Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 07. Mai 2014 - L 4 KR 1024/13

bei uns veröffentlicht am07.05.2014

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 17. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger aufgrund seiner Tätigkeit bei der zu 2) beigeladenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ab 20. Oktober 2009 der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt und vom 20. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2010 auch der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung unterlag.
Gegenstand des Unternehmens der 1993 gegründeten Beigeladenen zu 2) ist der Erwerb, die Entwicklung und der Vertrieb von Soft- und Hardware sowie Schulungen und die Erstellung von Unterlagen hierzu. Das Stammkapital der Beigeladenen zu 2) belief sich damals auf DM 50.100,00, wovon bei Gründung bis zum 31. Dezember 1995 der 1964 geborene Kläger, der 1947 geborene Diplomingenieur R. B. (im Folgenden R.B.) und der 1948 geborene Stahlbautechniker L. A. (im Folgenden L.A.) jeweils DM 16.700,00 übernahmen (Gesellschaftsvertrag vom 18. Februar 1993). Im Dezember 1995 wurde das Stammkapital auf DM 70.000,00 erhöht. Hiervon übernahmen R.B., L.A. und der neu aufgenommene weitere Gesellschafter, der 1967 geborene Diplominformatiker M. W. (im Folgenden M.W.), jeweils DM 16.800,00 und der Kläger DM 19.600,00 (Gesellschafterliste vom 7. Dezember 1995). Mit Geschäftsanteilsübertragungsvertrag vom 5. Mai 1999 verkauften und übertrugen R.B. und L.A. ihre Geschäftsanteile im Nennbetrag von jeweils DM 16.800,00 an den Kläger, der nunmehr über 76 v.H. des Stammkapitals verfügte. Mit Gesellschafterbeschluss vom 2. Juli 2003 wurden die Geschäftsanteile des Klägers zu einem Geschäftsanteil von DM 53.200,00 zusammengelegt. Mit notariellem Kaufvertrag vom gleichen Tag verkaufte und übertrug der Kläger an M.W. von seinem Geschäftsanteil im Nennbetrag von DM 53.200,00 einen Teilgeschäftsanteil von DM 18.200,00. Hiermit verfügten beide Gesellschafter über jeweils 50 v.H. des Stammkapitals von DM 70.000,00. Außerdem beschlossen der Kläger und M.W. die Umstellung des Stammkapitals der Gesellschaft auf Euro und die Aufstockung des Stammkapitals auf EUR 36.000,00. Der Kläger und M.W. übernahmen jeweils EUR 18.000,00. Nach Angaben des Klägers ohne Änderung des Gesellschaftsvertrags übernahm er im Jahr 2005 die Gesellschaftsanteile des M.W., der aus der Gesellschaft ausschied. Im Jahr 2006 erfolgte eine Erhöhung des Stammkapitals der Beigeladenen zu 2) auf EUR 61.000,00. Alleiniger Gesellschafter war nunmehr der Kläger (Gesellschafterliste vom 22. Mai 2006).
Gemäß § 8 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags vom 18. Februar 1993 wurde der Kläger, der an der Berufsakademie erfolgreich Betriebswirtschaft und Informatik studiert und bereits während des Studiums die Firma M. Software gegründet hatte, zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt. Mit Gesellschafterbeschluss vom 10. Februar 1998 wurde M.W. zum weiteren alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt. Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem Jahr 2009 wurde M.W. abberufen.
Am 1. April 1993 schlossen die Beigeladene zu 2) und der Kläger einen auf unbestimmte Zeit geschlossenen Geschäftsführervertrag, am 4. April 1997 einen überarbeiteten Anstellungsvertrag. Nach dem überarbeiteten Vertrag ist der Kläger verpflichtet, die satzungsmäßigen Aufgaben der Gesellschaft zu erfüllen. Er vertritt die Gesellschaft allein nach Maßgabe von Gesetz und Satzung. Einwilligungsbedürftig sind Erwerb, Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, die Inanspruchnahme von Krediten, Wechselverbindlichkeiten und Bürgschaftsverpflichtungen von mehr als DM 100.00,00 sowie die Errichtung von Zweigniederlassungen, der Erwerb anderer Unternehmen, Beteiligung an solchen und die Aufgabe von Zweigniederlassungen oder Beteiligungen. Der Kläger ist von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit. Er ist nicht an bestimmte Arbeitszeiten gebunden. Seine Wochenarbeitszeit beträgt 40 Stunden, Mehrarbeit sowie die Tätigkeit an Sonn- und Feiertagen wird als Überstunden vergütet (§ 1). Als Vergütung für seine Tätigkeit erhält der Kläger ein festes Monatsgehalt in Höhe von DM 8.000,00, zahlbar in 14 Monatsgehältern, das gemäß § 7 jährlich angepasst wird. Außerdem übernimmt die Beigeladene zu 2) die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von bis zu acht Wochen. Des Weiteren erhält der Kläger eine Tantieme in Höhe von 30 v.H. des tantiemepflichtigen Gewinns (§ 5). Die Beigeladene zu 2) stellt ihm einen Dienstwagen. Zeichnet der Kläger für die Beigeladene zu 2) eine Bürgschaft, so erhält er mit Ablauf des Monats, in dem er die Bürgschaft leistet, jährlich als Entgelt für seine Bürgschaftsleistung den Betrag, der sich ergibt, wenn die Bürgschaftssumme mit dem Prozentsatz, den die Bank als Avalprovision für eine solche Bürgschaft berechnen würde, vervielfacht wird (§ 6). Nach § 2 des Vertrags kann der Anstellungsvertrag von der Beigeladenen zu 2) nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes mit der Frist von sechs Wochen zum Quartalsende, vom Kläger unabhängig vom Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund jeweils zum Schluss eines Geschäftsjahres mit der Frist von sechs Monaten gekündigt werden. Nach seinen Angaben im Feststellungsbogen vom 29. September 2010 belief sich die monatliche Vergütung des privat krankenversicherten Klägers auf EUR 6.500,00 monatlich.
Im Jahr 2009 geriet die Beigeladene zu 2) in finanzielle Schwierigkeiten. Die Hausbanken verweigerten weitere Kredite. Deshalb verkaufte und übertrug der Kläger am 7. April 2009, nachdem er seinen Geschäftsanteil von EUR 61.000,00 in Geschäftsanteile von EUR 11.000,00 und von EUR 50.000,00 geteilt hatte, seinen Geschäftsanteil von EUR 11.000,00 an die 1986 gegründete, in N.-A. ansässige ICS I. A. I.-S. (im Folgenden ICS), bei der es sich um einen von drei Vertriebspartnern der Beigeladenen zu 2), die im Bereich der Lager- und Produktionslogistik tätig sind, handelt und an der der Kläger nicht beteiligt ist (Geschäftsanteils-Kauf-/Übertragungsvertrag vom 7. April 2009). Mit Gesellschafterbeschluss vom 8. Mai 2009 erhöhte die Beigeladene zu 2) ihr Stammkapital auf EUR 100.000,00, wobei die ICS den neuen Geschäftsanteil in Höhe von EUR 39.000,00 übernahm, und fasste außerdem einen neuen Gesellschaftsvertrag. Nach dessen § 6 wird die Gesellschaft durch einen Geschäftsführer allein vertreten, wenn er alleiniger Geschäftsführer ist, oder wenn die Gesellschafter ihn zur Alleinvertretung ermächtigt haben. Im Übrigen wird die Gesellschaft gemeinschaftlich durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer gemeinschaftlich mit einem Prokuristen vertreten. Die Geschäftsführer können von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werden. Die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung sowie die Ausgestaltung und Änderung von Anstellungsverträgen mit Geschäftsführern erfolgt durch die Gesellschafterversammlung mit 75 v.H. der abgegebenen Stimmen. Die Geschäftsführer sind zur Beachtung der Gesetze, dieser Satzung und der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verpflichtet. Sie bedürfen zu Handlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen, der vorherigen Zustimmung durch Gesellschafterbeschluss; dies gilt insbesondere für:
a) die Gründung, den Erwerb oder die Veräußerung von Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen;
b) die Veräußerung oder Stilllegung des Betriebs oder eines Betriebsteils; die Aufgabe eines wesentlichen Tätigkeitsbereichs;
c) den Erwerb, die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie die Verpflichtung zur Vornahme solcher Rechtsgeschäfte;
d) bauliche Maßnahmen und Anschaffungen von Sachmitteln aller Art, soweit die hierfür erforderlichen Aufwendungen im Einzelfall einen Betrag von EUR 20.000,00 übersteigen;
e) die Eingehung von Bürgschafts- und Wechselverbindlichkeiten;
f) die Erteilung oder den Widerruf von Prokura und Handlungsvollmacht;
g) den Abschluss von Verträgen und Vereinbarungen jeder Art mit Gesellschaftern, deren Angehörigen oder diesen nahestehenden Unternehmen;
h) Abschluss, Änderung, Kündigung und Aufhebung von Anstellungsverträgen, die ein festes Jahresgehalt von mehr als EUR 48.000,00 beinhalten;
i) die Zusage von Altersversorgungen;
j) einen jährlich am Jahresanfang aufzustellenden Investitions- und Finanzplan;
k) Investitionen und Kreditaufnahmen, die den Investitions- und Finanzplan übersteigen;
l) alle sonstigen Maßnahmen, die durch die Gesellschafterversammlung oder eine von ihr beschlossene Geschäftsordnung für zustimmungspflichtig erklärt werden.
Gemäß § 7 des Gesellschaftervertrags werden die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung soweit das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorschreiben, mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Je EUR 1,00 eines Geschäftsanteils gewährt eine Stimme (Abs. 6). Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn 100 v.H. des Stammkapitals anwesend oder vertreten sind. Ist eine Versammlung nicht beschlussfähig, so ist eine neue Gesellschafterversammlung mit derselben Tagungsordnung mit einer Frist von einer Woche einzuberufen, die ohne Rücksicht auf die Höhe des anwesenden oder vertretenen Stammkapitals beschlussfähig ist (Abs. 3). Der Jahresabschluss und der Lagebericht sind nach § 8 des Gesellschaftsvertrags innerhalb der gesetzlichen Fristen von den Geschäftsführern aufzustellen und der Gesellschafterversammlung unverzüglich zum Zwecke der Feststellung vorzulegen. Die Gesellschafterversammlung stellt den Jahresabschluss fest und beschließt die Gewinnverwendung. Jedem Gesellschafter und Geschäftsführer kann gemäß § 14 des Gesellschaftsvertrags durch Gesellschafterbeschluss Befreiung vom Wettbewerbsverbot erteilt werden. Mit Gesellschaftsvertrag vom 24. Juni 2009 wurde das Stammkapital der Beigeladenen zu 2) auf EUR 150.000,00 erhöht, den weiteren Geschäftsanteil von EUR 50.00,00 übernahm die ICS, die nunmehr über 66,66 v.H. und der Kläger über 33,33 v.H. der Geschäftsanteile verfügt. Außerdem wurde § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vom 8. Mai 2009 dahingehend geändert, dass die Bestellung der Geschäftsführer sowie die Ausgestaltung und Änderung von Anstellungsverträgen mit Geschäftsführern durch die Gesellschafterversammlung mit 66 v.H. aller Stimmen der Gesellschafter erfolgt. Die Abberufung der Geschäftsführer bedarf einer Mehrheit von 75 v.H. aller Stimmen. Mit Gesellschafterbeschluss vom 24. Juni 2009 stellten die Gesellschafter klar, dass der Kläger weiterhin von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist. Mit Gesellschafterbeschluss vom 20. August 2010 erfolgte eine Änderung des Geschäftsjahres und damit eine Änderung des § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags. Im ebenfalls am 20. August 2010 gefassten Gesellschaftsvertrag wurde dies umgesetzt.
Am 26. November 2010 schlossen die Beigeladene zu 2) und der Kläger einen auf unbestimmte Zeit geschlossenen überarbeiteten Dienstvertrag ab 1. Dezember 2010. Nach dessen § 2 hat der Kläger alle Geschäfte der Beigeladenen zu 2) mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze, des Gesellschaftervertrags und der Gesellschafterbeschlüsse durchzuführen. Ihm obliegt die Leitung des Betriebs. Er vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Ihm steht Einzelvertretungs- und Einzelgeschäftsführungsbefugnis zu. Er ist vom Selbstkontraktionsverbot gemäß § 181 BGB befreit. Die Beigeladene zu 2) kann weitere Geschäftsführer bestellen. In diesem Fall ist der Kläger weiterhin einzelvertretungs- und einzelgeschäftsführungsbefugt. Er hat nach § 3 seine Arbeitskraft voll und ganz der Beigeladenen zu 2) zur Verfügung zu stellen. Die Arbeitszeit richtet sich nach den betrieblichen Erfordernissen und ist von ihm in diesem Rahmen frei und eigenverantwortlich zu gestalten. Nach § 4 erhält der Kläger für seine Tätigkeit ein festes Monatsgehalt von EUR 6.000,00. Es ist zwölfmal jährlich am Ende eines jeden Monats unter Einbehaltung der gesetzlichen Abzüge auf ein von ihm zu benennendes Bankkonto zu überweisen. Außerdem erhält er eine jährliche erfolgsabhängige Tantieme, deren Höhe sich aus dem gesonderten Schreiben zu diesem Vertrag ergibt. Die Tantieme ist mit Feststellung des Jahresabschlusses der Beigeladenen zu 2) fällig und kommt mit der auf diesen Termin nächstfolgenden Gehaltsabrechnung zur Auszahlung. Die Beigeladene zu 2) stellt dem Kläger für seine Tätigkeit einen Dienstwagen zur Verfügung. Die für die Fahrzeughaltung und -nutzung anfallenden Kosten werden durch die Beigeladene zu 2) getragen. Mit der monatlichen Vergütung sind sämtliche Überstunden abgegolten. Eine zusätzliche Vergütung erfolgt nicht. Nach § 5 wird bei unverschuldeter Verhinderung, insbesondere bei Krankheit, die Vergütung höchstens für drei Monate unter Anrechnung entsprechender Leistungen Dritter fortgezahlt. Der Kläger erhält einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. Er ist in Abstimmung mit den Bedürfnissen der Beigeladenen zu 2) zu nehmen (§ 6). Nach § 9 kann der Vertrag zum Schluss eines Kalenderjahres mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden. Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund bleibt davon unberührt. Der Kläger hat die Geschäfte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters zu führen. Die Beigeladene zu 2) ist verpflichtet, durch die Gesellschafterversammlung jährlich, spätestens zum Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses, einen Beschluss über eine Entlastung des Klägers für die vorangegangene Tätigkeit herbeizuführen (§ 10).
Nach dem Ausscheiden des M.W. hatte die Beigeladene zu 2), die zwischenzeitlich über 16 bis 17 Mitarbeiter verfügte, nur noch vier Mitarbeiter. Im Jahr 2013 hatte sie nach den Angaben des Klägers einschließlich des Klägers selbst wieder sieben Mitarbeiter, fünf Programmierer und zwei Auszubildende.
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Im September 2010 beantragte der Kläger bei der beklagten Krankenkasse die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH im Rahmen eines Anfrageverfahrens gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) vom 29. September 2010 gab er an, dass er und die ICS Gesellschafter der Beigeladenen zu 2) seien. Er trage EUR 50.000,00, die ICS EUR 100.000,00 der Stammeinlagen. Vor der Kapitalerhöhung habe er 100 v.H. der Geschäftsanteile getragen. Das Stimmrecht werde mit einfacher Mehrheit ausgeübt, bei einem Geschäftsführerwechsel seien mindestens 75 v.H. erforderlich. Das Stimmrecht werde nicht auf Grund einer vertraglichen Verpflichtung (Treuhandvertrag) zu Gunsten eines Dritten ausgeübt. Er könne doch Sonderrechte Gesellschafterbeschlüsse herbeiführen oder verhindern. Er habe der Beigeladenen zu 2) eine Bürgschaft in Höhe von EUR 125.000,00 gewährt. Er vertrete die Beigeladene zu 2) im gesamten Geschäftsbereich nach außen alleine, sei vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit und verfüge als einziger Geschäftsführer/Gesellschafter über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse. Die Frage, ob seine Tätigkeit - auf Grund von familienhaften Rücksichtnahmen - durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zu anderen Gesellschaftern geprägt sei, verneinte er. Seine tatsächliche durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 50 Stunden. Er unterliege weder hinsichtlich der Zeit, des Ortes noch der Art der Beschäftigung einem Weisungsrecht der Beigeladenen zu 2). Er könne seine Tätigkeit in der Beigeladenen zu 2) frei bestimmen und gestalten. Die Gestaltung seiner Tätigkeit sei von den betrieblichen Erfordernissen, insbesondere von seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen zum Wohle und Gedeihen des Unternehmens abhängig. Er könne selbstständig Personal einstellen und/oder entlassen. Urlaub müsse er sich nicht genehmigen lassen. Seine Abberufung/Kündigung sei nur aus wichtigem Grund möglich (75 v.H. der Stimmen). Als Kündigungsfrist seien sechs Wochen zum Quartalsende vereinbart. Er erhalte eine monatliche Vergütung in Höhe von EUR 6.500,00. Im Falle einer Arbeitsunfähigkeit werde die Vergütung für acht Wochen weitergewährt. Die Verbuchung der Vergütung erfolge als Lohn/Gehalt, von der Vergütung werde Lohnsteuer entrichtet. Auf der Basis des Steuerbilanzgewinns sei er am Gewinn beteiligt.
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Mit Bescheid vom 7. Januar 2011 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seit dem 20. Oktober 2009 als Arbeitnehmer der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung unterliege. Er sei seit diesem Zeitpunkt nicht mehr alleiniger Gesellschafter der Beigeladenen zu 2) und besitze aktuell ein Drittel der Stammeinlagen. Die Beschlüsse innerhalb der Beigeladenen zu 2) würden mit einfacher Mehrheit gefasst. Somit könne er auf Grund seines Stimmrechts keinen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Beigeladenen zu 2) nehmen. Die Tatsache, dass für eine Abberufung von Geschäftsführern eine Mehrheit von 75 v.H. der Stimmen notwendig sei, stelle kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit dar. Seine alleinigen Branchen- und Fachkenntnisse, die er im Rahmen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für die Abwicklung der Geschäftsvorgänge benötige, begründeten keine selbstständige, unternehmerische Tätigkeit.
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Der Kläger erhob Widerspruch. Er trug vor, gegen die Einschätzung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche, dass er einzelvertretungs- und einzelgeschäftsführungsbefugter und alleiniger, vom Verbot des Selbstkontrahierens gemäß § 181 BGB befreiter Geschäftsführer sei, er als einziger Gesellschafter über die notwendigen Branchenkenntnis im Telematikmarkt, die zur Führung des Betriebs notwendig sei, verfüge, er frei sei hinsichtlich der Zeit, Dauer und Ort der Erbringung seiner Arbeitsleistung, er die vertraglich vereinbarten Urlaubstage noch nie in vollem Umfang genommen habe, die Wochenarbeitszeit ohne Bezahlung von Überstunden bei 60 bis 70 Stunden liege, die Personalauswahl und Mitarbeiterführung vollkommen in seinem Verantwortungsbereich liege und die Beteiligung der ICS von Anfang an als 50/50 Partnerschaft geplant gewesen sei. Die Kapitalerhöhung sei notwendig gewesen, um den Verlust in 2009 auszugleichen und die Liquidität zu sichern. Als Gesellschafter habe er das Recht, diese Kapitalerhöhung nachzuziehen, was im Moment nur auf Grund des privat fehlenden Kapitals nicht möglich sei. An den Aufgaben, Inhalten oder der Art und Weise der Geschäftsführertätigkeit habe sich seit der Beteiligung und auch seit der Kapitalerhöhung nichts verändert, er entscheide im Tagesgeschäft vollkommen frei und unabhängig. Ein wesentlicher Teil der Vergütung sei über Tantieme geregelt und damit vom Erfolg des Unternehmens abhängig. Ein wichtiger Punkt sei auch, dass er durch selbstschuldnerische Bürgschaften in voller Dispokredithöhe bei beiden Hausbanken alleine das volle Unternehmerrisiko trage. Im Gegensatz dazu hafte die ICS nur mit ihrer Kapitaleinlage. Der Kläger fügte die von ihm übernommene selbstschuldnerische Bürgschaft der V.-bank B.-G. eG gegenüber in Höhe von EUR 122.000,00 (Bürgschaftsvertrag ohne Datum) und die Bürgschaft gegenüber der Kreissparkasse Heilbronn zur Sicherung aller bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen des Kreditinstituts gegenüber der Beigeladenen zu 2) vom 9. Dezember 2010 bei.
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Mit Schreiben vom 2. März 2011 wandte sich die Beklagte an den zu 4) beigeladenen Rentenversicherungsträger zwecks Stellungnahme zur versicherungsrechtlichen Situation des Klägers. Diese teilte der Beklagten mit Schreiben vom 11. April 2011 mit, dass sie mit der im Bescheid vom 7. Januar 2011 getroffenen versicherungsrechtlichen Beurteilung übereinstimme. Die Tätigkeit des Klägers weise teilweise Eigenschaften einer selbstständigen Tätigkeit, andererseits aber auch wesentliche Kriterien einer abhängigen Beschäftigung auf. Infolge seiner Kapitalbeteiligung ab 20. Oktober 2009 könne er keinen ausschlaggebenden Einfluss mehr auf die Entscheidungen der Beigeladenen zu 2 ) ausüben. Beschlüsse würden mit einfacher Mehrheit entschieden, so dass der Kläger keine für ihn unangenehmen Entscheidungen der anderen Gesellschafter verhindern könne. Die Bestellung des Geschäftsführers sowie die Ausgestaltung und Änderung von Anstellungsverträgen mit Geschäftsführern erfolge mit 66 v.H. aller Stimmen. Lediglich die Abberufung des Geschäftsführers bedürfe einer Mehrheit von 75 v.H. aller Stimmen. Der Kläger verfüge auch über keine Sonderrechte, durch die er Gesellschafterbeschlüsse herbeiführen oder verhindern könne. Allein aus der weisungsfreien Ausführung einer fremdbestimmten Arbeit könne nicht auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden, da der Kläger - selbst bei Belassung großer Freiheiten - der Überwachung durch die anderen Gesellschafter unterliege. Dies gelte auch dann, wenn die ICS von ihrer Überwachungsbefugnis regelmäßig wenig bzw. keinen Gebrauch mache. Der Kläger beziehe ein festes, regelmäßiges Gehalt, von dem Lohnsteuer abgeführt und welches als Betriebsausgabe verbucht werde, unabhängig von der Ertragslage des Unternehmens. Die monatliche Vergütung von EUR 6.500,00 stelle einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit dar. Für die von ihm der Beigeladenen zu 2) gegenüber übernommenen Bürgschaften erhalte der Kläger als Nebenleistung jährlich ein bestimmtes Entgelt. Der Kläger habe auch seine Arbeitskraft und seine gesamten Kenntnisse und Erfahrungen der Beigeladenen zu 2) zur Verfügung zu stellen. Sein Dienstverhältnis könne von der Beigeladenen zu 2) bei Vorliegen eines wichtigen Grundes mit einer Frist von sechs Wochen zum Quartalsende gekündigt werden. Im Falle der Erkrankung würden die Bezüge weitergezahlt. Diese wichtigen Indizien sprächen alle für eine abhängige Beschäftigung.
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Unter dem 2. und 13. Mai 2011 unterrichtete die Beklagte den Kläger, dass seine Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung zum 31. Dezember 2010 geendet habe, da er mit einer monatlichen Vergütung in Höhe von EUR 6.500,00 die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreite.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2011 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss, an dessen Sitzung der Kläger teilnahm, den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass sich aus dem Anstellungsvertrag vom 4. April 1997, der bis auf die Höhe der Bezüge noch Gültigkeit habe, für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis typische Regelungen ergäben. Dienstort sei der Sitz der Beigeladenen zu 2). Aufgabe des Klägers sei die Führung der Geschäfte der Beigeladenen zu 2). Der Kläger habe die jeweils durch die Gesellschafter ergehenden Richtlinien und Weisungen zu beachten und bedürfe der vorherigen Zustimmung der Gesellschafter für alle Handlungen außerhalb des normalen Geschäftsablaufs. Es werde eine feste Vergütung bezahlt, darüber hinaus bestünden eventuell Ansprüche auf Bonuszahlungen. Es werde ein Dienstwagen gestellt. Im Krankheitsfall bestehe ein Anspruch auf Gehaltsfortzahlung, der Anstellungsvertrag könne gekündigt werden. Darüber hinaus ergäben sich aus dem Gesellschaftsvertrag und dem Feststellungsbogen, dass die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit der Stimmen gefasst würden. Nur die Bestellung der Geschäftsführer sowie die Ausgestaltung und Änderung von Anstellungsverträgen von Geschäftsführern erfolge mit 66 v.H. aller Stimmen der Gesellschafter. Durch seine Kapitalbeteiligung von 33,3 v.H. am Gesellschaftskapital habe der Kläger keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Beigeladenen zu 2) und auch nicht auf sein persönliches Beschäftigungsverhältnis. Die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB sei bei Geschäftsführern von GmbH’s üblich und stelle in der Gesamtschau lediglich ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit dar. Die alleinigen Branchenkenntnisse als Gesellschafter/Geschäftsführer begründeten keine unternehmerische Tätigkeit. Dass die Partnerschaft darauf ausgelegt sei, eine Beteiligung von 50 zu 50 zu erreichen, ändere nichts daran, dass derzeit die Verteilung der Gesellschaftsanteile im Verhältnis von einem Drittel zu zwei Drittel bestehe. Dies bedeute, nachdem Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst würden, dass der Kläger mit seinem Stimmenanteil keine Entscheidungen herbeiführen oder verhindern könne. Grundsätzlich sei der Kläger an die Vorgaben und Weisungen der Gesellschafter gebunden und daher nicht vollkommen weisungsfrei tätig. Auch wenn das Weisungsrecht nicht tatsächlich wahrgenommen werde und seither den Vorschlägen des Klägers zugestimmt worden sei, bestehe jederzeit die Möglichkeit, dass hiervon Gebrauch gemacht werde bzw. die Möglichkeit, dass seine Vorschläge nicht akzeptiert würden. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass er seine Aufgaben im Wesentlichen frei gestalten könne. Dies ergebe sich, wie bei Diensten höherer Art üblich, dadurch, dass anstelle der Weisungsgebundenheit die funktionsgerechte Teilhabe am Arbeitsprozess trete. Dass darüber hinaus noch Bonuszahlungen bei erfolgreicher Tätigkeit anfallen könnten, sei ebenfalls kein Indiz für ein Unternehmerrisiko, sondern gerade bei leitenden Angestellten durchaus üblich. Der Umstand, dass zwei selbstschuldnerische Bürgschaften für die Beigeladene zu 2) übernommen worden seien, sei arbeitnehmeruntypisch. Die Gewährung eines Darlehens vom Arbeitnehmer an den Arbeitgeber sei jedoch nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Durch die in § 6 Nr. 4 des Anstellungsvertrags festgelegte Regelung sei das Unternehmerrisiko begrenzt. Sozialversicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bestehe vom 20. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2010. Ab 1. Januar 2011 bestehe nur noch Versicherungspflicht zur Rentenversicherung und zur Beigeladenen zu 1), da das Einkommen des Klägers über der Versicherungspflichtgrenze in der Krankenversicherung liege.
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Der Kläger erhob am 8. Juli 2011 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG). Er trug vor, die einzige Änderung, die am 20. Oktober 2009 eingetreten sei, sei die gesellschaftsrechtliche Beteiligung der ICS. An seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) habe sich nichts geändert. Zwar sei durch die Veränderung der Mehrheitsverhältnisse in den Gesellschaftsanteilen grundsätzlich eine Weisung der Gesellschafter direkt an ihn möglich, jedoch bestehe dies in der praktischen Ausführung nicht. Die allein theoretische Möglichkeit, dass die Gesellschafterversammlung ihn überstimme und er somit an diese Beschlüsse gebunden sei, reiche nicht aus, um seine Selbstständigkeit zu verneinen. Er und die ICS würden sich zusammen beraten, das gemeinsame Vorgehen werde besprochen. Überstimmungen fänden nicht statt, da er, der Kläger, näher am tagtäglichen Geschäft sei und demgemäß auch die Gesellschafter auf seine Erfahrung und seine Tätigkeit sowie Berichte angewiesen seien und auf seine Führung vertrauten. Die Beigeladene zu 2) sei auch nur beschlussfähig, wenn 100 v.H. des Stammkapitals anwesend seien. Er könne somit auch die Beschlussfähigkeit der Beigeladenen zu 2) wesentlich beeinflussen. Seine Abberufung als Geschäftsführer sei auch ohne seine Mitwirkung nicht möglich, da er mit 33 v.H. beteiligt sei. Durch seine eigene Beteiligung hänge er wesentlich von der Beigeladenen zu 2) ab. Deren Schicksal sei eng mit seinem eigenen wirtschaftlichen Schicksal verknüpft. Es sei völlig untypisch, dass ein Angestellter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft hafte. Sein Unternehmerrisiko liege darin, dass er bei Insolvenz der Beigeladenen zu 2) selbst Privatinsolvenz anmelden müsste, da er sich über seine wirtschaftlichen Möglichkeiten für die Verbindlichkeiten der Beigeladenen zu 2) verbürgt habe.
17 
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die Tätigkeit des Klägers erfülle alle Merkmale eines Beschäftigungsverhältnisses eines leitenden Mitarbeiters. Auch wenn das Weisungsrecht tatsächlich nicht ausgeübt werde, bestehe jederzeit die Möglichkeit, dass hiervon Gebrauch gemacht werde. Ein Unternehmerrisiko des Klägers ergebe sich nicht wegen der von ihm übernommenen Bürgschaft, da sein Risiko durch die entsprechende Vergütung im Anstellungsvertrag sehr begrenzt sei. Aus § 7 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags ergebe sich, dass, wenn die Gesellschafterversammlung nicht beschlussfähig sein sollte, eine erneute Gesellschafterversammlung mit derselben Tagesordnung mit einer Frist von einer Woche einzuberufen sei. Diese sei dann, ohne Rücksicht auf die Höhe des anwesenden oder vertretenen Stammkapitals, beschlussfähig. Somit bestehe die Möglichkeit, sämtliche Beschlüsse, auch gegen den Willen des Klägers zu treffen. Lediglich für die Abberufung des Geschäftsführers seien 75 v.H. des Gesellschaftskapitals erforderlich.
18 
Die durch Beschluss des SG vom 23. Januar 2012 Beigeladenen äußerten sich nicht.
19 
Das SG hörte den Vorstand der ICS R. B. in der mündlichen Verhandlung am 17. Dezember 2012 als Zeugen. Er gab an, die ICS sei nur an der Beigeladenen zu 2) beteiligt, ansonsten halte sie sich zurück. Eine Kapitalerhöhung des Klägers sei jederzeit möglich. Sie, die ICS, habe keinen Einfluss auf die Produkte und Marktaktivitäten der Beigeladenen zu 2). Im Bereich Software habe sie kein Know-how, sie vertreibe nur das Produkt. Von der täglichen Arbeit des Klägers bekomme er im Prinzip nichts mit. Kontakt bestehe insbesondere dann, wenn der Businessplan bzw. das Budget aufgestellt werde. Wenn es dort noch Klärungsbedarf gäbe, frage er nach. Entscheidungen würden einvernehmlich getroffen. Eine Berichtspflicht des Klägers bestehe nicht.
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Mit Urteil vom 17. Dezember 2012 wies das SG die Klage ab. Die Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass der Kläger als Gesellschafter- Geschäftsführer der Beigeladenen zu 2) seit 20. Oktober 2009 als Arbeitnehmer der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung unterliege. Der Kläger verfüge seit dem 20. Oktober 2009 auf Grund seiner Gesellschaftsanteile von nur einem Drittel nicht über einen maßgeblichen beherrschenden Einfluss auf die Entscheidungen der Beigeladenen zu 2). Eine Sperrminorität habe er nicht inne. Durch seinen Vortrag, eine Erhöhung seiner Anteile sei, sobald finanziell möglich, geplant, ändere sich hierdurch nichts. Auch die Tatsache, dass die Gesellschafterversammlung nach § 7 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags nur beschlussfähig sei, wenn 100 v.H. des Stammkapitals, also auch der Kläger, anwesend oder vertreten seien, vermöge keinen maßgebenden Einfluss des Klägers zu begründen. Denn § 7 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags sehe weiter vor, dass im Fall einer nicht beschlussfähigen Versammlung eine neue Gesellschafterversammlung mit derselben Tagesordnung mit einer Frist von einer Woche einzuberufen sei, die ohne Rücksicht auf die Höhe des anwesenden oder vertretenen Stammkapitals beschlussfähig sei. Auf diese Weise wären im Konfliktfall auch Gesellschafterbeschlüsse ohne Mitwirkung des Klägers möglich. Der Anstellungsvertrag des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 2) führe zu keiner anderen Beurteilung. Er enthalte zahlreiche „arbeitnehmertypische“ Regelungen wie ein festes Monatsgehalt, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Regelungen zur Nutzung des Dienstvertrags und zur Kündigung. Die Gewährung einer Tantieme neben der festen Monatsvergütung sei bei der Tätigkeit leitender Angestellter zur Bindung an das Unternehmen nicht unüblich und führe nicht zur Annahme des Vorliegens einer selbstständigen Tätigkeit. Als Geschäftsführer sei der Kläger gemäß § 6 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags darüber hinaus zur Beachtung insbesondere der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verpflichtet. Nach dieser Regelung des Gesellschaftsvertrags bedürfe er für bestimmte Geschäfte auch der vorherigen Zustimmung durch Gesellschafterbeschluss. Die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB und die Weisungsfreiheit bezüglich Zeit, Dauer, Ort und Art der Tätigkeit seien Umstände, die für die Position eines leitenden Angestellten als Arbeitnehmer nicht untypisch seien. An die Stelle eines entsprechenden Weisungsrechts des Arbeitgebers trete in diesen Fällen eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess. Dementsprechend bestimme sich Zeit, Dauer, Ort und Art der Tätigkeit des Klägers je nach den Anforderungen des jeweiligen Arbeitsprozesses und des anfallenden Geschäftsbetriebs. Auch besondere Fach- und Branchenkenntnisse seien im Rahmen der Tätigkeit in leitender Position auch bei Angestellten nichts untypisches und begründeten für sich gesehen nicht das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit verbunden mit dem entsprechenden Unternehmerrisiko. Auch die vom Kläger für die Beigeladene zu 2) übernommenen Bürgschaften änderten hieran nichts. Die Übernahme von Bürgschaften für das jeweilige Unternehmen sei zwar arbeitnehmeruntypisch. Das finanzielle Risiko des Klägers durch die Übernahme der Bürgschaften sei gemäß § 6 Abs. 4 seines Anstellungsvertrags durch ein sogenanntes Bürgschaftsentgelt jedoch deutlich abgemildert. Vor diesem Hintergrund komme der Übernahme der Bürgschaften kein derartiges Gewicht zu, das - unter Berücksichtigung sämtlicher oben genannter für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung sprechender Umstände - zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit des Klägers führen würde.
21 
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 8. Februar 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 7. März 2013 Berufung eingelegt. Er ist weiter der Auffassung, dass er als Selbstständiger und nicht als abhängig Beschäftigter einzustufen sei. Wenn überhaupt keine Einflussnahme der Gesellschafter stattfinde und er als Geschäftsführer nach wie vor in gleicher Weise und mit gleicher Grundlage handeln könne wie vor der Kapitalerhöhung, so bestehe kein Anlass an einer selbstständigen Beschäftigung zu zweifeln. Die Punkte, die das SG aus dem Geschäftsführervertrag für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis als typische Indizien heranziehen wolle, seien typischer Weise in jedem Geschäftsführervertrag enthalten. Auch sein Geschäftsführervertrag habe schon vor der Kapitalerhöhung gegolten, damals habe es keinerlei Anlass gegeben, an seiner Selbstständigkeit zu zweifeln. Der Einstieg eines Investors und damit seine Stellung als Minderheitsgesellschafter bei nach wie vor unveränderter Tätigkeit könne nicht dazu führen, dass er nunmehr als abhängig Beschäftigter einzustufen sei. Zu dem Einstieg der Investoren sei es nur wegen der finanziellen Schwierigkeiten der Beigeladenen zu 2) gekommen. Die Investition habe die Weiterexistenz der Beigeladenen zu 2) ermöglicht. Eine Einflussnahme der ICS sei der Aussage des Zeugen B. entsprechend, praktisch nicht vorhanden. Ihm, dem Kläger, sei es unbenommen, Fremdprodukte, die im direkten Wettbewerb mit der ICS stünden, zu verkaufen und zu vertreiben. Auch dies zeige, dass eine Beschränkung und damit Weisungsgebundenheit in seiner Tätigkeit nicht vorhanden sei. Die ICS sehe die Beteiligung als Investment an und nicht als Möglichkeit der Einflussnahme auf ihn. Ohne seine fachspezifischen Kenntnisse wäre die Beigeladene zu 2) ohnehin nicht lebensfähig. Die Beigeladene zu 2) bewege sich als kleines Software-Unternehmen in einem ganz speziellen Marktsegment, sie habe sich auf die Nische mobiler Sonderlösungen für mittlere und größere Unternehmenskunden spezialisiert. Der gesamte Telematik-Markt habe ca. 20 relevante Teilnehmer, von diesen gebe es aber nur zwei bis drei vergleichbare Anbieter. Er, der Kläger, habe sich über viele Jahre Kompetenzen aufgebaut. Diese Kompetenzen habe ICS trotz aller Bemühungen in den letzten Jahren in der Tiefe nicht aufbauen können. ICS könne die Erstgespräche führen, zur technischen Präsentation, Konzeption, Angebotsausarbeitung und Abschlusspräsentation müsse aber immer er dabei sein. Auch der gesamte Bereich des Produktmanagements liege in seiner Verantwortung. Ein Vergleich mit der Position eines lediglich leitenden Angestellten hinke, da dieser nur im Teilbereich Entscheidungsmacht besitze, soweit diese übertragen worden sei. In der operativen Tätigkeit der Beigeladenen zu 2) gebe es für ihn aber keine Einschränkung. Arbeitnehmeruntypisch sei auch seine Beteiligung mit einer Einlage von 30 v.H. und die Absicherung der Verpflichtung der Beigeladenen zu 2) durch Bürgschaften. § 6 Nr. 4 des Anstellungsvertrags sei kein Ausgleich für das Risiko der Bürgschaften, sondern für das Entgelt, das an die Banken für die Bürgschaften gezahlt werde. Sein Risiko werde dadurch nicht gemildert. Im Anstellungsvertrag vom 26. November 2010 sei diese Vergütung nicht mehr vorhanden. Auf Nachfrage hat der Kläger mitgeteilt, dass er seit 20. Oktober 2009 keine Tantiemen erhalten habe, da die Beigeladene zu 2) keine ausreichenden Gewinne erwirtschaftet habe. Der Kläger hat den Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg vom 15. März 2013 über eine den Prüfzeitraum vom 1. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2012 betreffende Betriebsprüfung ohne Feststellungen mit Blick auf den Kläger vorgelegt.
22 
Der Kläger und die Beigeladene zu 2) beantragen,
23 
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 17. Dezember 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 7. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Juli 2011 aufzuheben und festzustellen, dass er in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2) in der Zeit vom 20. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2010 nicht der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung und in der Zeit ab 20. Oktober 2009 nicht der Versicherungspflicht in der Renten- sowie der Arbeitslosenversicherung unterliegt.
24 
Die Beklagte und die Beigeladene zu 3) beantragen,
25 
die Berufung zurückzuweisen.
26 
Die Beklagte beruft sich auf das zutreffende Urteil des SG und ihren Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2011.
27 
Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
28 
Die Berichterstatterin hat den Kläger im Erörterungstermin vom 24. September 2013 angehört. Der Kläger hat mitgeteilt, dass die ICS weder als Vertriebspartner noch als Partner in Heilbronn präsent sei. Sie sei im Grunde der gleiche Vertriebspartner wie die beiden anderen Vertriebspartner. Auch der Zeuge B. sei nie in Heilbronn. Es könne vorkommen, dass er ihn, den Kläger, bei einem großen Vortrag begleite. Vor Aufstellung des Businessplans der Beigeladenen zu 2) erhalte er zunächst die Businesspläne von den Vertriebspartnern, auch von der ICS. Auf der Grundlage dieser Businesspläne erstelle er dann einen Businessplan für die Beigeladene zu 2), den er an den Zeugen B., der den Plan gegengecheckt, schicke. Ebenso verfahre er mit den anderen Vertriebspartnern. Gegebenenfalls fänden Gespräche über Verbesserungen statt. Nachgebessert habe er den Businessplan jedoch noch nie. Wenn ICS mit einer Neuentwicklung und einer damit verbundenen Nachschusspflicht einverstanden sei, schieße sie nach, ansonsten müsse man mit der Neuentwicklung warten. Eine Gesellschafterversammlung finde im Grunde überhaupt nicht statt. Sie würden sich formlos, oft auch telefonisch, abstimmen. Die ICS habe keine genaue Kenntnis von den technischen Einsatzmöglichkeiten der Geräte der Beigeladenen zu 2). Wegen der Bürgschaft habe er noch nie etwas bezahlt bekommen. Urlaub werde intern im Team, nicht mit ICS, abgesprochen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift (Bl. 38/44 der LSG-Akte) verwiesen.
29 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
1.
30 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist auch statthaft. Ein Ausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben, da keine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder ein hierauf gerichteter Verwaltungsakt, sondern die Feststellung der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung im Streit ist.
2.
31 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 7. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Juli 2011, mit welchem die Beklagte die Versicherungspflicht des Klägers in der Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 20. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2010 und die Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Zeit ab 20. Oktober 2009 festgestellt hat.
3.
32 
In der Sache ist die Berufung nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 17. Dezember 2012 die Klage zu Recht abgewiesen und zutreffend dargelegt, dass der Bescheid vom 7. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Juli 2011 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger bei der Beigeladenen zu 2) seit 20. Oktober 2009 abhängig beschäftigt ist und deshalb der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung ab 20. Oktober 2009 unterliegt sowie der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung - wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze ab 1. Januar 2011 - im Zeitraum vom 20. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2010 unterlag.
a)
33 
Nach § 28h Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist nach § 28i Satz 2 SGB IV für Beschäftigte, die bei keiner Krankenkasse versichert sind, die Krankenkasse, die der Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 175 Abs. 3 Satz 2 SGB V gewählt hat. Danach ist die Beklagte zuständige Einzugsstelle, weil der Kläger den Statusfeststellungsantrag bei der Beklagten gestellt hat. Eine Zuständigkeit der Beigeladenen zu 4), die eine solche der Beklagten ausschlösse, ergibt sich hier nicht aus § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV, eingefügt mit Wirkung vom 1. Januar 2005 durch Art. 4 Nr. 3 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I, Seite 2954). Nach dieser Bestimmung hat die Einzugsstelle einen Antrag nach Satz 1 der Vorschrift zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a SGB IV) ergibt, dass der Beschäftigte (bis 31. Dezember 2008) Angehöriger des Arbeitgebers, (seit 1. Januar 2009) Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers (geändert durch Art. 1 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 21. Dezember 2008 [BGBl. I, Seite 2933]) oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. Unabhängig davon, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist dieses obligatorische Statusfeststellungsverfahren jedoch erst bei Tätigkeiten durchzuführen, die erstmals nach dem 30. März 2005 aufgenommen worden sind (vgl. Marschner in Kreikebohm, Kommentar zum SGB IV, § 7a Rdnr. 3; Lüdtke in LPK-SGB IV, § 7a Rdnr. 11). In den Fällen, in denen die Tätigkeit bereits zuvor ausgeübt worden war, verbleibt es bei der Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 SGB IV. Die Aufnahme der Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 2) erfolgte bereits vor dem 30. März 2005, nämlich am 1. April 1993.
b)
34 
Versicherungspflichtig in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sind gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. In der Krankenversicherung trat nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in der ab 2. Februar 2007 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG vom 26. März 2007, BGBl. I, Seite 378) Versicherungspflicht ein, wenn eine Person gegen Arbeitsentgelt beschäftigt war, und ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 6 oder 7 SGB V nicht überstieg und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren nicht überstiegen hat; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt wurde, blieben unberücksichtigt. Seit 31. Dezember 2010 in der insoweit seither unverändert geltenden Fassung vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I, Seite 2309) tritt Versicherungspflicht ein, wenn das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 6 oder 7 SGB V nicht übersteigt, wobei Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, unberücksichtigt bleiben. Die Jahresarbeitsentgeltgrenze betrug im Jahr 2009 EUR 48.600,00, im Jahr 2010 EUR 49.950,00 und im Jahr 2011 EUR 49.500,00. Im Bereich der Pflegeversicherung sind ab 1. Januar 1995 die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI]). Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
35 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen z.B.: BSG, Urteile vom 29. August 2012 - B 12 KR 14/10 R und 25/10 R -, 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R -, sowie 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R -jeweils m.w.N., alle in juris; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 -; in juris). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B.: BSG, Urteile vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -, 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R- und 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R -, jeweils m.w.N.; alle in juris).
36 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. August 1990 - 11 RAr 77/89 -; Urteil vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 -; beide in juris). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 -; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R - ; BSG, Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R -; jeweils m.w.N.; alle in juris). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -; in juris).
37 
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Das BSG hat insoweit mehrmals entschieden, dass eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft selbst im Rahmen einer Geschäftsführertätigkeit nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen ist. Beim am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, hat das BSG dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (BSG, Urteile vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R -, 6. März 2003 - B 11 AL 25/02 R -, 4. Juli 2007 - B 11a AL 5/06 R -; alle in juris). Vergleichbares gilt auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität verfügen (BSG, Urteil vom 6. März 2003 - B 11 AL 25/02 R -, a.a.O., 4. Juli 2007 - B 11a AL 5/06 R - und 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R -; alle in juris). Auch für diesen Personenkreis ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor. Bei Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung ist eine abhängige Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen anzunehmen. Ein solcher Ausnahmefall kann beispielsweise bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die beispielsweise dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG Urteil vom 8. Dezember 1987 - 7 RAr 25/86 -, in juris).
c)
38 
Vor diesem Hintergrund bestimmen sich vorliegend die rechtlich relevanten Beziehungen für die Zeit vom 20. Oktober 2009 bis 30. November 2010 nach dem Anstellungsvertrag vom 4. April 1997 und ab 1. Dezember 2010 nach dem Dienstvertrag vom 26. November 2010 sowie jeweils nach auch noch nach dem Gesellschaftervertrag vom 24. Juni 2009 und dem Gesellschaftsbeschluss vom selben Tag. Der Gesellschaftsbeschluss und der Gesellschaftervertrag vom 20. August 2010 erbrachten nur eine Änderung mit Blick auf das Geschäftsjahr. Unter Zugrundelegung dessen überwogen und überwiegen trotz der vom Kläger schlüssig dargelegten Freiheiten in der Ausübung seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) als Geschäftsführer qualitativ die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen.
39 
Ganz maßgeblich ist für den Senat insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zunächst die Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Befugnisse des Klägers. Der Kläger verfügt in seiner Eigenschaft als Gesellschafter seit Mai 2009 nicht mehr allein über das Stammkapital und seit Juni 2009 auch nicht über eine allgemeine Sperrminorität am Stammkapital der Beigeladenen zu 2). Seit Mai 2009 war die ICS mit EUR 50.000,00 am Stammkapital der Beigeladenen zu 2) beteiligt und verfügte damit über den gleichen Anteil am Stammkapital wie der Kläger. Im Juni 2009 wurde das Stammkapital der Beigeladenen zu 2) von EUR 100.000,00 um EUR 50.000,00 auf EUR 150.000,00 erhöht. Den weiteren Geschäftsanteil von EUR 50.000,00 übernahm die ICS, die damit mit 66,66 v.H. (entspricht EUR 100.000,00) einen wesentlich höheren Anteil am Stammkapital der Beigeladenen zu 2) als der Kläger hält, dessen Beteiligung am Stammkapital der Beigeladenen zu 2) sich nach Erhöhung des Stammkapitals und Übernahme des erhöhten Stammkapitals durch die ICS nur noch auf 33,33 v.H. (entspricht EUR 50.000,00) am Kapital der Beigeladenen zu 2) beläuft. Der Kläger hält damit seit Juni 2009 einen wesentlich geringeren Anteil am Stammkapital der Beigeladenen zu 2) als die ICS und kann Gesellschafterbeschlüsse, die nach § 7 des Gesellschaftsvertrags vom 24. Juni 2009 mit einer einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden müssen, bei weitem nicht verhindern. Dies ergibt sich auch aus § 6 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags vom 24. Juni 2009, wonach sich die Geschäftsführungsbefugnis nur auf Handlungen beschränkt, die nicht über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen. Für alle darüber hinausgehenden Geschäfte ist ein vorhergehender Gesellschafterbeschluss einzuholen. Dieser wird -im Streitfall - vom Mehrheitsgesellschafter der Beigeladenen zu 2) dominiert.
40 
Zur Einstufung des Klägers als selbstständig Erwerbstätigem führt auch nicht die Tatsache, dass er über den 24. Juni 2009 hinaus seine Abberufung als Geschäftsführer verhindern kann, weil dafür weiterhin 75 v.H. der Stimmen erforderlich sind (§ 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vom 24. Juni 2009). Zum Einen ist fraglich, ob der Kläger seine Abberufung tatsächlich verhindern könnte. Denn ein Gesellschafter ist nach § 47 Abs. 4 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) regelmäßig dann vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn gegen ihn gesellschaftsrechtlich bedeutsame Maßnahmen ergriffen werden sollen und er - quasi als Richter in eigener Sache - dazu sein eigenes Verhalten beurteilen muss (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 27. April 2009 - II ZR 167/07 -, in juris; Urteil des Senats vom 12. Februar 2014 - L 4 R 2782/12 -, nicht veröffentlicht). Auch ist fraglich, ob ein derart qualifiziertes Mehrheitserfordernis überhaupt zulässig ist. Die Möglichkeit zur Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund ist den Gesellschaftern nämlich zwingend einzuräumen (Oberlandesgericht [OLG] Düsseldorf, Urteil vom 23. Februar 2012 - I-6 U 135/10, 6 U 135/10 -, in juris). Zum Anderen steht dem Kläger aber eine dieser (negativen) „Verhinderungsmacht“ entsprechende (positive) „Gestaltungsmacht“ nicht zu. Er kann mit seinem Gesellschaftsanteil keine Beschlüsse durchsetzen und im Gegensatz zu der noch im Gesellschaftsvertrag vom 8. Mai 2009 geltenden Regelung (§ 6 des Gesellschaftsvertrags vom 8. Mai 2009) kann er ab 24. Juni 2009 auch nicht mehr die Bestellung eines weiteren Geschäftsführers verhindern, weil hierfür nunmehr 66 v.H. der Stimmen reichen (§ 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vom 24. Juni 2009) (vgl. hierzu Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Mai 2010 - L 16 KR 125/09 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Juni 2010 - L 5 KR 5179/08 -; Bayerisches LSG, Urteil vom 23. Oktober 2012 - L 5 R 767/10 -, alle in juris).
41 
Etwas anderes lässt sich insoweit auch nicht auf § 7 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags vom 9. Mai 2009 stützen. Hieraus ergibt sich kein Vetorecht des Klägers. Die Gesellschafterversammlung ist danach zwar nur beschlussfähig, wenn 100 v.H. des Stammkapitals anwesend oder vertreten sind. Nach § 7 Abs. 3 Satz 2 des Gesellschaftervertrags vom 24. Juni 2009 ist, wenn die Versammlung nicht beschlussfähig ist, jedoch eine neue Gesellschafterversammlung mit derselben Tagesordnung mit einer Frist von einer Woche einzuberufen, die ohne Rücksicht auf die Höhe des anwesenden oder vertretenen Stammkapitals beschlussfähig ist. Spätestens nach einer Woche kann der Kläger somit Beschlüsse der Gesellschaft nicht mehr verhindern.
42 
Auch wenn der Kläger über herausragendes Fachwissen verfügt und in der Vergangenheit alleiniger Gesellschafter der Beigeladenen zu 2) war, hält er nunmehr aus gesellschaftrechtlicher Sicht keinerlei Befugnisse mehr inne, die es ihm erlauben, die Geschicke der Beigeladenen zu 2) maßgeblich mitzulenken. Die Position des Klägers unterscheidet sich qualitativ nicht wesentlich von derjenigen leitender Angestellter, die unter dem Anreiz einer möglichen Steigerung der eigenen Bezüge sich für die Prosperität des Unternehmens einsetzen und im Übrigen auch unternehmerische (Teil-)Aufgaben wahrzunehmen haben (§ 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz, vgl. Bundesarbeitsgericht [BAG], Beschluss vom 5. Mai 2010 - 7 ABR 97/08 -; in juris). Wie weit die Lockerungen des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 3 SGB VI sowie § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, in juris). Die Position des Klägers wird auch durch seinen Anstellungsvertrag vom 4. April 1997 und den ab 1. Dezember 2010 gültigen Dienstvertrag zum Ausdruck gebracht. Auch diese zeigen deutlich das Bild einer abhängigen Beschäftigung. In ihnen haben der Kläger und die Beigeladene zu 2) u.a. vereinbart, dass der Kläger verpflichtet sei, die satzungsgemäßen Aufgaben der Beigeladenen zu 2) zu erfüllen und enumerativ aufgezählte Geschäfte einwilligungsbedürftig sind. Nach dem Dienstvertrag vom 26. November 2010 ist ergänzend normiert, dass der Kläger alle Geschäfte der Beigeladenen zu 2) mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze, des Gesellschaftervertrags und der Gesellschafterbeschlüsse durchzuführen hat. Weiterhin haben die Beigeladene zu 2) und der Kläger in den Verträgen ein festes Gehalt, im Vertrag vom 4. April 1997 auch eine Überstundenvergütung, eine zwei- bzw. dreimonatige Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und im Vertrag vom 26. November 2010 auch einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen im Jahr vereinbart. Im Anstellungsvertrag vom 4. April 1997 fehlt zwar ein solcher Urlaubsanspruch, jedoch wurde dem Kläger ein 13. Gehalt als Urlaubsgeld zugesprochen. Darüber hinaus stellt die Beigeladene zu 2) dem Kläger nach den Verträgen einen Dienstwagen zur Verfügung und die Verträge enthalten jeweils eine Kündigungsmöglichkeit. Die Vereinbarungen im Anstellungsvertrag und im Dienstvertrag entsprechen damit nahezu vollständig jenen, die im Arbeitsleben für abhängige Beschäftigungsverhältnisse üblich sind.
43 
Aus Sicht des Senats wurden diese gesellschaftsrechtlichen und dienstvertraglichen Verhältnisse auch tatsächlich gelebt. Dabei stellt der Senat nicht in Abrede, dass dem Kläger die überragende Gewichtung im Zusammenhang mit den zu treffenden fachlichen Fragen und Weichenstellungen zukommen mag. Allerdings kommt der ICS als Mehrheitsgesellschafter mit einem Anteil von 66,66 v.H. eine rechtlich überragende Stellung zu. Die Letztentscheidungsmöglichkeit in Bezug auf zu treffende finanzielle Dispositionen liegt damit gerade nicht beim Kläger. Dies wird auch aus den Angaben des Klägers im Erörterungstermin der Berichterstatterin gegenüber deutlich, wo er klargestellt hat, dass für den Fall, dass eine Investition von Seiten der ICS nicht für möglich erachtet wird, die Investition auf das nächste Jahr zu verschieben sei.
44 
Dass der Kläger auf Grund seines überragenden Fachwissens und der Tatsache, dass er früher Alleingesellschafter war, die Beigeladene zu 2) auch über den 20. Oktober 2009 hinaus möglicherweise selbstständig leitete und leitet, ohne an Weisungen gebunden zu sein, führt nicht zu einer anderen Beurteilung der Gesamtverantwortlichkeit in der Beigeladenen zu 2). Es handelt sich hierbei um eine Eigenschaft, die eine leitende Stellung in der Regel mit sich bringt und die als solche nicht jeden leitenden Angestellten zu einem Unternehmer macht. Entsprechendes gilt für die Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis möglicherweise durch freundschaftliche Rücksichtnahme und langjährige Geschäftsbeziehungen zwischen dem Kläger und der ICS gekennzeichnet war und ist. Auch dies führt aus Sicht des Senats nicht zu einer Verschiebung im Firmengefüge, wie es im Gesellschafts- und Anstellungs- bzw. Dienstvertrag eingerichtet ist. Dafür nämlich, dass der Kläger die Geschäfte der Beigeladenen zu 2) wie ein Alleingesellschafter nach eigenem Gutdünken führt, bestehen aus Sicht des Senats gerade keinerlei Anhaltspunkte. Dies wird auch durch die Angabe des Klägers deutlich, geschäftliche Angelegenheiten würden mit der ICS abgestimmt, der Zeuge B. begleite ihn ab und zu bei großen Vorträgen und dass finanzielle Investitionen bei Nichteinverständnis der ICS letztlich verschoben werden müssen.
45 
Der Kläger trägt in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2) auch kein unternehmerisches Risiko, was nach Rechtsprechung des erkennenden Senats ein besonders gewichtiges Entscheidungskriterium darstellt (z.B. Urteil des Senats vom 19. April 2013 - L 4 R 2078/11 -, in juris, zuletzt Urteil des Senats vom 11. April 2014 - L 4 R 3776/12 -, nicht veröffentlicht). Ihm steht sowohl nach dem Anstellungs- als auch dem Dienstvertrag ein Fixgehalt in einer Höhe zu, die seinen Lebensunterhalt unter allen Umständen sichern kann. Auch in einer Krisensituation hätte der Kläger Anspruch auf Fortzahlung seiner Bezüge. Beide Verträge enthalten keine Klauseln, nach denen der Kläger in seiner Position verpflichtet wäre, im Falle einer wirtschaftlichen Krise Kapital in die Beigeladene zu 2) zu schießen oder auf Teile seiner erfolgsunabhängigen Grundvergütung zu verzichten. Auch in seiner Rolle als Gesellschafter der Beigeladenen zu 2) trifft den Kläger kein signifikantes unternehmerisches Risiko. Der Gesellschaftsvertrag vom 24. Juni 2009 enthält ebenfalls keine Klauseln über eine Nachschusspflicht der Gesellschafter. Angesichts seines Anteils am Stammkapital von 33,33 v.H. (EUR 50.000,00) ist auch die allgemeine Gefahr eines GmbH-Gesellschafters, in einer Krisensituation der Gesellschaft faktisch gezwungen zu sein, in erheblichem Umfang Kapital nachzuschießen, um etwa eine Insolvenz der Gesellschaft zu verhindern, eher gering.
46 
Ein sozialversicherungsrechtlich entscheidendes Unternehmerrisiko ergibt auch nicht daraus, dass der Kläger eine Bürgschaft erteilt hat (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, in juris). Abgesehen davon, dass im Anstellungsvertrag vom 4. April 1997 dem Kläger mit Blick auf die gewährten Bürgschaften eine Vergütung zustand, ist das mit der Übernahme der Bürgschaften eingegangene Risiko der Haftung mit dem privaten Vermögen vom Kapitaleinsatz für das Unternehmen abzutrennen und tritt deshalb gegenüber den Gesichtspunkten, die für eine - auch gewollte - abhängige Beschäftigung sprechen, in den Hintergrund. Solche Einsätze sind auch seitens unstreitig abhängig Beschäftigter nicht unüblich. Eine Unternehmerstellung wird allein hierdurch nicht begründet. Zwar mag der Kläger seine persönliche wirtschaftliche Situation möglicherweise ganz erheblich auch an den wirtschaftlichen Fortbestand der Beigeladenen zu 2) geknüpft haben. Der Senat hält es aber schon nicht für gänzlich ungewöhnlich, dass ein (wenn auch nur angestelltes) Mitglied der Geschäftsleitung seinem offenbar zeitweilig finanziell angeschlagenen Arbeitgeber Darlehen und persönliche Bürgschaften gewährt, um den Beschäftigungsbetrieb am Leben zu erhalten. Im Übrigen verwundert es, dass der Kläger, wenn er in der Lage ist, für die Beigeladene zu 2) noch am 9. Dezember 2010 zu bürgen (Bürgschaft gegenüber der Kreissparkasse Heilbronn), sein Vermögen nicht für den Erwerb weiterer Gesellschaftsanteile verwendete. Dies zeigt, dass eine höhere Beteiligung des Klägers zumindest zu diesem Zeitpunkt nicht gewollt war (vgl. Urteil des Senats vom 21. Oktober 2011 - L 4 R 5166/08 -; in juris).
47 
Dass dem Kläger nach dem Anstellungs- und Dienstvertrag Tantiemen zugesprochen wurden, genügt nicht, um eine Beschäftigung auszuschließen. Die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer ist nicht ungewöhnlich (BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -; a.a.O.). Auf die Tantieme-Zahlung als feste Einnahme kann und konnte der Kläger nicht vertrauen. Maßgeblich war und ist der feste Grundlohn. Im Übrigen wurde seit dem Jahr 2009 keine Tantieme gewährt.
48 
Auch die Gehaltszahlungen an den Kläger werden nach Angabe des Klägers im Feststellungsbogen vom 29. September 2010 als Lohn/Gehalt und Betriebsausgabe verbucht. Dies ist ebenfalls typisch für ein Beschäftigungsverhältnis.
49 
Für ein Beschäftigungsverhältnis spricht des Weiteren, dass der Kläger im Verhältnis zu den Gesellschaftern nach § 6 Abs. 3 Gesellschaftsvertrag vom 24. Juni 2009 unter anderem an die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung gebunden war und ist. Nach § 8 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag hat er den Jahresabschluss und den Lagebericht innerhalb der gesetzlichen Fristen aufzustellen und der Gesellschafterversammlung unverzüglich zum Zwecke der Feststellung vorzulegen. Die Gesellschafterversammlung stellt den Jahresabschluss fest und beschließt die Gewinnverwendung. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Kläger als Gesellschafter Mitglied der Gesellschafterversammlung ist. Auf Grund seines Gesellschaftsanteils kann und konnte er - wie dargelegt - mit Ausnahme seiner eigenen Abberufung als Geschäftsführer, die nach dem Gesellschaftsvertrag vom 24. Juni 2009 der Mehrheit von 75 v.H. aller Stimmen bedarf, Beschlüsse weder durchsetzen noch verhindern.
50 
Für eine selbstständige Tätigkeit sprach und spricht auch nicht der Umstand, dass der Kläger über den 20. Oktober 2009 hinaus vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit ist, denn die ICS hat dem Kläger in seiner Tätigkeit letztlich nicht völlig freie Hand gelassen. Dies ergibt sich für den Senat insbesondere daraus, dass der Kläger nach dem Anstellungsvertrag vom 4. April 1997 an die satzungsmäßigen Aufgaben der Gesellschaft (§ 1) und nach dem Dienstvertrag vom 26. November 2010 an die gesetzlichen Bestimmungen, an Beschlüsse der Gesellschafterversammlung sowie an den Gesellschaftervertrag gebunden ist (§ 2). Auch aus dem Gesellschaftsvertrag vom 24. Juni 2009 ergibt sich eine entsprechende Bindung (§ 6). Im Übrigen hilft das Kriterium der Weisungsgebundenheit oder Weisungsfreiheit nur begrenzt bei der Beurteilung, ob eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit vorliegt. Insbesondere bei hoch qualifizierten Tätigkeiten ist die inhaltliche oder fachliche Weisungsbefugnis eingeschränkt. Hierzu gehört, die Tätigkeit des Klägers, der in der Vergangenheit die Beigeladene zu 2) allein geleitet hat, bei der Führung der Beigeladenen zu 2). Auf der anderen Seite kann auch die Tätigkeit eines Selbstständigen Bindungen und Weisungen eines Auftraggebers unterliegen. Selbstständige Handelsvertreter stehen z.B. in einem ständigen Vertragsverhältnis zu einem Auftraggeber, dessen Interessen sie wahrzunehmen habe.
51 
Der Kläger unterliegt als Geschäftsführer auch einem Wettbewerbsverbot. Nach dem Anstellungsvertrag vom 4. April 1997 verpflichtete er sich, während der Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Anstellungsvertrags in dem Landkreis, in welchem die Beigeladene zu 2) ihren Sitz hat, nicht für ein Unternehmen, das mit der Beigeladenen zu 2) in Konkurrenz steht, tätig zu sein (§ 8). Nach dem Dienstvertrag vom 26. November 2010 bedarf die Übernahme einer Nebentätigkeit bzw. Beteiligung an anderen Unternehmen der vorherigen Zustimmung der Gesellschaftsversammlung (§ 8).
52 
Der Kläger ist auch nicht aufgrund alleinig bei ihm vorhandener Fachkenntnisse und der Tatsache, dass er die Beigeladene zu 2) mitgegründet und lange Jahre allein geführt hat, als selbstständig Erwerbstätiger anzusehen. Zu beachten ist insoweit, dass neben dem Kläger weitere Programmierer in der Firma tätig sind, die wie der Kläger Einblick in die fachliche Struktur haben, weshalb der Kläger nicht gänzlich unersetzbar ist. Außerdem ergänzen sich die Produkte der ICS und der Beigeladenen zu 2). Beide Firmen sind nach den Angaben des Klägers im Erörterungstermin vom 24. September 2013 auf dem Gebiet der Logistik tätig, die ICS in der eigentlichen Lagerlogistik, die Beigeladene zu 2) beschäftigt sich mit der außerhalb des Lagers stattfindenden Logistik. Die ICS übernimmt zumindest teilweise auch den Vertrieb der Produkte der Beigeladenen zu 2). Der Zeuge B. tritt teilweise auch gemeinsam mit dem Kläger bei Vorträgen auf. Besonders ins Gewicht fällt insoweit auch, dass der Kläger auf das finanzielle Engagement der ICS angewiesen ist und diese deshalb einen großen Einfluss ausübt. Dass nicht nur der Kläger über Fachwissen im Bereich der Programmierung der Software verfügt, sondern auch die weiteren Programmierer unterscheidet den Rechtsstreit auch von der Konstellation, die dem Urteil des 11. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 26. Juni 2012 - L 11 KR 2769/11 -; in juris zugrunde lag. Dort hatte allein der Kläger das ganz spezielle Fachwissen mit Blick auf den Im- und Export von Hölzern für die Herstellung von Furnieren.
d)
53 
Die Feststellung, dass der Beigeladene zu 1) abhängig beschäftigt und in der Renten- und Arbeitslosenversicherung und bis 31. Dezember 2010 auch in der Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert ist, steht nicht im Widerspruch zu Feststellungen aus der Betriebsprüfung im Jahr 2013 den Prüfzeitraum vom 1. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2012 betreffend. Ausweislich des Bescheids vom 15. März 2013 war der sozialversicherungsrechtliche Status des Klägers nicht Gegenstand der Prüfung und diesbezüglich wurden in dem Betriebsprüfungsbescheid keine Feststellungen getroffen. Beschäftigte können aus den Ergebnissen früherer Prüfungen nur Rechte herleiten, wenn bei der Betriebsprüfung Versicherungspflicht und Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden sind (BSG, Urteil vom 29. Juli 2003 - B 12 AL 1/02 R -; in juris; Kasseler Kommentar-Werhahn, Stand 1. Dezember 2012, § 28p SGB IV Rdnr. 6a). Die Tatsache, dass keine Beanstandung bezüglich der Einordnung der Tätigkeit des Klägers erfolgte, genügt nicht. Die Prüfbehörden sind bei Arbeitgeberprüfungen nach § 28p SGB IV selbst in kleinen Betrieben zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten nicht verpflichtet. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm „Entlastung“ zu erteilen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben jedoch das Recht, in Zweifelsfällen nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV rechtzeitig eine Entscheidung der Einzugsstelle durch Verwaltungsakt herbeizuführen, an den die Versicherungsträger gebunden sind. Bei unterbliebenen Beanstandungen in Beitragsnachforderungsfällen besteht keine Vertrauensgrundlage für den Arbeitgeber (und den Arbeitnehmer) oder kein vertrauensbegründendes (Verwirkungs-)Verhalten des prüfenden Versicherungsträgers (zum Ganzen: BSG, Urteile vom 14. Juli 2004 - B 12 KR 1/04 R - und 30. Oktober 2013 - B 12 AL 2/11 R -, beide in juris). Soweit der zuständige Rentenversicherungsträger bei einer vorangegangenen Arbeitgeberprüfung einen bestimmten Sachverhalt (z.B. die Tätigkeit eines bestimmten Versicherten) nicht ausdrücklich überprüfte, enthält deshalb ein zu dieser Arbeitgeberprüfung ergangener Bescheid keine Regelung und deshalb auch keine begünstigende Regelung dahin, dass alle nicht im einzelnen geprüften Sachverhalte den rechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Abführung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags entsprechen. Deshalb bedarf es bei einer Nachforderung für einen von der vorangegangenen Prüfung umfassten Zeitraum auch keiner Aufhebung des vorangegangenen Prüfbescheids nach §§ 45 oder 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - (Urteil des erkennenden Senats vom 11. April 2014 - L 4 R 3776/12 -; nicht veröffentlicht; Hessisches LSG, Beschluss vom 23. April 2012 - L 1 KR 95/12 B ER - und LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Mai 2012 - L 8 R 164/12 B ER -; beide in juris; a.A. Bayerisches LSG, Urteil vom 8. Oktober 2013 - L 5 R 554/13 -; in juris, Revision anhängig beim BSG - B 12 R 4/14 R -). Dasselbe gilt auch für eine Feststellung nach § 28h SGB IV.
e)
54 
Die Beklagte hat die Feststellung der Versicherungspflicht für die Kranken- und Pflegeversicherung zu Recht auf die Zeit vom 20. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2010 begrenzt. Der Kläger ist auf Grund seiner monatlichen Bezüge in Höhe von EUR 6.000,00 ab 1. Dezember 2010 und der daraus folgenden Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze in Höhe von EUR 49.500,00 ab 1. Januar 2011 nach § 6 SGB V versicherungsfrei. Er unterliegt seit 1. Januar 2011 nicht der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung. Damit besteht ab diesem Zeitpunkt auch keine Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung auf Grund versicherungspflichtiger Beschäftigung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI. Für die Zeit vom 20. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2010 stand, obwohl der Kläger auch schon ab 20. Oktober 2009 die Jahresarbeitsentgeltgrenze aufgrund seiner monatlichen Einkünfte von EUR 6.500,00 überschritt, die Regelung über die Versicherungsfreiheit in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V mit seinem vom 2. Februar 2007 bis 30. Dezember 2010 geltenden Erfordernis eines dreijährigen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze der Befreiung entgegen. Die durch das GKV-WSG vom 26. März 2007 in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V eingefügte „Wartefrist“, nach der abhängig Beschäftigte mit einem Einkommen über der jeweils für sie geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze erst nach drei Kalenderjahren mit einem solchen Einkommen versicherungsfrei werden, gilt auch für solche Versicherten, die vor Aufnahme ihrer Beschäftigung selbstständig tätig waren und die bereits privat krankenversichert sind, unabhängig davon, wie hoch ihr Arbeitseinkommen als Selbstständiger war. Auch auf die Besitzstandsregelung in § 6 Abs. 9 SGB V kann sich ein Versicherter nicht berufen, der - wie der Kläger - am Stichtag (2. Februar 2007) selbstständig war (so Urteil des erkennenden Senats vom 12. Februar 2010 - L 4 KR 1420/09 - und nachfolgend BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 - B 12 KR 6/10 R -; beide in juris). Damit bestand in diesem Zeitraum auch Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI.
4.
55 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5.
56 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
1.
30 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist auch statthaft. Ein Ausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben, da keine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder ein hierauf gerichteter Verwaltungsakt, sondern die Feststellung der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung im Streit ist.
2.
31 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 7. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Juli 2011, mit welchem die Beklagte die Versicherungspflicht des Klägers in der Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 20. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2010 und die Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Zeit ab 20. Oktober 2009 festgestellt hat.
3.
32 
In der Sache ist die Berufung nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 17. Dezember 2012 die Klage zu Recht abgewiesen und zutreffend dargelegt, dass der Bescheid vom 7. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Juli 2011 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger bei der Beigeladenen zu 2) seit 20. Oktober 2009 abhängig beschäftigt ist und deshalb der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung ab 20. Oktober 2009 unterliegt sowie der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung - wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze ab 1. Januar 2011 - im Zeitraum vom 20. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2010 unterlag.
a)
33 
Nach § 28h Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist nach § 28i Satz 2 SGB IV für Beschäftigte, die bei keiner Krankenkasse versichert sind, die Krankenkasse, die der Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 175 Abs. 3 Satz 2 SGB V gewählt hat. Danach ist die Beklagte zuständige Einzugsstelle, weil der Kläger den Statusfeststellungsantrag bei der Beklagten gestellt hat. Eine Zuständigkeit der Beigeladenen zu 4), die eine solche der Beklagten ausschlösse, ergibt sich hier nicht aus § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV, eingefügt mit Wirkung vom 1. Januar 2005 durch Art. 4 Nr. 3 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I, Seite 2954). Nach dieser Bestimmung hat die Einzugsstelle einen Antrag nach Satz 1 der Vorschrift zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a SGB IV) ergibt, dass der Beschäftigte (bis 31. Dezember 2008) Angehöriger des Arbeitgebers, (seit 1. Januar 2009) Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers (geändert durch Art. 1 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 21. Dezember 2008 [BGBl. I, Seite 2933]) oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. Unabhängig davon, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist dieses obligatorische Statusfeststellungsverfahren jedoch erst bei Tätigkeiten durchzuführen, die erstmals nach dem 30. März 2005 aufgenommen worden sind (vgl. Marschner in Kreikebohm, Kommentar zum SGB IV, § 7a Rdnr. 3; Lüdtke in LPK-SGB IV, § 7a Rdnr. 11). In den Fällen, in denen die Tätigkeit bereits zuvor ausgeübt worden war, verbleibt es bei der Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 SGB IV. Die Aufnahme der Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 2) erfolgte bereits vor dem 30. März 2005, nämlich am 1. April 1993.
b)
34 
Versicherungspflichtig in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sind gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. In der Krankenversicherung trat nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in der ab 2. Februar 2007 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG vom 26. März 2007, BGBl. I, Seite 378) Versicherungspflicht ein, wenn eine Person gegen Arbeitsentgelt beschäftigt war, und ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 6 oder 7 SGB V nicht überstieg und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren nicht überstiegen hat; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt wurde, blieben unberücksichtigt. Seit 31. Dezember 2010 in der insoweit seither unverändert geltenden Fassung vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I, Seite 2309) tritt Versicherungspflicht ein, wenn das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 6 oder 7 SGB V nicht übersteigt, wobei Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, unberücksichtigt bleiben. Die Jahresarbeitsentgeltgrenze betrug im Jahr 2009 EUR 48.600,00, im Jahr 2010 EUR 49.950,00 und im Jahr 2011 EUR 49.500,00. Im Bereich der Pflegeversicherung sind ab 1. Januar 1995 die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI]). Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
35 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen z.B.: BSG, Urteile vom 29. August 2012 - B 12 KR 14/10 R und 25/10 R -, 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R -, sowie 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R -jeweils m.w.N., alle in juris; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 -; in juris). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B.: BSG, Urteile vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -, 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R- und 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R -, jeweils m.w.N.; alle in juris).
36 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. August 1990 - 11 RAr 77/89 -; Urteil vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 -; beide in juris). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 -; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R - ; BSG, Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R -; jeweils m.w.N.; alle in juris). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -; in juris).
37 
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Das BSG hat insoweit mehrmals entschieden, dass eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft selbst im Rahmen einer Geschäftsführertätigkeit nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen ist. Beim am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, hat das BSG dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (BSG, Urteile vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R -, 6. März 2003 - B 11 AL 25/02 R -, 4. Juli 2007 - B 11a AL 5/06 R -; alle in juris). Vergleichbares gilt auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität verfügen (BSG, Urteil vom 6. März 2003 - B 11 AL 25/02 R -, a.a.O., 4. Juli 2007 - B 11a AL 5/06 R - und 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R -; alle in juris). Auch für diesen Personenkreis ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor. Bei Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung ist eine abhängige Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen anzunehmen. Ein solcher Ausnahmefall kann beispielsweise bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die beispielsweise dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG Urteil vom 8. Dezember 1987 - 7 RAr 25/86 -, in juris).
c)
38 
Vor diesem Hintergrund bestimmen sich vorliegend die rechtlich relevanten Beziehungen für die Zeit vom 20. Oktober 2009 bis 30. November 2010 nach dem Anstellungsvertrag vom 4. April 1997 und ab 1. Dezember 2010 nach dem Dienstvertrag vom 26. November 2010 sowie jeweils nach auch noch nach dem Gesellschaftervertrag vom 24. Juni 2009 und dem Gesellschaftsbeschluss vom selben Tag. Der Gesellschaftsbeschluss und der Gesellschaftervertrag vom 20. August 2010 erbrachten nur eine Änderung mit Blick auf das Geschäftsjahr. Unter Zugrundelegung dessen überwogen und überwiegen trotz der vom Kläger schlüssig dargelegten Freiheiten in der Ausübung seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) als Geschäftsführer qualitativ die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen.
39 
Ganz maßgeblich ist für den Senat insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zunächst die Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Befugnisse des Klägers. Der Kläger verfügt in seiner Eigenschaft als Gesellschafter seit Mai 2009 nicht mehr allein über das Stammkapital und seit Juni 2009 auch nicht über eine allgemeine Sperrminorität am Stammkapital der Beigeladenen zu 2). Seit Mai 2009 war die ICS mit EUR 50.000,00 am Stammkapital der Beigeladenen zu 2) beteiligt und verfügte damit über den gleichen Anteil am Stammkapital wie der Kläger. Im Juni 2009 wurde das Stammkapital der Beigeladenen zu 2) von EUR 100.000,00 um EUR 50.000,00 auf EUR 150.000,00 erhöht. Den weiteren Geschäftsanteil von EUR 50.000,00 übernahm die ICS, die damit mit 66,66 v.H. (entspricht EUR 100.000,00) einen wesentlich höheren Anteil am Stammkapital der Beigeladenen zu 2) als der Kläger hält, dessen Beteiligung am Stammkapital der Beigeladenen zu 2) sich nach Erhöhung des Stammkapitals und Übernahme des erhöhten Stammkapitals durch die ICS nur noch auf 33,33 v.H. (entspricht EUR 50.000,00) am Kapital der Beigeladenen zu 2) beläuft. Der Kläger hält damit seit Juni 2009 einen wesentlich geringeren Anteil am Stammkapital der Beigeladenen zu 2) als die ICS und kann Gesellschafterbeschlüsse, die nach § 7 des Gesellschaftsvertrags vom 24. Juni 2009 mit einer einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden müssen, bei weitem nicht verhindern. Dies ergibt sich auch aus § 6 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags vom 24. Juni 2009, wonach sich die Geschäftsführungsbefugnis nur auf Handlungen beschränkt, die nicht über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen. Für alle darüber hinausgehenden Geschäfte ist ein vorhergehender Gesellschafterbeschluss einzuholen. Dieser wird -im Streitfall - vom Mehrheitsgesellschafter der Beigeladenen zu 2) dominiert.
40 
Zur Einstufung des Klägers als selbstständig Erwerbstätigem führt auch nicht die Tatsache, dass er über den 24. Juni 2009 hinaus seine Abberufung als Geschäftsführer verhindern kann, weil dafür weiterhin 75 v.H. der Stimmen erforderlich sind (§ 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vom 24. Juni 2009). Zum Einen ist fraglich, ob der Kläger seine Abberufung tatsächlich verhindern könnte. Denn ein Gesellschafter ist nach § 47 Abs. 4 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) regelmäßig dann vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn gegen ihn gesellschaftsrechtlich bedeutsame Maßnahmen ergriffen werden sollen und er - quasi als Richter in eigener Sache - dazu sein eigenes Verhalten beurteilen muss (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 27. April 2009 - II ZR 167/07 -, in juris; Urteil des Senats vom 12. Februar 2014 - L 4 R 2782/12 -, nicht veröffentlicht). Auch ist fraglich, ob ein derart qualifiziertes Mehrheitserfordernis überhaupt zulässig ist. Die Möglichkeit zur Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund ist den Gesellschaftern nämlich zwingend einzuräumen (Oberlandesgericht [OLG] Düsseldorf, Urteil vom 23. Februar 2012 - I-6 U 135/10, 6 U 135/10 -, in juris). Zum Anderen steht dem Kläger aber eine dieser (negativen) „Verhinderungsmacht“ entsprechende (positive) „Gestaltungsmacht“ nicht zu. Er kann mit seinem Gesellschaftsanteil keine Beschlüsse durchsetzen und im Gegensatz zu der noch im Gesellschaftsvertrag vom 8. Mai 2009 geltenden Regelung (§ 6 des Gesellschaftsvertrags vom 8. Mai 2009) kann er ab 24. Juni 2009 auch nicht mehr die Bestellung eines weiteren Geschäftsführers verhindern, weil hierfür nunmehr 66 v.H. der Stimmen reichen (§ 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vom 24. Juni 2009) (vgl. hierzu Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Mai 2010 - L 16 KR 125/09 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Juni 2010 - L 5 KR 5179/08 -; Bayerisches LSG, Urteil vom 23. Oktober 2012 - L 5 R 767/10 -, alle in juris).
41 
Etwas anderes lässt sich insoweit auch nicht auf § 7 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags vom 9. Mai 2009 stützen. Hieraus ergibt sich kein Vetorecht des Klägers. Die Gesellschafterversammlung ist danach zwar nur beschlussfähig, wenn 100 v.H. des Stammkapitals anwesend oder vertreten sind. Nach § 7 Abs. 3 Satz 2 des Gesellschaftervertrags vom 24. Juni 2009 ist, wenn die Versammlung nicht beschlussfähig ist, jedoch eine neue Gesellschafterversammlung mit derselben Tagesordnung mit einer Frist von einer Woche einzuberufen, die ohne Rücksicht auf die Höhe des anwesenden oder vertretenen Stammkapitals beschlussfähig ist. Spätestens nach einer Woche kann der Kläger somit Beschlüsse der Gesellschaft nicht mehr verhindern.
42 
Auch wenn der Kläger über herausragendes Fachwissen verfügt und in der Vergangenheit alleiniger Gesellschafter der Beigeladenen zu 2) war, hält er nunmehr aus gesellschaftrechtlicher Sicht keinerlei Befugnisse mehr inne, die es ihm erlauben, die Geschicke der Beigeladenen zu 2) maßgeblich mitzulenken. Die Position des Klägers unterscheidet sich qualitativ nicht wesentlich von derjenigen leitender Angestellter, die unter dem Anreiz einer möglichen Steigerung der eigenen Bezüge sich für die Prosperität des Unternehmens einsetzen und im Übrigen auch unternehmerische (Teil-)Aufgaben wahrzunehmen haben (§ 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz, vgl. Bundesarbeitsgericht [BAG], Beschluss vom 5. Mai 2010 - 7 ABR 97/08 -; in juris). Wie weit die Lockerungen des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 3 SGB VI sowie § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, in juris). Die Position des Klägers wird auch durch seinen Anstellungsvertrag vom 4. April 1997 und den ab 1. Dezember 2010 gültigen Dienstvertrag zum Ausdruck gebracht. Auch diese zeigen deutlich das Bild einer abhängigen Beschäftigung. In ihnen haben der Kläger und die Beigeladene zu 2) u.a. vereinbart, dass der Kläger verpflichtet sei, die satzungsgemäßen Aufgaben der Beigeladenen zu 2) zu erfüllen und enumerativ aufgezählte Geschäfte einwilligungsbedürftig sind. Nach dem Dienstvertrag vom 26. November 2010 ist ergänzend normiert, dass der Kläger alle Geschäfte der Beigeladenen zu 2) mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze, des Gesellschaftervertrags und der Gesellschafterbeschlüsse durchzuführen hat. Weiterhin haben die Beigeladene zu 2) und der Kläger in den Verträgen ein festes Gehalt, im Vertrag vom 4. April 1997 auch eine Überstundenvergütung, eine zwei- bzw. dreimonatige Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und im Vertrag vom 26. November 2010 auch einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen im Jahr vereinbart. Im Anstellungsvertrag vom 4. April 1997 fehlt zwar ein solcher Urlaubsanspruch, jedoch wurde dem Kläger ein 13. Gehalt als Urlaubsgeld zugesprochen. Darüber hinaus stellt die Beigeladene zu 2) dem Kläger nach den Verträgen einen Dienstwagen zur Verfügung und die Verträge enthalten jeweils eine Kündigungsmöglichkeit. Die Vereinbarungen im Anstellungsvertrag und im Dienstvertrag entsprechen damit nahezu vollständig jenen, die im Arbeitsleben für abhängige Beschäftigungsverhältnisse üblich sind.
43 
Aus Sicht des Senats wurden diese gesellschaftsrechtlichen und dienstvertraglichen Verhältnisse auch tatsächlich gelebt. Dabei stellt der Senat nicht in Abrede, dass dem Kläger die überragende Gewichtung im Zusammenhang mit den zu treffenden fachlichen Fragen und Weichenstellungen zukommen mag. Allerdings kommt der ICS als Mehrheitsgesellschafter mit einem Anteil von 66,66 v.H. eine rechtlich überragende Stellung zu. Die Letztentscheidungsmöglichkeit in Bezug auf zu treffende finanzielle Dispositionen liegt damit gerade nicht beim Kläger. Dies wird auch aus den Angaben des Klägers im Erörterungstermin der Berichterstatterin gegenüber deutlich, wo er klargestellt hat, dass für den Fall, dass eine Investition von Seiten der ICS nicht für möglich erachtet wird, die Investition auf das nächste Jahr zu verschieben sei.
44 
Dass der Kläger auf Grund seines überragenden Fachwissens und der Tatsache, dass er früher Alleingesellschafter war, die Beigeladene zu 2) auch über den 20. Oktober 2009 hinaus möglicherweise selbstständig leitete und leitet, ohne an Weisungen gebunden zu sein, führt nicht zu einer anderen Beurteilung der Gesamtverantwortlichkeit in der Beigeladenen zu 2). Es handelt sich hierbei um eine Eigenschaft, die eine leitende Stellung in der Regel mit sich bringt und die als solche nicht jeden leitenden Angestellten zu einem Unternehmer macht. Entsprechendes gilt für die Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis möglicherweise durch freundschaftliche Rücksichtnahme und langjährige Geschäftsbeziehungen zwischen dem Kläger und der ICS gekennzeichnet war und ist. Auch dies führt aus Sicht des Senats nicht zu einer Verschiebung im Firmengefüge, wie es im Gesellschafts- und Anstellungs- bzw. Dienstvertrag eingerichtet ist. Dafür nämlich, dass der Kläger die Geschäfte der Beigeladenen zu 2) wie ein Alleingesellschafter nach eigenem Gutdünken führt, bestehen aus Sicht des Senats gerade keinerlei Anhaltspunkte. Dies wird auch durch die Angabe des Klägers deutlich, geschäftliche Angelegenheiten würden mit der ICS abgestimmt, der Zeuge B. begleite ihn ab und zu bei großen Vorträgen und dass finanzielle Investitionen bei Nichteinverständnis der ICS letztlich verschoben werden müssen.
45 
Der Kläger trägt in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2) auch kein unternehmerisches Risiko, was nach Rechtsprechung des erkennenden Senats ein besonders gewichtiges Entscheidungskriterium darstellt (z.B. Urteil des Senats vom 19. April 2013 - L 4 R 2078/11 -, in juris, zuletzt Urteil des Senats vom 11. April 2014 - L 4 R 3776/12 -, nicht veröffentlicht). Ihm steht sowohl nach dem Anstellungs- als auch dem Dienstvertrag ein Fixgehalt in einer Höhe zu, die seinen Lebensunterhalt unter allen Umständen sichern kann. Auch in einer Krisensituation hätte der Kläger Anspruch auf Fortzahlung seiner Bezüge. Beide Verträge enthalten keine Klauseln, nach denen der Kläger in seiner Position verpflichtet wäre, im Falle einer wirtschaftlichen Krise Kapital in die Beigeladene zu 2) zu schießen oder auf Teile seiner erfolgsunabhängigen Grundvergütung zu verzichten. Auch in seiner Rolle als Gesellschafter der Beigeladenen zu 2) trifft den Kläger kein signifikantes unternehmerisches Risiko. Der Gesellschaftsvertrag vom 24. Juni 2009 enthält ebenfalls keine Klauseln über eine Nachschusspflicht der Gesellschafter. Angesichts seines Anteils am Stammkapital von 33,33 v.H. (EUR 50.000,00) ist auch die allgemeine Gefahr eines GmbH-Gesellschafters, in einer Krisensituation der Gesellschaft faktisch gezwungen zu sein, in erheblichem Umfang Kapital nachzuschießen, um etwa eine Insolvenz der Gesellschaft zu verhindern, eher gering.
46 
Ein sozialversicherungsrechtlich entscheidendes Unternehmerrisiko ergibt auch nicht daraus, dass der Kläger eine Bürgschaft erteilt hat (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, in juris). Abgesehen davon, dass im Anstellungsvertrag vom 4. April 1997 dem Kläger mit Blick auf die gewährten Bürgschaften eine Vergütung zustand, ist das mit der Übernahme der Bürgschaften eingegangene Risiko der Haftung mit dem privaten Vermögen vom Kapitaleinsatz für das Unternehmen abzutrennen und tritt deshalb gegenüber den Gesichtspunkten, die für eine - auch gewollte - abhängige Beschäftigung sprechen, in den Hintergrund. Solche Einsätze sind auch seitens unstreitig abhängig Beschäftigter nicht unüblich. Eine Unternehmerstellung wird allein hierdurch nicht begründet. Zwar mag der Kläger seine persönliche wirtschaftliche Situation möglicherweise ganz erheblich auch an den wirtschaftlichen Fortbestand der Beigeladenen zu 2) geknüpft haben. Der Senat hält es aber schon nicht für gänzlich ungewöhnlich, dass ein (wenn auch nur angestelltes) Mitglied der Geschäftsleitung seinem offenbar zeitweilig finanziell angeschlagenen Arbeitgeber Darlehen und persönliche Bürgschaften gewährt, um den Beschäftigungsbetrieb am Leben zu erhalten. Im Übrigen verwundert es, dass der Kläger, wenn er in der Lage ist, für die Beigeladene zu 2) noch am 9. Dezember 2010 zu bürgen (Bürgschaft gegenüber der Kreissparkasse Heilbronn), sein Vermögen nicht für den Erwerb weiterer Gesellschaftsanteile verwendete. Dies zeigt, dass eine höhere Beteiligung des Klägers zumindest zu diesem Zeitpunkt nicht gewollt war (vgl. Urteil des Senats vom 21. Oktober 2011 - L 4 R 5166/08 -; in juris).
47 
Dass dem Kläger nach dem Anstellungs- und Dienstvertrag Tantiemen zugesprochen wurden, genügt nicht, um eine Beschäftigung auszuschließen. Die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer ist nicht ungewöhnlich (BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -; a.a.O.). Auf die Tantieme-Zahlung als feste Einnahme kann und konnte der Kläger nicht vertrauen. Maßgeblich war und ist der feste Grundlohn. Im Übrigen wurde seit dem Jahr 2009 keine Tantieme gewährt.
48 
Auch die Gehaltszahlungen an den Kläger werden nach Angabe des Klägers im Feststellungsbogen vom 29. September 2010 als Lohn/Gehalt und Betriebsausgabe verbucht. Dies ist ebenfalls typisch für ein Beschäftigungsverhältnis.
49 
Für ein Beschäftigungsverhältnis spricht des Weiteren, dass der Kläger im Verhältnis zu den Gesellschaftern nach § 6 Abs. 3 Gesellschaftsvertrag vom 24. Juni 2009 unter anderem an die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung gebunden war und ist. Nach § 8 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag hat er den Jahresabschluss und den Lagebericht innerhalb der gesetzlichen Fristen aufzustellen und der Gesellschafterversammlung unverzüglich zum Zwecke der Feststellung vorzulegen. Die Gesellschafterversammlung stellt den Jahresabschluss fest und beschließt die Gewinnverwendung. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Kläger als Gesellschafter Mitglied der Gesellschafterversammlung ist. Auf Grund seines Gesellschaftsanteils kann und konnte er - wie dargelegt - mit Ausnahme seiner eigenen Abberufung als Geschäftsführer, die nach dem Gesellschaftsvertrag vom 24. Juni 2009 der Mehrheit von 75 v.H. aller Stimmen bedarf, Beschlüsse weder durchsetzen noch verhindern.
50 
Für eine selbstständige Tätigkeit sprach und spricht auch nicht der Umstand, dass der Kläger über den 20. Oktober 2009 hinaus vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit ist, denn die ICS hat dem Kläger in seiner Tätigkeit letztlich nicht völlig freie Hand gelassen. Dies ergibt sich für den Senat insbesondere daraus, dass der Kläger nach dem Anstellungsvertrag vom 4. April 1997 an die satzungsmäßigen Aufgaben der Gesellschaft (§ 1) und nach dem Dienstvertrag vom 26. November 2010 an die gesetzlichen Bestimmungen, an Beschlüsse der Gesellschafterversammlung sowie an den Gesellschaftervertrag gebunden ist (§ 2). Auch aus dem Gesellschaftsvertrag vom 24. Juni 2009 ergibt sich eine entsprechende Bindung (§ 6). Im Übrigen hilft das Kriterium der Weisungsgebundenheit oder Weisungsfreiheit nur begrenzt bei der Beurteilung, ob eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit vorliegt. Insbesondere bei hoch qualifizierten Tätigkeiten ist die inhaltliche oder fachliche Weisungsbefugnis eingeschränkt. Hierzu gehört, die Tätigkeit des Klägers, der in der Vergangenheit die Beigeladene zu 2) allein geleitet hat, bei der Führung der Beigeladenen zu 2). Auf der anderen Seite kann auch die Tätigkeit eines Selbstständigen Bindungen und Weisungen eines Auftraggebers unterliegen. Selbstständige Handelsvertreter stehen z.B. in einem ständigen Vertragsverhältnis zu einem Auftraggeber, dessen Interessen sie wahrzunehmen habe.
51 
Der Kläger unterliegt als Geschäftsführer auch einem Wettbewerbsverbot. Nach dem Anstellungsvertrag vom 4. April 1997 verpflichtete er sich, während der Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Anstellungsvertrags in dem Landkreis, in welchem die Beigeladene zu 2) ihren Sitz hat, nicht für ein Unternehmen, das mit der Beigeladenen zu 2) in Konkurrenz steht, tätig zu sein (§ 8). Nach dem Dienstvertrag vom 26. November 2010 bedarf die Übernahme einer Nebentätigkeit bzw. Beteiligung an anderen Unternehmen der vorherigen Zustimmung der Gesellschaftsversammlung (§ 8).
52 
Der Kläger ist auch nicht aufgrund alleinig bei ihm vorhandener Fachkenntnisse und der Tatsache, dass er die Beigeladene zu 2) mitgegründet und lange Jahre allein geführt hat, als selbstständig Erwerbstätiger anzusehen. Zu beachten ist insoweit, dass neben dem Kläger weitere Programmierer in der Firma tätig sind, die wie der Kläger Einblick in die fachliche Struktur haben, weshalb der Kläger nicht gänzlich unersetzbar ist. Außerdem ergänzen sich die Produkte der ICS und der Beigeladenen zu 2). Beide Firmen sind nach den Angaben des Klägers im Erörterungstermin vom 24. September 2013 auf dem Gebiet der Logistik tätig, die ICS in der eigentlichen Lagerlogistik, die Beigeladene zu 2) beschäftigt sich mit der außerhalb des Lagers stattfindenden Logistik. Die ICS übernimmt zumindest teilweise auch den Vertrieb der Produkte der Beigeladenen zu 2). Der Zeuge B. tritt teilweise auch gemeinsam mit dem Kläger bei Vorträgen auf. Besonders ins Gewicht fällt insoweit auch, dass der Kläger auf das finanzielle Engagement der ICS angewiesen ist und diese deshalb einen großen Einfluss ausübt. Dass nicht nur der Kläger über Fachwissen im Bereich der Programmierung der Software verfügt, sondern auch die weiteren Programmierer unterscheidet den Rechtsstreit auch von der Konstellation, die dem Urteil des 11. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 26. Juni 2012 - L 11 KR 2769/11 -; in juris zugrunde lag. Dort hatte allein der Kläger das ganz spezielle Fachwissen mit Blick auf den Im- und Export von Hölzern für die Herstellung von Furnieren.
d)
53 
Die Feststellung, dass der Beigeladene zu 1) abhängig beschäftigt und in der Renten- und Arbeitslosenversicherung und bis 31. Dezember 2010 auch in der Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert ist, steht nicht im Widerspruch zu Feststellungen aus der Betriebsprüfung im Jahr 2013 den Prüfzeitraum vom 1. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2012 betreffend. Ausweislich des Bescheids vom 15. März 2013 war der sozialversicherungsrechtliche Status des Klägers nicht Gegenstand der Prüfung und diesbezüglich wurden in dem Betriebsprüfungsbescheid keine Feststellungen getroffen. Beschäftigte können aus den Ergebnissen früherer Prüfungen nur Rechte herleiten, wenn bei der Betriebsprüfung Versicherungspflicht und Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden sind (BSG, Urteil vom 29. Juli 2003 - B 12 AL 1/02 R -; in juris; Kasseler Kommentar-Werhahn, Stand 1. Dezember 2012, § 28p SGB IV Rdnr. 6a). Die Tatsache, dass keine Beanstandung bezüglich der Einordnung der Tätigkeit des Klägers erfolgte, genügt nicht. Die Prüfbehörden sind bei Arbeitgeberprüfungen nach § 28p SGB IV selbst in kleinen Betrieben zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten nicht verpflichtet. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm „Entlastung“ zu erteilen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben jedoch das Recht, in Zweifelsfällen nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV rechtzeitig eine Entscheidung der Einzugsstelle durch Verwaltungsakt herbeizuführen, an den die Versicherungsträger gebunden sind. Bei unterbliebenen Beanstandungen in Beitragsnachforderungsfällen besteht keine Vertrauensgrundlage für den Arbeitgeber (und den Arbeitnehmer) oder kein vertrauensbegründendes (Verwirkungs-)Verhalten des prüfenden Versicherungsträgers (zum Ganzen: BSG, Urteile vom 14. Juli 2004 - B 12 KR 1/04 R - und 30. Oktober 2013 - B 12 AL 2/11 R -, beide in juris). Soweit der zuständige Rentenversicherungsträger bei einer vorangegangenen Arbeitgeberprüfung einen bestimmten Sachverhalt (z.B. die Tätigkeit eines bestimmten Versicherten) nicht ausdrücklich überprüfte, enthält deshalb ein zu dieser Arbeitgeberprüfung ergangener Bescheid keine Regelung und deshalb auch keine begünstigende Regelung dahin, dass alle nicht im einzelnen geprüften Sachverhalte den rechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Abführung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags entsprechen. Deshalb bedarf es bei einer Nachforderung für einen von der vorangegangenen Prüfung umfassten Zeitraum auch keiner Aufhebung des vorangegangenen Prüfbescheids nach §§ 45 oder 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - (Urteil des erkennenden Senats vom 11. April 2014 - L 4 R 3776/12 -; nicht veröffentlicht; Hessisches LSG, Beschluss vom 23. April 2012 - L 1 KR 95/12 B ER - und LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Mai 2012 - L 8 R 164/12 B ER -; beide in juris; a.A. Bayerisches LSG, Urteil vom 8. Oktober 2013 - L 5 R 554/13 -; in juris, Revision anhängig beim BSG - B 12 R 4/14 R -). Dasselbe gilt auch für eine Feststellung nach § 28h SGB IV.
e)
54 
Die Beklagte hat die Feststellung der Versicherungspflicht für die Kranken- und Pflegeversicherung zu Recht auf die Zeit vom 20. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2010 begrenzt. Der Kläger ist auf Grund seiner monatlichen Bezüge in Höhe von EUR 6.000,00 ab 1. Dezember 2010 und der daraus folgenden Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze in Höhe von EUR 49.500,00 ab 1. Januar 2011 nach § 6 SGB V versicherungsfrei. Er unterliegt seit 1. Januar 2011 nicht der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung. Damit besteht ab diesem Zeitpunkt auch keine Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung auf Grund versicherungspflichtiger Beschäftigung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI. Für die Zeit vom 20. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2010 stand, obwohl der Kläger auch schon ab 20. Oktober 2009 die Jahresarbeitsentgeltgrenze aufgrund seiner monatlichen Einkünfte von EUR 6.500,00 überschritt, die Regelung über die Versicherungsfreiheit in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V mit seinem vom 2. Februar 2007 bis 30. Dezember 2010 geltenden Erfordernis eines dreijährigen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze der Befreiung entgegen. Die durch das GKV-WSG vom 26. März 2007 in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V eingefügte „Wartefrist“, nach der abhängig Beschäftigte mit einem Einkommen über der jeweils für sie geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze erst nach drei Kalenderjahren mit einem solchen Einkommen versicherungsfrei werden, gilt auch für solche Versicherten, die vor Aufnahme ihrer Beschäftigung selbstständig tätig waren und die bereits privat krankenversichert sind, unabhängig davon, wie hoch ihr Arbeitseinkommen als Selbstständiger war. Auch auf die Besitzstandsregelung in § 6 Abs. 9 SGB V kann sich ein Versicherter nicht berufen, der - wie der Kläger - am Stichtag (2. Februar 2007) selbstständig war (so Urteil des erkennenden Senats vom 12. Februar 2010 - L 4 KR 1420/09 - und nachfolgend BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 - B 12 KR 6/10 R -; beide in juris). Damit bestand in diesem Zeitraum auch Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI.
4.
55 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5.
56 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 07. Mai 2014 - L 4 KR 1024/13

Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 07. Mai 2014 - L 4 KR 1024/13

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 07. Mai 2014 - L 4 KR 1024/13 zitiert 28 §§.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 48 Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse


(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltun

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 45 Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen de

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 7 Beschäftigung


(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. (1a) Eine B

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 181 Insichgeschäft


Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllu

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 7a Feststellung des Erwerbsstatus


(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsste

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 28p Prüfung bei den Arbeitgebern


(1) Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüf

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 6 Versicherungsfreiheit


(1) Versicherungsfrei sind 1. Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücks

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 1 Beschäftigte


Versicherungspflichtig sind1.Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind; während des Bezuges von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch besteht die Versicherungspflicht fort,2.behinderte Menschen, diea)in anerk

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 20 Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung für Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung


(1) Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind:1.Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt be

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 25 Beschäftigte


(1) Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleich:

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 28a Meldepflicht


(1) Der Arbeitgeber oder ein anderer Meldepflichtiger hat der Einzugsstelle für jeden in der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung kraft Gesetzes Versicherten1.bei Beginn der versicherungspflichtigen Beschäfti

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 28h Einzugsstellen


(1) Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Beitragsansprüche, die nicht recht

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 27 Versicherungsfreie Beschäftigte


(1) Versicherungsfrei sind Personen in einer Beschäftigung als1.Beamtin, Beamter, Richterin, Richter, Soldatin auf Zeit, Soldat auf Zeit, Berufssoldatin oder Berufssoldat der Bundeswehr sowie als sonstige Beschäftigte oder sonstiger Beschäftigter des

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 175 Ausübung des Wahlrechts


(1) Die Ausübung des Wahlrechts ist gegenüber der gewählten Krankenkasse zu erklären. Diese darf die Mitgliedschaft nicht ablehnen oder die Erklärung nach Satz 1 durch falsche oder unvollständige Beratung verhindern oder erschweren. Das Wahlrecht kan

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 28i Zuständige Einzugsstelle


Zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung durchgeführt wird. Für Beschäftigte, die bei keiner Krankenkasse versichert sind, werden Beiträge zur Rentenversicherung und zur A

Referenzen - Urteile

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 07. Mai 2014 - L 4 KR 1024/13 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 07. Mai 2014 - L 4 KR 1024/13 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Apr. 2009 - II ZR 167/07

bei uns veröffentlicht am 27.04.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 167/07 Verkündet am: 27. April 2009 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 19. Apr. 2013 - L 4 R 2078/11

bei uns veröffentlicht am 19.04.2013

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. April 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.Die Revision wird zugelassen. Tatbestand

Bundessozialgericht Urteil, 29. Aug. 2012 - B 12 KR 25/10 R

bei uns veröffentlicht am 29.08.2012

Tenor Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Rentenversicherungspfli

Bundessozialgericht Urteil, 27. Juni 2012 - B 12 KR 6/10 R

bei uns veröffentlicht am 27.06.2012

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 26. Juni 2012 - L 11 KR 2769/11

bei uns veröffentlicht am 26.06.2012

Tenor Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.06.2011 und der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008 abgeändert.Es wird festgestellt, dass de

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 21. Okt. 2011 - L 4 R 5166/08

bei uns veröffentlicht am 21.10.2011

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17. September 2008 wird zurückgewiesen.Die Klage wegen des Bescheids vom 11. Mai 2011 wird abgewiesen.Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kost

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 05. Mai 2010 - 7 ABR 97/08

bei uns veröffentlicht am 05.05.2010

Tenor Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 10. Oktober 2008 - 10 TaBV 24/08 - wird zurückgewiesen.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 12. Feb. 2010 - L 4 KR 1420/09

bei uns veröffentlicht am 12.02.2010

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 05. Februar 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen. Ta

Referenzen

Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.

(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.

(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.

(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.

(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.

Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung durchgeführt wird. Für Beschäftigte, die bei keiner Krankenkasse versichert sind, werden Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung an die Einzugsstelle gezahlt, die der Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 175 Absatz 3 Satz 2 des Fünften Buches gewählt hat. Zuständige Einzugsstelle ist in den Fällen des § 28f Absatz 2 die nach § 175 Absatz 3 Satz 4 des Fünften Buches bestimmte Krankenkasse. Zuständige Einzugsstelle ist in den Fällen des § 2 Absatz 3 die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See. Bei geringfügigen Beschäftigungen ist zuständige Einzugsstelle die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der Rentenversicherung.

(1) Die Ausübung des Wahlrechts ist gegenüber der gewählten Krankenkasse zu erklären. Diese darf die Mitgliedschaft nicht ablehnen oder die Erklärung nach Satz 1 durch falsche oder unvollständige Beratung verhindern oder erschweren. Das Wahlrecht kann nach Vollendung des 15. Lebensjahres ausgeübt werden.

(2) Hat vor der Ausübung des Wahlrechts zuletzt eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse bestanden, informiert die gewählte Krankenkasse die bisherige Krankenkasse im elektronischen Meldeverfahren unverzüglich über die Wahlentscheidung des Mitgliedes. Die bisherige Krankenkasse bestätigt der gewählten Krankenkasse im elektronischen Meldeverfahren unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Meldung, das Ende der Mitgliedschaft; ist der Zeitraum nach Absatz 4 Satz 1 oder § 53 Absatz 8 Satz 1 noch nicht abgelaufen, ist als Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft das Datum des Ablaufs des Zeitraums anzugeben.

(2a) Liegen der Aufsichtsbehörde Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Krankenkasse entgegen Absatz 1 Satz 2 eine Mitgliedschaft rechtswidrig abgelehnt hat oder die Abgabe der Erklärung nach Absatz 1 Satz 1 verhindert oder erschwert, hat sie diesen Anhaltspunkten unverzüglich nachzugehen und die Krankenkasse zur Behebung einer festgestellten Rechtsverletzung und zur Unterlassung künftiger Rechtsverletzungen zu verpflichten. Das gilt auch, wenn die bisherige Krankenkasse einen Krankenkassenwechsel behindert oder die Meldung nach Absatz 2 Satz 1 nicht fristgerecht beantwortet. Als rechtswidrig ist insbesondere eine Beratung durch die angegangene Krankenkasse anzusehen, die dazu führt, dass von der Erklärung nach Absatz 1 Satz 1 ganz abgesehen wird oder diese nur unter erschwerten Bedingungen abgegeben werden kann. Die Verpflichtung der Krankenkasse nach den Sätzen 1 und 2 ist mit der Androhung eines Zwangsgeldes von bis zu 50 000 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verbinden. Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Aufsichtsbehörde nach den Sätzen 1, 2 und 4 haben keine aufschiebende Wirkung. Vorstandsmitglieder, die vorsätzlich oder fahrlässig nicht verhindern, dass die Krankenkasse entgegen Absatz 1 Satz 2 eine Mitgliedschaft rechtswidrig ablehnt oder die Abgabe der Erklärung nach Absatz 1 Satz 1 verhindert oder erschwert, sind der Krankenkasse zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(3) Versicherungspflichtige haben der zur Meldung verpflichteten Stelle unverzüglich Angaben über die gewählte Krankenkasse zu machen. Hat der Versicherungspflichtige der zur Meldung verpflichteten Stelle nicht spätestens zwei Wochen nach Eintritt der Versicherungspflicht Angaben über die gewählte Krankenkasse gemacht, hat die zur Meldung verpflichtete Stelle den Versicherungspflichtigen ab Eintritt der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse anzumelden, bei der zuletzt eine Versicherung bestand; bestand vor Eintritt der Versicherungspflicht keine Versicherung, hat die zur Meldung verpflichtete Stelle den Versicherungspflichtigen bei einer nach § 173 wählbaren Krankenkasse anzumelden und den Versicherungspflichtigen unverzüglich über die gewählte Krankenkasse in Textform zu unterrichten. Nach Eingang der Anmeldung hat die Krankenkasse der zur Meldung verpflichteten Stelle im elektronischen Meldeverfahren das Bestehen oder Nichtbestehen der Mitgliedschaft zurückzumelden. Für die Fälle, in denen der Versicherungspflichtige keine Angaben über die gewählte Krankenkasse macht und keine Meldung nach Satz 2 erfolgt, legt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen Regeln über die Zuständigkeit fest.

(3a) Bei Schließung oder Insolvenz einer Krankenkasse haben Versicherungspflichtige spätestens innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung des Schließungsbescheids oder der Stellung des Insolvenzantrags (§ 160 Absatz 3 Satz 1) der zur Meldung verpflichteten Stelle Angaben über die gewählte Krankenkasse zu machen. Werden die Angaben nach Satz 1 über die gewählte Krankenkasse nicht oder nicht rechtzeitig gemacht, gilt Absatz 3 Satz 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Anmeldung durch die zur Meldung verpflichtete Stelle innerhalb von weiteren zwei Wochen mit Wirkung zu dem Zeitpunkt zu erfolgen hat, an dem die Schließung wirksam wird. Bei Stellung eines Insolvenzantrags erfolgt die Meldung zum ersten Tag des laufenden Monats, spätestens zu dem Zeitpunkt, an dem das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Antrag mangels Masse abgewiesen wird. Wird die Krankenkasse nicht geschlossen, bleibt die Mitgliedschaft bei dieser Krankenkasse bestehen. Die gewählten Krankenkassen haben die geschlossene oder insolvente Krankenkasse im elektronischen Meldeverfahren unverzüglich über die Wahlentscheidung des Mitglieds zu informieren. Mitglieder, bei denen keine zur Meldung verpflichtete Stelle besteht, haben der geschlossenen Krankenkasse innerhalb von drei Monaten nach dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt über die gewählte Krankenkasse zu informieren.

(4) Versicherungspflichtige und Versicherungsberechtigte sind an die von ihnen gewählte Krankenkasse mindestens zwölf Monate gebunden. Satz 1 gilt nicht bei Ende der Mitgliedschaft kraft Gesetzes. Zum oder nach Ablauf des in Satz 1 festgelegten Zeitraums ist eine Kündigung der Mitgliedschaft zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats möglich, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied die Kündigung erklärt. Bei einem Wechsel in eine andere Krankenkasse ersetzt die Meldung der neuen Krankenkasse über die Ausübung des Wahlrechts nach Absatz 2 Satz 1 die Kündigungserklärung des Mitglieds; die Kündigung gilt mit Zugang der Meldung der neuen Krankenkasse über die Ausübung des Wahlrechts nach Absatz 2 Satz 1 bei der bisherigen Krankenkasse als im Zeitpunkt des Zugangs der Wahlerklärung nach Absatz 1 Satz 1 bei der neuen Krankenkasse erklärt. Erfolgt die Kündigung, weil keine Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse begründet werden soll, hat die Krankenkasse dem Mitglied unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Kündigungserklärung eine Kündigungsbestätigung auszustellen; die Kündigung wird wirksam, wenn das Mitglied innerhalb der Kündigungsfrist das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall nachweist. Erhebt die Krankenkasse nach § 242 Absatz 1 erstmals einen Zusatzbeitrag oder erhöht sie ihren Zusatzbeitragssatz, kann die Kündigung der Mitgliedschaft abweichend von Satz 1 bis zum Ablauf des Monats erklärt werden, für den der Zusatzbeitrag erstmals erhoben wird oder für den der Zusatzbeitragssatz erhöht wird; Satz 4 gilt entsprechend. Die Krankenkasse hat spätestens einen Monat vor dem in Satz 6 genannten Zeitpunkt ihre Mitglieder in einem gesonderten Schreiben auf das Kündigungsrecht nach Satz 6 und dessen Ausübung, auf die Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a sowie auf die Übersicht des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen zu den Zusatzbeitragssätzen der Krankenkassen nach § 242 Absatz 5 hinzuweisen; überschreitet der neu erhobene Zusatzbeitrag oder der erhöhte Zusatzbeitragssatz den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz, so sind die Mitglieder auf die Möglichkeit hinzuweisen, in eine günstigere Krankenkasse zu wechseln. Kommt die Krankenkasse ihrer Hinweispflicht nach Satz 7 gegenüber einem Mitglied verspätet nach, gilt eine erfolgte Kündigung als in dem Monat erklärt, für den der Zusatzbeitrag erstmalig erhoben wird oder für den der Zusatzbeitragssatz erhöht wird; hiervon ausgenommen sind Kündigungen, die bis zu dem in Satz 6 genannten Zeitpunkt ausgeübt worden sind. Satz 1 gilt nicht, wenn die Kündigung eines Versicherungsberechtigten erfolgt, weil die Voraussetzungen einer Versicherung nach § 10 erfüllt sind oder wenn die Kündigung erfolgt, weil keine Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse begründet werden soll. Die Krankenkassen können in ihren Satzungen vorsehen, dass die Frist nach Satz 1 nicht gilt, wenn eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse der gleichen Kassenart begründet werden soll.

(4a) Die Hinweispflicht der Krankenkassen nach § 175 Absatz 4 Satz 7 besteht nicht für eine Erhöhung des Zusatzbeitragssatzes, die im Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 30. Juni 2023 wirksam wird. Die Krankenkassen haben stattdessen spätestens einen Monat vor dem in Absatz 4 Satz 6 genannten Zeitpunkt ihre Mitglieder auf andere geeignete Weise auf das Kündigungsrecht nach Absatz 4 Satz 6 und dessen Ausübung, auf die Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a, die Möglichkeit, in eine günstigere Krankenkasse zu wechseln sowie auf die Übersicht des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen zu den Zusatzbeitragssätzen der Krankenkassen nach § 242 Absatz 5 hinzuweisen. Absatz 4 Satz 8 gilt entsprechend.

(5) Absatz 4 gilt nicht für Versicherungspflichtige, die durch die Errichtung oder Ausdehnung einer Betriebs- oder Innungskrankenkasse oder durch betriebliche Veränderungen Mitglieder einer Betriebs- oder Innungskrankenkasse werden können, wenn sie die Wahl innerhalb von zwei Wochen nach dem Zeitpunkt der Errichtung, Ausdehnung oder betrieblichen Veränderung ausüben; Absatz 2 gilt entsprechend.

(6) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt für die Meldungen und Informationspflichten nach dieser Vorschrift einheitliche Verfahren und Vordrucke fest und bestimmt die Inhalte für das elektronische Meldeverfahren zwischen den Krankenkassen nach den Absätzen 2, 3a, 4 und 5 sowie für das elektronische Meldeverfahren zwischen den Krankenkassen und den zur Meldung verpflichteten Stellen nach Absatz 3.

(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.

(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.

(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.

(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.

(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.

(1) Der Arbeitgeber oder ein anderer Meldepflichtiger hat der Einzugsstelle für jeden in der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung kraft Gesetzes Versicherten

1.
bei Beginn der versicherungspflichtigen Beschäftigung,
2.
bei Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung,
3.
bei Eintritt eines Insolvenzereignisses,
4.
(weggefallen)
5.
bei Änderungen in der Beitragspflicht,
6.
bei Wechsel der Einzugsstelle,
7.
bei Anträgen auf Altersrenten oder Auskunftsersuchen des Familiengerichts in Versorgungsausgleichsverfahren,
8.
bei Unterbrechung der Entgeltzahlung,
9.
bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses,
10.
auf Anforderung der Einzugsstelle nach § 26 Absatz 4 Satz 2,
11.
bei Antrag des geringfügig Beschäftigten nach § 6 Absatz 1b des Sechsten Buches auf Befreiung von der Versicherungspflicht,
12.
bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt,
13.
bei Beginn der Berufsausbildung,
14.
bei Ende der Berufsausbildung,
15.
bei Wechsel im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2024 von einem Beschäftigungsbetrieb im Beitrittsgebiet zu einem Beschäftigungsbetrieb im übrigen Bundesgebiet oder umgekehrt,
16.
bei Beginn der Altersteilzeitarbeit,
17.
bei Ende der Altersteilzeitarbeit,
18.
bei Änderung des Arbeitsentgelts, wenn die Geringfügigkeitsgrenze über- oder unterschritten wird,
19.
bei nach § 23b Absatz 2 bis 3 gezahltem Arbeitsentgelt oder
20.
bei Wechsel im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2024 von einem Wertguthaben, das im Beitrittsgebiet und einem Wertguthaben, das im übrigen Bundesgebiet erzielt wurde,
eine Meldung zu erstatten. Jede Meldung sowie die darin enthaltenen Datensätze sind mit einem eindeutigen Kennzeichen zur Identifizierung zu versehen.

(1a) (weggefallen)

(2) Der Arbeitgeber hat jeden am 31. Dezember des Vorjahres Beschäftigten nach Absatz 1 zu melden (Jahresmeldung).

(2a) Der Arbeitgeber hat für jeden in einem Kalenderjahr Beschäftigten, der in der Unfallversicherung versichert ist, zum 16. Februar des Folgejahres eine besondere Jahresmeldung zur Unfallversicherung zu erstatten. Diese Meldung enthält über die Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 3, 6 und 9 hinaus folgende Angaben:

1.
die Unternehmernummer nach § 136a des Siebten Buches;
2.
die Betriebsnummer des zuständigen Unfallversicherungsträgers;
3.
das in der Unfallversicherung beitragspflichtige Arbeitsentgelt in Euro und seine Zuordnung zur jeweilig anzuwendenden Gefahrtarifstelle.
Arbeitgeber, die Mitglied der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft sind und für deren Beitragsberechnung der Arbeitswert keine Anwendung findet, haben Meldungen nach Satz 2 Nummer 1 bis 3 nicht zu erstatten. Abweichend von Satz 1 ist die Meldung bei Eintritt eines Insolvenzereignisses, bei einer endgültigen Einstellung des Unternehmens oder bei der Beendigung aller Beschäftigungsverhältnisse mit der nächsten Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von sechs Wochen, abzugeben.

(3) Die Meldungen enthalten für jeden Versicherten insbesondere

1.
seine Versicherungsnummer, soweit bekannt,
2.
seinen Familien- und Vornamen,
3.
sein Geburtsdatum,
4.
seine Staatsangehörigkeit,
5.
Angaben über seine Tätigkeit nach dem Schlüsselverzeichnis der Bundesagentur für Arbeit,
6.
die Betriebsnummer seines Beschäftigungsbetriebes,
7.
die Beitragsgruppen,
7a.
(weggefallen)
8.
die zuständige Einzugsstelle und
9.
den Arbeitgeber.
Zusätzlich sind anzugeben
1.
bei der Anmeldung
a)
die Anschrift,
b)
der Beginn der Beschäftigung,
c)
sonstige für die Vergabe der Versicherungsnummer erforderliche Angaben,
d)
nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 die Angabe, ob zum Arbeitgeber eine Beziehung als Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling besteht,
e)
nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 die Angabe, ob es sich um eine Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung handelt,
f)
die Angabe der Staatsangehörigkeit,
2.
bei allen Entgeltmeldungen
a)
eine Namens-, Anschriften- oder Staatsangehörigkeitsänderung, soweit diese Änderung nicht schon anderweitig gemeldet ist,
b)
das in der Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung beitragspflichtige Arbeitsentgelt in Euro, in den Fällen, in denen kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in der Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung vorliegt, das beitragspflichtige Arbeitsentgelt in der Krankenversicherung,
c)
in Fällen, in denen die beitragspflichtige Einnahme in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 20 Absatz 2a oder § 134 bemessen wird, das Arbeitsentgelt, das ohne Anwendung dieser Regelung zu berücksichtigen wäre,
d)
der Zeitraum, in dem das angegebene Arbeitsentgelt erzielt wurde,
e)
Wertguthaben, die auf die Zeit nach Eintritt der Erwerbsminderung entfallen,
f)
für geringfügig Beschäftigte zusätzlich die Steuernummer des Arbeitgebers, die Identifikationsnummer nach § 139b der Abgabenordnung des Beschäftigten und die Art der Besteuerung.
g)
(weggefallen)
h)
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
bei der Meldung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 19
a)
das Arbeitsentgelt in Euro, für das Beiträge gezahlt worden sind,
b)
im Falle des § 23b Absatz 2 der Kalendermonat und das Jahr der nicht zweckentsprechenden Verwendung des Arbeitsentgelts, im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers jedoch der Kalendermonat und das Jahr der Beitragszahlung.

(3a) Der Arbeitgeber oder eine Zahlstelle nach § 202 Absatz 2 des Fünften Buches hat in den Fällen, in denen für eine Meldung keine Versicherungsnummer des Beschäftigten oder Versorgungsempfängers vorliegt, im Verfahren nach Absatz 1 eine Meldung zur Abfrage der Versicherungsnummer an die Datenstelle der Rentenversicherung zu übermitteln; die weiteren Meldepflichten bleiben davon unberührt. Die Datenstelle der Rentenversicherung übermittelt dem Arbeitgeber oder der Zahlstelle unverzüglich durch Datenübertragung die Versicherungsnummer oder den Hinweis, dass die Vergabe der Versicherungsnummer mit der Anmeldung erfolgt.

(3b) Der Arbeitgeber hat auf elektronische Anforderung der Einzugsstelle mit der nächsten Entgeltabrechnung die notwendigen Angaben zur Einrichtung eines Arbeitgeberkontos elektronisch zu übermitteln. Das Nähere über die Angaben, die Datensätze und das Verfahren regeln die Gemeinsamen Grundsätze nach § 28b Absatz 1.

(4) Arbeitgeber haben den Tag des Beginns eines Beschäftigungsverhältnisses spätestens bei dessen Aufnahme an die Datenstelle der Rentenversicherung nach Satz 2 zu melden, sofern sie Personen in folgenden Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen beschäftigen:

1.
im Baugewerbe,
2.
im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,
3.
im Personenbeförderungsgewerbe,
4.
im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe,
5.
im Schaustellergewerbe,
6.
bei Unternehmen der Forstwirtschaft,
7.
im Gebäudereinigungsgewerbe,
8.
bei Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen,
9.
in der Fleischwirtschaft,
10.
im Prostitutionsgewerbe,
11.
im Wach- und Sicherheitsgewerbe.
Die Meldung enthält folgende Angaben über den Beschäftigten:
1.
den Familien- und die Vornamen,
2.
die Versicherungsnummer, soweit bekannt, ansonsten die zur Vergabe einer Versicherungsnummer notwendigen Angaben (Tag und Ort der Geburt, Anschrift),
3.
die Betriebsnummer des Arbeitgebers und
4.
den Tag der Beschäftigungsaufnahme.
Die Meldung wird in der Stammsatzdatei nach § 150 Absatz 1 und 2 des Sechsten Buches gespeichert. Die Meldung gilt nicht als Meldung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1.

(4a) Der Meldepflichtige erstattet die Meldungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 an die zuständige Einzugsstelle. In der Meldung sind insbesondere anzugeben:

1.
die Versicherungsnummer des Beschäftigten,
2.
die Betriebsnummer des Beschäftigungsbetriebes,
3.
das monatliche laufende und einmalig gezahlte Arbeitsentgelt, von dem Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung für das der Ermittlung nach § 26 Absatz 4 zugrunde liegende Kalenderjahr berechnet wurden.

(5) Der Meldepflichtige hat der zu meldenden Person den Inhalt der Meldung in Textform mitzuteilen; dies gilt nicht, wenn die Meldung ausschließlich auf Grund einer Veränderung der Daten für die gesetzliche Unfallversicherung erfolgt.

(6) Soweit der Arbeitgeber eines Hausgewerbetreibenden Arbeitgeberpflichten erfüllt, gilt der Hausgewerbetreibende als Beschäftigter.

(6a) Beschäftigt ein Arbeitgeber, der

1.
im privaten Bereich nichtgewerbliche Zwecke oder
2.
mildtätige, kirchliche, religiöse, wissenschaftliche oder gemeinnützige Zwecke im Sinne des § 10b des Einkommensteuergesetzes
verfolgt, Personen geringfügig nach § 8, kann er auf Antrag abweichend von Absatz 1 Meldungen auf Vordrucken erstatten, wenn er glaubhaft macht, dass ihm eine Meldung auf maschinell verwertbaren Datenträgern oder durch Datenübertragung nicht möglich ist.

(7) Der Arbeitgeber hat der Einzugsstelle für einen im privaten Haushalt Beschäftigten anstelle einer Meldung nach Absatz 1 unverzüglich eine vereinfachte Meldung (Haushaltsscheck) mit den Angaben nach Absatz 8 Satz 1 zu erstatten, wenn das Arbeitsentgelt nach § 14 Absatz 3 aus dieser Beschäftigung regelmäßig die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigt. Der Arbeitgeber kann die Meldung nach Satz 1 auch durch Datenübertragung aus systemgeprüften Programmen oder mit maschinell erstellten Ausfüllhilfen übermitteln. Der Arbeitgeber hat der Einzugsstelle gesondert ein Lastschriftmandat zum Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags zu erteilen. Die Absätze 2 bis 5 gelten nicht.

(8) Der Haushaltsscheck enthält

1.
den Familiennamen, Vornamen, die Anschrift und die Betriebsnummer des Arbeitgebers,
2.
den Familiennamen, Vornamen, die Anschrift und die Versicherungsnummer des Beschäftigten; kann die Versicherungsnummer nicht angegeben werden, ist das Geburtsdatum des Beschäftigten einzutragen,
3.
die Angabe, ob der Beschäftigte im Zeitraum der Beschäftigung bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt ist, und
4.
a)
bei einer Meldung bei jeder Lohn- oder Gehaltszahlung den Zeitraum der Beschäftigung, das Arbeitsentgelt nach § 14 Absatz 3 für diesen Zeitraum sowie am Ende der Beschäftigung den Zeitpunkt der Beendigung,
b)
bei einer Meldung zu Beginn der Beschäftigung deren Beginn und das monatliche Arbeitsentgelt nach § 14 Absatz 3, die Steuernummer des Arbeitgebers, die Identifikationsnummer nach § 139b der Abgabenordnung des Beschäftigten und die Art der Besteuerung,
c)
bei einer Meldung wegen Änderung des Arbeitsentgelts nach § 14 Absatz 3 den neuen Betrag und den Zeitpunkt der Änderung,
d)
bei einer Meldung am Ende der Beschäftigung den Zeitpunkt der Beendigung,
e)
bei Erklärung des Verzichts auf Versicherungsfreiheit nach § 230 Absatz 8 Satz 2 des Sechsten Buches den Zeitpunkt des Verzichts,
f)
bei Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Absatz 1b des Sechsten Buches den Tag des Zugangs des Antrags beim Arbeitgeber.
Bei sich anschließenden Meldungen kann von der Angabe der Anschrift des Arbeitgebers und des Beschäftigten abgesehen werden.

(9) Soweit nicht anders geregelt, gelten für versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreite geringfügig Beschäftigte die Absätze 1 bis 6 entsprechend. Eine Jahresmeldung nach Absatz 2 ist für geringfügig Beschäftigte nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 nicht zu erstatten.

(9a) Für geringfügig Beschäftigte nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 hat der Arbeitgeber bei der Meldung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zusätzlich anzugeben, wie diese für die Dauer der Beschäftigung krankenversichert sind. Die Evaluierung der Regelung erfolgt im Rahmen eines Berichts der Bundesregierung über die Wirkung der Maßnahme bis Ende des Jahres 2026.

(10) Der Arbeitgeber hat für Beschäftigte, die nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches von der Versicherungspflicht befreit und Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, die Meldungen nach den Absätzen 1, 2 und 9 zusätzlich an die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen zu erstatten; dies gilt nicht für Meldungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 10. Die Datenübermittlung hat durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung aus systemgeprüften Programmen oder mittels systemgeprüfter maschinell erstellter Ausfüllhilfen zu erfolgen. Zusätzlich zu den Angaben nach Absatz 3 enthalten die Meldungen die Mitgliedsnummer des Beschäftigten bei der Versorgungseinrichtung. Die Absätze 5 bis 6a gelten entsprechend.

(11) Der Arbeitgeber hat für Beschäftigte, die nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches von der Versicherungspflicht befreit und Mitglied in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, der Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen monatliche Meldungen zur Beitragserhebung zu erstatten. Absatz 10 Satz 2 gilt entsprechend. Diese Meldungen enthalten für den Beschäftigten

1.
die Mitgliedsnummer bei der Versorgungseinrichtung oder, wenn die Mitgliedsnummer nicht bekannt ist, die Personalnummer beim Arbeitgeber, den Familien- und Vornamen, das Geschlecht und das Geburtsdatum,
2.
den Zeitraum, für den das Arbeitsentgelt gezahlt wird,
3.
das beitragspflichtige ungekürzte laufende Arbeitsentgelt für den Zahlungszeitraum,
4.
das beitragspflichtige ungekürzte einmalig gezahlte Arbeitsentgelt im Monat der Abrechnung,
5.
die Anzahl der Sozialversicherungstage im Zahlungszeitraum,
6.
den Beitrag, der bei Firmenzahlern für das Arbeitsentgelt nach Nummer 3 und 4 anfällt,
7.
die Betriebsnummer der Versorgungseinrichtung,
8.
die Betriebsnummer des Beschäftigungsbetriebes,
9.
den Arbeitgeber,
10.
den Ort des Beschäftigungsbetriebes,
11.
den Monat der Abrechnung.
Soweit nicht aus der Entgeltbescheinigung des Beschäftigten zu entnehmen ist, dass die Meldung erfolgt ist und welchen Inhalt sie hatte, gilt Absatz 5.

(12) Der Arbeitgeber hat auch für ausschließlich nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 des Siebten Buches versicherte Beschäftigte mit beitragspflichtigem Entgelt Meldungen nach den Absätzen 1 und 3 Satz 2 Nummer 2 abzugeben.

(13) (weggefallen)

(1) Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen.

(2) Die Einzugsstelle entscheidet über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung auf Verlangen des Arbeitgebers durch einen schriftlichen oder elektronischen Bescheid; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Soweit die Einzugsstelle die Höhe des Arbeitsentgelts nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat sie dieses zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt des Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen. Die nach § 28i Satz 5 zuständige Einzugsstelle prüft die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenze bei geringfügiger Beschäftigung nach den §§ 8 und 8a und entscheidet bei deren Überschreiten über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid.

(2a) (weggefallen)

(3) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks vergibt die Einzugsstelle im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit die Betriebsnummer des Arbeitgebers, berechnet den Gesamtsozialversicherungsbeitrag und die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz und zieht diese vom Arbeitgeber im Wege des Lastschriftverfahrens ein. Die Einzugsstelle meldet bei Beginn und Ende der Beschäftigung und zum Jahresende der Datenstelle der Rentenversicherung die für die Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit erforderlichen Daten eines jeden Beschäftigten. Die Einzugsstelle teilt dem Beschäftigten den Inhalt der abgegebenen Meldung schriftlich oder durch gesicherte Datenübertragung mit.

