Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 28. Juni 2016 - 2 Sa 421/15

ECLI:ECLI:DE:LAGST:2016:0628.2SA421.15.0A
bei uns veröffentlicht am28.06.2016

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 18.09.2015 – 9 Ca 170/14 – abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten sich im Berufungsverfahren nur noch über die Dauer der Kündigungsfrist.

2

Der Kläger war bei der Beklagten – einer Zeitarbeitsfirma – auf der Grundlage eines bis zum 31. 12. 2014 befristeten Arbeitsvertrages vom 02. 07. 2014 (vgl. Bl. 18 ff. d. A.) seit dem 02. 07. 2014 als Hilfskraft bei einem tariflichen Stundenlohn von 7,86 Euro brutto und einer täglichen Arbeitszeit von 7 Stunden in einer 5 Tage Arbeitswoche beschäftigt.

3

Paragraph 1 des Arbeitsvertrages hat folgenden Wortlaut:

4

§ 1 Vertragsgrundlagen und Einbeziehung des Tarifvertrages

5

1. A…, als ein Unternehmen zur Durchführung von gewerblichen, technischen und kaufmännischen Arbeiten nach den Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, ist im Besitz der Erlaubnis gem. § 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, erteilt durch die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit Rheinland-Pfalz/Saarland in S… am 13. 06. 1988.

6

2. Die Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien bestimmen sich nach den Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung, die der Arbeitgeberverband IGZ mit einer oder mehreren der Gewerkschaften IG, BCE, NGG, IG Metall, GEW, Verdi, IG Bau, GdP, EVG abgeschlossen hat oder zukünftig abschließen wird. Die Tarifverträge liegen zur Einsichtnahme in den Geschäftsräumen aus. Es finden dabei nicht sämtliche vom IGZ abgeschlossenen Tarifverträge gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, sondern nur die einschlägigen Tarifverträge nach der in den Absätzen drei bis fünf genannten Maßgabe.

7

3. Es finden jeweils diejenigen der in Absatz 2 genannten Tarifverträge Anwendung, in denen die Gewerkschaft, aus deren Satzung sich die Zuständigkeit für den zugewiesenen Kundenbetrieb ergibt, als Vertragspartei beteiligt ist. Soweit nach dem Vorstehenden die satzungsgemäße Zuständigkeit mehrerer Gewerkschaften bekundet ist, finden die Tarifverträge mit derjenigen in Absatz 2 genannten zuständigen Gewerkschaft Anwendung, die im Verhältnis zu der oder den anderen zuständigen Gewerkschaft/Gewerkschaften in Absatz 2 zuerst genannt wird.

8

4. Bis zum Beginn des ersten Einsatzes finden diejenigen mit dem iGZ abgeschlossenen Tarifverträge Anwendung, an denen ver.di als Vertragspartei beteiligte ist. Ab Beginn des ersten Einsatzes gelten diejenigen nach Maßgabe des Absatzes 3 ermittelten Tarifverträge solange, bis ein anderer Einsatz beginnt.

9

5. Soweit der Arbeitnehmer an einen Kundenbetrieb überlassen wir, für den sich keine satzungsgemäße Zuständigkeit für den jeweiligen Kundenbetrieb ergibt, finden diejenigen mit dem iGZ abgeschlossenen Tarifverträge Anwendung, an denen ver.di als Vertragspartei beteiligt ist.

10

6. Die Parteien vereinbaren, dass die Bestimmungen der vorgenannten Tarifverträge den Abreden dieses Arbeitsvertrages vorgehen. Dies gilt nicht, soweit diese Tarifverträge eine Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung ergibt.

11

7. Die tarifvertragliche Inbezugnahme gilt ausdrücklich nicht für die Geltung arbeitsvertraglicher Ausschlussfristen, die sich ausnahmslos und unabhängig von anderslautenden tarifvertraglichen Regelungen aus § 18 dieses Arbeitsvertrages ergeben.

12

Mit Schreiben vom 22. 08. 2014 (vgl. Bl. 30 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgerecht zum nächstmöglichen Termin und bestimmte diesen auf den Ablauf des 30. 08. 2014.

13

Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger am 23. 08. 2014 zu.

14

Der Manteltarifvertrag Zeitarbeit zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ e. V.) und den unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften des DGB – der IG BCE, der NGG, der IG Metall, der GEW, der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, der IG Bau, der EVG und der GdP – bestimmt in § 2 Folgendes:

15

2.2 Probezeit und Kündigungsfristen

16

Die ersten 6 Monate des Beschäftigungsverhältnisses gelten als Probezeit.

17

In den ersten 4 Wochen der Probezeit kann das Beschäftigungsverhältnis mit einer Frist von 2 Arbeitstagen gekündigt werden. Von der 5. Woche an bis zum Ablauf des zweiten Monats beträgt die Kündigungsfrist eine Woche, vom dritten Monat bis zum sechsten Monat des Beschäftigungsverhältnisses zwei Wochen.

18

Vom 7. Monat des Beschäftigungsverhältnisses an gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen. Diese gesetzlichen Kündigungsfristen gelten beiderseits.

19

Probezeit und Kündigungsfristen gelten gleichermaßen für befristete Beschäftigungsverhältnisse.

20

Den Manteltarifvertrag haben die genannten Gewerkschaften sowie der iGZ am 17. 09. 2013 gezeichnet.

21

Mit der am 12. 09. 2014 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrte der Kläger zunächst die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die verhaltensbedingte Kündigung vom 22. 08. 2014 beendet worden sei, sondern unverändert bis zum 31. 12. 2014 fortbestehe. Im Laufe des Rechtsstreites wurde dieser Antrag auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 07. 09. 2014 verkürzt.

22

Bei der Beklagten werden mehr als 10 Vollzeitarbeitnehmer beschäftigt.

23

Durch Versäumnisurteil vom 11. 11. 2014 hat das Arbeitsgericht die Kündigungsschutz- nebst Weiterbeschäftigungsklage vom 12. 09. 2014 abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger, dem das Versäumnisurteil am 18. 11. 2014 zuging, am selben Tage Einspruch eingelegt.

24

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte die zweiwöchige Kündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB nicht eingehalten habe.

25

Der Kläger hat unter Klagerücknahme im Übrigen erstinstanzlich beantragt,

26

das Versäumnisurteil vom 11. 11. 2014 aufzuheben und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22. 08. 2014, zugegangen am 23. 08. 2014, nicht mit Ablauf des 30. 08. 2014, sondern erst mit Ablauf des 07. 09. 2014 geendet hat.

27

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

28

die Klage abzuweisen.

29

Die Beklagte ist – soweit zweitinstanzlich noch von Interesse – der Auffassung, dass die Kündigungsfrist von einer Woche bei einer Beschäftigungszeit bis zu 2 Monaten nach dem Manteltarifvertrag für die Zeitarbeitsbranche, die der iGZ mit den dort genannten DGB-Gewerkschaften abgeschlossen hat, Anwendung finde und vorliegend eingehalten worden sei.

30

Das Arbeitsgericht hat unter Aufhebung seines vorherigen Versäumnisurteils vom 11. 11. 2014 im Urteil vom 18. 09. 2015 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22. 08. 2014 nicht mit Ablauf des 31. 08. 2014, sondern erst mit Ablauf des 07. 09. 2014 geendet hat.

31

Das Arbeitsgericht führte aus, dass die Kündigungsfrist unter Berücksichtigung der Sonderregelung für Probearbeitszeitverhältnisse nach § 622 Abs. 3 BGB zwei Wochen ab Zugang des Kündigungsschreibens betrage und eine kürzere Kündigungsfrist unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf den Manteltarifvertrag des iGZ nicht ersichtlich sei, weil die dortige Regelung nicht transparent i. S. v. § 307 Abs. 1 BGB und damit unwirksam sei.

32

Das erstinstanzliche Urteil ist der Beklagten zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten am 26. 10. 2015 zugestellt worden.

33

Hiergegen hat die Beklagte mit am 25. 11. 2015 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage Berufung eingelegt. Mit am 22. 12. 2015 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage beantragte die Beklagte die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26. 01. 2016, was ausweislich des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts vom 23. 12. 2015 antragsgemäß geschah.

34

Am 26. 01. 2016 ging die Berufungsbegründung bei dem Landesarbeitsgericht ein.

35

Die Beklagte meint:

36

Nach § 2.2 des Manteltarifvertrages betrage die Kündigungsfrist vorliegend eine Woche. Da die Kündigung dem Kläger am 23. 08. 2014 zugegangen sei, könne das Arbeitsverhältnis während der Probezeit mit Ablauf des 30. 08. 2014 wirksam beendet werden. Dies habe das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft nicht beachtet. Die Arbeitsvertragsparteien hätten im Arbeitsvertrag eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie das Tarifwerk des iGZ mit den DGB-Gewerkschaften zur Grundlage des Arbeitsverhältnisses machen wollten. Diese arbeitsvertragliche Bezugnahme in § 1 des Arbeitsvertrages verstoße nicht gegen das Transparenz- oder Bestimmtheitsgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.

37

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt zweitinstanzlich,

38

das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 18. September 2015, Az.: 9 Ca 170/14, abzuändern und die Klage abzuweisen.

39

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt zweitinstanzlich,

40

die Berufung zurückzuweisen.

41

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

42

Die Berufung der Beklagten sei unbegründet. Das Arbeitsgericht sei richtigerweise davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf des 07. 09. 2014 beendet werden könne. Eine frühere Kündigungsmöglichkeit sei auch aufgrund eines Tarifvertrages nicht wirksam vereinbart worden. Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel sei intransparent und hänge davon ab, bei welchem Kunden der Arbeitnehmer gerade eingesetzt sei. Mit einer solchen Regelung werde letztendlich dem Arbeitnehmer auferlegt, zu ermitteln, welcher Tarifvertrag im konkreten Fall zur Anwendung gelange. Dies benachteilige den Kläger unangemessen i. S. v. § 307 Abs. 1 BGB. Dies gelte auch bei inhaltlich gleichlautenden Tarifverträgen.

43

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

44

Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG) und im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, § 64 Abs. 6 i. V. m. §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.

45

Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass vorliegend ein Gegenstandswert von unter 600,00 € gegeben ist, denn in Kündigungsschutzverfahren ist die Berufung unabhängig von dem Erreichen eines Beschwerdewertes nach § 64 Abs. 2 lit. c ArbGG grundsätzlich zulässig. Eine solche Klage ist vorliegend gegeben, da es um die Beendigung oder Nichtbeendigung eines Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt geht.

II.

46

In der Sache hat die Berufung der Beklagten Erfolg. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist aufgrund der ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 22. 08. 2014 mit Ablauf des 30. 08. 2015 beendet worden.

47

Die dem Kläger am 23. 08. 2015 zugegangene ordentliche Kündigung hat das Arbeitsverhältnis mit der Frist von einer Woche gemäß § 1 Nr. 2 des Arbeitsvertrages i. V. m. § 2 Ziffer 2.2 Satz 3 des MTV iGZ-DGB am 30. 08. 2014 beendet.

48

Vorliegend ist die Kündigung des befristeten Arbeitsverhältnisses auch grundsätzlich zulässig. Zwar ist regelmäßig eine Kündigung in befristeten Arbeitsverhältnissen nicht zulässig, wie sich aus § 15 Abs. 3 TzBfG ergibt. Allerdings ist § 3 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages zu entnehmen, dass das Arbeitsverhältnis auch während der Probezeit gekündigt werden kann. Damit ist die gesetzlich vorgesehene Ausnahme von der Regel arbeitsvertraglich vereinbart.

1.

49

Die tarifliche Kündigungsfrist des MTV für die Zeitarbeitsbranche findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung auf das zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsverhältnis Anwendung (§ 1 Nr. 2 Arbeitsvertrag).

50

Diese Verweisungsklausel ist wirksam.

51

Zwar sind gemäß § 307 Abs. 1 BGB Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine solche unangemessene Benachteiligung ist nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB auch gegeben, wenn eine vertragliche Bestimmung nicht klar und nicht verständlich ist.

52

a) An diesen gesetzlichen Regelungen ist § 1 des Arbeitsvertrages zu messen.

53

aa) Die Parteien haben einen Formulararbeitsvertrag geschlossen, der als solcher allgemeine Geschäftsbedingungen enthält, die die Beklagte dem Kläger bei Abschluss des Vertrages gestellt hat, § 305 Abs. 1 BGB.

54

Bereits nach dem äußeren Erscheinungsbild stellt der Arbeitsvertrag der Parteien vom 02. 07. 2014 allgemeine Geschäftsbedingungen dar, da bis auf die persönlichen Angaben in dem Vorspann zu § 1 des Arbeitsvertrages und die Tätigkeit in § 2 bzw. der Beginn des Arbeitsverhältnisses und das Befristungsende in § 3 sowie die Vergütungshöhe alle anderen Regelungen des befristeten Arbeitsvertrages vorgegeben sind.

55

bb) Diese vertraglichen Regelungen hat der Arbeitgeber – vorliegend die Beklagte – gestellt, wie sich aus der gesetzlichen Vermutung des § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB ergibt. Anhaltspunkte, dass § 1 des Arbeitsvertrages vom Arbeitnehmer in den Vertrag eingeführt worden ist – dieser ist Verbraucher i. S. d. Regelung – sind nicht ersichtlich und von keiner Seite behauptet worden.

56

cc) Im Hinblick auf § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB kommt es auch nicht darauf an, ob der vorliegende Vertrag zur mindestens dreimaligen Verwendung bestimmt ist, da der Arbeitnehmer auf den Inhalt des Vertrages keinen Einfluss nehmen konnte.

57

b) Die Bezugnahmeklausel in § 1 des Arbeitsvertrages ist nicht überraschend i. S. v. § 305 c BGB. Im Arbeitsverhältnis hat der Arbeitnehmer damit zu rechnen, dass auf Tarifverträge Bezug genommen wird. Dies ist im Übrigen eine der Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses, die ausdrücklich in § 310 Abs. 4 S. 2 BGB genannt werden, vgl. insoweit auch BAG, NZA 2009, 154.

58

c) Die Bezugnahmeklausel in § 1 des Arbeitsvertrages hält den Transparenzregeln stand.

59

aa) Verweist eine Regelung in allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerkes führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz.

60

Insbesondere arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf tarifliche Regelwerke, auch wenn sie dynamisch ausgestaltet sind, entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG, Urteil vom 14. 11. 2012 – 5 AZR 107/11 – Rdnr. 22 m. w. N.). Dass bei Vertragsabschluss noch nicht absehbar ist, welchen künftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist dabei unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des Transparenzgebotes für Klauseln, die – wie im Regelfall – auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag oder ein bestimmtes bzw. bestimmbares tarifliches Regelwerk i. S. einer Einheit aus Mantel-, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen verweisen, ausreichend, vgl. BAG, Urteil vom 21. 11. 2012 – 4 AZR 85/11 – Rdnr. 35 m. w. N.. Dagegen bedarf eine Bezugnahmeklausel, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, zur Gewährleistung ihrer hinreichenden Bestimmtheit einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll. Anderenfalls lässt sich nicht für jeden Zeitpunkt bestimmen, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke sich durchsetzen und gelten soll. Fehlt in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsregel, besteht bei mehrgliedrigen Tarifwerken die Gefahr, dass der Arbeitnehmer gerade wegen dieser Unklarheit seine Rechte nicht wahrnimmt, vgl. auch BAG, Urteil vom 13. 03. 2013 – 5 AZR 954/11 – Rz. 30. Denn der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel muss daher im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält, vgl. BAG, Urteil vom 19. 02. 2014 – 5 AZR 700/12 – NZA 2014, 1099, Rz. 19 m. w. N..

61

bb) Diesen Anforderungen genügen die Bezugnahmeregelungen in § 1 Ziffern 2 bis 5 des Arbeitsvertrages. Die erforderliche Bestimmtheit ist vorliegend jedenfalls dann gegeben, wenn es sich bei dem vom Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen iGZ und den Mitgliedsgewerkschaften des DGBs abgeschlossenen Regelwerk um einen so genannten Einheitstarifvertrag handelt. Bei einem Einheitstarifvertrag bildet der Tarifvertrag ein "einheitliches Tarifwerk", eine "geschlossene Einheit", mag er auch nicht vom DGB-Spitzenverband, sondern von einzelnen Gewerkschaften in einer Urkunde abgeschlossen sein. Die Tarifvertragsparteien einer Seite sind bei der Ausübung von Rechten und bei der Erfüllung von Pflichten aus dem schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrages in der Weise gebunden, dass sie im Verhältnis zur Gegenseite eine Einheit darstellen. Die Kündigung des Tarifvertrages kann nur durch alle Tarifvertragsparteien einer Seite gemeinsam ausgesprochen werden. In diesem Fall können die in Bezug genommenen Tarifverträge keinen unterschiedlichen Inhalt haben und in Zukunft erhalten.

62

Dagegen ist ein so genannter mehrgliedriger Tarifvertrag ein mit mehreren Einzelgewerkschaften abgeschlossener, in einer Urkunde zusammengefasster Tarifvertrag. Die verschiedenen Tarifverträge können in diesem Fall unabhängig voneinander zu unterschiedlichen Zeitpunkten gekündigt, neu abgeschlossen werden oder anderen Regelungen zugänglich sein. Eine Bezugnahme auf solche Tarifverträge wäre nur dann hinreichend transparent und verständlich, wenn durch eine Kollisionsregel klar gestellt wird, welche der möglichen tariflichen Regelungen bei sich widersprechenden Regelungen Vorrang haben soll.

63

cc) Die Frage, ob es sich bei dem MTV Zeitarbeit vom 17. 09. 2013, den der iGZ mit den Mitgliedsgewerkschaften des DGB abgeschlossen hat, um einen Einheitstarifvertrag oder um mehrgliedrige Tarifverträge handelt, scheint in Rechtsprechung und Literatur noch nicht abschließend geklärt. Ob entsprechend der Anzahl der auf einer Seite Beteiligten mehrere voneinander unabhängige und lediglich äußerlich in einer Urkunde zusammengefasste Tarifverträge zu Stande gekommen sind oder als eine geschlossene Einheit ein einziger, alle Beteiligten gemeinsam bindender einheitlicher Tarifvertrag hängt vom Willen der Tarifvertragsparteien ab, der durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist. Dabei ist in der Regel davon auszugehen, dass es sich um mehrere selbständige Tarifverträge handelt, bei denen jede Tarifvertragspartei die Autonomie über die Vertragsgestaltung, insbesondere das Kündigungsrecht behalten will, vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02. 03 .2016 – 7 Sa 352/15 –.

64

Das LAG Düsseldorf ist im Urteil vom 29. 10. 2014 – 7 Sa 1053/13 – mit Herrmann/Molle, BB 2013, 1781, 1782 und Müntefering, NZA 2015, 711 sowie Schüren, NZA 2013, 948, 952 vom Vorliegen eines einheitlichen Tarifwerkes ausgegangen. Für das Vorliegen eines einheitlichen Tarifvertrages spreche vorliegend die Formulierung in § 9 zur tariflichen Schlichtungsstelle. Dort heiße es in 9.2 Abs. 2 S. 2, dass hinsichtlich der Besetzung des Schiedsgerichtes die Beisitzer von dem iGZ und die Arbeitnehmerbeisitzer von der DGB-Tarifgemeinschaft von Fall zu Fall benannt werden. Auch sei eine Kündigungsmöglichkeit des Tarifwerkes durch eine Einzelgewerkschaft nicht ausdrücklich vorgesehen. Daneben streite für die Einordnung des Tarifwerkes als Einheitstarifvertrag auch, dass anderenfalls der von den DGB-Mitgliedsgewerkschaften und dem iGZ verfolgten Zweck, die Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer unabhängig davon, welcher DGB-Mitgliedsgewerkschaft sie angehören, einheitlich zu regeln, nicht erreicht werden könnte, zumal eine gleichzeitige Mitgliedschaft in allen tarifschließenden Gewerkschaften ausgeschlossen ist. Schließlich komme die Einordnung der einzelnen Tarifverträge des Tarifwerkes iGZ/DGB als Einheitstarifvertrag auch in den seitens der IG Metall abgeschlossenen verleiherbezogenen Tarifverträgen Leih-/Zeitarbeit (TV Leiz) zum Ausdruck, die in Ziffer 5.3 lautet:

65

"Abweichende Regelungen i. S. v. § 9 Ziffer 2 AÜG sind dabei nur solche, die mit der Tarifgemeinschaft des DGB oder mit der IG Metall abgeschlossen wurden oder werden und einen Branchenzuschlag, oder mindestens eine in der Höhe vergleichbare Vergütung erhalten."

66

Auch die Tarifverträge über Branchenzuschläge bezeichnen die zwischen dem iGZ und den DGB-Gewerkschaften abgeschlossenen Tarifverträge als "abgeschlossen zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e. V. – iGZ – und der DGB- Tarifgemeinschaft Zeitarbeit" (vgl. nur § 2 Abs. 3 TV BZ ME, § 2 Abs. 3 TV BZ Chemie).

67

Dem schließt sich die erkennende Kammer an.

68

Für die Auffassung als Einheitstarifvertrag spricht i. Ü., dass dieser Tarifvertrag im Eingangssatz als "folgender Manteltarifvertrag" bezeichnet wird, der abgeschlossene Tarifvertrag zwischen dem iGZ und den unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften des DGB somit in der Einzahl erwähnt und dadurch zum Ausdruck gebracht wird, dass es sich um einen Tarifvertrag und nicht um ein mehrgliedrigeres Werk mehrerer Tarifverträge, die in einer Urkunde zusammengefasst werden, handelt. Dies setzt sich i. Ü. in § 13 MTV ("dieser Vertrag…") und in § 14 MTV ("…einzelne Bestimmungen dieses Vertrages…") sowie in den Protokollnotizen – dort Nr. 1 – "der Tarifvertrag…" fort.

69

Das sieht offensichtlich auch das LAG Nürnberg so. In der Entscheidung vom 10. 11. 2013 – 3 Sa 699/10 – geht das LAG Nürnberg von einem Einheitstarifvertrag aus (vgl. Rz. 85), weil bereits der Wortlaut dies nahelege. Der MTV Zeitarbeit vom 17. 09. 2013 spreche durchgängig von "dem Tarifvertrag" und nicht wie z. B. vorherige Tarifwerke wie das CGZP-AMP Tarifwerk von einem mehrgliedrigen Tarifvertrag.

70

dd) Aber selbst dann, wenn man davon ausgehen müsste, dass es sich bei dem vom Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen iGZ und den Mitgliedsgewerkschaften des DGB abgeschlossenen Manteltarifvertrag Zeitarbeit vom 17. 09. 2013 um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag handelt, liegt keine Intransparenz vor, weil der Arbeitsvertrag in § 1 Ziffern 2 bis 5 transparente Koalitionsregelungen enthält. Mit dem LAG Rheinland-Pfalz (aaO, Rz. 70) ist zwar einzugestehen, dass diese Ziffern von § 1 des Arbeitsvertrages schwer lesbar sind. Sie sind aber nicht unverständlich. Die entsprechenden Klauseln ließen sich auch nur schwer so formulieren, dass das Gewollte klarer zum Ausdruck kommt. In § 1 Ziffern 2 bis 5 des Arbeitsvertrages sind alle denkbaren Konstellationen geregelt. So enthält Ziffer 4 Regelungen für die Zeit bis zu einem ersten Einsatz und für die Zeiten zwischen zwei Einsätzen. Ziffer 5 regelt den Fall, in dem der Arbeitnehmer an einen Kundenbetrieb überlassen wird, für den sich keine satzungsgemäße Zuständigkeit ergibt. Eine Intransparenz der Bezugnahmeregel ergibt sich auch nicht daraus, dass diese nach der satzungsgemäßen Zuständigkeit für den zugewiesenen Kundenbetrieb richtet und im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht feststeht, welcher Kundenbetrieb dies sein wird. Denn der Arbeitnehmer ist in der Lage, sich über die anwendbaren Tarifverträge im Kundenbetrieb Kenntnis zu verschaffen, weil diese gemäß § 8 TVG verpflichtet sind, die für den Betrieb maßgebenden Tarifverträge an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen. Darüber hinaus hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 13. 03. 2013 – 5 AZR 954/11 –, NZA 2013, 680, 683, eine Koalitionsregel in Form einer einsatzbezogenen Differenzierung der anzuwendenden Tarifverträge nach der Branche des Entleihers angedacht. Schließlich hat auch der Gesetzgeber in § 9 Nr. 2 AÜG an den Betrieb des Entleihers angeknüpft. § 9 Nr. 2 HS 3 AÜG erlaubt die Anwendung der tariflichen Regelung durch Inbezugnahme "im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages". Verleiher und Leiharbeitnehmer müssen danach folglich auf den Tarifvertrag Bezug nehmen, der für sie gelten würde, wenn sie tarifgebunden wären. Dem trägt § 1 des Arbeitsvertrages in seinen Ziffern 2 bis 5 Rechnung.

