Landessozialgericht NRW Beschluss, 22. Dez. 2015 - L 8 R 213/13 B ER

ECLI:ECLI:DE:LSGNRW:2015:1222.L8R213.13B.ER.00
bei uns veröffentlicht am22.12.2015

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 31.1.2013 geändert. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 6.7.2012 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 16.10.2012 und des Bescheides vom 17.8.2015 wird hinsichtlich der Beitragsforderung für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis 31.12.2009 abgelehnt. Die Kosten des Antragsverfahrens tragen die Antragstellerin zu 3/4 und die Antragsgegnerin zu 1/4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.381,27 Euro festgesetzt.


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Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht NRW Beschluss, 22. Dez. 2015 - L 8 R 213/13 B ER

Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht NRW Beschluss, 22. Dez. 2015 - L 8 R 213/13 B ER

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG
Landessozialgericht NRW Beschluss, 22. Dez. 2015 - L 8 R 213/13 B ER zitiert 35 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 86b


(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungskla

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners


(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 202


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 86a


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung. (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt 1. bei der Entscheidung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 166 Willensmängel; Wissenszurechnung


(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht. (2) H

Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung


Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 14 Arbeitsentgelt


(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus de

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 28p Prüfung bei den Arbeitgebern


(1) Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüf

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG | § 10 Rechtsfolgen bei Unwirksamkeit


(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehene

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 33 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, w

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG | § 9 Unwirksamkeit


(1) Unwirksam sind: 1. Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat; der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wird nicht unwi

Zivilprozessordnung - ZPO | § 291 Offenkundige Tatsachen


Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 28e Zahlungspflicht, Vorschuss


(1) Den Gesamtsozialversicherungsbeitrag hat der Arbeitgeber und in den Fällen der nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auf die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben die Deutsche Rentenversicherung Bund zu zahlen. Die Zahlung des v

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 2a Zuständigkeit im Beschlußverfahren


(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind ferner ausschließlich zuständig für1.Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz, soweit nicht für Maßnahmen nach seinen §§ 119 bis 121 die Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;2.Angelegenheit

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 2 Tarifvertragsparteien


(1) Tarifvertragsparteien sind Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern. (2) Zusammenschlüsse von Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern (Spitzenorganisationen) können im Namen der ihnen angeschlossene

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 25 Verjährung


(1) Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 28f Aufzeichnungspflicht, Nachweise der Beitragsabrechnung und der Beitragszahlung


(1) Der Arbeitgeber hat für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren, Entgeltunterlagen im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28p) folgenden Kalenderjahres geordnet

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 22 Entstehen der Beitragsansprüche, Zusammentreffen mehrerer Versicherungsverhältnisse


(1) Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt sowie bei Arbeitsentgelt, das aus dem aus Arbeitszeitguthaben

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 23 Fälligkeit


(1) Laufende Beiträge, die geschuldet werden, werden entsprechend den Regelungen der Satzung der Krankenkasse und den Entscheidungen des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen fällig. Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen z

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 28d Gesamtsozialversicherungsbeitrag


Die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag aus Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Recht der Arbeitsförder

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Landessozialgericht NRW Beschluss, 22. Dez. 2015 - L 8 R 213/13 B ER zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Landessozialgericht NRW Beschluss, 22. Dez. 2015 - L 8 R 213/13 B ER zitiert 9 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Okt. 2000 - V ZR 349/99

bei uns veröffentlicht am 13.10.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 349/99 Verkündet am: 13. Oktober 2000 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesarbeitsgericht Urteil, 24. Sept. 2014 - 5 AZR 254/13

bei uns veröffentlicht am 24.09.2014

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 25. Januar 2013 - 6 Sa 737/12 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Feb. 2014 - 5 AZR 1046/12

bei uns veröffentlicht am 19.02.2014

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 21. September 2012 - 6 Sa 33/12 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. März 2013 - 5 AZR 242/12

bei uns veröffentlicht am 13.03.2013

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 8. Dezember 2011 - 11 Sa 852/11 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 23. Mai 2012 - 1 AZB 67/11

bei uns veröffentlicht am 23.05.2012

Tenor 1. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 8. November 2011 - 9 Ta 271/11 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11

bei uns veröffentlicht am 23.05.2012

Tenor 1. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 28. September 2011 - 1 Ta 500/11 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12

bei uns veröffentlicht am 22.05.2012

Tenor Die Beschwerden der zu 36 bis 67 sowie 70 bis 94 beteiligten Arbeitgeberinnen und des zu 7 beteiligten Arbeitgeberverbandes gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in de

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 14. Dez. 2010 - 1 ABR 19/10

bei uns veröffentlicht am 14.12.2010

Tenor Die Rechtsbeschwerden der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen, des Arbeitgeberverbands Mittelständischer Personaldienstle

Referenzen

(1) Der Arbeitgeber hat für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren, Entgeltunterlagen im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28p) folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Satz 1 gilt nicht hinsichtlich der Beschäftigten in privaten Haushalten. Die landwirtschaftliche Krankenkasse kann wegen der mitarbeitenden Familienangehörigen Ausnahmen zulassen. Für die Aufbewahrung der Beitragsabrechnungen und der Beitragsnachweise gilt Satz 1.

(1a) Bei der Ausführung eines Dienst- oder Werkvertrages im Baugewerbe oder durch Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, die im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig sind und im Auftrag eines anderen Unternehmers Pakete befördern, hat der Unternehmer die Entgeltunterlagen und die Beitragsabrechnung so zu gestalten, dass eine Zuordnung der Arbeitnehmer, des Arbeitsentgelts und des darauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrags zu dem jeweiligen Dienst- oder Werkvertrag möglich ist. Die Pflicht nach Satz 1 ruht für einen Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, der im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig ist, solange er eine Präqualifikation oder eine Unbedenklichkeitsbescheinigung im Sinne von § 28e Absatz 3f Satz 1 und 2 oder eine Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 150 Absatz 3 Satz 2 des Siebten Buches vorlegen kann.

(1b) Hat ein Arbeitgeber keinen Sitz im Inland, hat er zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Satz 1 einen Bevollmächtigten mit Sitz im Inland zu bestellen. Als Sitz des Arbeitgebers gilt der Beschäftigungsbetrieb des Bevollmächtigten im Inland, in Ermangelung eines solchen der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Bevollmächtigten. Im Fall von Satz 2 zweiter Halbsatz findet § 98 Absatz 1 Satz 4 des Zehnten Buches keine Anwendung.

(2) Hat ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt und können dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden, kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen. Satz 1 gilt nicht, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt eines Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mitzuberücksichtigen. Der prüfende Träger der Rentenversicherung hat einen auf Grund der Sätze 1, 3 und 4 ergangenen Bescheid insoweit zu widerrufen, als nachträglich Versicherungs- oder Beitragspflicht oder Versicherungsfreiheit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgelts nachgewiesen werden. Die von dem Arbeitgeber auf Grund dieses Bescheides geleisteten Zahlungen sind insoweit mit der Beitragsforderung zu verrechnen.

(3) Der Arbeitgeber hat der Einzugsstelle einen Beitragsnachweis zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge durch Datenübertragung zu übermitteln; dies gilt nicht hinsichtlich der Beschäftigten in privaten Haushalten bei Verwendung von Haushaltsschecks. Übermittelt der Arbeitgeber den Beitragsnachweis nicht zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge, so kann die Einzugsstelle das für die Beitragsberechnung maßgebende Arbeitsentgelt schätzen, bis der Nachweis ordnungsgemäß übermittelt wird. Der Beitragsnachweis gilt für die Vollstreckung als Leistungsbescheid der Einzugsstelle und im Insolvenzverfahren als Dokument zur Glaubhaftmachung der Forderungen der Einzugsstelle. Im Beitragsnachweis ist auch die Steuernummer des Arbeitgebers anzugeben, wenn der Beitragsnachweis die Pauschsteuer für geringfügig Beschäftigte enthält.

(4) (weggefallen)

(1) Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung ist für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt; diese Hemmung der Verjährung bei einer Prüfung gilt auch gegenüber den auf Grund eines Werkvertrages für den Arbeitgeber tätigen Nachunternehmern und deren weiteren Nachunternehmern. Satz 2 gilt nicht, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat. Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung. Kommt es aus Gründen, die die prüfende Stelle nicht zu vertreten hat, zu einem späteren Beginn der Prüfung, beginnt die Hemmung mit dem in der Prüfungsankündigung ursprünglich bestimmten Tag. Die Sätze 2 bis 5 gelten für Prüfungen der Beitragszahlung bei sonstigen Versicherten, in Fällen der Nachversicherung und bei versicherungspflichtigen Selbständigen entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für Prüfungen nach § 28q Absatz 1 und 1a sowie nach § 251 Absatz 5 und § 252 Absatz 5 des Fünften Buches.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 36a Abs. 2 des Ersten Buches findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 des Ersten Buches muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 36a Abs. 2 des Ersten Buches erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Satz 1 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen; bei einem elektronischen Verwaltungsakt muss auch das der Signatur zugrunde liegende Zertifikat nur die erlassende Behörde erkennen lassen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a) mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für den Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Absatz 2 sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Absatz 5 des Zehnten Buches nicht. Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt abweichend von Satz 1 die Prüfung für die bei ihr versicherten mitarbeitenden Familienangehörigen vor.

(1a) Die Prüfung nach Absatz 1 umfasst die ordnungsgemäße Erfüllung der Meldepflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Künstlersozialabgabe durch die Arbeitgeber. Die Prüfung erfolgt

1.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern, die als abgabepflichtige Unternehmer nach § 24 des Künstlersozialversicherungsgesetzes bei der Künstlersozialkasse erfasst wurden,
2.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern mit mehr als 19 Beschäftigten und
3.
bei mindestens 40 Prozent der im jeweiligen Kalenderjahr zur Prüfung nach Absatz 1 anstehenden Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten.
Hat ein Arbeitgeber mehrere Beschäftigungsbetriebe, wird er insgesamt geprüft. Das Prüfverfahren kann mit der Aufforderung zur Meldung eingeleitet werden. Die Träger der Deutschen Rentenversicherung erlassen die erforderlichen Verwaltungsakte zur Künstlersozialabgabepflicht, zur Höhe der Künstlersozialabgabe und zur Höhe der Vorauszahlungen nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz einschließlich der Widerspruchsbescheide. Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Künstlersozialkasse über Sachverhalte, welche die Melde- und Abgabepflichten der Arbeitgeber nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz betreffen. Für die Prüfung der Arbeitgeber durch die Künstlersozialkasse gilt § 35 des Künstlersozialversicherungsgesetzes.

(1b) Die Träger der Rentenversicherung legen im Benehmen mit der Künstlersozialkasse die Kriterien zur Auswahl der nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfenden Arbeitgeber fest. Die Auswahl dient dem Ziel, alle abgabepflichtigen Arbeitgeber zu erfassen. Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfen sind, werden durch die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 im Hinblick auf die Künstlersozialabgabe beraten. Dazu erhalten sie mit der Prüfankündigung Hinweise zur Künstlersozialabgabe. Im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 lässt sich der zuständige Träger der Rentenversicherung durch den Arbeitgeber schriftlich oder elektronisch bestätigen, dass der Arbeitgeber über die Künstlersozialabgabe unterrichtet wurde und abgabepflichtige Sachverhalte melden wird. Bestätigt der Arbeitgeber dies nicht, wird die Prüfung nach Absatz 1a Satz 1 unverzüglich durchgeführt. Erlangt ein Träger der Rentenversicherung im Rahmen einer Prüfung nach Absatz 1 bei Arbeitgebern mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 geprüft werden, Hinweise auf einen künstlersozialabgabepflichtigen Sachverhalt, muss er diesen nachgehen.

(1c) Die Träger der Rentenversicherung teilen den Trägern der Unfallversicherung die Feststellungen aus der Prüfung bei den Arbeitgebern nach § 166 Absatz 2 des Siebten Buches mit. Die Träger der Unfallversicherung erlassen die erforderlichen Bescheide.

(2) Im Bereich der Regionalträger richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Sitz der Lohn- und Gehaltsabrechnungsstelle des Arbeitgebers. Die Träger der Rentenversicherung stimmen sich darüber ab, welche Arbeitgeber sie prüfen; ein Arbeitgeber ist jeweils nur von einem Träger der Rentenversicherung zu prüfen.

(3) Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Einzugsstellen über Sachverhalte, soweit sie die Zahlungspflicht oder die Meldepflicht des Arbeitgebers betreffen.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem die Träger der Rentenversicherung ihre elektronischen Akten führen, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Prüfungen nach den Absätzen 1, 1a und 1c stehen. Die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten dürfen nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern durch die jeweils zuständigen Träger der Rentenversicherung verarbeitet werden.

(5) Die Arbeitgeber sind verpflichtet, angemessene Prüfhilfen zu leisten. Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden, sind in die Prüfung einzubeziehen.

(6) Zu prüfen sind auch steuerberatende Stellen, Rechenzentren und vergleichbare Einrichtungen, die im Auftrag des Arbeitgebers oder einer von ihm beauftragten Person Löhne und Gehälter abrechnen oder Meldungen erstatten. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich im Bereich der Regionalträger nach dem Sitz dieser Stellen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(6a) Für die Prüfung nach Absatz 1 sind dem zuständigen Rentenversicherungsträger die notwendigen Daten elektronisch aus einem systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramm zu übermitteln; für Daten aus der Finanzbuchhaltung kann dies nur im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber erfolgen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bestimmt in Grundsätzen bundeseinheitlich das Nähere zum Verfahren der Datenübermittlung und der dafür erforderlichen Datensätze und Datenbausteine. Die Grundsätze bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das vorher die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände anzuhören hat.

(7) Die Träger der Rentenversicherung haben eine Übersicht über die Ergebnisse ihrer Prüfungen zu führen und bis zum 31. März eines jeden Jahres für das abgelaufene Kalenderjahr den Aufsichtsbehörden vorzulegen. Das Nähere über Inhalt und Form der Übersicht bestimmen einvernehmlich die Aufsichtsbehörden der Träger der Rentenversicherung mit Wirkung für diese.

(8) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem der Name, die Anschrift, die Betriebsnummer, der für den Arbeitgeber zuständige Unfallversicherungsträger und weitere Identifikationsmerkmale eines jeden Arbeitgebers sowie die für die Planung der Prüfungen bei den Arbeitgebern und die für die Übersichten nach Absatz 7 erforderlichen Daten gespeichert sind; die Deutsche Rentenversicherung Bund darf die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern und zur Ermittlung der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz abgabepflichtigen Unternehmer verarbeiten. In das Dateisystem ist eine Kennzeichnung aufzunehmen, wenn nach § 166 Absatz 2 Satz 2 des Siebten Buches die Prüfung der Arbeitgeber für die Unfallversicherung nicht von den Trägern der Rentenversicherung durchzuführen ist; die Träger der Unfallversicherung haben die erforderlichen Angaben zu übermitteln. Die Datenstelle der Rentenversicherung führt für die Prüfung bei den Arbeitgebern ein Dateisystem, in dem neben der Betriebsnummer eines jeden Arbeitgebers, die Betriebsnummer des für den Arbeitgeber zuständigen Unfallversicherungsträgers, die Unternehmernummer nach § 136a des Siebten Buches des Arbeitgebers, das in der Unfallversicherung beitragspflichtige Entgelt der bei ihm Beschäftigten in Euro, die anzuwendenden Gefahrtarifstellen der bei ihm Beschäftigten, die Versicherungsnummern der bei ihm Beschäftigten einschließlich des Beginns und des Endes von deren Beschäftigung, die Bezeichnung der für jeden Beschäftigten zuständigen Einzugsstelle sowie eine Kennzeichnung des Vorliegens einer geringfügigen Beschäftigung gespeichert sind. Sie darf die Daten der Stammsatzdatei nach § 150 Absatz 1 und 2 des Sechsten Buches sowie die Daten des Dateisystems nach § 150 Absatz 3 des Sechsten Buches und der Stammdatendatei nach § 101 für die Prüfung bei den Arbeitgebern speichern, verändern, nutzen, übermitteln oder in der Verarbeitung einschränken; dies gilt für die Daten der Stammsatzdatei auch für Prüfungen nach § 212a des Sechsten Buches. Sie ist verpflichtet, auf Anforderung des prüfenden Trägers der Rentenversicherung

1.
die in den Dateisystemen nach den Sätzen 1 und 3 gespeicherten Daten,
2.
die in den Versicherungskonten der Träger der Rentenversicherung gespeicherten, auf den Prüfungszeitraum entfallenden Daten der bei dem zu prüfenden Arbeitgeber Beschäftigten,
3.
die bei den für den Arbeitgeber zuständigen Einzugsstellen gespeicherten Daten aus den Beitragsnachweisen (§ 28f Absatz 3) für die Zeit nach dem Zeitpunkt, bis zu dem der Arbeitgeber zuletzt geprüft wurde,
4.
die bei der Künstlersozialkasse über den Arbeitgeber gespeicherten Daten zur Melde- und Abgabepflicht für den Zeitraum seit der letzten Prüfung sowie
5.
die bei den Trägern der Unfallversicherung gespeicherten Daten zur Melde- und Beitragspflicht sowie zur Gefahrtarifstelle für den Zeitraum seit der letzten Prüfung
zu verarbeiten, soweit dies für die Prüfung, ob die Arbeitgeber ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, sowie ihre Pflichten als zur Abgabe Verpflichtete nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und ihre Pflichten nach dem Siebten Buch zur Meldung und Beitragszahlung ordnungsgemäß erfüllen, erforderlich ist. Die dem prüfenden Träger der Rentenversicherung übermittelten Daten sind unverzüglich nach Abschluss der Prüfung bei der Datenstelle und beim prüfenden Träger der Rentenversicherung zu löschen. Die Träger der Rentenversicherung, die Einzugsstellen, die Künstlersozialkasse und die Bundesagentur für Arbeit sind verpflichtet, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Datenstelle die für die Prüfung bei den Arbeitgebern erforderlichen Daten zu übermitteln. Sind für die Prüfung bei den Arbeitgebern Daten zu übermitteln, so dürfen sie auch durch Abruf im automatisierten Verfahren übermittelt werden, ohne dass es einer Genehmigung nach § 79 Absatz 1 des Zehnten Buches bedarf. Soweit es für die Erfüllung der Aufgaben der gemeinsamen Einrichtung als Einzugsstelle nach § 356 des Dritten Buches erforderlich ist, wertet die Datenstelle der Rentenversicherung aus den Daten nach Satz 5 das Identifikationsmerkmal zur wirtschaftlichen Tätigkeit des geprüften Arbeitgebers sowie die Angaben über die Tätigkeit nach dem Schlüsselverzeichnis der Bundesagentur für Arbeit der Beschäftigten des geprüften Arbeitgebers aus und übermittelt das Ergebnis der gemeinsamen Einrichtung. Die übermittelten Daten dürfen von der gemeinsamen Einrichtung auch zum Zweck der Erfüllung der Aufgaben nach § 5 des Tarifvertragsgesetzes genutzt werden. Die Kosten der Auswertung und der Übermittlung der Daten nach Satz 9 hat die gemeinsame Einrichtung der Deutschen Rentenversicherung Bund zu erstatten. Die gemeinsame Einrichtung berichtet dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 1. Januar 2025 über die Wirksamkeit des Verfahrens nach Satz 9.