(4) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks bescheinigt die Einzugsstelle dem Arbeitgeber zum Jahresende

1.
den Zeitraum, für den Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt wurden, und
2.
die Höhe des Arbeitsentgelts (§ 14 Absatz 3), des von ihm getragenen Gesamtsozialversicherungsbeitrags und der Umlagen.

Versicherungspflichtig sind

1.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind; während des Bezuges von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch besteht die Versicherungspflicht fort,
2.
behinderte Menschen, die
a)
in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
b)
in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
3.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe oder in Berufsbildungswerken oder ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen; dies gilt auch für Personen während der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches,
3a.
(weggefallen)
4.
Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften während ihres Dienstes für die Gemeinschaft und während der Zeit ihrer außerschulischen Ausbildung.
Personen, die Wehrdienst leisten und nicht in einem Dienstverhältnis als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit stehen, sind in dieser Beschäftigung nicht nach Satz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig; sie gelten als Wehrdienstleistende im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 2 oder 2a und Satz 4. Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft sind in dem Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, nicht versicherungspflichtig beschäftigt, wobei Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes als ein Unternehmen gelten. Die in Satz 1 Nr. 2 bis 4 genannten Personen gelten als Beschäftigte im Sinne des Rechts der Rentenversicherung. Die folgenden Personen stehen den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 gleich:
1.
Auszubildende, die in einer außerbetrieblichen Einrichtung im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz ausgebildet werden,
2.
Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).

(1) Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleich:

1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden,
2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).

(2) Bei Wehrdienstleistenden und Zivildienstleistenden, denen nach gesetzlichen Vorschriften für die Zeit ihres Dienstes Arbeitsentgelt weiterzugewähren ist, gilt das Beschäftigungsverhältnis durch den Wehrdienst oder Zivildienst als nicht unterbrochen. Personen, die nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes Wehrdienst leisten, sind in dieser Beschäftigung nicht nach Absatz 1 versicherungspflichtig; sie gelten als Wehrdienst Leistende im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Personen in einem Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes, wenn sie den Einsatzunfall in einem Versicherungspflichtverhältnis erlitten haben.

(1) Versicherungsfrei sind

1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt,
1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben,
3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben,
7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht,
8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.

(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.

(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.

(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.

(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.

(5) (weggefallen)

(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.

(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(8) (weggefallen)

(9) (weggefallen)

(1) Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind:

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind; für die Zeit des Bezugs von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch bleibt die Versicherungspflicht unberührt,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, auch wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler, die nach § 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versicherungspflichtig sind,
4.
selbständige Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe, in Berufsbildungswerken oder in ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Berufsfindung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Leistungen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
Behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
10.
Personen, die zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt beschäftigt sind oder die eine Fachschule oder Berufsfachschule besuchen oder eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten (Praktikanten), längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Auszubildende des Zweiten Bildungsweges, die sich in einem nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnittes befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 11, 11a, 11b oder 12 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
12.
Personen, die, weil sie bisher keinen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 des Fünften Buches oder nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Krankenversicherungspflicht unterliegen.

(2) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat haben, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(2a) Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(3) Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung.

(4) Nehmen Personen, die mindestens zehn Jahre nicht in der sozialen Pflegeversicherung oder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig waren, eine dem äußeren Anschein nach versicherungspflichtige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung auf, besteht die widerlegbare Vermutung, daß eine die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung nach Absatz 1 Nr. 1 oder eine versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 oder 4 tatsächlich nicht ausgeübt wird. Dies gilt insbesondere für eine Beschäftigung bei Familienangehörigen oder Lebenspartnern.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 167/07 Verkündet am:
27. April 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GmbHG §§ 47 Abs. 4, 51 a Abs. 2 Satz 2

a) Gegen einen Vorratsbeschluss, mit dem einem Gesellschafter über ein konkretes
Informationsbegehren hinaus Einsicht oder Auskunft für eine bestimmte Zeit, unter
bestimmten Umständen oder in bestimmte Unterlagen verweigert wird, ist die Anfechtungsklage
zulässig.

b) Soll ein Geschäftsführer aus wichtigem Grund wegen einer Pflichtverletzung abberufen
werden, ist ein Gesellschafter, der die Pflichtverletzung gemeinsam mit dem
Geschäftsführer begangen hat, von der Abstimmung ausgeschlossen.
BGH, Urteil v. 27. April 2009 - II ZR 167/07 - OLG Karlsruhe
LG Baden-Baden
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Dr. Strohn, Dr. Reichart und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Unter Zurückweisung der weitergehenden Revision des Klägers wird auf seine Rechtsmittel das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. Juni 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als seine Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 29. Juli 2005 hinsichtlich der Klageanträge 1.2. und 2. zurückgewiesen wurde. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 29. Juli 2005 teilweise (Klageantrag 1.2.) abgeändert : Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 vom 28. Oktober 2003 "Solange der Gesellschafter J. K. für ein Konkurrenzunternehmen tätig ist, insbesondere als Betriebsleiter der Firma Kl. AG, darf er nicht informiert werden über sämtliche Umstände des Ein- und Verkaufs, über Investitionsplanungen und -rechnungen, Rentabilitätsplanungen, Liquiditätsplanungen, Produktionsmengen sowie über den Inhalt, nicht jedoch das Ergebnis der BWA der H. K. GmbH und der H. K. GmbH & Co. KG." wird für nichtig erklärt. Im Umfang der weitergehenden Aufhebung (Klageantrag zu 2 und Kostenentscheidung) wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsver- fahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist zusammen mit seiner Mutter R. K. und seinem Bruder C. K. Gesellschafter der Beklagten. In beiden Gesellschaften herrscht zwischen ihnen vielfältiger Streit. An der Beklagten zu 1, einer GmbH, sind der Kläger mit einem Anteil von 12,5 %, C. K. ebenfalls mit 12,5 % und R. K. mit 25 % beteiligt. Weitere Gesellschafterin ist mit einem Anteil von 50 % die Beklagte zu 2, eine GmbH & Co. KG. Deren Komplementäre sind mit einem Festkapital von 600.000,00 DM die Beklagte zu 1 und ohne Kapitalbeteiligung R. K. , die von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist. Kommanditisten der Beklagten zu 2 sind mit einer Einlage von jeweils 150.000,00 DM der Kläger und C. K. . Das operative Geschäft - ein Sägewerk und ein Holzhandel - betreibt die H. K. GmbH, eine 100%ige Tochter der Beklagten zu 2. Geschäftsführer der H. K. GmbH und der Beklagten zu 1 ist C. K. , Prokuristin in beiden Gesellschaften R. K. .
2
In der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 am 20. August 2003 wurde dem Kläger die Einsicht in den Jahresabschluss der H. K. GmbH verweigert. Der Kläger verließ nach seinen Angaben den Versammlungsort, nachdem zuvor seine Mitgesellschafter die Versamm- lung abgebrochen und verlassen hatten. C. K. und R. K. unterzeichneten ein Protokoll über die Versammlung, demzufolge der Kläger die Versammlung verließ und danach die Feststellung des Jahresabschlusses 2002, die Ergebnisverteilung 2002 sowie die Entlastung des Geschäftsführers beschlossen wurden.
3
In der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 28. Oktober 2003 wurde u.a. beschlossen: "Solange der Gesellschafter J. K. für ein Konkurrenzunternehmen tätig ist, insbesondere als Betriebsleiter der Firma Kl. AG, darf er nicht informiert werden über sämtliche Umstände des Ein- und Verkaufs, über Investitionsplanungen und -rechnungen, Rentabilitätsplanungen, Liquiditätsplanungen , Produktionsmengen sowie über den Inhalt, nicht jedoch das Ergebnis der BWA der H. K. GmbH und der H. K. GmbH & Co. KG."
4
Auf der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 am selben Tag wurde ein gleich lautender Beschluss gefasst.
5
In der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 4. November 2003 wurde über den Antrag des Klägers abgestimmt, C. K. als Geschäftsführer abzuberufen und die Prokura von R. K. zu widerrufen. Nach den Feststellungen des Versammlungsleiters wurde der Antrag auf Abberufung des Geschäftsführers mit den Stimmen von R. K. und der Beklagten zu 2, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. D. , gegen die Stimmen des Klägers und der Antrag, die Prokura von R. K. zu widerrufen, mit den Stimmen von C. K. und der Beklagten zu 2 gegen die Stimmen des Klägers abgelehnt.
6
Der Kläger hat beantragt festzustellen, dass die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 am 20. August 2003 nichtig sind, dass - u.a. - der genannte Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 28. Oktober 2003 nichtig, hilfsweise unwirksam ist und dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 4. November 2003 wirksam beschlossen wurde, C. K. als Geschäftsführer abzuberufen und die Prokura von R. K. zu widerrufen. Das Landgericht hat die Beschlussfassungen in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 vom 20. August 2003 für unwirksam erklärt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit seiner Berufung hat der Kläger seine Anträge zur Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 vom 28. Oktober 2003 und vom 4. November 2003 weiterverfolgt und im Wege der Klageerweiterung beantragt festzustellen, dass die Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 vom 28. Oktober 2003 nichtig, hilfsweise unwirksam sind, mit denen die Einsicht in den Jahresabschluss 2002 der H. K. GmbH verweigert wurde und beschlossen wurde, ihm Informationen über Umstände bei der H. K. GmbH und der Beklagten zu 2 zu verweigern, solange er für ein Konkurrenzunternehmen tätig ist.
7
Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die erweiterte Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er seinen Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2 vom 28. Oktober 2003, ihn in Zukunft von Informationen auszuschließen, sowie seinen Antrag weiterverfolgt, festzustellen, dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 vom 4. November 2003 die Abberufung von C. K. als Geschäftsführer und der Widerruf der Prokura von Frau R. K. beschlossen worden sei.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Berufungsgericht seine Anfechtungsklage gegen den Beschluss zur Informationsverweigerung bei der Beklagten zu 1 (Klageantrag 1.2) und die Anfechtungs- und positive Beschlussfeststellungsklage hinsichtlich des Beschlusses zur Abberufung von C. K. als Geschäftsführer und des Widerrufs der Prokura von R. K. (Klageantrag 2) abgewiesen hat. Der Beschluss zur Informationsverweigerung (Klageantrag 1.2) ist für nichtig zu erklären; hinsichtlich des Klageantrags zu 2 ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die weitergehende Revision, mit der sich der Kläger gegen die Abweisung der im Berufungsrechtszug erweiterten Klage wendet, hat keinen Erfolg.
9
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Anfechtungsklage des Klägers gegen den Beschluss zur Informationsverweigerung der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 vom 28. Oktober 2003 sei unzulässig, weil das Gesetz in § 51 b GmbHG ein eigenes gerichtliches Verfahren vorsehe. Der Feststellungsantrag hinsichtlich des gleichlautenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 sei unzulässig, weil ein Rechtsschutzbedürfnis fehle. Die positive Beschlussfeststellungsklage auf Feststellung eines Beschlusses zur Abberufung von C. K. als Geschäftsführer und des Widerrufs der Prokura von R. K. sei nicht begründet, weil die Beschlussanträge des Klägers mehrheitlich abgelehnt worden seien und die Mitgesellschafter ihr Stimmrecht nicht missbräuchlich ausgeübt hätten.
10
II. Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 2 erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
11
1. Das Berufungsurteil unterliegt der Aufhebung, soweit die Anfechtungsklage gegen den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 abgewiesen ist, dem Kläger Informationen zu verweigern, solange er für ein Konkurrenzunternehmen tätig ist. Der Beschluss ist für nichtig zu erklären, weil die Gesellschafterversammlung an einem für den Kläger unzumutbaren Termin abgehalten wurde.
12
a) Rechtsfehlerhaft hält das Berufungsgericht die Anfechtungsklage für unzulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage gegen einen Beschluss, in dem die Gesellschafter die Informationsrechte eines Mitgesellschafters über die Zurückweisung eines konkreten Informationsbegehrens hinaus einschränken, fehlt nicht.
13
Ein besonderes Rechtsschutzinteresse an der Vernichtung eines Beschlusses ist grundsätzlich nicht erforderlich. Die Anfechtungsklage dient der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Beschlüsse der Gesellschaft. Sie ist ein aus der Mitgliedschaft selbst folgendes Recht und bedarf keiner besonderen Rechtfertigung durch eine persönliche Betroffenheit des anfechtungsbefugten Klägers (Senat, BGHZ 43, 261, 266; 70, 117, 118; 107, 296, 308; Urt. v. 14. Oktober 1991 - II ZR 249/90, ZIP 1991, 1577).
14
Dem Kläger steht auch kein einfacheres und vorrangiges Verfahren zur Verfügung, um die Rechtsgültigkeit des Beschlusses zu klären, ihn nicht mehr über verschiedene Umstände bei den Tochterfirmen der Beklagten zu 1 informieren. Die Rechtsprechung des Senats, nach der eine selbständige Anfechtbarkeit des Informationsverweigerungsbeschlusses nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 GmbHG zu verneinen ist (Urt. v. 7. Dezember 1987 - II ZR 86/87, ZIP 1988, 87), lässt sich nicht auf Beschlüsse übertragen, mit denen einem Gesellschafter Informationen über ein konkretes Auskunftsersuchen hinaus auf Vorrat verwei- gert werden (Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 51 a Rdn. 42; Michalski/ Römermann, GmbHG § 51 a Rdn. 196). Das Informationserzwingungsverfahren setzt ein konkretes Auskunfts- oder Einsichtsbegehren voraus (§ 51 a Abs. 1 GmbHG). Gegen einen Vorratsbeschluss, mit dem einem Gesellschafter ohne ein konkretes Informationsbegehren Einsicht und Auskunft für eine bestimmte Zeit, unter bestimmten Umständen oder in bestimmte Unterlagen verweigert wird, ist ein solches Verfahren nicht vorgesehen.
15
Der Gesellschafter kann auch nicht darauf verwiesen werden, den Vorratsbeschluss hinzunehmen und erst gegen die Verweigerung der Information auf konkrete Auskunftsersuchen das Informationserzwingungsverfahren zu betreiben. Er hat ein rechtliches Interesse daran, bereits die Gültigkeit des Vorratsbeschlusses klären zu lassen. Mit der Überprüfung der im Vorratsbeschluss aufgestellten Richtlinie im Wege der Anfechtungsklage kann ihre Gültigkeit über das einzelne Informationsbegehren hinaus geklärt werden. Der Vorratsbeschluss erspart spätere Gesellschafterbeschlüsse nach einem konkreten Informationsersuchen nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 GmbHG nicht, weil er nur eine allgemeine Richtlinie aufstellt (Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 51 a Rdn. 42; Ulmer/Hüffer, GmbHG § 51 a Rdn. 52; Michalski/Römermann, GmbHG § 51 a Rdn. 196; a.A. Ivens, GmbHR 1989, 273, 275; B. Schneider, GmbHR 2008, 638, 643). Dem Gesellschafter wird durch den Vorratsbeschluss die Chance genommen, ohne Beteiligung der Gesellschafterversammlung und zügig die begehrten Informationen zu erhalten. Der Beschluss enthält eine Weisung an den Geschäftsführer und verhindert, dass der Geschäftsführer zunächst in eigener Kompetenz prüft, ob ein Informationsanspruch besteht. Jedes konkrete Informationsbegehren führt, wenn die Weisung bestehen bleibt, mindestens zur Befassung der Gesellschafterversammlung und - bei unveränderter Haltung der Mitgesellschafter - zu einem gerichtlichen Verfahren.
16
b) Die Anfechtungsklage hat Erfolg. Der Senat kann selbst entscheiden, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). In der Anberaumung der Gesellschafterversammlung auf den 28. Oktober 2003 liegt ein Einladungsmangel, weil die Gesellschafterversammlung trotz der rechtzeitig mitgeteilten Verhinderung des anwaltlichen Beraters des Klägers abgehalten wurde. Die Einberufung der Versammlung auf einen Zeitpunkt, zu dem ein Berater eines Gesellschafters verhindert ist, verletzt das Teilnahmerecht des Gesellschafters , wenn der Gesellschafter auf die Teilnahme eines Beraters einen Anspruch hat und dem Gesellschafter durch die Wahl des Termins diese Beratung unzumutbar abgeschnitten wird.
17
Das Teilnahmerecht des Gesellschafters wird nicht nur bei der Anberaumung des Termins einer Gesellschaftsversammlung auf einen für einen Gesellschafter - wie das Einberufungsorgan weiß - unzumutbaren Zeitpunkt (vgl. Sen.Urt. v. 28. Januar 1985 - II ZR 79/84, WM 1985, 567), sondern ebenso dann verletzt, wenn er einen Anspruch darauf hat, sich während der Gesellschafterversammlung beraten zu lassen, und ihm diese Beratung durch die Wahl des Versammlungstermins unzumutbar verwehrt wird. Ein Anspruch auf die Teilnahme eines Beraters kann aufgrund einer Regelung in der Satzung oder aufgrund der gesellschafterlichen Treuepflicht bestehen, insbesondere wenn schwerwiegende Entscheidungen zu fällen sind und dem Gesellschafter die erforderliche Sachkunde fehlt (OLG Stuttgart GmbHR 1997, 1107; OLG Düsseldorf GmbHR 2002, 67; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG 18. Aufl. § 48 Rdn. 13; Scholz/K. Schmidt/Seibt, GmbHG 10. Aufl. § 48 Rdn. 26; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 16. Aufl. § 48 Rdn. 4). Der Kläger hatte nach § 6 Abs. 5 der Satzung der Beklagten zu 1 einen Anspruch auf die Teilnahme eines Beraters. Dort ist vorgesehen, dass ein Gesellschafter durch einen Angehörigen der rechts- und/oder wirtschafts- und steuerberatenden Berufe, der zur Berufs- verschwiegenheit verpflichtet ist, vertreten werden kann und das Anwesenheitsrecht des Gesellschafters auch im Fall der Vertretung erhalten bleibt.
18
Die Teilnahme seines anwaltlichen Beraters wurde dem Kläger mit der Anberaumung auf den 28. Oktober 2003 unzumutbar verwehrt. Mit allen Beteiligten war vereinbart, dass am 4. November 2003 eine Gesellschafterversammlung stattfinden sollte. Der Geschäftsführer der Beklagten musste damit rechnen , dass der anwaltliche Berater des Klägers nicht auch noch zu einer weiteren Gesellschafterversammlung wenige Tage vor dem vereinbarten Termin anreisen konnte. Ein nachvollziehbarer Grund, für die Beschlussanträge von C. K. eine zusätzliche Gesellschafterversammlung vor dem abgesprochenen Termin abzuhalten, ist nicht erkennbar. Jedenfalls nachdem der anwaltliche Berater rechtzeitig seine urlaubsbedingte Verhinderung für den 28. Oktober 2003 mitgeteilt hatte, gebot es die Rücksichtnahme auf das Teilnahmerecht des Klägers, die Beschlussfassung über die Informationsverweigerung auf den bereits abgesprochenen Zeitpunkt zu legen.
19
Der Einladungsmangel ist nicht nach § 51 Abs. 3 GmbHG geheilt. Voraussetzung einer Heilung durch eine Vollversammlung ist, dass nicht nur sämtliche Gesellschafter anwesend sind, sondern auch das Einvernehmen aller Anwesenden mit der Abhaltung der Gesellschafterversammlung zum Zwecke der Beschlussfassung besteht (BGHZ 100, 264, 269; Sen.Urt. v. 8. Dezember 1997 - II ZR 216/96, ZIP 1998, 335; v. 11. Februar 2008 - II ZR 187/06, ZIP 2008, 757; Beschl. v. 19. Januar 2009 - II ZR 98/08, ZIP 2009, 562). Der Kläger war am 28. Oktober 2003 anwesend, hat aber vor der Abstimmung gegen eine Beschlussfassung Widerspruch erhoben.
20
2. Die Abweisung der Klage auf Feststellung, dass die Informationsverweigerungsbeschlüsse in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 am 28. Oktober 2003 nichtig, hilfsweise unwirksam sind, erweist sich zwar mit der gegebenen Begründung als rechtsfehlerhaft, stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
21
a) Die Feststellungsklage ist zulässig.
22
aa) Ohne Erfolg rügt die Revisionserwiderung unter Berufung auf § 533 Nr. 2 ZPO die Unzulässigkeit der Klageerweiterung. Die Zulassung einer Klageänderung ist nach §§ 525, 268 ZPO unanfechtbar (vgl. BGH Urt. v. 25. Oktober 2007 - VII ZR 27/06, NJW-RR 2008, 262 zur Zulassung einer Widerklage

).

23
bb) Entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts besteht ein Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO). Eine Leistungsklage, die das Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage entfallen lassen könnte, steht dem Gesellschafter nicht zur Verfügung. Der Gesellschafter kann in der Personengesellschaft grundsätzlich nur mit der Feststellungsklage erreichen, dass die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses geklärt wird. Mit einer Leistungsklage auf Erteilung einer Auskunft wird die Gültigkeit eines dem Leistungsbegehren entgegenstehenden Gesellschafterbeschlusses nicht generell, sondern allenfalls als Vorfrage für den Einzelfall geklärt. Für den Auskunftsanspruch des Kommanditisten ist die Rechtmäßigkeit eines ablehnenden Gesellschafterbeschlusses keine notwendige Vorfrage. Der Informationsanspruch richtet sich gegen die Gesellschaft, vertreten durch ihre geschäftsführende Komplementärin (vgl. Sen.Urt. v. 28. Mai 1962 - II ZR 156/61, WM 1962, 883), und gegebenenfalls die Komplementärin selbst (Sen.Urt. v. 20. Juni 1983 - II ZR 85/82, ZIP 1983, 935), während die Wirksamkeit eines Beschlusses in der Personengesellschaft grundsätzlich mit den Gesellschaftern zu klären ist (Sen.Urt. v. 24. März 2003 - II ZR 4/01, ZIP 2003, 843; Urt. v. 7. Juni 1999 - II ZR 278/98, ZIP 1999, 1391; Urt. v. 13. Februar 1995 - II ZR 15/94, ZIP 1995, 460). Eine Leistungsklage ist außerdem auf Auskunft über konkrete Tatsachen oder Einsicht in bestimmte Unterlagen gerichtet, während der angegriffene Gesellschafterbeschluss Auskunft und Einsicht in der Zukunft und unter bestimmten Voraussetzungen - Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen - versagt. § 5 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten zu 2 verweist nur zum Umfang des Auskunfts- und Einsichtsrechts auf § 51 a Abs. 1 und 2 GmbHG, nicht aber - was auch nicht möglich wäre - für das Verfahren.
24
b) Die Abweisung der Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 2 erweist sich jedoch aus anderen Gründen als zutreffend (§ 561 ZPO). Die Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 2 ist nicht begründet, weil sie nicht der richtige Klagegegner ist. Der Senat ist durch das Verschlechterungsverbot (§ 557 Abs. 1 ZPO) nicht gehindert, die Klage auf die Revision des Klägers als unbegründet statt als unzulässig abzuweisen (Senat, BGHZ 12, 308, 316; 33, 398, 401; 46, 281, 284).
25
Die Nichtigkeit von Beschlüssen von Gesellschafterversammlungen einer Kommanditgesellschaft wird durch Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter geltend gemacht, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass der Streit mit der Gesellschaft auszutragen ist (Sen.Urt. v. 24. März 2003 - II ZR 4/01, ZIP 2003, 843; Urt. v. 7. Juni 1999 - II ZR 278/98, ZIP 1999, 1391; Urt. v. 13. Februar 1995 - II ZR 15/94, ZIP 1995, 460). Eine solche besondere Regelung enthält der Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 2 nicht, wie der Senat selbst feststellen kann, da das Berufungsgericht eine Auslegung unterlassen hat und weitere Feststellungen dazu nicht in Betracht kommen (vgl. BGHZ 65, 107, 112; 124, 39, 45). Im Gesellschaftsvertrag ist eine Klage zur Überprüfung der Wirksamkeit von Beschlüssen gegen die Gesellschaft nicht ausdrücklich vorgesehen. Regelungen, die den Willen der Gesellschafter zei- gen, solche Streitigkeiten unmittelbar mit der Gesellschaft auszutragen, fehlen. Dass nach § 7 des Gesellschaftsvertrags die Beschlüsse in Versammlungen gefasst werden und für die Einberufung die §§ 49 bis 51 GmbHG gelten sollen, genügt für die Annahme einer vollständigen Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Systems nicht.
26
Die Feststellungsklage richtet sich nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts gegen die Beklagte zu 2. Für die Ansicht der Revision, die Beklagte zu 1 sei jedenfalls mitverklagt, bestehen keine Anhaltspunkte. Eine Klageerweiterung auf die Beklagte zu 1 als Gesellschafterin erst in der Revisionsinstanz ist nicht zulässig, weil sie stets neuen Vortrag erfordert (BGH, Urt. v. 24. September 1982 - V ZR 188/79, WM 1982, 1170).
27
3. Auch die Abweisung der Klageanträge zu 2, mit denen der Kläger in der zutreffenden Auslegung des Berufungsgerichts eine kombinierte Anfechtungs - und positive Beschlussfeststellungsklage gegen die Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 4. November 2003 erhoben hat und die Feststellung begehrt, dass die Abberufung von C. K. als Geschäftsführer und der Widerruf der Prokura von R. K. beschlossen wurde, hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
28
a) Das Berufungsgericht hat - unterstellt man, wie geboten, den Vortrag des Klägers revisionsrechtlich als richtig - rechtsfehlerhaft die Stimmen von R. K. bei der Abstimmung über die Abberufung und von C. K. bei der Abstimmung zum Widerruf der Prokura berücksichtigt. Sie unterlagen jeweils nach § 47 Abs. 4 GmbHG einem Stimmverbot, weil sie nach dem entsprechenden Vortrag des Klägers gemeinschaftlich ihre Pflichten verletzt und damit einen Grund für die Abberufung bzw. den Widerruf der Prokura gegeben haben soll, weil sie ihn am 20. August 2003 in bewusstem und gewollten Zu- sammenwirken hintergangen und von seiner Mitwirkung an Gesellschafterbeschlüssen ausgeschlossen haben.
29
aa) Die Gesellschafter waren jeweils von der Abstimmung ausgeschlossen , soweit sie selbst von der Abberufung bzw. dem Widerruf der Prokura betroffen waren. Ein Gesellschafter ist regelmäßig dann vom Stimmrecht ausgeschlossen , wenn gegen ihn gesellschaftsrechtlich bedeutsame Maßnahmen ergriffen werden sollen und er - quasi als Richter in eigener Sache - dazu sein eigenes Verhalten beurteilen muss (Senat BGHZ 86, 177, 178; Sen.Urt. v. 21. April 1969 - II ZR 200/67, WM 1969, 808). Der Abberufung des Geschäftsführers ist der Widerruf der Prokura gleichzustellen, wenn die Gesellschafterversammlung mit ihr befasst wird (vgl. Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 47 Rdn. 118; Michalski/Römermann, GmbHG § 47 Rdn. 246; Roth/Altmeppen, GmbHG 5. Aufl. § 47 Rdn. 61).
30
bb) Liegt der Abberufung als Geschäftsführer als wichtiger Grund eine Pflichtverletzung zugrunde, ist auch der Gesellschafter ausgeschlossen, dem eine gemeinsam mit dem Geschäftsführer begangene Pflichtverletzung vorgeworfen wird (OLG Düsseldorf GmbHR 2000, 1050; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 47 Rdn. 139; Ulmer/Hüffer, GmbHG § 47 Rdn. 166; Michalski /Römermann, GmbHG § 47 Rdn. 268). Ein Stimmverbot nach § 47 Abs. 4 GmbHG ist sinngemäß auch in den Fällen anzunehmen, in denen das Ausmaß des Interessenkonflikts für mehrere Gesellschafter identisch ist (Senat, BGHZ 97, 28, 33). Die Interessenkollision ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht nur bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen (Senat, BGHZ 97, 28, 33), der Entlastung (Senat, BGHZ 108, 21, 25; Urt. v. 7. April 2003 - II ZR 193/02, ZIP 2003, 945) oder der Bestellung eines besonderen Vertreters für die GmbH (Senat, BGHZ 116, 353, 358) zu berücksichti- gen. Das gemeinschaftliche Fehlverhalten kann auch bei der Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund nur einheitlich beurteilt werden.
31
Die Prokuristin R. K. war bei der Abstimmung über die Abberufung des Geschäftsführers C. K. ebenso wie umgekehrt der Geschäftsführer C. K. bei der Abstimmung über den Widerruf der Prokura von R. K. von der Abstimmung ausgeschlossen. Ihnen wird vom Kläger eine gemeinsam begangene Pflichtverletzung vorgeworfen, an der sie gleichermaßen beteiligt gewesen sein sollen. Ein wichtiger Grund, den der Kläger für die Abberufung aus der Organstellung vorgetragen hat, war, dass beide gemeinsam die Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 20. August 2003 noch vor der Abstimmung verließen, nachträglich aber ein Protokoll errichteten , in dem sie Beschlüsse unzutreffend als während der Versammlung, wenn auch in Abwesenheit des Klägers gefasst darstellten, der Sache nach also „hinter seinem Rücken“ unter Verletzung seines Teilnahmerechts entschieden haben.
32
b) Das Urteil des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht als richtig (§ 561 ZPO), weil - was das Landgericht allerdings angenommen hat - die Beschlüsse mit der Mehrheit der Stimmen der Beklagten zu 2 abgelehnt wurden. Die von Rechtsanwalt Dr. D. für die Beklagte zu 2 abgegebenen Stimmen sind nicht zu berücksichtigen.
33
aa) Die Beklagte zu 2 hat in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 kein Stimmrecht. Stimmrechte der GmbH aus eigenen Anteilen ruhen entsprechend § 71 b AktG (Sen.Urt. v. 30. Januar 1995 - II ZR 45/94, ZIP 1995, 374). Eigenen Anteilen der GmbH sind Anteile von abhängigen Gesellschaften gleichzustellen (BGHZ 119, 346, 356; Ulmer/Hüffer, GmbHG § 47 Rdn. 44; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 47 Rdn. 24), auch bei einer wechselsei- tigen Beteiligung. Die Beklagte zu 2 ist ein von der Beklagten zu 1 abhängiges Unternehmen, weil die Beklagte zu 1 mehrheitlich beteiligt ist (vgl. § 19 Abs. 2 AktG). Die Beklagte zu 1 hält 2/3 der Kapitalanteile und der Stimmrechtsanteile an der Beklagten zu 2.
34
bb) Die von Rechtsanwalt Dr. D. für die Beklagte zu 2 abgegebenen Stimmen sind außerdem nicht zu berücksichtigen, weil er sie als Untervertreter für einen organschaftlichen Vertreter abgegeben hat, der seinerseits vom Stimmrecht ausgeschlossen war. Der vom Stimmrecht ausgeschlossene Gesellschafter darf nach § 47 Abs. 4 Satz 1 GmbHG auch nicht als (organschaftlicher ) Vertreter eines anderen Gesellschafters abstimmen. Von einem Stimmverbot des Hauptvertreters ist auch derjenige betroffen, dem der Hauptvertreter Vollmacht erteilt hat (Ulmer/Hüffer, GmbHG § 47 Rdn. 130; Michalski/ Römermann, GmbHG § 47 Rdn. 108). Da C. K. von der Abstimmung über seine Abberufung ausgeschlossen war, konnte er nicht als organschaftlicher Vertreter der Komplementärin der Beklagten zu 2, der Beklagten zu 1, abstimmen oder sich durch einen von ihm Bevollmächtigten vertreten lassen. Dass Rechtsanwalt Dr. D. die Vollmacht, für die Beklagte zu 2 zu handeln, von einem nicht vom Stimmrecht ausgeschlossenen Vertreter der Beklagten zu 1 oder der Beklagten zu 2 erhalten haben könnte, ist ausgeschlossen. Die Beklagte zu 1 hatte keinen anderen Geschäftsführer als C. K. . Die Prokuristin R. K. war ebenfalls vom Stimmrecht ausgeschlossen und konnte die GmbH nicht vertreten. Die Beklagte zu 2 hatte nur die Beklagte zu 1 als vertretungsberechtigte und geschäftsführungsbefugte Komplementärin. R. K. war zwar ebenfalls Komplementärin, aber nicht geschäftsführungsbefugt und außerdem selbst von der Abstimmung ausgeschlossen. Eine Gesellschafterversammlung zur Bestimmung eines besonderen Vertreters hat bei keiner der beiden Gesellschaften stattgefunden.
35
c) Die Sache ist zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat bisher nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, ob der vom Kläger behauptete wichtige Grund zur Abberufung des Geschäftsführers und für einen Widerruf der Prokura besteht und C. und R. K. ihre Pflichten verletzt haben. Dem vom Kläger als wichtigen Grund vorgetragenen allgemeinen Abstimmungsverhalten von C. und R. K. in Gesellschafterversammlungen hat das Berufungsgericht in vertretbarer tatrichterlicher Bewertung im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zu einem Stimmrechtsmissbrauch als Meinungsverschiedenheiten zwischen Gesellschaftern kein Gewicht beigemessen, das einen Verbleib der Mitgesellschafter in ihren Ämtern unzumutbar erscheinen lässt. Dagegen hat es mit seiner Bewertung der Vorgänge am 20. August 2003 als wenig gewichtigem Protokollierungsfehler den Kern des Vortrags des Klägers verkannt. Der Kläger wirft seinen Mitgesellschaftern vor, ihn in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken hintergangen und um die Mitwirkung an Gesellschafterbeschlüssen gebracht zu haben. C. K. und R. K. sollen die Gesellschafterversammlung verlassen und abgebrochen, anschließend ohne seine Beteiligung Beschlüsse gefasst und dies durch Fertigung eines Protokolls vertuscht haben, in dem wahrheitswidrig das Verlassen der Sitzung durch den Kläger festgehalten worden ist. Die Tatsachenfeststellungen im Urteil des Landgerichts, wonach das Protokoll den Ablauf der Gesellschafterversammlung richtig wiedergibt, hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zu Recht nicht zugrunde gelegt, weil die vom beweispflichtigen Kläger für seine Darstellung angebotenen Zeugen nicht vernommen wurden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
36
Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, darauf hinzuwirken, dass der Kläger seinen Klageantrag vervollständigt (§ 139 Abs. 1 ZPO) und neben der Feststellung, dass die Beschlüsse gefasst wurden, ausdrücklich die Nichtigerklärung ihrer Ablehnung beantragt.
Goette Kurzwelly Strohn Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Baden-Baden, Entscheidung vom 29.07.2005 - 4 O 123/03 KfH -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 28.06.2007 - 15 U 82/05 -

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 10. Oktober 2008 - 10 TaBV 24/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Beteiligte zu 3) leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG ist.

2

Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin betreibt in S ein Krankenhaus, in dem etwa 530 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind, davon 95 Ärztinnen und Ärzte. Unterhalb der Geschäftsführung ist eine Betriebsleitung gebildet, die aus einem der Geschäftsführer, der Pflegedienstleitung und dem ärztlichen Direktor besteht. Mit Ausnahme der Röntgenabteilung stehen den acht medizinischen Abteilungen des Krankenhauses jeweils leitende Abteilungsärzte als Chefärzte vor. Eine medizinische Abteilung ist die Klinik und Tagesklinik für Geriatrie, die seit ihrer Inbetriebnahme zum 1. Juni 2004 von dem Beteiligten zu 3) geleitet wird. Dessen Jahresgrundgehalt beträgt 180.000,00 Euro. In der Abteilung Geriatrie sind neben dem Beteiligten zu 3) als Chefarzt zwei Oberärzte und fünf weitere Ärzte sowie im Pflegebereich 26,5 Vollkräfte tätig. Die Geriatrie verfügt über 41 von insgesamt 405 stationären Krankenhausbetten sowie seit dem Jahr 2006 über weitere 15 Betten in der Tagesklinik. Damit erzielte die Abteilung im Jahr 2007 12 % des im Krankenhaus erwirtschafteten Gesamtumsatzes.

3

Der Arbeitsvertrag des Beteiligten zu 3) vom 22. April 2004 lautet auszugsweise wie folgt:

        

„§ 1   

        

Tätigkeit und Aufgabengebiet

        

1)   

Der Dienstnehmer wird mit Wirkung zum 15.06.2004 als Chefarzt für die Akutgeriatrie sowie für die noch zu errichtende geriatrische Tagesklinik eingestellt. Sein Aufgabengebiet umfasst die Rechte und Pflichten eines Chefarztes der Geriatrischen Abteilung.

        

2)   

Der Dienstnehmer ist leitender Angestellter. Er ist nach Absprache mit den Fachkollegen und im Rahmen des Personalbudgets zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von ärztlichen Mitarbeitern berechtigt. Arbeitszeugnisse werden von ihm und der Verwaltungsleitung gemeinsam unterzeichnet. Die Verwaltungsleitung hat hierbei insbesondere auf die Übereinstimmung mit den arbeitsrechtlichen Bestimmungen zu achten.

        

3)   

Weitere seiner Stellung als leitender Mitarbeiter entsprechende Aufgaben können ihm übertragen werden. Der Dienstgeber hat das Recht, strukturelle und organisatorische Veränderungen im Betriebsablauf vorzunehmen.

        

4)   

Der Dienstnehmer ist gegenüber dem medizinischen Personal grundsätzlich weisungsberechtigt; gegenüber Ärzten jedoch nur insoweit, als diese ihm in ihrem Aufgabengebiet nachgeordnet sind.

                          
        

§ 5     

        

Allgemeine Rechte und Pflichten

        

1)   

Der Dienstnehmer beteiligt sich im erforderlichen Umfang an solchen Gremien, die der Dienstgeber im Hinblick auf ein optimales Betriebsmanagement für notwendig erachtet. Er unterstützt die Fortbildung der nachgeordneten Mitarbeiter gemäß dem Stand ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten und bildet sich selbstständig weiter. Auf Verlangen des Dienstgebers hat der Dienstnehmer seine eigene Weiterbildung nachzuweisen.

        

2)   

Die Dienstaufsicht über den Dienstnehmer hat im Allgemeinen der Dienstgeber. Im Speziellen ist der Dienstnehmer in ärztlichen Angelegenheiten dem Ärztlichen Direktor, in Verwaltungsangelegenheiten der Verwaltungsleitung unterstellt. Der Dienstnehmer wirkt an der Umsetzung dienstlicher Anordnungen und Weisungen sowie gesetzlicher Vorschriften mit. Bei Kompetenzkonflikten ist die Entscheidung der Gesellschafterversammlung der H GmbH einzuholen.

                          
        

§ 6     

        

Besondere Rechte und Pflichten

        

1)   

Der Dienstnehmer führt Heilbehandlungen selbstständig, eigenverantwortlich, kooperativ und nach den Regeln der ärztlichen Kunst auf dem jeweils neuesten Stand der gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse durch. Der Umfang seiner Leistungen wird durch Leistungsspektrum und Jahresbudget des Dienstgebers begrenzt. Beide werden zu Jahresanfang im Medizinischen Zielplan gemeinsam abgestimmt.

        

…       

        

        

5)   

Der Dienstnehmer wirkt auf eine sparsame Betriebsführung hin. Ihm kann ein Teilbudget anvertraut werden. Er ist dann für die Verwendung der Mittel allein verantwortlich… .“

4

Mit dem am 20. September 2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat der Betriebsrat die Feststellung begehrt, der Beteiligte zu 3) sei kein leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG. Seine Einstellungs- und Entlassungsbefugnisse seien nicht ausreichend für § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG. Auch die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG seien nicht erfüllt. Der Beteiligte zu 3) nehme keine Aufgaben im Sinne dieser Vorschrift wahr, die für den Bestand und für die Entwicklung des Unternehmens oder des Betriebs von Bedeutung seien. Soweit der Arbeitsvertrag eine gemeinsame Abstimmung des Leistungsspektrums und des Jahresbudgets vorsehe, würden die Entscheidungen nicht von dem Beteiligten zu 3) getroffen, sondern von dem dreiköpfigen Führungskreis des Unternehmens bzw. in Verwaltungsangelegenheiten von der Verwaltungs- bzw. Personalleitung.

5

Der Betriebsrat hat beantragt

        

festzustellen, dass der Beteiligte zu 3) nicht leitender Angestellter iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG ist.

6

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen.

7

Sie hat die Auffassung vertreten, der Beteiligte zu 3) sei leitender Angestellter, weil er nach dem Anstellungsvertrag für die von ihm geführte geriatrische Abteilung jeweils zu Jahresbeginn das Leistungsspektrum und das Jahresbudget gemeinsam mit der Arbeitgeberin festzulegen habe. Durch die Beteiligung am Aufbau der Geriatrie sowie der geriatrischen Tagesklinik mit 15 Betten komme zum Ausdruck, dass seine Vorschläge nicht unbeachtet bleiben könnten. Ausdruck seiner unternehmerischen Verantwortung sei schließlich der Bezug des zuletzt vereinbarten Zieleinkommens iHv. 265.000,00 Euro, das er nur erreichen könne, wenn er die zwischen ihm und der Arbeitgeberin vereinbarten unternehmerischen Ziele erfülle.

8

Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zunächst zurückgewiesen. Der Senat hat diese Entscheidung mit Beschluss vom 10. Oktober 2007(- 7 ABR 61/06 - AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 72 = EzA BetrVG 2001 § 5 Nr. 3)auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats aufgehoben und das Verfahren zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Das Landesarbeitsgericht hat daraufhin den Beschluss des Arbeitsgerichts abgeändert und dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben. Mit der von der Arbeitgeberin eingelegten Rechtsbeschwerde beantragt diese die Wiederherstellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Betriebsrat beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

9

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats zu Recht entsprochen. Der Beteiligte zu 3) ist kein leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG.

10

I. Der Beteiligte zu 3) ist kein leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG. Dies hat der Senat im Beschluss vom 10. Oktober 2007(- 7 ABR 61/06 - AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 72 = EzA BetrVG 2001 § 5 Nr. 3)mit Bindungswirkung (§ 563 Abs. 2 ZPO) entschieden.

11

II. Der Beteiligte zu 3) ist auch kein leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG. Er kann unternehmerische (Teil-)Entscheidungen, die für den Bestand und die Entwicklung des Krankenhauses von Bedeutung sind, nicht maßgeblich beeinflussen.

12

1. Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG ist leitender Angestellter, wer nach seinem Arbeitsvertrag und seiner Stellung im Unternehmen oder Betrieb regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und für die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst.

13

a) Voraussetzung für die Wahrnehmung einer unternehmerischen (Teil-)Aufgabe ist, dass dem leitenden Angestellten rechtlich und tatsächlich ein eigener und erheblicher Entscheidungsspielraum zur Verfügung steht, dh. er muss mit weitgehender Weisungsfreiheit und Selbstbestimmung seinen Tätigkeitsbereich wahrnehmen und kraft seiner leitenden Funktion maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensführung ausüben(BAG 25. März 2009 - 7 ABR 2/08 - Rn. 30 mwN, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 73 = EzA BetrVG 2001 § 5 Nr. 4). Der nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG erforderliche Einfluss auf die Unternehmensführung kann darin bestehen, dass der leitende Angestellte selbst die Entscheidungen trifft, aber auch darin, dass er kraft seiner Schlüsselposition Voraussetzungen schafft, an denen die Unternehmensleitung schlechterdings nicht vorbeigehen kann. Je tiefer die Entscheidungsstufe in der Unternehmenshierarchie liegt, auf der der Angestellte unternehmens- oder betriebsleitende Aufgabenstellungen erfüllt, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wesentliche unternehmerische Entscheidungsspielräume auf den höheren Entscheidungsstufen bereits verbraucht wurden. Von welcher Delegationsstufe ab leitende Angestellte im Unternehmen nicht mehr beschäftigt werden, lässt sich nur im jeweiligen Einzelfall bestimmen. Der maßgebliche Einfluss fehlt jedenfalls dann, wenn der Angestellte nur bei der reinen arbeitstechnischen, vorbestimmten Durchführung unternehmerischer Entscheidungen eingeschaltet wird, etwa im Rahmen von Aufsichts- oder Überwachungsfunktionen (BAG 25. März 2009 - 7 ABR 2/08 - Rn. 31 mwN, aaO). Erforderlich ist schließlich auch, dass die unternehmerische Aufgabenstellung mit Entscheidungsspielraum die Tätigkeit des leitenden Angestellten prägt, dh. sie schwerpunktmäßig bestimmt (BAG 23. Januar 1986 - 6 ABR 51/81 - zu C I 3 f der Gründe mwN, BAGE 51, 1; 25. Oktober 1989 - 7 ABR 60/88 - zu II 4 der Gründe, BAGE 63, 200; H/S/W/G/N/R-Rose BetrVG 7. Aufl. § 5 Rn. 203). Dazu ist es erforderlich, dass jedenfalls ein beachtlicher Teil der Arbeitszeit von diesen Tätigkeiten beansprucht wird (BAG 23. Januar 1986 - 6 ABR 51/81 -, aaO).

14

b) Ob ein Chefarzt leitender Angestellter iSv. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG ist, hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab.

15

aa) Allein die formale Stellung eines Chefarztes genügt nicht zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG. Dies folgt bereits aus § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG. Danach ist das ArbZG nicht anzuwenden auf leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG sowie auf Chefärzte. Die Erwähnung der Chefärzte in dieser Vorschrift wäre überflüssig, wenn sie ohne Weiteres dem Begriff des leitenden Angestellten unterfallen würden. Anderenfalls hätte es im Streitfall auch nicht der Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht im Beschluss vom 10. Oktober 2007(- 7 ABR 61/06 - AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 72 = EzA BetrVG 2001 § 5 Nr. 3)bedurft.

16

bb) Ein Chefarzt ist auch nicht bereits deshalb leitender Angestellter, weil er regelmäßig frei und eigenverantwortlich Entscheidungen etwa über die Einführung spezieller Untersuchungs-, Behandlungs- und Therapiemethoden fällen kann(so aber Raab GK-BetrVG 9. Aufl. § 5 Rn. 126 mwN; Richardi/Richardi BetrVG 12. Aufl. § 5 Rn. 256). Zwar obliegt dem Chefarzt eines Krankenhauses die Verantwortung im ärztlichen Bereich, wenn er eigenverantwortlich handelt und an Weisungen im Zweifel nicht gebunden ist. Die ärztliche Behandlung einschließlich der Entscheidung über bestimmte Behandlungsmethoden hat jedoch nicht in erster Linie eine unternehmerische Dimension. Sie zielt auf den Heilerfolg. Ärztliche Entscheidungen erklären sich aus den Besonderheiten des Arzt-Patientenverhältnisses und richten sich in erster Linie am Berufsrecht aus (§ 1 Abs. 2 BÄO). Ärztliche Entscheidungen des Chefarztes sind der Disposition des Arbeitgebers entzogen und betreffen nicht ohne Weiteres eine unternehmerische Aufgabenstellung im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG.

17

cc) Maßgeblich für die Qualifizierung eines Chefarztes als leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG ist vielmehr, ob er nach der konkreten Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensführung ausüben kann. Dazu muss er entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht notwendig Mitglied der Krankenhausverwaltung sein. Erforderlich ist aber, dass er nach dem Arbeitsvertrag und der tatsächlichen Stellung in der Klinik der Leitungs- und Führungsebene zuzurechnen ist und unternehmens- oder betriebsleitende Entscheidungen entweder selbst trifft oder maßgeblich vorbereitet. Ausdruck einer solchen Stellung können zB die selbständige Verwaltung eines nicht ganz unerheblichen Budgets oder die zwingende Mitsprache bei Investitionsentscheidungen sein.

18

2. Hiernach ist das Landesarbeitsgericht mit im Wesentlichen rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandenden Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beteiligte zu 3) durch die Wahrnehmung seiner Aufgaben die Entscheidungen der Arbeitgeberin nicht maßgeblich beeinflusst.

19

a) Bei der Gesamtbewertung der für die Charakterisierung eines leitenden Angestellten maßgebenden Merkmale steht dem Gericht der Tatsacheninstanz ein Beurteilungsspielraum zu. Die Würdigung des Beschwerdegerichts ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur daraufhin überprüfbar, ob der Sachverhalt fehlerfrei festgestellt wurde, die Bewertungsmaßstäbe nicht verkannt sind und die Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Punkte vertretbar erscheint(vgl. BAG 25. März 2009 - 7 ABR 2/08 - Rn. 18, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 73 = EzA BetrVG 2001 § 5 Nr. 4).

20

b) Dieser eingeschränkten Überprüfung hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts stand.

21

aa) Die Bezeichnung des Beteiligten zu 3) als leitender Angestellter in § 1 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags begründet diesen betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerstatus nicht, weil die Parteien darüber nicht disponieren können. § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG stellt zwingendes Recht dar(BAG 6. Dezember 2001 - 2 AZR 733/00 - zu B II 3 b aa der Gründe, AP ZPO § 263 Nr. 3 = EzA BetrVG 1972 § 5 Nr. 65). Soweit die Rechtsbeschwerde die Gestaltung und Höhe das Gehaltes des Beteiligten zu 3) als Argument anführt, kommt es darauf nur in Zweifelsfällen nach der Auslegungsregel in § 5 Abs. 4 Nr. 3 BetrVG an(BAG 6. Dezember 2001 - 2 AZR 733/00 - zu B II 3 b ee der Gründe, aaO). Ein solcher Zweifelsfall liegt hier nicht vor.

22

bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ergibt sich nicht schon aus den im Arbeitsvertrag festgelegten Aufgaben, dass dem Beteiligten zu 3) typische unternehmerische (Teil-)Entscheidungen obliegen, an denen die Unternehmensleitung der Arbeitgeberin schlechterdings nicht vorbeigehen kann.

23

(1) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, allein durch die vertraglich vorgesehene Abstimmung sei nicht gewährleistet, dass die Arbeitgeberin die Vorstellungen des Beteiligten zu 3) tatsächlich berücksichtigen müsse.

24

(a) Nach § 6 Abs. 1 des Arbeitsvertrags sind das Leistungsspektrum und das Jahresbudget für die geriatrische Abteilung zwischen dem Beteiligten zu 3) und der Arbeitgeberin im medizinischen Zielplan gemeinsam abzustimmen. Unter einer Abstimmung ist eine Mitwirkungsform zu verstehen, die schwächer ist als das Einvernehmen oder die Zustimmung. Sie setzt keine Willensübereinstimmung voraus. Jedoch erschöpft sich eine Abstimmung nicht in der bloßen Information oder Anhörung. Stärker als die Anhörung wird die Abstimmung wie die Herstellung des Benehmens von dem Willen getragen, auch die Belange der anderen Seite zu berücksichtigen und sich mit ihr zu verständigen. Erhebliche Einwände oder Bedenken dürfen deshalb nicht einfach übergangen werden. Vielmehr ist auf den Ausgleich aufgetretener Differenzen hinzuwirken, auch wenn bei dennoch verbleibenden Meinungsunterschieden der Wille des Regelungsbefugten ausschlaggebend ist(vgl. zur Benehmensherstellung BAG 13. März 2003 - 6 AZR 557/01 - zu I 3 b der Gründe, AP BGB § 611 Arzt-Krankenhaus-Vertrag Nr. 47 = EzA BGB 2002 § 611 Krankenhausarzt Nr. 1).

25

(b) Sieht der Arbeitsvertrag keine Vereinbarung, sondern lediglich eine Beteiligung in Form der Abstimmung vor, bei der die tatsächliche Entscheidungsbefugnis letztlich der Arbeitgeberin obliegt, kommt es für die Annahme des Status nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG maßgeblich auf die tatsächliche Vertragsübung an. Nach der Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht haben die Beteiligten trotz eines entsprechenden Hinweises des Senats keinen Vortrag dazu gehalten, inwieweit der Beteiligte zu 3) über seine medizinischen Aufgaben hinaus tatsächlichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen beispielsweise zum Leistungsspektrum seiner Abteilung und damit auf die Gestaltung des Budgets ausüben kann. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde genügt dafür nicht der Vortrag, dass der Beteiligte zu 3) am Aufbau der von ihm geführten Klinik wesentlich beteiligt war. Die Eröffnung der geriatrischen Tagesklinik mit 15 Betten ging nicht auf seine Initiative während der Jahresgespräche zurück, sondern stand nach § 1 Abs. 1 Satz 2 bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrags am 22. April 2004 fest.

26

(2) § 1 Abs. 3 des Arbeitsvertrags bestätigt die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass dem Beteiligten zu 3) keine unternehmerischen (Teil-) Aufgaben übertragen wurden. Der Arbeitgeberin ist ausdrücklich das Recht vorbehalten, strukturelle und organisatorische Veränderungen im Betriebsablauf vorzunehmen.

27

(3) Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beteiligten zu 3) gemäß § 6 Abs. 6 Sätze 2 und 3 des Arbeitsvertrags ein Teilbudget zur Verwaltung zugewiesen worden wäre, über das er eigenverantwortlich verfügen kann.

28

(4) Ebenso kann mangels entsprechendem Vortrag nicht angenommen werden, es seien dem Beteiligten zu 3), wie in § 1 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags vorgesehen, weitere seiner Stellung als leitender Angestellter entsprechende Aufgaben übertragen worden.

29

cc) Auch die Delegationsstufe des Beteiligten spricht nicht für seine Zugehörigkeit zur Leitungsebene. Vielmehr ist er nach § 5 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags in ärztlichen Angelegenheiten dem ärztlichen Direktor, in Verwaltungsangelegenheiten der Verwaltungsleitung unterstellt.

30

dd) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dass sich aus der Personalverantwortung des Beteiligten zu 3) für das in der geriatrischen Abteilung beschäftigte medizinische Personal nicht die Eigenschaft als leitender Angestellter ableiten lässt. Die Personalverantwortung ist kein Tatbestandsmerkmal des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG. Eine „schlichte Vorgesetztenstellung“ ist für eine Qualifikation als leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG nicht ausschlaggebend(vgl. BAG 6. Dezember 2001 - 2 AZR 733/00 - zu B II 3 b aa der Gründe, AP ZPO § 263 Nr. 3 = EzA BetrVG 1972 § 5 Nr. 65).

31

ee) Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass die Erfüllung unternehmerischer (Teil-)Aufgaben der Tätigkeit des Beteiligten zu 3) das Gepräge geben und jedenfalls ein beachtlicher Teil seiner Tätigkeit hiervon beansprucht würde.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Kiel    

        

        

        

    Hoffmann    

        

    Deinert    

                 

Versicherungspflichtig sind

1.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind; während des Bezuges von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch besteht die Versicherungspflicht fort,
2.
behinderte Menschen, die
a)
in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
b)
in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
3.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe oder in Berufsbildungswerken oder ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen; dies gilt auch für Personen während der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches,
3a.
(weggefallen)
4.
Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften während ihres Dienstes für die Gemeinschaft und während der Zeit ihrer außerschulischen Ausbildung.
Personen, die Wehrdienst leisten und nicht in einem Dienstverhältnis als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit stehen, sind in dieser Beschäftigung nicht nach Satz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig; sie gelten als Wehrdienstleistende im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 2 oder 2a und Satz 4. Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft sind in dem Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, nicht versicherungspflichtig beschäftigt, wobei Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes als ein Unternehmen gelten. Die in Satz 1 Nr. 2 bis 4 genannten Personen gelten als Beschäftigte im Sinne des Rechts der Rentenversicherung. Die folgenden Personen stehen den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 gleich:
1.
Auszubildende, die in einer außerbetrieblichen Einrichtung im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz ausgebildet werden,
2.
Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).

(1) Versicherungsfrei sind Personen in einer Beschäftigung als

1.
Beamtin, Beamter, Richterin, Richter, Soldatin auf Zeit, Soldat auf Zeit, Berufssoldatin oder Berufssoldat der Bundeswehr sowie als sonstige Beschäftigte oder sonstiger Beschäftigter des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, Anstalt, Stiftung oder eines Verbandes öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben,
2.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
3.
Lehrerin oder Lehrer an privaten genehmigten Ersatzschulen, wenn sie hauptamtlich beschäftigt sind und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
4.
satzungsmäßige Mitglieder von geistlichen Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht,
5.
Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft für das Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören. Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes gelten als ein Unternehmen.

(2) Versicherungsfrei sind Personen in einer geringfügigen Beschäftigung; abweichend von § 8 Abs. 2 Satz 1 des Vierten Buches werden geringfügige Beschäftigungen und nicht geringfügige Beschäftigungen nicht zusammengerechnet. Versicherungsfreiheit besteht nicht für Personen, die

1.
im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz,
2.
wegen eines Arbeitsausfalls mit Entgeltausfall im Sinne der Vorschriften über das Kurzarbeitergeld oder
3.
wegen stufenweiser Wiedereingliederung in das Erwerbsleben (§ 74 Fünftes Buch, § 44 Neuntes Buch) oder aus einem sonstigen der in § 146 Absatz 1 genannten Gründe
nur geringfügig beschäftigt sind.

(3) Versicherungsfrei sind Personen in einer

1.
unständigen Beschäftigung, die sie berufsmäßig ausüben. Unständig ist eine Beschäftigung, die auf weniger als eine Woche der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt ist,
2.
Beschäftigung als Heimarbeiterin oder Heimarbeiter, die gleichzeitig mit einer Tätigkeit als Zwischenmeisterin oder Zwischenmeister (§ 12 Abs. 4 Viertes Buch) ausgeübt wird, wenn der überwiegende Teil des Verdienstes aus der Tätigkeit als Zwischenmeisterin oder Zwischenmeister bezogen wird,
3.
Beschäftigung als ausländische Arbeitnehmerin oder ausländischer Arbeitnehmer zur beruflichen Aus- oder Fortbildung, wenn
a)
die berufliche Aus- oder Fortbildung aus Mitteln des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes oder aus Mitteln einer Einrichtung oder einer Organisation, die sich der Aus- oder Fortbildung von Ausländerinnen oder Ausländern widmet, gefördert wird,
b)
sie verpflichtet sind, nach Beendigung der geförderten Aus- oder Fortbildung das Inland zu verlassen, und
c)
die im Inland zurückgelegten Versicherungszeiten weder nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaft noch nach zwischenstaatlichen Abkommen oder dem Recht des Wohnlandes der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers einen Anspruch auf Leistungen für den Fall der Arbeitslosigkeit in dem Wohnland der oder des Betreffenden begründen können,
4.
Beschäftigung als Bürgermeisterin, Bürgermeister, Beigeordnete oder Beigeordneter, wenn diese Beschäftigung ehrenamtlich ausgeübt wird,
5.
Beschäftigung, die nach den §§ 16e und 16i des Zweiten Buches gefördert wird.

(4) Versicherungsfrei sind Personen, die während der Dauer

1.
ihrer Ausbildung an einer allgemeinbildenden Schule oder
2.
ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule
eine Beschäftigung ausüben. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht, wenn die oder der Beschäftigte schulische Einrichtungen besucht, die der Fortbildung außerhalb der üblichen Arbeitszeit dienen.

(5) Versicherungsfrei sind Personen, die während einer Zeit, in der ein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht, eine Beschäftigung ausüben. Satz 1 gilt nicht für Beschäftigungen, die während der Zeit, in der ein Anspruch auf Teilarbeitslosengeld besteht, ausgeübt werden.

Tenor

Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 betrifft.

In diesem Umfang wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu erstatten. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 als Beschäftigter in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) versicherungspflichtig war.

2

Der am 1961 geborene Kläger arbeitete aufgrund eines Anstellungsvertrags vom 11.2.1986 zunächst als Schlosser und nach Ablegen der Meisterprüfung noch im selben Jahr als Betriebsleiter bei der Beigeladenen zu 1., einer GmbH mit dem Unternehmensgegenstand "Rührwerksbau". Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war bis zu seinem Tod am 11.5.2001 der Vater des Klägers. Die Geschäftsanteile erbte dessen Ehefrau; der Kläger wurde mit Dienstvertrag vom 31.8.2001 zum Geschäftsführer bestellt. Bereits am 30.4.1996 hatte der Vater des Klägers "gemäß § 48 Abs 2 GmbHG" folgende Niederschrift verfasst:

        

"… Aus gesundheitlichen Gründen werden meine Kinder S. und M. die Leitung des Unternehmens übernehmen. Mein Sohn wird aufgrund seiner beruflichen Fähigkeiten den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens übernehmen, meine Tochter den kaufmännischen Teil, aufgrund ihrer Ausbildung beim Steuerberater. Die entsprechenden Vollmachten werden beiden Kindern umgehend erteilt. Ab sofort nehmen die Kinder am betrieblichen Erfolg mit einer Gewinntantieme teil und sind vom Selbstkontrahierungsverbot befreit. Auf das Weisungsrecht meinerseits verzichte ich. Arbeits- und Urlaubszeit kann nach Lage der Gesellschaft frei bestimmt und gestaltet werden."

3

Der Kläger war bis 30.11.1999 Mitglied der beklagten Krankenkasse, seit 1.1.1996 aufgrund freiwilliger Versicherung. Nachdem eine neu gewählte Krankenkasse festgestellt hatte, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. für spätere Zeiträume nicht versicherungspflichtig in der RV und nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen sei, beantragte der Kläger mit Schreiben vom 14.9.2005 eine entsprechende Beurteilung auch für den (nun streitigen) Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 durch die Beklagte als Einzugsstelle. Diese stellte mit Bescheid vom 23.9.2005 und Widerspruchsbescheid vom 20.4.2006 fest, dass der Kläger in diesem Zeitraum bei der Beigeladenen zu 1. beschäftigt gewesen sei und der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe. Das SG hat die auf Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 26.11.2008).

4

Auf die Berufung des Klägers hat das LSG unter Aufhebung des Urteils des SG und der Bescheide der Beklagten festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. im streitigen Zeitraum nicht der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe (Urteil vom 22.9.2010): Für eine Beschäftigung sprächen ua die fehlende Geschäftsführer- und Gesellschafterstellung des Klägers, die Vereinbarungen des Anstellungsvertrags und die begrenzte Befugnis des Klägers, die Geschicke "der Firma" rechtsverbindlich zu gestalten. Demgegenüber sprächen die tatsächlichen Verhältnisse gegen eine Beschäftigung. So habe sein Vater dem Kläger mit der Niederschrift vom 30.4.1996 unter Verzicht auf sein Weisungsrecht die Unternehmensleitung übertragen. Dadurch habe der Kläger zusammen mit seiner Schwester nach eigenem Gutdünken frei "schalten und walten" können. Durch Übernahme einer Bürgschaft über 100 000 DM habe er ein wirtschaftliches Risiko getragen und sei am Gewinn der Firma beteiligt gewesen. Er habe die alleinigen Branchenkenntnisse in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte gehabt, sei vom Selbstkontrahierungsverbot befreit gewesen und habe Kundengespräche geführt, Angebote eingeholt sowie Kalkulationen erstellt, ohne sich im Einzelnen mit seinem Vater abzusprechen. Diesen tatsächlichen Verhältnissen komme bei der rechtlichen Beurteilung Vorrang gegenüber den vertraglichen Regelungen zu.

5

Mit der allein vom ihm eingelegten Revision rügt der Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 2.) eine Divergenz zur Rechtsprechung des BSG seit dem Jahr 2006 (BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149; BSG Urteil vom 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 7), da das LSG sinngemäß den Rechtssatz aufgestellt habe, "dass eine im Widerspruch zu getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung der formellen Vereinbarung unabhängig von der rechtlichen Möglichkeit einer formlosen Abbedingung vorgehen bzw. auch dann, wenn eine formlose Abbedingung rechtlich nicht möglich ist". Das LSG habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger am Stammkapital der zu 1. beigeladenen GmbH nicht beteiligt gewesen sei und bezogen auf die Gesellschaft keinerlei "Rechtsmacht" besessen habe. Diese Rechtsmacht habe trotz des Verzichts auf ein Weisungsrecht bei dessen Vater, dem Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1., gelegen. Zudem habe der Kläger die Beigeladene zu 1. nicht wie ein Alleininhaber, sondern nur zusammen mit seiner Schwester geleitet.

6

Die Beigeladene zu 2. beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufzuheben, soweit dieses unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 sowie des Bescheides der Beklagten vom 23. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2006 festgestellt hat, der Kläger habe in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlegen,
ferner, insoweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.

8

Er verteidigt das angegriffene Urteil. Insbesondere sei mit der Niederschrift vom 30.4.1996 bereits die Bevollmächtigung beider Kinder durch ihren Vater erfolgt, der zugleich auf sein Weisungsrecht sowohl als Geschäftsführer wie auch als Gesellschafter verzichtet habe. Darauf, dass die Unternehmensleitung gemeinsam mit der - im Übrigen als nicht rentenversicherungspflichtig eingestuften - Schwester erfolgte, komme es nicht an.

9

Die Beklagte und die zu 3. beigeladene Bundesagentur für Arbeit schließen sich der Rechtsansicht der Beigeladenen zu 2. an, die Beigeladene zu 3. ohne einen Antrag zu stellen.

10

Die Beigeladene zu 1. äußert sich nicht.

Entscheidungsgründe

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Die auf die angefochtene Feststellung von Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV im Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 beschränkte Revision der Beigeladenen zu 2. ist zulässig und begründet. Bescheid und Widerspruchsbescheid der Beklagten sind bezogen darauf rechtmäßig. Daher ist das Urteil des LSG in diesem Umfang aufzuheben und die Berufung des Klägers insoweit zurückzuweisen.

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1. Obwohl die Beigeladene zu 2. in der Revisionsbegründung entgegen § 164 Abs 2 S 3 SGG keine Rechtsnorm ausdrücklich bezeichnet hat, die sie durch das Urteil des LSG als verletzt ansieht, ist die Revision noch zulässig. Denn es reicht aus, wenn sich aus dem Inhalt der Darlegungen des Revisionsklägers ergibt, dass er sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung rechtlich auseinandergesetzt hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (vgl BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 2 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 9c, 11 mwN). Vorliegend lässt das Revisionsvorbringen noch hinreichend deutlich erkennen, dass die Beigeladene zu 2. die Auffassung des LSG angreift, bei der Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit komme den tatsächlichen Verhältnissen generell Vorrang gegenüber den gesellschafts- und arbeitsvertraglichen Regelungen zu, und dass sie dadurch § 7 Abs 1 SGB IV als verletzt ansieht.

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2. Die Revision der Beigeladenen zu 2. ist auch begründet.

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Zu Unrecht hat das LSG hier die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV verneint und die Bescheide der Beklagten sowie das SG-Urteil insoweit aufgehoben. Dabei ist das LSG zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Tatbestand der Beschäftigung aufgestellten Rechtssätzen ausgegangen; es hat jedoch die jüngere Rechtsprechung zum Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den vertraglichen Vereinbarungen nicht hinreichend berücksichtigt (hierzu a). Wiederum zutreffend hat das LSG eine Tätigkeit in einem fremden Betrieb vorausgesetzt und den "Anstellungsvertrag" des Klägers zum Ausgangspunkt der weiteren Prüfung und seiner Tatsachenfeststellungen gemacht (hierzu b). Im Ergebnis keinen Bestand haben indes die hierauf aufbauende rechtliche Würdigung des LSG sowie seine davon ausgehende Bewertung des Gesamtbildes der Erwerbstätigkeit (hierzu c). Dabei steht der Einordnung der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. als (abhängige) Beschäftigung die Rechtsprechung des BSG zur Tätigkeit in Familiengesellschaften nicht entgegen (hierzu d).

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a) In den Jahren 1996 bis 1999, die hier in Streit stehen, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der RV der Versicherungspflicht (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI; ab 1.1.1998 idF durch Gesetz vom 24.3.1997, BGBl I 594). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).

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Zutreffend weist die Beigeladene zu 2. in ihrer Revisionsbegründung darauf hin, dass zur Feststellung des Gesamtbilds den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zukommt. Zwar hat der Senat noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 7) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat er diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert (insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; ebenso Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f): Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist. Hieran hat der Senat seither festgehalten (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - USK 2009-25; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-25).

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Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzurücken: Die tatsächlichen Verhältnisse weichen hier zwar von den Regelungen des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen Anstellungsvertrags ab, jedoch führt dies mit Blick auf die Frage des Vorliegens einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit zu keinem anderen Ergebnis (hierzu unten c). Daher kommt es auch nicht darauf an, dass das LSG keine Feststellungen dazu getroffen hat, unter welchen Voraussetzungen die Bestimmungen des Anstellungsvertrags überhaupt abdingbar waren.

18

b) Die dargestellten Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall anzuwenden, denn der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw Unternehmensinhaberin war die Beigeladene zu 1., die als GmbH juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen (hierzu vgl nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 21 mwN)und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.

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Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der "Anstellungsvertrag" vom 11.2.1986, der deren Vertragsverhältnis zunächst ausschließlich bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem vom LSG - lückenhaft - festgestellten Inhalt - regelmäßiges Entgelt, feste wöchentliche Arbeitszeit, Urlaubsansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Nach abgelegter Meisterprüfung wurde der Kläger sodann als Betriebsleiter eingesetzt; hiermit evtl verbundene rechtlich relevante Änderungen des schriftlichen "Anstellungsvertrags" hat das LSG aber ebenso wenig festgestellt, wie es Feststellungen zur Frage dafür einzuhaltender möglicher Formerfordernisse bei Vertragsänderungen getroffen hat.

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Eine weitere Änderung der Stellung des Klägers erfolgte aufgrund der als Gesellschafterbeschluss (§ 48 GmbHG) auszulegenden Niederschrift seines Vaters vom 30.4.1996 mit der Übertragung der "Leitung" des technischen und gewerblichen Bereichs der GmbH an ihn. Dieser Beschluss enthielt gleichzeitig eine Befreiung des Klägers vom Selbstkontrahierungsverbot und einen Verzicht seines Vater - des Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1. - auf ein Weisungsrecht gegenüber dem Kläger. Zudem wurde dem Kläger eine Gewinntantieme zugesagt und das Recht eingeräumt, über seine eigene Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Den insoweit nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass dies auch der betrieblichen Praxis entsprach. So führte der Kläger fortan die Kundengespräche, holte Angebote ein und stellte Kalkulationen auf, ohne im Einzelnen Rücksprache mit seinem Vater zu nehmen. Der Kläger war Ansprechpartner für Kunden und für Mitarbeiter. Zumindest einen Mitarbeiter stellte er ein, wenn auch der Arbeitsvertrag auf Seiten der Beigeladenen zu 1. vom Vater des Klägers unterschrieben wurde. Der Vater hatte sich - obwohl täglich im Betrieb anwesend - nach den Feststellungen des LSG "nicht mehr eingemischt" und nahm auch auf die Einstellung von Personal keinen Einfluss mehr.

21

Offenbleiben kann vorliegend, ob die in der Niederschrift des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 erwähnten Vollmachten für den Kläger zu diesem Zeitpunkt oder später tatsächlich erteilt wurden und ob die Beigeladene zu 2. insoweit eine zulässige Sachrüge erhoben hat. Denn auch für den Fall, dass dem Kläger die zur Leitung des technischen und gewerblichen Teils der Beigeladenen zu 1. erforderlichen Vollmachten erteilt wurden, tragen die vom LSG festgestellten Umstände nicht dessen rechtlichen Schluss, dass sich mit der Niederschrift vom 30.4.1996 der Charakter der vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. dahingehend wandelte, dass der Kläger nunmehr selbstständig tätig sein sollte.

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c) Der Kläger erbrachte seine Dienste für die Beigeladene zu 1. auch in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung.

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Eine Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - etwa in Form eines freien Dienstverhältnisses - ergibt sich nicht daraus, dass der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1. durch Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 auf "das Weisungsrecht" gegenüber dem Kläger verzichtete und diesem das Recht einräumte, seine Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Zwar unterlag der Kläger dadurch nicht mehr umfassend einem Weisungsrecht seines Arbeitgebers - handelnd durch den weiterhin allein als Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH im Handelsregister eingetragenen Vater - hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung seiner Tätigkeit. Jedoch werden gerade höhere Dienste dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG SozR 3-2940 § 3 Nr 2 S 9 mwN; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 80; vgl - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 22; vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der RV und Arbeitslosenversicherung (§ 1 S 4 SGB VI sowie § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 66 f; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nämlich nicht schon zu einem Selbstständigen, selbst wenn andere Betriebsangehörige den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten mögen (wie das LSG im vorliegenden Fall anhand der Aussage des Zeugen R. festgestellt hat).

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Eine solche noch dem Typus der Beschäftigung zuzuordnende Eingliederung in eine vorgegebene Ordnung des Betriebes bestand bei dem Kläger auch nach dem 30.4.1996. Durch den Gesellschafterbeschluss erlangte er die Stellung eines Angestellten, der nach den Feststellungen des LSG auch in der betrieblichen Praxis den technischen und gewerblichen Teil der Beigeladenen zu 1. mit "entsprechenden Vollmachten" eigenverantwortlich zu leiten hatte. Dennoch blieb der Kläger weiterhin in die durch die Beigeladene zu 1. bzw ihren gesellschaftsrechtlich maßgebenden Geschäftsführer (= Vater des Klägers) vorgegebene Organisation eingebunden, da seine Leitungsmacht nur auf einen bestimmten Unternehmensteil beschränkt war, während die Leitung des kaufmännischen Teils der Beigeladenen zu 1. ausschließlich seiner Schwester oblag. Die Vollmacht, diese Entscheidung zur konkreten Ausgestaltung der betrieblichen Organisation auf der Leitungsebene zu ändern, besaß der Kläger nicht. Selbst innerhalb des ihm zugewiesenen Zuständigkeitsbereichs war seine Vertretungsbefugnis rechtlich zwingend auf den Umfang einer rechtsgeschäftlichen Handlungsvollmacht iS von § 54 Handelsgesetzbuch (HGB) begrenzt, die sich zwar auf sämtliche Geschäfte erstreckt, die in einem Geschäftsbetrieb üblich sind, die jedoch nicht auf eine unmittelbare Vertretung der Gesellschaft, sondern lediglich auf ein (rechtlich nachgeordnetes) Handeln in Vollmacht des Geschäftsführers gerichtet war(BGH Urteil vom 20.10.2008 - II ZR 107/07 - NJW 2009, 293, 294 mwN). Schon von Gesetzes wegen (§ 54 Abs 2 HGB) waren jedenfalls die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, die Aufnahme von Darlehen und die Prozessführung von der Bevollmächtigung ausgenommen. Die anderenfalls notwendige besondere Erteilung der Vollmacht auch für diese Befugnisse hat das LSG nicht festgestellt. Darüber hinaus unterlag der Kläger selbst in dem ihm danach zugewiesenen eingeschränkten Vollmachtsrahmen zwingend der Kontrolle des GmbH-Geschäftsführers (vgl zu dessen Stellung allgemein zB Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 19. Aufl 2010, § 35 RdNr 76 mwN). Soweit der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingeschäftsführer der Beigeladenen zu 1. diese Kontrolle tatsächlich nicht oder nur sehr eingeschränkt ausübte, etwa weil - wie das LSG herausstellt - er sich darauf verließ, dass der Kläger die einzelnen Aufträge ordnungsgemäß einholte und durchführte, ist dies für die hier vorzunehmende Abgrenzung ebenso unbeachtlich, wie ein auch die zur Ausübung dieser Kontrolle notwendigen Weisungen umfassender Verzicht auf das Weisungsrecht, denn insoweit wären die Grenzen des rechtlich Zulässigen überschritten (hierzu bereits oben a). Im Übrigen deutet sogar die Feststellung des LSG, der Zeuge R. sei "von dem Kläger eingestellt worden", den Arbeitsvertrag habe jedoch der Vater unterschrieben, darauf hin, dass die dem Kläger erteilten Vollmachten auch in der betrieblichen Praxis nicht umfassend, sondern begrenzt waren.

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Der Kläger hatte auch weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69 = SozR 4100 § 104 Nr 19; SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN). Hierzu fehlte es bereits an einer Beteiligung des Klägers am Stammkapital der Beigeladenen zu 1. Gleichzeitig blieb seine Position innerhalb des Unternehmens ohnehin deutlich hinter der organschaftlich begründeten Stellung eines Geschäftsführers - als solcher wurde er trotz der vorgenommenen Änderungen (weiterhin) nicht bestellt, sondern erst nach dem Tod des Vaters Ende August 2001 - zurück. Bereits aufgrund einer solchen Unterordnung unter den Geschäftsführer ist regelmäßig von einer Beschäftigung auszugehen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 57; BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448 S 253).

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Eine Vergleichbarkeit des Klägers mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG auch solche Einflussmöglichkeiten zu beachten, soweit sie einem Geschäftsführer selbst gegenüber der Gesellschaft zur Verfügung stehen (zu einem - im Ergebnis nicht ausreichenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen: BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f), doch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die am 5.2.1994 für die Beigeladene zu 1. übernommene Bürgschaft des Klägers über 100 000 DM ihm eine solche Einflussnahme ermöglichte. Aus diesem Grunde war der durch den Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 erfolgte, in seinem Umfang ohnehin begrenzte Verzicht auf das Weisungsrecht nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich im Konfliktfall jederzeit widerrufbar, ohne dass der Kläger dieses hätte verhindern können.

27

Für eine fortbestehende Eingliederung in eine vorgegebene betriebliche Ordnung trotz des - wie aufgezeigt - begrenzten Verzichts auf ein Weisungsrecht spricht auch die im Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 festgelegte Bindung der vom Kläger im Übrigen frei selbst zu bestimmenden Arbeits- und Urlaubszeit an die "Lage der Gesellschaft" (in diesem Sinne zur Bindung der Urlaubsplanung an die Bedürfnisse der Geschäftsführung BSG SozR 3-2200 § 723 Nr 4 S 17). Dass der Kläger im Rahmen der ihm erteilten begrenzten Vollmachten vom Selbstkontrahierungsverbot befreit war, spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer einer kleineren GmbH bereits entschieden hat (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 1, RdNr 11 und Nr 8 RdNr 17)- nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.

28

Ebenso hat das BSG bereits entschieden, dass die Gewährung einer Tantieme als solche nicht genügt, um eine Beschäftigung auszuschließen (vgl BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53). Bedeutung für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit kommt Tantiemen nur als (ein) Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen zu, das im Rahmen der Gesamtwürdigung Gewicht gewinnen kann, jedoch nicht allein entscheidend ist (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 18 mwN). Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist (vgl zB BSG SozR 2100 § 17 Nr 3; BSG Urteil vom 28.4.1982 - 12 RK 12/80 - Die Beiträge 1982, 382 = USK 8244), ist deren Gewicht für die hier im Vordergrund stehende Abgrenzung der Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis gegenüber einem selbstständigen Dienstverhältnis eher gering. Wie die Gewichtung beispielsweise bei einer Tätigkeit in einem Einzelunternehmen zu beurteilen ist, wenn die Tätigkeit im fremden oder im (auch) eigenen Betrieb in Frage steht, braucht hier nicht entschieden zu werden. Eine Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb scheidet hier bereits aufgrund der Rechtsform der Beigeladenen zu 1., einer GmbH, an deren Stammkapital der Kläger nicht beteiligt war, aus (vgl oben unter b). Daher ist es auch unschädlich, dass das LSG die konkrete Höhe der Tantieme und Anlass, zu sicherndes Risiko sowie Fortbestand der Bürgschaft während des streitigen Zeitraums nicht festgestellt hat und somit das Ausmaß des wirtschaftlichen Eigeninteresses des Klägers am Erfolg der Beigeladenen zu 1. nicht einmal genau feststeht.

29

Soweit das LSG im Hinblick auf die Bürgschaft über ein wirtschaftliches Eigeninteresse hinaus auch ein "typisches Unternehmerrisiko" des Klägers angenommen und als Indiz für eine Selbstständigkeit gewertet hat, erfasst es die Bedeutung dieses Merkmals im vorliegenden Kontext nicht zutreffend. So kann eine Bürgschaft wie die des Klägers für die Beigeladene zu 1., bei der er die hier streitige Tätigkeit ausübt, in erster Linie für die Abgrenzung einer Beschäftigung gegenüber einer durch "Mitunternehmerschaft" begründeten Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb von Bedeutung sein. Für die vorliegend vorzunehmende Zuordnung einer Tätigkeit in einem - wie oben dargelegt zweifellos - fremden Betrieb ist ihre Bedeutung jedoch gering. Denn diese Bürgschaft begründete kein mit der Tätigkeit - sei es als Beschäftigter oder selbstständiger Dienstverpflichteter - des Klägers bei der Beigeladenen zu 1. verbundenes Risiko. Es handelt sich nämlich nicht um einen mit den geschuldeten Diensten verbundenen Aufwand, weil die Bürgschaft für die Erfüllung der diesbezüglichen Pflichten nicht erforderlich war. Die Gründe für ihre Bestellung sind vielmehr außerhalb der Beschäftigung bzw des Dienstverhältnisses zu suchen (vgl hierzu allgemein Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 153). Bezogen auf seine Tätigkeit hatte der Kläger gerade kein Unternehmerrisiko zu tragen; denn als Gegenleistung für seine Tätigkeit stand ihm nach den Feststellungen des LSG auch nach dem 30.4.1996 unabhängig vom wirtschaftlichen Ergebnis der Beigeladenen zu 1. ein Anspruch auf "die Zahlung eines regelmäßigen Entgeltes" zu, wie dies für Beschäftigte typisch ist. Bezogen auf die geschuldeten Dienste hatte der Kläger - wie jeder andere Beschäftigte auch - allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen.

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d) Die Annahme von Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. kann schließlich auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BSG zur Versicherungspflicht von in Familiengesellschaften verrichteten Tätigkeiten gestützt werden.

31

Das BSG hat in der Vergangenheit in seiner Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG Urteil vom 29.10.1986 - 7 RAr 43/85 - USK 86145; BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170; BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975; BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG Urteil vom 28.1.1992 - 11 RAr 133/90 - USK 9201; BSG Urteil vom 11.2.1993 - 7 RAr 48/92 - USK 9347; im konkreten Fall abgelehnt: BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53; umgekehrt allerdings : BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8 S 37). Ohne Geschäftsführerstellung hat der 12. Senat eine - nach den allgemeinen Grundsätzen eigentlich ausgeschlossene - selbstständige Tätigkeit für den Fall als gegeben erachtet, dass der in einer GmbH Tätige neben seinem Ehegatten alleiniger oder gleichberechtigter Gesellschafter der GmbH ist (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17). Dabei hat der Senat jedoch nicht auf eine familiäre Verbundenheit, sondern maßgebend auf die mit der Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht abgestellt (BSG, aaO, S 58, 60). Weitergehend hatte allerdings der 3. Senat bereits 1971 die Selbstständigkeit eines nicht zum (ggf weiteren) Geschäftsführer bestellten Minderheitsgesellschafters angenommen, weil dieser in der betrieblichen Praxis der mit ihm verheirateten Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin vollständig gleichgestellt gewesen sei sowie sich faktisch als zweiter Geschäftsführer betätigt und neben der hauptamtlichen Geschäftsführerin die GmbH nach außen vertreten habe (BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; vgl auch BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448). Noch darüber hinausgehend hat der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich gehalten (BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1; in Abgrenzung zur familienhaften Mithilfe vgl aber BSG SozR Nr 22 zu § 165 RVO). Dabei ist der 11. Senat davon ausgegangen, dass für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht komme, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170). Diese Ausnahme solle - so der 11. Senat - auch gelten, wenn der Alleingesellschafter zugleich Alleingeschäftsführer ist und die Tätigkeit der faktischen Leitung des Betriebes formal auf der Ebene unter dem Geschäftsführer ausgeübt werde. Indessen lasse eine bloß "probeweise" Leitung des Betriebs durch den als Unternehmensnachfolger uU vorgesehenen Sohn eine (abhängige) Beschäftigung nicht entfallen. Wollten die Eltern, dass der Sohn den Betrieb in der bisherigen Art fortführe, und erlaube es ihre Mitarbeit im Betrieb verbunden mit ihrer Rechtsstellung als Gesellschafter und Geschäftsführer, diesen Willen durchzusetzen, so habe für den Sohn die fremdbestimmte betriebliche Ordnung im Sinne einer Beschäftigung fortbestanden, auch wenn er sich innerhalb des durch die bisherige Betriebsführung vorgegebenen Rahmens frei bewegen durfte (BSGE 66, 168, 170 ff = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4 f; zu einer solchen Konstellation vgl auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.5.2010 - L 11 KR 1423/08).

32

Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob der vom 11. Senat des BSG formulierten Rechtsauffassung (ggf modifiziert bzw auf gänzlich atypische Sonderfälle beschränkt) bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht gefolgt werden kann oder ob - wofür Einiges spricht - der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse, auf die auch der 11. Senat ausdrücklich hingewiesen hat, größere Bedeutung beizumessen ist. Für Letzteres spricht, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer formal vorliegenden (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde (kritisch aus diesem Grunde auch Segebrecht in jurisPK-SGB IV, aaO, § 7 RdNr 124). Eine solche "SchönwetterSelbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar. So hat das BSG in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (vgl SozR Nr 6 zu § 168 RVO; SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103; zuletzt Urteil des Senats vom 27.7.2011 - B 12 R 15/09 R - SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16).

33

Auf die dargestellte Frage kommt es vorliegend nicht an, da die vom LSG festgestellten Tatsachen dessen Schlussfolgerung, der Kläger habe seit April 1996 die Geschäfte der Beigeladenen zu 1. "nach eigenem Gutdünken führen und frei schalten und walten" können (vgl dazu BSG <11. Senat> BSGE 66, 168, 171 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4), nicht tragen. So hat das LSG seine Schlussfolgerung bereits selbst dahin eingeschränkt, dass der Kläger die Beigeladene zu 1. "mit seiner Schwester allein" geführt habe (Seite 15 des Urteils) bzw nur zusammen mit ihr habe führen können. In diesem Zusammenhang ist auch unerheblich, dass das LSG keine Feststellungen zum Umfang des Einvernehmens zwischen dem Kläger und seiner Schwester getroffen hat. Denn auch bei großzügiger Auslegung des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 war die Leitungsmacht des Klägers ausschließlich auf "den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens" beschränkt. Nur die darauf bezogenen "entsprechenden Vollmachten" wurden erteilt oder sollten noch erteilt werden. Die Leitung der Beigeladenen zu 1. insgesamt war dem Kläger damit nicht übertragen worden. Auf Grundlage der Feststellungen des LSG kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger seine Schwester und den - wenn auch zunehmend nur noch der Form halber - weiterhin an der Unternehmensleitung mitwirkenden Vater derart dominiert hätte, dass nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Gesamtleitung der Beigeladenen zu 1. allein durch den Kläger vorgelegen hätte. Vielmehr hat auch das LSG alleinige Branchenkenntnisse des Klägers nicht in allumfassender Weise, sondern nur in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte festgestellt. Die Leitung des kaufmännischen Teils des Unternehmens hatte der Vater des Klägers gerade mit Rücksicht auf deren durch eine Ausbildung bei einem Steuerberater erworbenen Kenntnisse der Schwester des Klägers übertragen. Zudem verfügte der Vater des Klägers über langjährige Erfahrung in der Leitung des Gesamtunternehmens, die er als Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer bereits zu einem Zeitpunkt innehatte, bevor der Kläger die Meisterprüfung ablegte und zum Betriebsleiter bestellt wurde. Zugleich spricht der Umstand, dass der Kläger und seine Schwester trotz Übertragung bereichsbezogener Leitungsfunktionen und eines Verzichts des Vaters auf "das Weisungsrecht" nicht zu Geschäftsführern berufen wurden, dafür, dass sich der Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer eine Kontrolle und Letztentscheidungsbefugnis zumindest bezüglich grundlegender unternehmerischer Entscheidungen vorbehalten wollte. Nicht zuletzt spricht auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1. im Erbgang an die Mutter und nicht den Kläger und seine Schwester fiel, dafür, dass ihr Vater das Unternehmen trotz seiner fortschreitenden Krankheit jedenfalls während des hier zu beurteilenden Zeitraums noch nicht vollständig an seine Kinder übergeben hatte.

34

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Anteil der zu erstattenden Kosten entspricht dem Verhältnis der im streitigen Zeitraum für den Kläger zur gesetzlichen RV und zur Arbeitsförderung entrichteten Beiträge.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. April 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitgegenstand ist die im Anschluss an eine Betriebsprüfung bei der B. H. Versandservice GmbH (im Folgenden: Beigeladene zu 1)) gegenüber der Klägerin getroffene Feststellung, diese sei seit dem 1. Januar 2005 als Buchhalterin versicherungspflichtig zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Die Klägerin ist gelernte Wirtschaftsassistentin, Industriekauffrau und Bilanzbuchhalterin. Sie hat vier in den Jahren 1990, 2000, 2004 und 2006 geborene Kinder. Seit 1. Dezember 1993 hat sie ein Gewerbe Büroservice angemeldet. Bis Ende März 2001 war sie bei der Beigeladenen zu 1) als Buchhalterin/Lohnbuchhalterin in Teilzeit (20 Stunden wöchentlich) abhängig beschäftigt. Am 15. Dezember 2001 mietete sie einen 9 m² großen Büroraum unter ihrer Wohnanschrift von ihrem Ehemann zu einer monatlichen Miete von EUR 87,64 einschließlich Nebenkosten ab 1. Januar 2002 an. Außerdem ist sie Autorin des Buches „Zeitfalle Kind“, das sie selbst vermarktet. Sie ist freiwillig versichertes Mitglied bei der zu 2) beigeladenen Krankenkasse.
Während ihrer abhängigen Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) und noch im Anschluss bis 2004 hatte die Klägerin mehrere andere Auftraggeber. Bei der Beigeladenen zu 1) erledigte sie dieselben Aufgaben wie zuvor. Als abhängig Beschäftigte erledigte sie diese allein mit einem Auszubildenden. Aufgrund familiärer Verpflichtungen beendete sie die übrigen Auftragsverhältnisse 2004 und schränkte auch ihre Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) von zuvor 20 auf nunmehr noch 15 bis 16 Stunden wöchentlich ein. Die von ihr abgegebenen Aufgaben, z.B. Zahlungserinnerungen, Mahnungen, erledigt seitdem ein bei der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigter Bürokaufmann, der ihr insoweit zuarbeitet. Zwei- bis dreimal pro Woche - je nach Arbeitsanfall - arbeitet die Klägerin in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1) jeweils von ca. 9.00 Uhr/9.30 Uhr bis 12 Uhr. Dort tauscht sie Belege und Unterlagen aus, bespricht Änderungen und Sonderfälle, besonders im Personalbereich, und erledigt besonders dringende Angelegenheiten. Sie nutzt dort das auf den Betrieb abgestimmte Lexware-Buchhaltungsprogramm in der jeweils aktuellen Version, über das sie selbst nicht verfügt. Mit der Beigeladenen zu 1) rechnet sie vereinbarungsgemäß meist einen monatlichen Pauschalbetrag von EUR 1.500,00 ab. Je nach Arbeitsanfall liegen die Rechnungssummen darüber oder darunter. Abweichende Beträge werden bei Mutterschutz, Urlaub o.ä., oder bei höherem Arbeitsanfall, z.B. wegen Prüfungen durch das Finanzamt, in Rechnung gestellt. Die Rechnungen stellt sie meist zu Anfang des jeweiligen Monats, jedenfalls weit überwiegend in der ersten Hälfte des Monats. Die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) machte bis 2004 ca. 88 % des Gesamtumsatzes der selbstständigen Tätigkeit der Klägerin aus, 2005 97,5 %, 2006 100 %, 2007 bis 2008 99 %. 2009 akquirierte sie einen neuen Auftraggeber und erledigt seitdem zusätzlich die Buchhaltung ihres Ehemannes, der neben einer abhängigen Beschäftigung in Vollzeit nebenberuflich eine Landwirtschaft betreibt. Die Klägerin beschäftigte vom 13. Februar bis 31. März 2006 D. K. (im Folgenden: K.) versicherungspflichtig und C. S. (im Folgenden: S.) vom 1. Januar 2005 bis 31. Oktober 2005 geringfügig und vom 1. Juli 2007 bis 31. Oktober 2008 im Haushaltsscheckverfahren, anfänglich mit Bürotätigkeiten, anschließend im Haushalt. Im II. und III. Quartal 2008 beauftragte sie den H. Buchhaltungs- und Büroservice mit Buchhaltungsarbeiten für die Beigeladene zu 1), der ihr am 24. September 2008 für 7,5 Stunden EUR 225,00 zzgl. MWSt. und am 3. Oktober 2008 für sechs Stunden EUR 240,00 zzgl. MWSt. in Rechnung stellte.
Die Beklagte führte bei der Beigeladenen zu 1) am 3. und 4. März 2005 eine Betriebsprüfung betreffend den Zeitraum 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2004 durch. Mit Bescheid vom 27. April 2005 forderte die Beklagte von der Beigeladenen zu 1) Beiträge aufgrund von Beanstandungen betreffend Beschäftigte in der Gleitzone und bei Kurzarbeit nach und erstattete zu viel entrichtete Beiträge für vermögenswirksame Leistungen während Krankengeldbezuges. Der sozialversicherungsrechtliche Status der Klägerin ist nicht Gegenstand des Betriebsprüfungsbescheides.
Am 12. Februar und 30. April 2009 führte die Beklagte erneut eine Betriebsprüfung bei der Beigeladenen zu 1) für den Prüfzeitraum 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008 durch. Diese führte - nach Anhörung - zu einer Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen sowie den Umlagen U1 und U2 mit Bescheid vom 22. Dezember 2009 gegenüber der Beigeladenen zu 1) in Höhe von EUR 31.846,36, die zu einem geringem Teil aus der Nichtberücksichtigung einer Beitragsänderung zur Krankenkasse für einen anderen Arbeitnehmer, weit überwiegend aber aus der Feststellung folgte, dass die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) eine abhängige Beschäftigung sei und der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie der Umlagepflicht zu den Umlagen U1 und U2 unterliege. Der Widerspruch der Beigeladenen zu 1) wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2010 zurückgewiesen, auf ihren Antrag wurde die Vollziehung der Beitragsforderung ausgesetzt. Das von der Beigeladenen zu 1) angestrengte Klageverfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart (S 25 R 4174/10) ruht im Hinblick auf den Ausgang des hiesigen Verfahrens.
Mit Bescheid vom 23. Dezember 2009 stellte die Beklagte - nach Anhörung - gegenüber der Klägerin fest, dass diese seit dem 1. Januar 2005 als Buchhalterin versicherungspflichtig zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sei. Die Beurteilung der Frage, ob eine abhängige Beschäftigung vorliege, richte sich in erster Linie nach dem Recht der Sozialversicherung und erst nachrangig nach dem Parteiwillen. Maßgebend seien die tatsächlichen Verhältnisse, hinter denen die vertragliche Ausgestaltung bei deren Abweichen zurücktrete. Dabei sei eine Gesamtwürdigung anhand der Merkmale Weisungsgebundenheit, Eingliederung in den Betrieb oder unternehmerisches Auftreten am Markt vorzunehmen. Es werde nicht bezweifelt, dass die Klägerin - wie von ihr angegeben - weisungsfrei arbeite. Gleichwohl könne dem Grunde nach ein Weisungsrecht bestehen. Dieses sei nach der Rechtsprechung bei Diensten höherer Art zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe verfeinert. Die Klägerin unterliege zwar keinen direkten zeitlichen Weisungen. Weitgehende Freiheit der Zeiteinteilung gebe es jedoch auch bei Arbeitnehmern. Gerade bei Teilzeitkräften könne der Arbeitgeber nicht davon ausgehen, dass sie im selben Maß wie Vollzeitkräfte zur Verfügung stünden, so dass es sinnvoll sei, sie entscheiden zu lassen, wann sie arbeiten wollten. Eine Eingliederung in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers liege vor, wenn der Beschäftigte die Arbeitsleistung in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation erbringe, in die Hierarchie mit Vorgesetzten und/oder Arbeitnehmern eingeordnet sei und/oder betriebliche Arbeitsmittel oder Einrichtungen der Fremdfirma nutze. Nach Angaben der Klägerin arbeite diese zumindest teilweise in den Räumen der Beigeladenen zu 1) und nutze dort technische Geräte und auf Wunsch der Beigeladenen zu 1) das Lohnbuchhaltungsprogramm Lexware. Sie sei Ansprechpartner für Dritte, z.B. bei Betriebsprüfungen. Ein selbstständiger Unternehmer arbeite mit eigenen Hilfsmitteln. Die Klägerin bekomme bei der Beigeladenen zu 1) einen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt und arbeite mit Arbeitnehmern der Beigeladenen zu 1) zusammen. Weiteres Indiz für die Eingliederung sei, dass die Klägerin dieselbe Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) bis Ende März 2001 als abhängig Beschäftigte verrichtet habe. Auch trage die Klägerin kein Unternehmerrisiko, woran weder die Stellung von Rechnungen noch die von der Klägerin vorgetragene Kalkulation ihres Aufwandes etwas ändere. Das Risiko, bei Entzug des Auftrages nicht arbeitslosenversichert zu sein, und keine weitere Entlohnung zu erhalten, ebenso wie das Fehlen von Urlaubsanspruch und Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit, sei kein Unternehmerrisiko, sondern nur Folge der gewählten Gestaltung. Letztere Ansprüche entstünden vielmehr kraft Gesetzes, wenn die Kriterien abhängiger Beschäftigung vorlägen. Selbst finanzierte Weiterbildungen seien auch bei Arbeitnehmern nicht unüblich. Da jedes Beschäftigungsverhältnis getrennt zu beurteilen sei, begründe das Vorhandensein mehrerer Auftraggeber nicht zwangsläufig eine selbstständige Tätigkeit, ebenso wenig wie die Gewerbeanmeldung.
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 20. Januar 2010 Widerspruch. Sie sei lediglich nebenberuflich selbstständig tätig, im Hauptberuf sei sie Mutter von vier Kindern. Sie könne nicht genauso eingestuft werden wie Männer, deren Ehefrau die Kinder erziehe oder Frauen ohne Kinder oder mit wenigen Kindern. Die Höhe des Kindergeldes und der Unterhalt von ihrem Ehemann seien wesentliches Einkommen aus anderer Quelle. Sie bekomme wegen der Kindererziehung Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung gutgeschrieben. Das diesen zugrunde gelegte Einkommen übersteige ihr nebenberufliches Einkommen mehrfach. Auch bei der Beigeladenen zu 2) sei sie als nebenberuflich Selbstständige (bis 16 Stunden) gewinnabhängig freiwillig versichert. Sie sei als Bilanzbuchhalterin, nicht als einfache Buchhalterin tätig und müsse daher behandelt werden wie ein Steuerberater, dessen Selbstständigkeit nicht bezweifelt werde. Steuerberater und Wirtschaftsprüfer würden sich ebenfalls zeitweilig in den Räumen ihrer Auftraggeber aufhalten, z.B. bei Betriebsprüfungen. Da das Gesetz über die Scheinselbstständigkeit bereits 2003 wieder abgeschafft worden sei, dürfe die Beklagte keine anderen Sozialversicherungspflichten als die zur Rentenversicherung prüfen. Die Beklagte habe nicht die Beigeladene zu 2) für sie als Krankenkasse wählen dürfen, nur weil sie bei dieser zuletzt versichert gewesen sei. Da sie freiwillig versichert sei, könne nicht korrekt sein, dass sie zusätzliche, also im Ergebnis doppelte Krankenversicherungsbeiträge abführen müsse. Im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses hätte sie mit vier Kindern nicht arbeiten können. Die Beigeladene zu 1) hätte ihr keine Sonderrechte gegenüber anderen Arbeitnehmern einräumen dürfen. Sie könne sich bei Arbeiten vertreten lassen, habe ein eigenes Büro, trage geschäftliche Unkosten selbst, zahle ihre Hilfskräfte selbst, sie arbeite länger an ihrem eigenen Arbeitsplatz als an dem bei der Beigeladenen zu 1). Natürlich müsse auch sie als Selbstständige Termine mit dem Kunden für Besprechungen und Übernahme von Unterlagen vereinbaren. Bezüglich der Nutzung des Lexware-Programmes erfülle sie nur den Wunsch der Beklagten, das Programm koste nicht viel. Sie habe betriebliche Kosten, wie aus ihren Steuerbescheiden ersichtlich sei. Sehr viele andere Kunden könne sie nicht bedienen. Unternehmerisches Risiko sei der Verlust der Beigeladenen zu 1) durch dieses Verfahren als Kunden, Unklarheiten bezüglich der Sozialversicherung, unbezahlter Zeitaufwand für das Anwerben von Neukunden sowie Beauftragung von Aushilfen und einer Fremdfirma. Auf den eigenen „heimatnahen“ Büroraum sei sie angewiesen, ihre Fortbildung zur Bilanzbuchhalterin sei im Verhältnis zu ihren Einkünften kostspielig gewesen, sie habe einen Kredit aufnehmen müssen. Sie verwies auch auf ihre vorangegangene Stellungnahme vom 24. Juni 2009 zur Anhörung, in welcher sie u.a. ausführte, sie sei ausreichend abgesichert, habe einen Anspruch auf einen Anteil der Rentenversicherung ihres Ehemannes im Falle der Trennung und auf Witwenrente bei dessen Ableben. Die Arbeitslosenversicherung sei angesichts der heutzutage eingeschränkten Leistungen für sie nicht von Vorteil, zumal sie mit vier Kindern nicht jede angebotene Arbeit annehmen könne und ihr Ehemann zu viel verdiene, als dass sie Arbeitslosengeld II erhalten könne. Sie habe den Wunsch gehabt, auch für andere Kunden tätig zu sein. Vorübergehend ließen ihr aber ihre Kinder nicht die Zeit für endlos viele Auftraggeber und eine Vollzeit-Selbstständigkeit. Wenn im September (2009) alle Kinder im Kindergarten seien und sie nicht mehr auf deren Beaufsichtigung durch ihre Eltern angewiesen sei, werde sich ihre Anwesenheit in den Räumen der Beigeladenen zu 1) deutlich reduzieren. Sie trete mit der Vermarktung ihres Buches am Markt auf, dies beanspruche in den letzten Jahren einen erheblichen Teil ihrer Arbeitszeit.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2010 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsauschuss den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Beigeladene zu 1) habe der Klägerin Art und Umfang der zu leistenden Arbeiten im Rahmen einer mündlichen Vereinbarung vorgegeben. Die Klägerin habe alle in diesem Zusammenhang anfallenden Arbeiten erledigt, offensichtlich auch nach konkreter Einzelweisung. Nach Angaben der Klägerin seien immer wieder Rücksprachen zu bestimmten Sachverhalten notwendig gewesen. Bei fachlich qualifizierten Tätigkeiten würden generell Weisungen nur in geringem Umfang erteilt. Dies bedeute keine fachlichen Freiheiten, die über die abhängig Beschäftigten gleicher Qualifikation eingeräumten hinausgingen. Es bestehe auch keine unbeschränkte Weisungsfreiheit in zeitlicher Hinsicht. Die in den Räumen der Beigeladenen zu 1) ausgeübten Tätigkeiten machten es notwendig, zumindest teilweise zu den betriebsüblichen Zeiten zu arbeiten. Soweit die Klägerin zuhause arbeite, habe sie zwar zeitliche Gestaltungsspielräume. Jedoch gebe es auch bei Arbeitnehmern - insbesondere im Bürobereich - verbreitet flexible Arbeitszeitmodelle. Freie Zeiteinteilung gebe es bei Heimarbeitern und Telearbeit. Weitgehend freie Zeiteinteilung sei daher kein schwerwiegendes Indiz für selbstständige Tätigkeit. Hinsichtlich der örtlichen Weisungsgebundenheit sei jedenfalls ein Teil der Tätigkeit in den Räumen der Beigeladenen zu 1) verrichtet worden. Es liege auch betriebliche Integration vor, denn zumindest teilweise habe die Klägerin die Betriebseinrichtung der Beigeladenen zu 1) genutzt. Zwar sei die Klägerin nicht zu persönlicher Arbeitsleistung verpflichtet gewesen, doch habe sie die Arbeiten fast ausschließlich selbst erbracht. Er (der Widerspruchsausschuss) gehe davon aus, dass angesichts der Umstände, die zur Änderung der Ausgestaltung der Tätigkeit im Jahr 2001 geführt hätten, die Beigeladene zu 1) Wert darauf gelegt habe, dass die Arbeit im Wesentlichen von der Klägerin verrichtet werde. Der Einsatz eigener Mitarbeiter sei schwach ausgeprägt gewesen. K. sei nur sechs Wochen beschäftigt worden, S. wenige Monate geringfügig im Jahr 2005 und 2007/2008 unter der Betriebsnummer des Privathaushalts. Die Beauftragung des HK Buchhaltungs- und Büroservices sei ebenfalls in äußerst geringem Umfang erfolgt. Die Anmietung des Büroraumes beinhalte angesichts der geringen Kosten und der Tatsache, dass der Raum im eigenen Haus ohnehin vorhanden gewesen sei, ein nur geringes Risiko. PC und Faxgerät seien auch in Privathaushalten üblich und bedeuteten nur geringen Aufwand. Die geringen Kosten seien mithin überwiegend dem Privatbereich zuzuordnen ohne tatsächliches Verlustrisiko. Die Gewerbeanmeldung habe angesichts der Tatsache, dass die Gewerbeämter das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit nicht prüfen dürften, allenfalls deklaratorische Bedeutung. Auch die Veranlagung beim Finanzamt als Selbstständiger erfolge zunächst aufgrund der Angaben des Betroffenen und werde nur in Ausnahmefällen nachgeprüft. Zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) liege kein Werkvertrag vor, denn die Klägerin sei nicht zur Lieferung eines abgegrenzten Werkes verpflichtet, sondern zur Erledigung verschiedener Arbeiten, die offensichtlich mit dem Inhalt der bis Ende März 2001 ausgeübten abhängigen Beschäftigung weitgehend übereinstimmten. Der genaue Umfang und Inhalt der Arbeiten habe sich aus den betrieblichen Abläufen und Anweisungen der Beigeladenen zu 1) ergeben. Die Aufgabenzuweisung entspreche den Regelungen in einem Arbeitsvertrag. Der Erfolg des Arbeitseinsatzes sei nicht ungewiss gewesen. Die Bezahlung sei nicht nach Erfolg, sondern pauschal nach vorher festgelegtem Satz, orientiert am Arbeitsumfang, erfolgt. Ohne Bedeutung sei, ob die Beschäftigung haupt- oder nebenberuflich ausgeübt werde und die Klägerin aufgrund der Kindererziehung nicht zu einem größeren Arbeitsumfang für andere Auftraggeber imstande gewesen sei. Eine Gleichbehandlung mit Steuerberatern, die im Übrigen auch nicht grundsätzlich als Selbstständige anzusehen seien, sei nicht gerechtfertigt. Gegenstand sei hier nicht die umgangssprachliche Scheinselbständigkeit, sondern die sozialversicherungsrechtliche Statusfeststellung. Trotz des Vorliegens von Anhaltspunkten für eine Selbstständigkeit überwögen in der Gesamtschau die Kriterien für eine abhängige Beschäftigung. Bei Vorliegen der Voraussetzungen trete Versicherungspflicht in der Krankenversicherung ein, auch wenn eine freiwillige Versicherung bestehe. Sei das freiwillige Versicherungsverhältnis zu Unrecht durchgeführt worden, sei es rückwirkend aufzuheben.
Die Klägerin erhob am 5. Juli 2010 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung wiederholte sie ihren Vortrag im Verwaltungsverfahren und ergänzte, sie sei im Prüfzeitraum nur aus privaten Gründen nicht am Markt aufgetreten. Bei einer Betriebsprüfung 2005 habe die Beklagte ihre Selbstständigkeit für den Zeitraum 2001 bis 2004 nicht beanstandet. Sie (die Klägerin) könne Personal beschäftigen und Aufträge ablehnen. Die einzigen Vorgaben seien, dass Monatsabschluss und Gehaltsabrechnungen den gesetzlichen Vorschriften entsprechen müssten. Termine würden nur vom Finanzamt gesetzt. Das Lexware-Programm sei von ihr eingestellt worden. Der Wert des von ihr eingebrachten geistigen Eigentums übersteige den Anschaffungswert um ein Vielfaches. Im Vergleich zum anerkanntermaßen selbstständigen Versicherungsmakler sei sie weitaus selbstständiger.
10 
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Bescheid vom 23. Dezember 2009 und Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2010 entgegen.
11 
Das SG hörte die Klägerin und den Geschäftsführer der mit Beschluss vom 4. November 2010 Beigeladenen zu 1) an. Die mit Beschluss des SG vom 14. April 2011 Beigeladene zu 2) äußerte sich nicht.
12 
Mit Urteil vom 14. April 2011 hob das SG den Bescheid vom 23. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2010 auf und stellte fest, dass die Klägerin seit dem 1. Januar 2005 bei der Beigeladenen zu 1) nicht gesamtsozialversicherungspflichtig beschäftigt sei. Zur Begründung führt es aus, die Klägerin sei bei ihrer Tätigkeit nicht in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Sie führe ihre Tätigkeit eigenverantwortlich ohne inhaltliche Vorgaben aus. Von der Tätigkeit einer Arbeitnehmerin unterscheide sich die Tätigkeit der Klägerin zum einen in der freien Gestaltung der Arbeitszeit. Sie arbeite nur deswegen zweimal wöchentlich am Betriebssitz der Beigeladenen zu 1), weil sie dort ihrer Mutter das betreuungsbedürftige Kind anvertrauen könne. Die Fristengebundenheit der zu erledigenden Vorgänge resultiere nicht aus zeitlichen Vorgaben der Beigeladenen zu 1), sondern ergebe sich aufgrund steuer- und sozialversicherungsrechtlich einzuhaltender Fristen. Weisungsgebundenheit lasse sich nicht damit begründen, dass die Klägerin z.B. zur Erfassung der Buchhaltung und des Personalabrufs gezwungen sei, teilweise in den Räumen der Beigeladenen zu 1) zu arbeiten. Von besonderer Bedeutung für die Abwägung der für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände sei, dass erhebliche Gründe, die Erziehung der vier Kinder und Mithilfe in der Landwirtschaft des Ehemannes, die Klägerin veranlasst hätten, für die Beigeladene zu 1) die nicht zeitgebundene und im Übrigen weisungsfreie Tätigkeit der Bilanzbuchhalterin zu verrichten. Demgegenüber träten der geringe Kapitaleinsatz, das Fehlen einer sonstigen eigenen Betriebsstätte und die Vereinbarung einer pauschalen Vergütung zurück. § 7 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) nenne ausdrücklich die Eingliederung und Tätigkeit nach Weisungen. Diese Gesichtspunkte, die vorliegend für die selbstständige Tätigkeit sprächen, seien für den Gesetzgeber damit offensichtlich von besonderer Bedeutung.
13 
Gegen das ihr am 9. Mai 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19. Mai 2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung bezieht sie sich auf ihren Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte überwögen. Die Klägerin sei seit 1993 selbstständig tätig, auch neben der Teilzeitbeschäftigung für die Beigeladene zu 1) bis Ende März 2001. Den Büroraum habe sie erst zum 1. Januar 2002 angemietet. Fraglich sei auch, ob ihr Ehemann den Büroraum für den Geschäftsverkehr im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes ebenfalls nutze, was das ohnehin geringe Unternehmerrisiko weiter relativieren würde. Da die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) mit einer Pauschale vergütet werde, werde sie für die Dauer des Arbeitseinsatzes und nicht für einen bestimmten Erfolg bezahlt. Die Klägerin stelle der Beigeladenen zu 1) ihre Arbeitskraft genauso wie zuvor im Rahmen der Teilzeitbeschäftigung zur Verfügung, ein unternehmerischer Gestaltungsspielraum mit dem Risiko der Fehlkalkulation sei nicht erkennbar. Die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) begründe ihre wesentliche Einkommensquelle, von einem Ablehnungsrecht habe sie nie Gebrauch gemacht, so dass es sich dabei um eine nur theoretische Möglichkeit handele. Die vorgelegten Rechnungen ergäben das Bild einer regelmäßigen und auch auf Dauer angelegten Dienstleistung. Die Rechnungsstellung zu Beginn des Monats oder zur Monatsmitte - also vor der Leistungserbringung - deute darauf hin, dass die Parteien von einem gleichmäßigen Arbeitspensum ausgingen und widerspreche dem Vorbringen der Klägerin, den Arbeitsumfang den familiären Erfordernissen anzupassen, weil diese, z.B. Krankheiten der Kinder, sich gerade nicht im Voraus planen ließen. Ein wirtschaftlich denkender Auftraggeber würde den Vergütungsanspruch erst erfüllen, wenn der Auftrag zur Zufriedenheit erfüllt sei. Der Einsatz von Hilfskräften sei nur sporadisch und in geringem Umfang erfolgt, so dass dies der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht zwingend entgegen stehe. Die Klägerin sei auch in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert, da sie zweimal wöchentlich vormittags an einem ihr dort zur Verfügung gestellten Schreibtisch und PC wie alle anderen Arbeitnehmer arbeite, das firmeneigene Buchhaltungsprogramm nutze und als Ansprechpartnerin zur Verfügung stehe. Der einzige Unterschied zur Teilzeittätigkeit bis Ende März 2001 bestehe in der Flexibilisierung der Arbeitszeit und darin, dass bestimmte Arbeiten zu Hause erledigt werden könnten. Die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gelte auch bei Arbeitnehmern. Die Klägerin trete nicht nach außen als Unternehmerin auf. Der Telefonbucheintrag weise nicht auf ihre Dienste hin, bei der Suche nach ihrem Namen finde man sie nur als Buchautorin. Ihre Angaben, im Internet und mit Google-Anzeigen für ihre berufliche Tätigkeit zu werben, seien daher nicht nachzuvollziehen. Die Nutzung eines eigenen Buchhaltungsprogrammes erscheine unabdingbar für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit, und - entgegen dem Vorbringen der Klägerin - angesichts der Notwendigkeit der Pflege und ständigen Aktualisierung mit nicht unerheblichem betrieblichen Aufwand verbunden.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
16 
hilfsweise die Revision zuzulassen.
17 
Die Klägerin beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Wegen ihrer persönlichen Lebensumstände sei für sie nur die Selbstständigkeit oder keine weitere Berufstätigkeit in Betracht gekommen. Sie habe drei Kinder und zwei pflegebedürftige Angehörige zu versorgen und arbeite in der Landwirtschaft mit. Für eine angestellte Tätigkeit bleibe da kein Raum. Bevor sie den Büroraum gemietet habe, habe sie an einem Arbeitsbereich in der Wohnung gearbeitet. Ihr Ehemann habe einen eigenen Büroraum und es existiere ein weiterer, privat genutzter PC. Der landwirtschaftliche Betrieb mit den zugehörigen Geschäftsunterlagen habe eine andere Anschrift. Sie habe insoweit von ihrem Ablehnungsrecht Gebrauch gemacht, als sie ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) von 20 auf 16 Stunden eingeschränkt habe. Sie habe selbstverständlich auch sonst Aufträge abgelehnt, die nicht in ihr Zeitfenster gepasst hätten. Sie sei in Google-Anzeigen nicht zu finden, weil sie Direktakquise betreibe, denn sie suche nur nach ihrem eigenen Bedarf neue Auftraggeber. Sie verzichte auf Werbung, weil sie keine weiteren Kapazitäten habe.
20 
Mit Beschluss vom 9. April 2013 ist die Bundesagentur für Arbeit (im Folgenden: Beigeladene zu 3)) zum Verfahren notwendig beigeladen worden. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
21 
Die frühere Berichterstatterin hat die Klägerin und den Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin am 30. November 2011 angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift verwiesen. Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert.
22 
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, insbesondere die Niederschriften der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 14. April 2011 und des Erörterungstermins vom 30. November 2011 und auf den Verwaltungsvorgang der Beklagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

24 
I. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Sie ist auch statthaft. Ein Ausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben.
25 
II. Die Berufung ist begründet. Das angegriffene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 23. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2010 zu Recht festgestellt, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Buchhalterin bei der Beigeladenen zu 1) als abhängig Beschäftigte ab 1. Januar 2005 der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung unterliegt.
26 
Rechtsgrundlage ist § 28p Abs. 1 SGB IV in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I, S. 3710). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
27 
Diese Befugnis der Beklagten schließt die Rechtsmacht ein, einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung zu erlassen und damit rechtsgestaltend im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in die Rechtssphäre des Arbeitnehmers (hier der Klägerin) als Drittbetroffener einzugreifen. Die Beklagte kann somit entweder den an den Arbeitgeber gerichteten Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen mit dem Hinweis, dass dieser berechtigt sei, Rechtsbehelfe einzulegen, bekanntgeben. Sie kann aber ebenso unter Bezugnahme auf die Betriebsprüfung einen zwar formell, aber nicht materiell eigenständigen Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen, hier der Klägerin, erlassen (vgl. Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. August 2002 - L 1 KR 66/02 -; in juris; Kasseler Kommentar-Wehrhahn, Stand 1. Dezember 2012, § 28p SGB IV RdNr. 6b; jeweils m.w.N.; anderer Ansicht: Jochim in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 28p SGB IV, Rn. 139, der lediglich die Bekanntgabe des an den Arbeitgeber gerichteten Bescheids für zulässig hält).
28 
Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
29 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 -; in juris). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -; in juris; zum Ganzen zuletzt BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R m.w.N.- ; in juris).
30 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. August 1990 - 11 RAr 77/89 -; Urteil vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 -; beide in juris). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSGE, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 -; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R - ; BSG, Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R -; jeweils m.w.N.; alle in juris). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -; in juris).
31 
Ausgehend hiervon hat die Beklagte die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) zutreffend als abhängige Beschäftigung angesehen. Auch nach Auffassung des Senats überwiegen bei einer Gesamtbetrachtung die Umstände, die für ein abhängiges und dem Grunde nach sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) sprechen.
32 
Die Klägerin ist in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Sie verrichtet dieselben Tätigkeiten wie zuvor bis Ende März 2001. Da sie aufgrund der reduzierten Arbeitszeit nicht mehr alle Arbeiten verrichten konnte, übernahm diese ein abhängig Beschäftigter, der der Klägerin insoweit zuarbeitet (Einlassung des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin am 30. November 2011; vgl. Niederschrift vom selben Tag). Sie arbeitet also mit Angestellten der Beigeladenen zu 1) zusammen. Sie verrichtet diese Tätigkeiten nach eigenem Bekunden an zwei Vormittagen pro Woche, nach dem Vorbringen des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin am 30. November 2011 je nach Arbeitsanfall auch an drei Vormittagen in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1). Dort wird ihr ein Arbeitsplatz mit einem PC zur Verfügung gestellt. Nur dort kann sie den Teil der Arbeiten ausführen, der die Nutzung des Buchhaltungsprogrammes Lexware in der aktuellen Version erfordert. Der Austausch von Belegen und Unterlagen, Besprechungen von Änderungen und Sonderfällen, besonders im Personalbereich (Kündigung, Krankheit, Kur etc.), erfordern ihre Anwesenheit. Sie erledigt bei der Beigeladenen zu 1) auch variabel besonders dringende Angelegenheiten gleich (vgl. Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 22. Januar 2010). Das Ausmaß der Anwesenheit der Klägerin im Betrieb der Beigeladenen zu 1) übersteigt das bei z.B. einem Steuerberater anlässlich einer Betriebsprüfung Übliche bei weitem.
33 
Nach diesem eigenen Vorbringen hält es der Senat für widerlegt, dass die Klägerin lediglich aus privaten Gründen die Geschäftsräume der Beigeladenen zu 1) nutzt, wenn sie ihr Kleinkind von ihrer in der Nähe lebenden Mutter betreuen lassen kann. Zum einen erscheint es widersprüchlich, die große Entfernung zum Betriebssitz als Grund gegen die Fortsetzung der abhängigen Beschäftigung anzugeben, den Betriebssitz dann aber regelmäßig zwei- bis dreimal pro Woche angeblich ohne betriebliche Notwendigkeit zu Zwecken der Kinderbetreuung weiter aufzusuchen. Zum anderen hatte die Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren 2009 angekündigt, wenn ihre Kinder im September (2009) alle im Kindergarten seien, nicht mehr am Betriebssitz der Beigeladenen zu 1) zu arbeiten, diese Übung aber beibehalten (Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 14. April 2011), obwohl das im Oktober 2006 geborene Kind zu diesem Zeitpunkt das Kindergartenalter erreicht hatte.
34 
Da die Klägerin somit regelmäßig einen Teil ihrer Arbeitszeit im Betrieb der Beigeladenen zu 1) verrichtet, jeweils vormittags nach Absprache, ist sie nicht vollständig weisungsfrei im Hinblick auf ihre Arbeitszeit. Dass sie regelmäßig Teile ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) außerhalb des Betriebes verrichten kann, steht der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Telearbeit und Heimarbeit zu frei gewählten Zeiten ist in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen gerade bei Bürotätigkeiten nicht unüblich. Ob die Beigeladene zu 1) zu entsprechenden Vereinbarungen im Rahmen eines Arbeitsvertrages bereit gewesen wäre, ist nicht entscheidungserheblich.
35 
Fehlende inhaltliche Einzelweisungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr ist die innerhalb eines vorgegebenen Rahmens frei gestaltete Arbeitsleistung bei höher qualifizierten Tätigkeiten üblich, ohne Anhaltspunkt für eine Selbstständigkeit zu sein. Von daher tritt in der Gesamtwürdigung für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung die Eingebundenheit der Klägerin in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) und ihre „dienende Teilhabe“ am Arbeitsprozess in den Vordergrund. Die zu verrichtende Tätigkeit ergab sich aus der Natur der Sache, der Gestaltungsspielraum aus der qualifizierten Tätigkeit der Bilanzbuchhalterin.
36 
Die Klägerin trägt kein nennenswertes unternehmerisches Risiko, was nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein besonders gewichtiges Entscheidungskriterium darstellt (vgl. dazu z.B. Urteile des Senats vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 - und 30. März 2012 - L 4 R 2043/10 -, beide in juris, vom 6. Dezember 2012 - L 4 R 314/12 -, nicht veröffentlicht und zuletzt vom 22. März 2013 - L 4 KR 3725/11 -; zur Veröffentlichung vorgesehen). Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -; in juris).
37 
Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin hat geringe Betriebsausgaben in Form einer monatlichen Miete von EUR 87,64, die zudem an ihren Ehemann geht. An Betriebsmitteln hat sie nur einen PC und ein veraltetes Buchhaltungsprogramm, nicht jedoch das aktuelle Buchhaltungsprogramm, das sie für die Arbeit bei der Beigeladenen zu 1) zwingend benötigt. Sie hat auch keine laufenden Personalausgaben für Angestellte. Sie erhält seit Jahren monatlich ca. EUR 1.500,00 von der Beigeladenen zu 1), ohne die Möglichkeit, diese Einkünfte durch unternehmerisches Geschick zu steigern, aber auch ohne nennenswertes Risiko, diese Einkünfte im nächsten Monat nicht zu erzielen. Sie erhält das Entgelt in der Regel im Voraus. Die Klägerin tritt - wie sie selbst einräumt - nicht am Markt auf und erzielt ihre gesamten Einkünfte aus ihrer Tätigkeit fast ausschließlich aus der Tätigkeit für die Beigeladene zu 1).
38 
Soweit sich die Klägerin darauf beruft, sie hätte Aufträge ablehnen können, gibt dies für die Statusbeurteilung nichts her. Da im Falle der Ablehnung kein Anspruch auf weitere Aufträge bestand, entspricht die Situation der einer Angestellten, die bei Ablehnung einer Arbeit ebenso dem Risiko des Arbeitsplatzverlustes ausgesetzt ist (Urteil des Senats vom 19. Oktober 2012 - L 4 KR 761/11 -; in juris). Sie hat auch keine Aufträge der Beigeladenen zu 1) abgelehnt, sondern lediglich 2004 die regelmäßige Arbeitszeit auf 16 Stunden pro Woche reduziert.
39 
Das zeitweilige Delegieren der Tätigkeit an eigene Beschäftigte oder beauftragte Selbstständige führt hier zu keiner anderen Beurteilung. Zwar kann grundsätzlich die Frage, ob eine höchstpersönliche Leistung geschuldet ist oder die Erbringung der Leistung delegiert werden darf, ein gewichtiges Merkmal für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit sein. Dennoch ist es nur eines unter vielen, die in die Gesamtbewertung einzustellen sind. Dabei ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang Dritte eingeschaltet werden. Es kann hier dahinstehen, ob die ständige Beschäftigung eigener Beschäftigter zur Annahme der Selbstständigkeit führen würde. Die Klägerin hat nämlich nur in geringem Umfang Tätigkeiten nicht selbst ausgeführt. Die Beschäftigung der K. umfasste nur sechs Wochen. S. sollte von der Klägerin dauerhaft beschäftigt werden, arbeitete nach dem Scheitern des Versuchs, ihr die erforderlichen Kenntnisse zu vermitteln, aber im Haushalt der Klägerin und beaufsichtigte die Kinder, während die Klägerin für die Beigeladene zu 1) tätig war. Angesichts der nach dem Vorbringen der Klägerin hochqualifizierten Tätigkeit als Bilanzbuchhalterin, die nach ihrem Bekunden mehrere Aus- und Weiterbildungen erforderte und zu mehreren Abschlüssen führte, kann die völlig fachfremde S. wohl ohnehin nur Hilfstätigkeiten verrichtet haben. Die Beauftragung des HK Buchhaltungsservices umfasste nach den vorgelegten Rechnungen vom 24. September und 3. Oktober 2008 im II. und II. Quartal 2008 insgesamt nur 13,5 Stunden und führt schon deswegen nicht zu einer abweichenden Bewertung. Die Weitergabe der Arbeiten an den HK-Buchhaltungs- und Büroservice konnte bereits aus wirtschaftlichen Gründen nicht auf Dauer erfolgen. Umgerechnet wurden von dort netto EUR 30,00 pro Stunde (Rechnung vom 24. September 2008) bzw. EUR 40,00 (Rechnung vom 3. Oktober 2008) in Rechnung gestellt, während die Klägerin selbst von der Beigeladenen zu 1) monatlich EUR 1.500,00 für 60 Stunden Arbeit, mithin EUR 25,00 pro Stunde erhielt.
40 
Schließlich kann auch das Fehlen eines vertraglichen Urlaubsanspruchs oder eines vertraglichen Anspruchs auf Entgeltfortzahlung nicht als Indiz für ein Unternehmerrisiko gewertet werden. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Letztlich ist dies ebenso wie die Gewerbeanmeldung und die Veranlagung zur Einkommenssteuer mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, die ebenfalls auf der Tatsache beruhen, dass eine selbstständige Tätigkeit gewollt war, nicht entscheidend. Vielmehr ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen und nicht die von den Beteiligten gewählte vertragliche Beziehung maßgebend. Solche Vereinbarungen sind im Übrigen eher typisch bei Scheinselbstständigkeit, die die Arbeitnehmerrechte wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgehen soll. Dem Arbeitnehmer werden dadurch sämtliche Schutzmöglichkeiten genommen, ohne dass dies im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar Gewinne kompensiert wird (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 12. Dezember 2008 - L 4 R 3542/05 - und vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 -; beide in juris).
41 
Nicht in die Gesamtabwägung einzustellen ist das fehlende wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Sozialversicherung. Dabei lässt es der Senat dahingestellt, ob die Einschätzung der Klägerin, aufgrund der rentenrechtlichen Berücksichtigung der Kindererziehung und ihrer familienrechtlichen Ansprüche keinen Vorteil aus dem Status als sozialversicherte Beschäftigte zu haben, richtig ist. Die Ersparnis der Beiträge zur Sozialversicherung steht nämlich gerade nicht zur Disposition der Beteiligten.
42 
Die Feststellung, dass die Klägerin abhängig Beschäftigte und gesamtsozialversicherungspflichtig ist, steht nicht im Widerspruch zu Feststellungen aus der vorangegangenen Betriebsprüfung am 3. und 4. März 2005. Ausweislich des Bescheides vom 27. April 2005 war der sozialversicherungsrechtliche Status der Klägerin nicht Gegenstand der Prüfung und diesbezüglich wurden in dem Betriebsprüfungsbescheid keine Feststellungen getroffen. Beschäftigte können aus den Ergebnissen früherer Prüfungen nur Rechte herleiten, wenn bei der Betriebsprüfung Versicherungspflicht und Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden sind (BSG, Urteil vom 29. Juli 2003 - B 12 AL 1/02 R -; in juris; Kasseler Kommentar-Wehrhahn, Stand 1. Dezember 2012, § 28p SGB IV RdNr. 6 a). Die Tatsache, dass keine Beanstandung bezüglich der Einordnung der Tätigkeit der Klägerin erfolgte, genügt nicht.
43 
Die Klägerin ist nicht versicherungsfrei in den Zweigen der Sozialversicherung. Denn sie erhält für ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) überwiegend ein Arbeitsentgelt von ca. EUR 1.500,00 monatlich und liegt damit über der Grenze der Entgeltgeringfügigkeit von EUR 400,00, seit 1. Januar 2013 von EUR 450,00.
44 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
45 
IV. Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Hinsichtlich des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung bei zeitweiligem Delegieren von Tätigkeiten an Dritte gibt es - soweit ersichtlich - keine Rechtsprechung des BSG.

