Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Dez. 2010 - 8 Sa 710/09

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2010:1208.8SA710.09.0A
bei uns veröffentlicht am08.12.2010

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 16.9.2009, Az.: 1 Ca 156/09, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit mehrerer fristloser sowie ordentlicher Kündigungen.

2

Die am 13.12.1957 geborene, verheiratete Klägerin war seit dem 01.10.1999 bei der Beklagten, einer im Online-Kreditgeschäft tätigen Bank, die ca. 65 Mitarbeiter beschäftigt, zu einem Bruttomonatsgehalt von 3.982,00 Euro angestellt. Zuletzt hatte sie zwei Funktionen inne: Gemeinsam mit einer weiteren Kollegin war sie als Sekretärin für die beiden Geschäftsführer der Beklagten tätig; zum anderen war sie als Personalsachbearbeiterin beschäftigt. Ihre vertragsgemäße regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit belief sich auf 39 Stunden.

3

Die Beklagte lässt ihre Gehaltsabrechnungen extern von der Fa. W erstellen. Diesbezüglich oblag es der Klägerin, der Fa. W monatlich per e-mail die von den Mitarbeitern der Beklagten im Vormonat erbrachten (Über-)Stunden zu übermitteln. Dies betraf auch etwaige, von ihr selbst geleisteten Überstunden. Die Fa. W erstellte sodann - unter Verwendung der Angaben der Klägerin - die monatlichen Gehaltsabrechnungen, auf deren Basis die Auszahlung der Arbeitsvergütung jeweils erfolgte.

4

In der Zeit von Mai 2004 bis einschließlich Dezember 2008 meldete die Klägerin der Fa. W (angeblich) von ihr geleistete Überstunden, was zur Auszahlung einer Überstundenvergütung in Höhe von ca. 140.000,00 Euro führte. Wegen der Meldungen der Klägerin im Einzelnen wird auf die Anlagen B 5 - B 64 (Bl. 122 - 188 d.A.) verwiesen.

5

Bezogen auf die zuschlagspflichtigen Arbeitszeiten am Wochenende und an Feiertagen, allerdings unter Hochrechnung der Zuschläge (d.h. z.B. an Sonntagen statt 10 Stunden wegen des einhundertprozentigen Zuschlags 20 Stunden) hat sich die Klägerin folgende Beträge abrechnen und auszahlen lassen:

6

bei 112 Wochenend- und Feiertagen im Jahr 2004 für angeblich an 42 dieser Tage geleisteten insgesamt 480,5 (Über-)Stunden einen Betrag i.H.v. 9.474,80 €;

7

bei 112 Wochenend- und Feiertagen im Jahr 2005 für angeblich an 72 dieser Tage geleisteten insgesamt 1.040 (Über-)Stunden einen Betrag i.H.v. 21.362,64 €;

8

Bei 112 Wochenend- und Feiertagen im Jahr 2006 für angeblich an 81 dieser Tage geleisteten insgesamt 1.528 (Über-)Stunden einen Betrag i.H.v. 33.911,11 €;

9

bei 112 Wochenend- und Feiertagen im Jahr 2007 für angeblich an 72 dieser Tage geleisteten insgesamt 1.152,50 (Über-)Stunden einen Betrag i.H.v. 31.609,44 €;

10

bei 112 Wochenend- und Feiertagen im Jahr 2008 für angeblich an 98 dieser Tage geleisteten insgesamt 1.630 (Über-)Stunden einen Betrag i.H.v. 46.344,78 €.

11

Mit Schreiben vom 14.01.2009 und vom 19.02.2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos sowie mit Schreiben vom 27.02.2009, 03.04.2009 und 13.05.2009 ordentlich. Die Beklagte stützt diese Kündigungen auf verschiedene verhaltensbedingte Gründe, u.a. (so auch die Kündigung vom 14.01.2009) auf den Vorwurf, die Klägerin habe sich Vergütung für Überstunden abrechnen und auszahlen lassen, die sich nicht abgeleistet habe.

12

Gegen diese Kündigungen richtet sich die von der Klägerin am 26.01.2009 beim Arbeitsgericht eingereichte und mehrfach erweiterte Klage.