71

Selbst wenn Ziffer 3 von § 1 des Arbeitsvertrages unklar wäre, weil insoweit auch auf Satzungen von Gewerkschaften Bezug genommen wird und dies nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 13. 03. 2013 – 5 AZR 954/11 – unter Hinweis auf Rz. 31 zu einer Unklarheit führen könnte, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Bezugnahmeklausel. Denn die jeweilige Einschlägigkeit eines Tarifvertrages ergibt sich aus seinem räumlichen, fachlichen und persönlichen Anwendungsbereich und daraus, dass die einschlägigen Tarifverträge nach § 8 TVG auslagepflichtig sind. Ein Wechsel des jeweiligen Tarifwerkes bei Zuweisung zu einem anderen Entleiherunternehmen führt nicht zur Intransparenz, weil durch die zuvor genannte Zuordnung eine Bestimmung des einschlägigen Tarifwerkes – notfalls nach der Kollisionsregel aus § 1 Ziffer 3 S. 2 des Arbeitsvertrages – jederzeit möglich macht.

72

d) Demnach ist die von dem Beklagten gewählte einwöchige Kündigungsfrist vertragsgemäß und hat das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30. 08. 2014 unter Bezugnahme auf §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB beendet. Dass sowohl der Zugang der Kündigung auf einen Samstag und damit unter Berücksichtigung der genannten Vorschriften das Ende der einwöchigen Frist ebenfalls auf einen Samstag fällt, ist auch im Hinblick auf § 193 BGB irrelevant, da es vorliegend bei dem Ende der Kündigungsfrist nicht um die Abgabe einer Willenserklärung oder die Bewirkung einer Leistung geht. Daher ist § 193 BGB auf Kündigungsfristen weder direkt noch analog anwendbar, vgl. Ellenberger in: Palandt, BGB, 75. Aufl., 2016, § 193 Rz. 3 unter Hinweis auf BGH, NJW 1972, 2083, NJW 2005, 1354 sowie BAG NJW 1970, 1470 sowie DB 77, 639.

2.

73

Demnach war das Urteil des Arbeitsgerichts vom 18. 09. 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.

III.

74

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO und trifft den Kläger, da er unterliegt.

IV.

75

Die Revision war zuzulassen, da grundsätzliche Bedeutung i. S. v. § 72 Abs. 2 Nr. 1 BGB gegeben ist. Mit dem LAG Rheinland-Pfalz geht auch die erkennende Kammer davon aus, dass die Entscheidung des Rechtsstreites abhängt von der wirtschaftlich bedeutsamen Frage, ob die in einer Vielzahl von Arbeitsverträgen bei der Beklagten verwendete und an den Musterarbeitsvertrag der iGZ angelehnte arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel wirksam ist.


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 310 Anwendungsbereich


(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermöge

Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung


Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 622 Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen


(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden. (2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die K

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG | § 9 Unwirksamkeit


(1) Unwirksam sind: 1. Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat; der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wird nicht unwi

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 8 Gang des Verfahrens


(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. (2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt. (3) Gegen di

Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 15 Ende des befristeten Arbeitsvertrages


(1) Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit. (2) Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitn

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 193 Sonn- und Feiertag; Sonnabend


Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerk

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 8 Bekanntgabe des Tarifvertrags


Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die im Betrieb anwendbaren Tarifverträge sowie rechtskräftige Beschlüsse nach § 99 des Arbeitsgerichtsgesetzes über den nach § 4a Absatz 2 Satz 2 anwendbaren Tarifvertrag im Betrieb bekanntzumachen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 72 Bescheinigung der Mitgliederzahl


Der Vorstand hat dem Amtsgericht auf dessen Verlangen jederzeit eine schriftliche Bescheinigung über die Zahl der Vereinsmitglieder einzureichen.

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 28. Juni 2016 - 2 Sa 421/15 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 28. Juni 2016 - 2 Sa 421/15 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 02. März 2016 - 7 Sa 352/15

bei uns veröffentlicht am 02.03.2016

Tenor I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18. Juni 2015 - Az. 7 Ca 1056/15 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Par

Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 29. Okt. 2014 - 7 Sa 1053/13

bei uns veröffentlicht am 29.10.2014

Tenor I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 01.08.2013, 4 Ca 777/13, wird zurückgewiesen. II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen. III. Die Revision wird zugelassen. 1T A T B E S T A

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Feb. 2014 - 5 AZR 700/12

bei uns veröffentlicht am 19.02.2014

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 5. Juni 2012 - 8 Sa 128/12 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. März 2013 - 5 AZR 954/11

bei uns veröffentlicht am 13.03.2013

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. September 2011 - 7 Sa 1318/11 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Nov. 2012 - 4 AZR 85/11

bei uns veröffentlicht am 21.11.2012

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 21. Dezember 2010 - 6 Sa 90/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 14. Nov. 2012 - 5 AZR 107/11

bei uns veröffentlicht am 14.11.2012

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. November 2010 - 3 Sa 319/10 - wird zurückgewiesen.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 28. Juni 2016 - 2 Sa 421/15.

Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 20. Feb. 2019 - 2 Sa 402/18

bei uns veröffentlicht am 20.02.2019

Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 11.09.2018, Az. 15 Ca 4827/17, wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Die Revision wird für den

Referenzen

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,

1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt.

(3) Gegen die Urteile der Landesarbeitsgerichte findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 72 Abs. 1 statt.

(4) Gegen die Beschlüsse der Arbeitsgerichte und ihrer Vorsitzenden im Beschlußverfahren findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 87 statt.

(5) Gegen die Beschlüsse der Landesarbeitsgerichte im Beschlußverfahren findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 92 statt.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit.

(2) Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.

(3) Wird für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.

(4) Ein befristetes Arbeitsverhältnis unterliegt nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist.

(5) Ist das Arbeitsverhältnis für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Arbeitnehmer nach Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.

(6) Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. November 2010 - 3 Sa 319/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltung und restliche Vergütung.

2

Der 1943 geborene Kläger war seit 1968 bei der Beklagten beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 31. Januar 1974 war ua. geregelt:

        

„11. Gesetze, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen

        

Im übrigen finden die gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen, die Arbeitsordnung, die sonstigen Betriebsvereinbarungen sowie die Dienst- und Geschäftsanweisungen der Firma in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.“

3

Der für den Beschäftigungsbetrieb der tarifgebundenen Beklagten in W einschlägige Manteltarifvertrag, abgeschlossen zwischen dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Rheinhessen e. V. in Koblenz sowie dem Verband der Pfälzischen Metall- und Elektroindustrie e. V. in Neustadt/Weinstraße einerseits und der IG Metall, Bezirksleitung Frankfurt, andererseits vom 20. Juli 2005 (im Folgenden: MTV Metall) enthält folgende Bestimmung:

        

㤠28

        

Erlöschen von Ansprüchen

        

1.    

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind wie folgt geltend zu machen:

                 

a)    

Ansprüche auf Zuschläge aller Art sofort, spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Abrechnung der Entgeltperiode, bei der sie hätten abgerechnet werden müssen;

                 

b)    

alle übrigen beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit.

        

2.    

Eine Geltendmachung nach Ablauf der unter Ziff. 1 festgesetzten Frist ist ausgeschlossen, es sei denn, dass die Einhaltung dieser Frist wegen eines unabwendbaren Zufalls nicht möglich gewesen ist.

        

3.    

Ist ein Anspruch rechtzeitig erhoben worden und lehnt die Gegenseite seine Erfüllung ab, so ist der Anspruch innerhalb von drei Monaten seit der Ablehnung gerichtlich geltend zu machen. Eine spätere Geltendmachung ist ausgeschlossen.“

4

Am 16./25. Januar 2006 schlossen die Parteien eine Vereinbarung für den internationalen Einsatz, die auszugsweise folgenden Inhalt hat:

        

„1. Vertragsgegenstand

        

Sie werden ab dem 01.01.2006 als CKD-Koordinator bei I K D (IKD) (Einsatzgesellschaft) in T, Iran tätig sein.

        

Ihr Dienstvorgesetzter ist: Dr. G.

        

Die Bestimmungen des bestehenden Arbeitsvertrages gelten fort, soweit diese Zusatzvereinbarung nichts anderes bestimmt.

        

…       

        

2. Vergütung und wesentliche Arbeitspflichten

        

Basis für die Vergütung Ihres internationalen Einsatzes ist die jeweils gültige Vergütungsleitlinie. Dies ist zu Beginn Ihres Einsatzes die Fassung vom 01.02.2005.

        

Im Folgenden werden die zu Beginn des Einsatzes gültigen Beträge genannt. Diese Beträge werden regelmäßig überprüft. Ergebnis der Überprüfung kann auch sein, dass Leistungen reduziert werden.

        

2.1 Vergütung für den internationalen Einsatz

        

2.1.1 Heimatvergleichseinkommen

        

Jahresgehalt p.a.

65.338,08 EUR

        
        

Sonderzahlung für den internationalen Einsatz p.a.

+       

12.036,00 EUR

        
        

Jahreseinkommen für den internationalen Einsatz p.a.

77.374,08 EUR

        
        

Abzug hypothetischer Heimatlandsteuern p.a.

-       

5.810,00 EUR

        

        

Jahreseinkommen für den internationalen Einsatz (nach Steuern) p.a.

71.564,08 EUR

        
        

…       

        

2.3 Zufluss in Heimatlandwährung

        

Jahreseinkommen für den internationalen Einsatz (nach Steuern) p.a.

71.564,08 EUR

        
        

…       

                 
        

davon monatliche Ausgleichszahlung p.m.

5.964,00 EUR*

        
        

*Hiervon werden die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung (ohne Krankenkassenbeiträge) abgeführt.

        

…       

                 
        

2.5 Standortbonus

        

…       

        

Quality of Living Benefit

12.000,00 EUR

        
        

Mobilitätsprämie 15,00 % des Heimatbasisgehaltes

+       

10.550,00 EUR

        
        

…       

                          
        

Standortbonus (nach Steuern) p.a.

22.550,00 EUR

        
        

…       

                 
        

2.7 Steuern

        

Sie sind verpflichtet, alle steuerrelevanten Gesetze und Regelungen des Einsatz- und Heimatlandes einzuhalten.

        

D übernimmt die Kosten für die Erstellung Ihrer Einkommensteuererklärung im Heimat- und im Einsatzland durch einen von D ausgewählten und beauftragten Steuerberater. Sie werden dem Steuerberater die für die Erstellung der Steuererklärungen erforderlichen Informationen fristgerecht zur Verfügung stellen.

        

2.8 Arbeitszeit/Urlaub

        

Ihre Arbeitszeit orientiert sich an den im Einsatzland geltenden Arbeitszeiten (im jeweiligen Betrieb). Sie berücksichtigt die dort üblichen Feiertage und Mehrarbeitszeiten.

        

Sie haben Anspruch auf 30 Tage Jahresurlaub bei einer 6-Tage-Woche. Sie stimmen die Lage des Urlaubs mit Ihrem Dienstvorgesetzten unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange ab.

        

…       

        

5.6 Beendigung und Wiedereingliederung

        

Diese Vereinbarung endet automatisch am 31.12.2007.“

5

Während der Entsendung in den Iran bezog der Kläger seine Vergütung weiterhin von der Beklagten. Es bestand kein Arbeitsverhältnis zu einer iranischen Gesellschaft.

6

Im Oktober 2007 berechnete die Beklagte die Vergütung für den Auslandseinsatz neu und legte dabei als hypothetische Steuer einen höheren Betrag zugrunde. Deswegen und weiterer offener Vergütungsfragen sprach der Kläger wiederholt in der in S eingerichteten Personalabteilung der Beklagten vor.

7

Der Vorgesetzte des Klägers, Herr Dr. G, machte mit einer an Mitarbeiter der Auslandspersonalabteilung der Beklagten gerichteten E-Mail vom 30. Mai 2008 für den Kläger, der eine Kopie der E-Mail erhielt, die Vergütung von 743 Überstunden sowie die Abgeltung von 70 Urlaubstagen geltend. Zudem forderte er, dass die richtige hypothetische Steuer festzulegen bzw. richtig rückzuvergüten sei. Die Ansprüche wurden von der Personalabteilung mit E-Mail vom 11. Juni 2008 zurückgewiesen. Diese E-Mail war an Dr. G gerichtet. Der Kläger erhielt eine Kopie der E-Mail. Nachdem Dr. G mit weiterer E-Mail vom 23. Juni 2008 die Ansprüche erneut gegenüber der Personalabteilung geltend gemacht hatte, wurden sie „um den Fall abzuschließen“ mit E-Mail vom 25. Juni 2008 erneut abgelehnt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete am 30. Juni 2008.

8

Mit der am 25. Mai 2009 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger zum einen die Vergütung von 743 Überstunden mit 25.611,21 Euro gefordert. Er hat sich auf selbst gefertigte Stundennachweise gestützt und die Auffassung vertreten, dass diese Liste jedenfalls in Verbindung mit der Genehmigung des Vorgesetzten Dr. G, der die Überstunden anhand von telefonischen Angaben und Absprachen regelmäßig überwacht und genehmigt habe, ausreiche. Dr. G habe die Überstunden nicht nur genehmigt, sondern sie seien mit ihm abgestimmt gewesen. Darüber hinaus hat der Kläger die Abgeltung von 70 Urlaubstagen (10 Tage aus dem Jahr 2005 und jeweils 30 Tage aus den Jahren 2006 und 2007) beansprucht. Aufgrund der erheblichen Arbeitsbelastung im Iran habe er seinen Urlaub nicht nehmen können. Dr. G habe insoweit immer wieder bestätigt, dass der Urlaub in das kommende Jahr übertragen werde. Im Jahr 2007 sei dann vereinbart worden, dass der Urlaub aus den Jahren 2005 und 2006 zusammen mit den Überstunden abgegolten werden solle.

9

Schließlich hat der Kläger Auszahlung der in den Kalenderjahren 2006 und 2007 bei der Vergütungsberechnung angesetzten hypothetischen Steuern iHv. 49.044,00 Euro beansprucht. Er habe in den Jahren 2006 und 2007 weder in Deutschland noch im Iran Steuern auf das von der Beklagten bezogene Einkommen zu zahlen gehabt.

10

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 92.710,88 Euro brutto ohne Abzüge von Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag nebst Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach bestritten und geltend gemacht, in jedem Falle seien sämtliche erhobenen Ansprüche nach § 28 MTV Metall verfallen.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Dem Kläger stehen die streitigen Ansprüche nicht zu. Sie sind jedenfalls nach § 28 Abs. 3 MTV Metall verfallen und damit erloschen.

14

I. Der MTV Metall findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

15

1. Dies folgt aus der Bezugnahmeklausel in Nr. 11 des Arbeitsvertrags vom 31. Januar 1974. Diese Vertragsbestimmung enthält eine Gleichstellungsabrede. Die Beklagte ist tarifgebunden. Da der Arbeitsvertrag der Parteien vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 geschlossen wurde, ist die Bezugnahmeklausel aus Gründen des Vertrauensschutzes nach wie vor als Gleichstellungsabrede auszulegen (vgl. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 127/09 - Rn. 31 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 85). Die arbeitsvertragliche Verweisung soll lediglich widerspiegeln, was tarifrechtlich gilt und die fehlende Mitgliedschaft des Arbeitnehmers in der tarifschließenden Gewerkschaft ersetzen. Die Bezugnahmeklausel erfasst daher alle für den Arbeitgeber fachlich und betrieblich einschlägigen Tarifverträge (vgl. BAG 14. Dezember 2005 - 10 AZR 296/05 - Rn. 19, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 37 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 30). In anderer Weise ist der erfasste Gleichstellungszweck der Verweisungsklausel nicht umzusetzen. In diesem Sinne zählt der MTV Metall zu den fachlich und betrieblich einschlägigen Tarifverträgen, die auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden.

16

2. Die Bezugnahmeklausel ist wirksam. Damit wurde auch § 28 MTV Metall in den Arbeitsvertrag einbezogen.

17

a) Auf die fehlende Möglichkeit des Klägers, bei Vertragsschluss von den für ihn (künftig) geltenden Tarifverträgen inhaltlich Kenntnis zu nehmen, kommt es für die Einbeziehung der Tarifverträge durch eine arbeitsvertragliche Verweisungsklausel nicht an. § 305 Abs. 2 BGB findet bei der Kontrolle vorformulierter Vertragsbedingungen im Arbeitsrecht keine Anwendung(§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB). Eine analoge Anwendung der Regelung scheidet aufgrund der klaren gesetzgeberischen Entscheidung (BT-Drucks. 14/6857 S. 54) aus (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 831/09 - Rn. 27, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 88; 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 19, BAGE 128, 73; 14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - Rn. 21, BAGE 122, 12).

18

b) Die Bezugnahmeklausel ist nicht unklar iSv. § 305c Abs. 2 BGB.

19

aa) Die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB hat die Funktion, bei objektiv mehrdeutigen Klauseln eine Auslegungshilfe zu geben, und in diesem Fall die Interessen des Verwenders hinter denjenigen der anderen Partei zurücktreten zu lassen. Auf die Unklarheitenregel kann nur zurückgegriffen werden, wenn nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden nicht behebbare Zweifel verbleiben ( BAG 17. Januar 2006 - 9 AZR 41/05 - BAGE 116, 366; 19. Dezember 2000 - 3 AZR 174/00 - AP BetrAVG § 1 Wartezeit Nr. 24 = EzA BetrAVG § 1 Wartezeit Nr. 1; 16. April 1997 - 3 AZR 28/96 - AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 16 = EzA BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 5).

20

bb) Hiervon ist im Streitfall nicht auszugehen. Die Auslegung der Bezugnahmeklausel ergibt, dass die einschlägigen Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Bezug genommen sind. Es verbleiben gerade keine nicht behebbaren Zweifel.

21

c) Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB steht der Wirksamkeit der Verweisungsklausel ebenfalls nicht entgegen. Die Klausel Nr. 11 des Arbeitsvertrags ist weder unklar noch unverständlich.

22

aa) Verweist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 33, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 37; 14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - BAGE 122, 12). Arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf andere Regelwerke entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik. Die Dynamisierung dient wegen des Zukunftsbezugs des Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis den Interessen beider Seiten. Andererseits ist es Sinn des Transparenzgebots, der Gefahr vorzubeugen, dass der Arbeitnehmer von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Erst in der Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen unklar abgefasster Allgemeiner Geschäftsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB.

23

bb) Hiernach ist die dynamische Verweisung in der Klausel Nr. 11 des Arbeitsvertrags nicht unklar. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung einbezogenen Regelungen sind bestimmbar (vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 475/10 - Rn. 23, NZA 2012, 166; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 48 ff., BAGE 129,1). Dass die anwendbaren Tarifverträge nicht konkret benannt sind, steht der Transparenz der Klausel nicht entgegen. Der Arbeitnehmer ist in der Lage, sich über die anwendbaren Tarifverträge beim Arbeitgeber Kenntnis zu verschaffen, denn dieser ist gemäß § 8 TVG verpflichtet, die für den Betrieb maßgebenden Tarifverträge an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

24

d) Die Vorschriften des Nachweisgesetzes stehen der Annahme einer wirksamen Bezugnahme nicht entgegen.

25

aa) Da der Arbeitsvertrag vom 31. Januar 1974 vor Inkrafttreten des Nachweisgesetzes vom 20. Juli 1995 (BGBl. I S. 946) zum 28. Juli 1995 abgeschlossen wurde, wäre die Beklagte gemäß § 4 Satz 1 NachwG nur auf Verlangen des Klägers verpflichtet gewesen, eine Niederschrift auszuhändigen. Dass ein solches Verlangen vom Kläger jemals geäußert worden wäre, hat er nicht behauptet.

26

bb) Zudem verlangt § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG lediglich einen in allgemeiner Form gehaltenen Hinweis auf die anwendbaren Tarifverträge. Eine detaillierte Angabe aller auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge ist nicht gefordert (BT-Drucks. 13/668 S. 10 f.; ErfK/Preis 12. Aufl. § 2 NachwG Rn. 23).

27

II. Der Kläger hat die tarifvertraglich geregelte Ausschlussfrist versäumt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger überhaupt die erste Stufe (§ 28 Abs. 1 Buchst. b MTV Metall) eingehalten hat, indem er innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit die streitgegenständlichen Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend machte. In jedem Fall hat er die Frist der zweiten Stufe (§ 28 Abs. 3 MTV Metall) versäumt. Nachdem die Beklagte mit den von leitenden Mitarbeitern der Auslandspersonalabteilung verfassten E-Mails vom 11. und 25. Juni 2008 „abschließend“ die Erfüllung der geltend gemachten Ansprüche abgelehnt hatte, hat der Kläger erst am 25. Mai 2009 und damit nach Ablauf der dreimonatigen Ausschlussfrist Klage eingereicht. Deshalb sind die streitigen Ansprüche, sollten sie bestanden haben, jedenfalls wegen Verfalls erloschen.

28

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Klose    

        

        

        

    Feldmeier    

        

    Reinders    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 21. Dezember 2010 - 6 Sa 90/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Entgeltansprüche des Klägers und in diesem Zusammenhang über die Ablösung vormaliger tariflicher Regelungen infolge eines Betriebsübergangs.

2

Der Kläger, Mitglied der Gewerkschaft ver.di, ist bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen seit dem 31. August 1989 beschäftigt. Aus dem Geschäftsbereich, in dem er als Fernmeldetechniker zunächst bei der Deutschen Bundespost tätig gewesen war, entstand kraft Gesetzes die Deutsche Telekom AG (nachfolgend DT AG), auf die sein Arbeitsverhältnis zum 1. Januar 1995 übergeleitet wurde. Im Jahre 1999 wechselte der Kläger in den Bereich Auslandsauskunft der DT AG, der mit Wirkung zum 1. Januar 2004 auf die V C S GmbH & Co. KG im Wege des Betriebsübergangs übertragen wurde.

3

Nach deren Umwandlung in die V C S GmbH (VCS) schloss der Kläger mit dieser einen Arbeitsvertrag, nach dem er als Call Center Agent in S tätig ist. Weiterhin heißt es in dem Arbeitsvertrag ua.:

        

§ 3 Anwendbarkeit von Tarifverträgen

        

Auf das Arbeitsverhältnis finden die für den Betrieb oder Betriebsteil, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt ist, betrieblich/fachlich jeweils einschlägigen Tarifverträge1 in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung, soweit sich nicht aus den nachfolgenden Regelungen etwas anderes ergibt.

        

...     

        

§ 5 Entgelt

        

Der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers richtet sich nach den jeweils geltenden tarifvertraglichen Bestimmungen.

        

_______________________________________

        

1Zurzeit sind dies die mit ver.di abgeschlossenen Tarifverträge.“

4

Aufgrund der bei der VCS bestehenden tariflichen Regelungen erhielt der Kläger zuletzt ein Bruttomonatsentgelt iHv. 2.592,56 Euro.

5

Der Betrieb, in dem der Kläger bei der VCS tätig war, ging im Wege eines weiteren Betriebsübergangs am 1. Mai 2007 auf die nicht tarifgebundene a s S GmbH (asS GmbH), ein Konzernunternehmen der B AG, über.

6

Zum 1. Januar 2008 wurde die asS GmbH im Wege der Umwandlung mit der jetzigen Beklagten, der a d s S GmbH, verschmolzen. Deren direkte Rechtsvorgängerin war die R M GmbH. Diese hatte mit der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) Haustarifverträge geschlossen, darunter am 2. Juli 1998 einen Tarifvertrag „für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen einschließlich der Auszubildenden des Betriebes S der R M GmbH“ (TV Betrieb S). Am 15. Dezember 1999 vereinbarten dieselben Tarifvertragsparteien einen „Eingruppierungstarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen der R M GmbH, Betrieb Marketing Service Süd-West“ (ETV). Die R M GmbH gliederte im Mai 2001 den Betrieb in S auf die M GmbH (M) aus. Bei der M handelte es sich um einen sog. vorgehaltenen Firmenmantel. Im Jahr 2002 firmierte die M in die jetzige Beklagte um.

7

Mit Schreiben vom 14. Januar 2008 unterrichtete die Beklagte den Kläger darüber, dass:

        

„…    

        

mit der Verschmelzung der Betriebe der a s S GmbH mit der a d s S GmbH in K ... für Sie ab dem 01.01.2008 ausschließlich die Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und Regelungen der a d s S GmbH in K [gelten].

        

Dazu gehört u.a. auch der Tarifvertrag vom 02.07.1998, der Eingruppierungstarifvertrag vom 15.12.1999 und die Betriebsvereinbarung zur tariflichen Sonderleistung vom 01.09.2003 der a d s S GmbH in K. Entsprechend der dort bestehenden Regelungen werden Sie neu eingruppiert.

        

…“    

8

Der Kläger erhielt bis zum 31. Dezember 2008 das in dem Schreiben vom 14. Januar 2008 mitgeteilte Entgelt einschließlich einer Besitzstandszulage iHv. 2.592,56 Euro. Ab dem Juli 2008 verrechnete die Beklagte eine Entgelterhöhung nach den von ihr angewendeten Haustarifverträgen von 44,00 Euro brutto monatlich mit der Besitzstandszulage. In der Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 30. April 2009 wurde dem Kläger ein monatliches Entgelt von 1.956,50 Euro brutto und ab dem 1. Mai 2009 von 1.985,50 Euro brutto gezahlt. Mit der Abrechnung für November 2009 leistete die Beklagte eine Erfolgsbeteiligung iHv. 1.040,00 Euro brutto und im Dezember 2009 eine Aufstockungszahlung iHv. 110,00 Euro brutto, um ein festgelegtes Mindestjahresgehalt von 25.000,00 Euro zu erreichen.