Gründe

24 
I. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Sie ist auch statthaft. Ein Ausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben.
25 
II. Die Berufung ist begründet. Das angegriffene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 23. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2010 zu Recht festgestellt, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Buchhalterin bei der Beigeladenen zu 1) als abhängig Beschäftigte ab 1. Januar 2005 der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung unterliegt.
26 
Rechtsgrundlage ist § 28p Abs. 1 SGB IV in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I, S. 3710). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
27 
Diese Befugnis der Beklagten schließt die Rechtsmacht ein, einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung zu erlassen und damit rechtsgestaltend im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in die Rechtssphäre des Arbeitnehmers (hier der Klägerin) als Drittbetroffener einzugreifen. Die Beklagte kann somit entweder den an den Arbeitgeber gerichteten Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen mit dem Hinweis, dass dieser berechtigt sei, Rechtsbehelfe einzulegen, bekanntgeben. Sie kann aber ebenso unter Bezugnahme auf die Betriebsprüfung einen zwar formell, aber nicht materiell eigenständigen Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen, hier der Klägerin, erlassen (vgl. Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. August 2002 - L 1 KR 66/02 -; in juris; Kasseler Kommentar-Wehrhahn, Stand 1. Dezember 2012, § 28p SGB IV RdNr. 6b; jeweils m.w.N.; anderer Ansicht: Jochim in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 28p SGB IV, Rn. 139, der lediglich die Bekanntgabe des an den Arbeitgeber gerichteten Bescheids für zulässig hält).
28 
Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
29 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 -; in juris). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -; in juris; zum Ganzen zuletzt BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R m.w.N.- ; in juris).
30 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. August 1990 - 11 RAr 77/89 -; Urteil vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 -; beide in juris). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSGE, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 -; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R - ; BSG, Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R -; jeweils m.w.N.; alle in juris). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -; in juris).
31 
Ausgehend hiervon hat die Beklagte die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) zutreffend als abhängige Beschäftigung angesehen. Auch nach Auffassung des Senats überwiegen bei einer Gesamtbetrachtung die Umstände, die für ein abhängiges und dem Grunde nach sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) sprechen.
32 
Die Klägerin ist in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Sie verrichtet dieselben Tätigkeiten wie zuvor bis Ende März 2001. Da sie aufgrund der reduzierten Arbeitszeit nicht mehr alle Arbeiten verrichten konnte, übernahm diese ein abhängig Beschäftigter, der der Klägerin insoweit zuarbeitet (Einlassung des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin am 30. November 2011; vgl. Niederschrift vom selben Tag). Sie arbeitet also mit Angestellten der Beigeladenen zu 1) zusammen. Sie verrichtet diese Tätigkeiten nach eigenem Bekunden an zwei Vormittagen pro Woche, nach dem Vorbringen des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin am 30. November 2011 je nach Arbeitsanfall auch an drei Vormittagen in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1). Dort wird ihr ein Arbeitsplatz mit einem PC zur Verfügung gestellt. Nur dort kann sie den Teil der Arbeiten ausführen, der die Nutzung des Buchhaltungsprogrammes Lexware in der aktuellen Version erfordert. Der Austausch von Belegen und Unterlagen, Besprechungen von Änderungen und Sonderfällen, besonders im Personalbereich (Kündigung, Krankheit, Kur etc.), erfordern ihre Anwesenheit. Sie erledigt bei der Beigeladenen zu 1) auch variabel besonders dringende Angelegenheiten gleich (vgl. Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 22. Januar 2010). Das Ausmaß der Anwesenheit der Klägerin im Betrieb der Beigeladenen zu 1) übersteigt das bei z.B. einem Steuerberater anlässlich einer Betriebsprüfung Übliche bei weitem.
33 
Nach diesem eigenen Vorbringen hält es der Senat für widerlegt, dass die Klägerin lediglich aus privaten Gründen die Geschäftsräume der Beigeladenen zu 1) nutzt, wenn sie ihr Kleinkind von ihrer in der Nähe lebenden Mutter betreuen lassen kann. Zum einen erscheint es widersprüchlich, die große Entfernung zum Betriebssitz als Grund gegen die Fortsetzung der abhängigen Beschäftigung anzugeben, den Betriebssitz dann aber regelmäßig zwei- bis dreimal pro Woche angeblich ohne betriebliche Notwendigkeit zu Zwecken der Kinderbetreuung weiter aufzusuchen. Zum anderen hatte die Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren 2009 angekündigt, wenn ihre Kinder im September (2009) alle im Kindergarten seien, nicht mehr am Betriebssitz der Beigeladenen zu 1) zu arbeiten, diese Übung aber beibehalten (Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 14. April 2011), obwohl das im Oktober 2006 geborene Kind zu diesem Zeitpunkt das Kindergartenalter erreicht hatte.
34 
Da die Klägerin somit regelmäßig einen Teil ihrer Arbeitszeit im Betrieb der Beigeladenen zu 1) verrichtet, jeweils vormittags nach Absprache, ist sie nicht vollständig weisungsfrei im Hinblick auf ihre Arbeitszeit. Dass sie regelmäßig Teile ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) außerhalb des Betriebes verrichten kann, steht der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Telearbeit und Heimarbeit zu frei gewählten Zeiten ist in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen gerade bei Bürotätigkeiten nicht unüblich. Ob die Beigeladene zu 1) zu entsprechenden Vereinbarungen im Rahmen eines Arbeitsvertrages bereit gewesen wäre, ist nicht entscheidungserheblich.
35 
Fehlende inhaltliche Einzelweisungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr ist die innerhalb eines vorgegebenen Rahmens frei gestaltete Arbeitsleistung bei höher qualifizierten Tätigkeiten üblich, ohne Anhaltspunkt für eine Selbstständigkeit zu sein. Von daher tritt in der Gesamtwürdigung für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung die Eingebundenheit der Klägerin in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) und ihre „dienende Teilhabe“ am Arbeitsprozess in den Vordergrund. Die zu verrichtende Tätigkeit ergab sich aus der Natur der Sache, der Gestaltungsspielraum aus der qualifizierten Tätigkeit der Bilanzbuchhalterin.
36 
Die Klägerin trägt kein nennenswertes unternehmerisches Risiko, was nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein besonders gewichtiges Entscheidungskriterium darstellt (vgl. dazu z.B. Urteile des Senats vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 - und 30. März 2012 - L 4 R 2043/10 -, beide in juris, vom 6. Dezember 2012 - L 4 R 314/12 -, nicht veröffentlicht und zuletzt vom 22. März 2013 - L 4 KR 3725/11 -; zur Veröffentlichung vorgesehen). Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -; in juris).
37 
Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin hat geringe Betriebsausgaben in Form einer monatlichen Miete von EUR 87,64, die zudem an ihren Ehemann geht. An Betriebsmitteln hat sie nur einen PC und ein veraltetes Buchhaltungsprogramm, nicht jedoch das aktuelle Buchhaltungsprogramm, das sie für die Arbeit bei der Beigeladenen zu 1) zwingend benötigt. Sie hat auch keine laufenden Personalausgaben für Angestellte. Sie erhält seit Jahren monatlich ca. EUR 1.500,00 von der Beigeladenen zu 1), ohne die Möglichkeit, diese Einkünfte durch unternehmerisches Geschick zu steigern, aber auch ohne nennenswertes Risiko, diese Einkünfte im nächsten Monat nicht zu erzielen. Sie erhält das Entgelt in der Regel im Voraus. Die Klägerin tritt - wie sie selbst einräumt - nicht am Markt auf und erzielt ihre gesamten Einkünfte aus ihrer Tätigkeit fast ausschließlich aus der Tätigkeit für die Beigeladene zu 1).
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Soweit sich die Klägerin darauf beruft, sie hätte Aufträge ablehnen können, gibt dies für die Statusbeurteilung nichts her. Da im Falle der Ablehnung kein Anspruch auf weitere Aufträge bestand, entspricht die Situation der einer Angestellten, die bei Ablehnung einer Arbeit ebenso dem Risiko des Arbeitsplatzverlustes ausgesetzt ist (Urteil des Senats vom 19. Oktober 2012 - L 4 KR 761/11 -; in juris). Sie hat auch keine Aufträge der Beigeladenen zu 1) abgelehnt, sondern lediglich 2004 die regelmäßige Arbeitszeit auf 16 Stunden pro Woche reduziert.
39 
Das zeitweilige Delegieren der Tätigkeit an eigene Beschäftigte oder beauftragte Selbstständige führt hier zu keiner anderen Beurteilung. Zwar kann grundsätzlich die Frage, ob eine höchstpersönliche Leistung geschuldet ist oder die Erbringung der Leistung delegiert werden darf, ein gewichtiges Merkmal für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit sein. Dennoch ist es nur eines unter vielen, die in die Gesamtbewertung einzustellen sind. Dabei ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang Dritte eingeschaltet werden. Es kann hier dahinstehen, ob die ständige Beschäftigung eigener Beschäftigter zur Annahme der Selbstständigkeit führen würde. Die Klägerin hat nämlich nur in geringem Umfang Tätigkeiten nicht selbst ausgeführt. Die Beschäftigung der K. umfasste nur sechs Wochen. S. sollte von der Klägerin dauerhaft beschäftigt werden, arbeitete nach dem Scheitern des Versuchs, ihr die erforderlichen Kenntnisse zu vermitteln, aber im Haushalt der Klägerin und beaufsichtigte die Kinder, während die Klägerin für die Beigeladene zu 1) tätig war. Angesichts der nach dem Vorbringen der Klägerin hochqualifizierten Tätigkeit als Bilanzbuchhalterin, die nach ihrem Bekunden mehrere Aus- und Weiterbildungen erforderte und zu mehreren Abschlüssen führte, kann die völlig fachfremde S. wohl ohnehin nur Hilfstätigkeiten verrichtet haben. Die Beauftragung des HK Buchhaltungsservices umfasste nach den vorgelegten Rechnungen vom 24. September und 3. Oktober 2008 im II. und II. Quartal 2008 insgesamt nur 13,5 Stunden und führt schon deswegen nicht zu einer abweichenden Bewertung. Die Weitergabe der Arbeiten an den HK-Buchhaltungs- und Büroservice konnte bereits aus wirtschaftlichen Gründen nicht auf Dauer erfolgen. Umgerechnet wurden von dort netto EUR 30,00 pro Stunde (Rechnung vom 24. September 2008) bzw. EUR 40,00 (Rechnung vom 3. Oktober 2008) in Rechnung gestellt, während die Klägerin selbst von der Beigeladenen zu 1) monatlich EUR 1.500,00 für 60 Stunden Arbeit, mithin EUR 25,00 pro Stunde erhielt.
40 
Schließlich kann auch das Fehlen eines vertraglichen Urlaubsanspruchs oder eines vertraglichen Anspruchs auf Entgeltfortzahlung nicht als Indiz für ein Unternehmerrisiko gewertet werden. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Letztlich ist dies ebenso wie die Gewerbeanmeldung und die Veranlagung zur Einkommenssteuer mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, die ebenfalls auf der Tatsache beruhen, dass eine selbstständige Tätigkeit gewollt war, nicht entscheidend. Vielmehr ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen und nicht die von den Beteiligten gewählte vertragliche Beziehung maßgebend. Solche Vereinbarungen sind im Übrigen eher typisch bei Scheinselbstständigkeit, die die Arbeitnehmerrechte wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgehen soll. Dem Arbeitnehmer werden dadurch sämtliche Schutzmöglichkeiten genommen, ohne dass dies im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar Gewinne kompensiert wird (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 12. Dezember 2008 - L 4 R 3542/05 - und vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 -; beide in juris).
41 
Nicht in die Gesamtabwägung einzustellen ist das fehlende wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Sozialversicherung. Dabei lässt es der Senat dahingestellt, ob die Einschätzung der Klägerin, aufgrund der rentenrechtlichen Berücksichtigung der Kindererziehung und ihrer familienrechtlichen Ansprüche keinen Vorteil aus dem Status als sozialversicherte Beschäftigte zu haben, richtig ist. Die Ersparnis der Beiträge zur Sozialversicherung steht nämlich gerade nicht zur Disposition der Beteiligten.
42 
Die Feststellung, dass die Klägerin abhängig Beschäftigte und gesamtsozialversicherungspflichtig ist, steht nicht im Widerspruch zu Feststellungen aus der vorangegangenen Betriebsprüfung am 3. und 4. März 2005. Ausweislich des Bescheides vom 27. April 2005 war der sozialversicherungsrechtliche Status der Klägerin nicht Gegenstand der Prüfung und diesbezüglich wurden in dem Betriebsprüfungsbescheid keine Feststellungen getroffen. Beschäftigte können aus den Ergebnissen früherer Prüfungen nur Rechte herleiten, wenn bei der Betriebsprüfung Versicherungspflicht und Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden sind (BSG, Urteil vom 29. Juli 2003 - B 12 AL 1/02 R -; in juris; Kasseler Kommentar-Wehrhahn, Stand 1. Dezember 2012, § 28p SGB IV RdNr. 6 a). Die Tatsache, dass keine Beanstandung bezüglich der Einordnung der Tätigkeit der Klägerin erfolgte, genügt nicht.
43 
Die Klägerin ist nicht versicherungsfrei in den Zweigen der Sozialversicherung. Denn sie erhält für ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) überwiegend ein Arbeitsentgelt von ca. EUR 1.500,00 monatlich und liegt damit über der Grenze der Entgeltgeringfügigkeit von EUR 400,00, seit 1. Januar 2013 von EUR 450,00.
44 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
45 
IV. Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Hinsichtlich des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung bei zeitweiligem Delegieren von Tätigkeiten an Dritte gibt es - soweit ersichtlich - keine Rechtsprechung des BSG.

Tenor

Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 betrifft.

In diesem Umfang wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu erstatten. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 als Beschäftigter in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) versicherungspflichtig war.

2

Der am 1961 geborene Kläger arbeitete aufgrund eines Anstellungsvertrags vom 11.2.1986 zunächst als Schlosser und nach Ablegen der Meisterprüfung noch im selben Jahr als Betriebsleiter bei der Beigeladenen zu 1., einer GmbH mit dem Unternehmensgegenstand "Rührwerksbau". Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war bis zu seinem Tod am 11.5.2001 der Vater des Klägers. Die Geschäftsanteile erbte dessen Ehefrau; der Kläger wurde mit Dienstvertrag vom 31.8.2001 zum Geschäftsführer bestellt. Bereits am 30.4.1996 hatte der Vater des Klägers "gemäß § 48 Abs 2 GmbHG" folgende Niederschrift verfasst:

        

"… Aus gesundheitlichen Gründen werden meine Kinder S. und M. die Leitung des Unternehmens übernehmen. Mein Sohn wird aufgrund seiner beruflichen Fähigkeiten den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens übernehmen, meine Tochter den kaufmännischen Teil, aufgrund ihrer Ausbildung beim Steuerberater. Die entsprechenden Vollmachten werden beiden Kindern umgehend erteilt. Ab sofort nehmen die Kinder am betrieblichen Erfolg mit einer Gewinntantieme teil und sind vom Selbstkontrahierungsverbot befreit. Auf das Weisungsrecht meinerseits verzichte ich. Arbeits- und Urlaubszeit kann nach Lage der Gesellschaft frei bestimmt und gestaltet werden."

3

Der Kläger war bis 30.11.1999 Mitglied der beklagten Krankenkasse, seit 1.1.1996 aufgrund freiwilliger Versicherung. Nachdem eine neu gewählte Krankenkasse festgestellt hatte, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. für spätere Zeiträume nicht versicherungspflichtig in der RV und nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen sei, beantragte der Kläger mit Schreiben vom 14.9.2005 eine entsprechende Beurteilung auch für den (nun streitigen) Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 durch die Beklagte als Einzugsstelle. Diese stellte mit Bescheid vom 23.9.2005 und Widerspruchsbescheid vom 20.4.2006 fest, dass der Kläger in diesem Zeitraum bei der Beigeladenen zu 1. beschäftigt gewesen sei und der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe. Das SG hat die auf Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 26.11.2008).

4

Auf die Berufung des Klägers hat das LSG unter Aufhebung des Urteils des SG und der Bescheide der Beklagten festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. im streitigen Zeitraum nicht der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe (Urteil vom 22.9.2010): Für eine Beschäftigung sprächen ua die fehlende Geschäftsführer- und Gesellschafterstellung des Klägers, die Vereinbarungen des Anstellungsvertrags und die begrenzte Befugnis des Klägers, die Geschicke "der Firma" rechtsverbindlich zu gestalten. Demgegenüber sprächen die tatsächlichen Verhältnisse gegen eine Beschäftigung. So habe sein Vater dem Kläger mit der Niederschrift vom 30.4.1996 unter Verzicht auf sein Weisungsrecht die Unternehmensleitung übertragen. Dadurch habe der Kläger zusammen mit seiner Schwester nach eigenem Gutdünken frei "schalten und walten" können. Durch Übernahme einer Bürgschaft über 100 000 DM habe er ein wirtschaftliches Risiko getragen und sei am Gewinn der Firma beteiligt gewesen. Er habe die alleinigen Branchenkenntnisse in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte gehabt, sei vom Selbstkontrahierungsverbot befreit gewesen und habe Kundengespräche geführt, Angebote eingeholt sowie Kalkulationen erstellt, ohne sich im Einzelnen mit seinem Vater abzusprechen. Diesen tatsächlichen Verhältnissen komme bei der rechtlichen Beurteilung Vorrang gegenüber den vertraglichen Regelungen zu.

5

Mit der allein vom ihm eingelegten Revision rügt der Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 2.) eine Divergenz zur Rechtsprechung des BSG seit dem Jahr 2006 (BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149; BSG Urteil vom 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 7), da das LSG sinngemäß den Rechtssatz aufgestellt habe, "dass eine im Widerspruch zu getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung der formellen Vereinbarung unabhängig von der rechtlichen Möglichkeit einer formlosen Abbedingung vorgehen bzw. auch dann, wenn eine formlose Abbedingung rechtlich nicht möglich ist". Das LSG habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger am Stammkapital der zu 1. beigeladenen GmbH nicht beteiligt gewesen sei und bezogen auf die Gesellschaft keinerlei "Rechtsmacht" besessen habe. Diese Rechtsmacht habe trotz des Verzichts auf ein Weisungsrecht bei dessen Vater, dem Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1., gelegen. Zudem habe der Kläger die Beigeladene zu 1. nicht wie ein Alleininhaber, sondern nur zusammen mit seiner Schwester geleitet.

6

Die Beigeladene zu 2. beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufzuheben, soweit dieses unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 sowie des Bescheides der Beklagten vom 23. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2006 festgestellt hat, der Kläger habe in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlegen,
ferner, insoweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.

8

Er verteidigt das angegriffene Urteil. Insbesondere sei mit der Niederschrift vom 30.4.1996 bereits die Bevollmächtigung beider Kinder durch ihren Vater erfolgt, der zugleich auf sein Weisungsrecht sowohl als Geschäftsführer wie auch als Gesellschafter verzichtet habe. Darauf, dass die Unternehmensleitung gemeinsam mit der - im Übrigen als nicht rentenversicherungspflichtig eingestuften - Schwester erfolgte, komme es nicht an.

9

Die Beklagte und die zu 3. beigeladene Bundesagentur für Arbeit schließen sich der Rechtsansicht der Beigeladenen zu 2. an, die Beigeladene zu 3. ohne einen Antrag zu stellen.

10

Die Beigeladene zu 1. äußert sich nicht.

Entscheidungsgründe

11

Die auf die angefochtene Feststellung von Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV im Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 beschränkte Revision der Beigeladenen zu 2. ist zulässig und begründet. Bescheid und Widerspruchsbescheid der Beklagten sind bezogen darauf rechtmäßig. Daher ist das Urteil des LSG in diesem Umfang aufzuheben und die Berufung des Klägers insoweit zurückzuweisen.

12

1. Obwohl die Beigeladene zu 2. in der Revisionsbegründung entgegen § 164 Abs 2 S 3 SGG keine Rechtsnorm ausdrücklich bezeichnet hat, die sie durch das Urteil des LSG als verletzt ansieht, ist die Revision noch zulässig. Denn es reicht aus, wenn sich aus dem Inhalt der Darlegungen des Revisionsklägers ergibt, dass er sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung rechtlich auseinandergesetzt hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (vgl BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 2 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 9c, 11 mwN). Vorliegend lässt das Revisionsvorbringen noch hinreichend deutlich erkennen, dass die Beigeladene zu 2. die Auffassung des LSG angreift, bei der Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit komme den tatsächlichen Verhältnissen generell Vorrang gegenüber den gesellschafts- und arbeitsvertraglichen Regelungen zu, und dass sie dadurch § 7 Abs 1 SGB IV als verletzt ansieht.

13

2. Die Revision der Beigeladenen zu 2. ist auch begründet.

14

Zu Unrecht hat das LSG hier die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV verneint und die Bescheide der Beklagten sowie das SG-Urteil insoweit aufgehoben. Dabei ist das LSG zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Tatbestand der Beschäftigung aufgestellten Rechtssätzen ausgegangen; es hat jedoch die jüngere Rechtsprechung zum Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den vertraglichen Vereinbarungen nicht hinreichend berücksichtigt (hierzu a). Wiederum zutreffend hat das LSG eine Tätigkeit in einem fremden Betrieb vorausgesetzt und den "Anstellungsvertrag" des Klägers zum Ausgangspunkt der weiteren Prüfung und seiner Tatsachenfeststellungen gemacht (hierzu b). Im Ergebnis keinen Bestand haben indes die hierauf aufbauende rechtliche Würdigung des LSG sowie seine davon ausgehende Bewertung des Gesamtbildes der Erwerbstätigkeit (hierzu c). Dabei steht der Einordnung der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. als (abhängige) Beschäftigung die Rechtsprechung des BSG zur Tätigkeit in Familiengesellschaften nicht entgegen (hierzu d).

15

a) In den Jahren 1996 bis 1999, die hier in Streit stehen, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der RV der Versicherungspflicht (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI; ab 1.1.1998 idF durch Gesetz vom 24.3.1997, BGBl I 594). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).

16

Zutreffend weist die Beigeladene zu 2. in ihrer Revisionsbegründung darauf hin, dass zur Feststellung des Gesamtbilds den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zukommt. Zwar hat der Senat noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 7) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat er diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert (insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; ebenso Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f): Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist. Hieran hat der Senat seither festgehalten (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - USK 2009-25; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-25).

17

Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzurücken: Die tatsächlichen Verhältnisse weichen hier zwar von den Regelungen des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen Anstellungsvertrags ab, jedoch führt dies mit Blick auf die Frage des Vorliegens einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit zu keinem anderen Ergebnis (hierzu unten c). Daher kommt es auch nicht darauf an, dass das LSG keine Feststellungen dazu getroffen hat, unter welchen Voraussetzungen die Bestimmungen des Anstellungsvertrags überhaupt abdingbar waren.

18

b) Die dargestellten Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall anzuwenden, denn der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw Unternehmensinhaberin war die Beigeladene zu 1., die als GmbH juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen (hierzu vgl nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 21 mwN)und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.

19

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der "Anstellungsvertrag" vom 11.2.1986, der deren Vertragsverhältnis zunächst ausschließlich bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem vom LSG - lückenhaft - festgestellten Inhalt - regelmäßiges Entgelt, feste wöchentliche Arbeitszeit, Urlaubsansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Nach abgelegter Meisterprüfung wurde der Kläger sodann als Betriebsleiter eingesetzt; hiermit evtl verbundene rechtlich relevante Änderungen des schriftlichen "Anstellungsvertrags" hat das LSG aber ebenso wenig festgestellt, wie es Feststellungen zur Frage dafür einzuhaltender möglicher Formerfordernisse bei Vertragsänderungen getroffen hat.

20

Eine weitere Änderung der Stellung des Klägers erfolgte aufgrund der als Gesellschafterbeschluss (§ 48 GmbHG) auszulegenden Niederschrift seines Vaters vom 30.4.1996 mit der Übertragung der "Leitung" des technischen und gewerblichen Bereichs der GmbH an ihn. Dieser Beschluss enthielt gleichzeitig eine Befreiung des Klägers vom Selbstkontrahierungsverbot und einen Verzicht seines Vater - des Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1. - auf ein Weisungsrecht gegenüber dem Kläger. Zudem wurde dem Kläger eine Gewinntantieme zugesagt und das Recht eingeräumt, über seine eigene Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Den insoweit nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass dies auch der betrieblichen Praxis entsprach. So führte der Kläger fortan die Kundengespräche, holte Angebote ein und stellte Kalkulationen auf, ohne im Einzelnen Rücksprache mit seinem Vater zu nehmen. Der Kläger war Ansprechpartner für Kunden und für Mitarbeiter. Zumindest einen Mitarbeiter stellte er ein, wenn auch der Arbeitsvertrag auf Seiten der Beigeladenen zu 1. vom Vater des Klägers unterschrieben wurde. Der Vater hatte sich - obwohl täglich im Betrieb anwesend - nach den Feststellungen des LSG "nicht mehr eingemischt" und nahm auch auf die Einstellung von Personal keinen Einfluss mehr.

21

Offenbleiben kann vorliegend, ob die in der Niederschrift des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 erwähnten Vollmachten für den Kläger zu diesem Zeitpunkt oder später tatsächlich erteilt wurden und ob die Beigeladene zu 2. insoweit eine zulässige Sachrüge erhoben hat. Denn auch für den Fall, dass dem Kläger die zur Leitung des technischen und gewerblichen Teils der Beigeladenen zu 1. erforderlichen Vollmachten erteilt wurden, tragen die vom LSG festgestellten Umstände nicht dessen rechtlichen Schluss, dass sich mit der Niederschrift vom 30.4.1996 der Charakter der vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. dahingehend wandelte, dass der Kläger nunmehr selbstständig tätig sein sollte.

22

c) Der Kläger erbrachte seine Dienste für die Beigeladene zu 1. auch in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung.

23

Eine Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - etwa in Form eines freien Dienstverhältnisses - ergibt sich nicht daraus, dass der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1. durch Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 auf "das Weisungsrecht" gegenüber dem Kläger verzichtete und diesem das Recht einräumte, seine Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Zwar unterlag der Kläger dadurch nicht mehr umfassend einem Weisungsrecht seines Arbeitgebers - handelnd durch den weiterhin allein als Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH im Handelsregister eingetragenen Vater - hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung seiner Tätigkeit. Jedoch werden gerade höhere Dienste dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG SozR 3-2940 § 3 Nr 2 S 9 mwN; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 80; vgl - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 22; vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der RV und Arbeitslosenversicherung (§ 1 S 4 SGB VI sowie § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 66 f; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nämlich nicht schon zu einem Selbstständigen, selbst wenn andere Betriebsangehörige den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten mögen (wie das LSG im vorliegenden Fall anhand der Aussage des Zeugen R. festgestellt hat).

24

Eine solche noch dem Typus der Beschäftigung zuzuordnende Eingliederung in eine vorgegebene Ordnung des Betriebes bestand bei dem Kläger auch nach dem 30.4.1996. Durch den Gesellschafterbeschluss erlangte er die Stellung eines Angestellten, der nach den Feststellungen des LSG auch in der betrieblichen Praxis den technischen und gewerblichen Teil der Beigeladenen zu 1. mit "entsprechenden Vollmachten" eigenverantwortlich zu leiten hatte. Dennoch blieb der Kläger weiterhin in die durch die Beigeladene zu 1. bzw ihren gesellschaftsrechtlich maßgebenden Geschäftsführer (= Vater des Klägers) vorgegebene Organisation eingebunden, da seine Leitungsmacht nur auf einen bestimmten Unternehmensteil beschränkt war, während die Leitung des kaufmännischen Teils der Beigeladenen zu 1. ausschließlich seiner Schwester oblag. Die Vollmacht, diese Entscheidung zur konkreten Ausgestaltung der betrieblichen Organisation auf der Leitungsebene zu ändern, besaß der Kläger nicht. Selbst innerhalb des ihm zugewiesenen Zuständigkeitsbereichs war seine Vertretungsbefugnis rechtlich zwingend auf den Umfang einer rechtsgeschäftlichen Handlungsvollmacht iS von § 54 Handelsgesetzbuch (HGB) begrenzt, die sich zwar auf sämtliche Geschäfte erstreckt, die in einem Geschäftsbetrieb üblich sind, die jedoch nicht auf eine unmittelbare Vertretung der Gesellschaft, sondern lediglich auf ein (rechtlich nachgeordnetes) Handeln in Vollmacht des Geschäftsführers gerichtet war(BGH Urteil vom 20.10.2008 - II ZR 107/07 - NJW 2009, 293, 294 mwN). Schon von Gesetzes wegen (§ 54 Abs 2 HGB) waren jedenfalls die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, die Aufnahme von Darlehen und die Prozessführung von der Bevollmächtigung ausgenommen. Die anderenfalls notwendige besondere Erteilung der Vollmacht auch für diese Befugnisse hat das LSG nicht festgestellt. Darüber hinaus unterlag der Kläger selbst in dem ihm danach zugewiesenen eingeschränkten Vollmachtsrahmen zwingend der Kontrolle des GmbH-Geschäftsführers (vgl zu dessen Stellung allgemein zB Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 19. Aufl 2010, § 35 RdNr 76 mwN). Soweit der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingeschäftsführer der Beigeladenen zu 1. diese Kontrolle tatsächlich nicht oder nur sehr eingeschränkt ausübte, etwa weil - wie das LSG herausstellt - er sich darauf verließ, dass der Kläger die einzelnen Aufträge ordnungsgemäß einholte und durchführte, ist dies für die hier vorzunehmende Abgrenzung ebenso unbeachtlich, wie ein auch die zur Ausübung dieser Kontrolle notwendigen Weisungen umfassender Verzicht auf das Weisungsrecht, denn insoweit wären die Grenzen des rechtlich Zulässigen überschritten (hierzu bereits oben a). Im Übrigen deutet sogar die Feststellung des LSG, der Zeuge R. sei "von dem Kläger eingestellt worden", den Arbeitsvertrag habe jedoch der Vater unterschrieben, darauf hin, dass die dem Kläger erteilten Vollmachten auch in der betrieblichen Praxis nicht umfassend, sondern begrenzt waren.

25

Der Kläger hatte auch weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69 = SozR 4100 § 104 Nr 19; SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN). Hierzu fehlte es bereits an einer Beteiligung des Klägers am Stammkapital der Beigeladenen zu 1. Gleichzeitig blieb seine Position innerhalb des Unternehmens ohnehin deutlich hinter der organschaftlich begründeten Stellung eines Geschäftsführers - als solcher wurde er trotz der vorgenommenen Änderungen (weiterhin) nicht bestellt, sondern erst nach dem Tod des Vaters Ende August 2001 - zurück. Bereits aufgrund einer solchen Unterordnung unter den Geschäftsführer ist regelmäßig von einer Beschäftigung auszugehen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 57; BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448 S 253).

26

Eine Vergleichbarkeit des Klägers mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG auch solche Einflussmöglichkeiten zu beachten, soweit sie einem Geschäftsführer selbst gegenüber der Gesellschaft zur Verfügung stehen (zu einem - im Ergebnis nicht ausreichenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen: BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f), doch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die am 5.2.1994 für die Beigeladene zu 1. übernommene Bürgschaft des Klägers über 100 000 DM ihm eine solche Einflussnahme ermöglichte. Aus diesem Grunde war der durch den Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 erfolgte, in seinem Umfang ohnehin begrenzte Verzicht auf das Weisungsrecht nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich im Konfliktfall jederzeit widerrufbar, ohne dass der Kläger dieses hätte verhindern können.

27

Für eine fortbestehende Eingliederung in eine vorgegebene betriebliche Ordnung trotz des - wie aufgezeigt - begrenzten Verzichts auf ein Weisungsrecht spricht auch die im Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 festgelegte Bindung der vom Kläger im Übrigen frei selbst zu bestimmenden Arbeits- und Urlaubszeit an die "Lage der Gesellschaft" (in diesem Sinne zur Bindung der Urlaubsplanung an die Bedürfnisse der Geschäftsführung BSG SozR 3-2200 § 723 Nr 4 S 17). Dass der Kläger im Rahmen der ihm erteilten begrenzten Vollmachten vom Selbstkontrahierungsverbot befreit war, spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer einer kleineren GmbH bereits entschieden hat (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 1, RdNr 11 und Nr 8 RdNr 17)- nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.

28

Ebenso hat das BSG bereits entschieden, dass die Gewährung einer Tantieme als solche nicht genügt, um eine Beschäftigung auszuschließen (vgl BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53). Bedeutung für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit kommt Tantiemen nur als (ein) Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen zu, das im Rahmen der Gesamtwürdigung Gewicht gewinnen kann, jedoch nicht allein entscheidend ist (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 18 mwN). Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist (vgl zB BSG SozR 2100 § 17 Nr 3; BSG Urteil vom 28.4.1982 - 12 RK 12/80 - Die Beiträge 1982, 382 = USK 8244), ist deren Gewicht für die hier im Vordergrund stehende Abgrenzung der Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis gegenüber einem selbstständigen Dienstverhältnis eher gering. Wie die Gewichtung beispielsweise bei einer Tätigkeit in einem Einzelunternehmen zu beurteilen ist, wenn die Tätigkeit im fremden oder im (auch) eigenen Betrieb in Frage steht, braucht hier nicht entschieden zu werden. Eine Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb scheidet hier bereits aufgrund der Rechtsform der Beigeladenen zu 1., einer GmbH, an deren Stammkapital der Kläger nicht beteiligt war, aus (vgl oben unter b). Daher ist es auch unschädlich, dass das LSG die konkrete Höhe der Tantieme und Anlass, zu sicherndes Risiko sowie Fortbestand der Bürgschaft während des streitigen Zeitraums nicht festgestellt hat und somit das Ausmaß des wirtschaftlichen Eigeninteresses des Klägers am Erfolg der Beigeladenen zu 1. nicht einmal genau feststeht.

29

Soweit das LSG im Hinblick auf die Bürgschaft über ein wirtschaftliches Eigeninteresse hinaus auch ein "typisches Unternehmerrisiko" des Klägers angenommen und als Indiz für eine Selbstständigkeit gewertet hat, erfasst es die Bedeutung dieses Merkmals im vorliegenden Kontext nicht zutreffend. So kann eine Bürgschaft wie die des Klägers für die Beigeladene zu 1., bei der er die hier streitige Tätigkeit ausübt, in erster Linie für die Abgrenzung einer Beschäftigung gegenüber einer durch "Mitunternehmerschaft" begründeten Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb von Bedeutung sein. Für die vorliegend vorzunehmende Zuordnung einer Tätigkeit in einem - wie oben dargelegt zweifellos - fremden Betrieb ist ihre Bedeutung jedoch gering. Denn diese Bürgschaft begründete kein mit der Tätigkeit - sei es als Beschäftigter oder selbstständiger Dienstverpflichteter - des Klägers bei der Beigeladenen zu 1. verbundenes Risiko. Es handelt sich nämlich nicht um einen mit den geschuldeten Diensten verbundenen Aufwand, weil die Bürgschaft für die Erfüllung der diesbezüglichen Pflichten nicht erforderlich war. Die Gründe für ihre Bestellung sind vielmehr außerhalb der Beschäftigung bzw des Dienstverhältnisses zu suchen (vgl hierzu allgemein Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 153). Bezogen auf seine Tätigkeit hatte der Kläger gerade kein Unternehmerrisiko zu tragen; denn als Gegenleistung für seine Tätigkeit stand ihm nach den Feststellungen des LSG auch nach dem 30.4.1996 unabhängig vom wirtschaftlichen Ergebnis der Beigeladenen zu 1. ein Anspruch auf "die Zahlung eines regelmäßigen Entgeltes" zu, wie dies für Beschäftigte typisch ist. Bezogen auf die geschuldeten Dienste hatte der Kläger - wie jeder andere Beschäftigte auch - allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen.

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d) Die Annahme von Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. kann schließlich auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BSG zur Versicherungspflicht von in Familiengesellschaften verrichteten Tätigkeiten gestützt werden.

31

Das BSG hat in der Vergangenheit in seiner Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG Urteil vom 29.10.1986 - 7 RAr 43/85 - USK 86145; BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170; BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975; BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG Urteil vom 28.1.1992 - 11 RAr 133/90 - USK 9201; BSG Urteil vom 11.2.1993 - 7 RAr 48/92 - USK 9347; im konkreten Fall abgelehnt: BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53; umgekehrt allerdings : BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8 S 37). Ohne Geschäftsführerstellung hat der 12. Senat eine - nach den allgemeinen Grundsätzen eigentlich ausgeschlossene - selbstständige Tätigkeit für den Fall als gegeben erachtet, dass der in einer GmbH Tätige neben seinem Ehegatten alleiniger oder gleichberechtigter Gesellschafter der GmbH ist (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17). Dabei hat der Senat jedoch nicht auf eine familiäre Verbundenheit, sondern maßgebend auf die mit der Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht abgestellt (BSG, aaO, S 58, 60). Weitergehend hatte allerdings der 3. Senat bereits 1971 die Selbstständigkeit eines nicht zum (ggf weiteren) Geschäftsführer bestellten Minderheitsgesellschafters angenommen, weil dieser in der betrieblichen Praxis der mit ihm verheirateten Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin vollständig gleichgestellt gewesen sei sowie sich faktisch als zweiter Geschäftsführer betätigt und neben der hauptamtlichen Geschäftsführerin die GmbH nach außen vertreten habe (BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; vgl auch BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448). Noch darüber hinausgehend hat der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich gehalten (BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1; in Abgrenzung zur familienhaften Mithilfe vgl aber BSG SozR Nr 22 zu § 165 RVO). Dabei ist der 11. Senat davon ausgegangen, dass für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht komme, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170). Diese Ausnahme solle - so der 11. Senat - auch gelten, wenn der Alleingesellschafter zugleich Alleingeschäftsführer ist und die Tätigkeit der faktischen Leitung des Betriebes formal auf der Ebene unter dem Geschäftsführer ausgeübt werde. Indessen lasse eine bloß "probeweise" Leitung des Betriebs durch den als Unternehmensnachfolger uU vorgesehenen Sohn eine (abhängige) Beschäftigung nicht entfallen. Wollten die Eltern, dass der Sohn den Betrieb in der bisherigen Art fortführe, und erlaube es ihre Mitarbeit im Betrieb verbunden mit ihrer Rechtsstellung als Gesellschafter und Geschäftsführer, diesen Willen durchzusetzen, so habe für den Sohn die fremdbestimmte betriebliche Ordnung im Sinne einer Beschäftigung fortbestanden, auch wenn er sich innerhalb des durch die bisherige Betriebsführung vorgegebenen Rahmens frei bewegen durfte (BSGE 66, 168, 170 ff = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4 f; zu einer solchen Konstellation vgl auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.5.2010 - L 11 KR 1423/08).

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Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob der vom 11. Senat des BSG formulierten Rechtsauffassung (ggf modifiziert bzw auf gänzlich atypische Sonderfälle beschränkt) bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht gefolgt werden kann oder ob - wofür Einiges spricht - der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse, auf die auch der 11. Senat ausdrücklich hingewiesen hat, größere Bedeutung beizumessen ist. Für Letzteres spricht, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer formal vorliegenden (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde (kritisch aus diesem Grunde auch Segebrecht in jurisPK-SGB IV, aaO, § 7 RdNr 124). Eine solche "SchönwetterSelbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar. So hat das BSG in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (vgl SozR Nr 6 zu § 168 RVO; SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103; zuletzt Urteil des Senats vom 27.7.2011 - B 12 R 15/09 R - SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16).

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Auf die dargestellte Frage kommt es vorliegend nicht an, da die vom LSG festgestellten Tatsachen dessen Schlussfolgerung, der Kläger habe seit April 1996 die Geschäfte der Beigeladenen zu 1. "nach eigenem Gutdünken führen und frei schalten und walten" können (vgl dazu BSG <11. Senat> BSGE 66, 168, 171 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4), nicht tragen. So hat das LSG seine Schlussfolgerung bereits selbst dahin eingeschränkt, dass der Kläger die Beigeladene zu 1. "mit seiner Schwester allein" geführt habe (Seite 15 des Urteils) bzw nur zusammen mit ihr habe führen können. In diesem Zusammenhang ist auch unerheblich, dass das LSG keine Feststellungen zum Umfang des Einvernehmens zwischen dem Kläger und seiner Schwester getroffen hat. Denn auch bei großzügiger Auslegung des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 war die Leitungsmacht des Klägers ausschließlich auf "den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens" beschränkt. Nur die darauf bezogenen "entsprechenden Vollmachten" wurden erteilt oder sollten noch erteilt werden. Die Leitung der Beigeladenen zu 1. insgesamt war dem Kläger damit nicht übertragen worden. Auf Grundlage der Feststellungen des LSG kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger seine Schwester und den - wenn auch zunehmend nur noch der Form halber - weiterhin an der Unternehmensleitung mitwirkenden Vater derart dominiert hätte, dass nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Gesamtleitung der Beigeladenen zu 1. allein durch den Kläger vorgelegen hätte. Vielmehr hat auch das LSG alleinige Branchenkenntnisse des Klägers nicht in allumfassender Weise, sondern nur in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte festgestellt. Die Leitung des kaufmännischen Teils des Unternehmens hatte der Vater des Klägers gerade mit Rücksicht auf deren durch eine Ausbildung bei einem Steuerberater erworbenen Kenntnisse der Schwester des Klägers übertragen. Zudem verfügte der Vater des Klägers über langjährige Erfahrung in der Leitung des Gesamtunternehmens, die er als Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer bereits zu einem Zeitpunkt innehatte, bevor der Kläger die Meisterprüfung ablegte und zum Betriebsleiter bestellt wurde. Zugleich spricht der Umstand, dass der Kläger und seine Schwester trotz Übertragung bereichsbezogener Leitungsfunktionen und eines Verzichts des Vaters auf "das Weisungsrecht" nicht zu Geschäftsführern berufen wurden, dafür, dass sich der Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer eine Kontrolle und Letztentscheidungsbefugnis zumindest bezüglich grundlegender unternehmerischer Entscheidungen vorbehalten wollte. Nicht zuletzt spricht auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1. im Erbgang an die Mutter und nicht den Kläger und seine Schwester fiel, dafür, dass ihr Vater das Unternehmen trotz seiner fortschreitenden Krankheit jedenfalls während des hier zu beurteilenden Zeitraums noch nicht vollständig an seine Kinder übergeben hatte.

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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Anteil der zu erstattenden Kosten entspricht dem Verhältnis der im streitigen Zeitraum für den Kläger zur gesetzlichen RV und zur Arbeitsförderung entrichteten Beiträge.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17. September 2008 wird zurückgewiesen.

Die Klage wegen des Bescheids vom 11. Mai 2011 wird abgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers in seiner Eigenschaft als mitarbeitender Gesellschafter und Prokurist für die beigeladene Kapitalgesellschaft.
Die Beigeladene wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 07. August 1998 gegründet. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrags ist Gegenstand des Unternehmens die Entwicklung von Software, Planung, Verkauf, Durchführung, Betreuung und Wartung von Netzwerk-, Internet-, Intranet-, Kommunikations-, Multimedia- und Systemlösungen mit Schulung sowie Büromaschinen und Organisationsmitteln. Nach § 3 beträgt das Stammkapital EUR 130.600,00. Gemäß § 5 hat die Gesellschaft einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer vorhanden, vertritt dieser die Gesellschaft allein; sind mehrere Geschäftsführer vorhanden, so vertreten entweder mindestens zwei Geschäftsführer oder ein Geschäftsführer und ein Prokurist die Gesellschaft. Auch die Geschäftsführer benötigen für die Veräußerung des Unternehmens im Ganzen oder teilweise, für Grundstücksgeschäfte, Spekulations- und ähnliche Geschäfte, Erteilung und Widerruf von Prokuren u.Ä. die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung mit einem Beschluss von einfacher Mehrheit. Nach § 6 Nr. 11 werden auch im Übrigen, soweit nicht das Gesetz anderes vorsieht, Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst, wobei je EUR 50,00 Stammeinlage eine Stimme ergibt.
Der Kläger ist - neben den weiteren Personen Herrn C. S. (im Folgenden C.S.) sowie zunächst den Herren S. und K. G. (im Folgenden: S.G. und K.G.) - Gesellschafter der Beigeladenen. Ausweislich des vom Kläger ausgefüllten Feststellungsbogens zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafters einer GmbH vom 15. Dezember 2005 hielten zunächst diese vier Gesellschafter gleiche Anteile von 25% mit entsprechenden Stammeinlagen von EUR 32.650,00. Ausweislich des Handelsregisterauszugs vom 19. September 2001 ist C.S. im Handelsregister als Geschäftsführer, der Kläger und S.G. und K.G. sind als Prokuristen eingetragen. In der vom Sozialgericht Konstanz (SG) durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 17. September 2008 gab der Kläger zu Protokoll, seit Ende 2005 nur noch mit 15% der Gesellschaftsanteile beteiligt zu sein, C.S. mit 50% der Gesellschaftsanteile; die restlichen Gesellschaftsanteile teilen sich S.G. und K.G.. In der mündlichen Verhandlung des Senats gab C.S. an, sein Gesellschaftsanteil betrage 65%, der Gesellschaftsanteil des Klägers 20%. und der Anteil des dritten Gesellschafters 15%.
Der Kläger war vor seiner Tätigkeit als Prokurist für die Beigeladene als Geschäftsführer eines Tochterunternehmens der Beigeladenen, der S. GmbH (im Folgenden S. GmbH), tätig. Nach dem Handelsregisterauszug vom 28. Oktober 2010 wurde diese zuletzt durch Beschluss vom 09. Mai 2005 geändert. Ausweislich der Präambel des Gesellschaftsführerdienstleistungsvertrags (zuletzt geändert am 21. Dezember 2007) hält der Kläger an der S. GmbH 50% der Geschäftsanteile und ist durch Gesellschafterbeschluss vom 23. September 1999 zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt worden. Nach Ziff. 1.1 obliegt ihm die Geschäftsführung der Gesellschaft. Nach Ziff. 1.2 ist der Kläger stets einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit.
Nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung des SG vom 17. September 2008 wurde Ende 2005 das Personal des Tochterunternehmens von der Beigeladenen übernommen. Der Kläger blieb gleichwohl im Weiteren Geschäftsführer der S. GmbH. Nach den Angaben des C.S. in der mündlichen Verhandlung des Senats sind zwischenzeitlich die Arbeitnehmer der Beigeladenen und der S. GmbH wieder getrennt. Der Kläger ist nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung des Senats seit Januar 2008 nicht mehr für die Beigeladene, sondern nur noch für die S. GmbH tätig. Im Folgend bezieht nur noch aus dieser Tätigkeit Einkommen (vgl. insoweit aktuell den Geschäftsführerdienstvertrag vom 21. Dezember 2007).
Im Zuge der Personaleingliederung in die Beigeladene wurde der Kläger jedoch auch bei dieser am 15. Dezember 2005 mit „Anstellungsvertrag“ eingestellt. Gemäß § 1 des Vertrages begann diese Anstellung am 01. Januar 2006. Der „Anstellungsvertrag“ mit der Beigeladenen ist wie folgt gestaltet: Nach § 2 des Vertrages ist der Kläger „Mitglied der Geschäftsleitung und wird als Leiter im Bereich Entwicklung eingestellt. (Dem Kläger) wird Prokura in der Form der Einzelprokura erteilt (...). (die Beigeladene) behält sich vor, dem (Kläger) eine andere zumutbare Tätigkeit zuzuweisen, die seinen Vorkenntnissen entspricht. Es besteht Einigkeit darüber, dass kurzfristig aus dringenden betrieblichen Gründen auch geringwertigere Tätigkeiten zugewiesen werden können“. Nach § 4 des Arbeitsvertrages richten sich Lage und Dauer der Arbeitszeit nach den betrieblichen Notwendigkeiten. Der Kläger stellt seine ganze Arbeitskraft zu den firmenüblichen Arbeitszeiten zur Verfügung. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt danach acht Stunden täglich bei 40 Stunden wöchentlich. Im Bedarfsfall besteht Bereitschaft, Mehrarbeit zu leisten. Nach § 5 Ziff. 1 erhält der Kläger eine Arbeitsvergütung, die in der diesem Vertrag beigefügten Lohnmitteilung ausgewiesen ist. Die Arbeitsvergütung besteht aus einem Grundgehalt, einer Leistungszulage und einer freiwilligen, jederzeit widerrufbaren Erfolgszulage. In § 6 Ziff. 2 wird der Kläger verpflichtet, vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer vorzulegen. In Ziff. 3 ist zudem Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen vereinbart. § 8 enthält eine Regel für den Fall eines Arbeitsvertragsbruchs mit entsprechender Vertragsstrafe. Nach § 9 erhält der Kläger 24 Arbeitstage Urlaub und je nach Anzahl krankheitsbedingter Fehltage bis zu sechs Urlaubstage im Jahr zusätzlich. § 10 enthält Bestimmungen über eine Arbeitsvertragskündigung, § 11 zur Vertraulichkeit, Schutz von Arbeitgebereigentum und Haftung und § 12 zur Kostenübernahme bei Fortbildungsmaßnahmen. § 13 verbietet dem Kläger, sich ohne Zustimmung der Gesellschaft mittelbar oder unmittelbar an einem Konkurrenzunternehmen zu beteiligen oder ein solches zu betreiben bzw. Nebentätigkeiten zu übernehmen. § 14 regelt eine Verschwiegenheitspflicht. §§ 15 und 16 enthalten eine Bestimmung zur Ausschlussfrist bzw. Schlussbestimmungen. Dem Vertrag ist eine „Lohnmitteilung“, unterzeichnet ebenfalls am 15. Dezember 2005, angehängt, ausweislich welcher der Kläger zum Einen ein Grundgehalt von EUR 5.300,00 sowie zum Anderen eine Leistungszulage in Form einer Zulage für die „Pensions- oder U-Kasse“ in Höhe von EUR 250,00 und zusätzlich nach Maßgabe einer „Zielvereinbarung“ erhält. Danach sei das definierte Ergebnis der Kostenstelle ein Betrag von EUR 23.450,00. Werde dieses Ergebnis überschritten, würden 10% dieses Betrages an den Kläger ausgeschüttet. Dritter Bestandteil der Lohnmitteilung ist eine Erfolgszulage (Tantieme). Bemessungsgrundlage sei das Gesamtergebnis des Unternehmens. Die Tantieme sei freiwillig und widerrufbar und werde vom Arbeitgeber pro Geschäftsjahr festgelegt.
Am 28. Dezember 2005 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beschäftigung des Klägers bei ihr unter Vorlage des vom Kläger ausgefüllten „Feststellungsbogens zur versicherungsrechtlichen Beurteilung“ vom 15. Dezember 2005, des Anstellungsvertrages vom 15. Dezember 2005 einschließlich der „Lohnmitteilung“ sowie des Gesellschaftsvertrags. Der Kläger gab auf dem „Feststellungsbogen“ an, dass er zwar vom Selbstkontrahierungsverbot nicht befreit sei, er aber für den Teilbereich der Entwicklung als einziger Gesellschafter über einschlägige Branchenkenntnis verfüge. Er sei bis Ende 2005 selbstständig tätig gewesen. Nun sei er angestellter Arbeitnehmer. Er unterliege keinem Weisungsrecht. Er sei nur durch die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung eingeschränkt. Er entrichte aus seinem Arbeitsentgelt Lohnsteuer. Überdies habe er zugunsten der Beigeladenen eine Bürgschaft in Höhe von EUR 65.000,00 übernommen sowie dieser ein Darlehen in Höhe von EUR 18.000,00 gewährt.
Mit Schriftsatz vom 15. März 2006 hörte die Beklagte den Kläger und die Beigeladene an. Es sei beabsichtigt, das Vorliegen eines abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Klägers festzustellen. Hierauf wandte der Kläger ein, er führe bei der Beigeladenen den Bereich der Softwareentwicklung selbstständig und sei nach dem Anstellungsvertrag auch an keine Weisungen durch andere gebunden. Der äußere Rahmen dieser Tätigkeit könne nicht durch einseitige Weisungen geregelt werden, da kein Gesellschafter mehr als 50% der Anteile halte. Auch dies spreche gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Es werde daher gebeten, die Einschätzung nochmals zu überprüfen. Auf Nachfrage der Beklagten legte der Kläger zudem den Handelsregisterauszug für die Beigeladene vom 19. September 2001 sowie Unterlagen der Kreissparkasse B. und der Volksbank B. S. über vom Kläger - teils alleine, teils zusammen mit C.S. - zugunsten der Beigeladenen, teilweise jedoch auch zugunsten der S. GmbH geleistete Bürgschaften sowie einen zugunsten der Beigeladenen geschlossenen Darlehensvertrag über EUR 5.000,00 vor.
Mit Bescheid vom 20. November 2006 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger als mitarbeitender Gesellschafter und Prokurist bei der Beigeladenen seit dem 01. Januar 2006 dem Grunde nach versicherungspflichtig beschäftigt sei. Beschlüsse der Beigeladenen würden mit einfacher Mehrheit gefasst. Das Stimmrecht des einzelnen Gesellschafters richte sich nach der Höhe seiner Geschäftsanteile. Derjenige Gesellschafter habe somit maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft, der mindestens die Hälfte der Geschäftsanteile der Beigeladenen besitze. Der Kläger sei mit EUR 32.650,00 an der Gesellschaft beteiligt und verfüge somit über einen Stimmanteil von 25%. Er besitze für sich betrachtet keinen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft, da auch ohne seine Mitwirkung die einfache Mehrheit erreicht werden könne. Er könne somit zwar Einfluss auf die Firmenpolitik, aber keinen Einfluss auf eine Willenserklärung der Gesellschaft hinsichtlich der Beendigung seines Anstellungsvertrages nehmen. Er habe diesbezüglich keine Sperrminorität. Da aufgrund des Kapitalanteils ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein ausgeschlossen sei, seien die allgemeinen Voraussetzungen für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu prüfen. Maßgebend sei das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse. An einer GmbH beteiligte Gesellschafter bzw. Geschäftsführer, die keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft aufgrund ihrer Beteiligung an der Gesellschaft nehmen könnten, stünden regelmäßig in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur GmbH. Allein aus der weisungsfreien Ausführung seiner Tätigkeit könne nicht auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden, da der Kläger im Übrigen in einer nicht von ihm vorgegebenen Ordnung des Betriebs eingegliedert sei und nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrages und der Gesellschafterbeschlüsse handeln dürfe, sodass er - selbst bei Belassung großer Freiheiten - der Überwachung durch die Gesellschafterversammlung unterliege. Dies gelte auch dann, wenn diese von ihrer Überwachungsbefugnis regelmäßig keinen Gebrauch mache. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage der Kläger kein eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko. Aktuell habe er der Beigeladenen ein Darlehen in Höhe von EUR 19,467,94 gewährt und eine Bürgschaft für die Beigeladene in Höhe von EUR 5.112,92 übernommen. Im Vergleich zum Stammkapital der Beigeladenen und zu dem Jahresgehalt des Klägers seien diese übernommenen Risiken unerheblich. Auch die anderen Gesellschafter verfügten aufgrund ihrer erlernten Berufe über Kenntnisse auf dem Gebiet des Unternehmensgegenstandes. Insbesondere der Geschäftsführer C.S. dürfte als Informatiker auch über Kenntnisse auf dem Gebiet der Entwicklung der Software verfügen. Alleinige Branchenkenntnisse des Klägers lägen damit nicht vor. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung.
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Der Kläger legte gegen diesen Bescheid am 27. November 2006 Widerspruch ein. Die Beklagte habe wesentliche Merkmale, die einer Beurteilung als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung entgegenstünden, insbesondere das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, nicht gewürdigt. Zunächst treffe nicht zu, dass er (der Kläger) keinerlei Unternehmerrisiko trage. Er erhalte eine erfolgsabhängige Vergütung, und zudem werde steuerlich bei einem Gesellschafter, der monatlich keine festen Bezüge erhalte, von einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgegangen. Somit sei die Zahlung von festen monatlichen Bezügen kein Indiz für das Fehlen des Unternehmerrisikos. Zu Unrecht werde die Gewährung von Darlehen und die Übernahme einer Bürgschaft als unerheblich im Hinblick auf das vorhandene Stammkapital und das Jahresgehalt angesehen. Er (der Kläger) sei Gründungsgesellschafter der Beigeladenen, und die Gewährung des Darlehens und die Übernahme der Bürgschaft sei Ausfluss seiner Mitunternehmerstellung; es sei nicht vorstellbar, welcher Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber sonst Darlehen und Bürgschaften in Höhe von etwa EUR 25.000,00 gewährte. Er habe überdies sehr wohl alleinige Branchenkenntnisse. Er sei alleiniger Leiter der Softwareentwicklung und habe für seine Tätigkeit Prokura bei der Beigeladenen erhalten. Dieser Fachbereich sei durch Auslagerung der S. GmbH entstanden, die eine Tochter der Beigeladenen und an der er selbst mit „5%“ (richtig wohl 50%) beteiligt sei. Vor der Wiedereingliederung des Betriebs in den Betrieb der Beigeladenen sei die gesamte hochkomplexe Softwareentwicklung von der S. GmbH erstellt und an die Beigeladene verkauft worden. Die lapidare Feststellung im Bescheid, dass der Geschäftsführer der Beigeladenen aufgrund seiner Eigenschaft als Informatiker diese Tätigkeit ebenfalls ausüben könne, sei daher nicht zutreffend. Die Beklagte verkenne die hochspeziellen Aufgabenteilungen in der Softwareentwicklung. Auf den Arbeitsvertrag könne nicht maßgeblich abgestellt werden, weil die tatsächliche Praxis von den Formulierungen des Arbeitsvertrages maßgeblich abweiche. Er (der Kläger) könne zwar in der Durchführung seines Anstellungsverhältnisses formell durch Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden werden, jedoch könne er in der tatsächlichen Durchführung des Vertrages Zeit, Dauer, Umfang und Ort seiner Tätigkeit frei bestimmen. Aus diesen Punkten ergebe sich zusammenfassend, dass die getroffene Statusentscheidung auf einer nicht umfassenden Würdigung der neben den Kapitalverhältnissen wesentlichen Merkmale für die Beurteilung seiner Beschäftigung beruhe. Er übe eine dem Mitunternehmer gleichgestellte selbstständige Tätigkeit aus und sei deshalb nicht sozialversicherungspflichtig. Mit weiterem Schreiben vom 30. November 2006 teilte der Kläger mit, entgegen den Ausführungen im angegriffenen Bescheid habe er Bürgschaften in Höhe von insgesamt EUR 70.112,92 übernommen. Zum Nachweis wurde ein Bürgschaftsvertrag der Volksbank B. S. in Höhe von EUR 5.112,92 sowie ein weiterer zugunsten der Kreissparkasse B. vom 28. Juni 2005 in Höhe von EUR 65.000,00 vorgelegt. Die Beigeladene schloss sich den Ausführungen des Klägers ohne Einschränkung an.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 08. Januar 2008 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle sodann den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Sie wiederholte im Wesentlichen ihre Argumentation aus dem Ausgangsbescheid und führte ergänzend und vertiefend aus: Die Gesellschaftsversammlung habe die Rechtsmacht, dem Kläger Weisungen zu erteilen. Auch in dem Arbeitsvertrag seien entsprechende Rechtsmachten enthalten. So richte sich die Arbeitszeit gemäß § 4 des Anstellungsvertrages nach den betrieblichen Erfordernissen. Der Kläger habe seine gesamte Arbeitszeit zu den firmenüblichen Arbeitszeiten 40 Stunden in der Woche zur Verfügung zu stellen, von einer freien Einteilung der Arbeitszeit könne somit nicht ausgegangen werden. Zudem behalte sich die Gesellschaft nach § 2 des Anstellungsvertrages vor, dem Kläger andere zumutbare Tätigkeiten zuzuweisen; dies sei nur bei Arbeitnehmern möglich. Dass der Kläger Mitglied der Geschäftsleitung und als Leiter im Bereich der Entwicklung eingestellt worden sei, spreche ebenso wenig gegen eine abhängige Beschäftigung wie die Erteilung der Prokura. Die bisherige Berufserfahrung sei ebenfalls nicht maßgeblich. Jeder Arbeitnehmer werde wegen seiner Ausbildung, seiner speziellen Kenntnisse, seines beruflichen Werdegangs usw. eingestellt. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage der Kläger kein eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko. Zwar sei er aufgrund der vom Geschäftserfolg abhängigen Tantiemenzahlung indirekt am Gewinn der Gesellschaft beteiligt, eine Kürzung bzw. den Wegfall der Bezüge bei schlechter Geschäftslage müsse der Kläger jedoch nicht befürchten. Die Gewährung von arbeitnehmertypischen Leistungen, wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und der bezahlte Urlaub, sprächen für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Lediglich die Gewährung von Darlehen und Bürgschaften seien Punkte, die indiziell gegen eine abhängige Beschäftigung sprächen. Diese träten jedoch aufgrund der Rechtsmacht der Gesellschaft, dem Kläger Weisungen zu Ort, Zeit und Art und Weise der Arbeit zu erteilen, in den Hintergrund. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Die Voraussetzungen für einen späteren Beginn der Versicherungspflicht nach § 7a Abs. 6 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) seien nicht erfüllt, denn der Kläger habe dem späteren Beginn nicht zugestimmt. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne daher mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung am 01. Januar 2006.
12 
Am 08. Februar 2008 erhob der Kläger hiergegen zum SG Klage. Er übe seit dem 01. Januar 2006 Tätigkeiten als Gesellschafter-Geschäftsführer, Prokurist und als Verantwortlicher für die Softwareentwicklung bei der Beigeladenen aus. Die Beigeladene verfüge über ein Stammkapital in Höhe von EUR 130.600,00. Er selbst habe darauf eine Stammeinlage von 15% übernommen. Die Beigeladene sei Mitte „1989“ (richtig: 1998) gegründet worden und im Folgenden nach einer Unternehmensübernahme im Jahr 2001 in eine finanzielle Schieflage geraten. Es habe die Insolvenz gedroht. Zu deren Abwendung sowie auch in den darauffolgenden Jahren habe er beträchtliche Personalsicherheiten durch Übernahme einer Vielzahl selbstschuldnerischer Bürgschaften zur Absicherung von Forderungen gegen die Beigeladene sowie für deren Tochtergesellschaft, die S. GmbH, an welcher die Beigeladene zu 95% beteiligt sei, gestellt. Außerdem habe er der Beigeladenen mehrere Darlehen gewährt. Dabei handele es sich um ein Darlehen mit Rangrücktritt von EUR 19.467,94 und ein weiteres Darlehen in Höhe von EUR 5.000,00. Zudem habe er drei Bürgschaften gegenüber der Kreissparkasse B. (in Höhe von EUR 125.000,00, in Höhe von EUR 15.000,00 sowie in Höhe von EUR 10.000,00) sowie drei weitere Bürgschaften gegenüber der Volksbank B. S. (in Höhe von EUR 20.000,00, EUR 10.000,00 und EUR 5.112,92) übernommen. Zusätzlich zu den 15% am Stammkapital in Höhe von EUR 19.590,00 habe er folglich der Beigeladenen Darlehen in Höhe von knapp EUR 25.000,00 und Bürgschaften in Höhe von gut EUR 185.000,00 zukommen lassen. Er verknüpfe seine wirtschaftliche Existenz also auf das Engste mit jener der Beigeladenen. Zudem habe er sich für die S. GmbH durch insgesamt sechs Bürgschaften in Höhe von insgesamt EUR 120.980,00 verbürgt. Durch diese Darlehen und Bürgschaften verstärke sich sein Einfluss auf die Beigeladene ganz wesentlich, da das Stammkapital der Beigeladenen sich auf lediglich EUR 130.600,00 belaufe. Die Gesellschaft sei auf den Fortbestand der Bürgschaften sowie die weitere Darlehensgewährung angewiesen. Bei Fortfall der Bürgschaften müsse die Beigeladene damit rechnen, dass ihre Gläubiger die dann nicht mehr gesicherten Forderungen gegen die Beigeladene ganz kurzfristig fällig stellen würden, wodurch die Beigeladene mindestens in erhebliche Zahlungsschwierigkeiten, wenn nicht gar in Insolvenz geriete. Bereits aufgrund dieser Umstände sei er jederzeit in der Lage, sämtliche Entscheidungen der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen, welche ihm bedeutsam erschienen, zu seinen Gunsten zu bestimmen. Abgesehen davon begründe sich sein maßgeblicher Einfluss auf die Beigeladene auch auf seine überragende Fachkompetenz, welche für den wirtschaftlichen Erfolg und den Fortbestand der Beigeladenen und deren Tochtergesellschaft entscheidend seien. Die Entwicklung von funktionsfähiger Spezialsoftware sei für den wirtschaftlichen Erfolg der Beigeladenen entscheidend. Für die Entwicklung dieser Software sei er die Schlüsselfigur. Er plane und entscheide eigenverantwortlich alle Softwareentwicklungen bei der Beigeladenen. Sofern er selbst diese Entwicklungen nicht realisiere, ordne er die erforderlichen Schritte zu deren Umsetzung an und überwache die ordnungsgemäße Ausführung. Der wirtschaftliche Erfolg der Beigeladenen liege deshalb ganz maßgeblich in den Kenntnissen und Fähigkeiten sowie dem persönlichen Einsatz seiner Person begründet. Auch deshalb sei er in der Lage, ihm nicht genehme Entscheidungen der Gesellschafterversammlung abzuwenden und im Übrigen seine Tätigkeiten weisungsfrei auszuüben. Seine Tätigkeiten bei der Beigeladenen würden daher tatsächlich ganz anders vollzogen als im Anstellungsvertrag beschrieben. Er unterliege keinerlei Weisungen seitens der Beigeladenen, sondern könne Ort, Zeit, Dauer und Art seiner Tätigkeiten frei bestimmen. Weisungsrechte der Beigeladenen aus diesem Anstellungsvertrag seien zwischen ihm und der Gesellschaft formlos abbedungen worden. Die Gesellschaft habe mit ihm einen Anstellungsvertrag ganz offensichtlich nur aus steuerlichen Gründen - um sich nicht dem Vorwurf der Finanzverwaltung ausgesetzt sehen zu müssen, bei den Zahlungen an ihn handele es sich um verdeckte Gewinnausschüttung - geschrieben. Dazu habe die Beigeladene ein beliebiges Muster eines Anstellungsvertrages, welches nicht weiter in Bezug auf die Tätigkeiten und seine Stellung bei der Gesellschaft angepasst worden sei, verwendet. Deutlich werde dies etwa anhand von § 11 Abs. 2 des Anstellungsvertrages, der die Mitnahme von Eigentum des Arbeitgebers nur im Rahmen der betrieblichen Aufgaben erlaube, worüber die Führungskraft in Kenntnis zu setzen sei. Diese Klausel sei in seinem Verhältnis zur Beigeladenen völlig abwegig. Er selbst sei die Führungskraft der Beigeladenen. Aus allem werde deutlich, dass er selbstständige Tätigkeiten ausübe und nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehe. Der Kläger legte Kopien der benannten Bürgschaftsverträge vor, die vornehmlich aus den Jahren 2000 bis 2002, in zwei Fällen zudem aus dem Jahr 2007 stammen.
13 
In der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2008 gab der Kläger zudem an, die Herabsetzung seiner eigenen Kapitalbeteiligung zu Ende 2005 beruhe (u.a.) darauf, dass nach außen ein starker Mann habe präsentiert werden sollen. Es sei bei den Banken nicht gut angekommen, wenn vier Köpfe verhandelt hätten, so dass mit C.S. „ein Gesicht nach außen“ gefunden worden sei. Er (der Kläger) leite das operative Geschäft in der Beigeladenen, und zwar seit dem Jahr 1995. C.S. leite den Vertrieb. Auf dem (vorgelegten) Organigramm sei er für die drei Geschäftsbereiche Entwicklung, Standardsoftware und Systemtechnik zuständig. In seinen Bereichen seien etwa 28 Mitarbeiter beschäftigt, im Vertrieb arbeiteten etwa zehn Mitarbeiter. Seit 2002 bestehe ein kontinuierlicher Anstieg im Erfolg des Unternehmens. Sein Entgelt habe sich jährlich erhöht. Die im Einstellungsvertrag vereinbarte Gewinnbeteiligung habe jedes Jahr EUR 4.000,00 bis EUR 5.000,00 betragen. Urlaub habe er etwa 15 bis 20 Tage im Jahr genommen. Auf Nachfrage ergänzte der Kläger, dass sich die von ihm übernommenen Bürgschaften derzeit auf etwa EUR 50.000,00 beliefen, allerdings in näherer Zukunft Projekte anstünden, für die weitere Bürgschaften zu übernehmen seien.
14 
Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
15 
Die durch Beschluss des SG vom 13. Mai 2008 Beigeladene stellte keinen Antrag. Für sie gab der Geschäftsführer C.S. in der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2008 jedoch an, von Anfang an für die Finanzen zuständig gewesen zu sein. Im Jahre 2001 sei die Beigeladene übernommen worden, man habe sich damit fast finanziell übernommen und kurz vor dem Aus gestanden. Der Kläger und er selbst hätten daraufhin für Kredite von den Banken Bürgschaften für das Unternehmen übernommen. Diese hätten sie mit der Zeit reduziert. Bei Integration von den Mitarbeitern der S. GmbH in die Beigeladene habe der Kläger auf den Geschäftsführerposten verzichtet. Er habe immer gesagt, es solle nicht mehr Häuptlinge geben als Indianer. In den Gesellschafterversammlungen bereite jeder seinen Part vor.
16 
Das SG vernahm in der mündlichen Verhandlung zudem den früheren Prokuristen und Kaufmännischen Leiter der Beigeladenen T. H. (T.H.) als Zeugen. Dieser gab an, seinerzeit sei das Einstellungsgespräch sowohl mit dem Kläger als auch mit C.S. erfolgt. Der Kläger leite die Entwicklungsabteilung. Sein eigener Job sei es gewesen zu überprüfen, wie viel das Ganze koste. Der Kläger, C.S. und er selbst seien ein Dreigespann gewesen. Es habe natürlich strategische Entscheidungen gegeben, wo der Kläger das notwendige Know how gehabt habe und nicht er selbst.
17 
Mit Urteil vom 17. September 2008 wies das SG die Klage ab. Mitarbeitende Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft könnten grundsätzlich in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Gesellschaft stehen. Ob eine Tätigkeit abhängig oder selbstständig verrichtet werde, entscheide sich letztlich danach, welche Merkmale überwögen. Im Grundsatz gelte, dass nur derjenige nicht abhängig beschäftigt sei, der durch seine Unternehmensbeteiligung die unternehmenspolitischen Entscheidungen maßgeblich mitbestimmen könne. Denn eine Mehrheitsbeteiligung oder jedenfalls eine Sperrminorität, mit der bestimmte unternehmerische Entscheidungen verhindert werden könnten, führe in aller Regel zu einem fehlenden Abhängigkeits- bzw. Über- und Unterordnungsverhältnis. Spiegelbildlich hierzu sei derjenige, der nicht jedenfalls über eine Sperrminorität verfüge, in der Regel von den Entscheidungen der übrigen Gesellschafter persönlich abhängig. Zwar führe das Fehlen einer maßgeblichen Unternehmensbeteiligung nicht zwingend zu einer abhängigen Beschäftigung, jedoch sei in diesen Fällen von einer abhängigen Beschäftigung nur in sehr begrenzten Einzelfällen auszugehen. Ein solcher Ausnahmefall könne z.B. bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schaffe und es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechtes völlig mangele. Im vorliegenden Fall gelange die Kammer aufgrund einer Gesamtwürdigung zu der Feststellung, dass die Umstände, die für eine abhängige Beschäftigung des Klägers sprächen, überwögen. Ein maßgeblicher rechtlicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft aufgrund seiner Gesellschafterstellung habe beim Kläger nicht vorgelegen. Der Kläger verfüge nur über 15% des Stammkapitals der Beigeladenen. Beschlüsse würden nach dem Gesellschaftervertrag in der Gesellschafterversammlung jedoch mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen getroffen. Der Kläger habe im Unternehmen zudem lediglich eine Prokuristen- und keine Geschäftsführerstellung inne. Insgesamt besitze der Kläger danach nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Die rechtlich bestehende Abhängigkeit werde auch nicht durch die tatsächlichen Verhältnisse so überlagert, dass eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ausscheide. Der Kläger erhalte eine feste monatliche Vergütung und habe Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts im Krankheitsfall und bezahlten jährlichen Erholungsurlaub. Dass der Kläger die Entwicklungsabteilung und die Abteilungen für Standardsoftware und Systemtechnik der Beigeladenen möglicherweise selbstständig leite, ohne an Weisungen gebunden gewesen zu sein, führe nicht zu einer anderen Beurteilung. Es handele sich hierbei um eine Eigenschaft, die in der Regel eine leitende Stellung mit sich bringe und die als solche nicht jeden leitenden Angestellten zu einem Unternehmer mache. Dass das Arbeitsverhältnis möglicherweise durch freundschaftliche Rücksichtnahme zwischen Kläger und Geschäftsführer gekennzeichnet sei und daher das Weisungsrecht verfeinert ausgeübt worden sei, stehe einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Die Kammer vermöge insbesondere nicht zu erkennen, dass der Kläger die Geschäfte der Beigeladenen faktisch wie ein Alleininhaber nach eigenem Gutdünken führe, Geschäftspolitik betrieben habe, strategische Entscheidungen gefällt habe und die gegebene Betriebsordnung für ihn nicht bestimmend gewesen sei, zumal der Geschäftsführer C.S. selbst qualifizierte Branchenkenntnisse besitze und das Unternehmen mit aufgebaut habe. Anderes wäre auch nicht nachvollziehbar. Der Kläger habe seit dem Jahr 2006 bei der Umschichtung der Gesellschafteranteile nicht mehr, sondern weniger Gesellschaftsanteile erhalten. Er habe damals Gesellschaftsanteile abgegeben und sei nur zu einem (weiteren) Prokuristen bestellt worden. Dies alles seien gewichtige Indizien, die für eine abhängige Beschäftigung und gegen ein Unternehmerrisiko des Klägers sprächen. Auch die zusätzlich zum Arbeitsentgelt gewährte Gewinnbeteiligung führe zu keinem Unternehmerrisiko, denn diese sei angesichts des dem Kläger zustehenden festen Monatsgehalts dem Wagniskapital nicht gleichzusetzen, sondern Ausdruck auch bei Arbeitnehmern verbreiteter leistungsorientierter Vergütungsbestandteile. Bei dem Kläger bestehe nicht die Gefahr, die Arbeitskraft ohne Gegenleistung einzusetzen. Die Gewinnbeteiligung sei nicht mit einem Verlustrisiko verbunden und sei im Übrigen bei Angestellten mit herausgehobener Verantwortungsposition nicht unüblich. Was die vom Kläger geltend gemachten Bürgschaften und Darlehen angehe, stammten diese noch aus der Zeit vor der hier streitigen Tätigkeit ab dem Jahr 2006. Im Übrigen widersprächen auch diese der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers nicht. Nach der Rechtsprechung sei zwar z.B. die Gewährung eines Darlehens durch einen Arbeitnehmer an den Arbeitgeber nicht typisch, andererseits seien solche Leistungen auch nicht ausgeschlossen (unter Verweis auf Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 17. Mai 2001 - B 12 KR 34/00 R - SozR 3-2400 § 7 Nr. 17). Der Kläger erhalte für seine Tätigkeit ein zu versteuerndes und als sozialversicherungspflichtig geführtes Gehalt, welches als Betriebsausgabe verbucht werde. Die keineswegs geringen Bezüge des Klägers hätten Entgeltfunktion und versetzten ihn in die Lage, seinen Lebensunterhalt davon eigenständig zu bestreiten. Es lasse sich auch nicht feststellen, dass der Kläger etwa die Höhe seiner Bezüge in ähnlicher Weise habe bestimmen können, wie ein Firmeninhaber die Höhe seiner Entnahmen bestimmen könne. Im Hinblick auf diese kontinuierlichen und seit 2006 nur leicht angestiegenen monatlichen Zahlungen folge, dass der Kläger keine Teilhabe am Unternehmensrisiko in dem Sinne getroffen habe, dass bei ihm der Erfolg seines persönlichen Arbeitseinsatzes jeweils ungewiss gewesen sei. Schließlich habe sich der Kläger im Fragebogen der Beklagten gegenüber selbst als angestellter Arbeitnehmer eingeschätzt.
18 
Gegen dieses ihm am 13. Oktober 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. November 2008 Berufung eingelegt. Das SG sei bei der Gesamtwürdigung aller Umstände fälschlich zu der Feststellung gelangt, dass eine abhängige Beschäftigung vorliege. Zunächst sei rechtsfehlerhaft, dass nur in Einzelfällen bei geringfügiger Gesellschafterbeteiligung von einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen sei. Sinn und Zweck der erforderlichen Gesamtwürdigung sei hier gerade die unvoreingenommene Untersuchung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles. Das SG habe die langjährige enge und freundschaftliche Verbundenheit zwischen ihm (dem Kläger) und dem Gesellschafter C.S. außer Betracht gelassen. Sie beiden hätten im selben Unternehmen seit Jahren freundschaftlich zusammengearbeitet. Bereits wegen dieser gemeinsamen Historie scheide eine abhängige Beschäftigung aus. Im Übrigen sei er, der Kläger, auch in den Betrieb der Beigeladenen nicht als Arbeitnehmer eingegliedert. Aus den Angaben seiner selbst sowie des Gesellschafters C.S. und des Zeugen T.H. habe sich eindeutig ergeben, dass er keine fremdbestimmten Tätigkeiten für die Beigeladene erbracht habe. Vielmehr sei es umgekehrt. Er selbst ersinne in eigener Verantwortung für die Beigeladene, welche Produkte und Leistungen von dieser am Markt angeboten werden sollten. Diese Ideen seien stets lediglich einer Prüfung im Hinblick auf ihre betriebswirtschaftliche Rentabilität unterzogen worden. Sei diese bejaht worden, seien seine Ideen umgesetzt worden. Auch habe er stets eigenständig entschieden, wo er seine Tätigkeiten ausübe. Er verfüge über ein voll ausgestattetes „Home-Office“. Auch seien seine wesentlichen Spezialkenntnisse durch das SG falsch eingeschätzt worden. In den Bereichen Entwicklung, Standardsoftware und Systemtechnik verfüge nur er über das erforderliche Spezialwissen. Die besonderen Fähigkeiten und Kenntnisse seiner Person würden anhand verschiedener Projekte (insbesondere der Aufbereitung von Daten im Format SQL für die sogenannte „Rote Liste“ - Arzneimittelverzeichnis für Deutschland -, der Software MMpro, der Projekte „Licence protector“ sowie „Multimedia protector“) offenkundig. Daher habe er die Herrschaftsmacht im Unternehmen über den gesamten operativen Bereich mit Ausnahme der Spartenfinanzen und des Vertriebs gehabt. Aufgrund dieser singulären Stellung wäre es ihm auch ohne Weiteres möglich gewesen, ihm nicht genehme Weisungen zu ignorieren bzw. nach eigenem Gutdünken umzusetzen. Es seien ihm jedoch seitens der Beigeladenen von vornherein keinerlei Weisungen erteilt worden. Er selbst sei es vielmehr gewesen, der die Geschicke der Beigeladenen maßgeblich bestimmt habe. Neben seiner Leitungsmacht im Unternehmen der Beigeladenen und bei deren Tochtergesellschaften, welche ganz erheblich über die eines gewöhnlichen leitenden Angestellten hinausgegangen seien, habe er insbesondere im Bereich der Unternehmensakquise ein entscheidendes Mitspracherecht gehabt. Dies habe auch C.S. in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Maßgeblich sei insoweit der Erwerb der Firma N. GmbH, die mittlerweile unter dem Firmennamen der Beigeladenen firmiere. Dies zeige, welchen unternehmerischen Einfluss er selbst auf die Beigeladene habe und welches unternehmerische Risiko er mit diesem Einfluss trage, zumal er diese Entscheidung gegen den Willen des C.S. habe durchsetzen können. Es spiele dabei keine Rolle, welchen Anteil am Stammkapital der Beigeladenen er selbst halte. Seine Nichtbestellung zum Geschäftsführer sei vor dem Hintergrund der Aufgabenteilung zwischen dem Gesellschafter C.S. und ihm selbst absolut plausibel und sachgerecht. Der Gesellschafter C.S. sei von Beginn der Unternehmensgründung an für den Sektor Finanzen verantwortlich gewesen und deshalb auch stets erster Ansprechpartner für die Banken. Zudem trage er weiteres unternehmerisches Risiko durch Übernahme von Bürgschaften und Gewährung von Darlehen für die Beigeladene. Auch den dadurch auf die Beigeladene erworbenen Einfluss schätze das SG fälschlich gering ein. Der Sachverhalt sei insoweit insbesondere anders gelagert als in der Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 15. August 2008 (L 4 KR 4577/06). Anders als bei Ehegatten bestünden Banken bei fremden Dritten, auch wenn diese einander freundschaftlich verbunden seien, eben nicht auf Übernahme von Mithaftung, weil anders als zwischen Ehegatten Vermögensübertragungen zwischen Freunden eben nicht einfach so vorgenommen würden.
19 
Im Verlaufe des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zur Umsetzung des Urteils des BSG vom 11. März 2009 (B 12 R 11/07 R) weitere Ermittlungen zur Einkommenssituation des Klägers durchgeführt und insbesondere Lohnunterlagen (Verdienstbescheinigungen) ab dem 01. Mai 2008 sowie Beschlüsse der Gesellschaft hinsichtlich einer anderen Vergütung als Prokurist bzw. Nachweise über das Ende der Tätigkeit als Prokurist erbeten. Der Kläger hat daraufhin den am 27. Dezember 2007 mit der S. GmbH geschlossenen Geschäftsführerdienstvertrag vorgelegt, zu deren Bestandteil auch ein am 23. März 2009 vereinbarter Gehaltsverzicht zugunsten der Beigeladenen geworden ist. Danach betrage das von der Beigeladenen bezogene Entgelt nur EUR 5.841,00 brutto monatlich. Zudem hat der Kläger Lohn-/Gehaltsabrechnungen aus der Zeit von Mai 2008 bis April 2010 der S. GmbH und einen Ausdruck des Handelsregisters über die S. GmbH vom 28. Oktober 2010 vorgelegt.
20 
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 11. Mai 2011 ihren Bescheid vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 abgeändert und festgestellt, dass in der seit 01. Januar 2006 ausgeübten Beschäftigung als mitarbeitender Gesellschafter (Prokurist) bei der Beigeladenen auch seit dem 01. Mai 2008 Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe, nicht dagegen in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung.
21 
Ferner hat die Beklagte im Hinblick auf die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Senats ihren Bescheid vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Januar 2008 sowie ihren Bescheid vom 11. Mai 2011 insoweit aufgehoben, als sie die Zeit ab 01. Januar 2008 betreffen. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen und insoweit der Rechtsstreit für erledigt erklärt.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17. September 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 sowie den Bescheid vom 11. Mai 2011 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 21. Oktober 2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger in seiner Tätigkeit vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 bei der Beigeladenen nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung war.
24 
Die Beklagte beantragt,
25 
die Berufung zurückzuweisen.
26 
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Anhand des Vortrags des Klägers selbst im Verlaufe des Berufungsverfahrens, wonach dessen Ideen einer betriebswirtschaftlichen Rentabilitätsprüfung unterzogen würden, komme gerade zum Ausdruck, dass das letzte Entscheidungsrecht bei C.S., nicht dagegen beim Kläger gelegen habe. Eine Herrschaftsmacht, wie vom Kläger angegeben, unter Aussparung der Herrschaft über die Finanzen, erscheine nicht als die Macht eines selbstständigen Unternehmers, sondern als die eines leitenden Angestellten.
27 
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
28 
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
29 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 51 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) abgewiesen. Der angegriffene Statusfeststellungsbescheid der Beklagten vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 und des Änderungsbescheides vom 11. Mai 2011 ist - soweit über sie im Berufungsverfahren noch zu entscheiden war (dazu sogleich) - rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht kein Anspruch auf die Feststellung zu, er sei vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 bei der Beigeladenen nicht abhängig beschäftigt. Vielmehr hat die Beklagte zu Recht ein solches abhängiges Beschäftigungsverhältnis mit Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung festgestellt.
30 
1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der angegriffene Statusfeststellungsbescheid der Beklagten vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 und des Änderungsbescheides vom 11. Mai 2011. Dieser Änderungsbescheid ist nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Der Änderungsbescheid hat den Bescheid vom 20. November 2006 abgeändert und nur noch festgestellt, dass der Kläger in der Renten- und Arbeitslosenversicherung auf Grund seiner abhängigen Beschäftigung bei der Beigeladenen versicherungspflichtig ist, nicht jedoch in der Kranken- und Pflegeversicherung wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze. Er hat dadurch die Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt, die der 12. Senat des BSG in seinen Urteilen vom 11. März 2009 (B 12 R 11/07 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 14 ff.) und vom 04. Juni 2009 (B 12 R 6/08 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 13 ff.) aufgestellt hat (so die st.Rspr. insbes. des Senats, vgl. etwa Urteil vom 09. November 2009 - L 4 R 1540/08 - veröffentlicht in www.sozialgerichtsbarkeit.de) und denen der Bescheid vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 nicht genügten. Über den Änderungsbescheid vom 11. Mai 2011 entscheidet der Senat auf Klage.
31 
Im Berufungsverfahren war nur noch über den Zeitraum vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 zu entscheiden. Dies folgt aus dem hinsichtlich des Zeitraums ab dem 01. Januar 2008 abgegebenen Teilanerkenntnis der Beklagten, mit welchem diese in der mündlichen Verhandlung des Senats ihren Bescheid vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 sowie den Bescheid vom 11. Mai 2011, jeweils soweit sie den Zeitraum ab den 01. Januar 2008 betreffen, aufgehoben hat. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger mit insoweit prozessbeendender Wirkung (§101 Abs. 2 SGG) in der mündlichen Verhandlung des Senats angenommen. Diese Verfahrensweise wird aus Sicht des Senats im Übrigen auch der Entwicklung des Standverhalts gerecht. Der Kläger ist nämlich seit dem 01. Januar 2008 allein für die S. GmbH tätig. Dies ergibt sich aus den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Senats, dass er seit 01. Januar 2008 nicht mehr für die Beigeladene tätig ist. Bestätigt wird dies durch die im Berufungsverfahren vorgelegten Lohn-/Gehaltsabrechnungen für die Zeit von Mai 2008 bis April 2010 (Bl. 51/73). In diesen ist als Arbeitgeber die S. GmbH genannt. Der Kläger bezieht eine Vergütung auch allein von der S. GmbH.
32 
2. Die Beklagte war zur Entscheidung über den Antrag des Klägers berufen. Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten - in der Regel der Dienstgeber und der Dienstnehmer - schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Für eine solche Statusfeststellung ist nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV die Beklagte zuständig, nicht die nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV zur Entscheidung berufene Einzugsstelle. Einen solchen Antrag auf Statusfeststellung hatte die Beigeladene am 28. Dezember 2005 bei der Beklagten gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.
33 
3. Der Kläger war vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 bei der Beigeladenen beschäftigt und als Beschäftigter versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung, jedoch nicht in der gesetzlichen Kranken- und in der sozialen Pflegeversicherung.
34 
a) Im Rahmen einer Statusfeststellung nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV darf sich die Beklagte nicht darauf beschränken, eine abhängige Beschäftigung oder zusätzlich eine daraus folgende Versicherungspflicht "dem Grunde nach" festzustellen. Dies käme einer unzulässigen Elementenfeststellung gleich. Die Beklagte muss vielmehr, um einen Lebenssachverhalt zum Rechtsbegriff der abhängigen Beschäftigung zuzuordnen, das konkrete Rechtsverhältnis bezeichnen, an das sozialrechtlich angeknüpft werden soll, auch Aussagen darüber treffen, in welchen Zweigen der Sozialversicherung die festgestellte Beschäftigung im jeweiligen Feststellungszeitraum zur Sozialversicherung geführt hat. Dies hat das BSG in seinen Urteilen vom 11. März 2009 (B 12 R 11/07 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 14 ff.) und vom 04. Juni 2009 (B 12 R 6/08 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 13 ff.) ergänzend zu seiner früheren Rechtsprechung entschieden.
35 
Versicherungspflichtig in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sind gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 22. Juni 2005 - B 12 KR 28/03 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 5 m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7).
36 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 08. August 1990 - 11 RAr 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; Urteil vom 08. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 - SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 01. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 - BSGE 45, 199, 200 ff.; Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 - R BSGE 87, 53, 56; jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 Rdnr. 18).
37 
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Das BSG hat insoweit mehrmals entschieden, dass eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft selbst im Rahmen einer Geschäftsführertätigkeit nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen ist. Beim am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführern ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenen Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, hat das BSG dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; SozR 4-2400 § 7 Nr. 1). Vergleichbares gilt auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität verfügen (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1). Auch für diesen Personenkreis ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor. Eine Sperrminorität in diesem Sinne liegt dann vor, wenn der Gesellschafter nach dem Gesetz und den Abreden des Gesellschaftsvertrags Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 S 13; BSG NJW 1994, 2974). Dagegen liegt kein maßgeblicher gesellschaftsrechtlicher Einfluss - und damit in der Regel eine Stellung als Beschäftigter - vor, wenn der Geschäftsführer-Gesellschafter so wesentliche Entscheidungen wie die Auflösung der Gesellschaft, die operative Neuausrichtung oder seine eigene Abberufung bzw. Entlassung nicht verhindern kann. Bei Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung ist eine abhängigen Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen anzunehmen. Ein solcher Ausnahmefall kann beispielsweise bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die beispielsweise dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG Urteil vom 08. Dezember 1987 - 7 RAr 25/86 -, veröffentlicht in juris).
38 
b) Gemessen an diesen Maßstäben ist die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 als abhängiges Beschäftigungsverhältnis einzustufen.
39 
Ganz maßgeblich ist für den Senat insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zunächst die Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Befugnisse des Klägers. Der Kläger verfügt in seiner Eigenschaft als Gesellschafter nicht über eine allgemeine Sperrminorität am Stammkapital der Beigeladenen. Schon vor dem hier maßgeblichen Zeitraum ab dem 01. Januar 2006 war der Kläger nur mit 25% am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt. Zu Ende Dezember 2005 wurde dieser Anteil aber sogar noch erheblich auf nur 15% abgesenkt, zwischenzeitlich wieder auf 20% angehoben. Der Kläger hielt damit, als die Beigeladene noch vier Gesellschafter hatte, über einen längeren und insbesondere den hier streitgegenständlichen Zeitraum den geringsten Anteil aller vier Gesellschafter am Kapital und konnte Gesellschafterbeschlüsse, die mit einer einfachen Mehrheit des anwesenden Stammkapitals gefasst werden müssen (§ 6 Nr. 11 des Gesellschaftsvertrags), bei weitem nicht verhindern. Dies galt insbesondere für seine Abberufung als Prokurist oder die Kündigung seines Anstellungsvertrags. In seiner Funktion als Prokurist der Beigeladenen war der Kläger überdies - ausweislich § 5 des Gesellschaftsvertrags - nicht einmal mitvertretungsberechtigt. Da nur C.S. als Alleingeschäftsführer der Gesellschaft bestellt war und ist, konnte und kann nur er die Gesellschaft im Außenverhältnis rechtswirksam vertreten. Die Funktion des Klägers innerhalb der Beigeladenen bringt daher deutlich zum Ausdruck, dass der Kläger zwar - was der Senat nicht in Zweifel zieht - eine fachlich bedeutsame Stellung innerhalb der Firma einnehmen mag, er jedoch aus gesellschaftsrechtlicher Sicht keinerlei Befugnisse innehielt, die es ihm erlaubten, die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich mitzulenken. Die Position des Klägers unterschied sich qualitativ nicht wesentlich von derjenigen Leitender Angestellter, die unter dem Anreiz einer möglichen Steigerung der eigenen Bezüge sich für die Prosperität des Unternehmens einsetzen und im Übrigen auch unternehmerische (Teil-)Aufgaben wahrzunehmen haben (§ 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz, vgl. Bundesarbeitsgericht - BAG - NJW 2010, 2746).
40 
Gerade dies wird auch durch den Anstellungsvertrag des Klägers mit der Beigeladenen vom 15. Dezember 2005 zum Ausdruck gebracht. Auch dieser zeigt deutlich das Bild einer abhängigen Beschäftigung. In ihm haben der Kläger und die Beigeladene u.a. vereinbart, dass der Arbeitgeber (also die Beigeladene) sich vorbehält, dem Kläger kurzfristig eine andere zumutbare Tätigkeit zuzuweisen, zudem Einigkeit darüber besteht, dass dem Kläger kurzfristig aus dringenden betrieblichen Gründen auch geringwertigere Tätigkeiten zugewiesen werden können, und die Tätigkeit durch eine konkrete Stellenbeschreibung jederzeit im Einzelnen konkretisiert werden kann. Weiterhin haben die Beigeladene und der Kläger in dem Vertrag ein festes Gehalt, eine sechswöchige Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle und einen Mindest-Urlaubsanspruch von 24 Tagen im Jahr vereinbart. Die Vereinbarungen des Anstellungsvertrags entsprechen nahezu vollständig jenen, die im Arbeitsleben für abhängige Beschäftigungsverhältnisse üblich sind. Es fehlt an tatsächlichen Anhaltspunkten dafür, dass die entsprechenden Willenserklärungen zu dem Anstellungsvertrag rechtlich nicht ernst gemeint (§ 118 BGB) oder unter den rechtlichen Voraussetzungen eines Scheingeschäfts (§ 117 BGB) abgegeben worden wären. Es mag sein, dass für den Abschluss des Anstellungsvertrags andere als sozialversicherungsrechtliche Gründe maßgebend waren. Dies erfordert es aber nicht, sie bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung außer Betracht zu lassen. Denn es unterliegt nicht der Disposition des Klägers, die Wirkungen eines wirksamen Vertrags nach Maßgabe seiner Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken (vgl. hierzu BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7). Umgekehrt gilt vielmehr, dass dann, wenn eine vertragliche Gestaltung durch zwingende gesetzliche Regelungen vorgegeben ist, davon auszugehen ist, dass die tatsächlichen Verhältnisse hiervon nicht rechtserheblich abweichen und deshalb bei Beurteilung der Versicherungspflicht diese vertragliche Gestaltung auch rechtlich maßgebend ist (BSG, a.a.O.).
41 
Aus Sicht des Senats bilden gesellschaftsrechtliche und dienstvertragliche Ausgestaltung der Befugnisse überdies aber auch die Befugnisse innerhalb der beigeladenen GmbH ab, wie sie auch tatsächlich gelebt wurden und werden. Dabei stellt der Senat auch insoweit nicht in Abrede, dass dem Kläger die ganz wesentliche Gewichtung im Zusammenhang mit den zu treffenden fachlichen Fragen und Weichenstellung zukommen mag. Allerdings hat der Kläger im Rahmen seines Vorbringens selbst eingeräumt, dass seine Entscheidungen stets unter dem Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit standen, also noch einer abschließenden Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen wurden. Die Letztentscheidungsmöglichkeit in Bezug auf zu treffende finanzielle Dispositionen lag damit gerade nicht beim Kläger. Dem entsprechen auch die weiteren, sowohl durch den Kläger als auch durch C.S. in der mündlichen Verhandlung des SG getätigten Äußerungen, man habe mit C.S. einen (im Gegensatz zu mehreren) starken Mann nach außen präsentieren wollen, der die Gesellschaft im Rahmen von Verhandlungen (insbesondere gegenüber den Banken) habe vertreten sollen. Dies impliziert, dass der Kläger aus gesellschaftsrechtlicher Sicht gerade nicht der „starke Mann“ sein sollte, der die Gesellschaft nach außen in rechtsverbindlicher Weise repräsentiert. Dem entspricht im Übrigen auch die Aussage des C.S., der Kläger selbst habe geäußert, es dürfe „nicht mehr Häuptlinge als Indianer“ geben mit der Folge, dass der Kläger auf die Geschäftsführerposition verzichtet habe. Dies bringt eine Hierarchie auch in der gelebten Praxis zum Ausdruck, derzufolge der Kläger eben (nur) fachlich die Geschicke der Gesellschaft bestimmt hat und weiterhin bestimmt, dass aber die entscheidende Außenwirkung und die dafür erforderlichen rechtlichen Möglichkeiten zur Steuerung der gesellschaftlichen Geschicke letztlich nicht in seiner Hand liegen sollten. Dass diese Struktur im Übrigen auch tatsächlich beabsichtigt war, dass also die vertragliche Ausgestaltung der rechtlichen Befugnisse des Klägers eben nicht nur aus bloßer rechtlicher Unkenntnis, sondern bewusst gewählt erfolgte, offenbart sich aus Sicht des Senats eindrücklich anhand der gerade gänzlich anders konzipierten rechtlichen Stellung des Klägers in der S. GmbH. Der Kläger ist dort Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Stammkapitalanteil von 50 % und nimmt damit im Tochterunternehmen der Beigeladenen gerade diejenige Stellung ein, die ihm bei der Beigeladenen nicht eingeräumt ist.
42 
Dass der Kläger die Entwicklungsabteilung und die Abteilungen für Standardsoftware und Systemtechnik der Beigeladenen möglicherweise selbstständig leitete, ohne an Weisungen gebunden gewesen zu sein, führt nicht zu einer anderen Beurteilung der Gesamtverantwortlichkeit in der Beigeladenen. Es handelt sich hierbei - wie das SG zutreffend herausgearbeitet hat - um eine Eigenschaft, die eine leitende Stellung in der Regel mit sich bringt und die als solche nicht jeden leitenden Angestellten zu einem Unternehmer macht. Entsprechendes gilt für die Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis möglicherweise durch freundschaftliche Rücksichtnahme zwischen Kläger und Geschäftsführer gekennzeichnet war. Auch dies führt aus Sicht des Senats nicht zu einer Verschiebung im Firmengefüge, wie es im Gesellschafts- und Anstellungsvertrag eingerichtet ist. Dafür nämlich, dass der Kläger die Geschäfte der beigeladenen GmbH wie ein Alleingesellschafter nach eigenem Gutdünken geführt hat, bestehen aus Sicht des Senats gerade keinerlei Anhaltspunkte.
43 
Der Kläger trug in seiner Tätigkeit als Prokurist der Beigeladenen auch kein unternehmerisches Risiko. Ihm war ein Fixgehalt in einer Höhe zugesagt, die seinen Lebensunterhalt unter allen Umständen sichern konnte. Selbst wenn - z.B. in einer Krisensituation - die zusätzlich zugesagten erfolgsabhängigen Tantiemen nicht gezahlt worden wären, hätte der Kläger sein Fixgehalt in voller Höhe weiter bekommen. Der Anstellungsvertrag enthält keine Klauseln, nach denen der Kläger in seiner Position als Prokurist verpflichtet gewesen wäre, etwa im Falle einer wirtschaftlichen Krise Kapital in die Beigeladene zu schießen oder auf Teile seiner erfolgsunabhängigen Grundvergütung zu verzichten. Auch in seiner Rolle als Gesellschafter der Beigeladenen, die für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Stellung als Geschäftsführer allerdings nicht relevant ist, traf den Kläger kein signifikantes unternehmerisches Risiko. Der Gesellschaftsvertrag enthält keine Klauseln über eine Nachschusspflicht der Gesellschafter. Angesichts seines (früheren) geringfügigen Anteils am Stammkapital von 15 v.H. war auch die allgemeine Gefahr eines GmbH-Gesellschafters, in einer Krisensituation der Gesellschaft faktisch gezwungen zu sein, in erheblichem Umfang Kapital nachzuschießen, um etwa eine Insolvenz der Gesellschaft zu verhindern, eher gering.
44 
Mit Blick darauf tritt aus Sicht des Senats auch in den Hintergrund, dass der Kläger seine persönliche wirtschaftliche Situation möglicherweise ganz erheblich auch an den wirtschaftlichen Fortbestand der Beigeladenen geknüpft hat (vgl. entsprechend auch die Einschätzung im Urteil vom 15. August 2008 - L 4 KR 4577/06 - veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Der Senat hält - anders als vom Kläger vorgetragen - schon nicht für gänzlich ungewöhnlich, dass ein (wenn auch nur angestelltes) Mitglied der Geschäftsleitung seinem offenbar zeitweilig finanziell angeschlagenen Arbeitgeber Darlehen und persönliche Bürgschaften gewährt, um den Beschäftigungsbetrieb am Leben zu erhalten, und zwar umso mehr, wenn die vorübergehende finanzielle Bedrängnis offenbar auch auf einer vom Kläger fachlich angeratenen Übernahme einer Fremdfirma beruht. Wenn der Kläger in der Lage ist, der Beigeladenen Darlehen zu gewähren, verwundert es, dass diese Gelder nicht für den Erwerb von Gesellschaftsanteilen verwendet werden. Dies zeigt vielmehr erneut, dass eine größere Beteiligung des Klägers an der Beigeladenen nicht gewollt ist. Zudem geht der ganz überwiegende Anteil abgeschlossener Bürgschaftsverträge auf eine Zeit zurück, in welcher der Kläger noch gar nicht bei der Beigeladenen beschäftigt war, sondern lediglich eine Stellung als Gesellschafter (mit damals noch höherem Anteil am Stammkapital von 25%) innehatte. Lediglich zwei vom Kläger vorgelegte Bürgschaften datieren aus der Zeit nach seiner Anstellung bei der Beigeladenen und bringen mit einem Betrag von zusammen EUR 25.000,00 keinen insgesamt wirtschaftlich erheblichen faktischen Anteil an den Geschäften der Beigeladenen zum Ausdruck. Dem Vortrag, dass der Kläger jedenfalls faktisch so erheblichen Druck auf die Geschicke der Beigeladenen ausüben könne, dass diese - im Falle eines Streitfalls - von ihren rechtlichen Möglichkeiten keinen Gebrauch machen werde, vermag der Senat daher nicht zu folgen. Dies gilt umso mehr, als die Bürgschaftsverträge rechtswirksam zugunsten der Banken geschlossen worden sind und den Kläger auch in einem Streitfall mit der Beigeladenen rechtlich binden. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger sich in einem solchen Fall von den Verträgen lösen kann. Dem Kläger eröffnet sie daher allenfalls insoweit ein Druckmittel, als er androhen kann, zukünftig nicht mehr Selbstverpflichtungen dieser Art eingehen zu wollen. Dass er die Beigeladene demgegenüber kurzfristig durch Entziehung von Geldmitteln zu Fall bringen könnte, ergibt sich aus der finanziellen Selbstverpflichtung demgegenüber nicht. Dementsprechend können aus Sicht des Senats die übernommenen Bürgschaften - ebenso wenig im Übrigen wie das in entsprechender Höhe übernommene Darlehen von (nach den vorgelegten Unterlagen) derzeit unter EUR 20.000,00 - nicht dazu führen, dass die Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen als selbständige Beschäftigung zu qualifizieren ist. Selbst wenn sich im Falle einer Insolvenz der Beigeladenen für den Kläger deutliche finanzielle Einbußen auch in persönlicher Hinsicht ergeben, schlägt dadurch nicht die insgesamt vertraglich und tatsächlich als abhängige Beschäftigung ausgestaltete Prokuristentätigkeit des Klägers für die Beigeladene in eine selbständige unternehmerische Tätigkeit um.
45 
c) Wie die Beklagte zu Recht festgestellt hat, führte die abhängige Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung, nicht aber in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung. Bereits das im Anstellungsvertrag vom 15. Dezember 2005 vereinbarte anfängliche Fixgehalt des Klägers von EUR 5.300,00 brutto lag über den jeweiligen Jahresarbeitsentgeltgrenzen des § 6 SGB V. Es fehlen jegliche Anhaltspunkt, dass sich hieran im gesamten Streitzeitraum etwas geändert hat.
46 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der ursprüngliche Bescheid vom 17. September 2008 war teilweise rechtswidrig, weil er die Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung dem Grunde nach feststellte und damit zu Unrecht auch die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung. Unter Berücksichtigung des Anteils der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge an den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen erscheint es angemessen, die Beklagte zu verpflichten, ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Rechtszüge zu erstatten (vgl. entsprechend auch schon Urteil des erkennenden Senats vom 20. November 2009 - L 4 R 1540/08, veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de).
47 
Dass die Beklagte den geltenden gemachten Anspruch des Klägers auf Aufhebung der angegriffenen Bescheides hinsichtlich des Zeitraums ab dem 01. Januar 2008 anerkannt hat, führt aus Sicht des Senats nicht zu einer für den Kläger günstigeren Kostenquotelung. Der Kläger hat die Tatsache, dass er seit Januar 2008 gar nicht mehr für die Beigeladene tätig war, erst in der mündlichen Verhandlung des Senats und dies nur auf ausdrückliche Nachfrage vorgetragen, obwohl noch kurz zuvor durch den Senat hierzu eine schriftsätzliche Anfrage ergangen war. Der Beklagtenvertreter hat auf den neuen Vortrag hin sofort ein Teilanerkenntnis abgegeben. Es entspricht daher der Billigkeit, hier eine weitergehende Kostenerstattungspflicht zu verneinen (vgl. dazu Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 193 Rn. 12c m.w.N.)
48 
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.

Gründe

 
29 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 51 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) abgewiesen. Der angegriffene Statusfeststellungsbescheid der Beklagten vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 und des Änderungsbescheides vom 11. Mai 2011 ist - soweit über sie im Berufungsverfahren noch zu entscheiden war (dazu sogleich) - rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht kein Anspruch auf die Feststellung zu, er sei vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 bei der Beigeladenen nicht abhängig beschäftigt. Vielmehr hat die Beklagte zu Recht ein solches abhängiges Beschäftigungsverhältnis mit Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung festgestellt.
30 
1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der angegriffene Statusfeststellungsbescheid der Beklagten vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 und des Änderungsbescheides vom 11. Mai 2011. Dieser Änderungsbescheid ist nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Der Änderungsbescheid hat den Bescheid vom 20. November 2006 abgeändert und nur noch festgestellt, dass der Kläger in der Renten- und Arbeitslosenversicherung auf Grund seiner abhängigen Beschäftigung bei der Beigeladenen versicherungspflichtig ist, nicht jedoch in der Kranken- und Pflegeversicherung wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze. Er hat dadurch die Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt, die der 12. Senat des BSG in seinen Urteilen vom 11. März 2009 (B 12 R 11/07 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 14 ff.) und vom 04. Juni 2009 (B 12 R 6/08 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 13 ff.) aufgestellt hat (so die st.Rspr. insbes. des Senats, vgl. etwa Urteil vom 09. November 2009 - L 4 R 1540/08 - veröffentlicht in www.sozialgerichtsbarkeit.de) und denen der Bescheid vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 nicht genügten. Über den Änderungsbescheid vom 11. Mai 2011 entscheidet der Senat auf Klage.
31 
Im Berufungsverfahren war nur noch über den Zeitraum vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 zu entscheiden. Dies folgt aus dem hinsichtlich des Zeitraums ab dem 01. Januar 2008 abgegebenen Teilanerkenntnis der Beklagten, mit welchem diese in der mündlichen Verhandlung des Senats ihren Bescheid vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 sowie den Bescheid vom 11. Mai 2011, jeweils soweit sie den Zeitraum ab den 01. Januar 2008 betreffen, aufgehoben hat. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger mit insoweit prozessbeendender Wirkung (§101 Abs. 2 SGG) in der mündlichen Verhandlung des Senats angenommen. Diese Verfahrensweise wird aus Sicht des Senats im Übrigen auch der Entwicklung des Standverhalts gerecht. Der Kläger ist nämlich seit dem 01. Januar 2008 allein für die S. GmbH tätig. Dies ergibt sich aus den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Senats, dass er seit 01. Januar 2008 nicht mehr für die Beigeladene tätig ist. Bestätigt wird dies durch die im Berufungsverfahren vorgelegten Lohn-/Gehaltsabrechnungen für die Zeit von Mai 2008 bis April 2010 (Bl. 51/73). In diesen ist als Arbeitgeber die S. GmbH genannt. Der Kläger bezieht eine Vergütung auch allein von der S. GmbH.
32 
2. Die Beklagte war zur Entscheidung über den Antrag des Klägers berufen. Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten - in der Regel der Dienstgeber und der Dienstnehmer - schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Für eine solche Statusfeststellung ist nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV die Beklagte zuständig, nicht die nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV zur Entscheidung berufene Einzugsstelle. Einen solchen Antrag auf Statusfeststellung hatte die Beigeladene am 28. Dezember 2005 bei der Beklagten gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.
33 
3. Der Kläger war vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 bei der Beigeladenen beschäftigt und als Beschäftigter versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung, jedoch nicht in der gesetzlichen Kranken- und in der sozialen Pflegeversicherung.
34 
a) Im Rahmen einer Statusfeststellung nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV darf sich die Beklagte nicht darauf beschränken, eine abhängige Beschäftigung oder zusätzlich eine daraus folgende Versicherungspflicht "dem Grunde nach" festzustellen. Dies käme einer unzulässigen Elementenfeststellung gleich. Die Beklagte muss vielmehr, um einen Lebenssachverhalt zum Rechtsbegriff der abhängigen Beschäftigung zuzuordnen, das konkrete Rechtsverhältnis bezeichnen, an das sozialrechtlich angeknüpft werden soll, auch Aussagen darüber treffen, in welchen Zweigen der Sozialversicherung die festgestellte Beschäftigung im jeweiligen Feststellungszeitraum zur Sozialversicherung geführt hat. Dies hat das BSG in seinen Urteilen vom 11. März 2009 (B 12 R 11/07 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 14 ff.) und vom 04. Juni 2009 (B 12 R 6/08 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 13 ff.) ergänzend zu seiner früheren Rechtsprechung entschieden.
35 
Versicherungspflichtig in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sind gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 22. Juni 2005 - B 12 KR 28/03 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 5 m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7).
36 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 08. August 1990 - 11 RAr 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; Urteil vom 08. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 - SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 01. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 - BSGE 45, 199, 200 ff.; Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 - R BSGE 87, 53, 56; jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 Rdnr. 18).
37 
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Das BSG hat insoweit mehrmals entschieden, dass eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft selbst im Rahmen einer Geschäftsführertätigkeit nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen ist. Beim am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführern ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenen Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, hat das BSG dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; SozR 4-2400 § 7 Nr. 1). Vergleichbares gilt auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität verfügen (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1). Auch für diesen Personenkreis ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor. Eine Sperrminorität in diesem Sinne liegt dann vor, wenn der Gesellschafter nach dem Gesetz und den Abreden des Gesellschaftsvertrags Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 S 13; BSG NJW 1994, 2974). Dagegen liegt kein maßgeblicher gesellschaftsrechtlicher Einfluss - und damit in der Regel eine Stellung als Beschäftigter - vor, wenn der Geschäftsführer-Gesellschafter so wesentliche Entscheidungen wie die Auflösung der Gesellschaft, die operative Neuausrichtung oder seine eigene Abberufung bzw. Entlassung nicht verhindern kann. Bei Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung ist eine abhängigen Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen anzunehmen. Ein solcher Ausnahmefall kann beispielsweise bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die beispielsweise dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG Urteil vom 08. Dezember 1987 - 7 RAr 25/86 -, veröffentlicht in juris).
38 
b) Gemessen an diesen Maßstäben ist die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 als abhängiges Beschäftigungsverhältnis einzustufen.
39 
Ganz maßgeblich ist für den Senat insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zunächst die Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Befugnisse des Klägers. Der Kläger verfügt in seiner Eigenschaft als Gesellschafter nicht über eine allgemeine Sperrminorität am Stammkapital der Beigeladenen. Schon vor dem hier maßgeblichen Zeitraum ab dem 01. Januar 2006 war der Kläger nur mit 25% am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt. Zu Ende Dezember 2005 wurde dieser Anteil aber sogar noch erheblich auf nur 15% abgesenkt, zwischenzeitlich wieder auf 20% angehoben. Der Kläger hielt damit, als die Beigeladene noch vier Gesellschafter hatte, über einen längeren und insbesondere den hier streitgegenständlichen Zeitraum den geringsten Anteil aller vier Gesellschafter am Kapital und konnte Gesellschafterbeschlüsse, die mit einer einfachen Mehrheit des anwesenden Stammkapitals gefasst werden müssen (§ 6 Nr. 11 des Gesellschaftsvertrags), bei weitem nicht verhindern. Dies galt insbesondere für seine Abberufung als Prokurist oder die Kündigung seines Anstellungsvertrags. In seiner Funktion als Prokurist der Beigeladenen war der Kläger überdies - ausweislich § 5 des Gesellschaftsvertrags - nicht einmal mitvertretungsberechtigt. Da nur C.S. als Alleingeschäftsführer der Gesellschaft bestellt war und ist, konnte und kann nur er die Gesellschaft im Außenverhältnis rechtswirksam vertreten. Die Funktion des Klägers innerhalb der Beigeladenen bringt daher deutlich zum Ausdruck, dass der Kläger zwar - was der Senat nicht in Zweifel zieht - eine fachlich bedeutsame Stellung innerhalb der Firma einnehmen mag, er jedoch aus gesellschaftsrechtlicher Sicht keinerlei Befugnisse innehielt, die es ihm erlaubten, die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich mitzulenken. Die Position des Klägers unterschied sich qualitativ nicht wesentlich von derjenigen Leitender Angestellter, die unter dem Anreiz einer möglichen Steigerung der eigenen Bezüge sich für die Prosperität des Unternehmens einsetzen und im Übrigen auch unternehmerische (Teil-)Aufgaben wahrzunehmen haben (§ 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz, vgl. Bundesarbeitsgericht - BAG - NJW 2010, 2746).
40 
Gerade dies wird auch durch den Anstellungsvertrag des Klägers mit der Beigeladenen vom 15. Dezember 2005 zum Ausdruck gebracht. Auch dieser zeigt deutlich das Bild einer abhängigen Beschäftigung. In ihm haben der Kläger und die Beigeladene u.a. vereinbart, dass der Arbeitgeber (also die Beigeladene) sich vorbehält, dem Kläger kurzfristig eine andere zumutbare Tätigkeit zuzuweisen, zudem Einigkeit darüber besteht, dass dem Kläger kurzfristig aus dringenden betrieblichen Gründen auch geringwertigere Tätigkeiten zugewiesen werden können, und die Tätigkeit durch eine konkrete Stellenbeschreibung jederzeit im Einzelnen konkretisiert werden kann. Weiterhin haben die Beigeladene und der Kläger in dem Vertrag ein festes Gehalt, eine sechswöchige Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle und einen Mindest-Urlaubsanspruch von 24 Tagen im Jahr vereinbart. Die Vereinbarungen des Anstellungsvertrags entsprechen nahezu vollständig jenen, die im Arbeitsleben für abhängige Beschäftigungsverhältnisse üblich sind. Es fehlt an tatsächlichen Anhaltspunkten dafür, dass die entsprechenden Willenserklärungen zu dem Anstellungsvertrag rechtlich nicht ernst gemeint (§ 118 BGB) oder unter den rechtlichen Voraussetzungen eines Scheingeschäfts (§ 117 BGB) abgegeben worden wären. Es mag sein, dass für den Abschluss des Anstellungsvertrags andere als sozialversicherungsrechtliche Gründe maßgebend waren. Dies erfordert es aber nicht, sie bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung außer Betracht zu lassen. Denn es unterliegt nicht der Disposition des Klägers, die Wirkungen eines wirksamen Vertrags nach Maßgabe seiner Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken (vgl. hierzu BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7). Umgekehrt gilt vielmehr, dass dann, wenn eine vertragliche Gestaltung durch zwingende gesetzliche Regelungen vorgegeben ist, davon auszugehen ist, dass die tatsächlichen Verhältnisse hiervon nicht rechtserheblich abweichen und deshalb bei Beurteilung der Versicherungspflicht diese vertragliche Gestaltung auch rechtlich maßgebend ist (BSG, a.a.O.).
41 
Aus Sicht des Senats bilden gesellschaftsrechtliche und dienstvertragliche Ausgestaltung der Befugnisse überdies aber auch die Befugnisse innerhalb der beigeladenen GmbH ab, wie sie auch tatsächlich gelebt wurden und werden. Dabei stellt der Senat auch insoweit nicht in Abrede, dass dem Kläger die ganz wesentliche Gewichtung im Zusammenhang mit den zu treffenden fachlichen Fragen und Weichenstellung zukommen mag. Allerdings hat der Kläger im Rahmen seines Vorbringens selbst eingeräumt, dass seine Entscheidungen stets unter dem Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit standen, also noch einer abschließenden Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen wurden. Die Letztentscheidungsmöglichkeit in Bezug auf zu treffende finanzielle Dispositionen lag damit gerade nicht beim Kläger. Dem entsprechen auch die weiteren, sowohl durch den Kläger als auch durch C.S. in der mündlichen Verhandlung des SG getätigten Äußerungen, man habe mit C.S. einen (im Gegensatz zu mehreren) starken Mann nach außen präsentieren wollen, der die Gesellschaft im Rahmen von Verhandlungen (insbesondere gegenüber den Banken) habe vertreten sollen. Dies impliziert, dass der Kläger aus gesellschaftsrechtlicher Sicht gerade nicht der „starke Mann“ sein sollte, der die Gesellschaft nach außen in rechtsverbindlicher Weise repräsentiert. Dem entspricht im Übrigen auch die Aussage des C.S., der Kläger selbst habe geäußert, es dürfe „nicht mehr Häuptlinge als Indianer“ geben mit der Folge, dass der Kläger auf die Geschäftsführerposition verzichtet habe. Dies bringt eine Hierarchie auch in der gelebten Praxis zum Ausdruck, derzufolge der Kläger eben (nur) fachlich die Geschicke der Gesellschaft bestimmt hat und weiterhin bestimmt, dass aber die entscheidende Außenwirkung und die dafür erforderlichen rechtlichen Möglichkeiten zur Steuerung der gesellschaftlichen Geschicke letztlich nicht in seiner Hand liegen sollten. Dass diese Struktur im Übrigen auch tatsächlich beabsichtigt war, dass also die vertragliche Ausgestaltung der rechtlichen Befugnisse des Klägers eben nicht nur aus bloßer rechtlicher Unkenntnis, sondern bewusst gewählt erfolgte, offenbart sich aus Sicht des Senats eindrücklich anhand der gerade gänzlich anders konzipierten rechtlichen Stellung des Klägers in der S. GmbH. Der Kläger ist dort Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Stammkapitalanteil von 50 % und nimmt damit im Tochterunternehmen der Beigeladenen gerade diejenige Stellung ein, die ihm bei der Beigeladenen nicht eingeräumt ist.
42 
Dass der Kläger die Entwicklungsabteilung und die Abteilungen für Standardsoftware und Systemtechnik der Beigeladenen möglicherweise selbstständig leitete, ohne an Weisungen gebunden gewesen zu sein, führt nicht zu einer anderen Beurteilung der Gesamtverantwortlichkeit in der Beigeladenen. Es handelt sich hierbei - wie das SG zutreffend herausgearbeitet hat - um eine Eigenschaft, die eine leitende Stellung in der Regel mit sich bringt und die als solche nicht jeden leitenden Angestellten zu einem Unternehmer macht. Entsprechendes gilt für die Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis möglicherweise durch freundschaftliche Rücksichtnahme zwischen Kläger und Geschäftsführer gekennzeichnet war. Auch dies führt aus Sicht des Senats nicht zu einer Verschiebung im Firmengefüge, wie es im Gesellschafts- und Anstellungsvertrag eingerichtet ist. Dafür nämlich, dass der Kläger die Geschäfte der beigeladenen GmbH wie ein Alleingesellschafter nach eigenem Gutdünken geführt hat, bestehen aus Sicht des Senats gerade keinerlei Anhaltspunkte.
43 
Der Kläger trug in seiner Tätigkeit als Prokurist der Beigeladenen auch kein unternehmerisches Risiko. Ihm war ein Fixgehalt in einer Höhe zugesagt, die seinen Lebensunterhalt unter allen Umständen sichern konnte. Selbst wenn - z.B. in einer Krisensituation - die zusätzlich zugesagten erfolgsabhängigen Tantiemen nicht gezahlt worden wären, hätte der Kläger sein Fixgehalt in voller Höhe weiter bekommen. Der Anstellungsvertrag enthält keine Klauseln, nach denen der Kläger in seiner Position als Prokurist verpflichtet gewesen wäre, etwa im Falle einer wirtschaftlichen Krise Kapital in die Beigeladene zu schießen oder auf Teile seiner erfolgsunabhängigen Grundvergütung zu verzichten. Auch in seiner Rolle als Gesellschafter der Beigeladenen, die für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Stellung als Geschäftsführer allerdings nicht relevant ist, traf den Kläger kein signifikantes unternehmerisches Risiko. Der Gesellschaftsvertrag enthält keine Klauseln über eine Nachschusspflicht der Gesellschafter. Angesichts seines (früheren) geringfügigen Anteils am Stammkapital von 15 v.H. war auch die allgemeine Gefahr eines GmbH-Gesellschafters, in einer Krisensituation der Gesellschaft faktisch gezwungen zu sein, in erheblichem Umfang Kapital nachzuschießen, um etwa eine Insolvenz der Gesellschaft zu verhindern, eher gering.
44 
Mit Blick darauf tritt aus Sicht des Senats auch in den Hintergrund, dass der Kläger seine persönliche wirtschaftliche Situation möglicherweise ganz erheblich auch an den wirtschaftlichen Fortbestand der Beigeladenen geknüpft hat (vgl. entsprechend auch die Einschätzung im Urteil vom 15. August 2008 - L 4 KR 4577/06 - veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Der Senat hält - anders als vom Kläger vorgetragen - schon nicht für gänzlich ungewöhnlich, dass ein (wenn auch nur angestelltes) Mitglied der Geschäftsleitung seinem offenbar zeitweilig finanziell angeschlagenen Arbeitgeber Darlehen und persönliche Bürgschaften gewährt, um den Beschäftigungsbetrieb am Leben zu erhalten, und zwar umso mehr, wenn die vorübergehende finanzielle Bedrängnis offenbar auch auf einer vom Kläger fachlich angeratenen Übernahme einer Fremdfirma beruht. Wenn der Kläger in der Lage ist, der Beigeladenen Darlehen zu gewähren, verwundert es, dass diese Gelder nicht für den Erwerb von Gesellschaftsanteilen verwendet werden. Dies zeigt vielmehr erneut, dass eine größere Beteiligung des Klägers an der Beigeladenen nicht gewollt ist. Zudem geht der ganz überwiegende Anteil abgeschlossener Bürgschaftsverträge auf eine Zeit zurück, in welcher der Kläger noch gar nicht bei der Beigeladenen beschäftigt war, sondern lediglich eine Stellung als Gesellschafter (mit damals noch höherem Anteil am Stammkapital von 25%) innehatte. Lediglich zwei vom Kläger vorgelegte Bürgschaften datieren aus der Zeit nach seiner Anstellung bei der Beigeladenen und bringen mit einem Betrag von zusammen EUR 25.000,00 keinen insgesamt wirtschaftlich erheblichen faktischen Anteil an den Geschäften der Beigeladenen zum Ausdruck. Dem Vortrag, dass der Kläger jedenfalls faktisch so erheblichen Druck auf die Geschicke der Beigeladenen ausüben könne, dass diese - im Falle eines Streitfalls - von ihren rechtlichen Möglichkeiten keinen Gebrauch machen werde, vermag der Senat daher nicht zu folgen. Dies gilt umso mehr, als die Bürgschaftsverträge rechtswirksam zugunsten der Banken geschlossen worden sind und den Kläger auch in einem Streitfall mit der Beigeladenen rechtlich binden. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger sich in einem solchen Fall von den Verträgen lösen kann. Dem Kläger eröffnet sie daher allenfalls insoweit ein Druckmittel, als er androhen kann, zukünftig nicht mehr Selbstverpflichtungen dieser Art eingehen zu wollen. Dass er die Beigeladene demgegenüber kurzfristig durch Entziehung von Geldmitteln zu Fall bringen könnte, ergibt sich aus der finanziellen Selbstverpflichtung demgegenüber nicht. Dementsprechend können aus Sicht des Senats die übernommenen Bürgschaften - ebenso wenig im Übrigen wie das in entsprechender Höhe übernommene Darlehen von (nach den vorgelegten Unterlagen) derzeit unter EUR 20.000,00 - nicht dazu führen, dass die Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen als selbständige Beschäftigung zu qualifizieren ist. Selbst wenn sich im Falle einer Insolvenz der Beigeladenen für den Kläger deutliche finanzielle Einbußen auch in persönlicher Hinsicht ergeben, schlägt dadurch nicht die insgesamt vertraglich und tatsächlich als abhängige Beschäftigung ausgestaltete Prokuristentätigkeit des Klägers für die Beigeladene in eine selbständige unternehmerische Tätigkeit um.
45 
c) Wie die Beklagte zu Recht festgestellt hat, führte die abhängige Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung, nicht aber in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung. Bereits das im Anstellungsvertrag vom 15. Dezember 2005 vereinbarte anfängliche Fixgehalt des Klägers von EUR 5.300,00 brutto lag über den jeweiligen Jahresarbeitsentgeltgrenzen des § 6 SGB V. Es fehlen jegliche Anhaltspunkt, dass sich hieran im gesamten Streitzeitraum etwas geändert hat.
46 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der ursprüngliche Bescheid vom 17. September 2008 war teilweise rechtswidrig, weil er die Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung dem Grunde nach feststellte und damit zu Unrecht auch die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung. Unter Berücksichtigung des Anteils der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge an den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen erscheint es angemessen, die Beklagte zu verpflichten, ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Rechtszüge zu erstatten (vgl. entsprechend auch schon Urteil des erkennenden Senats vom 20. November 2009 - L 4 R 1540/08, veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de).
47 
Dass die Beklagte den geltenden gemachten Anspruch des Klägers auf Aufhebung der angegriffenen Bescheides hinsichtlich des Zeitraums ab dem 01. Januar 2008 anerkannt hat, führt aus Sicht des Senats nicht zu einer für den Kläger günstigeren Kostenquotelung. Der Kläger hat die Tatsache, dass er seit Januar 2008 gar nicht mehr für die Beigeladene tätig war, erst in der mündlichen Verhandlung des Senats und dies nur auf ausdrückliche Nachfrage vorgetragen, obwohl noch kurz zuvor durch den Senat hierzu eine schriftsätzliche Anfrage ergangen war. Der Beklagtenvertreter hat auf den neuen Vortrag hin sofort ein Teilanerkenntnis abgegeben. Es entspricht daher der Billigkeit, hier eine weitergehende Kostenerstattungspflicht zu verneinen (vgl. dazu Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 193 Rn. 12c m.w.N.)
48 
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.

Tenor

Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 betrifft.

In diesem Umfang wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu erstatten. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 als Beschäftigter in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) versicherungspflichtig war.

2

Der am 1961 geborene Kläger arbeitete aufgrund eines Anstellungsvertrags vom 11.2.1986 zunächst als Schlosser und nach Ablegen der Meisterprüfung noch im selben Jahr als Betriebsleiter bei der Beigeladenen zu 1., einer GmbH mit dem Unternehmensgegenstand "Rührwerksbau". Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war bis zu seinem Tod am 11.5.2001 der Vater des Klägers. Die Geschäftsanteile erbte dessen Ehefrau; der Kläger wurde mit Dienstvertrag vom 31.8.2001 zum Geschäftsführer bestellt. Bereits am 30.4.1996 hatte der Vater des Klägers "gemäß § 48 Abs 2 GmbHG" folgende Niederschrift verfasst:

        

"… Aus gesundheitlichen Gründen werden meine Kinder S. und M. die Leitung des Unternehmens übernehmen. Mein Sohn wird aufgrund seiner beruflichen Fähigkeiten den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens übernehmen, meine Tochter den kaufmännischen Teil, aufgrund ihrer Ausbildung beim Steuerberater. Die entsprechenden Vollmachten werden beiden Kindern umgehend erteilt. Ab sofort nehmen die Kinder am betrieblichen Erfolg mit einer Gewinntantieme teil und sind vom Selbstkontrahierungsverbot befreit. Auf das Weisungsrecht meinerseits verzichte ich. Arbeits- und Urlaubszeit kann nach Lage der Gesellschaft frei bestimmt und gestaltet werden."

3

Der Kläger war bis 30.11.1999 Mitglied der beklagten Krankenkasse, seit 1.1.1996 aufgrund freiwilliger Versicherung. Nachdem eine neu gewählte Krankenkasse festgestellt hatte, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. für spätere Zeiträume nicht versicherungspflichtig in der RV und nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen sei, beantragte der Kläger mit Schreiben vom 14.9.2005 eine entsprechende Beurteilung auch für den (nun streitigen) Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 durch die Beklagte als Einzugsstelle. Diese stellte mit Bescheid vom 23.9.2005 und Widerspruchsbescheid vom 20.4.2006 fest, dass der Kläger in diesem Zeitraum bei der Beigeladenen zu 1. beschäftigt gewesen sei und der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe. Das SG hat die auf Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 26.11.2008).

4

Auf die Berufung des Klägers hat das LSG unter Aufhebung des Urteils des SG und der Bescheide der Beklagten festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. im streitigen Zeitraum nicht der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe (Urteil vom 22.9.2010): Für eine Beschäftigung sprächen ua die fehlende Geschäftsführer- und Gesellschafterstellung des Klägers, die Vereinbarungen des Anstellungsvertrags und die begrenzte Befugnis des Klägers, die Geschicke "der Firma" rechtsverbindlich zu gestalten. Demgegenüber sprächen die tatsächlichen Verhältnisse gegen eine Beschäftigung. So habe sein Vater dem Kläger mit der Niederschrift vom 30.4.1996 unter Verzicht auf sein Weisungsrecht die Unternehmensleitung übertragen. Dadurch habe der Kläger zusammen mit seiner Schwester nach eigenem Gutdünken frei "schalten und walten" können. Durch Übernahme einer Bürgschaft über 100 000 DM habe er ein wirtschaftliches Risiko getragen und sei am Gewinn der Firma beteiligt gewesen. Er habe die alleinigen Branchenkenntnisse in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte gehabt, sei vom Selbstkontrahierungsverbot befreit gewesen und habe Kundengespräche geführt, Angebote eingeholt sowie Kalkulationen erstellt, ohne sich im Einzelnen mit seinem Vater abzusprechen. Diesen tatsächlichen Verhältnissen komme bei der rechtlichen Beurteilung Vorrang gegenüber den vertraglichen Regelungen zu.

5

Mit der allein vom ihm eingelegten Revision rügt der Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 2.) eine Divergenz zur Rechtsprechung des BSG seit dem Jahr 2006 (BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149; BSG Urteil vom 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 7), da das LSG sinngemäß den Rechtssatz aufgestellt habe, "dass eine im Widerspruch zu getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung der formellen Vereinbarung unabhängig von der rechtlichen Möglichkeit einer formlosen Abbedingung vorgehen bzw. auch dann, wenn eine formlose Abbedingung rechtlich nicht möglich ist". Das LSG habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger am Stammkapital der zu 1. beigeladenen GmbH nicht beteiligt gewesen sei und bezogen auf die Gesellschaft keinerlei "Rechtsmacht" besessen habe. Diese Rechtsmacht habe trotz des Verzichts auf ein Weisungsrecht bei dessen Vater, dem Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1., gelegen. Zudem habe der Kläger die Beigeladene zu 1. nicht wie ein Alleininhaber, sondern nur zusammen mit seiner Schwester geleitet.

6

Die Beigeladene zu 2. beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufzuheben, soweit dieses unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 sowie des Bescheides der Beklagten vom 23. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2006 festgestellt hat, der Kläger habe in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlegen,
ferner, insoweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.

8

Er verteidigt das angegriffene Urteil. Insbesondere sei mit der Niederschrift vom 30.4.1996 bereits die Bevollmächtigung beider Kinder durch ihren Vater erfolgt, der zugleich auf sein Weisungsrecht sowohl als Geschäftsführer wie auch als Gesellschafter verzichtet habe. Darauf, dass die Unternehmensleitung gemeinsam mit der - im Übrigen als nicht rentenversicherungspflichtig eingestuften - Schwester erfolgte, komme es nicht an.

9

Die Beklagte und die zu 3. beigeladene Bundesagentur für Arbeit schließen sich der Rechtsansicht der Beigeladenen zu 2. an, die Beigeladene zu 3. ohne einen Antrag zu stellen.

10

Die Beigeladene zu 1. äußert sich nicht.

Entscheidungsgründe

11

Die auf die angefochtene Feststellung von Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV im Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 beschränkte Revision der Beigeladenen zu 2. ist zulässig und begründet. Bescheid und Widerspruchsbescheid der Beklagten sind bezogen darauf rechtmäßig. Daher ist das Urteil des LSG in diesem Umfang aufzuheben und die Berufung des Klägers insoweit zurückzuweisen.

12

1. Obwohl die Beigeladene zu 2. in der Revisionsbegründung entgegen § 164 Abs 2 S 3 SGG keine Rechtsnorm ausdrücklich bezeichnet hat, die sie durch das Urteil des LSG als verletzt ansieht, ist die Revision noch zulässig. Denn es reicht aus, wenn sich aus dem Inhalt der Darlegungen des Revisionsklägers ergibt, dass er sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung rechtlich auseinandergesetzt hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (vgl BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 2 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 9c, 11 mwN). Vorliegend lässt das Revisionsvorbringen noch hinreichend deutlich erkennen, dass die Beigeladene zu 2. die Auffassung des LSG angreift, bei der Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit komme den tatsächlichen Verhältnissen generell Vorrang gegenüber den gesellschafts- und arbeitsvertraglichen Regelungen zu, und dass sie dadurch § 7 Abs 1 SGB IV als verletzt ansieht.

13

2. Die Revision der Beigeladenen zu 2. ist auch begründet.

14

Zu Unrecht hat das LSG hier die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV verneint und die Bescheide der Beklagten sowie das SG-Urteil insoweit aufgehoben. Dabei ist das LSG zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Tatbestand der Beschäftigung aufgestellten Rechtssätzen ausgegangen; es hat jedoch die jüngere Rechtsprechung zum Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den vertraglichen Vereinbarungen nicht hinreichend berücksichtigt (hierzu a). Wiederum zutreffend hat das LSG eine Tätigkeit in einem fremden Betrieb vorausgesetzt und den "Anstellungsvertrag" des Klägers zum Ausgangspunkt der weiteren Prüfung und seiner Tatsachenfeststellungen gemacht (hierzu b). Im Ergebnis keinen Bestand haben indes die hierauf aufbauende rechtliche Würdigung des LSG sowie seine davon ausgehende Bewertung des Gesamtbildes der Erwerbstätigkeit (hierzu c). Dabei steht der Einordnung der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. als (abhängige) Beschäftigung die Rechtsprechung des BSG zur Tätigkeit in Familiengesellschaften nicht entgegen (hierzu d).

15

a) In den Jahren 1996 bis 1999, die hier in Streit stehen, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der RV der Versicherungspflicht (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI; ab 1.1.1998 idF durch Gesetz vom 24.3.1997, BGBl I 594). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).

16

Zutreffend weist die Beigeladene zu 2. in ihrer Revisionsbegründung darauf hin, dass zur Feststellung des Gesamtbilds den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zukommt. Zwar hat der Senat noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 7) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat er diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert (insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; ebenso Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f): Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist. Hieran hat der Senat seither festgehalten (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - USK 2009-25; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-25).