13

Die Klägerin hat erstinstanzlich u.a. vorgetragen, sie habe lediglich diejenigen Arbeitsstunden zur Abrechnung gebracht, die sie tatsächlich geleistet habe. Aufgrund ihrer vielseitigen und umfangreichen Aufgaben (vgl. die Aufstellung im Schriftsatz der Klägerin vom 30.03.2009, dort Seite 10 f = Bl. 276 f d.A.) sei sie völlig überlastet gewesen. Entsprechende Beschwerden habe der Mitgeschäftsführer V mit Bemerkungen wie "dann müsse sie sich besser organisieren" bzw. "dann sei sie eben zu blöd" kommentiert und sie mehrfach aufgefordert, sich eben Arbeit mit nach Hause zu nehmen. Vor diesem Hintergrund habe sie jahrelang regelmäßig an Wochenenden und gelegentlich auch abends außerhalb der Dienstzeit gearbeitet. Was die häusliche Wochenend- und Feiertagsarbeit angehe, so sei es zwar zutreffend, dass sie von zu Hause aus keinen unmittelbaren Zugriff auf das Firmennetzwerk gehabt habe; sie habe sich aber mit Zustimmung der Geschäftsleitung die erforderlichen Datensätze per e-mail nach Hause geschickt. Der Mitgeschäftsführer der Beklagten, Herr V, habe ihr ausweislich einer e-mail vom Sonntag, dem 27.10.2002, eine Anweisung zur Überarbeitung einer Unterlage und damit zur Ableistung von Überstunden erteilt. Außerdem ergebe sich aus der von der Beklagten selbst vorgelegten e-mail dieses Geschäftsführers vom 01.09.2004, dass sie - die Klägerin - ihn von ihren Überstunden im August 2004 Mitteilung gemacht habe und der Geschäftsführer damit einverstanden gewesen sei. Nach einem Urlaubsende habe sie ihr erster Weg in die Bank geführt, um nachzusehen, welche e-mails und welche Arbeiten angefallen seien. Zudem sei sie infolge von Schlafstörungen regelmäßig zwischen 3.00 Uhr und 4.00 Uhr aufgewacht und habe bereits mit der Arbeit begonnen. Es treffe auch nicht zu, dass die Fa. W keine Kontrolle ihrer Angaben vorgenommen habe. Darüber hinaus seien die Abrechnungen nebst den dazu gehörigen Sammelüberweisungen der Geschäftsleitung zur Unterschrift vorgelegt worden, so dass der Beklagten eventuelle Unregelmäßigkeiten hätten auffallen müssen.

14

Die Klägerin hat beantragt:

15

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche fristlose Kündigung vom 14.01.2009, zugegangen am 15.01.2009, nicht aufgelöst wurde.
2. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche fristlose Kündigung vom 19.02.2009, zugegangen am 21.02.2009, nicht aufgelöst wurde.
3. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche ordentliche Kündigung vom 27.02.2009, zugegangen am 27.02.2009, nicht aufgelöst wurde.
4. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung vom 03.04.2009, zugegangen am 03.04.2009, nicht aufgelöst wurde.
5. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche schriftliche Kündigung vom 13.05.2009, zugegangen am 13.05.2009, nicht aufgelöst wurde.

16

Die Beklagte hat beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Die Beklagte hat erstinstanzlich u.a. vorgetragen, die im Zeitraum von Mai 2004 bis einschließlich Dezember 2008 von der Klägerin allein an Wochenenden und Feiertagen angeblich geleisteten Überstunden seien weder angeordnet noch genehmigt worden. Die Klägerin habe diese Überstunden auch nicht abgeleistet. Der Klägerin seien keine Arbeiten übertragen worden, die eine Mehrarbeit - schon gar nicht in dem betreffenden Umfang - notwendig gemacht hätten. Das Arbeiten an Wochenenden und Feiertagen von zu Hause aus sei der Klägerin auch gar nicht möglich gewesen. Zum einen sei es verboten, Personalakten mit nach Hause zu nehmen. Zum anderen habe die Klägerin - die zwischen den Parteien unstreitig - von zu Hause aus auch gar keinen Zugriff auf das Firmennetzwerk gehabt. Die Fa. W führe lediglich eine rechnerische Kontrolle der ihr mitgeteilten Daten durch. Aus den Sammelüberweisungen, aus denen einzelne Positionen nicht ersichtlich seien und die nur zwischen 300.000,00 Euro und 330.000,00 Euro differierten, seien die Manipulationen der Klägerin ebenfalls nicht erkennbar gewesen. Es treffe auch nicht zu, dass sich die Klägerin die für ihre Arbeit erforderlichen Datensätze per e-mail oder Datenstick nach Hause transferiert habe. Eine Analyse des Postfachs der Klägerin habe ergeben, dass außer einer e-mail vom 05.01.2009 alle an die Privatadresse der Klägerin versandten e-mails ausschließlich privaten Charakter gehabt hätten. Die von der Klägerin vorgelegte e-mail vom 27.10.2002 habe eine Ausnahmesituation betroffen. Der Sachvortrag der Klägerin bezüglich der von ihr geleisteten Überstunden, insbesondere an Wochenend- und Feiertagen sei unsubstantiiert und unbeachtlich. Dies gelte insbesondere auch bezogen auf den Zeitraum unmittelbar vor Kündigungsausspruch. Ausweislich der vorgelegten und von der Klägerin nicht bestrittenen Unterlagen habe diese - unstreitig angegeben, sie habe am 24.12.2008 (Heiligabend) 8 Stunden (nebst 100 % Zuschlag) sowie am 26.12.2008 10 Stunden (nebst 100 % Zuschlag) sowie am 27.12.2008 6 Stunden (nebst 50 % Zuschlag) sowie am 28.12.2008 10 Stunden (nebst 100 % Zuschlag) gearbeitet, ohne dies anlässlich ihrer Befragung am 12.01.2009 begründen zu können. Der Mitgeschäftsführer U habe am 09.01.2009 erstmals von den Überstunden - und Gehaltsmanipulationen erfahren und den Betriebsrat mündlich am 13.01.2009 zur beabsichtigten fristlosen Kündigung unter Angabe der Sozialdaten der Klägerin sowie unter Mitteilung des Sachverhalts im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Überstunden - und Gehaltsmanipulationen unter Vorlage sämtlicher diesbezüglicher Unterlagen angehört. Der Betriebsrat habe - vor Kündigungsausspruch - am 14.01.2009 schriftlich (Bl. 313 d.A.) der Kündigung ausdrücklich zugestimmt.

