Beendigung des Arbeitslebens zustehende, als unzureichend empfundene Altersrente ergänzen. Soweit eine ausreichende Versorgung durch die gesetzliche Rente aufgrund etwaiger Rentenminderungen nicht besteht, ist die daraus entstehende Unterversorgung mit anderen Mitteln als der vom Arbeitgeber zu zahlenden Überbrückungsbeihilfe auszugleichen (BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 12, BAGE 118, 196).

18

(c) Schließlich wird § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich den mit dieser Regelung verfolgten Zielen auch in kohärenter und systematischer Weise gerecht.

19

(aa) Eine Regelung ist nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, das verfolgte Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (EuGH 10. März 2009 - C-169/07 - [Hartlauer] Rn. 55, Slg. 2009, I-1721). Ausnahmen von den Bestimmungen einer Norm können in bestimmten Fällen deren Kohärenz beeinträchtigen, insbesondere wenn sie wegen ihres Umfangs zu einem Ergebnis führen, das dem mit dem Gesetz verfolgten Ziel widerspricht (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10 - [Fuchs] Rn. 86). In seiner jüngeren Rechtsprechung zur Altersdiskriminierung hat der Gerichtshof der Europäischen Union dieses Erfordernis eines inneren Zusammenhangs von Inhalt und Ziel einer benachteiligenden Regelung in den Vordergrund seiner Rechtmäßigkeitsprüfung gestellt (21. Juli 2011 - C-159/10 - [Fuchs] Rn. 85 ff.; 18. November 2010 - C-250/09 und C-268/09 - [Georgiev] Rn. 55, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 18; 12. Januar 2010 - C-341/08 - [Petersen] Rn. 53, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 15; ausführlich Wißmann RdA 2011, 181, 182 ff. mwN).

20

(bb) Diesem Erfordernis genügt § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich im Unterschied zu der Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov, die der Gerichtshof der Europäischen Union als nicht vereinbar mit Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) angesehen hat.

21

(aaa) Anders als die Beschwerde ohne Weiteres unterstellt, hat der Gerichtshof der Europäischen Union die seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) zugrunde liegende Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov nicht allein deswegen als altersdiskriminierend angesehen, weil sie den Anspruch auf eine Leistung des Arbeitsgebers an den(möglichen) Bezug einer Altersrente knüpft. Diese Bestimmung führt vielmehr ausschließlich wegen des Widerspruchs zwischen dem Zweck der Leistung und dem Inhalt der Ausschlussregelung zu einer Diskriminierung (vgl. Wißmann RdA 2011, 181, 184).

22

Die Entlassungsabfindung nach dem Funktionærlov hat das Ziel, den Übergang älterer, langjährig beschäftigter Arbeitnehmer in eine neue Beschäftigung zu erleichtern. Die Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov, wonach der Anspruch entfällt, wenn der Angestellte bei seinem Ausscheiden eine Vollrente erhält, soll vermeiden, dass die Abfindung Personen zugute kommt, die keine neue Stelle suchen, sondern aus dem Erwerbsleben ausscheiden und eine Altersrente beziehenwollen (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 27, 44, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17). Für diesen Personenkreis besteht kein Bedürfnis zur Zahlung einer Entlassungsabfindung, die den Übergang älterer Arbeitnehmer in eine neue Beschäftigung erleichtern soll. Ob ein solcher Wille vorliegt, wird nach dem dänischen Recht allerdings nicht am tatsächlichen Bezug der Altersrente festgemacht. Die Regelung beruht vielmehr auf dem Gedanken, dass Arbeitnehmer im Allgemeinen aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, wenn sie Rente beziehen können. Sie knüpft also allein an den unterstellten Willen der rentenberechtigten Arbeitnehmer an, auch tatsächlich aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden zu wollen. Mit diesem auf den mutmaßlichen Willen des Arbeitnehmers abstellenden Regelungszweck ist es nicht in Einklang zu bringen, die Abfindung gerade den Arbeitnehmern vorzuenthalten, die sich nicht mit der Rente begnügen, sondern tatsächlich weiter arbeiten wollen und deshalb des Schutzes durch die Entlassungsabfindung besonders bedürfen (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 44, aaO). Der Inhalt und der dem Gerichtshof der Europäischen Union mitgeteilte Zweck der Abfindungsregelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov in ihrer Auslegung durch die nationalen Gerichte stehen also nicht nur nicht im Einklang, sondern widersprechen sich. Dem Arbeitnehmer, der seinen Willen dokumentiert, weiter arbeiten zu wollen, indem er keinen Rentenantrag stellt, darf deshalb die Abfindung nach dem Regelungszweck der dänischen Regelung nicht vorenthalten werden (vgl. auch Wißmann RdA 2011, 181, 184, 186).

23

(bbb) Demgegenüber ist Zweck des § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich, wie ausgeführt, die wirtschaftliche Absicherung der begünstigten Arbeitnehmer längstens bis zum frühestmöglichen Anspruch auf gesetzliche Rente. Die tarifliche Regelung stellt also nicht auf den Willen des Arbeitnehmers ab, jedenfalls potentiell dem Arbeitsmarkt weiter zur Verfügung zu stehen und deshalb keinen Rentenantrag zu stellen, sondern auf den nach Einschätzung der Tarifvertragsparteien mit Beginn des Rentenanspruchs nicht mehr gegebenen Sicherungsbedarf. Die Wertungen des Gerichtshofs der Europäischen Union in seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) lassen sich damit auf tarifliche Regelungen wie die vorliegende nicht übertragen (ebenso Wißmann RdA 2011, 181, 186 mwN in Fn. 58 für den Sozialplan). Im Gegenteil wäre es gerade inkohärent und stünde im Widerspruch zum tariflichen Regelungszweck, wenn die Überbrückungsbeihilfe - ungekürzt oder um die fiktive gesetzliche Rente gekürzt - auch nach Eintritt der Rentenberechtigung weitergezahlt würde. Eine Kompensation von Rentennachteilen, die im Einzelfall aufgrund der Erwerbsbiographie eines Arbeitnehmers eintreten oder die, anders als im Fall des Klägers, der noch von der Vertrauensschutzregelung in § 236a Abs. 4 SGB VI profitiert, auf Rentenabschlägen beruhen, liegt außerhalb des Regelungsplans der Tarifvertragsparteien. Bereits die Überbrückungsbeihilfe stellt eine soziale Sonderleistung dar, die weit über die im Arbeitsleben üblichen Leistungen des Arbeitgebers hinausgeht. Mit ihr erhalten ältere, langjährig beschäftigte Arbeitnehmer, die betriebsbedingt und damit wirksam entlassen worden sind, noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus Unterstützungsleistungen durch ihren früheren Arbeitgeber. Bereits mit der Möglichkeit des Bezugs einer vorgezogenen staatlichen Altersrente entfällt das Bedürfnis für eine derartige Unterstützung (vgl. BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 21, BAGE 118, 196). Darin liegt der Unterschied zu betrieblichen oder tariflichen Leistungen, die dazu dienen, Versorgungslücken zu überbrücken, die durch die Beendigung der Erwerbstätigkeit eintreten. Die Versorgungslücken der Arbeitnehmer, die vorzeitig Altersrente beanspruchen können, sind nicht geringer als die Lücken der Arbeitnehmer, die lediglich die Regelaltersrente beanspruchen können. Bei derartigen Leistungen ist es darum nach der Rechtsprechung des Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts (vgl. 15. Februar 20119 AZR 584/09 - Rn. 46 ff. und - 9 AZR 750/09 - Rn. 32 ff., NZA 2011, 740, für eine Benachteiligung von Frauen) mit dem Regelungszweck nicht zu vereinbaren, die Zahlungen ab dem Alter, von dem an Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden können, einzustellen. Angesichts der unterschiedlichen Regelungsziele der tariflichen Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich und der Leistungen, die den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2011 zugrunde lagen, besteht auch insoweit kein Klärungsbedarf (vgl. BAG 15. Februar 2011 9 AZR 584/09 - Rn. 49 und - 9 AZR 750/09 - Rn. 36, aaO). Die Tarifvertragsparteien durften deshalb diese soziale Leistung, die aus Mitteln des ehemaligen Arbeitgebers finanziert wird, auf die Zeit bis zum frühestmöglichen Bezug einer gesetzlichen, solidarisch finanzierten Altersrente beschränken.

24

C. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG abgesehen.

25

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 GKG und wurde in Höhe des 36-fachen des zuletzt gezahlten Übergangsgeldes von 701,97 Euro festgesetzt.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Klapproth    

        

    Lorenz    

                 

(1) Einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person ist jede Arbeit zumutbar, es sei denn, dass

1.
sie zu der bestimmten Arbeit körperlich, geistig oder seelisch nicht in der Lage ist,
2.
die Ausübung der Arbeit die künftige Ausübung der bisherigen überwiegenden Arbeit wesentlich erschweren würde, weil die bisherige Tätigkeit besondere körperliche Anforderungen stellt,
3.
die Ausübung der Arbeit die Erziehung ihres Kindes oder des Kindes ihrer Partnerin oder ihres Partners gefährden würde; die Erziehung eines Kindes, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, ist in der Regel nicht gefährdet, soweit die Betreuung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege im Sinne der Vorschriften des Achten Buches oder auf sonstige Weise sichergestellt ist; die zuständigen kommunalen Träger sollen darauf hinwirken, dass erwerbsfähigen Erziehenden vorrangig ein Platz zur Tagesbetreuung des Kindes angeboten wird,
4.
die Ausübung der Arbeit mit der Pflege einer oder eines Angehörigen nicht vereinbar wäre und die Pflege nicht auf andere Weise sichergestellt werden kann,
5.
der Ausübung der Arbeit ein sonstiger wichtiger Grund entgegensteht.