17

Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzurücken: Die tatsächlichen Verhältnisse weichen hier zwar von den Regelungen des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen Anstellungsvertrags ab, jedoch führt dies mit Blick auf die Frage des Vorliegens einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit zu keinem anderen Ergebnis (hierzu unten c). Daher kommt es auch nicht darauf an, dass das LSG keine Feststellungen dazu getroffen hat, unter welchen Voraussetzungen die Bestimmungen des Anstellungsvertrags überhaupt abdingbar waren.

18

b) Die dargestellten Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall anzuwenden, denn der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw Unternehmensinhaberin war die Beigeladene zu 1., die als GmbH juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen (hierzu vgl nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 21 mwN)und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.

19

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der "Anstellungsvertrag" vom 11.2.1986, der deren Vertragsverhältnis zunächst ausschließlich bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem vom LSG - lückenhaft - festgestellten Inhalt - regelmäßiges Entgelt, feste wöchentliche Arbeitszeit, Urlaubsansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Nach abgelegter Meisterprüfung wurde der Kläger sodann als Betriebsleiter eingesetzt; hiermit evtl verbundene rechtlich relevante Änderungen des schriftlichen "Anstellungsvertrags" hat das LSG aber ebenso wenig festgestellt, wie es Feststellungen zur Frage dafür einzuhaltender möglicher Formerfordernisse bei Vertragsänderungen getroffen hat.

20

Eine weitere Änderung der Stellung des Klägers erfolgte aufgrund der als Gesellschafterbeschluss (§ 48 GmbHG) auszulegenden Niederschrift seines Vaters vom 30.4.1996 mit der Übertragung der "Leitung" des technischen und gewerblichen Bereichs der GmbH an ihn. Dieser Beschluss enthielt gleichzeitig eine Befreiung des Klägers vom Selbstkontrahierungsverbot und einen Verzicht seines Vater - des Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1. - auf ein Weisungsrecht gegenüber dem Kläger. Zudem wurde dem Kläger eine Gewinntantieme zugesagt und das Recht eingeräumt, über seine eigene Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Den insoweit nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass dies auch der betrieblichen Praxis entsprach. So führte der Kläger fortan die Kundengespräche, holte Angebote ein und stellte Kalkulationen auf, ohne im Einzelnen Rücksprache mit seinem Vater zu nehmen. Der Kläger war Ansprechpartner für Kunden und für Mitarbeiter. Zumindest einen Mitarbeiter stellte er ein, wenn auch der Arbeitsvertrag auf Seiten der Beigeladenen zu 1. vom Vater des Klägers unterschrieben wurde. Der Vater hatte sich - obwohl täglich im Betrieb anwesend - nach den Feststellungen des LSG "nicht mehr eingemischt" und nahm auch auf die Einstellung von Personal keinen Einfluss mehr.

21

Offenbleiben kann vorliegend, ob die in der Niederschrift des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 erwähnten Vollmachten für den Kläger zu diesem Zeitpunkt oder später tatsächlich erteilt wurden und ob die Beigeladene zu 2. insoweit eine zulässige Sachrüge erhoben hat. Denn auch für den Fall, dass dem Kläger die zur Leitung des technischen und gewerblichen Teils der Beigeladenen zu 1. erforderlichen Vollmachten erteilt wurden, tragen die vom LSG festgestellten Umstände nicht dessen rechtlichen Schluss, dass sich mit der Niederschrift vom 30.4.1996 der Charakter der vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. dahingehend wandelte, dass der Kläger nunmehr selbstständig tätig sein sollte.

22

c) Der Kläger erbrachte seine Dienste für die Beigeladene zu 1. auch in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung.

23

Eine Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - etwa in Form eines freien Dienstverhältnisses - ergibt sich nicht daraus, dass der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1. durch Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 auf "das Weisungsrecht" gegenüber dem Kläger verzichtete und diesem das Recht einräumte, seine Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Zwar unterlag der Kläger dadurch nicht mehr umfassend einem Weisungsrecht seines Arbeitgebers - handelnd durch den weiterhin allein als Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH im Handelsregister eingetragenen Vater - hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung seiner Tätigkeit. Jedoch werden gerade höhere Dienste dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG SozR 3-2940 § 3 Nr 2 S 9 mwN; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 80; vgl - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 22; vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der RV und Arbeitslosenversicherung (§ 1 S 4 SGB VI sowie § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 66 f; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nämlich nicht schon zu einem Selbstständigen, selbst wenn andere Betriebsangehörige den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten mögen (wie das LSG im vorliegenden Fall anhand der Aussage des Zeugen R. festgestellt hat).

24

Eine solche noch dem Typus der Beschäftigung zuzuordnende Eingliederung in eine vorgegebene Ordnung des Betriebes bestand bei dem Kläger auch nach dem 30.4.1996. Durch den Gesellschafterbeschluss erlangte er die Stellung eines Angestellten, der nach den Feststellungen des LSG auch in der betrieblichen Praxis den technischen und gewerblichen Teil der Beigeladenen zu 1. mit "entsprechenden Vollmachten" eigenverantwortlich zu leiten hatte. Dennoch blieb der Kläger weiterhin in die durch die Beigeladene zu 1. bzw ihren gesellschaftsrechtlich maßgebenden Geschäftsführer (= Vater des Klägers) vorgegebene Organisation eingebunden, da seine Leitungsmacht nur auf einen bestimmten Unternehmensteil beschränkt war, während die Leitung des kaufmännischen Teils der Beigeladenen zu 1. ausschließlich seiner Schwester oblag. Die Vollmacht, diese Entscheidung zur konkreten Ausgestaltung der betrieblichen Organisation auf der Leitungsebene zu ändern, besaß der Kläger nicht. Selbst innerhalb des ihm zugewiesenen Zuständigkeitsbereichs war seine Vertretungsbefugnis rechtlich zwingend auf den Umfang einer rechtsgeschäftlichen Handlungsvollmacht iS von § 54 Handelsgesetzbuch (HGB) begrenzt, die sich zwar auf sämtliche Geschäfte erstreckt, die in einem Geschäftsbetrieb üblich sind, die jedoch nicht auf eine unmittelbare Vertretung der Gesellschaft, sondern lediglich auf ein (rechtlich nachgeordnetes) Handeln in Vollmacht des Geschäftsführers gerichtet war(BGH Urteil vom 20.10.2008 - II ZR 107/07 - NJW 2009, 293, 294 mwN). Schon von Gesetzes wegen (§ 54 Abs 2 HGB) waren jedenfalls die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, die Aufnahme von Darlehen und die Prozessführung von der Bevollmächtigung ausgenommen. Die anderenfalls notwendige besondere Erteilung der Vollmacht auch für diese Befugnisse hat das LSG nicht festgestellt. Darüber hinaus unterlag der Kläger selbst in dem ihm danach zugewiesenen eingeschränkten Vollmachtsrahmen zwingend der Kontrolle des GmbH-Geschäftsführers (vgl zu dessen Stellung allgemein zB Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 19. Aufl 2010, § 35 RdNr 76 mwN). Soweit der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingeschäftsführer der Beigeladenen zu 1. diese Kontrolle tatsächlich nicht oder nur sehr eingeschränkt ausübte, etwa weil - wie das LSG herausstellt - er sich darauf verließ, dass der Kläger die einzelnen Aufträge ordnungsgemäß einholte und durchführte, ist dies für die hier vorzunehmende Abgrenzung ebenso unbeachtlich, wie ein auch die zur Ausübung dieser Kontrolle notwendigen Weisungen umfassender Verzicht auf das Weisungsrecht, denn insoweit wären die Grenzen des rechtlich Zulässigen überschritten (hierzu bereits oben a). Im Übrigen deutet sogar die Feststellung des LSG, der Zeuge R. sei "von dem Kläger eingestellt worden", den Arbeitsvertrag habe jedoch der Vater unterschrieben, darauf hin, dass die dem Kläger erteilten Vollmachten auch in der betrieblichen Praxis nicht umfassend, sondern begrenzt waren.

25

Der Kläger hatte auch weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69 = SozR 4100 § 104 Nr 19; SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN). Hierzu fehlte es bereits an einer Beteiligung des Klägers am Stammkapital der Beigeladenen zu 1. Gleichzeitig blieb seine Position innerhalb des Unternehmens ohnehin deutlich hinter der organschaftlich begründeten Stellung eines Geschäftsführers - als solcher wurde er trotz der vorgenommenen Änderungen (weiterhin) nicht bestellt, sondern erst nach dem Tod des Vaters Ende August 2001 - zurück. Bereits aufgrund einer solchen Unterordnung unter den Geschäftsführer ist regelmäßig von einer Beschäftigung auszugehen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 57; BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448 S 253).

26

Eine Vergleichbarkeit des Klägers mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG auch solche Einflussmöglichkeiten zu beachten, soweit sie einem Geschäftsführer selbst gegenüber der Gesellschaft zur Verfügung stehen (zu einem - im Ergebnis nicht ausreichenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen: BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f), doch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die am 5.2.1994 für die Beigeladene zu 1. übernommene Bürgschaft des Klägers über 100 000 DM ihm eine solche Einflussnahme ermöglichte. Aus diesem Grunde war der durch den Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 erfolgte, in seinem Umfang ohnehin begrenzte Verzicht auf das Weisungsrecht nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich im Konfliktfall jederzeit widerrufbar, ohne dass der Kläger dieses hätte verhindern können.

27

Für eine fortbestehende Eingliederung in eine vorgegebene betriebliche Ordnung trotz des - wie aufgezeigt - begrenzten Verzichts auf ein Weisungsrecht spricht auch die im Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 festgelegte Bindung der vom Kläger im Übrigen frei selbst zu bestimmenden Arbeits- und Urlaubszeit an die "Lage der Gesellschaft" (in diesem Sinne zur Bindung der Urlaubsplanung an die Bedürfnisse der Geschäftsführung BSG SozR 3-2200 § 723 Nr 4 S 17). Dass der Kläger im Rahmen der ihm erteilten begrenzten Vollmachten vom Selbstkontrahierungsverbot befreit war, spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer einer kleineren GmbH bereits entschieden hat (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 1, RdNr 11 und Nr 8 RdNr 17)- nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.

28

Ebenso hat das BSG bereits entschieden, dass die Gewährung einer Tantieme als solche nicht genügt, um eine Beschäftigung auszuschließen (vgl BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53). Bedeutung für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit kommt Tantiemen nur als (ein) Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen zu, das im Rahmen der Gesamtwürdigung Gewicht gewinnen kann, jedoch nicht allein entscheidend ist (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 18 mwN). Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist (vgl zB BSG SozR 2100 § 17 Nr 3; BSG Urteil vom 28.4.1982 - 12 RK 12/80 - Die Beiträge 1982, 382 = USK 8244), ist deren Gewicht für die hier im Vordergrund stehende Abgrenzung der Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis gegenüber einem selbstständigen Dienstverhältnis eher gering. Wie die Gewichtung beispielsweise bei einer Tätigkeit in einem Einzelunternehmen zu beurteilen ist, wenn die Tätigkeit im fremden oder im (auch) eigenen Betrieb in Frage steht, braucht hier nicht entschieden zu werden. Eine Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb scheidet hier bereits aufgrund der Rechtsform der Beigeladenen zu 1., einer GmbH, an deren Stammkapital der Kläger nicht beteiligt war, aus (vgl oben unter b). Daher ist es auch unschädlich, dass das LSG die konkrete Höhe der Tantieme und Anlass, zu sicherndes Risiko sowie Fortbestand der Bürgschaft während des streitigen Zeitraums nicht festgestellt hat und somit das Ausmaß des wirtschaftlichen Eigeninteresses des Klägers am Erfolg der Beigeladenen zu 1. nicht einmal genau feststeht.

29

Soweit das LSG im Hinblick auf die Bürgschaft über ein wirtschaftliches Eigeninteresse hinaus auch ein "typisches Unternehmerrisiko" des Klägers angenommen und als Indiz für eine Selbstständigkeit gewertet hat, erfasst es die Bedeutung dieses Merkmals im vorliegenden Kontext nicht zutreffend. So kann eine Bürgschaft wie die des Klägers für die Beigeladene zu 1., bei der er die hier streitige Tätigkeit ausübt, in erster Linie für die Abgrenzung einer Beschäftigung gegenüber einer durch "Mitunternehmerschaft" begründeten Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb von Bedeutung sein. Für die vorliegend vorzunehmende Zuordnung einer Tätigkeit in einem - wie oben dargelegt zweifellos - fremden Betrieb ist ihre Bedeutung jedoch gering. Denn diese Bürgschaft begründete kein mit der Tätigkeit - sei es als Beschäftigter oder selbstständiger Dienstverpflichteter - des Klägers bei der Beigeladenen zu 1. verbundenes Risiko. Es handelt sich nämlich nicht um einen mit den geschuldeten Diensten verbundenen Aufwand, weil die Bürgschaft für die Erfüllung der diesbezüglichen Pflichten nicht erforderlich war. Die Gründe für ihre Bestellung sind vielmehr außerhalb der Beschäftigung bzw des Dienstverhältnisses zu suchen (vgl hierzu allgemein Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 153). Bezogen auf seine Tätigkeit hatte der Kläger gerade kein Unternehmerrisiko zu tragen; denn als Gegenleistung für seine Tätigkeit stand ihm nach den Feststellungen des LSG auch nach dem 30.4.1996 unabhängig vom wirtschaftlichen Ergebnis der Beigeladenen zu 1. ein Anspruch auf "die Zahlung eines regelmäßigen Entgeltes" zu, wie dies für Beschäftigte typisch ist. Bezogen auf die geschuldeten Dienste hatte der Kläger - wie jeder andere Beschäftigte auch - allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen.

30

d) Die Annahme von Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. kann schließlich auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BSG zur Versicherungspflicht von in Familiengesellschaften verrichteten Tätigkeiten gestützt werden.

31

Das BSG hat in der Vergangenheit in seiner Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG Urteil vom 29.10.1986 - 7 RAr 43/85 - USK 86145; BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170; BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975; BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG Urteil vom 28.1.1992 - 11 RAr 133/90 - USK 9201; BSG Urteil vom 11.2.1993 - 7 RAr 48/92 - USK 9347; im konkreten Fall abgelehnt: BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53; umgekehrt allerdings : BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8 S 37). Ohne Geschäftsführerstellung hat der 12. Senat eine - nach den allgemeinen Grundsätzen eigentlich ausgeschlossene - selbstständige Tätigkeit für den Fall als gegeben erachtet, dass der in einer GmbH Tätige neben seinem Ehegatten alleiniger oder gleichberechtigter Gesellschafter der GmbH ist (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17). Dabei hat der Senat jedoch nicht auf eine familiäre Verbundenheit, sondern maßgebend auf die mit der Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht abgestellt (BSG, aaO, S 58, 60). Weitergehend hatte allerdings der 3. Senat bereits 1971 die Selbstständigkeit eines nicht zum (ggf weiteren) Geschäftsführer bestellten Minderheitsgesellschafters angenommen, weil dieser in der betrieblichen Praxis der mit ihm verheirateten Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin vollständig gleichgestellt gewesen sei sowie sich faktisch als zweiter Geschäftsführer betätigt und neben der hauptamtlichen Geschäftsführerin die GmbH nach außen vertreten habe (BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; vgl auch BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448). Noch darüber hinausgehend hat der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich gehalten (BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1; in Abgrenzung zur familienhaften Mithilfe vgl aber BSG SozR Nr 22 zu § 165 RVO). Dabei ist der 11. Senat davon ausgegangen, dass für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht komme, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170). Diese Ausnahme solle - so der 11. Senat - auch gelten, wenn der Alleingesellschafter zugleich Alleingeschäftsführer ist und die Tätigkeit der faktischen Leitung des Betriebes formal auf der Ebene unter dem Geschäftsführer ausgeübt werde. Indessen lasse eine bloß "probeweise" Leitung des Betriebs durch den als Unternehmensnachfolger uU vorgesehenen Sohn eine (abhängige) Beschäftigung nicht entfallen. Wollten die Eltern, dass der Sohn den Betrieb in der bisherigen Art fortführe, und erlaube es ihre Mitarbeit im Betrieb verbunden mit ihrer Rechtsstellung als Gesellschafter und Geschäftsführer, diesen Willen durchzusetzen, so habe für den Sohn die fremdbestimmte betriebliche Ordnung im Sinne einer Beschäftigung fortbestanden, auch wenn er sich innerhalb des durch die bisherige Betriebsführung vorgegebenen Rahmens frei bewegen durfte (BSGE 66, 168, 170 ff = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4 f; zu einer solchen Konstellation vgl auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.5.2010 - L 11 KR 1423/08).

32

Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob der vom 11. Senat des BSG formulierten Rechtsauffassung (ggf modifiziert bzw auf gänzlich atypische Sonderfälle beschränkt) bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht gefolgt werden kann oder ob - wofür Einiges spricht - der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse, auf die auch der 11. Senat ausdrücklich hingewiesen hat, größere Bedeutung beizumessen ist. Für Letzteres spricht, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer formal vorliegenden (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde (kritisch aus diesem Grunde auch Segebrecht in jurisPK-SGB IV, aaO, § 7 RdNr 124). Eine solche "SchönwetterSelbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar. So hat das BSG in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (vgl SozR Nr 6 zu § 168 RVO; SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103; zuletzt Urteil des Senats vom 27.7.2011 - B 12 R 15/09 R - SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16).

33

Auf die dargestellte Frage kommt es vorliegend nicht an, da die vom LSG festgestellten Tatsachen dessen Schlussfolgerung, der Kläger habe seit April 1996 die Geschäfte der Beigeladenen zu 1. "nach eigenem Gutdünken führen und frei schalten und walten" können (vgl dazu BSG <11. Senat> BSGE 66, 168, 171 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4), nicht tragen. So hat das LSG seine Schlussfolgerung bereits selbst dahin eingeschränkt, dass der Kläger die Beigeladene zu 1. "mit seiner Schwester allein" geführt habe (Seite 15 des Urteils) bzw nur zusammen mit ihr habe führen können. In diesem Zusammenhang ist auch unerheblich, dass das LSG keine Feststellungen zum Umfang des Einvernehmens zwischen dem Kläger und seiner Schwester getroffen hat. Denn auch bei großzügiger Auslegung des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 war die Leitungsmacht des Klägers ausschließlich auf "den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens" beschränkt. Nur die darauf bezogenen "entsprechenden Vollmachten" wurden erteilt oder sollten noch erteilt werden. Die Leitung der Beigeladenen zu 1. insgesamt war dem Kläger damit nicht übertragen worden. Auf Grundlage der Feststellungen des LSG kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger seine Schwester und den - wenn auch zunehmend nur noch der Form halber - weiterhin an der Unternehmensleitung mitwirkenden Vater derart dominiert hätte, dass nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Gesamtleitung der Beigeladenen zu 1. allein durch den Kläger vorgelegen hätte. Vielmehr hat auch das LSG alleinige Branchenkenntnisse des Klägers nicht in allumfassender Weise, sondern nur in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte festgestellt. Die Leitung des kaufmännischen Teils des Unternehmens hatte der Vater des Klägers gerade mit Rücksicht auf deren durch eine Ausbildung bei einem Steuerberater erworbenen Kenntnisse der Schwester des Klägers übertragen. Zudem verfügte der Vater des Klägers über langjährige Erfahrung in der Leitung des Gesamtunternehmens, die er als Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer bereits zu einem Zeitpunkt innehatte, bevor der Kläger die Meisterprüfung ablegte und zum Betriebsleiter bestellt wurde. Zugleich spricht der Umstand, dass der Kläger und seine Schwester trotz Übertragung bereichsbezogener Leitungsfunktionen und eines Verzichts des Vaters auf "das Weisungsrecht" nicht zu Geschäftsführern berufen wurden, dafür, dass sich der Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer eine Kontrolle und Letztentscheidungsbefugnis zumindest bezüglich grundlegender unternehmerischer Entscheidungen vorbehalten wollte. Nicht zuletzt spricht auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1. im Erbgang an die Mutter und nicht den Kläger und seine Schwester fiel, dafür, dass ihr Vater das Unternehmen trotz seiner fortschreitenden Krankheit jedenfalls während des hier zu beurteilenden Zeitraums noch nicht vollständig an seine Kinder übergeben hatte.

34

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Anteil der zu erstattenden Kosten entspricht dem Verhältnis der im streitigen Zeitraum für den Kläger zur gesetzlichen RV und zur Arbeitsförderung entrichteten Beiträge.

Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.06.2011 und der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008 abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Kläger vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) nicht der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung und vom 01.01.2006 bis 31.08.2010 auch nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in der Zeit vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 bei der Beigeladenen zu 1) sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Der 1957 geborene Kläger, der bei der A. Krankenversicherung krankenversichert ist und dessen letzte gesetzliche Krankenversicherung bei der Beklagten bestand, ist studierter Forstwirt. Im November 1984 erwarb er aufgrund seines Studiums der Forstwissenschaft an der Universität F. den akademischen Grad eines Diplom-Forstwirts (Prüfungszeugnis vom 13.11.1984). Er ist nach eigenen Angaben seit Juli 1985 bei der Beigeladenen zu 1) als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen zu 1) ist die Herstellung und der Vertrieb von Furnieren und Furnierkanten, sowie deren Import und Export. Sie wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 08.02.1982 mit Wirkung zum 15.03.1982 gegründet. Persönlich haftende Gesellschafter waren Herr H. Sch. und Herr A. G. der Vater des Klägers (Handelsregisterauszug des Amtsgerichts K, Blatt 1 HRB 103479). Später erwarb der Bruder des Klägers, Herr R. G. Gesellschaftsanteile. Gemäß dem geänderten Gesellschaftsvertrag vom 12.06.1995 werden Beschlüsse der Gesellschafter in Gesellschafterversammlungen mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften oder der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmen (§ 9 Nr 1 Satz 1). Die Anzahl der Stimmen des einzelnen Gesellschafters richtet sich dabei nach der Höhe des Gesellschaftsanteils. Die Änderung des Gesellschaftsvertrages sowie die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern bedarf der Zustimmung von 75 % der abgegebenen Stimmen (§ 9 Nr 3). Darüber hinaus zählt § 9 Nr 5 Handlungen der Geschäftsführung auf, die zuvor eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung bedürfen (ua Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken, Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern sowie die Aufnahme von Bankkrediten oder sonstigen langfristigen Darlehen, soweit es sich um Beträge im Einzelfall von mehr als „DM 100.000,00“ handelt). In diesem Zusammenhang wurde geregelt, dass die Geschäftsführer H. Sch., R. G. und F. K. bei der Aufnahme der genannten Bankkredite bzw langfristigen Darlehen stets unabhängig von einem Gesellschafterbeschluss sind, soweit es sich um kurzfristige Wechsel mit einer Laufzeit von nicht mehr als 90 Tagen handelt. Die genannten Geschäftsführer konnten auch nicht aus dem Amt des Geschäftsführers abberufen werden (§ 7 Nr 5).
Die Beigeladene zu 1) hat ihren Geschäftsbetrieb und die Betriebsgrundstücke von der Holzkontor Sch. und G. GmbH & Co KG seit ihrer Gründung im Jahr 1982 gepachtet. Gesellschafter der genannten KG waren die Sch. und G. Verwaltungs GmbH (Komplementär, Anteil 0,5 %), R. G. (Kommanditist, Anteil 22,35 %), der Kläger (Kommanditist, Anteil 19,9 %), P. Sch. (Kommanditist, Anteil 28,62 %) und M. Sch. (Kommanditist, Anteil 28,62 %).
Im März 2003 wurde dem Kläger Einzelprokura erteilt. Ab diesem Zeitpunkt war er auch allein zuständig für den Rundholzeinkauf. Seine Stammeinlage bei der Beigeladenen zu 1) betrug 16 %. Zum 31.12.2004 hat der Kläger der Beigeladenen zu 1) ein Darlehen in Höhe von 601.066,72 EUR gewährt.
Mit Wirkung zum 01.01.2006 (Eintrag im Handelsregister am 28.12.2005, vgl Handelsregisterauszug des Amtsgerichts Karlsruhe Bl 2 HRB 103479) wurde der Kläger zusammen mit Herrn Ra. L.-L. zum Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) bestimmt. Im Anstellungsvertrag zwischen der Beigeladenen zu 1) und dem Kläger vom 02.01.2006 wurde vereinbart, dass der Kläger als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) befreit ist (§ 2 Nr 1). Er erhält als Geschäftsführer ein monatliches Gehalt von brutto 9.500,00 EUR sowie ein 13. Monatsgehalt (§ 3 Nr 1). Des Weiteren hat er Anspruch auf eine Tantieme in Höhe von 2,5 % des Jahresüberschusses der Beigeladenen zu 1) (§ 3 Nr 2). Zusätzlich werden die gesetzlichen Arbeitgeberbeiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung bezahlt, auch wenn der Geschäftsführer nicht pflichtversichert ist (§ 3 Nr 3). Des Weiteren wurde eine Gehaltsfortzahlung im Falle einer Krankheit (sechs Monate; § 4 Nr 1) und ein Urlaubsanspruch in Höhe von 30 Arbeitstagen (§ 8) vereinbart. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Anstellungsvertrags wird auf Bl 10 bis 12 der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Die Entwicklung der Gesellschafteranteile und der Gesellschafterdarlehen ergibt sich aus folgender Übersicht:
Zur Geschäftsführerbestellung R. G. und Prokura an R. L.-L., Juli 1995:
        
Tätigkeit           
        
§ 181 BGB
befreit 
Stammeinlage
 Anteil in %
                 
Vertretungs-
befugnis
                          
R. G. 
Geschäftsführer
alleine
ja    
370.000,00
18,50%
F. K. 
Geschäftsführer
alleine
ja    
287.500,00
14,38%
Kläger
Rundholzeinkauf
                 
320.000,00
16,00%
P. Sch.
nicht mitarbeitend
                 
431.300,00
21,57%
M. Sch.
nicht mitarbeitend
                 
431.200,00
21,56%
R. L.-L.
Prokurist
Einzelprokura
        
160.000,00
8,00%
F. K. 
Geschäftsführer
alleine
ja    
287.500,00
14,38%
                                   
2.000.000,00
100,00%
Zur Prokura für den Kläger, März 2003
        
Tätigkeit           
        
§181 BGB
befreit       
Stammeinlage
 Anteil in %  
                 
Vertretungs-
befugnis
                          
R. G. 
Geschäftsführer
alleine
ja    
370.000,00
18,50%
F. K. 
Geschäftsführer
alleine
ja    
287.500,00
14,38%
Kläger
Prokurist
Einzelprokura
-       
320.000,00
16,00%
P. Sch.
Export-Management
                 
431.300,00
21,57%
M. Sch.
nicht mitarbeitend
                 
431.200,00
21,56%
R. L.-L.
Prokurist
Einzelprokura
-       
160.000,00
8,00%
                                   
2.000.000,00
100,00%
Zur Geschäftsführerbestellung Kläger und R. L.-L., Dezember 2005:
        
Tätigkeit           
        
§ 181BGB
befreit
Stammeinlage
Anteil in % 
                 
Vertretungs-
befugnis
                          
R. G. 
Geschäftsführer
alleine
ja    
370.000,00
18,50%
Kläger
Geschäftsführer
alleine
ja    
420.000,00
21,00%
P. Sch.
Export Management -
-       
-       
531.300,00
26,57%
M. Sch.
nicht mitarbeitend
-       
-       
431.200,00
21,56%
R. L.-L.
Geschäftsführer
alleine
ja    
247.500,00
12,38%
                                   
2.000.000,00
100,00%
Darlehen der Gesellschafter an die GmbH:
                          
31.12.04
31.12.05
31.12.06
R. G. 
                 
846.611,69
1.481.611,69
1.481.611,69
Kläger
                 
601.666,72
823.816,72
823.816,72
P. Sch.
                 
1.050.000,00
1.444.150,00
1.444.150,00
M. Sch.
                 
906.034,47
1.616.034,47
1.616.034,47
R. L.-L.
                 
51.129,19
15.000,00
        
                          
3.455.442,07
5.380.612,88
5.365.612,88
Mit Vertrag vom 07.12.2007 brachte Herr R. G. die von ihm an der Beigeladenen zu 1) gehaltenen Anteile von 18,5 % in die R. G. Beteiligungs-GmbH & Co KG ein. Einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der R. G. B.-GmbH & Co KG ist der Kläger. Daraus ergibt sich aktuell folgendes Beteiligungsergebnis an der Beigeladenen zu 1): P. Sch. 35 %, R. G. Beteiligungs-GmbH & Co KG 18,5 %, Kläger 21 %, R. L.-L. 15,5 % und S Gö. 10 %.
10 
Am 20.11.2007 beantragte der Kläger zusammen mit der Beigeladenen zu 1) bei der Beklagten die Feststellung der Sozialversicherungsfreiheit. Im Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gaben der Kläger und die Beigeladene zu 1) an, die Tätigkeit solle ab März 2003 geprüft werden. Aktuell verfüge der Kläger über eine Stammeinlage von 21 %. Er habe keine regelmäßige Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einzuhalten und ihm würden auch keine Weisungen hinsichtlich der Ausführung (Art und Weise) der Tätigkeit erteilt werden. Ohne seine Zustimmung könne die Beigeladene zu 1) auch nicht sein Einsatzgebiet verändern. Die Einstellung von Vertretern bzw Hilfskräften sei auch nicht von der Zustimmung der Beigeladenen zu 1) abhängig. Er sei vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit und die tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit betrage zwischen 50 bis 60 Stunden. Einem Direktions- bzw Weisungsrecht bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterliege er nicht. Er könne seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) frei bestimmen und gestalten. Auch müsse er sich nicht seinen Urlaub genehmigen lassen. Von der Vergütung werde Lohnsteuer entrichtet und die Verbuchung erfolge als Lohn/Gehalt. Er sei am Gewinn beteiligt und erhalte zudem Tantiemen in Höhe von 2,5 %. Ein Beitragsbescheid sei in der Vergangenheit von einem Versicherungsträger über die Versicherungspflicht nicht erlassen worden. Der weitere Geschäftsführer und Gesellschafter R. G. bestätigte die Richtigkeit dieser Angaben.
11 
Mit Schreiben vom 17.01.2008 wandte sich die Beklagte an die Beigeladene zu 4) zwecks Abstimmung der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung. Aufgrund der Bestellung zum Geschäftsführer zum 01.01.2006 sei davon auszugehen, dass der Kläger ab diesem Zeitpunkt selbstständig tätig sei. Zwar liege eine Kapitalmehrheit oder Sperrminorität nicht vor. Entscheidend sei jedoch das Gesamtbild der Tätigkeit. Der Kläger wirke wesentlich an der Geschäftsführung mit und sei damit nicht mehr als Arbeitnehmer anzusehen. Mit Schreiben vom 04.04.2008 teilte die Beigeladene zu 4) der Beklagten mit, sie teile diese Auffassung nicht. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger wesentlichen Einfluss auf die Entscheidungen der Beigeladenen zu 1) ausüben könne, lägen nicht vor. Auch die übrigen Gesellschaftergeschäftsführer stünden in einem abhängigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Mit Bescheid vom 02.05.2008 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Er könne aufgrund seiner Beteiligung von 21 % keinen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidungen der Beigeladenen zu 1) ausüben. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche auch, dass der Kläger für seine Tätigkeit ein festes regelmäßiges Gehalt erhalte, das unabhängig von der Ertragslage des Unternehmens gezahlt werde, und dass er einen Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts bei Arbeitsunfähigkeit habe. Schließlich sei auch der Anstellungsvertrag zum Schluss eines Kalenderjahres mit einer Frist von sechs Monaten kündbar. Die Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung als Angestellter und die Beiträge zur Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung würden deshalb zu Recht bezahlt werden.
12 
Hiergegen legte der Kläger am 03.06.2008 Widerspruch ein. Aufgrund seiner Beteiligung von 21 % bestehe ein Unternehmerrisiko. Zu beachten sei auch, dass er der Beigeladenen zu 1) ein Darlehen über 823.816,72 EUR gewährt habe und mithin in erheblichem Maße an dem Erfolg des Unternehmens interessiert sei. Er erhalte zudem nur eine geringe Grundvergütung. Die Beigeladene zu 1) erziele seit 1993 durchschnittlich einen Jahresüberschuss nach Steuern von ca 900.000,00 EUR. Diese Überschüsse würden regelmäßig an die Gesellschafter ausgeschüttet und seien damit das Ergebnis des unternehmerischen Erfolgs und auch höher als die laufenden festen Bezüge. Darüber hinaus habe die Beklagte nicht berücksichtigt, dass er gleichzeitig Gesellschafter der Holzkontor Sch. & Co GmbH & Co KG sei, welche den Betrieb an die Beigeladene zu 1) verpachtet habe und hieraus einen Jahresumsatz von knapp 600.000,00 EUR erziele. Auch habe er als Geschäftsführer maßgebenden Einfluss auf die Gesellschaft. Unabhängig von seiner Kapitalbeteiligung verfüge nur er über die für die Gesellschaft notwendigen Branchenkenntnisse. Das entsprechende „Einkaufs-Knowhow“ liege allein bei ihm. Innerhalb der Beigeladenen zu 1) übe er seine Tätigkeit vollständig frei und unabhängig von den anderen Gesellschaftern und Geschäftsführern aus. Zu keiner Zeit hätten Restriktionen bezüglich Ort, Zeit, Umfang und Dauer seiner Tätigkeit bestanden. Da er überwiegend in den USA, Europa und Asien unterwegs sei, könne er schon rein faktisch im Hinblick auf den Einkauf keiner Weisungsbefugnis der Beigeladenen zu 1) unterliegen. Als Forstwirt verfüge er allein über die Kenntnisse für den Einkauf der Hölzer. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2008 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund seiner Kapitalanteile trage der Kläger letztlich kein entscheidendes Unternehmerrisiko. Dies werde auch nicht durch das Darlehen bewirkt. Denn damit trage er kein Risiko als Unternehmer sondern als Darlehensgeber. Der Kläger habe mithin keine Möglichkeit, einen entscheidenden Einfluss auf die Beigeladene zu 1) zu nehmen. Er könne damit auch nicht ihm unangenehme Beschlüsse verhindern. Auch seien die Gebrüder G. als Minderheitsgesellschafter nicht verpflichtet gewesen, sich immer und unter allen Umständen gleichgesinnt zu entscheiden, sodass eine Dreiviertelmehrheit in der Gesellschafterversammlung nicht sicher gewesen sei. Zudem sei der Kläger nicht wie ein Alleininhaber einer GmbH tätig und laut Geschäftsführervertrag werde die Tätigkeit weisungsgebunden ausgeübt. Letztlich sprächen gegen eine selbstständige Tätigkeit auch die vereinbarten arbeitnehmertypischen Ansprüche des Klägers.
13 
Hiergegen hat der Kläger am 14.11.2008 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben, mit der er geltend machte, er unterliege seit dem 13.03.2003 nicht der Versicherungspflicht in der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Er hat sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und hat weiter vorgetragen, die Beigeladene zu 1) sei eine Familiengesellschaft, sodass er mit seinem Bruder zusammen über 39,5 % Anteile an der Beigeladenen zu 1) verfüge. Als Geschäftsführer habe er nicht abberufen werden können, da hierfür eine Mehrheit von 75 % notwendig sei, die gegen den Familienzweig G. nicht zustande komme. Das formal bestehende Weisungsrecht sei zu keinem Zeitpunkt ausgeübt worden. Aufgrund seiner Ausbildung zum Diplom-Forstwirt verfüge er auch allein über das maßgebliche „Einkaufs-Knowhow“ hinsichtlich der notwendigen Hölzer. Der Umstand, dass er ein regelmäßiges Gehalt erhalte, von welchem auch Lohnsteuer einbehalten und welches als Betriebsausgabe verbucht werde, sei kein Indiz für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Schließlich sei er auch von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Zudem sei er in den letzten fünf Jahren nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen und habe keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erhalten. Die Beigeladene zu 1) beschäftige momentan 79 Mitarbeiter (Stand Jahr 2009). Zur weiteren Begründung hat der Kläger das Prüfungszeugnis der Forstwissenschaftlichen Fakultät der Universität F. i. B. vom 13.11.1984 sowie den Einbringungsvertrag der R. G. Beteiligungs GmbH & Co KG vom 07.12.2007 vorgelegt.
14 
Mit Beschluss vom 27.10.2009 hat das SG die Sch. und G. GmbH Furniererzeugung Import Export (Beigeladene zu 1), die DAK Pflegekasse (Beigeladene zu 2), die Agentur für Arbeit Karlsruhe (Beigeladene zu 3) und die DRV Bund (Beigeladene zu 4) zum Verfahren beigeladen.
15 
Im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 17.11.2010 hat das SG den Kläger, den Geschäftsführer R. L.-L. sowie den Zeugen P. Sch. vernommen. Im Hinblick auf den Inhalt ihrer Aussagen wird auf die Niederschrift vom 17.11.2010 Bezug genommen (Bl. 61 bis 67 der SG-Akte).
16 
Mit Gerichtsbescheid vom 07.06.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger unterliege aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) der Versicherungspflicht zur Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung. Hinsichtlich der Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung aufgrund des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenzen bestünde „Einigkeit zwischen den Beteiligten“. Der Kläger arbeite zwar in seinem Zuständigkeitsbereich selbstständig. Dem Umstand, dass er seine Arbeit selbst einteilen sowie Zeit, Ort und Art seiner Tätigkeit selbst bestimmen könne und er insoweit keinen Weisungen unterliege, sei jedoch keine entscheidende, gegen eine abhängige Beschäftigung sprechende Bedeutung zuzumessen. Denn bei den von ihm verrichteten Tätigkeiten handle es sich um sogenannte Dienste höherer Art. Zwischen den Geschäftsführern finde eine Arbeitsteilung statt. Daraus lasse sich schließen, dass der Kläger zwar in seinem eigenen Bereich im Wesentlichen frei schalten und walten könne, allerdings im Rahmen der anfallenden Arbeiten jedoch auch Aufgabenbereiche existierten, für die er nicht zuständig sei und für die er dementsprechend auch keine Alleinentscheidungsbefugnis habe. So sei Herr L.-L. für seinen Bereich allein zuständig. Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer Umstände, die den Schluss zuließen, es liege trotz fehlender Mehrheitsbeteiligung eine selbstständige Tätigkeit vor, seien vorliegend nicht gegeben. Zwar habe der Kläger für den Rohstoffeinkauf zweifellos ein Spezialwissen. Allerdings könne der Kläger nicht in allen anfallenden Bereichen der Führung der Beigeladenen zu 1) als führender Kopf des Unternehmens weisungsfrei entscheiden. Der Kläger habe im Erörterungstermin selbst angegeben, gesamtunternehmerische Entscheidungen nur gemeinsam mit Herrn L.-L. zu treffen. Hierfür würden dann auch Geschäftsleitertreffen einberufen werden. Die umfangreichen Gesellschafterdarlehen sprächen nicht zwingend für den Charakter der Tätigkeit des Klägers als selbstständige, da die Investition von Fremdkapital grundsätzlich auch von einem abhängig Beschäftigten durch Erwerb von Unternehmensanleihen oder vollkommen Außenstehenden vorgenommen werden könne. Entscheidend sei vielmehr, dass der Kläger durch den Erhalt regelmäßiger monatlicher Gehaltszahlungen keinem solchen Unternehmerrisiko ausgesetzt sei, wie es jedoch für eine selbstständige Tätigkeit typisch sei.
17 
Hiergegen richtet sich die am 04.07.2011 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung des Klägers, mit der er (vgl Schriftsatz vom 07.11.2011) nunmehr die Feststellung begehrt, dass seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung unterliege. Zur Begründung wird ausgeführt, vorliegend handle es sich um eine Familiengesellschaft, bei der eine Einflussnahme weder über eine Muttergesellschaft, einen Beirat oder sonstige Institutionen irgendeiner Art erfolgen könne. Seine Tätigkeit sei daher in keiner Weise fremdbestimmt. Des Weiteren seien seine Fachkenntnisse für die Beigeladene zu 1) von elementarer Bedeutung. Aufgrund seiner außergewöhnlichen Kenntnisse und seines besonderen Knowhows könne er nicht durch irgendjemand anderen ersetzt werden. Denn diese Branchenkenntnis sei am freien Markt nicht einkaufbar, was sich auch darin zeige, dass er in wichtigen nationalen Gremien vertreten sei. So sei er Vorstand der IFN, im Verwaltungsrat des Holzabsatz-Fonds und zudem langjähriges Mitglied des Deutschen Holzwirtschaftsrates gewesen. Im deutschen Holzwirtschaftsrat sei er allein zuständig für den Bereich Furnier gewesen. Des Weiteren sei er Beirat der Interzum als wichtigste Zuliefermesse weltweit für die Möbelindustrie, hier im Bereich Furniere. Außerdem müsse er zu jeder Tages- und Nachtzeit wichtige Entscheidungen ohne Rücksprache alleine treffen. Dass er Entscheidungen zu Fragen der internen Unternehmenspolitik mit seinem Mitgeschäftsführer abstimme, führe nicht dazu, dass er abhängig beschäftigt sei. Außerdem sei er aufgrund seiner hervorragenden Fachkenntnisse faktisch auch in der Lage, die Beigeladene zu 1) allein zu führen. Der Umstand, dass in einer großen Gesellschaft zwei Geschäftsführer bestellt seien und der Unternehmensbereich organisatorisch aufgeteilt sei, sei kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Außerdem sei die Investition von ca 1,3 Mio Privatvermögen absolut ungewöhnlich und zeige, welches immense Unternehmerrisiko er trage. Das SG habe auch nicht berücksichtigt, dass der Mitgeschäftsführer L.-L. bestätigt habe, dass er seine Tätigkeit vollkommen frei bei der Beigeladenen zu 1) ausübe. Der Umstand, dass er ein regelmäßiges Gehalt beziehe, spreche ebenfalls nicht für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Allein schon zur Abgeltung der Arbeitsleistung als mitarbeitender Gesellschaftergeschäftsführer müsse er diese Vergütung erhalten. Auch habe das SG nicht berücksichtigt, dass die Gesellschafterversammlung keinerlei Weisung an die Geschäftsführer erteile. Er könne mithin in seiner Tätigkeit frei schalten und walten und sei deswegen sozialversicherungsfrei tätig.
18 
Der Kläger beantragt - sachdienlich gefasst -,
19 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.06.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008 aufzuheben und festzustellen, dass er aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung unterlag.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückweisen.
22 
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
23 
Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.
24 
Der Berichterstatter des Senats hat den Rechtsstreit am 13.01.2012 mit den Beteiligten erörtert. Diesbezüglich wird auf die Niederschrift vom 13.01.2012 Bezug genommen (Bl. 47/48 der LSG-Akte).
25 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
26 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

27 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig und überwiegend begründet. Der Kläger unterlag vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) nicht der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung und vom 01.01.2006 bis 31.08.2010 auch nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. Der Gerichtsbescheid des SG vom 07.06.2011 und der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008 (§ 95 SGG) war daher entsprechend abzuändern. In der gesetzlichen Krankenversicherung bestand aufgrund des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze (§ 6 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V]) seit dem 01.07.1999 Versicherungsfreiheit. Der Kläger ist seither privat krankenversichert.
28 
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008. Aufgrund des Berufungsantrags des Klägers im Schriftsatz vom 07.11.2011 konnte der Senat die Tätigkeit des Klägers bei der Beklagten lediglich für den Zeitraum vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 beurteilen. Denn die Nachprüfung durch den Senat (§ 157 SGG) erfolgt im Rahmen der Anträge. Dies ergibt sich aus der auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Dispositionsmaxime (Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage 2012, § 157 Rdnr 1a). Der Senat konnte daher nicht über die Frage entscheiden, ob der Kläger - wie im Klageverfahren noch beantragt - bereits seit dem 13.03.2003 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen- und sozialen Pflegeversicherung unterliegt. Dies gilt aufgrund der Dispositionsmaxime auch dann, wenn der Senat grundsätzlich nicht an die Fassung der Anträge gebunden ist (§ 123 SGG).
29 
Nach § 28h Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Für Beschäftigte, die bei keiner Krankenkasse versichert sind, werden gemäß § 28i Satz 2 SGB IV Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung an die Einzugsstelle gezahlt, die der Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 175 Abs 3 Satz 2 SGB V gewählt hat. Danach ist die Beklagte zuständige Einzugsstelle, weil sie entsprechend § 28i Satz 2 SGB IV seit dem 01.07.1999 als Einzugsstelle für die Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung fungiert.
30 
Nachdem die Beklagte auf entsprechende Anfrage des Klägers und der Beigeladenen zu 1) ein Verwaltungsverfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht eingeleitet hat, scheidet das Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV aus, für das die Beigeladene zu 4) zuständig wäre. Deren Zuständigkeit, die eine solche der Beklagten ausschlösse, ergibt sich hier auch nicht aus § 7a Abs 1 Satz 2 SGB IV, eingefügt mit Wirkung vom 01.01.2005 durch Art 4 Nr 3 des 4. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I, 2954). Nach dieser Bestimmung hat die Einzugsstelle einen Antrag nach Satz 1 der Vorschrift zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a SGB IV) ergibt, dass der Beschäftigte (bis 31.12.2008) Angehöriger des Arbeitgebers, (seit 01.01.2009) Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers (geändert durch Art 1 Nr 1 des Zweites Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 21.12.2008 [BGBl I, 2933]) oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Denn die entsprechende Meldung erfolgte nicht nach, sondern vor Inkrafttreten dieser Bestimmung. Das obligatorische Statusfeststellungsverfahren ist indes erst bei Tätigkeiten durchzuführen, die danach aufgenommen worden sind (vgl. Marschner in Kreikebohm, Kommentar zum SGB IV, § 7a RdNr 3, Lüdtke in LPK-SGB IV, § 7a RdNr 11). In den Fällen, in denen die Tätigkeit - wie im vorliegenden Fall - bereits zuvor ausgeübt worden war, verbleibt es bei der Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28h Abs 2 SGB IV.
31 
Versicherungspflichtig sind in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
32 
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dabei ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht [BVerfG] SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 16).
33 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinn sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinn gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4; SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinn gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils mwN.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; Urteile vom 25.01.2006 - B 12 KR 30/04 R - RdNr 22 und vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R - RdNr 18).
34 
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Dies bedeutet, dass die Versicherungspflicht des Geschäftsführers einer GmbH, der zugleich deren Gesellschafter ist, davon abhängt, ob wegen seiner Kapitalbeteiligung noch ein Verhältnis der persönlichen Abhängigkeit vorliegt. Hat ein solcher Geschäftsführer aufgrund seiner Kapitalbeteiligung einen so maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft, dass er jeden ihm nicht genehmen Beschluss verhindern kann, so fehlt die das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wesentlich kennzeichnende persönliche Abhängigkeit (BSG, 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, GmbHR 200, 313). Dies ist der Fall, wenn der Geschäftsführer Mehrheitsgesellschafter ist, er also über die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft oder mehr verfügt (BSGE 23, 83, 84 = SozR aaO; BSGE 42, 1, 2 = SozR 2200 § 723 Nr 1; BSG SozR Nr 30 zu § 539 RVO), und zwar auch dann, wenn er von der ihm zustehenden Rechtsmacht tatsächlich keinen Gebrauch macht und die Entscheidung anderen überlässt (BSG SozR 3-4100 § 168 Nrn 5 und 8; BSGE 66, 69, 71 = SozR 4100 § 104 Nr 19). Unter Umständen genügt auch schon ein geringerer Kapitalanteil, insbesondere wenn er über eine Sperrminorität verfügt, die sich ua darauf erstreckt, ihm nicht genehme Weisungen gerade hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort der Tätigkeit zu verhindern (vgl BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8; SozR 3-4100 § 168 Nr 8).
35 
Der Umkehrschluss, dass mangels eines durch die Kapitalbeteiligung hervorgerufenen beherrschenden Einflusses auf die Gesellschaft regelmäßig ein Abhängigkeitsverhältnis des Gesellschafter-Geschäftsführers anzunehmen ist, ist allerdings von der Rechtsprechung des BSG nicht gebilligt worden (BSGE 13, 196, 200). In solchen Fällen hängt das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach allgemeinen Grundsätzen wesentlich davon ab, ob der Geschäftsführer nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit einem seine persönliche Abhängigkeit begründenden Weisungsrecht der GmbH unterliegt. Denn auch wenn der geschäftsführende Gesellschafter über keine Mehrheit am Stammkapital und auch nicht über eine Sperrminorität verfügt, kann eine abhängige Beschäftigung weiter dann ausgeschlossen sein, wenn es ihm sein tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der GmbH gestattet, nicht genehme Weisungen der genannten Art zu verhindern (vgl BSG SozR 2100 § 7 Nr 7; SozR 3-2400 § 7 Nr 4). Dies kann zB der Fall sein, wenn er auch als externer (angestellter) Geschäftsführer in der GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (BSG, 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, GmbHR 200, 313 mwN). Insbesondere kommt bei einem Geschäftsführer einer Familiengesellschaft, sofern dieser mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine selbständige Tätigkeit in Betracht. Die in einer derartigen Familiengesellschaft vorliegende Verbundenheit zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführer kann zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung füreinander schaffen und einen Einklang der Interessen bewirken.
36 
Gemessen an diesen Maßstäben war der Kläger mit seiner Bestellung zum Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) am 28.12.2005 (in der noch streitigen Zeit) vom 01.01.2006 bis 31.08.2010 nicht abhängig bei der Beigeladenen zu 1) beschäftigt. Zwar sprechen einige Indizien für eine abhängige Beschäftigung des Klägers. Diejenigen Anhaltspunkte, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, überwiegen jedoch.
37 
Prüfungsmaßstab sind zunächst die im Anstellungs- bzw im Gesellschaftsvertrag zur Rechtsstellung des Gesellschafter-Geschäftsführers getroffenen Regelungen. Die vertraglichen Vereinbarungen im Anstellungsvertrag vom 02.01.2006 zur regelmäßigen monatlichen Vergütung in Höhe von 9.500,00 EUR und die Gewährung eines 13. Monatsgehalts (§ 3 Nr 1), zur Abführung der Pflichtversicherungsbeiträge (§ 3 Nr 3), zur Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall (§ 4 Nr 1), zum Anspruch auf Urlaub in Höhe von 30 Arbeitstagen (§ 8) und die Bindung an Weisungen der Gesellschafterversammlung im Innenverhältnis (§ 2 Nr 4) sprechen für eine abhängige Tätigkeit des Klägers. Hierauf hat das SG zu Recht hingewiesen. Die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB2 Nr 1) sowie die Vereinbarung einer Tantieme in Höhe von 2,5 % des Jahresüberschusses der Beigeladenen zu 1) (§ 3 Nr 2) sind hingegen Indizien für eine selbstständige Tätigkeit (vgl BSG, Urteil vom 08.08.1990 - 11 Rar 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr 4). Für eine selbstständige Tätigkeit spricht auch, dass sich der Kläger seine Arbeit selbst einteilen sowie Zeit, Ort und Art seiner Tätigkeit selbst bestimmen konnte und er insoweit keinen Weisungen unterlag.
38 
Allerdings handelte es sich bei dem Kläger im hier streitigen Zeitraum durchgehend um einen Minderheitsgesellschafter, der weder über die Kapitalmehrheit noch (bis zum 06.12.2007) über eine Sperrminorität verfügt hat. Dies entnimmt der Senat dem Gesellschaftsvertrag vom 12.06.1995 und der Tatsache, dass der Kläger bis November 2005 nur zu 16 % und ab Dezember 2005 nur zu 21 % an der Stammeinlage beteiligt war. Ob der Kläger ab dem Zeitpunkt des Einbringungsvertrags vom 07.12.2007 faktisch über eine Sperrminorität verfügte, weil beispielsweise die Abberufung als Geschäftsführer nur mit einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen der Gesellschafterversammlung möglich war und der Kläger durch die Verwaltung der Stimmanteile seines Bruders R. G. über fast 40 % der Stimmen an der Beigeladenen zu 1) verfügte, kann der Senat letztlich offenlassen, da es im vorliegenden Fall auf die gesellschaftsrechtliche Stellung allein nicht ankommt. Denn aufgrund seines tatsächlichen Einflusses auf die Beigeladene zu 1) ist davon auszugehen, dass er „schalten und walten“ konnte, wie er wollte, weil er die Beigeladene zu 1) aufgrund seines Fachwissens persönlich dominierte und weil diese letztlich wirtschaftlich von seinem Fachwissen abhängig war und ist.
39 
Wie bereits dargelegt, kann eine abhängige Beschäftigung ausgeschlossen sein, wenn der Gesellschaftergeschäftsführer in der GmbH „schalten und walten“ kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (BSG, Urteil vom 14.12.1999, B 2 U 48/98 R - GmbHR 2000, 618; Urteil vom 08.08.1990 - 11 Rar 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr 4; Urteil vom 25.10.1989 - 2 RU 12/89 - juris; Urteil vom 07.09.1988 - 10 RAr 10/87 - SozR 4100 § 141b Nr 41). So liegt der Fall hier. Die Beigeladene zu 1) ist aufgrund des Fachwissens des Klägers im Hinblick auf dem maßgeblichen Betätigungsfeld der Beigeladenen zu 1), nämlich dem Im- und Export von Hölzern zur Herstellung von Furnieren, in wirtschaftlicher Hinsicht vom Kläger abhängig. Dies entnimmt der Senat zum einen den Angaben des Klägers im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 13.01.2012. Hierbei hat der Kläger ausführlich und eindrücklich beschrieben, dass er zu den wenigen Personen weltweit zählt (ungefähr zehn Personen), die über die Fähigkeit verfügen, allein beim Anblick eines Baumes auf dessen Maserung schließen zu können. Dabei spielt das Fachwissen des Klägers für die insoweit für Deutschland geltenden Marktpreise eine wichtige Rolle. Der Kläger ist aufgrund seines speziellen Fachwissens nicht nur Vorstand bei der Initiative Furnier plus Natur e.V. (IFN), sondern auch Mitglied im Verwaltungsrat des Holzabsatzfonds und war zudem langjährig Mitglied des deutschen Holzwirtschaftsrates. Darüber hinaus ist er im Beirat der Interzum. Der Senat unterstellt hierbei die Angaben des Klägers in seinem Schreiben vom 27. März 2012 als wahr. Darüber hinaus hat der Mitgeschäftsführer, Herr L.-L., im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 17.11.2010 das hohe Spezialwissen des Klägers bestätigt (Bl 65 der SG-Akte). Danach kann Herr L.-L. die Entscheidungen des Klägers nicht nachvollziehen, da ihm dieses Spezialwissen fehlt. Dabei hat er auch von der besonderen „Gabe“ des Klägers gesprochen, der einschätzen kann, ob ein bestimmtes Holz den Kriterien für Furniere entspricht. Vor diesem Hintergrund ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger die Beigeladene zu 1) faktisch beherrscht. Er konnte daher im hier streitigen Zeitraum wie ein Unternehmer und damit als Selbstständiger auftreten. Seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) kann daher ab dem 01.01.2006 nicht als die eines Arbeitnehmers gewertet werden. Denn die faktische Beherrschung der Beigeladenen zu 1) überwiegt bei einer Gesamtbetrachtung die Anhaltspunkte, die für eine abhängige Tätigkeit sprechen.
40 
Allerdings gelten die oben genannten Ausführungen erst ab der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer mit Wirkung zum 01.01.2006. In der Zeit davor war er mangels Beteiligung an der Geschäftsführung - trotz seines Spezialwissens - nicht in der Stellung, die Beigeladene zu 1) faktisch zu beherrschen. Erst mit Aufnahme in die Geschäftsführung erwarb er sich diese Stellung. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere darauf, dass der Kläger bis zur Aufnahme in die Geschäftsführung nur über eine Einzelprokura verfügte, die jedoch jederzeit durch Gesellschafterbeschluss aufgehoben werden konnte. Er war mithin vor dem 01.01.2006 noch nicht „Kopf und Seele“ der Beigeladenen zu 1). Der Senat konnte vor diesem Hintergrund im Übrigen die Frage offenlassen, ob der Kläger aufgrund der von ihm an die Beigeladene zu 1) zur Verfügung gestellten Darlehen ein Unternehmerrisiko traf (vgl hierzu - ablehnend - Senatsurteil vom 28.06.2011 - L 11 KR 2109/10 mwN).
41 
Nachdem der Kläger bereits seit dem 01.07.1999 nicht mehr Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist, folgt daraus zugleich, dass er nicht der Versicherungspflicht zur sozialen Pflegeversicherung (§ 20 SGB XI) unterliegt. Die Feststellung einer gesetzlichen Pflegeversicherungspflicht (§ 23 Abs 1 und 2 SGB XI) in einer privaten Versicherung ist aber nicht Gegenstand des Statusverfahrens und nicht Aufgabe der Beklagten. Der Kläger war auch nicht freiwilliges Mitglied der Beklagten, sodass auch ihre Feststellung in ihrem Bescheid vom 02.05.2008, wonach der Kläger aufgrund einer freiwilligen Krankenversicherung Mitglied in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs 3 SGB XI sei, rechtswidrig ist. Der Bescheid war dementsprechend im Hinblick auf die Versicherungsfreiheit in der sozialen Pflegeversicherung bereits ab dem (im Berufungsverfahren noch streitigen Zeitpunkt) 01.04.2005 abzuändern.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
43 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

27 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig und überwiegend begründet. Der Kläger unterlag vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) nicht der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung und vom 01.01.2006 bis 31.08.2010 auch nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. Der Gerichtsbescheid des SG vom 07.06.2011 und der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008 (§ 95 SGG) war daher entsprechend abzuändern. In der gesetzlichen Krankenversicherung bestand aufgrund des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze (§ 6 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V]) seit dem 01.07.1999 Versicherungsfreiheit. Der Kläger ist seither privat krankenversichert.
28 
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008. Aufgrund des Berufungsantrags des Klägers im Schriftsatz vom 07.11.2011 konnte der Senat die Tätigkeit des Klägers bei der Beklagten lediglich für den Zeitraum vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 beurteilen. Denn die Nachprüfung durch den Senat (§ 157 SGG) erfolgt im Rahmen der Anträge. Dies ergibt sich aus der auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Dispositionsmaxime (Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage 2012, § 157 Rdnr 1a). Der Senat konnte daher nicht über die Frage entscheiden, ob der Kläger - wie im Klageverfahren noch beantragt - bereits seit dem 13.03.2003 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen- und sozialen Pflegeversicherung unterliegt. Dies gilt aufgrund der Dispositionsmaxime auch dann, wenn der Senat grundsätzlich nicht an die Fassung der Anträge gebunden ist (§ 123 SGG).
29 
Nach § 28h Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Für Beschäftigte, die bei keiner Krankenkasse versichert sind, werden gemäß § 28i Satz 2 SGB IV Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung an die Einzugsstelle gezahlt, die der Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 175 Abs 3 Satz 2 SGB V gewählt hat. Danach ist die Beklagte zuständige Einzugsstelle, weil sie entsprechend § 28i Satz 2 SGB IV seit dem 01.07.1999 als Einzugsstelle für die Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung fungiert.
30 
Nachdem die Beklagte auf entsprechende Anfrage des Klägers und der Beigeladenen zu 1) ein Verwaltungsverfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht eingeleitet hat, scheidet das Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV aus, für das die Beigeladene zu 4) zuständig wäre. Deren Zuständigkeit, die eine solche der Beklagten ausschlösse, ergibt sich hier auch nicht aus § 7a Abs 1 Satz 2 SGB IV, eingefügt mit Wirkung vom 01.01.2005 durch Art 4 Nr 3 des 4. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I, 2954). Nach dieser Bestimmung hat die Einzugsstelle einen Antrag nach Satz 1 der Vorschrift zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a SGB IV) ergibt, dass der Beschäftigte (bis 31.12.2008) Angehöriger des Arbeitgebers, (seit 01.01.2009) Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers (geändert durch Art 1 Nr 1 des Zweites Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 21.12.2008 [BGBl I, 2933]) oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Denn die entsprechende Meldung erfolgte nicht nach, sondern vor Inkrafttreten dieser Bestimmung. Das obligatorische Statusfeststellungsverfahren ist indes erst bei Tätigkeiten durchzuführen, die danach aufgenommen worden sind (vgl. Marschner in Kreikebohm, Kommentar zum SGB IV, § 7a RdNr 3, Lüdtke in LPK-SGB IV, § 7a RdNr 11). In den Fällen, in denen die Tätigkeit - wie im vorliegenden Fall - bereits zuvor ausgeübt worden war, verbleibt es bei der Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28h Abs 2 SGB IV.
31 
Versicherungspflichtig sind in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
32 
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dabei ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht [BVerfG] SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 16).
33 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinn sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinn gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4; SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinn gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils mwN.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; Urteile vom 25.01.2006 - B 12 KR 30/04 R - RdNr 22 und vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R - RdNr 18).
34 
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Dies bedeutet, dass die Versicherungspflicht des Geschäftsführers einer GmbH, der zugleich deren Gesellschafter ist, davon abhängt, ob wegen seiner Kapitalbeteiligung noch ein Verhältnis der persönlichen Abhängigkeit vorliegt. Hat ein solcher Geschäftsführer aufgrund seiner Kapitalbeteiligung einen so maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft, dass er jeden ihm nicht genehmen Beschluss verhindern kann, so fehlt die das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wesentlich kennzeichnende persönliche Abhängigkeit (BSG, 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, GmbHR 200, 313). Dies ist der Fall, wenn der Geschäftsführer Mehrheitsgesellschafter ist, er also über die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft oder mehr verfügt (BSGE 23, 83, 84 = SozR aaO; BSGE 42, 1, 2 = SozR 2200 § 723 Nr 1; BSG SozR Nr 30 zu § 539 RVO), und zwar auch dann, wenn er von der ihm zustehenden Rechtsmacht tatsächlich keinen Gebrauch macht und die Entscheidung anderen überlässt (BSG SozR 3-4100 § 168 Nrn 5 und 8; BSGE 66, 69, 71 = SozR 4100 § 104 Nr 19). Unter Umständen genügt auch schon ein geringerer Kapitalanteil, insbesondere wenn er über eine Sperrminorität verfügt, die sich ua darauf erstreckt, ihm nicht genehme Weisungen gerade hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort der Tätigkeit zu verhindern (vgl BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8; SozR 3-4100 § 168 Nr 8).
35 
Der Umkehrschluss, dass mangels eines durch die Kapitalbeteiligung hervorgerufenen beherrschenden Einflusses auf die Gesellschaft regelmäßig ein Abhängigkeitsverhältnis des Gesellschafter-Geschäftsführers anzunehmen ist, ist allerdings von der Rechtsprechung des BSG nicht gebilligt worden (BSGE 13, 196, 200). In solchen Fällen hängt das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach allgemeinen Grundsätzen wesentlich davon ab, ob der Geschäftsführer nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit einem seine persönliche Abhängigkeit begründenden Weisungsrecht der GmbH unterliegt. Denn auch wenn der geschäftsführende Gesellschafter über keine Mehrheit am Stammkapital und auch nicht über eine Sperrminorität verfügt, kann eine abhängige Beschäftigung weiter dann ausgeschlossen sein, wenn es ihm sein tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der GmbH gestattet, nicht genehme Weisungen der genannten Art zu verhindern (vgl BSG SozR 2100 § 7 Nr 7; SozR 3-2400 § 7 Nr 4). Dies kann zB der Fall sein, wenn er auch als externer (angestellter) Geschäftsführer in der GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (BSG, 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, GmbHR 200, 313 mwN). Insbesondere kommt bei einem Geschäftsführer einer Familiengesellschaft, sofern dieser mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine selbständige Tätigkeit in Betracht. Die in einer derartigen Familiengesellschaft vorliegende Verbundenheit zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführer kann zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung füreinander schaffen und einen Einklang der Interessen bewirken.
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Gemessen an diesen Maßstäben war der Kläger mit seiner Bestellung zum Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) am 28.12.2005 (in der noch streitigen Zeit) vom 01.01.2006 bis 31.08.2010 nicht abhängig bei der Beigeladenen zu 1) beschäftigt. Zwar sprechen einige Indizien für eine abhängige Beschäftigung des Klägers. Diejenigen Anhaltspunkte, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, überwiegen jedoch.
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Prüfungsmaßstab sind zunächst die im Anstellungs- bzw im Gesellschaftsvertrag zur Rechtsstellung des Gesellschafter-Geschäftsführers getroffenen Regelungen. Die vertraglichen Vereinbarungen im Anstellungsvertrag vom 02.01.2006 zur regelmäßigen monatlichen Vergütung in Höhe von 9.500,00 EUR und die Gewährung eines 13. Monatsgehalts (§ 3 Nr 1), zur Abführung der Pflichtversicherungsbeiträge (§ 3 Nr 3), zur Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall (§ 4 Nr 1), zum Anspruch auf Urlaub in Höhe von 30 Arbeitstagen (§ 8) und die Bindung an Weisungen der Gesellschafterversammlung im Innenverhältnis (§ 2 Nr 4) sprechen für eine abhängige Tätigkeit des Klägers. Hierauf hat das SG zu Recht hingewiesen. Die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB2 Nr 1) sowie die Vereinbarung einer Tantieme in Höhe von 2,5 % des Jahresüberschusses der Beigeladenen zu 1) (§ 3 Nr 2) sind hingegen Indizien für eine selbstständige Tätigkeit (vgl BSG, Urteil vom 08.08.1990 - 11 Rar 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr 4). Für eine selbstständige Tätigkeit spricht auch, dass sich der Kläger seine Arbeit selbst einteilen sowie Zeit, Ort und Art seiner Tätigkeit selbst bestimmen konnte und er insoweit keinen Weisungen unterlag.
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Allerdings handelte es sich bei dem Kläger im hier streitigen Zeitraum durchgehend um einen Minderheitsgesellschafter, der weder über die Kapitalmehrheit noch (bis zum 06.12.2007) über eine Sperrminorität verfügt hat. Dies entnimmt der Senat dem Gesellschaftsvertrag vom 12.06.1995 und der Tatsache, dass der Kläger bis November 2005 nur zu 16 % und ab Dezember 2005 nur zu 21 % an der Stammeinlage beteiligt war. Ob der Kläger ab dem Zeitpunkt des Einbringungsvertrags vom 07.12.2007 faktisch über eine Sperrminorität verfügte, weil beispielsweise die Abberufung als Geschäftsführer nur mit einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen der Gesellschafterversammlung möglich war und der Kläger durch die Verwaltung der Stimmanteile seines Bruders R. G. über fast 40 % der Stimmen an der Beigeladenen zu 1) verfügte, kann der Senat letztlich offenlassen, da es im vorliegenden Fall auf die gesellschaftsrechtliche Stellung allein nicht ankommt. Denn aufgrund seines tatsächlichen Einflusses auf die Beigeladene zu 1) ist davon auszugehen, dass er „schalten und walten“ konnte, wie er wollte, weil er die Beigeladene zu 1) aufgrund seines Fachwissens persönlich dominierte und weil diese letztlich wirtschaftlich von seinem Fachwissen abhängig war und ist.
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Wie bereits dargelegt, kann eine abhängige Beschäftigung ausgeschlossen sein, wenn der Gesellschaftergeschäftsführer in der GmbH „schalten und walten“ kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (BSG, Urteil vom 14.12.1999, B 2 U 48/98 R - GmbHR 2000, 618; Urteil vom 08.08.1990 - 11 Rar 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr 4; Urteil vom 25.10.1989 - 2 RU 12/89 - juris; Urteil vom 07.09.1988 - 10 RAr 10/87 - SozR 4100 § 141b Nr 41). So liegt der Fall hier. Die Beigeladene zu 1) ist aufgrund des Fachwissens des Klägers im Hinblick auf dem maßgeblichen Betätigungsfeld der Beigeladenen zu 1), nämlich dem Im- und Export von Hölzern zur Herstellung von Furnieren, in wirtschaftlicher Hinsicht vom Kläger abhängig. Dies entnimmt der Senat zum einen den Angaben des Klägers im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 13.01.2012. Hierbei hat der Kläger ausführlich und eindrücklich beschrieben, dass er zu den wenigen Personen weltweit zählt (ungefähr zehn Personen), die über die Fähigkeit verfügen, allein beim Anblick eines Baumes auf dessen Maserung schließen zu können. Dabei spielt das Fachwissen des Klägers für die insoweit für Deutschland geltenden Marktpreise eine wichtige Rolle. Der Kläger ist aufgrund seines speziellen Fachwissens nicht nur Vorstand bei der Initiative Furnier plus Natur e.V. (IFN), sondern auch Mitglied im Verwaltungsrat des Holzabsatzfonds und war zudem langjährig Mitglied des deutschen Holzwirtschaftsrates. Darüber hinaus ist er im Beirat der Interzum. Der Senat unterstellt hierbei die Angaben des Klägers in seinem Schreiben vom 27. März 2012 als wahr. Darüber hinaus hat der Mitgeschäftsführer, Herr L.-L., im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 17.11.2010 das hohe Spezialwissen des Klägers bestätigt (Bl 65 der SG-Akte). Danach kann Herr L.-L. die Entscheidungen des Klägers nicht nachvollziehen, da ihm dieses Spezialwissen fehlt. Dabei hat er auch von der besonderen „Gabe“ des Klägers gesprochen, der einschätzen kann, ob ein bestimmtes Holz den Kriterien für Furniere entspricht. Vor diesem Hintergrund ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger die Beigeladene zu 1) faktisch beherrscht. Er konnte daher im hier streitigen Zeitraum wie ein Unternehmer und damit als Selbstständiger auftreten. Seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) kann daher ab dem 01.01.2006 nicht als die eines Arbeitnehmers gewertet werden. Denn die faktische Beherrschung der Beigeladenen zu 1) überwiegt bei einer Gesamtbetrachtung die Anhaltspunkte, die für eine abhängige Tätigkeit sprechen.
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Allerdings gelten die oben genannten Ausführungen erst ab der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer mit Wirkung zum 01.01.2006. In der Zeit davor war er mangels Beteiligung an der Geschäftsführung - trotz seines Spezialwissens - nicht in der Stellung, die Beigeladene zu 1) faktisch zu beherrschen. Erst mit Aufnahme in die Geschäftsführung erwarb er sich diese Stellung. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere darauf, dass der Kläger bis zur Aufnahme in die Geschäftsführung nur über eine Einzelprokura verfügte, die jedoch jederzeit durch Gesellschafterbeschluss aufgehoben werden konnte. Er war mithin vor dem 01.01.2006 noch nicht „Kopf und Seele“ der Beigeladenen zu 1). Der Senat konnte vor diesem Hintergrund im Übrigen die Frage offenlassen, ob der Kläger aufgrund der von ihm an die Beigeladene zu 1) zur Verfügung gestellten Darlehen ein Unternehmerrisiko traf (vgl hierzu - ablehnend - Senatsurteil vom 28.06.2011 - L 11 KR 2109/10 mwN).
41 
Nachdem der Kläger bereits seit dem 01.07.1999 nicht mehr Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist, folgt daraus zugleich, dass er nicht der Versicherungspflicht zur sozialen Pflegeversicherung (§ 20 SGB XI) unterliegt. Die Feststellung einer gesetzlichen Pflegeversicherungspflicht (§ 23 Abs 1 und 2 SGB XI) in einer privaten Versicherung ist aber nicht Gegenstand des Statusverfahrens und nicht Aufgabe der Beklagten. Der Kläger war auch nicht freiwilliges Mitglied der Beklagten, sodass auch ihre Feststellung in ihrem Bescheid vom 02.05.2008, wonach der Kläger aufgrund einer freiwilligen Krankenversicherung Mitglied in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs 3 SGB XI sei, rechtswidrig ist. Der Bescheid war dementsprechend im Hinblick auf die Versicherungsfreiheit in der sozialen Pflegeversicherung bereits ab dem (im Berufungsverfahren noch streitigen Zeitpunkt) 01.04.2005 abzuändern.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
43 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a) mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für den Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Absatz 2 sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Absatz 5 des Zehnten Buches nicht. Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt abweichend von Satz 1 die Prüfung für die bei ihr versicherten mitarbeitenden Familienangehörigen vor.

(1a) Die Prüfung nach Absatz 1 umfasst die ordnungsgemäße Erfüllung der Meldepflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Künstlersozialabgabe durch die Arbeitgeber. Die Prüfung erfolgt

1.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern, die als abgabepflichtige Unternehmer nach § 24 des Künstlersozialversicherungsgesetzes bei der Künstlersozialkasse erfasst wurden,
2.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern mit mehr als 19 Beschäftigten und
3.
bei mindestens 40 Prozent der im jeweiligen Kalenderjahr zur Prüfung nach Absatz 1 anstehenden Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten.
Hat ein Arbeitgeber mehrere Beschäftigungsbetriebe, wird er insgesamt geprüft. Das Prüfverfahren kann mit der Aufforderung zur Meldung eingeleitet werden. Die Träger der Deutschen Rentenversicherung erlassen die erforderlichen Verwaltungsakte zur Künstlersozialabgabepflicht, zur Höhe der Künstlersozialabgabe und zur Höhe der Vorauszahlungen nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz einschließlich der Widerspruchsbescheide. Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Künstlersozialkasse über Sachverhalte, welche die Melde- und Abgabepflichten der Arbeitgeber nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz betreffen. Für die Prüfung der Arbeitgeber durch die Künstlersozialkasse gilt § 35 des Künstlersozialversicherungsgesetzes.

(1b) Die Träger der Rentenversicherung legen im Benehmen mit der Künstlersozialkasse die Kriterien zur Auswahl der nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfenden Arbeitgeber fest. Die Auswahl dient dem Ziel, alle abgabepflichtigen Arbeitgeber zu erfassen. Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfen sind, werden durch die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 im Hinblick auf die Künstlersozialabgabe beraten. Dazu erhalten sie mit der Prüfankündigung Hinweise zur Künstlersozialabgabe. Im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 lässt sich der zuständige Träger der Rentenversicherung durch den Arbeitgeber schriftlich oder elektronisch bestätigen, dass der Arbeitgeber über die Künstlersozialabgabe unterrichtet wurde und abgabepflichtige Sachverhalte melden wird. Bestätigt der Arbeitgeber dies nicht, wird die Prüfung nach Absatz 1a Satz 1 unverzüglich durchgeführt. Erlangt ein Träger der Rentenversicherung im Rahmen einer Prüfung nach Absatz 1 bei Arbeitgebern mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 geprüft werden, Hinweise auf einen künstlersozialabgabepflichtigen Sachverhalt, muss er diesen nachgehen.

(1c) Die Träger der Rentenversicherung teilen den Trägern der Unfallversicherung die Feststellungen aus der Prüfung bei den Arbeitgebern nach § 166 Absatz 2 des Siebten Buches mit. Die Träger der Unfallversicherung erlassen die erforderlichen Bescheide.

(2) Im Bereich der Regionalträger richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Sitz der Lohn- und Gehaltsabrechnungsstelle des Arbeitgebers. Die Träger der Rentenversicherung stimmen sich darüber ab, welche Arbeitgeber sie prüfen; ein Arbeitgeber ist jeweils nur von einem Träger der Rentenversicherung zu prüfen.

(3) Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Einzugsstellen über Sachverhalte, soweit sie die Zahlungspflicht oder die Meldepflicht des Arbeitgebers betreffen.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem die Träger der Rentenversicherung ihre elektronischen Akten führen, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Prüfungen nach den Absätzen 1, 1a und 1c stehen. Die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten dürfen nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern durch die jeweils zuständigen Träger der Rentenversicherung verarbeitet werden.

(5) Die Arbeitgeber sind verpflichtet, angemessene Prüfhilfen zu leisten. Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden, sind in die Prüfung einzubeziehen.

(6) Zu prüfen sind auch steuerberatende Stellen, Rechenzentren und vergleichbare Einrichtungen, die im Auftrag des Arbeitgebers oder einer von ihm beauftragten Person Löhne und Gehälter abrechnen oder Meldungen erstatten. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich im Bereich der Regionalträger nach dem Sitz dieser Stellen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(6a) Für die Prüfung nach Absatz 1 sind dem zuständigen Rentenversicherungsträger die notwendigen Daten elektronisch aus einem systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramm zu übermitteln; für Daten aus der Finanzbuchhaltung kann dies nur im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber erfolgen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bestimmt in Grundsätzen bundeseinheitlich das Nähere zum Verfahren der Datenübermittlung und der dafür erforderlichen Datensätze und Datenbausteine. Die Grundsätze bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das vorher die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände anzuhören hat.

(7) Die Träger der Rentenversicherung haben eine Übersicht über die Ergebnisse ihrer Prüfungen zu führen und bis zum 31. März eines jeden Jahres für das abgelaufene Kalenderjahr den Aufsichtsbehörden vorzulegen. Das Nähere über Inhalt und Form der Übersicht bestimmen einvernehmlich die Aufsichtsbehörden der Träger der Rentenversicherung mit Wirkung für diese.

(8) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem der Name, die Anschrift, die Betriebsnummer, der für den Arbeitgeber zuständige Unfallversicherungsträger und weitere Identifikationsmerkmale eines jeden Arbeitgebers sowie die für die Planung der Prüfungen bei den Arbeitgebern und die für die Übersichten nach Absatz 7 erforderlichen Daten gespeichert sind; die Deutsche Rentenversicherung Bund darf die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern und zur Ermittlung der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz abgabepflichtigen Unternehmer verarbeiten. In das Dateisystem ist eine Kennzeichnung aufzunehmen, wenn nach § 166 Absatz 2 Satz 2 des Siebten Buches die Prüfung der Arbeitgeber für die Unfallversicherung nicht von den Trägern der Rentenversicherung durchzuführen ist; die Träger der Unfallversicherung haben die erforderlichen Angaben zu übermitteln. Die Datenstelle der Rentenversicherung führt für die Prüfung bei den Arbeitgebern ein Dateisystem, in dem neben der Betriebsnummer eines jeden Arbeitgebers, die Betriebsnummer des für den Arbeitgeber zuständigen Unfallversicherungsträgers, die Unternehmernummer nach § 136a des Siebten Buches des Arbeitgebers, das in der Unfallversicherung beitragspflichtige Entgelt der bei ihm Beschäftigten in Euro, die anzuwendenden Gefahrtarifstellen der bei ihm Beschäftigten, die Versicherungsnummern der bei ihm Beschäftigten einschließlich des Beginns und des Endes von deren Beschäftigung, die Bezeichnung der für jeden Beschäftigten zuständigen Einzugsstelle sowie eine Kennzeichnung des Vorliegens einer geringfügigen Beschäftigung gespeichert sind. Sie darf die Daten der Stammsatzdatei nach § 150 Absatz 1 und 2 des Sechsten Buches sowie die Daten des Dateisystems nach § 150 Absatz 3 des Sechsten Buches und der Stammdatendatei nach § 101 für die Prüfung bei den Arbeitgebern speichern, verändern, nutzen, übermitteln oder in der Verarbeitung einschränken; dies gilt für die Daten der Stammsatzdatei auch für Prüfungen nach § 212a des Sechsten Buches. Sie ist verpflichtet, auf Anforderung des prüfenden Trägers der Rentenversicherung

1.
die in den Dateisystemen nach den Sätzen 1 und 3 gespeicherten Daten,
2.
die in den Versicherungskonten der Träger der Rentenversicherung gespeicherten, auf den Prüfungszeitraum entfallenden Daten der bei dem zu prüfenden Arbeitgeber Beschäftigten,
3.
die bei den für den Arbeitgeber zuständigen Einzugsstellen gespeicherten Daten aus den Beitragsnachweisen (§ 28f Absatz 3) für die Zeit nach dem Zeitpunkt, bis zu dem der Arbeitgeber zuletzt geprüft wurde,
4.
die bei der Künstlersozialkasse über den Arbeitgeber gespeicherten Daten zur Melde- und Abgabepflicht für den Zeitraum seit der letzten Prüfung sowie
5.
die bei den Trägern der Unfallversicherung gespeicherten Daten zur Melde- und Beitragspflicht sowie zur Gefahrtarifstelle für den Zeitraum seit der letzten Prüfung
zu verarbeiten, soweit dies für die Prüfung, ob die Arbeitgeber ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, sowie ihre Pflichten als zur Abgabe Verpflichtete nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und ihre Pflichten nach dem Siebten Buch zur Meldung und Beitragszahlung ordnungsgemäß erfüllen, erforderlich ist. Die dem prüfenden Träger der Rentenversicherung übermittelten Daten sind unverzüglich nach Abschluss der Prüfung bei der Datenstelle und beim prüfenden Träger der Rentenversicherung zu löschen. Die Träger der Rentenversicherung, die Einzugsstellen, die Künstlersozialkasse und die Bundesagentur für Arbeit sind verpflichtet, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Datenstelle die für die Prüfung bei den Arbeitgebern erforderlichen Daten zu übermitteln. Sind für die Prüfung bei den Arbeitgebern Daten zu übermitteln, so dürfen sie auch durch Abruf im automatisierten Verfahren übermittelt werden, ohne dass es einer Genehmigung nach § 79 Absatz 1 des Zehnten Buches bedarf. Soweit es für die Erfüllung der Aufgaben der gemeinsamen Einrichtung als Einzugsstelle nach § 356 des Dritten Buches erforderlich ist, wertet die Datenstelle der Rentenversicherung aus den Daten nach Satz 5 das Identifikationsmerkmal zur wirtschaftlichen Tätigkeit des geprüften Arbeitgebers sowie die Angaben über die Tätigkeit nach dem Schlüsselverzeichnis der Bundesagentur für Arbeit der Beschäftigten des geprüften Arbeitgebers aus und übermittelt das Ergebnis der gemeinsamen Einrichtung. Die übermittelten Daten dürfen von der gemeinsamen Einrichtung auch zum Zweck der Erfüllung der Aufgaben nach § 5 des Tarifvertragsgesetzes genutzt werden. Die Kosten der Auswertung und der Übermittlung der Daten nach Satz 9 hat die gemeinsame Einrichtung der Deutschen Rentenversicherung Bund zu erstatten. Die gemeinsame Einrichtung berichtet dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 1. Januar 2025 über die Wirksamkeit des Verfahrens nach Satz 9.

(9) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über

1.
den Umfang der Pflichten des Arbeitgebers, der Beschäftigten und der in Absatz 6 genannten Stellen bei Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden,
2.
die Durchführung der Prüfung sowie die Behebung von Mängeln, die bei der Prüfung festgestellt worden sind, und
3.
den Inhalt des Dateisystems nach Absatz 8 Satz 1 hinsichtlich der für die Planung der Prüfungen bei Arbeitgebern und der für die Prüfung bei Einzugsstellen erforderlichen Daten, über den Aufbau und die Aktualisierung dieses Dateisystems sowie über den Umfang der Daten aus diesem Dateisystem, die von den Einzugsstellen und der Bundesagentur für Arbeit nach § 28q Absatz 5 abgerufen werden können.

(10) Arbeitgeber werden wegen der Beschäftigten in privaten Haushalten nicht geprüft.

(11) Sind beim Übergang der Prüfung der Arbeitgeber von Krankenkassen auf die Träger der Rentenversicherung Angestellte übernommen worden, die am 1. Januar 1995 ganz oder überwiegend mit der Prüfung der Arbeitgeber beschäftigt waren, sind die bis zum Zeitpunkt der Übernahme gültigen Tarifverträge oder sonstigen kollektiven Vereinbarungen für die übernommenen Arbeitnehmer bis zum Inkrafttreten neuer Tarifverträge oder sonstiger kollektiver Vereinbarungen maßgebend. Soweit es sich bei einem gemäß Satz 1 übernommenen Beschäftigten um einen Dienstordnungs-Angestellten handelt, tragen der aufnehmende Träger der Rentenversicherung und die abgebende Krankenkasse bei Eintritt des Versorgungsfalles die Versorgungsbezüge anteilig, sofern der Angestellte im Zeitpunkt der Übernahme das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatte. § 107b Absatz 2 bis 5 des Beamtenversorgungsgesetzes gilt sinngemäß.

(1) Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen.

(2) Die Einzugsstelle entscheidet über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung auf Verlangen des Arbeitgebers durch einen schriftlichen oder elektronischen Bescheid; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Soweit die Einzugsstelle die Höhe des Arbeitsentgelts nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat sie dieses zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt des Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen. Die nach § 28i Satz 5 zuständige Einzugsstelle prüft die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenze bei geringfügiger Beschäftigung nach den §§ 8 und 8a und entscheidet bei deren Überschreiten über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid.

(2a) (weggefallen)

(3) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks vergibt die Einzugsstelle im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit die Betriebsnummer des Arbeitgebers, berechnet den Gesamtsozialversicherungsbeitrag und die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz und zieht diese vom Arbeitgeber im Wege des Lastschriftverfahrens ein. Die Einzugsstelle meldet bei Beginn und Ende der Beschäftigung und zum Jahresende der Datenstelle der Rentenversicherung die für die Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit erforderlichen Daten eines jeden Beschäftigten. Die Einzugsstelle teilt dem Beschäftigten den Inhalt der abgegebenen Meldung schriftlich oder durch gesicherte Datenübertragung mit.

(4) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks bescheinigt die Einzugsstelle dem Arbeitgeber zum Jahresende

1.
den Zeitraum, für den Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt wurden, und
2.
die Höhe des Arbeitsentgelts (§ 14 Absatz 3), des von ihm getragenen Gesamtsozialversicherungsbeitrags und der Umlagen.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen.

(2) Die Einzugsstelle entscheidet über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung auf Verlangen des Arbeitgebers durch einen schriftlichen oder elektronischen Bescheid; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Soweit die Einzugsstelle die Höhe des Arbeitsentgelts nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat sie dieses zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt des Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen. Die nach § 28i Satz 5 zuständige Einzugsstelle prüft die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenze bei geringfügiger Beschäftigung nach den §§ 8 und 8a und entscheidet bei deren Überschreiten über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid.

(2a) (weggefallen)

(3) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks vergibt die Einzugsstelle im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit die Betriebsnummer des Arbeitgebers, berechnet den Gesamtsozialversicherungsbeitrag und die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz und zieht diese vom Arbeitgeber im Wege des Lastschriftverfahrens ein. Die Einzugsstelle meldet bei Beginn und Ende der Beschäftigung und zum Jahresende der Datenstelle der Rentenversicherung die für die Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit erforderlichen Daten eines jeden Beschäftigten. Die Einzugsstelle teilt dem Beschäftigten den Inhalt der abgegebenen Meldung schriftlich oder durch gesicherte Datenübertragung mit.

(4) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks bescheinigt die Einzugsstelle dem Arbeitgeber zum Jahresende

1.
den Zeitraum, für den Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt wurden, und
2.
die Höhe des Arbeitsentgelts (§ 14 Absatz 3), des von ihm getragenen Gesamtsozialversicherungsbeitrags und der Umlagen.

(1) Versicherungsfrei sind

1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt,
1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben,
3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben,
7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht,
8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.

(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.

(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.

(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.

(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.

(5) (weggefallen)

(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.

(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(8) (weggefallen)

(9) (weggefallen)

(1) Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind:

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind; für die Zeit des Bezugs von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch bleibt die Versicherungspflicht unberührt,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, auch wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler, die nach § 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versicherungspflichtig sind,
4.
selbständige Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe, in Berufsbildungswerken oder in ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Berufsfindung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Leistungen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
Behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
10.
Personen, die zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt beschäftigt sind oder die eine Fachschule oder Berufsfachschule besuchen oder eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten (Praktikanten), längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Auszubildende des Zweiten Bildungsweges, die sich in einem nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnittes befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 11, 11a, 11b oder 12 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
12.
Personen, die, weil sie bisher keinen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 des Fünften Buches oder nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Krankenversicherungspflicht unterliegen.

(2) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat haben, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(2a) Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(3) Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung.

(4) Nehmen Personen, die mindestens zehn Jahre nicht in der sozialen Pflegeversicherung oder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig waren, eine dem äußeren Anschein nach versicherungspflichtige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung auf, besteht die widerlegbare Vermutung, daß eine die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung nach Absatz 1 Nr. 1 oder eine versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 oder 4 tatsächlich nicht ausgeübt wird. Dies gilt insbesondere für eine Beschäftigung bei Familienangehörigen oder Lebenspartnern.

(1) Versicherungsfrei sind

1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt,
1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben,
3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben,
7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht,
8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.

(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.

(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.

(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.

(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.

(5) (weggefallen)

(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.

(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(8) (weggefallen)

(9) (weggefallen)

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 05. Februar 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung seiner Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Der am 1964 geborene Kläger war vom 01. Januar 1999 bis 31. August 2001 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten freiwillig krankenversichert. Seit dem 01. September 2001 unterhält er bei der HUK-Coburg eine private Krankenvollversicherung. Er war bis zum 31. März 2004 abhängig beschäftigt, aber wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei. Seine Einkünfte aus seiner Beschäftigung betrugen im Jahre 2001 EUR 43.909,74, 2002 EUR 45.772,00, 2003 EUR 58.422,00 und von Januar bis März 2004 EUR 14.639,00. Vom 01. April 2004 bis zum 31. Januar 2005 war er selbstständig tätig. Vom 01. Februar bis zum 31. Dezember 2005 war er wieder abhängig beschäftigt, das der Beklagten gemeldete Bruttoentgelt für diese elf Monate betrug EUR 35.066,00. Vom 01. Januar 2006 bis zum 31. August 2007 war er erneut selbstständig tätig.
Seit dem 01. September 2007 ist der Kläger wiederum abhängig beschäftigt. Sein Bruttogehalt betrug von September bis November jeweils EUR 4.532,00, im Dezember EUR 4.832,00. Im Jahre 2008 lag es (jeweils ohne geldwerte Sachvorteile) bei EUR 56.044,79, wobei die Monatsbeträge EUR 3.760,00 (April, August, September, Oktober, Dezember), EUR 4.637,00 (Januar, Februar), EUR 5.949,33 (März), EUR 5.812,00 (Mai), EUR 5.275,00 (Juni), EUR 3.889,96 (Juli) und EUR 7.044,00 (November) betrugen. Von Januar bis April 2009 betrug das Bruttogehalt (ebenfalls ohne geldwerte Vorteile) gleichbleibend EUR 3.818,00 im Monat. Auf die Aufforderung der Beklagten vom 18. Oktober 2007 hin meldete sein Arbeitgeber den Kläger als Pflichtversicherten an und führt seitdem u.a. auch die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung an die Beklagte ab.
Der Kläger beantragte unter dem 30. Oktober 2007 bei der Beklagten „Befreiung“ von der gesetzlichen Krankenversicherung. Er führte aus, er sei seit dem „31. August 2001“ trotz unterschiedlicher Einkunftsarten privat krankenversichert und zuletzt selbstständig gewesen. Er wolle seine private Krankenversicherung „auf Grund der jetzigen Einkommenshöhe“ fortführen. Mit e-mail vom 29. November 2007 trug er ergänzend vor, er sei dauerhaft von der Krankenversicherungspflicht befreit, weil er die Jahresarbeitsentgeltgrenze als Beschäftigter in mehr als drei aufeinander folgende Jahren, nämlich von 1999 bis 2005, überschritten habe. Die drei Jahre oberhalb dieser Grenze müssten nicht unmittelbar vor der möglicherweise versicherungspflichtigen neuen Beschäftigung gelegen haben.
Mit Bescheid vom 30. November 2007 an den Kläger führte die Beklagte aus, eine Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht möglich. Der Kläger sei auch nicht versicherungsfrei. Hierzu müsse nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) in der Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG; auch im Folgenden § 6 SGB V jeweils in dieser Fassung) vom 26. März 2007 (BGBl. I, S. 378) das Einkommen aus einer Beschäftigung in drei aufeinander folgenden Jahren über der Jahresarbeitsentgeltgrenze gelegen haben. Auch auf die „Besitzstandsregelung“ (§ 6 Abs. 9 SGB V) könne sich der Kläger sich nicht berufen. Diese setze voraus, dass ein Arbeitnehmer am 02. Februar 2007 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und privat krankenversichert gewesen sei. Der Kläger sei jedoch an diesem Stichtag selbstständig tätig gewesen. Er sei daher ab Beginn seiner Beschäftigung als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer anzumelden gewesen.
Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2008, dem Kläger am 02. April 2008 zugestellt, zurück. Ein Anspruch auf Befreiung bestehe nicht. Dass der Kläger durch die Aufnahme einer Beschäftigung nach einer selbstständigen Tätigkeit versicherungspflichtig geworden sei, sei kein Befreiungstatbestand. Der Kläger sei auch nicht versicherungsfrei. Die Jahresarbeitsentgeltgrenze betreffe allein Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung. Der Kläger habe jedoch in den Jahren vor Beginn der neuen Beschäftigung Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit erzielt. Die Besitzstandsregelung gelte nicht für am Stichtag selbstständig Tätige.
Der Kläger erhob am 16. April 2008 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) mit dem Antrag, unter Aufhebung des Bescheids vom 30. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2008 seine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem 01. September 2007 festzustellen. Er trug vor, es gebe keine Regelung, nach der ein freiwillig Versicherter, der eine selbstständige Tätigkeit aufnehme und dann wieder Angestellter werde, automatisch versicherungspflichtig werde. Bei ihm sei im Jahre 1999 rechtswirksam Versicherungsfreiheit festgestellt worden. Eine erneute Prüfung sei nicht zulässig. Auch habe er in seiner privaten Krankenversicherung Zuschläge für Altersrückstellungen bezahlt, die nun entwertet würden. Auch die Besitzstandsregelung müsse für ihn gelten, ansonsten verstoße sie gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes (GG). Seine Auffassung werde durch das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 10. Dezember 2008 (S 15 KR 392/08, veröffentlicht in Juris) gestützt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Ein Beschäftigter sei auch dann erst nach drei aufeinander folgenden Jahren mit einem Arbeitsentgelt über der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei, wenn er vor der Beschäftigung selbstständig tätig und sein Arbeitseinkommen entsprechend hoch gewesen sei. Unabhängig hiervon habe in seiner Beschäftigung von Februar bis Dezember 2005 kein Einkommen über der Jahresarbeitsentgeltgrenze erzielt. Diese habe monatlich EUR 3.900,00 betragen. Er habe nur EUR 3.187,82 monatlich verdient.
Mit Urteil vom 05. Februar 2009 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2008 auf und stellte fest, dass der Kläger ab dem 01. September 2007 versicherungsfrei ist. Das SG führte aus, dem Kläger müsse im Wege der teleologischen Auslegung die Besitzstandsregelung des § 6 Abs. 9 SGB V zu Gute kommen. Zur weiteren Begründung zitierte es „die trotz Sachverhaltsabweichungen auch hier einschlägigen Gründe“ des genannten Urteils des Sozialgerichts Dresden. Dieses hatte ausgeführt, der Dreijahreszeitraum für die Versicherungsfreiheit solle nur den Übertritt in die private Krankenversicherung, aber nicht den Verbleib dort erschweren. Sei diese Frist einmal erfüllt gewesen, ende die Versicherungsfreiheit erst, wenn wieder eine abhängige Beschäftigung mit einem Einkommen unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze ausgeübt werde.
10 
Gegen das ihr am 20. März 2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. März 2009 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Sie führt erneut aus, das Einkommen des Klägers von Februar bis Dezember 2005 habe die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht überschritten. Auch habe der Kläger in den drei Jahren vor dem 01. September 2007 nicht durchgängig Arbeitsentgelt bezogen, sondern auch Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Der Gesetzgeber habe die Regelungen über die Versicherungsfreiheit wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze und den Besitzschutz für am 02. Februar 2007 versicherungsfreie Beschäftigte nicht auf Selbstständige ausdehnen wollen.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 05. Februar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen, weiter hilfsweise den Rechtsstreit auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorzulegen, ob es mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes vereinbar ist, dass in der Übergangsregelung des § 6 Abs. 9 SGB V in der Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes lediglich Arbeiter und Angestellte, die am 02. Februar 2007 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei waren, dauerhaft in den Genuss dieser Versicherungsfreiheit kommen, nicht jedoch selbstständig Tätige, die am genannten Stichtag privat krankenversichert waren und ggf. zuvor mehrere Jahre Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung geleistet haben.
15 
Er führt aus, für ihn habe 2005 nicht die allgemeine, sondern die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze gegolten. Diese habe im Monat nur EUR 3.525,00 betragen. Zusammen mit 2006 erfolgten Netto-Nachzahlungen für 2005 (EUR 750,00 „Rest November 2005“ am 21. Februar 2006, EUR 1.986,00 „Gutschrift Vertreterkonto“ im März 2006) sei diese Grenze von Februar bis Dezember 2005 überschritten gewesen. Auch habe er im Januar 2005 noch EUR 14.000,00 aus Provisionszahlungen seiner damaligen selbstständigen Tätigkeit erhalten. Er habe in mehr als drei aufeinander folgenden Jahren (1999 bis 2003) die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten. Der Gesetzgeber habe nach Ablauf der Dreijahresfrist eine verbindliche Entscheidungsmöglichkeit gegen die gesetzliche Krankenkasse schaffen wollen und den Betroffenen zugleich an diese Entscheidung dauerhaft binden wollen. Die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V solle es nicht ermöglichen, bereits jahrelang aus der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossene Personen wieder in diese einzugliedern. Die gesetzlich bewusst in Kauf genommene Ungleichbehandlung zwischen Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit und solchen aus einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz und beeinträchtige die Berufsfreiheit des Betroffenen, der nur wegen einer ggf. kurzfristigen Selbstständigkeit wieder drei Jahre lange Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und gleichzeitig Beiträge für eine Anwartschaftserhaltung in seiner privaten Krankenversicherung tragen müsse.
16 
Einen Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (L 4 KR 2041/09 ER) hat der Senat mit Beschluss vom 08. Juni 2009 abgelehnt, weil kein Anordnungsgrund vorliege.
17 
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
18 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist form- und fristgerecht nach § 151 Abs. 1 SGG eingelegt, auch sonst zulässig und ebenfalls begründet. Anders als das SG hält der Senat den angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 30. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2008 für rechtmäßig und die Klage daher für unbegründet. Das Urteil des SG war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
20 
1. Gegenstand des Verfahrens ist - nur - die Frage der Versicherungspflicht und damit verbunden der Versicherungsfreiheit des Klägers (§§ 5, 6 SGB V). Zwar hatte der Kläger mit seinem Antrag vom 30. Oktober 2007 - primär - einen Antrag auf „Befreiung“ von der Versicherungspflicht gestellt. Inhaltlich ging es ihm jedoch von Anfang an um die Feststellung, nicht versicherungspflichtig zu sein. Entsprechend hat auch die Beklagte in dem Bescheid vom 30. November 2007 nicht nur den Befreiungsantrag abgelehnt, sondern in erster Linie festgestellt, dass der Kläger nicht versicherungsfrei und damit versicherungspflichtig ist. Dies war sachgerecht, denn ein Befreiungstatbestand nach § 8 SGB V oder einer anderen Norm liegt ersichtlich nicht vor. Einen etwaigen Befreiungsanspruch hat der Kläger dann auch nicht mehr weiterverfolgt, sondern in der mündlichen Verhandlung vor dem SG lediglich noch die Feststellung seiner Versicherungsfreiheit begehrt.
21 
2. Mit diesem Inhalt ist die Anfechtungs- und Feststellungsklage des Klägers zulässig.
22 
Der Anfechtungsantrag des Klägers ist zulässig, weil das Schreiben der Beklagten vom 30. November 2007 einen Verwaltungsakt darstellt. Zwar tritt Versicherungspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung kraft Gesetzes ein, wenn die Voraussetzungen für sie vorliegen. Es bedarf daher keines Bescheids der zuständigen Krankenkasse über die Aufnahme oder den Beginn der Versicherungspflicht (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, SozR 3-2200 § 306 Nr. 2, SozR 3-2500 § 9 Nr. 3). Dies hindert jedoch eine Krankenkasse nicht, Bescheide zu erlassen. Maßgebend ist allein, ob nach § 31 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) eine Regelung mit Rechtswirkung nach außen getroffen wird. Dem entspricht es, dass die Krankenkassen - in ihrer Funktion als Einzugsstellen - nach § 28h Abs. 2 Satz 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) Verwaltungsakte über die Versicherungspflicht (und auch die Beitragspflicht) u. a. in der gesetzlichen Krankenversicherung erlassen können. Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 30. November 2007 die Versicherungspflicht des Klägers in diesem Sinne geregelt. Sie hat Ihrem Schreiben schon nach dem Inhalt ihrer Formulierungen einen rechtlich verbindlichen Charakter beigegeben. Dies zeigt sich auch darin, dass sie den Widerspruch des Klägers nicht als unzulässig zurückgewiesen, sondern in ihrem Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2008 inhaltlich über die Frage der Versicherungsfreiheit und damit der Versicherungspflicht entschieden hat. Es liegt also zumindest ein so genannter Formverwaltungsakt vor.
23 
Gegen einen solchen Bescheid kann die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Variante 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) erhoben werden. Der Betroffene ist nicht darauf verwiesen, die Behörde zur begehrten Feststellung verpflichten zu lassen, sondern kann selbst auf Feststellung klagen (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 55 Rn. 3b i.V.m. Rn. 13c). Das nach § 55 Abs. 1 Halbsatz 2 SGG notwendige Feststellungsinteresse liegt schon wegen der mit der Versicherungspflicht verbundenen Beitragspflicht vor.
24 
3. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht mit dem angegriffenen Bescheid die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung in seiner Beschäftigung ab dem 01. September 2007 festgestellt.
25 
a) Die Beklagte war für den Erlass des angegriffenen Bescheids zuständig, sodass dieser nicht formell rechtswidrig ist.
26 
Allerdings hat die Beklagte nicht als Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV gehandelt. Die Einzugsstellen haben nach dieser Vorschrift umfassend die Versicherungs- und Beitragspflicht und auch die Höhe der geschuldeten Beiträge bzw. des Beitragsanteils von Arbeitgeber und Arbeitnehmer in allen Zweigen der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung festzustellen. Die Beklagte hat jedoch allein die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung festgestellt und keine Aussagen zur Versicherungspflicht in der Rentenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförderung und im Übrigen auch nicht in der Pflegeversicherung getroffen. Außerdem hat sie die Beitragshöhe nicht festgesetzt.
27 
Die Kompetenz der Einzustellen nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV verdrängt jedoch nicht die Befugnis der einzelnen Träger der Sozialversicherung, für ihren Bereich die Versicherungspflicht festzustellen. Die Einzugsstellen nehmen nur die Kompetenzen der einzelnen Träger in gesetzlicher Verfahrens- und Prozessstandschaft wahr (BSG, Urteil vom 15. Juli 2009, B 12 KR 14/08 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 17; vgl zur Entwicklung BSG SozR 3-2400 § 28h Nr. 9). Diese Prozessstandschaft ist so ausgestaltet, dass sie lediglich die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht und der Beitragshöhe sowie den Beitragseinzug zum Inhalt hat, es den anderen Versicherungsträgern im Übrigen aber unbenommen ist, ihre Belange im Rahmen der aufgezeigten Verfahrensrechte eigenständig wahrzunehmen (BSG SozR 3-2400 § 28h Nr. 9).
28 
In diesem Rahmen hat die Beklagte allein über die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung entschieden.
29 
b) Der Bescheid vom 30. November 2007 ist nicht wegen Fehlens einer ausdrücklichen Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts rechtswidrig.
30 
Auch wenn die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung kraft Gesetzes eintritt (s. oben), so sind die Krankenkassen berechtigt, aus Gründen der Rechtsklarheit insbesondere in Zweifelsfällen einen feststellenden Verwaltungsakt zu erlassen. Dies gilt insbesondere, wenn - wie hier - auch über das Vorliegen der Voraussetzungen eines Tatbestandes der Versicherungsfreiheit (§ 6 SGB V) zu entscheiden ist. Solche „Vorabentscheidungen“, also Regelungen, mit denen die Behörde bestimmte Elemente eines zukünftigen Anspruchs oder Rechtsverhältnisses schon vor der Entstehung verbindlich bejaht oder verneint, sind grundsätzlich möglich (Engelmann, in: v. Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2008, § 31 Rn. 29). Für ihre Zulassung besteht oftmals ein Bedürfnis, weil die Betroffenen frühzeitig Dispositionen treffen und dazu wissen müssen, auf welche Rechtslage sie sich einzustellen haben (vgl. etwa BSG SozR 4100 § 75 Nr 6; BSGE 78, 91; 78, 98, 103 f; BVerwGE 57, 158, 161). Solche (vorgezogenen) Feststellungen sind auch ohne gesetzliche Ermächtigung zulässig, soweit sich nicht aus den einschlägigen Vorschriften oder aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht etwas anderes ergibt (BSG SozR 3-1300 § 39 Nr. 7).
31 
c) Die materiellen Voraussetzungen zur Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung lagen vor.
32 
aa) Der Kläger ist ab dem 01. September 2007 als Beschäftigter im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV tätig und daher nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V dem Grunde nach versicherungspflichtig zur gesetzlichen Krankenversicherung. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
33 
bb) Der Kläger ist in dieser Beschäftigung nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 SGB V versicherungsfrei.
34 
(1) § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bestimmt, dass versicherungsfrei Arbeiter und Angestellte sind, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt. Die hier in Bezug genommenen Beträge nach § 6 Abs. 6 SGB V („allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze“) und § 6 Abs. 7 SGB V („besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze“), die erst zum 01. Januar 2003 eingeführt wurde, betrugen (vgl. zur Berechnung § 6 Abs. 6 Sätze 2 bis 4, Abs. 7 Satz 2 SGB V):
35 
Jahr allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze
jährlich monatlich jährlich monatlich
1999 DM 76.500,00 DM 6.375,00
2000 DM 77.400,00 DM 6.450,00
2001 DM 78.300,00 DM 6.525,00
2002 EUR 40.500,00 EUR 3.375,00
2003 EUR 45.900,00 EUR 3.825,00 EUR 41.400,00 EUR 3.450,00
2004 EUR 46.350,00 EUR 3.862,00 EUR 41.850,00 EUR 3.487,50
2005 EUR 46.800,00 EUR 3.900,00 EUR 42.300,00 EUR 3.525,00
2006 EUR 47.250,00 EUR 3.937,50 EUR 42.750,00 EUR 3.562,50
2007 EUR 47.700,00 EUR 3.975,00 EUR 42.750,00 EUR 3.562,50
2008 EUR 48.150,00 EUR 4.012,50 EUR 43.200,00 EUR 3.600,00
2009 EUR 48.600,00 EUR 4.050,00 EUR 44.100,00 EUR 3.675,00
36 
Die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 7 SGB VI gilt für jene Arbeiter und Angestellten, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren. Zum 01. Januar 2003 war die (nunmehr: allgemeine) Jahresarbeitsentgeltgrenze durch das Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I, S. 4637) erheblich erhöht worden.
37 
Der in § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB V enthaltene Zusatz „und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat“ wurde durch Art. 1 Nr. 3 Buchstabe a des GKV-WSG in das SGB V eingefügt. Zu diesem Zusatz bestimmt § 6 Abs. 4 SGB V Näheres. Diese Vorschrift lautet auszugsweise: Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird (Satz 1). Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist (Satz 3). Ein Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze in einem von drei aufeinander folgenden Kalenderjahren liegt vor, wenn das tatsächlich im Kalenderjahr erzielte regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze überstiegen hat (Satz 4). Für Zeiten, in denen bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis kein Arbeitsentgelt erzielt worden ist, insbesondere bei Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlung sowie bei Bezug von Entgeltersatzleistungen, ist ein regelmäßiges Arbeitsentgelt in der Höhe anzusetzen, in der es ohne die Unterbrechung erzielt worden wäre (Satz 5).
38 
(aa) Der durch das GKV-WSG eingefügte Zusatz in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V mit dem Erfordernis eines dreijährigen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze erfasst auch Personen mit einem Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze, die vor Beginn ihrer Beschäftigung wegen einer selbstständigen Tätigkeit oder aus anderen Gründen nicht versicherungspflichtig waren. Auch sie sind (mindestens) drei Jahre lang versicherungspflichtig.
39 
Grundsätzlich soll zwar dieser Einschub solche Personen erfassen, die bereits vor Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze abhängig beschäftigt waren. Sie sollen danach noch drei - weitere - Jahre als Pflichtmitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung gehalten werden. Dies ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien. Die Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und SPD haben in ihrem Gesetzesentwurf vom 24. Oktober 2006 ausgeführt: „Zukünftig sind abhängig Beschäftigte erst dann versicherungsfrei, wenn ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt in drei aufeinander folgenden Jahren die Jahresarbeitsentgeltgrenze überstiegen hat. Diese Regelung führt zu einer Erschwerung des Wechsels der Betroffenen von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung“. Es „sollen abhängig Beschäftigte (…) weiterhin ihren Solidarbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung leisten. Erst danach können sie sich für eine private Absicherung ihres Krankheitsrisikos entscheiden“ (BT-Drs. 16/3100, S. 95).
40 
Der Gesetzgeber hat jedoch auch Personen, die vor Beginn der Beschäftigung nicht versicherungspflichtig waren, ausdrücklich der Neuregelung unterworfen. Der Gesetzentwurf führt aus: „Die (neue) Regelung gilt für alle Arbeitnehmer, also auch für solche, die zuvor z. B. als Selbstständige oder Freiberufler tätig waren“ (BT-Drs. 16/3100, S. 96). Dass auch ehemals selbstständig Tätige nach Aufnahme einer Beschäftigung mit einem Einkommen über der Jahresarbeitsentgeltgrenze für (mindestens) drei Jahre versicherungspflichtig sein sollen, ergibt sich weiter aus dem Bericht des Bundestagsausschusses für Gesundheit zum Entwurf des GKV-WSG. Dort ist zu der „Besitzschutzregelung“ in § 6 Abs. 9 SGB V ausgeführt: „Arbeitnehmer, die am Stichtag zum Beispiel als Studenten oder Selbstständige privat krankenversichert waren, sollen sich dagegen nicht auf den Bestandsschutz berufen können“ (BT-Drs. 16/4247, S. 30). Diese Erwägung zeigt, dass der Ausschuss - wie selbstverständlich - davon ausging, dass auch ehemals Selbstständige unter die Neuregelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V fallen sollen, denn sonst hätte es keiner Ausführungen dazu bedurft, ob dieser Personenkreis von der Bestandsschutzklausel erfasst sein sollte.
41 
Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist in seinem Urteil vom 10. Juni 2009 (BVerfG, NJW 2009, 2033, hier zitiert nach Juris) davon ausgegangen, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V auch Personen erfasst, die aus einer Selbstständigkeit heraus eine Beschäftigung mit einem Einkommen über der Jahresarbeitsentgeltgrenze aufnehmen Es hat ausgeführt (Juris Rn. 227):
42 
„Versicherte, die aufgrund von § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V neuer Fassung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen und damit nicht mehr sofort in die private Krankenversicherung wechseln oder in ihr verbleiben können, sind durch die temporär angeordnete Pflichtmitgliedschaft in einer öffentlichrechtlichen Krankenkasse in Art. 2 Abs. 1 GG betroffen (vgl. BVerfGE 115, 25 <42> m.w.N.)“
43 
Das BVerfG hat also deutlich die Norm auch für solche Beschäftigten für anwendbar gehalten, die schon Mitglied einer privaten Krankenversicherung sind, und dann durch die Neuregelung davon abgehalten werden, in dieser zu verbleiben (bzw. gezwungen sind, zwei Versicherungen zu unterhalten). Dies können nach Lage der Dinge aber im Wesentlichen nur ehemals Selbstständige wie der Kläger sein, denn abhängig Beschäftigte, deren Einkommen schon länger über der Jahresarbeitsentgeltgrenze lag, waren nicht negativ betroffen.
44 
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V knüpft an die Höhe des Arbeitsentgelts an. Arbeitsentgelt ist die sozialrechtliche Bezeichnung des Einkommens aus abhängiger Tätigkeit (§ 14 Abs. 1 SGB IV). Selbstständige erzielen dagegen sozialversicherungsrechtlich betrachtet Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV). Ein Selbstständiger, der erstmals - oder erneut - eine Beschäftigung mit einem Einkommen über der Grenze des § 6 Abs. 6 und 7 SGB V aufnimmt, hat daher - rückwirkend betrachtet - niemals in den letzten drei Jahren ein Arbeitsentgelt über der Jahresarbeitsentgeltgrenze bezogen, sondern nur Arbeitseinkommen. Schon diese begriffliche Unterscheidung zeigt, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V eine selbstständige Tätigkeit vor Beginn der Beschäftigung nicht genügen lässt.
45 
(bb) Diese Ausführungen gelten auch für solche Selbstständigen, die vor ihrer Selbstständigkeit als Beschäftigte wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei wurden, auch dann, wenn sie sich damals privat krankenversichert und diese private Absicherung als Selbstständige weitergeführt haben. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V meint jene drei Kalenderjahre, die vor Beginn der fraglichen Beschäftigung lagen. Versicherungsfreiheit ist kein lebenslanger Dauerzustand, sondern immer von den aktuellen Umständen abhängig. Dies hat der Gesetzgeber des GKV-WSG nochmals betont, indem er ausführte, die Entscheidung für eine private Absicherung des Krankheitsrisikos sei - nur - bei unveränderten Lebensverhältnissen dauerhaft (BT-Drs. 16/3100, S. 95). Auch unter früherem Recht fiel ein Selbstständiger, der eine Beschäftigung mit einem Einkommen unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze aufnahm, wieder in die Versicherungspflicht, ohne Rücksicht darauf, dass er sich privat krankenversichert hatte. Auch damals waren länger zurückliegende Zeiträume für die Beurteilung der aktuellen Versicherungspflicht unerheblich. Dies ist auch inhaltlich nachvollziehbar, denn die Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze in drei aufeinanderfolgenden Jahren soll auch deutlich machen, dass der Betroffene aktuell und dauerhaft nicht des Schutzes der gesetzlichen Krankenversicherung bedarf und daher versicherungsfrei sein kann. Hierzu sagt die Höhe des Einkommens in der weiter zurückliegenden Vergangenheit nichts aus.
46 
(2) Nach alledem fällt der Kläger seit dem 01. September 2007 nicht unter § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und ist daher nicht versicherungsfrei.
47 
Allerdings hat der Kläger in dem gesamten Zeitraum seitdem ein Einkommen über der jeweiligen Jahresarbeitsentgeltgrenze bezogen. Maßgeblich für ihn ist - dauerhaft - die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs. 7 SGB V, denn der Kläger war am 31. Dezember 2002 noch abhängig beschäftigt und daher grundsätzlich versicherungspflichtig, aber mit seinem Einkommen von EUR 45.772,00 im Jahre 2002 (monatlich EUR 3.814,33) wegen Überschreitens der damaligen Jahresarbeitsentgeltgrenze (EUR 40.500,00) versicherungsfrei. Mit seinen Einkünften seit September 2007 lag der Kläger regelmäßig über dieser besonderen Jahresarbeitsentgeltgrenze. Dies gilt auch für das Jahr 2009, obwohl das Monatseinkommen für Januar bis April 2009 auf EUR 3.818,00 abgesunken war, denn die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze betrug in dieser Zeit EUR 3.675,00.
48 
Jedoch hat der Kläger in den drei vorangegangenen Kalenderjahren, hier also von 2004 bis 2006, nicht durchgängig ein so hohes Arbeitsentgelt bezogen. In dieser Zeit war er überwiegend selbstständig, nämlich vom 01. April 2004 bis zum 31. Januar 2005 und während des ganzen Jahres 2006. In dieser Zeit bezog er überhaupt kein Arbeitsentgelt, sondern Arbeitseinkommen. Wie hoch dieses war, ist unerheblich.
49 
(3) Diese Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V verletzt den Kläger nicht in seinen Grundrechten. Eine Aussetzung des Verfahrens verbunden mit einer Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG schied daher aus.
50 
(aa) Das BVerfG hat bereits in dem genannten Urteil vom 10. Juni 2009 entschieden, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zwar in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) derjenigen eingreift, die wegen der Dreijahresfrist nicht mehr in die private Krankenversicherung wechseln oder in ihr verbleiben können, dass dieser Eingriff jedoch gerechtfertigt ist (Juris, Rn. 228 ff.). Es sah diese Rechtfertigung für den „Normalfall“ eines Beschäftigten, dessen Einkommen über die Grenze gestiegen ist, in einer „nachgehenden Solidarität“ und einem Ausgleich dafür, dass solche Beschäftigten „unter Umständen jahrzehntelang als beitragsfrei Familienversicherte, als Auszubildende oder Berufsanfänger mit geringem Arbeitsentgelt von den Leistungen der Solidargemeinschaft profitiert haben“ (Juris, Rn. 231). Ausdrücklich aber hält das BVerfG den in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V liegenden Eingriff auch für jene Betroffenen gerechtfertigt, die bereits zuvor nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren. Es hat hierzu ausgeführt (Juris, Rn. 232 f.):
51 
„Gleichwohl ist die Einbeziehung in die Versicherungspflicht auch für sie zumutbar. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, diese Personen von vornherein aus der Versicherungspflicht herauszunehmen, denn die Dreijahresfrist ist auch unabhängig von dem Gedanken der nachlaufenden Solidarität gerechtfertigt. Er kann den Nachweis des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze davon abhängig machen, dass diese Überschreitung von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stetigkeit ist. (…) Bei der Verlängerung der Versicherungspflicht durfte der Gesetzgeber zudem den Aspekt einer Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung berücksichtigen. Bei der Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung handelt es sich um einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang. Dies legitimiert im Rahmen der Herstellung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft auch Erweiterungen des einbezogenen Personenkreises, um so für einen besseren Ausgleich zwischen Mitgliedern mit höheren und niedrigeren Einkommen zu sorgen.“
52 
Diese Entscheidung hat allerdings nach § 31 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) keine Gesetzeskraft, so dass der Senat nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen an sie gebunden ist. Das BVerfG hat in dem Urteil nur die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zurückgewiesen, nicht aber im Tenor die einzelnen zur Prüfung gestellten Vorschriften für mit dem GG vereinbar erklärt.
53 
Der Senat schließt sich aber inhaltlich den Ausführungen des BVerfG an. Zwar wiegt der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit derjenigen, die schon länger privat versichert sind, schwerer als bei solchen Versicherten, die nur länger auf einen Wechsel in die private Krankenversicherung warten müssen. Auch hier ist der Eingriff jedoch im Hinblick auf den Nachweis der Stetigkeit des hohen Einkommens, wegen der damit fehlenden Schutzbedürftigkeit und zur Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung verhältnismäßig. Insbesondere ist er zumutbar, also verhältnismäßig im engeren Sinn. Hierbei geht der Senat davon aus, dass eine private Krankenversicherung regelmäßig für drei Jahre in eine Anwartschaftserhaltungsversicherung umgestellt werden kann, für die der Betroffene nur geringe Beiträge zahlen muss, die ihm aber seine Altersrückstellungen erhält und eine neue Gesundheitsprüfung mit der Gefahr höherer Prämien oder neuer Versicherungsausschlüsse ausschließt.
54 
(bb) Der Senat sieht auch keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Diesem Prüfungsmaßstab hatte das BVerfG § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nicht unterworfen, er ist aber anwendbar:
55 
Diese Norm behandelt in der hier für richtig gehaltenen Auslegung Beschäftigte, die schon mindestens drei Jahre in einer Beschäftigung die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten hatten, anders als solche Beschäftigten, die in den drei Jahren vor Beginn der Beschäftigung selbstständig waren. Erstere sind in ihrer Beschäftigung nunmehr versicherungsfrei und können ggfs. die gesetzliche Krankenversicherung verlassen, letztere werden drei Jahre versicherungspflichtig. Diese Ungleichbehandlung besteht unabhängig von den Einkünften in den letzten drei Jahren. Auch Selbstständige, deren Arbeitseinkommen höher lag als die für Beschäftigte geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze, werden versicherungspflichtig.
56 
Diese Differenzierung muss nach einem mittleren Prüfungsmaßstab gerechtfertigt sein, sie muss also dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen (vgl. BVerfGE 99, 367, 388). Der Gesetzgeber knüpft nämlich zwar an ein personengebundenes Unterscheidungsmerkmal an - Art der Tätigkeit in den letzten drei Jahren - (vgl. zur Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten BVerfGE 90, 46, 56 f.), dieses Merkmal ist für die Betroffenen jedoch nicht unveränderlich, denn die Entscheidung, selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt zu sein, trifft der Betroffene frei.
57 
Den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügt die Differenzierung. Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Unterscheidung zwischen Selbstständigen und abhängig Beschäftigten grundlegend. Beschäftigte sind dem Grund nach versicherungspflichtig (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Die Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ist eine Ausnahme hiervon, die nur unter engen Voraussetzungen eingreift. Dagegen sind Selbstständige fast durchgängig und stärker als in den anderen Zweigen der Sozialversicherung von der Versicherungspflicht ausgeschlossen, im Wesentlichen sind nur Künstler, Publizisten und Landwirte versicherungspflichtig (§ 5 Abs. 1 Nrn. 3, 4 SGB V). Hinter dieser Unterscheidung steht die Annahme des Gesetzgebers, dass Beschäftigte grundsätzlich eher des Schutzes der gesetzlichen Krankenversicherung bedürfen als Selbstständige. Diese Annahme ist zwar typisierend, aber nicht zu beanstanden. Insbesondere im Hinblick auf ihre Altersabsicherung, die typischerweise im Wesentlichen nur die gesetzliche Rente umfasst, sind Beschäftigte stärker auf die gesetzliche Krankenversicherung angewiesen. Nur Selbstständige haben die Möglichkeit, in größerem Maße unternehmerische Gewinne zu erzielen und dadurch selbst eine ausreichende Absicherung im Alter zu erwerben, aus der sie dann die - im Alter meist steigenden - Kosten einer Krankenversicherung tragen können. Wenn aber die Annahme des Gesetzgebers zutrifft, dass Beschäftigte typischerweise schutzbedürftiger sind, dann gilt dies besonders für ehemals Selbstständige, die erstmals (nach längerer Zeit) oder erneut eine Beschäftigung aufnehmen. Es ist nicht zu beanstanden, dass diese ebenso behandelt werden wie andere Versicherte, die vor Beginn der Beschäftigung überhaupt nicht erwerbstätig waren. Jedenfalls darf der Gesetzgeber bei solchen Neubeschäftigten die Versicherungsfreiheit drei Jahre hinausschieben, damit der Nachweis geführt ist, dass der hohe Verdienst dauerhaft und stetig ist und also wirklich keine (dauerhafte) Schutzbedürftigkeit besteht. Versicherte, die schon längere Zeit beschäftigt waren, haben diesen Nachweis bereits geführt. Zumutbar ist die Ungleichbehandlung aus den gleichen Erwägungen heraus wie bei der Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit.
58 
cc) Der Kläger ist seit dem 01. September 2007 auch nicht nach § 6 Abs. 9 SGB V versicherungsfrei.
59 
Diese Vorschrift bestimmt, dass Arbeiter und Angestellte, die nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V erfüllen, aber am 02. Februar 2007 wegen Überschreitens der (damals geltenden) Jahresarbeitsentgeltgrenze bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren (…), versicherungsfrei bleiben, solange sie keinen anderen Tatbestand der Versicherungspflicht (als den nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) erfüllen. Diese Vorschrift ist eng auszulegen und erfasst allein solche Personen, die am 02. Februar 2007 Beschäftigte waren. Wer an diesem Stichtag selbstständig war, wird nicht erfasst (BT-Drs. 16/4247, S. 30). Dies folgt auch aus dem Wortlaut der Norm, der von Arbeitern und Angestellten und von Versicherungsfreiheit am Stichtag spricht, die bei Selbstständigen schon begrifflich nicht möglich ist. Der Kläger aber war am 02. Februar 2007 selbstständig tätig.
60 
§ 6 Abs. 9 SGB V kann nicht derart extensiv ausgelegt werden - bzw. analog angewandt werden -, dass auch solche Personen erfasst sind, die am Stichtag selbstständig waren. In diesem Punkt ist der Senat anderer Ansicht als das SG und das Sozialgericht Dresden in seinem Urteil vom 10. Dezember 2008. Aus den Gesetzesmaterialien und dem Urteil des BVerfG vom 10. Juni 2009 geht deutlich hervor, dass der Gesetzgeber mit der dreijährigen Wartefrist auch solche Personen in die Versicherungspflicht einbeziehen wollte, die - z.B. wegen einer selbstständigen Tätigkeit zuvor - bereits privat krankenversichert sind. Außerdem betraf das Urteil des Sozialgerichts Dresden einen Sonderfall. Der dortige Kläger war nur kurz selbstständig gewesen. Bei Aufnahme seiner Beschäftigung am 01. Oktober 2007 hatte die dortige Beklagte als die letzten drei Kalenderjahre die Jahre 2004 bis 2006 beurteilt, in denen der dortige Kläger durchgängig beschäftigt war und ein Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze bezogen hatte. Die dort beklagte Krankenkasse hatte daher ab Oktober 2007 Versicherungsfreiheit festgestellt. Das Sozialgericht Dresden hat ihr lediglich das Recht abgesprochen, die Versicherungspflicht zum 01. Januar 2008 erneut zu prüfen (und hierbei dann die Jahre 2005 bis 2007 zu Grunde zu legen). Der Kläger des vorliegenden Verfahrens war jedoch vor Aufnahme seiner Beschäftigung am 01. September 2007 nicht versicherungspflichtig, denn in den - insoweit maßgeblichen - Jahren 2004 bis 2006 war er nicht durchgängig beschäftigt, sondern überwiegend, zuletzt vom 01. Januar 2006 bis zum 31. August 2007, selbstständig tätig gewesen.
61 
Auch die in § 6 Abs. 9 SGB V enthaltene Differenzierung zwischen jenen, die am 02. Februar 2007 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei waren, und jenen, die an diesem Stichtag als Selbstständige gar nicht versicherungspflichtig waren, verletzt Art. 3 Abs. 1 GG nicht. Bei der Festlegung von Stichzeitpunkten, insbesondere wenn diese - wie hier - dem Vertrauensschutz Betroffener dienen sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei und nur an das Willkürverbot gebunden (BVerfGE 95, 64, 88). Die Bestandsschutzregelung in § 6 Abs. 9 SGB V musste schon deshalb nur versicherungsfreie Beschäftigte erfassen, weil nur diese von der Verschärfung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in ihren Grundrechten betroffen waren, denn sie hatten diese Rechtsposition bereits erworben. Ein Selbstständiger dagegen hatte unter altem Recht kein schutzwürdiges Vertrauen erwerben können. Für ihn bestand allenfalls eine bloße Hoffnung, bei Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung nicht versicherungspflichtig zu werden. Diese Hoffnung hätte sich schon dann zerschlagen, wenn der Gesetzgeber die Jahresarbeitsentgeltgrenze angehoben hätte. Auch dann wäre ein Selbstständiger bei Aufnahme einer Beschäftigung mit einem Einkommen unter dieser Grenze unabdingbar versicherungspflichtig geworden, ein Beschäftigter dagegen hätte sich nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V befreien lassen können.
62 
4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
63 
5. Der Senat lässt nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Revision zu. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung, denn sie wirft verfassungsrechtliche Fragen auf und es liegt noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Anwendbarkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und des § 6 Abs. 9 SGB V auf ehemals Selbstständige vor.