19

Von einer weitergehenden Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 16.09.2009 (Bl. 793 - 804 d.A.).

20

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 16.09.2009 insgesamt abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 12 - 21 dieses Urteils = Bl. 804 - 813 d.A. verwiesen.

21

Gegen das ihr am 28.10.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26.11.2009 Berufung eingelegt und zugleich beantragt, die Frist zur Begründung der Berufung um einen Monat zu verlängern. Mit Beschluss vom 07.12.2009 wurde die Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 28.01.2010 verlängert. Am 28.01.2010 hat die Klägerin per Telefax zwei inhaltlich identische Berufungsbegründungsschriften eingereicht. Diese enthalten auf Seite 26 folgende Formulierung:

22

"Rein vorsorglich macht die Klägerin auch im vorliegenden Verfahren ihren nachstehend einbezogenen Sachvortrag in dem Parallelverfahren 1 Ca 198/09 zum Gegenstand ihres Sachvortrages. In diesem Verfahren geht es um das Rückzahlungsverlangen der Beklagten des vorliegenden Verfahrens bezüglich der nach deren Auffassung hinsichtlich der erlangten Vergütung ihr zustehenden Rückzahlungsanspruches. Der nachstehende Sachvortrag ist dementsprechend so zu lesen, dass es statt der Klägerin jeweils Beklagte und statt Beklagte jeweils Klägerin heißen muss - bezogen auf das vorliegende Verfahren."

23

Es folgen danach Abschriften von Schriftsätzen der Klägerin in einem seinerzeit beim Arbeitsgericht Mainz unter dem Az. 1 Ca 198/09 anhängigen Verfahren, endend mit einem an das Arbeitsgericht in diesem Verfahren gerichteten Schriftsatz der Klägerin vom 18.12.2009 (Bl. 946 f d.A.), der auf Seite 2 (= Bl. 947 d.A.) unterhalb des Textes die Unterschrift des Prozessbevollmächtigten der Klägerin trägt. Ein Original der Berufungsbegründungsschrift nebst mehreren Abschriften ist am 01.02.2010, nach Ablauf der verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangen.

24

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 27.05.2010 (Bl. 1323 - 1325 d.A.), auf den gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen wird, in Erfüllung eines gerichtlichen Auflagenbeschlusses vom 05.05.2010 (Bl. 1303 d.A.) vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die per Telefax eingegangene Berufungsbegründungsschrift als solche auf Seite 69 von ihrem Prozessbevollmächtigten unterzeichnet worden sei, und dass es sich insoweit nicht um die Kopie einer bereits früher, ggf. aus anderem Anlass getätigten Unterschrift handele.