(9) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über

1.
den Umfang der Pflichten des Arbeitgebers, der Beschäftigten und der in Absatz 6 genannten Stellen bei Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden,
2.
die Durchführung der Prüfung sowie die Behebung von Mängeln, die bei der Prüfung festgestellt worden sind, und
3.
den Inhalt des Dateisystems nach Absatz 8 Satz 1 hinsichtlich der für die Planung der Prüfungen bei Arbeitgebern und der für die Prüfung bei Einzugsstellen erforderlichen Daten, über den Aufbau und die Aktualisierung dieses Dateisystems sowie über den Umfang der Daten aus diesem Dateisystem, die von den Einzugsstellen und der Bundesagentur für Arbeit nach § 28q Absatz 5 abgerufen werden können.

(10) Arbeitgeber werden wegen der Beschäftigten in privaten Haushalten nicht geprüft.

(11) Sind beim Übergang der Prüfung der Arbeitgeber von Krankenkassen auf die Träger der Rentenversicherung Angestellte übernommen worden, die am 1. Januar 1995 ganz oder überwiegend mit der Prüfung der Arbeitgeber beschäftigt waren, sind die bis zum Zeitpunkt der Übernahme gültigen Tarifverträge oder sonstigen kollektiven Vereinbarungen für die übernommenen Arbeitnehmer bis zum Inkrafttreten neuer Tarifverträge oder sonstiger kollektiver Vereinbarungen maßgebend. Soweit es sich bei einem gemäß Satz 1 übernommenen Beschäftigten um einen Dienstordnungs-Angestellten handelt, tragen der aufnehmende Träger der Rentenversicherung und die abgebende Krankenkasse bei Eintritt des Versorgungsfalles die Versorgungsbezüge anteilig, sofern der Angestellte im Zeitpunkt der Übernahme das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatte. § 107b Absatz 2 bis 5 des Beamtenversorgungsgesetzes gilt sinngemäß.

(1) Den Gesamtsozialversicherungsbeitrag hat der Arbeitgeber und in den Fällen der nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auf die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben die Deutsche Rentenversicherung Bund zu zahlen. Die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags gilt als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht. Ist ein Träger der Kranken- oder Rentenversicherung oder die Bundesagentur für Arbeit der Arbeitgeber, gilt der jeweils für diesen Leistungsträger oder, wenn eine Krankenkasse der Arbeitgeber ist, auch der für die Pflegekasse bestimmte Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag als gezahlt; dies gilt für die Beiträge zur Rentenversicherung auch im Verhältnis der Träger der Rentenversicherung untereinander.

(2) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers haftet bei einem wirksamen Vertrag der Entleiher wie ein selbstschuldnerischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen worden sind. Er kann die Zahlung verweigern, solange die Einzugsstelle den Arbeitgeber nicht gemahnt hat und die Mahnfrist nicht abgelaufen ist. Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes unwirksam ist, so hat er auch den hierauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen. Hinsichtlich der Zahlungspflicht nach Satz 3 gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(2a) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht, die sich für den Arbeitgeber knappschaftlicher Arbeiten im Sinne von § 134 Absatz 4 des Sechsten Buches ergibt, haftet der Arbeitgeber des Bergwerkbetriebes, mit dem die Arbeiten räumlich und betrieblich zusammenhängen, wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers von Seeleuten nach § 13 Absatz 1 Satz 2 haften Arbeitgeber und Reeder als Gesamtschuldner.

(3a) Ein Unternehmer des Baugewerbes, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen im Sinne des § 101 Absatz 2 des Dritten Buches beauftragt, haftet für die Erfüllung der Zahlungspflicht dieses Unternehmers oder eines von diesem Unternehmer beauftragten Verleihers wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Satz 1 gilt entsprechend für die vom Nachunternehmer gegenüber ausländischen Sozialversicherungsträgern abzuführenden Beiträge. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(3b) Die Haftung nach Absatz 3a entfällt, wenn der Unternehmer nachweist, dass er ohne eigenes Verschulden davon ausgehen konnte, dass der Nachunternehmer oder ein von ihm beauftragter Verleiher seine Zahlungspflicht erfüllt. Ein Verschulden des Unternehmers ist ausgeschlossen, soweit und solange er Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Nachunternehmers oder des von diesem beauftragten Verleihers durch eine Präqualifikation nachweist, die die Eignungsvoraussetzungen nach § 6a der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz. AT 19.02.2019 B2) erfüllt.

(3c) Ein Unternehmer, der Bauleistungen im Auftrag eines anderen Unternehmers erbringt, ist verpflichtet, auf Verlangen der Einzugstelle Firma und Anschrift dieses Unternehmers mitzuteilen. Kann der Auskunftsanspruch nach Satz 1 nicht durchgesetzt werden, hat ein Unternehmer, der einen Gesamtauftrag für die Erbringung von Bauleistungen für ein Bauwerk erhält, der Einzugsstelle auf Verlangen Firma und Anschrift aller Unternehmer, die von ihm mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt wurden, zu benennen.

(3d) Absatz 3a gilt ab einem geschätzten Gesamtwert aller für ein Bauwerk in Auftrag gegebenen Bauleistungen von 275 000 Euro, wobei für Schätzungen die Vergabeverordnung vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624) in der jeweils geltenden Fassung gilt.

(3e) Die Haftung des Unternehmers nach Absatz 3a erstreckt sich in Abweichung von der dort getroffenen Regelung auf das von dem Nachunternehmer beauftragte nächste Unternehmen, wenn die Beauftragung des unmittelbaren Nachunternehmers bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände als ein Rechtsgeschäft anzusehen ist, dessen Ziel vor allem die Auflösung der Haftung nach Absatz 3a ist. Maßgeblich für die Würdigung ist die Verkehrsanschauung im Baubereich. Ein Rechtsgeschäft im Sinne dieser Vorschrift, das als Umgehungstatbestand anzusehen ist, ist in der Regel anzunehmen,

a)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer weder selbst eigene Bauleistungen noch planerische oder kaufmännische Leistungen erbringt oder
b)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer weder technisches noch planerisches oder kaufmännisches Fachpersonal in nennenswertem Umfang beschäftigt oder
c)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer in einem gesellschaftsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Hauptunternehmer steht.
Besonderer Prüfung bedürfen die Umstände des Einzelfalles vor allem in den Fällen, in denen der unmittelbare Nachunternehmer seinen handelsrechtlichen Sitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums hat.

(3f) Der Unternehmer kann den Nachweis nach Absatz 3b Satz 2 anstelle der Präqualifikation auch für den Zeitraum des Auftragsverhältnisses durch Vorlage von lückenlosen Unbedenklichkeitsbescheinigungen der zuständigen Einzugsstellen für den Nachunternehmer oder den von diesem beauftragten Verleiher erbringen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung enthält Angaben über die ordnungsgemäße Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge und die Zahl der gemeldeten Beschäftigten.

(3g) Für einen Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, der im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig ist und der einen anderen Unternehmer mit der Beförderung von Paketen beauftragt, gelten die Absätze 3a, 3b Satz 1, 3e und 3f entsprechend. Absatz 3b Satz 2 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass die Präqualifikation die Voraussetzung erfüllt, dass der Nachunternehmer in einem amtlichen Verzeichnis eingetragen ist oder über eine Zertifizierung verfügt, die jeweils den Anforderungen des Artikels 64 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2365 (ABl. L 337 vom 19.12.2017, S. 19) geändert worden ist, entsprechen. Für einen Unternehmer, der im Auftrag eines anderen Unternehmers Pakete befördert, gilt Absatz 3c entsprechend. Beförderung von Paketen im Sinne dieses Buches ist

a)
die Beförderung adressierter Pakete mit einem Einzelgewicht von bis zu 32 Kilogramm, soweit diese mit Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 Tonnen erfolgt,
b)
die stationäre Bearbeitung von adressierten Paketen bis zu 32 Kilogramm mit Ausnahme der Bearbeitung im Filialbereich.

(3h) Die Bundesregierung berichtet unter Beteiligung des Normenkontrollrates zum 31. Dezember 2023 über die Wirksamkeit und Reichweite der Haftung für Sozialversicherungsbeiträge für die Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, die im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig sind und einen anderen Unternehmer mit der Beförderung von Paketen beauftragen, insbesondere über die Haftungsfreistellung nach Absatz 3b und Absatz 3f Satz 1.

(4) Die Haftung umfasst die Beiträge und Säumniszuschläge, die infolge der Pflichtverletzung zu zahlen sind, sowie die Zinsen für gestundete Beiträge (Beitragsansprüche).

(5) Die Satzung der Einzugsstelle kann bestimmen, unter welchen Voraussetzungen vom Arbeitgeber Vorschüsse auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag verlangt werden können.

Die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag aus Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Recht der Arbeitsförderung werden als Gesamtsozialversicherungsbeitrag gezahlt. Satz 1 gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten. Die nicht nach dem Arbeitsentgelt zu bemessenden Beiträge in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten gelten zusammen mit den Beiträgen zur Rentenversicherung und Arbeitsförderung im Sinne des Satzes 1 ebenfalls als Gesamtsozialversicherungsbeitrag.

(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.

(2) Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.

(3) Wird ein Haushaltsscheck (§ 28a Absatz 7) verwendet, bleiben Zuwendungen unberücksichtigt, die nicht in Geld gewährt worden sind.

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

(1) Unwirksam sind:

1.
Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat; der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wird nicht unwirksam, wenn der Leiharbeitnehmer schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so beginnt die Frist mit Eintritt der Unwirksamkeit,
1a.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn entgegen § 1 Absatz 1 Satz 5 und 6 die Arbeitnehmerüberlassung nicht ausdrücklich als solche bezeichnet und die Person des Leiharbeitnehmers nicht konkretisiert worden ist, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
1b.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern mit dem Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Absatz 1b, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
2.
Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer schlechtere als die ihm nach § 8 zustehenden Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen,
2a.
Vereinbarungen, die den Zugang des Leiharbeitnehmers zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten im Unternehmen des Entleihers entgegen § 13b beschränken,
3.
Vereinbarungen, die dem Entleiher untersagen, den Leiharbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeitsverhältnis zum Verleiher nicht mehr besteht; dies schließt die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung zwischen Verleiher und Entleiher für die nach vorangegangenem Verleih oder mittels vorangegangenem Verleih erfolgte Vermittlung nicht aus,
4.
Vereinbarungen, die dem Leiharbeitnehmer untersagen, mit dem Entleiher zu einem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nicht mehr besteht, ein Arbeitsverhältnis einzugehen,
5.
Vereinbarungen, nach denen der Leiharbeitnehmer eine Vermittlungsvergütung an den Verleiher zu zahlen hat.

(2) Die Erklärung nach Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 1b (Festhaltenserklärung) ist nur wirksam, wenn

1.
der Leiharbeitnehmer diese vor ihrer Abgabe persönlich in einer Agentur für Arbeit vorlegt,
2.
die Agentur für Arbeit die abzugebende Erklärung mit dem Datum des Tages der Vorlage und dem Hinweis versieht, dass sie die Identität des Leiharbeitnehmers festgestellt hat, und
3.
die Erklärung spätestens am dritten Tag nach der Vorlage in der Agentur für Arbeit dem Ver- oder Entleiher zugeht.

(3) Eine vor Beginn einer Frist nach Absatz 1 Nummer 1 bis 1b abgegebene Festhaltenserklärung ist unwirksam. Wird die Überlassung nach der Festhaltenserklärung fortgeführt, gilt Absatz 1 Nummer 1 bis 1b. Eine erneute Festhaltenserklärung ist unwirksam. § 28e Absatz 2 Satz 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt unbeschadet der Festhaltenserklärung.

(1) Tarifvertragsparteien sind Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern.

(2) Zusammenschlüsse von Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern (Spitzenorganisationen) können im Namen der ihnen angeschlossenen Verbände Tarifverträge abschließen, wenn sie eine entsprechende Vollmacht haben.

(3) Spitzenorganisationen können selbst Parteien eines Tarifvertrags sein, wenn der Abschluß von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört.

(4) In den Fällen der Absätze 2 und 3 haften sowohl die Spitzenorganisationen wie die ihnen angeschlossenen Verbände für die Erfüllung der gegenseitigen Verpflichtungen der Tarifvertragsparteien.

Tenor

Die Rechtsbeschwerden der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen, des Arbeitgeberverbands Mittelständischer Personaldienstleister e. V. sowie der Bundesvereinigung Deutscher Dienstleistungsunternehmen e. V. gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Dezember 2009 - 23 TaBV 1016/09 - werden zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP).

2

Antragsteller sind die zu 1. beteiligte Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und das zu 2. beteiligte Land Berlin.

3

Der Organisationsbereich von ver.di umfasst nach § 4 Nr. 1 ver.di-Satzung idF vom 12./14. März 2008 ua. Unternehmen, Betriebe, Einrichtungen und Verwaltungen der im Anhang 1 zur Satzung abschließend aufgeführten Bereiche. Danach ist ver.di ua. zuständig für Druckereien, Zeitungs- und Zeitschriftenverlage, Zeitschriftenbetriebe sowie Nebenbetriebe dieser Bereiche einschließlich Kantinen, Kasinos, Auslieferungs-, Zustell- und anderer Servicebetriebe (Nr. 1.3 Anhang 1 ver.di-Satzung). Zu den erfassten Organisationseinheiten im Bereich Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr zählen ua. Verwaltungen, Betriebe und Einrichtungen des öffentlichen und privaten Gesundheitswesens sowie des öffentlichen und privaten Nah- und Fernverkehrs einschließlich der Flughäfen (Nr. 1.4 Anhang 1 ver.di-Satzung). Nr. 1.2.4 Anhang 1 ver.di-Satzung lautet:

        

„1.2.4

Sonstiger privater Dienstleistungsbereich

        

Sonstige Unternehmen und Organisationen des Dienstleistungsbereichs einschließlich rechtlich ausgegliederter bzw. selbständiger, jedoch wirtschaftlich-organisatorisch zugeordneter Dienstleistungsbetriebe, z.B. Datenverarbeitung, Organisation, Verwaltung und Bildungseinrichtungen sowie ihre Verbände.

        

…       

        

1.2.4.3

Verleihwesen

        

Leasingunternehmen, Autoverleiher und sonstige Verleihunternehmen“

4

Der Gewerkschaftsrat von ver.di befasste sich auf seiner Sitzung vom 15. - 17. Juni 2009 mit einer Änderung des in Anhang 1 enthaltenen Organisationskatalogs. Nach einer vom Bundesvorstand eingebrachten Vorlage sollten dem Satz 1 von Nr. 1.2.4 Anhang 1 ver.di-Satzung folgende Sätze 2 und 3 angefügt werden:

        

„Dies umfasst auch Unternehmen der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung. Die Zuständigkeit erstreckt sich außerdem auf Arbeitnehmer/innen, die von einem Verleihbetrieb an die vom Organisationsbereich der ver.di erfassten Betriebe (Entleihbetrieb) zur Arbeitsleistung überlassen sind.“

5

Die zu 3. beteiligte CGZP ist am 11. Dezember 2002 von Mitgliedern des zu 5. beteiligten Christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschlands (CGB) gegründet worden. Die erste Satzung der CGZP ist auf ihrer Mitgliederversammlung vom 15. Januar 2003 angenommen worden. § 1 und § 3 Abs. 1 ihrer am 5. Dezember 2005 geänderten Satzung lauteten:

        

㤠1 Name und Zweck

        

Die Tarifgemeinschaft vertritt die tariflichen Interessen ihrer Mitgliedsgewerkschaften als Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG und schließt für deren Mitglieder Tarifverträge mit Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden ab, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) gewerbsmäßig zur Arbeitnehmerüberlassung überlassen wollen.