(2) Eine Arbeit ist nicht allein deshalb unzumutbar, weil

1.
sie nicht einer früheren beruflichen Tätigkeit entspricht, für die die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person ausgebildet ist oder die früher ausgeübt wurde,
2.
sie im Hinblick auf die Ausbildung der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person als geringerwertig anzusehen ist,
3.
der Beschäftigungsort vom Wohnort der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person weiter entfernt ist als ein früherer Beschäftigungs- oder Ausbildungsort,
4.
die Arbeitsbedingungen ungünstiger sind als bei den bisherigen Beschäftigungen der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person,
5.
sie mit der Beendigung einer Erwerbstätigkeit verbunden ist, es sei denn, es liegen begründete Anhaltspunkte vor, dass durch die bisherige Tätigkeit künftig die Hilfebedürftigkeit beendet werden kann.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten für die Teilnahme an Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit entsprechend.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 8. Januar 2009 - 11 Sa 1131/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechtigung des beklagten Landes, die Klägerin im Wege der Personalgestellung der kreisfreien Stadt Bottrop zur Erbringung der Arbeitsleistung zur Verfügung zu stellen.

2

Die 1966 geborene Klägerin ist seit 1985 für das beklagte Land als Sachbearbeiterin im gehobenen Dienst tätig mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,92 Stunden. Bis zum 31. Dezember 2007 war sie im Versorgungsamt Gelsenkirchen mit Aufgaben nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz betraut. Die Klägerin ist verheiratet. Sie begleitet ihre bei Klageerhebung im März 2008 12 Jahre alte Tochter auf dem Schulweg bis zur Bushaltestelle und in der dunklen Jahreszeit bis zur Schule.

3

Am 21. November 2007 trat das Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (VersÄmtEinglG) als Artikel 1 des Zweiten Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30. Oktober 2007 (Straffungsgesetz) in Kraft (GV NRW 2007 S. 482, ausgegeben am 20. November 2007).

4

Dort ist auszugsweise geregelt:

        

㤠1

        
        

Auflösung der Versorgungsämter

        
        

(1)     

Die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben werden nach Maßgabe dieses Gesetzes den Kreisen und kreisfreien Städten, den Landschaftsverbänden und den Bezirksregierungen übertragen.

        
        

(2)     

Die Beamten und die tariflich Beschäftigten der Versorgungsämter gehen nach Maßgabe dieses Gesetzes auf die Kreise und kreisfreien Städte, auf die Landschaftsverbände, auf die Bezirksregierungen und auf das Landesamt für Personaleinsatzmanagement über bzw. werden im Wege der Personalgestellung zur Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt.

        
        

(3)     

Die Versorgungsämter Aachen, Bielefeld, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Köln, Münster, Soest und Wuppertal werden mit Ablauf des 31. Dezember 2007 aufgelöst.

        
        

…       

        
        

§ 5

        
        

Aufgaben nach dem Bundeselterngeld-

        
        

und Elternzeitgesetz

        
        

(1)     

Die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz werden mit Wirkung vom 1. Januar 2008 auf die Kreise und kreisfreien Städte übertragen.

        
        

(2)     

…       

        
                 

§ 10

                 

Tarifbeschäftigte

                 

(1)     

Die mit Aufgaben nach §§ 2 bis 5 und nach § 8 Abs. 2 betrauten tariflich Beschäftigten der Versorgungsämter werden kraft Gesetzes mit Wirkung vom 31. Dezember 2007 in das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales übergeleitet und nach Maßgabe der Absätze 5 bis 7 und der §§ 11 bis 21 den dort genannten kommunalen Körperschaften kraft Gesetzes mit Wirkung vom 1. Januar 2008 im Wege der Personalgestellung zur Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt.

                 

(2)     

Die mit Aufgaben nach §§ 6 und 8 Abs. 1 betrauten tariflich Beschäftigten der Versorgungsämter gehen kraft Gesetzes mit Wirkung vom 1. Januar 2008 nach Maßgabe des Absatzes 5 und des § 13 Abs. 4 und 5 auf die Bezirksregierung Münster über. Die mit Aufgaben nach § 7 betrauten tariflich Beschäftigten der Versorgungsämter gehen kraft Gesetzes mit Wirkung vom 1. Januar 2008 nach Maßgabe des Absatzes 5 und der §§ 11 bis 21 auf die Bezirksregierungen über.

                 

(3)     

Tariflich Beschäftigte der Versorgungsämter, die nicht unmittelbar mit Aufgaben nach §§ 2 bis 8 betraut sind, gehen nach Maßgabe des Absatzes 5 kraft Gesetzes mit Wirkung vom 1. Januar 2008 auf die Bezirksregierungen über oder werden kraft Gesetzes entsprechend Absatz 1 mit Wirkung vom 31. Dezember 2007 in das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales übergeleitet und kraft Gesetzes nach Maßgabe der Absätze 5 bis 7 mit Wirkung vom 1. Januar 2008 den in §§ 11 bis 21 genannten kommunalen Körperschaften im Wege der Personalgestellung zur Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt, sofern sie nicht nach Absatz 4 in das Landesamt für Personaleinsatzmanagement übergehen.

                 

(4)     

Die tariflich Beschäftigten der Versorgungsämter, die nicht von den Personalgestellungsverträgen nach Absatz 6 erfasst sind und nicht nach Absatz 2 oder 3 auf die Bezirksregierungen übergehen, gehen kraft Gesetzes mit Wirkung vom 1. Januar 2008 in das Landesamt für Personaleinsatzmanagement über. Betriebsbedingte Kündigungen und entsprechende Änderungskündigungen mit dem Ziel der Herabstufung sind ausgeschlossen.

                 

(5)     

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales bereitet den Personalübergang nach den Absätzen 1 bis 4 vor der Übertragung der Aufgaben auf der Grundlage eines von ihm erstellten Zuordnungsplans vor. Der Zuordnungsplan ist unter Berücksichtigung sozialer Kriterien und dienstlicher Belange zu erstellen; eine angemessene Mitwirkung der neuen Aufgabenträger ist zu gewährleisten.

                 

(6)     

Soweit die tariflich Beschäftigten kommunalen Körperschaften zur Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt werden, werden die Einzelheiten der Personalgestellung in den zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, und den in §§ 11 bis 21 genannten Körperschaften für jedes Versorgungsamt geschlossenen Personalgestellungsverträgen geregelt.

        

(7)     

Soweit tariflich Beschäftigte den kommunalen Körperschaften im Wege der Personalgestellung zur Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt werden, bleiben die Beschäftigungsverhältnisse zum Land Nordrhein-Westfalen auf der Grundlage der für das Land geltenden Tarifverträge und Vereinbarungen über die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung bestehen.

        

…       

        

§ 17

        

Versorgungsamt Gelsenkirchen

        

(1)     

Die mit Aufgaben nach §§ 2 und 5 betrauten Beamten gehen, soweit es für die Aufgabenerfüllung erforderlich ist, entsprechend den von ihnen wahrgenommenen Aufgaben anteilig auf die kreisfreien Städte Bottrop und Gelsenkirchen sowie den Kreis Recklinghausen über.

        

…       

        
        

(5)     

Die Regelungen der Absätze 1, 2 und 4 gelten für tariflich Beschäftigte im Wege der Personalgestellung nach § 10 entsprechend.“

5

Begleitend zum Gesetzgebungsverfahren wurde im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) ein Zuordnungsplan erarbeitet. Die endgültige Fassung war am 14. November 2007 erstellt. Das Zuordnungsverfahren wurde zunächst ohne die Beteiligung von Personalräten durchgeführt.

6

           

Für die Berücksichtigung sozialer Kriterien bei der Zuordnung der Beamten und Tarifbeschäftigten zu den verschiedenen zukünftigen Einsatzorten wurde folgendes Punkteschema zugrunde gelegt:

        

Personalzuordnung: Punkteverteilung         

                 
        

Lebensalter:

pro Jahr (Stichtag: 1.8.07)

0,2 Punkte

        
        

Beschäftigungszeit:

pro Jahr (Stichtag: 1.8.07)

0,2 Punkte

        
        

Familienstand:

verh./zusammenlebend

2 Punkte

        
        

Kinder, pro Kind bis zum 18. Lebensjahr:

        

5 Punkte

        
        

Alleinerziehend:

        

5 Punkte

        
        

Pflege von Angehörigen:

insg. 

2 Punkte

        
        

Teilzeit:

Reduzierung um 20 % und mehr

5 Punkte

        
                 

+ Reduzierung um 50 % und mehr

5 Punkte

        
        

Schwerbehinderung:

        

5 Punkte

        
                 

+ je 10 Grad

1 Punkt

        
        

Entfernungskilometer:

je km zum nächstmöglichen Einsatzort

0,1 Punkte

        
        

Die Beschäftigten mit der höchsten Punktzahl werden dem nächstmöglichen Einsatzort zugeordnet.