25

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen vor, zu Unrecht sei das Arbeitsgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, bereits die außerordentliche Kündigung vom 14.01.2009 habe das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet. Die Entscheidung beruhe auf einer Verkennung der Darlegungs- und Beweislast. Die Beklagte sei der ihr hinsichtlich der behaupteten Kündigungsgründe obliegenden Darlegungs- und Beweislast nicht ausreichend nachgekommen. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang insbesondere auch, dass es vorliegend nicht um die Geltendmachung einer Vergütung für geleitstete Überstunden gehe, sondern vielmehr um einen (vermeintlichen) Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers aus (vermeintlicher) ungerechtfertigter Bereicherung. Die insoweit geltende Beweislastverteilung sei auch vorliegend bei der Überprüfung des Vorliegens eines Kündigungsgrundes maßgeblich. Es hätte daher der Beklagten oblegen, darzulegen und zu beweisen, dass von ihr abgerechnete Mehrarbeit seitens der Klägerin nicht geleistet worden sei. Die Beklagte habe in Person ihrer Geschäftsführer jedenfalls im Zuge der allmonatlichen Gehaltsauszahlung die Möglichkeit gehabt, die Richtigkeit der erfolgten Auszahlung zu überprüfen. Jede monatliche Sammelüberweisung sei mit einer dazugehörigen Diskettenliste versehen, aus der sich im Einzelnen ergebe, wie sich der Betrag auf der Sammelüberweisung zusammensetze. Die Geschäftsleitung der Beklagten habe daher unschwer erkennen können, dass die Vergütung der Klägerin über die vertraglich geschuldete Grundvergütung hinaus gehe. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Gehaltsunterlagen nach Fertigstellung durch die Fa. W an die Beklagte zurück gelangten und von deren Geschäftsleitung jedes Jahr einer Überprüfung unterzogen würden. Soweit das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung ausführe, einer Ableistung von Überstunden am Wochenende 05./06.01.2008 stehe der Umstand entgegen, dass es sie - die Klägerin - in der Zeit vom 02. bis 04.01.2008 Urlaub gehabt habe und am 07.01. und 08.01. 2008 arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, so erweise sich diese Schlussfolgerung bereits als fehlerhaft, weil sie ausweislich der von der Beklagten selbst vorgelegten Zeiterfassungs- Aufstellung am 07. und 08.01.2008 nicht arbeitsunfähig gewesen sei, sondern vielmehr gearbeitet habe. Zwar treffe es zu, dass sie sich am 18.12.2005 nach Venezuela begeben und somit an diesem Tag nicht gearbeitet habe. Ihre diesbezügliche Meldung von Arbeitszeit für den betreffenden Tag an die Fa. W beruhe auf einem Irrtum. Insoweit handele es sich nämlich um die irrtümliche Nennung der Arbeitszeit vom 11.12.2005 unter dem falschen Datum vom 18.12.2005. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die betreffende e-mail, mit der die geleitsteten Überstunden angemeldet worden seien, bereits vom 16.12.2005 datiere und folglich Angaben zu in der Zukunft liegenden Überstunden gar nicht hätte enthalten können oder enthalten sollen. Soweit das Arbeitsgericht auf die Gleitzeitordnung der Beklagten abstelle, so sei diese - wie bereits erstinstanzlich vorgetragen - bei ihr nicht angewendet worden. Ihr sei Arbeit zugewiesen worden, die umfangmäßig in der regulären Arbeitszeit nicht habe geleistet werden können. Aus den vorgelegten ärztlichen Attesten ergebe sich auch, dass sie seinerzeit völlig überlastet gewesen sei. Die von ihr im Zeitraum von Januar 2006 bis Dezember 2008 an Wochenenden und Feiertagen zu Hause erledigten Arbeiten und deren Umfang ergäben sich aus der nunmehr im Berufungsverfahren vorgelegten Aufstellung (Bl. 1069 - 1084 d.A.), die sie aus ihrer Erinnerung heraus erstellt habe. Es handele sich insoweit um immer wiederkehrende Tätigkeiten. Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht bei seiner Entscheidung auch davon ausgegangen, sie habe eine Vertrauensstellung inne gehabt. Es treffe auch nicht zu, dass nur eine einzige e-mail, die sie von ihrem Arbeitsplatz zu sich nach Hause gesendet habe, dienstliche Belange beinhaltet habe. Allein der von der Beklagten insoweit vorgelegte Ausdruck belege, dass es sich um vielzählige dienstliche e-mails an ihre private E-mail-Adresse gehandelt habe, wobei auch zu berücksichtigen sei, dass sie regelmäßig ihr Postfach durch Löschen erledigter e-mails bereinigt habe. Übersehen habe das Arbeitsgericht schließlich, dass die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats hinsichtlich der ersten Kündigung streitig geblieben sei.

26

Zur Darstellung aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf deren Berufungsbegründungsschrift vom 27.01.2010 (Bl. 1052 - 1155) sowie auf deren Schriftsatz vom 21.04.2010 (Bl. 1287 - 1299 d.A.) Bezug genommen.

27

Die Klägerin beantragt,

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das erstinstanzliche Urteil abzuändern und nach ihren Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.

29

Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

31

Die Beklagte vertritt die Ansicht, die Berufung sei unzulässig und verteidigt im Übrigen das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 06.04.2010 (Bl. 1232 - 1267 d.A.), auf die Bezug genommen wird.

32

Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ChristianMaria-Robert D. (Prozessbevollmächtigter der Klägerin), A. und B..

33

Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 15.09.2010 (Bl. 1369 ff d.A.) und vom 08.12.2010 (Bl. 1406 ff. d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

34

I. Die statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 28.01.2010 per Telefax eingereichte Berufungsbegründungsschrift ist vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin unterzeichnet worden und genügt daher als bestimmender Schriftsatz dem Formerfordernis des § 130 Nr. 6 ZPO.

35

Zwar trifft es zu, dass das äußere Erscheinungsbild der per Telefax eingereichten Berufungsbegründungsschrift vom 27.01.2010 für sich genommen nicht zweifelsfrei erkennen lässt, ob dieses Schriftstück als solches auf seiner letzten Seite unterzeichnet ist. Die Berufungsbegründungsschrift endet nämlich mit einem von der Klägerin in einem seinerzeit beim Arbeitsgericht Mainz anhängigen Parallelverfahren eingereichten Schriftsatz, wobei sich diesem nicht entnehmen lässt, ob die dort enthaltene Unterschrift des Prozessbevollmächtigten der Klägerin (nochmals) gesondert als Unterzeichnung der Berufungsbegründungsschrift vorgenommen wurde, oder ob es sich dabei lediglich um die Kopie einer bereits früher, aus anderem Anlass getätigten Unterschrift handelt.

36

Das Berufungsgericht ist jedoch nach dem Ergebnis der zu dieser Frage durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass auch bereits die per Telefax eingereichte Berufungsbegründungsschrift vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin als solche unterzeichnet worden ist. Sowohl der als Zeuge vernommene Prozessbevollmächtigte der Klägerin als auch die Zeugin C. haben bei ihrer Vernehmung glaubhaft bekundet, dass sämtliche Exemplare bzw. Abschriften der Berufungsbegründungsschrift vom 27.01.2010 vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf der letzten Seite unterzeichnet wurden. Die Zeugin C. hat auch ausgesagt, dass sie sodann ein Exemplar der unterzeichneten Berufungsbegründungsschrift per Telefax an das Gericht gesandt habe.