        

…       

        

§ 3 Mitgliedschaft

        

(1)     

Mitglieder können die Gewerkschaften im Christlichen Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB) werden, die ihren Beitritt zur Tarifgemeinschaft erklären.“

6

Nach einer Satzungsänderung vom 8. Oktober 2009 heißt es in dem angefügten § 1 Abs. 2 sowie in § 7 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009:

        

„§ 1   

Name und Zweck

        

…       

        
        

(2)     

Die Wahrnehmung der Interessen der Mitglieder der Mitgliedsgewerkschaften, die bei Arbeitgebern beschäftigt sind, die als Verleiher Dritten Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung überlassen, erfolgt über haupt- und ehrenamtliche Funktionsträger der Mitgliedsgewerkschaften. Dazu gehören insbesondere: die gewerkschaftliche Betreuung und die rechtliche Vertretung der Mitglieder in den Mitgliedsgewerkschaften, sowie das Vorbereiten und Führen von Tarifverhandlungen sowie von Maßnahmen zur Durchsetzung und Einhaltung von tariflichen Lohn- und Arbeitsbedingungen.

        

…       

        
        

§ 7     

Abschluss von Tarifverträgen

        

(1)     

Tarifvertragsschließende Partei in der Zeitarbeit ist die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP). Durch ihren Beitritt zur CGZP erkennen die Mitgliedsgewerkschaften die Satzung der CGZP an.

                 

Das Recht der Mitgliedsgewerkschaften, im Rahmen ihrer Zuständigkeit selbst Tarifverträge mit Unternehmen oder Verbänden zu schließen, die Arbeitnehmer an Dritte zur Dienstleistung überlassen, bleibt unberührt. Bevor eine Mitgliedsgewerkschaft einen Tarifvertrag für Arbeitnehmer abschließt, die an Dritte zur Arbeitsleistung überlassen werden, ist sie zur Vermeidung von Tarifkollisionen verpflichtet, die Zustimmung der CGZP einzuholen.“

7

Die CGZP hat nach den beim Tarifregister des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) eingereichten Vereinbarungen seit dem 12. Dezember 2002, dem Tag nach ihrer Gründung, eine Vielzahl von Firmen- und Verbandstarifverträgen abgeschlossen.

8

Zum Zeitpunkt der Satzungsänderung am 8. Oktober 2009 waren die zu 8. beteiligte Christliche Gewerkschaft Metall (CGM), die zu 10. beteiligte DHV - Die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV) sowie die zu 11. beteiligte Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen (GÖD) Mitglieder der CGZP. Die von den Vorinstanzen zu 9. beteiligte Christliche Gewerkschaft Postservice und Telekommunikation (CGPT) hat mit Wirkung zum 30. Juni 2009 ihren Austritt aus der CGZP erklärt.

9

§ 1 Abs. 3 und § 3 Abs. 1 der am 21. Oktober 2007 in Kraft getretenen Satzung der CGM lauten:

        

§ 1   

        

Name, Sitz und Organisationsbereich

        

…       

        
        

3.    

Die Christliche Gewerkschaft Metall ist eine unabhängige Gewerkschaft gegenüber politischen Parteien, Kirchen, Regierungen und Unternehmen. Der Organisationsbereich erstreckt sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und umfasst die Bereiche der metallerzeugenden und -verarbeitenden Industrie, des Metallhandwerks, der Elektroindustrie und der sonstigen Metallbetriebe.

        

…       

        
        

§ 3     

        

Beitrittsvoraussetzungen

        

1.    

Mitglied bei der Christlichen Gewerkschaft Metall kann jeder in der metallerzeugenden und -verarbeitenden Industrie, in dem Metallhandwerk, in der Elektroindustrie und in den sonstigen Metallbetrieben Beschäftigte ohne Rücksicht auf Alter, Geschlecht, Herkunft, Nationalität, politische und konfessionelle Bindung werden.“

10

In der seit dem 12. Juni 2009 geltenden Satzung der DHV ist bestimmt:

        

§ 2 Aufgaben und Ziele

        

1.    

Die DHV ist eine Gewerkschaft der Arbeitnehmer insbesondere in kaufmännischen und verwaltenden Berufen. Sie ist damit zuständig zum Abschluss von Tarifverträgen für diese Arbeitnehmergruppen.

                 

Andere Arbeitnehmergruppen können in Tarifverträge einbezogen werden, wenn sie in einer Branche oder in Unternehmen beschäftigt sind, die durch kaufmännische und verwaltende Tätigkeiten geprägt sind. Hierzu gehören der Groß-, Außen- und Einzelhandel und die Warenlogistik, die Finanz- und Versicherungswirtschaft, die gesetzliche Sozialversicherung sowie diesen Branchen zuzuordnende Dienstleistungsbetriebe.

                 

In Tarifverträge können auch andere Arbeitnehmergruppen einbezogen werden, soweit sie in Unternehmen oder Branchen beschäftigt werden, in denen die DHV Tarifpartner ist oder in denen die DHV über eine hinreichende Repräsentativität verfügt. Diese sind im Anhang zur Satzung abschließend aufgeführt. Der Anhang ist Bestandteil der Satzung.

                 

Die Tarifzuständigkeit erstreckt sich auch auf Arbeitnehmer, die in einer in Ziff. 1. Abs. 2 oder im Anhang aufgeführten Branchen bzw. Unternehmen im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes überlassen werden.“

11

Im Anhang zu § 2 DHV-Satzung sind im Einzelnen bezeichnete Branchen und Unternehmen aufgeführt.

12

§ 2 und § 5 der Satzung der GÖD idF vom 20./21. April 2005 lauteten:

        

㤠2 Organisationsbereich

        

Der räumliche Organisationsbereich erstreckt sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

        

…       

        

§ 5 Mitgliedschaft

        

Mitglieder der GÖD können werden:

        

1)    

Arbeitnehmer/innen, Angestellte und Beamte/Beamtinnen, die im Dienst des Bundes, der Länder, der kommunalen Verwaltungen und Betriebe oder sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts stehen, sowie Richter/Richterinnen, Soldaten/Soldatinnen der Bundeswehr, Zivilbedienstete der Stationierungsstreitkräfte, Versorgungsempfänger, Rentner/innen und Auszubildende, sowie Arbeitnehmer/innen von privatrechtlich organisierten Dienstleistungsbetrieben und Organisationen, die auch die Grundsätze und die Satzung der GÖD anerkennen und bereit sind, ihre Ziele zu fördern und keiner konkurrierenden Gewerkschaft angehören.

        

2)    

Die GÖD kann sich durch Beschluss des Bundesvorstandes für andere Tarifbereiche zuständig erklären.“

13

Nach einer am 1. Oktober 2009 beschlossenen Satzungsänderung heißt es in § 2, § 5 und § 21 Abs. 1 der GÖD-Satzung:

        

„§ 2 Organisationsbereich/Zuständigkeitsbereich

        

1)    

Der räumliche Organisationsbereich erstreckt sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Der sachliche Zuständigkeitsbereich erstreckt sich auf den Bereich des öffentlichen Dienstes, insbesondere … Er erstreckt sich auch auf den gesamten privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich.

                 

Um den Bestimmtheitsgrundsätzen zu genügen, kann dieser Satzung eine Anlage beigefügt werden, die einzelne Branchen aufführt.

        

2)    

Die GÖD kann sich durch Beschluss des Bundesvorstandes für andere Tarifbereiche zuständig erklären.

        

…       

        

§ 5 Mitgliedschaft

        

Mitglieder der GÖD können werden:

        

Arbeitnehmer und Beamte, die im Dienst des Bundes, der Länder, der kommunalen Verwaltungen und Betriebe oder sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts stehen, sowie Richter, Soldaten der Bundeswehr, Zivilbedienstete der Stationierungsstreitkräfte, Versorgungsempfänger, Rentner und Auszubildende und Arbeitnehmer von privatrechtlich organisierten Dienstleistungsbetrieben und Organisationen. …

        

§ 21 Kooperationen/Fusionen

        

1)    

Der Bundesvorstand kann durch Beschluss mit einfacher Mehrheit andere, nicht konkurrierende Gewerkschaften, Berufsverbände oder Arbeitnehmervereinigungen in die GÖD aufnehmen oder andere Formen der Kooperation mit diesen eingehen.“

14

Die in § 2 Abs. 1 GÖD-Satzung in Aussicht gestellte Anlage ist der Satzung der GÖD bisher nicht beigefügt worden.

15

In der Anhörung vor dem Arbeitsgericht haben sich die CGM, die DHV und die GÖD zu ihren Mitgliederzahlen am Jahresende 2008 erklärt. Danach soll die CGM 90.000 Mitglieder, die DHV 78.000 Mitglieder und die GÖD 57.000 Mitglieder haben. Nach Angaben der CGZP in der Beschwerdebegründung waren am 31. Dezember 2008 in ihren Mitgliedsgewerkschaften 1.383 Leiharbeitnehmer organisiert (CGM: 900 Mitglieder; DHV: 312 Mitglieder; GÖD: 171 Mitglieder). Im Jahr 2008 wurden nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit durchschnittlich 760.604 Leiharbeitnehmer beschäftigt.

16

Die Vorinstanzen haben aufgrund der Angaben in der Antragsschrift den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) als Beteiligten zu 4., die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) als Beteiligte zu 6. sowie das BMAS als Beteiligten zu 7. angehört. Daneben sind auf Anregung der CGZP der zu 12. beteiligte Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP) sowie die zu 13. beteiligte Bundesvereinigung Deutscher Dienstleistungsunternehmen e. V. (BVD) in das Verfahren einbezogen worden.

17

Bei Eingang der Antragsschrift im vorliegenden Verfahren war bereits seit dem 15. April 2008 ein später an das Arbeitsgericht Berlin verwiesenes Beschlussverfahren zur Feststellung der Tariffähigkeit der CGZP anhängig (- 63 BV 9415/08 -). Dieses Verfahren wurde aufgrund eines Aussetzungsbeschlusses des Arbeitsgerichts Bamberg vom 16. April 2008 in dem Verfahren - 2 Ca 249/08 -, der in der Folgezeit durch die Beschlüsse vom 21. November 2008 und vom 6. Februar 2009 ergänzt wurde, eingeleitet. Streitgegenstand jenes Verfahrens sind Vergütungsansprüche aus einem Leiharbeitsverhältnis für die Zeit vom 17. Oktober 2006 bis zum 31. Januar 2008. Für diese ist nach Auffassung des Arbeitsgerichts Bamberg die Tariffähigkeit der CGZP bei Abschluss des „Entgelttarifvertrags West“ am 22. Juli 2003 vorgreiflich. Nach der Aussetzung des Verfahrens - 2 Ca 249/08 - leitete der dortige Kläger das Verfahren - 63 BV 9415/08 - ein. Sein angekündigter Antrag richtete sich auf die Feststellung, dass die CGZP nicht tariffähig ist.

18

Die Antragsteller haben die Tariffähigkeit der CGZP sowohl nach § 2 Abs. 1 TVG als auch als Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG in Abrede gestellt. Der CGZP fehle die für eine Gewerkschaft erforderliche soziale Mächtigkeit. Die von ihr bisher abgeschlossenen Tarifverträge indizierten diese nicht, da es sich um Gefälligkeitstarifverträge handele, mit denen von der Öffnungsklausel in § 9 Nr. 2 AÜG Gebrauch gemacht werde. Mit diesen Vereinbarungen werde im Interesse der Arbeitgeber der gesetzliche Mindestschutz der Leiharbeitnehmer einseitig zu deren Lasten verschlechtert. Der CGZP fehle die Tariffähigkeit auch dann, wenn es sich bei ihr um eine Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG handele, für deren Tariffähigkeit die ihrer Mitglieder ausreiche. Diese bestehe nur im Bereich der satzungsmäßigen Zuständigkeit, für die Arbeitnehmerüberlassung sei aber keines der Mitglieder der CGZP zuständig.

19

Ver.di, das Land Berlin sowie in den Vorinstanzen der DGB haben beantragt

        

festzustellen, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen nicht tariffähig ist.

20

Die CGZP, der CGB, die CGM, die DHV, die GÖD, der AMP sowie die BVD haben beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

21

Die BDA und das BMAS haben von einer Antragstellung abgesehen.

22

Die CGZP, der AMP und die BVD haben die Anträge für unzulässig gehalten. Es liege eine doppelte Rechtshängigkeit vor, die zur Unzulässigkeit einer Sachentscheidung führe. Den Antragstellern fehle die Antragsbefugnis. Ver.di sei für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung nicht zuständig. Diese werde von den im Anhang 1 ver.di-Satzung bezeichneten Bereichen nicht erfasst. Die von ver.di behauptete Satzungsänderung durch den Gewerkschaftsrat im Jahr 2009 sei nicht wirksam erfolgt. Das Land Berlin sei nicht antragsbefugt, da sich die Tätigkeit der CGZP auf das gesamte Bundesgebiet erstrecke und eine unmittelbare Betroffenheit des Landes in einer geschützten Rechtsstellung nicht ersichtlich sei. Das Verfahren werde von den Antragstellern rechtsmissbräuchlich betrieben. Ver.di gehe es um die Ausschaltung eines missliebigen Konkurrenten, während das Land Berlin das Verfahren aus parteipolitischen Gründen betreibe. Der Antrag sei auch unbegründet. Bei der CGZP handele es sich um eine nach § 2 Abs. 3 TVG tariffähige Spitzenorganisation, zu deren satzungsgemäßen Aufgaben der Abschluss von Tarifverträgen gehöre. Für ihre Tariffähigkeit genüge es, dass zwei ihrer Mitglieder tariffähig sind. Die Tariffähigkeit des CGM und der DHV sei gerichtlich festgestellt worden. Unabhängig davon erfülle die CGZP selbst die Voraussetzungen für die Tariffähigkeit. Sie sei tarifwillig, verfüge mit dem Zugriff auf die hauptamtlichen Mitglieder der Mitgliedsgewerkschaften über eine leistungsfähige Organisation und besitze die erforderliche Durchsetzungskraft, durch die sie vom sozialen Gegenspieler wahrgenommen werde. Dies werde durch die Vielzahl der von ihr abgeschlossenen Tarifverträge belegt. Auf die Tarifzuständigkeit ihrer Mitgliedsgewerkschaften für die Arbeitnehmerüberlassung komme es nicht an. Selbst wenn diesen die Tarifzuständigkeit im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung fehle, hätte dies nicht die Tarifunfähigkeit ihrer Spitzenorganisation zur Folge.

23

Das Arbeitsgericht hat die Anträge des DGB und von ver.di zurückgewiesen und dem Antrag des Landes Berlin entsprochen. Gegen diesen Beschluss haben ver.di, die CGZP, der DGB, der AMP sowie die BVD Beschwerde eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat der Beschwerde von ver.di stattgegeben und die Beschwerden der CGZP, des DGB, des AMP sowie der BVD zurückgewiesen. Hiergegen richten sich die Rechtsbeschwerden der CGZP, des AMP sowie der BVD, mit denen diese weiterhin ihren Abweisungsantrag verfolgen. Das Land Berlin hat in der Anhörung vor dem Senat seinen Antrag um einen im Schriftsatz vom 9. November 2010 angekündigten Hilfsantrag ergänzt, wonach die Tarifunfähigkeit der CGZP in zeitlicher Abhängigkeit von der Satzungsänderung am 8. Oktober 2009 festgestellt werden soll. Die CGZP, der AMP sowie die BVD haben beantragt, auch diesen Antrag abzuweisen.

24

Die nach dem Geschäftsverteilungsplan ursprünglich für die Anhörung vor dem Senat herangezogene ehrenamtliche Richterin S hat fernmündlich am 30. November 2010 ihre Verhinderung angezeigt und die dafür maßgeblichen Gründe in einer E-Mail vom 1. Dezember 2010 näher ausgeführt. Zu Beginn der Anhörung hat der AMP erklärt, nach seiner Auffassung sei der Senat nicht ordnungsgemäß besetzt, da bei Frau S ein Verhinderungsgrund nicht vorgelegen habe.