Gründe

 
19 
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist form- und fristgerecht nach § 151 Abs. 1 SGG eingelegt, auch sonst zulässig und ebenfalls begründet. Anders als das SG hält der Senat den angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 30. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2008 für rechtmäßig und die Klage daher für unbegründet. Das Urteil des SG war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
20 
1. Gegenstand des Verfahrens ist - nur - die Frage der Versicherungspflicht und damit verbunden der Versicherungsfreiheit des Klägers (§§ 5, 6 SGB V). Zwar hatte der Kläger mit seinem Antrag vom 30. Oktober 2007 - primär - einen Antrag auf „Befreiung“ von der Versicherungspflicht gestellt. Inhaltlich ging es ihm jedoch von Anfang an um die Feststellung, nicht versicherungspflichtig zu sein. Entsprechend hat auch die Beklagte in dem Bescheid vom 30. November 2007 nicht nur den Befreiungsantrag abgelehnt, sondern in erster Linie festgestellt, dass der Kläger nicht versicherungsfrei und damit versicherungspflichtig ist. Dies war sachgerecht, denn ein Befreiungstatbestand nach § 8 SGB V oder einer anderen Norm liegt ersichtlich nicht vor. Einen etwaigen Befreiungsanspruch hat der Kläger dann auch nicht mehr weiterverfolgt, sondern in der mündlichen Verhandlung vor dem SG lediglich noch die Feststellung seiner Versicherungsfreiheit begehrt.
21 
2. Mit diesem Inhalt ist die Anfechtungs- und Feststellungsklage des Klägers zulässig.
22 
Der Anfechtungsantrag des Klägers ist zulässig, weil das Schreiben der Beklagten vom 30. November 2007 einen Verwaltungsakt darstellt. Zwar tritt Versicherungspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung kraft Gesetzes ein, wenn die Voraussetzungen für sie vorliegen. Es bedarf daher keines Bescheids der zuständigen Krankenkasse über die Aufnahme oder den Beginn der Versicherungspflicht (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, SozR 3-2200 § 306 Nr. 2, SozR 3-2500 § 9 Nr. 3). Dies hindert jedoch eine Krankenkasse nicht, Bescheide zu erlassen. Maßgebend ist allein, ob nach § 31 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) eine Regelung mit Rechtswirkung nach außen getroffen wird. Dem entspricht es, dass die Krankenkassen - in ihrer Funktion als Einzugsstellen - nach § 28h Abs. 2 Satz 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) Verwaltungsakte über die Versicherungspflicht (und auch die Beitragspflicht) u. a. in der gesetzlichen Krankenversicherung erlassen können. Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 30. November 2007 die Versicherungspflicht des Klägers in diesem Sinne geregelt. Sie hat Ihrem Schreiben schon nach dem Inhalt ihrer Formulierungen einen rechtlich verbindlichen Charakter beigegeben. Dies zeigt sich auch darin, dass sie den Widerspruch des Klägers nicht als unzulässig zurückgewiesen, sondern in ihrem Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2008 inhaltlich über die Frage der Versicherungsfreiheit und damit der Versicherungspflicht entschieden hat. Es liegt also zumindest ein so genannter Formverwaltungsakt vor.
23 
Gegen einen solchen Bescheid kann die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Variante 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) erhoben werden. Der Betroffene ist nicht darauf verwiesen, die Behörde zur begehrten Feststellung verpflichten zu lassen, sondern kann selbst auf Feststellung klagen (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 55 Rn. 3b i.V.m. Rn. 13c). Das nach § 55 Abs. 1 Halbsatz 2 SGG notwendige Feststellungsinteresse liegt schon wegen der mit der Versicherungspflicht verbundenen Beitragspflicht vor.
24 
3. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht mit dem angegriffenen Bescheid die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung in seiner Beschäftigung ab dem 01. September 2007 festgestellt.
25 
a) Die Beklagte war für den Erlass des angegriffenen Bescheids zuständig, sodass dieser nicht formell rechtswidrig ist.
26 
Allerdings hat die Beklagte nicht als Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV gehandelt. Die Einzugsstellen haben nach dieser Vorschrift umfassend die Versicherungs- und Beitragspflicht und auch die Höhe der geschuldeten Beiträge bzw. des Beitragsanteils von Arbeitgeber und Arbeitnehmer in allen Zweigen der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung festzustellen. Die Beklagte hat jedoch allein die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung festgestellt und keine Aussagen zur Versicherungspflicht in der Rentenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförderung und im Übrigen auch nicht in der Pflegeversicherung getroffen. Außerdem hat sie die Beitragshöhe nicht festgesetzt.
27 
Die Kompetenz der Einzustellen nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV verdrängt jedoch nicht die Befugnis der einzelnen Träger der Sozialversicherung, für ihren Bereich die Versicherungspflicht festzustellen. Die Einzugsstellen nehmen nur die Kompetenzen der einzelnen Träger in gesetzlicher Verfahrens- und Prozessstandschaft wahr (BSG, Urteil vom 15. Juli 2009, B 12 KR 14/08 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 17; vgl zur Entwicklung BSG SozR 3-2400 § 28h Nr. 9). Diese Prozessstandschaft ist so ausgestaltet, dass sie lediglich die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht und der Beitragshöhe sowie den Beitragseinzug zum Inhalt hat, es den anderen Versicherungsträgern im Übrigen aber unbenommen ist, ihre Belange im Rahmen der aufgezeigten Verfahrensrechte eigenständig wahrzunehmen (BSG SozR 3-2400 § 28h Nr. 9).
28 
In diesem Rahmen hat die Beklagte allein über die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung entschieden.
29 
b) Der Bescheid vom 30. November 2007 ist nicht wegen Fehlens einer ausdrücklichen Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts rechtswidrig.
30 
Auch wenn die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung kraft Gesetzes eintritt (s. oben), so sind die Krankenkassen berechtigt, aus Gründen der Rechtsklarheit insbesondere in Zweifelsfällen einen feststellenden Verwaltungsakt zu erlassen. Dies gilt insbesondere, wenn - wie hier - auch über das Vorliegen der Voraussetzungen eines Tatbestandes der Versicherungsfreiheit (§ 6 SGB V) zu entscheiden ist. Solche „Vorabentscheidungen“, also Regelungen, mit denen die Behörde bestimmte Elemente eines zukünftigen Anspruchs oder Rechtsverhältnisses schon vor der Entstehung verbindlich bejaht oder verneint, sind grundsätzlich möglich (Engelmann, in: v. Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2008, § 31 Rn. 29). Für ihre Zulassung besteht oftmals ein Bedürfnis, weil die Betroffenen frühzeitig Dispositionen treffen und dazu wissen müssen, auf welche Rechtslage sie sich einzustellen haben (vgl. etwa BSG SozR 4100 § 75 Nr 6; BSGE 78, 91; 78, 98, 103 f; BVerwGE 57, 158, 161). Solche (vorgezogenen) Feststellungen sind auch ohne gesetzliche Ermächtigung zulässig, soweit sich nicht aus den einschlägigen Vorschriften oder aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht etwas anderes ergibt (BSG SozR 3-1300 § 39 Nr. 7).
31 
c) Die materiellen Voraussetzungen zur Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung lagen vor.
32 
aa) Der Kläger ist ab dem 01. September 2007 als Beschäftigter im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV tätig und daher nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V dem Grunde nach versicherungspflichtig zur gesetzlichen Krankenversicherung. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
33 
bb) Der Kläger ist in dieser Beschäftigung nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 SGB V versicherungsfrei.
34 
(1) § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bestimmt, dass versicherungsfrei Arbeiter und Angestellte sind, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt. Die hier in Bezug genommenen Beträge nach § 6 Abs. 6 SGB V („allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze“) und § 6 Abs. 7 SGB V („besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze“), die erst zum 01. Januar 2003 eingeführt wurde, betrugen (vgl. zur Berechnung § 6 Abs. 6 Sätze 2 bis 4, Abs. 7 Satz 2 SGB V):
35 
Jahr allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze
jährlich monatlich jährlich monatlich
1999 DM 76.500,00 DM 6.375,00
2000 DM 77.400,00 DM 6.450,00
2001 DM 78.300,00 DM 6.525,00
2002 EUR 40.500,00 EUR 3.375,00
2003 EUR 45.900,00 EUR 3.825,00 EUR 41.400,00 EUR 3.450,00
2004 EUR 46.350,00 EUR 3.862,00 EUR 41.850,00 EUR 3.487,50
2005 EUR 46.800,00 EUR 3.900,00 EUR 42.300,00 EUR 3.525,00
2006 EUR 47.250,00 EUR 3.937,50 EUR 42.750,00 EUR 3.562,50
2007 EUR 47.700,00 EUR 3.975,00 EUR 42.750,00 EUR 3.562,50
2008 EUR 48.150,00 EUR 4.012,50 EUR 43.200,00 EUR 3.600,00
2009 EUR 48.600,00 EUR 4.050,00 EUR 44.100,00 EUR 3.675,00
36 
Die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 7 SGB VI gilt für jene Arbeiter und Angestellten, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren. Zum 01. Januar 2003 war die (nunmehr: allgemeine) Jahresarbeitsentgeltgrenze durch das Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I, S. 4637) erheblich erhöht worden.
37 
Der in § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB V enthaltene Zusatz „und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat“ wurde durch Art. 1 Nr. 3 Buchstabe a des GKV-WSG in das SGB V eingefügt. Zu diesem Zusatz bestimmt § 6 Abs. 4 SGB V Näheres. Diese Vorschrift lautet auszugsweise: Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird (Satz 1). Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist (Satz 3). Ein Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze in einem von drei aufeinander folgenden Kalenderjahren liegt vor, wenn das tatsächlich im Kalenderjahr erzielte regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze überstiegen hat (Satz 4). Für Zeiten, in denen bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis kein Arbeitsentgelt erzielt worden ist, insbesondere bei Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlung sowie bei Bezug von Entgeltersatzleistungen, ist ein regelmäßiges Arbeitsentgelt in der Höhe anzusetzen, in der es ohne die Unterbrechung erzielt worden wäre (Satz 5).
38 
(aa) Der durch das GKV-WSG eingefügte Zusatz in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V mit dem Erfordernis eines dreijährigen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze erfasst auch Personen mit einem Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze, die vor Beginn ihrer Beschäftigung wegen einer selbstständigen Tätigkeit oder aus anderen Gründen nicht versicherungspflichtig waren. Auch sie sind (mindestens) drei Jahre lang versicherungspflichtig.
39 
Grundsätzlich soll zwar dieser Einschub solche Personen erfassen, die bereits vor Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze abhängig beschäftigt waren. Sie sollen danach noch drei - weitere - Jahre als Pflichtmitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung gehalten werden. Dies ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien. Die Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und SPD haben in ihrem Gesetzesentwurf vom 24. Oktober 2006 ausgeführt: „Zukünftig sind abhängig Beschäftigte erst dann versicherungsfrei, wenn ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt in drei aufeinander folgenden Jahren die Jahresarbeitsentgeltgrenze überstiegen hat. Diese Regelung führt zu einer Erschwerung des Wechsels der Betroffenen von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung“. Es „sollen abhängig Beschäftigte (…) weiterhin ihren Solidarbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung leisten. Erst danach können sie sich für eine private Absicherung ihres Krankheitsrisikos entscheiden“ (BT-Drs. 16/3100, S. 95).
40 
Der Gesetzgeber hat jedoch auch Personen, die vor Beginn der Beschäftigung nicht versicherungspflichtig waren, ausdrücklich der Neuregelung unterworfen. Der Gesetzentwurf führt aus: „Die (neue) Regelung gilt für alle Arbeitnehmer, also auch für solche, die zuvor z. B. als Selbstständige oder Freiberufler tätig waren“ (BT-Drs. 16/3100, S. 96). Dass auch ehemals selbstständig Tätige nach Aufnahme einer Beschäftigung mit einem Einkommen über der Jahresarbeitsentgeltgrenze für (mindestens) drei Jahre versicherungspflichtig sein sollen, ergibt sich weiter aus dem Bericht des Bundestagsausschusses für Gesundheit zum Entwurf des GKV-WSG. Dort ist zu der „Besitzschutzregelung“ in § 6 Abs. 9 SGB V ausgeführt: „Arbeitnehmer, die am Stichtag zum Beispiel als Studenten oder Selbstständige privat krankenversichert waren, sollen sich dagegen nicht auf den Bestandsschutz berufen können“ (BT-Drs. 16/4247, S. 30). Diese Erwägung zeigt, dass der Ausschuss - wie selbstverständlich - davon ausging, dass auch ehemals Selbstständige unter die Neuregelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V fallen sollen, denn sonst hätte es keiner Ausführungen dazu bedurft, ob dieser Personenkreis von der Bestandsschutzklausel erfasst sein sollte.
41 
Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist in seinem Urteil vom 10. Juni 2009 (BVerfG, NJW 2009, 2033, hier zitiert nach Juris) davon ausgegangen, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V auch Personen erfasst, die aus einer Selbstständigkeit heraus eine Beschäftigung mit einem Einkommen über der Jahresarbeitsentgeltgrenze aufnehmen Es hat ausgeführt (Juris Rn. 227):
42 
„Versicherte, die aufgrund von § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V neuer Fassung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen und damit nicht mehr sofort in die private Krankenversicherung wechseln oder in ihr verbleiben können, sind durch die temporär angeordnete Pflichtmitgliedschaft in einer öffentlichrechtlichen Krankenkasse in Art. 2 Abs. 1 GG betroffen (vgl. BVerfGE 115, 25 <42> m.w.N.)“
43 
Das BVerfG hat also deutlich die Norm auch für solche Beschäftigten für anwendbar gehalten, die schon Mitglied einer privaten Krankenversicherung sind, und dann durch die Neuregelung davon abgehalten werden, in dieser zu verbleiben (bzw. gezwungen sind, zwei Versicherungen zu unterhalten). Dies können nach Lage der Dinge aber im Wesentlichen nur ehemals Selbstständige wie der Kläger sein, denn abhängig Beschäftigte, deren Einkommen schon länger über der Jahresarbeitsentgeltgrenze lag, waren nicht negativ betroffen.
44 
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V knüpft an die Höhe des Arbeitsentgelts an. Arbeitsentgelt ist die sozialrechtliche Bezeichnung des Einkommens aus abhängiger Tätigkeit (§ 14 Abs. 1 SGB IV). Selbstständige erzielen dagegen sozialversicherungsrechtlich betrachtet Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV). Ein Selbstständiger, der erstmals - oder erneut - eine Beschäftigung mit einem Einkommen über der Grenze des § 6 Abs. 6 und 7 SGB V aufnimmt, hat daher - rückwirkend betrachtet - niemals in den letzten drei Jahren ein Arbeitsentgelt über der Jahresarbeitsentgeltgrenze bezogen, sondern nur Arbeitseinkommen. Schon diese begriffliche Unterscheidung zeigt, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V eine selbstständige Tätigkeit vor Beginn der Beschäftigung nicht genügen lässt.
45 
(bb) Diese Ausführungen gelten auch für solche Selbstständigen, die vor ihrer Selbstständigkeit als Beschäftigte wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei wurden, auch dann, wenn sie sich damals privat krankenversichert und diese private Absicherung als Selbstständige weitergeführt haben. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V meint jene drei Kalenderjahre, die vor Beginn der fraglichen Beschäftigung lagen. Versicherungsfreiheit ist kein lebenslanger Dauerzustand, sondern immer von den aktuellen Umständen abhängig. Dies hat der Gesetzgeber des GKV-WSG nochmals betont, indem er ausführte, die Entscheidung für eine private Absicherung des Krankheitsrisikos sei - nur - bei unveränderten Lebensverhältnissen dauerhaft (BT-Drs. 16/3100, S. 95). Auch unter früherem Recht fiel ein Selbstständiger, der eine Beschäftigung mit einem Einkommen unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze aufnahm, wieder in die Versicherungspflicht, ohne Rücksicht darauf, dass er sich privat krankenversichert hatte. Auch damals waren länger zurückliegende Zeiträume für die Beurteilung der aktuellen Versicherungspflicht unerheblich. Dies ist auch inhaltlich nachvollziehbar, denn die Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze in drei aufeinanderfolgenden Jahren soll auch deutlich machen, dass der Betroffene aktuell und dauerhaft nicht des Schutzes der gesetzlichen Krankenversicherung bedarf und daher versicherungsfrei sein kann. Hierzu sagt die Höhe des Einkommens in der weiter zurückliegenden Vergangenheit nichts aus.
46 
(2) Nach alledem fällt der Kläger seit dem 01. September 2007 nicht unter § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und ist daher nicht versicherungsfrei.
47 
Allerdings hat der Kläger in dem gesamten Zeitraum seitdem ein Einkommen über der jeweiligen Jahresarbeitsentgeltgrenze bezogen. Maßgeblich für ihn ist - dauerhaft - die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs. 7 SGB V, denn der Kläger war am 31. Dezember 2002 noch abhängig beschäftigt und daher grundsätzlich versicherungspflichtig, aber mit seinem Einkommen von EUR 45.772,00 im Jahre 2002 (monatlich EUR 3.814,33) wegen Überschreitens der damaligen Jahresarbeitsentgeltgrenze (EUR 40.500,00) versicherungsfrei. Mit seinen Einkünften seit September 2007 lag der Kläger regelmäßig über dieser besonderen Jahresarbeitsentgeltgrenze. Dies gilt auch für das Jahr 2009, obwohl das Monatseinkommen für Januar bis April 2009 auf EUR 3.818,00 abgesunken war, denn die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze betrug in dieser Zeit EUR 3.675,00.
48 
Jedoch hat der Kläger in den drei vorangegangenen Kalenderjahren, hier also von 2004 bis 2006, nicht durchgängig ein so hohes Arbeitsentgelt bezogen. In dieser Zeit war er überwiegend selbstständig, nämlich vom 01. April 2004 bis zum 31. Januar 2005 und während des ganzen Jahres 2006. In dieser Zeit bezog er überhaupt kein Arbeitsentgelt, sondern Arbeitseinkommen. Wie hoch dieses war, ist unerheblich.
49 
(3) Diese Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V verletzt den Kläger nicht in seinen Grundrechten. Eine Aussetzung des Verfahrens verbunden mit einer Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG schied daher aus.
50 
(aa) Das BVerfG hat bereits in dem genannten Urteil vom 10. Juni 2009 entschieden, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zwar in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) derjenigen eingreift, die wegen der Dreijahresfrist nicht mehr in die private Krankenversicherung wechseln oder in ihr verbleiben können, dass dieser Eingriff jedoch gerechtfertigt ist (Juris, Rn. 228 ff.). Es sah diese Rechtfertigung für den „Normalfall“ eines Beschäftigten, dessen Einkommen über die Grenze gestiegen ist, in einer „nachgehenden Solidarität“ und einem Ausgleich dafür, dass solche Beschäftigten „unter Umständen jahrzehntelang als beitragsfrei Familienversicherte, als Auszubildende oder Berufsanfänger mit geringem Arbeitsentgelt von den Leistungen der Solidargemeinschaft profitiert haben“ (Juris, Rn. 231). Ausdrücklich aber hält das BVerfG den in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V liegenden Eingriff auch für jene Betroffenen gerechtfertigt, die bereits zuvor nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren. Es hat hierzu ausgeführt (Juris, Rn. 232 f.):
51 
„Gleichwohl ist die Einbeziehung in die Versicherungspflicht auch für sie zumutbar. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, diese Personen von vornherein aus der Versicherungspflicht herauszunehmen, denn die Dreijahresfrist ist auch unabhängig von dem Gedanken der nachlaufenden Solidarität gerechtfertigt. Er kann den Nachweis des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze davon abhängig machen, dass diese Überschreitung von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stetigkeit ist. (…) Bei der Verlängerung der Versicherungspflicht durfte der Gesetzgeber zudem den Aspekt einer Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung berücksichtigen. Bei der Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung handelt es sich um einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang. Dies legitimiert im Rahmen der Herstellung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft auch Erweiterungen des einbezogenen Personenkreises, um so für einen besseren Ausgleich zwischen Mitgliedern mit höheren und niedrigeren Einkommen zu sorgen.“
52 
Diese Entscheidung hat allerdings nach § 31 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) keine Gesetzeskraft, so dass der Senat nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen an sie gebunden ist. Das BVerfG hat in dem Urteil nur die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zurückgewiesen, nicht aber im Tenor die einzelnen zur Prüfung gestellten Vorschriften für mit dem GG vereinbar erklärt.
53 
Der Senat schließt sich aber inhaltlich den Ausführungen des BVerfG an. Zwar wiegt der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit derjenigen, die schon länger privat versichert sind, schwerer als bei solchen Versicherten, die nur länger auf einen Wechsel in die private Krankenversicherung warten müssen. Auch hier ist der Eingriff jedoch im Hinblick auf den Nachweis der Stetigkeit des hohen Einkommens, wegen der damit fehlenden Schutzbedürftigkeit und zur Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung verhältnismäßig. Insbesondere ist er zumutbar, also verhältnismäßig im engeren Sinn. Hierbei geht der Senat davon aus, dass eine private Krankenversicherung regelmäßig für drei Jahre in eine Anwartschaftserhaltungsversicherung umgestellt werden kann, für die der Betroffene nur geringe Beiträge zahlen muss, die ihm aber seine Altersrückstellungen erhält und eine neue Gesundheitsprüfung mit der Gefahr höherer Prämien oder neuer Versicherungsausschlüsse ausschließt.
54 
(bb) Der Senat sieht auch keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Diesem Prüfungsmaßstab hatte das BVerfG § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nicht unterworfen, er ist aber anwendbar:
55 
Diese Norm behandelt in der hier für richtig gehaltenen Auslegung Beschäftigte, die schon mindestens drei Jahre in einer Beschäftigung die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten hatten, anders als solche Beschäftigten, die in den drei Jahren vor Beginn der Beschäftigung selbstständig waren. Erstere sind in ihrer Beschäftigung nunmehr versicherungsfrei und können ggfs. die gesetzliche Krankenversicherung verlassen, letztere werden drei Jahre versicherungspflichtig. Diese Ungleichbehandlung besteht unabhängig von den Einkünften in den letzten drei Jahren. Auch Selbstständige, deren Arbeitseinkommen höher lag als die für Beschäftigte geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze, werden versicherungspflichtig.
56 
Diese Differenzierung muss nach einem mittleren Prüfungsmaßstab gerechtfertigt sein, sie muss also dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen (vgl. BVerfGE 99, 367, 388). Der Gesetzgeber knüpft nämlich zwar an ein personengebundenes Unterscheidungsmerkmal an - Art der Tätigkeit in den letzten drei Jahren - (vgl. zur Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten BVerfGE 90, 46, 56 f.), dieses Merkmal ist für die Betroffenen jedoch nicht unveränderlich, denn die Entscheidung, selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt zu sein, trifft der Betroffene frei.
57 
Den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügt die Differenzierung. Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Unterscheidung zwischen Selbstständigen und abhängig Beschäftigten grundlegend. Beschäftigte sind dem Grund nach versicherungspflichtig (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Die Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ist eine Ausnahme hiervon, die nur unter engen Voraussetzungen eingreift. Dagegen sind Selbstständige fast durchgängig und stärker als in den anderen Zweigen der Sozialversicherung von der Versicherungspflicht ausgeschlossen, im Wesentlichen sind nur Künstler, Publizisten und Landwirte versicherungspflichtig (§ 5 Abs. 1 Nrn. 3, 4 SGB V). Hinter dieser Unterscheidung steht die Annahme des Gesetzgebers, dass Beschäftigte grundsätzlich eher des Schutzes der gesetzlichen Krankenversicherung bedürfen als Selbstständige. Diese Annahme ist zwar typisierend, aber nicht zu beanstanden. Insbesondere im Hinblick auf ihre Altersabsicherung, die typischerweise im Wesentlichen nur die gesetzliche Rente umfasst, sind Beschäftigte stärker auf die gesetzliche Krankenversicherung angewiesen. Nur Selbstständige haben die Möglichkeit, in größerem Maße unternehmerische Gewinne zu erzielen und dadurch selbst eine ausreichende Absicherung im Alter zu erwerben, aus der sie dann die - im Alter meist steigenden - Kosten einer Krankenversicherung tragen können. Wenn aber die Annahme des Gesetzgebers zutrifft, dass Beschäftigte typischerweise schutzbedürftiger sind, dann gilt dies besonders für ehemals Selbstständige, die erstmals (nach längerer Zeit) oder erneut eine Beschäftigung aufnehmen. Es ist nicht zu beanstanden, dass diese ebenso behandelt werden wie andere Versicherte, die vor Beginn der Beschäftigung überhaupt nicht erwerbstätig waren. Jedenfalls darf der Gesetzgeber bei solchen Neubeschäftigten die Versicherungsfreiheit drei Jahre hinausschieben, damit der Nachweis geführt ist, dass der hohe Verdienst dauerhaft und stetig ist und also wirklich keine (dauerhafte) Schutzbedürftigkeit besteht. Versicherte, die schon längere Zeit beschäftigt waren, haben diesen Nachweis bereits geführt. Zumutbar ist die Ungleichbehandlung aus den gleichen Erwägungen heraus wie bei der Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit.
58 
cc) Der Kläger ist seit dem 01. September 2007 auch nicht nach § 6 Abs. 9 SGB V versicherungsfrei.
59 
Diese Vorschrift bestimmt, dass Arbeiter und Angestellte, die nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V erfüllen, aber am 02. Februar 2007 wegen Überschreitens der (damals geltenden) Jahresarbeitsentgeltgrenze bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren (…), versicherungsfrei bleiben, solange sie keinen anderen Tatbestand der Versicherungspflicht (als den nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) erfüllen. Diese Vorschrift ist eng auszulegen und erfasst allein solche Personen, die am 02. Februar 2007 Beschäftigte waren. Wer an diesem Stichtag selbstständig war, wird nicht erfasst (BT-Drs. 16/4247, S. 30). Dies folgt auch aus dem Wortlaut der Norm, der von Arbeitern und Angestellten und von Versicherungsfreiheit am Stichtag spricht, die bei Selbstständigen schon begrifflich nicht möglich ist. Der Kläger aber war am 02. Februar 2007 selbstständig tätig.
60 
§ 6 Abs. 9 SGB V kann nicht derart extensiv ausgelegt werden - bzw. analog angewandt werden -, dass auch solche Personen erfasst sind, die am Stichtag selbstständig waren. In diesem Punkt ist der Senat anderer Ansicht als das SG und das Sozialgericht Dresden in seinem Urteil vom 10. Dezember 2008. Aus den Gesetzesmaterialien und dem Urteil des BVerfG vom 10. Juni 2009 geht deutlich hervor, dass der Gesetzgeber mit der dreijährigen Wartefrist auch solche Personen in die Versicherungspflicht einbeziehen wollte, die - z.B. wegen einer selbstständigen Tätigkeit zuvor - bereits privat krankenversichert sind. Außerdem betraf das Urteil des Sozialgerichts Dresden einen Sonderfall. Der dortige Kläger war nur kurz selbstständig gewesen. Bei Aufnahme seiner Beschäftigung am 01. Oktober 2007 hatte die dortige Beklagte als die letzten drei Kalenderjahre die Jahre 2004 bis 2006 beurteilt, in denen der dortige Kläger durchgängig beschäftigt war und ein Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze bezogen hatte. Die dort beklagte Krankenkasse hatte daher ab Oktober 2007 Versicherungsfreiheit festgestellt. Das Sozialgericht Dresden hat ihr lediglich das Recht abgesprochen, die Versicherungspflicht zum 01. Januar 2008 erneut zu prüfen (und hierbei dann die Jahre 2005 bis 2007 zu Grunde zu legen). Der Kläger des vorliegenden Verfahrens war jedoch vor Aufnahme seiner Beschäftigung am 01. September 2007 nicht versicherungspflichtig, denn in den - insoweit maßgeblichen - Jahren 2004 bis 2006 war er nicht durchgängig beschäftigt, sondern überwiegend, zuletzt vom 01. Januar 2006 bis zum 31. August 2007, selbstständig tätig gewesen.
61 
Auch die in § 6 Abs. 9 SGB V enthaltene Differenzierung zwischen jenen, die am 02. Februar 2007 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei waren, und jenen, die an diesem Stichtag als Selbstständige gar nicht versicherungspflichtig waren, verletzt Art. 3 Abs. 1 GG nicht. Bei der Festlegung von Stichzeitpunkten, insbesondere wenn diese - wie hier - dem Vertrauensschutz Betroffener dienen sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei und nur an das Willkürverbot gebunden (BVerfGE 95, 64, 88). Die Bestandsschutzregelung in § 6 Abs. 9 SGB V musste schon deshalb nur versicherungsfreie Beschäftigte erfassen, weil nur diese von der Verschärfung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in ihren Grundrechten betroffen waren, denn sie hatten diese Rechtsposition bereits erworben. Ein Selbstständiger dagegen hatte unter altem Recht kein schutzwürdiges Vertrauen erwerben können. Für ihn bestand allenfalls eine bloße Hoffnung, bei Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung nicht versicherungspflichtig zu werden. Diese Hoffnung hätte sich schon dann zerschlagen, wenn der Gesetzgeber die Jahresarbeitsentgeltgrenze angehoben hätte. Auch dann wäre ein Selbstständiger bei Aufnahme einer Beschäftigung mit einem Einkommen unter dieser Grenze unabdingbar versicherungspflichtig geworden, ein Beschäftigter dagegen hätte sich nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V befreien lassen können.
62 
4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
63 
5. Der Senat lässt nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Revision zu. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung, denn sie wirft verfassungsrechtliche Fragen auf und es liegt noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Anwendbarkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und des § 6 Abs. 9 SGB V auf ehemals Selbstständige vor.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Versicherungsfreiheit des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

2

Der 1964 geborene Kläger ging bis März 2004 einer Beschäftigung nach, in der er im Hinblick auf sein hohes regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt in der GKV versicherungsfrei war. Von Januar 1999 bis Ende August 2001 war er als freiwillig Versicherter Mitglied der Rechtsvorgängerin der beklagten Krankenkasse. Seither unterhält er eine Krankheitskostenvollversicherung in der privaten Krankenversicherung (PKV). Von April 2004 bis Ende Januar 2005 war der Kläger selbstständig tätig. In der Folgezeit war er bis Dezember 2005 wieder beschäftigt, wobei das für diese elf Monate gemeldete Arbeitsentgelt 35 066 Euro betrug. Von Januar 2006 bis Ende August 2007 war der Kläger erneut selbstständig tätig. Seit 1.9.2007 ist er bei der beigeladenen Gesellschaft, die ein Assekuranz-Maklergeschäft betreibt, beschäftigt. Von September bis November 2007 betrug sein monatliches Arbeitsentgelt jeweils 4532 Euro, im Dezember 4832 Euro; im Jahr 2008 lag das Arbeitsentgelt zwischen 3760 Euro und 7044 Euro monatlich, von Januar bis April 2009 betrug es jeweils 3818 Euro monatlich.

3

Mit Bescheid vom 30.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.2.2008 stellte die Beklagte dem Kläger gegenüber fest, dass er vom Beginn seiner Beschäftigung am 1.9.2007 an "als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer durch seinen Arbeitgeber anzumelden" sei, weil er in dieser Beschäftigung weder nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V noch nach § 6 Abs 9 SGB V in der GKV versicherungsfrei sei bzw versicherungsfrei geblieben sei.

4

Das dagegen angerufene SG hat die Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger in seiner Beschäftigung ab 1.9.2007 in der GKV versicherungsfrei sei (Urteil vom 5.2.2009). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen: Der seit 1.9.2007 als Beschäftigter iS von § 7 Abs 1 SGB IV in der GKV versicherungspflichtige Kläger sei nicht ausnahmsweise nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 4 SGB V versicherungsfrei. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung sei auch auf Personen mit einem Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) anzuwenden, die vor Beginn ihrer Beschäftigung wegen einer selbstständigen Tätigkeit nicht versicherungspflichtig gewesen seien. Die Voraussetzungen der Regelung seien nicht erfüllt, weil der Kläger in den drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren vor dem 1.9.2007 als Selbstständiger Arbeitseinkommen, nicht aber - wie nach dem Gesetz erforderlich - Arbeitsentgelt erzielt habe. Für die Überschreitung der JAEG in drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren komme es auf die unmittelbar vor der Beschäftigung liegenden Jahre an, sodass ohne Bedeutung sei, dass der Kläger möglicherweise früher einmal die dreijährige Wartefrist erfüllt habe. Diese Auslegung verletze ihn nicht in seinen Grundrechten aus Art 2 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG. Der Kläger sei ab 1.9.2007 auch nicht nach § 6 Abs 9 SGB V versicherungsfrei. Er sei am 2.2.2007 Selbstständiger, nicht aber - wie das Gesetz verlange - Beschäftigter gewesen. Eine erweiternde Erstreckung der Vorschrift auf Personen, die am Stichtag als Selbstständige nicht versicherungspflichtig gewesen seien, komme nicht in Betracht. Diese Benachteiligung Selbstständiger sei nicht gleichheitswidrig, weil die Beschränkung der Bestandsschutzregelung des § 6 Abs 9 SGB V auf am 2.2.2007 versicherungsfreie Beschäftigte darauf beruhe, dass nur diese durch die Verschärfung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in ihren Grundrechten betroffen gewesen seien(Urteil vom 12.2.2010).

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung. Entgegen der Auffassung des LSG müsse nach dieser Vorschrift ein Überschreiten der JAEG nicht innerhalb jener drei Kalenderjahre erfolgen, die der Aufnahme der Beschäftigung unmittelbar vorangingen, sondern reiche aus, dass der Beschäftigte diese "Mindestverweildauer" in der GKV irgendwann einmal aufgewiesen habe. Für die Forderung nach einer wiederholten Erfüllung der dreijährigen Wartefrist bei mehrfachem Statuswechsel finde sich im Gesetz keine Stütze. Die hier vorliegende Fallkonstellation eines mehrfachen Wechsels zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit des Betroffenen habe das BVerfG in seinem Urteil vom 10.6.2009 (BVerfGE 123, 186 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8)nicht vor Augen gehabt. Anders als bei einem einmaligen Wechsel, bei dem sich wegen des späteren Eintrittsalters nur die Prämien zur PKV verteuerten, könne es bei einem mehrfachen Statuswechsel und mehrfacher Anwendung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V zu einer "Zerstückelung" des Versicherungsverlaufs in der PKV und zu erheblichen Störungen in der Prämienentwicklung kommen. Die Auslegung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V durch das LSG würde dazu führen, Versicherte von einem Wechsel in die PKV und Selbstständige von einem Wechsel in eine Beschäftigung abzuhalten, und verletze deren Grundrechte aus Art 2 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG. Weil die Übergangsregelung des § 6 Abs 9 SGB V nur für am 2.2.2007 versicherungsfreie Beschäftigte, nicht aber für nicht versicherungspflichtige Selbstständige gelte, liege außerdem eine unzulässige echte Rückwirkung vor. Würde lediglich eine einmalige "Erdienung der Dreijahresregelung" gefordert, so hätte er diese Voraussetzung in den Jahren 1999 bis 2003 erfüllt.

6

Der Kläger beantragt sinngemäß,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 5. Februar 2009 zurückzuweisen,

        
        

hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

        
7

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Der Senat konnte über die Revision des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs 2 SGG).

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.

11

Zu Recht hat das LSG das der Anfechtungs- und Feststellungsklage stattgebende erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage mit Urteil vom 12.2.2010 nach der in diesem prozessual maßgeblichen Zeitpunkt geltenden - allein zwischen den Beteiligten streitigen - Rechtslage abgewiesen. Zutreffend hat die beklagte Krankenkasse mit den angefochtenen Bescheiden die Versicherungspflicht des Klägers in der GKV ab 1.9.2007 festgestellt; ihre Feststellung, er sei "als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer durch seinen Arbeitgeber anzumelden", betrifft bei verständiger Würdigung der Sache nach - wie auch die Beteiligten annehmen - nicht die Arbeitgeber-Meldepflicht nach § 28a SGB IV, sondern die Versicherungspflicht bzw -freiheit des Klägers in der GKV. Ihre Feststellung traf die Beklagte nicht in ihrer Eigenschaft als Einzugsstelle des Gesamtsozialversicherungsbeitrags, sondern (nur) als Versicherungsträger ihres eigenen, hier spezifischen Regelungen unterliegenden Versicherungszweiges.

12

Der Kläger, der am 1.9.2007 eine Beschäftigung aufnahm und deshalb nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V iVm § 7 Abs 1 SGB IV dem Grunde nach versicherungspflichtig wurde, war von diesem Zeitpunkt an nicht nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 4 SGB V in der GKV versicherungsfrei(dazu im Folgenden 1.). Auch aus dem zu diesem Zeitpunkt geltenden § 6 Abs 9 SGB V kann eine Versicherungsfreiheit des Klägers nicht mit Erfolg hergeleitet werden(dazu 2.). Grundrechte des Klägers stehen dieser Rechtslage nicht entgegen (dazu 3.).

13

1. Der Kläger war nicht in seiner ab 1.9.2007 aufgenommenen Beschäftigung nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 4 SGB V in der GKV versicherungsfrei.

14

a) Nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der hier anzuwendenden, ab 2.2.2007 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG, vom 26.3.2007, BGBl I 378, dort Art 1 Nr 3 Buchst a; geändert mW vom 31.12.2010 durch das GKV-Finanzierungsgesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2309) sind in der GKV versicherungsfrei Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die JAEG nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt. Die Ermittlung der dabei in Bezug genommenen Beträge des § 6 Abs 6 SGB V ("allgemeine JAEG") sowie des § 6 Abs 7 SGB V ("besondere JAEG") wird in den genannten Regelungen näher umschrieben. Zu dem in § 6 Abs 1 S 1 SGB V idF des GKV-WSG aufgeführten Passus "in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat" enthält § 6 Abs 4 SGB V nähere Regelungen: Nach § 6 Abs 4 S 1 SGB V endet dann, wenn die JAEG in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überschritten wird, die Versicherungspflicht mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Nach Abs 4 Satz 4 liegt ein Überschreiten der JAEG in einem von drei aufeinander folgenden Kalenderjahren vor, wenn das tatsächlich im Kalenderjahr erzielte regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die JAEG überstiegen hat. Satz 5 bestimmt, dass für Zeiten, in denen bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis kein Arbeitsentgelt erzielt worden ist, insbesondere bei Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlung sowie bei Bezug von Entgeltersatzleistungen, ein regelmäßiges Arbeitsentgelt in der Höhe anzusetzen ist, in der es ohne die Unterbrechung erzielt worden wäre.

15

b) Zutreffend hat das LSG angenommen, dass die Regelung über die Versicherungsfreiheit in § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V mit seinem vom 2.2.2007 an geltenden Erfordernis eines dreijährigen Überschreitens der JAEG auch Personen mit einem Einkommen oberhalb der JAEG erfasst, die - wie der Kläger ab 1.9.2007 - vor Beginn ihrer Beschäftigung wegen einer selbstständigen Tätigkeit nicht in der GKV versicherungspflichtig waren. Da das Gesetz insoweit eine undifferenzierte Regelung enthält, ist auch dieser Personenkreis (zunächst) für die Dauer von drei Jahren versicherungspflichtig, bevor Versicherungsfreiheit unter dem Blickwinkel der Höhe des Arbeitsentgelts des Betroffenen eintreten kann. Aus welchem vorherigen Status heraus (als zuvor Erwerbstätiger oder Nichterwerbstätiger) die zur Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V führende entgeltliche Beschäftigung als Arbeiter oder Angestellter aufgenommen wurde, ist für die Anwendung der gesetzlichen Regelung ohne Belang. Dies gilt zumal in den Fällen, in denen - wie hier - der Beschäftigtenstatus erst nach dem Außerkrafttreten des bis 1.2.2007 geltenden, das Ausscheiden aus der GKV zu einem früheren Zeitpunkt ermöglichenden Rechts (vgl § 6 Abs 1 und Abs 4 SGB V aF) begründet wurde. Das LSG hat dies ergänzend zutreffend unter Hinweis auf entsprechende Ausführungen in den Gesetzesmaterialien begründet (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 96 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst a, am Ende; Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Gesetzentwurf, BT-Drucks 16/4247 S 30 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst e zu Abs 9 zu Satz 1).

16

c) Der Kläger hatte die JAEG am 1.9.2007 nicht in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren iS von § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V idF des GKV-WSG überschritten, sodass die Bestimmung nicht zu seinen Gunsten zur Anwendung gelangt.

17

Anders als der Kläger meint, müssen die drei aufeinander folgenden Kalenderjahre, in denen die JAEG überschritten wurde, der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorgelagert sein; nicht reicht es dagegen aus, dass dies zu einem beliebigen Zeitpunkt irgendwann einmal vor der krankenversicherungsrechtlich zu beurteilenden Beschäftigung der Fall war. Zwar ist dem Wortlaut des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V selbst nicht zu entnehmen, dass der Dreijahreszeitraum der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorangegangen sein muss. Obwohl es dort nicht etwa heißt "in den letzten drei aufeinander folgenden Kalenderjahren", widerspricht das Unmittelbarkeitserfordernis dem Wortlaut andererseits auch nicht. Gesetzessystematische Überlegungen geben ebenfalls keinen hinreichenden Aufschluss über die Auslegung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung. Der Senat hält indessen eine enge Auslegung der Regelung im Anschluss an Erwägungen des BVerfG nach Sinn und Zweck für geboten. So hat bereits das BVerfG in seinem Urteil vom 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 ua - darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber (auch) bei früheren Selbstständigen den (zur Versicherungsfreiheit führenden) Nachweis des Überschreitens der JAEG im Sinne eines Belegs für die nun auflösbare Bindung an die Solidargemeinschaft davon abhängig machen durfte, "dass diese Überschreitung von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stetigkeit ist" (so BVerfGE 123, 186, 263 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 231 f unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 95). Dieser Passus im Urteil des BVerfG ist von dem Verständnis getragen, dass der Gesetzgeber vor Eintritt von Versicherungsfreiheit in einer Beschäftigung und damit vor (endgültiger) Entlassung aus der GKV immer nur einen aktuellen bzw zeitnahen Nachweis dafür ausreichen lassen wollte, dass der Beschäftigte (bereits) zumutbar einen nachhaltigen Beitrag für die Solidargemeinschaft im System der GKV erbracht hat, welcher es rechtfertigt, ihm ein Befreiungsrecht einzuräumen. Hätten Betroffene dagegen die Möglichkeit, die GKV bereits immer dann mit Blick auf beliebig zurückliegende, nicht notwendig zusammenhängende Zeiten der Überschreitung der JAEG zu verlassen, sobald sich diese Zeiten insgesamt auf drei Jahre summiert haben, wäre das Befreiungsrecht letztlich oft von jeweils zeitabschnittsbezogenen Zufälligkeiten und individuellen Besonderheiten abhängig. Das aber widerspräche dem gesetzgeberischen Anliegen, Betroffenen nur bei einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stetigkeit des Überschreitens der JAEG das Ausscheiden aus der Solidargemeinschaft zu gestatten. Derartiges ist bei dem Kläger nicht gegeben, sodass dem Gesichtspunkt der Funktionsfähigkeit der Solidargemeinschaft in der GKV Vorrang zukommt.

18

Auf der Grundlage der nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war der Kläger im insoweit maßgeblichen Dreijahreszeitraum vor dem 1.9.2007 - nämlich in der Zeit vom 1.9.2004 bis 31.8.2007 - nicht Beschäftigter, sondern von April 2004 bis Januar 2005 sowie von Januar 2006 bis August 2007 selbstständig tätig. Bei ihm schied damit das ununterbrochene Überschreiten der JAEG als - an sich versicherungspflichtiger - Beschäftigter schon deshalb aus, weil er als Selbstständiger kein Arbeitsentgelt, sondern Arbeitseinkommen erzielte (vgl §§ 14, 15 SGB IV). Zeiten der Absicherung des Krankheitsrisikos eines nicht versicherungspflichtigen Selbstständigen in der PKV können nämlich nicht in den Dreijahreszeitraum eingerechnet werden, wie der Wortlaut des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V klar belegt: Danach muss ein "Jahresarbeitsentgelt" - nicht "Einkommen" - die JAEG überstiegen haben(vgl auch Peters, NZS 2008, 173, 176, 178: Anrechnung ausgeschlossen, wenn der Betroffene zeitweise die GKV freiwillig verlassen hat, zB durch Selbstständigkeit oder Wechsel in die PKV). Da § 6 Abs 4 S 4 bis 6 SGB V zudem spezielle Regelungen über die Anrechenbarkeit von Kalenderjahren auf die drei Jahre und eine Lückenschließung enthält, Ausnahmen insoweit jedoch nur für "arbeitsentgeltlose" Zeiten Beschäftigter vorsieht, scheidet eine Analogie schon mangels Regelungslücke aus.

19

2. Auch die Bestandsschutzregelung des § 6 Abs 9 SGB V (in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung des GKV-WSG, aaO) kommt dem Kläger nicht zugute.

20

Nach § 6 Abs 9 S 1 SGB V bleiben Arbeiter und Angestellte, die nicht die Voraussetzungen nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V erfüllen und die am 2.2.2007 wegen Überschreitens der JAEG bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren oder - was vorliegend nicht einschlägig ist - die vor diesem Tag die Mitgliedschaft bei ihrer Krankenkasse gekündigt hatten, um in ein privates Krankenversicherungsunternehmen zu wechseln, versicherungsfrei, solange sie keinen anderen Tatbestand der Versicherungspflicht erfüllen.

21

Schon nach ihrem Wortlaut findet diese Bestandsschutzregelung auf den Kläger keine Anwendung. Er gehörte zwar ab 1.9.2007 zu dem Personenkreis der Arbeiter bzw Angestellten, die nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V erfüllten. Allerdings war er schon nicht am 2.2.2007 "wegen Überschreitens der JAEG" versicherungsfrei und mit Blick darauf in der PKV versichert, sondern gehörte - weil er an diesem Tag noch im Status eines Selbstständigen erwerbstätig war - an diesem Stichtag schon generell nicht zum Kreis der Versicherungspflichtigen (wobei dahinstehen kann, ob - wozu das LSG keine Feststellungen getroffen hat - es sich bei seiner Versicherung in der PKV um eine substitutive Versicherung handelte). Bereits der Wortlaut des § 6 Abs 9 SGB V lässt insoweit eine erweiternde, sich auf Selbstständige erstreckende Auslegung nicht zu(vgl Peters, Kasseler Komm, § 6 SGB V RdNr 28, Stand Einzelkommentierung August 2008). Gleiches ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien, in denen es ausdrücklich heißt, "Arbeitnehmer, die am Stichtag … als Selbstständige privat krankenversichert waren, sollen sich dagegen nicht auf den Bestandsschutz berufen können" (so Ausschussbericht, aaO, vgl BT-Drucks 16/4247 S 30 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst e zu Abs 9 zu Satz 1; vgl auch bereits Gesetzesbegründung, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 96 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst e).

22

3. Der Kläger kann sich gegen die vorstehend dargestellte Rechtslage, insbesondere gegen die Auslegung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V und des § 6 Abs 9 SGB V, nicht mit Erfolg auf verfassungsrechtliche Bedenken berufen. Dies gilt unbeschadet des Umstandes, dass die vorliegend zu würdigende Rechtslage ohnehin nur für eine beschränkte Zeit, nämlich vom 2.2.2007 bis 30.12.2010 (vgl die mW vom 31.12.2010 durch das GKV-Finanzierungsgesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2309 erfolgten Rechtsänderungen) gegolten hat, inzwischen also im Wesentlichen wieder die vom Kläger nicht beanstandeten, bis 1.2.2007 maßgeblich gewesenen Regelungen einschlägig sind.

23

a) Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass infolge von § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V der der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorgelagerte Dreijahreszeitraum nach Ende einer Phase der Selbstständigkeit immer wieder neu zu laufen beginnt, können sich allenfalls darauf richten, einen Bestandsschutz auf Beibehaltung eines vorherigen Versicherungsschutzes in der PKV eingeräumt zu bekommen. Indessen ist zu berücksichtigen, dass § 6 SGB V von ihrer Zielrichtung her eine Regelung zur Festlegung des Kreises der Versicherten der GKV darstellt, die - wie in der Sozialversicherung allgemein - seit jeher im Kern durch die Pole versicherungspflichtige (ausnahmsweise versicherungsfreie) Beschäftigung(vgl § 7 Abs 1 SGB IV)und nicht versicherungspflichtige Selbstständigkeit wesentlich geprägt ist. Zwar ist das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit betroffen, wenn der Gesetzgeber Personen der Pflichtversicherung in einem System der sozialen Sicherheit unterwirft (stRspr vgl BVerfGE 109, 96, 109 f = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 34 mwN). Dies gilt auch für die Begründung der Pflichtmitgliedschaft mit Beitragszwang in der GKV (vgl BVerfGE 115, 25, 42 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 18), die bei einer - wie hier - aufgenommenen Beschäftigung bundesgesetzlich (§ 5 Abs 1 Nr 1, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V)angeordnet wurde. Der Gesetzgeber ist allerdings von Verfassungs wegen nicht gehindert, den Kreis der Versicherungspflichtigen in der Sozialversicherung so abzugrenzen, wie es für die Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist (so zB BVerfGE 123, 186, 263 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 229 mwN). Entsprechend darf er die Voraussetzungen der Versicherungspflicht festlegen, weil er Verantwortung dafür trägt sicherzustellen, dass die Solidargemeinschaft leistungsfähig ist und bleibt (vgl BVerfGE 109, 96, 111 = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 37 mwN). Denn die GKV dient dem sozialen Schutz und der Absicherung von Arbeitnehmern vor den finanziellen Risiken von Erkrankungen. Sie basiert auf einem umfassenden sozialen Ausgleich zwischen Gesunden und Kranken, vor allem aber zwischen Versicherten mit niedrigem Einkommen und solchen mit höherem Einkommen sowie zwischen Alleinstehenden und Personen mit unterhaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl BVerfGE 123, 186, 263 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 229 mwN). Allein die Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der GKV als überragend wichtiger Gemeinwohlbelang (vgl BVerfG, aaO, S 264 bzw RdNr 233 mwN), um dessentwillen dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Abgrenzung des Kreises der Pflichtversicherten entsprechend dem Erfordernis der Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft zukommt (vgl BVerfG, aaO, S 263 bzw RdNr 229), rechtfertigt - unabhängig von der individuellen Schutzbedürftigkeit - auch die Einbeziehung zuvor in der PKV versicherter Personen in die Versicherungspflicht im Rahmen der Sozialversicherung (vgl BVerfG, aaO, S 264 bzw RdNr 232).

24

Bezogen auf die vorliegend streitigen Regelungen hat das BVerfG bereits entschieden, dass die durch das GKV-WSG vorgenommene Beschränkung der Möglichkeit zum Wechsel in die PKV bei Überschreiten der JAEG gemäß § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V betroffene Versicherte nicht in ihrem Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG verletzt, sondern insbesondere verhältnismäßig ist(vgl BVerfGE 123, 186, 262 ff = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 227 ff), und dass auch ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Versicherungsunternehmen gerechtfertigt ist, soweit diese durch § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V betroffen sind(vgl BVerfG, aaO, S 265 bzw RdNr 237; vgl auch BVerfG SozR 4-2500 § 5 Nr 1).

25

b) Auch die Beschränkung der Übergangsregelung in § 6 Abs 9 SGB V auf Personengruppen, zu denen der Kläger nicht gehört, verstößt nicht gegen seine Grundrechte, insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Dieser ist nur verletzt, wenn durch eine Norm eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr, vgl zB BVerfGE 55, 72, 88; 126, 400, 418).

26

§ 6 Abs 9 S 1 SGB V ist - wie dargestellt - als Bestandsschutzregelung allein für die Fälle konzipiert, in denen ohne diese Regelung am 2.2.2007 allein infolge der ab diesem Tage wirkenden Verschärfung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V durch das GKV-WSG die zuvor bestehende Versicherungsfreiheit eines Beschäftigten entfallen wäre. Der Gesetzgeber musste bei der Schaffung einer Bestandsschutzregelung daher in diesem Zusammenhang in erster Linie den Personenkreis berücksichtigen, der durch die Verschärfung der gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt von Versicherungsfreiheit nachteilig in einem Vertrauenstatbestand betroffen war. Zu diesem Personenkreis gehörten die nach alter Rechtslage wegen Überschreitens der JAEG versicherungsfreien Arbeitnehmer, welche bereits privat versichert waren oder im Hinblick auf ein privates Krankenversicherungsverhältnis ihre Mitgliedschaft in der GKV schon gekündigt hatten und deren Versicherungsverhältnis im ersten Fall ohne eine Übergangsregelung ex lege aufgelöst worden wäre (vgl BVerfGE 123, 186, 233 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 151).

27

Zu Recht hat das LSG vor diesem Hintergrund die Schlechterstellung von Beschäftigten, die am 2.2.2007 selbstständig und in der PKV abgesichert waren, gegenüber Beschäftigten, die am 2.2.2007 beschäftigt und in der PKV abgesichert waren, als sachlich gerechtfertigt angesehen. Letztere verloren mit der Verschärfung ab 2.2.2007 eine in ihrem Bestand zu schützende "Rechtsposition", nämlich das bereits vor diesem Datum betätigte Vertrauen, sich trotz eigentlich bestehender Versicherungspflicht als Beschäftigter auf ihre Versicherungsfreiheit eingerichtet zu haben, indem sie entweder einen Versicherungsvertrag in der PKV abgeschlossen oder jedenfalls ihre Mitgliedschaft in der GKV wegen eines in Aussicht genommenen Versicherungsverhältnisses in der PKV gekündigt hatten; eine vergleichbare Situation lag bei den Angehörigen der ersten Gruppe nicht vor. Die geschützte "Rechtsposition" konnte einem Betroffenen nur bei einem bereits vor dem 2.2.2007 begonnenen Beschäftigungsverhältnis erwachsen, während die vor Beschäftigungsaufnahme überhaupt nicht existierende Versicherungspflicht Selbstständiger nach dem Wechsel in eine (versicherungspflichtige) Beschäftigung keine vergleichbare schutzwürdige Wirkung entfaltete. Die vor der Gesetzesneuregelung bestehende bloße Aussicht eines Selbstständigen, bei Aufnahme einer an sich versicherungspflichtigen Beschäftigung mit einem Jahresarbeitsentgelt oberhalb der JAEG und bei bisheriger Absicherung in der PKV sofort versicherungsfrei zu werden und so nicht in die GKV einbezogen zu sein, durfte der Gesetzgeber als nicht gleichermaßen schützenswert behandeln. Dass dann aber ursprünglich nicht versicherungspflichtigen Selbstständigen, die in ein Beschäftigungsverhältnis eintreten, aus der - zumal später ohnehin nur zeitlich begrenzt in Geltung gewesenen - Erhöhung der Mindestverweildauer in der GKV auf drei Jahre unter dem Blickwinkel des Verfassungsrechts gleichwohl weitergehende Rechte für ihr Versicherungsverhältnis in der PKV zustehen könnten, als sie das BVerfG (BVerfGE 123, 186, 261 ff = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 225 ff)schon versicherungsfrei gewesenen Beschäftigten zuerkannt hat, ist nicht ersichtlich.

28

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind:

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind; für die Zeit des Bezugs von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch bleibt die Versicherungspflicht unberührt,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, auch wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler, die nach § 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versicherungspflichtig sind,
4.
selbständige Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe, in Berufsbildungswerken oder in ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Berufsfindung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Leistungen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
Behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
10.
Personen, die zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt beschäftigt sind oder die eine Fachschule oder Berufsfachschule besuchen oder eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten (Praktikanten), längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Auszubildende des Zweiten Bildungsweges, die sich in einem nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnittes befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 11, 11a, 11b oder 12 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
12.
Personen, die, weil sie bisher keinen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 des Fünften Buches oder nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Krankenversicherungspflicht unterliegen.

(2) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat haben, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(2a) Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(3) Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung.

(4) Nehmen Personen, die mindestens zehn Jahre nicht in der sozialen Pflegeversicherung oder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig waren, eine dem äußeren Anschein nach versicherungspflichtige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung auf, besteht die widerlegbare Vermutung, daß eine die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung nach Absatz 1 Nr. 1 oder eine versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 oder 4 tatsächlich nicht ausgeübt wird. Dies gilt insbesondere für eine Beschäftigung bei Familienangehörigen oder Lebenspartnern.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung durchgeführt wird. Für Beschäftigte, die bei keiner Krankenkasse versichert sind, werden Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung an die Einzugsstelle gezahlt, die der Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 175 Absatz 3 Satz 2 des Fünften Buches gewählt hat. Zuständige Einzugsstelle ist in den Fällen des § 28f Absatz 2 die nach § 175 Absatz 3 Satz 4 des Fünften Buches bestimmte Krankenkasse. Zuständige Einzugsstelle ist in den Fällen des § 2 Absatz 3 die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See. Bei geringfügigen Beschäftigungen ist zuständige Einzugsstelle die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der Rentenversicherung.

(1) Die Ausübung des Wahlrechts ist gegenüber der gewählten Krankenkasse zu erklären. Diese darf die Mitgliedschaft nicht ablehnen oder die Erklärung nach Satz 1 durch falsche oder unvollständige Beratung verhindern oder erschweren. Das Wahlrecht kann nach Vollendung des 15. Lebensjahres ausgeübt werden.

(2) Hat vor der Ausübung des Wahlrechts zuletzt eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse bestanden, informiert die gewählte Krankenkasse die bisherige Krankenkasse im elektronischen Meldeverfahren unverzüglich über die Wahlentscheidung des Mitgliedes. Die bisherige Krankenkasse bestätigt der gewählten Krankenkasse im elektronischen Meldeverfahren unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Meldung, das Ende der Mitgliedschaft; ist der Zeitraum nach Absatz 4 Satz 1 oder § 53 Absatz 8 Satz 1 noch nicht abgelaufen, ist als Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft das Datum des Ablaufs des Zeitraums anzugeben.

(2a) Liegen der Aufsichtsbehörde Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Krankenkasse entgegen Absatz 1 Satz 2 eine Mitgliedschaft rechtswidrig abgelehnt hat oder die Abgabe der Erklärung nach Absatz 1 Satz 1 verhindert oder erschwert, hat sie diesen Anhaltspunkten unverzüglich nachzugehen und die Krankenkasse zur Behebung einer festgestellten Rechtsverletzung und zur Unterlassung künftiger Rechtsverletzungen zu verpflichten. Das gilt auch, wenn die bisherige Krankenkasse einen Krankenkassenwechsel behindert oder die Meldung nach Absatz 2 Satz 1 nicht fristgerecht beantwortet. Als rechtswidrig ist insbesondere eine Beratung durch die angegangene Krankenkasse anzusehen, die dazu führt, dass von der Erklärung nach Absatz 1 Satz 1 ganz abgesehen wird oder diese nur unter erschwerten Bedingungen abgegeben werden kann. Die Verpflichtung der Krankenkasse nach den Sätzen 1 und 2 ist mit der Androhung eines Zwangsgeldes von bis zu 50 000 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verbinden. Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Aufsichtsbehörde nach den Sätzen 1, 2 und 4 haben keine aufschiebende Wirkung. Vorstandsmitglieder, die vorsätzlich oder fahrlässig nicht verhindern, dass die Krankenkasse entgegen Absatz 1 Satz 2 eine Mitgliedschaft rechtswidrig ablehnt oder die Abgabe der Erklärung nach Absatz 1 Satz 1 verhindert oder erschwert, sind der Krankenkasse zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(3) Versicherungspflichtige haben der zur Meldung verpflichteten Stelle unverzüglich Angaben über die gewählte Krankenkasse zu machen. Hat der Versicherungspflichtige der zur Meldung verpflichteten Stelle nicht spätestens zwei Wochen nach Eintritt der Versicherungspflicht Angaben über die gewählte Krankenkasse gemacht, hat die zur Meldung verpflichtete Stelle den Versicherungspflichtigen ab Eintritt der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse anzumelden, bei der zuletzt eine Versicherung bestand; bestand vor Eintritt der Versicherungspflicht keine Versicherung, hat die zur Meldung verpflichtete Stelle den Versicherungspflichtigen bei einer nach § 173 wählbaren Krankenkasse anzumelden und den Versicherungspflichtigen unverzüglich über die gewählte Krankenkasse in Textform zu unterrichten. Nach Eingang der Anmeldung hat die Krankenkasse der zur Meldung verpflichteten Stelle im elektronischen Meldeverfahren das Bestehen oder Nichtbestehen der Mitgliedschaft zurückzumelden. Für die Fälle, in denen der Versicherungspflichtige keine Angaben über die gewählte Krankenkasse macht und keine Meldung nach Satz 2 erfolgt, legt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen Regeln über die Zuständigkeit fest.

(3a) Bei Schließung oder Insolvenz einer Krankenkasse haben Versicherungspflichtige spätestens innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung des Schließungsbescheids oder der Stellung des Insolvenzantrags (§ 160 Absatz 3 Satz 1) der zur Meldung verpflichteten Stelle Angaben über die gewählte Krankenkasse zu machen. Werden die Angaben nach Satz 1 über die gewählte Krankenkasse nicht oder nicht rechtzeitig gemacht, gilt Absatz 3 Satz 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Anmeldung durch die zur Meldung verpflichtete Stelle innerhalb von weiteren zwei Wochen mit Wirkung zu dem Zeitpunkt zu erfolgen hat, an dem die Schließung wirksam wird. Bei Stellung eines Insolvenzantrags erfolgt die Meldung zum ersten Tag des laufenden Monats, spätestens zu dem Zeitpunkt, an dem das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Antrag mangels Masse abgewiesen wird. Wird die Krankenkasse nicht geschlossen, bleibt die Mitgliedschaft bei dieser Krankenkasse bestehen. Die gewählten Krankenkassen haben die geschlossene oder insolvente Krankenkasse im elektronischen Meldeverfahren unverzüglich über die Wahlentscheidung des Mitglieds zu informieren. Mitglieder, bei denen keine zur Meldung verpflichtete Stelle besteht, haben der geschlossenen Krankenkasse innerhalb von drei Monaten nach dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt über die gewählte Krankenkasse zu informieren.

(4) Versicherungspflichtige und Versicherungsberechtigte sind an die von ihnen gewählte Krankenkasse mindestens zwölf Monate gebunden. Satz 1 gilt nicht bei Ende der Mitgliedschaft kraft Gesetzes. Zum oder nach Ablauf des in Satz 1 festgelegten Zeitraums ist eine Kündigung der Mitgliedschaft zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats möglich, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied die Kündigung erklärt. Bei einem Wechsel in eine andere Krankenkasse ersetzt die Meldung der neuen Krankenkasse über die Ausübung des Wahlrechts nach Absatz 2 Satz 1 die Kündigungserklärung des Mitglieds; die Kündigung gilt mit Zugang der Meldung der neuen Krankenkasse über die Ausübung des Wahlrechts nach Absatz 2 Satz 1 bei der bisherigen Krankenkasse als im Zeitpunkt des Zugangs der Wahlerklärung nach Absatz 1 Satz 1 bei der neuen Krankenkasse erklärt. Erfolgt die Kündigung, weil keine Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse begründet werden soll, hat die Krankenkasse dem Mitglied unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Kündigungserklärung eine Kündigungsbestätigung auszustellen; die Kündigung wird wirksam, wenn das Mitglied innerhalb der Kündigungsfrist das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall nachweist. Erhebt die Krankenkasse nach § 242 Absatz 1 erstmals einen Zusatzbeitrag oder erhöht sie ihren Zusatzbeitragssatz, kann die Kündigung der Mitgliedschaft abweichend von Satz 1 bis zum Ablauf des Monats erklärt werden, für den der Zusatzbeitrag erstmals erhoben wird oder für den der Zusatzbeitragssatz erhöht wird; Satz 4 gilt entsprechend. Die Krankenkasse hat spätestens einen Monat vor dem in Satz 6 genannten Zeitpunkt ihre Mitglieder in einem gesonderten Schreiben auf das Kündigungsrecht nach Satz 6 und dessen Ausübung, auf die Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a sowie auf die Übersicht des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen zu den Zusatzbeitragssätzen der Krankenkassen nach § 242 Absatz 5 hinzuweisen; überschreitet der neu erhobene Zusatzbeitrag oder der erhöhte Zusatzbeitragssatz den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz, so sind die Mitglieder auf die Möglichkeit hinzuweisen, in eine günstigere Krankenkasse zu wechseln. Kommt die Krankenkasse ihrer Hinweispflicht nach Satz 7 gegenüber einem Mitglied verspätet nach, gilt eine erfolgte Kündigung als in dem Monat erklärt, für den der Zusatzbeitrag erstmalig erhoben wird oder für den der Zusatzbeitragssatz erhöht wird; hiervon ausgenommen sind Kündigungen, die bis zu dem in Satz 6 genannten Zeitpunkt ausgeübt worden sind. Satz 1 gilt nicht, wenn die Kündigung eines Versicherungsberechtigten erfolgt, weil die Voraussetzungen einer Versicherung nach § 10 erfüllt sind oder wenn die Kündigung erfolgt, weil keine Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse begründet werden soll. Die Krankenkassen können in ihren Satzungen vorsehen, dass die Frist nach Satz 1 nicht gilt, wenn eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse der gleichen Kassenart begründet werden soll.

(4a) Die Hinweispflicht der Krankenkassen nach § 175 Absatz 4 Satz 7 besteht nicht für eine Erhöhung des Zusatzbeitragssatzes, die im Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 30. Juni 2023 wirksam wird. Die Krankenkassen haben stattdessen spätestens einen Monat vor dem in Absatz 4 Satz 6 genannten Zeitpunkt ihre Mitglieder auf andere geeignete Weise auf das Kündigungsrecht nach Absatz 4 Satz 6 und dessen Ausübung, auf die Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a, die Möglichkeit, in eine günstigere Krankenkasse zu wechseln sowie auf die Übersicht des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen zu den Zusatzbeitragssätzen der Krankenkassen nach § 242 Absatz 5 hinzuweisen. Absatz 4 Satz 8 gilt entsprechend.

(5) Absatz 4 gilt nicht für Versicherungspflichtige, die durch die Errichtung oder Ausdehnung einer Betriebs- oder Innungskrankenkasse oder durch betriebliche Veränderungen Mitglieder einer Betriebs- oder Innungskrankenkasse werden können, wenn sie die Wahl innerhalb von zwei Wochen nach dem Zeitpunkt der Errichtung, Ausdehnung oder betrieblichen Veränderung ausüben; Absatz 2 gilt entsprechend.

(6) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt für die Meldungen und Informationspflichten nach dieser Vorschrift einheitliche Verfahren und Vordrucke fest und bestimmt die Inhalte für das elektronische Meldeverfahren zwischen den Krankenkassen nach den Absätzen 2, 3a, 4 und 5 sowie für das elektronische Meldeverfahren zwischen den Krankenkassen und den zur Meldung verpflichteten Stellen nach Absatz 3.

(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.

(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.

(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.

(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.

(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.

(1) Der Arbeitgeber oder ein anderer Meldepflichtiger hat der Einzugsstelle für jeden in der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung kraft Gesetzes Versicherten

1.
bei Beginn der versicherungspflichtigen Beschäftigung,
2.
bei Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung,
3.
bei Eintritt eines Insolvenzereignisses,
4.
(weggefallen)
5.
bei Änderungen in der Beitragspflicht,
6.
bei Wechsel der Einzugsstelle,
7.
bei Anträgen auf Altersrenten oder Auskunftsersuchen des Familiengerichts in Versorgungsausgleichsverfahren,
8.
bei Unterbrechung der Entgeltzahlung,
9.
bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses,
10.
auf Anforderung der Einzugsstelle nach § 26 Absatz 4 Satz 2,
11.
bei Antrag des geringfügig Beschäftigten nach § 6 Absatz 1b des Sechsten Buches auf Befreiung von der Versicherungspflicht,
12.
bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt,
13.
bei Beginn der Berufsausbildung,
14.
bei Ende der Berufsausbildung,
15.
bei Wechsel im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2024 von einem Beschäftigungsbetrieb im Beitrittsgebiet zu einem Beschäftigungsbetrieb im übrigen Bundesgebiet oder umgekehrt,
16.
bei Beginn der Altersteilzeitarbeit,
17.
bei Ende der Altersteilzeitarbeit,
18.
bei Änderung des Arbeitsentgelts, wenn die Geringfügigkeitsgrenze über- oder unterschritten wird,
19.
bei nach § 23b Absatz 2 bis 3 gezahltem Arbeitsentgelt oder
20.
bei Wechsel im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2024 von einem Wertguthaben, das im Beitrittsgebiet und einem Wertguthaben, das im übrigen Bundesgebiet erzielt wurde,
eine Meldung zu erstatten. Jede Meldung sowie die darin enthaltenen Datensätze sind mit einem eindeutigen Kennzeichen zur Identifizierung zu versehen.

(1a) (weggefallen)

(2) Der Arbeitgeber hat jeden am 31. Dezember des Vorjahres Beschäftigten nach Absatz 1 zu melden (Jahresmeldung).

(2a) Der Arbeitgeber hat für jeden in einem Kalenderjahr Beschäftigten, der in der Unfallversicherung versichert ist, zum 16. Februar des Folgejahres eine besondere Jahresmeldung zur Unfallversicherung zu erstatten. Diese Meldung enthält über die Angaben nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 3, 6 und 9 hinaus folgende Angaben:

1.
die Unternehmernummer nach § 136a des Siebten Buches;
2.
die Betriebsnummer des zuständigen Unfallversicherungsträgers;
3.
das in der Unfallversicherung beitragspflichtige Arbeitsentgelt in Euro und seine Zuordnung zur jeweilig anzuwendenden Gefahrtarifstelle.
Arbeitgeber, die Mitglied der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft sind und für deren Beitragsberechnung der Arbeitswert keine Anwendung findet, haben Meldungen nach Satz 2 Nummer 1 bis 3 nicht zu erstatten. Abweichend von Satz 1 ist die Meldung bei Eintritt eines Insolvenzereignisses, bei einer endgültigen Einstellung des Unternehmens oder bei der Beendigung aller Beschäftigungsverhältnisse mit der nächsten Entgeltabrechnung, spätestens innerhalb von sechs Wochen, abzugeben.

(3) Die Meldungen enthalten für jeden Versicherten insbesondere

1.
seine Versicherungsnummer, soweit bekannt,
2.
seinen Familien- und Vornamen,
3.
sein Geburtsdatum,
4.
seine Staatsangehörigkeit,
5.
Angaben über seine Tätigkeit nach dem Schlüsselverzeichnis der Bundesagentur für Arbeit,
6.
die Betriebsnummer seines Beschäftigungsbetriebes,
7.
die Beitragsgruppen,
7a.
(weggefallen)
8.
die zuständige Einzugsstelle und
9.
den Arbeitgeber.
Zusätzlich sind anzugeben
1.
bei der Anmeldung
a)
die Anschrift,
b)
der Beginn der Beschäftigung,
c)
sonstige für die Vergabe der Versicherungsnummer erforderliche Angaben,
d)
nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 die Angabe, ob zum Arbeitgeber eine Beziehung als Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling besteht,
e)
nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 die Angabe, ob es sich um eine Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung handelt,
f)
die Angabe der Staatsangehörigkeit,
2.
bei allen Entgeltmeldungen
a)
eine Namens-, Anschriften- oder Staatsangehörigkeitsänderung, soweit diese Änderung nicht schon anderweitig gemeldet ist,
b)
das in der Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung beitragspflichtige Arbeitsentgelt in Euro, in den Fällen, in denen kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in der Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung vorliegt, das beitragspflichtige Arbeitsentgelt in der Krankenversicherung,
c)
in Fällen, in denen die beitragspflichtige Einnahme in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 20 Absatz 2a oder § 134 bemessen wird, das Arbeitsentgelt, das ohne Anwendung dieser Regelung zu berücksichtigen wäre,
d)
der Zeitraum, in dem das angegebene Arbeitsentgelt erzielt wurde,
e)
Wertguthaben, die auf die Zeit nach Eintritt der Erwerbsminderung entfallen,
f)
für geringfügig Beschäftigte zusätzlich die Steuernummer des Arbeitgebers, die Identifikationsnummer nach § 139b der Abgabenordnung des Beschäftigten und die Art der Besteuerung.
g)
(weggefallen)
h)
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
bei der Meldung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 19
a)
das Arbeitsentgelt in Euro, für das Beiträge gezahlt worden sind,
b)
im Falle des § 23b Absatz 2 der Kalendermonat und das Jahr der nicht zweckentsprechenden Verwendung des Arbeitsentgelts, im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers jedoch der Kalendermonat und das Jahr der Beitragszahlung.

(3a) Der Arbeitgeber oder eine Zahlstelle nach § 202 Absatz 2 des Fünften Buches hat in den Fällen, in denen für eine Meldung keine Versicherungsnummer des Beschäftigten oder Versorgungsempfängers vorliegt, im Verfahren nach Absatz 1 eine Meldung zur Abfrage der Versicherungsnummer an die Datenstelle der Rentenversicherung zu übermitteln; die weiteren Meldepflichten bleiben davon unberührt. Die Datenstelle der Rentenversicherung übermittelt dem Arbeitgeber oder der Zahlstelle unverzüglich durch Datenübertragung die Versicherungsnummer oder den Hinweis, dass die Vergabe der Versicherungsnummer mit der Anmeldung erfolgt.

(3b) Der Arbeitgeber hat auf elektronische Anforderung der Einzugsstelle mit der nächsten Entgeltabrechnung die notwendigen Angaben zur Einrichtung eines Arbeitgeberkontos elektronisch zu übermitteln. Das Nähere über die Angaben, die Datensätze und das Verfahren regeln die Gemeinsamen Grundsätze nach § 28b Absatz 1.

(4) Arbeitgeber haben den Tag des Beginns eines Beschäftigungsverhältnisses spätestens bei dessen Aufnahme an die Datenstelle der Rentenversicherung nach Satz 2 zu melden, sofern sie Personen in folgenden Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen beschäftigen:

1.
im Baugewerbe,
2.
im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,
3.
im Personenbeförderungsgewerbe,
4.
im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe,
5.
im Schaustellergewerbe,
6.
bei Unternehmen der Forstwirtschaft,
7.
im Gebäudereinigungsgewerbe,
8.
bei Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen,
9.
in der Fleischwirtschaft,
10.
im Prostitutionsgewerbe,
11.
im Wach- und Sicherheitsgewerbe.
Die Meldung enthält folgende Angaben über den Beschäftigten:
1.
den Familien- und die Vornamen,
2.
die Versicherungsnummer, soweit bekannt, ansonsten die zur Vergabe einer Versicherungsnummer notwendigen Angaben (Tag und Ort der Geburt, Anschrift),
3.
die Betriebsnummer des Arbeitgebers und
4.
den Tag der Beschäftigungsaufnahme.
Die Meldung wird in der Stammsatzdatei nach § 150 Absatz 1 und 2 des Sechsten Buches gespeichert. Die Meldung gilt nicht als Meldung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1.

(4a) Der Meldepflichtige erstattet die Meldungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 an die zuständige Einzugsstelle. In der Meldung sind insbesondere anzugeben:

1.
die Versicherungsnummer des Beschäftigten,
2.
die Betriebsnummer des Beschäftigungsbetriebes,
3.
das monatliche laufende und einmalig gezahlte Arbeitsentgelt, von dem Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung für das der Ermittlung nach § 26 Absatz 4 zugrunde liegende Kalenderjahr berechnet wurden.

(5) Der Meldepflichtige hat der zu meldenden Person den Inhalt der Meldung in Textform mitzuteilen; dies gilt nicht, wenn die Meldung ausschließlich auf Grund einer Veränderung der Daten für die gesetzliche Unfallversicherung erfolgt.

(6) Soweit der Arbeitgeber eines Hausgewerbetreibenden Arbeitgeberpflichten erfüllt, gilt der Hausgewerbetreibende als Beschäftigter.

(6a) Beschäftigt ein Arbeitgeber, der

1.
im privaten Bereich nichtgewerbliche Zwecke oder
2.
mildtätige, kirchliche, religiöse, wissenschaftliche oder gemeinnützige Zwecke im Sinne des § 10b des Einkommensteuergesetzes
verfolgt, Personen geringfügig nach § 8, kann er auf Antrag abweichend von Absatz 1 Meldungen auf Vordrucken erstatten, wenn er glaubhaft macht, dass ihm eine Meldung auf maschinell verwertbaren Datenträgern oder durch Datenübertragung nicht möglich ist.

(7) Der Arbeitgeber hat der Einzugsstelle für einen im privaten Haushalt Beschäftigten anstelle einer Meldung nach Absatz 1 unverzüglich eine vereinfachte Meldung (Haushaltsscheck) mit den Angaben nach Absatz 8 Satz 1 zu erstatten, wenn das Arbeitsentgelt nach § 14 Absatz 3 aus dieser Beschäftigung regelmäßig die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigt. Der Arbeitgeber kann die Meldung nach Satz 1 auch durch Datenübertragung aus systemgeprüften Programmen oder mit maschinell erstellten Ausfüllhilfen übermitteln. Der Arbeitgeber hat der Einzugsstelle gesondert ein Lastschriftmandat zum Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags zu erteilen. Die Absätze 2 bis 5 gelten nicht.

(8) Der Haushaltsscheck enthält

1.
den Familiennamen, Vornamen, die Anschrift und die Betriebsnummer des Arbeitgebers,
2.
den Familiennamen, Vornamen, die Anschrift und die Versicherungsnummer des Beschäftigten; kann die Versicherungsnummer nicht angegeben werden, ist das Geburtsdatum des Beschäftigten einzutragen,
3.
die Angabe, ob der Beschäftigte im Zeitraum der Beschäftigung bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt ist, und
4.
a)
bei einer Meldung bei jeder Lohn- oder Gehaltszahlung den Zeitraum der Beschäftigung, das Arbeitsentgelt nach § 14 Absatz 3 für diesen Zeitraum sowie am Ende der Beschäftigung den Zeitpunkt der Beendigung,
b)
bei einer Meldung zu Beginn der Beschäftigung deren Beginn und das monatliche Arbeitsentgelt nach § 14 Absatz 3, die Steuernummer des Arbeitgebers, die Identifikationsnummer nach § 139b der Abgabenordnung des Beschäftigten und die Art der Besteuerung,
c)
bei einer Meldung wegen Änderung des Arbeitsentgelts nach § 14 Absatz 3 den neuen Betrag und den Zeitpunkt der Änderung,
d)
bei einer Meldung am Ende der Beschäftigung den Zeitpunkt der Beendigung,
e)
bei Erklärung des Verzichts auf Versicherungsfreiheit nach § 230 Absatz 8 Satz 2 des Sechsten Buches den Zeitpunkt des Verzichts,
f)
bei Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Absatz 1b des Sechsten Buches den Tag des Zugangs des Antrags beim Arbeitgeber.
Bei sich anschließenden Meldungen kann von der Angabe der Anschrift des Arbeitgebers und des Beschäftigten abgesehen werden.

(9) Soweit nicht anders geregelt, gelten für versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreite geringfügig Beschäftigte die Absätze 1 bis 6 entsprechend. Eine Jahresmeldung nach Absatz 2 ist für geringfügig Beschäftigte nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 nicht zu erstatten.

(9a) Für geringfügig Beschäftigte nach § 8 Absatz 1 Nummer 2 hat der Arbeitgeber bei der Meldung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zusätzlich anzugeben, wie diese für die Dauer der Beschäftigung krankenversichert sind. Die Evaluierung der Regelung erfolgt im Rahmen eines Berichts der Bundesregierung über die Wirkung der Maßnahme bis Ende des Jahres 2026.

(10) Der Arbeitgeber hat für Beschäftigte, die nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches von der Versicherungspflicht befreit und Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, die Meldungen nach den Absätzen 1, 2 und 9 zusätzlich an die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen zu erstatten; dies gilt nicht für Meldungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 10. Die Datenübermittlung hat durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung aus systemgeprüften Programmen oder mittels systemgeprüfter maschinell erstellter Ausfüllhilfen zu erfolgen. Zusätzlich zu den Angaben nach Absatz 3 enthalten die Meldungen die Mitgliedsnummer des Beschäftigten bei der Versorgungseinrichtung. Die Absätze 5 bis 6a gelten entsprechend.

(11) Der Arbeitgeber hat für Beschäftigte, die nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches von der Versicherungspflicht befreit und Mitglied in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, der Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen monatliche Meldungen zur Beitragserhebung zu erstatten. Absatz 10 Satz 2 gilt entsprechend. Diese Meldungen enthalten für den Beschäftigten

1.
die Mitgliedsnummer bei der Versorgungseinrichtung oder, wenn die Mitgliedsnummer nicht bekannt ist, die Personalnummer beim Arbeitgeber, den Familien- und Vornamen, das Geschlecht und das Geburtsdatum,
2.
den Zeitraum, für den das Arbeitsentgelt gezahlt wird,
3.
das beitragspflichtige ungekürzte laufende Arbeitsentgelt für den Zahlungszeitraum,
4.
das beitragspflichtige ungekürzte einmalig gezahlte Arbeitsentgelt im Monat der Abrechnung,
5.
die Anzahl der Sozialversicherungstage im Zahlungszeitraum,
6.
den Beitrag, der bei Firmenzahlern für das Arbeitsentgelt nach Nummer 3 und 4 anfällt,
7.
die Betriebsnummer der Versorgungseinrichtung,
8.
die Betriebsnummer des Beschäftigungsbetriebes,
9.
den Arbeitgeber,
10.
den Ort des Beschäftigungsbetriebes,
11.
den Monat der Abrechnung.
Soweit nicht aus der Entgeltbescheinigung des Beschäftigten zu entnehmen ist, dass die Meldung erfolgt ist und welchen Inhalt sie hatte, gilt Absatz 5.

(12) Der Arbeitgeber hat auch für ausschließlich nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 des Siebten Buches versicherte Beschäftigte mit beitragspflichtigem Entgelt Meldungen nach den Absätzen 1 und 3 Satz 2 Nummer 2 abzugeben.

(13) (weggefallen)

(1) Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen.

(2) Die Einzugsstelle entscheidet über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung auf Verlangen des Arbeitgebers durch einen schriftlichen oder elektronischen Bescheid; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Soweit die Einzugsstelle die Höhe des Arbeitsentgelts nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat sie dieses zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt des Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen. Die nach § 28i Satz 5 zuständige Einzugsstelle prüft die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenze bei geringfügiger Beschäftigung nach den §§ 8 und 8a und entscheidet bei deren Überschreiten über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid.

(2a) (weggefallen)

(3) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks vergibt die Einzugsstelle im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit die Betriebsnummer des Arbeitgebers, berechnet den Gesamtsozialversicherungsbeitrag und die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz und zieht diese vom Arbeitgeber im Wege des Lastschriftverfahrens ein. Die Einzugsstelle meldet bei Beginn und Ende der Beschäftigung und zum Jahresende der Datenstelle der Rentenversicherung die für die Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit erforderlichen Daten eines jeden Beschäftigten. Die Einzugsstelle teilt dem Beschäftigten den Inhalt der abgegebenen Meldung schriftlich oder durch gesicherte Datenübertragung mit.

(4) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks bescheinigt die Einzugsstelle dem Arbeitgeber zum Jahresende

1.
den Zeitraum, für den Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt wurden, und
2.
die Höhe des Arbeitsentgelts (§ 14 Absatz 3), des von ihm getragenen Gesamtsozialversicherungsbeitrags und der Umlagen.

Versicherungspflichtig sind

1.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind; während des Bezuges von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch besteht die Versicherungspflicht fort,
2.
behinderte Menschen, die
a)
in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
b)
in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
3.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe oder in Berufsbildungswerken oder ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen; dies gilt auch für Personen während der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches,
3a.
(weggefallen)
4.
Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften während ihres Dienstes für die Gemeinschaft und während der Zeit ihrer außerschulischen Ausbildung.
Personen, die Wehrdienst leisten und nicht in einem Dienstverhältnis als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit stehen, sind in dieser Beschäftigung nicht nach Satz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig; sie gelten als Wehrdienstleistende im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 2 oder 2a und Satz 4. Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft sind in dem Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, nicht versicherungspflichtig beschäftigt, wobei Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes als ein Unternehmen gelten. Die in Satz 1 Nr. 2 bis 4 genannten Personen gelten als Beschäftigte im Sinne des Rechts der Rentenversicherung. Die folgenden Personen stehen den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 gleich:
1.
Auszubildende, die in einer außerbetrieblichen Einrichtung im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz ausgebildet werden,
2.
Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).

(1) Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleich:

1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden,
2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).

(2) Bei Wehrdienstleistenden und Zivildienstleistenden, denen nach gesetzlichen Vorschriften für die Zeit ihres Dienstes Arbeitsentgelt weiterzugewähren ist, gilt das Beschäftigungsverhältnis durch den Wehrdienst oder Zivildienst als nicht unterbrochen. Personen, die nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes Wehrdienst leisten, sind in dieser Beschäftigung nicht nach Absatz 1 versicherungspflichtig; sie gelten als Wehrdienst Leistende im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Personen in einem Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes, wenn sie den Einsatzunfall in einem Versicherungspflichtverhältnis erlitten haben.

(1) Versicherungsfrei sind

1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt,
1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben,
3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben,
7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht,
8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.

(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.

(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.

(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.

(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.

(5) (weggefallen)

(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.

(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(8) (weggefallen)

(9) (weggefallen)

(1) Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind:

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind; für die Zeit des Bezugs von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch bleibt die Versicherungspflicht unberührt,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, auch wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler, die nach § 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versicherungspflichtig sind,
4.
selbständige Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe, in Berufsbildungswerken oder in ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Berufsfindung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Leistungen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
Behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
10.
Personen, die zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt beschäftigt sind oder die eine Fachschule oder Berufsfachschule besuchen oder eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten (Praktikanten), längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Auszubildende des Zweiten Bildungsweges, die sich in einem nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnittes befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 11, 11a, 11b oder 12 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
12.
Personen, die, weil sie bisher keinen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 des Fünften Buches oder nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Krankenversicherungspflicht unterliegen.

(2) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat haben, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(2a) Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(3) Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung.

(4) Nehmen Personen, die mindestens zehn Jahre nicht in der sozialen Pflegeversicherung oder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig waren, eine dem äußeren Anschein nach versicherungspflichtige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung auf, besteht die widerlegbare Vermutung, daß eine die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung nach Absatz 1 Nr. 1 oder eine versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 oder 4 tatsächlich nicht ausgeübt wird. Dies gilt insbesondere für eine Beschäftigung bei Familienangehörigen oder Lebenspartnern.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 167/07 Verkündet am:
27. April 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GmbHG §§ 47 Abs. 4, 51 a Abs. 2 Satz 2

a) Gegen einen Vorratsbeschluss, mit dem einem Gesellschafter über ein konkretes
Informationsbegehren hinaus Einsicht oder Auskunft für eine bestimmte Zeit, unter
bestimmten Umständen oder in bestimmte Unterlagen verweigert wird, ist die Anfechtungsklage
zulässig.

b) Soll ein Geschäftsführer aus wichtigem Grund wegen einer Pflichtverletzung abberufen
werden, ist ein Gesellschafter, der die Pflichtverletzung gemeinsam mit dem
Geschäftsführer begangen hat, von der Abstimmung ausgeschlossen.
BGH, Urteil v. 27. April 2009 - II ZR 167/07 - OLG Karlsruhe
LG Baden-Baden
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Dr. Strohn, Dr. Reichart und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
Unter Zurückweisung der weitergehenden Revision des Klägers wird auf seine Rechtsmittel das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. Juni 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als seine Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 29. Juli 2005 hinsichtlich der Klageanträge 1.2. und 2. zurückgewiesen wurde. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 29. Juli 2005 teilweise (Klageantrag 1.2.) abgeändert : Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 vom 28. Oktober 2003 "Solange der Gesellschafter J. K. für ein Konkurrenzunternehmen tätig ist, insbesondere als Betriebsleiter der Firma Kl. AG, darf er nicht informiert werden über sämtliche Umstände des Ein- und Verkaufs, über Investitionsplanungen und -rechnungen, Rentabilitätsplanungen, Liquiditätsplanungen, Produktionsmengen sowie über den Inhalt, nicht jedoch das Ergebnis der BWA der H. K. GmbH und der H. K. GmbH & Co. KG." wird für nichtig erklärt. Im Umfang der weitergehenden Aufhebung (Klageantrag zu 2 und Kostenentscheidung) wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsver- fahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist zusammen mit seiner Mutter R. K. und seinem Bruder C. K. Gesellschafter der Beklagten. In beiden Gesellschaften herrscht zwischen ihnen vielfältiger Streit. An der Beklagten zu 1, einer GmbH, sind der Kläger mit einem Anteil von 12,5 %, C. K. ebenfalls mit 12,5 % und R. K. mit 25 % beteiligt. Weitere Gesellschafterin ist mit einem Anteil von 50 % die Beklagte zu 2, eine GmbH & Co. KG. Deren Komplementäre sind mit einem Festkapital von 600.000,00 DM die Beklagte zu 1 und ohne Kapitalbeteiligung R. K. , die von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist. Kommanditisten der Beklagten zu 2 sind mit einer Einlage von jeweils 150.000,00 DM der Kläger und C. K. . Das operative Geschäft - ein Sägewerk und ein Holzhandel - betreibt die H. K. GmbH, eine 100%ige Tochter der Beklagten zu 2. Geschäftsführer der H. K. GmbH und der Beklagten zu 1 ist C. K. , Prokuristin in beiden Gesellschaften R. K. .
2
In der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 am 20. August 2003 wurde dem Kläger die Einsicht in den Jahresabschluss der H. K. GmbH verweigert. Der Kläger verließ nach seinen Angaben den Versammlungsort, nachdem zuvor seine Mitgesellschafter die Versamm- lung abgebrochen und verlassen hatten. C. K. und R. K. unterzeichneten ein Protokoll über die Versammlung, demzufolge der Kläger die Versammlung verließ und danach die Feststellung des Jahresabschlusses 2002, die Ergebnisverteilung 2002 sowie die Entlastung des Geschäftsführers beschlossen wurden.
3
In der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 28. Oktober 2003 wurde u.a. beschlossen: "Solange der Gesellschafter J. K. für ein Konkurrenzunternehmen tätig ist, insbesondere als Betriebsleiter der Firma Kl. AG, darf er nicht informiert werden über sämtliche Umstände des Ein- und Verkaufs, über Investitionsplanungen und -rechnungen, Rentabilitätsplanungen, Liquiditätsplanungen , Produktionsmengen sowie über den Inhalt, nicht jedoch das Ergebnis der BWA der H. K. GmbH und der H. K. GmbH & Co. KG."
4
Auf der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 am selben Tag wurde ein gleich lautender Beschluss gefasst.
5
In der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 4. November 2003 wurde über den Antrag des Klägers abgestimmt, C. K. als Geschäftsführer abzuberufen und die Prokura von R. K. zu widerrufen. Nach den Feststellungen des Versammlungsleiters wurde der Antrag auf Abberufung des Geschäftsführers mit den Stimmen von R. K. und der Beklagten zu 2, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. D. , gegen die Stimmen des Klägers und der Antrag, die Prokura von R. K. zu widerrufen, mit den Stimmen von C. K. und der Beklagten zu 2 gegen die Stimmen des Klägers abgelehnt.
6
Der Kläger hat beantragt festzustellen, dass die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 am 20. August 2003 nichtig sind, dass - u.a. - der genannte Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 28. Oktober 2003 nichtig, hilfsweise unwirksam ist und dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 4. November 2003 wirksam beschlossen wurde, C. K. als Geschäftsführer abzuberufen und die Prokura von R. K. zu widerrufen. Das Landgericht hat die Beschlussfassungen in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 vom 20. August 2003 für unwirksam erklärt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit seiner Berufung hat der Kläger seine Anträge zur Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 vom 28. Oktober 2003 und vom 4. November 2003 weiterverfolgt und im Wege der Klageerweiterung beantragt festzustellen, dass die Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 vom 28. Oktober 2003 nichtig, hilfsweise unwirksam sind, mit denen die Einsicht in den Jahresabschluss 2002 der H. K. GmbH verweigert wurde und beschlossen wurde, ihm Informationen über Umstände bei der H. K. GmbH und der Beklagten zu 2 zu verweigern, solange er für ein Konkurrenzunternehmen tätig ist.
7
Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die erweiterte Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er seinen Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2 vom 28. Oktober 2003, ihn in Zukunft von Informationen auszuschließen, sowie seinen Antrag weiterverfolgt, festzustellen, dass in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 vom 4. November 2003 die Abberufung von C. K. als Geschäftsführer und der Widerruf der Prokura von Frau R. K. beschlossen worden sei.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Berufungsgericht seine Anfechtungsklage gegen den Beschluss zur Informationsverweigerung bei der Beklagten zu 1 (Klageantrag 1.2) und die Anfechtungs- und positive Beschlussfeststellungsklage hinsichtlich des Beschlusses zur Abberufung von C. K. als Geschäftsführer und des Widerrufs der Prokura von R. K. (Klageantrag 2) abgewiesen hat. Der Beschluss zur Informationsverweigerung (Klageantrag 1.2) ist für nichtig zu erklären; hinsichtlich des Klageantrags zu 2 ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die weitergehende Revision, mit der sich der Kläger gegen die Abweisung der im Berufungsrechtszug erweiterten Klage wendet, hat keinen Erfolg.
9
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Anfechtungsklage des Klägers gegen den Beschluss zur Informationsverweigerung der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 vom 28. Oktober 2003 sei unzulässig, weil das Gesetz in § 51 b GmbHG ein eigenes gerichtliches Verfahren vorsehe. Der Feststellungsantrag hinsichtlich des gleichlautenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 sei unzulässig, weil ein Rechtsschutzbedürfnis fehle. Die positive Beschlussfeststellungsklage auf Feststellung eines Beschlusses zur Abberufung von C. K. als Geschäftsführer und des Widerrufs der Prokura von R. K. sei nicht begründet, weil die Beschlussanträge des Klägers mehrheitlich abgelehnt worden seien und die Mitgesellschafter ihr Stimmrecht nicht missbräuchlich ausgeübt hätten.
10
II. Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 2 erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
11
1. Das Berufungsurteil unterliegt der Aufhebung, soweit die Anfechtungsklage gegen den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 abgewiesen ist, dem Kläger Informationen zu verweigern, solange er für ein Konkurrenzunternehmen tätig ist. Der Beschluss ist für nichtig zu erklären, weil die Gesellschafterversammlung an einem für den Kläger unzumutbaren Termin abgehalten wurde.
12
a) Rechtsfehlerhaft hält das Berufungsgericht die Anfechtungsklage für unzulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage gegen einen Beschluss, in dem die Gesellschafter die Informationsrechte eines Mitgesellschafters über die Zurückweisung eines konkreten Informationsbegehrens hinaus einschränken, fehlt nicht.
13
Ein besonderes Rechtsschutzinteresse an der Vernichtung eines Beschlusses ist grundsätzlich nicht erforderlich. Die Anfechtungsklage dient der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Beschlüsse der Gesellschaft. Sie ist ein aus der Mitgliedschaft selbst folgendes Recht und bedarf keiner besonderen Rechtfertigung durch eine persönliche Betroffenheit des anfechtungsbefugten Klägers (Senat, BGHZ 43, 261, 266; 70, 117, 118; 107, 296, 308; Urt. v. 14. Oktober 1991 - II ZR 249/90, ZIP 1991, 1577).
14
Dem Kläger steht auch kein einfacheres und vorrangiges Verfahren zur Verfügung, um die Rechtsgültigkeit des Beschlusses zu klären, ihn nicht mehr über verschiedene Umstände bei den Tochterfirmen der Beklagten zu 1 informieren. Die Rechtsprechung des Senats, nach der eine selbständige Anfechtbarkeit des Informationsverweigerungsbeschlusses nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 GmbHG zu verneinen ist (Urt. v. 7. Dezember 1987 - II ZR 86/87, ZIP 1988, 87), lässt sich nicht auf Beschlüsse übertragen, mit denen einem Gesellschafter Informationen über ein konkretes Auskunftsersuchen hinaus auf Vorrat verwei- gert werden (Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 51 a Rdn. 42; Michalski/ Römermann, GmbHG § 51 a Rdn. 196). Das Informationserzwingungsverfahren setzt ein konkretes Auskunfts- oder Einsichtsbegehren voraus (§ 51 a Abs. 1 GmbHG). Gegen einen Vorratsbeschluss, mit dem einem Gesellschafter ohne ein konkretes Informationsbegehren Einsicht und Auskunft für eine bestimmte Zeit, unter bestimmten Umständen oder in bestimmte Unterlagen verweigert wird, ist ein solches Verfahren nicht vorgesehen.
15
Der Gesellschafter kann auch nicht darauf verwiesen werden, den Vorratsbeschluss hinzunehmen und erst gegen die Verweigerung der Information auf konkrete Auskunftsersuchen das Informationserzwingungsverfahren zu betreiben. Er hat ein rechtliches Interesse daran, bereits die Gültigkeit des Vorratsbeschlusses klären zu lassen. Mit der Überprüfung der im Vorratsbeschluss aufgestellten Richtlinie im Wege der Anfechtungsklage kann ihre Gültigkeit über das einzelne Informationsbegehren hinaus geklärt werden. Der Vorratsbeschluss erspart spätere Gesellschafterbeschlüsse nach einem konkreten Informationsersuchen nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 GmbHG nicht, weil er nur eine allgemeine Richtlinie aufstellt (Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 51 a Rdn. 42; Ulmer/Hüffer, GmbHG § 51 a Rdn. 52; Michalski/Römermann, GmbHG § 51 a Rdn. 196; a.A. Ivens, GmbHR 1989, 273, 275; B. Schneider, GmbHR 2008, 638, 643). Dem Gesellschafter wird durch den Vorratsbeschluss die Chance genommen, ohne Beteiligung der Gesellschafterversammlung und zügig die begehrten Informationen zu erhalten. Der Beschluss enthält eine Weisung an den Geschäftsführer und verhindert, dass der Geschäftsführer zunächst in eigener Kompetenz prüft, ob ein Informationsanspruch besteht. Jedes konkrete Informationsbegehren führt, wenn die Weisung bestehen bleibt, mindestens zur Befassung der Gesellschafterversammlung und - bei unveränderter Haltung der Mitgesellschafter - zu einem gerichtlichen Verfahren.
16
b) Die Anfechtungsklage hat Erfolg. Der Senat kann selbst entscheiden, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). In der Anberaumung der Gesellschafterversammlung auf den 28. Oktober 2003 liegt ein Einladungsmangel, weil die Gesellschafterversammlung trotz der rechtzeitig mitgeteilten Verhinderung des anwaltlichen Beraters des Klägers abgehalten wurde. Die Einberufung der Versammlung auf einen Zeitpunkt, zu dem ein Berater eines Gesellschafters verhindert ist, verletzt das Teilnahmerecht des Gesellschafters , wenn der Gesellschafter auf die Teilnahme eines Beraters einen Anspruch hat und dem Gesellschafter durch die Wahl des Termins diese Beratung unzumutbar abgeschnitten wird.
17
Das Teilnahmerecht des Gesellschafters wird nicht nur bei der Anberaumung des Termins einer Gesellschaftsversammlung auf einen für einen Gesellschafter - wie das Einberufungsorgan weiß - unzumutbaren Zeitpunkt (vgl. Sen.Urt. v. 28. Januar 1985 - II ZR 79/84, WM 1985, 567), sondern ebenso dann verletzt, wenn er einen Anspruch darauf hat, sich während der Gesellschafterversammlung beraten zu lassen, und ihm diese Beratung durch die Wahl des Versammlungstermins unzumutbar verwehrt wird. Ein Anspruch auf die Teilnahme eines Beraters kann aufgrund einer Regelung in der Satzung oder aufgrund der gesellschafterlichen Treuepflicht bestehen, insbesondere wenn schwerwiegende Entscheidungen zu fällen sind und dem Gesellschafter die erforderliche Sachkunde fehlt (OLG Stuttgart GmbHR 1997, 1107; OLG Düsseldorf GmbHR 2002, 67; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG 18. Aufl. § 48 Rdn. 13; Scholz/K. Schmidt/Seibt, GmbHG 10. Aufl. § 48 Rdn. 26; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 16. Aufl. § 48 Rdn. 4). Der Kläger hatte nach § 6 Abs. 5 der Satzung der Beklagten zu 1 einen Anspruch auf die Teilnahme eines Beraters. Dort ist vorgesehen, dass ein Gesellschafter durch einen Angehörigen der rechts- und/oder wirtschafts- und steuerberatenden Berufe, der zur Berufs- verschwiegenheit verpflichtet ist, vertreten werden kann und das Anwesenheitsrecht des Gesellschafters auch im Fall der Vertretung erhalten bleibt.
18
Die Teilnahme seines anwaltlichen Beraters wurde dem Kläger mit der Anberaumung auf den 28. Oktober 2003 unzumutbar verwehrt. Mit allen Beteiligten war vereinbart, dass am 4. November 2003 eine Gesellschafterversammlung stattfinden sollte. Der Geschäftsführer der Beklagten musste damit rechnen , dass der anwaltliche Berater des Klägers nicht auch noch zu einer weiteren Gesellschafterversammlung wenige Tage vor dem vereinbarten Termin anreisen konnte. Ein nachvollziehbarer Grund, für die Beschlussanträge von C. K. eine zusätzliche Gesellschafterversammlung vor dem abgesprochenen Termin abzuhalten, ist nicht erkennbar. Jedenfalls nachdem der anwaltliche Berater rechtzeitig seine urlaubsbedingte Verhinderung für den 28. Oktober 2003 mitgeteilt hatte, gebot es die Rücksichtnahme auf das Teilnahmerecht des Klägers, die Beschlussfassung über die Informationsverweigerung auf den bereits abgesprochenen Zeitpunkt zu legen.
19
Der Einladungsmangel ist nicht nach § 51 Abs. 3 GmbHG geheilt. Voraussetzung einer Heilung durch eine Vollversammlung ist, dass nicht nur sämtliche Gesellschafter anwesend sind, sondern auch das Einvernehmen aller Anwesenden mit der Abhaltung der Gesellschafterversammlung zum Zwecke der Beschlussfassung besteht (BGHZ 100, 264, 269; Sen.Urt. v. 8. Dezember 1997 - II ZR 216/96, ZIP 1998, 335; v. 11. Februar 2008 - II ZR 187/06, ZIP 2008, 757; Beschl. v. 19. Januar 2009 - II ZR 98/08, ZIP 2009, 562). Der Kläger war am 28. Oktober 2003 anwesend, hat aber vor der Abstimmung gegen eine Beschlussfassung Widerspruch erhoben.
20
2. Die Abweisung der Klage auf Feststellung, dass die Informationsverweigerungsbeschlüsse in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 2 am 28. Oktober 2003 nichtig, hilfsweise unwirksam sind, erweist sich zwar mit der gegebenen Begründung als rechtsfehlerhaft, stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
21
a) Die Feststellungsklage ist zulässig.
22
aa) Ohne Erfolg rügt die Revisionserwiderung unter Berufung auf § 533 Nr. 2 ZPO die Unzulässigkeit der Klageerweiterung. Die Zulassung einer Klageänderung ist nach §§ 525, 268 ZPO unanfechtbar (vgl. BGH Urt. v. 25. Oktober 2007 - VII ZR 27/06, NJW-RR 2008, 262 zur Zulassung einer Widerklage

).

23
bb) Entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts besteht ein Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO). Eine Leistungsklage, die das Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage entfallen lassen könnte, steht dem Gesellschafter nicht zur Verfügung. Der Gesellschafter kann in der Personengesellschaft grundsätzlich nur mit der Feststellungsklage erreichen, dass die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses geklärt wird. Mit einer Leistungsklage auf Erteilung einer Auskunft wird die Gültigkeit eines dem Leistungsbegehren entgegenstehenden Gesellschafterbeschlusses nicht generell, sondern allenfalls als Vorfrage für den Einzelfall geklärt. Für den Auskunftsanspruch des Kommanditisten ist die Rechtmäßigkeit eines ablehnenden Gesellschafterbeschlusses keine notwendige Vorfrage. Der Informationsanspruch richtet sich gegen die Gesellschaft, vertreten durch ihre geschäftsführende Komplementärin (vgl. Sen.Urt. v. 28. Mai 1962 - II ZR 156/61, WM 1962, 883), und gegebenenfalls die Komplementärin selbst (Sen.Urt. v. 20. Juni 1983 - II ZR 85/82, ZIP 1983, 935), während die Wirksamkeit eines Beschlusses in der Personengesellschaft grundsätzlich mit den Gesellschaftern zu klären ist (Sen.Urt. v. 24. März 2003 - II ZR 4/01, ZIP 2003, 843; Urt. v. 7. Juni 1999 - II ZR 278/98, ZIP 1999, 1391; Urt. v. 13. Februar 1995 - II ZR 15/94, ZIP 1995, 460). Eine Leistungsklage ist außerdem auf Auskunft über konkrete Tatsachen oder Einsicht in bestimmte Unterlagen gerichtet, während der angegriffene Gesellschafterbeschluss Auskunft und Einsicht in der Zukunft und unter bestimmten Voraussetzungen - Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen - versagt. § 5 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten zu 2 verweist nur zum Umfang des Auskunfts- und Einsichtsrechts auf § 51 a Abs. 1 und 2 GmbHG, nicht aber - was auch nicht möglich wäre - für das Verfahren.
24
b) Die Abweisung der Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 2 erweist sich jedoch aus anderen Gründen als zutreffend (§ 561 ZPO). Die Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 2 ist nicht begründet, weil sie nicht der richtige Klagegegner ist. Der Senat ist durch das Verschlechterungsverbot (§ 557 Abs. 1 ZPO) nicht gehindert, die Klage auf die Revision des Klägers als unbegründet statt als unzulässig abzuweisen (Senat, BGHZ 12, 308, 316; 33, 398, 401; 46, 281, 284).
25
Die Nichtigkeit von Beschlüssen von Gesellschafterversammlungen einer Kommanditgesellschaft wird durch Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter geltend gemacht, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass der Streit mit der Gesellschaft auszutragen ist (Sen.Urt. v. 24. März 2003 - II ZR 4/01, ZIP 2003, 843; Urt. v. 7. Juni 1999 - II ZR 278/98, ZIP 1999, 1391; Urt. v. 13. Februar 1995 - II ZR 15/94, ZIP 1995, 460). Eine solche besondere Regelung enthält der Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 2 nicht, wie der Senat selbst feststellen kann, da das Berufungsgericht eine Auslegung unterlassen hat und weitere Feststellungen dazu nicht in Betracht kommen (vgl. BGHZ 65, 107, 112; 124, 39, 45). Im Gesellschaftsvertrag ist eine Klage zur Überprüfung der Wirksamkeit von Beschlüssen gegen die Gesellschaft nicht ausdrücklich vorgesehen. Regelungen, die den Willen der Gesellschafter zei- gen, solche Streitigkeiten unmittelbar mit der Gesellschaft auszutragen, fehlen. Dass nach § 7 des Gesellschaftsvertrags die Beschlüsse in Versammlungen gefasst werden und für die Einberufung die §§ 49 bis 51 GmbHG gelten sollen, genügt für die Annahme einer vollständigen Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Systems nicht.
26
Die Feststellungsklage richtet sich nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts gegen die Beklagte zu 2. Für die Ansicht der Revision, die Beklagte zu 1 sei jedenfalls mitverklagt, bestehen keine Anhaltspunkte. Eine Klageerweiterung auf die Beklagte zu 1 als Gesellschafterin erst in der Revisionsinstanz ist nicht zulässig, weil sie stets neuen Vortrag erfordert (BGH, Urt. v. 24. September 1982 - V ZR 188/79, WM 1982, 1170).
27
3. Auch die Abweisung der Klageanträge zu 2, mit denen der Kläger in der zutreffenden Auslegung des Berufungsgerichts eine kombinierte Anfechtungs - und positive Beschlussfeststellungsklage gegen die Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 4. November 2003 erhoben hat und die Feststellung begehrt, dass die Abberufung von C. K. als Geschäftsführer und der Widerruf der Prokura von R. K. beschlossen wurde, hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
28
a) Das Berufungsgericht hat - unterstellt man, wie geboten, den Vortrag des Klägers revisionsrechtlich als richtig - rechtsfehlerhaft die Stimmen von R. K. bei der Abstimmung über die Abberufung und von C. K. bei der Abstimmung zum Widerruf der Prokura berücksichtigt. Sie unterlagen jeweils nach § 47 Abs. 4 GmbHG einem Stimmverbot, weil sie nach dem entsprechenden Vortrag des Klägers gemeinschaftlich ihre Pflichten verletzt und damit einen Grund für die Abberufung bzw. den Widerruf der Prokura gegeben haben soll, weil sie ihn am 20. August 2003 in bewusstem und gewollten Zu- sammenwirken hintergangen und von seiner Mitwirkung an Gesellschafterbeschlüssen ausgeschlossen haben.
29
aa) Die Gesellschafter waren jeweils von der Abstimmung ausgeschlossen , soweit sie selbst von der Abberufung bzw. dem Widerruf der Prokura betroffen waren. Ein Gesellschafter ist regelmäßig dann vom Stimmrecht ausgeschlossen , wenn gegen ihn gesellschaftsrechtlich bedeutsame Maßnahmen ergriffen werden sollen und er - quasi als Richter in eigener Sache - dazu sein eigenes Verhalten beurteilen muss (Senat BGHZ 86, 177, 178; Sen.Urt. v. 21. April 1969 - II ZR 200/67, WM 1969, 808). Der Abberufung des Geschäftsführers ist der Widerruf der Prokura gleichzustellen, wenn die Gesellschafterversammlung mit ihr befasst wird (vgl. Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 47 Rdn. 118; Michalski/Römermann, GmbHG § 47 Rdn. 246; Roth/Altmeppen, GmbHG 5. Aufl. § 47 Rdn. 61).
30
bb) Liegt der Abberufung als Geschäftsführer als wichtiger Grund eine Pflichtverletzung zugrunde, ist auch der Gesellschafter ausgeschlossen, dem eine gemeinsam mit dem Geschäftsführer begangene Pflichtverletzung vorgeworfen wird (OLG Düsseldorf GmbHR 2000, 1050; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 47 Rdn. 139; Ulmer/Hüffer, GmbHG § 47 Rdn. 166; Michalski /Römermann, GmbHG § 47 Rdn. 268). Ein Stimmverbot nach § 47 Abs. 4 GmbHG ist sinngemäß auch in den Fällen anzunehmen, in denen das Ausmaß des Interessenkonflikts für mehrere Gesellschafter identisch ist (Senat, BGHZ 97, 28, 33). Die Interessenkollision ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht nur bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen (Senat, BGHZ 97, 28, 33), der Entlastung (Senat, BGHZ 108, 21, 25; Urt. v. 7. April 2003 - II ZR 193/02, ZIP 2003, 945) oder der Bestellung eines besonderen Vertreters für die GmbH (Senat, BGHZ 116, 353, 358) zu berücksichti- gen. Das gemeinschaftliche Fehlverhalten kann auch bei der Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund nur einheitlich beurteilt werden.
31
Die Prokuristin R. K. war bei der Abstimmung über die Abberufung des Geschäftsführers C. K. ebenso wie umgekehrt der Geschäftsführer C. K. bei der Abstimmung über den Widerruf der Prokura von R. K. von der Abstimmung ausgeschlossen. Ihnen wird vom Kläger eine gemeinsam begangene Pflichtverletzung vorgeworfen, an der sie gleichermaßen beteiligt gewesen sein sollen. Ein wichtiger Grund, den der Kläger für die Abberufung aus der Organstellung vorgetragen hat, war, dass beide gemeinsam die Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 20. August 2003 noch vor der Abstimmung verließen, nachträglich aber ein Protokoll errichteten , in dem sie Beschlüsse unzutreffend als während der Versammlung, wenn auch in Abwesenheit des Klägers gefasst darstellten, der Sache nach also „hinter seinem Rücken“ unter Verletzung seines Teilnahmerechts entschieden haben.
32
b) Das Urteil des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht als richtig (§ 561 ZPO), weil - was das Landgericht allerdings angenommen hat - die Beschlüsse mit der Mehrheit der Stimmen der Beklagten zu 2 abgelehnt wurden. Die von Rechtsanwalt Dr. D. für die Beklagte zu 2 abgegebenen Stimmen sind nicht zu berücksichtigen.
33
aa) Die Beklagte zu 2 hat in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 kein Stimmrecht. Stimmrechte der GmbH aus eigenen Anteilen ruhen entsprechend § 71 b AktG (Sen.Urt. v. 30. Januar 1995 - II ZR 45/94, ZIP 1995, 374). Eigenen Anteilen der GmbH sind Anteile von abhängigen Gesellschaften gleichzustellen (BGHZ 119, 346, 356; Ulmer/Hüffer, GmbHG § 47 Rdn. 44; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 47 Rdn. 24), auch bei einer wechselsei- tigen Beteiligung. Die Beklagte zu 2 ist ein von der Beklagten zu 1 abhängiges Unternehmen, weil die Beklagte zu 1 mehrheitlich beteiligt ist (vgl. § 19 Abs. 2 AktG). Die Beklagte zu 1 hält 2/3 der Kapitalanteile und der Stimmrechtsanteile an der Beklagten zu 2.
34
bb) Die von Rechtsanwalt Dr. D. für die Beklagte zu 2 abgegebenen Stimmen sind außerdem nicht zu berücksichtigen, weil er sie als Untervertreter für einen organschaftlichen Vertreter abgegeben hat, der seinerseits vom Stimmrecht ausgeschlossen war. Der vom Stimmrecht ausgeschlossene Gesellschafter darf nach § 47 Abs. 4 Satz 1 GmbHG auch nicht als (organschaftlicher ) Vertreter eines anderen Gesellschafters abstimmen. Von einem Stimmverbot des Hauptvertreters ist auch derjenige betroffen, dem der Hauptvertreter Vollmacht erteilt hat (Ulmer/Hüffer, GmbHG § 47 Rdn. 130; Michalski/ Römermann, GmbHG § 47 Rdn. 108). Da C. K. von der Abstimmung über seine Abberufung ausgeschlossen war, konnte er nicht als organschaftlicher Vertreter der Komplementärin der Beklagten zu 2, der Beklagten zu 1, abstimmen oder sich durch einen von ihm Bevollmächtigten vertreten lassen. Dass Rechtsanwalt Dr. D. die Vollmacht, für die Beklagte zu 2 zu handeln, von einem nicht vom Stimmrecht ausgeschlossenen Vertreter der Beklagten zu 1 oder der Beklagten zu 2 erhalten haben könnte, ist ausgeschlossen. Die Beklagte zu 1 hatte keinen anderen Geschäftsführer als C. K. . Die Prokuristin R. K. war ebenfalls vom Stimmrecht ausgeschlossen und konnte die GmbH nicht vertreten. Die Beklagte zu 2 hatte nur die Beklagte zu 1 als vertretungsberechtigte und geschäftsführungsbefugte Komplementärin. R. K. war zwar ebenfalls Komplementärin, aber nicht geschäftsführungsbefugt und außerdem selbst von der Abstimmung ausgeschlossen. Eine Gesellschafterversammlung zur Bestimmung eines besonderen Vertreters hat bei keiner der beiden Gesellschaften stattgefunden.
35
c) Die Sache ist zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat bisher nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, ob der vom Kläger behauptete wichtige Grund zur Abberufung des Geschäftsführers und für einen Widerruf der Prokura besteht und C. und R. K. ihre Pflichten verletzt haben. Dem vom Kläger als wichtigen Grund vorgetragenen allgemeinen Abstimmungsverhalten von C. und R. K. in Gesellschafterversammlungen hat das Berufungsgericht in vertretbarer tatrichterlicher Bewertung im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zu einem Stimmrechtsmissbrauch als Meinungsverschiedenheiten zwischen Gesellschaftern kein Gewicht beigemessen, das einen Verbleib der Mitgesellschafter in ihren Ämtern unzumutbar erscheinen lässt. Dagegen hat es mit seiner Bewertung der Vorgänge am 20. August 2003 als wenig gewichtigem Protokollierungsfehler den Kern des Vortrags des Klägers verkannt. Der Kläger wirft seinen Mitgesellschaftern vor, ihn in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken hintergangen und um die Mitwirkung an Gesellschafterbeschlüssen gebracht zu haben. C. K. und R. K. sollen die Gesellschafterversammlung verlassen und abgebrochen, anschließend ohne seine Beteiligung Beschlüsse gefasst und dies durch Fertigung eines Protokolls vertuscht haben, in dem wahrheitswidrig das Verlassen der Sitzung durch den Kläger festgehalten worden ist. Die Tatsachenfeststellungen im Urteil des Landgerichts, wonach das Protokoll den Ablauf der Gesellschafterversammlung richtig wiedergibt, hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zu Recht nicht zugrunde gelegt, weil die vom beweispflichtigen Kläger für seine Darstellung angebotenen Zeugen nicht vernommen wurden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
36
Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, darauf hinzuwirken, dass der Kläger seinen Klageantrag vervollständigt (§ 139 Abs. 1 ZPO) und neben der Feststellung, dass die Beschlüsse gefasst wurden, ausdrücklich die Nichtigerklärung ihrer Ablehnung beantragt.
Goette Kurzwelly Strohn Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Baden-Baden, Entscheidung vom 29.07.2005 - 4 O 123/03 KfH -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 28.06.2007 - 15 U 82/05 -

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 10. Oktober 2008 - 10 TaBV 24/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Beteiligte zu 3) leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG ist.

2

Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin betreibt in S ein Krankenhaus, in dem etwa 530 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind, davon 95 Ärztinnen und Ärzte. Unterhalb der Geschäftsführung ist eine Betriebsleitung gebildet, die aus einem der Geschäftsführer, der Pflegedienstleitung und dem ärztlichen Direktor besteht. Mit Ausnahme der Röntgenabteilung stehen den acht medizinischen Abteilungen des Krankenhauses jeweils leitende Abteilungsärzte als Chefärzte vor. Eine medizinische Abteilung ist die Klinik und Tagesklinik für Geriatrie, die seit ihrer Inbetriebnahme zum 1. Juni 2004 von dem Beteiligten zu 3) geleitet wird. Dessen Jahresgrundgehalt beträgt 180.000,00 Euro. In der Abteilung Geriatrie sind neben dem Beteiligten zu 3) als Chefarzt zwei Oberärzte und fünf weitere Ärzte sowie im Pflegebereich 26,5 Vollkräfte tätig. Die Geriatrie verfügt über 41 von insgesamt 405 stationären Krankenhausbetten sowie seit dem Jahr 2006 über weitere 15 Betten in der Tagesklinik. Damit erzielte die Abteilung im Jahr 2007 12 % des im Krankenhaus erwirtschafteten Gesamtumsatzes.

3

Der Arbeitsvertrag des Beteiligten zu 3) vom 22. April 2004 lautet auszugsweise wie folgt:

        

„§ 1   

        

Tätigkeit und Aufgabengebiet

        

1)   

Der Dienstnehmer wird mit Wirkung zum 15.06.2004 als Chefarzt für die Akutgeriatrie sowie für die noch zu errichtende geriatrische Tagesklinik eingestellt. Sein Aufgabengebiet umfasst die Rechte und Pflichten eines Chefarztes der Geriatrischen Abteilung.

        

2)   

Der Dienstnehmer ist leitender Angestellter. Er ist nach Absprache mit den Fachkollegen und im Rahmen des Personalbudgets zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von ärztlichen Mitarbeitern berechtigt. Arbeitszeugnisse werden von ihm und der Verwaltungsleitung gemeinsam unterzeichnet. Die Verwaltungsleitung hat hierbei insbesondere auf die Übereinstimmung mit den arbeitsrechtlichen Bestimmungen zu achten.

        

3)   

Weitere seiner Stellung als leitender Mitarbeiter entsprechende Aufgaben können ihm übertragen werden. Der Dienstgeber hat das Recht, strukturelle und organisatorische Veränderungen im Betriebsablauf vorzunehmen.

        

4)   

Der Dienstnehmer ist gegenüber dem medizinischen Personal grundsätzlich weisungsberechtigt; gegenüber Ärzten jedoch nur insoweit, als diese ihm in ihrem Aufgabengebiet nachgeordnet sind.

                          
        

§ 5     

        

Allgemeine Rechte und Pflichten

        

1)   

Der Dienstnehmer beteiligt sich im erforderlichen Umfang an solchen Gremien, die der Dienstgeber im Hinblick auf ein optimales Betriebsmanagement für notwendig erachtet. Er unterstützt die Fortbildung der nachgeordneten Mitarbeiter gemäß dem Stand ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten und bildet sich selbstständig weiter. Auf Verlangen des Dienstgebers hat der Dienstnehmer seine eigene Weiterbildung nachzuweisen.

        

2)   

Die Dienstaufsicht über den Dienstnehmer hat im Allgemeinen der Dienstgeber. Im Speziellen ist der Dienstnehmer in ärztlichen Angelegenheiten dem Ärztlichen Direktor, in Verwaltungsangelegenheiten der Verwaltungsleitung unterstellt. Der Dienstnehmer wirkt an der Umsetzung dienstlicher Anordnungen und Weisungen sowie gesetzlicher Vorschriften mit. Bei Kompetenzkonflikten ist die Entscheidung der Gesellschafterversammlung der H GmbH einzuholen.

                          
        

§ 6     

        

Besondere Rechte und Pflichten

        

1)   

Der Dienstnehmer führt Heilbehandlungen selbstständig, eigenverantwortlich, kooperativ und nach den Regeln der ärztlichen Kunst auf dem jeweils neuesten Stand der gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse durch. Der Umfang seiner Leistungen wird durch Leistungsspektrum und Jahresbudget des Dienstgebers begrenzt. Beide werden zu Jahresanfang im Medizinischen Zielplan gemeinsam abgestimmt.

        

…       

        

        

5)   

Der Dienstnehmer wirkt auf eine sparsame Betriebsführung hin. Ihm kann ein Teilbudget anvertraut werden. Er ist dann für die Verwendung der Mittel allein verantwortlich… .“

4

Mit dem am 20. September 2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat der Betriebsrat die Feststellung begehrt, der Beteiligte zu 3) sei kein leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG. Seine Einstellungs- und Entlassungsbefugnisse seien nicht ausreichend für § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG. Auch die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG seien nicht erfüllt. Der Beteiligte zu 3) nehme keine Aufgaben im Sinne dieser Vorschrift wahr, die für den Bestand und für die Entwicklung des Unternehmens oder des Betriebs von Bedeutung seien. Soweit der Arbeitsvertrag eine gemeinsame Abstimmung des Leistungsspektrums und des Jahresbudgets vorsehe, würden die Entscheidungen nicht von dem Beteiligten zu 3) getroffen, sondern von dem dreiköpfigen Führungskreis des Unternehmens bzw. in Verwaltungsangelegenheiten von der Verwaltungs- bzw. Personalleitung.

5

Der Betriebsrat hat beantragt

        

festzustellen, dass der Beteiligte zu 3) nicht leitender Angestellter iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG ist.

6

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen.

7

Sie hat die Auffassung vertreten, der Beteiligte zu 3) sei leitender Angestellter, weil er nach dem Anstellungsvertrag für die von ihm geführte geriatrische Abteilung jeweils zu Jahresbeginn das Leistungsspektrum und das Jahresbudget gemeinsam mit der Arbeitgeberin festzulegen habe. Durch die Beteiligung am Aufbau der Geriatrie sowie der geriatrischen Tagesklinik mit 15 Betten komme zum Ausdruck, dass seine Vorschläge nicht unbeachtet bleiben könnten. Ausdruck seiner unternehmerischen Verantwortung sei schließlich der Bezug des zuletzt vereinbarten Zieleinkommens iHv. 265.000,00 Euro, das er nur erreichen könne, wenn er die zwischen ihm und der Arbeitgeberin vereinbarten unternehmerischen Ziele erfülle.

8

Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zunächst zurückgewiesen. Der Senat hat diese Entscheidung mit Beschluss vom 10. Oktober 2007(- 7 ABR 61/06 - AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 72 = EzA BetrVG 2001 § 5 Nr. 3)auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats aufgehoben und das Verfahren zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Das Landesarbeitsgericht hat daraufhin den Beschluss des Arbeitsgerichts abgeändert und dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben. Mit der von der Arbeitgeberin eingelegten Rechtsbeschwerde beantragt diese die Wiederherstellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der Betriebsrat beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

9

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats zu Recht entsprochen. Der Beteiligte zu 3) ist kein leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG.

10

I. Der Beteiligte zu 3) ist kein leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG. Dies hat der Senat im Beschluss vom 10. Oktober 2007(- 7 ABR 61/06 - AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 72 = EzA BetrVG 2001 § 5 Nr. 3)mit Bindungswirkung (§ 563 Abs. 2 ZPO) entschieden.

11

II. Der Beteiligte zu 3) ist auch kein leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG. Er kann unternehmerische (Teil-)Entscheidungen, die für den Bestand und die Entwicklung des Krankenhauses von Bedeutung sind, nicht maßgeblich beeinflussen.

12

1. Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG ist leitender Angestellter, wer nach seinem Arbeitsvertrag und seiner Stellung im Unternehmen oder Betrieb regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und für die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst.

13

a) Voraussetzung für die Wahrnehmung einer unternehmerischen (Teil-)Aufgabe ist, dass dem leitenden Angestellten rechtlich und tatsächlich ein eigener und erheblicher Entscheidungsspielraum zur Verfügung steht, dh. er muss mit weitgehender Weisungsfreiheit und Selbstbestimmung seinen Tätigkeitsbereich wahrnehmen und kraft seiner leitenden Funktion maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensführung ausüben(BAG 25. März 2009 - 7 ABR 2/08 - Rn. 30 mwN, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 73 = EzA BetrVG 2001 § 5 Nr. 4). Der nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG erforderliche Einfluss auf die Unternehmensführung kann darin bestehen, dass der leitende Angestellte selbst die Entscheidungen trifft, aber auch darin, dass er kraft seiner Schlüsselposition Voraussetzungen schafft, an denen die Unternehmensleitung schlechterdings nicht vorbeigehen kann. Je tiefer die Entscheidungsstufe in der Unternehmenshierarchie liegt, auf der der Angestellte unternehmens- oder betriebsleitende Aufgabenstellungen erfüllt, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wesentliche unternehmerische Entscheidungsspielräume auf den höheren Entscheidungsstufen bereits verbraucht wurden. Von welcher Delegationsstufe ab leitende Angestellte im Unternehmen nicht mehr beschäftigt werden, lässt sich nur im jeweiligen Einzelfall bestimmen. Der maßgebliche Einfluss fehlt jedenfalls dann, wenn der Angestellte nur bei der reinen arbeitstechnischen, vorbestimmten Durchführung unternehmerischer Entscheidungen eingeschaltet wird, etwa im Rahmen von Aufsichts- oder Überwachungsfunktionen (BAG 25. März 2009 - 7 ABR 2/08 - Rn. 31 mwN, aaO). Erforderlich ist schließlich auch, dass die unternehmerische Aufgabenstellung mit Entscheidungsspielraum die Tätigkeit des leitenden Angestellten prägt, dh. sie schwerpunktmäßig bestimmt (BAG 23. Januar 1986 - 6 ABR 51/81 - zu C I 3 f der Gründe mwN, BAGE 51, 1; 25. Oktober 1989 - 7 ABR 60/88 - zu II 4 der Gründe, BAGE 63, 200; H/S/W/G/N/R-Rose BetrVG 7. Aufl. § 5 Rn. 203). Dazu ist es erforderlich, dass jedenfalls ein beachtlicher Teil der Arbeitszeit von diesen Tätigkeiten beansprucht wird (BAG 23. Januar 1986 - 6 ABR 51/81 -, aaO).

14

b) Ob ein Chefarzt leitender Angestellter iSv. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG ist, hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab.

15

aa) Allein die formale Stellung eines Chefarztes genügt nicht zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG. Dies folgt bereits aus § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG. Danach ist das ArbZG nicht anzuwenden auf leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG sowie auf Chefärzte. Die Erwähnung der Chefärzte in dieser Vorschrift wäre überflüssig, wenn sie ohne Weiteres dem Begriff des leitenden Angestellten unterfallen würden. Anderenfalls hätte es im Streitfall auch nicht der Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht im Beschluss vom 10. Oktober 2007(- 7 ABR 61/06 - AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 72 = EzA BetrVG 2001 § 5 Nr. 3)bedurft.

16

bb) Ein Chefarzt ist auch nicht bereits deshalb leitender Angestellter, weil er regelmäßig frei und eigenverantwortlich Entscheidungen etwa über die Einführung spezieller Untersuchungs-, Behandlungs- und Therapiemethoden fällen kann(so aber Raab GK-BetrVG 9. Aufl. § 5 Rn. 126 mwN; Richardi/Richardi BetrVG 12. Aufl. § 5 Rn. 256). Zwar obliegt dem Chefarzt eines Krankenhauses die Verantwortung im ärztlichen Bereich, wenn er eigenverantwortlich handelt und an Weisungen im Zweifel nicht gebunden ist. Die ärztliche Behandlung einschließlich der Entscheidung über bestimmte Behandlungsmethoden hat jedoch nicht in erster Linie eine unternehmerische Dimension. Sie zielt auf den Heilerfolg. Ärztliche Entscheidungen erklären sich aus den Besonderheiten des Arzt-Patientenverhältnisses und richten sich in erster Linie am Berufsrecht aus (§ 1 Abs. 2 BÄO). Ärztliche Entscheidungen des Chefarztes sind der Disposition des Arbeitgebers entzogen und betreffen nicht ohne Weiteres eine unternehmerische Aufgabenstellung im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG.

17

cc) Maßgeblich für die Qualifizierung eines Chefarztes als leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG ist vielmehr, ob er nach der konkreten Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensführung ausüben kann. Dazu muss er entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht notwendig Mitglied der Krankenhausverwaltung sein. Erforderlich ist aber, dass er nach dem Arbeitsvertrag und der tatsächlichen Stellung in der Klinik der Leitungs- und Führungsebene zuzurechnen ist und unternehmens- oder betriebsleitende Entscheidungen entweder selbst trifft oder maßgeblich vorbereitet. Ausdruck einer solchen Stellung können zB die selbständige Verwaltung eines nicht ganz unerheblichen Budgets oder die zwingende Mitsprache bei Investitionsentscheidungen sein.

18

2. Hiernach ist das Landesarbeitsgericht mit im Wesentlichen rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandenden Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beteiligte zu 3) durch die Wahrnehmung seiner Aufgaben die Entscheidungen der Arbeitgeberin nicht maßgeblich beeinflusst.

19

a) Bei der Gesamtbewertung der für die Charakterisierung eines leitenden Angestellten maßgebenden Merkmale steht dem Gericht der Tatsacheninstanz ein Beurteilungsspielraum zu. Die Würdigung des Beschwerdegerichts ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur daraufhin überprüfbar, ob der Sachverhalt fehlerfrei festgestellt wurde, die Bewertungsmaßstäbe nicht verkannt sind und die Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Punkte vertretbar erscheint(vgl. BAG 25. März 2009 - 7 ABR 2/08 - Rn. 18, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 73 = EzA BetrVG 2001 § 5 Nr. 4).

20

b) Dieser eingeschränkten Überprüfung hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts stand.

21

aa) Die Bezeichnung des Beteiligten zu 3) als leitender Angestellter in § 1 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags begründet diesen betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerstatus nicht, weil die Parteien darüber nicht disponieren können. § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG stellt zwingendes Recht dar(BAG 6. Dezember 2001 - 2 AZR 733/00 - zu B II 3 b aa der Gründe, AP ZPO § 263 Nr. 3 = EzA BetrVG 1972 § 5 Nr. 65). Soweit die Rechtsbeschwerde die Gestaltung und Höhe das Gehaltes des Beteiligten zu 3) als Argument anführt, kommt es darauf nur in Zweifelsfällen nach der Auslegungsregel in § 5 Abs. 4 Nr. 3 BetrVG an(BAG 6. Dezember 2001 - 2 AZR 733/00 - zu B II 3 b ee der Gründe, aaO). Ein solcher Zweifelsfall liegt hier nicht vor.

22

bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ergibt sich nicht schon aus den im Arbeitsvertrag festgelegten Aufgaben, dass dem Beteiligten zu 3) typische unternehmerische (Teil-)Entscheidungen obliegen, an denen die Unternehmensleitung der Arbeitgeberin schlechterdings nicht vorbeigehen kann.

23

(1) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, allein durch die vertraglich vorgesehene Abstimmung sei nicht gewährleistet, dass die Arbeitgeberin die Vorstellungen des Beteiligten zu 3) tatsächlich berücksichtigen müsse.

24

(a) Nach § 6 Abs. 1 des Arbeitsvertrags sind das Leistungsspektrum und das Jahresbudget für die geriatrische Abteilung zwischen dem Beteiligten zu 3) und der Arbeitgeberin im medizinischen Zielplan gemeinsam abzustimmen. Unter einer Abstimmung ist eine Mitwirkungsform zu verstehen, die schwächer ist als das Einvernehmen oder die Zustimmung. Sie setzt keine Willensübereinstimmung voraus. Jedoch erschöpft sich eine Abstimmung nicht in der bloßen Information oder Anhörung. Stärker als die Anhörung wird die Abstimmung wie die Herstellung des Benehmens von dem Willen getragen, auch die Belange der anderen Seite zu berücksichtigen und sich mit ihr zu verständigen. Erhebliche Einwände oder Bedenken dürfen deshalb nicht einfach übergangen werden. Vielmehr ist auf den Ausgleich aufgetretener Differenzen hinzuwirken, auch wenn bei dennoch verbleibenden Meinungsunterschieden der Wille des Regelungsbefugten ausschlaggebend ist(vgl. zur Benehmensherstellung BAG 13. März 2003 - 6 AZR 557/01 - zu I 3 b der Gründe, AP BGB § 611 Arzt-Krankenhaus-Vertrag Nr. 47 = EzA BGB 2002 § 611 Krankenhausarzt Nr. 1).

25

(b) Sieht der Arbeitsvertrag keine Vereinbarung, sondern lediglich eine Beteiligung in Form der Abstimmung vor, bei der die tatsächliche Entscheidungsbefugnis letztlich der Arbeitgeberin obliegt, kommt es für die Annahme des Status nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG maßgeblich auf die tatsächliche Vertragsübung an. Nach der Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht haben die Beteiligten trotz eines entsprechenden Hinweises des Senats keinen Vortrag dazu gehalten, inwieweit der Beteiligte zu 3) über seine medizinischen Aufgaben hinaus tatsächlichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen beispielsweise zum Leistungsspektrum seiner Abteilung und damit auf die Gestaltung des Budgets ausüben kann. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde genügt dafür nicht der Vortrag, dass der Beteiligte zu 3) am Aufbau der von ihm geführten Klinik wesentlich beteiligt war. Die Eröffnung der geriatrischen Tagesklinik mit 15 Betten ging nicht auf seine Initiative während der Jahresgespräche zurück, sondern stand nach § 1 Abs. 1 Satz 2 bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrags am 22. April 2004 fest.

26

(2) § 1 Abs. 3 des Arbeitsvertrags bestätigt die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass dem Beteiligten zu 3) keine unternehmerischen (Teil-) Aufgaben übertragen wurden. Der Arbeitgeberin ist ausdrücklich das Recht vorbehalten, strukturelle und organisatorische Veränderungen im Betriebsablauf vorzunehmen.

27

(3) Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beteiligten zu 3) gemäß § 6 Abs. 6 Sätze 2 und 3 des Arbeitsvertrags ein Teilbudget zur Verwaltung zugewiesen worden wäre, über das er eigenverantwortlich verfügen kann.

28

(4) Ebenso kann mangels entsprechendem Vortrag nicht angenommen werden, es seien dem Beteiligten zu 3), wie in § 1 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags vorgesehen, weitere seiner Stellung als leitender Angestellter entsprechende Aufgaben übertragen worden.

29

cc) Auch die Delegationsstufe des Beteiligten spricht nicht für seine Zugehörigkeit zur Leitungsebene. Vielmehr ist er nach § 5 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags in ärztlichen Angelegenheiten dem ärztlichen Direktor, in Verwaltungsangelegenheiten der Verwaltungsleitung unterstellt.

30

dd) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dass sich aus der Personalverantwortung des Beteiligten zu 3) für das in der geriatrischen Abteilung beschäftigte medizinische Personal nicht die Eigenschaft als leitender Angestellter ableiten lässt. Die Personalverantwortung ist kein Tatbestandsmerkmal des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG. Eine „schlichte Vorgesetztenstellung“ ist für eine Qualifikation als leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG nicht ausschlaggebend(vgl. BAG 6. Dezember 2001 - 2 AZR 733/00 - zu B II 3 b aa der Gründe, AP ZPO § 263 Nr. 3 = EzA BetrVG 1972 § 5 Nr. 65).

31

ee) Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass die Erfüllung unternehmerischer (Teil-)Aufgaben der Tätigkeit des Beteiligten zu 3) das Gepräge geben und jedenfalls ein beachtlicher Teil seiner Tätigkeit hiervon beansprucht würde.