9

Nach erfolgloser Geltendmachung hat der Kläger mit seiner Klage für das Jahr 2008 eine siebenmonatige Differenz von jeweils 44,00 Euro brutto, für die Monate Januar 2009 bis April 2009 eine Entgeltdifferenz von jeweils 636,06 Euro brutto und für die Zeit von Mai 2009 bis Februar 2010 eine iHv. 607,06 Euro brutto monatlich verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe sein Entgelt ohne Grundlage gekürzt. Die Klausel in § 3 des Arbeitsvertrages könne nicht als sog. Tarifwechselklausel ausgelegt werden. Es seien vielmehr die für die VCS geltenden betrieblichen Tarifverträge maßgebend. Die Bezugnahmeklausel halte auch einer AGB-Kontrolle nicht stand. Daher verbleibe es bei der ehemaligen „Tarifbindung vor dem Tarifwechsel“.

10

Der Kläger hat zuletzt in der Sache beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 308,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit 1. Januar 2009 zu zahlen (Gehaltsdifferenz 2008),

        

2.-15.

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.614,84 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen (Gehaltsdifferenz Januar 2009 - Februar 2010).

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe aufgrund der anzuwendenden Haustarifverträge lediglich einen Entgeltanspruch iHv. 1.985,50 Euro. Auf das Arbeitsverhältnis seien die 1998 und 1999 geschlossenen Haustarifverträge aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit anzuwenden. Die bei der VCS geltenden Tarifregelungen seien nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB abgelöst worden. Die Anwendbarkeit der Haustarifverträge ergebe sich auch aus der Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeregelung.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht konnte die Klage nicht mit der von ihm gegebenen Begründung abweisen. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tragen nicht dessen Ergebnis, dass die Beklagte Vertragspartei des TV Betrieb S und des ETV ist und diese kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit für das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis gelten sollen. Ob die Klage begründet ist, kann der Senat mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO)und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung (§ 563 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO).

14

I. Es steht derzeit noch nicht fest, dass die vormals bei der VCS geltenden und nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis des Klägers transformierten Tarifbestimmungen durch die des TV Betrieb S und des ETV nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB abgelöst worden sind. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, bei dem TV Betrieb S und dem ETV handele es sich um die nach § 5 des Arbeitsvertrages maßgebenden, für die Beklagte „geltenden“ Tarifverträge oder die betrieblich oder fachlich einschlägigen iSd. § 3 des Arbeitsvertrages, die allein von den Bezugnahmeregelungen erfasst werden.

15

1. Eine Tarifgebundenheit der Beklagten an den TV Betrieb S und den ETV als Voraussetzung einer Ablösung der früher bei der VCS geltenden und nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB transformierten Tarifregelungen nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB kann auf Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht angenommen werden.

16

a) Die Rechtsnormen der bei der VCS geltenden Haustarifverträge, in denen ua. das Entgelt des Klägers geregelt war, sind zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs am 1. Mai 2007 Inhalt des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten iSd. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB geworden, da beide normativ tarifgebunden waren, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG. Die tariflich geregelten Rechte und Pflichten sind infolge des Betriebsübergangs gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB Inhalt des mit der nicht tarifgebundenen asS GmbH bestehenden Arbeitsverhältnisses geworden(vgl. nur BAG 22. April 2009 - 4 AZR 100/08 - Rn. 20 ff., BAGE 130, 237).

17

b) Eine mögliche Ablösung dieser den Inhalt des Arbeitsverhältnisses bestimmenden Rechtsnormen der bei der VCS geltenden Tarifbestimmungen nach § 324 UmwG, § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB kann nur bei einer unmittelbaren und zwingenden Geltung des TV Betrieb S und des ETV für die Parteien stattfinden. Eine solche kongruente Tarifgebundenheit (zu diesem Erfordernis s. nur BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 549/08 - Rn. 36 mwN, BAGE 135, 80) hat das Landesarbeitsgericht bisher nicht festgestellt.

18

aa) Der Kläger ist aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di an die 1998 und 1999 von der Gewerkschaft HBV und der DAG mit der R M GmbH für den S Betrieb geschlossenen Haustarifverträge gebunden (vgl. BAG 11. Mai 2005 - 4 AZR 315/04 - zu I 2 c der Gründe, BAGE 114, 332; 24. Juni 1998 - 4 AZR 208/97 - zu 2 a der Gründe, BAGE 89, 193 ), wenn das Arbeitsverhältnis vom Anwendungsbereich dieser Tarifverträge erfasst wird.

19

bb) Die für die Beklagten geltenden Tarifverträge würden (unter Beachtung ihres Geltungsbereichs) nach der Verschmelzung der asS GmbH auf die Beklagte grundsätzlich auch für die Arbeitnehmer der nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UmwG erloschenen asS GmbH gelten(BAG 4. Juli 2007 - 4 AZR 491/06 - Rn. 38 ff., BAGE 123, 213).

20

cc) Offen ist aber, ob die Beklagte überhaupt an diese Tarifverträge gebunden ist.

21

(1) Die beiden Tarifverträge wurden auf Arbeitgeberseite ursprünglich von der R M GmbH für deren Betrieb in S abgeschlossen.

22

(2) Allein aufgrund der vom Landesarbeitsgericht festgestellten Spaltung der R M GmbH im Wege der Ausgliederung auf einen bestehenden Rechtsträger iSd. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG ist die Beklagte jedenfalls nicht Partei des TV Betrieb S und des ETV geworden.

23

(aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die M sei als aufnehmender Rechtsträger in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers - der R M GmbH - einrückt. Dies folge aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG, auf den § 125 UmwG im Fall der Spaltung durch Ausgliederung verweise.

24

(bb) Das ist rechtsfehlerhaft. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, dass die Verweisung in § 125 Satz 1 UmwG ua. auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG nur eingreift, soweit sich aus dem Dritten Buch des UmwG nichts anderes ergibt. Das ist bei einer zu beurteilenden Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG aber schon deshalb der Fall, weil der übertragende Rechtsträger, die R M GmbH, anders als in § 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UmwG vorgesehen, nicht erloschen ist. Deshalb kann auch nicht von einer Gesamtrechtsnachfolge, die § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG regelt, ausgegangen werden.

25

(cc) Kommt es zu einer Ausgliederung im Wege der Spaltung nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG, ist vielmehr im Spaltungs- und Übernahmevertrag nach § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG festzulegen, welcher der beiden Rechtsträger in die Rechtsstellung als Vertragspartei eines Haustarifvertrages eintritt(Boecken Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht Rn. 207 f.; Thüsing/Braun/Heise Tarifrecht 11. Kap. Rn. 78; Bonanni/Mehrens ZIP 2012, 1217, 1219 f.; Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen 4. Aufl. E 100 f.; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 2 Rn. 381; Wiedemann/Oetker TVG 7. Aufl. § 3 Rn. 197; Sieg/Maschmann Unternehmensumstrukturierung aus arbeitsrechtlicher Sicht 2. Aufl. Rn. 276; anders Sagan RdA 2011, 163, 165, der § 613a Abs. 1 BGB bei Firmentarifverträgen gegenüber den Bestimmungen des UmwG für vorrangig erachtet; ebenso ErfK/Preis 12. Aufl. § 613a BGB Rn. 186). Es erfolgt lediglich eine partielle Gesamtrechtsnachfolge, wie es auch § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG festlegt(ausdrücklich für den Fall eines Haustarifvertrages Teichmann in Lutter UmwG 4. Aufl. § 131 Rn. 43). Fehlt es an einer Regelung, verbleibt der übertragende Rechtsträger in seiner Stellung als Vertragspartei. Eine „Duplizierung“ der Vertragsparteien, durch die auch der übernehmende Rechtsträger in die Position einer - zusätzlichen - Partei eines Haustarifvertrages gelangt und nunmehr mehrere Tarifverträge bestehen (so Bachner/Köstler/Matthießen/Trittin Arbeitsrecht bei Unternehmensumwandlung und Betriebsübergang 4. Aufl. § 5 Rn. 104; Däubler/Lorenz TVG 3. Aufl. § 3 Rn. 186, der aber eine abweichende Regelung im Spaltungs- und Übernahmevertrag für möglich hält; Wellenhofer-Klein ZfA 1999, 239, 262), entspricht nicht der gesetzgeberischen Konzeption einer Spaltung. Bei dieser ist die - partielle - Gesamtrechtsnachfolge und die damit verbundene Zuordnung von Rechten und Pflichten im Spaltungs- und Übernahmevertrag zu regeln. Dieser gesetzlichen Regelung kann entnommen werden, dass es nicht zu einer „Vervielfachung“ von Rechtspositionen kommen soll, weil dies den Grundsätzen einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge widerspricht (s. nur Löwisch/Rieble § 2 Rn. 381). Das unterscheidet die Situation von derjenigen einer Verschmelzung, bei der der verschmolzene Rechtsträger erlischt.

26

(dd) Ob eine Regelung durch Zuordnung in einem Spaltungs- und Übernahmevertrag anlässlich der Ausgliederung im Jahre 2001 getroffen worden ist, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Von einer kongruenten Tarifgebundenheit der Parteien an den TV Betrieb S und den ETV kann deshalb nicht ohne Weiteres ausgegangen werden.

27

(3) Eine Rechtsnachfolge der M kann auch nicht allein aus dem Umstand gefolgert werden, die 1998 und 1999 geschlossenen Tarifverträge beanspruchten allein für den Betrieb in S als dem ausgegliederten Teil des Vermögens der R M GmbH Geltung. Selbst wenn dies zutreffen sollte, bedarf es aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit einer verbindlichen - und zudem ohne Weiteres möglichen - Festlegung iSd. § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG. Nur so lässt sich verbindlich bestimmen, wer zukünftig auf Arbeitgeberseite Vertragspartner eines Haustarifvertrages ist und für welche tarifgebundenen Arbeitnehmer der Tarifvertrag noch unmittelbare und zwingende Geltung hat (zu dieser Funktion BAG 18. November 2009 - 4 AZR 491/08 - Rn. 16, BAGE 132, 268).

28

II. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Berufungsentscheidung und zur Zurückverweisung. Eine Stattgabe der Klage ist nicht aus anderen Gründen möglich. Im Falle einer kongruenten Tarifgebundenheit der Parteien kommt es zu einer Ablösung der vormaligen, bei der VCS geltenden tariflichen Regelungen, die allein den Anspruch des Klägers begründen können. Zugleich wären dann der TV Betrieb S und der ETV aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeregelung auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden. Der Arbeitsvertrag des Klägers enthält eine wirksame sog. Tarifwechselklausel.

29

1. Der Kläger hat im Arbeitsvertrag mit der VCS eine sog. Tarifwechselklausel vereinbart (zu den Maßstäben der Auslegung BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 21 mwN, BAGE 138, 269 ), die zur Anwendbarkeit der geltenden Haustarifverträge der Beklagten führt.

30

a) Die im Vertrag mit der VCS enthaltene Bezugnahmeklausel in § 3 und ihre Konkretisierung in § 5 erfassen kein bestimmtes Bezugnahmeobjekt. Sie verweisen weder auf einen konkreten Tarifvertrag oder auf Tarifverträge eines bestimmten Arbeitgebers, noch benennen sie eine (bestimmte) Branche, Fläche oder Region (vgl. auch BAG 16. Mai 2012 - 4 AZR 321/10 - Rn. 45, NZA 2012, 923). Nach § 5 des Arbeitsvertrages sind hinsichtlich des Entgelts die für den Arbeitgeber „jeweils geltenden tariflichen Bestimmungen“ anzuwenden, also diejenigen, an die der Arbeitgeber gebunden ist(vgl. ähnlich zu einer sog. Tarifwechselklausel BAG 16. Oktober 2002 - 4 AZR 467/01 - BAGE 103, 141). Fehlt es an einer solchen Tarifgebundenheit, greift hinsichtlich des Entgelts die Regelung in § 3 des Arbeitsvertrages ein, wonach die „betrieblich/fachlich jeweils einschlägigen Tarifverträge“ maßgebend sein sollen. Das sind diejenigen, die von ihrem fachlichen oder betrieblichen Geltungsbereich (zur Terminologie etwa Däubler/Lorenz § 3 Rn. 230 ff.), den die Tarifvertragsparteien im Rahmen ihrer Tarifzuständigkeit autonom festlegen, den Betrieb oder das Unternehmen, in dem der Kläger jeweils tätig ist, erfassen.

31

b) Entgegen der Auffassung des Klägers finden aufgrund der Bezugnahmeklausel nicht ausschließlich die Tarifverträge der VCS Anwendung. Weder aus dem Wortlaut noch aus den Begleitumständen des Vertragsschlusses ergeben sich für diese Auffassung Anhaltspunkte. Ein bestimmter Arbeitgeber ist nicht genannt. Er kann auch nicht in die Bezugnahmeregelungen „hineingelesen“ werden, indem der Name des vertragschließenden ehemaligen Arbeitgebers als Klauselbestandteil „mitgedacht“ wird (BAG 20. Juni 2012 - 4 AZR 658/10 - Rn. 24).

32

2. Die Bezugnahmeregelungen sind auch wirksam in den Vertrag einbezogen worden.

33

a) Die Verweisungsklauseln in § 3 und § 5 des Arbeitsvertrages sind weder von ihrer äußeren Form noch aufgrund ihrer inhaltlichen Gestaltung überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB(zu den Maßstäben s. nur BAG 19. August 2010 - 8 AZR 645/09 - Rn. 54, AP BGB § 307 Nr. 49)und damit Vertragsbestandteil geworden. Ein Arbeitnehmer muss damit rechnen, dass ein Arbeitgeber auf die für ihn geltenden oder die betrieblich und fachlich einschlägigen Tarifverträge verweist (vgl. BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 42, BAGE 129, 1 zur Bezugnahme von AVR). Das gilt auch, wenn nur auf einzelne Regelungsbereiche wie in § 5 des Arbeitsvertrages hinsichtlich der Entgeltbestimmungen verwiesen wird(BAG 23. März 2011 - 10 AZR 831/09 - Rn. 26, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 88)oder wenn eine sog. Tarifwechselklausel im Falle eines Branchenwechsels zur Anwendbarkeit der dort geschlossenen Tarifverträge führt. Zwar darf die Auslegung einer vertraglichen Verweisung nicht so weit ausgedehnt werden, dass für die Parteien des Rechtsgeschäfts zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses deren Tragweite nicht mehr vorhersehbar ist (BVerfG 23. April 1986 - 2 BvR 487/80 - zu B III 1 b der Gründe, BVerfGE 73, 261). Das ist vorliegend schon deshalb nicht der Fall, weil die Bezugnahmeregelungen schon von ihrem Wortlaut her auch Fälle eines „Branchenwechsels“ eindeutig erfassen.

34

b) Die streitgegenständliche Klausel ist auch nicht intransparent, § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. Abs. 1 Satz 2 BGB.

35

aa) Eine dynamische Verweisung auf Vorschriften eines anderen Regelungswerkes führt für sich genommen noch nicht zur Intransparenz. Bezugnahmeklauseln, auch dynamische, sind im Arbeitsrecht weit verbreitet. Sie entsprechen einer üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses. Dass bei Vertragsabschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des Transparenzgebotes ausreichend (ausf. BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 49 ff., BAGE 129, 1; weiterhin 23. März 2011 - 10 AZR 831/09 - Rn. 30 ff. mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 88; 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 31 f., BAGE 128, 73; 15. April 2008 - 9 AZR 159/07 - Rn. 78, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 38 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 21; 14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - Rn. 26 ff., BAGE 122, 12).

36

bb) Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus dem Umstand, dass die auf den TV Betrieb S verweisende Klausel wegen des dortigen Verweises auf die Entgelte des herstellenden Buchhandels letztlich diese Tarifverträge zur Anwendung bringt. Auch mehrstufige Verweisungen sind im Arbeitsrecht üblich. Ein Tarifvertrag, der einzelvertraglich dynamisch in Bezug genommen worden ist, kann seinerseits auf weitere, nicht statische Rechtsquellen verweisen (BAG 18. November 2009 - 4 AZR 493/08 - Rn. 26, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 54 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 13).

37

c) Einer weitergehenden Inhaltskontrolle unterliegen die streitgegenständlichen Klauseln nicht, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB.

38

aa) Nach dieser Vorschrift unterfallen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der uneingeschränkten Inhaltskontrolle nur dann, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden.

39

(1) Dazu gehören nicht solche Klauseln, die wie § 5 des Arbeitsvertrages (nur) den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistung festlegen. Im Arbeitsverhältnis sind das vor allem die Arbeitsleistung und das Arbeitsentgelt (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 831/09 - Rn. 30 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 88; 27. August 2008 - 5 AZR 820/07 - Rn. 22, BAGE 127, 319; 14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - Rn. 24, BAGE 122, 12). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, über die Kontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen nach den §§ 305 ff. BGB den „gerechten Preis“ zu ermitteln (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 115, 372).

40

(2) Die Bezugnahmeklausel in § 3 des Arbeitsvertrages unterliegt gleichfalls nicht einer uneingeschränkten Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. Sie enthält keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen. Die Revision verkennt, dass Klauseln wie die vorliegende über das Transparenzgebot hinaus mangels einem eigenen kontrollfähigen Inhalt keiner weitergehenden Inhaltskontrolle unterliegen. Ihr Regelungsgehalt beschränkt sich auf die Verweisung als solche. Der Inhalt des Arbeitsverhältnisses wird nahezu ausschließlich durch die Regelungen des Bezugnahmeobjekts bestimmt, ggf. unter Einbeziehung der in § 5 benannten Tarifregelungen, die bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers mit denjenigen Tarifverträgen nach § 3 des Vertrages in einem Zusammenhang stehen. Eine Abweichung von Rechtsvorschriften kann sich daher lediglich aus den in Bezug genommenen Regelungen, nicht jedoch aus der Verweisungsklausel selbst ergeben (vgl. ausf. BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 43 ff. mwN, BAGE 129, 1).

41

(3) Soweit die Revision anführt, die Klausel verweise auf einen fachfremden Tarifvertrag und sei deshalb unangemessen, ist dies unzutreffend. Der Kläger übersieht, dass nicht die Bezugnahmeregelung, sondern erst der Haustarifvertrag, auf den ggf. - aber dann als einschlägigen Tarifvertrag, weil die Beklagte an ihn gebunden ist - verwiesen wird, auf die Entgeltbestimmungen für den herstellenden Buchhandel verweist.

42

bb) Da die Klauseln nicht intransparent sind (oben II 2 b), kann dahinstehen, ob in einem solchen Fall eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGBgesondert geprüft werden müsste(vgl. dazu BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 33 mwN, BAGE 128, 73).

43

cc) Die Bezugnahmeklauseln sind nach den vorstehenden Ausführungen schließlich nicht anhand des Klauselverbots nach § 308 Nr. 4 BGB zu überprüfen. Die dynamische Verweisung auf ein anderes tarifliches Regelungswerk enthält keinen Änderungsvorbehalt iSd. § 308 Nr. 4 BGB. Weder der VCS war noch der Beklagten ist damit ein Recht vorbehalten, diesen Vereinbarungsinhalt einseitig abzuändern (vgl. BAG 26. Januar 2005 - 4 AZR 509/03 - zu II 2 c aa der Gründe; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 47 mwN, BAGE 129, 1). Eine Änderung des Inhalts des Arbeitsvertrages kann sich ohne Zustimmung des Klägers nur durch eine Änderung der in Bezug genommenen Tarifregelungen ergeben, für die wiederum eine Einigung mit der zuständigen Gewerkschaft erforderlich ist.

44

3. Mit diesem vertraglichen Inhalt ist das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die asS GmbH und später auf die Beklagte übergegangen. An dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarung hat sich durch den Betriebsübergang nichts geändert (st. Rspr., ua. BAG 17. November 2010 - 4 AZR 391/09 - Rn. 19 mwN, BAGE 136, 184). Der Erwerber steht hinsichtlich der Vertragsklauseln so, als hätte er sie selbst abgeschlossen. Aufgrund der geltenden vertraglichen Bezugnahmeklauseln finden nach § 5 die „jeweils geltenden“ Tarifverträge und weiterhin nach § 3 die „betrieblich/fachlich“ jeweils einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

45

III. Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird das Landesarbeitsgericht darüber hinaus zu beachten haben, ob die beiden Haustarifverträge selbst bei einer Tarifgebundenheit der Beklagten überhaupt für den Kläger unmittelbar und zwingend gelten können. Dies ist deshalb erforderlich, weil sich der Geltungsbereich des TV Betrieb S wie auch des ETV auf eine bestimmte bestehende betriebliche Organisationseinheit - den damaligen Betrieb der R M GmbH in S - bezogen hat. Ob die Haustarifverträge auch für denjenigen Betrieb, in dem der Kläger jetzt beschäftigt ist, Geltung beanspruchen können, wird das Landesarbeitsgericht deshalb zu prüfen haben.

46

Unabhängig von der beiderseitigen Tarifgebundenheit der Parteien an den TV Betrieb S und den ETV wird das Landesarbeitsgericht hinsichtlich des Antrages zu 1) weiter zu prüfen haben, inwieweit die Beklagte berechtigt war, eine sich aus dem 1998 geschlossenen Tarifvertrag ergebende Entgelterhöhung iHv. 44,00 Euro auf das von ihr zu leistende Entgelt anzurechnen und die für den Dezember 2009 geleistete Einmalzahlung iHv. 110,00 Euro brutto berücksichtigen konnte.

        

    Eylert    

        

    Winter    

        

    Treber    

        

        

        

    Lippok    

        

    Pust    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. September 2011 - 7 Sa 1318/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Juni 2011 - 3 Ca 422/11 - teilweise abgeändert.

3. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

4. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Die 1959 geborene Klägerin war - nach vorhergehender Arbeitslosigkeit - vom 4. Mai 2009 bis zum 30. Juni 2010 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und der B KG in B für Montagearbeiten überlassen. Die Klägerin erhielt bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden einen Bruttostundenlohn von zunächst 6,00 Euro, ab 1. Juli 2009 von 6,15 Euro. Außerdem zahlte die Beklagte für Überstunden einen Zuschlag von 25 %, eine Fahrtkostenerstattung iHv. 12,00 Euro pro Arbeitstag und ab Dezember 2009 einen monatlichen Zuschuss zu vermögenswirksamen Leistungen iHv. 13,50 Euro brutto.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein Formulararbeitsvertrag vom 30. April 2009 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

㤠1 Tarifliche Bestimmungen

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen, bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer Gewerkschaft der in Satz 1 genannten Tarifgemeinschaft ist.

        

Soweit der Mitarbeiter nicht tarifgebunden ist, vereinbaren die Parteien, dass die Bestimmungen der in Abs. 1 genannten Tarifverträge den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages vorgehen. Dies gilt nicht, soweit die in Abs. 1 genannten Tarifverträge eine solche Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz, insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Satz 2 entsprechend.

        

Sollten die in Abs. 1 genannten Tarifverträge gekündigt werden oder auf andere Weise ihre Gültigkeit verlieren, ohne dass neue, zwischen diesen Tarifvertragsparteien abgeschlossene Tarifverträge an ihre Stelle treten, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien des Arbeitsvertrages nach den in Abs. 1 genannten Tarifverträgen in der zuletzt zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Fassung.

        

...     

        

§ 2 Vertragsgegenstand

        

…       

        

Der Mitarbeiter wird für folgende Tätigkeit eingestellt:

        

Zeitarbeiterin

        

Diese Tätigkeit umfasst folgende Aufgabenbereiche:

        

allgemeine Montagearbeiten gem. Einsatzmitteilung

        

Für ihre Ausübung ist folgende Qualifikation erforderlich:

        

keine 

        

…       

        

§ 6 Vergütung

        

Gemäß der in § 2 genannten Tätigkeitsbezeichnung wird der Mitarbeiter in Entgeltgruppe E 1 gemäß des in § 1 Abs. 1 genannten Entgeltrahmentarifvertrags eingruppiert.

        

Der Mitarbeiter erhält

        

ein tarifliches Entgelt, dessen Höhe sich nach den Bestimmungen der in § 1 Abs. 1 genannten Tarifverträge bemisst (tarifliches Entgelt). Der Stundenlohn beträgt danach derzeit 6,00 € brutto.

        

…       

        

Bei auswärtigen Einsätzen können unter Beachtung der jeweils gültigen gesetzlichen Bestimmungen je nach Einsatzort arbeitstägliche Zuschüsse für Fahrgeld, Verpflegung oder Übernachtung (Aufwandserstattung) gewährt werden. Maßgebend ist die Entfernung des Arbeitsortes vom Wohnort oder der Betriebsstätte, das genutzte Verkehrsmittel und die ggf. erforderliche Unterbringung am Arbeitsort. Solche Zuschüsse werden nur gezahlt, wenn und soweit es sofort zwischen der D - GmbH und dem Mitarbeiter schriftlich vereinbart worden ist.

        

…       

        

Lohnabrechnungszeitraum ist der Kalendermonat. Die Lohnabrechnung und -zahlung ist zum 21. Kalendertag des folgenden Monats fällig. Die Zahlung erfolgt bargeldlos, wofür der Mitarbeiter der D - GmbH ein Bankkonto anzugeben hat.

        

…       

        

§ 14 Ausschlussfristen

        

Die Parteien vereinbaren hiermit ausdrücklich einzelvertraglich unabhängig von der Geltung eines Tarifvertrages und der einzelvertraglichen Bezugnahme eines Tarifvertrages im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses folgendes:

        

Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.