25

B. Die Rechtsbeschwerden der CGZP, des AMP und der BVD sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Anträgen von ver.di und dem Hauptantrag des Landes Berlin im Ergebnis zu Recht entsprochen. Sein Hilfsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

26

I. Der Senat war entgegen der vom AMP erhobenen Rüge ordnungsgemäß besetzt. Die Heranziehung des ehrenamtlichen Richters K zum Sitzungstermin am 14. Dezember 2010 entsprach dem in der Verfügung der Senatsvorsitzenden vom 9. Dezember 2009 und dem in C. 4 des Geschäftsverteilungsplans des Bundesarbeitsgerichts für das Geschäftsjahr 2010 vorgesehenen Verfahren. Die zunächst herangezogene ehrenamtliche Richterin S war an der Wahrnehmung ihres Richteramts gehindert. An ihre Stelle ist der ehrenamtliche Richter K getreten.

27

1. Nach § 43 Abs. 3 ArbGG iVm. § 31 Abs. 1 ArbGG sollen die ehrenamtlichen Richter zu den Sitzungen nach der Reihenfolge einer Liste herangezogen werden, die der Senatsvorsitzende nach näherer Maßgabe des § 31 Abs. 1 ArbGG aufstellt. Für die Heranziehung von Vertretern bei unvorhergesehener Verhinderung kann eine Hilfsliste von ehrenamtlichen Richtern aufgestellt werden, die am Gerichtssitz oder in der Nähe wohnen oder ihren Dienstsitz haben (§ 31 Abs. 2 ArbGG).

28

2. Erklärt sich ein zu einem Terminstag herangezogener ehrenamtlicher Richter unter Angabe eines Grundes für verhindert, so muss das Gericht das Vorliegen des angeführten Hinderungsgrundes nicht näher nachprüfen. Vielmehr darf es bei den auf gewissenhafte Amtsführung vereidigten ehrenamtlichen Richtern (§ 45 DRiG) grundsätzlich davon ausgehen und sich ohne weitere Ermittlungen darauf verlassen, dass sie sich ihrer richterlichen Pflicht nicht ohne triftigen Grund entziehen, sondern nach pflichtgemäßer Abwägung zu dem Ergebnis gelangt sind, verhindert zu sein (BFH 22. Dezember 2004 - II B 166/03 - zu II 1 b aa der Gründe, BFH/NV 2005, 705; BVerwG 28. Februar 1984 - 9 C 136/82 - Buchholz 310 § 30 VwGO Nr. 18). Nur wenn Anhaltspunkte für eine pflichtwidrige Entscheidung des ehrenamtlichen Richters vorliegen, kann Veranlassung bestehen, den angegebenen Hinderungsgrund nachzuprüfen und ggf. auf einer Teilnahme des ehrenamtlichen Richters an der Sitzung zu bestehen (BVerwG 30. August 1983 - 9 C 281/82 - Buchholz 310 § 30 VwGO Nr. 17).

29

3. Solche Anhaltspunkte sind im vorliegenden Fall weder vom AMP vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die von der ehrenamtlichen Richterin S zunächst fernmündlich und anschließend in ihrer an das Bundesarbeitsgericht gerichteten E-Mail vom 1. Dezember 2010 angeführte Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied einer Aktiengesellschaft stellt einen Grund für eine unvorhergesehene Verhinderung iSd. § 31 Abs. 2 ArbGG dar. Die Teilnahme an einer Aufsichtsratsratssitzung und die Erledigung der hierfür erforderlichen Vorbereitungstätigkeiten haben zu einer Pflichtenkollision mit der Ausübung des Richteramts geführt, über deren Auflösung die ehrenamtliche Richterin nach pflichtgemäßer Abwägung selbst zu befinden hatte. Für den Senat hat kein Anlass bestanden, den von ihr angeführten Hinderungsgrund nachzuprüfen oder auf ihrer Teilnahme an der Sitzung vom 14. Dezember 2010 zu bestehen. Da sich die auf der Liste des erkennenden Senats an nächstbereiter Stelle befindlichen ehrenamtlichen Richter B und H nach einem bei der Akte befindlichen Vermerk für verhindert erklärt haben, ist zunächst der ehrenamtliche Richter Dr. K herangezogen worden. Nachdem dieser aufgrund seiner vom Senat durch Beschluss vom 14. Dezember 2010 als begründet erachteten Selbstablehnung aus dem Verfahren ausgeschieden war, ist der ihm auf der Liste nachfolgende ehrenamtliche Richter K für dieses Verfahren herangezogen worden.

30

II. Die Rechtsbeschwerden der CGZP, des AMP und der BVD sind zulässig. Die Rechtsbeschwerdeführer sind durch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts beschwert. Dies gilt nicht nur für die CGZP, sondern auch für die beiden anderen Beteiligten, deren Beschwerden vom Landesarbeitsgericht zurückgewiesen worden sind.

31

III. Der von ver.di als alleiniger und vom Land Berlin im Rechtsbeschwerdeverfahren als Hauptantrag gestellte Feststellungsantrag ist zulässig.

32

1. Die Antragsteller verfolgen ihr Begehren im Wege subjektiver Antragshäufung. Dies unterliegt keinen Bedenken. Zwar sind die §§ 59 ff. ZPO in § 80 Abs. 2 ArbGG nicht in Bezug genommen. Gleichwohl ist eine notwendige Streitgenossenschaft auch im Beschlussverfahren zulässig, wenn - wie vorliegend - über einen identischen Antrag nur eine einheitliche Sachentscheidung ergehen kann (BAG 13. März 2007 - 1 ABR 24/06 - Rn. 19 mwN, BAGE 121, 362). Die einzelnen Prozessvoraussetzungen sind jedoch für sämtliche Antragsteller getrennt zu prüfen.

33

2. Der Antrag von ver.di und der Hauptantrag des Landes Berlin sind auf die Gegenwart gerichtet und nicht vergangenheitsbezogen. Beiden Antragstellern geht es ersichtlich um die gegenwärtige Feststellung, dass die CGZP nicht tariffähig ist. Dies folgt aus der ausdrücklich auf die Gegenwart bezogenen Antragsformulierung („tarifunfähig ist“) und der dazu gegebenen Begründung. Der Wortlaut ihrer Feststellungsanträge ist in den Vorinstanzen unverändert geblieben, während die Antragsteller ihren Vortrag im Verfahrensverlauf an der jeweils geltenden Satzung der CGZP ausgerichtet haben. Dies war zunächst die Satzung vom 5. Dezember 2005 und nach deren Änderung ihre seit dem 8. Oktober 2009 geltende Fassung. Auch das Landesarbeitsgericht hat die Anträge als auf eine gegenwärtige Feststellung gerichtet verstanden.

34

3. Den gegenwartsbezogenen Anträgen steht das Verfahrenshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) nicht entgegen.

35

a) Nach dem auch im Beschlussverfahren anwendbaren § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO bewirkt die Rechtshängigkeit einer Streitsache, dass sie von keinem Beteiligten anderweitig anhängig gemacht werden kann. Die doppelte Rechtshängigkeit begründet ein Verfahrenshindernis, das in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz, von Amts wegen zu beachten ist und zur Unzulässigkeit des Antrags führt. Sie liegt vor, wenn die Beteiligten und die Streitgegenstände beider Verfahren identisch sind.

36

b) Die frühere Rechtshängigkeit des vor dem Arbeitsgericht Berlin geführten Beschlussverfahrens - 63 BV 9415/08 - führt nicht zur Unzulässigkeit der gegenwartsbezogenen Feststellungsanträge. Die Streitgegenstände des vorliegenden und des Verfahrens - 63 BV 9415/08 - sind trotz der übereinstimmenden Antragsformulierung nicht identisch. Es kann daher offenbleiben, ob wegen der über die Verfahrensbeteiligten hinausgehenden Rechtskraftwirkung einer Entscheidung im Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG das Verfahrenshindernis nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO auch bei fehlender Identität der Beteiligten bestanden hätte.

37

aa) Der Streitgegenstand richtet sich nicht nur nach dem zur Entscheidung gestellten Antrag (Klageziel), sondern auch nach dem zugehörigen Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird. Nach der prozessrechtlichen Auffassung vom zweigliedrigen Streitgegenstand, der nach der Senatsrechtsprechung auch für das Beschlussverfahren zu folgen ist (19. Januar 2010 - 1 ABR 55/08 - Rn. 15, EzA BetrVG 2001 § 23 Nr. 4), wird der Streitgegenstand nicht allein durch das Antragsziel bestimmt. Die Einheitlichkeit des Klageziels genügt deshalb nicht, um einen einheitlichen Streitgegenstand anzunehmen. Vielmehr muss auch der Klagegrund identisch sein. Hieran fehlt es vorliegend.

38

bb) Streitgegenstand des Verfahrens - 63 BV 9415/08 - ist die Tariffähigkeit der CGZP bei Abschluss des „Entgelttarifvertrags West“ mit der Tarifgemeinschaft für Zeitarbeitsunternehmen in der BVD am 22. Juli 2003. Dies folgt aus dem vom dortigen Antragsteller zur Begründung seines Antrags angeführten Lebenssachverhalt. Dieser begehrt die Feststellung der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP nur soweit dies zur Durchsetzung seines vor dem Arbeitsgericht Bamberg im Verfahren - 2 Ca 249/08 - erhobenen prozessualen Anspruchs erforderlich ist. Der Antragsteller hat zunächst im Urteilsverfahren auf den Equal-Pay-Grundsatz gestützte Vergütungsansprüche für die Zeit seines Leiharbeitsverhältnisses geltend gemacht. Das Arbeitsgericht Bamberg hat sich an einer Sachentscheidung gehindert gesehen, da nach seiner Auffassung der zur Entscheidung gestellte Anspruch von der Tariffähigkeit der CGZP am 22. Juli 2003 abhängt. Aus diesem Grund hat es jenes Verfahren ausgesetzt und dem dortigen Kläger die Möglichkeit eröffnet, als Antragsteller nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG ein Beschlussverfahren über die Tariffähigkeit der CGZP einzuleiten. Der Aussetzungsbeschluss vom 16. April 2008 lässt allerdings den Zeitraum, für den das Arbeitsgericht die Tariffähigkeit der CGZP als entscheidungserheblich ansieht, nicht eindeutig erkennen. Aus der vom Arbeitsgericht ergänzten Begründung seines Aussetzungsbeschlusses, die bei der Auslegung der Beschlussformel zu berücksichtigen ist (BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 14/03 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 111, 164), wird jedoch deutlich, dass dieses die Tariffähigkeit der CGZP für das Verfahren - 2 Ca 249/08 - nur bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses des dortigen Klägers als entscheidungserheblich ansieht. Der Streitgegenstand des Verfahrens - 63 BV 9415/08 - ist daher auf eine vergangenheitsbezogene Feststellung über die Tariffähigkeit der CGZP beschränkt. Ein darüber hinausgehendes Begehren wäre zudem von der dem Kläger des Ausgangsverfahrens durch den Aussetzungsbeschluss eröffneten Antragsbefugnis nicht erfasst. Diese beschränkt sich auf die Vorfrage, wegen derer das Gericht sein Verfahren ausgesetzt hat (BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 14/03 - aaO).

39

4. Ver.di und das Land Berlin sind nach § 97 Abs. 1 ArbGG antragsberechtigt.

40

a) Antragsberechtigt in einem Verfahren über die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition sind nach § 97 Abs. 1 ArbGG neben anderen eine räumlich und sachlich zuständige Vereinigung von Arbeitnehmern und die oberste Arbeitsbehörde eines Landes, auf dessen Gebiet sich die Tätigkeit der Vereinigung erstreckt.

41

b) Ver.di verfügt über die notwendige Antragsbefugnis.

42

aa) Die Antragsbefugnis einer konkurrierenden Arbeitnehmervereinigung in einem Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG setzt kein weitergehendes eigenes Recht der Gewerkschaft voraus. Aus § 97 Abs. 1 ArbGG folgt die prozessuale Befugnis einer räumlich und sachlich zuständigen Vereinigung von Arbeitnehmern, die Tariffähigkeit einer anderen, ganz oder teilweise denselben Zuständigkeitsbereich beanspruchenden Arbeitnehmervereinigung gerichtlich klären zu lassen(BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 27, BAGE 117, 308). Entgegen der Auffassung der CGZP ist es ausreichend, wenn sich der räumliche und sachliche Zuständigkeitsbereich der antragstellenden Gewerkschaft zumindest teilweise mit den Zuständigkeitsbereichen der Vereinigung deckt, deren Tariffähigkeit bestritten wird (BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 10/99 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 95, 36). Soweit eine antragstellende Koalition die Tariffähigkeit einer anderen Vereinigung bestreitet, muss sie selbst tariffähig sein (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 28 mwN, aaO). Die Tariffähigkeit von ver.di wird von keinem der Beteiligten in Abrede gestellt.

43

bb) Die erforderliche Konkurrenz gegenüber der von der CGZP beanspruchten Tarifzuständigkeit für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung (§ 1 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009) liegt vor. Ver.di ist nach ihrem gleichermaßen arbeitgeber- und betriebsbezogen gefassten Organisationsbereich (§ 4 Nr. 1 ver.di-Satzung) auch für Arbeitgeber tarifzuständig, die gewerbsmäßig Arbeitnehmer als Leiharbeitnehmer einsetzen.

44

Der in Nr. 1.3 Anhang 1 ver.di-Satzung angeführte Begriff der Servicebetriebe von Zeitungsverlagen erfasst Arbeitgeber, die der gleichen Unternehmensgruppe wie der Zeitungsverlag angehören und an diesen aufgrund einer gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis Leiharbeitnehmer verleihen, damit diese im Betrieb des Zeitungsverlags tätig werden. Nach Nr. 1.4 Anhang 1 ver.di-Satzung organisiert ver.di Beschäftigte, die in einem öffentlich-rechtlich verfassten Krankenhaus als Leiharbeitnehmer eingesetzt werden, wenn diese von einem privatrechtlich verfassten Unternehmen, dessen Gesellschaftsanteile unmittelbar oder mittelbar von der öffentlichen Hand gehalten werden, eingestellt werden. Solche Sachverhalte waren auch bereits Gegenstand von Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (zu Zeitungsverlagen: 21. Juli 2009 - 1 ABR 35/08 - Rn. 2, AP AÜG § 3 Nr. 4 = EzA BetrVG 2001 § 99 Einstellung Nr. 12; zum Gesundheitswesen: 16. Juli 2008 - 7 ABR 13/07 - Rn. 4 bis 6, BAGE 127, 126; 21. Mai 2008 - 8 AZR 481/07 - Rn. 2 bis 9, AP BGB § 613a Nr. 354 = EzA BGB 2002 § 613a BGB Nr. 96). Ebenso ist ver.di nach Nr. 1.4 Anhang 1 ver.di-Satzung tarifzuständig für Leiharbeitnehmer aus einem konzernangehörigen Unternehmen eines Flughafenbetreibers, die dieser im Flughafenbetrieb einsetzt (zur Auslegung eines von ver.di für Leiharbeitnehmer des Fraport-Konzerns abgeschlossenen Tarifvertrags: 17. Oktober 2007 - 4 AZR 812/06 - Rn. 4 f., AP BAT § 53 Nr. 9).

45

cc) Auf die noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob ver.di nach Nr. 1.2.4.3 Anhang 1 ver.di-Satzung oder jedenfalls aufgrund der Anfügung der Sätze 2 und 3 an Nr. 1.2.4 Anhang 1 ver.di-Satzung umfassend für den Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung tarifzuständig ist, kommt es danach nicht an.

46

c) Auch das Land Berlin ist antragsbefugt.

47

aa) § 97 Abs. 1 ArbGG dient der Sicherung der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Tarifautonomie(BAG 28. Januar 2008 - 3 AZB 30/07 - Rn. 18, AP ArbGG 1979 § 97 Nr. 17 = EzA ArbGG 1979 § 97 Nr. 9). Da der Gesetzgeber bisher weitgehend von der Normierung der Voraussetzungen für die Tariffähigkeit abgesehen hat, kann jede Arbeitnehmervereinigung ohne vorherige Zulassung am Tarifgeschehen teilnehmen und für ihre Mitglieder Vereinbarungen abschließen, die für sich die Geltung als Tarifvertrag beanspruchen. Das objektivierte Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG stellt das im Interesse einer funktionierenden Tarifautonomie dazu notwendige Korrektiv dar. Die gerichtliche Entscheidung soll klären, ob die Vereinigung die rechtlichen Voraussetzungen für den Abschluss von Tarifverträgen erfüllt.

48

bb) Die Antragsbefugnis zur Einleitung eines solchen Verfahrens hat der Gesetzgeber vorrangig den in § 97 Abs. 1 ArbGG genannten Vereinigungen und Stellen übertragen, sofern deren Interessen von der Tätigkeit der Vereinigung berührt werden. Hiervon geht das Gesetz bei der obersten Arbeitsbehörde des Bundes stets und bei den obersten Arbeitsbehörden der Länder dann aus, wenn die Tätigkeit der Koalition, deren Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit umstritten ist, sich auf das räumliche Gebiet des jeweiligen Bundeslandes erstreckt. Eine darüber hinausgehende Betroffenheit muss nicht vorliegen. Es steht mit dem Normzweck der § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 Abs. 1 ArbGG in Einklang, wenn neben der obersten Arbeitsbehörde des Bundes auch die nach Landesrecht zuständigen obersten Arbeitsbehörden zugunsten der auf ihrem Landesgebiet tätigen Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine gerichtliche Entscheidung über die Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit einer Vereinigung herbeiführen können, die für ihre Mitglieder die normative Regelung von Arbeitsbedingungen beansprucht.