37

Das Berufungsgericht hat keine Zweifel an der Richtigkeit dieser widerspruchsfreien Zeugenaussagen. Darüber hinaus erscheint die Unterschrift auf Seite 69 des Faxschriftsatzes vom 27.01.2010 (Bl. 947 d.A.) identisch mit der auf der letzten Seite einer der eingereichten Original-Schriftsätze (das betreffende Exemplar gelangte zu den Unterlagen eines ehrenamtlichen Richters) enthaltenen Unterschrift (vgl. Kopie Bl. 1377 d.A.). Auch dies spricht für die Richtigkeit der Zeugenaussagen, wonach sämtliche Exemplare der Berufungsbegründungsschrift zunächst unterzeichnet und sodann eines dieser Exemplare per Fax dem Gericht übermittelt wurde.

38

II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat vielmehr zu Recht die Klage insgesamt abgewiesen, da das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits durch die zeitlich erste fristlose Kündigung der Beklagten vom 14.01.2009 aufgelöst worden ist.

39

1. Die Klage ist unbegründet.

40

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.01.2009 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden. Die fristlose Kündigung erweist sich wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB sowie in Ermangelung sonstiger Unwirksamkeitsgründe als rechtswirksam.

41

Ein wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB ist nach der gesetzlichen Definition gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die es dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortzusetzen. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt - ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles - (überhaupt) geeignet ist, einen wichtigen Grund zu bilden. Sodann ist zu untersuchen, ob unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die konkrete Kündigung gerechtfertigt ist, d.h. ob es dem Kündigenden unzumutbar geworden ist, das Arbeitsverhältnis bis zu dem gemäß § 626 Abs. 1 BGB relevanten Zeitpunkt fortzusetzen.

42

Es entspricht allgemeiner Ansicht, dass der Arbeitszeitbetrug eines Arbeitnehmers an sich - unabhängig von seinem Umfang - einen wichtigen Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellt. Der Arbeitnehmer, der über den Umfang der von ihm geleisteten Arbeitszeit täuscht, verletzt die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis in schwerwiegender Weise. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der Arbeitnehmer mit der Täuschung den Zweck verfolgt, in den Genuss einer ihm nicht zustehenden Überstundenvergütung zu gelangen. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung, sondern auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch an.

43

Im Streitfall steht zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Klägerin der für die Gehaltsabrechnungen zuständigen Fa. W eigene Arbeitsstunden gemeldet hat, die sie jedoch in Wahrheit nicht erbracht hatte, und sich hierfür Arbeitsvergütung auszahlen ließ. So hat sie mit e-mail vom 16.12.2005 (Bl. 148 d.A.) gegenüber der diesbezüglich zuständigen Sachbearbeiterin der Fa. W angegeben, sie habe am Sonntag, dem 18.12.2005 von 12.00 Uhr bis 16.00 Uhr gearbeitet, obwohl sie sich - unstreitig - an diesem Tag auf eine Reise nach Venezuela begeben hat, wo sie noch am selben Tag einreiste. Soweit die Klägerin diesbezüglich in ihrer Berufungsbegründung geltend macht, es liege insoweit eine irrtümliche Nennung der tatsächlich erbrachten Arbeitszeit vom 11.12.2005 unter Angabe des falschen Datums (18.12.2005) vor, so erweist sich dieses Vorbringen als widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Wie es sich aus der betreffenden Meldung der Klägerin vom 16.12.2005 (Bl. 148 d.A.) ergibt, hat sie dort nämlich auch für den 11.12.2005 eine Arbeitszeit von 4 Stunden angegeben. Es kann sich von daher nicht um eine bloße Verwechslung der beiden Daten gehandelt haben. Auch der Umstand, dass die betreffende e-mail bereits am 16.12.2005 verfasst wurde, spricht nicht gegen die Annahme des vorsätzlichen Vortäuschens von Arbeitsleistungen, sondern belegt vielmehr eine zwar gedankenlose aber zugleich auch dreiste Vorgehensweise der Klägerin in der Absicht, Arbeitsvergütung für nicht erbrachte Arbeitsstunden zu erhalten.

44

Des Weiteren hat die Klägerin mit e-mail vom Dezember 2008 (Bl. 187 d.A.) gegenüber der Fa. W angegeben, am Samstag, dem 29.11.2008 insgesamt zehn Stunden, nämlich von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr durchgehend gearbeitet zu haben. Indessen zeigt ein an dem betreffenden Tag um 15.12 Uhr aufgenommenes Foto (Anlagenordner Anlage B 134) die Klägerin, wie sie sich auf dem Boden sitzend mit einem Hund beschäftigt. Zwar trifft es zu, dass das betreffende Foto nur eine kurze Momentaufnahme zeigt, es belegt jedoch in eindeutiger Weise, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Bildaufnahme nicht gearbeitet hat. Die Klägerin hat auch nicht etwa vorgetragen, dass sie ihre Arbeit seinerzeit lediglich für einen kurzen Moment unterbrochen hat. Demgegenüber beinhaltet ihre Meldung gegenüber der Fa. W eine durchgehende Arbeitszeit (ohne Pausen!) an dem betreffenden Tag von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr.