        
        

Ergeben sich nach den Ergebnissen der Interessenabfrage bei der Gesamtwürdigung aller Kriterien besondere Fälle, kann von der nach dem Punktesystem vorgenommenen Zuordnung abgewichen werden.“

        
7

Die Beschäftigten wurden innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des ehemaligen Versorgungsamts grundsätzlich dem jeweiligen Aufgabenbereich zugeordnet (Schwerbehindertenrecht, Soziales Entschädigungsrecht, Bundeselterngeld-/Elternzeitgesetz usw.). Anschließend fand eine Zuordnung innerhalb der Dienstgruppen (höherer Dienst, gehobener Dienst, mittlerer Dienst, Assistenzdienst) statt. Die örtliche Zuordnung wurde jeweils innerhalb dieser Gruppen anhand der individuell berechneten Sozialpunkte nach dem Punkteschema vorgenommen. Zu den fixen Sozialpunkten wurden für die einzelnen Zuordnungsziele die jeweiligen Entfernungskilometer als sog. Entfernungspunkte addiert.

8

Die Zuordnung wurde sodann auf das Vorliegen eines Härtefalls überprüft. Das beklagte Land unterschied dabei zwischen sog. persönlichen Härtefällen und Entfernungshärtefällen. Es berücksichtigte sowohl Stellungnahmen der betroffenen Beschäftigten als auch des Hauptpersonalrats, der Hauptschwerbehindertenvertretung und der Amtsleitungen. Hinsichtlich der persönlichen Härtefälle wurden fünf Härtefallstufen gebildet. Berücksichtigung als persönliche Härtefälle fanden Beschäftigte der Stufen 3 bis 5. Die Berücksichtigung als Entfernungshärtefall setzte bei Vollzeitbeschäftigten im mittleren Dienst und im Assistenzdienstbereich ein Erreichen von mehr als 20 Sozialpunkten (ohne Entfernungspunkte) und eine Entfernung von mehr als 85 km voraus. Bei Teilzeitbeschäftigten im mittleren Dienst, im Assistenzdienstbereich und im gehobenen Dienst galten die entsprechenden Kriterien mit der Besonderheit, dass mehr als 50 - 85 Entfernungskilometer erreicht werden mussten und je nach Stellenanteil differenziert wurde. Insgesamt wurden 74 Beschäftigte als Härtefälle eingestuft, davon etwa 50 Beschäftigte als Entfernungshärtefälle.

9

Die zur Erstellung des Zuordnungsplans erforderlichen Daten wurden im Rahmen eines Interessenbekundungsverfahrens erhoben. Die Klägerin gab als Ortswünsche in der entsprechenden Reihenfolge Gelsenkirchen, Recklinghausen und Bottrop sowie Herne und Bochum an. Zur Begründung führte sie aus: „ortsnahe, da Betreuung meiner Tochter sonst nicht gewährleistet ist, außerdem Teilzeittätigkeit“.

10

Für die Klägerin ergaben sich - ohne Entfernungskilometer - 30,15 Sozialpunkte. Die Klägerin wurde im Zuordnungsplan der kreisfreien Stadt Bottrop zugeordnet. Die Entfernung zu ihrem Wohnort beträgt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts 24,8 km. Die Klägerin hat Anspruch auf Trennungsentschädigung nach der TEVO NW. Der Gruppenleiter P (19,1 Sozialpunkte) wurde aufgrund seiner Führungsfunktion dem Kreis Recklinghausen zugeordnet, weil diesem das höchste Soll an Personal zusteht. Die weitere Sachbearbeiterin im Bereich „Elterngeld/Gehobener Dienst“ S (39,5 Punkte) wurde der Stadt Gelsenkirchen zugeordnet.

11

Der Zuordnungsplan vom 14. November 2007 wurde an die Amtsleitungen der Versorgungsämter mit der Bitte übersandt, „die geplante Zuordnung“ den Beschäftigten in geeigneter Form zu übermitteln.

12

Nachdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes durch Beschlüsse vom 16. November 2007 und vom 13. Dezember 2007 (- 34 L 1750/07.PVL -) festgestellt hatte, dass der Zuordnungsplan als Sozialplan infolge einer Rationalisierungsmaßnahme der Mitbestimmung des Hauptpersonalrats gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 5 LPVG NW unterliege, leitete das beklagte Land ein Mitbestimmungsverfahren ein. Zudem ist der Zuordnungsplan am 13. Dezember 2007 als vorläufige Regelung im Sinne des § 66 Abs. 8 LPVG NW bis zur endgültigen Entscheidung im laufenden Mitbestimmungsverfahren bis zum 31. Mai 2008 in Kraft gesetzt worden. Das Mitbestimmungsverfahren wurde in der Sitzung einer Einigungsstelle vom 18. April 2008 mit einem einstimmig angenommenen Beschluss abgeschlossen. In einer Anlage 1 sind 74 Mitarbeiter namentlich aufgeführt, die als Härtefälle in das Landesamt für Personaleinsatzmanagement (PEM) übergeleitet werden bzw. einen ortsnäheren Einsatz erfahren. Als Anlage 2 ist das unverändert gebliebene Punkteschema „Personalzuordnung: Punkteverteilung“ aufgenommen. In der Anlage 3 sind 90 Mitarbeiter ausgewiesen, die eine Entfernung von 80 km oder mehr zurückzulegen haben und denen zusätzlich zu evtl. bereits gegebenen Ansprüchen auf Trennungsentschädigung oder Auslagenersatz ein weiterer einmaliger Betrag in Höhe von 1.000,00 Euro brutto zur pauschalen Entschädigung der durch die Arbeitsverlagerung entstehenden Aufwendungen zuerkannt wird. Eine darüber hinausgehende Beteiligung der Personalräte ist bei den jeweiligen Einzelmaßnahmen nicht erfolgt.

13

Die Klägerin hat die Tätigkeit bei der Stadt Bottrop nicht aufgenommen. Sie ist ohne Anspruch auf Bezüge beurlaubt.

14

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das VersÄmtEinglG verstoße gegen höherrangiges Recht, nämlich Art. 12 GG, §§ 1, 3 des Gesetzes über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung(ErrG) und § 613 Satz 2 BGB iVm. § 4 Abs. 3 TV-L. Die Personalgestellung unterfiele der Mitbestimmung nach § 72 Abs. 2 Nr. 5 Landespersonalvertretungsgesetz Nordrhein-Westfalen(LPVG NW). Soziale Gesichtspunkte seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Ein angemessener Schutz von Ehe und Familie müsse dazu führen, dass sie einen Vorrang genieße, weil sie ihr Kind auf dem Schulweg begleiten müsse. Dass sie nach Abschaffung eines Pkws auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sei, könne ihr nicht vorgehalten werden.

15

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Zurverfügungstellung ihrer Arbeitsleistung ab dem 1. Januar 2008 an die Stadt Bottrop im Wege der Personalgestellung unwirksam ist,

        

2.    

das beklagte Land zu verpflichten, ihre Arbeitsleistung ab sofort der Stadt Gelsenkirchen im Bereich Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, hilfsweise der Stadt Herne im Bereich Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz zur Verfügung zu stellen.

16

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageziele weiter.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Personalgestellung der Klägerin zur kreisfreien Stadt Bottrop ist rechtswirksam.

18

I. Die Klage ist zulässig.

19

Die Klägerin begehrt mit dem Antrag zu 1. die Feststellung des Umfangs ihrer Leistungspflicht. Dies kann nach ständiger Rechtsprechung Gegenstand einer Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO sein(vgl. zB BAG 13. März 2007 - 9 AZR 417/06 - Rn. 24, NZA-RR 2007, 549). Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Feststellungsinteresse besteht insoweit. Mit dem Antrag zu 2. verfolgt sie das Ziel, im Wege der Personalgestellung wohnortnäheren Dienstorten zugewiesen zu werden. Beide Anträge sind hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

20

II. Die Klage ist unbegründet.

21

1. Die Klägerin ist gemäß § 1 Abs. 2, § 10 Abs. 1, § 17 Abs. 1 iVm. Abs. 5 VersÄmtEinglG rechtswirksam der kreisfreien Stadt Bottrop im Wege der Personalgestellung zur Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt worden. Sie ist damit im Rahmen ihres mit dem beklagten Land fortbestehenden Arbeitsverhältnisses verpflichtet, ihre Arbeitsleistung dort zu erbringen.

22

a) § 1 Abs. 2 VersÄmtEinglG bestimmt, dass die tariflich Beschäftigten(und die Beamten) der Versorgungsämter nach Maßgabe des Gesetzes auf die kommunalen Körperschaften, die Bezirksregierungen oder das Landesamt für Personaleinsatzmanagement übergehen bzw. im Wege der Personalgestellung zur Verfügung gestellt werden. Die Grundsätze hierfür bestimmen sich nach § 10 VersÄmtEinglG. Hinsichtlich der Art und Weise des Übergangs und der aufnehmenden Institution wird - im Wesentlichen in Abhängigkeit von der bisher ausgeübten Tätigkeit - nach vier Kategorien unterschieden:

23

Tarifbeschäftigte, die Aufgaben des Schwerbehindertenrechts, der Kriegsopferfürsorge, des Sozialen Entschädigungsrechts (einschl. der Kriegsopferversorgung), des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) und des Gesetzes über den Bergmannsversorgungsschein wahrgenommen haben, wurden gemäß § 10 Abs. 1 iVm. §§ 2 bis 5, § 8 Abs. 2 VersÄmtEinglG zunächst mit Wirkung zum 31. Dezember 2007 in das MAGS übergeleitet und sodann nach weiteren Maßgaben mit Wirkung vom 1. Januar 2008 im Wege der Personalgestellung den für die zukünftige Aufgabenwahrnehmung jeweils zuständigen kommunalen Körperschaften zugewiesen.