49

cc) Die Antragsbefugnis der obersten Arbeitsbehörde eines Landes steht nicht unter dem Vorbehalt, dass sich die Tätigkeit der Vereinigung auf das Gebiet der antragstellenden Arbeitsbehörde eines Bundeslandes beschränkt (BAG 15. März 1977 - 1 ABR 16/75 - zu II 1 der Gründe, BAGE 29, 72; ebenso GK-ArbGG/Dörner Stand November 2010 § 97 Rn. 33; GMP Matthes/Schlewing ArbGG 7. Aufl. § 97 Rn. 18; Schwab/Weth/Walker ArbGG 3. Aufl. § 97 Rn. 12; offengelassen HWK/Bepler 4. Aufl. § 97 ArbGG Rn. 7). Eine ausschließliche, die Zuständigkeit der obersten Arbeitsbehörden der Länder verdrängende Antragsbefugnis sieht § 97 Abs. 1 ArbGG - anders als die Zuständigkeitsverteilung im Bereich der Heimarbeit(§ 3 HAG) - gerade nicht vor. Neben dem Wortlaut spricht auch der Zweck eines Verfahrens zur Feststellung der Tariffähigkeit einer Vereinigung für eine vorbehaltlose Antragsbefugnis der obersten Arbeitsbehörde eines Bundeslandes. Ein solches Verfahren ist darauf gerichtet, mit allgemeiner Wirkung von Amts wegen zu ermitteln, ob eine Vereinigung in der Lage ist, mit den Mitteln des staatlichen Tarifrechts die Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder zu regeln. Angesichts der ordnungspolitischen Funktion dieses Verfahrens, das der Stärkung der Tarifautonomie dient, ist kein Grund dafür ersichtlich, die Antragsbefugnis bei einer länderübergreifenden Tätigkeit der Vereinigung ausschließlich dem Bund zuzuweisen und den gleichermaßen betroffenen Ländern vorzuenthalten. Hinzu kommt, dass auch in diesem Fall für die obersten Arbeitsbehörden der jeweils betroffenen Bundesländer keine rechtlich abgesicherte Möglichkeit besteht, das BMAS zur Einleitung eines Verfahrens nach § 97 Abs. 1 ArbGG anzuhalten und auf dessen Verfahrensführung einzuwirken.

50

dd) Entgegen der Auffassung der CGZP ist § 97 Abs. 1 ArbGG in Bezug auf die Antragsbefugnis der obersten Arbeitsbehörden der Länder auch nicht wegen der Freiheitsrechte der betroffenen Arbeitnehmerkoalition teleologisch zu reduzieren. Die Vorschrift schafft weder ein gerichtliches Konzessionierungsverfahren für Tarifvertragsparteien noch wird die Freiheit der Koalitionsbildung nach Art. 9 Abs. 3 GG berührt. Die Tariffähigkeit einer Vereinigung wird im Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG nicht begründet, sondern nur festgestellt.

51

ee) Für die der obersten Arbeitsbehörde eines Landes durch § 97 Abs. 1 ArbGG ausdrücklich verliehene Antragsbefugnis bedarf es keiner weiteren Voraussetzungen.

52

5. Ver.di und das Land Berlin haben an der begehrten gegenwartsbezogenen Feststellung das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse.

53

a) Das Gesetz räumt den nach § 97 Abs. 1 ArbGG Antragsberechtigten die Möglichkeit ein, ein Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG zur Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung einzuleiten. Für einen solchen Antrag besteht ein Feststellungsinteresse, wenn diese Eigenschaft von dem Antragsteller oder sonst im Arbeitsleben in Zweifel gezogen wird. Eine Vereinigung von Arbeitnehmern oder Arbeitgebern hat daher stets zu gewärtigen, dass ihre Tariffähigkeit Gegenstand eines Verfahrens nach § 97 Abs. 1 ArbGG sein kann, wenn sie für sich in Anspruch nimmt, durch den Abschluss von Tarifverträgen zur Ordnung des Arbeitslebens beizutragen. Andererseits eröffnet das Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG einer Vereinigung, deren Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit umstritten ist, selbst die Möglichkeit, eine der Rechtskraft zugängliche Klärung herbeizuführen. In einem solchen Verfahren kann auch die (positive) Feststellung beantragt werden, dass eine bestimmte Vereinigung tariffähig oder tarifzuständig ist. Diese Grundsätze gelten nicht nur für Vereinigungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, sondern gleichermaßen für einen Zusammenschluss von Gewerkschaften.

54

b) Die Konkurrenzsituation zwischen der CGZP sowie ihren Mitgliedern und ver.di führt danach nicht dazu, dass deren Antrag als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. Derart widerstreitende Interessen sind allen Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG immanent, in denen über die Tariffähigkeit einer Vereinigung auf Arbeitnehmerseite gestritten wird(BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 88/09 - Rn. 25; 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 32, BAGE 117, 308). Ebenso unterliegt es in Bezug auf das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse keinen rechtlichen Bedenken, wenn sich das Land Berlin zur Feststellung der Tariffähigkeit der CGZP des hierfür vom Gesetzgeber vorgesehenen Verfahrens nach § 97 Abs. 1 ArbGG bedient. Anhaltspunkte dafür, dass es den Antragstellern nicht um eine Feststellung zur Tariffähigkeit geht, sondern darum, die CGZP oder ihre Mitglieder in einer mit Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG nicht zu vereinbarenden Weise in ihrer koalitionsmäßigen Betätigungsfreiheit zu behindern, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die in der Antragsschrift verwandte Diktion („Schmutzkonkurrenz“) lässt nicht erkennen, dass die Antragsteller mit diesem Verfahren nicht nur eine Feststellung über die Tariffähigkeit der CGZP anstreben, sondern deren Betätigungsfreiheit oder die ihrer Mitglieder beschränken wollen.

55

6. Über die von den Vorinstanzen angehörten Beteiligten hinaus sind am Verfahren keine weiteren Personen, Vereinigungen oder Stellen beteiligt.

56

a) Die Beteiligung an einem Verfahren zur Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung von Arbeitnehmern ist - wie auch sonst in Beschlussverfahren - noch im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfen. Personen und Stellen, die bis dahin zu Unrecht nicht gehört wurden, sind auch ohne Rüge zum Verfahren hinzuzuziehen. Dagegen ist im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich nicht von Amts wegen zu prüfen, ob sämtliche in den Vorinstanzen beteiligten Personen, Vereinigungen und Stellen zu Recht angehört wurden (BAG 14. Dezember 2004 - 1 ABR 51/03 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 113, 82).

57

b) In dem Verfahren um die Tariffähigkeit einer Vereinigung ist der Antragsteller notwendiger Beteiligter. Dies ist nicht nur die Vereinigung oder Stelle, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, sondern auch die antragsbefugte Vereinigung oder oberste Arbeitsbehörde, sofern sie im Verfahren einen eigenen Sachantrag gestellt hat. Dieser kann neben den des ursprünglichen Antragstellers oder den der Arbeitnehmervereinigung treten, deren Tariffähigkeit vom Antragsteller oder einer Mehrheit von Antragstellern bestritten wird (BAG 25. November 1986 - 1 ABR 22/85 - zu B I 4 der Gründe, BAGE 53, 347). Daher kann auch der Antrag, der auf die Abweisung eines oder mehrerer Anträge gerichtet ist, die Beteiligtenstellung einer der in § 97 Abs. 1 ArbGG genannten Vereinigungen und obersten Arbeitsbehörden begründen.

58

c) Die weiteren Beteiligten ergeben sich aus § 83 Abs. 3 ArbGG, der gemäß § 97 Abs. 2 ArbGG aber nur entsprechende Anwendung findet. Maßgeblich ist die unmittelbare Betroffenheit in der Rechtsstellung als Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervereinigung. Daher ist stets die Vereinigung beteiligt, über deren Tariffähigkeit gestritten wird, selbst wenn diese keinen eigenen Antrag gestellt hat. Beteiligt sind ferner die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, soweit die Entscheidung sie berühren kann. Dabei ist grundsätzlich die Beteiligung der jeweiligen Spitzenverbände ausreichend (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 19, BAGE 117, 308).

59

d) Hingegen sind einzelne Arbeitgeber, die Vereinbarungen mit einer Arbeitnehmervereinigung abgeschlossen haben, deren Tariffähigkeit umstritten ist, nicht im Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG anzuhören. Dessen Zweck bringt es mit sich, dass die Interessen dieser Arbeitgeber durch die Beteiligung der Spitzenverbände auf Arbeitgeberseite als ausreichend gewahrt gelten, selbst wenn die Arbeitgeber keinem Arbeitgeberverband angehören und es insoweit an einer mitgliedschaftlichen Legitimation des Spitzenverbands fehlt. Dies ist auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten schon deshalb unbedenklich, weil sie dort, wo sie in ihrer Rechtsstellung als Tarifvertragspartei betroffen sind, die Rechtswirksamkeit der von ihnen abgeschlossenen Vereinbarung als Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 TVG im Rahmen einer Verbandsklage(§ 9 TVG) feststellen lassen können. Im Rahmen eines solchen Rechtsstreits muss das Arbeitsgericht das Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG aussetzen, wenn entweder die Tariffähigkeit der abschließenden Arbeitnehmervereinigung streitig ist oder wenn gegen diese Bedenken bestehen, wobei im Arbeitsleben geäußerte Vorbehalte zu berücksichtigen und vom Arbeitsgericht aufzugreifen sind(BAG 28. Januar 2008 - 3 AZB 30/07 - Rn. 17, AP ArbGG 1979 § 97 Nr. 17 = EzA ArbGG 1979 § 97 Nr. 9). Unter diesen Voraussetzungen hat das Arbeitsgericht auch ein Verfahren nach § 9 TVG auszusetzen, um dessen Parteien die Einleitung eines Beschlussverfahrens nach § 97 Abs. 1 ArbGG über die Tariffähigkeit der Arbeitnehmervereinigung oder des Spitzenverbands zu ermöglichen. In dieses Beschlussverfahren sind die Arbeitgeber, die mit der in ihrer Tariffähigkeit umstrittenen Vereinigung einen „Firmentarifvertrag“ abgeschlossen haben, entweder als Antragsteller oder als Beteiligte einbezogen (§ 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG). Mit der Interessenwahrnehmung durch den auf Arbeitgeberseite am Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG stets beteiligten Spitzenverband sowie die aufgezeigte Rechtsschutzmöglichkeit über das Verbandsklageverfahren erhalten auch die betroffenen Arbeitgeber eine Rechtsschutzmöglichkeit, die den sich aus dem Rechtsstaatsprinzip(Art. 20 Abs. 3 GG) ergebenden Anforderungen an die Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes genügt.

60

Die Beschränkung der nach § 97 Abs. 2 ArbGG iVm. § 83 Abs. 3 ArbGG anzuhörenden Stellen ist auch aus Gründen der Verfahrensökonomie geboten. Ein Verfahren über die Tariffähigkeit einer Vereinigung von Arbeitnehmern kann sein Ziel nur erreichen, wenn seine Durchführung nicht durch eine Vielzahl von anzuhörenden Personen oder Stellen gefährdet wird. Dies wäre aber der Fall, wenn auch einzelne Arbeitgeber in ein solches Verfahren einzubeziehen wären. Der Abschluss und die Beendigung von Firmentarifverträgen würden zu einem unüberschaubaren und ständigen Wechsel der anzuhörenden Personen und Stellen führen, was einem zügigen und rechtsstaatlichen Grundsätzen genügenden Verfahrensabschluss entgegenstünde.

61

e) Hiernach ist nicht ersichtlich, dass im vorliegenden Verfahren die Anhörung einer Vereinigung oder Stelle unterblieben wäre, die durch die zu treffende Entscheidung in ihrer Rechtsstellung als Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervereinigung unmittelbar betroffen ist. Neben den Antragstellern sowie den Spitzenorganisationen der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite haben die Vorinstanzen die CGZP und die nach § 97 Abs. 1 ArbGG antragsbefugten Arbeitgeberverbände angehört, die einen eigenen Sachantrag gestellt haben.

62

f) Die Verfahrensrüge des AMP, mit der dieser die unterbliebene Anhörung einzelner Arbeitgeber beanstandet, ist jedenfalls unbegründet. Die Arbeitgeber, mit denen die CGZP Firmentarifverträge abgeschlossen hat, sind nicht nach § 97 Abs. 2 ArbGG am Verfahren beteiligt. Es ist auch weder ersichtlich noch von den Beteiligten geltend gemacht, dass die Anhörung einer Person oder Stelle unterblieben ist, die in Bezug auf die gegenwartsbezogenen Anträge nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG am Verfahren beteiligt ist. Dahinstehen kann, ob auch die Mitglieder der CGZP im Verfahren anzuhören waren. Insoweit hat keiner der Beteiligten eine Verfahrensrüge erhoben.

63

IV. Die gegenwartsbezogenen Feststellungsanträge sind begründet. Die CGZP ist weder nach § 2 Abs. 1 TVG als Gewerkschaft noch nach § 2 Abs. 3 TVG als Spitzenorganisation tariffähig.

64

1. Der Begriff der Tariffähigkeit ist gesetzlich nicht definiert. § 2 Abs. 1 bis 3 TVG bestimmt zwar, wer Partei eines Tarifvertrags sein kann, enthält aber selbst keine nähere Definition der Tariffähigkeit. Dies beruht auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, der hiervon zur besseren Lesbarkeit des Gesetzestextes und größeren Verständlichkeit für den Laien abgesehen hat (Herschel ZfA 1973, 183, 189). Die Tariffähigkeit wird in § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 ArbGG deshalb als Eigenschaft vorausgesetzt. Es handelt sich um die rechtliche Fähigkeit, durch Vereinbarung mit dem sozialen Gegenspieler Arbeitsbedingungen tarifvertraglich mit der Wirkung zu regeln, dass sie für die tarifgebundenen Personen unmittelbar und unabdingbar wie Rechtsnormen gelten (BVerfG 19. Oktober 1966 - 1 BvL 24/65 - zu C I 1 der Gründe, BVerfGE 20, 312; BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 35, BAGE 117, 308). Die Tariffähigkeit ist Voraussetzung für den Abschluss von Tarifverträgen iSd. § 1 Abs. 1 TVG. Die in § 2 TVG enthaltene Aufzählung der möglichen Tarifvertragsparteien ist abschließend. Auf Arbeitnehmerseite kann Partei eines Tarifvertrags nur eine Gewerkschaft (§ 2 Abs. 1 TVG) oder ein Zusammenschluss von Gewerkschaften (§ 2 Abs. 2 und 3 TVG) sein.

65

2. Nach der Rechtsprechung des Senats muss eine Arbeitnehmervereinigung bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllen, um als Gewerkschaft nach § 2 Abs. 1 TVG tariffähig zu sein.

66

a) Die an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung zu stellenden Anforderungen sind gesetzlich nicht bestimmt. Die Regelung in A III 2 des Staatsvertrags über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990 und dem Gemeinsamen Protokoll über Leitsätze, die nahezu wortgleich den von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen entspricht, stellt ebenfalls keine gesetzliche Normierung der an die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung zu stellenden Voraussetzungen dar. Sie hat zwar durch das Zustimmungsgesetz des Deutschen Bundestags vom 25. Juni 1990 (BGBl. II S. 518) Aufnahme in den Willen des Gesetzgebers gefunden. Materielles Gesetz ist sie dadurch aber nicht geworden ( BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - zu B II 4 c der Gründe, BAGE 95, 47 ). Es ist daher Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen, im Rahmen der an sie herangetragenen Streitigkeit den unbestimmten Rechtsbegriff durch Auslegung im Lichte des Art. 9 Abs. 3 GG auszufüllen(vgl. BVerfG 20. Oktober 1981 - 1 BvR 404/78 - zu B I 2 der Gründe, BVerfGE 58, 233) und dabei die im Zustimmungsgesetz vom 25. Juni 1990 zum Ausdruck genommene Willensbekundung der Gesetzgebungsorgane der Bundesrepublik Deutschland zu beachten (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 36, BAGE 117, 308).

67

b) Eine Arbeitnehmervereinigung ist nach der Senatsrechtsprechung tariffähig, wenn sie sich als satzungsgemäße Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder in deren Eigenschaft als Arbeitnehmer gesetzt hat und willens ist, Tarifverträge abzuschließen. Sie muss frei gebildet, gegnerfrei, unabhängig und auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sein und das geltende Tarifrecht als verbindlich anerkennen. Weiterhin ist Voraussetzung, dass die Arbeitnehmervereinigung ihre Aufgabe als Tarifpartnerin sinnvoll erfüllen kann. Dazu gehören die durch ihre Mitglieder vermittelte Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler und eine leistungsfähige Organisation (BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 88/09 - Rn. 30; 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 34, BAGE 117, 308). Eine Gewerkschaft iSd. § 2 Abs. 1 TVG liegt schon dann nicht vor, wenn die Satzung der Vereinigung die Mitgliedschaft von Arbeitnehmern nicht vorsieht.