45

Bereits die beiden Täuschungshandlungen der Klägerin betreffen die Ableistung von Überstunden am 29.11.2008 und am 18.12.2005 stellen - auch jeweils lediglich einzeln betrachtet - einen den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung an sich rechtfertigenden Grund dar.

46

Darüber hinaus steht jedoch zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Klägerin auch ansonsten in erheblichem Umfang die Ableistung von Überstunden vorgetäuscht hat.

47

Im Kündigungsschutzprozess trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast bezüglich des Vorliegens der von ihm behaupteten Kündigungsgründe. Diese Darlegungslast kann jedoch, soweit es sich um Geschehnisse aus dem Bereich der anderen Partei handelt, durch eine sich aus § 138 Abs. 1 und 2 ZPO ergebende Mitwirkungspflicht des Gegners gemindert sein. Darüber hinaus obliegt dem Gegner der primär darlegungs- und beweisbelasteten Partei dann eine gewisse (sekundäre) Behauptungslast, wenn eine darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufes steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind (BAG v. 20.11.2003 - 8 AZR 580/02 - NZA 2004 489 m.w.N.).

48

Unter Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich bei Würdigung des beiderseitigen Parteivorbringens, dass die Klägerin in erheblichem Umfang Überstunden an die Fa. W zur Abrechnung gemeldet hat, die sie tatsächlich nicht geleistet hat.

49

Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass das tatsächliche Ableisten der im Tatbestand wiedergegebenen Überstunden an Feiertagen und an Wochenenden vorliegend nicht nur äußerst ungewöhnlich erscheint, sondern auch jeder Lebenserfahrung widerspricht. Dies gilt beispielsweise im Hinblick darauf, dass die Klägerin im Jahr 2008 für Januar und Februar durchschnittlich 9,375 Stunden, für März durchschnittlich 8,6 Stunden, für April durchschnittlich 7 Stunden und für Mai durchschnittlich 10 Stunden angeblich an Feier- und Wochenendtagen geleistete Überstunden angegeben hat. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Klägerin andererseits - bezogen auf normale Wochentage - keine oder nur relativ geringfügige Überstunden beansprucht hat. So waren dies im Januar und Februar jeweils nur 15 Stunden sowie im März, April und Mai überhaupt keine Stunden. Es erscheint von daher nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin gerade an den (zuschlagspflichtigen) Wochenend- und Feiertagen arbeiten musste. Entsprechendes gilt bezüglich der von der Klägerin angeblich erbrachten 8 Stunden am 24.12.2008 (Heiligabend), der für den 26.12.2008 (2. Weihnachtsfeiertag) behaupteten 10 Arbeitsstunden, der für den 27.12.2008 behaupteten 6 Arbeitsstunden sowie der für den 28.12.2008 behaupteten 10 Arbeitsstunden, zu welchen die Klägerin jeweils hohe Überstundenzuschläge erhalten hat.

50

Gegen die Richtigkeit der von der Klägerin an die Fa. W gemeldeten, angeblich an Wochenend- und Feiertagen geleisteten Überstunden spricht auch, dass die Klägerin von zu Hause aus unstreitig keinen Zugriff auf das Firmennetzwerk hatte und es ihr - ebenso unstreitig - verboten war, Personalakten mit nach Hause zu nehmen.

51

In Anbetracht all dieser Umstände bzw. Indizien oblag es der Klägerin im Rahmen ihrer (sekundären) Darlegungslast, konkrete Tatsachen vorzutragen, die das tatsächliche Ableisten der maßgeblichen Überstunden plausibel erscheinen lassen. Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Klägerin indessen nicht gerecht. Die in ihrer Berufungsbegründungsschrift enthaltene Übersicht über die angeblich von ihr erbrachten Tätigkeiten für den Zeitraum von Januar 2006 bis Dezember 2008 an den Wochenend- und Feiertagen erweist sich insoweit als unsubstantiiert. Insbesondere ist auch nicht ersichtlich, welche dieser angeblichen Tätigkeiten die Klägerin ohne Zugriff auf das Netzwerk von zu Hause aus hat durchführen können bzw. ob und ggf. wann, sie sich wie, welche Unterlagen zu sich nach Hause transferiert hat. Darüber hinaus bestehen gegen die inhaltliche Richtigkeit der betreffenden Aufstellung auch in sonstiger Hinsicht ohnehin erhebliche Bedenken. So gibt die Klägerin beispielsweise an, am Sonntag, dem 29.01.2006 8 Stunden mit der Tätigkeit "Aktualisierung der Telefonlisten und Geburtstagslisten" verbracht zu haben. Selbst wenn man unterstellen würde, alle bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer hätten ihre Telefonnummern gewechselt, wären allenfalls 65 alte durch 65 neue Nummern zu ersetzen gewesen. Es ist schlichtweg nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin für diese Tätigkeit 8 Stunden aufgewendet haben soll. Es fehlt auch an jeglicher Darlegung konkreter Tatsachen, aus denen sich ergeben könnte, dass die "normale" Arbeitszeit der Klägerin für die Bewältigung der von ihr angeblich an den Wochenenden und an Feiertagen ausgeführten Arbeiten nicht ausgereicht hat. Der pauschale Hinweis der Klägerin auf die ihr obliegenden Tätigkeiten ist insoweit völlig unzureichend. Soweit die Klägerin auf eine e-mail eines der Geschäftsführer der Beklagten von Sonntag, dem 27.10.2002, verweist, so ist dies für den hier in Rede stehenden Zeitraum unbeachtlich. Nichts anderes ergibt sich auch aus der von der Beklagten selbst vorgelegten e-mail vom 01.09.2004 (Bl. 131 d.A.). Aus dem betreffenden Schriftstück ergibt sich lediglich,