24

Die mit Aufgaben nach dem (früheren) Gesetz zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit sowie mit bestimmten sonstigen Aufgaben betrauten tariflich Beschäftigten gingen - ohne vorherige Überleitung zum Ministerium - auf die Bezirksregierung Münster über (§§ 6, 8 Abs. 1, § 10 Abs. 2 VersÄmtEinglG). Ebenso gingen die mit Aufgaben aus dem Bereich der Arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Förderprogramme betrauten Beschäftigten direkt auf die verschiedenen Bezirksregierungen über (§§ 7, 10 Abs. 2 VersÄmtEinglG).

25

Tariflich Beschäftigte, die nicht unmittelbar mit einer der genannten Aufgaben betraut waren, also insbesondere Querschnittsaufgaben oder allgemeine Verwaltungsaufgaben erfüllten, gingen nach Maßgabe des vom Ministerium gemäß § 10 Abs. 5 VersÄmtEinglG zu erstellenden Zuordnungsplans entweder auf die Bezirksregierungen oder - nach einer Überleitung in das Ministerium - auf eine der genannten kommunalen Körperschaften über, sofern sie nicht gemäß § 10 Abs. 4 VersÄmtEinglG in das Landesamt für Personaleinsatzmanagement übergegangen waren(§ 10 Abs. 3 VersÄmtEinglG).

26

Schließlich bestimmt § 10 Abs. 4 VersÄmtEinglG als Auffangregelung, dass diejenigen tariflichen Beschäftigten, die nicht direkt auf die Bezirksregierungen übergehen und nicht von Personalgestellungsverträgen erfasst werden, auf das Landesamt für Personaleinsatzmanagement übergehen.

27

b) Die Klägerin hat gemäß § 5 VersÄmtEinglG Aufgaben nach dem BEEG erfüllt. Damit unterfällt sie dem Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 VersÄmt-EinglG. Darüber herrscht zwischen den Parteien kein Streit; insbesondere macht die Klägerin nicht geltend, dass sie fehlerhaft zugeordnet worden oder kraft Gesetzes auf eine andere Behörde oder Körperschaft übergegangen sei.

28

c) Das Weisungsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 GewO umfasst grundsätzlich nicht das Recht zur Anordnung der Erbringung der Arbeitsleistung bei einem anderen Arbeitgeber. Hierfür bedarf es einer besonderen vertraglichen, tariflichen oder gesetzlichen Grundlage. Allein der Übergang von Aufgaben auf einen anderen Rechtsträger kann ohne Zustimmung des Arbeitnehmers nicht zu einer Verpflichtung zur Tätigkeit bei dem anderen Rechtsträger führen (vgl. BAG 18. Februar 1976 - 5 AZR 616/74 - zu I 1 der Gründe, AP UniversitätsG Saarland § 1 Nr. 5).

29

§ 1 Abs. 2, § 10 Abs. 1, § 17 Abs. 1 iVm. Abs. 5 VersÄmtEinglG bilden die gesetzliche Grundlage für die Personalgestellung der Klägerin. Dies ergibt eine Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen. Ein Rückgriff auf andere Rechtsgrundlagen (wie zB § 4 Abs. 3 TV-L) ist nicht erforderlich (ebenso Welkoborsky Gestellung und Personalvertretung in Sozialer Dialog in der Krise 2009 S. 107, 108). Die Zuordnung zur kreisfreien Stadt Bottrop ist aufgrund des gesetzlich vorgeschriebenen Zuordnungsplans gemäß § 10 Abs. 5 Satz 2 VersÄmtEinglG unter Berücksichtigung sozialer Kriterien und dienstlicher Belange erfolgt.

30

aa) Die tariflich Beschäftigten wurden im Falle des § 10 Abs. 1 VersÄmtEinglG zunächst „kraft Gesetzes mit Wirkung vom 31. Dezember 2007“ auf das MAGS übergeleitet.

31

Damit war unmittelbar weder eine Veränderung des Orts oder der Art der zu erbringenden Arbeitsleistung verbunden noch ein Wechsel des Arbeitgebers. Vielmehr trägt das Gesetz dem Umstand Rechnung, dass die Versorgungsämter als bisherige Beschäftigungsdienststelle zu diesem Zeitpunkt aufgelöst wurden (§ 1 Abs. 3 VersÄmtEinglG) und - anders als in den Fällen des § 10 Abs. 2 VersÄmtEinglG - keine andere Landesbehörde als zukünftige Dienststelle gesetzlich bestimmt war.

32

bb) Sodann wurden diese zum MAGS übergeleiteten Beschäftigten nach § 10 Abs. 1 VersÄmtEinglG wiederum „kraft Gesetzes“ nach bestimmten Maßgaben mit Wirkung vom 1. Januar 2008 im Wege der Personalgestellung bestimmten kommunalen Körperschaften zur Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt.

33

Nach dem eindeutigen Wortlaut ist damit von der Anordnung einer gesetzlichen Personalgestellung auszugehen. Auch die Systematik und der Gesamtzusammenhang der verschiedenen Regelungen machen deutlich, dass der Gesetzgeber durch das Gesetz selbst sicherstellen wollte, dass alle Beschäftigten, die vorher bei den Versorgungsämtern tätig waren, zukünftig bei einer Bezirksregierung, einer kommunalen Körperschaft oder dem Personaleinsatzmanagement tätig werden, um die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben bei den zukünftigen Aufgabenträgern möglichst reibungslos fortzuführen.

34

Dies bestätigt die Entstehungsgeschichte: Im ursprünglichen Gesetzentwurf der Landesregierung war die Formulierung „kraft Gesetzes“ nicht enthalten, sondern der Entwurf des § 10 Abs. 5 VersÄmtEinglG sah eine „Entscheidung über die personalrechtlichen Einzelmaßnahmen … auf der Grundlage eines Zuordnungsplans“ vor (Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/4342 S. 7, 8). In der damaligen Begründung wurde § 10 Abs. 1 VersÄmtEinglG als „gesetzliche Regelung zur Personalgestellung auf der Grundlage des § 4 Abs. 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L)“ bezeichnet(Landtag Nordrhein-Westfalen aaO S. 27). Im Folgenden ist es aufgrund des Berichts des Ausschusses für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform zu der letztlich verabschiedeten Fassung gekommen. In der Begründung der Beschlussempfehlung (Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/5208 S. 35, 36) heißt es dazu unter anderem:

        

„zu Ziffer 3 a und 3 b: [Änderungen zu § 10 Abs. 1 und 2] Die Änderungen sind erforderlich, um keinen Zweifel aufkommen zu lassen, dass es sich um eine gesetzliche Personalüberleitung handelt. Personalrechtlicher Einzelmaßnahmen bedarf es daher nicht mehr.“

35

cc) Allerdings legt das Gesetz für die betroffenen tariflich Beschäftigten nicht selbst nach abstrakt-generellen Kriterien fest, wo sie zukünftig ihre Arbeitsleistung zu erbringen haben. Vielmehr bestimmt es lediglich Rahmenregelungen für das Verfahren und die Kriterien der Personalauswahl zur Umsetzung des gesetzlichen Übergangs (vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/5208 S. 36 zu Ziffer 3, 4). Darüber hinaus gibt es vor, wie viel Personal bei den entsprechenden Behörden und Körperschaften jeweils zur Erfüllung der Aufgaben benötigt wird (§ 23 Abs. 6 iVm. Anlage 2 VersÄmtEinglG).

36

Gemäß § 10 Abs. 5 VersÄmtEinglG hat die Bestimmung der konkreten Zuordnung und damit der zukünftigen Beschäftigungsdienststelle durch den vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales zu erstellenden Zuordnungsplan zu erfolgen. Dieser stellt damit das erforderliche Bindeglied zwischen dem angeordneten Übergang der tariflich Beschäftigten in ihrer Gesamtheit und dem des einzelnen Beschäftigten her. Erst mit Erstellung des Zuordnungsplans und der Bekanntgabe des den jeweiligen Beschäftigten betreffenden Inhalts kann das beklagte Land als Arbeitgeber den vom Gesetz vorgegebenen Erfolg, nämlich die Erbringung der Arbeitsleistung beim neuen Aufgabenträger, erreichen. Die Erstellung des Zuordnungsplans ist damit gesetzlich vorgeschriebener Bestandteil der Überleitungsentscheidung, ohne dass damit der Zuordnungsplan selbst Bestandteil des Gesetzes wäre. Einer solchen Annahme steht schon der Wortlaut des § 10 Abs. 5 VersÄmtEinglG entgegen. Die Norm spricht lediglich von einer Vorbereitung durch das Ministerium, enthält aber keine hinreichend konkrete Verweisung, aus der sich eine Inkorporierung in das Gesetz entnehmen ließe. Vielmehr überlässt das Gesetz dem Ministerium gerade die notwendigen Schritte zur tatsächlichen Durchführung des gesetzlichen Übergangs, insbesondere die Auswahlentscheidung nach vorgegebenen Kriterien.