68

3. Auch der Begriff der Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 2 und 3 TVG ist gesetzlich nicht näher geregelt. Die an eine Spitzenorganisation zu stellenden Anforderungen erschließen sich jedoch durch Auslegung dieser Bestimmung.

69

a) Zusammenschlüsse von Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern können nach § 2 Abs. 2 TVG Parteien eines Tarifvertrags sein, wenn sie im Namen der ihnen angeschlossenen Verbände Tarifverträge abschließen und eine entsprechende Vollmacht haben. Solche Verbindungen von Gewerkschaften werden vom Gesetz nach dem in § 2 Abs. 2 TVG enthaltenen Klammerzusatz als Spitzenorganisationen bezeichnet. Wird eine Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 2 TVG bevollmächtigt, handelt sie als Stellvertreter für den von ihr vertretenen Verband oder für die von ihr vertretene Mehrheit von Verbänden. Nicht die Spitzenorganisation, sondern die von ihr vertretene Tarifvertragspartei iSd. § 2 Abs. 1 TVG wird Partei des von der Spitzenorganisation abgeschlossenen Tarifvertrags.

70

b) Eine Spitzenorganisation kann auch selbst Partei eines Tarifvertrags sein, wenn der Abschluss von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört (§ 2 Abs. 3 TVG). Die Abschlussbefugnis muss nicht ausdrücklich in der Satzung der Spitzenorganisation aufgeführt werden; es genügt, wenn sich diese Aufgabe durch Auslegung der Satzung ermitteln lässt (vgl. BAG 22. März 2000 - 4 ABR 79/98 - zu II 1 b aa der Gründe, BAGE 94, 126). Die einzelnen Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Mitglieder der in der Spitzenorganisation zusammengefassten Verbände sind dann an die von ihr im eigenen Namen abgeschlossenen Tarifverträge gebunden (BAG 6. Mai 2003 - 1 AZR 241/02 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 106, 124).

71

c) Eine Spitzenorganisation verfügt weder nach § 2 Abs. 2 TVG noch nach § 2 Abs. 3 TVG über eine originäre Tariffähigkeit(aA wohl Ricken Autonomie und tarifliche Rechtsetzung S. 305). Diese Vorschriften bestimmen lediglich, unter welchen zusätzlichen zu den in § 2 Abs. 1 TVG genannten Voraussetzungen ein solcher Verband Partei eines Tarifvertrags sein kann. Ihre Tariffähigkeit leitet eine Spitzenorganisation ausschließlich von ihren Mitgliedern ab. Dies folgt für die in Vollmacht handelnde Spitzenorganisation aus § 2 Abs. 2 TVG. Nichts anderes gilt bei einem Zusammenschluss von Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern nach § 2 Abs. 3 TVG. Die Spitzenorganisation kann zwar selbst Partei eines Tarifvertrags sein, sie wird dabei aber ausschließlich für ihre Mitgliedsverbände tätig. Diese können der Spitzenorganisation deren Tariffähigkeit daher nur im Rahmen ihrer eigenen Tariffähigkeit vermitteln (Wiedemann/Oetker TVG 7. Aufl. § 2 Rn. 437; Franzen BB 2009, 1472, 1474; Jacobs ZfA 2010, 27, 41).

72

d) Die sich zu einer Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 2 und 3 TVG zusammenschließenden Arbeitnehmerkoalitionen müssen selbst tariffähig sein. Dies setzt die Tariffähigkeit von sämtlichen das Tarifgeschehen der Spitzenorganisation bestimmenden Gewerkschaften voraus.

73

aa) Dies folgt zunächst aus dem Wortlaut des § 2 TVG und der Gesetzessystematik. Nach § 2 Abs. 2 TVG ist eine Spitzenorganisation ua. der Zusammenschluss von Gewerkschaften. Dabei folgt das TVG einem einheitlichen Gewerkschaftsbegriff. Nach § 2 Abs. 1 TVG sind auf Arbeitnehmerseite nur Gewerkschaften zum Abschluss von Tarifverträgen berechtigt. Dies setzt ihre Tariffähigkeit voraus. Dieses Verständnis liegt ersichtlich auch § 2 Abs. 2 TVG zugrunde, denn nur eine tariffähige Arbeitnehmerkoalition kann die Spitzenorganisation zum Abschluss eines Tarifvertrags bevollmächtigen. Für Zusammenschlüsse von Gewerkschaften nach § 2 Abs. 3 TVG gilt nichts anderes.

74

bb) Hierfür spricht auch der Normzweck. Die §§ 2 bis 4 TVG sollen einen rechtlichen Rahmen schaffen, auf dessen Grundlage sich die Normsetzung der Tarifvertragsparteien vollzieht. Dazu definiert das Gesetz in § 2 TVG zunächst die Parteien, die einen Tarifvertrag nach § 1 Abs. 1 TVG schließen können. Durch § 3 TVG wird der persönliche und zeitliche Geltungsbereich festgelegt, für den die von den Tarifvertragsparteien geschlossenen Rechtsnormen ihre Wirkung entfalten. Anschließend gestaltet § 4 TVG den Umfang der Normenwirkung für die erfassten Arbeitsverhältnisse der tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus. Da eine Spitzenorganisation über keine originäre Tariffähigkeit verfügt, sondern diese nur von ihren Mitgliedern ableitet, kann sie nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG geltende Tarifnormen auch nur für diese oder für die Mitglieder der ihr angeschlossenen Vereinigungen schaffen(Franzen BB 2009, 1472, 1475). Dies setzt aber deren Tariffähigkeit voraus (zu einer von Arbeitgebern gebildeten Spitzenorganisation: BAG 2. November 1960 - 1 ABR 18/59 - AP ArbGG 1953 § 97 Nr. 1). Ansonsten könnte auch eine nach § 2 Abs. 1 TVG nicht tariffähige Arbeitnehmerkoalition entgegen der Konzeption des TVG durch einen Beitritt zu einer Spitzenorganisation die Geltung von Tarifnormen für ihre Mitglieder herbeiführen.

75

cc) Das Erfordernis, dass eine Spitzenorganisation von Arbeitnehmervereinigungen nur aus tariffähigen Mitgliedern gebildet werden kann, schließt nicht aus, dass ihr vereins- oder verbandsrechtlich andere Vereinigungen angehören können, ohne dass hierdurch die Eigenschaft als Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 2 und 3 TVG stets in Frage gestellt wäre(Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. § 2 Rn. 112; Franzen BB 2009, 1472, 1474; Wiedemann/Thüsing RdA 1995, 280, 282; dazu tendierend auch Wiedemann/Oetker § 2 Rn. 426). Eine solche Befugnis wird ihr durch die Verbandsautonomie eröffnet. Es begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn eine von Gewerkschaften iSd. § 2 Abs. 1 TVG gebildete Spitzenorganisation in ihrer Satzung vorsieht, dass ihr auch andere, nicht tariffähige Arbeitnehmerkoalitionen angehören können, soweit diese die tarifpolitischen Entscheidungen der Spitzenorganisation nicht beeinflussen können und eine solche Einwirkungsmöglichkeit auch satzungsrechtlich wirksam ausgeschlossen ist(für eine Vereinigung von Arbeitgebern: BAG 22. April 2009 - 4 AZR 111/08 - Rn. 29, BAGE 130, 264; bestätigt durch BVerfG 1. Dezember 2010 - 1 BvR 2593/09 -). Danach könnte die Satzung einer solchen Spitzenorganisation zwar eine Form der Mitgliedschaft vorsehen, die nicht zu einer Tarifbindung führt. Es ist ihr aber verwehrt, die Geltung der nach § 2 Abs. 2 und 3 TVG abgeschlossenen Tarifverträge auf die Mitglieder der nicht tariffähigen Arbeitnehmerkoalition zu erstrecken.

76

e) Die zu einer Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 2 und 3 TVG zusammengeschlossenen Gewerkschaften müssen dieser ihre Tariffähigkeit vollständig vermitteln. Dies setzt voraus, dass sich die einer Spitzenorganisation angeschlossenen Gewerkschaften in ihrem Organisationsbereich nicht nur teilweise, sondern vollständig miteinander verbinden. Dies folgt aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte und einem am Normzweck orientierten Verständnis.

77

aa) Der Gesetzeswortlaut erfordert keine rechtliche Verbindung, bei der die vor dem Zusammengehen selbständigen Vereinigungen ihre Eigenständigkeit aufgeben. § 2 Abs. 2 TVG geht von dem Fortbestand der zusammengeschlossenen Verbände aus, für die von der Spitzenorganisation Tarifverträge abgeschlossen werden. Allerdings verlangt die Vorschrift einen „Zusammenschluss“ und damit eine vollständige Verbindung der Gewerkschaften zu einer Spitzenorganisation. Hieran fehlt es, wenn die sich miteinander verbindenden Verbände sich nur in Teilen ihrer Organisationsbereiche zusammenschließen.

78

bb) Dies folgt auch aus der Entstehungsgeschichte.

79

Nach dem Tarifvertragsrecht der Weimarer Republik konnten Parteien eines Tarifvertrags grundsätzlich nur Vereinigungen von Arbeitnehmern, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern sein (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der Tarifvertragsordnung vom 23. Dezember 1918, RGBl. 1456). Spitzenorganisationen konnten keine Tarifverträge abschließen, da ihnen keine Arbeitgeber oder Arbeitnehmer unmittelbar als Mitglieder angehört haben. Nach § 1 Abs. 2 des vom Zentralamt für Arbeit in der britischen Besatzungszone vorgelegten Referentenentwurfs(sog. Lemgoer Entwurf) sollten Spitzenorganisationen nur tariffähig sein, wenn der Abschluss von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört. Mit dieser Regelung sollte den Bundesinnungsverbänden der Abschluss von Tarifverträgen für die örtlichen Organisationen des Handwerks ermöglicht werden. Der Gesetzgeber hat jedoch von einer Sonderregelung für den Bereich des Handwerks abgesehen und die nunmehr in § 2 Abs. 2 bis 4 TVG enthaltene differenzierende Regelung geschaffen. Hierdurch sollte ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Bedürfnis nach zentralen Regelungen und dem Autonomiebewusstsein der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände hergestellt werden (Herschel ZfA 1973, 183, 189 f.). Dabei ging auch der Gesetzgeber des TVG offensichtlich davon aus, dass der Zusammenschluss der Vereinigungen zu einem Spitzenverband - wie im Bereich des Handwerks - insgesamt und nicht nur in Teilen ihres Organisationsbereichs erfolgt.

80

cc) Dieses Verständnis gibt auch der das Tarifrecht beherrschende Grundsatz der Unteilbarkeit der Tariffähigkeit vor.

81

(1) Nach der Senatsrechtsprechung ist die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung iSd. § 2 Abs. 1 TVG für den von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereich einheitlich und unteilbar. Für die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung genügt es, dass diese über Durchsetzungskraft und organisatorische Leistungsfähigkeit in einem zumindest nicht unerheblichen Teil des beanspruchten Zuständigkeitsbereichs verfügt. Eine partielle, auf bestimmte Regionen, Berufskreise oder Branchen beschränkte Tariffähigkeit gibt es nicht (5. Oktober 2010 - 1 ABR 88/09 - Rn. 24; 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 56, BAGE 117, 308). Der Senat hat es allerdings für die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung ausreichen lassen, wenn diese in einem zumindest nicht unbedeutenden Teil des von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereichs über eine ausreichende Mächtigkeit verfügt. Dies lässt regelmäßig erwarten, dass sich die Arbeitnehmerkoalition auch in den Bereichen, in denen es ihr an Durchsetzungskraft fehlt, beim Abschluss von Tarifverträgen nicht den Forderungen der Arbeitgeberseite unterwirft. Danach kann einer Arbeitnehmervereinigung einerseits die Tariffähigkeit insgesamt nicht versagt werden, wenn die Durchsetzungskraft oder die organisatorische Leistungsfähigkeit in irgendeinem Teilbereich fehlt, während sie andererseits nicht festgestellt werden kann, wenn sie nur in irgendeinem Teilbereich ihrer Tarifzuständigkeit über eine Durchsetzungskraft verfügt (28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 59 f., aaO).

82

(2) Die Vermittlung eines Teils der Tariffähigkeit der einer Spitzenorganisation angeschlossenen Mitgliedsgewerkschaften ist nicht ausreichend.

83

Durch den Grundsatz der Unteilbarkeit der Tariffähigkeit erfährt eine Arbeitnehmerkoalition zwar insoweit eine Begünstigung, als ihr die Tariffähigkeit auch für die Teile des von ihr beanspruchten Zuständigkeitsbereichs zugestanden wird, in denen es ihr an der erforderlichen Durchsetzungskraft fehlt. Anderseits führt dieses Verständnis von der Tariffähigkeit zugleich zu einer Beschränkung ihrer Möglichkeit, sich mit anderen Gewerkschaften zu einer Spitzenorganisation zusammenzuschließen. Denn sie kann nicht uneingeschränkt über ihre Tariffähigkeit verfügen, sondern muss diese der Spitzenorganisation insgesamt vermitteln. Fehlt es hieran, kann die Spitzenorganisation ihre Tariffähigkeit nicht auf die der ihr angeschlossenen Gewerkschaften stützen. Die vollständige Vermittlung der Tariffähigkeit der Mitgliedsgewerkschaften erfordert auch die Rechtssicherheit und die darauf beruhende Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie. Schließen sich tariffähige Gewerkschaften nicht in ihrem gesamten Organisationsbereich zu einer Spitzenorganisation zusammen, könnte zweifelhaft werden, ob diese in den ihr übertragenen Organisationsbereichen die notwendige Durchsetzungsfähigkeit besitzt. Es bestünde die Gefahr, dass die einer Spitzenorganisation angeschlossenen Gewerkschaften dieser nur die Bereiche übertragen, in denen sie selbst nur über eine unzureichende Durchsetzungskraft verfügen, was zugleich deren Fähigkeit in Frage stellt, durch Tarifverträge eine angemessene Regelung der Arbeitsbedingungen für die Mitglieder der Einzelgewerkschaften herbeizuführen.

84

f) Ebenso sind die tarifrechtlichen Anforderungen an eine Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG nicht erfüllt, wenn deren satzungsmäßige Zuständigkeit für den Abschluss von Tarifverträgen über die Organisationsbereiche der ihr angeschlossenen Mitgliedsgewerkschaften hinausgeht.

85

aa) Übersteigt der Organisationsbereich des Spitzenverbands die Zuständigkeiten der ihm angeschlossenen tariffähigen Arbeitnehmervereinigungen, handelt es sich schon begrifflich nicht mehr nur um einen Zusammenschluss von Gewerkschaften. Eine solche Verbindung kann ihre Tariffähigkeit nicht mehr von den ihr angeschlossenen Gewerkschaften ableiten. Der Abschluss von Tarifverträgen für Arbeitsverhältnisse außerhalb des von ihnen selbst gewählten Organisationsbereichs beruht dann nicht mehr auf der eingegangenen Verbindung, sondern erfolgt davon losgelöst.

86

bb) Für eine Übereinstimmung der Zuständigkeit der Spitzenorganisation mit den Organisationsbereichen der Mitgliedsgewerkschaften spricht auch der Normzweck. Die Rechtssetzung durch Tarifnormen ist nach § 3 Abs. 1 TVG beschränkt auf die Mitglieder der tarifschließenden Parteien und den Arbeitgeber, der selbst Partei eines Tarifvertrags ist. Lediglich Rechtsnormen über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist (§ 3 Abs. 2 TVG). Der Abschluss von Tarifverträgen durch eine Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG führt daher zur Tarifbindung der Mitglieder der ihr angeschlossenen Mitgliedsgewerkschaften, sofern diese vom tariflichen Geltungsbereich erfasst werden. Ein Tarifvertragsschluss in einem Bereich, der außerhalb der Organisationsbereiche der Mitgliedsgewerkschaften liegt, kann auf Arbeitnehmerseite keine Tarifbindung erzeugen und geht ins Leere.

87

4. Diese Anforderungen an die Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation sichern die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie und sind gemessen an diesem Regelungsziel verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

88

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung von gewissen Mindestvoraussetzungen abhängig gemacht wird. Allerdings dürften keine Anforderungen an die Tariffähigkeit gestellt werden, die die Bildung und Betätigung einer Koalition unverhältnismäßig einschränken und so zur Aushöhlung der durch Art. 9 Abs. 3 GG gesicherten freien Koalitionsbildung und -betätigung führen(20. Oktober 1981 - 1 BvR 404/78 - zu B I 2 der Gründe, BVerfGE 58, 233; zuletzt 31. Juli 2007 - 2 BvR 1831/06 ua. - AP LPVG NW § 22 Nr. 2 = EzA GG Art. 9 Nr. 93). Anforderungen, die nicht zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie geeignet, erforderlich und angemessen sind, überschreiten die Grenze der Ausgestaltung. Die damit verbundene Beeinträchtigung der Koalitionsfreiheit wäre verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen (BAG 5. Oktober 2010 - 1 ABR 88/09 - Rn. 35).