        

Lehnt die andere Vertragspartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab, oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

        

…“    

4

Am 6. April 2010 schlossen die Parteien rückwirkend zum 1. Januar 2010 eine von der Beklagten vorformulierte Änderungsvereinbarung, die auszugsweise lautet:

        

㤠1 Tarifliche Bestimmungen

        

(Änderung des Absatzes 1)

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV - die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB) sowie medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der in Satz 1 genannten Gewerkschaften oder der Tarifgemeinschaft ist.“

5

Ab 1. Juli 2010 wurde die Klägerin von der B KG in ein befristetes Arbeitsverhältnis übernommen und erhielt bei einer Arbeitszeit von 35 Wochenstunden ein Bruttomonatsgehalt von 1.948,00 Euro. Außerdem sollten die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg Anwendung finden.

6

Mit der am 8. März 2011 eingereichten und der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage hat die Klägerin zuletzt für den Zeitraum 15. Juni 2009 bis 30. Juni 2010 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt hat, verlangt und geltend gemacht, die einzelvertragliche Ausschlussfrist habe erst mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP zu laufen begonnen.

7

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 14.809,29 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. März 2011 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die fehlende Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung führe nur zur Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc, zumindest habe sie auf die Wirksamkeit der von der CGZP geschlossenen Tarifverträge vertrauen dürfen. Ab dem 1. Januar 2010 habe sie aufgrund der Inbezugnahme des mehrgliedrigen Tarifvertrags zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen vom 15. März 2010 von dem Gebot der Gleichbehandlung abweichen dürfen. Schließlich seien Ansprüche der Klägerin wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung nach der vertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet.

11

A. In Höhe eines Teilbetrags von 1.365,74 Euro brutto ist die Klage bereits nach der eigenen Berechnung der Klägerin unbegründet. Die Vorinstanzen haben ihr zwar 14.809,29 Euro brutto zugesprochen. Doch hat die Klägerin in der Revisionserwiderung ihre Forderung auf 13.443,55 Euro brutto neu berechnet und ausgeführt, es sei mit der Klage irrtümlich zu viel gefordert und „so auch überhöht ausgeurteilt worden“. Prozessuale Konsequenzen hat sie daraus nicht gezogen.

12

B. Im Übrigen war die Beklagte nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, der Klägerin für die Zeit der Überlassung an die B KG das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin ihren Stammarbeitnehmern gewährt(I.). Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ist aber aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen, weil ihn die Klägerin nicht rechtzeitig gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat (II.).

13

I. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt („equal pay“). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das AÜG ein Abweichen durch Tarifvertrag, wobei im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können (§ 9 Nr. 2 AÜG) mit der Folge, dass der Entleiher grundsätzlich nur das tariflich vorgesehene Arbeitsentgelt gewähren muss (§ 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG). Eine solche zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. § 1 des ursprünglichen Arbeitsvertrags(fortan: Arbeitsvertrag) verweist auf unwirksame Tarifverträge, mit § 1 des Arbeitsvertrags idF der Änderungsvereinbarung vom 6. April 2010 (fortan: Arbeitsvertrag 2010) werden die dort genannten Tarifverträge nicht wirksam in Bezug genommen.

14

1. Das Gebot der Gleichbehandlung ist bindend. § 10 Abs. 4 AÜG verstößt insoweit weder gegen Grundrechte noch gegen Unionsrecht.

15

a) § 10 Abs. 4 AÜG verletzt die Koalitionsfreiheit der Arbeitgeberverbände ebenso wenig wie die Berufsfreiheit der Verleihunternehmen. Das hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. -). Entgegen der Auffassung der Revision gilt im Hinblick auf die kollektive Koalitionsfreiheit der in der Leiharbeitsbranche tätigen Arbeitnehmervereinigungen und die individuelle Koalitionsfreiheit der Leiharbeitnehmer nichts anderes.

16

Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet einer Arbeitnehmerkoalition deren Bildung, Bestand und Betätigung, wobei letztere alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen umfasst(vgl. BVerfG 6. Februar 2007 - 1 BvR 978/05 - Rn. 21 ff.; BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 111). Zu der koalitionsmäßigen Betätigung gehört auch die Tarifautonomie als das Recht, Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen mit der Arbeitgeberseite auszuhandeln. In diesen Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG greift das Gebot der Gleichbehandlung nicht ein, weil die Tariföffnungsklausel es den Koalitionen ermöglicht, für ihre Mitglieder verbindliche abweichende Regelungen zu treffen. Das Bestreben der Arbeitgeberseite, über für sie wirtschaftlich günstigere tarifliche Regelungen dem Gebot der Gleichbehandlung nicht nachkommen zu müssen, wird es einer Arbeitnehmerkoalition in der Arbeitnehmerüberlassungsbranche eher erleichtern als erschweren, Tarifverträge auszuhandeln. Zudem wäre ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG wegen der damit vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke nicht nur gegenüber Arbeitgeber-, sondern auch gegenüber Arbeitnehmerkoalitionen verfassungsrechtlich gerechtfertigt(vgl. dazu im Einzelnen: BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. - zu C II 3 b der Gründe).

17

Die Koalitionsfreiheit umfasst als individuelles Freiheitsrecht auch das Recht des Einzelnen, sich einer Koalition anzuschließen. Ein - feststellbarer - Druck auf Leiharbeitnehmer zum Austritt aus bzw. zum Nichteintritt in eine Arbeitnehmerkoalition geht von § 10 Abs. 4 AÜG nicht aus. Ist der Verleiher bereit, dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsentgelt zu zahlen, so wie es der Entleiher seinen Stammarbeitnehmern gewährt, kann dies unbeschadet einer Tarifbindung arbeitsvertraglich wirksam (§ 4 Abs. 3 TVG) vereinbart werden.

18

b) Ob Art. 5 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (fortan: RL) hinsichtlich des Arbeitsentgelts von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 153 AEUV(ex Art. 137 EGV) gedeckt ist, kann dahingestellt bleiben. Dem nationalen Gesetzgeber bleibt es unbenommen, über die in Art. 5 RL vorgesehenen Maßnahmen hinauszugehen. Eine Vorlage der in der Revision aufgeworfenen Frage nach der Reichweite des Art. 5 RL an den Gerichtshof der Europäischen Union hatte mangels Entscheidungserheblichkeit zu unterbleiben(vgl. BVerfG 29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 - Rn. 21 ff.).

19

2. Das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 AÜG wird nicht gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG durch Bezugnahme auf von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge(§ 1 Arbeitsvertrag in der ursprünglichen Fassung) ausgeschlossen. Die CGZP konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen.

20

a) Nach den Entscheidungen des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302), dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) ist rechtskräftig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann festgestellt, dass die CGZP seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. BAG 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11 - Rn. 12; 23. Mai 2012 - 1 AZB 67/11 - Rn. 7). Ob die Rechtskraftwirkung der genannten Entscheidungen durch die zum 30. April 2011 erfolgte Einfügung von § 3a AÜG durch Art. 1 Nr. 6 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 642) wieder entfallen ist (so etwa Lützeler/Bissels DB 2011, 1636; Lembke NZA 2011, 1062), kann entgegen der Auffassung der Revision dahingestellt bleiben. § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG setzen einen zum Zeitpunkt der arbeitsvertraglichen Vereinbarung und während der Dauer des Arbeitsverhältnisses wirksamen Tarifvertrag voraus(hM, vgl. nur Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 102; Mengel in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 9 Rn. 39; Boemke/Lembke AÜG 2. Aufl. § 9 Rn. 120).

21

b) Fehlt einer Tarifvertragspartei die Tariffähigkeit, kann sie allenfalls eine Kollektivvereinbarung ohne normative Wirkung, aber keinen Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 TVG abschließen(zur fehlenden Tarifzuständigkeit: BAG 17. April 2012 - 1 ABR 5/11 - Rn. 69). Trotz fehlender Tariffähigkeit abgeschlossene „Tarifverträge“ sind deshalb von Anfang an unwirksam (BAG 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 - Rn. 21 mwN, BAGE 120, 182; 27. November 1964 - 1 ABR 13/63 - zu B I der Gründe, BAGE 16, 329; ErfK/Franzen 13. Aufl. § 2 TVG Rn. 5; Schaub/Treber Arbeitsrechts-Handbuch 14. Aufl. § 198 Rn. 4). Davon geht auch § 97 Abs. 5 ArbGG aus. Die gesetzliche Anordnung, einen Rechtsstreit, der davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder deren Tarifzuständigkeit gegeben ist, bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wäre sinnlos, wenn die fehlende Tariffähigkeit oder die fehlende Tarifzuständigkeit lediglich zu einer Unwirksamkeit des Tarifvertrags ex nunc führen würde. Dementsprechend wird in dem als besonderes Beschlussverfahren ausgestalteten Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG nicht eine ursprünglich bestehende Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit „abgesprochen“, sondern lediglich das Fehlen der Fähigkeit oder der Zuständigkeit zum Abschluss eines Tarifvertrags festgestellt.

22

c) Die These vom fehlerhaften Tarifvertrag (HWK/Henssler 5. Aufl. § 1 TVG Rn. 21a), die in Anlehnung an die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Rückabwicklung die Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc annimmt, ist bei der Vereinbarung tariflicher Regelungen gemäß § 9 Nr. 2 AÜG ungeeignet. Denn es geht in diesem Falle nicht um die Rückabwicklung vollzogener Tarifverträge, sondern um die Rechtsfolge des Scheiterns einer vom Gesetz nach § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG eröffneten Gestaltungsmöglichkeit. Dabei muss nichts rückabgewickelt werden. Der Arbeitnehmer behält die bezogene Vergütung aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und erwirbt darüber hinaus nach § 10 Abs. 4 AÜG einen Anspruch auf die Differenz zu dem Entgelt, das er erhalten hätte, wenn das Gebot der Gleichbehandlung von Anfang an beachtet worden wäre. Dazu räumt § 13 AÜG dem Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiher ein.

23

d) Ein etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt.

24

Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen(BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; vgl. dazu auch BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 27 mwN). Die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP waren nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. Weder das Bundesarbeitsgericht noch Instanzgerichte haben in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren jemals die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. In der von der Revision angezogenen Entscheidung (BAG 24. März 2004 - 5 AZR 303/03 - zu I 2 c cc der Gründe, BAGE 110, 79) hat der Senat bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit der Vergütung eines Leiharbeitnehmers zwar auch einen von der CGZP abgeschlossenen Entgelttarifvertrag herangezogen, eine Feststellung von deren Tariffähigkeit war damit aber nicht verbunden. Die bloße Erwartung, das Bundesarbeitsgericht werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen (Koch SR 2012, 159, 161 mwN).

25

Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Die Revision weist selbst darauf hin, dass die Tariffähigkeit der CGZP bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert wurde (vgl. Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN; Ulber NZA 2008, 438; Rolfs/Witschen DB 2010, 1180; Lunk/Rodenbusch RdA 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat.

26

3. § 1 Arbeitsvertrag 2010 hat die Beklagte nicht von dem Gebot der Gleichbehandlung entbunden. Die Bezugnahmeklausel, mit der die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge vom 15. März 2010 (im Folgenden: AMP-TV 2010) vereinbart werden soll, ist intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

27

a) Bei den in § 1 Arbeitsvertrag 2010 genannten Tarifverträgen handelt es sich nicht um ein einheitliches Tarifwerk(Einheitstarifvertrag), sondern, wie auch die Präambel zum AMP-TV 2010 festhält, um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag im engeren Sinne (zur Terminologie: BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22, BAGE 120, 84). Bei diesem sind mehrere selbständige Tarifverträge in einer Urkunde zusammengefasst. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme erstreckt sich damit auf sechs eigenständige Tarifwerke, jeweils bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag. Mangels anderweitiger Regelung in der Klausel, etwa einer einsatzbezogenen Differenzierung der anzuwendenden Tarifwerke nach der Branche des Entleihers, muss der durchschnittliche Leiharbeitnehmer davon ausgehen, dass gleichzeitig sechs eigenständige Tarifwerke auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

28

Ob § 9 Nr. 2 AÜG eine derartige Vertragsgestaltung, mit der gleichsam sechsfach von der Tariföffnungsklausel Gebrauch gemacht werden soll, zulässt, zumal wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der vereinbarten Tarifwerke die fehlende Tariffähigkeit einer der tarifschließenden Koalitionen im Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 ArbGG bereits zweitinstanzlich festgestellt war(LAG Berlin-Brandenburg 7. Dezember 2009 - 23 TaBV 1016/09 - [CGZP]), braucht der Senat nicht zu entscheiden. § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist jedenfalls intransparent.

29

b) § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klausel ist unstreitig von der Beklagten für eine Vielzahl von Änderungsvereinbarungen vorformuliert und den Arbeitnehmern einseitig gestellt worden. Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei zwischen den Parteien „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, der Klägerin die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25 f. mwN).

30

c) Verweist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz. Insbesondere arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf tarifliche Regelwerke, auch wenn sie dynamisch ausgestaltet sind, entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 22 mwN). Dass bei Vertragsschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des Transparenzgebots für Klauseln, die - wie im Regelfall - auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag oder ein bestimmtes bzw. bestimmbares tarifliches Regelwerk im Sinne einer Einheit aus Mantel-, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen verweisen, ausreichend (vgl. BAG 21. November 2012 - 4 AZR 85/11 - Rn. 35 mwN). Doch bedarf eine Bezugnahmeklausel wie die streitgegenständliche, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, zur Gewährleistung ihrer hinreichenden Bestimmtheit einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll. Andernfalls lässt sich nicht für jeden Zeitpunkt bestimmen, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke sich jeweils durchsetzen und gelten soll. Fehlt in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsregel, besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen dieser Unklarheit seine Rechte nicht wahrnimmt. Gerade dies will das Bestimmtheitsgebot verhindern (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, 16 mwN).

31

d) Nach diesen Grundsätzen verstößt § 1 Arbeitsvertrag 2010 gegen das Transparenzgebot. Die Klausel enthält keine Kollisionsregel. Der Leiharbeitnehmer kann aus ihr nicht ersehen, welches der mehreren in Bezug genommen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben und bei welcher - für das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 AÜG maßgeblichen - Überlassung gelten soll. Er kann außerdem anhand der Klausel und der gemäß § 8 TVG im Betrieb auszulegenden Tarifverträge nicht ermitteln, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei einer bestimmten Überlassung eine Vereinbarung „im Geltungsbereich“ eines Tarifvertrags iSv. § 9 Nr. 2 AÜG ist. Denn die AMP-TV 2010 enthalten neben dem räumlichen, fachlichen und persönlichen einen „organisatorischen“ Geltungsbereich, der sich nur aus den Satzungen der Arbeitnehmervereinigungen, bei der CGZP aus der Kenntnis von deren Mitgliederbestand erschließen lässt.

32

Unerheblich ist, dass bei der Vereinbarung der Klausel die tariflichen Regelwerke noch inhaltsgleich waren (aA Stoffels/Bieder RdA 2012, 27, 34). Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss für die Dauer des Arbeitsverhältnisses erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Er kann weder auf eine ständige Beobachtung der Tariflandschaft im Arbeitnehmerüberlassungsgewerbe noch zu Spekulationen darüber verpflichtet werden, welches von mehreren tariflichen Regelwerken zu einem bestimmten Zeitpunkt auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll.

33

II. Der Anspruch der Klägerin auf gleiches Arbeitsentgelt ist nach § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag verfallen.

34

1. Allerdings war die Klägerin nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP oder aus dem nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen AMP-TV 2010 einzuhalten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Regelungen zu Ausschlussfristen in Tarifverträgen der Arbeitnehmerüberlassungsbranche überhaupt den Anspruch auf gleiches Entgelt erfassen (vgl. dazu LAG Düsseldorf 29. August 2012 - 12 Sa 576/12 - Rn. 132, rkr.).

35

Eine Ausschlussfristenregelung in einem unwirksamen CGZP-Tarifvertrag ist auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (aA Löwisch SAE 2013, 11). Arbeitsvertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, nur ein wirksamer Tarifvertrag habe vereinbart werden sollen (BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Das ist vorliegend der Fall. Nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag konnte die Beklagte als Klauselverwenderin den Zweck der Bezugnahme - das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG - erreichen.

36

2. Die Klägerin musste die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag beachten. Es handelt sich um eine eigenständige arbeitsvertragliche Regelung, die der AGB-Kontrolle standhält. Dem steht die Unabdingbarkeit des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG nicht entgegen, weil Ausschlussfristen ausschließlich die Art und Weise der Durchsetzung eines entstandenen Anspruchs betreffen und nicht zu dessen Inhalt gehören(BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 31 mwN, BAGE 137, 249).

37

a) § 14 Arbeitsvertrag ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Das steht zwischen den Parteien außer Streit. Die Klausel enthält unabhängig von der Inbezugnahme tariflicher Vorschriften eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf gleiches Entgelt erfasst und von dessen Fälligkeit zu dem für die Vergütung nach § 6 Arbeitsvertrag bestimmten Zeitpunkt ausgeht. Das ergibt die Auslegung der Klausel.

38

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Vertragswortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. zB BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 30 mwN).

39

bb) Die Klausel erfasst den Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Arbeitsentgelt in der Höhe, wie es einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Entleihers gewährt wird. Denn zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ankäme (BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 556/07 - Rn. 19 mwN). Der durchschnittliche Leiharbeitnehmer muss zumindest aus der Formulierung „die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“ erkennen, dass die Klausel auch den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erfasst. Ohne Arbeitsverhältnis hätte er keinen derartigen Anspruch.

40

Unbeschadet des grundsätzlichen Vorrangs einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel vor einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung, bringt § 14 Abs. 1 Arbeitsvertrag unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Klausel unabhängig von der einzelvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag auf arbeitsvertraglicher Ebene Geltung beansprucht.

41

Durch Auslegung ist weiter zu ermitteln, welche Bedeutung dem Begriff „Fälligkeit“ nach der Klausel zukommt. Davon geht im Ansatz auch das Landesarbeitsgericht aus, wenn es von einer „Auslegung des Begriffs der Fälligkeit im Sinne der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist“ spricht. Allerdings gewinnt das Landesarbeitsgericht anschließend sein „Auslegungsergebnis“ aus § 307 BGB und „maßgeblichen Grundgedanken des Verjährungsrechts“. Damit vermischt es aber gleichsam die Ebenen: Es ist zunächst nach den für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entwickelten Grundsätzen zu klären, was „Fälligkeit“ in § 14 Arbeitsvertrag meint und dann in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der durch Auslegung gewonnene Inhalt der Klausel den Anforderungen des § 307 BGB genügt.

42

Unter der Überschrift „Vergütung“ ist in § 6 Arbeitsvertrag auch deren Fälligkeit geregelt(zum 21. Kalendertag des folgenden Monats). Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass § 14 Arbeitsvertrag für gesetzlich begründete Ansprüche von einem anderen Fälligkeitszeitpunkt ausgeht. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit der Überlassung entsteht und zu dem in § 6 Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird. Weiterhin fehlt jeglicher Anhaltspunkt, Fälligkeit im Sinne der Klausel würde die Kenntnis des Leiharbeitnehmers von dem Anspruch und der für die Bezifferung maßgeblichen Tatsachen voraussetzen.

43

b) Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden.

44

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Dies setzt objektiv eine ungewöhnliche Klausel voraus, mit der der Arbeitnehmer subjektiv nicht zu rechnen brauchte (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 16 mwN).

45

bb) Gemessen an diesen Anforderungen ist eine arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB.

46

Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 3 Gründe mwN, BAGE 115, 19). Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit „Ausschlussfristen“ überschriebenen eigenen Parapraphen enthalten, der zudem durch Fettdruck hervorgehoben ist.

47

c) Die Klausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

48

aa) Für eine den Inhalt des Entgeltanspruchs regelnde Allgemeine Geschäftsbedingung wie die zur Pauschalabgeltung von Überstunden verlangt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung, der Arbeitnehmer müsse bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Für eine die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Entgeltanspruchs - und damit zugleich dessen Untergang (zur rechtsvernichtenden Wirkung der Ausschlussfrist: BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 29, BAGE 116, 66) - regelnde Klausel gelten keine geringeren Anforderungen. Auch hier muss der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen können, was „auf ihn zukommt“: Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge der Arbeitnehmer zu gewärtigen (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 26, BAGE 115, 372) und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern.

49

bb) Diesen Anforderungen genügt § 14 Arbeitsvertrag. Der Arbeitnehmer kann ersehen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, „ausgeschlossen“ sind bzw. „verfallen“ (also - untechnisch - in Wegfall geraten), wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen in der in der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden.

50

d) Jedenfalls die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

51

aa) Der Senat hat im Jahre 2005 entschieden, dass eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, die die schriftliche Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von nicht weniger als drei Monaten ab Fälligkeit verlangt, den Arbeitnehmer nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligt (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66). Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich in Kraft getretenen § 9 Satz 3 AEntG und des § 8 Abs. 3 Satz 3 MiArbG fest. Diese Rechtsprechung hat im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. nur ErfK/Preis 13. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 46; HWK/Gotthardt 5. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 10 - jeweils mwN; Kortstock NZA 2010, 311) und in der Praxis Rechtssicherheit geschaffen.

52

bb) Eine Ausschlussfrist muss dem Gläubiger aber eine faire Chance lassen, seine Ansprüche durchzusetzen (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 30, BAGE 116, 66). Um zu gewährleisten, dass der Leiharbeitnehmer den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt auch dann fristwahrend geltend machen kann, wenn er die Höhe des vergleichbaren Stammarbeitnehmern des Entleihers gewährten Arbeitsentgelts (noch) nicht im Einzelnen kennt, muss die erste Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung im Leiharbeitsverhältnis es zulassen, dass eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG „dem Grunde nach“ ausreicht.

53

Das ist bei der streitgegenständlichen Klausel der Fall. In ihr ist nur von schriftlicher Geltendmachung, aber nicht davon die Rede, dass diese konkret beziffert sein müsse. Für den vergleichbaren Fall der Geltendmachung von Annahmeverzugsvergütung nach einer Arbeitgeberkündigung hat das Bundesarbeitsgericht für die schriftliche Geltendmachung seit jeher die Erhebung der Kündigungsschutzklage ausreichen lassen (st. Rspr. seit BAG 10. April 1963 - 4 AZR 95/62 - BAGE 14, 156; siehe auch BAG 19. September 2012 - 5 AZR 924/11 - Rn. 18). In dieser Auslegung bleibt der Zweck der ersten Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung gewahrt. Der Arbeitgeber erhält zeitnah Gewissheit, ob der Leiharbeitnehmer den (versuchten) Ausschluss des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG hinnimmt oder sich ein vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährtes Entgelt vorbehält. Der Leiharbeitnehmer erhält eine angemessene Überlegungsfrist und kann sich - auch wenn er die Entgeltregelung für Stammarbeitnehmer im Entleiherbetrieb noch nicht im Einzelnen kennt - durch schriftliche Geltendmachung „dem Grunde nach“ für jede Überlassung den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt sichern.

54

e) Ob die zweite Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung, gegebenenfalls in der Auslegung, dass bis zur rechtskräftigen Feststellung der als Vorfrage für den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt maßgebenden fehlenden Tariffähigkeit einer Koalition eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zur gerichtlichen Geltendmachung ausreicht, den Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB genügt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn die Unwirksamkeit der zweiten Stufe würde nach dem sog. blue-pencil-Test die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorliegenden nicht berühren (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 37; 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 26 ff. mwN).

55

3. Die Klägerin hat die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Arbeitsvertrag nicht eingehalten. Sie hat den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erstmals mit der der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG für den gesamten Streitzeitraum bereits untergegangen.

56

Dem Verfall steht § 14 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag nicht entgegen. Danach gilt Satz 1 nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Ein solcher ist der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nicht. § 10 Abs. 4 AÜG begründet nicht bloß ein Verhaltensgebot für den Entleiher mit das Vermögen des Leiharbeitnehmers drittschützender Wirkung. Die Norm regelt vielmehr die arbeitsvertragliche Sonderbeziehung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer und begründet selbst einen gesetzlichen Entgeltanspruch. § 10 Abs. 4 AÜG ist deshalb kein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB(vgl. BAG 25. April 2001 - 5 AZR 368/99 - zu B II 1 b aa der Gründe, BAGE 97, 350; Palandt/Sprau 72. Aufl. § 823 BGB Rn. 56). Auch die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Nr. 7a AÜG ist kein Schutzgesetz, denn die dort als Ordnungswidrigkeit eingestufte Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung wird im Verhältnis zum Leiharbeitnehmer über den gesetzlichen Entgeltanspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG gesichert.

57

C. Die Klägerin hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Busch    

        

    A. Christen    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 5. Juni 2012 - 8 Sa 128/12 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Der 1979 geborene Kläger war vom 2. August bis zum 30. November 2010 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt. Er erhielt einen Stundenlohn von 11,43 Euro brutto. Darüber hinaus wiesen die Lohnabrechnungen unter den Bezeichnungen „Vma“, „Fahrgeld“ und „Fahrgeld-Kfz“ weitere Leistungen der Beklagten aus.

3

Der Kläger wurde ausschließlich der E GmbH (im Folgenden: Entleiherin) überlassen und von dieser am 1. Dezember 2010 in ein Arbeitsverhältnis übernommen. Mit Schreiben vom 16. Juni 2011 bescheinigte die Entleiherin, er sei bei ihr als Zerspanungsmechaniker an dem Arbeitsplatz CNC Drehmaschine FAT eingesetzt gewesen. Dieser sei in die Entgeltgruppe 8 (2.485,00 Euro brutto monatlich) eingestuft.