37

Diese Zweiteilung führt nicht dazu, dass das Gesetz selbst zu unbestimmt wäre. Es legt sowohl den Übergang der Aufgaben als auch die Aufnahmedienststellen fest und bestimmt den Weg und die Methode, auf dem bzw. wie die konkrete Auswahlentscheidung zu treffen ist. Für die einzelnen tariflich Beschäftigten sind damit die jeweiligen Rechtsfolgen hinreichend deutlich erkennbar.

38

d) Die Regelungen des VersÄmtEinglG verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.

39

aa) Ein Verstoß gegen landesverfassungsrechtliche Vorschriften ist nicht gegeben. Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Verfassungsbeschwerden verschiedener kommunaler Körperschaften gegen das VersÄmtEinglG zurückgewiesen (23. März 2010 - VerfGH 19/08 ua. -).

40

bb) Es kann dahinstehen, ob den verfassungsrechtlichen Bedenken zu folgen ist, die das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zu einem Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG bewogen haben(3. September 2008 - L 10 VG 20/03 -; Aktenzeichen beim BVerfG - 2 BvL 20/08 -). Das Gericht hat jedenfalls nur insoweit verfassungsrechtliche Bedenken gegen das VersÄmtEinglG geltend gemacht, als Aufgaben im Bereich des Sozialen Entschädigungsrechts und der Kriegsopferversorgung von der Versorgungsverwaltung auf die Landschaftsverbände übertragen wurden. Mit solchen Aufgaben war und ist die Klägerin nicht befasst. Im Übrigen sind dieser Entscheidung mehrere Senate des Bundessozialgerichts entgegengetreten (25. Juni 2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291, betreffend Aufgaben nach dem BEEG; 23. April 2009 - B 9 VG 1/08 R - betreffend Opferentschädigung; 23. April 2009 - B 9 SB 3/08 R - SozialVerw 2009, 59, betreffend Schwerbehindertenrecht; 11. Dezember 2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149, betreffend Kriegsopferversorgung).

41

cc) Das beklagte Land war gesetzgebungsbefugt.

42

Nach Art. 70 Abs. 1 GG haben die Länder das Recht zur Gesetzgebung, soweit nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verliehen worden sind. Von der dem Bund gemäß Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 GG bis zum 1. September 2006 zustehenden Kompetenz, Rahmenvorschriften für die Gesetzgebung der Länder über die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienst der Länder stehenden Personen zu erlassen, hat dieser - soweit hier von Bedeutung - keinen Gebrauch gemacht. Auf die in Art. 125b Abs. 1 GG geschaffene Übergangsregelung kommt es daher nicht an.

43

Dem Bund steht außerdem nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG das Recht zur konkurrierenden Gesetzgebung im Arbeitsrecht zu. Von dieser Kompetenz hat der Bund, soweit es die gesetzliche Überleitung von Arbeitsverhältnissen betrifft, ebenfalls keinen Gebrauch gemacht, sondern nur rechtsgeschäftliche Übergänge nach § 613a BGB geregelt(vgl. BAG 2. März 2006 - 8 AZR 124/05 - Rn. 27, BAGE 117, 184, und 18. Dezember 2008 - 8 AZR 660/07 - Rn. 44, AP BGB § 613a Nr. 366). Gleiches gilt hinsichtlich einer gesetzlichen Regelung über die Personalgestellung. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz trifft keine Regelungen zu der Frage, wann ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes verpflichtet ist, seine Arbeitsleistung bei einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes zu erbringen. Ebenso wenig steht der gesetzlichen Regelung die Vorschrift des § 613 Satz 2 BGB entgegen. Diese enthält lediglich eine abdingbare Auslegungsregelung, die nicht ausschließt, dass der Landesgesetzgeber eine eigenständige Regelung für das bei ihm beschäftigte Personal trifft (zum gesetzlich angeordneten Übergang der Arbeitsverhältnisse BAG 18. Dezember 2008 - 8 AZR 660/07 - Rn. 42, aaO).

44

dd) Das Grundrecht der Berufsfreiheit der Klägerin (Art. 12 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt.

45

(1) Mit den Regelungen des VersÄmtEinglG greift der Landesgesetzgeber in die durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Berufsausübungsfreiheit der bei den Versorgungsämtern Beschäftigten ein.

46

(a) Die freie Wahl des Arbeitsplatzes der Klägerin wird durch das Gesetz nicht berührt, da es sich nicht um eine gesetzliche Überleitung des Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Arbeitgeber handelt, sondern das Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land gemäß § 10 Abs. 7 VersÄmtEinglG unter Beibehaltung der bisherigen tariflichen Regelungen aufrechterhalten bleibt. Es liegt aber ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin vor, da sie gegen ihren Willen und ohne Einräumung eines Widerspruchsrechts durch gesetzliche Regelung verpflichtet wird, ihre Arbeitsleistung zukünftig einem anderen Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen und sich dessen Direktionsrecht im Rahmen der Erbringung ihrer Aufgaben zu unterwerfen.

47

(b) Solche die Berufsausübung einschränkenden Regelungen sind verfassungsgemäß, wenn sie durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. Eingriffe in die Berufsfreiheit dürfen dabei nicht weitergehen, als es die sie rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern (vgl. BVerfG 9. Juni 2004 - 1 BvR 636/02 - zu B I 1 b der Gründe, BVerfGE 111, 10).

48

(2) Daran gemessen bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die landesgesetzliche Regelung.

49

(a) Mit dem VersÄmtEinglG verfolgt der Landesgesetzgeber das Ziel, Sonderbehörden soweit wie möglich aufzulösen, ihre Aufgaben zu kommunalisieren und in die allgemeine Verwaltung zu integrieren (Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/4342 S. 1). Er will damit die Verwaltungsstrukturen veränderten gesellschaftlichen Bedingungen anpassen, durch die Kommunalisierung der Aufgaben den Ortsbezug stärken und bestehendem Beratungsbedarf Rechnung tragen (Landtag Nordrhein-Westfalen aaO S. 23). Darüber hinaus sollen langfristig die Personal- und Sachausgaben deutlich sinken (Landtag Nordrhein-Westfalen aaO S. 2, 3). Durch die Übertragung bzw. Gestellung des „operativ tätigen Personals“ zum Zeitpunkt der Aufgabenübertragung soll ein reibungsloser Aufgabenübergang sichergestellt werden (Landtag Nordrhein-Westfalen aaO S. 30).

50

Dabei handelt es sich um vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die im Rahmen des Einschätzungsspielraums des Gesetzgebers eine Veränderung der Verwaltungsstruktur einschließlich notwendiger personeller Maßnahmen rechtfertigen können.

51

(b) Die durch das VersÄmtEinglG erfolgenden Eingriffe in die Rechte der Beschäftigten sind nicht unverhältnismäßig.

52

(aa) Die Maßnahme erscheint geeignet, einen reibungslosen Übergang der Aufgaben und deren nahtlose Erfüllung nach der Neustrukturierung der Verwaltung sicherzustellen.

53

(bb) Es sind keine deutlichen Umstände erkennbar, die gegen eine Erforderlichkeit der gesetzlichen Regelung sprächen. Zwar hätte der Gesetzgeber insbesondere im Hinblick auf die Regelung des § 4 Abs. 3 TV-L auf personelle Einzelmaßnahmen zurückgreifen können. Abgesehen davon, dass der Eingriff in die Rechte der Beschäftigten nicht geringer gewesen wäre, wäre der Übergang aller Beschäftigten zum Zeitpunkt der Aufgabenübertragung nicht sichergestellt gewesen. Es besteht auf Seiten der Beschäftigten keine umfassende Tarifbindung an den TV-L, so dass in vielen Fällen nur auf vertragliche Bezugnahmeklauseln hätte zurückgegriffen werden können. Im Hinblick auf die Umstellung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes war aber noch im Jahre 2007 nicht unumstritten, ob alle Vertragsklauseln zu einer Anwendung des TV-L führen (vgl. dazu BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - DB 2010, 1888; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

54

(cc) Die Regelung führt zu keinem unangemessenen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit, sie ist verhältnismäßig im engeren Sinn. Zwar kann die gesetzlich angeordnete Personalgestellung zu einer anderen Körperschaft erhebliche Veränderungen der Tätigkeit des Arbeitnehmers im Hinblick auf den Ort und die Umstände der Erbringung der Arbeitsleistung bewirken. Die rechtlichen, insbesondere tariflichen Bedingungen der Erbringung der Arbeitsleistung bleiben dabei aber unverändert. Dem Arbeitnehmer steht, da er entweder einer Landesbehörde (Bezirksregierung) oder einer kommunalen Körperschaft oder dem Personaleinsatzmanagement zugeordnet ist, ein vergleichbarer Dienstherr gegenüber. Darüber hinaus bestehen Regelungen zum Ausgleich ggf. auftretender Belastungen, zB durch die TEVO NW oder die Bereitstellung von Fahrdiensten. Schließlich hat der Gesetzgeber ausdrücklich angeordnet, dass bei der Zuordnungsentscheidung soziale Kriterien neben dienstlichen Belangen zu berücksichtigen sind. Damit ist sichergestellt, dass bei der konkreten Zuordnungsentscheidung kein vermindertes Schutzniveau gegenüber den Regelungen des § 106 GewO oder des § 4 Abs. 3 TV-L besteht. Insoweit unterliegt die Zuordnung der Arbeitnehmer zu den jeweiligen neuen Tätigkeitsfeldern der gerichtlichen Kontrolle. Für die Verhältnismäßigkeit der gesetzlichen Regelung spricht auch, dass sie sich im Kern an den einschlägigen tariflichen Regelungen des öffentlichen Dienstes, insbesondere an § 4 Abs. 3 TV-L orientiert hat. Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner Einräumung eines gesetzlichen Widerspruchsrechts, da andernfalls die Gefahr bestanden hätte, dass gesetzlich geforderte Aufgaben der Verwaltung nach der Umstrukturierung zumindest vorübergehend nicht mehr in angemessener Weise erbracht werden können.