        

    Linsenmaier    

        

    Schmidt    

        

    Kiel    

        

        

        

    Hoffmann    

        

    Deinert    

                 

Versicherungspflichtig sind

1.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind; während des Bezuges von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch besteht die Versicherungspflicht fort,
2.
behinderte Menschen, die
a)
in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
b)
in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
3.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe oder in Berufsbildungswerken oder ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen; dies gilt auch für Personen während der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches,
3a.
(weggefallen)
4.
Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften während ihres Dienstes für die Gemeinschaft und während der Zeit ihrer außerschulischen Ausbildung.
Personen, die Wehrdienst leisten und nicht in einem Dienstverhältnis als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit stehen, sind in dieser Beschäftigung nicht nach Satz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig; sie gelten als Wehrdienstleistende im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 2 oder 2a und Satz 4. Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft sind in dem Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, nicht versicherungspflichtig beschäftigt, wobei Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes als ein Unternehmen gelten. Die in Satz 1 Nr. 2 bis 4 genannten Personen gelten als Beschäftigte im Sinne des Rechts der Rentenversicherung. Die folgenden Personen stehen den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 gleich:
1.
Auszubildende, die in einer außerbetrieblichen Einrichtung im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz ausgebildet werden,
2.
Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).

(1) Versicherungsfrei sind Personen in einer Beschäftigung als

1.
Beamtin, Beamter, Richterin, Richter, Soldatin auf Zeit, Soldat auf Zeit, Berufssoldatin oder Berufssoldat der Bundeswehr sowie als sonstige Beschäftigte oder sonstiger Beschäftigter des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, Anstalt, Stiftung oder eines Verbandes öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben,
2.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
3.
Lehrerin oder Lehrer an privaten genehmigten Ersatzschulen, wenn sie hauptamtlich beschäftigt sind und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
4.
satzungsmäßige Mitglieder von geistlichen Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht,
5.
Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft für das Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören. Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes gelten als ein Unternehmen.

(2) Versicherungsfrei sind Personen in einer geringfügigen Beschäftigung; abweichend von § 8 Abs. 2 Satz 1 des Vierten Buches werden geringfügige Beschäftigungen und nicht geringfügige Beschäftigungen nicht zusammengerechnet. Versicherungsfreiheit besteht nicht für Personen, die

1.
im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz,
2.
wegen eines Arbeitsausfalls mit Entgeltausfall im Sinne der Vorschriften über das Kurzarbeitergeld oder
3.
wegen stufenweiser Wiedereingliederung in das Erwerbsleben (§ 74 Fünftes Buch, § 44 Neuntes Buch) oder aus einem sonstigen der in § 146 Absatz 1 genannten Gründe
nur geringfügig beschäftigt sind.

(3) Versicherungsfrei sind Personen in einer

1.
unständigen Beschäftigung, die sie berufsmäßig ausüben. Unständig ist eine Beschäftigung, die auf weniger als eine Woche der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt ist,
2.
Beschäftigung als Heimarbeiterin oder Heimarbeiter, die gleichzeitig mit einer Tätigkeit als Zwischenmeisterin oder Zwischenmeister (§ 12 Abs. 4 Viertes Buch) ausgeübt wird, wenn der überwiegende Teil des Verdienstes aus der Tätigkeit als Zwischenmeisterin oder Zwischenmeister bezogen wird,
3.
Beschäftigung als ausländische Arbeitnehmerin oder ausländischer Arbeitnehmer zur beruflichen Aus- oder Fortbildung, wenn
a)
die berufliche Aus- oder Fortbildung aus Mitteln des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes oder aus Mitteln einer Einrichtung oder einer Organisation, die sich der Aus- oder Fortbildung von Ausländerinnen oder Ausländern widmet, gefördert wird,
b)
sie verpflichtet sind, nach Beendigung der geförderten Aus- oder Fortbildung das Inland zu verlassen, und
c)
die im Inland zurückgelegten Versicherungszeiten weder nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaft noch nach zwischenstaatlichen Abkommen oder dem Recht des Wohnlandes der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers einen Anspruch auf Leistungen für den Fall der Arbeitslosigkeit in dem Wohnland der oder des Betreffenden begründen können,
4.
Beschäftigung als Bürgermeisterin, Bürgermeister, Beigeordnete oder Beigeordneter, wenn diese Beschäftigung ehrenamtlich ausgeübt wird,
5.
Beschäftigung, die nach den §§ 16e und 16i des Zweiten Buches gefördert wird.

(4) Versicherungsfrei sind Personen, die während der Dauer

1.
ihrer Ausbildung an einer allgemeinbildenden Schule oder
2.
ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule
eine Beschäftigung ausüben. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht, wenn die oder der Beschäftigte schulische Einrichtungen besucht, die der Fortbildung außerhalb der üblichen Arbeitszeit dienen.

(5) Versicherungsfrei sind Personen, die während einer Zeit, in der ein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht, eine Beschäftigung ausüben. Satz 1 gilt nicht für Beschäftigungen, die während der Zeit, in der ein Anspruch auf Teilarbeitslosengeld besteht, ausgeübt werden.

Tenor

Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 betrifft.

In diesem Umfang wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu erstatten. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 als Beschäftigter in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) versicherungspflichtig war.

2

Der am 1961 geborene Kläger arbeitete aufgrund eines Anstellungsvertrags vom 11.2.1986 zunächst als Schlosser und nach Ablegen der Meisterprüfung noch im selben Jahr als Betriebsleiter bei der Beigeladenen zu 1., einer GmbH mit dem Unternehmensgegenstand "Rührwerksbau". Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war bis zu seinem Tod am 11.5.2001 der Vater des Klägers. Die Geschäftsanteile erbte dessen Ehefrau; der Kläger wurde mit Dienstvertrag vom 31.8.2001 zum Geschäftsführer bestellt. Bereits am 30.4.1996 hatte der Vater des Klägers "gemäß § 48 Abs 2 GmbHG" folgende Niederschrift verfasst:

        

"… Aus gesundheitlichen Gründen werden meine Kinder S. und M. die Leitung des Unternehmens übernehmen. Mein Sohn wird aufgrund seiner beruflichen Fähigkeiten den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens übernehmen, meine Tochter den kaufmännischen Teil, aufgrund ihrer Ausbildung beim Steuerberater. Die entsprechenden Vollmachten werden beiden Kindern umgehend erteilt. Ab sofort nehmen die Kinder am betrieblichen Erfolg mit einer Gewinntantieme teil und sind vom Selbstkontrahierungsverbot befreit. Auf das Weisungsrecht meinerseits verzichte ich. Arbeits- und Urlaubszeit kann nach Lage der Gesellschaft frei bestimmt und gestaltet werden."

3

Der Kläger war bis 30.11.1999 Mitglied der beklagten Krankenkasse, seit 1.1.1996 aufgrund freiwilliger Versicherung. Nachdem eine neu gewählte Krankenkasse festgestellt hatte, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. für spätere Zeiträume nicht versicherungspflichtig in der RV und nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen sei, beantragte der Kläger mit Schreiben vom 14.9.2005 eine entsprechende Beurteilung auch für den (nun streitigen) Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 durch die Beklagte als Einzugsstelle. Diese stellte mit Bescheid vom 23.9.2005 und Widerspruchsbescheid vom 20.4.2006 fest, dass der Kläger in diesem Zeitraum bei der Beigeladenen zu 1. beschäftigt gewesen sei und der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe. Das SG hat die auf Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 26.11.2008).

4

Auf die Berufung des Klägers hat das LSG unter Aufhebung des Urteils des SG und der Bescheide der Beklagten festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. im streitigen Zeitraum nicht der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe (Urteil vom 22.9.2010): Für eine Beschäftigung sprächen ua die fehlende Geschäftsführer- und Gesellschafterstellung des Klägers, die Vereinbarungen des Anstellungsvertrags und die begrenzte Befugnis des Klägers, die Geschicke "der Firma" rechtsverbindlich zu gestalten. Demgegenüber sprächen die tatsächlichen Verhältnisse gegen eine Beschäftigung. So habe sein Vater dem Kläger mit der Niederschrift vom 30.4.1996 unter Verzicht auf sein Weisungsrecht die Unternehmensleitung übertragen. Dadurch habe der Kläger zusammen mit seiner Schwester nach eigenem Gutdünken frei "schalten und walten" können. Durch Übernahme einer Bürgschaft über 100 000 DM habe er ein wirtschaftliches Risiko getragen und sei am Gewinn der Firma beteiligt gewesen. Er habe die alleinigen Branchenkenntnisse in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte gehabt, sei vom Selbstkontrahierungsverbot befreit gewesen und habe Kundengespräche geführt, Angebote eingeholt sowie Kalkulationen erstellt, ohne sich im Einzelnen mit seinem Vater abzusprechen. Diesen tatsächlichen Verhältnissen komme bei der rechtlichen Beurteilung Vorrang gegenüber den vertraglichen Regelungen zu.

5

Mit der allein vom ihm eingelegten Revision rügt der Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 2.) eine Divergenz zur Rechtsprechung des BSG seit dem Jahr 2006 (BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149; BSG Urteil vom 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 7), da das LSG sinngemäß den Rechtssatz aufgestellt habe, "dass eine im Widerspruch zu getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung der formellen Vereinbarung unabhängig von der rechtlichen Möglichkeit einer formlosen Abbedingung vorgehen bzw. auch dann, wenn eine formlose Abbedingung rechtlich nicht möglich ist". Das LSG habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger am Stammkapital der zu 1. beigeladenen GmbH nicht beteiligt gewesen sei und bezogen auf die Gesellschaft keinerlei "Rechtsmacht" besessen habe. Diese Rechtsmacht habe trotz des Verzichts auf ein Weisungsrecht bei dessen Vater, dem Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1., gelegen. Zudem habe der Kläger die Beigeladene zu 1. nicht wie ein Alleininhaber, sondern nur zusammen mit seiner Schwester geleitet.

6

Die Beigeladene zu 2. beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufzuheben, soweit dieses unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 sowie des Bescheides der Beklagten vom 23. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2006 festgestellt hat, der Kläger habe in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlegen,
ferner, insoweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.

8

Er verteidigt das angegriffene Urteil. Insbesondere sei mit der Niederschrift vom 30.4.1996 bereits die Bevollmächtigung beider Kinder durch ihren Vater erfolgt, der zugleich auf sein Weisungsrecht sowohl als Geschäftsführer wie auch als Gesellschafter verzichtet habe. Darauf, dass die Unternehmensleitung gemeinsam mit der - im Übrigen als nicht rentenversicherungspflichtig eingestuften - Schwester erfolgte, komme es nicht an.

9

Die Beklagte und die zu 3. beigeladene Bundesagentur für Arbeit schließen sich der Rechtsansicht der Beigeladenen zu 2. an, die Beigeladene zu 3. ohne einen Antrag zu stellen.

10

Die Beigeladene zu 1. äußert sich nicht.

Entscheidungsgründe

11

Die auf die angefochtene Feststellung von Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV im Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 beschränkte Revision der Beigeladenen zu 2. ist zulässig und begründet. Bescheid und Widerspruchsbescheid der Beklagten sind bezogen darauf rechtmäßig. Daher ist das Urteil des LSG in diesem Umfang aufzuheben und die Berufung des Klägers insoweit zurückzuweisen.

12

1. Obwohl die Beigeladene zu 2. in der Revisionsbegründung entgegen § 164 Abs 2 S 3 SGG keine Rechtsnorm ausdrücklich bezeichnet hat, die sie durch das Urteil des LSG als verletzt ansieht, ist die Revision noch zulässig. Denn es reicht aus, wenn sich aus dem Inhalt der Darlegungen des Revisionsklägers ergibt, dass er sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung rechtlich auseinandergesetzt hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (vgl BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 2 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 9c, 11 mwN). Vorliegend lässt das Revisionsvorbringen noch hinreichend deutlich erkennen, dass die Beigeladene zu 2. die Auffassung des LSG angreift, bei der Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit komme den tatsächlichen Verhältnissen generell Vorrang gegenüber den gesellschafts- und arbeitsvertraglichen Regelungen zu, und dass sie dadurch § 7 Abs 1 SGB IV als verletzt ansieht.

13

2. Die Revision der Beigeladenen zu 2. ist auch begründet.

14

Zu Unrecht hat das LSG hier die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV verneint und die Bescheide der Beklagten sowie das SG-Urteil insoweit aufgehoben. Dabei ist das LSG zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Tatbestand der Beschäftigung aufgestellten Rechtssätzen ausgegangen; es hat jedoch die jüngere Rechtsprechung zum Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den vertraglichen Vereinbarungen nicht hinreichend berücksichtigt (hierzu a). Wiederum zutreffend hat das LSG eine Tätigkeit in einem fremden Betrieb vorausgesetzt und den "Anstellungsvertrag" des Klägers zum Ausgangspunkt der weiteren Prüfung und seiner Tatsachenfeststellungen gemacht (hierzu b). Im Ergebnis keinen Bestand haben indes die hierauf aufbauende rechtliche Würdigung des LSG sowie seine davon ausgehende Bewertung des Gesamtbildes der Erwerbstätigkeit (hierzu c). Dabei steht der Einordnung der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. als (abhängige) Beschäftigung die Rechtsprechung des BSG zur Tätigkeit in Familiengesellschaften nicht entgegen (hierzu d).

15

a) In den Jahren 1996 bis 1999, die hier in Streit stehen, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der RV der Versicherungspflicht (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI; ab 1.1.1998 idF durch Gesetz vom 24.3.1997, BGBl I 594). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).

16

Zutreffend weist die Beigeladene zu 2. in ihrer Revisionsbegründung darauf hin, dass zur Feststellung des Gesamtbilds den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zukommt. Zwar hat der Senat noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 7) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat er diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert (insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; ebenso Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f): Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist. Hieran hat der Senat seither festgehalten (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - USK 2009-25; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-25).

17

Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzurücken: Die tatsächlichen Verhältnisse weichen hier zwar von den Regelungen des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen Anstellungsvertrags ab, jedoch führt dies mit Blick auf die Frage des Vorliegens einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit zu keinem anderen Ergebnis (hierzu unten c). Daher kommt es auch nicht darauf an, dass das LSG keine Feststellungen dazu getroffen hat, unter welchen Voraussetzungen die Bestimmungen des Anstellungsvertrags überhaupt abdingbar waren.

18

b) Die dargestellten Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall anzuwenden, denn der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw Unternehmensinhaberin war die Beigeladene zu 1., die als GmbH juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen (hierzu vgl nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 21 mwN)und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.

19

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der "Anstellungsvertrag" vom 11.2.1986, der deren Vertragsverhältnis zunächst ausschließlich bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem vom LSG - lückenhaft - festgestellten Inhalt - regelmäßiges Entgelt, feste wöchentliche Arbeitszeit, Urlaubsansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Nach abgelegter Meisterprüfung wurde der Kläger sodann als Betriebsleiter eingesetzt; hiermit evtl verbundene rechtlich relevante Änderungen des schriftlichen "Anstellungsvertrags" hat das LSG aber ebenso wenig festgestellt, wie es Feststellungen zur Frage dafür einzuhaltender möglicher Formerfordernisse bei Vertragsänderungen getroffen hat.

20

Eine weitere Änderung der Stellung des Klägers erfolgte aufgrund der als Gesellschafterbeschluss (§ 48 GmbHG) auszulegenden Niederschrift seines Vaters vom 30.4.1996 mit der Übertragung der "Leitung" des technischen und gewerblichen Bereichs der GmbH an ihn. Dieser Beschluss enthielt gleichzeitig eine Befreiung des Klägers vom Selbstkontrahierungsverbot und einen Verzicht seines Vater - des Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1. - auf ein Weisungsrecht gegenüber dem Kläger. Zudem wurde dem Kläger eine Gewinntantieme zugesagt und das Recht eingeräumt, über seine eigene Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Den insoweit nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass dies auch der betrieblichen Praxis entsprach. So führte der Kläger fortan die Kundengespräche, holte Angebote ein und stellte Kalkulationen auf, ohne im Einzelnen Rücksprache mit seinem Vater zu nehmen. Der Kläger war Ansprechpartner für Kunden und für Mitarbeiter. Zumindest einen Mitarbeiter stellte er ein, wenn auch der Arbeitsvertrag auf Seiten der Beigeladenen zu 1. vom Vater des Klägers unterschrieben wurde. Der Vater hatte sich - obwohl täglich im Betrieb anwesend - nach den Feststellungen des LSG "nicht mehr eingemischt" und nahm auch auf die Einstellung von Personal keinen Einfluss mehr.

21

Offenbleiben kann vorliegend, ob die in der Niederschrift des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 erwähnten Vollmachten für den Kläger zu diesem Zeitpunkt oder später tatsächlich erteilt wurden und ob die Beigeladene zu 2. insoweit eine zulässige Sachrüge erhoben hat. Denn auch für den Fall, dass dem Kläger die zur Leitung des technischen und gewerblichen Teils der Beigeladenen zu 1. erforderlichen Vollmachten erteilt wurden, tragen die vom LSG festgestellten Umstände nicht dessen rechtlichen Schluss, dass sich mit der Niederschrift vom 30.4.1996 der Charakter der vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. dahingehend wandelte, dass der Kläger nunmehr selbstständig tätig sein sollte.

22

c) Der Kläger erbrachte seine Dienste für die Beigeladene zu 1. auch in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung.

23

Eine Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - etwa in Form eines freien Dienstverhältnisses - ergibt sich nicht daraus, dass der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1. durch Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 auf "das Weisungsrecht" gegenüber dem Kläger verzichtete und diesem das Recht einräumte, seine Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Zwar unterlag der Kläger dadurch nicht mehr umfassend einem Weisungsrecht seines Arbeitgebers - handelnd durch den weiterhin allein als Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH im Handelsregister eingetragenen Vater - hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung seiner Tätigkeit. Jedoch werden gerade höhere Dienste dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG SozR 3-2940 § 3 Nr 2 S 9 mwN; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 80; vgl - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 22; vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der RV und Arbeitslosenversicherung (§ 1 S 4 SGB VI sowie § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 66 f; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nämlich nicht schon zu einem Selbstständigen, selbst wenn andere Betriebsangehörige den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten mögen (wie das LSG im vorliegenden Fall anhand der Aussage des Zeugen R. festgestellt hat).

24

Eine solche noch dem Typus der Beschäftigung zuzuordnende Eingliederung in eine vorgegebene Ordnung des Betriebes bestand bei dem Kläger auch nach dem 30.4.1996. Durch den Gesellschafterbeschluss erlangte er die Stellung eines Angestellten, der nach den Feststellungen des LSG auch in der betrieblichen Praxis den technischen und gewerblichen Teil der Beigeladenen zu 1. mit "entsprechenden Vollmachten" eigenverantwortlich zu leiten hatte. Dennoch blieb der Kläger weiterhin in die durch die Beigeladene zu 1. bzw ihren gesellschaftsrechtlich maßgebenden Geschäftsführer (= Vater des Klägers) vorgegebene Organisation eingebunden, da seine Leitungsmacht nur auf einen bestimmten Unternehmensteil beschränkt war, während die Leitung des kaufmännischen Teils der Beigeladenen zu 1. ausschließlich seiner Schwester oblag. Die Vollmacht, diese Entscheidung zur konkreten Ausgestaltung der betrieblichen Organisation auf der Leitungsebene zu ändern, besaß der Kläger nicht. Selbst innerhalb des ihm zugewiesenen Zuständigkeitsbereichs war seine Vertretungsbefugnis rechtlich zwingend auf den Umfang einer rechtsgeschäftlichen Handlungsvollmacht iS von § 54 Handelsgesetzbuch (HGB) begrenzt, die sich zwar auf sämtliche Geschäfte erstreckt, die in einem Geschäftsbetrieb üblich sind, die jedoch nicht auf eine unmittelbare Vertretung der Gesellschaft, sondern lediglich auf ein (rechtlich nachgeordnetes) Handeln in Vollmacht des Geschäftsführers gerichtet war(BGH Urteil vom 20.10.2008 - II ZR 107/07 - NJW 2009, 293, 294 mwN). Schon von Gesetzes wegen (§ 54 Abs 2 HGB) waren jedenfalls die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, die Aufnahme von Darlehen und die Prozessführung von der Bevollmächtigung ausgenommen. Die anderenfalls notwendige besondere Erteilung der Vollmacht auch für diese Befugnisse hat das LSG nicht festgestellt. Darüber hinaus unterlag der Kläger selbst in dem ihm danach zugewiesenen eingeschränkten Vollmachtsrahmen zwingend der Kontrolle des GmbH-Geschäftsführers (vgl zu dessen Stellung allgemein zB Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 19. Aufl 2010, § 35 RdNr 76 mwN). Soweit der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingeschäftsführer der Beigeladenen zu 1. diese Kontrolle tatsächlich nicht oder nur sehr eingeschränkt ausübte, etwa weil - wie das LSG herausstellt - er sich darauf verließ, dass der Kläger die einzelnen Aufträge ordnungsgemäß einholte und durchführte, ist dies für die hier vorzunehmende Abgrenzung ebenso unbeachtlich, wie ein auch die zur Ausübung dieser Kontrolle notwendigen Weisungen umfassender Verzicht auf das Weisungsrecht, denn insoweit wären die Grenzen des rechtlich Zulässigen überschritten (hierzu bereits oben a). Im Übrigen deutet sogar die Feststellung des LSG, der Zeuge R. sei "von dem Kläger eingestellt worden", den Arbeitsvertrag habe jedoch der Vater unterschrieben, darauf hin, dass die dem Kläger erteilten Vollmachten auch in der betrieblichen Praxis nicht umfassend, sondern begrenzt waren.

25

Der Kläger hatte auch weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69 = SozR 4100 § 104 Nr 19; SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN). Hierzu fehlte es bereits an einer Beteiligung des Klägers am Stammkapital der Beigeladenen zu 1. Gleichzeitig blieb seine Position innerhalb des Unternehmens ohnehin deutlich hinter der organschaftlich begründeten Stellung eines Geschäftsführers - als solcher wurde er trotz der vorgenommenen Änderungen (weiterhin) nicht bestellt, sondern erst nach dem Tod des Vaters Ende August 2001 - zurück. Bereits aufgrund einer solchen Unterordnung unter den Geschäftsführer ist regelmäßig von einer Beschäftigung auszugehen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 57; BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448 S 253).

26

Eine Vergleichbarkeit des Klägers mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG auch solche Einflussmöglichkeiten zu beachten, soweit sie einem Geschäftsführer selbst gegenüber der Gesellschaft zur Verfügung stehen (zu einem - im Ergebnis nicht ausreichenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen: BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f), doch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die am 5.2.1994 für die Beigeladene zu 1. übernommene Bürgschaft des Klägers über 100 000 DM ihm eine solche Einflussnahme ermöglichte. Aus diesem Grunde war der durch den Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 erfolgte, in seinem Umfang ohnehin begrenzte Verzicht auf das Weisungsrecht nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich im Konfliktfall jederzeit widerrufbar, ohne dass der Kläger dieses hätte verhindern können.

27

Für eine fortbestehende Eingliederung in eine vorgegebene betriebliche Ordnung trotz des - wie aufgezeigt - begrenzten Verzichts auf ein Weisungsrecht spricht auch die im Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 festgelegte Bindung der vom Kläger im Übrigen frei selbst zu bestimmenden Arbeits- und Urlaubszeit an die "Lage der Gesellschaft" (in diesem Sinne zur Bindung der Urlaubsplanung an die Bedürfnisse der Geschäftsführung BSG SozR 3-2200 § 723 Nr 4 S 17). Dass der Kläger im Rahmen der ihm erteilten begrenzten Vollmachten vom Selbstkontrahierungsverbot befreit war, spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer einer kleineren GmbH bereits entschieden hat (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 1, RdNr 11 und Nr 8 RdNr 17)- nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.

28

Ebenso hat das BSG bereits entschieden, dass die Gewährung einer Tantieme als solche nicht genügt, um eine Beschäftigung auszuschließen (vgl BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53). Bedeutung für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit kommt Tantiemen nur als (ein) Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen zu, das im Rahmen der Gesamtwürdigung Gewicht gewinnen kann, jedoch nicht allein entscheidend ist (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 18 mwN). Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist (vgl zB BSG SozR 2100 § 17 Nr 3; BSG Urteil vom 28.4.1982 - 12 RK 12/80 - Die Beiträge 1982, 382 = USK 8244), ist deren Gewicht für die hier im Vordergrund stehende Abgrenzung der Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis gegenüber einem selbstständigen Dienstverhältnis eher gering. Wie die Gewichtung beispielsweise bei einer Tätigkeit in einem Einzelunternehmen zu beurteilen ist, wenn die Tätigkeit im fremden oder im (auch) eigenen Betrieb in Frage steht, braucht hier nicht entschieden zu werden. Eine Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb scheidet hier bereits aufgrund der Rechtsform der Beigeladenen zu 1., einer GmbH, an deren Stammkapital der Kläger nicht beteiligt war, aus (vgl oben unter b). Daher ist es auch unschädlich, dass das LSG die konkrete Höhe der Tantieme und Anlass, zu sicherndes Risiko sowie Fortbestand der Bürgschaft während des streitigen Zeitraums nicht festgestellt hat und somit das Ausmaß des wirtschaftlichen Eigeninteresses des Klägers am Erfolg der Beigeladenen zu 1. nicht einmal genau feststeht.

29

Soweit das LSG im Hinblick auf die Bürgschaft über ein wirtschaftliches Eigeninteresse hinaus auch ein "typisches Unternehmerrisiko" des Klägers angenommen und als Indiz für eine Selbstständigkeit gewertet hat, erfasst es die Bedeutung dieses Merkmals im vorliegenden Kontext nicht zutreffend. So kann eine Bürgschaft wie die des Klägers für die Beigeladene zu 1., bei der er die hier streitige Tätigkeit ausübt, in erster Linie für die Abgrenzung einer Beschäftigung gegenüber einer durch "Mitunternehmerschaft" begründeten Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb von Bedeutung sein. Für die vorliegend vorzunehmende Zuordnung einer Tätigkeit in einem - wie oben dargelegt zweifellos - fremden Betrieb ist ihre Bedeutung jedoch gering. Denn diese Bürgschaft begründete kein mit der Tätigkeit - sei es als Beschäftigter oder selbstständiger Dienstverpflichteter - des Klägers bei der Beigeladenen zu 1. verbundenes Risiko. Es handelt sich nämlich nicht um einen mit den geschuldeten Diensten verbundenen Aufwand, weil die Bürgschaft für die Erfüllung der diesbezüglichen Pflichten nicht erforderlich war. Die Gründe für ihre Bestellung sind vielmehr außerhalb der Beschäftigung bzw des Dienstverhältnisses zu suchen (vgl hierzu allgemein Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 153). Bezogen auf seine Tätigkeit hatte der Kläger gerade kein Unternehmerrisiko zu tragen; denn als Gegenleistung für seine Tätigkeit stand ihm nach den Feststellungen des LSG auch nach dem 30.4.1996 unabhängig vom wirtschaftlichen Ergebnis der Beigeladenen zu 1. ein Anspruch auf "die Zahlung eines regelmäßigen Entgeltes" zu, wie dies für Beschäftigte typisch ist. Bezogen auf die geschuldeten Dienste hatte der Kläger - wie jeder andere Beschäftigte auch - allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen.

30

d) Die Annahme von Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. kann schließlich auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BSG zur Versicherungspflicht von in Familiengesellschaften verrichteten Tätigkeiten gestützt werden.

31

Das BSG hat in der Vergangenheit in seiner Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG Urteil vom 29.10.1986 - 7 RAr 43/85 - USK 86145; BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170; BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975; BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG Urteil vom 28.1.1992 - 11 RAr 133/90 - USK 9201; BSG Urteil vom 11.2.1993 - 7 RAr 48/92 - USK 9347; im konkreten Fall abgelehnt: BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53; umgekehrt allerdings : BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8 S 37). Ohne Geschäftsführerstellung hat der 12. Senat eine - nach den allgemeinen Grundsätzen eigentlich ausgeschlossene - selbstständige Tätigkeit für den Fall als gegeben erachtet, dass der in einer GmbH Tätige neben seinem Ehegatten alleiniger oder gleichberechtigter Gesellschafter der GmbH ist (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17). Dabei hat der Senat jedoch nicht auf eine familiäre Verbundenheit, sondern maßgebend auf die mit der Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht abgestellt (BSG, aaO, S 58, 60). Weitergehend hatte allerdings der 3. Senat bereits 1971 die Selbstständigkeit eines nicht zum (ggf weiteren) Geschäftsführer bestellten Minderheitsgesellschafters angenommen, weil dieser in der betrieblichen Praxis der mit ihm verheirateten Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin vollständig gleichgestellt gewesen sei sowie sich faktisch als zweiter Geschäftsführer betätigt und neben der hauptamtlichen Geschäftsführerin die GmbH nach außen vertreten habe (BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; vgl auch BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448). Noch darüber hinausgehend hat der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich gehalten (BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1; in Abgrenzung zur familienhaften Mithilfe vgl aber BSG SozR Nr 22 zu § 165 RVO). Dabei ist der 11. Senat davon ausgegangen, dass für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht komme, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170). Diese Ausnahme solle - so der 11. Senat - auch gelten, wenn der Alleingesellschafter zugleich Alleingeschäftsführer ist und die Tätigkeit der faktischen Leitung des Betriebes formal auf der Ebene unter dem Geschäftsführer ausgeübt werde. Indessen lasse eine bloß "probeweise" Leitung des Betriebs durch den als Unternehmensnachfolger uU vorgesehenen Sohn eine (abhängige) Beschäftigung nicht entfallen. Wollten die Eltern, dass der Sohn den Betrieb in der bisherigen Art fortführe, und erlaube es ihre Mitarbeit im Betrieb verbunden mit ihrer Rechtsstellung als Gesellschafter und Geschäftsführer, diesen Willen durchzusetzen, so habe für den Sohn die fremdbestimmte betriebliche Ordnung im Sinne einer Beschäftigung fortbestanden, auch wenn er sich innerhalb des durch die bisherige Betriebsführung vorgegebenen Rahmens frei bewegen durfte (BSGE 66, 168, 170 ff = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4 f; zu einer solchen Konstellation vgl auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.5.2010 - L 11 KR 1423/08).

32

Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob der vom 11. Senat des BSG formulierten Rechtsauffassung (ggf modifiziert bzw auf gänzlich atypische Sonderfälle beschränkt) bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht gefolgt werden kann oder ob - wofür Einiges spricht - der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse, auf die auch der 11. Senat ausdrücklich hingewiesen hat, größere Bedeutung beizumessen ist. Für Letzteres spricht, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer formal vorliegenden (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde (kritisch aus diesem Grunde auch Segebrecht in jurisPK-SGB IV, aaO, § 7 RdNr 124). Eine solche "SchönwetterSelbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar. So hat das BSG in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (vgl SozR Nr 6 zu § 168 RVO; SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103; zuletzt Urteil des Senats vom 27.7.2011 - B 12 R 15/09 R - SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16).

33

Auf die dargestellte Frage kommt es vorliegend nicht an, da die vom LSG festgestellten Tatsachen dessen Schlussfolgerung, der Kläger habe seit April 1996 die Geschäfte der Beigeladenen zu 1. "nach eigenem Gutdünken führen und frei schalten und walten" können (vgl dazu BSG <11. Senat> BSGE 66, 168, 171 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4), nicht tragen. So hat das LSG seine Schlussfolgerung bereits selbst dahin eingeschränkt, dass der Kläger die Beigeladene zu 1. "mit seiner Schwester allein" geführt habe (Seite 15 des Urteils) bzw nur zusammen mit ihr habe führen können. In diesem Zusammenhang ist auch unerheblich, dass das LSG keine Feststellungen zum Umfang des Einvernehmens zwischen dem Kläger und seiner Schwester getroffen hat. Denn auch bei großzügiger Auslegung des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 war die Leitungsmacht des Klägers ausschließlich auf "den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens" beschränkt. Nur die darauf bezogenen "entsprechenden Vollmachten" wurden erteilt oder sollten noch erteilt werden. Die Leitung der Beigeladenen zu 1. insgesamt war dem Kläger damit nicht übertragen worden. Auf Grundlage der Feststellungen des LSG kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger seine Schwester und den - wenn auch zunehmend nur noch der Form halber - weiterhin an der Unternehmensleitung mitwirkenden Vater derart dominiert hätte, dass nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Gesamtleitung der Beigeladenen zu 1. allein durch den Kläger vorgelegen hätte. Vielmehr hat auch das LSG alleinige Branchenkenntnisse des Klägers nicht in allumfassender Weise, sondern nur in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte festgestellt. Die Leitung des kaufmännischen Teils des Unternehmens hatte der Vater des Klägers gerade mit Rücksicht auf deren durch eine Ausbildung bei einem Steuerberater erworbenen Kenntnisse der Schwester des Klägers übertragen. Zudem verfügte der Vater des Klägers über langjährige Erfahrung in der Leitung des Gesamtunternehmens, die er als Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer bereits zu einem Zeitpunkt innehatte, bevor der Kläger die Meisterprüfung ablegte und zum Betriebsleiter bestellt wurde. Zugleich spricht der Umstand, dass der Kläger und seine Schwester trotz Übertragung bereichsbezogener Leitungsfunktionen und eines Verzichts des Vaters auf "das Weisungsrecht" nicht zu Geschäftsführern berufen wurden, dafür, dass sich der Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer eine Kontrolle und Letztentscheidungsbefugnis zumindest bezüglich grundlegender unternehmerischer Entscheidungen vorbehalten wollte. Nicht zuletzt spricht auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1. im Erbgang an die Mutter und nicht den Kläger und seine Schwester fiel, dafür, dass ihr Vater das Unternehmen trotz seiner fortschreitenden Krankheit jedenfalls während des hier zu beurteilenden Zeitraums noch nicht vollständig an seine Kinder übergeben hatte.

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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Anteil der zu erstattenden Kosten entspricht dem Verhältnis der im streitigen Zeitraum für den Kläger zur gesetzlichen RV und zur Arbeitsförderung entrichteten Beiträge.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. April 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitgegenstand ist die im Anschluss an eine Betriebsprüfung bei der B. H. Versandservice GmbH (im Folgenden: Beigeladene zu 1)) gegenüber der Klägerin getroffene Feststellung, diese sei seit dem 1. Januar 2005 als Buchhalterin versicherungspflichtig zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Die Klägerin ist gelernte Wirtschaftsassistentin, Industriekauffrau und Bilanzbuchhalterin. Sie hat vier in den Jahren 1990, 2000, 2004 und 2006 geborene Kinder. Seit 1. Dezember 1993 hat sie ein Gewerbe Büroservice angemeldet. Bis Ende März 2001 war sie bei der Beigeladenen zu 1) als Buchhalterin/Lohnbuchhalterin in Teilzeit (20 Stunden wöchentlich) abhängig beschäftigt. Am 15. Dezember 2001 mietete sie einen 9 m² großen Büroraum unter ihrer Wohnanschrift von ihrem Ehemann zu einer monatlichen Miete von EUR 87,64 einschließlich Nebenkosten ab 1. Januar 2002 an. Außerdem ist sie Autorin des Buches „Zeitfalle Kind“, das sie selbst vermarktet. Sie ist freiwillig versichertes Mitglied bei der zu 2) beigeladenen Krankenkasse.
Während ihrer abhängigen Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) und noch im Anschluss bis 2004 hatte die Klägerin mehrere andere Auftraggeber. Bei der Beigeladenen zu 1) erledigte sie dieselben Aufgaben wie zuvor. Als abhängig Beschäftigte erledigte sie diese allein mit einem Auszubildenden. Aufgrund familiärer Verpflichtungen beendete sie die übrigen Auftragsverhältnisse 2004 und schränkte auch ihre Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) von zuvor 20 auf nunmehr noch 15 bis 16 Stunden wöchentlich ein. Die von ihr abgegebenen Aufgaben, z.B. Zahlungserinnerungen, Mahnungen, erledigt seitdem ein bei der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigter Bürokaufmann, der ihr insoweit zuarbeitet. Zwei- bis dreimal pro Woche - je nach Arbeitsanfall - arbeitet die Klägerin in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1) jeweils von ca. 9.00 Uhr/9.30 Uhr bis 12 Uhr. Dort tauscht sie Belege und Unterlagen aus, bespricht Änderungen und Sonderfälle, besonders im Personalbereich, und erledigt besonders dringende Angelegenheiten. Sie nutzt dort das auf den Betrieb abgestimmte Lexware-Buchhaltungsprogramm in der jeweils aktuellen Version, über das sie selbst nicht verfügt. Mit der Beigeladenen zu 1) rechnet sie vereinbarungsgemäß meist einen monatlichen Pauschalbetrag von EUR 1.500,00 ab. Je nach Arbeitsanfall liegen die Rechnungssummen darüber oder darunter. Abweichende Beträge werden bei Mutterschutz, Urlaub o.ä., oder bei höherem Arbeitsanfall, z.B. wegen Prüfungen durch das Finanzamt, in Rechnung gestellt. Die Rechnungen stellt sie meist zu Anfang des jeweiligen Monats, jedenfalls weit überwiegend in der ersten Hälfte des Monats. Die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) machte bis 2004 ca. 88 % des Gesamtumsatzes der selbstständigen Tätigkeit der Klägerin aus, 2005 97,5 %, 2006 100 %, 2007 bis 2008 99 %. 2009 akquirierte sie einen neuen Auftraggeber und erledigt seitdem zusätzlich die Buchhaltung ihres Ehemannes, der neben einer abhängigen Beschäftigung in Vollzeit nebenberuflich eine Landwirtschaft betreibt. Die Klägerin beschäftigte vom 13. Februar bis 31. März 2006 D. K. (im Folgenden: K.) versicherungspflichtig und C. S. (im Folgenden: S.) vom 1. Januar 2005 bis 31. Oktober 2005 geringfügig und vom 1. Juli 2007 bis 31. Oktober 2008 im Haushaltsscheckverfahren, anfänglich mit Bürotätigkeiten, anschließend im Haushalt. Im II. und III. Quartal 2008 beauftragte sie den H. Buchhaltungs- und Büroservice mit Buchhaltungsarbeiten für die Beigeladene zu 1), der ihr am 24. September 2008 für 7,5 Stunden EUR 225,00 zzgl. MWSt. und am 3. Oktober 2008 für sechs Stunden EUR 240,00 zzgl. MWSt. in Rechnung stellte.
Die Beklagte führte bei der Beigeladenen zu 1) am 3. und 4. März 2005 eine Betriebsprüfung betreffend den Zeitraum 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2004 durch. Mit Bescheid vom 27. April 2005 forderte die Beklagte von der Beigeladenen zu 1) Beiträge aufgrund von Beanstandungen betreffend Beschäftigte in der Gleitzone und bei Kurzarbeit nach und erstattete zu viel entrichtete Beiträge für vermögenswirksame Leistungen während Krankengeldbezuges. Der sozialversicherungsrechtliche Status der Klägerin ist nicht Gegenstand des Betriebsprüfungsbescheides.
Am 12. Februar und 30. April 2009 führte die Beklagte erneut eine Betriebsprüfung bei der Beigeladenen zu 1) für den Prüfzeitraum 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008 durch. Diese führte - nach Anhörung - zu einer Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen sowie den Umlagen U1 und U2 mit Bescheid vom 22. Dezember 2009 gegenüber der Beigeladenen zu 1) in Höhe von EUR 31.846,36, die zu einem geringem Teil aus der Nichtberücksichtigung einer Beitragsänderung zur Krankenkasse für einen anderen Arbeitnehmer, weit überwiegend aber aus der Feststellung folgte, dass die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) eine abhängige Beschäftigung sei und der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie der Umlagepflicht zu den Umlagen U1 und U2 unterliege. Der Widerspruch der Beigeladenen zu 1) wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2010 zurückgewiesen, auf ihren Antrag wurde die Vollziehung der Beitragsforderung ausgesetzt. Das von der Beigeladenen zu 1) angestrengte Klageverfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart (S 25 R 4174/10) ruht im Hinblick auf den Ausgang des hiesigen Verfahrens.
Mit Bescheid vom 23. Dezember 2009 stellte die Beklagte - nach Anhörung - gegenüber der Klägerin fest, dass diese seit dem 1. Januar 2005 als Buchhalterin versicherungspflichtig zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sei. Die Beurteilung der Frage, ob eine abhängige Beschäftigung vorliege, richte sich in erster Linie nach dem Recht der Sozialversicherung und erst nachrangig nach dem Parteiwillen. Maßgebend seien die tatsächlichen Verhältnisse, hinter denen die vertragliche Ausgestaltung bei deren Abweichen zurücktrete. Dabei sei eine Gesamtwürdigung anhand der Merkmale Weisungsgebundenheit, Eingliederung in den Betrieb oder unternehmerisches Auftreten am Markt vorzunehmen. Es werde nicht bezweifelt, dass die Klägerin - wie von ihr angegeben - weisungsfrei arbeite. Gleichwohl könne dem Grunde nach ein Weisungsrecht bestehen. Dieses sei nach der Rechtsprechung bei Diensten höherer Art zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe verfeinert. Die Klägerin unterliege zwar keinen direkten zeitlichen Weisungen. Weitgehende Freiheit der Zeiteinteilung gebe es jedoch auch bei Arbeitnehmern. Gerade bei Teilzeitkräften könne der Arbeitgeber nicht davon ausgehen, dass sie im selben Maß wie Vollzeitkräfte zur Verfügung stünden, so dass es sinnvoll sei, sie entscheiden zu lassen, wann sie arbeiten wollten. Eine Eingliederung in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers liege vor, wenn der Beschäftigte die Arbeitsleistung in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation erbringe, in die Hierarchie mit Vorgesetzten und/oder Arbeitnehmern eingeordnet sei und/oder betriebliche Arbeitsmittel oder Einrichtungen der Fremdfirma nutze. Nach Angaben der Klägerin arbeite diese zumindest teilweise in den Räumen der Beigeladenen zu 1) und nutze dort technische Geräte und auf Wunsch der Beigeladenen zu 1) das Lohnbuchhaltungsprogramm Lexware. Sie sei Ansprechpartner für Dritte, z.B. bei Betriebsprüfungen. Ein selbstständiger Unternehmer arbeite mit eigenen Hilfsmitteln. Die Klägerin bekomme bei der Beigeladenen zu 1) einen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt und arbeite mit Arbeitnehmern der Beigeladenen zu 1) zusammen. Weiteres Indiz für die Eingliederung sei, dass die Klägerin dieselbe Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) bis Ende März 2001 als abhängig Beschäftigte verrichtet habe. Auch trage die Klägerin kein Unternehmerrisiko, woran weder die Stellung von Rechnungen noch die von der Klägerin vorgetragene Kalkulation ihres Aufwandes etwas ändere. Das Risiko, bei Entzug des Auftrages nicht arbeitslosenversichert zu sein, und keine weitere Entlohnung zu erhalten, ebenso wie das Fehlen von Urlaubsanspruch und Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit, sei kein Unternehmerrisiko, sondern nur Folge der gewählten Gestaltung. Letztere Ansprüche entstünden vielmehr kraft Gesetzes, wenn die Kriterien abhängiger Beschäftigung vorlägen. Selbst finanzierte Weiterbildungen seien auch bei Arbeitnehmern nicht unüblich. Da jedes Beschäftigungsverhältnis getrennt zu beurteilen sei, begründe das Vorhandensein mehrerer Auftraggeber nicht zwangsläufig eine selbstständige Tätigkeit, ebenso wenig wie die Gewerbeanmeldung.
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 20. Januar 2010 Widerspruch. Sie sei lediglich nebenberuflich selbstständig tätig, im Hauptberuf sei sie Mutter von vier Kindern. Sie könne nicht genauso eingestuft werden wie Männer, deren Ehefrau die Kinder erziehe oder Frauen ohne Kinder oder mit wenigen Kindern. Die Höhe des Kindergeldes und der Unterhalt von ihrem Ehemann seien wesentliches Einkommen aus anderer Quelle. Sie bekomme wegen der Kindererziehung Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung gutgeschrieben. Das diesen zugrunde gelegte Einkommen übersteige ihr nebenberufliches Einkommen mehrfach. Auch bei der Beigeladenen zu 2) sei sie als nebenberuflich Selbstständige (bis 16 Stunden) gewinnabhängig freiwillig versichert. Sie sei als Bilanzbuchhalterin, nicht als einfache Buchhalterin tätig und müsse daher behandelt werden wie ein Steuerberater, dessen Selbstständigkeit nicht bezweifelt werde. Steuerberater und Wirtschaftsprüfer würden sich ebenfalls zeitweilig in den Räumen ihrer Auftraggeber aufhalten, z.B. bei Betriebsprüfungen. Da das Gesetz über die Scheinselbstständigkeit bereits 2003 wieder abgeschafft worden sei, dürfe die Beklagte keine anderen Sozialversicherungspflichten als die zur Rentenversicherung prüfen. Die Beklagte habe nicht die Beigeladene zu 2) für sie als Krankenkasse wählen dürfen, nur weil sie bei dieser zuletzt versichert gewesen sei. Da sie freiwillig versichert sei, könne nicht korrekt sein, dass sie zusätzliche, also im Ergebnis doppelte Krankenversicherungsbeiträge abführen müsse. Im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses hätte sie mit vier Kindern nicht arbeiten können. Die Beigeladene zu 1) hätte ihr keine Sonderrechte gegenüber anderen Arbeitnehmern einräumen dürfen. Sie könne sich bei Arbeiten vertreten lassen, habe ein eigenes Büro, trage geschäftliche Unkosten selbst, zahle ihre Hilfskräfte selbst, sie arbeite länger an ihrem eigenen Arbeitsplatz als an dem bei der Beigeladenen zu 1). Natürlich müsse auch sie als Selbstständige Termine mit dem Kunden für Besprechungen und Übernahme von Unterlagen vereinbaren. Bezüglich der Nutzung des Lexware-Programmes erfülle sie nur den Wunsch der Beklagten, das Programm koste nicht viel. Sie habe betriebliche Kosten, wie aus ihren Steuerbescheiden ersichtlich sei. Sehr viele andere Kunden könne sie nicht bedienen. Unternehmerisches Risiko sei der Verlust der Beigeladenen zu 1) durch dieses Verfahren als Kunden, Unklarheiten bezüglich der Sozialversicherung, unbezahlter Zeitaufwand für das Anwerben von Neukunden sowie Beauftragung von Aushilfen und einer Fremdfirma. Auf den eigenen „heimatnahen“ Büroraum sei sie angewiesen, ihre Fortbildung zur Bilanzbuchhalterin sei im Verhältnis zu ihren Einkünften kostspielig gewesen, sie habe einen Kredit aufnehmen müssen. Sie verwies auch auf ihre vorangegangene Stellungnahme vom 24. Juni 2009 zur Anhörung, in welcher sie u.a. ausführte, sie sei ausreichend abgesichert, habe einen Anspruch auf einen Anteil der Rentenversicherung ihres Ehemannes im Falle der Trennung und auf Witwenrente bei dessen Ableben. Die Arbeitslosenversicherung sei angesichts der heutzutage eingeschränkten Leistungen für sie nicht von Vorteil, zumal sie mit vier Kindern nicht jede angebotene Arbeit annehmen könne und ihr Ehemann zu viel verdiene, als dass sie Arbeitslosengeld II erhalten könne. Sie habe den Wunsch gehabt, auch für andere Kunden tätig zu sein. Vorübergehend ließen ihr aber ihre Kinder nicht die Zeit für endlos viele Auftraggeber und eine Vollzeit-Selbstständigkeit. Wenn im September (2009) alle Kinder im Kindergarten seien und sie nicht mehr auf deren Beaufsichtigung durch ihre Eltern angewiesen sei, werde sich ihre Anwesenheit in den Räumen der Beigeladenen zu 1) deutlich reduzieren. Sie trete mit der Vermarktung ihres Buches am Markt auf, dies beanspruche in den letzten Jahren einen erheblichen Teil ihrer Arbeitszeit.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2010 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsauschuss den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Beigeladene zu 1) habe der Klägerin Art und Umfang der zu leistenden Arbeiten im Rahmen einer mündlichen Vereinbarung vorgegeben. Die Klägerin habe alle in diesem Zusammenhang anfallenden Arbeiten erledigt, offensichtlich auch nach konkreter Einzelweisung. Nach Angaben der Klägerin seien immer wieder Rücksprachen zu bestimmten Sachverhalten notwendig gewesen. Bei fachlich qualifizierten Tätigkeiten würden generell Weisungen nur in geringem Umfang erteilt. Dies bedeute keine fachlichen Freiheiten, die über die abhängig Beschäftigten gleicher Qualifikation eingeräumten hinausgingen. Es bestehe auch keine unbeschränkte Weisungsfreiheit in zeitlicher Hinsicht. Die in den Räumen der Beigeladenen zu 1) ausgeübten Tätigkeiten machten es notwendig, zumindest teilweise zu den betriebsüblichen Zeiten zu arbeiten. Soweit die Klägerin zuhause arbeite, habe sie zwar zeitliche Gestaltungsspielräume. Jedoch gebe es auch bei Arbeitnehmern - insbesondere im Bürobereich - verbreitet flexible Arbeitszeitmodelle. Freie Zeiteinteilung gebe es bei Heimarbeitern und Telearbeit. Weitgehend freie Zeiteinteilung sei daher kein schwerwiegendes Indiz für selbstständige Tätigkeit. Hinsichtlich der örtlichen Weisungsgebundenheit sei jedenfalls ein Teil der Tätigkeit in den Räumen der Beigeladenen zu 1) verrichtet worden. Es liege auch betriebliche Integration vor, denn zumindest teilweise habe die Klägerin die Betriebseinrichtung der Beigeladenen zu 1) genutzt. Zwar sei die Klägerin nicht zu persönlicher Arbeitsleistung verpflichtet gewesen, doch habe sie die Arbeiten fast ausschließlich selbst erbracht. Er (der Widerspruchsausschuss) gehe davon aus, dass angesichts der Umstände, die zur Änderung der Ausgestaltung der Tätigkeit im Jahr 2001 geführt hätten, die Beigeladene zu 1) Wert darauf gelegt habe, dass die Arbeit im Wesentlichen von der Klägerin verrichtet werde. Der Einsatz eigener Mitarbeiter sei schwach ausgeprägt gewesen. K. sei nur sechs Wochen beschäftigt worden, S. wenige Monate geringfügig im Jahr 2005 und 2007/2008 unter der Betriebsnummer des Privathaushalts. Die Beauftragung des HK Buchhaltungs- und Büroservices sei ebenfalls in äußerst geringem Umfang erfolgt. Die Anmietung des Büroraumes beinhalte angesichts der geringen Kosten und der Tatsache, dass der Raum im eigenen Haus ohnehin vorhanden gewesen sei, ein nur geringes Risiko. PC und Faxgerät seien auch in Privathaushalten üblich und bedeuteten nur geringen Aufwand. Die geringen Kosten seien mithin überwiegend dem Privatbereich zuzuordnen ohne tatsächliches Verlustrisiko. Die Gewerbeanmeldung habe angesichts der Tatsache, dass die Gewerbeämter das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit nicht prüfen dürften, allenfalls deklaratorische Bedeutung. Auch die Veranlagung beim Finanzamt als Selbstständiger erfolge zunächst aufgrund der Angaben des Betroffenen und werde nur in Ausnahmefällen nachgeprüft. Zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) liege kein Werkvertrag vor, denn die Klägerin sei nicht zur Lieferung eines abgegrenzten Werkes verpflichtet, sondern zur Erledigung verschiedener Arbeiten, die offensichtlich mit dem Inhalt der bis Ende März 2001 ausgeübten abhängigen Beschäftigung weitgehend übereinstimmten. Der genaue Umfang und Inhalt der Arbeiten habe sich aus den betrieblichen Abläufen und Anweisungen der Beigeladenen zu 1) ergeben. Die Aufgabenzuweisung entspreche den Regelungen in einem Arbeitsvertrag. Der Erfolg des Arbeitseinsatzes sei nicht ungewiss gewesen. Die Bezahlung sei nicht nach Erfolg, sondern pauschal nach vorher festgelegtem Satz, orientiert am Arbeitsumfang, erfolgt. Ohne Bedeutung sei, ob die Beschäftigung haupt- oder nebenberuflich ausgeübt werde und die Klägerin aufgrund der Kindererziehung nicht zu einem größeren Arbeitsumfang für andere Auftraggeber imstande gewesen sei. Eine Gleichbehandlung mit Steuerberatern, die im Übrigen auch nicht grundsätzlich als Selbstständige anzusehen seien, sei nicht gerechtfertigt. Gegenstand sei hier nicht die umgangssprachliche Scheinselbständigkeit, sondern die sozialversicherungsrechtliche Statusfeststellung. Trotz des Vorliegens von Anhaltspunkten für eine Selbstständigkeit überwögen in der Gesamtschau die Kriterien für eine abhängige Beschäftigung. Bei Vorliegen der Voraussetzungen trete Versicherungspflicht in der Krankenversicherung ein, auch wenn eine freiwillige Versicherung bestehe. Sei das freiwillige Versicherungsverhältnis zu Unrecht durchgeführt worden, sei es rückwirkend aufzuheben.
Die Klägerin erhob am 5. Juli 2010 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung wiederholte sie ihren Vortrag im Verwaltungsverfahren und ergänzte, sie sei im Prüfzeitraum nur aus privaten Gründen nicht am Markt aufgetreten. Bei einer Betriebsprüfung 2005 habe die Beklagte ihre Selbstständigkeit für den Zeitraum 2001 bis 2004 nicht beanstandet. Sie (die Klägerin) könne Personal beschäftigen und Aufträge ablehnen. Die einzigen Vorgaben seien, dass Monatsabschluss und Gehaltsabrechnungen den gesetzlichen Vorschriften entsprechen müssten. Termine würden nur vom Finanzamt gesetzt. Das Lexware-Programm sei von ihr eingestellt worden. Der Wert des von ihr eingebrachten geistigen Eigentums übersteige den Anschaffungswert um ein Vielfaches. Im Vergleich zum anerkanntermaßen selbstständigen Versicherungsmakler sei sie weitaus selbstständiger.
10 
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Bescheid vom 23. Dezember 2009 und Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2010 entgegen.
11 
Das SG hörte die Klägerin und den Geschäftsführer der mit Beschluss vom 4. November 2010 Beigeladenen zu 1) an. Die mit Beschluss des SG vom 14. April 2011 Beigeladene zu 2) äußerte sich nicht.
12 
Mit Urteil vom 14. April 2011 hob das SG den Bescheid vom 23. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2010 auf und stellte fest, dass die Klägerin seit dem 1. Januar 2005 bei der Beigeladenen zu 1) nicht gesamtsozialversicherungspflichtig beschäftigt sei. Zur Begründung führt es aus, die Klägerin sei bei ihrer Tätigkeit nicht in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Sie führe ihre Tätigkeit eigenverantwortlich ohne inhaltliche Vorgaben aus. Von der Tätigkeit einer Arbeitnehmerin unterscheide sich die Tätigkeit der Klägerin zum einen in der freien Gestaltung der Arbeitszeit. Sie arbeite nur deswegen zweimal wöchentlich am Betriebssitz der Beigeladenen zu 1), weil sie dort ihrer Mutter das betreuungsbedürftige Kind anvertrauen könne. Die Fristengebundenheit der zu erledigenden Vorgänge resultiere nicht aus zeitlichen Vorgaben der Beigeladenen zu 1), sondern ergebe sich aufgrund steuer- und sozialversicherungsrechtlich einzuhaltender Fristen. Weisungsgebundenheit lasse sich nicht damit begründen, dass die Klägerin z.B. zur Erfassung der Buchhaltung und des Personalabrufs gezwungen sei, teilweise in den Räumen der Beigeladenen zu 1) zu arbeiten. Von besonderer Bedeutung für die Abwägung der für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände sei, dass erhebliche Gründe, die Erziehung der vier Kinder und Mithilfe in der Landwirtschaft des Ehemannes, die Klägerin veranlasst hätten, für die Beigeladene zu 1) die nicht zeitgebundene und im Übrigen weisungsfreie Tätigkeit der Bilanzbuchhalterin zu verrichten. Demgegenüber träten der geringe Kapitaleinsatz, das Fehlen einer sonstigen eigenen Betriebsstätte und die Vereinbarung einer pauschalen Vergütung zurück. § 7 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) nenne ausdrücklich die Eingliederung und Tätigkeit nach Weisungen. Diese Gesichtspunkte, die vorliegend für die selbstständige Tätigkeit sprächen, seien für den Gesetzgeber damit offensichtlich von besonderer Bedeutung.
13 
Gegen das ihr am 9. Mai 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19. Mai 2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung bezieht sie sich auf ihren Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte überwögen. Die Klägerin sei seit 1993 selbstständig tätig, auch neben der Teilzeitbeschäftigung für die Beigeladene zu 1) bis Ende März 2001. Den Büroraum habe sie erst zum 1. Januar 2002 angemietet. Fraglich sei auch, ob ihr Ehemann den Büroraum für den Geschäftsverkehr im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes ebenfalls nutze, was das ohnehin geringe Unternehmerrisiko weiter relativieren würde. Da die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) mit einer Pauschale vergütet werde, werde sie für die Dauer des Arbeitseinsatzes und nicht für einen bestimmten Erfolg bezahlt. Die Klägerin stelle der Beigeladenen zu 1) ihre Arbeitskraft genauso wie zuvor im Rahmen der Teilzeitbeschäftigung zur Verfügung, ein unternehmerischer Gestaltungsspielraum mit dem Risiko der Fehlkalkulation sei nicht erkennbar. Die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) begründe ihre wesentliche Einkommensquelle, von einem Ablehnungsrecht habe sie nie Gebrauch gemacht, so dass es sich dabei um eine nur theoretische Möglichkeit handele. Die vorgelegten Rechnungen ergäben das Bild einer regelmäßigen und auch auf Dauer angelegten Dienstleistung. Die Rechnungsstellung zu Beginn des Monats oder zur Monatsmitte - also vor der Leistungserbringung - deute darauf hin, dass die Parteien von einem gleichmäßigen Arbeitspensum ausgingen und widerspreche dem Vorbringen der Klägerin, den Arbeitsumfang den familiären Erfordernissen anzupassen, weil diese, z.B. Krankheiten der Kinder, sich gerade nicht im Voraus planen ließen. Ein wirtschaftlich denkender Auftraggeber würde den Vergütungsanspruch erst erfüllen, wenn der Auftrag zur Zufriedenheit erfüllt sei. Der Einsatz von Hilfskräften sei nur sporadisch und in geringem Umfang erfolgt, so dass dies der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht zwingend entgegen stehe. Die Klägerin sei auch in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert, da sie zweimal wöchentlich vormittags an einem ihr dort zur Verfügung gestellten Schreibtisch und PC wie alle anderen Arbeitnehmer arbeite, das firmeneigene Buchhaltungsprogramm nutze und als Ansprechpartnerin zur Verfügung stehe. Der einzige Unterschied zur Teilzeittätigkeit bis Ende März 2001 bestehe in der Flexibilisierung der Arbeitszeit und darin, dass bestimmte Arbeiten zu Hause erledigt werden könnten. Die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gelte auch bei Arbeitnehmern. Die Klägerin trete nicht nach außen als Unternehmerin auf. Der Telefonbucheintrag weise nicht auf ihre Dienste hin, bei der Suche nach ihrem Namen finde man sie nur als Buchautorin. Ihre Angaben, im Internet und mit Google-Anzeigen für ihre berufliche Tätigkeit zu werben, seien daher nicht nachzuvollziehen. Die Nutzung eines eigenen Buchhaltungsprogrammes erscheine unabdingbar für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit, und - entgegen dem Vorbringen der Klägerin - angesichts der Notwendigkeit der Pflege und ständigen Aktualisierung mit nicht unerheblichem betrieblichen Aufwand verbunden.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
16 
hilfsweise die Revision zuzulassen.
17 
Die Klägerin beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Wegen ihrer persönlichen Lebensumstände sei für sie nur die Selbstständigkeit oder keine weitere Berufstätigkeit in Betracht gekommen. Sie habe drei Kinder und zwei pflegebedürftige Angehörige zu versorgen und arbeite in der Landwirtschaft mit. Für eine angestellte Tätigkeit bleibe da kein Raum. Bevor sie den Büroraum gemietet habe, habe sie an einem Arbeitsbereich in der Wohnung gearbeitet. Ihr Ehemann habe einen eigenen Büroraum und es existiere ein weiterer, privat genutzter PC. Der landwirtschaftliche Betrieb mit den zugehörigen Geschäftsunterlagen habe eine andere Anschrift. Sie habe insoweit von ihrem Ablehnungsrecht Gebrauch gemacht, als sie ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) von 20 auf 16 Stunden eingeschränkt habe. Sie habe selbstverständlich auch sonst Aufträge abgelehnt, die nicht in ihr Zeitfenster gepasst hätten. Sie sei in Google-Anzeigen nicht zu finden, weil sie Direktakquise betreibe, denn sie suche nur nach ihrem eigenen Bedarf neue Auftraggeber. Sie verzichte auf Werbung, weil sie keine weiteren Kapazitäten habe.
20 
Mit Beschluss vom 9. April 2013 ist die Bundesagentur für Arbeit (im Folgenden: Beigeladene zu 3)) zum Verfahren notwendig beigeladen worden. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
21 
Die frühere Berichterstatterin hat die Klägerin und den Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin am 30. November 2011 angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift verwiesen. Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert.
22 
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, insbesondere die Niederschriften der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 14. April 2011 und des Erörterungstermins vom 30. November 2011 und auf den Verwaltungsvorgang der Beklagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

24 
I. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Sie ist auch statthaft. Ein Ausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben.
25 
II. Die Berufung ist begründet. Das angegriffene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 23. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2010 zu Recht festgestellt, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Buchhalterin bei der Beigeladenen zu 1) als abhängig Beschäftigte ab 1. Januar 2005 der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung unterliegt.
26 
Rechtsgrundlage ist § 28p Abs. 1 SGB IV in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I, S. 3710). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
27 
Diese Befugnis der Beklagten schließt die Rechtsmacht ein, einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung zu erlassen und damit rechtsgestaltend im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in die Rechtssphäre des Arbeitnehmers (hier der Klägerin) als Drittbetroffener einzugreifen. Die Beklagte kann somit entweder den an den Arbeitgeber gerichteten Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen mit dem Hinweis, dass dieser berechtigt sei, Rechtsbehelfe einzulegen, bekanntgeben. Sie kann aber ebenso unter Bezugnahme auf die Betriebsprüfung einen zwar formell, aber nicht materiell eigenständigen Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen, hier der Klägerin, erlassen (vgl. Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. August 2002 - L 1 KR 66/02 -; in juris; Kasseler Kommentar-Wehrhahn, Stand 1. Dezember 2012, § 28p SGB IV RdNr. 6b; jeweils m.w.N.; anderer Ansicht: Jochim in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 28p SGB IV, Rn. 139, der lediglich die Bekanntgabe des an den Arbeitgeber gerichteten Bescheids für zulässig hält).
28 
Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
29 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 -; in juris). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -; in juris; zum Ganzen zuletzt BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R m.w.N.- ; in juris).
30 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. August 1990 - 11 RAr 77/89 -; Urteil vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 -; beide in juris). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSGE, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 -; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R - ; BSG, Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R -; jeweils m.w.N.; alle in juris). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -; in juris).
31 
Ausgehend hiervon hat die Beklagte die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) zutreffend als abhängige Beschäftigung angesehen. Auch nach Auffassung des Senats überwiegen bei einer Gesamtbetrachtung die Umstände, die für ein abhängiges und dem Grunde nach sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) sprechen.
32 
Die Klägerin ist in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Sie verrichtet dieselben Tätigkeiten wie zuvor bis Ende März 2001. Da sie aufgrund der reduzierten Arbeitszeit nicht mehr alle Arbeiten verrichten konnte, übernahm diese ein abhängig Beschäftigter, der der Klägerin insoweit zuarbeitet (Einlassung des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin am 30. November 2011; vgl. Niederschrift vom selben Tag). Sie arbeitet also mit Angestellten der Beigeladenen zu 1) zusammen. Sie verrichtet diese Tätigkeiten nach eigenem Bekunden an zwei Vormittagen pro Woche, nach dem Vorbringen des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin am 30. November 2011 je nach Arbeitsanfall auch an drei Vormittagen in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1). Dort wird ihr ein Arbeitsplatz mit einem PC zur Verfügung gestellt. Nur dort kann sie den Teil der Arbeiten ausführen, der die Nutzung des Buchhaltungsprogrammes Lexware in der aktuellen Version erfordert. Der Austausch von Belegen und Unterlagen, Besprechungen von Änderungen und Sonderfällen, besonders im Personalbereich (Kündigung, Krankheit, Kur etc.), erfordern ihre Anwesenheit. Sie erledigt bei der Beigeladenen zu 1) auch variabel besonders dringende Angelegenheiten gleich (vgl. Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 22. Januar 2010). Das Ausmaß der Anwesenheit der Klägerin im Betrieb der Beigeladenen zu 1) übersteigt das bei z.B. einem Steuerberater anlässlich einer Betriebsprüfung Übliche bei weitem.
33 
Nach diesem eigenen Vorbringen hält es der Senat für widerlegt, dass die Klägerin lediglich aus privaten Gründen die Geschäftsräume der Beigeladenen zu 1) nutzt, wenn sie ihr Kleinkind von ihrer in der Nähe lebenden Mutter betreuen lassen kann. Zum einen erscheint es widersprüchlich, die große Entfernung zum Betriebssitz als Grund gegen die Fortsetzung der abhängigen Beschäftigung anzugeben, den Betriebssitz dann aber regelmäßig zwei- bis dreimal pro Woche angeblich ohne betriebliche Notwendigkeit zu Zwecken der Kinderbetreuung weiter aufzusuchen. Zum anderen hatte die Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren 2009 angekündigt, wenn ihre Kinder im September (2009) alle im Kindergarten seien, nicht mehr am Betriebssitz der Beigeladenen zu 1) zu arbeiten, diese Übung aber beibehalten (Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 14. April 2011), obwohl das im Oktober 2006 geborene Kind zu diesem Zeitpunkt das Kindergartenalter erreicht hatte.
34 
Da die Klägerin somit regelmäßig einen Teil ihrer Arbeitszeit im Betrieb der Beigeladenen zu 1) verrichtet, jeweils vormittags nach Absprache, ist sie nicht vollständig weisungsfrei im Hinblick auf ihre Arbeitszeit. Dass sie regelmäßig Teile ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) außerhalb des Betriebes verrichten kann, steht der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Telearbeit und Heimarbeit zu frei gewählten Zeiten ist in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen gerade bei Bürotätigkeiten nicht unüblich. Ob die Beigeladene zu 1) zu entsprechenden Vereinbarungen im Rahmen eines Arbeitsvertrages bereit gewesen wäre, ist nicht entscheidungserheblich.
35 
Fehlende inhaltliche Einzelweisungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr ist die innerhalb eines vorgegebenen Rahmens frei gestaltete Arbeitsleistung bei höher qualifizierten Tätigkeiten üblich, ohne Anhaltspunkt für eine Selbstständigkeit zu sein. Von daher tritt in der Gesamtwürdigung für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung die Eingebundenheit der Klägerin in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) und ihre „dienende Teilhabe“ am Arbeitsprozess in den Vordergrund. Die zu verrichtende Tätigkeit ergab sich aus der Natur der Sache, der Gestaltungsspielraum aus der qualifizierten Tätigkeit der Bilanzbuchhalterin.
36 
Die Klägerin trägt kein nennenswertes unternehmerisches Risiko, was nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein besonders gewichtiges Entscheidungskriterium darstellt (vgl. dazu z.B. Urteile des Senats vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 - und 30. März 2012 - L 4 R 2043/10 -, beide in juris, vom 6. Dezember 2012 - L 4 R 314/12 -, nicht veröffentlicht und zuletzt vom 22. März 2013 - L 4 KR 3725/11 -; zur Veröffentlichung vorgesehen). Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -; in juris).
37 
Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin hat geringe Betriebsausgaben in Form einer monatlichen Miete von EUR 87,64, die zudem an ihren Ehemann geht. An Betriebsmitteln hat sie nur einen PC und ein veraltetes Buchhaltungsprogramm, nicht jedoch das aktuelle Buchhaltungsprogramm, das sie für die Arbeit bei der Beigeladenen zu 1) zwingend benötigt. Sie hat auch keine laufenden Personalausgaben für Angestellte. Sie erhält seit Jahren monatlich ca. EUR 1.500,00 von der Beigeladenen zu 1), ohne die Möglichkeit, diese Einkünfte durch unternehmerisches Geschick zu steigern, aber auch ohne nennenswertes Risiko, diese Einkünfte im nächsten Monat nicht zu erzielen. Sie erhält das Entgelt in der Regel im Voraus. Die Klägerin tritt - wie sie selbst einräumt - nicht am Markt auf und erzielt ihre gesamten Einkünfte aus ihrer Tätigkeit fast ausschließlich aus der Tätigkeit für die Beigeladene zu 1).
38 
Soweit sich die Klägerin darauf beruft, sie hätte Aufträge ablehnen können, gibt dies für die Statusbeurteilung nichts her. Da im Falle der Ablehnung kein Anspruch auf weitere Aufträge bestand, entspricht die Situation der einer Angestellten, die bei Ablehnung einer Arbeit ebenso dem Risiko des Arbeitsplatzverlustes ausgesetzt ist (Urteil des Senats vom 19. Oktober 2012 - L 4 KR 761/11 -; in juris). Sie hat auch keine Aufträge der Beigeladenen zu 1) abgelehnt, sondern lediglich 2004 die regelmäßige Arbeitszeit auf 16 Stunden pro Woche reduziert.
39 
Das zeitweilige Delegieren der Tätigkeit an eigene Beschäftigte oder beauftragte Selbstständige führt hier zu keiner anderen Beurteilung. Zwar kann grundsätzlich die Frage, ob eine höchstpersönliche Leistung geschuldet ist oder die Erbringung der Leistung delegiert werden darf, ein gewichtiges Merkmal für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit sein. Dennoch ist es nur eines unter vielen, die in die Gesamtbewertung einzustellen sind. Dabei ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang Dritte eingeschaltet werden. Es kann hier dahinstehen, ob die ständige Beschäftigung eigener Beschäftigter zur Annahme der Selbstständigkeit führen würde. Die Klägerin hat nämlich nur in geringem Umfang Tätigkeiten nicht selbst ausgeführt. Die Beschäftigung der K. umfasste nur sechs Wochen. S. sollte von der Klägerin dauerhaft beschäftigt werden, arbeitete nach dem Scheitern des Versuchs, ihr die erforderlichen Kenntnisse zu vermitteln, aber im Haushalt der Klägerin und beaufsichtigte die Kinder, während die Klägerin für die Beigeladene zu 1) tätig war. Angesichts der nach dem Vorbringen der Klägerin hochqualifizierten Tätigkeit als Bilanzbuchhalterin, die nach ihrem Bekunden mehrere Aus- und Weiterbildungen erforderte und zu mehreren Abschlüssen führte, kann die völlig fachfremde S. wohl ohnehin nur Hilfstätigkeiten verrichtet haben. Die Beauftragung des HK Buchhaltungsservices umfasste nach den vorgelegten Rechnungen vom 24. September und 3. Oktober 2008 im II. und II. Quartal 2008 insgesamt nur 13,5 Stunden und führt schon deswegen nicht zu einer abweichenden Bewertung. Die Weitergabe der Arbeiten an den HK-Buchhaltungs- und Büroservice konnte bereits aus wirtschaftlichen Gründen nicht auf Dauer erfolgen. Umgerechnet wurden von dort netto EUR 30,00 pro Stunde (Rechnung vom 24. September 2008) bzw. EUR 40,00 (Rechnung vom 3. Oktober 2008) in Rechnung gestellt, während die Klägerin selbst von der Beigeladenen zu 1) monatlich EUR 1.500,00 für 60 Stunden Arbeit, mithin EUR 25,00 pro Stunde erhielt.
40 
Schließlich kann auch das Fehlen eines vertraglichen Urlaubsanspruchs oder eines vertraglichen Anspruchs auf Entgeltfortzahlung nicht als Indiz für ein Unternehmerrisiko gewertet werden. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Letztlich ist dies ebenso wie die Gewerbeanmeldung und die Veranlagung zur Einkommenssteuer mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, die ebenfalls auf der Tatsache beruhen, dass eine selbstständige Tätigkeit gewollt war, nicht entscheidend. Vielmehr ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen und nicht die von den Beteiligten gewählte vertragliche Beziehung maßgebend. Solche Vereinbarungen sind im Übrigen eher typisch bei Scheinselbstständigkeit, die die Arbeitnehmerrechte wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgehen soll. Dem Arbeitnehmer werden dadurch sämtliche Schutzmöglichkeiten genommen, ohne dass dies im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar Gewinne kompensiert wird (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 12. Dezember 2008 - L 4 R 3542/05 - und vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 -; beide in juris).
41 
Nicht in die Gesamtabwägung einzustellen ist das fehlende wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Sozialversicherung. Dabei lässt es der Senat dahingestellt, ob die Einschätzung der Klägerin, aufgrund der rentenrechtlichen Berücksichtigung der Kindererziehung und ihrer familienrechtlichen Ansprüche keinen Vorteil aus dem Status als sozialversicherte Beschäftigte zu haben, richtig ist. Die Ersparnis der Beiträge zur Sozialversicherung steht nämlich gerade nicht zur Disposition der Beteiligten.
42 
Die Feststellung, dass die Klägerin abhängig Beschäftigte und gesamtsozialversicherungspflichtig ist, steht nicht im Widerspruch zu Feststellungen aus der vorangegangenen Betriebsprüfung am 3. und 4. März 2005. Ausweislich des Bescheides vom 27. April 2005 war der sozialversicherungsrechtliche Status der Klägerin nicht Gegenstand der Prüfung und diesbezüglich wurden in dem Betriebsprüfungsbescheid keine Feststellungen getroffen. Beschäftigte können aus den Ergebnissen früherer Prüfungen nur Rechte herleiten, wenn bei der Betriebsprüfung Versicherungspflicht und Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden sind (BSG, Urteil vom 29. Juli 2003 - B 12 AL 1/02 R -; in juris; Kasseler Kommentar-Wehrhahn, Stand 1. Dezember 2012, § 28p SGB IV RdNr. 6 a). Die Tatsache, dass keine Beanstandung bezüglich der Einordnung der Tätigkeit der Klägerin erfolgte, genügt nicht.
43 
Die Klägerin ist nicht versicherungsfrei in den Zweigen der Sozialversicherung. Denn sie erhält für ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) überwiegend ein Arbeitsentgelt von ca. EUR 1.500,00 monatlich und liegt damit über der Grenze der Entgeltgeringfügigkeit von EUR 400,00, seit 1. Januar 2013 von EUR 450,00.
44 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
45 
IV. Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Hinsichtlich des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung bei zeitweiligem Delegieren von Tätigkeiten an Dritte gibt es - soweit ersichtlich - keine Rechtsprechung des BSG.

Gründe

24 
I. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Sie ist auch statthaft. Ein Ausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben.
25 
II. Die Berufung ist begründet. Das angegriffene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 23. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2010 zu Recht festgestellt, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Buchhalterin bei der Beigeladenen zu 1) als abhängig Beschäftigte ab 1. Januar 2005 der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung unterliegt.
26 
Rechtsgrundlage ist § 28p Abs. 1 SGB IV in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I, S. 3710). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
27 
Diese Befugnis der Beklagten schließt die Rechtsmacht ein, einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung zu erlassen und damit rechtsgestaltend im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in die Rechtssphäre des Arbeitnehmers (hier der Klägerin) als Drittbetroffener einzugreifen. Die Beklagte kann somit entweder den an den Arbeitgeber gerichteten Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen mit dem Hinweis, dass dieser berechtigt sei, Rechtsbehelfe einzulegen, bekanntgeben. Sie kann aber ebenso unter Bezugnahme auf die Betriebsprüfung einen zwar formell, aber nicht materiell eigenständigen Bescheid gegenüber dem Drittbetroffenen, hier der Klägerin, erlassen (vgl. Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. August 2002 - L 1 KR 66/02 -; in juris; Kasseler Kommentar-Wehrhahn, Stand 1. Dezember 2012, § 28p SGB IV RdNr. 6b; jeweils m.w.N.; anderer Ansicht: Jochim in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 28p SGB IV, Rn. 139, der lediglich die Bekanntgabe des an den Arbeitgeber gerichteten Bescheids für zulässig hält).
28 
Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
29 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 -; in juris). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -; in juris; zum Ganzen zuletzt BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R m.w.N.- ; in juris).
30 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. August 1990 - 11 RAr 77/89 -; Urteil vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 -; beide in juris). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSGE, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 -; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R - ; BSG, Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R -; jeweils m.w.N.; alle in juris). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -; in juris).
31 
Ausgehend hiervon hat die Beklagte die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) zutreffend als abhängige Beschäftigung angesehen. Auch nach Auffassung des Senats überwiegen bei einer Gesamtbetrachtung die Umstände, die für ein abhängiges und dem Grunde nach sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) sprechen.
32 
Die Klägerin ist in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Sie verrichtet dieselben Tätigkeiten wie zuvor bis Ende März 2001. Da sie aufgrund der reduzierten Arbeitszeit nicht mehr alle Arbeiten verrichten konnte, übernahm diese ein abhängig Beschäftigter, der der Klägerin insoweit zuarbeitet (Einlassung des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin am 30. November 2011; vgl. Niederschrift vom selben Tag). Sie arbeitet also mit Angestellten der Beigeladenen zu 1) zusammen. Sie verrichtet diese Tätigkeiten nach eigenem Bekunden an zwei Vormittagen pro Woche, nach dem Vorbringen des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin am 30. November 2011 je nach Arbeitsanfall auch an drei Vormittagen in den Geschäftsräumen der Beigeladenen zu 1). Dort wird ihr ein Arbeitsplatz mit einem PC zur Verfügung gestellt. Nur dort kann sie den Teil der Arbeiten ausführen, der die Nutzung des Buchhaltungsprogrammes Lexware in der aktuellen Version erfordert. Der Austausch von Belegen und Unterlagen, Besprechungen von Änderungen und Sonderfällen, besonders im Personalbereich (Kündigung, Krankheit, Kur etc.), erfordern ihre Anwesenheit. Sie erledigt bei der Beigeladenen zu 1) auch variabel besonders dringende Angelegenheiten gleich (vgl. Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 22. Januar 2010). Das Ausmaß der Anwesenheit der Klägerin im Betrieb der Beigeladenen zu 1) übersteigt das bei z.B. einem Steuerberater anlässlich einer Betriebsprüfung Übliche bei weitem.
33 
Nach diesem eigenen Vorbringen hält es der Senat für widerlegt, dass die Klägerin lediglich aus privaten Gründen die Geschäftsräume der Beigeladenen zu 1) nutzt, wenn sie ihr Kleinkind von ihrer in der Nähe lebenden Mutter betreuen lassen kann. Zum einen erscheint es widersprüchlich, die große Entfernung zum Betriebssitz als Grund gegen die Fortsetzung der abhängigen Beschäftigung anzugeben, den Betriebssitz dann aber regelmäßig zwei- bis dreimal pro Woche angeblich ohne betriebliche Notwendigkeit zu Zwecken der Kinderbetreuung weiter aufzusuchen. Zum anderen hatte die Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren 2009 angekündigt, wenn ihre Kinder im September (2009) alle im Kindergarten seien, nicht mehr am Betriebssitz der Beigeladenen zu 1) zu arbeiten, diese Übung aber beibehalten (Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 14. April 2011), obwohl das im Oktober 2006 geborene Kind zu diesem Zeitpunkt das Kindergartenalter erreicht hatte.
34 
Da die Klägerin somit regelmäßig einen Teil ihrer Arbeitszeit im Betrieb der Beigeladenen zu 1) verrichtet, jeweils vormittags nach Absprache, ist sie nicht vollständig weisungsfrei im Hinblick auf ihre Arbeitszeit. Dass sie regelmäßig Teile ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) außerhalb des Betriebes verrichten kann, steht der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Telearbeit und Heimarbeit zu frei gewählten Zeiten ist in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen gerade bei Bürotätigkeiten nicht unüblich. Ob die Beigeladene zu 1) zu entsprechenden Vereinbarungen im Rahmen eines Arbeitsvertrages bereit gewesen wäre, ist nicht entscheidungserheblich.
35 
Fehlende inhaltliche Einzelweisungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr ist die innerhalb eines vorgegebenen Rahmens frei gestaltete Arbeitsleistung bei höher qualifizierten Tätigkeiten üblich, ohne Anhaltspunkt für eine Selbstständigkeit zu sein. Von daher tritt in der Gesamtwürdigung für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung die Eingebundenheit der Klägerin in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) und ihre „dienende Teilhabe“ am Arbeitsprozess in den Vordergrund. Die zu verrichtende Tätigkeit ergab sich aus der Natur der Sache, der Gestaltungsspielraum aus der qualifizierten Tätigkeit der Bilanzbuchhalterin.
36 
Die Klägerin trägt kein nennenswertes unternehmerisches Risiko, was nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein besonders gewichtiges Entscheidungskriterium darstellt (vgl. dazu z.B. Urteile des Senats vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 - und 30. März 2012 - L 4 R 2043/10 -, beide in juris, vom 6. Dezember 2012 - L 4 R 314/12 -, nicht veröffentlicht und zuletzt vom 22. März 2013 - L 4 KR 3725/11 -; zur Veröffentlichung vorgesehen). Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -; in juris).
37 
Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin hat geringe Betriebsausgaben in Form einer monatlichen Miete von EUR 87,64, die zudem an ihren Ehemann geht. An Betriebsmitteln hat sie nur einen PC und ein veraltetes Buchhaltungsprogramm, nicht jedoch das aktuelle Buchhaltungsprogramm, das sie für die Arbeit bei der Beigeladenen zu 1) zwingend benötigt. Sie hat auch keine laufenden Personalausgaben für Angestellte. Sie erhält seit Jahren monatlich ca. EUR 1.500,00 von der Beigeladenen zu 1), ohne die Möglichkeit, diese Einkünfte durch unternehmerisches Geschick zu steigern, aber auch ohne nennenswertes Risiko, diese Einkünfte im nächsten Monat nicht zu erzielen. Sie erhält das Entgelt in der Regel im Voraus. Die Klägerin tritt - wie sie selbst einräumt - nicht am Markt auf und erzielt ihre gesamten Einkünfte aus ihrer Tätigkeit fast ausschließlich aus der Tätigkeit für die Beigeladene zu 1).
38 
Soweit sich die Klägerin darauf beruft, sie hätte Aufträge ablehnen können, gibt dies für die Statusbeurteilung nichts her. Da im Falle der Ablehnung kein Anspruch auf weitere Aufträge bestand, entspricht die Situation der einer Angestellten, die bei Ablehnung einer Arbeit ebenso dem Risiko des Arbeitsplatzverlustes ausgesetzt ist (Urteil des Senats vom 19. Oktober 2012 - L 4 KR 761/11 -; in juris). Sie hat auch keine Aufträge der Beigeladenen zu 1) abgelehnt, sondern lediglich 2004 die regelmäßige Arbeitszeit auf 16 Stunden pro Woche reduziert.
39 
Das zeitweilige Delegieren der Tätigkeit an eigene Beschäftigte oder beauftragte Selbstständige führt hier zu keiner anderen Beurteilung. Zwar kann grundsätzlich die Frage, ob eine höchstpersönliche Leistung geschuldet ist oder die Erbringung der Leistung delegiert werden darf, ein gewichtiges Merkmal für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit sein. Dennoch ist es nur eines unter vielen, die in die Gesamtbewertung einzustellen sind. Dabei ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang Dritte eingeschaltet werden. Es kann hier dahinstehen, ob die ständige Beschäftigung eigener Beschäftigter zur Annahme der Selbstständigkeit führen würde. Die Klägerin hat nämlich nur in geringem Umfang Tätigkeiten nicht selbst ausgeführt. Die Beschäftigung der K. umfasste nur sechs Wochen. S. sollte von der Klägerin dauerhaft beschäftigt werden, arbeitete nach dem Scheitern des Versuchs, ihr die erforderlichen Kenntnisse zu vermitteln, aber im Haushalt der Klägerin und beaufsichtigte die Kinder, während die Klägerin für die Beigeladene zu 1) tätig war. Angesichts der nach dem Vorbringen der Klägerin hochqualifizierten Tätigkeit als Bilanzbuchhalterin, die nach ihrem Bekunden mehrere Aus- und Weiterbildungen erforderte und zu mehreren Abschlüssen führte, kann die völlig fachfremde S. wohl ohnehin nur Hilfstätigkeiten verrichtet haben. Die Beauftragung des HK Buchhaltungsservices umfasste nach den vorgelegten Rechnungen vom 24. September und 3. Oktober 2008 im II. und II. Quartal 2008 insgesamt nur 13,5 Stunden und führt schon deswegen nicht zu einer abweichenden Bewertung. Die Weitergabe der Arbeiten an den HK-Buchhaltungs- und Büroservice konnte bereits aus wirtschaftlichen Gründen nicht auf Dauer erfolgen. Umgerechnet wurden von dort netto EUR 30,00 pro Stunde (Rechnung vom 24. September 2008) bzw. EUR 40,00 (Rechnung vom 3. Oktober 2008) in Rechnung gestellt, während die Klägerin selbst von der Beigeladenen zu 1) monatlich EUR 1.500,00 für 60 Stunden Arbeit, mithin EUR 25,00 pro Stunde erhielt.
40 
Schließlich kann auch das Fehlen eines vertraglichen Urlaubsanspruchs oder eines vertraglichen Anspruchs auf Entgeltfortzahlung nicht als Indiz für ein Unternehmerrisiko gewertet werden. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Letztlich ist dies ebenso wie die Gewerbeanmeldung und die Veranlagung zur Einkommenssteuer mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, die ebenfalls auf der Tatsache beruhen, dass eine selbstständige Tätigkeit gewollt war, nicht entscheidend. Vielmehr ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen und nicht die von den Beteiligten gewählte vertragliche Beziehung maßgebend. Solche Vereinbarungen sind im Übrigen eher typisch bei Scheinselbstständigkeit, die die Arbeitnehmerrechte wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgehen soll. Dem Arbeitnehmer werden dadurch sämtliche Schutzmöglichkeiten genommen, ohne dass dies im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar Gewinne kompensiert wird (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 12. Dezember 2008 - L 4 R 3542/05 - und vom 2. September 2011 - L 4 R 1036/10 -; beide in juris).
41 
Nicht in die Gesamtabwägung einzustellen ist das fehlende wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Sozialversicherung. Dabei lässt es der Senat dahingestellt, ob die Einschätzung der Klägerin, aufgrund der rentenrechtlichen Berücksichtigung der Kindererziehung und ihrer familienrechtlichen Ansprüche keinen Vorteil aus dem Status als sozialversicherte Beschäftigte zu haben, richtig ist. Die Ersparnis der Beiträge zur Sozialversicherung steht nämlich gerade nicht zur Disposition der Beteiligten.
42 
Die Feststellung, dass die Klägerin abhängig Beschäftigte und gesamtsozialversicherungspflichtig ist, steht nicht im Widerspruch zu Feststellungen aus der vorangegangenen Betriebsprüfung am 3. und 4. März 2005. Ausweislich des Bescheides vom 27. April 2005 war der sozialversicherungsrechtliche Status der Klägerin nicht Gegenstand der Prüfung und diesbezüglich wurden in dem Betriebsprüfungsbescheid keine Feststellungen getroffen. Beschäftigte können aus den Ergebnissen früherer Prüfungen nur Rechte herleiten, wenn bei der Betriebsprüfung Versicherungspflicht und Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden sind (BSG, Urteil vom 29. Juli 2003 - B 12 AL 1/02 R -; in juris; Kasseler Kommentar-Wehrhahn, Stand 1. Dezember 2012, § 28p SGB IV RdNr. 6 a). Die Tatsache, dass keine Beanstandung bezüglich der Einordnung der Tätigkeit der Klägerin erfolgte, genügt nicht.
43 
Die Klägerin ist nicht versicherungsfrei in den Zweigen der Sozialversicherung. Denn sie erhält für ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) überwiegend ein Arbeitsentgelt von ca. EUR 1.500,00 monatlich und liegt damit über der Grenze der Entgeltgeringfügigkeit von EUR 400,00, seit 1. Januar 2013 von EUR 450,00.
44 
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
45 
IV. Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Hinsichtlich des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung bei zeitweiligem Delegieren von Tätigkeiten an Dritte gibt es - soweit ersichtlich - keine Rechtsprechung des BSG.

Tenor

Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 betrifft.

In diesem Umfang wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu erstatten. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 als Beschäftigter in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) versicherungspflichtig war.

2

Der am 1961 geborene Kläger arbeitete aufgrund eines Anstellungsvertrags vom 11.2.1986 zunächst als Schlosser und nach Ablegen der Meisterprüfung noch im selben Jahr als Betriebsleiter bei der Beigeladenen zu 1., einer GmbH mit dem Unternehmensgegenstand "Rührwerksbau". Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war bis zu seinem Tod am 11.5.2001 der Vater des Klägers. Die Geschäftsanteile erbte dessen Ehefrau; der Kläger wurde mit Dienstvertrag vom 31.8.2001 zum Geschäftsführer bestellt. Bereits am 30.4.1996 hatte der Vater des Klägers "gemäß § 48 Abs 2 GmbHG" folgende Niederschrift verfasst:

        

"… Aus gesundheitlichen Gründen werden meine Kinder S. und M. die Leitung des Unternehmens übernehmen. Mein Sohn wird aufgrund seiner beruflichen Fähigkeiten den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens übernehmen, meine Tochter den kaufmännischen Teil, aufgrund ihrer Ausbildung beim Steuerberater. Die entsprechenden Vollmachten werden beiden Kindern umgehend erteilt. Ab sofort nehmen die Kinder am betrieblichen Erfolg mit einer Gewinntantieme teil und sind vom Selbstkontrahierungsverbot befreit. Auf das Weisungsrecht meinerseits verzichte ich. Arbeits- und Urlaubszeit kann nach Lage der Gesellschaft frei bestimmt und gestaltet werden."

3

Der Kläger war bis 30.11.1999 Mitglied der beklagten Krankenkasse, seit 1.1.1996 aufgrund freiwilliger Versicherung. Nachdem eine neu gewählte Krankenkasse festgestellt hatte, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. für spätere Zeiträume nicht versicherungspflichtig in der RV und nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen sei, beantragte der Kläger mit Schreiben vom 14.9.2005 eine entsprechende Beurteilung auch für den (nun streitigen) Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 durch die Beklagte als Einzugsstelle. Diese stellte mit Bescheid vom 23.9.2005 und Widerspruchsbescheid vom 20.4.2006 fest, dass der Kläger in diesem Zeitraum bei der Beigeladenen zu 1. beschäftigt gewesen sei und der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe. Das SG hat die auf Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 26.11.2008).

4

Auf die Berufung des Klägers hat das LSG unter Aufhebung des Urteils des SG und der Bescheide der Beklagten festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. im streitigen Zeitraum nicht der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe (Urteil vom 22.9.2010): Für eine Beschäftigung sprächen ua die fehlende Geschäftsführer- und Gesellschafterstellung des Klägers, die Vereinbarungen des Anstellungsvertrags und die begrenzte Befugnis des Klägers, die Geschicke "der Firma" rechtsverbindlich zu gestalten. Demgegenüber sprächen die tatsächlichen Verhältnisse gegen eine Beschäftigung. So habe sein Vater dem Kläger mit der Niederschrift vom 30.4.1996 unter Verzicht auf sein Weisungsrecht die Unternehmensleitung übertragen. Dadurch habe der Kläger zusammen mit seiner Schwester nach eigenem Gutdünken frei "schalten und walten" können. Durch Übernahme einer Bürgschaft über 100 000 DM habe er ein wirtschaftliches Risiko getragen und sei am Gewinn der Firma beteiligt gewesen. Er habe die alleinigen Branchenkenntnisse in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte gehabt, sei vom Selbstkontrahierungsverbot befreit gewesen und habe Kundengespräche geführt, Angebote eingeholt sowie Kalkulationen erstellt, ohne sich im Einzelnen mit seinem Vater abzusprechen. Diesen tatsächlichen Verhältnissen komme bei der rechtlichen Beurteilung Vorrang gegenüber den vertraglichen Regelungen zu.

5

Mit der allein vom ihm eingelegten Revision rügt der Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 2.) eine Divergenz zur Rechtsprechung des BSG seit dem Jahr 2006 (BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149; BSG Urteil vom 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 7), da das LSG sinngemäß den Rechtssatz aufgestellt habe, "dass eine im Widerspruch zu getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung der formellen Vereinbarung unabhängig von der rechtlichen Möglichkeit einer formlosen Abbedingung vorgehen bzw. auch dann, wenn eine formlose Abbedingung rechtlich nicht möglich ist". Das LSG habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger am Stammkapital der zu 1. beigeladenen GmbH nicht beteiligt gewesen sei und bezogen auf die Gesellschaft keinerlei "Rechtsmacht" besessen habe. Diese Rechtsmacht habe trotz des Verzichts auf ein Weisungsrecht bei dessen Vater, dem Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1., gelegen. Zudem habe der Kläger die Beigeladene zu 1. nicht wie ein Alleininhaber, sondern nur zusammen mit seiner Schwester geleitet.

6

Die Beigeladene zu 2. beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufzuheben, soweit dieses unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 sowie des Bescheides der Beklagten vom 23. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2006 festgestellt hat, der Kläger habe in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlegen,
ferner, insoweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.

8

Er verteidigt das angegriffene Urteil. Insbesondere sei mit der Niederschrift vom 30.4.1996 bereits die Bevollmächtigung beider Kinder durch ihren Vater erfolgt, der zugleich auf sein Weisungsrecht sowohl als Geschäftsführer wie auch als Gesellschafter verzichtet habe. Darauf, dass die Unternehmensleitung gemeinsam mit der - im Übrigen als nicht rentenversicherungspflichtig eingestuften - Schwester erfolgte, komme es nicht an.

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Die Beklagte und die zu 3. beigeladene Bundesagentur für Arbeit schließen sich der Rechtsansicht der Beigeladenen zu 2. an, die Beigeladene zu 3. ohne einen Antrag zu stellen.

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Die Beigeladene zu 1. äußert sich nicht.

Entscheidungsgründe

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Die auf die angefochtene Feststellung von Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV im Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 beschränkte Revision der Beigeladenen zu 2. ist zulässig und begründet. Bescheid und Widerspruchsbescheid der Beklagten sind bezogen darauf rechtmäßig. Daher ist das Urteil des LSG in diesem Umfang aufzuheben und die Berufung des Klägers insoweit zurückzuweisen.

12

1. Obwohl die Beigeladene zu 2. in der Revisionsbegründung entgegen § 164 Abs 2 S 3 SGG keine Rechtsnorm ausdrücklich bezeichnet hat, die sie durch das Urteil des LSG als verletzt ansieht, ist die Revision noch zulässig. Denn es reicht aus, wenn sich aus dem Inhalt der Darlegungen des Revisionsklägers ergibt, dass er sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung rechtlich auseinandergesetzt hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (vgl BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 2 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 9c, 11 mwN). Vorliegend lässt das Revisionsvorbringen noch hinreichend deutlich erkennen, dass die Beigeladene zu 2. die Auffassung des LSG angreift, bei der Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit komme den tatsächlichen Verhältnissen generell Vorrang gegenüber den gesellschafts- und arbeitsvertraglichen Regelungen zu, und dass sie dadurch § 7 Abs 1 SGB IV als verletzt ansieht.

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2. Die Revision der Beigeladenen zu 2. ist auch begründet.

14

Zu Unrecht hat das LSG hier die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV verneint und die Bescheide der Beklagten sowie das SG-Urteil insoweit aufgehoben. Dabei ist das LSG zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Tatbestand der Beschäftigung aufgestellten Rechtssätzen ausgegangen; es hat jedoch die jüngere Rechtsprechung zum Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den vertraglichen Vereinbarungen nicht hinreichend berücksichtigt (hierzu a). Wiederum zutreffend hat das LSG eine Tätigkeit in einem fremden Betrieb vorausgesetzt und den "Anstellungsvertrag" des Klägers zum Ausgangspunkt der weiteren Prüfung und seiner Tatsachenfeststellungen gemacht (hierzu b). Im Ergebnis keinen Bestand haben indes die hierauf aufbauende rechtliche Würdigung des LSG sowie seine davon ausgehende Bewertung des Gesamtbildes der Erwerbstätigkeit (hierzu c). Dabei steht der Einordnung der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. als (abhängige) Beschäftigung die Rechtsprechung des BSG zur Tätigkeit in Familiengesellschaften nicht entgegen (hierzu d).

15

a) In den Jahren 1996 bis 1999, die hier in Streit stehen, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der RV der Versicherungspflicht (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI; ab 1.1.1998 idF durch Gesetz vom 24.3.1997, BGBl I 594). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).

16

Zutreffend weist die Beigeladene zu 2. in ihrer Revisionsbegründung darauf hin, dass zur Feststellung des Gesamtbilds den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zukommt. Zwar hat der Senat noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 7) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat er diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert (insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; ebenso Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f): Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist. Hieran hat der Senat seither festgehalten (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - USK 2009-25; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-25).

17

Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzurücken: Die tatsächlichen Verhältnisse weichen hier zwar von den Regelungen des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen Anstellungsvertrags ab, jedoch führt dies mit Blick auf die Frage des Vorliegens einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit zu keinem anderen Ergebnis (hierzu unten c). Daher kommt es auch nicht darauf an, dass das LSG keine Feststellungen dazu getroffen hat, unter welchen Voraussetzungen die Bestimmungen des Anstellungsvertrags überhaupt abdingbar waren.

18

b) Die dargestellten Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall anzuwenden, denn der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw Unternehmensinhaberin war die Beigeladene zu 1., die als GmbH juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen (hierzu vgl nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 21 mwN)und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.

19

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der "Anstellungsvertrag" vom 11.2.1986, der deren Vertragsverhältnis zunächst ausschließlich bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem vom LSG - lückenhaft - festgestellten Inhalt - regelmäßiges Entgelt, feste wöchentliche Arbeitszeit, Urlaubsansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Nach abgelegter Meisterprüfung wurde der Kläger sodann als Betriebsleiter eingesetzt; hiermit evtl verbundene rechtlich relevante Änderungen des schriftlichen "Anstellungsvertrags" hat das LSG aber ebenso wenig festgestellt, wie es Feststellungen zur Frage dafür einzuhaltender möglicher Formerfordernisse bei Vertragsänderungen getroffen hat.

20

Eine weitere Änderung der Stellung des Klägers erfolgte aufgrund der als Gesellschafterbeschluss (§ 48 GmbHG) auszulegenden Niederschrift seines Vaters vom 30.4.1996 mit der Übertragung der "Leitung" des technischen und gewerblichen Bereichs der GmbH an ihn. Dieser Beschluss enthielt gleichzeitig eine Befreiung des Klägers vom Selbstkontrahierungsverbot und einen Verzicht seines Vater - des Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1. - auf ein Weisungsrecht gegenüber dem Kläger. Zudem wurde dem Kläger eine Gewinntantieme zugesagt und das Recht eingeräumt, über seine eigene Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Den insoweit nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass dies auch der betrieblichen Praxis entsprach. So führte der Kläger fortan die Kundengespräche, holte Angebote ein und stellte Kalkulationen auf, ohne im Einzelnen Rücksprache mit seinem Vater zu nehmen. Der Kläger war Ansprechpartner für Kunden und für Mitarbeiter. Zumindest einen Mitarbeiter stellte er ein, wenn auch der Arbeitsvertrag auf Seiten der Beigeladenen zu 1. vom Vater des Klägers unterschrieben wurde. Der Vater hatte sich - obwohl täglich im Betrieb anwesend - nach den Feststellungen des LSG "nicht mehr eingemischt" und nahm auch auf die Einstellung von Personal keinen Einfluss mehr.

21

Offenbleiben kann vorliegend, ob die in der Niederschrift des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 erwähnten Vollmachten für den Kläger zu diesem Zeitpunkt oder später tatsächlich erteilt wurden und ob die Beigeladene zu 2. insoweit eine zulässige Sachrüge erhoben hat. Denn auch für den Fall, dass dem Kläger die zur Leitung des technischen und gewerblichen Teils der Beigeladenen zu 1. erforderlichen Vollmachten erteilt wurden, tragen die vom LSG festgestellten Umstände nicht dessen rechtlichen Schluss, dass sich mit der Niederschrift vom 30.4.1996 der Charakter der vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. dahingehend wandelte, dass der Kläger nunmehr selbstständig tätig sein sollte.

22

c) Der Kläger erbrachte seine Dienste für die Beigeladene zu 1. auch in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung.

23

Eine Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - etwa in Form eines freien Dienstverhältnisses - ergibt sich nicht daraus, dass der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1. durch Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 auf "das Weisungsrecht" gegenüber dem Kläger verzichtete und diesem das Recht einräumte, seine Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Zwar unterlag der Kläger dadurch nicht mehr umfassend einem Weisungsrecht seines Arbeitgebers - handelnd durch den weiterhin allein als Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH im Handelsregister eingetragenen Vater - hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung seiner Tätigkeit. Jedoch werden gerade höhere Dienste dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG SozR 3-2940 § 3 Nr 2 S 9 mwN; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 80; vgl - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 22; vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der RV und Arbeitslosenversicherung (§ 1 S 4 SGB VI sowie § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 66 f; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nämlich nicht schon zu einem Selbstständigen, selbst wenn andere Betriebsangehörige den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten mögen (wie das LSG im vorliegenden Fall anhand der Aussage des Zeugen R. festgestellt hat).

24

Eine solche noch dem Typus der Beschäftigung zuzuordnende Eingliederung in eine vorgegebene Ordnung des Betriebes bestand bei dem Kläger auch nach dem 30.4.1996. Durch den Gesellschafterbeschluss erlangte er die Stellung eines Angestellten, der nach den Feststellungen des LSG auch in der betrieblichen Praxis den technischen und gewerblichen Teil der Beigeladenen zu 1. mit "entsprechenden Vollmachten" eigenverantwortlich zu leiten hatte. Dennoch blieb der Kläger weiterhin in die durch die Beigeladene zu 1. bzw ihren gesellschaftsrechtlich maßgebenden Geschäftsführer (= Vater des Klägers) vorgegebene Organisation eingebunden, da seine Leitungsmacht nur auf einen bestimmten Unternehmensteil beschränkt war, während die Leitung des kaufmännischen Teils der Beigeladenen zu 1. ausschließlich seiner Schwester oblag. Die Vollmacht, diese Entscheidung zur konkreten Ausgestaltung der betrieblichen Organisation auf der Leitungsebene zu ändern, besaß der Kläger nicht. Selbst innerhalb des ihm zugewiesenen Zuständigkeitsbereichs war seine Vertretungsbefugnis rechtlich zwingend auf den Umfang einer rechtsgeschäftlichen Handlungsvollmacht iS von § 54 Handelsgesetzbuch (HGB) begrenzt, die sich zwar auf sämtliche Geschäfte erstreckt, die in einem Geschäftsbetrieb üblich sind, die jedoch nicht auf eine unmittelbare Vertretung der Gesellschaft, sondern lediglich auf ein (rechtlich nachgeordnetes) Handeln in Vollmacht des Geschäftsführers gerichtet war(BGH Urteil vom 20.10.2008 - II ZR 107/07 - NJW 2009, 293, 294 mwN). Schon von Gesetzes wegen (§ 54 Abs 2 HGB) waren jedenfalls die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, die Aufnahme von Darlehen und die Prozessführung von der Bevollmächtigung ausgenommen. Die anderenfalls notwendige besondere Erteilung der Vollmacht auch für diese Befugnisse hat das LSG nicht festgestellt. Darüber hinaus unterlag der Kläger selbst in dem ihm danach zugewiesenen eingeschränkten Vollmachtsrahmen zwingend der Kontrolle des GmbH-Geschäftsführers (vgl zu dessen Stellung allgemein zB Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 19. Aufl 2010, § 35 RdNr 76 mwN). Soweit der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingeschäftsführer der Beigeladenen zu 1. diese Kontrolle tatsächlich nicht oder nur sehr eingeschränkt ausübte, etwa weil - wie das LSG herausstellt - er sich darauf verließ, dass der Kläger die einzelnen Aufträge ordnungsgemäß einholte und durchführte, ist dies für die hier vorzunehmende Abgrenzung ebenso unbeachtlich, wie ein auch die zur Ausübung dieser Kontrolle notwendigen Weisungen umfassender Verzicht auf das Weisungsrecht, denn insoweit wären die Grenzen des rechtlich Zulässigen überschritten (hierzu bereits oben a). Im Übrigen deutet sogar die Feststellung des LSG, der Zeuge R. sei "von dem Kläger eingestellt worden", den Arbeitsvertrag habe jedoch der Vater unterschrieben, darauf hin, dass die dem Kläger erteilten Vollmachten auch in der betrieblichen Praxis nicht umfassend, sondern begrenzt waren.

25

Der Kläger hatte auch weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69 = SozR 4100 § 104 Nr 19; SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN). Hierzu fehlte es bereits an einer Beteiligung des Klägers am Stammkapital der Beigeladenen zu 1. Gleichzeitig blieb seine Position innerhalb des Unternehmens ohnehin deutlich hinter der organschaftlich begründeten Stellung eines Geschäftsführers - als solcher wurde er trotz der vorgenommenen Änderungen (weiterhin) nicht bestellt, sondern erst nach dem Tod des Vaters Ende August 2001 - zurück. Bereits aufgrund einer solchen Unterordnung unter den Geschäftsführer ist regelmäßig von einer Beschäftigung auszugehen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 57; BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448 S 253).

26

Eine Vergleichbarkeit des Klägers mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG auch solche Einflussmöglichkeiten zu beachten, soweit sie einem Geschäftsführer selbst gegenüber der Gesellschaft zur Verfügung stehen (zu einem - im Ergebnis nicht ausreichenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen: BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f), doch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die am 5.2.1994 für die Beigeladene zu 1. übernommene Bürgschaft des Klägers über 100 000 DM ihm eine solche Einflussnahme ermöglichte. Aus diesem Grunde war der durch den Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 erfolgte, in seinem Umfang ohnehin begrenzte Verzicht auf das Weisungsrecht nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich im Konfliktfall jederzeit widerrufbar, ohne dass der Kläger dieses hätte verhindern können.

27

Für eine fortbestehende Eingliederung in eine vorgegebene betriebliche Ordnung trotz des - wie aufgezeigt - begrenzten Verzichts auf ein Weisungsrecht spricht auch die im Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 festgelegte Bindung der vom Kläger im Übrigen frei selbst zu bestimmenden Arbeits- und Urlaubszeit an die "Lage der Gesellschaft" (in diesem Sinne zur Bindung der Urlaubsplanung an die Bedürfnisse der Geschäftsführung BSG SozR 3-2200 § 723 Nr 4 S 17). Dass der Kläger im Rahmen der ihm erteilten begrenzten Vollmachten vom Selbstkontrahierungsverbot befreit war, spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer einer kleineren GmbH bereits entschieden hat (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 1, RdNr 11 und Nr 8 RdNr 17)- nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.

28

Ebenso hat das BSG bereits entschieden, dass die Gewährung einer Tantieme als solche nicht genügt, um eine Beschäftigung auszuschließen (vgl BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53). Bedeutung für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit kommt Tantiemen nur als (ein) Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen zu, das im Rahmen der Gesamtwürdigung Gewicht gewinnen kann, jedoch nicht allein entscheidend ist (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 18 mwN). Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist (vgl zB BSG SozR 2100 § 17 Nr 3; BSG Urteil vom 28.4.1982 - 12 RK 12/80 - Die Beiträge 1982, 382 = USK 8244), ist deren Gewicht für die hier im Vordergrund stehende Abgrenzung der Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis gegenüber einem selbstständigen Dienstverhältnis eher gering. Wie die Gewichtung beispielsweise bei einer Tätigkeit in einem Einzelunternehmen zu beurteilen ist, wenn die Tätigkeit im fremden oder im (auch) eigenen Betrieb in Frage steht, braucht hier nicht entschieden zu werden. Eine Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb scheidet hier bereits aufgrund der Rechtsform der Beigeladenen zu 1., einer GmbH, an deren Stammkapital der Kläger nicht beteiligt war, aus (vgl oben unter b). Daher ist es auch unschädlich, dass das LSG die konkrete Höhe der Tantieme und Anlass, zu sicherndes Risiko sowie Fortbestand der Bürgschaft während des streitigen Zeitraums nicht festgestellt hat und somit das Ausmaß des wirtschaftlichen Eigeninteresses des Klägers am Erfolg der Beigeladenen zu 1. nicht einmal genau feststeht.

29

Soweit das LSG im Hinblick auf die Bürgschaft über ein wirtschaftliches Eigeninteresse hinaus auch ein "typisches Unternehmerrisiko" des Klägers angenommen und als Indiz für eine Selbstständigkeit gewertet hat, erfasst es die Bedeutung dieses Merkmals im vorliegenden Kontext nicht zutreffend. So kann eine Bürgschaft wie die des Klägers für die Beigeladene zu 1., bei der er die hier streitige Tätigkeit ausübt, in erster Linie für die Abgrenzung einer Beschäftigung gegenüber einer durch "Mitunternehmerschaft" begründeten Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb von Bedeutung sein. Für die vorliegend vorzunehmende Zuordnung einer Tätigkeit in einem - wie oben dargelegt zweifellos - fremden Betrieb ist ihre Bedeutung jedoch gering. Denn diese Bürgschaft begründete kein mit der Tätigkeit - sei es als Beschäftigter oder selbstständiger Dienstverpflichteter - des Klägers bei der Beigeladenen zu 1. verbundenes Risiko. Es handelt sich nämlich nicht um einen mit den geschuldeten Diensten verbundenen Aufwand, weil die Bürgschaft für die Erfüllung der diesbezüglichen Pflichten nicht erforderlich war. Die Gründe für ihre Bestellung sind vielmehr außerhalb der Beschäftigung bzw des Dienstverhältnisses zu suchen (vgl hierzu allgemein Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 153). Bezogen auf seine Tätigkeit hatte der Kläger gerade kein Unternehmerrisiko zu tragen; denn als Gegenleistung für seine Tätigkeit stand ihm nach den Feststellungen des LSG auch nach dem 30.4.1996 unabhängig vom wirtschaftlichen Ergebnis der Beigeladenen zu 1. ein Anspruch auf "die Zahlung eines regelmäßigen Entgeltes" zu, wie dies für Beschäftigte typisch ist. Bezogen auf die geschuldeten Dienste hatte der Kläger - wie jeder andere Beschäftigte auch - allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen.

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d) Die Annahme von Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. kann schließlich auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BSG zur Versicherungspflicht von in Familiengesellschaften verrichteten Tätigkeiten gestützt werden.

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Das BSG hat in der Vergangenheit in seiner Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG Urteil vom 29.10.1986 - 7 RAr 43/85 - USK 86145; BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170; BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975; BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG Urteil vom 28.1.1992 - 11 RAr 133/90 - USK 9201; BSG Urteil vom 11.2.1993 - 7 RAr 48/92 - USK 9347; im konkreten Fall abgelehnt: BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53; umgekehrt allerdings : BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8 S 37). Ohne Geschäftsführerstellung hat der 12. Senat eine - nach den allgemeinen Grundsätzen eigentlich ausgeschlossene - selbstständige Tätigkeit für den Fall als gegeben erachtet, dass der in einer GmbH Tätige neben seinem Ehegatten alleiniger oder gleichberechtigter Gesellschafter der GmbH ist (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17). Dabei hat der Senat jedoch nicht auf eine familiäre Verbundenheit, sondern maßgebend auf die mit der Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht abgestellt (BSG, aaO, S 58, 60). Weitergehend hatte allerdings der 3. Senat bereits 1971 die Selbstständigkeit eines nicht zum (ggf weiteren) Geschäftsführer bestellten Minderheitsgesellschafters angenommen, weil dieser in der betrieblichen Praxis der mit ihm verheirateten Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin vollständig gleichgestellt gewesen sei sowie sich faktisch als zweiter Geschäftsführer betätigt und neben der hauptamtlichen Geschäftsführerin die GmbH nach außen vertreten habe (BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; vgl auch BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448). Noch darüber hinausgehend hat der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich gehalten (BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1; in Abgrenzung zur familienhaften Mithilfe vgl aber BSG SozR Nr 22 zu § 165 RVO). Dabei ist der 11. Senat davon ausgegangen, dass für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht komme, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170). Diese Ausnahme solle - so der 11. Senat - auch gelten, wenn der Alleingesellschafter zugleich Alleingeschäftsführer ist und die Tätigkeit der faktischen Leitung des Betriebes formal auf der Ebene unter dem Geschäftsführer ausgeübt werde. Indessen lasse eine bloß "probeweise" Leitung des Betriebs durch den als Unternehmensnachfolger uU vorgesehenen Sohn eine (abhängige) Beschäftigung nicht entfallen. Wollten die Eltern, dass der Sohn den Betrieb in der bisherigen Art fortführe, und erlaube es ihre Mitarbeit im Betrieb verbunden mit ihrer Rechtsstellung als Gesellschafter und Geschäftsführer, diesen Willen durchzusetzen, so habe für den Sohn die fremdbestimmte betriebliche Ordnung im Sinne einer Beschäftigung fortbestanden, auch wenn er sich innerhalb des durch die bisherige Betriebsführung vorgegebenen Rahmens frei bewegen durfte (BSGE 66, 168, 170 ff = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4 f; zu einer solchen Konstellation vgl auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.5.2010 - L 11 KR 1423/08).

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Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob der vom 11. Senat des BSG formulierten Rechtsauffassung (ggf modifiziert bzw auf gänzlich atypische Sonderfälle beschränkt) bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht gefolgt werden kann oder ob - wofür Einiges spricht - der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse, auf die auch der 11. Senat ausdrücklich hingewiesen hat, größere Bedeutung beizumessen ist. Für Letzteres spricht, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer formal vorliegenden (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde (kritisch aus diesem Grunde auch Segebrecht in jurisPK-SGB IV, aaO, § 7 RdNr 124). Eine solche "SchönwetterSelbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar. So hat das BSG in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (vgl SozR Nr 6 zu § 168 RVO; SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103; zuletzt Urteil des Senats vom 27.7.2011 - B 12 R 15/09 R - SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16).

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Auf die dargestellte Frage kommt es vorliegend nicht an, da die vom LSG festgestellten Tatsachen dessen Schlussfolgerung, der Kläger habe seit April 1996 die Geschäfte der Beigeladenen zu 1. "nach eigenem Gutdünken führen und frei schalten und walten" können (vgl dazu BSG <11. Senat> BSGE 66, 168, 171 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4), nicht tragen. So hat das LSG seine Schlussfolgerung bereits selbst dahin eingeschränkt, dass der Kläger die Beigeladene zu 1. "mit seiner Schwester allein" geführt habe (Seite 15 des Urteils) bzw nur zusammen mit ihr habe führen können. In diesem Zusammenhang ist auch unerheblich, dass das LSG keine Feststellungen zum Umfang des Einvernehmens zwischen dem Kläger und seiner Schwester getroffen hat. Denn auch bei großzügiger Auslegung des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 war die Leitungsmacht des Klägers ausschließlich auf "den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens" beschränkt. Nur die darauf bezogenen "entsprechenden Vollmachten" wurden erteilt oder sollten noch erteilt werden. Die Leitung der Beigeladenen zu 1. insgesamt war dem Kläger damit nicht übertragen worden. Auf Grundlage der Feststellungen des LSG kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger seine Schwester und den - wenn auch zunehmend nur noch der Form halber - weiterhin an der Unternehmensleitung mitwirkenden Vater derart dominiert hätte, dass nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Gesamtleitung der Beigeladenen zu 1. allein durch den Kläger vorgelegen hätte. Vielmehr hat auch das LSG alleinige Branchenkenntnisse des Klägers nicht in allumfassender Weise, sondern nur in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte festgestellt. Die Leitung des kaufmännischen Teils des Unternehmens hatte der Vater des Klägers gerade mit Rücksicht auf deren durch eine Ausbildung bei einem Steuerberater erworbenen Kenntnisse der Schwester des Klägers übertragen. Zudem verfügte der Vater des Klägers über langjährige Erfahrung in der Leitung des Gesamtunternehmens, die er als Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer bereits zu einem Zeitpunkt innehatte, bevor der Kläger die Meisterprüfung ablegte und zum Betriebsleiter bestellt wurde. Zugleich spricht der Umstand, dass der Kläger und seine Schwester trotz Übertragung bereichsbezogener Leitungsfunktionen und eines Verzichts des Vaters auf "das Weisungsrecht" nicht zu Geschäftsführern berufen wurden, dafür, dass sich der Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer eine Kontrolle und Letztentscheidungsbefugnis zumindest bezüglich grundlegender unternehmerischer Entscheidungen vorbehalten wollte. Nicht zuletzt spricht auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1. im Erbgang an die Mutter und nicht den Kläger und seine Schwester fiel, dafür, dass ihr Vater das Unternehmen trotz seiner fortschreitenden Krankheit jedenfalls während des hier zu beurteilenden Zeitraums noch nicht vollständig an seine Kinder übergeben hatte.

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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Anteil der zu erstattenden Kosten entspricht dem Verhältnis der im streitigen Zeitraum für den Kläger zur gesetzlichen RV und zur Arbeitsförderung entrichteten Beiträge.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17. September 2008 wird zurückgewiesen.