52

dass der Geschäftsführer der Beklagten sich mit dem Ansinnen der Klägerin einverstanden erklärt hat, mit der Klägerin ein Gespräch über die Arbeitssituation im Sekretariat zu führen. Es kann jedoch nicht unterstellt werden, dass der Geschäftsführer ohne die Möglichkeit der Nachprüfung der Berechtigung der angeblich erbrachten Mehrarbeit diese für den Monat August 2004 anerkannt oder sogar darüber hinaus sämtliche Mehrarbeit in den Folgejahren ohne Prüfung anerkannt hätte.

53

Soweit die Klägerin behauptet, sie sei aufgrund ihrer vielseitigen und umfangreichen Aufgaben völlig überlastet gewesen und habe dies auch einem der Geschäftsführer der Beklagten erklärt, so ist auch dieses Vorbringen unsubstantiiert. Auch aus den von der Klägerin zu den Akten gereichten ärztlichen Attesten lässt sich nichts zu ihren Gunsten herleiten. Aus deren Inhalt ergibt sich nicht ansatzweise die Notwendigkeit oder gar das tatsächliche Ableisten der behaupteten Überstunden.

54

Soweit die Klägerin behauptet, für die Geschäftsführer der Beklagten habe bei Einsicht in die im Zusammenhang mit den monatlichen Sammelüberweisungen gefertigten Diskettenlisten die Möglichkeit bestanden, von der Zahlung der vorliegend maßgeblichen Überstundenvergütungen Kenntnis zu erlangen, so ist dies für die Frage des Vorliegens eines wichtigen Grundes i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB unbeachtlich. Entsprechendes gilt hinsichtlich der jährlichen Überprüfung der Gehaltsunterlagen durch die Geschäftsleitung der Beklagten.

55

Die Beklagte war auch nicht gehalten, der Klägerin zunächst lediglich eine Abmahnung zu erteilen. Eine solche ist nämlich jedenfalls dann entbehrlich, wenn es - wie vorliegend - um schwere Pflichtverletzungen geht, deren Rechtswidrigkeit für den Arbeitnehmer ohne Weiteres erkennbar war und deren Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist. Die Klägerin konnte nicht davon ausgehen, dass ein derart gravierendes Fehlverhalten (Vortäuschen erbrachter Überstunden), was auch eine strafrechtliche Überprüfung rechtfertigt, seitens der Beklagten hingenommen wird.

56

Auch das Ergebnis der stets vorzunehmenden Interessenabwägung steht der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen. Auch wenn man zu Gunsten der Klägerin deren Beschäftigungsdauer, ihr Lebensalter, ihre ungünstigen Chancen auf dem Arbeitsmarkt sowie ihre sonstigen Sozialdaten berücksichtigt, so überwiegt das Interesse der Beklagten an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse der Klägerin, das Arbeitsverhältnis noch jedenfalls bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Dies ergibt sich aus der besonderen Schwere des Fehlverhaltens der Klägerin, die ihre Position und die damit verbundenen Befugnisse dazu ausgenutzt hat, unter Vortäuschung tatsächlich nicht erbrachter Arbeitsleistungen in den Genuss erheblicher Überstundenvergütungen zu gelangen. In Anbetracht dessen war der Beklagten eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses - auch nur für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist - nicht zumutbar.

57

Die Beklagte hat die streitbefangene außerordentliche Kündigung vom 14.01.2009 innerhalb der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen. Nach dem vom Arbeitsgericht Unter A I. 2. c der Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (dort Seite 19 f. = 811 f d.A.) getroffenen tatsächlichen Feststellungen, deren Richtigkeit die Klägerin im Berufungsverfahren nicht gerügt hat, wurden der Beklagten die seitens der Klägerin an die Fa. W getätigten Überstundenmeldungen erst am 08.01.2009 übermittelt. Erst damit hat die Beklagte sichere Kenntnis vom Kündigungsgrund erlangt. Der Klägerin ist das Kündigungsschreiben bereits am 15.01.2009 zugegangen. Die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist somit gewahrt.

58

Die streitbefangene außerordentliche Kündigung vom 14.01.2009 ist letztlich auch nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam, da die Beklagte den Betriebsrat vor Kündigungsausspruch ordnungsgemäß angehört hat.