55

(c) Die Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit gehen nicht weiter als sie durch die genannten Gemeinwohlbelange gerechtfertigt sind. Der Gesetzgeber hat sich hinsichtlich der tariflich Beschäftigten auf die erforderliche Anordnung des Übergangs innerhalb der Landesbehörden bzw. der Personalgestellung zu kommunalen Körperschaften beschränkt.

56

ee) Auch wenn in den Regelungen des VersÄmtEinglG ein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Tarifautonomie liegt, ist dieser gerechtfertigt.

57

(1) Art. 9 Abs. 3 GG schützt nicht nur den Einzelnen in seiner Freiheit, eine Vereinigung zur Wahrung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu gründen, ihr beizutreten oder fernzubleiben oder sie zu verlassen. Geschützt ist auch die Koalition selbst in ihrem Bestand, ihrer organisatorischen Ausgestaltung und ihren Betätigungen, sofern diese der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dienen. Der Schutz ist nicht von vornherein auf einen Kernbereich koalitionsmäßiger Betätigung beschränkt. Er erstreckt sich vielmehr auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen und umfasst insbesondere auch die Tarifautonomie, die im Zentrum der den Koalitionen eingeräumten Möglichkeiten zur Verfolgung ihrer Zwecke steht. Das Aushandeln von Tarifverträgen ist ein wesentlicher Zweck der Koalitionen. Zu den der Regelungsbefugnis der Koalitionen überlassenen Materien gehören insbesondere das Arbeitsentgelt und die anderen materiellen Arbeitsbedingungen (vgl. zuletzt BVerfG 27. April 1999 - 1 BvR 2203/93, 1 BvR 897/95 - zu B II 1 a der Gründe, BVerfGE 100, 271; 3. April 2001 - 1 BvL 32/97 - zu B 1 der Gründe, BVerfGE 103, 293).

58

(2) In diesen Schutzbereich könnte die durch § 10 VersÄmtEinglG angeordnete gesetzliche Personalgestellung eingreifen.

59

Die Regelung zielt zwar nicht auf eine Beschränkung der Koalitionsfreiheit, sondern verfolgt den Zweck, eine nahtlose Erfüllung der Aufgaben der Verwaltung auch nach deren Umstrukturierung sicherzustellen. Sie könnte aber die praktische Wirksamkeit tariflicher Regelungen und damit ausgeübter Tarifautonomie beeinträchtigen, indem sie bestehende tarifliche Regelungen zur Personalgestellung unangewendet lässt und paralleles Gesetzesrecht schafft. Die Bedeutung der für das beklagte Land kraft Tarifbindung verbindlichen Regelungen wird damit geschmälert und damit unter Umständen die Verhandlungsposition der Gewerkschaften bei zukünftigen Tarifverhandlungen geschwächt.

60

(3) Nimmt man einen solchen Eingriff an, so ist dieser durch verfassungsrechtlich legitimierte, überwiegende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt.

61

Die in Art. 9 Abs. 3 GG garantierte Koalitionsfreiheit kann, obwohl sie ohne Gesetzesvorbehalt gewährleistet ist, jedenfalls zum Schutz von Gemeinwohlbelangen eingeschränkt werden, denen gleichermaßen verfassungsrechtlicher Rang gebührt. Dem Gesetzgeber ist es, wenn solche Gründe vorliegen, grundsätzlich nicht verwehrt, Fragen zu regeln, die Gegenstand von Tarifverträgen sein können. Der Grundrechtsschutz ist nicht für alle koalitionsmäßigen Betätigungen gleich intensiv. Die Wirkkraft des Grundrechts nimmt vielmehr in dem Maße zu, in dem eine Materie aus Sachgründen am besten von den Tarifvertragsparteien geregelt werden kann, weil sie nach den Vorstellungen des Verfassungsgebers die gegenseitigen Interessen angemessener zum Ausgleich bringen als der Staat. Das gilt vor allem für die Festsetzung der Löhne und anderer materieller Arbeitsbedingungen. Je gewichtiger der Schutz ist, den Art. 9 Abs. 3 GG gewährt, desto schwerwiegender müssen die Gründe sein, die einen Eingriff rechtfertigen sollen (BVerfG 27. April 1999 - 1 BvR 2203/931 BvR 897/95 - zu B II 1 c aa der Gründe mwN, BVerfGE 100, 271).

62

(a) § 10 VersÄmtEinglG dient verfassungsrechtlich legitimierten Gemeinwohlbelangen. Durch die Gestellung des „operativ tätigen Personals“ zum Zeitpunkt der Aufgabenübertragung soll ein reibungsloser Aufgabenübergang und damit eine zeitnahe und sachgerechte Entscheidung über die durch das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG geschützten Ansprüche der Bürger sichergestellt werden.

63

(b) Die Regelung ist - wie oben unter II 1 d) dd) (2) (b) (bb) ausgeführt - geeignet und erforderlich, um den reibungslosen Übergang der Aufgaben zu erreichen.

64

(c) Sie ist verhältnismäßig im engeren Sinn. Ein Eingriff in die Tarifautonomie wäre nicht sehr weitgehend, da die tariflichen Regelungen selbst nicht beseitigt werden. Er ist auch auf einen einmaligen Sachverhalt im Zusammenhang mit der Auflösung der Versorgungsämter beschränkt. Die Weitergeltung der übrigen tarifvertraglichen Regelungen des TV-L wird durch die gesetzliche Regelung für die betroffenen Beschäftigten ausdrücklich sichergestellt. Der Gesetzgeber durfte daher trotz der bestehenden tariflichen Regelung selbst die Personalgestellung anordnen.

65

e) Das beklagte Land hat bei der Gestellung der Klägerin zur kreisfreien Stadt Bottrop ihre soziale Situation ausreichend berücksichtigt. Der Zuordnungsplan entspricht den Vorgaben von § 10 Abs. 5 VersÄmtEinglG. Er ist unter Berücksichtigung sozialer Kriterien erstellt worden.

66

aa) Mit dieser Norm hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass bei der Entscheidung über die konkrete Zuordnung der einzelnen Beschäftigten deren Interessen angemessen berücksichtigt werden. Er hat gleichzeitig unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes den Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der betroffenen Beschäftigten (Art. 12 Abs. 1 GG)begrenzt und einen Gleichklang mit den einschlägigen tariflichen und gesetzlichen Regelungen hergestellt (§ 4 Abs. 3 TV-L bzw. § 106 GewO). Sowohl im Rahmen der tariflichen Personalgestellung (vgl. dazu Preis/Greiner ZTR 2006, 290, 293) als auch bei der Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts findet eine Ausübungskontrolle dahingehend statt, ob die Interessen der Arbeitnehmer bei der konkreten Entscheidung angemessen berücksichtigt wurden. Nichts anderes gilt im Rahmen des § 10 VersÄmtEinglG.

67

bb) Das beklagte Land bediente sich zur Erstellung des Zuordnungsplans eines Punkteschemas, wobei es bestimmte Angaben im Rahmen einer Interessenabfrage von den Beschäftigten ermittelte. Dies ist nicht zu beanstanden. Gerade bei der Umsetzung von personellen Maßnahmen, die eine größere Anzahl von Beschäftigten betreffen, können Auswahl- oder Punkteschemata dazu dienen, sich einen Überblick über die soziale Lage der betroffenen Beschäftigten zu verschaffen und durch eine Reihung eine Vorauswahl nach sozialen Kriterien zu treffen (vgl. bei Versetzungen BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 29 ff., AP AGG § 7 Nr. 1 = EzA AGG § 10 Nr. 2; zur Zulässigkeit bei der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG zB BAG 9. November 2006 - 2 AZR 509/05 - Rn. 63, BAGE 120, 115).

68

cc) Weder gegen die vom beklagten Land berücksichtigten Kriterien noch gegen deren Gewichtung bestehen durchgreifende Bedenken.

69

(1) Die Zuordnung zu den neuen Beschäftigungsdienststellen hat nach den Regelungen des VersÄmtEinglG auch nach sozialen Kriterien zu erfolgen. Damit ist die gesetzgeberische Zielsetzung verbunden, nur diejenigen Beschäftigten an weiter entfernten Beschäftigungsorten einzusetzen, denen die (örtliche) Veränderung zuzumuten ist.

70

Bezogen auf diesen Zweck hat das beklagte Land alle wesentlichen Kriterien berücksichtigt, die typischerweise eine Rolle spielen. Es hat das Lebensalter, die Beschäftigungszeit, den Familienstand, das Vorhandensein von Kindern, den Umstand, ob ein Beschäftigter alleinerziehend ist, die Pflege von Angehörigen und die Frage, ob und in welchem Umfang ein Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigt ist, ebenso berücksichtigt wie eine anerkannte Schwerbehinderung (nebst dem jeweiligen Grad). Darüber hinaus hat es - was bei einem Ortswechsel von besonderer Bedeutung ist - die Entfernung zu dem jeweils beabsichtigten Einsatzort einbezogen.