Die Klage wegen des Bescheids vom 11. Mai 2011 wird abgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers in seiner Eigenschaft als mitarbeitender Gesellschafter und Prokurist für die beigeladene Kapitalgesellschaft.
Die Beigeladene wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 07. August 1998 gegründet. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrags ist Gegenstand des Unternehmens die Entwicklung von Software, Planung, Verkauf, Durchführung, Betreuung und Wartung von Netzwerk-, Internet-, Intranet-, Kommunikations-, Multimedia- und Systemlösungen mit Schulung sowie Büromaschinen und Organisationsmitteln. Nach § 3 beträgt das Stammkapital EUR 130.600,00. Gemäß § 5 hat die Gesellschaft einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer vorhanden, vertritt dieser die Gesellschaft allein; sind mehrere Geschäftsführer vorhanden, so vertreten entweder mindestens zwei Geschäftsführer oder ein Geschäftsführer und ein Prokurist die Gesellschaft. Auch die Geschäftsführer benötigen für die Veräußerung des Unternehmens im Ganzen oder teilweise, für Grundstücksgeschäfte, Spekulations- und ähnliche Geschäfte, Erteilung und Widerruf von Prokuren u.Ä. die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung mit einem Beschluss von einfacher Mehrheit. Nach § 6 Nr. 11 werden auch im Übrigen, soweit nicht das Gesetz anderes vorsieht, Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst, wobei je EUR 50,00 Stammeinlage eine Stimme ergibt.
Der Kläger ist - neben den weiteren Personen Herrn C. S. (im Folgenden C.S.) sowie zunächst den Herren S. und K. G. (im Folgenden: S.G. und K.G.) - Gesellschafter der Beigeladenen. Ausweislich des vom Kläger ausgefüllten Feststellungsbogens zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafters einer GmbH vom 15. Dezember 2005 hielten zunächst diese vier Gesellschafter gleiche Anteile von 25% mit entsprechenden Stammeinlagen von EUR 32.650,00. Ausweislich des Handelsregisterauszugs vom 19. September 2001 ist C.S. im Handelsregister als Geschäftsführer, der Kläger und S.G. und K.G. sind als Prokuristen eingetragen. In der vom Sozialgericht Konstanz (SG) durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 17. September 2008 gab der Kläger zu Protokoll, seit Ende 2005 nur noch mit 15% der Gesellschaftsanteile beteiligt zu sein, C.S. mit 50% der Gesellschaftsanteile; die restlichen Gesellschaftsanteile teilen sich S.G. und K.G.. In der mündlichen Verhandlung des Senats gab C.S. an, sein Gesellschaftsanteil betrage 65%, der Gesellschaftsanteil des Klägers 20%. und der Anteil des dritten Gesellschafters 15%.
Der Kläger war vor seiner Tätigkeit als Prokurist für die Beigeladene als Geschäftsführer eines Tochterunternehmens der Beigeladenen, der S. GmbH (im Folgenden S. GmbH), tätig. Nach dem Handelsregisterauszug vom 28. Oktober 2010 wurde diese zuletzt durch Beschluss vom 09. Mai 2005 geändert. Ausweislich der Präambel des Gesellschaftsführerdienstleistungsvertrags (zuletzt geändert am 21. Dezember 2007) hält der Kläger an der S. GmbH 50% der Geschäftsanteile und ist durch Gesellschafterbeschluss vom 23. September 1999 zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt worden. Nach Ziff. 1.1 obliegt ihm die Geschäftsführung der Gesellschaft. Nach Ziff. 1.2 ist der Kläger stets einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit.
Nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung des SG vom 17. September 2008 wurde Ende 2005 das Personal des Tochterunternehmens von der Beigeladenen übernommen. Der Kläger blieb gleichwohl im Weiteren Geschäftsführer der S. GmbH. Nach den Angaben des C.S. in der mündlichen Verhandlung des Senats sind zwischenzeitlich die Arbeitnehmer der Beigeladenen und der S. GmbH wieder getrennt. Der Kläger ist nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung des Senats seit Januar 2008 nicht mehr für die Beigeladene, sondern nur noch für die S. GmbH tätig. Im Folgend bezieht nur noch aus dieser Tätigkeit Einkommen (vgl. insoweit aktuell den Geschäftsführerdienstvertrag vom 21. Dezember 2007).
Im Zuge der Personaleingliederung in die Beigeladene wurde der Kläger jedoch auch bei dieser am 15. Dezember 2005 mit „Anstellungsvertrag“ eingestellt. Gemäß § 1 des Vertrages begann diese Anstellung am 01. Januar 2006. Der „Anstellungsvertrag“ mit der Beigeladenen ist wie folgt gestaltet: Nach § 2 des Vertrages ist der Kläger „Mitglied der Geschäftsleitung und wird als Leiter im Bereich Entwicklung eingestellt. (Dem Kläger) wird Prokura in der Form der Einzelprokura erteilt (...). (die Beigeladene) behält sich vor, dem (Kläger) eine andere zumutbare Tätigkeit zuzuweisen, die seinen Vorkenntnissen entspricht. Es besteht Einigkeit darüber, dass kurzfristig aus dringenden betrieblichen Gründen auch geringwertigere Tätigkeiten zugewiesen werden können“. Nach § 4 des Arbeitsvertrages richten sich Lage und Dauer der Arbeitszeit nach den betrieblichen Notwendigkeiten. Der Kläger stellt seine ganze Arbeitskraft zu den firmenüblichen Arbeitszeiten zur Verfügung. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt danach acht Stunden täglich bei 40 Stunden wöchentlich. Im Bedarfsfall besteht Bereitschaft, Mehrarbeit zu leisten. Nach § 5 Ziff. 1 erhält der Kläger eine Arbeitsvergütung, die in der diesem Vertrag beigefügten Lohnmitteilung ausgewiesen ist. Die Arbeitsvergütung besteht aus einem Grundgehalt, einer Leistungszulage und einer freiwilligen, jederzeit widerrufbaren Erfolgszulage. In § 6 Ziff. 2 wird der Kläger verpflichtet, vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer vorzulegen. In Ziff. 3 ist zudem Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen vereinbart. § 8 enthält eine Regel für den Fall eines Arbeitsvertragsbruchs mit entsprechender Vertragsstrafe. Nach § 9 erhält der Kläger 24 Arbeitstage Urlaub und je nach Anzahl krankheitsbedingter Fehltage bis zu sechs Urlaubstage im Jahr zusätzlich. § 10 enthält Bestimmungen über eine Arbeitsvertragskündigung, § 11 zur Vertraulichkeit, Schutz von Arbeitgebereigentum und Haftung und § 12 zur Kostenübernahme bei Fortbildungsmaßnahmen. § 13 verbietet dem Kläger, sich ohne Zustimmung der Gesellschaft mittelbar oder unmittelbar an einem Konkurrenzunternehmen zu beteiligen oder ein solches zu betreiben bzw. Nebentätigkeiten zu übernehmen. § 14 regelt eine Verschwiegenheitspflicht. §§ 15 und 16 enthalten eine Bestimmung zur Ausschlussfrist bzw. Schlussbestimmungen. Dem Vertrag ist eine „Lohnmitteilung“, unterzeichnet ebenfalls am 15. Dezember 2005, angehängt, ausweislich welcher der Kläger zum Einen ein Grundgehalt von EUR 5.300,00 sowie zum Anderen eine Leistungszulage in Form einer Zulage für die „Pensions- oder U-Kasse“ in Höhe von EUR 250,00 und zusätzlich nach Maßgabe einer „Zielvereinbarung“ erhält. Danach sei das definierte Ergebnis der Kostenstelle ein Betrag von EUR 23.450,00. Werde dieses Ergebnis überschritten, würden 10% dieses Betrages an den Kläger ausgeschüttet. Dritter Bestandteil der Lohnmitteilung ist eine Erfolgszulage (Tantieme). Bemessungsgrundlage sei das Gesamtergebnis des Unternehmens. Die Tantieme sei freiwillig und widerrufbar und werde vom Arbeitgeber pro Geschäftsjahr festgelegt.
Am 28. Dezember 2005 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beschäftigung des Klägers bei ihr unter Vorlage des vom Kläger ausgefüllten „Feststellungsbogens zur versicherungsrechtlichen Beurteilung“ vom 15. Dezember 2005, des Anstellungsvertrages vom 15. Dezember 2005 einschließlich der „Lohnmitteilung“ sowie des Gesellschaftsvertrags. Der Kläger gab auf dem „Feststellungsbogen“ an, dass er zwar vom Selbstkontrahierungsverbot nicht befreit sei, er aber für den Teilbereich der Entwicklung als einziger Gesellschafter über einschlägige Branchenkenntnis verfüge. Er sei bis Ende 2005 selbstständig tätig gewesen. Nun sei er angestellter Arbeitnehmer. Er unterliege keinem Weisungsrecht. Er sei nur durch die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung eingeschränkt. Er entrichte aus seinem Arbeitsentgelt Lohnsteuer. Überdies habe er zugunsten der Beigeladenen eine Bürgschaft in Höhe von EUR 65.000,00 übernommen sowie dieser ein Darlehen in Höhe von EUR 18.000,00 gewährt.
Mit Schriftsatz vom 15. März 2006 hörte die Beklagte den Kläger und die Beigeladene an. Es sei beabsichtigt, das Vorliegen eines abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Klägers festzustellen. Hierauf wandte der Kläger ein, er führe bei der Beigeladenen den Bereich der Softwareentwicklung selbstständig und sei nach dem Anstellungsvertrag auch an keine Weisungen durch andere gebunden. Der äußere Rahmen dieser Tätigkeit könne nicht durch einseitige Weisungen geregelt werden, da kein Gesellschafter mehr als 50% der Anteile halte. Auch dies spreche gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Es werde daher gebeten, die Einschätzung nochmals zu überprüfen. Auf Nachfrage der Beklagten legte der Kläger zudem den Handelsregisterauszug für die Beigeladene vom 19. September 2001 sowie Unterlagen der Kreissparkasse B. und der Volksbank B. S. über vom Kläger - teils alleine, teils zusammen mit C.S. - zugunsten der Beigeladenen, teilweise jedoch auch zugunsten der S. GmbH geleistete Bürgschaften sowie einen zugunsten der Beigeladenen geschlossenen Darlehensvertrag über EUR 5.000,00 vor.
Mit Bescheid vom 20. November 2006 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger als mitarbeitender Gesellschafter und Prokurist bei der Beigeladenen seit dem 01. Januar 2006 dem Grunde nach versicherungspflichtig beschäftigt sei. Beschlüsse der Beigeladenen würden mit einfacher Mehrheit gefasst. Das Stimmrecht des einzelnen Gesellschafters richte sich nach der Höhe seiner Geschäftsanteile. Derjenige Gesellschafter habe somit maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft, der mindestens die Hälfte der Geschäftsanteile der Beigeladenen besitze. Der Kläger sei mit EUR 32.650,00 an der Gesellschaft beteiligt und verfüge somit über einen Stimmanteil von 25%. Er besitze für sich betrachtet keinen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft, da auch ohne seine Mitwirkung die einfache Mehrheit erreicht werden könne. Er könne somit zwar Einfluss auf die Firmenpolitik, aber keinen Einfluss auf eine Willenserklärung der Gesellschaft hinsichtlich der Beendigung seines Anstellungsvertrages nehmen. Er habe diesbezüglich keine Sperrminorität. Da aufgrund des Kapitalanteils ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein ausgeschlossen sei, seien die allgemeinen Voraussetzungen für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu prüfen. Maßgebend sei das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse. An einer GmbH beteiligte Gesellschafter bzw. Geschäftsführer, die keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft aufgrund ihrer Beteiligung an der Gesellschaft nehmen könnten, stünden regelmäßig in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur GmbH. Allein aus der weisungsfreien Ausführung seiner Tätigkeit könne nicht auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden, da der Kläger im Übrigen in einer nicht von ihm vorgegebenen Ordnung des Betriebs eingegliedert sei und nur im Rahmen des Gesellschaftsvertrages und der Gesellschafterbeschlüsse handeln dürfe, sodass er - selbst bei Belassung großer Freiheiten - der Überwachung durch die Gesellschafterversammlung unterliege. Dies gelte auch dann, wenn diese von ihrer Überwachungsbefugnis regelmäßig keinen Gebrauch mache. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage der Kläger kein eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko. Aktuell habe er der Beigeladenen ein Darlehen in Höhe von EUR 19,467,94 gewährt und eine Bürgschaft für die Beigeladene in Höhe von EUR 5.112,92 übernommen. Im Vergleich zum Stammkapital der Beigeladenen und zu dem Jahresgehalt des Klägers seien diese übernommenen Risiken unerheblich. Auch die anderen Gesellschafter verfügten aufgrund ihrer erlernten Berufe über Kenntnisse auf dem Gebiet des Unternehmensgegenstandes. Insbesondere der Geschäftsführer C.S. dürfte als Informatiker auch über Kenntnisse auf dem Gebiet der Entwicklung der Software verfügen. Alleinige Branchenkenntnisse des Klägers lägen damit nicht vor. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung.
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Der Kläger legte gegen diesen Bescheid am 27. November 2006 Widerspruch ein. Die Beklagte habe wesentliche Merkmale, die einer Beurteilung als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung entgegenstünden, insbesondere das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, nicht gewürdigt. Zunächst treffe nicht zu, dass er (der Kläger) keinerlei Unternehmerrisiko trage. Er erhalte eine erfolgsabhängige Vergütung, und zudem werde steuerlich bei einem Gesellschafter, der monatlich keine festen Bezüge erhalte, von einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgegangen. Somit sei die Zahlung von festen monatlichen Bezügen kein Indiz für das Fehlen des Unternehmerrisikos. Zu Unrecht werde die Gewährung von Darlehen und die Übernahme einer Bürgschaft als unerheblich im Hinblick auf das vorhandene Stammkapital und das Jahresgehalt angesehen. Er (der Kläger) sei Gründungsgesellschafter der Beigeladenen, und die Gewährung des Darlehens und die Übernahme der Bürgschaft sei Ausfluss seiner Mitunternehmerstellung; es sei nicht vorstellbar, welcher Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber sonst Darlehen und Bürgschaften in Höhe von etwa EUR 25.000,00 gewährte. Er habe überdies sehr wohl alleinige Branchenkenntnisse. Er sei alleiniger Leiter der Softwareentwicklung und habe für seine Tätigkeit Prokura bei der Beigeladenen erhalten. Dieser Fachbereich sei durch Auslagerung der S. GmbH entstanden, die eine Tochter der Beigeladenen und an der er selbst mit „5%“ (richtig wohl 50%) beteiligt sei. Vor der Wiedereingliederung des Betriebs in den Betrieb der Beigeladenen sei die gesamte hochkomplexe Softwareentwicklung von der S. GmbH erstellt und an die Beigeladene verkauft worden. Die lapidare Feststellung im Bescheid, dass der Geschäftsführer der Beigeladenen aufgrund seiner Eigenschaft als Informatiker diese Tätigkeit ebenfalls ausüben könne, sei daher nicht zutreffend. Die Beklagte verkenne die hochspeziellen Aufgabenteilungen in der Softwareentwicklung. Auf den Arbeitsvertrag könne nicht maßgeblich abgestellt werden, weil die tatsächliche Praxis von den Formulierungen des Arbeitsvertrages maßgeblich abweiche. Er (der Kläger) könne zwar in der Durchführung seines Anstellungsverhältnisses formell durch Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden werden, jedoch könne er in der tatsächlichen Durchführung des Vertrages Zeit, Dauer, Umfang und Ort seiner Tätigkeit frei bestimmen. Aus diesen Punkten ergebe sich zusammenfassend, dass die getroffene Statusentscheidung auf einer nicht umfassenden Würdigung der neben den Kapitalverhältnissen wesentlichen Merkmale für die Beurteilung seiner Beschäftigung beruhe. Er übe eine dem Mitunternehmer gleichgestellte selbstständige Tätigkeit aus und sei deshalb nicht sozialversicherungspflichtig. Mit weiterem Schreiben vom 30. November 2006 teilte der Kläger mit, entgegen den Ausführungen im angegriffenen Bescheid habe er Bürgschaften in Höhe von insgesamt EUR 70.112,92 übernommen. Zum Nachweis wurde ein Bürgschaftsvertrag der Volksbank B. S. in Höhe von EUR 5.112,92 sowie ein weiterer zugunsten der Kreissparkasse B. vom 28. Juni 2005 in Höhe von EUR 65.000,00 vorgelegt. Die Beigeladene schloss sich den Ausführungen des Klägers ohne Einschränkung an.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 08. Januar 2008 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle sodann den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Sie wiederholte im Wesentlichen ihre Argumentation aus dem Ausgangsbescheid und führte ergänzend und vertiefend aus: Die Gesellschaftsversammlung habe die Rechtsmacht, dem Kläger Weisungen zu erteilen. Auch in dem Arbeitsvertrag seien entsprechende Rechtsmachten enthalten. So richte sich die Arbeitszeit gemäß § 4 des Anstellungsvertrages nach den betrieblichen Erfordernissen. Der Kläger habe seine gesamte Arbeitszeit zu den firmenüblichen Arbeitszeiten 40 Stunden in der Woche zur Verfügung zu stellen, von einer freien Einteilung der Arbeitszeit könne somit nicht ausgegangen werden. Zudem behalte sich die Gesellschaft nach § 2 des Anstellungsvertrages vor, dem Kläger andere zumutbare Tätigkeiten zuzuweisen; dies sei nur bei Arbeitnehmern möglich. Dass der Kläger Mitglied der Geschäftsleitung und als Leiter im Bereich der Entwicklung eingestellt worden sei, spreche ebenso wenig gegen eine abhängige Beschäftigung wie die Erteilung der Prokura. Die bisherige Berufserfahrung sei ebenfalls nicht maßgeblich. Jeder Arbeitnehmer werde wegen seiner Ausbildung, seiner speziellen Kenntnisse, seines beruflichen Werdegangs usw. eingestellt. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage der Kläger kein eine selbstständige Tätigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko. Zwar sei er aufgrund der vom Geschäftserfolg abhängigen Tantiemenzahlung indirekt am Gewinn der Gesellschaft beteiligt, eine Kürzung bzw. den Wegfall der Bezüge bei schlechter Geschäftslage müsse der Kläger jedoch nicht befürchten. Die Gewährung von arbeitnehmertypischen Leistungen, wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und der bezahlte Urlaub, sprächen für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Lediglich die Gewährung von Darlehen und Bürgschaften seien Punkte, die indiziell gegen eine abhängige Beschäftigung sprächen. Diese träten jedoch aufgrund der Rechtsmacht der Gesellschaft, dem Kläger Weisungen zu Ort, Zeit und Art und Weise der Arbeit zu erteilen, in den Hintergrund. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Die Voraussetzungen für einen späteren Beginn der Versicherungspflicht nach § 7a Abs. 6 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) seien nicht erfüllt, denn der Kläger habe dem späteren Beginn nicht zugestimmt. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne daher mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung am 01. Januar 2006.
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Am 08. Februar 2008 erhob der Kläger hiergegen zum SG Klage. Er übe seit dem 01. Januar 2006 Tätigkeiten als Gesellschafter-Geschäftsführer, Prokurist und als Verantwortlicher für die Softwareentwicklung bei der Beigeladenen aus. Die Beigeladene verfüge über ein Stammkapital in Höhe von EUR 130.600,00. Er selbst habe darauf eine Stammeinlage von 15% übernommen. Die Beigeladene sei Mitte „1989“ (richtig: 1998) gegründet worden und im Folgenden nach einer Unternehmensübernahme im Jahr 2001 in eine finanzielle Schieflage geraten. Es habe die Insolvenz gedroht. Zu deren Abwendung sowie auch in den darauffolgenden Jahren habe er beträchtliche Personalsicherheiten durch Übernahme einer Vielzahl selbstschuldnerischer Bürgschaften zur Absicherung von Forderungen gegen die Beigeladene sowie für deren Tochtergesellschaft, die S. GmbH, an welcher die Beigeladene zu 95% beteiligt sei, gestellt. Außerdem habe er der Beigeladenen mehrere Darlehen gewährt. Dabei handele es sich um ein Darlehen mit Rangrücktritt von EUR 19.467,94 und ein weiteres Darlehen in Höhe von EUR 5.000,00. Zudem habe er drei Bürgschaften gegenüber der Kreissparkasse B. (in Höhe von EUR 125.000,00, in Höhe von EUR 15.000,00 sowie in Höhe von EUR 10.000,00) sowie drei weitere Bürgschaften gegenüber der Volksbank B. S. (in Höhe von EUR 20.000,00, EUR 10.000,00 und EUR 5.112,92) übernommen. Zusätzlich zu den 15% am Stammkapital in Höhe von EUR 19.590,00 habe er folglich der Beigeladenen Darlehen in Höhe von knapp EUR 25.000,00 und Bürgschaften in Höhe von gut EUR 185.000,00 zukommen lassen. Er verknüpfe seine wirtschaftliche Existenz also auf das Engste mit jener der Beigeladenen. Zudem habe er sich für die S. GmbH durch insgesamt sechs Bürgschaften in Höhe von insgesamt EUR 120.980,00 verbürgt. Durch diese Darlehen und Bürgschaften verstärke sich sein Einfluss auf die Beigeladene ganz wesentlich, da das Stammkapital der Beigeladenen sich auf lediglich EUR 130.600,00 belaufe. Die Gesellschaft sei auf den Fortbestand der Bürgschaften sowie die weitere Darlehensgewährung angewiesen. Bei Fortfall der Bürgschaften müsse die Beigeladene damit rechnen, dass ihre Gläubiger die dann nicht mehr gesicherten Forderungen gegen die Beigeladene ganz kurzfristig fällig stellen würden, wodurch die Beigeladene mindestens in erhebliche Zahlungsschwierigkeiten, wenn nicht gar in Insolvenz geriete. Bereits aufgrund dieser Umstände sei er jederzeit in der Lage, sämtliche Entscheidungen der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen, welche ihm bedeutsam erschienen, zu seinen Gunsten zu bestimmen. Abgesehen davon begründe sich sein maßgeblicher Einfluss auf die Beigeladene auch auf seine überragende Fachkompetenz, welche für den wirtschaftlichen Erfolg und den Fortbestand der Beigeladenen und deren Tochtergesellschaft entscheidend seien. Die Entwicklung von funktionsfähiger Spezialsoftware sei für den wirtschaftlichen Erfolg der Beigeladenen entscheidend. Für die Entwicklung dieser Software sei er die Schlüsselfigur. Er plane und entscheide eigenverantwortlich alle Softwareentwicklungen bei der Beigeladenen. Sofern er selbst diese Entwicklungen nicht realisiere, ordne er die erforderlichen Schritte zu deren Umsetzung an und überwache die ordnungsgemäße Ausführung. Der wirtschaftliche Erfolg der Beigeladenen liege deshalb ganz maßgeblich in den Kenntnissen und Fähigkeiten sowie dem persönlichen Einsatz seiner Person begründet. Auch deshalb sei er in der Lage, ihm nicht genehme Entscheidungen der Gesellschafterversammlung abzuwenden und im Übrigen seine Tätigkeiten weisungsfrei auszuüben. Seine Tätigkeiten bei der Beigeladenen würden daher tatsächlich ganz anders vollzogen als im Anstellungsvertrag beschrieben. Er unterliege keinerlei Weisungen seitens der Beigeladenen, sondern könne Ort, Zeit, Dauer und Art seiner Tätigkeiten frei bestimmen. Weisungsrechte der Beigeladenen aus diesem Anstellungsvertrag seien zwischen ihm und der Gesellschaft formlos abbedungen worden. Die Gesellschaft habe mit ihm einen Anstellungsvertrag ganz offensichtlich nur aus steuerlichen Gründen - um sich nicht dem Vorwurf der Finanzverwaltung ausgesetzt sehen zu müssen, bei den Zahlungen an ihn handele es sich um verdeckte Gewinnausschüttung - geschrieben. Dazu habe die Beigeladene ein beliebiges Muster eines Anstellungsvertrages, welches nicht weiter in Bezug auf die Tätigkeiten und seine Stellung bei der Gesellschaft angepasst worden sei, verwendet. Deutlich werde dies etwa anhand von § 11 Abs. 2 des Anstellungsvertrages, der die Mitnahme von Eigentum des Arbeitgebers nur im Rahmen der betrieblichen Aufgaben erlaube, worüber die Führungskraft in Kenntnis zu setzen sei. Diese Klausel sei in seinem Verhältnis zur Beigeladenen völlig abwegig. Er selbst sei die Führungskraft der Beigeladenen. Aus allem werde deutlich, dass er selbstständige Tätigkeiten ausübe und nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehe. Der Kläger legte Kopien der benannten Bürgschaftsverträge vor, die vornehmlich aus den Jahren 2000 bis 2002, in zwei Fällen zudem aus dem Jahr 2007 stammen.
13 
In der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2008 gab der Kläger zudem an, die Herabsetzung seiner eigenen Kapitalbeteiligung zu Ende 2005 beruhe (u.a.) darauf, dass nach außen ein starker Mann habe präsentiert werden sollen. Es sei bei den Banken nicht gut angekommen, wenn vier Köpfe verhandelt hätten, so dass mit C.S. „ein Gesicht nach außen“ gefunden worden sei. Er (der Kläger) leite das operative Geschäft in der Beigeladenen, und zwar seit dem Jahr 1995. C.S. leite den Vertrieb. Auf dem (vorgelegten) Organigramm sei er für die drei Geschäftsbereiche Entwicklung, Standardsoftware und Systemtechnik zuständig. In seinen Bereichen seien etwa 28 Mitarbeiter beschäftigt, im Vertrieb arbeiteten etwa zehn Mitarbeiter. Seit 2002 bestehe ein kontinuierlicher Anstieg im Erfolg des Unternehmens. Sein Entgelt habe sich jährlich erhöht. Die im Einstellungsvertrag vereinbarte Gewinnbeteiligung habe jedes Jahr EUR 4.000,00 bis EUR 5.000,00 betragen. Urlaub habe er etwa 15 bis 20 Tage im Jahr genommen. Auf Nachfrage ergänzte der Kläger, dass sich die von ihm übernommenen Bürgschaften derzeit auf etwa EUR 50.000,00 beliefen, allerdings in näherer Zukunft Projekte anstünden, für die weitere Bürgschaften zu übernehmen seien.
14 
Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
15 
Die durch Beschluss des SG vom 13. Mai 2008 Beigeladene stellte keinen Antrag. Für sie gab der Geschäftsführer C.S. in der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2008 jedoch an, von Anfang an für die Finanzen zuständig gewesen zu sein. Im Jahre 2001 sei die Beigeladene übernommen worden, man habe sich damit fast finanziell übernommen und kurz vor dem Aus gestanden. Der Kläger und er selbst hätten daraufhin für Kredite von den Banken Bürgschaften für das Unternehmen übernommen. Diese hätten sie mit der Zeit reduziert. Bei Integration von den Mitarbeitern der S. GmbH in die Beigeladene habe der Kläger auf den Geschäftsführerposten verzichtet. Er habe immer gesagt, es solle nicht mehr Häuptlinge geben als Indianer. In den Gesellschafterversammlungen bereite jeder seinen Part vor.
16 
Das SG vernahm in der mündlichen Verhandlung zudem den früheren Prokuristen und Kaufmännischen Leiter der Beigeladenen T. H. (T.H.) als Zeugen. Dieser gab an, seinerzeit sei das Einstellungsgespräch sowohl mit dem Kläger als auch mit C.S. erfolgt. Der Kläger leite die Entwicklungsabteilung. Sein eigener Job sei es gewesen zu überprüfen, wie viel das Ganze koste. Der Kläger, C.S. und er selbst seien ein Dreigespann gewesen. Es habe natürlich strategische Entscheidungen gegeben, wo der Kläger das notwendige Know how gehabt habe und nicht er selbst.
17 
Mit Urteil vom 17. September 2008 wies das SG die Klage ab. Mitarbeitende Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft könnten grundsätzlich in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Gesellschaft stehen. Ob eine Tätigkeit abhängig oder selbstständig verrichtet werde, entscheide sich letztlich danach, welche Merkmale überwögen. Im Grundsatz gelte, dass nur derjenige nicht abhängig beschäftigt sei, der durch seine Unternehmensbeteiligung die unternehmenspolitischen Entscheidungen maßgeblich mitbestimmen könne. Denn eine Mehrheitsbeteiligung oder jedenfalls eine Sperrminorität, mit der bestimmte unternehmerische Entscheidungen verhindert werden könnten, führe in aller Regel zu einem fehlenden Abhängigkeits- bzw. Über- und Unterordnungsverhältnis. Spiegelbildlich hierzu sei derjenige, der nicht jedenfalls über eine Sperrminorität verfüge, in der Regel von den Entscheidungen der übrigen Gesellschafter persönlich abhängig. Zwar führe das Fehlen einer maßgeblichen Unternehmensbeteiligung nicht zwingend zu einer abhängigen Beschäftigung, jedoch sei in diesen Fällen von einer abhängigen Beschäftigung nur in sehr begrenzten Einzelfällen auszugehen. Ein solcher Ausnahmefall könne z.B. bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schaffe und es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechtes völlig mangele. Im vorliegenden Fall gelange die Kammer aufgrund einer Gesamtwürdigung zu der Feststellung, dass die Umstände, die für eine abhängige Beschäftigung des Klägers sprächen, überwögen. Ein maßgeblicher rechtlicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft aufgrund seiner Gesellschafterstellung habe beim Kläger nicht vorgelegen. Der Kläger verfüge nur über 15% des Stammkapitals der Beigeladenen. Beschlüsse würden nach dem Gesellschaftervertrag in der Gesellschafterversammlung jedoch mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen getroffen. Der Kläger habe im Unternehmen zudem lediglich eine Prokuristen- und keine Geschäftsführerstellung inne. Insgesamt besitze der Kläger danach nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Die rechtlich bestehende Abhängigkeit werde auch nicht durch die tatsächlichen Verhältnisse so überlagert, dass eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ausscheide. Der Kläger erhalte eine feste monatliche Vergütung und habe Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts im Krankheitsfall und bezahlten jährlichen Erholungsurlaub. Dass der Kläger die Entwicklungsabteilung und die Abteilungen für Standardsoftware und Systemtechnik der Beigeladenen möglicherweise selbstständig leite, ohne an Weisungen gebunden gewesen zu sein, führe nicht zu einer anderen Beurteilung. Es handele sich hierbei um eine Eigenschaft, die in der Regel eine leitende Stellung mit sich bringe und die als solche nicht jeden leitenden Angestellten zu einem Unternehmer mache. Dass das Arbeitsverhältnis möglicherweise durch freundschaftliche Rücksichtnahme zwischen Kläger und Geschäftsführer gekennzeichnet sei und daher das Weisungsrecht verfeinert ausgeübt worden sei, stehe einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Die Kammer vermöge insbesondere nicht zu erkennen, dass der Kläger die Geschäfte der Beigeladenen faktisch wie ein Alleininhaber nach eigenem Gutdünken führe, Geschäftspolitik betrieben habe, strategische Entscheidungen gefällt habe und die gegebene Betriebsordnung für ihn nicht bestimmend gewesen sei, zumal der Geschäftsführer C.S. selbst qualifizierte Branchenkenntnisse besitze und das Unternehmen mit aufgebaut habe. Anderes wäre auch nicht nachvollziehbar. Der Kläger habe seit dem Jahr 2006 bei der Umschichtung der Gesellschafteranteile nicht mehr, sondern weniger Gesellschaftsanteile erhalten. Er habe damals Gesellschaftsanteile abgegeben und sei nur zu einem (weiteren) Prokuristen bestellt worden. Dies alles seien gewichtige Indizien, die für eine abhängige Beschäftigung und gegen ein Unternehmerrisiko des Klägers sprächen. Auch die zusätzlich zum Arbeitsentgelt gewährte Gewinnbeteiligung führe zu keinem Unternehmerrisiko, denn diese sei angesichts des dem Kläger zustehenden festen Monatsgehalts dem Wagniskapital nicht gleichzusetzen, sondern Ausdruck auch bei Arbeitnehmern verbreiteter leistungsorientierter Vergütungsbestandteile. Bei dem Kläger bestehe nicht die Gefahr, die Arbeitskraft ohne Gegenleistung einzusetzen. Die Gewinnbeteiligung sei nicht mit einem Verlustrisiko verbunden und sei im Übrigen bei Angestellten mit herausgehobener Verantwortungsposition nicht unüblich. Was die vom Kläger geltend gemachten Bürgschaften und Darlehen angehe, stammten diese noch aus der Zeit vor der hier streitigen Tätigkeit ab dem Jahr 2006. Im Übrigen widersprächen auch diese der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers nicht. Nach der Rechtsprechung sei zwar z.B. die Gewährung eines Darlehens durch einen Arbeitnehmer an den Arbeitgeber nicht typisch, andererseits seien solche Leistungen auch nicht ausgeschlossen (unter Verweis auf Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 17. Mai 2001 - B 12 KR 34/00 R - SozR 3-2400 § 7 Nr. 17). Der Kläger erhalte für seine Tätigkeit ein zu versteuerndes und als sozialversicherungspflichtig geführtes Gehalt, welches als Betriebsausgabe verbucht werde. Die keineswegs geringen Bezüge des Klägers hätten Entgeltfunktion und versetzten ihn in die Lage, seinen Lebensunterhalt davon eigenständig zu bestreiten. Es lasse sich auch nicht feststellen, dass der Kläger etwa die Höhe seiner Bezüge in ähnlicher Weise habe bestimmen können, wie ein Firmeninhaber die Höhe seiner Entnahmen bestimmen könne. Im Hinblick auf diese kontinuierlichen und seit 2006 nur leicht angestiegenen monatlichen Zahlungen folge, dass der Kläger keine Teilhabe am Unternehmensrisiko in dem Sinne getroffen habe, dass bei ihm der Erfolg seines persönlichen Arbeitseinsatzes jeweils ungewiss gewesen sei. Schließlich habe sich der Kläger im Fragebogen der Beklagten gegenüber selbst als angestellter Arbeitnehmer eingeschätzt.
18 
Gegen dieses ihm am 13. Oktober 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. November 2008 Berufung eingelegt. Das SG sei bei der Gesamtwürdigung aller Umstände fälschlich zu der Feststellung gelangt, dass eine abhängige Beschäftigung vorliege. Zunächst sei rechtsfehlerhaft, dass nur in Einzelfällen bei geringfügiger Gesellschafterbeteiligung von einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen sei. Sinn und Zweck der erforderlichen Gesamtwürdigung sei hier gerade die unvoreingenommene Untersuchung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles. Das SG habe die langjährige enge und freundschaftliche Verbundenheit zwischen ihm (dem Kläger) und dem Gesellschafter C.S. außer Betracht gelassen. Sie beiden hätten im selben Unternehmen seit Jahren freundschaftlich zusammengearbeitet. Bereits wegen dieser gemeinsamen Historie scheide eine abhängige Beschäftigung aus. Im Übrigen sei er, der Kläger, auch in den Betrieb der Beigeladenen nicht als Arbeitnehmer eingegliedert. Aus den Angaben seiner selbst sowie des Gesellschafters C.S. und des Zeugen T.H. habe sich eindeutig ergeben, dass er keine fremdbestimmten Tätigkeiten für die Beigeladene erbracht habe. Vielmehr sei es umgekehrt. Er selbst ersinne in eigener Verantwortung für die Beigeladene, welche Produkte und Leistungen von dieser am Markt angeboten werden sollten. Diese Ideen seien stets lediglich einer Prüfung im Hinblick auf ihre betriebswirtschaftliche Rentabilität unterzogen worden. Sei diese bejaht worden, seien seine Ideen umgesetzt worden. Auch habe er stets eigenständig entschieden, wo er seine Tätigkeiten ausübe. Er verfüge über ein voll ausgestattetes „Home-Office“. Auch seien seine wesentlichen Spezialkenntnisse durch das SG falsch eingeschätzt worden. In den Bereichen Entwicklung, Standardsoftware und Systemtechnik verfüge nur er über das erforderliche Spezialwissen. Die besonderen Fähigkeiten und Kenntnisse seiner Person würden anhand verschiedener Projekte (insbesondere der Aufbereitung von Daten im Format SQL für die sogenannte „Rote Liste“ - Arzneimittelverzeichnis für Deutschland -, der Software MMpro, der Projekte „Licence protector“ sowie „Multimedia protector“) offenkundig. Daher habe er die Herrschaftsmacht im Unternehmen über den gesamten operativen Bereich mit Ausnahme der Spartenfinanzen und des Vertriebs gehabt. Aufgrund dieser singulären Stellung wäre es ihm auch ohne Weiteres möglich gewesen, ihm nicht genehme Weisungen zu ignorieren bzw. nach eigenem Gutdünken umzusetzen. Es seien ihm jedoch seitens der Beigeladenen von vornherein keinerlei Weisungen erteilt worden. Er selbst sei es vielmehr gewesen, der die Geschicke der Beigeladenen maßgeblich bestimmt habe. Neben seiner Leitungsmacht im Unternehmen der Beigeladenen und bei deren Tochtergesellschaften, welche ganz erheblich über die eines gewöhnlichen leitenden Angestellten hinausgegangen seien, habe er insbesondere im Bereich der Unternehmensakquise ein entscheidendes Mitspracherecht gehabt. Dies habe auch C.S. in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Maßgeblich sei insoweit der Erwerb der Firma N. GmbH, die mittlerweile unter dem Firmennamen der Beigeladenen firmiere. Dies zeige, welchen unternehmerischen Einfluss er selbst auf die Beigeladene habe und welches unternehmerische Risiko er mit diesem Einfluss trage, zumal er diese Entscheidung gegen den Willen des C.S. habe durchsetzen können. Es spiele dabei keine Rolle, welchen Anteil am Stammkapital der Beigeladenen er selbst halte. Seine Nichtbestellung zum Geschäftsführer sei vor dem Hintergrund der Aufgabenteilung zwischen dem Gesellschafter C.S. und ihm selbst absolut plausibel und sachgerecht. Der Gesellschafter C.S. sei von Beginn der Unternehmensgründung an für den Sektor Finanzen verantwortlich gewesen und deshalb auch stets erster Ansprechpartner für die Banken. Zudem trage er weiteres unternehmerisches Risiko durch Übernahme von Bürgschaften und Gewährung von Darlehen für die Beigeladene. Auch den dadurch auf die Beigeladene erworbenen Einfluss schätze das SG fälschlich gering ein. Der Sachverhalt sei insoweit insbesondere anders gelagert als in der Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 15. August 2008 (L 4 KR 4577/06). Anders als bei Ehegatten bestünden Banken bei fremden Dritten, auch wenn diese einander freundschaftlich verbunden seien, eben nicht auf Übernahme von Mithaftung, weil anders als zwischen Ehegatten Vermögensübertragungen zwischen Freunden eben nicht einfach so vorgenommen würden.
19 
Im Verlaufe des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zur Umsetzung des Urteils des BSG vom 11. März 2009 (B 12 R 11/07 R) weitere Ermittlungen zur Einkommenssituation des Klägers durchgeführt und insbesondere Lohnunterlagen (Verdienstbescheinigungen) ab dem 01. Mai 2008 sowie Beschlüsse der Gesellschaft hinsichtlich einer anderen Vergütung als Prokurist bzw. Nachweise über das Ende der Tätigkeit als Prokurist erbeten. Der Kläger hat daraufhin den am 27. Dezember 2007 mit der S. GmbH geschlossenen Geschäftsführerdienstvertrag vorgelegt, zu deren Bestandteil auch ein am 23. März 2009 vereinbarter Gehaltsverzicht zugunsten der Beigeladenen geworden ist. Danach betrage das von der Beigeladenen bezogene Entgelt nur EUR 5.841,00 brutto monatlich. Zudem hat der Kläger Lohn-/Gehaltsabrechnungen aus der Zeit von Mai 2008 bis April 2010 der S. GmbH und einen Ausdruck des Handelsregisters über die S. GmbH vom 28. Oktober 2010 vorgelegt.
20 
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 11. Mai 2011 ihren Bescheid vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 abgeändert und festgestellt, dass in der seit 01. Januar 2006 ausgeübten Beschäftigung als mitarbeitender Gesellschafter (Prokurist) bei der Beigeladenen auch seit dem 01. Mai 2008 Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe, nicht dagegen in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung.
21 
Ferner hat die Beklagte im Hinblick auf die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Senats ihren Bescheid vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Januar 2008 sowie ihren Bescheid vom 11. Mai 2011 insoweit aufgehoben, als sie die Zeit ab 01. Januar 2008 betreffen. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen und insoweit der Rechtsstreit für erledigt erklärt.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17. September 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 sowie den Bescheid vom 11. Mai 2011 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 21. Oktober 2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger in seiner Tätigkeit vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 bei der Beigeladenen nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung war.
24 
Die Beklagte beantragt,
25 
die Berufung zurückzuweisen.
26 
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Anhand des Vortrags des Klägers selbst im Verlaufe des Berufungsverfahrens, wonach dessen Ideen einer betriebswirtschaftlichen Rentabilitätsprüfung unterzogen würden, komme gerade zum Ausdruck, dass das letzte Entscheidungsrecht bei C.S., nicht dagegen beim Kläger gelegen habe. Eine Herrschaftsmacht, wie vom Kläger angegeben, unter Aussparung der Herrschaft über die Finanzen, erscheine nicht als die Macht eines selbstständigen Unternehmers, sondern als die eines leitenden Angestellten.
27 
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
28 
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
29 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 51 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) abgewiesen. Der angegriffene Statusfeststellungsbescheid der Beklagten vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 und des Änderungsbescheides vom 11. Mai 2011 ist - soweit über sie im Berufungsverfahren noch zu entscheiden war (dazu sogleich) - rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht kein Anspruch auf die Feststellung zu, er sei vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 bei der Beigeladenen nicht abhängig beschäftigt. Vielmehr hat die Beklagte zu Recht ein solches abhängiges Beschäftigungsverhältnis mit Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung festgestellt.
30 
1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der angegriffene Statusfeststellungsbescheid der Beklagten vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 und des Änderungsbescheides vom 11. Mai 2011. Dieser Änderungsbescheid ist nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Der Änderungsbescheid hat den Bescheid vom 20. November 2006 abgeändert und nur noch festgestellt, dass der Kläger in der Renten- und Arbeitslosenversicherung auf Grund seiner abhängigen Beschäftigung bei der Beigeladenen versicherungspflichtig ist, nicht jedoch in der Kranken- und Pflegeversicherung wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze. Er hat dadurch die Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt, die der 12. Senat des BSG in seinen Urteilen vom 11. März 2009 (B 12 R 11/07 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 14 ff.) und vom 04. Juni 2009 (B 12 R 6/08 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 13 ff.) aufgestellt hat (so die st.Rspr. insbes. des Senats, vgl. etwa Urteil vom 09. November 2009 - L 4 R 1540/08 - veröffentlicht in www.sozialgerichtsbarkeit.de) und denen der Bescheid vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 nicht genügten. Über den Änderungsbescheid vom 11. Mai 2011 entscheidet der Senat auf Klage.
31 
Im Berufungsverfahren war nur noch über den Zeitraum vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 zu entscheiden. Dies folgt aus dem hinsichtlich des Zeitraums ab dem 01. Januar 2008 abgegebenen Teilanerkenntnis der Beklagten, mit welchem diese in der mündlichen Verhandlung des Senats ihren Bescheid vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 sowie den Bescheid vom 11. Mai 2011, jeweils soweit sie den Zeitraum ab den 01. Januar 2008 betreffen, aufgehoben hat. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger mit insoweit prozessbeendender Wirkung (§101 Abs. 2 SGG) in der mündlichen Verhandlung des Senats angenommen. Diese Verfahrensweise wird aus Sicht des Senats im Übrigen auch der Entwicklung des Standverhalts gerecht. Der Kläger ist nämlich seit dem 01. Januar 2008 allein für die S. GmbH tätig. Dies ergibt sich aus den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Senats, dass er seit 01. Januar 2008 nicht mehr für die Beigeladene tätig ist. Bestätigt wird dies durch die im Berufungsverfahren vorgelegten Lohn-/Gehaltsabrechnungen für die Zeit von Mai 2008 bis April 2010 (Bl. 51/73). In diesen ist als Arbeitgeber die S. GmbH genannt. Der Kläger bezieht eine Vergütung auch allein von der S. GmbH.
32 
2. Die Beklagte war zur Entscheidung über den Antrag des Klägers berufen. Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten - in der Regel der Dienstgeber und der Dienstnehmer - schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Für eine solche Statusfeststellung ist nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV die Beklagte zuständig, nicht die nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV zur Entscheidung berufene Einzugsstelle. Einen solchen Antrag auf Statusfeststellung hatte die Beigeladene am 28. Dezember 2005 bei der Beklagten gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.
33 
3. Der Kläger war vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 bei der Beigeladenen beschäftigt und als Beschäftigter versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung, jedoch nicht in der gesetzlichen Kranken- und in der sozialen Pflegeversicherung.
34 
a) Im Rahmen einer Statusfeststellung nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV darf sich die Beklagte nicht darauf beschränken, eine abhängige Beschäftigung oder zusätzlich eine daraus folgende Versicherungspflicht "dem Grunde nach" festzustellen. Dies käme einer unzulässigen Elementenfeststellung gleich. Die Beklagte muss vielmehr, um einen Lebenssachverhalt zum Rechtsbegriff der abhängigen Beschäftigung zuzuordnen, das konkrete Rechtsverhältnis bezeichnen, an das sozialrechtlich angeknüpft werden soll, auch Aussagen darüber treffen, in welchen Zweigen der Sozialversicherung die festgestellte Beschäftigung im jeweiligen Feststellungszeitraum zur Sozialversicherung geführt hat. Dies hat das BSG in seinen Urteilen vom 11. März 2009 (B 12 R 11/07 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 14 ff.) und vom 04. Juni 2009 (B 12 R 6/08 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 13 ff.) ergänzend zu seiner früheren Rechtsprechung entschieden.
35 
Versicherungspflichtig in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sind gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 22. Juni 2005 - B 12 KR 28/03 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 5 m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7).
36 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 08. August 1990 - 11 RAr 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; Urteil vom 08. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 - SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 01. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 - BSGE 45, 199, 200 ff.; Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 - R BSGE 87, 53, 56; jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 Rdnr. 18).
37 
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Das BSG hat insoweit mehrmals entschieden, dass eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft selbst im Rahmen einer Geschäftsführertätigkeit nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen ist. Beim am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführern ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenen Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, hat das BSG dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; SozR 4-2400 § 7 Nr. 1). Vergleichbares gilt auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität verfügen (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1). Auch für diesen Personenkreis ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor. Eine Sperrminorität in diesem Sinne liegt dann vor, wenn der Gesellschafter nach dem Gesetz und den Abreden des Gesellschaftsvertrags Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 S 13; BSG NJW 1994, 2974). Dagegen liegt kein maßgeblicher gesellschaftsrechtlicher Einfluss - und damit in der Regel eine Stellung als Beschäftigter - vor, wenn der Geschäftsführer-Gesellschafter so wesentliche Entscheidungen wie die Auflösung der Gesellschaft, die operative Neuausrichtung oder seine eigene Abberufung bzw. Entlassung nicht verhindern kann. Bei Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung ist eine abhängigen Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen anzunehmen. Ein solcher Ausnahmefall kann beispielsweise bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die beispielsweise dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG Urteil vom 08. Dezember 1987 - 7 RAr 25/86 -, veröffentlicht in juris).
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b) Gemessen an diesen Maßstäben ist die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 als abhängiges Beschäftigungsverhältnis einzustufen.
39 
Ganz maßgeblich ist für den Senat insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zunächst die Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Befugnisse des Klägers. Der Kläger verfügt in seiner Eigenschaft als Gesellschafter nicht über eine allgemeine Sperrminorität am Stammkapital der Beigeladenen. Schon vor dem hier maßgeblichen Zeitraum ab dem 01. Januar 2006 war der Kläger nur mit 25% am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt. Zu Ende Dezember 2005 wurde dieser Anteil aber sogar noch erheblich auf nur 15% abgesenkt, zwischenzeitlich wieder auf 20% angehoben. Der Kläger hielt damit, als die Beigeladene noch vier Gesellschafter hatte, über einen längeren und insbesondere den hier streitgegenständlichen Zeitraum den geringsten Anteil aller vier Gesellschafter am Kapital und konnte Gesellschafterbeschlüsse, die mit einer einfachen Mehrheit des anwesenden Stammkapitals gefasst werden müssen (§ 6 Nr. 11 des Gesellschaftsvertrags), bei weitem nicht verhindern. Dies galt insbesondere für seine Abberufung als Prokurist oder die Kündigung seines Anstellungsvertrags. In seiner Funktion als Prokurist der Beigeladenen war der Kläger überdies - ausweislich § 5 des Gesellschaftsvertrags - nicht einmal mitvertretungsberechtigt. Da nur C.S. als Alleingeschäftsführer der Gesellschaft bestellt war und ist, konnte und kann nur er die Gesellschaft im Außenverhältnis rechtswirksam vertreten. Die Funktion des Klägers innerhalb der Beigeladenen bringt daher deutlich zum Ausdruck, dass der Kläger zwar - was der Senat nicht in Zweifel zieht - eine fachlich bedeutsame Stellung innerhalb der Firma einnehmen mag, er jedoch aus gesellschaftsrechtlicher Sicht keinerlei Befugnisse innehielt, die es ihm erlaubten, die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich mitzulenken. Die Position des Klägers unterschied sich qualitativ nicht wesentlich von derjenigen Leitender Angestellter, die unter dem Anreiz einer möglichen Steigerung der eigenen Bezüge sich für die Prosperität des Unternehmens einsetzen und im Übrigen auch unternehmerische (Teil-)Aufgaben wahrzunehmen haben (§ 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz, vgl. Bundesarbeitsgericht - BAG - NJW 2010, 2746).
40 
Gerade dies wird auch durch den Anstellungsvertrag des Klägers mit der Beigeladenen vom 15. Dezember 2005 zum Ausdruck gebracht. Auch dieser zeigt deutlich das Bild einer abhängigen Beschäftigung. In ihm haben der Kläger und die Beigeladene u.a. vereinbart, dass der Arbeitgeber (also die Beigeladene) sich vorbehält, dem Kläger kurzfristig eine andere zumutbare Tätigkeit zuzuweisen, zudem Einigkeit darüber besteht, dass dem Kläger kurzfristig aus dringenden betrieblichen Gründen auch geringwertigere Tätigkeiten zugewiesen werden können, und die Tätigkeit durch eine konkrete Stellenbeschreibung jederzeit im Einzelnen konkretisiert werden kann. Weiterhin haben die Beigeladene und der Kläger in dem Vertrag ein festes Gehalt, eine sechswöchige Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle und einen Mindest-Urlaubsanspruch von 24 Tagen im Jahr vereinbart. Die Vereinbarungen des Anstellungsvertrags entsprechen nahezu vollständig jenen, die im Arbeitsleben für abhängige Beschäftigungsverhältnisse üblich sind. Es fehlt an tatsächlichen Anhaltspunkten dafür, dass die entsprechenden Willenserklärungen zu dem Anstellungsvertrag rechtlich nicht ernst gemeint (§ 118 BGB) oder unter den rechtlichen Voraussetzungen eines Scheingeschäfts (§ 117 BGB) abgegeben worden wären. Es mag sein, dass für den Abschluss des Anstellungsvertrags andere als sozialversicherungsrechtliche Gründe maßgebend waren. Dies erfordert es aber nicht, sie bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung außer Betracht zu lassen. Denn es unterliegt nicht der Disposition des Klägers, die Wirkungen eines wirksamen Vertrags nach Maßgabe seiner Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken (vgl. hierzu BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7). Umgekehrt gilt vielmehr, dass dann, wenn eine vertragliche Gestaltung durch zwingende gesetzliche Regelungen vorgegeben ist, davon auszugehen ist, dass die tatsächlichen Verhältnisse hiervon nicht rechtserheblich abweichen und deshalb bei Beurteilung der Versicherungspflicht diese vertragliche Gestaltung auch rechtlich maßgebend ist (BSG, a.a.O.).
41 
Aus Sicht des Senats bilden gesellschaftsrechtliche und dienstvertragliche Ausgestaltung der Befugnisse überdies aber auch die Befugnisse innerhalb der beigeladenen GmbH ab, wie sie auch tatsächlich gelebt wurden und werden. Dabei stellt der Senat auch insoweit nicht in Abrede, dass dem Kläger die ganz wesentliche Gewichtung im Zusammenhang mit den zu treffenden fachlichen Fragen und Weichenstellung zukommen mag. Allerdings hat der Kläger im Rahmen seines Vorbringens selbst eingeräumt, dass seine Entscheidungen stets unter dem Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit standen, also noch einer abschließenden Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen wurden. Die Letztentscheidungsmöglichkeit in Bezug auf zu treffende finanzielle Dispositionen lag damit gerade nicht beim Kläger. Dem entsprechen auch die weiteren, sowohl durch den Kläger als auch durch C.S. in der mündlichen Verhandlung des SG getätigten Äußerungen, man habe mit C.S. einen (im Gegensatz zu mehreren) starken Mann nach außen präsentieren wollen, der die Gesellschaft im Rahmen von Verhandlungen (insbesondere gegenüber den Banken) habe vertreten sollen. Dies impliziert, dass der Kläger aus gesellschaftsrechtlicher Sicht gerade nicht der „starke Mann“ sein sollte, der die Gesellschaft nach außen in rechtsverbindlicher Weise repräsentiert. Dem entspricht im Übrigen auch die Aussage des C.S., der Kläger selbst habe geäußert, es dürfe „nicht mehr Häuptlinge als Indianer“ geben mit der Folge, dass der Kläger auf die Geschäftsführerposition verzichtet habe. Dies bringt eine Hierarchie auch in der gelebten Praxis zum Ausdruck, derzufolge der Kläger eben (nur) fachlich die Geschicke der Gesellschaft bestimmt hat und weiterhin bestimmt, dass aber die entscheidende Außenwirkung und die dafür erforderlichen rechtlichen Möglichkeiten zur Steuerung der gesellschaftlichen Geschicke letztlich nicht in seiner Hand liegen sollten. Dass diese Struktur im Übrigen auch tatsächlich beabsichtigt war, dass also die vertragliche Ausgestaltung der rechtlichen Befugnisse des Klägers eben nicht nur aus bloßer rechtlicher Unkenntnis, sondern bewusst gewählt erfolgte, offenbart sich aus Sicht des Senats eindrücklich anhand der gerade gänzlich anders konzipierten rechtlichen Stellung des Klägers in der S. GmbH. Der Kläger ist dort Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Stammkapitalanteil von 50 % und nimmt damit im Tochterunternehmen der Beigeladenen gerade diejenige Stellung ein, die ihm bei der Beigeladenen nicht eingeräumt ist.
42 
Dass der Kläger die Entwicklungsabteilung und die Abteilungen für Standardsoftware und Systemtechnik der Beigeladenen möglicherweise selbstständig leitete, ohne an Weisungen gebunden gewesen zu sein, führt nicht zu einer anderen Beurteilung der Gesamtverantwortlichkeit in der Beigeladenen. Es handelt sich hierbei - wie das SG zutreffend herausgearbeitet hat - um eine Eigenschaft, die eine leitende Stellung in der Regel mit sich bringt und die als solche nicht jeden leitenden Angestellten zu einem Unternehmer macht. Entsprechendes gilt für die Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis möglicherweise durch freundschaftliche Rücksichtnahme zwischen Kläger und Geschäftsführer gekennzeichnet war. Auch dies führt aus Sicht des Senats nicht zu einer Verschiebung im Firmengefüge, wie es im Gesellschafts- und Anstellungsvertrag eingerichtet ist. Dafür nämlich, dass der Kläger die Geschäfte der beigeladenen GmbH wie ein Alleingesellschafter nach eigenem Gutdünken geführt hat, bestehen aus Sicht des Senats gerade keinerlei Anhaltspunkte.
43 
Der Kläger trug in seiner Tätigkeit als Prokurist der Beigeladenen auch kein unternehmerisches Risiko. Ihm war ein Fixgehalt in einer Höhe zugesagt, die seinen Lebensunterhalt unter allen Umständen sichern konnte. Selbst wenn - z.B. in einer Krisensituation - die zusätzlich zugesagten erfolgsabhängigen Tantiemen nicht gezahlt worden wären, hätte der Kläger sein Fixgehalt in voller Höhe weiter bekommen. Der Anstellungsvertrag enthält keine Klauseln, nach denen der Kläger in seiner Position als Prokurist verpflichtet gewesen wäre, etwa im Falle einer wirtschaftlichen Krise Kapital in die Beigeladene zu schießen oder auf Teile seiner erfolgsunabhängigen Grundvergütung zu verzichten. Auch in seiner Rolle als Gesellschafter der Beigeladenen, die für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Stellung als Geschäftsführer allerdings nicht relevant ist, traf den Kläger kein signifikantes unternehmerisches Risiko. Der Gesellschaftsvertrag enthält keine Klauseln über eine Nachschusspflicht der Gesellschafter. Angesichts seines (früheren) geringfügigen Anteils am Stammkapital von 15 v.H. war auch die allgemeine Gefahr eines GmbH-Gesellschafters, in einer Krisensituation der Gesellschaft faktisch gezwungen zu sein, in erheblichem Umfang Kapital nachzuschießen, um etwa eine Insolvenz der Gesellschaft zu verhindern, eher gering.
44 
Mit Blick darauf tritt aus Sicht des Senats auch in den Hintergrund, dass der Kläger seine persönliche wirtschaftliche Situation möglicherweise ganz erheblich auch an den wirtschaftlichen Fortbestand der Beigeladenen geknüpft hat (vgl. entsprechend auch die Einschätzung im Urteil vom 15. August 2008 - L 4 KR 4577/06 - veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Der Senat hält - anders als vom Kläger vorgetragen - schon nicht für gänzlich ungewöhnlich, dass ein (wenn auch nur angestelltes) Mitglied der Geschäftsleitung seinem offenbar zeitweilig finanziell angeschlagenen Arbeitgeber Darlehen und persönliche Bürgschaften gewährt, um den Beschäftigungsbetrieb am Leben zu erhalten, und zwar umso mehr, wenn die vorübergehende finanzielle Bedrängnis offenbar auch auf einer vom Kläger fachlich angeratenen Übernahme einer Fremdfirma beruht. Wenn der Kläger in der Lage ist, der Beigeladenen Darlehen zu gewähren, verwundert es, dass diese Gelder nicht für den Erwerb von Gesellschaftsanteilen verwendet werden. Dies zeigt vielmehr erneut, dass eine größere Beteiligung des Klägers an der Beigeladenen nicht gewollt ist. Zudem geht der ganz überwiegende Anteil abgeschlossener Bürgschaftsverträge auf eine Zeit zurück, in welcher der Kläger noch gar nicht bei der Beigeladenen beschäftigt war, sondern lediglich eine Stellung als Gesellschafter (mit damals noch höherem Anteil am Stammkapital von 25%) innehatte. Lediglich zwei vom Kläger vorgelegte Bürgschaften datieren aus der Zeit nach seiner Anstellung bei der Beigeladenen und bringen mit einem Betrag von zusammen EUR 25.000,00 keinen insgesamt wirtschaftlich erheblichen faktischen Anteil an den Geschäften der Beigeladenen zum Ausdruck. Dem Vortrag, dass der Kläger jedenfalls faktisch so erheblichen Druck auf die Geschicke der Beigeladenen ausüben könne, dass diese - im Falle eines Streitfalls - von ihren rechtlichen Möglichkeiten keinen Gebrauch machen werde, vermag der Senat daher nicht zu folgen. Dies gilt umso mehr, als die Bürgschaftsverträge rechtswirksam zugunsten der Banken geschlossen worden sind und den Kläger auch in einem Streitfall mit der Beigeladenen rechtlich binden. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger sich in einem solchen Fall von den Verträgen lösen kann. Dem Kläger eröffnet sie daher allenfalls insoweit ein Druckmittel, als er androhen kann, zukünftig nicht mehr Selbstverpflichtungen dieser Art eingehen zu wollen. Dass er die Beigeladene demgegenüber kurzfristig durch Entziehung von Geldmitteln zu Fall bringen könnte, ergibt sich aus der finanziellen Selbstverpflichtung demgegenüber nicht. Dementsprechend können aus Sicht des Senats die übernommenen Bürgschaften - ebenso wenig im Übrigen wie das in entsprechender Höhe übernommene Darlehen von (nach den vorgelegten Unterlagen) derzeit unter EUR 20.000,00 - nicht dazu führen, dass die Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen als selbständige Beschäftigung zu qualifizieren ist. Selbst wenn sich im Falle einer Insolvenz der Beigeladenen für den Kläger deutliche finanzielle Einbußen auch in persönlicher Hinsicht ergeben, schlägt dadurch nicht die insgesamt vertraglich und tatsächlich als abhängige Beschäftigung ausgestaltete Prokuristentätigkeit des Klägers für die Beigeladene in eine selbständige unternehmerische Tätigkeit um.
45 
c) Wie die Beklagte zu Recht festgestellt hat, führte die abhängige Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung, nicht aber in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung. Bereits das im Anstellungsvertrag vom 15. Dezember 2005 vereinbarte anfängliche Fixgehalt des Klägers von EUR 5.300,00 brutto lag über den jeweiligen Jahresarbeitsentgeltgrenzen des § 6 SGB V. Es fehlen jegliche Anhaltspunkt, dass sich hieran im gesamten Streitzeitraum etwas geändert hat.
46 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der ursprüngliche Bescheid vom 17. September 2008 war teilweise rechtswidrig, weil er die Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung dem Grunde nach feststellte und damit zu Unrecht auch die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung. Unter Berücksichtigung des Anteils der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge an den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen erscheint es angemessen, die Beklagte zu verpflichten, ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Rechtszüge zu erstatten (vgl. entsprechend auch schon Urteil des erkennenden Senats vom 20. November 2009 - L 4 R 1540/08, veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de).
47 
Dass die Beklagte den geltenden gemachten Anspruch des Klägers auf Aufhebung der angegriffenen Bescheides hinsichtlich des Zeitraums ab dem 01. Januar 2008 anerkannt hat, führt aus Sicht des Senats nicht zu einer für den Kläger günstigeren Kostenquotelung. Der Kläger hat die Tatsache, dass er seit Januar 2008 gar nicht mehr für die Beigeladene tätig war, erst in der mündlichen Verhandlung des Senats und dies nur auf ausdrückliche Nachfrage vorgetragen, obwohl noch kurz zuvor durch den Senat hierzu eine schriftsätzliche Anfrage ergangen war. Der Beklagtenvertreter hat auf den neuen Vortrag hin sofort ein Teilanerkenntnis abgegeben. Es entspricht daher der Billigkeit, hier eine weitergehende Kostenerstattungspflicht zu verneinen (vgl. dazu Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 193 Rn. 12c m.w.N.)
48 
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.

Gründe

 
29 
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 51 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) abgewiesen. Der angegriffene Statusfeststellungsbescheid der Beklagten vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 und des Änderungsbescheides vom 11. Mai 2011 ist - soweit über sie im Berufungsverfahren noch zu entscheiden war (dazu sogleich) - rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht kein Anspruch auf die Feststellung zu, er sei vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 bei der Beigeladenen nicht abhängig beschäftigt. Vielmehr hat die Beklagte zu Recht ein solches abhängiges Beschäftigungsverhältnis mit Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung festgestellt.
30 
1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der angegriffene Statusfeststellungsbescheid der Beklagten vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 und des Änderungsbescheides vom 11. Mai 2011. Dieser Änderungsbescheid ist nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Der Änderungsbescheid hat den Bescheid vom 20. November 2006 abgeändert und nur noch festgestellt, dass der Kläger in der Renten- und Arbeitslosenversicherung auf Grund seiner abhängigen Beschäftigung bei der Beigeladenen versicherungspflichtig ist, nicht jedoch in der Kranken- und Pflegeversicherung wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze. Er hat dadurch die Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt, die der 12. Senat des BSG in seinen Urteilen vom 11. März 2009 (B 12 R 11/07 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 14 ff.) und vom 04. Juni 2009 (B 12 R 6/08 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 13 ff.) aufgestellt hat (so die st.Rspr. insbes. des Senats, vgl. etwa Urteil vom 09. November 2009 - L 4 R 1540/08 - veröffentlicht in www.sozialgerichtsbarkeit.de) und denen der Bescheid vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 nicht genügten. Über den Änderungsbescheid vom 11. Mai 2011 entscheidet der Senat auf Klage.
31 
Im Berufungsverfahren war nur noch über den Zeitraum vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 zu entscheiden. Dies folgt aus dem hinsichtlich des Zeitraums ab dem 01. Januar 2008 abgegebenen Teilanerkenntnis der Beklagten, mit welchem diese in der mündlichen Verhandlung des Senats ihren Bescheid vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2008 sowie den Bescheid vom 11. Mai 2011, jeweils soweit sie den Zeitraum ab den 01. Januar 2008 betreffen, aufgehoben hat. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger mit insoweit prozessbeendender Wirkung (§101 Abs. 2 SGG) in der mündlichen Verhandlung des Senats angenommen. Diese Verfahrensweise wird aus Sicht des Senats im Übrigen auch der Entwicklung des Standverhalts gerecht. Der Kläger ist nämlich seit dem 01. Januar 2008 allein für die S. GmbH tätig. Dies ergibt sich aus den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Senats, dass er seit 01. Januar 2008 nicht mehr für die Beigeladene tätig ist. Bestätigt wird dies durch die im Berufungsverfahren vorgelegten Lohn-/Gehaltsabrechnungen für die Zeit von Mai 2008 bis April 2010 (Bl. 51/73). In diesen ist als Arbeitgeber die S. GmbH genannt. Der Kläger bezieht eine Vergütung auch allein von der S. GmbH.
32 
2. Die Beklagte war zur Entscheidung über den Antrag des Klägers berufen. Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten - in der Regel der Dienstgeber und der Dienstnehmer - schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Für eine solche Statusfeststellung ist nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV die Beklagte zuständig, nicht die nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV zur Entscheidung berufene Einzugsstelle. Einen solchen Antrag auf Statusfeststellung hatte die Beigeladene am 28. Dezember 2005 bei der Beklagten gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.
33 
3. Der Kläger war vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 bei der Beigeladenen beschäftigt und als Beschäftigter versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung, jedoch nicht in der gesetzlichen Kranken- und in der sozialen Pflegeversicherung.
34 
a) Im Rahmen einer Statusfeststellung nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV darf sich die Beklagte nicht darauf beschränken, eine abhängige Beschäftigung oder zusätzlich eine daraus folgende Versicherungspflicht "dem Grunde nach" festzustellen. Dies käme einer unzulässigen Elementenfeststellung gleich. Die Beklagte muss vielmehr, um einen Lebenssachverhalt zum Rechtsbegriff der abhängigen Beschäftigung zuzuordnen, das konkrete Rechtsverhältnis bezeichnen, an das sozialrechtlich angeknüpft werden soll, auch Aussagen darüber treffen, in welchen Zweigen der Sozialversicherung die festgestellte Beschäftigung im jeweiligen Feststellungszeitraum zur Sozialversicherung geführt hat. Dies hat das BSG in seinen Urteilen vom 11. März 2009 (B 12 R 11/07 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 14 ff.) und vom 04. Juni 2009 (B 12 R 6/08 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 13 ff.) ergänzend zu seiner früheren Rechtsprechung entschieden.
35 
Versicherungspflichtig in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sind gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 22. Juni 2005 - B 12 KR 28/03 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 5 m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7).
36 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 08. August 1990 - 11 RAr 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; Urteil vom 08. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 - SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 01. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 - BSGE 45, 199, 200 ff.; Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 - R BSGE 87, 53, 56; jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 Rdnr. 18).
37 
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Das BSG hat insoweit mehrmals entschieden, dass eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft selbst im Rahmen einer Geschäftsführertätigkeit nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen ist. Beim am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführern ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenen Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, hat das BSG dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; SozR 4-2400 § 7 Nr. 1). Vergleichbares gilt auch bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität verfügen (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1). Auch für diesen Personenkreis ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor. Eine Sperrminorität in diesem Sinne liegt dann vor, wenn der Gesellschafter nach dem Gesetz und den Abreden des Gesellschaftsvertrags Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könnte (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 S 13; BSG NJW 1994, 2974). Dagegen liegt kein maßgeblicher gesellschaftsrechtlicher Einfluss - und damit in der Regel eine Stellung als Beschäftigter - vor, wenn der Geschäftsführer-Gesellschafter so wesentliche Entscheidungen wie die Auflösung der Gesellschaft, die operative Neuausrichtung oder seine eigene Abberufung bzw. Entlassung nicht verhindern kann. Bei Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung ist eine abhängigen Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen anzunehmen. Ein solcher Ausnahmefall kann beispielsweise bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die beispielsweise dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG Urteil vom 08. Dezember 1987 - 7 RAr 25/86 -, veröffentlicht in juris).
38 
b) Gemessen an diesen Maßstäben ist die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 als abhängiges Beschäftigungsverhältnis einzustufen.
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Ganz maßgeblich ist für den Senat insoweit in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zunächst die Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Befugnisse des Klägers. Der Kläger verfügt in seiner Eigenschaft als Gesellschafter nicht über eine allgemeine Sperrminorität am Stammkapital der Beigeladenen. Schon vor dem hier maßgeblichen Zeitraum ab dem 01. Januar 2006 war der Kläger nur mit 25% am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt. Zu Ende Dezember 2005 wurde dieser Anteil aber sogar noch erheblich auf nur 15% abgesenkt, zwischenzeitlich wieder auf 20% angehoben. Der Kläger hielt damit, als die Beigeladene noch vier Gesellschafter hatte, über einen längeren und insbesondere den hier streitgegenständlichen Zeitraum den geringsten Anteil aller vier Gesellschafter am Kapital und konnte Gesellschafterbeschlüsse, die mit einer einfachen Mehrheit des anwesenden Stammkapitals gefasst werden müssen (§ 6 Nr. 11 des Gesellschaftsvertrags), bei weitem nicht verhindern. Dies galt insbesondere für seine Abberufung als Prokurist oder die Kündigung seines Anstellungsvertrags. In seiner Funktion als Prokurist der Beigeladenen war der Kläger überdies - ausweislich § 5 des Gesellschaftsvertrags - nicht einmal mitvertretungsberechtigt. Da nur C.S. als Alleingeschäftsführer der Gesellschaft bestellt war und ist, konnte und kann nur er die Gesellschaft im Außenverhältnis rechtswirksam vertreten. Die Funktion des Klägers innerhalb der Beigeladenen bringt daher deutlich zum Ausdruck, dass der Kläger zwar - was der Senat nicht in Zweifel zieht - eine fachlich bedeutsame Stellung innerhalb der Firma einnehmen mag, er jedoch aus gesellschaftsrechtlicher Sicht keinerlei Befugnisse innehielt, die es ihm erlaubten, die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich mitzulenken. Die Position des Klägers unterschied sich qualitativ nicht wesentlich von derjenigen Leitender Angestellter, die unter dem Anreiz einer möglichen Steigerung der eigenen Bezüge sich für die Prosperität des Unternehmens einsetzen und im Übrigen auch unternehmerische (Teil-)Aufgaben wahrzunehmen haben (§ 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz, vgl. Bundesarbeitsgericht - BAG - NJW 2010, 2746).
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Gerade dies wird auch durch den Anstellungsvertrag des Klägers mit der Beigeladenen vom 15. Dezember 2005 zum Ausdruck gebracht. Auch dieser zeigt deutlich das Bild einer abhängigen Beschäftigung. In ihm haben der Kläger und die Beigeladene u.a. vereinbart, dass der Arbeitgeber (also die Beigeladene) sich vorbehält, dem Kläger kurzfristig eine andere zumutbare Tätigkeit zuzuweisen, zudem Einigkeit darüber besteht, dass dem Kläger kurzfristig aus dringenden betrieblichen Gründen auch geringwertigere Tätigkeiten zugewiesen werden können, und die Tätigkeit durch eine konkrete Stellenbeschreibung jederzeit im Einzelnen konkretisiert werden kann. Weiterhin haben die Beigeladene und der Kläger in dem Vertrag ein festes Gehalt, eine sechswöchige Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle und einen Mindest-Urlaubsanspruch von 24 Tagen im Jahr vereinbart. Die Vereinbarungen des Anstellungsvertrags entsprechen nahezu vollständig jenen, die im Arbeitsleben für abhängige Beschäftigungsverhältnisse üblich sind. Es fehlt an tatsächlichen Anhaltspunkten dafür, dass die entsprechenden Willenserklärungen zu dem Anstellungsvertrag rechtlich nicht ernst gemeint (§ 118 BGB) oder unter den rechtlichen Voraussetzungen eines Scheingeschäfts (§ 117 BGB) abgegeben worden wären. Es mag sein, dass für den Abschluss des Anstellungsvertrags andere als sozialversicherungsrechtliche Gründe maßgebend waren. Dies erfordert es aber nicht, sie bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung außer Betracht zu lassen. Denn es unterliegt nicht der Disposition des Klägers, die Wirkungen eines wirksamen Vertrags nach Maßgabe seiner Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken (vgl. hierzu BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7). Umgekehrt gilt vielmehr, dass dann, wenn eine vertragliche Gestaltung durch zwingende gesetzliche Regelungen vorgegeben ist, davon auszugehen ist, dass die tatsächlichen Verhältnisse hiervon nicht rechtserheblich abweichen und deshalb bei Beurteilung der Versicherungspflicht diese vertragliche Gestaltung auch rechtlich maßgebend ist (BSG, a.a.O.).
41 
Aus Sicht des Senats bilden gesellschaftsrechtliche und dienstvertragliche Ausgestaltung der Befugnisse überdies aber auch die Befugnisse innerhalb der beigeladenen GmbH ab, wie sie auch tatsächlich gelebt wurden und werden. Dabei stellt der Senat auch insoweit nicht in Abrede, dass dem Kläger die ganz wesentliche Gewichtung im Zusammenhang mit den zu treffenden fachlichen Fragen und Weichenstellung zukommen mag. Allerdings hat der Kläger im Rahmen seines Vorbringens selbst eingeräumt, dass seine Entscheidungen stets unter dem Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit standen, also noch einer abschließenden Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen wurden. Die Letztentscheidungsmöglichkeit in Bezug auf zu treffende finanzielle Dispositionen lag damit gerade nicht beim Kläger. Dem entsprechen auch die weiteren, sowohl durch den Kläger als auch durch C.S. in der mündlichen Verhandlung des SG getätigten Äußerungen, man habe mit C.S. einen (im Gegensatz zu mehreren) starken Mann nach außen präsentieren wollen, der die Gesellschaft im Rahmen von Verhandlungen (insbesondere gegenüber den Banken) habe vertreten sollen. Dies impliziert, dass der Kläger aus gesellschaftsrechtlicher Sicht gerade nicht der „starke Mann“ sein sollte, der die Gesellschaft nach außen in rechtsverbindlicher Weise repräsentiert. Dem entspricht im Übrigen auch die Aussage des C.S., der Kläger selbst habe geäußert, es dürfe „nicht mehr Häuptlinge als Indianer“ geben mit der Folge, dass der Kläger auf die Geschäftsführerposition verzichtet habe. Dies bringt eine Hierarchie auch in der gelebten Praxis zum Ausdruck, derzufolge der Kläger eben (nur) fachlich die Geschicke der Gesellschaft bestimmt hat und weiterhin bestimmt, dass aber die entscheidende Außenwirkung und die dafür erforderlichen rechtlichen Möglichkeiten zur Steuerung der gesellschaftlichen Geschicke letztlich nicht in seiner Hand liegen sollten. Dass diese Struktur im Übrigen auch tatsächlich beabsichtigt war, dass also die vertragliche Ausgestaltung der rechtlichen Befugnisse des Klägers eben nicht nur aus bloßer rechtlicher Unkenntnis, sondern bewusst gewählt erfolgte, offenbart sich aus Sicht des Senats eindrücklich anhand der gerade gänzlich anders konzipierten rechtlichen Stellung des Klägers in der S. GmbH. Der Kläger ist dort Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Stammkapitalanteil von 50 % und nimmt damit im Tochterunternehmen der Beigeladenen gerade diejenige Stellung ein, die ihm bei der Beigeladenen nicht eingeräumt ist.
42 
Dass der Kläger die Entwicklungsabteilung und die Abteilungen für Standardsoftware und Systemtechnik der Beigeladenen möglicherweise selbstständig leitete, ohne an Weisungen gebunden gewesen zu sein, führt nicht zu einer anderen Beurteilung der Gesamtverantwortlichkeit in der Beigeladenen. Es handelt sich hierbei - wie das SG zutreffend herausgearbeitet hat - um eine Eigenschaft, die eine leitende Stellung in der Regel mit sich bringt und die als solche nicht jeden leitenden Angestellten zu einem Unternehmer macht. Entsprechendes gilt für die Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis möglicherweise durch freundschaftliche Rücksichtnahme zwischen Kläger und Geschäftsführer gekennzeichnet war. Auch dies führt aus Sicht des Senats nicht zu einer Verschiebung im Firmengefüge, wie es im Gesellschafts- und Anstellungsvertrag eingerichtet ist. Dafür nämlich, dass der Kläger die Geschäfte der beigeladenen GmbH wie ein Alleingesellschafter nach eigenem Gutdünken geführt hat, bestehen aus Sicht des Senats gerade keinerlei Anhaltspunkte.
43 
Der Kläger trug in seiner Tätigkeit als Prokurist der Beigeladenen auch kein unternehmerisches Risiko. Ihm war ein Fixgehalt in einer Höhe zugesagt, die seinen Lebensunterhalt unter allen Umständen sichern konnte. Selbst wenn - z.B. in einer Krisensituation - die zusätzlich zugesagten erfolgsabhängigen Tantiemen nicht gezahlt worden wären, hätte der Kläger sein Fixgehalt in voller Höhe weiter bekommen. Der Anstellungsvertrag enthält keine Klauseln, nach denen der Kläger in seiner Position als Prokurist verpflichtet gewesen wäre, etwa im Falle einer wirtschaftlichen Krise Kapital in die Beigeladene zu schießen oder auf Teile seiner erfolgsunabhängigen Grundvergütung zu verzichten. Auch in seiner Rolle als Gesellschafter der Beigeladenen, die für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Stellung als Geschäftsführer allerdings nicht relevant ist, traf den Kläger kein signifikantes unternehmerisches Risiko. Der Gesellschaftsvertrag enthält keine Klauseln über eine Nachschusspflicht der Gesellschafter. Angesichts seines (früheren) geringfügigen Anteils am Stammkapital von 15 v.H. war auch die allgemeine Gefahr eines GmbH-Gesellschafters, in einer Krisensituation der Gesellschaft faktisch gezwungen zu sein, in erheblichem Umfang Kapital nachzuschießen, um etwa eine Insolvenz der Gesellschaft zu verhindern, eher gering.
44 
Mit Blick darauf tritt aus Sicht des Senats auch in den Hintergrund, dass der Kläger seine persönliche wirtschaftliche Situation möglicherweise ganz erheblich auch an den wirtschaftlichen Fortbestand der Beigeladenen geknüpft hat (vgl. entsprechend auch die Einschätzung im Urteil vom 15. August 2008 - L 4 KR 4577/06 - veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Der Senat hält - anders als vom Kläger vorgetragen - schon nicht für gänzlich ungewöhnlich, dass ein (wenn auch nur angestelltes) Mitglied der Geschäftsleitung seinem offenbar zeitweilig finanziell angeschlagenen Arbeitgeber Darlehen und persönliche Bürgschaften gewährt, um den Beschäftigungsbetrieb am Leben zu erhalten, und zwar umso mehr, wenn die vorübergehende finanzielle Bedrängnis offenbar auch auf einer vom Kläger fachlich angeratenen Übernahme einer Fremdfirma beruht. Wenn der Kläger in der Lage ist, der Beigeladenen Darlehen zu gewähren, verwundert es, dass diese Gelder nicht für den Erwerb von Gesellschaftsanteilen verwendet werden. Dies zeigt vielmehr erneut, dass eine größere Beteiligung des Klägers an der Beigeladenen nicht gewollt ist. Zudem geht der ganz überwiegende Anteil abgeschlossener Bürgschaftsverträge auf eine Zeit zurück, in welcher der Kläger noch gar nicht bei der Beigeladenen beschäftigt war, sondern lediglich eine Stellung als Gesellschafter (mit damals noch höherem Anteil am Stammkapital von 25%) innehatte. Lediglich zwei vom Kläger vorgelegte Bürgschaften datieren aus der Zeit nach seiner Anstellung bei der Beigeladenen und bringen mit einem Betrag von zusammen EUR 25.000,00 keinen insgesamt wirtschaftlich erheblichen faktischen Anteil an den Geschäften der Beigeladenen zum Ausdruck. Dem Vortrag, dass der Kläger jedenfalls faktisch so erheblichen Druck auf die Geschicke der Beigeladenen ausüben könne, dass diese - im Falle eines Streitfalls - von ihren rechtlichen Möglichkeiten keinen Gebrauch machen werde, vermag der Senat daher nicht zu folgen. Dies gilt umso mehr, als die Bürgschaftsverträge rechtswirksam zugunsten der Banken geschlossen worden sind und den Kläger auch in einem Streitfall mit der Beigeladenen rechtlich binden. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger sich in einem solchen Fall von den Verträgen lösen kann. Dem Kläger eröffnet sie daher allenfalls insoweit ein Druckmittel, als er androhen kann, zukünftig nicht mehr Selbstverpflichtungen dieser Art eingehen zu wollen. Dass er die Beigeladene demgegenüber kurzfristig durch Entziehung von Geldmitteln zu Fall bringen könnte, ergibt sich aus der finanziellen Selbstverpflichtung demgegenüber nicht. Dementsprechend können aus Sicht des Senats die übernommenen Bürgschaften - ebenso wenig im Übrigen wie das in entsprechender Höhe übernommene Darlehen von (nach den vorgelegten Unterlagen) derzeit unter EUR 20.000,00 - nicht dazu führen, dass die Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen als selbständige Beschäftigung zu qualifizieren ist. Selbst wenn sich im Falle einer Insolvenz der Beigeladenen für den Kläger deutliche finanzielle Einbußen auch in persönlicher Hinsicht ergeben, schlägt dadurch nicht die insgesamt vertraglich und tatsächlich als abhängige Beschäftigung ausgestaltete Prokuristentätigkeit des Klägers für die Beigeladene in eine selbständige unternehmerische Tätigkeit um.
45 
c) Wie die Beklagte zu Recht festgestellt hat, führte die abhängige Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung, nicht aber in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung. Bereits das im Anstellungsvertrag vom 15. Dezember 2005 vereinbarte anfängliche Fixgehalt des Klägers von EUR 5.300,00 brutto lag über den jeweiligen Jahresarbeitsentgeltgrenzen des § 6 SGB V. Es fehlen jegliche Anhaltspunkt, dass sich hieran im gesamten Streitzeitraum etwas geändert hat.
46 
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der ursprüngliche Bescheid vom 17. September 2008 war teilweise rechtswidrig, weil er die Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung dem Grunde nach feststellte und damit zu Unrecht auch die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung. Unter Berücksichtigung des Anteils der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge an den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen erscheint es angemessen, die Beklagte zu verpflichten, ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Rechtszüge zu erstatten (vgl. entsprechend auch schon Urteil des erkennenden Senats vom 20. November 2009 - L 4 R 1540/08, veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de).
47 
Dass die Beklagte den geltenden gemachten Anspruch des Klägers auf Aufhebung der angegriffenen Bescheides hinsichtlich des Zeitraums ab dem 01. Januar 2008 anerkannt hat, führt aus Sicht des Senats nicht zu einer für den Kläger günstigeren Kostenquotelung. Der Kläger hat die Tatsache, dass er seit Januar 2008 gar nicht mehr für die Beigeladene tätig war, erst in der mündlichen Verhandlung des Senats und dies nur auf ausdrückliche Nachfrage vorgetragen, obwohl noch kurz zuvor durch den Senat hierzu eine schriftsätzliche Anfrage ergangen war. Der Beklagtenvertreter hat auf den neuen Vortrag hin sofort ein Teilanerkenntnis abgegeben. Es entspricht daher der Billigkeit, hier eine weitergehende Kostenerstattungspflicht zu verneinen (vgl. dazu Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 193 Rn. 12c m.w.N.)
48 
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.

Tenor

Auf die Revision der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufgehoben, soweit es die Feststellung der Rentenversicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 betrifft.

In diesem Umfang wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu erstatten. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 als Beschäftigter in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) versicherungspflichtig war.

2

Der am 1961 geborene Kläger arbeitete aufgrund eines Anstellungsvertrags vom 11.2.1986 zunächst als Schlosser und nach Ablegen der Meisterprüfung noch im selben Jahr als Betriebsleiter bei der Beigeladenen zu 1., einer GmbH mit dem Unternehmensgegenstand "Rührwerksbau". Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war bis zu seinem Tod am 11.5.2001 der Vater des Klägers. Die Geschäftsanteile erbte dessen Ehefrau; der Kläger wurde mit Dienstvertrag vom 31.8.2001 zum Geschäftsführer bestellt. Bereits am 30.4.1996 hatte der Vater des Klägers "gemäß § 48 Abs 2 GmbHG" folgende Niederschrift verfasst:

        

"… Aus gesundheitlichen Gründen werden meine Kinder S. und M. die Leitung des Unternehmens übernehmen. Mein Sohn wird aufgrund seiner beruflichen Fähigkeiten den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens übernehmen, meine Tochter den kaufmännischen Teil, aufgrund ihrer Ausbildung beim Steuerberater. Die entsprechenden Vollmachten werden beiden Kindern umgehend erteilt. Ab sofort nehmen die Kinder am betrieblichen Erfolg mit einer Gewinntantieme teil und sind vom Selbstkontrahierungsverbot befreit. Auf das Weisungsrecht meinerseits verzichte ich. Arbeits- und Urlaubszeit kann nach Lage der Gesellschaft frei bestimmt und gestaltet werden."

3

Der Kläger war bis 30.11.1999 Mitglied der beklagten Krankenkasse, seit 1.1.1996 aufgrund freiwilliger Versicherung. Nachdem eine neu gewählte Krankenkasse festgestellt hatte, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. für spätere Zeiträume nicht versicherungspflichtig in der RV und nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen sei, beantragte der Kläger mit Schreiben vom 14.9.2005 eine entsprechende Beurteilung auch für den (nun streitigen) Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 durch die Beklagte als Einzugsstelle. Diese stellte mit Bescheid vom 23.9.2005 und Widerspruchsbescheid vom 20.4.2006 fest, dass der Kläger in diesem Zeitraum bei der Beigeladenen zu 1. beschäftigt gewesen sei und der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe. Das SG hat die auf Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 26.11.2008).

4

Auf die Berufung des Klägers hat das LSG unter Aufhebung des Urteils des SG und der Bescheide der Beklagten festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. im streitigen Zeitraum nicht der Versicherungspflicht in der RV und Arbeitslosenversicherung unterlegen habe (Urteil vom 22.9.2010): Für eine Beschäftigung sprächen ua die fehlende Geschäftsführer- und Gesellschafterstellung des Klägers, die Vereinbarungen des Anstellungsvertrags und die begrenzte Befugnis des Klägers, die Geschicke "der Firma" rechtsverbindlich zu gestalten. Demgegenüber sprächen die tatsächlichen Verhältnisse gegen eine Beschäftigung. So habe sein Vater dem Kläger mit der Niederschrift vom 30.4.1996 unter Verzicht auf sein Weisungsrecht die Unternehmensleitung übertragen. Dadurch habe der Kläger zusammen mit seiner Schwester nach eigenem Gutdünken frei "schalten und walten" können. Durch Übernahme einer Bürgschaft über 100 000 DM habe er ein wirtschaftliches Risiko getragen und sei am Gewinn der Firma beteiligt gewesen. Er habe die alleinigen Branchenkenntnisse in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte gehabt, sei vom Selbstkontrahierungsverbot befreit gewesen und habe Kundengespräche geführt, Angebote eingeholt sowie Kalkulationen erstellt, ohne sich im Einzelnen mit seinem Vater abzusprechen. Diesen tatsächlichen Verhältnissen komme bei der rechtlichen Beurteilung Vorrang gegenüber den vertraglichen Regelungen zu.

5

Mit der allein vom ihm eingelegten Revision rügt der Rentenversicherungsträger (Beigeladene zu 2.) eine Divergenz zur Rechtsprechung des BSG seit dem Jahr 2006 (BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149; BSG Urteil vom 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 7), da das LSG sinngemäß den Rechtssatz aufgestellt habe, "dass eine im Widerspruch zu getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung der formellen Vereinbarung unabhängig von der rechtlichen Möglichkeit einer formlosen Abbedingung vorgehen bzw. auch dann, wenn eine formlose Abbedingung rechtlich nicht möglich ist". Das LSG habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger am Stammkapital der zu 1. beigeladenen GmbH nicht beteiligt gewesen sei und bezogen auf die Gesellschaft keinerlei "Rechtsmacht" besessen habe. Diese Rechtsmacht habe trotz des Verzichts auf ein Weisungsrecht bei dessen Vater, dem Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1., gelegen. Zudem habe der Kläger die Beigeladene zu 1. nicht wie ein Alleininhaber, sondern nur zusammen mit seiner Schwester geleitet.

6

Die Beigeladene zu 2. beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. September 2010 aufzuheben, soweit dieses unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 sowie des Bescheides der Beklagten vom 23. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2006 festgestellt hat, der Kläger habe in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 30. April 1996 bis 30. November 1999 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlegen,
ferner, insoweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 26. November 2008 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beigeladenen zu 2. zurückzuweisen.

8

Er verteidigt das angegriffene Urteil. Insbesondere sei mit der Niederschrift vom 30.4.1996 bereits die Bevollmächtigung beider Kinder durch ihren Vater erfolgt, der zugleich auf sein Weisungsrecht sowohl als Geschäftsführer wie auch als Gesellschafter verzichtet habe. Darauf, dass die Unternehmensleitung gemeinsam mit der - im Übrigen als nicht rentenversicherungspflichtig eingestuften - Schwester erfolgte, komme es nicht an.

9

Die Beklagte und die zu 3. beigeladene Bundesagentur für Arbeit schließen sich der Rechtsansicht der Beigeladenen zu 2. an, die Beigeladene zu 3. ohne einen Antrag zu stellen.

10

Die Beigeladene zu 1. äußert sich nicht.

Entscheidungsgründe

11

Die auf die angefochtene Feststellung von Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV im Zeitraum 30.4.1996 bis 30.11.1999 beschränkte Revision der Beigeladenen zu 2. ist zulässig und begründet. Bescheid und Widerspruchsbescheid der Beklagten sind bezogen darauf rechtmäßig. Daher ist das Urteil des LSG in diesem Umfang aufzuheben und die Berufung des Klägers insoweit zurückzuweisen.

12

1. Obwohl die Beigeladene zu 2. in der Revisionsbegründung entgegen § 164 Abs 2 S 3 SGG keine Rechtsnorm ausdrücklich bezeichnet hat, die sie durch das Urteil des LSG als verletzt ansieht, ist die Revision noch zulässig. Denn es reicht aus, wenn sich aus dem Inhalt der Darlegungen des Revisionsklägers ergibt, dass er sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung rechtlich auseinandergesetzt hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (vgl BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 2 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 164 RdNr 9c, 11 mwN). Vorliegend lässt das Revisionsvorbringen noch hinreichend deutlich erkennen, dass die Beigeladene zu 2. die Auffassung des LSG angreift, bei der Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit komme den tatsächlichen Verhältnissen generell Vorrang gegenüber den gesellschafts- und arbeitsvertraglichen Regelungen zu, und dass sie dadurch § 7 Abs 1 SGB IV als verletzt ansieht.

13

2. Die Revision der Beigeladenen zu 2. ist auch begründet.

14

Zu Unrecht hat das LSG hier die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen RV verneint und die Bescheide der Beklagten sowie das SG-Urteil insoweit aufgehoben. Dabei ist das LSG zunächst zutreffend von den in der Rechtsprechung des BSG zum Tatbestand der Beschäftigung aufgestellten Rechtssätzen ausgegangen; es hat jedoch die jüngere Rechtsprechung zum Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den vertraglichen Vereinbarungen nicht hinreichend berücksichtigt (hierzu a). Wiederum zutreffend hat das LSG eine Tätigkeit in einem fremden Betrieb vorausgesetzt und den "Anstellungsvertrag" des Klägers zum Ausgangspunkt der weiteren Prüfung und seiner Tatsachenfeststellungen gemacht (hierzu b). Im Ergebnis keinen Bestand haben indes die hierauf aufbauende rechtliche Würdigung des LSG sowie seine davon ausgehende Bewertung des Gesamtbildes der Erwerbstätigkeit (hierzu c). Dabei steht der Einordnung der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. als (abhängige) Beschäftigung die Rechtsprechung des BSG zur Tätigkeit in Familiengesellschaften nicht entgegen (hierzu d).

15

a) In den Jahren 1996 bis 1999, die hier in Streit stehen, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der RV der Versicherungspflicht (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI; ab 1.1.1998 idF durch Gesetz vom 24.3.1997, BGBl I 594). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).

16

Zutreffend weist die Beigeladene zu 2. in ihrer Revisionsbegründung darauf hin, dass zur Feststellung des Gesamtbilds den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zukommt. Zwar hat der Senat noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5 RdNr 7) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat er diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert (insbesondere BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; ebenso Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f): Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist. Hieran hat der Senat seither festgehalten (vgl BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R - USK 2009-25; BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-25).

17

Der vorliegende Fall bietet keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzurücken: Die tatsächlichen Verhältnisse weichen hier zwar von den Regelungen des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. geschlossenen Anstellungsvertrags ab, jedoch führt dies mit Blick auf die Frage des Vorliegens einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit zu keinem anderen Ergebnis (hierzu unten c). Daher kommt es auch nicht darauf an, dass das LSG keine Feststellungen dazu getroffen hat, unter welchen Voraussetzungen die Bestimmungen des Anstellungsvertrags überhaupt abdingbar waren.

18

b) Die dargestellten Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall anzuwenden, denn der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw Unternehmensinhaberin war die Beigeladene zu 1., die als GmbH juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen (hierzu vgl nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 21 mwN)und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss.

19

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der "Anstellungsvertrag" vom 11.2.1986, der deren Vertragsverhältnis zunächst ausschließlich bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der Bezeichnung als auch nach seinem vom LSG - lückenhaft - festgestellten Inhalt - regelmäßiges Entgelt, feste wöchentliche Arbeitszeit, Urlaubsansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Nach abgelegter Meisterprüfung wurde der Kläger sodann als Betriebsleiter eingesetzt; hiermit evtl verbundene rechtlich relevante Änderungen des schriftlichen "Anstellungsvertrags" hat das LSG aber ebenso wenig festgestellt, wie es Feststellungen zur Frage dafür einzuhaltender möglicher Formerfordernisse bei Vertragsänderungen getroffen hat.

20

Eine weitere Änderung der Stellung des Klägers erfolgte aufgrund der als Gesellschafterbeschluss (§ 48 GmbHG) auszulegenden Niederschrift seines Vaters vom 30.4.1996 mit der Übertragung der "Leitung" des technischen und gewerblichen Bereichs der GmbH an ihn. Dieser Beschluss enthielt gleichzeitig eine Befreiung des Klägers vom Selbstkontrahierungsverbot und einen Verzicht seines Vater - des Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers der Beigeladenen zu 1. - auf ein Weisungsrecht gegenüber dem Kläger. Zudem wurde dem Kläger eine Gewinntantieme zugesagt und das Recht eingeräumt, über seine eigene Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Den insoweit nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass dies auch der betrieblichen Praxis entsprach. So führte der Kläger fortan die Kundengespräche, holte Angebote ein und stellte Kalkulationen auf, ohne im Einzelnen Rücksprache mit seinem Vater zu nehmen. Der Kläger war Ansprechpartner für Kunden und für Mitarbeiter. Zumindest einen Mitarbeiter stellte er ein, wenn auch der Arbeitsvertrag auf Seiten der Beigeladenen zu 1. vom Vater des Klägers unterschrieben wurde. Der Vater hatte sich - obwohl täglich im Betrieb anwesend - nach den Feststellungen des LSG "nicht mehr eingemischt" und nahm auch auf die Einstellung von Personal keinen Einfluss mehr.

21

Offenbleiben kann vorliegend, ob die in der Niederschrift des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 erwähnten Vollmachten für den Kläger zu diesem Zeitpunkt oder später tatsächlich erteilt wurden und ob die Beigeladene zu 2. insoweit eine zulässige Sachrüge erhoben hat. Denn auch für den Fall, dass dem Kläger die zur Leitung des technischen und gewerblichen Teils der Beigeladenen zu 1. erforderlichen Vollmachten erteilt wurden, tragen die vom LSG festgestellten Umstände nicht dessen rechtlichen Schluss, dass sich mit der Niederschrift vom 30.4.1996 der Charakter der vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. dahingehend wandelte, dass der Kläger nunmehr selbstständig tätig sein sollte.

22

c) Der Kläger erbrachte seine Dienste für die Beigeladene zu 1. auch in der Zeit vom 30.4.1996 bis 30.11.1999 im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung.

23

Eine Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. - etwa in Form eines freien Dienstverhältnisses - ergibt sich nicht daraus, dass der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1. durch Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 auf "das Weisungsrecht" gegenüber dem Kläger verzichtete und diesem das Recht einräumte, seine Arbeits- und Urlaubszeit "nach Lage der Gesellschaft" frei zu bestimmen. Zwar unterlag der Kläger dadurch nicht mehr umfassend einem Weisungsrecht seines Arbeitgebers - handelnd durch den weiterhin allein als Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH im Handelsregister eingetragenen Vater - hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung seiner Tätigkeit. Jedoch werden gerade höhere Dienste dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (stRspr seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr 2 zu § 2 AVG; in jüngerer Zeit zB BSG SozR 3-2940 § 3 Nr 2 S 9 mwN; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 80; vgl - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 R 17/09 R - USK 2011-125, Juris RdNr 22; vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der RV und Arbeitslosenversicherung (§ 1 S 4 SGB VI sowie § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr 48 S 125; SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 66 f; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3, RdNr 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6, RdNr 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nämlich nicht schon zu einem Selbstständigen, selbst wenn andere Betriebsangehörige den Betroffenen bisweilen als "Chef" betrachten mögen (wie das LSG im vorliegenden Fall anhand der Aussage des Zeugen R. festgestellt hat).

24

Eine solche noch dem Typus der Beschäftigung zuzuordnende Eingliederung in eine vorgegebene Ordnung des Betriebes bestand bei dem Kläger auch nach dem 30.4.1996. Durch den Gesellschafterbeschluss erlangte er die Stellung eines Angestellten, der nach den Feststellungen des LSG auch in der betrieblichen Praxis den technischen und gewerblichen Teil der Beigeladenen zu 1. mit "entsprechenden Vollmachten" eigenverantwortlich zu leiten hatte. Dennoch blieb der Kläger weiterhin in die durch die Beigeladene zu 1. bzw ihren gesellschaftsrechtlich maßgebenden Geschäftsführer (= Vater des Klägers) vorgegebene Organisation eingebunden, da seine Leitungsmacht nur auf einen bestimmten Unternehmensteil beschränkt war, während die Leitung des kaufmännischen Teils der Beigeladenen zu 1. ausschließlich seiner Schwester oblag. Die Vollmacht, diese Entscheidung zur konkreten Ausgestaltung der betrieblichen Organisation auf der Leitungsebene zu ändern, besaß der Kläger nicht. Selbst innerhalb des ihm zugewiesenen Zuständigkeitsbereichs war seine Vertretungsbefugnis rechtlich zwingend auf den Umfang einer rechtsgeschäftlichen Handlungsvollmacht iS von § 54 Handelsgesetzbuch (HGB) begrenzt, die sich zwar auf sämtliche Geschäfte erstreckt, die in einem Geschäftsbetrieb üblich sind, die jedoch nicht auf eine unmittelbare Vertretung der Gesellschaft, sondern lediglich auf ein (rechtlich nachgeordnetes) Handeln in Vollmacht des Geschäftsführers gerichtet war(BGH Urteil vom 20.10.2008 - II ZR 107/07 - NJW 2009, 293, 294 mwN). Schon von Gesetzes wegen (§ 54 Abs 2 HGB) waren jedenfalls die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, die Aufnahme von Darlehen und die Prozessführung von der Bevollmächtigung ausgenommen. Die anderenfalls notwendige besondere Erteilung der Vollmacht auch für diese Befugnisse hat das LSG nicht festgestellt. Darüber hinaus unterlag der Kläger selbst in dem ihm danach zugewiesenen eingeschränkten Vollmachtsrahmen zwingend der Kontrolle des GmbH-Geschäftsführers (vgl zu dessen Stellung allgemein zB Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 19. Aufl 2010, § 35 RdNr 76 mwN). Soweit der Vater des Klägers in seiner Funktion als Alleingeschäftsführer der Beigeladenen zu 1. diese Kontrolle tatsächlich nicht oder nur sehr eingeschränkt ausübte, etwa weil - wie das LSG herausstellt - er sich darauf verließ, dass der Kläger die einzelnen Aufträge ordnungsgemäß einholte und durchführte, ist dies für die hier vorzunehmende Abgrenzung ebenso unbeachtlich, wie ein auch die zur Ausübung dieser Kontrolle notwendigen Weisungen umfassender Verzicht auf das Weisungsrecht, denn insoweit wären die Grenzen des rechtlich Zulässigen überschritten (hierzu bereits oben a). Im Übrigen deutet sogar die Feststellung des LSG, der Zeuge R. sei "von dem Kläger eingestellt worden", den Arbeitsvertrag habe jedoch der Vater unterschrieben, darauf hin, dass die dem Kläger erteilten Vollmachten auch in der betrieblichen Praxis nicht umfassend, sondern begrenzt waren.

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Der Kläger hatte auch weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl hierzu allgemein zB BSGE 66, 69 = SozR 4100 § 104 Nr 19; SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 13 f; aus jüngerer Zeit BSG <12. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 28 und<11a. Senat> SozR 4-2400 § 7 Nr 8 RdNr 15, jeweils mwN). Hierzu fehlte es bereits an einer Beteiligung des Klägers am Stammkapital der Beigeladenen zu 1. Gleichzeitig blieb seine Position innerhalb des Unternehmens ohnehin deutlich hinter der organschaftlich begründeten Stellung eines Geschäftsführers - als solcher wurde er trotz der vorgenommenen Änderungen (weiterhin) nicht bestellt, sondern erst nach dem Tod des Vaters Ende August 2001 - zurück. Bereits aufgrund einer solchen Unterordnung unter den Geschäftsführer ist regelmäßig von einer Beschäftigung auszugehen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 57; BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448 S 253).

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Eine Vergleichbarkeit des Klägers mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG auch solche Einflussmöglichkeiten zu beachten, soweit sie einem Geschäftsführer selbst gegenüber der Gesellschaft zur Verfügung stehen (zu einem - im Ergebnis nicht ausreichenden - der Gesellschaft gewährten Darlehen: BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 17 f), doch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die am 5.2.1994 für die Beigeladene zu 1. übernommene Bürgschaft des Klägers über 100 000 DM ihm eine solche Einflussnahme ermöglichte. Aus diesem Grunde war der durch den Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 erfolgte, in seinem Umfang ohnehin begrenzte Verzicht auf das Weisungsrecht nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich im Konfliktfall jederzeit widerrufbar, ohne dass der Kläger dieses hätte verhindern können.

27

Für eine fortbestehende Eingliederung in eine vorgegebene betriebliche Ordnung trotz des - wie aufgezeigt - begrenzten Verzichts auf ein Weisungsrecht spricht auch die im Gesellschafterbeschluss vom 30.4.1996 festgelegte Bindung der vom Kläger im Übrigen frei selbst zu bestimmenden Arbeits- und Urlaubszeit an die "Lage der Gesellschaft" (in diesem Sinne zur Bindung der Urlaubsplanung an die Bedürfnisse der Geschäftsführung BSG SozR 3-2200 § 723 Nr 4 S 17). Dass der Kläger im Rahmen der ihm erteilten begrenzten Vollmachten vom Selbstkontrahierungsverbot befreit war, spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer einer kleineren GmbH bereits entschieden hat (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 1, RdNr 11 und Nr 8 RdNr 17)- nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.

28

Ebenso hat das BSG bereits entschieden, dass die Gewährung einer Tantieme als solche nicht genügt, um eine Beschäftigung auszuschließen (vgl BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53). Bedeutung für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit kommt Tantiemen nur als (ein) Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen zu, das im Rahmen der Gesamtwürdigung Gewicht gewinnen kann, jedoch nicht allein entscheidend ist (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4 S 18 mwN). Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist (vgl zB BSG SozR 2100 § 17 Nr 3; BSG Urteil vom 28.4.1982 - 12 RK 12/80 - Die Beiträge 1982, 382 = USK 8244), ist deren Gewicht für die hier im Vordergrund stehende Abgrenzung der Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis gegenüber einem selbstständigen Dienstverhältnis eher gering. Wie die Gewichtung beispielsweise bei einer Tätigkeit in einem Einzelunternehmen zu beurteilen ist, wenn die Tätigkeit im fremden oder im (auch) eigenen Betrieb in Frage steht, braucht hier nicht entschieden zu werden. Eine Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb scheidet hier bereits aufgrund der Rechtsform der Beigeladenen zu 1., einer GmbH, an deren Stammkapital der Kläger nicht beteiligt war, aus (vgl oben unter b). Daher ist es auch unschädlich, dass das LSG die konkrete Höhe der Tantieme und Anlass, zu sicherndes Risiko sowie Fortbestand der Bürgschaft während des streitigen Zeitraums nicht festgestellt hat und somit das Ausmaß des wirtschaftlichen Eigeninteresses des Klägers am Erfolg der Beigeladenen zu 1. nicht einmal genau feststeht.

29

Soweit das LSG im Hinblick auf die Bürgschaft über ein wirtschaftliches Eigeninteresse hinaus auch ein "typisches Unternehmerrisiko" des Klägers angenommen und als Indiz für eine Selbstständigkeit gewertet hat, erfasst es die Bedeutung dieses Merkmals im vorliegenden Kontext nicht zutreffend. So kann eine Bürgschaft wie die des Klägers für die Beigeladene zu 1., bei der er die hier streitige Tätigkeit ausübt, in erster Linie für die Abgrenzung einer Beschäftigung gegenüber einer durch "Mitunternehmerschaft" begründeten Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb von Bedeutung sein. Für die vorliegend vorzunehmende Zuordnung einer Tätigkeit in einem - wie oben dargelegt zweifellos - fremden Betrieb ist ihre Bedeutung jedoch gering. Denn diese Bürgschaft begründete kein mit der Tätigkeit - sei es als Beschäftigter oder selbstständiger Dienstverpflichteter - des Klägers bei der Beigeladenen zu 1. verbundenes Risiko. Es handelt sich nämlich nicht um einen mit den geschuldeten Diensten verbundenen Aufwand, weil die Bürgschaft für die Erfüllung der diesbezüglichen Pflichten nicht erforderlich war. Die Gründe für ihre Bestellung sind vielmehr außerhalb der Beschäftigung bzw des Dienstverhältnisses zu suchen (vgl hierzu allgemein Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 7 RdNr 153). Bezogen auf seine Tätigkeit hatte der Kläger gerade kein Unternehmerrisiko zu tragen; denn als Gegenleistung für seine Tätigkeit stand ihm nach den Feststellungen des LSG auch nach dem 30.4.1996 unabhängig vom wirtschaftlichen Ergebnis der Beigeladenen zu 1. ein Anspruch auf "die Zahlung eines regelmäßigen Entgeltes" zu, wie dies für Beschäftigte typisch ist. Bezogen auf die geschuldeten Dienste hatte der Kläger - wie jeder andere Beschäftigte auch - allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen.

30

d) Die Annahme von Selbstständigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. kann schließlich auch nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BSG zur Versicherungspflicht von in Familiengesellschaften verrichteten Tätigkeiten gestützt werden.

31

Das BSG hat in der Vergangenheit in seiner Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts - auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG Urteil vom 29.10.1986 - 7 RAr 43/85 - USK 86145; BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170; BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R - USK 9975; BSG SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG Urteil vom 28.1.1992 - 11 RAr 133/90 - USK 9201; BSG Urteil vom 11.2.1993 - 7 RAr 48/92 - USK 9347; im konkreten Fall abgelehnt: BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - USK 2007-53; umgekehrt allerdings : BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8 S 37). Ohne Geschäftsführerstellung hat der 12. Senat eine - nach den allgemeinen Grundsätzen eigentlich ausgeschlossene - selbstständige Tätigkeit für den Fall als gegeben erachtet, dass der in einer GmbH Tätige neben seinem Ehegatten alleiniger oder gleichberechtigter Gesellschafter der GmbH ist (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17). Dabei hat der Senat jedoch nicht auf eine familiäre Verbundenheit, sondern maßgebend auf die mit der Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht abgestellt (BSG, aaO, S 58, 60). Weitergehend hatte allerdings der 3. Senat bereits 1971 die Selbstständigkeit eines nicht zum (ggf weiteren) Geschäftsführer bestellten Minderheitsgesellschafters angenommen, weil dieser in der betrieblichen Praxis der mit ihm verheirateten Geschäftsführerin und Mehrheitsgesellschafterin vollständig gleichgestellt gewesen sei sowie sich faktisch als zweiter Geschäftsführer betätigt und neben der hauptamtlichen Geschäftsführerin die GmbH nach außen vertreten habe (BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; vgl auch BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - USK 9448). Noch darüber hinausgehend hat der 11. Senat des BSG eine selbstständige Tätigkeit sogar im Fall des - nicht an der GmbH beteiligten und nicht zum Geschäftsführer bestellten - Sohnes eines Allein-Gesellschafter-Geschäftsführers für möglich gehalten (BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1; in Abgrenzung zur familienhaften Mithilfe vgl aber BSG SozR Nr 22 zu § 165 RVO). Dabei ist der 11. Senat davon ausgegangen, dass für einen Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine Ausnahme von der Beschäftigtenstellung in Betracht komme, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten (BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - USK 87170). Diese Ausnahme solle - so der 11. Senat - auch gelten, wenn der Alleingesellschafter zugleich Alleingeschäftsführer ist und die Tätigkeit der faktischen Leitung des Betriebes formal auf der Ebene unter dem Geschäftsführer ausgeübt werde. Indessen lasse eine bloß "probeweise" Leitung des Betriebs durch den als Unternehmensnachfolger uU vorgesehenen Sohn eine (abhängige) Beschäftigung nicht entfallen. Wollten die Eltern, dass der Sohn den Betrieb in der bisherigen Art fortführe, und erlaube es ihre Mitarbeit im Betrieb verbunden mit ihrer Rechtsstellung als Gesellschafter und Geschäftsführer, diesen Willen durchzusetzen, so habe für den Sohn die fremdbestimmte betriebliche Ordnung im Sinne einer Beschäftigung fortbestanden, auch wenn er sich innerhalb des durch die bisherige Betriebsführung vorgegebenen Rahmens frei bewegen durfte (BSGE 66, 168, 170 ff = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4 f; zu einer solchen Konstellation vgl auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 18.5.2010 - L 11 KR 1423/08).

32

Der Senat kann vorliegend offenlassen, ob der vom 11. Senat des BSG formulierten Rechtsauffassung (ggf modifiziert bzw auf gänzlich atypische Sonderfälle beschränkt) bezogen auf das Versicherungs- und Beitragsrecht gefolgt werden kann oder ob - wofür Einiges spricht - der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse, auf die auch der 11. Senat ausdrücklich hingewiesen hat, größere Bedeutung beizumessen ist. Für Letzteres spricht, dass entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer formal vorliegenden (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit ist, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde (kritisch aus diesem Grunde auch Segebrecht in jurisPK-SGB IV, aaO, § 7 RdNr 124). Eine solche "SchönwetterSelbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar. So hat das BSG in der Vergangenheit wiederholt darauf hingewiesen, dass es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann (vgl SozR Nr 6 zu § 168 RVO; SozR 2200 § 1228 Nr 1 S 2; SozR 2200 § 205 Nr 41 S 103; zuletzt Urteil des Senats vom 27.7.2011 - B 12 R 15/09 R - SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 16).

33

Auf die dargestellte Frage kommt es vorliegend nicht an, da die vom LSG festgestellten Tatsachen dessen Schlussfolgerung, der Kläger habe seit April 1996 die Geschäfte der Beigeladenen zu 1. "nach eigenem Gutdünken führen und frei schalten und walten" können (vgl dazu BSG <11. Senat> BSGE 66, 168, 171 = SozR 3-2400 § 7 Nr 1 S 4), nicht tragen. So hat das LSG seine Schlussfolgerung bereits selbst dahin eingeschränkt, dass der Kläger die Beigeladene zu 1. "mit seiner Schwester allein" geführt habe (Seite 15 des Urteils) bzw nur zusammen mit ihr habe führen können. In diesem Zusammenhang ist auch unerheblich, dass das LSG keine Feststellungen zum Umfang des Einvernehmens zwischen dem Kläger und seiner Schwester getroffen hat. Denn auch bei großzügiger Auslegung des Gesellschafterbeschlusses vom 30.4.1996 war die Leitungsmacht des Klägers ausschließlich auf "den technischen und gewerblichen Teil des Unternehmens" beschränkt. Nur die darauf bezogenen "entsprechenden Vollmachten" wurden erteilt oder sollten noch erteilt werden. Die Leitung der Beigeladenen zu 1. insgesamt war dem Kläger damit nicht übertragen worden. Auf Grundlage der Feststellungen des LSG kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger seine Schwester und den - wenn auch zunehmend nur noch der Form halber - weiterhin an der Unternehmensleitung mitwirkenden Vater derart dominiert hätte, dass nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Gesamtleitung der Beigeladenen zu 1. allein durch den Kläger vorgelegen hätte. Vielmehr hat auch das LSG alleinige Branchenkenntnisse des Klägers nicht in allumfassender Weise, sondern nur in dem von ihm geleiteten Teilbereich der Geschäfte festgestellt. Die Leitung des kaufmännischen Teils des Unternehmens hatte der Vater des Klägers gerade mit Rücksicht auf deren durch eine Ausbildung bei einem Steuerberater erworbenen Kenntnisse der Schwester des Klägers übertragen. Zudem verfügte der Vater des Klägers über langjährige Erfahrung in der Leitung des Gesamtunternehmens, die er als Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer bereits zu einem Zeitpunkt innehatte, bevor der Kläger die Meisterprüfung ablegte und zum Betriebsleiter bestellt wurde. Zugleich spricht der Umstand, dass der Kläger und seine Schwester trotz Übertragung bereichsbezogener Leitungsfunktionen und eines Verzichts des Vaters auf "das Weisungsrecht" nicht zu Geschäftsführern berufen wurden, dafür, dass sich der Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer eine Kontrolle und Letztentscheidungsbefugnis zumindest bezüglich grundlegender unternehmerischer Entscheidungen vorbehalten wollte. Nicht zuletzt spricht auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1. im Erbgang an die Mutter und nicht den Kläger und seine Schwester fiel, dafür, dass ihr Vater das Unternehmen trotz seiner fortschreitenden Krankheit jedenfalls während des hier zu beurteilenden Zeitraums noch nicht vollständig an seine Kinder übergeben hatte.

34

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Anteil der zu erstattenden Kosten entspricht dem Verhältnis der im streitigen Zeitraum für den Kläger zur gesetzlichen RV und zur Arbeitsförderung entrichteten Beiträge.

Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.06.2011 und der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008 abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Kläger vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) nicht der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung und vom 01.01.2006 bis 31.08.2010 auch nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in der Zeit vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 bei der Beigeladenen zu 1) sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Der 1957 geborene Kläger, der bei der A. Krankenversicherung krankenversichert ist und dessen letzte gesetzliche Krankenversicherung bei der Beklagten bestand, ist studierter Forstwirt. Im November 1984 erwarb er aufgrund seines Studiums der Forstwissenschaft an der Universität F. den akademischen Grad eines Diplom-Forstwirts (Prüfungszeugnis vom 13.11.1984). Er ist nach eigenen Angaben seit Juli 1985 bei der Beigeladenen zu 1) als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen zu 1) ist die Herstellung und der Vertrieb von Furnieren und Furnierkanten, sowie deren Import und Export. Sie wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 08.02.1982 mit Wirkung zum 15.03.1982 gegründet. Persönlich haftende Gesellschafter waren Herr H. Sch. und Herr A. G. der Vater des Klägers (Handelsregisterauszug des Amtsgerichts K, Blatt 1 HRB 103479). Später erwarb der Bruder des Klägers, Herr R. G. Gesellschaftsanteile. Gemäß dem geänderten Gesellschaftsvertrag vom 12.06.1995 werden Beschlüsse der Gesellschafter in Gesellschafterversammlungen mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften oder der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmen (§ 9 Nr 1 Satz 1). Die Anzahl der Stimmen des einzelnen Gesellschafters richtet sich dabei nach der Höhe des Gesellschaftsanteils. Die Änderung des Gesellschaftsvertrages sowie die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern bedarf der Zustimmung von 75 % der abgegebenen Stimmen (§ 9 Nr 3). Darüber hinaus zählt § 9 Nr 5 Handlungen der Geschäftsführung auf, die zuvor eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung bedürfen (ua Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken, Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern sowie die Aufnahme von Bankkrediten oder sonstigen langfristigen Darlehen, soweit es sich um Beträge im Einzelfall von mehr als „DM 100.000,00“ handelt). In diesem Zusammenhang wurde geregelt, dass die Geschäftsführer H. Sch., R. G. und F. K. bei der Aufnahme der genannten Bankkredite bzw langfristigen Darlehen stets unabhängig von einem Gesellschafterbeschluss sind, soweit es sich um kurzfristige Wechsel mit einer Laufzeit von nicht mehr als 90 Tagen handelt. Die genannten Geschäftsführer konnten auch nicht aus dem Amt des Geschäftsführers abberufen werden (§ 7 Nr 5).
Die Beigeladene zu 1) hat ihren Geschäftsbetrieb und die Betriebsgrundstücke von der Holzkontor Sch. und G. GmbH & Co KG seit ihrer Gründung im Jahr 1982 gepachtet. Gesellschafter der genannten KG waren die Sch. und G. Verwaltungs GmbH (Komplementär, Anteil 0,5 %), R. G. (Kommanditist, Anteil 22,35 %), der Kläger (Kommanditist, Anteil 19,9 %), P. Sch. (Kommanditist, Anteil 28,62 %) und M. Sch. (Kommanditist, Anteil 28,62 %).
Im März 2003 wurde dem Kläger Einzelprokura erteilt. Ab diesem Zeitpunkt war er auch allein zuständig für den Rundholzeinkauf. Seine Stammeinlage bei der Beigeladenen zu 1) betrug 16 %. Zum 31.12.2004 hat der Kläger der Beigeladenen zu 1) ein Darlehen in Höhe von 601.066,72 EUR gewährt.
Mit Wirkung zum 01.01.2006 (Eintrag im Handelsregister am 28.12.2005, vgl Handelsregisterauszug des Amtsgerichts Karlsruhe Bl 2 HRB 103479) wurde der Kläger zusammen mit Herrn Ra. L.-L. zum Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) bestimmt. Im Anstellungsvertrag zwischen der Beigeladenen zu 1) und dem Kläger vom 02.01.2006 wurde vereinbart, dass der Kläger als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) befreit ist (§ 2 Nr 1). Er erhält als Geschäftsführer ein monatliches Gehalt von brutto 9.500,00 EUR sowie ein 13. Monatsgehalt (§ 3 Nr 1). Des Weiteren hat er Anspruch auf eine Tantieme in Höhe von 2,5 % des Jahresüberschusses der Beigeladenen zu 1) (§ 3 Nr 2). Zusätzlich werden die gesetzlichen Arbeitgeberbeiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung bezahlt, auch wenn der Geschäftsführer nicht pflichtversichert ist (§ 3 Nr 3). Des Weiteren wurde eine Gehaltsfortzahlung im Falle einer Krankheit (sechs Monate; § 4 Nr 1) und ein Urlaubsanspruch in Höhe von 30 Arbeitstagen (§ 8) vereinbart. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Anstellungsvertrags wird auf Bl 10 bis 12 der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Die Entwicklung der Gesellschafteranteile und der Gesellschafterdarlehen ergibt sich aus folgender Übersicht:
Zur Geschäftsführerbestellung R. G. und Prokura an R. L.-L., Juli 1995:
        
Tätigkeit           
        
§ 181 BGB
befreit 
Stammeinlage
 Anteil in %
                 
Vertretungs-
befugnis
                          
R. G. 
Geschäftsführer
alleine
ja    
370.000,00
18,50%
F. K. 
Geschäftsführer
alleine
ja    
287.500,00
14,38%
Kläger
Rundholzeinkauf
                 
320.000,00
16,00%
P. Sch.
nicht mitarbeitend
                 
431.300,00
21,57%
M. Sch.
nicht mitarbeitend
                 
431.200,00
21,56%
R. L.-L.
Prokurist
Einzelprokura
        
160.000,00
8,00%
F. K. 
Geschäftsführer
alleine
ja    
287.500,00
14,38%
                                   
2.000.000,00
100,00%
Zur Prokura für den Kläger, März 2003
        
Tätigkeit           
        
§181 BGB
befreit       
Stammeinlage
 Anteil in %  
                 
Vertretungs-
befugnis
                          
R. G. 
Geschäftsführer
alleine
ja    
370.000,00
18,50%
F. K. 
Geschäftsführer
alleine
ja    
287.500,00
14,38%
Kläger
Prokurist
Einzelprokura
-       
320.000,00
16,00%
P. Sch.
Export-Management
                 
431.300,00
21,57%
M. Sch.
nicht mitarbeitend
                 
431.200,00
21,56%
R. L.-L.
Prokurist
Einzelprokura
-       
160.000,00
8,00%
                                   
2.000.000,00
100,00%
Zur Geschäftsführerbestellung Kläger und R. L.-L., Dezember 2005:
        
Tätigkeit           
        
§ 181BGB
befreit
Stammeinlage
Anteil in % 
                 
Vertretungs-
befugnis
                          
R. G. 
Geschäftsführer
alleine
ja    
370.000,00
18,50%
Kläger
Geschäftsführer
alleine
ja    
420.000,00
21,00%
P. Sch.
Export Management -
-       
-       
531.300,00
26,57%
M. Sch.
nicht mitarbeitend
-       
-       
431.200,00
21,56%
R. L.-L.
Geschäftsführer
alleine
ja    
247.500,00
12,38%
                                   
2.000.000,00
100,00%
Darlehen der Gesellschafter an die GmbH:
                          
31.12.04
31.12.05
31.12.06
R. G. 
                 
846.611,69
1.481.611,69
1.481.611,69
Kläger
                 
601.666,72
823.816,72
823.816,72
P. Sch.
                 
1.050.000,00
1.444.150,00
1.444.150,00
M. Sch.
                 
906.034,47
1.616.034,47
1.616.034,47
R. L.-L.
                 
51.129,19
15.000,00
        
                          
3.455.442,07
5.380.612,88
5.365.612,88
Mit Vertrag vom 07.12.2007 brachte Herr R. G. die von ihm an der Beigeladenen zu 1) gehaltenen Anteile von 18,5 % in die R. G. Beteiligungs-GmbH & Co KG ein. Einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der R. G. B.-GmbH & Co KG ist der Kläger. Daraus ergibt sich aktuell folgendes Beteiligungsergebnis an der Beigeladenen zu 1): P. Sch. 35 %, R. G. Beteiligungs-GmbH & Co KG 18,5 %, Kläger 21 %, R. L.-L. 15,5 % und S Gö. 10 %.
10 
Am 20.11.2007 beantragte der Kläger zusammen mit der Beigeladenen zu 1) bei der Beklagten die Feststellung der Sozialversicherungsfreiheit. Im Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gaben der Kläger und die Beigeladene zu 1) an, die Tätigkeit solle ab März 2003 geprüft werden. Aktuell verfüge der Kläger über eine Stammeinlage von 21 %. Er habe keine regelmäßige Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einzuhalten und ihm würden auch keine Weisungen hinsichtlich der Ausführung (Art und Weise) der Tätigkeit erteilt werden. Ohne seine Zustimmung könne die Beigeladene zu 1) auch nicht sein Einsatzgebiet verändern. Die Einstellung von Vertretern bzw Hilfskräften sei auch nicht von der Zustimmung der Beigeladenen zu 1) abhängig. Er sei vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit und die tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit betrage zwischen 50 bis 60 Stunden. Einem Direktions- bzw Weisungsrecht bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterliege er nicht. Er könne seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) frei bestimmen und gestalten. Auch müsse er sich nicht seinen Urlaub genehmigen lassen. Von der Vergütung werde Lohnsteuer entrichtet und die Verbuchung erfolge als Lohn/Gehalt. Er sei am Gewinn beteiligt und erhalte zudem Tantiemen in Höhe von 2,5 %. Ein Beitragsbescheid sei in der Vergangenheit von einem Versicherungsträger über die Versicherungspflicht nicht erlassen worden. Der weitere Geschäftsführer und Gesellschafter R. G. bestätigte die Richtigkeit dieser Angaben.
11 
Mit Schreiben vom 17.01.2008 wandte sich die Beklagte an die Beigeladene zu 4) zwecks Abstimmung der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung. Aufgrund der Bestellung zum Geschäftsführer zum 01.01.2006 sei davon auszugehen, dass der Kläger ab diesem Zeitpunkt selbstständig tätig sei. Zwar liege eine Kapitalmehrheit oder Sperrminorität nicht vor. Entscheidend sei jedoch das Gesamtbild der Tätigkeit. Der Kläger wirke wesentlich an der Geschäftsführung mit und sei damit nicht mehr als Arbeitnehmer anzusehen. Mit Schreiben vom 04.04.2008 teilte die Beigeladene zu 4) der Beklagten mit, sie teile diese Auffassung nicht. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger wesentlichen Einfluss auf die Entscheidungen der Beigeladenen zu 1) ausüben könne, lägen nicht vor. Auch die übrigen Gesellschaftergeschäftsführer stünden in einem abhängigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Mit Bescheid vom 02.05.2008 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Er könne aufgrund seiner Beteiligung von 21 % keinen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidungen der Beigeladenen zu 1) ausüben. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche auch, dass der Kläger für seine Tätigkeit ein festes regelmäßiges Gehalt erhalte, das unabhängig von der Ertragslage des Unternehmens gezahlt werde, und dass er einen Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts bei Arbeitsunfähigkeit habe. Schließlich sei auch der Anstellungsvertrag zum Schluss eines Kalenderjahres mit einer Frist von sechs Monaten kündbar. Die Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung als Angestellter und die Beiträge zur Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung würden deshalb zu Recht bezahlt werden.
12 
Hiergegen legte der Kläger am 03.06.2008 Widerspruch ein. Aufgrund seiner Beteiligung von 21 % bestehe ein Unternehmerrisiko. Zu beachten sei auch, dass er der Beigeladenen zu 1) ein Darlehen über 823.816,72 EUR gewährt habe und mithin in erheblichem Maße an dem Erfolg des Unternehmens interessiert sei. Er erhalte zudem nur eine geringe Grundvergütung. Die Beigeladene zu 1) erziele seit 1993 durchschnittlich einen Jahresüberschuss nach Steuern von ca 900.000,00 EUR. Diese Überschüsse würden regelmäßig an die Gesellschafter ausgeschüttet und seien damit das Ergebnis des unternehmerischen Erfolgs und auch höher als die laufenden festen Bezüge. Darüber hinaus habe die Beklagte nicht berücksichtigt, dass er gleichzeitig Gesellschafter der Holzkontor Sch. & Co GmbH & Co KG sei, welche den Betrieb an die Beigeladene zu 1) verpachtet habe und hieraus einen Jahresumsatz von knapp 600.000,00 EUR erziele. Auch habe er als Geschäftsführer maßgebenden Einfluss auf die Gesellschaft. Unabhängig von seiner Kapitalbeteiligung verfüge nur er über die für die Gesellschaft notwendigen Branchenkenntnisse. Das entsprechende „Einkaufs-Knowhow“ liege allein bei ihm. Innerhalb der Beigeladenen zu 1) übe er seine Tätigkeit vollständig frei und unabhängig von den anderen Gesellschaftern und Geschäftsführern aus. Zu keiner Zeit hätten Restriktionen bezüglich Ort, Zeit, Umfang und Dauer seiner Tätigkeit bestanden. Da er überwiegend in den USA, Europa und Asien unterwegs sei, könne er schon rein faktisch im Hinblick auf den Einkauf keiner Weisungsbefugnis der Beigeladenen zu 1) unterliegen. Als Forstwirt verfüge er allein über die Kenntnisse für den Einkauf der Hölzer. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2008 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund seiner Kapitalanteile trage der Kläger letztlich kein entscheidendes Unternehmerrisiko. Dies werde auch nicht durch das Darlehen bewirkt. Denn damit trage er kein Risiko als Unternehmer sondern als Darlehensgeber. Der Kläger habe mithin keine Möglichkeit, einen entscheidenden Einfluss auf die Beigeladene zu 1) zu nehmen. Er könne damit auch nicht ihm unangenehme Beschlüsse verhindern. Auch seien die Gebrüder G. als Minderheitsgesellschafter nicht verpflichtet gewesen, sich immer und unter allen Umständen gleichgesinnt zu entscheiden, sodass eine Dreiviertelmehrheit in der Gesellschafterversammlung nicht sicher gewesen sei. Zudem sei der Kläger nicht wie ein Alleininhaber einer GmbH tätig und laut Geschäftsführervertrag werde die Tätigkeit weisungsgebunden ausgeübt. Letztlich sprächen gegen eine selbstständige Tätigkeit auch die vereinbarten arbeitnehmertypischen Ansprüche des Klägers.
13 
Hiergegen hat der Kläger am 14.11.2008 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben, mit der er geltend machte, er unterliege seit dem 13.03.2003 nicht der Versicherungspflicht in der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Er hat sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und hat weiter vorgetragen, die Beigeladene zu 1) sei eine Familiengesellschaft, sodass er mit seinem Bruder zusammen über 39,5 % Anteile an der Beigeladenen zu 1) verfüge. Als Geschäftsführer habe er nicht abberufen werden können, da hierfür eine Mehrheit von 75 % notwendig sei, die gegen den Familienzweig G. nicht zustande komme. Das formal bestehende Weisungsrecht sei zu keinem Zeitpunkt ausgeübt worden. Aufgrund seiner Ausbildung zum Diplom-Forstwirt verfüge er auch allein über das maßgebliche „Einkaufs-Knowhow“ hinsichtlich der notwendigen Hölzer. Der Umstand, dass er ein regelmäßiges Gehalt erhalte, von welchem auch Lohnsteuer einbehalten und welches als Betriebsausgabe verbucht werde, sei kein Indiz für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Schließlich sei er auch von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Zudem sei er in den letzten fünf Jahren nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen und habe keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erhalten. Die Beigeladene zu 1) beschäftige momentan 79 Mitarbeiter (Stand Jahr 2009). Zur weiteren Begründung hat der Kläger das Prüfungszeugnis der Forstwissenschaftlichen Fakultät der Universität F. i. B. vom 13.11.1984 sowie den Einbringungsvertrag der R. G. Beteiligungs GmbH & Co KG vom 07.12.2007 vorgelegt.
14 
Mit Beschluss vom 27.10.2009 hat das SG die Sch. und G. GmbH Furniererzeugung Import Export (Beigeladene zu 1), die DAK Pflegekasse (Beigeladene zu 2), die Agentur für Arbeit Karlsruhe (Beigeladene zu 3) und die DRV Bund (Beigeladene zu 4) zum Verfahren beigeladen.
15 
Im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 17.11.2010 hat das SG den Kläger, den Geschäftsführer R. L.-L. sowie den Zeugen P. Sch. vernommen. Im Hinblick auf den Inhalt ihrer Aussagen wird auf die Niederschrift vom 17.11.2010 Bezug genommen (Bl. 61 bis 67 der SG-Akte).
16 
Mit Gerichtsbescheid vom 07.06.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger unterliege aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) der Versicherungspflicht zur Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung. Hinsichtlich der Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung aufgrund des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenzen bestünde „Einigkeit zwischen den Beteiligten“. Der Kläger arbeite zwar in seinem Zuständigkeitsbereich selbstständig. Dem Umstand, dass er seine Arbeit selbst einteilen sowie Zeit, Ort und Art seiner Tätigkeit selbst bestimmen könne und er insoweit keinen Weisungen unterliege, sei jedoch keine entscheidende, gegen eine abhängige Beschäftigung sprechende Bedeutung zuzumessen. Denn bei den von ihm verrichteten Tätigkeiten handle es sich um sogenannte Dienste höherer Art. Zwischen den Geschäftsführern finde eine Arbeitsteilung statt. Daraus lasse sich schließen, dass der Kläger zwar in seinem eigenen Bereich im Wesentlichen frei schalten und walten könne, allerdings im Rahmen der anfallenden Arbeiten jedoch auch Aufgabenbereiche existierten, für die er nicht zuständig sei und für die er dementsprechend auch keine Alleinentscheidungsbefugnis habe. So sei Herr L.-L. für seinen Bereich allein zuständig. Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer Umstände, die den Schluss zuließen, es liege trotz fehlender Mehrheitsbeteiligung eine selbstständige Tätigkeit vor, seien vorliegend nicht gegeben. Zwar habe der Kläger für den Rohstoffeinkauf zweifellos ein Spezialwissen. Allerdings könne der Kläger nicht in allen anfallenden Bereichen der Führung der Beigeladenen zu 1) als führender Kopf des Unternehmens weisungsfrei entscheiden. Der Kläger habe im Erörterungstermin selbst angegeben, gesamtunternehmerische Entscheidungen nur gemeinsam mit Herrn L.-L. zu treffen. Hierfür würden dann auch Geschäftsleitertreffen einberufen werden. Die umfangreichen Gesellschafterdarlehen sprächen nicht zwingend für den Charakter der Tätigkeit des Klägers als selbstständige, da die Investition von Fremdkapital grundsätzlich auch von einem abhängig Beschäftigten durch Erwerb von Unternehmensanleihen oder vollkommen Außenstehenden vorgenommen werden könne. Entscheidend sei vielmehr, dass der Kläger durch den Erhalt regelmäßiger monatlicher Gehaltszahlungen keinem solchen Unternehmerrisiko ausgesetzt sei, wie es jedoch für eine selbstständige Tätigkeit typisch sei.
17 
Hiergegen richtet sich die am 04.07.2011 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung des Klägers, mit der er (vgl Schriftsatz vom 07.11.2011) nunmehr die Feststellung begehrt, dass seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung unterliege. Zur Begründung wird ausgeführt, vorliegend handle es sich um eine Familiengesellschaft, bei der eine Einflussnahme weder über eine Muttergesellschaft, einen Beirat oder sonstige Institutionen irgendeiner Art erfolgen könne. Seine Tätigkeit sei daher in keiner Weise fremdbestimmt. Des Weiteren seien seine Fachkenntnisse für die Beigeladene zu 1) von elementarer Bedeutung. Aufgrund seiner außergewöhnlichen Kenntnisse und seines besonderen Knowhows könne er nicht durch irgendjemand anderen ersetzt werden. Denn diese Branchenkenntnis sei am freien Markt nicht einkaufbar, was sich auch darin zeige, dass er in wichtigen nationalen Gremien vertreten sei. So sei er Vorstand der IFN, im Verwaltungsrat des Holzabsatz-Fonds und zudem langjähriges Mitglied des Deutschen Holzwirtschaftsrates gewesen. Im deutschen Holzwirtschaftsrat sei er allein zuständig für den Bereich Furnier gewesen. Des Weiteren sei er Beirat der Interzum als wichtigste Zuliefermesse weltweit für die Möbelindustrie, hier im Bereich Furniere. Außerdem müsse er zu jeder Tages- und Nachtzeit wichtige Entscheidungen ohne Rücksprache alleine treffen. Dass er Entscheidungen zu Fragen der internen Unternehmenspolitik mit seinem Mitgeschäftsführer abstimme, führe nicht dazu, dass er abhängig beschäftigt sei. Außerdem sei er aufgrund seiner hervorragenden Fachkenntnisse faktisch auch in der Lage, die Beigeladene zu 1) allein zu führen. Der Umstand, dass in einer großen Gesellschaft zwei Geschäftsführer bestellt seien und der Unternehmensbereich organisatorisch aufgeteilt sei, sei kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Außerdem sei die Investition von ca 1,3 Mio Privatvermögen absolut ungewöhnlich und zeige, welches immense Unternehmerrisiko er trage. Das SG habe auch nicht berücksichtigt, dass der Mitgeschäftsführer L.-L. bestätigt habe, dass er seine Tätigkeit vollkommen frei bei der Beigeladenen zu 1) ausübe. Der Umstand, dass er ein regelmäßiges Gehalt beziehe, spreche ebenfalls nicht für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Allein schon zur Abgeltung der Arbeitsleistung als mitarbeitender Gesellschaftergeschäftsführer müsse er diese Vergütung erhalten. Auch habe das SG nicht berücksichtigt, dass die Gesellschafterversammlung keinerlei Weisung an die Geschäftsführer erteile. Er könne mithin in seiner Tätigkeit frei schalten und walten und sei deswegen sozialversicherungsfrei tätig.
18 
Der Kläger beantragt - sachdienlich gefasst -,
19 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.06.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008 aufzuheben und festzustellen, dass er aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung unterlag.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückweisen.
22 
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
23 
Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.
24 
Der Berichterstatter des Senats hat den Rechtsstreit am 13.01.2012 mit den Beteiligten erörtert. Diesbezüglich wird auf die Niederschrift vom 13.01.2012 Bezug genommen (Bl. 47/48 der LSG-Akte).
25 
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
26 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

27 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig und überwiegend begründet. Der Kläger unterlag vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) nicht der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung und vom 01.01.2006 bis 31.08.2010 auch nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. Der Gerichtsbescheid des SG vom 07.06.2011 und der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008 (§ 95 SGG) war daher entsprechend abzuändern. In der gesetzlichen Krankenversicherung bestand aufgrund des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze (§ 6 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V]) seit dem 01.07.1999 Versicherungsfreiheit. Der Kläger ist seither privat krankenversichert.
28 
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008. Aufgrund des Berufungsantrags des Klägers im Schriftsatz vom 07.11.2011 konnte der Senat die Tätigkeit des Klägers bei der Beklagten lediglich für den Zeitraum vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 beurteilen. Denn die Nachprüfung durch den Senat (§ 157 SGG) erfolgt im Rahmen der Anträge. Dies ergibt sich aus der auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Dispositionsmaxime (Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage 2012, § 157 Rdnr 1a). Der Senat konnte daher nicht über die Frage entscheiden, ob der Kläger - wie im Klageverfahren noch beantragt - bereits seit dem 13.03.2003 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen- und sozialen Pflegeversicherung unterliegt. Dies gilt aufgrund der Dispositionsmaxime auch dann, wenn der Senat grundsätzlich nicht an die Fassung der Anträge gebunden ist (§ 123 SGG).
29 
Nach § 28h Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Für Beschäftigte, die bei keiner Krankenkasse versichert sind, werden gemäß § 28i Satz 2 SGB IV Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung an die Einzugsstelle gezahlt, die der Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 175 Abs 3 Satz 2 SGB V gewählt hat. Danach ist die Beklagte zuständige Einzugsstelle, weil sie entsprechend § 28i Satz 2 SGB IV seit dem 01.07.1999 als Einzugsstelle für die Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung fungiert.
30 
Nachdem die Beklagte auf entsprechende Anfrage des Klägers und der Beigeladenen zu 1) ein Verwaltungsverfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht eingeleitet hat, scheidet das Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV aus, für das die Beigeladene zu 4) zuständig wäre. Deren Zuständigkeit, die eine solche der Beklagten ausschlösse, ergibt sich hier auch nicht aus § 7a Abs 1 Satz 2 SGB IV, eingefügt mit Wirkung vom 01.01.2005 durch Art 4 Nr 3 des 4. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I, 2954). Nach dieser Bestimmung hat die Einzugsstelle einen Antrag nach Satz 1 der Vorschrift zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a SGB IV) ergibt, dass der Beschäftigte (bis 31.12.2008) Angehöriger des Arbeitgebers, (seit 01.01.2009) Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers (geändert durch Art 1 Nr 1 des Zweites Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 21.12.2008 [BGBl I, 2933]) oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Denn die entsprechende Meldung erfolgte nicht nach, sondern vor Inkrafttreten dieser Bestimmung. Das obligatorische Statusfeststellungsverfahren ist indes erst bei Tätigkeiten durchzuführen, die danach aufgenommen worden sind (vgl. Marschner in Kreikebohm, Kommentar zum SGB IV, § 7a RdNr 3, Lüdtke in LPK-SGB IV, § 7a RdNr 11). In den Fällen, in denen die Tätigkeit - wie im vorliegenden Fall - bereits zuvor ausgeübt worden war, verbleibt es bei der Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28h Abs 2 SGB IV.
31 
Versicherungspflichtig sind in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
32 
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dabei ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht [BVerfG] SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 16).
33 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinn sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinn gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4; SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinn gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils mwN.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; Urteile vom 25.01.2006 - B 12 KR 30/04 R - RdNr 22 und vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R - RdNr 18).
34 
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Dies bedeutet, dass die Versicherungspflicht des Geschäftsführers einer GmbH, der zugleich deren Gesellschafter ist, davon abhängt, ob wegen seiner Kapitalbeteiligung noch ein Verhältnis der persönlichen Abhängigkeit vorliegt. Hat ein solcher Geschäftsführer aufgrund seiner Kapitalbeteiligung einen so maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft, dass er jeden ihm nicht genehmen Beschluss verhindern kann, so fehlt die das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wesentlich kennzeichnende persönliche Abhängigkeit (BSG, 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, GmbHR 200, 313). Dies ist der Fall, wenn der Geschäftsführer Mehrheitsgesellschafter ist, er also über die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft oder mehr verfügt (BSGE 23, 83, 84 = SozR aaO; BSGE 42, 1, 2 = SozR 2200 § 723 Nr 1; BSG SozR Nr 30 zu § 539 RVO), und zwar auch dann, wenn er von der ihm zustehenden Rechtsmacht tatsächlich keinen Gebrauch macht und die Entscheidung anderen überlässt (BSG SozR 3-4100 § 168 Nrn 5 und 8; BSGE 66, 69, 71 = SozR 4100 § 104 Nr 19). Unter Umständen genügt auch schon ein geringerer Kapitalanteil, insbesondere wenn er über eine Sperrminorität verfügt, die sich ua darauf erstreckt, ihm nicht genehme Weisungen gerade hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort der Tätigkeit zu verhindern (vgl BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8; SozR 3-4100 § 168 Nr 8).
35 
Der Umkehrschluss, dass mangels eines durch die Kapitalbeteiligung hervorgerufenen beherrschenden Einflusses auf die Gesellschaft regelmäßig ein Abhängigkeitsverhältnis des Gesellschafter-Geschäftsführers anzunehmen ist, ist allerdings von der Rechtsprechung des BSG nicht gebilligt worden (BSGE 13, 196, 200). In solchen Fällen hängt das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach allgemeinen Grundsätzen wesentlich davon ab, ob der Geschäftsführer nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit einem seine persönliche Abhängigkeit begründenden Weisungsrecht der GmbH unterliegt. Denn auch wenn der geschäftsführende Gesellschafter über keine Mehrheit am Stammkapital und auch nicht über eine Sperrminorität verfügt, kann eine abhängige Beschäftigung weiter dann ausgeschlossen sein, wenn es ihm sein tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der GmbH gestattet, nicht genehme Weisungen der genannten Art zu verhindern (vgl BSG SozR 2100 § 7 Nr 7; SozR 3-2400 § 7 Nr 4). Dies kann zB der Fall sein, wenn er auch als externer (angestellter) Geschäftsführer in der GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (BSG, 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, GmbHR 200, 313 mwN). Insbesondere kommt bei einem Geschäftsführer einer Familiengesellschaft, sofern dieser mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine selbständige Tätigkeit in Betracht. Die in einer derartigen Familiengesellschaft vorliegende Verbundenheit zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführer kann zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung füreinander schaffen und einen Einklang der Interessen bewirken.
36 
Gemessen an diesen Maßstäben war der Kläger mit seiner Bestellung zum Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) am 28.12.2005 (in der noch streitigen Zeit) vom 01.01.2006 bis 31.08.2010 nicht abhängig bei der Beigeladenen zu 1) beschäftigt. Zwar sprechen einige Indizien für eine abhängige Beschäftigung des Klägers. Diejenigen Anhaltspunkte, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, überwiegen jedoch.
37 
Prüfungsmaßstab sind zunächst die im Anstellungs- bzw im Gesellschaftsvertrag zur Rechtsstellung des Gesellschafter-Geschäftsführers getroffenen Regelungen. Die vertraglichen Vereinbarungen im Anstellungsvertrag vom 02.01.2006 zur regelmäßigen monatlichen Vergütung in Höhe von 9.500,00 EUR und die Gewährung eines 13. Monatsgehalts (§ 3 Nr 1), zur Abführung der Pflichtversicherungsbeiträge (§ 3 Nr 3), zur Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall (§ 4 Nr 1), zum Anspruch auf Urlaub in Höhe von 30 Arbeitstagen (§ 8) und die Bindung an Weisungen der Gesellschafterversammlung im Innenverhältnis (§ 2 Nr 4) sprechen für eine abhängige Tätigkeit des Klägers. Hierauf hat das SG zu Recht hingewiesen. Die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB2 Nr 1) sowie die Vereinbarung einer Tantieme in Höhe von 2,5 % des Jahresüberschusses der Beigeladenen zu 1) (§ 3 Nr 2) sind hingegen Indizien für eine selbstständige Tätigkeit (vgl BSG, Urteil vom 08.08.1990 - 11 Rar 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr 4). Für eine selbstständige Tätigkeit spricht auch, dass sich der Kläger seine Arbeit selbst einteilen sowie Zeit, Ort und Art seiner Tätigkeit selbst bestimmen konnte und er insoweit keinen Weisungen unterlag.
38 
Allerdings handelte es sich bei dem Kläger im hier streitigen Zeitraum durchgehend um einen Minderheitsgesellschafter, der weder über die Kapitalmehrheit noch (bis zum 06.12.2007) über eine Sperrminorität verfügt hat. Dies entnimmt der Senat dem Gesellschaftsvertrag vom 12.06.1995 und der Tatsache, dass der Kläger bis November 2005 nur zu 16 % und ab Dezember 2005 nur zu 21 % an der Stammeinlage beteiligt war. Ob der Kläger ab dem Zeitpunkt des Einbringungsvertrags vom 07.12.2007 faktisch über eine Sperrminorität verfügte, weil beispielsweise die Abberufung als Geschäftsführer nur mit einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen der Gesellschafterversammlung möglich war und der Kläger durch die Verwaltung der Stimmanteile seines Bruders R. G. über fast 40 % der Stimmen an der Beigeladenen zu 1) verfügte, kann der Senat letztlich offenlassen, da es im vorliegenden Fall auf die gesellschaftsrechtliche Stellung allein nicht ankommt. Denn aufgrund seines tatsächlichen Einflusses auf die Beigeladene zu 1) ist davon auszugehen, dass er „schalten und walten“ konnte, wie er wollte, weil er die Beigeladene zu 1) aufgrund seines Fachwissens persönlich dominierte und weil diese letztlich wirtschaftlich von seinem Fachwissen abhängig war und ist.
39 
Wie bereits dargelegt, kann eine abhängige Beschäftigung ausgeschlossen sein, wenn der Gesellschaftergeschäftsführer in der GmbH „schalten und walten“ kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (BSG, Urteil vom 14.12.1999, B 2 U 48/98 R - GmbHR 2000, 618; Urteil vom 08.08.1990 - 11 Rar 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr 4; Urteil vom 25.10.1989 - 2 RU 12/89 - juris; Urteil vom 07.09.1988 - 10 RAr 10/87 - SozR 4100 § 141b Nr 41). So liegt der Fall hier. Die Beigeladene zu 1) ist aufgrund des Fachwissens des Klägers im Hinblick auf dem maßgeblichen Betätigungsfeld der Beigeladenen zu 1), nämlich dem Im- und Export von Hölzern zur Herstellung von Furnieren, in wirtschaftlicher Hinsicht vom Kläger abhängig. Dies entnimmt der Senat zum einen den Angaben des Klägers im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 13.01.2012. Hierbei hat der Kläger ausführlich und eindrücklich beschrieben, dass er zu den wenigen Personen weltweit zählt (ungefähr zehn Personen), die über die Fähigkeit verfügen, allein beim Anblick eines Baumes auf dessen Maserung schließen zu können. Dabei spielt das Fachwissen des Klägers für die insoweit für Deutschland geltenden Marktpreise eine wichtige Rolle. Der Kläger ist aufgrund seines speziellen Fachwissens nicht nur Vorstand bei der Initiative Furnier plus Natur e.V. (IFN), sondern auch Mitglied im Verwaltungsrat des Holzabsatzfonds und war zudem langjährig Mitglied des deutschen Holzwirtschaftsrates. Darüber hinaus ist er im Beirat der Interzum. Der Senat unterstellt hierbei die Angaben des Klägers in seinem Schreiben vom 27. März 2012 als wahr. Darüber hinaus hat der Mitgeschäftsführer, Herr L.-L., im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 17.11.2010 das hohe Spezialwissen des Klägers bestätigt (Bl 65 der SG-Akte). Danach kann Herr L.-L. die Entscheidungen des Klägers nicht nachvollziehen, da ihm dieses Spezialwissen fehlt. Dabei hat er auch von der besonderen „Gabe“ des Klägers gesprochen, der einschätzen kann, ob ein bestimmtes Holz den Kriterien für Furniere entspricht. Vor diesem Hintergrund ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger die Beigeladene zu 1) faktisch beherrscht. Er konnte daher im hier streitigen Zeitraum wie ein Unternehmer und damit als Selbstständiger auftreten. Seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) kann daher ab dem 01.01.2006 nicht als die eines Arbeitnehmers gewertet werden. Denn die faktische Beherrschung der Beigeladenen zu 1) überwiegt bei einer Gesamtbetrachtung die Anhaltspunkte, die für eine abhängige Tätigkeit sprechen.
40 
Allerdings gelten die oben genannten Ausführungen erst ab der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer mit Wirkung zum 01.01.2006. In der Zeit davor war er mangels Beteiligung an der Geschäftsführung - trotz seines Spezialwissens - nicht in der Stellung, die Beigeladene zu 1) faktisch zu beherrschen. Erst mit Aufnahme in die Geschäftsführung erwarb er sich diese Stellung. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere darauf, dass der Kläger bis zur Aufnahme in die Geschäftsführung nur über eine Einzelprokura verfügte, die jedoch jederzeit durch Gesellschafterbeschluss aufgehoben werden konnte. Er war mithin vor dem 01.01.2006 noch nicht „Kopf und Seele“ der Beigeladenen zu 1). Der Senat konnte vor diesem Hintergrund im Übrigen die Frage offenlassen, ob der Kläger aufgrund der von ihm an die Beigeladene zu 1) zur Verfügung gestellten Darlehen ein Unternehmerrisiko traf (vgl hierzu - ablehnend - Senatsurteil vom 28.06.2011 - L 11 KR 2109/10 mwN).
41 
Nachdem der Kläger bereits seit dem 01.07.1999 nicht mehr Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist, folgt daraus zugleich, dass er nicht der Versicherungspflicht zur sozialen Pflegeversicherung (§ 20 SGB XI) unterliegt. Die Feststellung einer gesetzlichen Pflegeversicherungspflicht (§ 23 Abs 1 und 2 SGB XI) in einer privaten Versicherung ist aber nicht Gegenstand des Statusverfahrens und nicht Aufgabe der Beklagten. Der Kläger war auch nicht freiwilliges Mitglied der Beklagten, sodass auch ihre Feststellung in ihrem Bescheid vom 02.05.2008, wonach der Kläger aufgrund einer freiwilligen Krankenversicherung Mitglied in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs 3 SGB XI sei, rechtswidrig ist. Der Bescheid war dementsprechend im Hinblick auf die Versicherungsfreiheit in der sozialen Pflegeversicherung bereits ab dem (im Berufungsverfahren noch streitigen Zeitpunkt) 01.04.2005 abzuändern.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
43 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