59

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Mitgeschäftsführer U dem Betriebsrat das Anhörungsschreiben vom 13.01.2009 (Bl. 213 d.A.) vor Kündigungsausspruch übergeben hat. Dies hat die Zeugin A. bei ihrer Vernehmung glaubhaft bekundet. In diesem Schreiben wurde der Betriebsrat um Zustimmung zur fristlosen Kündigung der Klägerin gebeten. Zwar enthält das Schreiben keinerlei Angaben über die Kündigungsgründe. Diesbezüglich hat jedoch die Zeugin A., die Betriebsratsvorsitzende, bei ihrer Vernehmung ausgesagt, dass ihr der Mitgeschäftsführer im Zusammenhang mit der Anhörung mitgeteilt habe, man habe festgestellt, dass die Klägerin in erheblichem Umfang nicht geleistete Überstunden (auch an Wochenenden und sonstigen arbeitsfreien Tagen) an die Fa. W gemeldet habe und sich die entsprechende Überstundenvergütung habe auszahlen lassen. Das Gericht hat keinerlei Zweifel an der Richtigkeit dieser Zeugenaussage. Somit wurde dem Betriebsrat bei Anhörung der wesentliche Sachverhalt, der die streitbefangene Kündigung nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen rechtfertigt, mitgeteilt. Allerdings enthält das Anhörungsschreiben bezüglich der maßgeblichen Sozialdaten der Klägerin lediglich deren Eintrittsdatum. Dies steht der Ordnungsgemäßheit der Anhörung jedoch vorliegend nicht entgegen. Zwar darf der Arbeitgeber dem Betriebsrat keine - ihm bekannten und von ihm bedachten - persönlichen Umstände des Arbeitnehmers vorenthalten, die sich im Rahmen der Interessenabwägung entscheidend zu seinen Gunsten auswirken können. Dies bedeutet dann auch, dass im Allgemeinen dem Betriebsrat sowohl das Lebensalter als auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit des betroffenen Mitarbeiters mitzuteilen sind, soweit der Arbeitgeber davon ausgehen muss, dass diese für die Beurteilung der Wirksamkeit von Bedeutung sind (BAG v. 15.11.1995 - 2 AZR 1973/94 - EzA § 102 BetVG 1972 Nr. 89). Im Streitfall kam es der Beklagten - auch ersichtlich für den Betriebsrat - angesichts der Schwere der erhobenen Vorwürfe für die Abwägung, ob sie der Klägerin kündigen solle, nicht auf das genaue Alter der Klägerin an. Darüber hinaus war dem Betriebsrat das Alter der Klägerin bereits im Rahmen einer Versetzungsmaßnahme bekannt gegeben worden (vgl. Bl. 595 d.A.). Darüber hinaus ist der Sachvortrag der Beklagten, wonach dem Betriebsrat der Arbeitsvertrag der Klägerin vorgelegen hat (Schriftsatz der Beklagten vom 12.05.2009, dort S. 42 = Bl. 281 d.A.), seitens der Klägerin unbestritten geblieben. Dieser Arbeitsvertrag enthält auf seiner ersten Seite (Bl. 13 d.A.) das Geburtsdatum der Klägerin. Der Umstand, dass das im Anhörungsschreiben genannte Eintrittsdatum (17.09.1999) geringfügig vom tatsächlichen Eintrittsdatum (01.10.1999) abweicht, war für die Willensbildung des Betriebsrats im Hinblick auf die fast zehnjährige Dienstzeit der Klägerin ohne Belang. Darüber hinaus ergibt sich der tatsächliche Beginn des Arbeitsverhältnisses auch aus dem Arbeitsvertrag, der dem Betriebsrat unstreitig vorgelegen hat.

60

Wie sich dem Anhörungsschreiben (Bl. 213 d.A.) entnehmen lässt, hat der Betriebsrat am 14.01.2009 seine Zustimmung zur Kündigung erteilt. Erst danach wurde den Zeuginnen A. und B. das Kündigungsschreiben ausgehändigt, um dieses - wie geschehen (vgl. Übergabeprotokoll vom 14.01.2009, Bl. 596 d.A.) - der Klägerin zuzustellen. Dies haben sowohl die Zeugin A. als auch die Zeugin B. bei ihrer Vernehmung widerspruchsfrei und glaubhaft ausgesagt.

61

Gegen die Ordnungsgemäßheit des Anhörungsverfahrens gemäß § 102 BetrVG bestehen somit keine Bedenken.

62

2. Die gegen die weiteren Kündigungen vom 19.02.2009, 27.02.2009, 03.04.2009 und 13.05.2009 gerichteten Kündigungsschutzanträge sind ebenfalls unbegründet. Dies folgt bereits daraus, dass im Zeitpunkt des Ausspruchs dieser Kündigungen das Arbeitsverhältnis der Parteien infolge der fristlosen Kündigung vom 14.01.2009 nicht mehr bestand.

63

III. Die Berufung der Klägerin war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

64

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

 

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Dez. 2010 - 8 Sa 710/09

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Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 25.8.2009 - 1 Ca 198/09 - wird zurückgewiesen. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 25.8.2009 - 1 Ca 198/09 - a

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(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)