4

Dem Arbeitsverhältnis der Parteien lag ein von der Beklagten gestellter Formulararbeitsvertrag vom 14. Juli 2010 zugrunde, in dem ua. geregelt ist:

        

㤠2

Anwendbare Tarifverträge

        

1.    

Auf das Arbeitsverhältnis finden die zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) einerseits und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB), medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) anderseits abgeschlossenen Tarifverträge, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifverträge West und Ost sowie Beschäftigungssicherungstarifvertrag, in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung.

        

2.    

Die Bestimmungen der in Abs. 1 genannten Tarifverträge gehen den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages vor. Dies gilt nicht, soweit die in Abs. 1 genannten Tarifverträge eine Abweichung durch Arbeitsvertrag ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 TVG, insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Satz 2 entsprechend.

        

…       

        
        

§ 5

Entgelt

        

1.    

…       

                 

Zusätzlich zum vereinbarten Bruttoentgelt erhält der Mitarbeiter eine freiwillige übertarifliche Aufwandsentschädigung (ÜTA). Diese beträgt Euro 17,99 pro geleistetem Arbeitstag beim Kundenbetrieb, für die tariflich vereinbarte Mindestarbeitszeit von durchschnittlich 7,00 Stunden pro Arbeitstag. Sofern sich die tägliche Arbeitszeit des Mitarbeiters beim Kundenbetrieb erhöht oder vermindert, erhöht oder vermindert sich die freiwillige übertarifliche Aufwandsentschädigung (ÜTA) entsprechend. Soweit die gültigen lohnsteuerrechtlichen Voraussetzungen es ermöglichen, erhält der Mitarbeiter die freiwillige übertarifliche Aufwandsentschädigung (ÜTA) als steuerfreie Leistung.

        

…       

        
        

5.    

Das Entgelt wird monatlich nachträglich, spätestens bis zum 21. des Folgemonats auf ein vom Mitarbeiter anzugebendes Konto überwiesen oder durch Verrechnungsscheck gezahlt.

        

…       

        
        

§ 9

Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen

        

1.    

Alle beiderseitigen Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis oder seiner Beendigung verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit gegenüber der jeweils anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden.

        

2.    

Der Fristablauf beginnt, sobald der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsberechtigte von den, den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.

        

3.    

Lehnt die jeweils andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der schriftlichen Geltendmachung, so verfällt der Anspruch, wenn er nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Ablehnung oder nach dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

        

4.    

Abs. 1 und 2 gelten nicht für Ansprüche, die sich aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit sowie aus vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzungen des Mitarbeiters oder Z bzw. eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen von Z ergeben.

        

5.    

Abs. 1 und 3 gelten nicht, soweit die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung über den Ausschluss oder den Verfall von Ansprüchen enthalten.“

5

In einer von der Beklagten unter Hinweis auf die bestrittene Tariffähigkeit der CGZP vorformulierten, vom Kläger unterzeichneten „Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 14.07.2010“ heißt es ua.:

        

„Bislang ist jedoch nicht rechtskräftig festgestellt, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) Tarifverträge nicht wirksam abschließen kann. Sollte ein Gericht dagegen rechtskräftig feststellen, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nicht tariffähig ist, wären die oben genannten Tarifverträge nicht unwirksam, da es sich um sogenannte ‚mehrgliedrige‘ Tarifverträge handelt, d.h. jede Gewerkschaft tritt für sich alleine als Tarifpartner auf. Die Tariffähigkeit der CGM und des DHV wurde bereits höchstrichterlich bestätigt.

        

Sollte dennoch die Unwirksamkeit der oben genannten Tarifverträge festgestellt werden, hätte der Mitarbeiter Anspruch auf die bei den jeweiligen Entleihern (Kundenbetriebe) geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen. In der Regel bedeutet das für den Mitarbeiter insbesondere einen Anspruch auf eine höhere Vergütung.

        

Da diese Ansprüche für die Vergangenheit nur sehr schwer zu ermitteln und die Folgen für die Z kaum kalkulierbar sind, soll für diesen Fall die Geltung anderer Tarifverträge vereinbart werden. Damit soll sichergestellt werden, dass auch für den Fall der Unwirksamkeit der jetzt vereinbarten Tarifverträge ein rechtssicherer und wirtschaftlich kalkulierbarer Zustand erhalten bleibt.

        

Dies vorausgeschickt soll folgendes gelten:

        

1.    

Für den Fall, dass durch eine gerichtliche Entscheidung rechtskräftig festgestellt wird, dass die zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) einerseits und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB) und der medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) anderseits abgeschlossenen Tarifverträge (nachfolgend Tarifverträge AMP/CGB genannt) unwirksam sind, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Z und des Mitarbeiters aus dem Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt der Unwirksamkeit nach den zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e.V. (BZA) und der Tarifgemeinschaft der Mitgliedsgewerkschaften des DGB geschlossenen Tarifverträgen (nachfolgend Tarifverträge BZA/DGB genannt), derzeit bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen- und Entgelttarifvertrag in der jeweils gültigen Fassung.

        

2.    

Die jeweils gültigen Tarifverträge AMP/CGB sowie BZA/DGB können zu den üblichen Geschäftszeiten in den Büroräumen der unter § 1 Abs. 1 des Arbeitsvertrages genannten Geschäftsstelle eingesehen werden und/oder werden auf Wunsch persönlich ausgehändigt.“

6

In dem zwischen dem AMP, der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Manteltarifvertrag vom 15. März 2010, in Kraft getreten am 1. Januar 2010, ist ua. geregelt:

        

㤠19.

Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis

        

19.1   

…       

        

19.2   

Beide Arbeitsvertragsparteien können sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nur schriftlich innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit geltend machen.

        

19.3   

Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutender Sorgfalt verhindert war, diese Frist einzuhalten. Diese Ausschlussfrist gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.

        

19.4   

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“

7

§ 16 des zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e.V. (BZA) und den Mitgliedsgewerkschaften des DGB abgeschlossenen „Manteltarifvertrag Zeitarbeit“ (im Folgenden: BZA/DGB-TV) lautet:

        

㤠16 Ausschlussfristen

        

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb von zwei Monaten (bei Ausscheiden ein Monat) nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen.

        

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch schriftlich ab, so muss der Anspruch innerhalb von einem Monat nach der Ablehnung bzw. dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht werden.

        

Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Fristen geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen.“

8

Mit der am 23. September 2011 eingereichten Klage hat der Kläger unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt verlangt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben soll. Die Entleiherin sei tarifgebunden in der metallverarbeitenden Elektroindustrie und wende beim Entgelt das Entgeltrahmenabkommen an.

9

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.171,16 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 718,83 Euro seit dem 1. September 2010, auf 753,06 Euro seit dem 1. Oktober 2010, auf 718,83 Euro seit dem 1. November 2010 sowie auf 980,44 Euro seit dem 1. Dezember 2010 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, etwaige Ansprüche des Klägers seien gemäß § 9 Arbeitsvertrag verfallen. Die Ausschlussfristenregelung sei wirksam. § 9 Abs. 5 Arbeitsvertrag entspreche in seiner Regelung letztlich § 4 Abs. 3 TVG. Es sei deshalb fraglich, ob nicht gemäß § 307 Abs. 3 BGB jede Transparenzkontrolle ausscheide. Der Kläger habe durch einen Abgleich der vertraglichen Ausschlussfristen mit den in Betracht kommenden tariflichen unschwer einen Günstigkeitsvergleich anstellen können. Die übertarifliche Aufwandsentschädigung sei bei der Gesamtberechnung zu berücksichtigen.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageforderungen weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen.

13

Die Beklagte ist nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, dem Kläger für den Zeitraum vom 2. August bis zum 30. November 2010 gleiches Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährte (A). Der Anspruch des Klägers ist nicht verfallen (B). Die Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG und der dem Kläger zustehenden restlichen Urlaubsabgeltung kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht bestimmen. Dies führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO(C).

14

A. Der Kläger hat nach § 10 Abs. 4 AÜG für die Zeit der Überlassung an die E GmbH Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt, wie es die Entleiherin ihren Stammarbeitnehmern gewährte. Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen.

15

I. § 2 Abs. 1 Arbeitsvertrag, mit dem die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) mit der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung vereinbart werden sollte, ist mangels Kollisionsregel intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam(vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 26 ff.).

16

II. Die Bezugnahme auf die in der Zusatzvereinbarung genannten „zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e.V. (BZA) und der Tarifgemeinschaft der Mitgliedsgewerkschaften des DGB geschlossenen Tarifverträge“ ist bereits deshalb nicht zum Tragen gekommen, weil ihre tatbestandlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Auch nach dem Behaupten der Beklagten ist nicht „durch gerichtliche Entscheidung rechtskräftig festgestellt“ worden, dass die in § 2 Abs. 1 Arbeitsvertrag genannten „Tarifverträge … unwirksam sind“.

17

B. Der Anspruch des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt ist nicht verfallen.

18

I. Der Kläger musste nicht die Ausschlussfristen nach § 9 Arbeitsvertrag einhalten. Die eigenständige Ausschlussfristenregelung, bei der es sich, wie bei den übrigen Bedingungen des Arbeitsvertrags auch, nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, ist intransparent und damit nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

19

1. Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 15). Auch bei einer die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Entgeltanspruchs regelnden Klausel muss der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen können, was auf ihn zukommt. Wegen der weitreichenden Folgen von Ausschlussfristen (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 26, BAGE 115, 372) muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolgen der Arbeitnehmer zu gewärtigen hat und was er zu tun hat, um deren Eintritt zu verhindern (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 48).

20

2. Diesen Anforderungen genügt die Ausschlussfristenregelung in § 9 Arbeitsvertrag nicht.

21

a) Der Beginn der ersten Stufe der Ausschlussfrist ist nicht klar und eindeutig geregelt. § 9 Abs. 1 Arbeitsvertrag wäre zwar - bei isolierter Betrachtung - hinreichend transparent. Der Arbeitnehmer könnte ersehen, dass „alle beiderseitigen Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis oder seiner Beendigung verfallen“, wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen in der in der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 48 f.). Jedoch folgt die Intransparenz aus dem Kontext mit den weiteren Regelungen des § 9.

22

aa) § 9 Abs. 1 Arbeitsvertrag stellt hinsichtlich des Fristbeginns auf die Fälligkeit des Anspruchs ab. Fälligkeit bezeichnet nach § 271 BGB den Zeitpunkt, von dem ab der Gläubiger die Leistung verlangen kann. Dieser Zeitpunkt richtet sich in erster Linie nach den Vereinbarungen der Parteien. Haben diese eine Zeit bestimmt, so ist gemäß § 271 Abs. 2 BGB im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann. Das bedeutet, dass die Forderung zwar erfüllbar, jedoch noch nicht fällig ist (BGH 1. Februar 2007 - III ZR 159/06 - Rn. 16, BGHZ 171, 33).

23

bb) Im Gegensatz zu Abs. 1 stellt Abs. 2 auf das Entstehen des Anspruchs ab. Bereits diese Anknüpfung an juristisch zu unterscheidende Zeitpunkte erschwert dem Arbeitnehmer das Verständnis der ihm mit der AGB-Klausel auferlegten Obliegenheit. Die „Fälligkeit“ eines Anspruchs ist von dessen „Entstehung“ zu unterscheiden. Entstehungs- und Fälligkeitszeitpunkt einer Forderung können auseinanderfallen (BAG 23. September 2003 - 1 AZR 576/02 - Rn. 31, BAGE 107, 347; ErfK/Preis 14. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 52). Ein Anspruch entsteht, sobald die dafür festgelegten tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind (BAG 23. September 2003 - 1 AZR 576/02 - aaO). Seine Fälligkeit kann erst zu einem späteren Zeitpunkt eintreten. Vorliegend bleibt für den Arbeitnehmer unklar, ob ein Anspruch bereits dann, wenn die in Abs. 2 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind, innerhalb von drei Monaten geltend zu machen ist oder ob die Ausschlussfrist in jedem Fall erst ab Fälligkeit zu laufen beginnt. Die Regelung enthält damit Unklarheiten und Spielräume, die den Arbeitnehmer von der Durchsetzung erworbener Rechte abhalten könnten.

24

cc) Der wegen dieser doppelten Anknüpfung undeutliche Regelungsgehalt wird durch die in Abs. 2 verwendete Terminologie vollkommen unverständlich. Der Formulierung „der Fristablauf beginnt“ lässt sich nicht entnehmen, ob sie sich auf den Anfang oder das Ende der Ausschlussfrist beziehen soll. Das Wort „Ablauf“ hat mehrere Bedeutungen. Rechtlich kann es einen Verlauf oder eine Abfolge, aber auch das Ende einer Zeitdauer oder Frist bezeichnen (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 9. Aufl.; Duden, Das Bedeutungswörterbuch, 4. Aufl.). Sollte sich Abs. 2 auf den Fristbeginn beziehen, hätte die Beklagte statt „der Fristablauf beginnt“, unschwer „der Fristlauf beginnt“ oder - wie in § 199 Abs. 1 BGB bezogen auf die Verjährungsfrist - „die Ausschlussfrist beginnt“ formulieren können. Sollte sich Abs. 2 auf das Fristende beziehen, würde die Aussage des Abs. 1 vollständig neutralisiert.

25

dd) Dies hätte unschwer vermieden werden können, wenn die Beklagte als Verwenderin der Klausel klargestellt hätte, dass die Frist frühestens zu laufen beginnt, wenn die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Arbeitsvertrag erfüllt sind, jedoch in keinem Fall vor Eintritt der Fälligkeit.

26

b) Zur Intransparenz des § 9 Arbeitsvertrag trägt des Weiteren der Abs. 5 bei. Nach Abs. 5 sollten die Abs. 1 und 3 nicht gelten, wenn „die anwendbaren Tarifverträge“ eine „für den Mitarbeiter günstigere Regelung über den Ausschluss und Verfall von Ansprüchen“ enthalten. Damit wurde die Anwendbarkeit der Abs. 1 und 3 spekulativ.

27

aa) Auf welche Tarifverträge Bezug genommen werden sollte, ist unklar. Bei Vertragsabschluss konnte auch im Wege der Auslegung nicht festgestellt werden, auf welche nach § 2 Abs. 1 Arbeitsvertrag und Nr. 1 Zusatzvereinbarung als anwendbar in Betracht kommenden Tarifverträge Bezug genommen werde. Für den Kläger war deshalb nicht erkennbar, mit welchem der in Betracht kommenden Tarifverträge ein Günstigkeitsvergleich anzustellen sei.

28

(1) Die Bezugnahmeklausel des § 2 Abs. 1 Arbeitsvertrag, mit der die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) mit der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung vereinbart werden sollte, ist, wie schon unter A. ausgeführt, mangels Kollisionsregel intransparent (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 26 ff.). Dies schlägt auf die Regelung der Ausschlussfristen in § 9 Arbeitsvertrag durch.

29

(2) Zur Intransparenz der Ausschlussfristenregelung führt zudem Nr. 1 der Zusatzvereinbarung. Auch aufgrund dieser Regelung war es für den Kläger bei Abschluss des Arbeitsvertrags nicht vorhersehbar, welche tariflichen Bestimmungen und damit auch Ausschlussfristen auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden würden (vgl. zur Unbestimmtheit eines Änderungsangebots im Rahmen einer Änderungskündigung: BAG 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 -). Die Zusatzvereinbarung stellt als Voraussetzung für die Geltung der „zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e.V. (BZA) und der Tarifgemeinschaft der Mitgliedsgewerkschaften des DGB geschlossenen Tarifverträge“ auf eine rechtskräftige Feststellung der Unwirksamkeit der in § 2 Abs. 1 Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge AMP/CGZP ab, ohne zu kennzeichnen, in welchem Prozessrechtsverhältnis diese Bedingung eintreten könnte. Dabei kommen neben einem von den Parteien selbst geführten Rechtsstreit auch solche Dritter in Betracht. Der Ausgang solcher Rechtsstreite wäre für den Arbeitnehmer nicht feststellbar.

30

bb) Weitere vermeidbare Unklarheiten werden dadurch hervorgerufen, dass Abs. 5 auf die für den Mitarbeiter „günstigere“ Regelung verweist.

31

(1) § 9 Abs. 5 Arbeitsvertrag entspricht nicht der gesetzlichen Regelung in § 4 Abs. 3 TVG.

32

(a) Für das Verhältnis von tarifvertraglichen und arbeitsvertraglichen Regelungen gilt die Kollisionsregel des § 4 Abs. 3 TVG. Hiernach treten unmittelbar und zwingend geltende Tarifbestimmungen hinter einzelvertraglichen Vereinbarungen mit für Arbeitnehmer günstigeren Bedingungen zurück. Ob ein Arbeitsvertrag abweichende günstigere Regelungen gegenüber dem Tarifvertrag enthält, ergibt ein Vergleich zwischen der tarifvertraglichen und der arbeitsvertraglichen Regelung. Zu vergleichen sind dabei die in einem inneren, sachlichen Zusammenhang stehenden Teilkomplexe der unterschiedlichen Regelungen (sog. Sachgruppenvergleich; st. Rspr. BAG 17. April 2013 - 4 AZR 592/11 - Rn. 14 mwN).

33

(b) Abweichend von § 4 Abs. 3 TVG ist § 9 Abs. 5 Arbeitsvertrag nicht darauf gerichtet zu regeln, wann die tarifliche Regelung hinter der arbeitsvertraglichen zurücktritt, sondern umgekehrt, wann die tarifliche Regelung gegenüber der arbeitsvertraglichen den Vorrang haben soll. Bereits dies lässt es fraglich erscheinen, ob die Maßstäbe eines Günstigkeitsvergleichs nach § 4 Abs. 3 TVG auf die vorliegende Regelung übertragen werden können.

34

(2) Darüber hinaus nimmt § 9 Abs. 5 Arbeitsvertrag im Gegensatz zu § 2 Abs. 2 Arbeitsvertrag als speziellere Regelung auch nicht auf § 4 Abs. 3 TVG Bezug. Ein verständiger und redlicher Arbeitnehmer musste deshalb nicht darauf schließen, der Regelungswille der Beklagten als Verwenderin der Klausel sei auf die Anwendung der für § 4 Abs. 3 TVG geltenden Grundsätze eines Günstigkeitsvergleichs gerichtet. Vor allem ist unklar, ob ein Sachgruppen- oder Einzelvergleich zur Ermittlung der „günstigeren Regelung“ anzustellen ist.

35

(3) Die Klausel bliebe selbst dann intransparent, wenn ihr die für den Günstigkeitsvergleich anzulegenden Maßstäbe durch Auslegung entnommen werden könnten. Auch in diesem Fall enthielte sie vermeidbare Spielräume und Unklarheiten.

36

Die Auslegungsbedürftigkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führt zwar nicht automatisch zu deren Intransparenz. Lässt sich jedoch eine Klausel unschwer so formulieren, dass das Gewollte klar zu erkennen ist, führt eine Formulierung, bei der das Gewollte allenfalls durch eine umfassende Auslegung ermittelbar ist, zu vermeidbaren Unklarheiten (BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 18). Letzteres ist hier der Fall. § 9 Abs. 5 Arbeitsvertrag ist intransparent, weil sich die Regelung durch Verwendung des Wortes „länger“ anstelle von „günstiger“, unschwer so hätte formulieren lassen, dass das nach dem Bekunden der Beklagten Gewollte - die längere Ausschlussfrist zur Geltung zu bringen - klar erkennbar gewesen wäre.

37

3. Eine Streichung von § 9 Abs. 2 und 5 Arbeitsvertrag unter Aufrechterhaltung der Ausschlussfristenregelung im Übrigen in Anwendung des sog. blue-pencil-Tests scheidet aus, weil es sich um eine einheitliche Regelung handelt, die inhaltlich nicht teilbar ist (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 37, BAGE 141, 340; 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 26 ff. mwN). § 9 Arbeitsvertrag enthält nicht jeweils verschiedene, nur formal verbundene AGB-Bestimmungen. Diese sind vielmehr untrennbar miteinander verknüpft. Mit § 9 Abs. 5 Arbeitsvertrag soll der Anwendungsbereich der eigenständigen arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen festgelegt werden. Und erst aus § 9 Abs. 2 Arbeitsvertrag - legt man die Bestimmung in der von der Beklagten vertretenen Interpretation aus - soll sich der Beginn der Ausschlussfrist ergeben.

38

4. Eine ergänzende Vertragsauslegung im Sinne einer auf § 9 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Arbeitsvertrag beschränkten Geltung der vertraglichen Ausschlussfristenregelung kommt nicht in Betracht. Die Intransparenz der Klausel führt zu deren ersatzlosem Wegfall unter Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags im Übrigen, § 306 Abs. 1 und 2 BGB. Dem mit einer Ausschlussfrist verfolgten Zweck, Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zu erreichen, wird durch die gesetzlichen Verjährungsfristen hinreichend Rechnung getragen.

39

II. Der Kläger war nicht gehalten, Ausschlussfristen aus den in § 2 Abs. 1 Arbeitsvertrag genannten, von der CGZP und einer Reihe von Arbeitnehmervereinigungen mit dem AMP abgeschlossenen Tarifverträgen einzuhalten. Die Anwendung dieser Ausschlussfristen scheidet aus, weil die Tarifverträge, wie bereits ausgeführt, nicht wirksam arbeitsvertraglich in Bezug genommen wurden.

40

III. Die Ansprüche des Klägers sind nicht nach § 16 BZA/DGB-TV verfallen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung der in Nr. 1 Zusatzvereinbarung genannten Tarifverträge und damit der darin geregelten Ausschlussfristen sind, wie bereits unter A.II. ausgeführt, nicht erfüllt. Es kann deshalb offenbleiben, ob die in § 16 BZA/DGB-TV geregelten tariflichen Ausschlussfristen im Hinblick auf ihre Länge dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes genügen, ob diese Ansprüche auch equal pay erfassen und ob deren Inhalt auch bei einer gebotenen gesetzeskonformen Auslegung in sich widersprüchlich bleibt, mit der Folge, dass die tarifliche Ausschlussfristenregelung wegen eines Verstoßes gegen das Gebot der Normenklarheit unwirksam wäre.

41

C. In welcher Höhe dem Kläger Differenzvergütung zusteht, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

42

I. Der Kläger hat die Höhe des Arbeitsentgelts vergleichbarer Stammarbeitnehmer substantiiert dargelegt. Die Beklagte hat hiergegen keine Einwendungen erhoben.

43

II. Allerdings umfasst die Darlegungslast des Leiharbeitnehmers neben dem Arbeitsentgelt vergleichbarer Stammarbeitnehmer die Darlegung des Gesamtvergleichs und die Berechnung der Differenzvergütung. Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers bisher nicht hinreichend.

44

1. Zur substantiierten Darlegung des Gesamtvergleichs gehört die schriftsätzliche Erläuterung, in welchem konkreten Umfang im Überlassungszeitraum Differenzvergütung etwa für geleistete Arbeit, aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit oder Feiertagen, gewährten Urlaubs oder Freizeitausgleichs oder Abgeltung von Stunden aus einem Arbeitszeitkonto oder eines sonstigen Tatbestands, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt, begehrt wird (BAG 20. November 2013 - 5 AZR 365/13 - Rn. 19).

45

Der Kläger legt seiner Berechnung die in den Lohnabrechnungen der Beklagten ausgewiesenen Stunden und die darin als Leistungen der Beklagten angegebenen Beträge zugrunde. Hiervon ausgehend begehrt der Kläger Differenzvergütung für geleistete Arbeit, für Feiertage und Zeiten krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, für während der Überlassung genommenen Urlaub und für aus einem Guthaben auf einem Arbeitszeitkonto gewährten Freizeitausgleich sowie restliche Urlaubsabgeltung.

46

2. Bei der Berechnung der Höhe der Differenzvergütung ist unter Berücksichtigung der für vergleichbare Stammarbeitnehmer geltenden Wochenarbeitszeit und des an sie zu zahlenden Monatsgehalts Folgendes zu berücksichtigen.

47

a) Entgegen der Annahme des Klägers ist zur Ermittlung der Differenzvergütung keine Umrechnung in einen Stundenlohn vorzunehmen. Eine Umrechnung hat nur dann zu erfolgen, wenn Vergütungsansprüche für eine Stundenzahl, die über die regelmäßige vertragliche Arbeitszeit vergleichbarer Stammarbeitnehmer hinausgeht oder hinter dieser zurückbleibt, geltend gemacht werden.

48

aa) Maßgeblich für die Höhe der Differenzvergütung ist das Entgelt, das der Leiharbeitnehmer erhalten hätte, wenn er unmittelbar beim Entleiher beschäftigt gewesen wäre. Wird an Stammarbeitnehmer ein Monatsgehalt gezahlt, kann der Leiharbeitnehmer keinen Stundenlohn beanspruchen. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers aus § 10 Abs. 4 AÜG ist in diesem Fall auf ein Monatsgehalt gerichtet. Ausgangspunkt für die Berechnung der Differenzvergütung ist das - ggf. anteilige - Monatsgehalt. Erstreckt sich ein Überlassungszeitraum - wie hier im August 2010 - nicht auf einen vollen Kalendermonat, muss das anteilige Monatsentgelt nach den beim Entleiher geltenden Berechnungsregeln bestimmt werden. Fehlt es an solchen, ist das anteilige Monatsentgelt auf der Basis eines Dreißigstels je Tag des Überlassungszeitraums, der in den nicht vollen Kalendermonat fällt, zu ermitteln (vgl. zur Umrechnung in Dreißigstel: BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 22 bis 24, BAGE 141, 340; 12. Dezember 2012 - 5 AZR 93/12 - Rn. 33).