27 
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig und überwiegend begründet. Der Kläger unterlag vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) nicht der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung und vom 01.01.2006 bis 31.08.2010 auch nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. Der Gerichtsbescheid des SG vom 07.06.2011 und der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008 (§ 95 SGG) war daher entsprechend abzuändern. In der gesetzlichen Krankenversicherung bestand aufgrund des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze (§ 6 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V]) seit dem 01.07.1999 Versicherungsfreiheit. Der Kläger ist seither privat krankenversichert.
28 
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008. Aufgrund des Berufungsantrags des Klägers im Schriftsatz vom 07.11.2011 konnte der Senat die Tätigkeit des Klägers bei der Beklagten lediglich für den Zeitraum vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 beurteilen. Denn die Nachprüfung durch den Senat (§ 157 SGG) erfolgt im Rahmen der Anträge. Dies ergibt sich aus der auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Dispositionsmaxime (Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage 2012, § 157 Rdnr 1a). Der Senat konnte daher nicht über die Frage entscheiden, ob der Kläger - wie im Klageverfahren noch beantragt - bereits seit dem 13.03.2003 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen- und sozialen Pflegeversicherung unterliegt. Dies gilt aufgrund der Dispositionsmaxime auch dann, wenn der Senat grundsätzlich nicht an die Fassung der Anträge gebunden ist (§ 123 SGG).
29 
Nach § 28h Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Für Beschäftigte, die bei keiner Krankenkasse versichert sind, werden gemäß § 28i Satz 2 SGB IV Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung an die Einzugsstelle gezahlt, die der Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 175 Abs 3 Satz 2 SGB V gewählt hat. Danach ist die Beklagte zuständige Einzugsstelle, weil sie entsprechend § 28i Satz 2 SGB IV seit dem 01.07.1999 als Einzugsstelle für die Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung fungiert.
30 
Nachdem die Beklagte auf entsprechende Anfrage des Klägers und der Beigeladenen zu 1) ein Verwaltungsverfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht eingeleitet hat, scheidet das Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV aus, für das die Beigeladene zu 4) zuständig wäre. Deren Zuständigkeit, die eine solche der Beklagten ausschlösse, ergibt sich hier auch nicht aus § 7a Abs 1 Satz 2 SGB IV, eingefügt mit Wirkung vom 01.01.2005 durch Art 4 Nr 3 des 4. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I, 2954). Nach dieser Bestimmung hat die Einzugsstelle einen Antrag nach Satz 1 der Vorschrift zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a SGB IV) ergibt, dass der Beschäftigte (bis 31.12.2008) Angehöriger des Arbeitgebers, (seit 01.01.2009) Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers (geändert durch Art 1 Nr 1 des Zweites Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 21.12.2008 [BGBl I, 2933]) oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Denn die entsprechende Meldung erfolgte nicht nach, sondern vor Inkrafttreten dieser Bestimmung. Das obligatorische Statusfeststellungsverfahren ist indes erst bei Tätigkeiten durchzuführen, die danach aufgenommen worden sind (vgl. Marschner in Kreikebohm, Kommentar zum SGB IV, § 7a RdNr 3, Lüdtke in LPK-SGB IV, § 7a RdNr 11). In den Fällen, in denen die Tätigkeit - wie im vorliegenden Fall - bereits zuvor ausgeübt worden war, verbleibt es bei der Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28h Abs 2 SGB IV.
31 
Versicherungspflichtig sind in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
32 
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dabei ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht [BVerfG] SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 16).
33 
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinn sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinn gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4; SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinn gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils mwN.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; Urteile vom 25.01.2006 - B 12 KR 30/04 R - RdNr 22 und vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R - RdNr 18).
34 
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Dies bedeutet, dass die Versicherungspflicht des Geschäftsführers einer GmbH, der zugleich deren Gesellschafter ist, davon abhängt, ob wegen seiner Kapitalbeteiligung noch ein Verhältnis der persönlichen Abhängigkeit vorliegt. Hat ein solcher Geschäftsführer aufgrund seiner Kapitalbeteiligung einen so maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft, dass er jeden ihm nicht genehmen Beschluss verhindern kann, so fehlt die das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wesentlich kennzeichnende persönliche Abhängigkeit (BSG, 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, GmbHR 200, 313). Dies ist der Fall, wenn der Geschäftsführer Mehrheitsgesellschafter ist, er also über die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft oder mehr verfügt (BSGE 23, 83, 84 = SozR aaO; BSGE 42, 1, 2 = SozR 2200 § 723 Nr 1; BSG SozR Nr 30 zu § 539 RVO), und zwar auch dann, wenn er von der ihm zustehenden Rechtsmacht tatsächlich keinen Gebrauch macht und die Entscheidung anderen überlässt (BSG SozR 3-4100 § 168 Nrn 5 und 8; BSGE 66, 69, 71 = SozR 4100 § 104 Nr 19). Unter Umständen genügt auch schon ein geringerer Kapitalanteil, insbesondere wenn er über eine Sperrminorität verfügt, die sich ua darauf erstreckt, ihm nicht genehme Weisungen gerade hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort der Tätigkeit zu verhindern (vgl BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8; SozR 3-4100 § 168 Nr 8).
35 
Der Umkehrschluss, dass mangels eines durch die Kapitalbeteiligung hervorgerufenen beherrschenden Einflusses auf die Gesellschaft regelmäßig ein Abhängigkeitsverhältnis des Gesellschafter-Geschäftsführers anzunehmen ist, ist allerdings von der Rechtsprechung des BSG nicht gebilligt worden (BSGE 13, 196, 200). In solchen Fällen hängt das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach allgemeinen Grundsätzen wesentlich davon ab, ob der Geschäftsführer nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit einem seine persönliche Abhängigkeit begründenden Weisungsrecht der GmbH unterliegt. Denn auch wenn der geschäftsführende Gesellschafter über keine Mehrheit am Stammkapital und auch nicht über eine Sperrminorität verfügt, kann eine abhängige Beschäftigung weiter dann ausgeschlossen sein, wenn es ihm sein tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der GmbH gestattet, nicht genehme Weisungen der genannten Art zu verhindern (vgl BSG SozR 2100 § 7 Nr 7; SozR 3-2400 § 7 Nr 4). Dies kann zB der Fall sein, wenn er auch als externer (angestellter) Geschäftsführer in der GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (BSG, 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, GmbHR 200, 313 mwN). Insbesondere kommt bei einem Geschäftsführer einer Familiengesellschaft, sofern dieser mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine selbständige Tätigkeit in Betracht. Die in einer derartigen Familiengesellschaft vorliegende Verbundenheit zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführer kann zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung füreinander schaffen und einen Einklang der Interessen bewirken.
36 
Gemessen an diesen Maßstäben war der Kläger mit seiner Bestellung zum Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) am 28.12.2005 (in der noch streitigen Zeit) vom 01.01.2006 bis 31.08.2010 nicht abhängig bei der Beigeladenen zu 1) beschäftigt. Zwar sprechen einige Indizien für eine abhängige Beschäftigung des Klägers. Diejenigen Anhaltspunkte, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, überwiegen jedoch.
37 
Prüfungsmaßstab sind zunächst die im Anstellungs- bzw im Gesellschaftsvertrag zur Rechtsstellung des Gesellschafter-Geschäftsführers getroffenen Regelungen. Die vertraglichen Vereinbarungen im Anstellungsvertrag vom 02.01.2006 zur regelmäßigen monatlichen Vergütung in Höhe von 9.500,00 EUR und die Gewährung eines 13. Monatsgehalts (§ 3 Nr 1), zur Abführung der Pflichtversicherungsbeiträge (§ 3 Nr 3), zur Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall (§ 4 Nr 1), zum Anspruch auf Urlaub in Höhe von 30 Arbeitstagen (§ 8) und die Bindung an Weisungen der Gesellschafterversammlung im Innenverhältnis (§ 2 Nr 4) sprechen für eine abhängige Tätigkeit des Klägers. Hierauf hat das SG zu Recht hingewiesen. Die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB2 Nr 1) sowie die Vereinbarung einer Tantieme in Höhe von 2,5 % des Jahresüberschusses der Beigeladenen zu 1) (§ 3 Nr 2) sind hingegen Indizien für eine selbstständige Tätigkeit (vgl BSG, Urteil vom 08.08.1990 - 11 Rar 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr 4). Für eine selbstständige Tätigkeit spricht auch, dass sich der Kläger seine Arbeit selbst einteilen sowie Zeit, Ort und Art seiner Tätigkeit selbst bestimmen konnte und er insoweit keinen Weisungen unterlag.
38 
Allerdings handelte es sich bei dem Kläger im hier streitigen Zeitraum durchgehend um einen Minderheitsgesellschafter, der weder über die Kapitalmehrheit noch (bis zum 06.12.2007) über eine Sperrminorität verfügt hat. Dies entnimmt der Senat dem Gesellschaftsvertrag vom 12.06.1995 und der Tatsache, dass der Kläger bis November 2005 nur zu 16 % und ab Dezember 2005 nur zu 21 % an der Stammeinlage beteiligt war. Ob der Kläger ab dem Zeitpunkt des Einbringungsvertrags vom 07.12.2007 faktisch über eine Sperrminorität verfügte, weil beispielsweise die Abberufung als Geschäftsführer nur mit einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen der Gesellschafterversammlung möglich war und der Kläger durch die Verwaltung der Stimmanteile seines Bruders R. G. über fast 40 % der Stimmen an der Beigeladenen zu 1) verfügte, kann der Senat letztlich offenlassen, da es im vorliegenden Fall auf die gesellschaftsrechtliche Stellung allein nicht ankommt. Denn aufgrund seines tatsächlichen Einflusses auf die Beigeladene zu 1) ist davon auszugehen, dass er „schalten und walten“ konnte, wie er wollte, weil er die Beigeladene zu 1) aufgrund seines Fachwissens persönlich dominierte und weil diese letztlich wirtschaftlich von seinem Fachwissen abhängig war und ist.
39 
Wie bereits dargelegt, kann eine abhängige Beschäftigung ausgeschlossen sein, wenn der Gesellschaftergeschäftsführer in der GmbH „schalten und walten“ kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (BSG, Urteil vom 14.12.1999, B 2 U 48/98 R - GmbHR 2000, 618; Urteil vom 08.08.1990 - 11 Rar 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr 4; Urteil vom 25.10.1989 - 2 RU 12/89 - juris; Urteil vom 07.09.1988 - 10 RAr 10/87 - SozR 4100 § 141b Nr 41). So liegt der Fall hier. Die Beigeladene zu 1) ist aufgrund des Fachwissens des Klägers im Hinblick auf dem maßgeblichen Betätigungsfeld der Beigeladenen zu 1), nämlich dem Im- und Export von Hölzern zur Herstellung von Furnieren, in wirtschaftlicher Hinsicht vom Kläger abhängig. Dies entnimmt der Senat zum einen den Angaben des Klägers im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 13.01.2012. Hierbei hat der Kläger ausführlich und eindrücklich beschrieben, dass er zu den wenigen Personen weltweit zählt (ungefähr zehn Personen), die über die Fähigkeit verfügen, allein beim Anblick eines Baumes auf dessen Maserung schließen zu können. Dabei spielt das Fachwissen des Klägers für die insoweit für Deutschland geltenden Marktpreise eine wichtige Rolle. Der Kläger ist aufgrund seines speziellen Fachwissens nicht nur Vorstand bei der Initiative Furnier plus Natur e.V. (IFN), sondern auch Mitglied im Verwaltungsrat des Holzabsatzfonds und war zudem langjährig Mitglied des deutschen Holzwirtschaftsrates. Darüber hinaus ist er im Beirat der Interzum. Der Senat unterstellt hierbei die Angaben des Klägers in seinem Schreiben vom 27. März 2012 als wahr. Darüber hinaus hat der Mitgeschäftsführer, Herr L.-L., im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 17.11.2010 das hohe Spezialwissen des Klägers bestätigt (Bl 65 der SG-Akte). Danach kann Herr L.-L. die Entscheidungen des Klägers nicht nachvollziehen, da ihm dieses Spezialwissen fehlt. Dabei hat er auch von der besonderen „Gabe“ des Klägers gesprochen, der einschätzen kann, ob ein bestimmtes Holz den Kriterien für Furniere entspricht. Vor diesem Hintergrund ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger die Beigeladene zu 1) faktisch beherrscht. Er konnte daher im hier streitigen Zeitraum wie ein Unternehmer und damit als Selbstständiger auftreten. Seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) kann daher ab dem 01.01.2006 nicht als die eines Arbeitnehmers gewertet werden. Denn die faktische Beherrschung der Beigeladenen zu 1) überwiegt bei einer Gesamtbetrachtung die Anhaltspunkte, die für eine abhängige Tätigkeit sprechen.
40 
Allerdings gelten die oben genannten Ausführungen erst ab der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer mit Wirkung zum 01.01.2006. In der Zeit davor war er mangels Beteiligung an der Geschäftsführung - trotz seines Spezialwissens - nicht in der Stellung, die Beigeladene zu 1) faktisch zu beherrschen. Erst mit Aufnahme in die Geschäftsführung erwarb er sich diese Stellung. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere darauf, dass der Kläger bis zur Aufnahme in die Geschäftsführung nur über eine Einzelprokura verfügte, die jedoch jederzeit durch Gesellschafterbeschluss aufgehoben werden konnte. Er war mithin vor dem 01.01.2006 noch nicht „Kopf und Seele“ der Beigeladenen zu 1). Der Senat konnte vor diesem Hintergrund im Übrigen die Frage offenlassen, ob der Kläger aufgrund der von ihm an die Beigeladene zu 1) zur Verfügung gestellten Darlehen ein Unternehmerrisiko traf (vgl hierzu - ablehnend - Senatsurteil vom 28.06.2011 - L 11 KR 2109/10 mwN).
41 
Nachdem der Kläger bereits seit dem 01.07.1999 nicht mehr Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist, folgt daraus zugleich, dass er nicht der Versicherungspflicht zur sozialen Pflegeversicherung (§ 20 SGB XI) unterliegt. Die Feststellung einer gesetzlichen Pflegeversicherungspflicht (§ 23 Abs 1 und 2 SGB XI) in einer privaten Versicherung ist aber nicht Gegenstand des Statusverfahrens und nicht Aufgabe der Beklagten. Der Kläger war auch nicht freiwilliges Mitglied der Beklagten, sodass auch ihre Feststellung in ihrem Bescheid vom 02.05.2008, wonach der Kläger aufgrund einer freiwilligen Krankenversicherung Mitglied in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs 3 SGB XI sei, rechtswidrig ist. Der Bescheid war dementsprechend im Hinblick auf die Versicherungsfreiheit in der sozialen Pflegeversicherung bereits ab dem (im Berufungsverfahren noch streitigen Zeitpunkt) 01.04.2005 abzuändern.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
43 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a) mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für den Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Absatz 2 sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Absatz 5 des Zehnten Buches nicht. Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt abweichend von Satz 1 die Prüfung für die bei ihr versicherten mitarbeitenden Familienangehörigen vor.

(1a) Die Prüfung nach Absatz 1 umfasst die ordnungsgemäße Erfüllung der Meldepflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Künstlersozialabgabe durch die Arbeitgeber. Die Prüfung erfolgt

1.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern, die als abgabepflichtige Unternehmer nach § 24 des Künstlersozialversicherungsgesetzes bei der Künstlersozialkasse erfasst wurden,
2.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern mit mehr als 19 Beschäftigten und
3.
bei mindestens 40 Prozent der im jeweiligen Kalenderjahr zur Prüfung nach Absatz 1 anstehenden Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten.
Hat ein Arbeitgeber mehrere Beschäftigungsbetriebe, wird er insgesamt geprüft. Das Prüfverfahren kann mit der Aufforderung zur Meldung eingeleitet werden. Die Träger der Deutschen Rentenversicherung erlassen die erforderlichen Verwaltungsakte zur Künstlersozialabgabepflicht, zur Höhe der Künstlersozialabgabe und zur Höhe der Vorauszahlungen nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz einschließlich der Widerspruchsbescheide. Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Künstlersozialkasse über Sachverhalte, welche die Melde- und Abgabepflichten der Arbeitgeber nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz betreffen. Für die Prüfung der Arbeitgeber durch die Künstlersozialkasse gilt § 35 des Künstlersozialversicherungsgesetzes.

(1b) Die Träger der Rentenversicherung legen im Benehmen mit der Künstlersozialkasse die Kriterien zur Auswahl der nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfenden Arbeitgeber fest. Die Auswahl dient dem Ziel, alle abgabepflichtigen Arbeitgeber zu erfassen. Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfen sind, werden durch die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 im Hinblick auf die Künstlersozialabgabe beraten. Dazu erhalten sie mit der Prüfankündigung Hinweise zur Künstlersozialabgabe. Im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 lässt sich der zuständige Träger der Rentenversicherung durch den Arbeitgeber schriftlich oder elektronisch bestätigen, dass der Arbeitgeber über die Künstlersozialabgabe unterrichtet wurde und abgabepflichtige Sachverhalte melden wird. Bestätigt der Arbeitgeber dies nicht, wird die Prüfung nach Absatz 1a Satz 1 unverzüglich durchgeführt. Erlangt ein Träger der Rentenversicherung im Rahmen einer Prüfung nach Absatz 1 bei Arbeitgebern mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 geprüft werden, Hinweise auf einen künstlersozialabgabepflichtigen Sachverhalt, muss er diesen nachgehen.

(1c) Die Träger der Rentenversicherung teilen den Trägern der Unfallversicherung die Feststellungen aus der Prüfung bei den Arbeitgebern nach § 166 Absatz 2 des Siebten Buches mit. Die Träger der Unfallversicherung erlassen die erforderlichen Bescheide.

(2) Im Bereich der Regionalträger richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Sitz der Lohn- und Gehaltsabrechnungsstelle des Arbeitgebers. Die Träger der Rentenversicherung stimmen sich darüber ab, welche Arbeitgeber sie prüfen; ein Arbeitgeber ist jeweils nur von einem Träger der Rentenversicherung zu prüfen.

(3) Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Einzugsstellen über Sachverhalte, soweit sie die Zahlungspflicht oder die Meldepflicht des Arbeitgebers betreffen.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem die Träger der Rentenversicherung ihre elektronischen Akten führen, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Prüfungen nach den Absätzen 1, 1a und 1c stehen. Die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten dürfen nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern durch die jeweils zuständigen Träger der Rentenversicherung verarbeitet werden.

(5) Die Arbeitgeber sind verpflichtet, angemessene Prüfhilfen zu leisten. Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden, sind in die Prüfung einzubeziehen.

(6) Zu prüfen sind auch steuerberatende Stellen, Rechenzentren und vergleichbare Einrichtungen, die im Auftrag des Arbeitgebers oder einer von ihm beauftragten Person Löhne und Gehälter abrechnen oder Meldungen erstatten. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich im Bereich der Regionalträger nach dem Sitz dieser Stellen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(6a) Für die Prüfung nach Absatz 1 sind dem zuständigen Rentenversicherungsträger die notwendigen Daten elektronisch aus einem systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramm zu übermitteln; für Daten aus der Finanzbuchhaltung kann dies nur im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber erfolgen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bestimmt in Grundsätzen bundeseinheitlich das Nähere zum Verfahren der Datenübermittlung und der dafür erforderlichen Datensätze und Datenbausteine. Die Grundsätze bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das vorher die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände anzuhören hat.

(7) Die Träger der Rentenversicherung haben eine Übersicht über die Ergebnisse ihrer Prüfungen zu führen und bis zum 31. März eines jeden Jahres für das abgelaufene Kalenderjahr den Aufsichtsbehörden vorzulegen. Das Nähere über Inhalt und Form der Übersicht bestimmen einvernehmlich die Aufsichtsbehörden der Träger der Rentenversicherung mit Wirkung für diese.

(8) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem der Name, die Anschrift, die Betriebsnummer, der für den Arbeitgeber zuständige Unfallversicherungsträger und weitere Identifikationsmerkmale eines jeden Arbeitgebers sowie die für die Planung der Prüfungen bei den Arbeitgebern und die für die Übersichten nach Absatz 7 erforderlichen Daten gespeichert sind; die Deutsche Rentenversicherung Bund darf die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern und zur Ermittlung der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz abgabepflichtigen Unternehmer verarbeiten. In das Dateisystem ist eine Kennzeichnung aufzunehmen, wenn nach § 166 Absatz 2 Satz 2 des Siebten Buches die Prüfung der Arbeitgeber für die Unfallversicherung nicht von den Trägern der Rentenversicherung durchzuführen ist; die Träger der Unfallversicherung haben die erforderlichen Angaben zu übermitteln. Die Datenstelle der Rentenversicherung führt für die Prüfung bei den Arbeitgebern ein Dateisystem, in dem neben der Betriebsnummer eines jeden Arbeitgebers, die Betriebsnummer des für den Arbeitgeber zuständigen Unfallversicherungsträgers, die Unternehmernummer nach § 136a des Siebten Buches des Arbeitgebers, das in der Unfallversicherung beitragspflichtige Entgelt der bei ihm Beschäftigten in Euro, die anzuwendenden Gefahrtarifstellen der bei ihm Beschäftigten, die Versicherungsnummern der bei ihm Beschäftigten einschließlich des Beginns und des Endes von deren Beschäftigung, die Bezeichnung der für jeden Beschäftigten zuständigen Einzugsstelle sowie eine Kennzeichnung des Vorliegens einer geringfügigen Beschäftigung gespeichert sind. Sie darf die Daten der Stammsatzdatei nach § 150 Absatz 1 und 2 des Sechsten Buches sowie die Daten des Dateisystems nach § 150 Absatz 3 des Sechsten Buches und der Stammdatendatei nach § 101 für die Prüfung bei den Arbeitgebern speichern, verändern, nutzen, übermitteln oder in der Verarbeitung einschränken; dies gilt für die Daten der Stammsatzdatei auch für Prüfungen nach § 212a des Sechsten Buches. Sie ist verpflichtet, auf Anforderung des prüfenden Trägers der Rentenversicherung

1.
die in den Dateisystemen nach den Sätzen 1 und 3 gespeicherten Daten,
2.
die in den Versicherungskonten der Träger der Rentenversicherung gespeicherten, auf den Prüfungszeitraum entfallenden Daten der bei dem zu prüfenden Arbeitgeber Beschäftigten,
3.
die bei den für den Arbeitgeber zuständigen Einzugsstellen gespeicherten Daten aus den Beitragsnachweisen (§ 28f Absatz 3) für die Zeit nach dem Zeitpunkt, bis zu dem der Arbeitgeber zuletzt geprüft wurde,
4.
die bei der Künstlersozialkasse über den Arbeitgeber gespeicherten Daten zur Melde- und Abgabepflicht für den Zeitraum seit der letzten Prüfung sowie
5.
die bei den Trägern der Unfallversicherung gespeicherten Daten zur Melde- und Beitragspflicht sowie zur Gefahrtarifstelle für den Zeitraum seit der letzten Prüfung
zu verarbeiten, soweit dies für die Prüfung, ob die Arbeitgeber ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, sowie ihre Pflichten als zur Abgabe Verpflichtete nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und ihre Pflichten nach dem Siebten Buch zur Meldung und Beitragszahlung ordnungsgemäß erfüllen, erforderlich ist. Die dem prüfenden Träger der Rentenversicherung übermittelten Daten sind unverzüglich nach Abschluss der Prüfung bei der Datenstelle und beim prüfenden Träger der Rentenversicherung zu löschen. Die Träger der Rentenversicherung, die Einzugsstellen, die Künstlersozialkasse und die Bundesagentur für Arbeit sind verpflichtet, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Datenstelle die für die Prüfung bei den Arbeitgebern erforderlichen Daten zu übermitteln. Sind für die Prüfung bei den Arbeitgebern Daten zu übermitteln, so dürfen sie auch durch Abruf im automatisierten Verfahren übermittelt werden, ohne dass es einer Genehmigung nach § 79 Absatz 1 des Zehnten Buches bedarf. Soweit es für die Erfüllung der Aufgaben der gemeinsamen Einrichtung als Einzugsstelle nach § 356 des Dritten Buches erforderlich ist, wertet die Datenstelle der Rentenversicherung aus den Daten nach Satz 5 das Identifikationsmerkmal zur wirtschaftlichen Tätigkeit des geprüften Arbeitgebers sowie die Angaben über die Tätigkeit nach dem Schlüsselverzeichnis der Bundesagentur für Arbeit der Beschäftigten des geprüften Arbeitgebers aus und übermittelt das Ergebnis der gemeinsamen Einrichtung. Die übermittelten Daten dürfen von der gemeinsamen Einrichtung auch zum Zweck der Erfüllung der Aufgaben nach § 5 des Tarifvertragsgesetzes genutzt werden. Die Kosten der Auswertung und der Übermittlung der Daten nach Satz 9 hat die gemeinsame Einrichtung der Deutschen Rentenversicherung Bund zu erstatten. Die gemeinsame Einrichtung berichtet dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 1. Januar 2025 über die Wirksamkeit des Verfahrens nach Satz 9.

(9) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über

1.
den Umfang der Pflichten des Arbeitgebers, der Beschäftigten und der in Absatz 6 genannten Stellen bei Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden,
2.
die Durchführung der Prüfung sowie die Behebung von Mängeln, die bei der Prüfung festgestellt worden sind, und
3.
den Inhalt des Dateisystems nach Absatz 8 Satz 1 hinsichtlich der für die Planung der Prüfungen bei Arbeitgebern und der für die Prüfung bei Einzugsstellen erforderlichen Daten, über den Aufbau und die Aktualisierung dieses Dateisystems sowie über den Umfang der Daten aus diesem Dateisystem, die von den Einzugsstellen und der Bundesagentur für Arbeit nach § 28q Absatz 5 abgerufen werden können.

(10) Arbeitgeber werden wegen der Beschäftigten in privaten Haushalten nicht geprüft.

(11) Sind beim Übergang der Prüfung der Arbeitgeber von Krankenkassen auf die Träger der Rentenversicherung Angestellte übernommen worden, die am 1. Januar 1995 ganz oder überwiegend mit der Prüfung der Arbeitgeber beschäftigt waren, sind die bis zum Zeitpunkt der Übernahme gültigen Tarifverträge oder sonstigen kollektiven Vereinbarungen für die übernommenen Arbeitnehmer bis zum Inkrafttreten neuer Tarifverträge oder sonstiger kollektiver Vereinbarungen maßgebend. Soweit es sich bei einem gemäß Satz 1 übernommenen Beschäftigten um einen Dienstordnungs-Angestellten handelt, tragen der aufnehmende Träger der Rentenversicherung und die abgebende Krankenkasse bei Eintritt des Versorgungsfalles die Versorgungsbezüge anteilig, sofern der Angestellte im Zeitpunkt der Übernahme das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatte. § 107b Absatz 2 bis 5 des Beamtenversorgungsgesetzes gilt sinngemäß.

(1) Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen.

(2) Die Einzugsstelle entscheidet über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung auf Verlangen des Arbeitgebers durch einen schriftlichen oder elektronischen Bescheid; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Soweit die Einzugsstelle die Höhe des Arbeitsentgelts nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat sie dieses zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt des Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen. Die nach § 28i Satz 5 zuständige Einzugsstelle prüft die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenze bei geringfügiger Beschäftigung nach den §§ 8 und 8a und entscheidet bei deren Überschreiten über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid.

(2a) (weggefallen)

(3) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks vergibt die Einzugsstelle im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit die Betriebsnummer des Arbeitgebers, berechnet den Gesamtsozialversicherungsbeitrag und die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz und zieht diese vom Arbeitgeber im Wege des Lastschriftverfahrens ein. Die Einzugsstelle meldet bei Beginn und Ende der Beschäftigung und zum Jahresende der Datenstelle der Rentenversicherung die für die Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit erforderlichen Daten eines jeden Beschäftigten. Die Einzugsstelle teilt dem Beschäftigten den Inhalt der abgegebenen Meldung schriftlich oder durch gesicherte Datenübertragung mit.

(4) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks bescheinigt die Einzugsstelle dem Arbeitgeber zum Jahresende

1.
den Zeitraum, für den Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt wurden, und
2.
die Höhe des Arbeitsentgelts (§ 14 Absatz 3), des von ihm getragenen Gesamtsozialversicherungsbeitrags und der Umlagen.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen.

(2) Die Einzugsstelle entscheidet über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung auf Verlangen des Arbeitgebers durch einen schriftlichen oder elektronischen Bescheid; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Soweit die Einzugsstelle die Höhe des Arbeitsentgelts nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat sie dieses zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt des Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen. Die nach § 28i Satz 5 zuständige Einzugsstelle prüft die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenze bei geringfügiger Beschäftigung nach den §§ 8 und 8a und entscheidet bei deren Überschreiten über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid.

(2a) (weggefallen)

(3) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks vergibt die Einzugsstelle im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit die Betriebsnummer des Arbeitgebers, berechnet den Gesamtsozialversicherungsbeitrag und die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz und zieht diese vom Arbeitgeber im Wege des Lastschriftverfahrens ein. Die Einzugsstelle meldet bei Beginn und Ende der Beschäftigung und zum Jahresende der Datenstelle der Rentenversicherung die für die Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit erforderlichen Daten eines jeden Beschäftigten. Die Einzugsstelle teilt dem Beschäftigten den Inhalt der abgegebenen Meldung schriftlich oder durch gesicherte Datenübertragung mit.

(4) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks bescheinigt die Einzugsstelle dem Arbeitgeber zum Jahresende

1.
den Zeitraum, für den Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt wurden, und
2.
die Höhe des Arbeitsentgelts (§ 14 Absatz 3), des von ihm getragenen Gesamtsozialversicherungsbeitrags und der Umlagen.

(1) Versicherungsfrei sind

1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt,
1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben,
3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben,
7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht,
8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.

(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.

(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.

(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.

(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.

(5) (weggefallen)

(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.

(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(8) (weggefallen)

(9) (weggefallen)

(1) Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind:

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind; für die Zeit des Bezugs von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch bleibt die Versicherungspflicht unberührt,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, auch wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler, die nach § 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versicherungspflichtig sind,
4.
selbständige Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe, in Berufsbildungswerken oder in ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Berufsfindung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Leistungen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
Behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
10.
Personen, die zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt beschäftigt sind oder die eine Fachschule oder Berufsfachschule besuchen oder eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten (Praktikanten), längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Auszubildende des Zweiten Bildungsweges, die sich in einem nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnittes befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 11, 11a, 11b oder 12 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
12.
Personen, die, weil sie bisher keinen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 des Fünften Buches oder nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Krankenversicherungspflicht unterliegen.

(2) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat haben, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(2a) Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(3) Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung.

(4) Nehmen Personen, die mindestens zehn Jahre nicht in der sozialen Pflegeversicherung oder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig waren, eine dem äußeren Anschein nach versicherungspflichtige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung auf, besteht die widerlegbare Vermutung, daß eine die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung nach Absatz 1 Nr. 1 oder eine versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 oder 4 tatsächlich nicht ausgeübt wird. Dies gilt insbesondere für eine Beschäftigung bei Familienangehörigen oder Lebenspartnern.

(1) Versicherungsfrei sind

1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt,
1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben,
3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben,
7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht,
8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.

(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.

(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.

(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.

(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.

(5) (weggefallen)

(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.

(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(8) (weggefallen)

(9) (weggefallen)

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 05. Februar 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung seiner Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Der am 1964 geborene Kläger war vom 01. Januar 1999 bis 31. August 2001 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten freiwillig krankenversichert. Seit dem 01. September 2001 unterhält er bei der HUK-Coburg eine private Krankenvollversicherung. Er war bis zum 31. März 2004 abhängig beschäftigt, aber wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei. Seine Einkünfte aus seiner Beschäftigung betrugen im Jahre 2001 EUR 43.909,74, 2002 EUR 45.772,00, 2003 EUR 58.422,00 und von Januar bis März 2004 EUR 14.639,00. Vom 01. April 2004 bis zum 31. Januar 2005 war er selbstständig tätig. Vom 01. Februar bis zum 31. Dezember 2005 war er wieder abhängig beschäftigt, das der Beklagten gemeldete Bruttoentgelt für diese elf Monate betrug EUR 35.066,00. Vom 01. Januar 2006 bis zum 31. August 2007 war er erneut selbstständig tätig.
Seit dem 01. September 2007 ist der Kläger wiederum abhängig beschäftigt. Sein Bruttogehalt betrug von September bis November jeweils EUR 4.532,00, im Dezember EUR 4.832,00. Im Jahre 2008 lag es (jeweils ohne geldwerte Sachvorteile) bei EUR 56.044,79, wobei die Monatsbeträge EUR 3.760,00 (April, August, September, Oktober, Dezember), EUR 4.637,00 (Januar, Februar), EUR 5.949,33 (März), EUR 5.812,00 (Mai), EUR 5.275,00 (Juni), EUR 3.889,96 (Juli) und EUR 7.044,00 (November) betrugen. Von Januar bis April 2009 betrug das Bruttogehalt (ebenfalls ohne geldwerte Vorteile) gleichbleibend EUR 3.818,00 im Monat. Auf die Aufforderung der Beklagten vom 18. Oktober 2007 hin meldete sein Arbeitgeber den Kläger als Pflichtversicherten an und führt seitdem u.a. auch die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung an die Beklagte ab.
Der Kläger beantragte unter dem 30. Oktober 2007 bei der Beklagten „Befreiung“ von der gesetzlichen Krankenversicherung. Er führte aus, er sei seit dem „31. August 2001“ trotz unterschiedlicher Einkunftsarten privat krankenversichert und zuletzt selbstständig gewesen. Er wolle seine private Krankenversicherung „auf Grund der jetzigen Einkommenshöhe“ fortführen. Mit e-mail vom 29. November 2007 trug er ergänzend vor, er sei dauerhaft von der Krankenversicherungspflicht befreit, weil er die Jahresarbeitsentgeltgrenze als Beschäftigter in mehr als drei aufeinander folgende Jahren, nämlich von 1999 bis 2005, überschritten habe. Die drei Jahre oberhalb dieser Grenze müssten nicht unmittelbar vor der möglicherweise versicherungspflichtigen neuen Beschäftigung gelegen haben.
Mit Bescheid vom 30. November 2007 an den Kläger führte die Beklagte aus, eine Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht möglich. Der Kläger sei auch nicht versicherungsfrei. Hierzu müsse nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) in der Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG; auch im Folgenden § 6 SGB V jeweils in dieser Fassung) vom 26. März 2007 (BGBl. I, S. 378) das Einkommen aus einer Beschäftigung in drei aufeinander folgenden Jahren über der Jahresarbeitsentgeltgrenze gelegen haben. Auch auf die „Besitzstandsregelung“ (§ 6 Abs. 9 SGB V) könne sich der Kläger sich nicht berufen. Diese setze voraus, dass ein Arbeitnehmer am 02. Februar 2007 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und privat krankenversichert gewesen sei. Der Kläger sei jedoch an diesem Stichtag selbstständig tätig gewesen. Er sei daher ab Beginn seiner Beschäftigung als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer anzumelden gewesen.
Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2008, dem Kläger am 02. April 2008 zugestellt, zurück. Ein Anspruch auf Befreiung bestehe nicht. Dass der Kläger durch die Aufnahme einer Beschäftigung nach einer selbstständigen Tätigkeit versicherungspflichtig geworden sei, sei kein Befreiungstatbestand. Der Kläger sei auch nicht versicherungsfrei. Die Jahresarbeitsentgeltgrenze betreffe allein Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung. Der Kläger habe jedoch in den Jahren vor Beginn der neuen Beschäftigung Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit erzielt. Die Besitzstandsregelung gelte nicht für am Stichtag selbstständig Tätige.
Der Kläger erhob am 16. April 2008 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) mit dem Antrag, unter Aufhebung des Bescheids vom 30. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2008 seine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem 01. September 2007 festzustellen. Er trug vor, es gebe keine Regelung, nach der ein freiwillig Versicherter, der eine selbstständige Tätigkeit aufnehme und dann wieder Angestellter werde, automatisch versicherungspflichtig werde. Bei ihm sei im Jahre 1999 rechtswirksam Versicherungsfreiheit festgestellt worden. Eine erneute Prüfung sei nicht zulässig. Auch habe er in seiner privaten Krankenversicherung Zuschläge für Altersrückstellungen bezahlt, die nun entwertet würden. Auch die Besitzstandsregelung müsse für ihn gelten, ansonsten verstoße sie gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes (GG). Seine Auffassung werde durch das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 10. Dezember 2008 (S 15 KR 392/08, veröffentlicht in Juris) gestützt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Ein Beschäftigter sei auch dann erst nach drei aufeinander folgenden Jahren mit einem Arbeitsentgelt über der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei, wenn er vor der Beschäftigung selbstständig tätig und sein Arbeitseinkommen entsprechend hoch gewesen sei. Unabhängig hiervon habe in seiner Beschäftigung von Februar bis Dezember 2005 kein Einkommen über der Jahresarbeitsentgeltgrenze erzielt. Diese habe monatlich EUR 3.900,00 betragen. Er habe nur EUR 3.187,82 monatlich verdient.
Mit Urteil vom 05. Februar 2009 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2008 auf und stellte fest, dass der Kläger ab dem 01. September 2007 versicherungsfrei ist. Das SG führte aus, dem Kläger müsse im Wege der teleologischen Auslegung die Besitzstandsregelung des § 6 Abs. 9 SGB V zu Gute kommen. Zur weiteren Begründung zitierte es „die trotz Sachverhaltsabweichungen auch hier einschlägigen Gründe“ des genannten Urteils des Sozialgerichts Dresden. Dieses hatte ausgeführt, der Dreijahreszeitraum für die Versicherungsfreiheit solle nur den Übertritt in die private Krankenversicherung, aber nicht den Verbleib dort erschweren. Sei diese Frist einmal erfüllt gewesen, ende die Versicherungsfreiheit erst, wenn wieder eine abhängige Beschäftigung mit einem Einkommen unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze ausgeübt werde.
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Gegen das ihr am 20. März 2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. März 2009 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Sie führt erneut aus, das Einkommen des Klägers von Februar bis Dezember 2005 habe die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht überschritten. Auch habe der Kläger in den drei Jahren vor dem 01. September 2007 nicht durchgängig Arbeitsentgelt bezogen, sondern auch Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Der Gesetzgeber habe die Regelungen über die Versicherungsfreiheit wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze und den Besitzschutz für am 02. Februar 2007 versicherungsfreie Beschäftigte nicht auf Selbstständige ausdehnen wollen.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 05. Februar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen, weiter hilfsweise den Rechtsstreit auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorzulegen, ob es mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes vereinbar ist, dass in der Übergangsregelung des § 6 Abs. 9 SGB V in der Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes lediglich Arbeiter und Angestellte, die am 02. Februar 2007 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei waren, dauerhaft in den Genuss dieser Versicherungsfreiheit kommen, nicht jedoch selbstständig Tätige, die am genannten Stichtag privat krankenversichert waren und ggf. zuvor mehrere Jahre Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung geleistet haben.
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Er führt aus, für ihn habe 2005 nicht die allgemeine, sondern die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze gegolten. Diese habe im Monat nur EUR 3.525,00 betragen. Zusammen mit 2006 erfolgten Netto-Nachzahlungen für 2005 (EUR 750,00 „Rest November 2005“ am 21. Februar 2006, EUR 1.986,00 „Gutschrift Vertreterkonto“ im März 2006) sei diese Grenze von Februar bis Dezember 2005 überschritten gewesen. Auch habe er im Januar 2005 noch EUR 14.000,00 aus Provisionszahlungen seiner damaligen selbstständigen Tätigkeit erhalten. Er habe in mehr als drei aufeinander folgenden Jahren (1999 bis 2003) die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten. Der Gesetzgeber habe nach Ablauf der Dreijahresfrist eine verbindliche Entscheidungsmöglichkeit gegen die gesetzliche Krankenkasse schaffen wollen und den Betroffenen zugleich an diese Entscheidung dauerhaft binden wollen. Die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V solle es nicht ermöglichen, bereits jahrelang aus der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossene Personen wieder in diese einzugliedern. Die gesetzlich bewusst in Kauf genommene Ungleichbehandlung zwischen Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit und solchen aus einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz und beeinträchtige die Berufsfreiheit des Betroffenen, der nur wegen einer ggf. kurzfristigen Selbstständigkeit wieder drei Jahre lange Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und gleichzeitig Beiträge für eine Anwartschaftserhaltung in seiner privaten Krankenversicherung tragen müsse.
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Einen Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (L 4 KR 2041/09 ER) hat der Senat mit Beschluss vom 08. Juni 2009 abgelehnt, weil kein Anordnungsgrund vorliege.
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Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
18 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Berufung der Beklagten, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist form- und fristgerecht nach § 151 Abs. 1 SGG eingelegt, auch sonst zulässig und ebenfalls begründet. Anders als das SG hält der Senat den angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 30. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2008 für rechtmäßig und die Klage daher für unbegründet. Das Urteil des SG war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
20 
1. Gegenstand des Verfahrens ist - nur - die Frage der Versicherungspflicht und damit verbunden der Versicherungsfreiheit des Klägers (§§ 5, 6 SGB V). Zwar hatte der Kläger mit seinem Antrag vom 30. Oktober 2007 - primär - einen Antrag auf „Befreiung“ von der Versicherungspflicht gestellt. Inhaltlich ging es ihm jedoch von Anfang an um die Feststellung, nicht versicherungspflichtig zu sein. Entsprechend hat auch die Beklagte in dem Bescheid vom 30. November 2007 nicht nur den Befreiungsantrag abgelehnt, sondern in erster Linie festgestellt, dass der Kläger nicht versicherungsfrei und damit versicherungspflichtig ist. Dies war sachgerecht, denn ein Befreiungstatbestand nach § 8 SGB V oder einer anderen Norm liegt ersichtlich nicht vor. Einen etwaigen Befreiungsanspruch hat der Kläger dann auch nicht mehr weiterverfolgt, sondern in der mündlichen Verhandlung vor dem SG lediglich noch die Feststellung seiner Versicherungsfreiheit begehrt.
21 
2. Mit diesem Inhalt ist die Anfechtungs- und Feststellungsklage des Klägers zulässig.
22 
Der Anfechtungsantrag des Klägers ist zulässig, weil das Schreiben der Beklagten vom 30. November 2007 einen Verwaltungsakt darstellt. Zwar tritt Versicherungspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung kraft Gesetzes ein, wenn die Voraussetzungen für sie vorliegen. Es bedarf daher keines Bescheids der zuständigen Krankenkasse über die Aufnahme oder den Beginn der Versicherungspflicht (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, SozR 3-2200 § 306 Nr. 2, SozR 3-2500 § 9 Nr. 3). Dies hindert jedoch eine Krankenkasse nicht, Bescheide zu erlassen. Maßgebend ist allein, ob nach § 31 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) eine Regelung mit Rechtswirkung nach außen getroffen wird. Dem entspricht es, dass die Krankenkassen - in ihrer Funktion als Einzugsstellen - nach § 28h Abs. 2 Satz 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) Verwaltungsakte über die Versicherungspflicht (und auch die Beitragspflicht) u. a. in der gesetzlichen Krankenversicherung erlassen können. Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 30. November 2007 die Versicherungspflicht des Klägers in diesem Sinne geregelt. Sie hat Ihrem Schreiben schon nach dem Inhalt ihrer Formulierungen einen rechtlich verbindlichen Charakter beigegeben. Dies zeigt sich auch darin, dass sie den Widerspruch des Klägers nicht als unzulässig zurückgewiesen, sondern in ihrem Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2008 inhaltlich über die Frage der Versicherungsfreiheit und damit der Versicherungspflicht entschieden hat. Es liegt also zumindest ein so genannter Formverwaltungsakt vor.
23 
Gegen einen solchen Bescheid kann die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Variante 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) erhoben werden. Der Betroffene ist nicht darauf verwiesen, die Behörde zur begehrten Feststellung verpflichten zu lassen, sondern kann selbst auf Feststellung klagen (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 55 Rn. 3b i.V.m. Rn. 13c). Das nach § 55 Abs. 1 Halbsatz 2 SGG notwendige Feststellungsinteresse liegt schon wegen der mit der Versicherungspflicht verbundenen Beitragspflicht vor.
24 
3. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht mit dem angegriffenen Bescheid die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung in seiner Beschäftigung ab dem 01. September 2007 festgestellt.
25 
a) Die Beklagte war für den Erlass des angegriffenen Bescheids zuständig, sodass dieser nicht formell rechtswidrig ist.
26 
Allerdings hat die Beklagte nicht als Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV gehandelt. Die Einzugsstellen haben nach dieser Vorschrift umfassend die Versicherungs- und Beitragspflicht und auch die Höhe der geschuldeten Beiträge bzw. des Beitragsanteils von Arbeitgeber und Arbeitnehmer in allen Zweigen der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung festzustellen. Die Beklagte hat jedoch allein die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung festgestellt und keine Aussagen zur Versicherungspflicht in der Rentenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförderung und im Übrigen auch nicht in der Pflegeversicherung getroffen. Außerdem hat sie die Beitragshöhe nicht festgesetzt.
27 
Die Kompetenz der Einzustellen nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV verdrängt jedoch nicht die Befugnis der einzelnen Träger der Sozialversicherung, für ihren Bereich die Versicherungspflicht festzustellen. Die Einzugsstellen nehmen nur die Kompetenzen der einzelnen Träger in gesetzlicher Verfahrens- und Prozessstandschaft wahr (BSG, Urteil vom 15. Juli 2009, B 12 KR 14/08 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 17; vgl zur Entwicklung BSG SozR 3-2400 § 28h Nr. 9). Diese Prozessstandschaft ist so ausgestaltet, dass sie lediglich die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht und der Beitragshöhe sowie den Beitragseinzug zum Inhalt hat, es den anderen Versicherungsträgern im Übrigen aber unbenommen ist, ihre Belange im Rahmen der aufgezeigten Verfahrensrechte eigenständig wahrzunehmen (BSG SozR 3-2400 § 28h Nr. 9).
28 
In diesem Rahmen hat die Beklagte allein über die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung entschieden.
29 
b) Der Bescheid vom 30. November 2007 ist nicht wegen Fehlens einer ausdrücklichen Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts rechtswidrig.
30 
Auch wenn die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung kraft Gesetzes eintritt (s. oben), so sind die Krankenkassen berechtigt, aus Gründen der Rechtsklarheit insbesondere in Zweifelsfällen einen feststellenden Verwaltungsakt zu erlassen. Dies gilt insbesondere, wenn - wie hier - auch über das Vorliegen der Voraussetzungen eines Tatbestandes der Versicherungsfreiheit (§ 6 SGB V) zu entscheiden ist. Solche „Vorabentscheidungen“, also Regelungen, mit denen die Behörde bestimmte Elemente eines zukünftigen Anspruchs oder Rechtsverhältnisses schon vor der Entstehung verbindlich bejaht oder verneint, sind grundsätzlich möglich (Engelmann, in: v. Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2008, § 31 Rn. 29). Für ihre Zulassung besteht oftmals ein Bedürfnis, weil die Betroffenen frühzeitig Dispositionen treffen und dazu wissen müssen, auf welche Rechtslage sie sich einzustellen haben (vgl. etwa BSG SozR 4100 § 75 Nr 6; BSGE 78, 91; 78, 98, 103 f; BVerwGE 57, 158, 161). Solche (vorgezogenen) Feststellungen sind auch ohne gesetzliche Ermächtigung zulässig, soweit sich nicht aus den einschlägigen Vorschriften oder aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht etwas anderes ergibt (BSG SozR 3-1300 § 39 Nr. 7).
31 
c) Die materiellen Voraussetzungen zur Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung lagen vor.
32 
aa) Der Kläger ist ab dem 01. September 2007 als Beschäftigter im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV tätig und daher nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V dem Grunde nach versicherungspflichtig zur gesetzlichen Krankenversicherung. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
33 
bb) Der Kläger ist in dieser Beschäftigung nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 SGB V versicherungsfrei.
34 
(1) § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bestimmt, dass versicherungsfrei Arbeiter und Angestellte sind, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt. Die hier in Bezug genommenen Beträge nach § 6 Abs. 6 SGB V („allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze“) und § 6 Abs. 7 SGB V („besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze“), die erst zum 01. Januar 2003 eingeführt wurde, betrugen (vgl. zur Berechnung § 6 Abs. 6 Sätze 2 bis 4, Abs. 7 Satz 2 SGB V):
35 
Jahr allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze
jährlich monatlich jährlich monatlich
1999 DM 76.500,00 DM 6.375,00
2000 DM 77.400,00 DM 6.450,00
2001 DM 78.300,00 DM 6.525,00
2002 EUR 40.500,00 EUR 3.375,00
2003 EUR 45.900,00 EUR 3.825,00 EUR 41.400,00 EUR 3.450,00
2004 EUR 46.350,00 EUR 3.862,00 EUR 41.850,00 EUR 3.487,50
2005 EUR 46.800,00 EUR 3.900,00 EUR 42.300,00 EUR 3.525,00
2006 EUR 47.250,00 EUR 3.937,50 EUR 42.750,00 EUR 3.562,50
2007 EUR 47.700,00 EUR 3.975,00 EUR 42.750,00 EUR 3.562,50
2008 EUR 48.150,00 EUR 4.012,50 EUR 43.200,00 EUR 3.600,00
2009 EUR 48.600,00 EUR 4.050,00 EUR 44.100,00 EUR 3.675,00
36 
Die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 7 SGB VI gilt für jene Arbeiter und Angestellten, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren. Zum 01. Januar 2003 war die (nunmehr: allgemeine) Jahresarbeitsentgeltgrenze durch das Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I, S. 4637) erheblich erhöht worden.
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Der in § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB V enthaltene Zusatz „und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat“ wurde durch Art. 1 Nr. 3 Buchstabe a des GKV-WSG in das SGB V eingefügt. Zu diesem Zusatz bestimmt § 6 Abs. 4 SGB V Näheres. Diese Vorschrift lautet auszugsweise: Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird (Satz 1). Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist (Satz 3). Ein Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze in einem von drei aufeinander folgenden Kalenderjahren liegt vor, wenn das tatsächlich im Kalenderjahr erzielte regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze überstiegen hat (Satz 4). Für Zeiten, in denen bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis kein Arbeitsentgelt erzielt worden ist, insbesondere bei Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlung sowie bei Bezug von Entgeltersatzleistungen, ist ein regelmäßiges Arbeitsentgelt in der Höhe anzusetzen, in der es ohne die Unterbrechung erzielt worden wäre (Satz 5).
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(aa) Der durch das GKV-WSG eingefügte Zusatz in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V mit dem Erfordernis eines dreijährigen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze erfasst auch Personen mit einem Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze, die vor Beginn ihrer Beschäftigung wegen einer selbstständigen Tätigkeit oder aus anderen Gründen nicht versicherungspflichtig waren. Auch sie sind (mindestens) drei Jahre lang versicherungspflichtig.
39 
Grundsätzlich soll zwar dieser Einschub solche Personen erfassen, die bereits vor Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze abhängig beschäftigt waren. Sie sollen danach noch drei - weitere - Jahre als Pflichtmitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung gehalten werden. Dies ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien. Die Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und SPD haben in ihrem Gesetzesentwurf vom 24. Oktober 2006 ausgeführt: „Zukünftig sind abhängig Beschäftigte erst dann versicherungsfrei, wenn ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt in drei aufeinander folgenden Jahren die Jahresarbeitsentgeltgrenze überstiegen hat. Diese Regelung führt zu einer Erschwerung des Wechsels der Betroffenen von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung“. Es „sollen abhängig Beschäftigte (…) weiterhin ihren Solidarbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung leisten. Erst danach können sie sich für eine private Absicherung ihres Krankheitsrisikos entscheiden“ (BT-Drs. 16/3100, S. 95).
40 
Der Gesetzgeber hat jedoch auch Personen, die vor Beginn der Beschäftigung nicht versicherungspflichtig waren, ausdrücklich der Neuregelung unterworfen. Der Gesetzentwurf führt aus: „Die (neue) Regelung gilt für alle Arbeitnehmer, also auch für solche, die zuvor z. B. als Selbstständige oder Freiberufler tätig waren“ (BT-Drs. 16/3100, S. 96). Dass auch ehemals selbstständig Tätige nach Aufnahme einer Beschäftigung mit einem Einkommen über der Jahresarbeitsentgeltgrenze für (mindestens) drei Jahre versicherungspflichtig sein sollen, ergibt sich weiter aus dem Bericht des Bundestagsausschusses für Gesundheit zum Entwurf des GKV-WSG. Dort ist zu der „Besitzschutzregelung“ in § 6 Abs. 9 SGB V ausgeführt: „Arbeitnehmer, die am Stichtag zum Beispiel als Studenten oder Selbstständige privat krankenversichert waren, sollen sich dagegen nicht auf den Bestandsschutz berufen können“ (BT-Drs. 16/4247, S. 30). Diese Erwägung zeigt, dass der Ausschuss - wie selbstverständlich - davon ausging, dass auch ehemals Selbstständige unter die Neuregelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V fallen sollen, denn sonst hätte es keiner Ausführungen dazu bedurft, ob dieser Personenkreis von der Bestandsschutzklausel erfasst sein sollte.
41 
Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist in seinem Urteil vom 10. Juni 2009 (BVerfG, NJW 2009, 2033, hier zitiert nach Juris) davon ausgegangen, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V auch Personen erfasst, die aus einer Selbstständigkeit heraus eine Beschäftigung mit einem Einkommen über der Jahresarbeitsentgeltgrenze aufnehmen Es hat ausgeführt (Juris Rn. 227):
42 
„Versicherte, die aufgrund von § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V neuer Fassung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen und damit nicht mehr sofort in die private Krankenversicherung wechseln oder in ihr verbleiben können, sind durch die temporär angeordnete Pflichtmitgliedschaft in einer öffentlichrechtlichen Krankenkasse in Art. 2 Abs. 1 GG betroffen (vgl. BVerfGE 115, 25 <42> m.w.N.)“
43 
Das BVerfG hat also deutlich die Norm auch für solche Beschäftigten für anwendbar gehalten, die schon Mitglied einer privaten Krankenversicherung sind, und dann durch die Neuregelung davon abgehalten werden, in dieser zu verbleiben (bzw. gezwungen sind, zwei Versicherungen zu unterhalten). Dies können nach Lage der Dinge aber im Wesentlichen nur ehemals Selbstständige wie der Kläger sein, denn abhängig Beschäftigte, deren Einkommen schon länger über der Jahresarbeitsentgeltgrenze lag, waren nicht negativ betroffen.
44 
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V knüpft an die Höhe des Arbeitsentgelts an. Arbeitsentgelt ist die sozialrechtliche Bezeichnung des Einkommens aus abhängiger Tätigkeit (§ 14 Abs. 1 SGB IV). Selbstständige erzielen dagegen sozialversicherungsrechtlich betrachtet Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV). Ein Selbstständiger, der erstmals - oder erneut - eine Beschäftigung mit einem Einkommen über der Grenze des § 6 Abs. 6 und 7 SGB V aufnimmt, hat daher - rückwirkend betrachtet - niemals in den letzten drei Jahren ein Arbeitsentgelt über der Jahresarbeitsentgeltgrenze bezogen, sondern nur Arbeitseinkommen. Schon diese begriffliche Unterscheidung zeigt, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V eine selbstständige Tätigkeit vor Beginn der Beschäftigung nicht genügen lässt.
45 
(bb) Diese Ausführungen gelten auch für solche Selbstständigen, die vor ihrer Selbstständigkeit als Beschäftigte wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei wurden, auch dann, wenn sie sich damals privat krankenversichert und diese private Absicherung als Selbstständige weitergeführt haben. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V meint jene drei Kalenderjahre, die vor Beginn der fraglichen Beschäftigung lagen. Versicherungsfreiheit ist kein lebenslanger Dauerzustand, sondern immer von den aktuellen Umständen abhängig. Dies hat der Gesetzgeber des GKV-WSG nochmals betont, indem er ausführte, die Entscheidung für eine private Absicherung des Krankheitsrisikos sei - nur - bei unveränderten Lebensverhältnissen dauerhaft (BT-Drs. 16/3100, S. 95). Auch unter früherem Recht fiel ein Selbstständiger, der eine Beschäftigung mit einem Einkommen unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze aufnahm, wieder in die Versicherungspflicht, ohne Rücksicht darauf, dass er sich privat krankenversichert hatte. Auch damals waren länger zurückliegende Zeiträume für die Beurteilung der aktuellen Versicherungspflicht unerheblich. Dies ist auch inhaltlich nachvollziehbar, denn die Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze in drei aufeinanderfolgenden Jahren soll auch deutlich machen, dass der Betroffene aktuell und dauerhaft nicht des Schutzes der gesetzlichen Krankenversicherung bedarf und daher versicherungsfrei sein kann. Hierzu sagt die Höhe des Einkommens in der weiter zurückliegenden Vergangenheit nichts aus.
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(2) Nach alledem fällt der Kläger seit dem 01. September 2007 nicht unter § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und ist daher nicht versicherungsfrei.
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Allerdings hat der Kläger in dem gesamten Zeitraum seitdem ein Einkommen über der jeweiligen Jahresarbeitsentgeltgrenze bezogen. Maßgeblich für ihn ist - dauerhaft - die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs. 7 SGB V, denn der Kläger war am 31. Dezember 2002 noch abhängig beschäftigt und daher grundsätzlich versicherungspflichtig, aber mit seinem Einkommen von EUR 45.772,00 im Jahre 2002 (monatlich EUR 3.814,33) wegen Überschreitens der damaligen Jahresarbeitsentgeltgrenze (EUR 40.500,00) versicherungsfrei. Mit seinen Einkünften seit September 2007 lag der Kläger regelmäßig über dieser besonderen Jahresarbeitsentgeltgrenze. Dies gilt auch für das Jahr 2009, obwohl das Monatseinkommen für Januar bis April 2009 auf EUR 3.818,00 abgesunken war, denn die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze betrug in dieser Zeit EUR 3.675,00.
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Jedoch hat der Kläger in den drei vorangegangenen Kalenderjahren, hier also von 2004 bis 2006, nicht durchgängig ein so hohes Arbeitsentgelt bezogen. In dieser Zeit war er überwiegend selbstständig, nämlich vom 01. April 2004 bis zum 31. Januar 2005 und während des ganzen Jahres 2006. In dieser Zeit bezog er überhaupt kein Arbeitsentgelt, sondern Arbeitseinkommen. Wie hoch dieses war, ist unerheblich.
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(3) Diese Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V verletzt den Kläger nicht in seinen Grundrechten. Eine Aussetzung des Verfahrens verbunden mit einer Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG schied daher aus.
50 
(aa) Das BVerfG hat bereits in dem genannten Urteil vom 10. Juni 2009 entschieden, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zwar in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) derjenigen eingreift, die wegen der Dreijahresfrist nicht mehr in die private Krankenversicherung wechseln oder in ihr verbleiben können, dass dieser Eingriff jedoch gerechtfertigt ist (Juris, Rn. 228 ff.). Es sah diese Rechtfertigung für den „Normalfall“ eines Beschäftigten, dessen Einkommen über die Grenze gestiegen ist, in einer „nachgehenden Solidarität“ und einem Ausgleich dafür, dass solche Beschäftigten „unter Umständen jahrzehntelang als beitragsfrei Familienversicherte, als Auszubildende oder Berufsanfänger mit geringem Arbeitsentgelt von den Leistungen der Solidargemeinschaft profitiert haben“ (Juris, Rn. 231). Ausdrücklich aber hält das BVerfG den in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V liegenden Eingriff auch für jene Betroffenen gerechtfertigt, die bereits zuvor nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren. Es hat hierzu ausgeführt (Juris, Rn. 232 f.):
51 
„Gleichwohl ist die Einbeziehung in die Versicherungspflicht auch für sie zumutbar. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, diese Personen von vornherein aus der Versicherungspflicht herauszunehmen, denn die Dreijahresfrist ist auch unabhängig von dem Gedanken der nachlaufenden Solidarität gerechtfertigt. Er kann den Nachweis des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze davon abhängig machen, dass diese Überschreitung von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stetigkeit ist. (…) Bei der Verlängerung der Versicherungspflicht durfte der Gesetzgeber zudem den Aspekt einer Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung berücksichtigen. Bei der Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung handelt es sich um einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang. Dies legitimiert im Rahmen der Herstellung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft auch Erweiterungen des einbezogenen Personenkreises, um so für einen besseren Ausgleich zwischen Mitgliedern mit höheren und niedrigeren Einkommen zu sorgen.“
52 
Diese Entscheidung hat allerdings nach § 31 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) keine Gesetzeskraft, so dass der Senat nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen an sie gebunden ist. Das BVerfG hat in dem Urteil nur die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zurückgewiesen, nicht aber im Tenor die einzelnen zur Prüfung gestellten Vorschriften für mit dem GG vereinbar erklärt.
53 
Der Senat schließt sich aber inhaltlich den Ausführungen des BVerfG an. Zwar wiegt der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit derjenigen, die schon länger privat versichert sind, schwerer als bei solchen Versicherten, die nur länger auf einen Wechsel in die private Krankenversicherung warten müssen. Auch hier ist der Eingriff jedoch im Hinblick auf den Nachweis der Stetigkeit des hohen Einkommens, wegen der damit fehlenden Schutzbedürftigkeit und zur Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung verhältnismäßig. Insbesondere ist er zumutbar, also verhältnismäßig im engeren Sinn. Hierbei geht der Senat davon aus, dass eine private Krankenversicherung regelmäßig für drei Jahre in eine Anwartschaftserhaltungsversicherung umgestellt werden kann, für die der Betroffene nur geringe Beiträge zahlen muss, die ihm aber seine Altersrückstellungen erhält und eine neue Gesundheitsprüfung mit der Gefahr höherer Prämien oder neuer Versicherungsausschlüsse ausschließt.
54 
(bb) Der Senat sieht auch keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Diesem Prüfungsmaßstab hatte das BVerfG § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nicht unterworfen, er ist aber anwendbar:
55 
Diese Norm behandelt in der hier für richtig gehaltenen Auslegung Beschäftigte, die schon mindestens drei Jahre in einer Beschäftigung die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten hatten, anders als solche Beschäftigten, die in den drei Jahren vor Beginn der Beschäftigung selbstständig waren. Erstere sind in ihrer Beschäftigung nunmehr versicherungsfrei und können ggfs. die gesetzliche Krankenversicherung verlassen, letztere werden drei Jahre versicherungspflichtig. Diese Ungleichbehandlung besteht unabhängig von den Einkünften in den letzten drei Jahren. Auch Selbstständige, deren Arbeitseinkommen höher lag als die für Beschäftigte geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze, werden versicherungspflichtig.
56 
Diese Differenzierung muss nach einem mittleren Prüfungsmaßstab gerechtfertigt sein, sie muss also dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen (vgl. BVerfGE 99, 367, 388). Der Gesetzgeber knüpft nämlich zwar an ein personengebundenes Unterscheidungsmerkmal an - Art der Tätigkeit in den letzten drei Jahren - (vgl. zur Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten BVerfGE 90, 46, 56 f.), dieses Merkmal ist für die Betroffenen jedoch nicht unveränderlich, denn die Entscheidung, selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt zu sein, trifft der Betroffene frei.
57 
Den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügt die Differenzierung. Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Unterscheidung zwischen Selbstständigen und abhängig Beschäftigten grundlegend. Beschäftigte sind dem Grund nach versicherungspflichtig (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Die Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ist eine Ausnahme hiervon, die nur unter engen Voraussetzungen eingreift. Dagegen sind Selbstständige fast durchgängig und stärker als in den anderen Zweigen der Sozialversicherung von der Versicherungspflicht ausgeschlossen, im Wesentlichen sind nur Künstler, Publizisten und Landwirte versicherungspflichtig (§ 5 Abs. 1 Nrn. 3, 4 SGB V). Hinter dieser Unterscheidung steht die Annahme des Gesetzgebers, dass Beschäftigte grundsätzlich eher des Schutzes der gesetzlichen Krankenversicherung bedürfen als Selbstständige. Diese Annahme ist zwar typisierend, aber nicht zu beanstanden. Insbesondere im Hinblick auf ihre Altersabsicherung, die typischerweise im Wesentlichen nur die gesetzliche Rente umfasst, sind Beschäftigte stärker auf die gesetzliche Krankenversicherung angewiesen. Nur Selbstständige haben die Möglichkeit, in größerem Maße unternehmerische Gewinne zu erzielen und dadurch selbst eine ausreichende Absicherung im Alter zu erwerben, aus der sie dann die - im Alter meist steigenden - Kosten einer Krankenversicherung tragen können. Wenn aber die Annahme des Gesetzgebers zutrifft, dass Beschäftigte typischerweise schutzbedürftiger sind, dann gilt dies besonders für ehemals Selbstständige, die erstmals (nach längerer Zeit) oder erneut eine Beschäftigung aufnehmen. Es ist nicht zu beanstanden, dass diese ebenso behandelt werden wie andere Versicherte, die vor Beginn der Beschäftigung überhaupt nicht erwerbstätig waren. Jedenfalls darf der Gesetzgeber bei solchen Neubeschäftigten die Versicherungsfreiheit drei Jahre hinausschieben, damit der Nachweis geführt ist, dass der hohe Verdienst dauerhaft und stetig ist und also wirklich keine (dauerhafte) Schutzbedürftigkeit besteht. Versicherte, die schon längere Zeit beschäftigt waren, haben diesen Nachweis bereits geführt. Zumutbar ist die Ungleichbehandlung aus den gleichen Erwägungen heraus wie bei der Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit.
58 
cc) Der Kläger ist seit dem 01. September 2007 auch nicht nach § 6 Abs. 9 SGB V versicherungsfrei.
59 
Diese Vorschrift bestimmt, dass Arbeiter und Angestellte, die nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V erfüllen, aber am 02. Februar 2007 wegen Überschreitens der (damals geltenden) Jahresarbeitsentgeltgrenze bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren (…), versicherungsfrei bleiben, solange sie keinen anderen Tatbestand der Versicherungspflicht (als den nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) erfüllen. Diese Vorschrift ist eng auszulegen und erfasst allein solche Personen, die am 02. Februar 2007 Beschäftigte waren. Wer an diesem Stichtag selbstständig war, wird nicht erfasst (BT-Drs. 16/4247, S. 30). Dies folgt auch aus dem Wortlaut der Norm, der von Arbeitern und Angestellten und von Versicherungsfreiheit am Stichtag spricht, die bei Selbstständigen schon begrifflich nicht möglich ist. Der Kläger aber war am 02. Februar 2007 selbstständig tätig.
60 
§ 6 Abs. 9 SGB V kann nicht derart extensiv ausgelegt werden - bzw. analog angewandt werden -, dass auch solche Personen erfasst sind, die am Stichtag selbstständig waren. In diesem Punkt ist der Senat anderer Ansicht als das SG und das Sozialgericht Dresden in seinem Urteil vom 10. Dezember 2008. Aus den Gesetzesmaterialien und dem Urteil des BVerfG vom 10. Juni 2009 geht deutlich hervor, dass der Gesetzgeber mit der dreijährigen Wartefrist auch solche Personen in die Versicherungspflicht einbeziehen wollte, die - z.B. wegen einer selbstständigen Tätigkeit zuvor - bereits privat krankenversichert sind. Außerdem betraf das Urteil des Sozialgerichts Dresden einen Sonderfall. Der dortige Kläger war nur kurz selbstständig gewesen. Bei Aufnahme seiner Beschäftigung am 01. Oktober 2007 hatte die dortige Beklagte als die letzten drei Kalenderjahre die Jahre 2004 bis 2006 beurteilt, in denen der dortige Kläger durchgängig beschäftigt war und ein Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze bezogen hatte. Die dort beklagte Krankenkasse hatte daher ab Oktober 2007 Versicherungsfreiheit festgestellt. Das Sozialgericht Dresden hat ihr lediglich das Recht abgesprochen, die Versicherungspflicht zum 01. Januar 2008 erneut zu prüfen (und hierbei dann die Jahre 2005 bis 2007 zu Grunde zu legen). Der Kläger des vorliegenden Verfahrens war jedoch vor Aufnahme seiner Beschäftigung am 01. September 2007 nicht versicherungspflichtig, denn in den - insoweit maßgeblichen - Jahren 2004 bis 2006 war er nicht durchgängig beschäftigt, sondern überwiegend, zuletzt vom 01. Januar 2006 bis zum 31. August 2007, selbstständig tätig gewesen.
61 
Auch die in § 6 Abs. 9 SGB V enthaltene Differenzierung zwischen jenen, die am 02. Februar 2007 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei waren, und jenen, die an diesem Stichtag als Selbstständige gar nicht versicherungspflichtig waren, verletzt Art. 3 Abs. 1 GG nicht. Bei der Festlegung von Stichzeitpunkten, insbesondere wenn diese - wie hier - dem Vertrauensschutz Betroffener dienen sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei und nur an das Willkürverbot gebunden (BVerfGE 95, 64, 88). Die Bestandsschutzregelung in § 6 Abs. 9 SGB V musste schon deshalb nur versicherungsfreie Beschäftigte erfassen, weil nur diese von der Verschärfung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in ihren Grundrechten betroffen waren, denn sie hatten diese Rechtsposition bereits erworben. Ein Selbstständiger dagegen hatte unter altem Recht kein schutzwürdiges Vertrauen erwerben können. Für ihn bestand allenfalls eine bloße Hoffnung, bei Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung nicht versicherungspflichtig zu werden. Diese Hoffnung hätte sich schon dann zerschlagen, wenn der Gesetzgeber die Jahresarbeitsentgeltgrenze angehoben hätte. Auch dann wäre ein Selbstständiger bei Aufnahme einer Beschäftigung mit einem Einkommen unter dieser Grenze unabdingbar versicherungspflichtig geworden, ein Beschäftigter dagegen hätte sich nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V befreien lassen können.
62 
4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
63 
5. Der Senat lässt nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Revision zu. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung, denn sie wirft verfassungsrechtliche Fragen auf und es liegt noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Anwendbarkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und des § 6 Abs. 9 SGB V auf ehemals Selbstständige vor.

Gründe

 
19 
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist form- und fristgerecht nach § 151 Abs. 1 SGG eingelegt, auch sonst zulässig und ebenfalls begründet. Anders als das SG hält der Senat den angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 30. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2008 für rechtmäßig und die Klage daher für unbegründet. Das Urteil des SG war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
20 
1. Gegenstand des Verfahrens ist - nur - die Frage der Versicherungspflicht und damit verbunden der Versicherungsfreiheit des Klägers (§§ 5, 6 SGB V). Zwar hatte der Kläger mit seinem Antrag vom 30. Oktober 2007 - primär - einen Antrag auf „Befreiung“ von der Versicherungspflicht gestellt. Inhaltlich ging es ihm jedoch von Anfang an um die Feststellung, nicht versicherungspflichtig zu sein. Entsprechend hat auch die Beklagte in dem Bescheid vom 30. November 2007 nicht nur den Befreiungsantrag abgelehnt, sondern in erster Linie festgestellt, dass der Kläger nicht versicherungsfrei und damit versicherungspflichtig ist. Dies war sachgerecht, denn ein Befreiungstatbestand nach § 8 SGB V oder einer anderen Norm liegt ersichtlich nicht vor. Einen etwaigen Befreiungsanspruch hat der Kläger dann auch nicht mehr weiterverfolgt, sondern in der mündlichen Verhandlung vor dem SG lediglich noch die Feststellung seiner Versicherungsfreiheit begehrt.
21 
2. Mit diesem Inhalt ist die Anfechtungs- und Feststellungsklage des Klägers zulässig.
22 
Der Anfechtungsantrag des Klägers ist zulässig, weil das Schreiben der Beklagten vom 30. November 2007 einen Verwaltungsakt darstellt. Zwar tritt Versicherungspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung kraft Gesetzes ein, wenn die Voraussetzungen für sie vorliegen. Es bedarf daher keines Bescheids der zuständigen Krankenkasse über die Aufnahme oder den Beginn der Versicherungspflicht (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, SozR 3-2200 § 306 Nr. 2, SozR 3-2500 § 9 Nr. 3). Dies hindert jedoch eine Krankenkasse nicht, Bescheide zu erlassen. Maßgebend ist allein, ob nach § 31 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) eine Regelung mit Rechtswirkung nach außen getroffen wird. Dem entspricht es, dass die Krankenkassen - in ihrer Funktion als Einzugsstellen - nach § 28h Abs. 2 Satz 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) Verwaltungsakte über die Versicherungspflicht (und auch die Beitragspflicht) u. a. in der gesetzlichen Krankenversicherung erlassen können. Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 30. November 2007 die Versicherungspflicht des Klägers in diesem Sinne geregelt. Sie hat Ihrem Schreiben schon nach dem Inhalt ihrer Formulierungen einen rechtlich verbindlichen Charakter beigegeben. Dies zeigt sich auch darin, dass sie den Widerspruch des Klägers nicht als unzulässig zurückgewiesen, sondern in ihrem Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2008 inhaltlich über die Frage der Versicherungsfreiheit und damit der Versicherungspflicht entschieden hat. Es liegt also zumindest ein so genannter Formverwaltungsakt vor.
23 
Gegen einen solchen Bescheid kann die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Variante 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) erhoben werden. Der Betroffene ist nicht darauf verwiesen, die Behörde zur begehrten Feststellung verpflichten zu lassen, sondern kann selbst auf Feststellung klagen (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 55 Rn. 3b i.V.m. Rn. 13c). Das nach § 55 Abs. 1 Halbsatz 2 SGG notwendige Feststellungsinteresse liegt schon wegen der mit der Versicherungspflicht verbundenen Beitragspflicht vor.
24 
3. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht mit dem angegriffenen Bescheid die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung in seiner Beschäftigung ab dem 01. September 2007 festgestellt.
25 
a) Die Beklagte war für den Erlass des angegriffenen Bescheids zuständig, sodass dieser nicht formell rechtswidrig ist.
26 
Allerdings hat die Beklagte nicht als Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV gehandelt. Die Einzugsstellen haben nach dieser Vorschrift umfassend die Versicherungs- und Beitragspflicht und auch die Höhe der geschuldeten Beiträge bzw. des Beitragsanteils von Arbeitgeber und Arbeitnehmer in allen Zweigen der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung festzustellen. Die Beklagte hat jedoch allein die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung festgestellt und keine Aussagen zur Versicherungspflicht in der Rentenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförderung und im Übrigen auch nicht in der Pflegeversicherung getroffen. Außerdem hat sie die Beitragshöhe nicht festgesetzt.
27 
Die Kompetenz der Einzustellen nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV verdrängt jedoch nicht die Befugnis der einzelnen Träger der Sozialversicherung, für ihren Bereich die Versicherungspflicht festzustellen. Die Einzugsstellen nehmen nur die Kompetenzen der einzelnen Träger in gesetzlicher Verfahrens- und Prozessstandschaft wahr (BSG, Urteil vom 15. Juli 2009, B 12 KR 14/08 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 17; vgl zur Entwicklung BSG SozR 3-2400 § 28h Nr. 9). Diese Prozessstandschaft ist so ausgestaltet, dass sie lediglich die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht und der Beitragshöhe sowie den Beitragseinzug zum Inhalt hat, es den anderen Versicherungsträgern im Übrigen aber unbenommen ist, ihre Belange im Rahmen der aufgezeigten Verfahrensrechte eigenständig wahrzunehmen (BSG SozR 3-2400 § 28h Nr. 9).
28 
In diesem Rahmen hat die Beklagte allein über die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung entschieden.
29 
b) Der Bescheid vom 30. November 2007 ist nicht wegen Fehlens einer ausdrücklichen Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts rechtswidrig.
30 
Auch wenn die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung kraft Gesetzes eintritt (s. oben), so sind die Krankenkassen berechtigt, aus Gründen der Rechtsklarheit insbesondere in Zweifelsfällen einen feststellenden Verwaltungsakt zu erlassen. Dies gilt insbesondere, wenn - wie hier - auch über das Vorliegen der Voraussetzungen eines Tatbestandes der Versicherungsfreiheit (§ 6 SGB V) zu entscheiden ist. Solche „Vorabentscheidungen“, also Regelungen, mit denen die Behörde bestimmte Elemente eines zukünftigen Anspruchs oder Rechtsverhältnisses schon vor der Entstehung verbindlich bejaht oder verneint, sind grundsätzlich möglich (Engelmann, in: v. Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2008, § 31 Rn. 29). Für ihre Zulassung besteht oftmals ein Bedürfnis, weil die Betroffenen frühzeitig Dispositionen treffen und dazu wissen müssen, auf welche Rechtslage sie sich einzustellen haben (vgl. etwa BSG SozR 4100 § 75 Nr 6; BSGE 78, 91; 78, 98, 103 f; BVerwGE 57, 158, 161). Solche (vorgezogenen) Feststellungen sind auch ohne gesetzliche Ermächtigung zulässig, soweit sich nicht aus den einschlägigen Vorschriften oder aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht etwas anderes ergibt (BSG SozR 3-1300 § 39 Nr. 7).
31 
c) Die materiellen Voraussetzungen zur Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung lagen vor.
32 
aa) Der Kläger ist ab dem 01. September 2007 als Beschäftigter im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV tätig und daher nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V dem Grunde nach versicherungspflichtig zur gesetzlichen Krankenversicherung. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
33 
bb) Der Kläger ist in dieser Beschäftigung nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 SGB V versicherungsfrei.
34 
(1) § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bestimmt, dass versicherungsfrei Arbeiter und Angestellte sind, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt. Die hier in Bezug genommenen Beträge nach § 6 Abs. 6 SGB V („allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze“) und § 6 Abs. 7 SGB V („besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze“), die erst zum 01. Januar 2003 eingeführt wurde, betrugen (vgl. zur Berechnung § 6 Abs. 6 Sätze 2 bis 4, Abs. 7 Satz 2 SGB V):
35 
Jahr allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze
jährlich monatlich jährlich monatlich
1999 DM 76.500,00 DM 6.375,00
2000 DM 77.400,00 DM 6.450,00
2001 DM 78.300,00 DM 6.525,00
2002 EUR 40.500,00 EUR 3.375,00
2003 EUR 45.900,00 EUR 3.825,00 EUR 41.400,00 EUR 3.450,00
2004 EUR 46.350,00 EUR 3.862,00 EUR 41.850,00 EUR 3.487,50
2005 EUR 46.800,00 EUR 3.900,00 EUR 42.300,00 EUR 3.525,00
2006 EUR 47.250,00 EUR 3.937,50 EUR 42.750,00 EUR 3.562,50
2007 EUR 47.700,00 EUR 3.975,00 EUR 42.750,00 EUR 3.562,50
2008 EUR 48.150,00 EUR 4.012,50 EUR 43.200,00 EUR 3.600,00
2009 EUR 48.600,00 EUR 4.050,00 EUR 44.100,00 EUR 3.675,00
36 
Die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 7 SGB VI gilt für jene Arbeiter und Angestellten, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren. Zum 01. Januar 2003 war die (nunmehr: allgemeine) Jahresarbeitsentgeltgrenze durch das Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I, S. 4637) erheblich erhöht worden.
37 
Der in § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB V enthaltene Zusatz „und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat“ wurde durch Art. 1 Nr. 3 Buchstabe a des GKV-WSG in das SGB V eingefügt. Zu diesem Zusatz bestimmt § 6 Abs. 4 SGB V Näheres. Diese Vorschrift lautet auszugsweise: Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird (Satz 1). Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist (Satz 3). Ein Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze in einem von drei aufeinander folgenden Kalenderjahren liegt vor, wenn das tatsächlich im Kalenderjahr erzielte regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze überstiegen hat (Satz 4). Für Zeiten, in denen bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis kein Arbeitsentgelt erzielt worden ist, insbesondere bei Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlung sowie bei Bezug von Entgeltersatzleistungen, ist ein regelmäßiges Arbeitsentgelt in der Höhe anzusetzen, in der es ohne die Unterbrechung erzielt worden wäre (Satz 5).
38 
(aa) Der durch das GKV-WSG eingefügte Zusatz in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V mit dem Erfordernis eines dreijährigen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze erfasst auch Personen mit einem Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze, die vor Beginn ihrer Beschäftigung wegen einer selbstständigen Tätigkeit oder aus anderen Gründen nicht versicherungspflichtig waren. Auch sie sind (mindestens) drei Jahre lang versicherungspflichtig.
39 
Grundsätzlich soll zwar dieser Einschub solche Personen erfassen, die bereits vor Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze abhängig beschäftigt waren. Sie sollen danach noch drei - weitere - Jahre als Pflichtmitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung gehalten werden. Dies ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien. Die Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und SPD haben in ihrem Gesetzesentwurf vom 24. Oktober 2006 ausgeführt: „Zukünftig sind abhängig Beschäftigte erst dann versicherungsfrei, wenn ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt in drei aufeinander folgenden Jahren die Jahresarbeitsentgeltgrenze überstiegen hat. Diese Regelung führt zu einer Erschwerung des Wechsels der Betroffenen von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung“. Es „sollen abhängig Beschäftigte (…) weiterhin ihren Solidarbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung leisten. Erst danach können sie sich für eine private Absicherung ihres Krankheitsrisikos entscheiden“ (BT-Drs. 16/3100, S. 95).
40 
Der Gesetzgeber hat jedoch auch Personen, die vor Beginn der Beschäftigung nicht versicherungspflichtig waren, ausdrücklich der Neuregelung unterworfen. Der Gesetzentwurf führt aus: „Die (neue) Regelung gilt für alle Arbeitnehmer, also auch für solche, die zuvor z. B. als Selbstständige oder Freiberufler tätig waren“ (BT-Drs. 16/3100, S. 96). Dass auch ehemals selbstständig Tätige nach Aufnahme einer Beschäftigung mit einem Einkommen über der Jahresarbeitsentgeltgrenze für (mindestens) drei Jahre versicherungspflichtig sein sollen, ergibt sich weiter aus dem Bericht des Bundestagsausschusses für Gesundheit zum Entwurf des GKV-WSG. Dort ist zu der „Besitzschutzregelung“ in § 6 Abs. 9 SGB V ausgeführt: „Arbeitnehmer, die am Stichtag zum Beispiel als Studenten oder Selbstständige privat krankenversichert waren, sollen sich dagegen nicht auf den Bestandsschutz berufen können“ (BT-Drs. 16/4247, S. 30). Diese Erwägung zeigt, dass der Ausschuss - wie selbstverständlich - davon ausging, dass auch ehemals Selbstständige unter die Neuregelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V fallen sollen, denn sonst hätte es keiner Ausführungen dazu bedurft, ob dieser Personenkreis von der Bestandsschutzklausel erfasst sein sollte.
41 
Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist in seinem Urteil vom 10. Juni 2009 (BVerfG, NJW 2009, 2033, hier zitiert nach Juris) davon ausgegangen, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V auch Personen erfasst, die aus einer Selbstständigkeit heraus eine Beschäftigung mit einem Einkommen über der Jahresarbeitsentgeltgrenze aufnehmen Es hat ausgeführt (Juris Rn. 227):
42 
„Versicherte, die aufgrund von § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V neuer Fassung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen und damit nicht mehr sofort in die private Krankenversicherung wechseln oder in ihr verbleiben können, sind durch die temporär angeordnete Pflichtmitgliedschaft in einer öffentlichrechtlichen Krankenkasse in Art. 2 Abs. 1 GG betroffen (vgl. BVerfGE 115, 25 <42> m.w.N.)“
43 
Das BVerfG hat also deutlich die Norm auch für solche Beschäftigten für anwendbar gehalten, die schon Mitglied einer privaten Krankenversicherung sind, und dann durch die Neuregelung davon abgehalten werden, in dieser zu verbleiben (bzw. gezwungen sind, zwei Versicherungen zu unterhalten). Dies können nach Lage der Dinge aber im Wesentlichen nur ehemals Selbstständige wie der Kläger sein, denn abhängig Beschäftigte, deren Einkommen schon länger über der Jahresarbeitsentgeltgrenze lag, waren nicht negativ betroffen.
44 
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V knüpft an die Höhe des Arbeitsentgelts an. Arbeitsentgelt ist die sozialrechtliche Bezeichnung des Einkommens aus abhängiger Tätigkeit (§ 14 Abs. 1 SGB IV). Selbstständige erzielen dagegen sozialversicherungsrechtlich betrachtet Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV). Ein Selbstständiger, der erstmals - oder erneut - eine Beschäftigung mit einem Einkommen über der Grenze des § 6 Abs. 6 und 7 SGB V aufnimmt, hat daher - rückwirkend betrachtet - niemals in den letzten drei Jahren ein Arbeitsentgelt über der Jahresarbeitsentgeltgrenze bezogen, sondern nur Arbeitseinkommen. Schon diese begriffliche Unterscheidung zeigt, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V eine selbstständige Tätigkeit vor Beginn der Beschäftigung nicht genügen lässt.
45 
(bb) Diese Ausführungen gelten auch für solche Selbstständigen, die vor ihrer Selbstständigkeit als Beschäftigte wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei wurden, auch dann, wenn sie sich damals privat krankenversichert und diese private Absicherung als Selbstständige weitergeführt haben. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V meint jene drei Kalenderjahre, die vor Beginn der fraglichen Beschäftigung lagen. Versicherungsfreiheit ist kein lebenslanger Dauerzustand, sondern immer von den aktuellen Umständen abhängig. Dies hat der Gesetzgeber des GKV-WSG nochmals betont, indem er ausführte, die Entscheidung für eine private Absicherung des Krankheitsrisikos sei - nur - bei unveränderten Lebensverhältnissen dauerhaft (BT-Drs. 16/3100, S. 95). Auch unter früherem Recht fiel ein Selbstständiger, der eine Beschäftigung mit einem Einkommen unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze aufnahm, wieder in die Versicherungspflicht, ohne Rücksicht darauf, dass er sich privat krankenversichert hatte. Auch damals waren länger zurückliegende Zeiträume für die Beurteilung der aktuellen Versicherungspflicht unerheblich. Dies ist auch inhaltlich nachvollziehbar, denn die Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze in drei aufeinanderfolgenden Jahren soll auch deutlich machen, dass der Betroffene aktuell und dauerhaft nicht des Schutzes der gesetzlichen Krankenversicherung bedarf und daher versicherungsfrei sein kann. Hierzu sagt die Höhe des Einkommens in der weiter zurückliegenden Vergangenheit nichts aus.
46 
(2) Nach alledem fällt der Kläger seit dem 01. September 2007 nicht unter § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und ist daher nicht versicherungsfrei.
47 
Allerdings hat der Kläger in dem gesamten Zeitraum seitdem ein Einkommen über der jeweiligen Jahresarbeitsentgeltgrenze bezogen. Maßgeblich für ihn ist - dauerhaft - die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs. 7 SGB V, denn der Kläger war am 31. Dezember 2002 noch abhängig beschäftigt und daher grundsätzlich versicherungspflichtig, aber mit seinem Einkommen von EUR 45.772,00 im Jahre 2002 (monatlich EUR 3.814,33) wegen Überschreitens der damaligen Jahresarbeitsentgeltgrenze (EUR 40.500,00) versicherungsfrei. Mit seinen Einkünften seit September 2007 lag der Kläger regelmäßig über dieser besonderen Jahresarbeitsentgeltgrenze. Dies gilt auch für das Jahr 2009, obwohl das Monatseinkommen für Januar bis April 2009 auf EUR 3.818,00 abgesunken war, denn die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze betrug in dieser Zeit EUR 3.675,00.
48 
Jedoch hat der Kläger in den drei vorangegangenen Kalenderjahren, hier also von 2004 bis 2006, nicht durchgängig ein so hohes Arbeitsentgelt bezogen. In dieser Zeit war er überwiegend selbstständig, nämlich vom 01. April 2004 bis zum 31. Januar 2005 und während des ganzen Jahres 2006. In dieser Zeit bezog er überhaupt kein Arbeitsentgelt, sondern Arbeitseinkommen. Wie hoch dieses war, ist unerheblich.
49 
(3) Diese Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V verletzt den Kläger nicht in seinen Grundrechten. Eine Aussetzung des Verfahrens verbunden mit einer Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG schied daher aus.
50 
(aa) Das BVerfG hat bereits in dem genannten Urteil vom 10. Juni 2009 entschieden, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zwar in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) derjenigen eingreift, die wegen der Dreijahresfrist nicht mehr in die private Krankenversicherung wechseln oder in ihr verbleiben können, dass dieser Eingriff jedoch gerechtfertigt ist (Juris, Rn. 228 ff.). Es sah diese Rechtfertigung für den „Normalfall“ eines Beschäftigten, dessen Einkommen über die Grenze gestiegen ist, in einer „nachgehenden Solidarität“ und einem Ausgleich dafür, dass solche Beschäftigten „unter Umständen jahrzehntelang als beitragsfrei Familienversicherte, als Auszubildende oder Berufsanfänger mit geringem Arbeitsentgelt von den Leistungen der Solidargemeinschaft profitiert haben“ (Juris, Rn. 231). Ausdrücklich aber hält das BVerfG den in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V liegenden Eingriff auch für jene Betroffenen gerechtfertigt, die bereits zuvor nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren. Es hat hierzu ausgeführt (Juris, Rn. 232 f.):
51 
„Gleichwohl ist die Einbeziehung in die Versicherungspflicht auch für sie zumutbar. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, diese Personen von vornherein aus der Versicherungspflicht herauszunehmen, denn die Dreijahresfrist ist auch unabhängig von dem Gedanken der nachlaufenden Solidarität gerechtfertigt. Er kann den Nachweis des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze davon abhängig machen, dass diese Überschreitung von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stetigkeit ist. (…) Bei der Verlängerung der Versicherungspflicht durfte der Gesetzgeber zudem den Aspekt einer Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung berücksichtigen. Bei der Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung handelt es sich um einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang. Dies legitimiert im Rahmen der Herstellung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft auch Erweiterungen des einbezogenen Personenkreises, um so für einen besseren Ausgleich zwischen Mitgliedern mit höheren und niedrigeren Einkommen zu sorgen.“
52 
Diese Entscheidung hat allerdings nach § 31 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) keine Gesetzeskraft, so dass der Senat nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen an sie gebunden ist. Das BVerfG hat in dem Urteil nur die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zurückgewiesen, nicht aber im Tenor die einzelnen zur Prüfung gestellten Vorschriften für mit dem GG vereinbar erklärt.
53 
Der Senat schließt sich aber inhaltlich den Ausführungen des BVerfG an. Zwar wiegt der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit derjenigen, die schon länger privat versichert sind, schwerer als bei solchen Versicherten, die nur länger auf einen Wechsel in die private Krankenversicherung warten müssen. Auch hier ist der Eingriff jedoch im Hinblick auf den Nachweis der Stetigkeit des hohen Einkommens, wegen der damit fehlenden Schutzbedürftigkeit und zur Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung verhältnismäßig. Insbesondere ist er zumutbar, also verhältnismäßig im engeren Sinn. Hierbei geht der Senat davon aus, dass eine private Krankenversicherung regelmäßig für drei Jahre in eine Anwartschaftserhaltungsversicherung umgestellt werden kann, für die der Betroffene nur geringe Beiträge zahlen muss, die ihm aber seine Altersrückstellungen erhält und eine neue Gesundheitsprüfung mit der Gefahr höherer Prämien oder neuer Versicherungsausschlüsse ausschließt.
54 
(bb) Der Senat sieht auch keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Diesem Prüfungsmaßstab hatte das BVerfG § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nicht unterworfen, er ist aber anwendbar:
55 
Diese Norm behandelt in der hier für richtig gehaltenen Auslegung Beschäftigte, die schon mindestens drei Jahre in einer Beschäftigung die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten hatten, anders als solche Beschäftigten, die in den drei Jahren vor Beginn der Beschäftigung selbstständig waren. Erstere sind in ihrer Beschäftigung nunmehr versicherungsfrei und können ggfs. die gesetzliche Krankenversicherung verlassen, letztere werden drei Jahre versicherungspflichtig. Diese Ungleichbehandlung besteht unabhängig von den Einkünften in den letzten drei Jahren. Auch Selbstständige, deren Arbeitseinkommen höher lag als die für Beschäftigte geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze, werden versicherungspflichtig.
56 
Diese Differenzierung muss nach einem mittleren Prüfungsmaßstab gerechtfertigt sein, sie muss also dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen (vgl. BVerfGE 99, 367, 388). Der Gesetzgeber knüpft nämlich zwar an ein personengebundenes Unterscheidungsmerkmal an - Art der Tätigkeit in den letzten drei Jahren - (vgl. zur Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten BVerfGE 90, 46, 56 f.), dieses Merkmal ist für die Betroffenen jedoch nicht unveränderlich, denn die Entscheidung, selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt zu sein, trifft der Betroffene frei.
57 
Den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügt die Differenzierung. Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Unterscheidung zwischen Selbstständigen und abhängig Beschäftigten grundlegend. Beschäftigte sind dem Grund nach versicherungspflichtig (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Die Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ist eine Ausnahme hiervon, die nur unter engen Voraussetzungen eingreift. Dagegen sind Selbstständige fast durchgängig und stärker als in den anderen Zweigen der Sozialversicherung von der Versicherungspflicht ausgeschlossen, im Wesentlichen sind nur Künstler, Publizisten und Landwirte versicherungspflichtig (§ 5 Abs. 1 Nrn. 3, 4 SGB V). Hinter dieser Unterscheidung steht die Annahme des Gesetzgebers, dass Beschäftigte grundsätzlich eher des Schutzes der gesetzlichen Krankenversicherung bedürfen als Selbstständige. Diese Annahme ist zwar typisierend, aber nicht zu beanstanden. Insbesondere im Hinblick auf ihre Altersabsicherung, die typischerweise im Wesentlichen nur die gesetzliche Rente umfasst, sind Beschäftigte stärker auf die gesetzliche Krankenversicherung angewiesen. Nur Selbstständige haben die Möglichkeit, in größerem Maße unternehmerische Gewinne zu erzielen und dadurch selbst eine ausreichende Absicherung im Alter zu erwerben, aus der sie dann die - im Alter meist steigenden - Kosten einer Krankenversicherung tragen können. Wenn aber die Annahme des Gesetzgebers zutrifft, dass Beschäftigte typischerweise schutzbedürftiger sind, dann gilt dies besonders für ehemals Selbstständige, die erstmals (nach längerer Zeit) oder erneut eine Beschäftigung aufnehmen. Es ist nicht zu beanstanden, dass diese ebenso behandelt werden wie andere Versicherte, die vor Beginn der Beschäftigung überhaupt nicht erwerbstätig waren. Jedenfalls darf der Gesetzgeber bei solchen Neubeschäftigten die Versicherungsfreiheit drei Jahre hinausschieben, damit der Nachweis geführt ist, dass der hohe Verdienst dauerhaft und stetig ist und also wirklich keine (dauerhafte) Schutzbedürftigkeit besteht. Versicherte, die schon längere Zeit beschäftigt waren, haben diesen Nachweis bereits geführt. Zumutbar ist die Ungleichbehandlung aus den gleichen Erwägungen heraus wie bei der Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit.
58 
cc) Der Kläger ist seit dem 01. September 2007 auch nicht nach § 6 Abs. 9 SGB V versicherungsfrei.
59 
Diese Vorschrift bestimmt, dass Arbeiter und Angestellte, die nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V erfüllen, aber am 02. Februar 2007 wegen Überschreitens der (damals geltenden) Jahresarbeitsentgeltgrenze bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren (…), versicherungsfrei bleiben, solange sie keinen anderen Tatbestand der Versicherungspflicht (als den nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) erfüllen. Diese Vorschrift ist eng auszulegen und erfasst allein solche Personen, die am 02. Februar 2007 Beschäftigte waren. Wer an diesem Stichtag selbstständig war, wird nicht erfasst (BT-Drs. 16/4247, S. 30). Dies folgt auch aus dem Wortlaut der Norm, der von Arbeitern und Angestellten und von Versicherungsfreiheit am Stichtag spricht, die bei Selbstständigen schon begrifflich nicht möglich ist. Der Kläger aber war am 02. Februar 2007 selbstständig tätig.
60 
§ 6 Abs. 9 SGB V kann nicht derart extensiv ausgelegt werden - bzw. analog angewandt werden -, dass auch solche Personen erfasst sind, die am Stichtag selbstständig waren. In diesem Punkt ist der Senat anderer Ansicht als das SG und das Sozialgericht Dresden in seinem Urteil vom 10. Dezember 2008. Aus den Gesetzesmaterialien und dem Urteil des BVerfG vom 10. Juni 2009 geht deutlich hervor, dass der Gesetzgeber mit der dreijährigen Wartefrist auch solche Personen in die Versicherungspflicht einbeziehen wollte, die - z.B. wegen einer selbstständigen Tätigkeit zuvor - bereits privat krankenversichert sind. Außerdem betraf das Urteil des Sozialgerichts Dresden einen Sonderfall. Der dortige Kläger war nur kurz selbstständig gewesen. Bei Aufnahme seiner Beschäftigung am 01. Oktober 2007 hatte die dortige Beklagte als die letzten drei Kalenderjahre die Jahre 2004 bis 2006 beurteilt, in denen der dortige Kläger durchgängig beschäftigt war und ein Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze bezogen hatte. Die dort beklagte Krankenkasse hatte daher ab Oktober 2007 Versicherungsfreiheit festgestellt. Das Sozialgericht Dresden hat ihr lediglich das Recht abgesprochen, die Versicherungspflicht zum 01. Januar 2008 erneut zu prüfen (und hierbei dann die Jahre 2005 bis 2007 zu Grunde zu legen). Der Kläger des vorliegenden Verfahrens war jedoch vor Aufnahme seiner Beschäftigung am 01. September 2007 nicht versicherungspflichtig, denn in den - insoweit maßgeblichen - Jahren 2004 bis 2006 war er nicht durchgängig beschäftigt, sondern überwiegend, zuletzt vom 01. Januar 2006 bis zum 31. August 2007, selbstständig tätig gewesen.
61 
Auch die in § 6 Abs. 9 SGB V enthaltene Differenzierung zwischen jenen, die am 02. Februar 2007 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei waren, und jenen, die an diesem Stichtag als Selbstständige gar nicht versicherungspflichtig waren, verletzt Art. 3 Abs. 1 GG nicht. Bei der Festlegung von Stichzeitpunkten, insbesondere wenn diese - wie hier - dem Vertrauensschutz Betroffener dienen sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei und nur an das Willkürverbot gebunden (BVerfGE 95, 64, 88). Die Bestandsschutzregelung in § 6 Abs. 9 SGB V musste schon deshalb nur versicherungsfreie Beschäftigte erfassen, weil nur diese von der Verschärfung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in ihren Grundrechten betroffen waren, denn sie hatten diese Rechtsposition bereits erworben. Ein Selbstständiger dagegen hatte unter altem Recht kein schutzwürdiges Vertrauen erwerben können. Für ihn bestand allenfalls eine bloße Hoffnung, bei Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung nicht versicherungspflichtig zu werden. Diese Hoffnung hätte sich schon dann zerschlagen, wenn der Gesetzgeber die Jahresarbeitsentgeltgrenze angehoben hätte. Auch dann wäre ein Selbstständiger bei Aufnahme einer Beschäftigung mit einem Einkommen unter dieser Grenze unabdingbar versicherungspflichtig geworden, ein Beschäftigter dagegen hätte sich nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V befreien lassen können.
62 
4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
63 
5. Der Senat lässt nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Revision zu. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung, denn sie wirft verfassungsrechtliche Fragen auf und es liegt noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Anwendbarkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und des § 6 Abs. 9 SGB V auf ehemals Selbstständige vor.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Versicherungsfreiheit des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

2

Der 1964 geborene Kläger ging bis März 2004 einer Beschäftigung nach, in der er im Hinblick auf sein hohes regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt in der GKV versicherungsfrei war. Von Januar 1999 bis Ende August 2001 war er als freiwillig Versicherter Mitglied der Rechtsvorgängerin der beklagten Krankenkasse. Seither unterhält er eine Krankheitskostenvollversicherung in der privaten Krankenversicherung (PKV). Von April 2004 bis Ende Januar 2005 war der Kläger selbstständig tätig. In der Folgezeit war er bis Dezember 2005 wieder beschäftigt, wobei das für diese elf Monate gemeldete Arbeitsentgelt 35 066 Euro betrug. Von Januar 2006 bis Ende August 2007 war der Kläger erneut selbstständig tätig. Seit 1.9.2007 ist er bei der beigeladenen Gesellschaft, die ein Assekuranz-Maklergeschäft betreibt, beschäftigt. Von September bis November 2007 betrug sein monatliches Arbeitsentgelt jeweils 4532 Euro, im Dezember 4832 Euro; im Jahr 2008 lag das Arbeitsentgelt zwischen 3760 Euro und 7044 Euro monatlich, von Januar bis April 2009 betrug es jeweils 3818 Euro monatlich.

3

Mit Bescheid vom 30.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.2.2008 stellte die Beklagte dem Kläger gegenüber fest, dass er vom Beginn seiner Beschäftigung am 1.9.2007 an "als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer durch seinen Arbeitgeber anzumelden" sei, weil er in dieser Beschäftigung weder nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V noch nach § 6 Abs 9 SGB V in der GKV versicherungsfrei sei bzw versicherungsfrei geblieben sei.

4

Das dagegen angerufene SG hat die Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger in seiner Beschäftigung ab 1.9.2007 in der GKV versicherungsfrei sei (Urteil vom 5.2.2009). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen: Der seit 1.9.2007 als Beschäftigter iS von § 7 Abs 1 SGB IV in der GKV versicherungspflichtige Kläger sei nicht ausnahmsweise nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 4 SGB V versicherungsfrei. § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung sei auch auf Personen mit einem Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) anzuwenden, die vor Beginn ihrer Beschäftigung wegen einer selbstständigen Tätigkeit nicht versicherungspflichtig gewesen seien. Die Voraussetzungen der Regelung seien nicht erfüllt, weil der Kläger in den drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren vor dem 1.9.2007 als Selbstständiger Arbeitseinkommen, nicht aber - wie nach dem Gesetz erforderlich - Arbeitsentgelt erzielt habe. Für die Überschreitung der JAEG in drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren komme es auf die unmittelbar vor der Beschäftigung liegenden Jahre an, sodass ohne Bedeutung sei, dass der Kläger möglicherweise früher einmal die dreijährige Wartefrist erfüllt habe. Diese Auslegung verletze ihn nicht in seinen Grundrechten aus Art 2 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG. Der Kläger sei ab 1.9.2007 auch nicht nach § 6 Abs 9 SGB V versicherungsfrei. Er sei am 2.2.2007 Selbstständiger, nicht aber - wie das Gesetz verlange - Beschäftigter gewesen. Eine erweiternde Erstreckung der Vorschrift auf Personen, die am Stichtag als Selbstständige nicht versicherungspflichtig gewesen seien, komme nicht in Betracht. Diese Benachteiligung Selbstständiger sei nicht gleichheitswidrig, weil die Beschränkung der Bestandsschutzregelung des § 6 Abs 9 SGB V auf am 2.2.2007 versicherungsfreie Beschäftigte darauf beruhe, dass nur diese durch die Verschärfung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in ihren Grundrechten betroffen gewesen seien(Urteil vom 12.2.2010).

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung. Entgegen der Auffassung des LSG müsse nach dieser Vorschrift ein Überschreiten der JAEG nicht innerhalb jener drei Kalenderjahre erfolgen, die der Aufnahme der Beschäftigung unmittelbar vorangingen, sondern reiche aus, dass der Beschäftigte diese "Mindestverweildauer" in der GKV irgendwann einmal aufgewiesen habe. Für die Forderung nach einer wiederholten Erfüllung der dreijährigen Wartefrist bei mehrfachem Statuswechsel finde sich im Gesetz keine Stütze. Die hier vorliegende Fallkonstellation eines mehrfachen Wechsels zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit des Betroffenen habe das BVerfG in seinem Urteil vom 10.6.2009 (BVerfGE 123, 186 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8)nicht vor Augen gehabt. Anders als bei einem einmaligen Wechsel, bei dem sich wegen des späteren Eintrittsalters nur die Prämien zur PKV verteuerten, könne es bei einem mehrfachen Statuswechsel und mehrfacher Anwendung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V zu einer "Zerstückelung" des Versicherungsverlaufs in der PKV und zu erheblichen Störungen in der Prämienentwicklung kommen. Die Auslegung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V durch das LSG würde dazu führen, Versicherte von einem Wechsel in die PKV und Selbstständige von einem Wechsel in eine Beschäftigung abzuhalten, und verletze deren Grundrechte aus Art 2 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG. Weil die Übergangsregelung des § 6 Abs 9 SGB V nur für am 2.2.2007 versicherungsfreie Beschäftigte, nicht aber für nicht versicherungspflichtige Selbstständige gelte, liege außerdem eine unzulässige echte Rückwirkung vor. Würde lediglich eine einmalige "Erdienung der Dreijahresregelung" gefordert, so hätte er diese Voraussetzung in den Jahren 1999 bis 2003 erfüllt.

6

Der Kläger beantragt sinngemäß,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 5. Februar 2009 zurückzuweisen,

        
        

hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. Februar 2010 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

        
7

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Der Senat konnte über die Revision des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs 2 SGG).

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.

11

Zu Recht hat das LSG das der Anfechtungs- und Feststellungsklage stattgebende erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage mit Urteil vom 12.2.2010 nach der in diesem prozessual maßgeblichen Zeitpunkt geltenden - allein zwischen den Beteiligten streitigen - Rechtslage abgewiesen. Zutreffend hat die beklagte Krankenkasse mit den angefochtenen Bescheiden die Versicherungspflicht des Klägers in der GKV ab 1.9.2007 festgestellt; ihre Feststellung, er sei "als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer durch seinen Arbeitgeber anzumelden", betrifft bei verständiger Würdigung der Sache nach - wie auch die Beteiligten annehmen - nicht die Arbeitgeber-Meldepflicht nach § 28a SGB IV, sondern die Versicherungspflicht bzw -freiheit des Klägers in der GKV. Ihre Feststellung traf die Beklagte nicht in ihrer Eigenschaft als Einzugsstelle des Gesamtsozialversicherungsbeitrags, sondern (nur) als Versicherungsträger ihres eigenen, hier spezifischen Regelungen unterliegenden Versicherungszweiges.

12

Der Kläger, der am 1.9.2007 eine Beschäftigung aufnahm und deshalb nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V iVm § 7 Abs 1 SGB IV dem Grunde nach versicherungspflichtig wurde, war von diesem Zeitpunkt an nicht nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 4 SGB V in der GKV versicherungsfrei(dazu im Folgenden 1.). Auch aus dem zu diesem Zeitpunkt geltenden § 6 Abs 9 SGB V kann eine Versicherungsfreiheit des Klägers nicht mit Erfolg hergeleitet werden(dazu 2.). Grundrechte des Klägers stehen dieser Rechtslage nicht entgegen (dazu 3.).

13

1. Der Kläger war nicht in seiner ab 1.9.2007 aufgenommenen Beschäftigung nach § 6 Abs 1 Nr 1, Abs 4 SGB V in der GKV versicherungsfrei.

14

a) Nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der hier anzuwendenden, ab 2.2.2007 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG, vom 26.3.2007, BGBl I 378, dort Art 1 Nr 3 Buchst a; geändert mW vom 31.12.2010 durch das GKV-Finanzierungsgesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2309) sind in der GKV versicherungsfrei Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die JAEG nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt. Die Ermittlung der dabei in Bezug genommenen Beträge des § 6 Abs 6 SGB V ("allgemeine JAEG") sowie des § 6 Abs 7 SGB V ("besondere JAEG") wird in den genannten Regelungen näher umschrieben. Zu dem in § 6 Abs 1 S 1 SGB V idF des GKV-WSG aufgeführten Passus "in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat" enthält § 6 Abs 4 SGB V nähere Regelungen: Nach § 6 Abs 4 S 1 SGB V endet dann, wenn die JAEG in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überschritten wird, die Versicherungspflicht mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Nach Abs 4 Satz 4 liegt ein Überschreiten der JAEG in einem von drei aufeinander folgenden Kalenderjahren vor, wenn das tatsächlich im Kalenderjahr erzielte regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die JAEG überstiegen hat. Satz 5 bestimmt, dass für Zeiten, in denen bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis kein Arbeitsentgelt erzielt worden ist, insbesondere bei Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlung sowie bei Bezug von Entgeltersatzleistungen, ein regelmäßiges Arbeitsentgelt in der Höhe anzusetzen ist, in der es ohne die Unterbrechung erzielt worden wäre.

15

b) Zutreffend hat das LSG angenommen, dass die Regelung über die Versicherungsfreiheit in § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V mit seinem vom 2.2.2007 an geltenden Erfordernis eines dreijährigen Überschreitens der JAEG auch Personen mit einem Einkommen oberhalb der JAEG erfasst, die - wie der Kläger ab 1.9.2007 - vor Beginn ihrer Beschäftigung wegen einer selbstständigen Tätigkeit nicht in der GKV versicherungspflichtig waren. Da das Gesetz insoweit eine undifferenzierte Regelung enthält, ist auch dieser Personenkreis (zunächst) für die Dauer von drei Jahren versicherungspflichtig, bevor Versicherungsfreiheit unter dem Blickwinkel der Höhe des Arbeitsentgelts des Betroffenen eintreten kann. Aus welchem vorherigen Status heraus (als zuvor Erwerbstätiger oder Nichterwerbstätiger) die zur Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V führende entgeltliche Beschäftigung als Arbeiter oder Angestellter aufgenommen wurde, ist für die Anwendung der gesetzlichen Regelung ohne Belang. Dies gilt zumal in den Fällen, in denen - wie hier - der Beschäftigtenstatus erst nach dem Außerkrafttreten des bis 1.2.2007 geltenden, das Ausscheiden aus der GKV zu einem früheren Zeitpunkt ermöglichenden Rechts (vgl § 6 Abs 1 und Abs 4 SGB V aF) begründet wurde. Das LSG hat dies ergänzend zutreffend unter Hinweis auf entsprechende Ausführungen in den Gesetzesmaterialien begründet (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 96 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst a, am Ende; Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Gesetzentwurf, BT-Drucks 16/4247 S 30 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst e zu Abs 9 zu Satz 1).

16

c) Der Kläger hatte die JAEG am 1.9.2007 nicht in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren iS von § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V idF des GKV-WSG überschritten, sodass die Bestimmung nicht zu seinen Gunsten zur Anwendung gelangt.

17

Anders als der Kläger meint, müssen die drei aufeinander folgenden Kalenderjahre, in denen die JAEG überschritten wurde, der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorgelagert sein; nicht reicht es dagegen aus, dass dies zu einem beliebigen Zeitpunkt irgendwann einmal vor der krankenversicherungsrechtlich zu beurteilenden Beschäftigung der Fall war. Zwar ist dem Wortlaut des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V selbst nicht zu entnehmen, dass der Dreijahreszeitraum der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorangegangen sein muss. Obwohl es dort nicht etwa heißt "in den letzten drei aufeinander folgenden Kalenderjahren", widerspricht das Unmittelbarkeitserfordernis dem Wortlaut andererseits auch nicht. Gesetzessystematische Überlegungen geben ebenfalls keinen hinreichenden Aufschluss über die Auslegung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung. Der Senat hält indessen eine enge Auslegung der Regelung im Anschluss an Erwägungen des BVerfG nach Sinn und Zweck für geboten. So hat bereits das BVerfG in seinem Urteil vom 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 ua - darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber (auch) bei früheren Selbstständigen den (zur Versicherungsfreiheit führenden) Nachweis des Überschreitens der JAEG im Sinne eines Belegs für die nun auflösbare Bindung an die Solidargemeinschaft davon abhängig machen durfte, "dass diese Überschreitung von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stetigkeit ist" (so BVerfGE 123, 186, 263 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 231 f unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 95). Dieser Passus im Urteil des BVerfG ist von dem Verständnis getragen, dass der Gesetzgeber vor Eintritt von Versicherungsfreiheit in einer Beschäftigung und damit vor (endgültiger) Entlassung aus der GKV immer nur einen aktuellen bzw zeitnahen Nachweis dafür ausreichen lassen wollte, dass der Beschäftigte (bereits) zumutbar einen nachhaltigen Beitrag für die Solidargemeinschaft im System der GKV erbracht hat, welcher es rechtfertigt, ihm ein Befreiungsrecht einzuräumen. Hätten Betroffene dagegen die Möglichkeit, die GKV bereits immer dann mit Blick auf beliebig zurückliegende, nicht notwendig zusammenhängende Zeiten der Überschreitung der JAEG zu verlassen, sobald sich diese Zeiten insgesamt auf drei Jahre summiert haben, wäre das Befreiungsrecht letztlich oft von jeweils zeitabschnittsbezogenen Zufälligkeiten und individuellen Besonderheiten abhängig. Das aber widerspräche dem gesetzgeberischen Anliegen, Betroffenen nur bei einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stetigkeit des Überschreitens der JAEG das Ausscheiden aus der Solidargemeinschaft zu gestatten. Derartiges ist bei dem Kläger nicht gegeben, sodass dem Gesichtspunkt der Funktionsfähigkeit der Solidargemeinschaft in der GKV Vorrang zukommt.

18

Auf der Grundlage der nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war der Kläger im insoweit maßgeblichen Dreijahreszeitraum vor dem 1.9.2007 - nämlich in der Zeit vom 1.9.2004 bis 31.8.2007 - nicht Beschäftigter, sondern von April 2004 bis Januar 2005 sowie von Januar 2006 bis August 2007 selbstständig tätig. Bei ihm schied damit das ununterbrochene Überschreiten der JAEG als - an sich versicherungspflichtiger - Beschäftigter schon deshalb aus, weil er als Selbstständiger kein Arbeitsentgelt, sondern Arbeitseinkommen erzielte (vgl §§ 14, 15 SGB IV). Zeiten der Absicherung des Krankheitsrisikos eines nicht versicherungspflichtigen Selbstständigen in der PKV können nämlich nicht in den Dreijahreszeitraum eingerechnet werden, wie der Wortlaut des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V klar belegt: Danach muss ein "Jahresarbeitsentgelt" - nicht "Einkommen" - die JAEG überstiegen haben(vgl auch Peters, NZS 2008, 173, 176, 178: Anrechnung ausgeschlossen, wenn der Betroffene zeitweise die GKV freiwillig verlassen hat, zB durch Selbstständigkeit oder Wechsel in die PKV). Da § 6 Abs 4 S 4 bis 6 SGB V zudem spezielle Regelungen über die Anrechenbarkeit von Kalenderjahren auf die drei Jahre und eine Lückenschließung enthält, Ausnahmen insoweit jedoch nur für "arbeitsentgeltlose" Zeiten Beschäftigter vorsieht, scheidet eine Analogie schon mangels Regelungslücke aus.

19

2. Auch die Bestandsschutzregelung des § 6 Abs 9 SGB V (in der ab 2.2.2007 geltenden Fassung des GKV-WSG, aaO) kommt dem Kläger nicht zugute.

20

Nach § 6 Abs 9 S 1 SGB V bleiben Arbeiter und Angestellte, die nicht die Voraussetzungen nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V erfüllen und die am 2.2.2007 wegen Überschreitens der JAEG bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren oder - was vorliegend nicht einschlägig ist - die vor diesem Tag die Mitgliedschaft bei ihrer Krankenkasse gekündigt hatten, um in ein privates Krankenversicherungsunternehmen zu wechseln, versicherungsfrei, solange sie keinen anderen Tatbestand der Versicherungspflicht erfüllen.

21

Schon nach ihrem Wortlaut findet diese Bestandsschutzregelung auf den Kläger keine Anwendung. Er gehörte zwar ab 1.9.2007 zu dem Personenkreis der Arbeiter bzw Angestellten, die nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V erfüllten. Allerdings war er schon nicht am 2.2.2007 "wegen Überschreitens der JAEG" versicherungsfrei und mit Blick darauf in der PKV versichert, sondern gehörte - weil er an diesem Tag noch im Status eines Selbstständigen erwerbstätig war - an diesem Stichtag schon generell nicht zum Kreis der Versicherungspflichtigen (wobei dahinstehen kann, ob - wozu das LSG keine Feststellungen getroffen hat - es sich bei seiner Versicherung in der PKV um eine substitutive Versicherung handelte). Bereits der Wortlaut des § 6 Abs 9 SGB V lässt insoweit eine erweiternde, sich auf Selbstständige erstreckende Auslegung nicht zu(vgl Peters, Kasseler Komm, § 6 SGB V RdNr 28, Stand Einzelkommentierung August 2008). Gleiches ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien, in denen es ausdrücklich heißt, "Arbeitnehmer, die am Stichtag … als Selbstständige privat krankenversichert waren, sollen sich dagegen nicht auf den Bestandsschutz berufen können" (so Ausschussbericht, aaO, vgl BT-Drucks 16/4247 S 30 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst e zu Abs 9 zu Satz 1; vgl auch bereits Gesetzesbegründung, aaO, BT-Drucks 16/3100 S 96 zu Nr 3 <§ 6> zu Buchst e).

22

3. Der Kläger kann sich gegen die vorstehend dargestellte Rechtslage, insbesondere gegen die Auslegung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V und des § 6 Abs 9 SGB V, nicht mit Erfolg auf verfassungsrechtliche Bedenken berufen. Dies gilt unbeschadet des Umstandes, dass die vorliegend zu würdigende Rechtslage ohnehin nur für eine beschränkte Zeit, nämlich vom 2.2.2007 bis 30.12.2010 (vgl die mW vom 31.12.2010 durch das GKV-Finanzierungsgesetz vom 22.12.2010, BGBl I 2309 erfolgten Rechtsänderungen) gegolten hat, inzwischen also im Wesentlichen wieder die vom Kläger nicht beanstandeten, bis 1.2.2007 maßgeblich gewesenen Regelungen einschlägig sind.

23

a) Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass infolge von § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V der der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorgelagerte Dreijahreszeitraum nach Ende einer Phase der Selbstständigkeit immer wieder neu zu laufen beginnt, können sich allenfalls darauf richten, einen Bestandsschutz auf Beibehaltung eines vorherigen Versicherungsschutzes in der PKV eingeräumt zu bekommen. Indessen ist zu berücksichtigen, dass § 6 SGB V von ihrer Zielrichtung her eine Regelung zur Festlegung des Kreises der Versicherten der GKV darstellt, die - wie in der Sozialversicherung allgemein - seit jeher im Kern durch die Pole versicherungspflichtige (ausnahmsweise versicherungsfreie) Beschäftigung(vgl § 7 Abs 1 SGB IV)und nicht versicherungspflichtige Selbstständigkeit wesentlich geprägt ist. Zwar ist das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit betroffen, wenn der Gesetzgeber Personen der Pflichtversicherung in einem System der sozialen Sicherheit unterwirft (stRspr vgl BVerfGE 109, 96, 109 f = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 34 mwN). Dies gilt auch für die Begründung der Pflichtmitgliedschaft mit Beitragszwang in der GKV (vgl BVerfGE 115, 25, 42 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 18), die bei einer - wie hier - aufgenommenen Beschäftigung bundesgesetzlich (§ 5 Abs 1 Nr 1, § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V)angeordnet wurde. Der Gesetzgeber ist allerdings von Verfassungs wegen nicht gehindert, den Kreis der Versicherungspflichtigen in der Sozialversicherung so abzugrenzen, wie es für die Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist (so zB BVerfGE 123, 186, 263 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 229 mwN). Entsprechend darf er die Voraussetzungen der Versicherungspflicht festlegen, weil er Verantwortung dafür trägt sicherzustellen, dass die Solidargemeinschaft leistungsfähig ist und bleibt (vgl BVerfGE 109, 96, 111 = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 RdNr 37 mwN). Denn die GKV dient dem sozialen Schutz und der Absicherung von Arbeitnehmern vor den finanziellen Risiken von Erkrankungen. Sie basiert auf einem umfassenden sozialen Ausgleich zwischen Gesunden und Kranken, vor allem aber zwischen Versicherten mit niedrigem Einkommen und solchen mit höherem Einkommen sowie zwischen Alleinstehenden und Personen mit unterhaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl BVerfGE 123, 186, 263 = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 229 mwN). Allein die Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der GKV als überragend wichtiger Gemeinwohlbelang (vgl BVerfG, aaO, S 264 bzw RdNr 233 mwN), um dessentwillen dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Abgrenzung des Kreises der Pflichtversicherten entsprechend dem Erfordernis der Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft zukommt (vgl BVerfG, aaO, S 263 bzw RdNr 229), rechtfertigt - unabhängig von der individuellen Schutzbedürftigkeit - auch die Einbeziehung zuvor in der PKV versicherter Personen in die Versicherungspflicht im Rahmen der Sozialversicherung (vgl BVerfG, aaO, S 264 bzw RdNr 232).

24

Bezogen auf die vorliegend streitigen Regelungen hat das BVerfG bereits entschieden, dass die durch das GKV-WSG vorgenommene Beschränkung der Möglichkeit zum Wechsel in die PKV bei Überschreiten der JAEG gemäß § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V betroffene Versicherte nicht in ihrem Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG verletzt, sondern insbesondere verhältnismäßig ist(vgl BVerfGE 123, 186, 262 ff = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 227 ff), und dass auch ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Versicherungsunternehmen gerechtfertigt ist, soweit diese durch § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V betroffen sind(vgl BVerfG, aaO, S 265 bzw RdNr 237; vgl auch BVerfG SozR 4-2500 § 5 Nr 1).

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b) Auch die Beschränkung der Übergangsregelung in § 6 Abs 9 SGB V auf Personengruppen, zu denen der Kläger nicht gehört, verstößt nicht gegen seine Grundrechte, insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Dieser ist nur verletzt, wenn durch eine Norm eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr, vgl zB BVerfGE 55, 72, 88; 126, 400, 418).

26

§ 6 Abs 9 S 1 SGB V ist - wie dargestellt - als Bestandsschutzregelung allein für die Fälle konzipiert, in denen ohne diese Regelung am 2.2.2007 allein infolge der ab diesem Tage wirkenden Verschärfung des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V durch das GKV-WSG die zuvor bestehende Versicherungsfreiheit eines Beschäftigten entfallen wäre. Der Gesetzgeber musste bei der Schaffung einer Bestandsschutzregelung daher in diesem Zusammenhang in erster Linie den Personenkreis berücksichtigen, der durch die Verschärfung der gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt von Versicherungsfreiheit nachteilig in einem Vertrauenstatbestand betroffen war. Zu diesem Personenkreis gehörten die nach alter Rechtslage wegen Überschreitens der JAEG versicherungsfreien Arbeitnehmer, welche bereits privat versichert waren oder im Hinblick auf ein privates Krankenversicherungsverhältnis ihre Mitgliedschaft in der GKV schon gekündigt hatten und deren Versicherungsverhältnis im ersten Fall ohne eine Übergangsregelung ex lege aufgelöst worden wäre (vgl BVerfGE 123, 186, 233 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 151).

27

Zu Recht hat das LSG vor diesem Hintergrund die Schlechterstellung von Beschäftigten, die am 2.2.2007 selbstständig und in der PKV abgesichert waren, gegenüber Beschäftigten, die am 2.2.2007 beschäftigt und in der PKV abgesichert waren, als sachlich gerechtfertigt angesehen. Letztere verloren mit der Verschärfung ab 2.2.2007 eine in ihrem Bestand zu schützende "Rechtsposition", nämlich das bereits vor diesem Datum betätigte Vertrauen, sich trotz eigentlich bestehender Versicherungspflicht als Beschäftigter auf ihre Versicherungsfreiheit eingerichtet zu haben, indem sie entweder einen Versicherungsvertrag in der PKV abgeschlossen oder jedenfalls ihre Mitgliedschaft in der GKV wegen eines in Aussicht genommenen Versicherungsverhältnisses in der PKV gekündigt hatten; eine vergleichbare Situation lag bei den Angehörigen der ersten Gruppe nicht vor. Die geschützte "Rechtsposition" konnte einem Betroffenen nur bei einem bereits vor dem 2.2.2007 begonnenen Beschäftigungsverhältnis erwachsen, während die vor Beschäftigungsaufnahme überhaupt nicht existierende Versicherungspflicht Selbstständiger nach dem Wechsel in eine (versicherungspflichtige) Beschäftigung keine vergleichbare schutzwürdige Wirkung entfaltete. Die vor der Gesetzesneuregelung bestehende bloße Aussicht eines Selbstständigen, bei Aufnahme einer an sich versicherungspflichtigen Beschäftigung mit einem Jahresarbeitsentgelt oberhalb der JAEG und bei bisheriger Absicherung in der PKV sofort versicherungsfrei zu werden und so nicht in die GKV einbezogen zu sein, durfte der Gesetzgeber als nicht gleichermaßen schützenswert behandeln. Dass dann aber ursprünglich nicht versicherungspflichtigen Selbstständigen, die in ein Beschäftigungsverhältnis eintreten, aus der - zumal später ohnehin nur zeitlich begrenzt in Geltung gewesenen - Erhöhung der Mindestverweildauer in der GKV auf drei Jahre unter dem Blickwinkel des Verfassungsrechts gleichwohl weitergehende Rechte für ihr Versicherungsverhältnis in der PKV zustehen könnten, als sie das BVerfG (BVerfGE 123, 186, 261 ff = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 225 ff)schon versicherungsfrei gewesenen Beschäftigten zuerkannt hat, ist nicht ersichtlich.

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind:

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind; für die Zeit des Bezugs von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch bleibt die Versicherungspflicht unberührt,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, auch wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler, die nach § 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versicherungspflichtig sind,
4.
selbständige Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe, in Berufsbildungswerken oder in ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Berufsfindung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Leistungen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
Behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
10.
Personen, die zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt beschäftigt sind oder die eine Fachschule oder Berufsfachschule besuchen oder eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten (Praktikanten), längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Auszubildende des Zweiten Bildungsweges, die sich in einem nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnittes befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 11, 11a, 11b oder 12 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen,
12.
Personen, die, weil sie bisher keinen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 des Fünften Buches oder nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Krankenversicherungspflicht unterliegen.

(2) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat haben, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(2a) Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(3) Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung.

(4) Nehmen Personen, die mindestens zehn Jahre nicht in der sozialen Pflegeversicherung oder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig waren, eine dem äußeren Anschein nach versicherungspflichtige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung auf, besteht die widerlegbare Vermutung, daß eine die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung nach Absatz 1 Nr. 1 oder eine versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 oder 4 tatsächlich nicht ausgeübt wird. Dies gilt insbesondere für eine Beschäftigung bei Familienangehörigen oder Lebenspartnern.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.