71

(2) Die Gewichtung der einzelnen Kriterien ist ebenso wenig zu beanstanden. Sie verstößt auch nicht gegen die Regelungen des AGG.

72

Bei der Bewertung der Punkteverteilung ist zu beachten, dass es nicht um die Frage der Auswahl zu kündigender Arbeitnehmer geht, sondern um die Zumutbarkeit eines Ortswechsels. Deshalb haben das Lebensalter und die Beschäftigungszeit im Hinblick auf die Veränderung des Tätigkeitsumfelds und die zukünftig zurückzulegende Entfernung nicht dieselbe Bedeutung wie andere Faktoren. Gerade eine zu starke Berücksichtigung des Lebensalters könnte vielmehr Bedenken im Hinblick auf die Regelungen des AGG hervorrufen (vgl. dazu BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 52 ff., AP AGG § 7 Nr. 1 = EzA AGG § 10 Nr. 2). Andere Faktoren, wie beispielsweise die Notwendigkeit der Nutzung einer ggf. nur eingeschränkt zur Verfügung stehenden Kinderbetreuungsmöglichkeit für Alleinerziehende, sind bei der Frage der örtlichen Versetzung von größerer Bedeutung. Gleiches gilt im Hinblick auf die Bewertung einer Teilzeitbeschäftigung. Es ist unmittelbar nachvollziehbar, dass einem Arbeitnehmer mit verkürzter täglicher Arbeitszeit weite Anfahrtsstrecken in geringerem Maße zuzumuten sind, da sich das Verhältnis von Arbeitszeit und Fahrtzeit erheblich zu Ungunsten des Arbeitnehmers verändern würde. Ebenso bestehen keine Bedenken gegen eine stärkere und nach dem Grad der Behinderung ansteigende Berücksichtigung einer Schwerbehinderung. Typischerweise kann davon ausgegangen werden, dass Schwerbehinderten die durch erhöhte Fahrtzeiten auftretenden körperlichen Belastungen weniger zuzumuten sind.

73

In seiner Gesamtheit ist das angewandte Punkteschema geeignet, aber auch angemessen und erforderlich, um zu einem Ausgleich der Interessen der verschiedenen Beschäftigten zu kommen. Hiervon ist auch die im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 5 LPVG NW zusammengetretene Einigungsstelle ausgegangen. Bedenken gegen den erstellten Zuordnungsplan und die verwendeten Auswahlkriterien wurden dort nicht erhoben.

74

dd) Die Ausübung billigen Ermessens erfordert allerdings über die Anwendung eines Punkteschemas hinaus stets eine Überprüfung des sich im Einzelfall ergebenden Ergebnisses. Damit wird sichergestellt, dass ggf. bisher unberücksichtigte Umstände Beachtung finden und die in jedem Punktesystem liegenden Härten und Vereinfachungen einer Überprüfung unterzogen werden.

75

Das beklagte Land hat in grundsätzlich nicht zu beanstandender Weise eine solche Härtefallprüfung vorgenommen und dabei zwischen persönlichen Härtefällen und sog. Entfernungshärtefällen unterschieden. Im Rahmen der persönlichen Härtefälle hat es individuelle Faktoren berücksichtigt. Im Hinblick auf die Entfernungshärtefälle hat es allerdings wiederum auf das Punktesystem zurückgegriffen und eine bestimmte Mindestpunktzahl verlangt. Dies ist nicht unbedenklich, da die Berücksichtigung sozialer Kriterien nicht bloß schematisch erfolgen darf. So ist es durchaus denkbar, dass aufgrund individueller sozialer Faktoren, die im Punkteschema keinen Niederschlag gefunden haben und noch nicht zu einer Bewertung als persönlicher Härtefall führen, eine an sich zumutbare Fahrstrecke in der Gesamtwertung als unzumutbar angesehen werden muss. Deswegen bedarf es auch ohne das Erreichen dieser Punktzahl einer individualisierten Schlussprüfung, ob die getroffene Maßnahme dem Beschäftigten unter Berücksichtigung der dienstlichen Belange und sozialer Kriterien zuzumuten ist. Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (zur Entscheidung über einen Altersteilzeitantrag BAG 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31).

76

ee) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die in Bezug auf die Klägerin getroffene Zuordnungsentscheidung nicht zu beanstanden, wobei dahinstehen kann, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. zB BAG 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31; aA zB 24. April 1996 - 5 AZR 1031/94 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 48 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 18; zu der Kontroverse GMP/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 73 Rn. 10). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer vollen Überprüfung durch das Revisionsgericht stand.

77

(1) Nach sozialen Kriterien hätte zwar die Klägerin (32,63 Sozialpunkte inkl. Entfernungspunkte) dem wohnortnäheren Kreis Recklinghausen zu-geordnet werden müssen und nicht ihr Gruppenleiter P (19,1 Sozialpunkte). Dessen Zuordnung zum Kreis Recklinghausen ist aber durch dienstliche Belange gerechtfertigt, die nach § 10 Abs. 5 VersÄmtEinglG bei der Erstellung des Zuordnungsplans angemessen zu berücksichtigen sind.

78

Führt die Berücksichtigung dienstlicher Belange zu einer anderen Zuordnung, als sie bei ausschließlicher Anwendung sozialer Kriterien erfolgen würde, bedarf es der Abwägung zwischen den sozialen sowie den dienstlichen Belangen. Im Kreis Recklinghausen sind nach dem Verteilschlüssel BEEG (Anlage 2 zum VersÄmtEinglG) die meisten Mitarbeiter dieses Bereichs tätig (6,0 Kreis Recklinghausen, 3,0 Gelsenkirchen, 1,0 Bottrop). Es liegt aus dienstlichen Gründen nahe, eine Führungskraft dort zu beschäftigen, wo der überwiegende Teil der unterstellten Mitarbeiter arbeitet. Andererseits beträgt der Entfernungsunterschied für die Klägerin zwischen den Arbeitsstätten in Recklinghausen und Bottrop lediglich 8,1 km (16,7 km Recklinghausen, 24,8 km Bottrop). Die Zuordnungsentscheidung ist deshalb nicht zu beanstanden.

79

(2) Die Mitarbeiterin S weist 39,5 Sozialpunkte auf. Dies rechtfertigt gegenüber der Klägerin die vorrangige Zuordnung zur Stadt Gelsenkirchen.

80

(3) Soweit das Landesarbeitsgericht erkannt hat, dass besondere Umstände, die im Einzelfall im Rahmen einer Härtefallregelung gegen eine Zuordnung zum neuen Dienstort Bottrop sprechen, nicht vorhanden sind, ist dies frei von Rechtsfehlern.

81

Das beklagte Land war nicht verpflichtet, die Klägerin einem wohnortnäheren Dienstort zuzuordnen, weil sie ihre 12-jährige Tochter in der dunklen Jahreszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Schule bzw. sonst bis zur Bushaltestelle begleitet. Zwar gebietet Art. 6 Abs. 1 GG einen besonderen Schutz von Ehe und Familie und berechtigt die Familienmitglieder, ihre Gemeinschaft nach innen in familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten(BVerfG 18. April 1989 - 2 BvR 1169/84 - zu B I 4 b der Gründe, BVerfGE 80, 81). Diesem Schutzauftrag hat das beklagte Land bereits dadurch entsprochen, dass es im Zuordnungsplan minderjährige Kinder mit fünf Sozialpunkten bedacht hat.

82

Es ist nicht dargelegt, dass darüber hinaus die Betreuung des minderjährigen Kindes eine Härtefallregelung zugunsten der Klägerin erforderte. Das beklagte Land ist nicht verpflichtet, jeder individuellen Betreuungsentscheidung einer Familie durch eine Härtefallregelung Rechnung zu tragen. Ein Härtefall kann vielmehr nur dann angenommen werden, wenn trotz eigener zumutbarer Bemühungen des Arbeitnehmers die Betreuung eines Kindes und die Berufstätigkeit nicht zu koordinieren sind. Eigene Bemühungen hat die Klägerin nicht dargelegt, insbesondere ist nicht zu erkennen, aus welchen besonderen Gründen nahe liegende Maßnahmen wie die erneute Anschaffung eines Pkw oder die Übernahme eines Teils der Betreuung durch den Vater nicht in Betracht kamen.

83

f) Die Personalgestellung der Klägerin verstößt nicht gegen Regelungen des Landespersonalvertretungsgesetzes Nordrhein-Westfalen (LPVG NW).

84

aa) Es kann dahinstehen, ob es sich beim Zuordnungsplan gemäß § 10 Abs. 5 VersÄmtEinglG um einen Sozialplan iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 5 LPVG NW handelt(vgl. dazu VerwG Düsseldorf 16. November 2007 - 34 L 1750/07.PVL - zu C 2 der Gründe, SozialVerw 2009, 28) und welche Auswirkungen eine fehlende Mitbestimmung auf die Personalgestellung selbst hätte.

85

Das beklagte Land hat das Mitbestimmungsverfahren nach vorläufiger Inkraftsetzung des Zuordnungsplans gemäß § 66 Abs. 8 LPVG NW durchgeführt und dieses im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens am 18. April 2008 zum Abschluss gebracht. Spätestens seit diesem Zeitpunkt liegt damit eine mitbestimmte Regelung vor.