49

bb) Dementsprechend ist die Höhe der Differenzvergütung auf der Basis eines Monatsgehalts zu ermitteln. Soweit dem Kläger für über die regelmäßige monatliche Arbeitszeit von Stammarbeitnehmern hinaus geleistete Stunden Differenzvergütung zusteht, ist deren Höhe unter Zugrundelegung der bei der Entleiherin geltenden Regelungen zu berechnen. Gelten keine besonderen Regelungen, ist zur Berechnung der für diese Stunden zu zahlenden Vergütung das Monatsgehalt durch die Zahl der im betreffenden Monat von einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer regelmäßig zu leistenden Arbeitsstunden zu dividieren. Entsprechend ist zu verfahren, wenn die Zahl der vergütungspflichtigen Stunden hinter der von einem Stammarbeitnehmer im betreffenden Monat zu leistenden zurückbleibt und bei der Entleiherin keine abweichenden Regelungen bestehen, die vorrangig anzuwenden wären.

50

b) Der Kläger hat einen Anspruch auf Differenzvergütung für den ihm während der Überlassung gewährten Urlaub. Dessen Höhe hat er bisher nicht schlüssig dargelegt.

51

aa) Zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen, die gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. f, i RL 2008/104/EG einem Leiharbeitnehmer während der Überlassung zu gewähren sind, gehören auch die urlaubsbezogenen Arbeitsbedingungen. Während der Überlassung hat der Leiharbeitnehmer einen Anspruch auf Urlaubsentgelt entsprechend den für Stammarbeitnehmer geltenden Bestimmungen. Bestehen bei der Entleiherin keine in Einklang mit § 13 BUrlG stehenden Regelungen des Urlaubsentgelts, ist, wie bei Stammarbeitnehmern auch, dessen Höhe nach den gesetzlichen Bestimmungen zu ermitteln. Dabei sind nach § 1 BUrlG die infolge der Freistellung ausgefallenen Arbeitszeiten zu vergüten(sog. Zeitfaktor). Die Höhe des Urlaubsentgelts (sog. Geldfaktor) ist nach § 11 BUrlG zu ermitteln, indem nach dem Referenzprinzip auf den in den letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn erzielten Verdienst abzustellen ist, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes(BAG 21. September 2010 - 9 AZR 510/09 - Rn. 16, BAGE 135, 301).

52

bb) Der Kläger hat zu den bei der Entleiherin geltenden Urlaubsregelungen nichts vorgetragen. Das Landesarbeitsgericht hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Auf ggf. geltende Tarifvorschriften hat sich der Kläger nicht berufen und solche auch nicht benannt. Hätten tarifvertragliche Bestimmungen bei der Entleiherin für vergleichbare Stammarbeitnehmer Anwendung gefunden, wäre die Höhe des Urlaubsentgelts nach diesen Vorschriften zu ermitteln. Erhielten Stammarbeitnehmer der Entleiherin Urlaubsentgelt nach den gesetzlichen Bestimmungen, kann der Kläger für den ihm im Überlassungszeitraum gewährten Erholungsurlaub Urlaubsentgelt nach § 11 BUrlG verlangen.

53

c) Soweit Auszahlungen aus dem Arbeitszeitkonto im Gesamtvergleich enthalten sind, wird im erneuten Berufungsverfahren zu beachten sein, dass die Parteien keine wirksame Regelung über Errichtung und Führung eines Arbeitszeitkontos getroffen haben. § 7 Arbeitsvertrag verweist lediglich auf einen nicht wirksam in Bezug genommenen Tarifvertrag und enthält keine eigenständige arbeitsvertragliche Regelung. In die Gesamtberechnung sind deshalb die zu Unrecht auf dem Arbeitszeitkonto gebuchten und in späteren Lohnzahlungsperioden ausgezahlten Guthaben einzubeziehen, weil sie während der Entleihperiode - der Kläger wurde während der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses durchgehend nur einer Entleiherin überlassen - erarbeitet wurden.

54

3. Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen(BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 35 f., BAGE 137, 249; 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 26).

55

a) Der Begriff des Arbeitsentgelts in § 10 Abs. 4 AÜG ist national zu bestimmen und, wie die beispielhafte Aufzählung in der Gesetzesbegründung(BT-Drucks. 15/25 S. 38) belegt, weit auszulegen. Zu ihm zählt nicht nur das laufende Arbeitsentgelt, sondern jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund gesetzlicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 27 mwN).

56

b) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der dem Kläger gewährte übertarifliche Aufwendungsersatz (ÜTA) nicht ohne Weiteres im Gesamtvergleich als gewährter Vergütungsbestandteil zu berücksichtigen (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 34).

57

aa) Die Berücksichtigung von Aufwendungsersatz beim Gesamtvergleich bestimmt sich danach, ob damit - wenn auch in pauschalierter Form - ein dem Arbeitnehmer tatsächlich entstandener Aufwand, zB für Fahrt-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten, erstattet werden soll (echter Aufwendungsersatz) oder die Leistung Entgeltcharakter hat. Echter Aufwendungsersatz ist kein Arbeitsentgelt. Soweit sich Aufwendungsersatz hingegen als „verschleiertes“ und damit steuerpflichtiges Arbeitsentgelt darstellt, ist er beim Gesamtvergleich der Entgelte zu berücksichtigen (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 34 ff.).

58

bb) Dem Kläger wurde vertraglich eine Aufwandsentschädigung „pro geleistetem Arbeitstag beim Kundenbetrieb“ zugesagt. In den vorgelegten Lohnabrechnungen wurden unter den Bezeichnungen „Vma“, „Fahrgeld“ und „Fahrgeld-Kfz“ steuerfrei geleistete Zahlungen ausgewiesen. Das Landesarbeitsgericht wird im erneuten Berufungsverfahren - ggf. nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien - feststellen müssen, ob diese Abrechnungen Steuerrecht verletzten (vgl. zu dieser Prüfungspflicht bereits: BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 37). Nur soweit dies der Fall ist, sind die zu Unrecht „netto“ gewährten Leistungen beim Gesamtvergleich der Entgelte zu berücksichtigen.

59

4. Der Kläger begehrt restliche Zahlung für 28 Stunden, die in der Abrechnung November 2010 als „Urlaubsabgeltung“ ausgewiesen sind.

60

Die Urlaubsabgeltung ist bei durchgehender Überlassung an einen Entleiher gemäß § 7 Abs. 4, § 11 BUrlG zu berechnen. Es findet keine fiktive Berechnung auf der Basis des Arbeitsentgelts vergleichbarer Stammarbeitnehmer oder der für diese geltenden Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsbestimmungen statt, denn Voraussetzung für die Urlaubsabgeltung ist (regelmäßig) die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Damit endet spätestens auch die Überlassung des Leiharbeitnehmers, so dass ein Anspruch auf equal pay nicht mehr besteht. Bei der Berechnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs ist nach § 11 BUrlG das Entgelt zugrunde zu legen, das der Leiharbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses erzielte, unabhängig davon, ob er in diesem Zeitraum durchgehend überlassen wurde.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Reinders    

        

    Busch    

                 

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.


Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18. Juni 2015 - Az. 7 Ca 1056/15 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 13. März 2015 nicht zum 13. März 2015 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 17. März 2015 fortbestanden hat.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten erster Instanz haben der Kläger ½ und die Beklagte ½ zu tragen. Die Kosten zweiter Instanz hat der Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über die anzuwendende Kündigungsfrist für die ordentliche Kündigung vom 13. März 2015.

2

Der Kläger war seit dem 23. Februar 2015 bei der Beklagten, einen Personaldienstleistungsunternehmen, beschäftigt. Die Beklagte ist ordentliches Mitglied des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ e. V.).

3

Der Kläger wurde im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung bei der Z. AG als Maschinenführer eingesetzt. Für diesen Betrieb ist die IG BCE die zuständige Gewerkschaft.

4

Im befristeten Arbeitsvertrag vom 19. Februar 2015 haben die Arbeitsvertragsparteien unter anderem folgende Vereinbarungen getroffen:

5

§ 1 Vertragsgrundlagen und Einbeziehung des Tarifvertrages

6

1. (…)

7

2. Die Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien bestimmen sich nach den Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung, die der Arbeitgeberverband iGZ mit einer oder mehrerer der Gewerkschaften IG BCE, NGG, IG Metall, GEW, ver.di, IG Bau, GdP, EVG abgeschlossen hat oder zukünftig abschließen wird. Die Tarifverträge liegen zur Einsichtnahme in den Geschäftsräumen aus. Es finden dabei nicht sämtliche von der iGZ abgeschlossenen Tarifverträge gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, sondern nur die einschlägigen Tarifverträge nach der in den Absätzen 3 bis 5 genannten Maßgabe.

8

3. Es finden jeweils diejenigen der in Absatz 2 genannten Tarifverträge Anwendung, an denen die Gewerkschaft, aus deren Satzung sich die Zuständigkeit für den zugewiesenen Kundenbetrieb ergibt, als Vertragspartei beteiligt ist. Soweit nach dem Vorstehenden die satzungsgemäße Zuständigkeit mehrerer Gewerkschaften begründet ist, finden die Tarifverträge mit derjenigen in Absatz 2 genannten zuständigen Gewerkschaft Anwendung, die im Verhältnis zu der oder den anderen zuständigen Gewerkschaft/Gewerkschaften in Absatz 2 zuerst genannt wird.

9

4. Bis zum Beginn des ersten Einsatzes finden diejenigen mit dem iGZ abgeschlossenen Tarifverträge Anwendung, an denen ver.di als Vertragspartei beteiligt ist. Ab Beginn des ersten Einsatzes gelten diejenigen nach Maßgabe des Absatzes 3 ermittelten Tarifverträge solange, bis ein anderer Einsatz beginnt.

10

5. Soweit der Arbeitnehmer an einen Kundenbetrieb überlassen wird, für den sich keine satzungsgemäße Zuständigkeit für den jeweiligen Kundenbetrieb ergibt, finden diejenigen mit dem iGZ abgeschlossenen Tarifverträge Anwendung, an denen ver.di als Vertragspartei beteiligt ist.

11

6. Die Parteien vereinbaren, dass die Bestimmungen der vorgenannten Tarifverträge den Abreden dieses Arbeitsvertrages vorgehen. Dies gilt nicht, soweit diese Tarifverträge eine Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung ergibt.

12

7. Die tarifvertragliche Inbezugnahme gilt ausdrücklich nicht für die Geltung arbeitsvertraglicher Ausschlussfristen, die sich ausnahmslos und unabhängig von anderslautenden tarifvertraglichen Regelungen aus § 19 dieses Arbeitsvertrags ergeben.

13

(…)

14

§ 3 Vertragsdauer und Beendigung

15

1. Das Arbeitsverhältnis ist befristet und endet am 31.01.2016, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

16

Grund der Befristung:

17

Unabhängig von der Befristung kann das Arbeitsverhältnis von beiden Parteien gekündigt werden.

18

2. Es wird eine Probezeit von 6 Monaten vereinbart. In dieser Zeit beträgt die Kündigungsfrist in den ersten vier Wochen der Beschäftigung zwei Arbeitstage, von der fünften Woche an bis zum Ablauf des zweiten Beschäftigungsmonats eine Woche und vom dritten Beschäftigungsmonat bis zum sechsten Beschäftigungsmonat zwei Wochen.

19

3. Nach der Probezeit beträgt die Kündigungsfrist 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Jede gesetzliche Verlängerung der Kündigungsfrist zugunsten des Arbeitnehmers gilt in gleicher Weise zugunsten der Firma C..

20

4. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt.“

21

Der Kläger erzielte ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 1.460,27 €.

22

Am 12. März 2015 meldete der Kunde den Kläger wegen Unzuverlässigkeit ab. Am 13. März 2015 erschien der Kläger nicht vereinbarungsgemäß in der Niederlassung der Beklagten. Mit einer von Frau Y. X. (Teamassistenz) unterzeichneten Kündigungserklärung vom 13. März 2015 (Bl. 12 d. A.), dem Kläger zugegangen am Samstag, 14. März 2015, kündigte die Beklagte sodann das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos wegen unentschuldigtem Fehlen am 13. März 2015 und „ersatzweise“ „zum nächstmöglichen Termin“.

23

Mit am 1. April 2015 beim Arbeitsgericht eingegangener Kündigungsschutzklage machte der Kläger die Rechtsunwirksamkeit dieser Kündigung geltend. Im Kammertermin erster Instanz beschränkte er seine Klage und begehrte nun nur noch die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien bis zum 28. März 2015 fortbestanden habe.

24

Der Kläger ist am 12. Oktober 2015 verstorben.

25

Der Kläger hat – soweit im Berufungsverfahren noch von Bedeutung - vorgetragen,
ein zulässiges Abweichen von § 622 Abs. 3 BGB durch die Reglung des Tarifvertrags sei nicht nachgewiesen. Im Hinblick darauf, dass der Arbeitsvertrag auf verschiedene Tarifverträge verweise, sei für ihn nicht nachvollziehbar, welche Regelung im Einzelnen nun anwendbar sei. Diese Regelungen verstießen daher gegen das Transparenzgebot bei AGB. § 1 Nr. 2 des Arbeitsvertrages enthalte einen Verweis auf mindestens acht verschiedene Tarifverträge, wobei im Einzelnen unklar sei, inwieweit diese mit dem Arbeitsbereich der Beklagten zu tun hätten.

26

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

27

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 13. März 2015 nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 28. März 2015 fortbestanden hat.

28

Die Beklagte hat beantragt,

29

die Klage abzuweisen.

30

Sie war der Ansicht,
die Kündigung vom 13. März 2015 habe das Arbeitsverhältnis der Parteien spätestens zum 16. März 2015 beendet. Die ordentliche Kündigungsfrist habe gemäß § 2.2 des Manteltarifvertrags zwischen iGZ und DGB zwei Tage betragen. Aufgrund der wirksamen Inbezugnahme seien die Parteien gemäß § 622 Abs. 4 BGB wirksam von der gesetzlichen Regelung abgewichen. Die Parteien hätten den Tarifvertrag wirksam in Bezug genommen. Die arbeitsvertragliche Inbezugnahme verstoße nicht gegen das Transparenz- oder Bestimmtheitsgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Eine Unklarheit, welche Tarifverträge für das Arbeitsverhältnis gelten, könne von vornherein nicht bestehen. Denn die Tarifverträge zwischen der Verhandlungsgemeinschaft Zeitarbeit (bestehend aus BAP und iGZ) und den Gewerkschaften der DGB-Tarifgemeinschaft seien trotz der Mehrgliedrigkeit auf beiden Seiten so genannte Einheitstarifverträge, bei deren Inbezugnahme eine Kollisionsregel nicht erforderlich sei. Selbst wenn man im Gegenzug dazu davon ausginge, dass es sich um „nicht einheitliche mehrgliedrige Tarifverträge“ handelte, würde die im Arbeitsvertrag vorsorglich vorgesehene Kollisionsregel gerade dazu führen, dass die anzuwendenden Tarifverträge eindeutig bestimmt werden könnten. Aus der Kollisionsregel ergebe sich für jede denkbare Konstellation die Gewerkschaft, deren Tarifverträge im konkreten Fall Anwendung finden sollten. Die Regelung stamme aus dem vom iGZ empfohlenen Musterarbeitsvertrag. Der Geltungsbereich des Tarifvertrags im Sinn von § 622 Abs. 4 BGB sei gemäß § 1 MTV gegeben.

31

Das Arbeitsgericht Koblenz hat durch Urteil vom 18. Juni 2015 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 13. März 2015 nicht fristlos beendet worden ist, sondern bis zum 28. März 2015 fortbestanden hat.

32

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst – ausgeführt, die unter dem 13. März 2015 ausgesprochene Kündigung habe das Arbeitsverhältnis nicht außerordentlich fristlos zum 13. März 2015 beenden können.

33

Das Arbeitsverhältnis habe aufgrund der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung innerhalb der Probezeit mit Ablauf der Frist des § 622 Abs. 3 BGB am 28. März 2015 geendet. Es fehle bereits an einem wichtigen Grund für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung.

34

Der hilfsweise ausgesprochenen Probezeitkündigung begegneten – mit Ausnahme der Kündigungsfrist – keine Bedenken. Gemäß § 622 Abs. 3 BGB errechne sich eine Kündigungsfrist zum 28. März 2015. Das Arbeitsverhältnis sei nicht kündbar mit einer Frist von zwei Arbeitstagen gemäß § 2.2 des Manteltarifvertrags zwischen der iGZ und dem DGB. Da der Kläger nicht tarifgebunden sei, scheide eine unmittelbare Geltung des Tarifvertrags aus. Der Tarifvertrag sei durch den Arbeitsvertrag auch nicht wirksam in Bezug genommen worden. Das von der Beklagten zitierte „zwischen dem iGZ und den Gewerkschaften der DGB-Tarifgemeinschaft abgeschlossene Tarifwerk“ sei im Arbeitsvertrag der Parteien überhaupt nicht in Bezug genommen worden. Vielmehr regele Ziffer 2 die grundsätzliche Geltung von den Tarifverträgen zwischen dem iGZ mit einer oder mehreren Gewerkschaften IG BCE, NGG, IG Metall, GEW, ver.di, IG Bau, GdP, EVG. Dabei sollen nicht sämtliche vorbezeichnete Tarifverträge gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, sondern „nur die einschlägigen“ Tarifverträge nach Maßgabe der folgenden Absätze 3 bis 5. Ziffer 3 bis 5 differenzierten nach Einsatzgebiet und –zeit und unterschieden dann noch einmal zwischen Kundenbetrieben, für die sich eine satzungsgemäße Zuständigkeit für den jeweiligen Betrieb ergebe und solchen bei denen das nicht der Fall sein solle. Die Vorschrift sei so undurchschaubar, dass sich der Kammer nicht mit letzter Sicherheit erschließe, welcher Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis denn nun Anwendung finden solle. Die Regelungen stellten sich daher insgesamt als intransparent dar und hielten einer Überprüfung des § 307 Abs. 1 BGB nicht stand. Eine Abkürzung der Kündigungsfrist ergebe sich auch nicht aus der ausdrücklichen arbeitsvertraglichen Regelung in § 3 Ziffer 2 S. 2, die gegen § 622 Abs. 3 BGB verstoße.

35

Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz (Bl. 64 ff. d. A.) Bezug genommen.

36

Das genannte Urteil ist der Beklagten am 8. Juli 2015 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 6. August 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 5. August 2015 Berufung eingelegt und diese mit am 8. September 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag begründet.

37

Zur Begründung der Berufung macht die Beklagte nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 95 ff. d. A.), zusammengefasst geltend,
die Kündigungsfrist richte sich nach dem wirksam in Bezug genommenen Tarifwerk iGZ-DGB. Die Parteien hätten im Arbeitsvertrag eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie das Tarifwerk iGZ-DGB zur Grundlage des Arbeitsverhältnisses hätten machen wollen. Die arbeitsvertragliche Inbezugnahme verstoße nicht gegen das Transparenz- oder Bestimmtheitsgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Eine Kollisionsregel sei nach weit überwiegender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung bereits nicht erforderlich. Dies werde zum Teil dadurch begründet, dass es sich bei dem Tarifwerk um einen Einheitstarifvertrag handele, zum Teil dadurch, dass selbst bei Verneinung eines Einheitstarifvertrags jedenfalls auch für die Zukunft ausgeschlossen sei, dass die einzelnen Tarifverträge unterschiedliche Regelungen beinhalteten, da sich die DGB-Mitgliedsgewerkschaften 2003 in der Richtlinie Organisationszuständigkeit Zeit- und Leiharbeit verpflichtet hätten, für den Bereich der Zeitarbeit nur einheitliche Tarifverträge abzuschließen. Der Leiharbeitnehmer wisse damit, „was auf ihn zukomme“ und welche Arbeitsbedingungen maßgebend sein würden. Es sei daher nicht gerechtfertigt, das Erfordernis einer Kollisionsregel aufzustellen.

38

Ein Verstoß gegen das Transparenz- und Bestimmtheitsgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB läge aber selbst bei Zugrundelegung der Mindermeinung nicht vor. In diesem Fall würde die im Arbeitsvertrag vorsorglich enthaltene Kollisionsregel gerade dazu führen, dass die anzuwendenden Tarifverträge eindeutig bestimmt werden könnten. Die Anwendung der Kollisionsregel komme in allen Fällen zu einem eindeutigen Ergebnis. Im Falle des Klägers wären nach § 1 Ziffer 3 S. 1 des Arbeitsvertrages die Tarifverträge zwischen dem iGZ und der IG BCE anwendbar, da die IG BCE für den Kundenbetrieb Z. AG zuständig sei.

39

Die Beklagte beantragt,

40

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18. Juni 2015, Az. 7 Ca 1056/15, teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 17. März 2015 hinaus fortbestanden hat.

41

Der Kläger beantragt,

42

die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz zurückzuweisen.

43

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seines Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 13. November 2015, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 117 ff. d. A.), als rechtlich zutreffend.

44

Die Parteien hätten nicht vereinbart, dass der zwischen dem iGZ und den Gewerkschaften der DGB Tarifgemeinschaft abgeschlossene Tarifvertrag in Bezug genommen werde. Ein solches Tarifwerk gebe es nicht. Die Vorschrift der § 1 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages sei so undurchschaubar, dass sich nicht erschließe, welcher Tarifvertrag denn nun gelten solle. Es ergebe sich gerade nicht, welche Gewerkschaft, welcher Tarifvertrag und welche Betriebsform gemeint sei. Das habe die Beklagte wohl selbst so gesehen, wenn die einschlägigen Tarifverträge nach Maßgabe der folgenden Absätze 3 - 5 gemeint seien. Soweit die Beklagte erst in der Berufungsschrift ausführe, die Tarifverträge zwischen dem iGZ und der IG BCE seien anwendbar, werde nun erst in der zweiten Instanz geklärt, welche Vereinbarungen im Arbeitsvertrag zwischen den Parteien gemeint seien. Vorsorglich werde insoweit Verspätung gerügt.

45

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll des Kammertermins vom 2. März 2016 (Bl. 137 ff d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

46

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig. Da keine der Parteien einen Aussetzungsantrag gestellt hat, war der Rechtsstreit auch nach dem Tod des anwaltlich vertretenen Klägers fortzusetzen, §§ 246 Abs. 1, 239 ZPO.

B.

47

In der Sache hatte die Berufung der Beklagten Erfolg. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist aufgrund der ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 13. März 2015 mit Ablauf des 17. März 2015 beendet worden.

48

Die dem Kläger am 14. März 2015 zugegangene ordentliche Kündigung hat das Arbeitsverhältnis mit der Frist von zwei Arbeitstagen gemäß § 1 Ziffer 2 des Arbeitsvertrags in Verbindung mit § 2.2 Abs. 2 S. 1 MTV iGZ-DGB beendet.

I.

49

Die tarifvertragliche Ausschlussfrist findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung auf das zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsverhältnis Anwendung.

50

§ 1 Ziffern 2 - 6 des Arbeitsvertrags, nach denen die Geltung der Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung vereinbart wurde, die der Arbeitgeberverband iGZ mit einer oder mehrerer der Gewerkschaften IG BCE, NGG, IG Metall, GEW, ver.di, IG Bau, GdP, EVG abgeschlossen hat oder zukünftig abschließen wird, ist nicht intransparent und nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam. Dabei kann letztlich dahinstehen, ob es sich bei dem iGZ-DGB-Tarifwerk um Einheitstarifverträge handelt oder ob jedenfalls durch die Richtlinie Organisationszuständigkeit ausgeschlossen ist, dass die einzelnen Tarifverträge unterschiedliche Regelungen enthalten, da der zwischen den Parteien abgeschlossene Arbeitsvertrag jedenfalls in § 1 Ziffern 2 bis 5 transparente Kollisionsregeln enthält.

51

In der allgemeinen Verweisung auf diese Tarifverträge liegt zugleich eine aus-reichend deutliche und bestimmte Vereinbarung der tariflichen Kündigungsvorschriften (ErfK-/Müller-Glöge, 16. Aufl. 2016, BGB § 622 Rn. 37; MükoBGB/Hesse, 6. Aufl. 2012, BGB § 622 Rn. 65).

52

1. Gemäß § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

53

§ 1 Abs. 2 bis 5 des Arbeitsvertrags ist an den Vorgaben des § 307 Abs.1 S. 2 BGB zu messen.

54

Die Parteien haben einen Formulararbeitsvertrag geschlossen, der als solcher Allgemeine Geschäftsbedingungen enthält, die die Beklagte dem Kläger bei Abschluss des Vertrags gestellt hat, § 305 Abs. 1 BGB.

55

Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält. (BAG, Urteil vom 19. Februar 2014 - 5 AZR 700/12 - NZA 2014, 1097, 1099, Rn. 19 m. w. N.).