89

b) Das Erfordernis, dass die in einer Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG zusammengeschlossenen Gewerkschaften dieser ihre gesamte Tariffähigkeit vermitteln müssen, schränkt weder die Bildung noch die Betätigung der zu einer Spitzenorganisation zusammengeschlossenen Arbeitnehmervereinigungen unverhältnismäßig ein.

90

aa) Die kollektive Koalitionsfreiheit gewährleistet die Autonomie bei der Festlegung von verbandsinternen Organisationsstrukturen (ErfK/Dieterich 11. Aufl. Art. 9 GG Rn. 40). Die Entscheidung einer Gewerkschaft, auf welcher Gliederungsebene sie die Voraussetzungen für die Tariffähigkeit erfüllen will, fällt daher in den durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Bereich. Dies betrifft zwar vornehmlich ihre Entscheidung darüber, ob und ggf. in welchem Umfang ihre eigenen Untergliederungen (Bezirks-, Landes- oder Bundesebene) Partei eines Tarifvertrags sein sollen. Der Grundrechtsschutz betrifft aber gleichermaßen ihren Entschluss, mit anderen Gewerkschaften eine Spitzenorganisation zu bilden, die für ihre Mitglieder entweder als Bevollmächtigte (§ 2 Abs. 2 TVG) oder kraft eigenen Satzungsrechts (§ 2 Abs. 3 TVG) Tarifverträge abschließt.

91

bb) Es ist nicht unverhältnismäßig, die Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation an die vollständige Übertragung der Organisationsbereiche ihrer Mitgliedsgewerkschaften zu binden. Die damit verbundene Vermittlung ihrer Tariffähigkeit ist zur Wahrung der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie geeignet und erforderlich und führt auch nicht zu einer unangemessenen Beschränkung der Koalitionsfreiheit der Mitgliedsgewerkschaften. Die zur Rechtssicherheit gebotene umfassende Übertragung des Organisationsbereichs auf die Spitzenorganisation schränkt die Handlungsmöglichkeiten der ihr angeschlossenen Mitgliedsgewerkschaften nicht nennenswert ein. Ihre Fähigkeit, selbst Tarifverträge für die von ihnen repräsentierten Arbeitnehmer abzuschließen, wird durch den Zusammenschluss nicht berührt, weil die Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation neben die ihrer Mitglieder tritt. Darüber hinaus können Gewerkschaften mit unterschiedlichen Organisationsbereichen ohne die Bildung einer Spitzenorganisation jeweils im Rahmen ihrer Tarifzuständigkeit einen einheitlichen Tarifvertrag mit einem Arbeitgeber oder einem Arbeitgeberverband im Wege einer Tarifgemeinschaft abschließen, bei der sie entweder gemeinsam oder einzeln Vertragspartei werden (BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22, BAGE 120, 84; 29. Juni 2004 - 1 AZR 143/03 - zu III 4 a der Gründe mwN, AP TVG § 1 Nr. 36 = EzA TVG § 1 Nr. 46).

92

cc) Ebenso ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, das Vorliegen einer Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG von der Begrenzung ihrer Zuständigkeit auf die Organisationsbereiche ihrer Mitgliedsgewerkschaften abhängig zu machen. Es ist schon fraglich, ob insoweit überhaupt die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Betätigungsfreiheit der Mitgliedsgewerkschaften berührt wird, weil sich diese auf den von ihnen selbst gewählten Organisationsbereich beschränkt. Jedenfalls ist es nicht unverhältnismäßig, einem Verband von Gewerkschaften die Tariffähigkeit nach § 2 Abs. 3 TVG zu versagen, wenn dieser auch außerhalb des Zuständigkeitsbereichs seiner Mitglieder Tarifverträge abschließen soll. Die Tariffähigkeit einer von Gewerkschaften gebildeten Spitzenorganisation beruht auf der sozialen Mächtigkeit der von ihren Mitgliedern repräsentierten Arbeitnehmer. Dass es bei einem Tarifvertragsabschluss außerhalb der Organisationsbereiche der Mitgliedsgewerkschaften an einer solchen Durchsetzungskraft fehlt, ist offensichtlich. Solche Tarifabschlüsse können für sich nicht in Anspruch nehmen, eine durch Druck und Gegendruck bewirkte angemessene Regelung von Arbeitsbedingungen zu schaffen. Das widerspricht der Funktion der Tarifautonomie, den von staatlicher Rechtssetzung freigelassenen Raum des Arbeitslebens durch Tarifverträge sinnvoll zu ordnen (BVerfG 6. Mai 1964 - 1 BvR 79/62 - zu B II 1 der Gründe, BVerfGE 18, 18). Die damit verbundene Gefährdung der Tarifautonomie ist auch nicht deswegen hinzunehmen, weil bestimmte Vertragsformen des Arbeitslebens - wie etwa die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung - nicht rechtssicher und zwingend vom bisherigen Organisationsbereich der Arbeitnehmervereinigungen erfasst werden. Um auch solche Arbeitnehmer zu organisieren, bleibt einer Mitgliedsgewerkschaft die Möglichkeit der satzungsrechtlichen Erweiterung des eigenen Organisationsbereichs.

93

5. Die CGZP ist keine tariffähige Arbeitnehmervereinigung iSd. § 2 Abs. 1 TVG, da sie nach ihrer Satzung keine Arbeitnehmer organisiert. Nach § 3 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009 können nur die im CGB zusammengeschlossenen Arbeitnehmerkoalitionen ihren Beitritt zur CGZP erklären.

94

6. Die CGZP ist auch keine tariffähige Spitzenorganisation. Die tarifrechtlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 TVG liegen nicht vor. Die Mitglieder der CGZP haben ihre Tariffähigkeit der CGZP nicht vollständig vermittelt. Zudem geht der Organisationsbereich der CGZP über den ihrer Mitglieder hinaus. Daher kann dahinstehen, ob die CGZP überhaupt von tariffähigen Arbeitnehmervereinigungen iSd. § 2 Abs. 1 TVG gebildet wird. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Vielzahl der von ihr mit Arbeitgebern abgeschlossenen Vereinbarungen im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung eine soziale Mächtigkeit der CGZP belegt.

95

a) Die CGM, die DHV und die GÖD haben ihre Tariffähigkeit der CGZP nicht vollständig vermittelt. Die CGZP ist nicht in dem gesamten durch die Satzungen ihrer Mitglieder bestimmten Organisationsbereich zum Abschluss von Tarifverträgen berechtigt. Ihre Tarifzuständigkeit ist nach § 1 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009 auf Tarifverträge mit Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden beschränkt, die oder deren Mitglieder als Verleiher Dritten(Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) zur Arbeitsleistung überlassen wollen. Dass der Organisationsbereich der CGZP auf den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung beschränkt ist, wird von der CGZP selbst und ihren Mitgliedern nicht in Frage gestellt.

96

b) Die Zuständigkeit der CGZP geht zudem über die ihrer Mitglieder hinaus. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt. Der Organisationsbereich der CGM, der DHV und der GÖD erfasst weder für sich allein noch bei einer Gesamtschau sämtliche Arbeitsverhältnisse im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung iSd. § 1 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009.

97

aa) Die fehlende Zuständigkeit der Mitglieder der CGZP für den gesamten Bereich der Arbeitnehmerüberlassung ist im vorliegenden Verfahren zwischen den Beteiligten unstreitig geblieben. Weder die CGZP noch ihre am Verfahren beteiligten Mitglieder haben in den Vorinstanzen geltend gemacht, dass deren Organisationsbereich entweder einzeln oder in der Summe die gesamte gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung umfasst. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Auslegung der Satzungen der CGM, der DHV und der GÖD.

98

bb) Das Landesarbeitsgericht hat die Satzung der CGM dahingehend ausgelegt, dass diese für Leiharbeitnehmer zuständig ist, die in den in § 1 Abs. 3, § 3 Abs. 1 CGM-Satzung angeführten Unternehmen oder Betrieben als Leiharbeitnehmer beschäftigt werden, wenn diese von einem dort genannten Metallarbeitgeber überlassen worden sind. Es kann dahinstehen, ob die CGM nach ihrer Satzung tatsächlich nur für Leiharbeitnehmer zuständig ist, wenn die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Metallarbeitgebern erfolgt. Hierfür könnte allerdings sprechen, dass die CGM einem solchen Satzungsverständnis in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht entgegengetreten ist und auch nach ihrem Vortrag eine darüber hinausgehende Zuständigkeit bisher nicht beansprucht hat. Jedenfalls ist der Organisationsbereich der CGM auf Arbeitnehmer beschränkt, die mit einem in § 1 Abs. 3, § 3 Abs. 1 CGM-Satzung angeführten Unternehmen oder Betrieb ein Leiharbeitsverhältnis begründet haben.

99

cc) Die DHV war nach § 2 Abs. 1 ihrer Satzung vom 12. März 2007 für Arbeitnehmer „insbesondere in kaufmännischen und verwaltenden Berufen“ zuständig. Diese Bestimmung hat der Senat in seiner Entscheidung vom 10. Februar 2009 dahingehend ausgelegt, dass die DHV für Arbeitnehmer in anderen als kaufmännischen und verwaltenden Berufen nicht tarifzuständig ist (- 1 ABR 36/08 - Rn. 25, BAGE 129, 322). Danach war der Organisationsbereich der DHV im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung bis zu ihrer Satzungsänderung im Jahr 2009 jedenfalls auf Leiharbeitnehmer beschränkt, mit denen zugleich die Tätigkeit in kaufmännischen und verwaltenden Berufen vereinbart worden ist. Nach § 2 Abs. 1 Unterabs. 2 und 4 der am 12. Juni 2009 in das Vereinsregister eingetragenen Satzung ist die DHV nunmehr auch für Arbeitnehmer zuständig, die in eine Branche oder in Unternehmen überlassen werden, die in § 2 Abs. 1 Unterabs. 2 DHV-Satzung 2009 oder im Anhang zur Satzung aufgeführt sind. Selbst nach dieser Satzungsänderung erstreckt sich der Organisationsbereich der DHV aber allenfalls auf Leiharbeitnehmer für die Dauer ihres Einsatzes in Betrieben des Groß-, Außen- und Einzelhandels, der Warenlogistik, der Finanz- und Versicherungswirtschaft, der gesetzlichen Sozialversicherung sowie in Dienstleistungsbetrieben, die diesen Branchen zugeordnet sind, sowie in den im Anhang 1 genannten Branchen und Unternehmen.

100

dd) Die GÖD ist nur für Leiharbeitsverhältnisse zuständig, die mit öffentlichen Arbeitgebern begründet werden.

101

(1) Die GÖD organisierte nach § 2, § 5 Abs. 1 ihrer Satzung vom 20./21. April 2005 bundesweit neben den aktiven und den ausgeschiedenen Angehörigen des öffentlichen Dienstes „Arbeitnehmer/innen von privatrechtlich organisierten Dienstleistungsbetrieben und Organisationen, die auch die Grundsätze und die Satzung der GÖD anerkennen und bereit sind, ihre Ziele zu fördern und keiner konkurrierenden Gewerkschaft angehören“.

102

(2) Die GÖD hat ihren Organisationsbereich bisher nicht auf den gesamten Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung erweitert. Zwar ist die zuvor in § 5 Abs. 1 GÖD-Satzung 2005 enthaltene personenbezogene Einschränkung in der aktuellen Satzung der GÖD aus dem Jahr 2009 nicht mehr enthalten. Daneben spricht auch der Wortlaut von § 2 Abs. 1, § 5 GÖD-Satzung 2009 für eine umfassende Zuständigkeit der GÖD für den gesamten privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich, zu dem auch die Arbeitnehmerüberlassung zählt. Eine entsprechende Ausdehnung ihres Organisationsbereichs setzt aber voraus, dass die Arbeitnehmerüberlassung in einer Anlage zur Satzung der GÖD gesondert aufgeführt wird. Dies folgt aus dem Regelungszusammenhang der GÖD-Satzung 2009 und dem Grundsatz der gesetzeskonformen Auslegung.

103

(a) Die GÖD hat ihre Zuständigkeit für den privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich bisher noch nicht abschließend festgelegt. Während ihr Organisationsbereich für den Bereich des öffentlichen Dienstes nach Beschäftigtengruppen, Arbeitgebern und Einrichtungen unverändert in § 2 Abs. 1 GÖD-Satzung detailliert beschrieben wird, fehlt es für den privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich noch an einer entsprechenden Ausgestaltung, die aus Sicht der GÖD den Bestimmtheitserfordernissen genügt. Eine solche Konkretisierung soll nach ihrer Satzung durch die in § 2 Abs. 1 Unterabs. 2 GÖD-Satzung 2009 in Aussicht gestellte Beifügung einer Anlage erfolgen, in der einzelne Branchen aufgeführt werden, für die von der GÖD eine Tarifzuständigkeit beansprucht wird. Bis zur Aufnahme der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung in eine solche Anlage hat die GÖD ihren Organisationsbereich im privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich gegenüber der Satzung aus dem Jahr 2005 nicht erweitert.

104

(b) Eine Zuständigkeit der GÖD für den gesamten Bereich der Arbeitnehmerüberlassung würde zudem die Mitgliedschaft der GÖD in der CGZP in Frage stellen. Nach § 21 Abs. 1 ihrer Satzung aus dem Jahr 2009 kann die GÖD eine Zusammenarbeit nur mit nicht konkurrierenden Gewerkschaften, Berufsverbänden oder Arbeitnehmervereinigungen eingehen. Ein solches, nach dem Willen der Satzungsgeber der GÖD offensichtlich unerwünschtes Konkurrenzverhältnis zu anderen im CGB organisierten Gewerkschaften würde aber entstehen, wenn die GÖD ua. für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung umfassend zuständig wäre.

105

(c) Einer Auslegung der GÖD-Satzung 2009, wonach die GÖD ohne Beschränkung auf einzelne Branchen für den privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich zuständig wäre, stünde überdies das Verbot der existenzgefährdenden Auslegung entgegen.

106

(aa) Nach der Senatsrechtsprechung ist bei der Auslegung einer Satzung einer Arbeitnehmerkoalition zu berücksichtigen, dass ein zur möglichen Bestandsgefährdung der Vereinigung führendes Satzungsverständnis dem Sinn und Zweck der Bestimmungen und dem darin objektivierten Willen des Satzungsgebers widerspricht. Bei der Auslegung von Satzungsbestimmungen zum Umfang der Tarifzuständigkeit einer Arbeitnehmerkoalition hat daher eine Sichtweise zu unterbleiben, welche zum Wegfall der Tariffähigkeit führen würde, solange eine andere Auslegung nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen möglich ist (10. Februar 2009 - 1 ABR 36/08 - Rn. 44, BAGE 129, 322).

107

(bb) Eine umfassende Tarifzuständigkeit der GÖD für den privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit deren Tarifunfähigkeit zur Folge, weil sie für diesen erweiterten Organisationsbereich angesichts der von ihr behaupteten Mitgliederzahl von nur 57.000 Mitgliedern nicht mehr über die nach § 2 Abs. 1 TVG erforderliche soziale Mächtigkeit verfügen würde. In der öffentlichen Verwaltung waren bundesweit im Jahresdurchschnitt 2009 2,823 Mio. Erwerbstätige und im übrigen Dienstleistungsbereich 14,374 Mio. Erwerbstätige beschäftigt (Quelle: Mikrozensus des Statistischen Bundesamts für das Jahr 2009 S. 30). Bei einer Zuständigkeit der GÖD für die privatwirtschaftlichen Dienstleistungsbetriebe wäre ihr Organisationsbereich um mehr als das Fünffache erweitert, was mit einem Absinken des Organisationsgrads der dort beschäftigten Erwerbstätigen in der GÖD auf ca. 0,3 % verbunden wäre. Eine Ausweitung der Zuständigkeit der GÖD auf den privaten Dienstleistungsbereich würde ihre Durchsetzungskraft als sozialer Gegenspieler der Arbeitgeberseite nicht nur in einem kleinen Teilbereich, sondern umfassend in Frage stellen. Dass die GÖD im privaten Dienstleistungsbereich überhaupt über eine nennenswerte Mitgliederzahl verfügt oder auf eine hinreichend leistungsfähige Organisation zurückgreifen kann, ist angesichts ihrer historischen Ausrichtung auf den öffentlichen Dienst kaum anzunehmen.

108

(3) Der Organisationsbereich der GÖD ist danach gegenwärtig auf Leiharbeitsverhältnisse beschränkt, die von einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes begründet werden.

109

ee) Einer Auslegung der Satzung der CGZP, wonach sich deren Organisationsbereich nicht auf den ihrer Mitglieder beschränkt, steht auch das Verbot der existenzgefährdenden Satzungsauslegung nicht entgegen. Die CGZP-Satzung 2009 lässt die vom AMP unter Hinweis auf § 1 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Unterabs. 2 CGZP-Satzung 2009 geforderte einschränkende Auslegung nicht zu.