86

bb) Es bedarf keiner Entscheidung, ob die zum 31. Dezember 2007 gemäß § 10 Abs. 1 Halbs. 1 VersÄmtEinglG erfolgte Überleitung auf das MAGS der Mitbestimmung nach den Regelungen des LPVG NW unterlag, da diese Überleitung nicht streitgegenständlich ist.

87

cc) Die Personalgestellung zur kreisfreien Stadt Bottrop ist keine Versetzung iSv. § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NW und unterlag daher nicht der Mitbestimmung des abgebenden Personalrats.

88

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für den Inhalt der im Rahmen des Personalvertretungsrechts gewählten Begriffe regelmäßig auf das einschlägige tradierte Verständnis des Dienstrechts, insbesondere des Beamtenrechts abzustellen. Verwendet der Gesetzgeber des Personalvertretungsgesetzes Begriffe aus dem Dienstrecht, liegt es nahe, dass er sich auf den dienstrechtlichen Begriffsinhalt bezieht. Dies ist aber nicht zwingend. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich nicht gehindert, dienstrechtlichen Begriffen im Personalvertretungsgesetz eine vom Dienstrecht abweichende Bedeutung beizumessen. Davon kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn er hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt, dass er von dem dienstrechtlichen Begriffsinhalt abweichen will. Enthält das Personalvertretungsrecht keine solchen Anhaltspunkte, ist grundsätzlich auf die dienstrechtliche Definition abzustellen. Es ist dann nach dem Zweck des Mitbestimmungsrechts zu ermitteln, ob der personalvertretungsrechtliche Gehalt in jeder Hinsicht dem dienstrechtlichen entspricht. Ein Auseinanderfallen der Begriffe darf nicht dazu führen, dass diese im Personalvertretungsrecht auf Sachverhalte angewandt werden, denen wesentliche Elemente des dienstrechtlichen Begriffsinhalts fehlen (BVerwG 12. September 2002 - 6 P 11.01 - zu II 1 aa der Gründe, AP LPVG Berlin § 86 Nr. 2; 6. April 1984 - 6 P 12.82 - zu II der Gründe, Buchholz 238.36 PersVG ND § 6 Nr. 1).

89

Ob ein Beschäftigter versetzt wird, beurteilt sich damit auf der Grundlage des auf sein Beschäftigungsverhältnis anzuwendenden Statusrechts und nach Maßgabe des verwaltungsorganisatorischen Aufbaus der Dienststelle, der er angehört (BAG 6. August 1991 - 1 AZR 573/90 - zu II 2 der Gründe, ZTR 1992, 128). Während bei Beamten unter Versetzung iSv. § 26 aF BBG(nunmehr: § 28 Abs. 1 BBG) die auf Dauer angelegte Übertragung eines anderen Amts im funktionellen Sinn bei einer anderen Behörde desselben oder eines anderen Dienstherrn zu verstehen ist (BVerwG 15. November 2006 - 6 P 1.06 - Rn. 17, BVerwGE 127, 142), ist bei Arbeitnehmern des öffentlichen Diensts unter Versetzung grundsätzlich ein dauerhafter Wechsel auf einen Arbeitsplatz in einer anderen Dienststelle desselben Arbeitgebers zu verstehen (vgl. BAG 22. Januar 2004 - 1 AZR 495/01 - zu II 2 b aa der Gründe, AP ZPO § 91a Nr. 25). Hieran hat sich auch nach Inkrafttreten des TV-L nichts geändert. Vielmehr definiert die Protokollerklärung Nr. 2 zu § 4 Abs. 1 TV-L als Versetzung ausdrücklich die Zuweisung einer auf Dauer bestimmten Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle oder einem anderen Betrieb desselben Arbeitgebers unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses.

90

(2) Bei den Personalgestellungen iSd. § 10 VersÄmtEinglG handelt es sich nicht um Versetzungen iSd. § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NW.

91

Als Personalgestellung im Sinne des TV-L wird gemäß Satz 1 der Protokollerklärung zu § 4 Abs. 3 TV-L die auf Dauer angelegte Beschäftigung bei einem Dritten unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses bezeichnet. Keinen anderen Inhalt hat die Personalgestellung nach den Regelungen des VersÄmtEinglG; hinsichtlich deren Ausgestaltung wird ausdrücklich - wie in Satz 2 der Protokollerklärung zu § 4 Abs. 3 TV-L - auf den Abschluss von Personalgestellungsverträgen verwiesen. Damit unterscheidet sich die Personalgestellung von der Versetzung im tarifrechtlichen Sinne gerade dadurch, dass die Beschäftigung bei einem Dritten erfolgt.

92

Dies schließt nicht grundsätzlich aus, dass bei der Schaffung neuer, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des entsprechenden Personalvertretungsgesetzes noch nicht existierender Tarifbegriffe diese nach dem Zweck des Mitbestimmungsrechts unter bestehende Normen subsumiert werden können oder dass eine analoge oder entsprechende Anwendung in Betracht kommt (vgl. zur Personalgestellung Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler BPersVG 6. Aufl. § 75 Rn. 78; Jordan Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD/TV-L PersR 2007, 378; Welkoborsky Gestellung und Personalvertretung in Sozialer Dialog in der Krise 2009 S. 107, 112 ff.; wohl auch Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Juni 2010 § 4 Rn. 46 [aus Gründen der Rechtssicherheit]; aA Sponer/Steinherr TV-L Stand Mai 2010 § 4 Rn. 144).

93

Im Falle des § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NW ist dies allerdings im Hinblick auf die mit Wirkung vom 17. Oktober 2007 erfolgte Novellierung des Personalvertretungsrechts in Nordrhein-Westfalen nicht möglich (ebenso VerwG Münster 18. Dezember 2007 - 22 L 667/07.PVL -; VerwG Minden 5. Dezember 2007 - 12 L 555/07.PVL -; VerwG Köln 28. November 2007 - 34 L 1580/07.PVL -). Ziel der Gesetzesnovellierung war ua. die Anpassung an die Regelungen des Bundespersonalvertretungsrechts und an Bestimmungen des neuen Tarifrechts (Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/4239 S. 2, 85). Dementsprechend ist beispielsweise der Mitbestimmungstatbestand des § 72 Abs. 1 Nr. 6 LPVG NW(„… Zuweisung … von Arbeitnehmern gemäß tarifrechtlicher Vorschriften für eine Dauer von mehr als drei Monaten und ihre Aufhebung“) verändert worden. Zur Begründung wurde auf eine „Rechtsfolgeänderung infolge … des neuen Tarifrechts“ verwiesen (Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/4239 S. 98). Die Aufnahme eines Mitbestimmungstatbestands bei der Personalgestellung ist dagegen - trotz entsprechender Bestrebungen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens (vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/5034 S. 62 und Stellungnahme 14/1211 zum Gesetzentwurf S. 13, 14) - unterblieben. Gleichzeitig ist ein vorher bestehender Mitbestimmungstatbestand im Zuge der Novellierung gestrichen worden, der sich auf Personalgestellungsverträge bezog (§ 72 Abs. 4 Nr. 19 LPVG NW aF). Danach muss davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Fehlen eines Mitbestimmungstatbestands hinsichtlich der Personalgestellung um eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung und nicht um eine unbewusste Lücke handelt. Weder kann daher die Personalgestellung als Versetzung iSd. § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NW angesehen werden noch ist eine analoge Anwendung dieser Vorschrift möglich(vgl. dazu BAG 18. März 2010 - 6 AZR 156/09 - Rn. 27, NZA 2010, 824). Soweit dadurch eine Schutzlücke für die Beschäftigten entstanden ist, die dauerhaft einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen werden, ist dies durch den Gesetzgeber gewollt.

94

dd) Es kann dahinstehen, ob die Eingliederung der Klägerin in die Dienststelle der kreisfreien Stadt Bottrop als Einstellung iSd. § 72 Abs. 1 Nr. 1 LPVG NW anzusehen ist und deshalb der Beteiligung des dort bestehenden Personalrats bedurfte.

95

Auch wenn dies der Fall war (vgl. etwa BVerwG 16. September 1994 - 6 P 32.92 - BVerwGE 96, 355; 20. Mai 1992 - 6 P 4.90 - BVerwGE 90, 194), steht die fehlende Beteiligung des Personalrats einem Einsatz der Klägerin in der kreisfreien Stadt Bottrop nicht entgegen. Die Mitbestimmung bei der Einstellung nach den Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes oder der Personalvertretungsgesetze dient in erster Linie dem Schutz der bestehenden Belegschaft (vgl. BAG 5. April 2001 - 2 AZR 580/99 - zu II 2 c cc (2) und (3) der Gründe, BAGE 97, 276; BVerwG 20. Mai 1992 - 6 P 4.90 - zu II 2 b bb der Gründe, aaO). Ein Leistungsverweigerungsrecht des einzelnen Arbeitnehmers besteht deswegen nur dann, wenn der Betriebsrat oder Personalrat die Aufhebung der Beschäftigung des ohne seine Zustimmung Eingestellten begehrt (BAG 5. April 2001 - 2 AZR 580/99 - aaO). Dies ist von keiner Seite vorgetragen worden.

96

2. Aus vorstehenden Erwägungen ist auch der Antrag zu 2. unbegründet.

97

III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Alex    

        

    Frese    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.