56

Nach der Rechtsprechung des 5. Senats des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 19. Februar 2014 - 5 AZR 700/12 - NZA 2014, 1097, 1099 f. Rn. 19, 27 und 29; so auch LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 4. Juni 2013 - 22 Sa 73/12 - BeckRS 2013, 70574) muss der Arbeitnehmer bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was auf ihn zukommt (kritisch hierzu: Mengel, NZA 2013, 948, 949). Der Arbeitnehmer kann weder auf eine ständige Beobachtung der Tariflandschaft im Arbeitnehmerüberlassungsgewerbe noch zu Spekulationen darüber verpflichtet werden, welches von mehreren tariflichen Regelwerken zu einen bestimmten Zeitpunkt auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll (BAG, Urteil vom 13. März 2013 – 5 AZR 242/12 – BeckRS 2013, 71115, Rn. 22 ff.; kritisch hierzu Thüsing NZA 2013, 948, 949; Stoffels NZA 2013, 948, 949).

57

Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Für die Annahme, eine Klausel verstoße gegen das Transparenzgebot, reicht es deshalb nicht aus, dass der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen unklar abgefasster Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht erkennen kann, ob und wie er seine Rechte wahrnehmen kann, liegt die für die Rechtsfolge der Unwirksamkeit erforderliche unangemessene Benachteiligung im Sinn von § 307 Abs. 1 BGB. Bei der Beurteilung, ob eine Regelung dem Transparenzgebot genügt, ist folglich nicht auf den flüchtigen Betrachter, sondern auf den aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr abzustellen (BAG, Urteil vom 21. Juni 2011 - 9 AZR 238/10 - BeckRS 2011, 77583, Rn. 27 m. w. N.).

58

2. Diesen Anforderungen genügt die Bezugnahmeregelung in § 1 Ziffern 2 bis 5 des Arbeitsvertrages.

59

Die Verweisung einer Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf die Vorschriften eines anderen Regelwerks führt für sich genommen nicht zur Intransparenz. Arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf andere Regelwerke entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik. Die Dynamisierung dient wegen des Zukunftsbezugs des Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis den Interessen beider Seiten (BAG, Urteil vom 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - BeckRS 2013, 67225, Rn. 22).

60

Für den Kläger war bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages abstrakt vorhersehbar, welche tariflichen Bestimmungen auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden würden. Auch sind die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung einbezogenen Regelungen bestimmbar.

61

a) Die erforderliche Bestimmbarkeit ist gegeben, wenn es sich bei dem vom Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen iGZ und den Mitgliedsgewerkschaften des DGB um einen so genannten Einheitstarifvertrag handelt. Bei einem Einheitstarifvertrag bildet der Tarifvertrag ein „einheitliches Tarifwerk“, eine „geschlossene Einheit“. Die Tarifvertragsparteien einer Seite sind bei der Ausübung von Rechten und der Erfüllung von Pflichten aus dem schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrags in der Weise gebunden, dass sie im Verhältnis zur Gegenseite eine „Einheit“ darstellen. Die Kündigung des Tarifvertrages kann nur durch alle Tarifvertragsparteien einer Seite gemeinsam ausgesprochen werden. In diesem Fall können die in Bezug genommenen Tarifverträge keinen unterschiedlichen Inhalt haben und in Zukunft erhalten. Auf sie könnte auch ohne Kollisionsregel wirksam verwiesen werden.

62

Dagegen ist ein so genannter mehrgliedriger Tarifvertrag im engeren Sinn ein mit mehreren Einzelgewerkschaften abgeschlossener, in einer Urkunde zusammengefasster Tarifvertrag. Die verschiedenen Tarifverträge können in diesem Fall unabhängig voneinander zu unterschiedlichen Zeitpunkten gekündigt, neu abgeschlossen werden oder anderen Regelungen zugänglich sein. Eine Bezugnahme auf solche Tarifverträge wäre nur dann hinreichend transparent und verständlich, wenn durch eine Kollisionsregel klargestellt ist, welche der möglichen tariflichen Regelungen bei sich widersprechenden Regelungen Vorrang haben soll (BAG, Urteil vom 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – NZA 2013, 680, 683 f., Rn. 30). Andernfalls lässt sich nicht für jeden Zeitpunkt bestimmen, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke sich jeweils durchsetzen und gelten soll. Fehlt in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsregel, besteht bei den so genannten mehrgliedrigen Tarifverträgen im engeren Sinn die Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen dieser Unklarheit seine Rechte nicht wahrnimmt. Gerade dies will das Bestimmtheitsgebot verhindern (LAG Düsseldorf, Urteil vom 29. Oktober 2014 – 7 Sa 1053/13 – BeckRS 2015, 68350, Rn. 71 m. w. N.).

63

Die Frage, ob es sich bei den einzelnen Tarifverträgen, die der iGZ mit den Mitgliedsgewerkschaften des DGB abgeschlossen hat, jeweils um Einheitstarifverträge oder um mehrgliedrige Tarifverträge im engeren Sinn handelt, ist in Rechtsprechung und Literatur noch nicht abschließend geklärt. Ob entsprechend der Anzahl der auf einer Seite Beteiligten mehrere voneinander unabhängige und lediglich äußerlich in einer Urkunde zusammengefasste Tarifverträge zustande kommen sollten oder als eine geschlossene Einheit ein einziger, alle Beteiligten gemeinsam bindender einheitlicher Tarifvertrag, hängt vom Willen der Tarifvertragsparteien ab, der durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist. Dabei ist in der Regel davon auszugehen, dass es sich um mehrere selbständige Tarifverträge handelt, bei denen jede Tarifvertragspartei die Autonomie über die Vertragsgestaltung, insbesondere das Kündigungsrecht behalten will (BAG, Urteil vom 29. Juni 2004 – 1 AZR 143/03 – AP TVG § 1 Nr. 36; vom 26. April 2007 – 8 AZR 695/05 – AP InsO § 125 Nr. 4, Rn. 48).

64

Das LAG Düsseldorf (Urteil vom 29. Oktober 2014 – 7 Sa 1053/13 – BeckRS 2015, 68350; so auch BeckOK ArbR/Motz, AÜG, Stand: 1. Dezember 2015, § 10 Rn. 42.1 ff.; Hermann/Molle BB 2013, 1781, 1782; Müntefering NZA 2015, 711; Schüren NZA 2013, 948, 952 und jurisPR-ArbR 37/2013 Anm. 1) ist vom Vorliegen eines einheitlichen Tarifwerks ausgegangen. Es war der Ansicht, die unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften stellten als Tarifgemeinschaft im Verhältnis zur Gegenseite eine „Einheit“ dar.

65

Für das Vorliegen eines Einheitstarifvertrags spricht auch die Formulierung in § 9 „Tarifliche Schlichtungsstelle“, Unterpunkt 9.2, 2. Absatz S. 2. Dort heißt es hinsichtlich der Besetzung des Schiedsgerichts: „Die Arbeitgeberbeisitzer werden von dem iGZ, die Arbeitnehmerbeisitzer von der DGB-Tarifgemeinschaft von Fall zu Fall benannt.“ Eine Kündigungsmöglichkeit des Tarifwerks durch eine Einzelgewerkschaft ist jedenfalls nicht ausdrücklich vorgesehen. Daran haben sich die Beteiligten auch in bisherigen Anwendung gehalten und das Tarifwerk kontinuierlich fortentwickelt. „Auch die Festlegung der Arbeitsbedingungen und die Festlegung der Vergütungshöhe im Tarifwerk beziehen sich ohne Zweifel auf die Überlassung in alle Branchen und werden inzwischen nur durch die Branchenzuschläge ausbalanciert“ (Schüren jurisPR-ArbR 37/2013 Anm. 1).

66

Daneben spricht für die Einordnung der Tarifwerke als Einheitstarifverträge auch, dass anderenfalls im Regelfall der gesetzlichen Tarifbindung nicht der von den DGB-Mitgliedsgewerkschaft und dem iGZ verfolgte Zweck, die Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer unabhängig davon, welcher DGB-Mitgliedsgewerkschaft sie angehören, einheitlich zu regeln, erreicht werden könnte (Brors RdA 2014, 182, 185), zumal eine gleichzeitige Mitgliedschaft in allen tarifschließenden Gewerkschaften ausgeschlossen ist. Dieser Zweck kommt in der Definition des persönlichen Anwendungsbereichs der Tarifverträge zum Ausdruck, die lautet: "persönlich für alle Arbeitnehmer, die im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung an Kundenbetriebe überlassen werden und Mitglied einer der vertragsschließenden Gewerkschaften sind". Auch in Ziffer 5 der Richtlinie über die Organisationszuständigkeit der DGB-Mitgliedsgewerkschaften für Arbeitnehmer/innen aus Betrieben der Zeit- und Leiharbeit vom 5. März 2003 kommt der Wille der beteiligten Einzelgewerkschaften zum Ausdruck, für die Zeitarbeitsbranche ein einheitliches Tarifwerk zu schaffen: „ Für alle Beschäftigten der W.-Firmen (sowie der kommerziellen Leih- und Zeitarbeitsfirmen) haben alle im DGB zusammengeschlossenen Gewerkschaften im Bundesvorstand einstimmig beschlossen, eine Tarifgemeinschaft unter koordinierender Federführung des DGB zu bilden. Die abzuschließenden Tarifverträge gelten für alle Gewerkschaftsmitglieder, unabhängig in welcher DGB-Einzelgewerkschaft sie organisiert sind“. Schließlich kommt die Einordnung der einzelnen Tarifverträge des Tarifwerks iGZ/DGB jeweils als Einheitstarifverträge auch in den seitens der IG Metall abgeschlossenen verleiherbezogenen Tarifverträgen Leih-/Zeitarbeit (TV LeiZ) zum Ausdruck, die in Ziffer 5.3 lauten: “Abweichende Regelungen im Sinne von § 9 Ziffer 2 AÜG sind dabei nur solche, die mit der Tarifgemeinschaft des DGB oder mit der IG Metall wurden oder werden und einen Branchenzuschlag, oder mindestens eine in der Höhe vergleichbare Vergütung erhalten“. Auch die Tarifverträge über Branchenzuschläge bezeichnen die zwischen der iGZ und den DGB-Gewerkschaften abgeschlossenen Tarifverträge als „abgeschlossen zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e. V. – iGZ – und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit“ (vgl. nur § 2 Abs. 3 TV BZ ME, § 2 Abs. 3 TV BZ Chemie).

67

Für die Annahme eines Einheitstarifvertrags spricht schließlich, dass nicht jede der beteiligten Gewerkschaften für sich die Tarifverträge mit nur einem Tariftext hätte abschließen können (vgl. Schüren NZA 2013, 948, 952).

68

Nach Auffassung des LAG Nürnberg (Urteil vom 4. Juni 2013 - 22 Sa 73/12 - BeckRS 2013, 70574) soll es sich bei den Tarifverträgen der Tarifgemeinschaft Zeitarbeit um eine eigene, vom Einheitstarifvertrag oder mehrgliedrigen Tarifvertrag zu unterscheidende Kategorie handeln, die mit der Bezeichnung "mehrgliedrig-einheitlich" charakterisiert werden kann. Denn der Einheitstarifvertrag entspreche in aller Regel im Bereich der Zeitarbeit nicht dem Parteiwillen. Insbesondere der Regelungszweck spreche für die Annahme eines mehrgliedrigen Tarifwerks. Nur bei einem Einheitstarifvertrag würde die Tarifunfähigkeit einer tarifschließenden Gewerkschaft unweigerlich die Unwirksamkeit des gesamten Tarifvertrages nach sich ziehen (LAG Hessen, Beschluss vom 4. September 2014 – 9 TaBV 91/14 – BeckRS 2015, 68348). Dies sei den Tarifvertragsparteien bewusst gewesen. Schon deshalb habe ein Einheitstarifvertrag nicht gewollt sein können, da einzig die Annahme mehrerer rechtlich selbständiger Tarifverträge eine Risiken minimierende Wirksamkeitsbeurteilung erlaube (LAG Nürnberg, Urteil vom 4. Juni 2013 - 22 Sa 73/12 - BeckRS 2013, 70574 zur arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf die zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personaldienst-leistungen e. V. [BZA] und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit geschlossenen Branchentarifverträge). Nach Auffassung des LAG Nürnberg soll diese Bezugnahmeklausel auf die mit der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit geschlossenen Branchentarifverträge aber dahin auszulegen sein, dass als Objekt der Bezugnahme auf arbeitsvertraglicher Ebene die selbstständigen Einzeltarifverträge anzusehen sind. Sie soll unabhängig von der Branchenzugehörigkeit des jeweiligen Ver- oder Entleihers im Sinn einer dynamischen Verweisung auf das in der Urkunde niedergelegte einheitliche Tarifwerk der Tarifgemeinschaft auszulegen sein. Diese arbeitsvertragliche Bezugnahme soll nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstoßen. Hypothetisch mögliche Schwierigkeiten bei der Bestimmung der tarifrechtlichen Lage (durch künftiges Auseinanderentwickeln des Tarifwerks etwa infolge der Kündigung eines Tarifvertrages oder dem Hinzutreten bzw. Wegfall einer Tarifvertragspartei) würden bei einheitlich-mehrgliedrigen Tarifverträgen in aller Regel wegen der schuldrechtlichen Bindungen der BGB-Gesellschaft nicht eintreten. Sollte sich dieser Fall gleichwohl ergeben, blieben die anwendbaren Tarifverträge bestimmbar (LAG Nürnberg, Urteil vom 4. Juni 2013 - 22 Sa 73/12 - BeckRS 2013, 70574; zustimmend Thüsing NZA 2013, 948, 951).

69

b) Auch dann, wenn man davon ausgeht, dass es sich bei den vom Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen iGZ und den Mitgliedsgewerkschaften des DGB abgeschlossenen Tarifverträgen um mehrgliedrige Tarifverträge im engeren Sinn handelt (vgl. LAG Hessen, Beschluss vom 4. September 2014 – 9 TaBV 91/14 – BeckRS 2015, 68348 zur arbeitsvertraglichen Inbezugnahme der zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e. V. [BZA] und den Mitgliedsgewerkschaften des DGB abgeschlossenen Tarifverträgen), liegt keine Intransparenz vor, weil der Arbeitsvertrag in § 1 Ziffern 2 bis 5 transparente Kollisionsregeln enthält. Selbst wenn es sich bei dem iGZ-DGB-Tarifwerk um mehrere Tarifverträge handeln sollte, ist der jeweils anwendbare Tarifvertrag bestimmbar.

70

Zwar sind diese Ziffern des § 1 des Arbeitsvertrags schwer lesbar. Sie sind aber weder unverständlich noch hat der Arbeitnehmer nur eine erschwerte Möglichkeit, die betreffende Regelung zu verstehen. Es besteht nicht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen unklar abgefasster Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht erkennen kann, ob und wie er seine Rechte wahrnehmen kann. Die arbeitsvertragliche Vorschrift ist eindeutig. Die in ihr vorgenommenen Differenzierungen sind der Schwierigkeit der Sache sowie den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen geschuldet. Die Klausel ließ sich nicht unschwer so formulieren, dass das Gewollte klarer zu erkennen wäre (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 19. Februar 2014 – 5 AZR 700/12 – NZA 2014, 1097, 1100, Rn. 36 m. w. N.).

71

In § 1 Ziffern 2 bis 5 des Arbeitsvertrags sind alle denkbaren Konstellationen geregelt. So enthält Ziffer 4 des § 1 Regelungen für die Zeit bis zu einem ersten Einsatz und für die Zeiten zwischen zwei Einsätzen. § 1 Ziffer 5 des Arbeitsvertrags regelt den Fall, in dem der Arbeitnehmer an einen Kundenbetrieb überlassen wird, für den sich keine satzungsgemäße Zuständigkeit ergibt.

72

Eine Intransparenz der Bezugnahmeregelung ergibt sich auch nicht daraus, dass diese nach der satzungsgemäßen Zuständigkeit für den zugewiesenen Kundenbetrieb richtet und im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht feststeht, welcher Kundenbetrieb dies sein wird.

73

Denn der Arbeitnehmer ist in der Lage, sich über die anwendbaren Tarifverträge im Kundenbetrieb Kenntnis zu verschaffen, weil dieser gemäß § 8 TVG verpflichtet ist, die für den Betrieb maßgebenden Tarifverträge an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen (vgl. BAG, Urteil vom 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - BeckRS 2013, 67225, Rn. 23 für dynamische Verweisungen). Durch § 1 Ziffer 4 des Arbeitsvertrages ist auch für die Zeit vor dem ersten Einsatz und zwischen Einsätzen sichergestellt, dass der Arbeitnehmer sich über den anwendbaren Tarifvertrag Kenntnis verschaffen kann. Für die Zeit bis zum ersten Einsatz sind dies die mit dem IGZ abgeschlossenen Tarifverträge, an denen ver.di als Vertragspartei beteiligt ist. Für die Zeit nach Beendigung eines Einsatzes finden bis zum Beginn eines neuen Einsatzes noch die für den bisherigen Kundenbetrieb geltenden Tarifverträge, von denen der Arbeitnehmer Kenntnis nehmen konnte, Anwendung.

74

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – NZA 2013, 680, 683 Rn. 27 eine Kollisionsregelung in Form einer einsatzbezogenen Differenzierung der anzuwendenden Tarifverträge nach der Branche des Entleihers angedacht.

75

Schließlich hat auch der Gesetzgeber in § 9 Nr. 2 AÜG an den Betrieb des Entleihers angeknüpft. § 9 Nr. 2 Hs. 3 AÜG erlaubt die Anwendung der tariflichen Regelungen durch Inbezugnahme nur „im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags“. Verleiher und Leiharbeitnehmer müssen danach folglich auf den Tarifvertrag Bezug nehmen, der für sie gelten würde, wenn sie tarifgebunden wären. Dem trägt § 1 des Arbeitsvertrags in seinen Ziffern 2 bis 5 Rechnung.

II.

76

Da das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien im Kündigungszeitpunkt noch keine vier Wochen bestanden hat, konnte das Beschäftigungsverhältnis mit einer Frist von zwei Arbeitstagen gekündigt werden. Da der 14. und 15. März 2015 auf ein Wochenende fielen, endete die Kündigungsfrist am 17. März 2015. Entgegen der Ansicht des Klägers war der Vortrag der Beklagten, im konkreten Fall hätten im Kündigungszeitpunkt die zwischen dem iGZ und der IG BCE abgeschlossenen Tarifverträge Anwendung gefunden, nicht als verspätet zurückzuweisen. Der Rechtsstreit wurde durch diesen Vortrag nicht verzögert.

C.

77

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO, wobei hinsichtlich der Kosten erster Instanz die teilweise Klagerücknahme zu berücksichtigen war.

78

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt von der wirtschaftlich bedeutsamen Frage ab, ob die in einer Vielzahl von Arbeitsverträgen bei der Beklagten verwendete und an den Musterarbeitsvertrag der iGZ angelehnte arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel wirksam ist.

Tenor

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 01.08.2013, 4 Ca 777/13, wird zurückgewiesen.

II.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

III.

Die Revision wird zugelassen.


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Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die im Betrieb anwendbaren Tarifverträge sowie rechtskräftige Beschlüsse nach § 99 des Arbeitsgerichtsgesetzes über den nach § 4a Absatz 2 Satz 2 anwendbaren Tarifvertrag im Betrieb bekanntzumachen.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. September 2011 - 7 Sa 1318/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Juni 2011 - 3 Ca 422/11 - teilweise abgeändert.

3. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

4. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Die 1959 geborene Klägerin war - nach vorhergehender Arbeitslosigkeit - vom 4. Mai 2009 bis zum 30. Juni 2010 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und der B KG in B für Montagearbeiten überlassen. Die Klägerin erhielt bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden einen Bruttostundenlohn von zunächst 6,00 Euro, ab 1. Juli 2009 von 6,15 Euro. Außerdem zahlte die Beklagte für Überstunden einen Zuschlag von 25 %, eine Fahrtkostenerstattung iHv. 12,00 Euro pro Arbeitstag und ab Dezember 2009 einen monatlichen Zuschuss zu vermögenswirksamen Leistungen iHv. 13,50 Euro brutto.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein Formulararbeitsvertrag vom 30. April 2009 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

㤠1 Tarifliche Bestimmungen

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen, bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer Gewerkschaft der in Satz 1 genannten Tarifgemeinschaft ist.

        

Soweit der Mitarbeiter nicht tarifgebunden ist, vereinbaren die Parteien, dass die Bestimmungen der in Abs. 1 genannten Tarifverträge den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages vorgehen. Dies gilt nicht, soweit die in Abs. 1 genannten Tarifverträge eine solche Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz, insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Satz 2 entsprechend.

        

Sollten die in Abs. 1 genannten Tarifverträge gekündigt werden oder auf andere Weise ihre Gültigkeit verlieren, ohne dass neue, zwischen diesen Tarifvertragsparteien abgeschlossene Tarifverträge an ihre Stelle treten, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien des Arbeitsvertrages nach den in Abs. 1 genannten Tarifverträgen in der zuletzt zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Fassung.

        

...     

        

§ 2 Vertragsgegenstand

        

…       

        

Der Mitarbeiter wird für folgende Tätigkeit eingestellt:

        

Zeitarbeiterin

        

Diese Tätigkeit umfasst folgende Aufgabenbereiche:

        

allgemeine Montagearbeiten gem. Einsatzmitteilung

        

Für ihre Ausübung ist folgende Qualifikation erforderlich:

        

keine 

        

…       

        

§ 6 Vergütung

        

Gemäß der in § 2 genannten Tätigkeitsbezeichnung wird der Mitarbeiter in Entgeltgruppe E 1 gemäß des in § 1 Abs. 1 genannten Entgeltrahmentarifvertrags eingruppiert.

        

Der Mitarbeiter erhält

        

ein tarifliches Entgelt, dessen Höhe sich nach den Bestimmungen der in § 1 Abs. 1 genannten Tarifverträge bemisst (tarifliches Entgelt). Der Stundenlohn beträgt danach derzeit 6,00 € brutto.

        

…       

        

Bei auswärtigen Einsätzen können unter Beachtung der jeweils gültigen gesetzlichen Bestimmungen je nach Einsatzort arbeitstägliche Zuschüsse für Fahrgeld, Verpflegung oder Übernachtung (Aufwandserstattung) gewährt werden. Maßgebend ist die Entfernung des Arbeitsortes vom Wohnort oder der Betriebsstätte, das genutzte Verkehrsmittel und die ggf. erforderliche Unterbringung am Arbeitsort. Solche Zuschüsse werden nur gezahlt, wenn und soweit es sofort zwischen der D - GmbH und dem Mitarbeiter schriftlich vereinbart worden ist.

        

…       

        

Lohnabrechnungszeitraum ist der Kalendermonat. Die Lohnabrechnung und -zahlung ist zum 21. Kalendertag des folgenden Monats fällig. Die Zahlung erfolgt bargeldlos, wofür der Mitarbeiter der D - GmbH ein Bankkonto anzugeben hat.

        

…       

        

§ 14 Ausschlussfristen

        

Die Parteien vereinbaren hiermit ausdrücklich einzelvertraglich unabhängig von der Geltung eines Tarifvertrages und der einzelvertraglichen Bezugnahme eines Tarifvertrages im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses folgendes:

        

Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.

        

Lehnt die andere Vertragspartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab, oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

        

…“    

4

Am 6. April 2010 schlossen die Parteien rückwirkend zum 1. Januar 2010 eine von der Beklagten vorformulierte Änderungsvereinbarung, die auszugsweise lautet:

        

㤠1 Tarifliche Bestimmungen

        

(Änderung des Absatzes 1)

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV - die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB) sowie medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der in Satz 1 genannten Gewerkschaften oder der Tarifgemeinschaft ist.“

5

Ab 1. Juli 2010 wurde die Klägerin von der B KG in ein befristetes Arbeitsverhältnis übernommen und erhielt bei einer Arbeitszeit von 35 Wochenstunden ein Bruttomonatsgehalt von 1.948,00 Euro. Außerdem sollten die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg Anwendung finden.

6

Mit der am 8. März 2011 eingereichten und der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage hat die Klägerin zuletzt für den Zeitraum 15. Juni 2009 bis 30. Juni 2010 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt hat, verlangt und geltend gemacht, die einzelvertragliche Ausschlussfrist habe erst mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP zu laufen begonnen.

7

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 14.809,29 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. März 2011 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die fehlende Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung führe nur zur Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc, zumindest habe sie auf die Wirksamkeit der von der CGZP geschlossenen Tarifverträge vertrauen dürfen. Ab dem 1. Januar 2010 habe sie aufgrund der Inbezugnahme des mehrgliedrigen Tarifvertrags zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen vom 15. März 2010 von dem Gebot der Gleichbehandlung abweichen dürfen. Schließlich seien Ansprüche der Klägerin wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung nach der vertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet.

11

A. In Höhe eines Teilbetrags von 1.365,74 Euro brutto ist die Klage bereits nach der eigenen Berechnung der Klägerin unbegründet. Die Vorinstanzen haben ihr zwar 14.809,29 Euro brutto zugesprochen. Doch hat die Klägerin in der Revisionserwiderung ihre Forderung auf 13.443,55 Euro brutto neu berechnet und ausgeführt, es sei mit der Klage irrtümlich zu viel gefordert und „so auch überhöht ausgeurteilt worden“. Prozessuale Konsequenzen hat sie daraus nicht gezogen.

12

B. Im Übrigen war die Beklagte nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, der Klägerin für die Zeit der Überlassung an die B KG das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin ihren Stammarbeitnehmern gewährt(I.). Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ist aber aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen, weil ihn die Klägerin nicht rechtzeitig gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat (II.).

13

I. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt („equal pay“). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das AÜG ein Abweichen durch Tarifvertrag, wobei im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können (§ 9 Nr. 2 AÜG) mit der Folge, dass der Entleiher grundsätzlich nur das tariflich vorgesehene Arbeitsentgelt gewähren muss (§ 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG). Eine solche zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. § 1 des ursprünglichen Arbeitsvertrags(fortan: Arbeitsvertrag) verweist auf unwirksame Tarifverträge, mit § 1 des Arbeitsvertrags idF der Änderungsvereinbarung vom 6. April 2010 (fortan: Arbeitsvertrag 2010) werden die dort genannten Tarifverträge nicht wirksam in Bezug genommen.

14

1. Das Gebot der Gleichbehandlung ist bindend. § 10 Abs. 4 AÜG verstößt insoweit weder gegen Grundrechte noch gegen Unionsrecht.

15

a) § 10 Abs. 4 AÜG verletzt die Koalitionsfreiheit der Arbeitgeberverbände ebenso wenig wie die Berufsfreiheit der Verleihunternehmen. Das hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. -). Entgegen der Auffassung der Revision gilt im Hinblick auf die kollektive Koalitionsfreiheit der in der Leiharbeitsbranche tätigen Arbeitnehmervereinigungen und die individuelle Koalitionsfreiheit der Leiharbeitnehmer nichts anderes.

16

Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet einer Arbeitnehmerkoalition deren Bildung, Bestand und Betätigung, wobei letztere alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen umfasst(vgl. BVerfG 6. Februar 2007 - 1 BvR 978/05 - Rn. 21 ff.; BAG 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 111). Zu der koalitionsmäßigen Betätigung gehört auch die Tarifautonomie als das Recht, Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen mit der Arbeitgeberseite auszuhandeln. In diesen Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG greift das Gebot der Gleichbehandlung nicht ein, weil die Tariföffnungsklausel es den Koalitionen ermöglicht, für ihre Mitglieder verbindliche abweichende Regelungen zu treffen. Das Bestreben der Arbeitgeberseite, über für sie wirtschaftlich günstigere tarifliche Regelungen dem Gebot der Gleichbehandlung nicht nachkommen zu müssen, wird es einer Arbeitnehmerkoalition in der Arbeitnehmerüberlassungsbranche eher erleichtern als erschweren, Tarifverträge auszuhandeln. Zudem wäre ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG wegen der damit vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke nicht nur gegenüber Arbeitgeber-, sondern auch gegenüber Arbeitnehmerkoalitionen verfassungsrechtlich gerechtfertigt(vgl. dazu im Einzelnen: BVerfG 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. - zu C II 3 b der Gründe).

17

Die Koalitionsfreiheit umfasst als individuelles Freiheitsrecht auch das Recht des Einzelnen, sich einer Koalition anzuschließen. Ein - feststellbarer - Druck auf Leiharbeitnehmer zum Austritt aus bzw. zum Nichteintritt in eine Arbeitnehmerkoalition geht von § 10 Abs. 4 AÜG nicht aus. Ist der Verleiher bereit, dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsentgelt zu zahlen, so wie es der Entleiher seinen Stammarbeitnehmern gewährt, kann dies unbeschadet einer Tarifbindung arbeitsvertraglich wirksam (§ 4 Abs. 3 TVG) vereinbart werden.

18

b) Ob Art. 5 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (fortan: RL) hinsichtlich des Arbeitsentgelts von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 153 AEUV(ex Art. 137 EGV) gedeckt ist, kann dahingestellt bleiben. Dem nationalen Gesetzgeber bleibt es unbenommen, über die in Art. 5 RL vorgesehenen Maßnahmen hinauszugehen. Eine Vorlage der in der Revision aufgeworfenen Frage nach der Reichweite des Art. 5 RL an den Gerichtshof der Europäischen Union hatte mangels Entscheidungserheblichkeit zu unterbleiben(vgl. BVerfG 29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 - Rn. 21 ff.).

19

2. Das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 AÜG wird nicht gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG durch Bezugnahme auf von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge(§ 1 Arbeitsvertrag in der ursprünglichen Fassung) ausgeschlossen. Die CGZP konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen.

20

a) Nach den Entscheidungen des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302), dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) ist rechtskräftig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann festgestellt, dass die CGZP seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. BAG 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11 - Rn. 12; 23. Mai 2012 - 1 AZB 67/11 - Rn. 7). Ob die Rechtskraftwirkung der genannten Entscheidungen durch die zum 30. April 2011 erfolgte Einfügung von § 3a AÜG durch Art. 1 Nr. 6 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 642) wieder entfallen ist (so etwa Lützeler/Bissels DB 2011, 1636; Lembke NZA 2011, 1062), kann entgegen der Auffassung der Revision dahingestellt bleiben. § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG setzen einen zum Zeitpunkt der arbeitsvertraglichen Vereinbarung und während der Dauer des Arbeitsverhältnisses wirksamen Tarifvertrag voraus(hM, vgl. nur Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 102; Mengel in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 9 Rn. 39; Boemke/Lembke AÜG 2. Aufl. § 9 Rn. 120).

21

b) Fehlt einer Tarifvertragspartei die Tariffähigkeit, kann sie allenfalls eine Kollektivvereinbarung ohne normative Wirkung, aber keinen Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 TVG abschließen(zur fehlenden Tarifzuständigkeit: BAG 17. April 2012 - 1 ABR 5/11 - Rn. 69). Trotz fehlender Tariffähigkeit abgeschlossene „Tarifverträge“ sind deshalb von Anfang an unwirksam (BAG 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 - Rn. 21 mwN, BAGE 120, 182; 27. November 1964 - 1 ABR 13/63 - zu B I der Gründe, BAGE 16, 329; ErfK/Franzen 13. Aufl. § 2 TVG Rn. 5; Schaub/Treber Arbeitsrechts-Handbuch 14. Aufl. § 198 Rn. 4). Davon geht auch § 97 Abs. 5 ArbGG aus. Die gesetzliche Anordnung, einen Rechtsstreit, der davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder deren Tarifzuständigkeit gegeben ist, bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wäre sinnlos, wenn die fehlende Tariffähigkeit oder die fehlende Tarifzuständigkeit lediglich zu einer Unwirksamkeit des Tarifvertrags ex nunc führen würde. Dementsprechend wird in dem als besonderes Beschlussverfahren ausgestalteten Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG nicht eine ursprünglich bestehende Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit „abgesprochen“, sondern lediglich das Fehlen der Fähigkeit oder der Zuständigkeit zum Abschluss eines Tarifvertrags festgestellt.

22

c) Die These vom fehlerhaften Tarifvertrag (HWK/Henssler 5. Aufl. § 1 TVG Rn. 21a), die in Anlehnung an die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Rückabwicklung die Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc annimmt, ist bei der Vereinbarung tariflicher Regelungen gemäß § 9 Nr. 2 AÜG ungeeignet. Denn es geht in diesem Falle nicht um die Rückabwicklung vollzogener Tarifverträge, sondern um die Rechtsfolge des Scheiterns einer vom Gesetz nach § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG eröffneten Gestaltungsmöglichkeit. Dabei muss nichts rückabgewickelt werden. Der Arbeitnehmer behält die bezogene Vergütung aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und erwirbt darüber hinaus nach § 10 Abs. 4 AÜG einen Anspruch auf die Differenz zu dem Entgelt, das er erhalten hätte, wenn das Gebot der Gleichbehandlung von Anfang an beachtet worden wäre. Dazu räumt § 13 AÜG dem Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiher ein.

23

d) Ein etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt.

24

Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen(BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; vgl. dazu auch BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 27 mwN). Die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP waren nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. Weder das Bundesarbeitsgericht noch Instanzgerichte haben in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren jemals die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. In der von der Revision angezogenen Entscheidung (BAG 24. März 2004 - 5 AZR 303/03 - zu I 2 c cc der Gründe, BAGE 110, 79) hat der Senat bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit der Vergütung eines Leiharbeitnehmers zwar auch einen von der CGZP abgeschlossenen Entgelttarifvertrag herangezogen, eine Feststellung von deren Tariffähigkeit war damit aber nicht verbunden. Die bloße Erwartung, das Bundesarbeitsgericht werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen (Koch SR 2012, 159, 161 mwN).

25

Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Die Revision weist selbst darauf hin, dass die Tariffähigkeit der CGZP bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert wurde (vgl. Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN; Ulber NZA 2008, 438; Rolfs/Witschen DB 2010, 1180; Lunk/Rodenbusch RdA 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat.

26

3. § 1 Arbeitsvertrag 2010 hat die Beklagte nicht von dem Gebot der Gleichbehandlung entbunden. Die Bezugnahmeklausel, mit der die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge vom 15. März 2010 (im Folgenden: AMP-TV 2010) vereinbart werden soll, ist intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

27

a) Bei den in § 1 Arbeitsvertrag 2010 genannten Tarifverträgen handelt es sich nicht um ein einheitliches Tarifwerk(Einheitstarifvertrag), sondern, wie auch die Präambel zum AMP-TV 2010 festhält, um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag im engeren Sinne (zur Terminologie: BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22, BAGE 120, 84). Bei diesem sind mehrere selbständige Tarifverträge in einer Urkunde zusammengefasst. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme erstreckt sich damit auf sechs eigenständige Tarifwerke, jeweils bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag. Mangels anderweitiger Regelung in der Klausel, etwa einer einsatzbezogenen Differenzierung der anzuwendenden Tarifwerke nach der Branche des Entleihers, muss der durchschnittliche Leiharbeitnehmer davon ausgehen, dass gleichzeitig sechs eigenständige Tarifwerke auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

28

Ob § 9 Nr. 2 AÜG eine derartige Vertragsgestaltung, mit der gleichsam sechsfach von der Tariföffnungsklausel Gebrauch gemacht werden soll, zulässt, zumal wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der vereinbarten Tarifwerke die fehlende Tariffähigkeit einer der tarifschließenden Koalitionen im Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 ArbGG bereits zweitinstanzlich festgestellt war(LAG Berlin-Brandenburg 7. Dezember 2009 - 23 TaBV 1016/09 - [CGZP]), braucht der Senat nicht zu entscheiden. § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist jedenfalls intransparent.

29

b) § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klausel ist unstreitig von der Beklagten für eine Vielzahl von Änderungsvereinbarungen vorformuliert und den Arbeitnehmern einseitig gestellt worden. Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei zwischen den Parteien „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, der Klägerin die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25 f. mwN).

30

c) Verweist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz. Insbesondere arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf tarifliche Regelwerke, auch wenn sie dynamisch ausgestaltet sind, entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 22 mwN). Dass bei Vertragsschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des Transparenzgebots für Klauseln, die - wie im Regelfall - auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag oder ein bestimmtes bzw. bestimmbares tarifliches Regelwerk im Sinne einer Einheit aus Mantel-, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen verweisen, ausreichend (vgl. BAG 21. November 2012 - 4 AZR 85/11 - Rn. 35 mwN). Doch bedarf eine Bezugnahmeklausel wie die streitgegenständliche, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, zur Gewährleistung ihrer hinreichenden Bestimmtheit einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll. Andernfalls lässt sich nicht für jeden Zeitpunkt bestimmen, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke sich jeweils durchsetzen und gelten soll. Fehlt in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsregel, besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen dieser Unklarheit seine Rechte nicht wahrnimmt. Gerade dies will das Bestimmtheitsgebot verhindern (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, 16 mwN).

31

d) Nach diesen Grundsätzen verstößt § 1 Arbeitsvertrag 2010 gegen das Transparenzgebot. Die Klausel enthält keine Kollisionsregel. Der Leiharbeitnehmer kann aus ihr nicht ersehen, welches der mehreren in Bezug genommen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben und bei welcher - für das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 AÜG maßgeblichen - Überlassung gelten soll. Er kann außerdem anhand der Klausel und der gemäß § 8 TVG im Betrieb auszulegenden Tarifverträge nicht ermitteln, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei einer bestimmten Überlassung eine Vereinbarung „im Geltungsbereich“ eines Tarifvertrags iSv. § 9 Nr. 2 AÜG ist. Denn die AMP-TV 2010 enthalten neben dem räumlichen, fachlichen und persönlichen einen „organisatorischen“ Geltungsbereich, der sich nur aus den Satzungen der Arbeitnehmervereinigungen, bei der CGZP aus der Kenntnis von deren Mitgliederbestand erschließen lässt.

32

Unerheblich ist, dass bei der Vereinbarung der Klausel die tariflichen Regelwerke noch inhaltsgleich waren (aA Stoffels/Bieder RdA 2012, 27, 34). Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss für die Dauer des Arbeitsverhältnisses erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Er kann weder auf eine ständige Beobachtung der Tariflandschaft im Arbeitnehmerüberlassungsgewerbe noch zu Spekulationen darüber verpflichtet werden, welches von mehreren tariflichen Regelwerken zu einem bestimmten Zeitpunkt auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll.

33

II. Der Anspruch der Klägerin auf gleiches Arbeitsentgelt ist nach § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag verfallen.

34

1. Allerdings war die Klägerin nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP oder aus dem nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen AMP-TV 2010 einzuhalten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Regelungen zu Ausschlussfristen in Tarifverträgen der Arbeitnehmerüberlassungsbranche überhaupt den Anspruch auf gleiches Entgelt erfassen (vgl. dazu LAG Düsseldorf 29. August 2012 - 12 Sa 576/12 - Rn. 132, rkr.).

35

Eine Ausschlussfristenregelung in einem unwirksamen CGZP-Tarifvertrag ist auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (aA Löwisch SAE 2013, 11). Arbeitsvertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, nur ein wirksamer Tarifvertrag habe vereinbart werden sollen (BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Das ist vorliegend der Fall. Nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag konnte die Beklagte als Klauselverwenderin den Zweck der Bezugnahme - das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG - erreichen.

36

2. Die Klägerin musste die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag beachten. Es handelt sich um eine eigenständige arbeitsvertragliche Regelung, die der AGB-Kontrolle standhält. Dem steht die Unabdingbarkeit des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG nicht entgegen, weil Ausschlussfristen ausschließlich die Art und Weise der Durchsetzung eines entstandenen Anspruchs betreffen und nicht zu dessen Inhalt gehören(BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 31 mwN, BAGE 137, 249).

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a) § 14 Arbeitsvertrag ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung(§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Das steht zwischen den Parteien außer Streit. Die Klausel enthält unabhängig von der Inbezugnahme tariflicher Vorschriften eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf gleiches Entgelt erfasst und von dessen Fälligkeit zu dem für die Vergütung nach § 6 Arbeitsvertrag bestimmten Zeitpunkt ausgeht. Das ergibt die Auslegung der Klausel.

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aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Vertragswortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. zB BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 30 mwN).

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bb) Die Klausel erfasst den Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Arbeitsentgelt in der Höhe, wie es einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Entleihers gewährt wird. Denn zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ankäme (BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 556/07 - Rn. 19 mwN). Der durchschnittliche Leiharbeitnehmer muss zumindest aus der Formulierung „die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“ erkennen, dass die Klausel auch den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erfasst. Ohne Arbeitsverhältnis hätte er keinen derartigen Anspruch.

40

Unbeschadet des grundsätzlichen Vorrangs einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel vor einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung, bringt § 14 Abs. 1 Arbeitsvertrag unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Klausel unabhängig von der einzelvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag auf arbeitsvertraglicher Ebene Geltung beansprucht.

41

Durch Auslegung ist weiter zu ermitteln, welche Bedeutung dem Begriff „Fälligkeit“ nach der Klausel zukommt. Davon geht im Ansatz auch das Landesarbeitsgericht aus, wenn es von einer „Auslegung des Begriffs der Fälligkeit im Sinne der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist“ spricht. Allerdings gewinnt das Landesarbeitsgericht anschließend sein „Auslegungsergebnis“ aus § 307 BGB und „maßgeblichen Grundgedanken des Verjährungsrechts“. Damit vermischt es aber gleichsam die Ebenen: Es ist zunächst nach den für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entwickelten Grundsätzen zu klären, was „Fälligkeit“ in § 14 Arbeitsvertrag meint und dann in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der durch Auslegung gewonnene Inhalt der Klausel den Anforderungen des § 307 BGB genügt.

42

Unter der Überschrift „Vergütung“ ist in § 6 Arbeitsvertrag auch deren Fälligkeit geregelt(zum 21. Kalendertag des folgenden Monats). Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass § 14 Arbeitsvertrag für gesetzlich begründete Ansprüche von einem anderen Fälligkeitszeitpunkt ausgeht. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit der Überlassung entsteht und zu dem in § 6 Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird. Weiterhin fehlt jeglicher Anhaltspunkt, Fälligkeit im Sinne der Klausel würde die Kenntnis des Leiharbeitnehmers von dem Anspruch und der für die Bezifferung maßgeblichen Tatsachen voraussetzen.

43

b) Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden.

44

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Dies setzt objektiv eine ungewöhnliche Klausel voraus, mit der der Arbeitnehmer subjektiv nicht zu rechnen brauchte (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 16 mwN).

45

bb) Gemessen an diesen Anforderungen ist eine arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB.

46

Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben (BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 3 Gründe mwN, BAGE 115, 19). Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit „Ausschlussfristen“ überschriebenen eigenen Parapraphen enthalten, der zudem durch Fettdruck hervorgehoben ist.

47

c) Die Klausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

48

aa) Für eine den Inhalt des Entgeltanspruchs regelnde Allgemeine Geschäftsbedingung wie die zur Pauschalabgeltung von Überstunden verlangt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung, der Arbeitnehmer müsse bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Für eine die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Entgeltanspruchs - und damit zugleich dessen Untergang (zur rechtsvernichtenden Wirkung der Ausschlussfrist: BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 29, BAGE 116, 66) - regelnde Klausel gelten keine geringeren Anforderungen. Auch hier muss der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen können, was „auf ihn zukommt“: Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge der Arbeitnehmer zu gewärtigen (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 26, BAGE 115, 372) und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern.

49

bb) Diesen Anforderungen genügt § 14 Arbeitsvertrag. Der Arbeitnehmer kann ersehen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, „ausgeschlossen“ sind bzw. „verfallen“ (also - untechnisch - in Wegfall geraten), wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen in der in der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden.

50

d) Jedenfalls die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

51

aa) Der Senat hat im Jahre 2005 entschieden, dass eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, die die schriftliche Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von nicht weniger als drei Monaten ab Fälligkeit verlangt, den Arbeitnehmer nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligt (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66). Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich in Kraft getretenen § 9 Satz 3 AEntG und des § 8 Abs. 3 Satz 3 MiArbG fest. Diese Rechtsprechung hat im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. nur ErfK/Preis 13. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 46; HWK/Gotthardt 5. Aufl. Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 10 - jeweils mwN; Kortstock NZA 2010, 311) und in der Praxis Rechtssicherheit geschaffen.

52

bb) Eine Ausschlussfrist muss dem Gläubiger aber eine faire Chance lassen, seine Ansprüche durchzusetzen (BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 30, BAGE 116, 66). Um zu gewährleisten, dass der Leiharbeitnehmer den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt auch dann fristwahrend geltend machen kann, wenn er die Höhe des vergleichbaren Stammarbeitnehmern des Entleihers gewährten Arbeitsentgelts (noch) nicht im Einzelnen kennt, muss die erste Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung im Leiharbeitsverhältnis es zulassen, dass eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG „dem Grunde nach“ ausreicht.

53

Das ist bei der streitgegenständlichen Klausel der Fall. In ihr ist nur von schriftlicher Geltendmachung, aber nicht davon die Rede, dass diese konkret beziffert sein müsse. Für den vergleichbaren Fall der Geltendmachung von Annahmeverzugsvergütung nach einer Arbeitgeberkündigung hat das Bundesarbeitsgericht für die schriftliche Geltendmachung seit jeher die Erhebung der Kündigungsschutzklage ausreichen lassen (st. Rspr. seit BAG 10. April 1963 - 4 AZR 95/62 - BAGE 14, 156; siehe auch BAG 19. September 2012 - 5 AZR 924/11 - Rn. 18). In dieser Auslegung bleibt der Zweck der ersten Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung gewahrt. Der Arbeitgeber erhält zeitnah Gewissheit, ob der Leiharbeitnehmer den (versuchten) Ausschluss des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG hinnimmt oder sich ein vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährtes Entgelt vorbehält. Der Leiharbeitnehmer erhält eine angemessene Überlegungsfrist und kann sich - auch wenn er die Entgeltregelung für Stammarbeitnehmer im Entleiherbetrieb noch nicht im Einzelnen kennt - durch schriftliche Geltendmachung „dem Grunde nach“ für jede Überlassung den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt sichern.

54

e) Ob die zweite Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung, gegebenenfalls in der Auslegung, dass bis zur rechtskräftigen Feststellung der als Vorfrage für den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt maßgebenden fehlenden Tariffähigkeit einer Koalition eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zur gerichtlichen Geltendmachung ausreicht, den Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB genügt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn die Unwirksamkeit der zweiten Stufe würde nach dem sog. blue-pencil-Test die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorliegenden nicht berühren (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 37; 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 26 ff. mwN).

55

3. Die Klägerin hat die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Arbeitsvertrag nicht eingehalten. Sie hat den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erstmals mit der der Beklagten am 11. März 2011 zugestellten Klage geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG für den gesamten Streitzeitraum bereits untergegangen.

56

Dem Verfall steht § 14 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag nicht entgegen. Danach gilt Satz 1 nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Ein solcher ist der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nicht. § 10 Abs. 4 AÜG begründet nicht bloß ein Verhaltensgebot für den Entleiher mit das Vermögen des Leiharbeitnehmers drittschützender Wirkung. Die Norm regelt vielmehr die arbeitsvertragliche Sonderbeziehung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer und begründet selbst einen gesetzlichen Entgeltanspruch. § 10 Abs. 4 AÜG ist deshalb kein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB(vgl. BAG 25. April 2001 - 5 AZR 368/99 - zu B II 1 b aa der Gründe, BAGE 97, 350; Palandt/Sprau 72. Aufl. § 823 BGB Rn. 56). Auch die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Nr. 7a AÜG ist kein Schutzgesetz, denn die dort als Ordnungswidrigkeit eingestufte Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung wird im Verhältnis zum Leiharbeitnehmer über den gesetzlichen Entgeltanspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG gesichert.

57

C. Die Klägerin hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Busch    

        

    A. Christen    

                 

(1) Unwirksam sind:

1.
Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat; der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wird nicht unwirksam, wenn der Leiharbeitnehmer schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so beginnt die Frist mit Eintritt der Unwirksamkeit,
1a.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn entgegen § 1 Absatz 1 Satz 5 und 6 die Arbeitnehmerüberlassung nicht ausdrücklich als solche bezeichnet und die Person des Leiharbeitnehmers nicht konkretisiert worden ist, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
1b.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern mit dem Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Absatz 1b, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
2.
Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer schlechtere als die ihm nach § 8 zustehenden Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen,
2a.
Vereinbarungen, die den Zugang des Leiharbeitnehmers zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten im Unternehmen des Entleihers entgegen § 13b beschränken,
3.
Vereinbarungen, die dem Entleiher untersagen, den Leiharbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeitsverhältnis zum Verleiher nicht mehr besteht; dies schließt die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung zwischen Verleiher und Entleiher für die nach vorangegangenem Verleih oder mittels vorangegangenem Verleih erfolgte Vermittlung nicht aus,
4.
Vereinbarungen, die dem Leiharbeitnehmer untersagen, mit dem Entleiher zu einem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nicht mehr besteht, ein Arbeitsverhältnis einzugehen,
5.
Vereinbarungen, nach denen der Leiharbeitnehmer eine Vermittlungsvergütung an den Verleiher zu zahlen hat.

(2) Die Erklärung nach Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 1b (Festhaltenserklärung) ist nur wirksam, wenn

1.
der Leiharbeitnehmer diese vor ihrer Abgabe persönlich in einer Agentur für Arbeit vorlegt,
2.
die Agentur für Arbeit die abzugebende Erklärung mit dem Datum des Tages der Vorlage und dem Hinweis versieht, dass sie die Identität des Leiharbeitnehmers festgestellt hat, und
3.
die Erklärung spätestens am dritten Tag nach der Vorlage in der Agentur für Arbeit dem Ver- oder Entleiher zugeht.

(3) Eine vor Beginn einer Frist nach Absatz 1 Nummer 1 bis 1b abgegebene Festhaltenserklärung ist unwirksam. Wird die Überlassung nach der Festhaltenserklärung fortgeführt, gilt Absatz 1 Nummer 1 bis 1b. Eine erneute Festhaltenserklärung ist unwirksam. § 28e Absatz 2 Satz 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt unbeschadet der Festhaltenserklärung.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die im Betrieb anwendbaren Tarifverträge sowie rechtskräftige Beschlüsse nach § 99 des Arbeitsgerichtsgesetzes über den nach § 4a Absatz 2 Satz 2 anwendbaren Tarifvertrag im Betrieb bekanntzumachen.

Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Der Vorstand hat dem Amtsgericht auf dessen Verlangen jederzeit eine schriftliche Bescheinigung über die Zahl der Vereinsmitglieder einzureichen.