110

Der Wortlaut von § 1 Abs. 1 CGZP-Satzung 2009 entspricht § 1 CGZP-Satzung 2005 und ist eindeutig. Der fachliche Organisationsbereich erstreckt sich danach auf den gesamten Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung. Er wird lediglich personenbezogen für die Mitglieder der ihr angeschlossenen Arbeitnehmervereinigungen eingeschränkt. Dies entspricht den gesetzlichen Bestimmungen über die Tarifbindung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG). Die in § 7 Abs. 1 Unterabs. 2 CGZP-Satzung 2009 enthaltene Regelung ist für das systematische Verständnis unergiebig. Sie regelt nur das Verfahren für einen Tarifvertragsabschluss von Mitgliedern der CGZP, den diese im Rahmen ihrer eigenen Zuständigkeit vornehmen. Daneben beruht die jetzige Fassung von § 7 Abs. 1 Unterabs. 2 CGZP-Satzung 2009 auf den Ausführungen des Arbeitsgerichts Berlin über die „Abtretung der Tarifhoheit“ der Mitglieder der CGZP. Eine auf den fachlichen Organisationsbereich ihrer Mitglieder beschränkte Zuständigkeit hat die CGZP im vorliegenden Verfahren selbst nicht geltend gemacht. Dagegen spräche auch ihre Tarifpraxis. Die CGZP hat bis zur Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg Firmen- und Verbandstarifverträge außerhalb des Organisationsbereichs ihrer Mitglieder abgeschlossen und schließt diese nach wie vor ab.

111

c) Nachdem den Anträgen bereits aus anderen Gründen entsprochen wird, kann dahinstehen, ob die CGZP überhaupt von tariffähigen Arbeitnehmerkoalitionen iSd. § 2 Abs. 1 TVG gebildet wird.

112

d) Da es schon an den tarifrechtlichen Voraussetzungen einer Spitzenorganisation fehlt und eine Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG Tariffähigkeit nur durch ihre Mitglieder erlangen kann, kommt es nicht darauf an, ob die CGZP ihre soziale Mächtigkeit durch die Anzahl der von ihr mit Arbeitgebern und Arbeitgeberverbänden abgeschlossenen Vereinbarungen im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung unter Beweis stellen konnte. Es war deshalb auch nicht zu klären, ob Tarifverträge, deren Gegenstand allein darauf gerichtet ist, unter Nutzung der Tariföffnungsklausel in § 9 Nr. 2 AÜG von dem gesetzlichen Gleichstellungsgebot(§ 3 Abs. 1 Nr. 3, § 10 Abs. 4 AÜG) abzuweichen, die soziale Mächtigkeit einer neu gegründeten Arbeitnehmervereinigung belegen können.

113

V. Der vom Land Berlin im Schriftsatz vom 9. November 2010 angekündigte Antrag ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Er ist nach seinem Wortlaut nur für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag gestellt worden. Diese interprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten. Es kann daher dahinstehen, ob das Land Berlin gehalten war, die im Hilfsantrag liegende Antragserweiterung durch eine Anschlussrechtsbeschwerde in das Verfahren einzuführen.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Olaf Kunz    

        

    Hann    

                 

Tenor

Die Beschwerden der zu 36 bis 67 sowie 70 bis 94 beteiligten Arbeitgeberinnen und des zu 7 beteiligten Arbeitgeberverbandes gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 - 24 TaBV 1285/11, 24 TaBV 1338/11, 24 TaBV 1368/11, 24 TaBV 1395/11, 24 TaBV 1612/11 - werden zurückgewiesen.

Gründe

1

Die Beschwerden der zu 36 bis 67 sowie 70 bis 94 beteiligten Arbeitgeberinnen und des zu 7 beteiligten Arbeitgeberverbandes (BAP) bleiben ohne Erfolg.

2

A. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Bundesarbeitsgericht richtet sich nach den in §§ 92a, 72 Abs. 2, § 72a Abs. 3 ArbGG bestimmten Voraussetzungen.

3

I. Nach §§ 92a, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kann eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt werden, dass eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat. Dies ist der Fall, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfrage abhängt und die Klärung entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen zumindest eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt. Entscheidungserheblich ist eine Rechtsfrage, wenn sich das Landesarbeitsgericht im anzufechtenden Beschluss mit ihr befasst und sie beantwortet hat und bei einer anderen Beantwortung möglicherweise eine für den Beschwerdeführer günstige Entscheidung getroffen hätte (vgl. BAG 13. Juni 2006 - 9 AZN 226/06 - Rn. 11, BAGE 118, 247). Gemäß §§ 92a, 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG muss der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage und ihre Entscheidungserheblichkeit in der Beschwerdebegründung darlegen. Dies erfordert, dass er die durch die anzufechtende Entscheidung aufgeworfene Rechtsfrage konkret benennt und ihre Klärungsfähigkeit, Klärungsbedürftigkeit, Entscheidungserheblichkeit und die allgemeine Bedeutung für die Rechtsordnung oder ihre Auswirkung auf die Interessen jedenfalls eines größeren Teils der Allgemeinheit aufzeigt.

4

II. Nach §§ 92a, 72 Abs. 2 ArbGG kann die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Landesarbeitsgericht auch dann angefochten werden, wenn eine Divergenz iSd. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG vorliegt. Dazu muss der anzufechtende Beschluss von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder eines anderen der im Gesetz genannten Gerichte abweichen und auf dieser Abweichung beruhen. Das hat der Beschwerdeführer zu begründen und die Entscheidung, von der der Beschluss des Landesarbeitsgerichts abweicht, zu bezeichnen. Die Beschwerde muss darlegen, dass der anzufechtende Beschluss einen allgemeinen, die Entscheidung tragenden Rechtssatz aufgestellt hat und dass dieser von einem in einer divergenzfähigen Entscheidung aufgestellten Rechtssatz abweicht. Hierfür reicht die Benennung einer fehlerhaften oder unterlassenen Anwendung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts oder eines anderen der im Gesetz genannten Gerichte nicht aus.

5

III. Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Landesarbeitsgerichts ist ferner zuzulassen, wenn ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis Nr. 5 ZPO geltend gemacht wird und vorliegt(§ 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG). Dies erfasst auch die Rüge der nicht gesetzmäßigen Vertretung einer Partei im Verfahren nach § 547 Nr. 4 ZPO.

6

IV. Hat das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung auf mehrere voneinander unabhängige, jeweils selbständig tragende Gründe gestützt, ist die Rechtsbeschwerde nur zuzulassen, wenn mit der Nichtzulassungsbeschwerde beide Begründungen des Landesarbeitsgerichts angegriffen werden und die Rügen gegen jede der beiden Begründungen für sich betrachtet begründet sind. Dabei kann die Beschwerde hinsichtlich der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründungen auf unterschiedliche Tatbestände des § 72 Abs. 2 ArbGG gestützt werden (BAG 18. März 2010 - 2 AZN 889/09 - Rn. 13, AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 69 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 41).

7

B. Die von den zu 36 bis 67 sowie 70 bis 94 beteiligten Arbeitgeberinnen auf die Verkennung der grundsätzlichen Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG) gestützte Beschwerde genügt nur teilweise den Anforderungen des § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG. Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist sie unbegründet.

8

I. Die auf Seite 12 der Beschwerdebegründung (unter III 2) gewählte Formulierung stellt keine Rechtsfrage iSd. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG dar. Um eine solche handelt es sich bei einer Frage, die die Wirksamkeit, den Geltungsbereich, die Anwendbarkeit oder den Inhalt einer Norm zum Gegenstand hat (BAG 15. März 2011 - 9 AZN 1232/10 - Rn. 6, NZA 2011, 997). Die von der Beschwerde formulierte Frage genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Zwar lässt die Beschwerde erkennen, dass es den Beschwerdeführerinnen um die Anwendung des sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergebenden Vertrauensschutzgrundsatzes durch das Landesarbeitsgericht geht. Es ist aber weder von der Beschwerde dargetan noch offensichtlich, welchen Inhalt die Beschwerdeführerinnen den von ihnen verwandten Begrifflichkeiten „neue richterrechtliche Anforderungen“ oder „der vom BAG geschaffene Richterrechtssatz“ zuordnen. Daher bleibt unklar, auf welche Ausführungen des Beschwerdegerichts zum Vertrauensschutzprinzip die Beschwerdeführerinnen ihre Grundsatzbeschwerde stützen.

9

II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet, soweit sie geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe die grundsätzliche Bedeutung der von ihr auf Seite 12 der Beschwerdebegründung (unter III 1) formulierten Rechtsfrage verkannt.

10

1. Allerdings fehlt es schon an einer ausreichenden Darlegung der Beschwerdeführerinnen, mit welchen seiner tragenden Ausführungen das Landesarbeitsgericht die von ihnen aufgeworfene Frage nach der zeitlichen Reichweite vergangenheitsbezogener Anträge bei der Feststellung der Tariffähigkeit beantwortet hat. Die Beschwerde führt zwar aus, das Beschwerdegericht habe in dem anzufechtenden Beschluss keine Überschneidung der Verfahrensgegenstände gesehen und diese Frage „nicht vertieft diskutiert“ (Seite 14 der Beschwerdebegründung). Die Beschwerdeführerinnen haben aber versäumt, diejenigen Ausführungen, mit denen das Beschwerdegericht die formulierte Rechtsfrage beantwortet haben soll, wörtlich wiederzugeben oder in einer eindeutig erkennbaren Weise in der Beschwerdebegründung darzustellen. Daneben legt die Beschwerde nicht dar, aus welchen Gründen eine in ihrem Sinn erfolgte Beantwortung zu einem für sie günstigen Ergebnis geführt hätte. Es fehlt an Ausführungen, warum ein von ihr befürwortetes „zeitphasenbezogenes“ Verständnis von einem vergangenheitsbezogenen Antrag zur vollständigen Abweisung der im Verfahren gestellten Anträge geführt hätte.

11

2. Selbst wenn zugunsten der Beschwerdeführerinnen unterstellt würde, dass ihre Beschwerdebegründung den gesetzlichen Anforderungen genügt, ist die Beschwerde unbegründet. Die von ihnen formulierte Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, da sie durch die vorliegende Senatsrechtsprechung bereits als geklärt anzusehen ist und ein Bedürfnis für eine weitere höchstrichterliche Entscheidung nicht ersichtlich ist. Denn das Verständnis des Verfahrensgegenstandes ist untrennbar mit der Antragsbefugnis verbunden, aus der ein Antragsteller des nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG ausgesetzten Verfahrens sein Begehren herleiten kann. Dazu hat der Senat bereits entschieden, dass sich die Antragsbefugnis nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG nach dem jeweiligen Aussetzungsbeschluss im Ausgangsrechtsstreit richtet(dazu BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 14/03 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 111, 164).

12

C. Auch die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 72 Abs. 2 ArbGG gestützte Beschwerde des BAP bleibt ohne Erfolg.

13

I. Soweit die Beschwerde auf die Verkennung der grundsätzlichen Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage gestützt wird, genügt ihre Begründung nur teilweise den in §§ 92a, 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG bestimmten Anforderungen.

14

Die Beschwerdebegründung hat die Entscheidungserheblichkeit der auf Seite 48 der Beschwerdebegründung formulierten Rechtsfrage nach der Aussetzung eines Verfahrens über die Tariffähigkeit nicht dargetan. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die fehlende Tariffähigkeit der CGZP beruht auch nach dem eigenen Vorbringen des BAP auf einer Doppelbegründung. Nach dem vom Beschwerdegericht gewählten Begründungsweg ist den Anträgen entsprochen worden, weil die Mitgliedsverbände der CGZP ihre Tariffähigkeit nicht vollständig vermittelt haben und der Organisationsbereich der CGZP über den ihrer Mitglieder hinausgeht (Seite 35 des amtlichen Umdrucks). Die Ausführungen des Beschwerdegerichts zur Aussetzungspflicht in Hinblick auf die umstrittene Tarifzuständigkeit der Mitglieder der CGZP beschränken sich nur auf die von ihm gegebene Zweitbegründung. Für die Frage der fehlenden Vermittlung der Tariffähigkeit ist die zwischen den Beteiligten umstrittene Tarifzuständigkeit der Mitglieder der CGZP ersichtlich ohne Bedeutung. Da gegenüber der Erstbegründung von der Beschwerde keine durchgreifenden Zulassungsgründe iSd. § 72 Abs. 2 ArbGG geltend gemacht werden, ist die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der auf Seite 48 der Beschwerdebegründung formulierten Rechtsfrage unzureichend.

15

II. In Bezug auf die weiter aufgeworfenen Rechtsfragen liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG nicht vor.

16

1. Es kann dahinstehen, ob es sich bei den auf Seite 20, 44, 51 und 53 der Beschwerdebegründung formulierten Rechtsfragen um solche von grundsätzlicher Bedeutung handelt. Dies bedarf keiner Entscheidung, weil sie jedenfalls für die anzufechtende Entscheidung nicht entscheidungserheblich waren. Das Beschwerdegericht hat sie nicht in einer die Entscheidung tragenden Weise beantwortet. Dies räumt die Beschwerde für die von ihr auf Seite 20 der Beschwerdebegründung formulierte Rechtsfrage nach der Bedeutung des § 3a AÜG auch ausdrücklich ein(Seite 22 3. Absatz der Beschwerdebegründung). Dies gilt gleichermaßen für die auf Seite 44 der Beschwerdebegründung formulierte Rechtsfrage zur Lehre über das in Vollzug gesetzte Dauerschuldverhältnis und seiner Vereinbarkeit mit den tarifrechtlichen Anforderungen an den Organisationsbereich einer Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG. Auf diese ist das Landesarbeitsgericht in seiner Entscheidung nicht eingegangen. Ebenso hat sich das Beschwerdegericht nicht mit den auf Seite 51 und 53 der Beschwerdebegründung formulierten Rechtsfragen zur Koalitionsfreiheit der Leiharbeitnehmer und der Gültigkeit von Art. 5 der Richtlinie 2008/104/EG in entscheidungserheblicher Weise auseinandergesetzt.

17

2. Die vom BAP auf Seite 15 der Beschwerdebegründung formulierte verfahrensrechtliche Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig. Sie ist bereits durch vorliegende Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts als ausreichend geklärt anzusehen.

18

Der Senat hat entschieden, dass die Antragsteller auch im Verfahren nach § 97 ArbGG ihr Begehren im Wege der subjektiven Antragshäufung verfolgen können(27. September 2005 - 1 ABR 41/04 - Rn. 24, BAGE 116, 45), wobei die einzelnen Prozessvoraussetzungen für sämtliche Antragsteller getrennt zu prüfen sind (13. März 2007 - 1 ABR 24/06 - Rn. 19, BAGE 121, 362). Diese Grundsätze hat der Senat ausdrücklich auch in einem Verfahren über die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung herangezogen (14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - Rn. 32, AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 6 = EzA TVG § 2 Nr. 31). Danach ist allein maßgeblich, ob die Antragsteller im Zeitpunkt der letzten Anhörung aufgrund der durch den Aussetzungsbeschluss vermittelten Antragsbefugnis eine Sachentscheidung anstreben können. Die vorangegangene Einleitung eines Beschlussverfahrens nach § 97 Abs. 5 ArbGG ist für die Frage der Antragsbefugnis in dem zuletzt betriebenen Beschlussverfahren ohne Bedeutung. Nach § 81 Abs. 2 Satz 1 ArbGG kann der im Beschlussverfahren gestellte Antrag vor dem Arbeitsgericht jederzeit wieder zurückgenommen werden. Mit der Einstellung des Verfahrens enden die Wirkungen der Rechtshängigkeit. Die von der Beschwerde angeführten Beschränkungen bei einer spruchkörperübergreifenden Verfahrensverbindung anhängiger Verfahren betreffen demgegenüber ersichtlich eine andere verfahrensrechtliche Situation. Sie verkennt überdies, dass die subjektive Antragshäufung im Beschlussverfahren keine „Nebenintervention“ iSd. §§ 66 ff. ZPO darstellt, die nach § 80 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbs. ArbGG in Angelegenheiten aus dem BetrVG gemäß § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG durch die Verfahrensregelungen in §§ 81, 83 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 ArbGG ausgeschlossen wird(BAG 5. Dezember 2007 - 7 ABR 72/06 - Rn. 25, BAGE 125, 100).

19

3. An der Entscheidungserheblichkeit fehlt es auch hinsichtlich der auf Seite 50 formulierten Rechtsfrage nach den Rechtsfolgen einer fehlerhaften Errichtung einer Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG. Das Landesarbeitsgericht hat sich auf den in der Beschwerdebegründung bezeichneten Passagen mit der Frage beschäftigt, ob die CGZP im verfahrensrelevanten Zeitraum als Tarifvertragspartei nach § 2 Abs. 2 TVG aufgetreten ist. Auf die in der Beschwerdebegründung formulierte Frage, ob die CGZP wegen der fehlerhaften Errichtung als Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG als BGB-Gesellschaft oder als Tarifgemeinschaft grundsätzlich hätte tätig werden können, geht das Beschwerdegericht nicht ein. Vielmehr hat es - wie auch die Beschwerde auf Seite 51 der Beschwerdebegründung ausführt - festgestellt, dass die CGZP von Anfang an nur als Spitzenverband tätig werden wollte und auch nur so tätig geworden ist. Es hat deshalb angenommen, dass eine solche Fähigkeit schon mangels satzungsmäßiger Befugnis sowie wegen einer fehlenden Beauftragung nicht bestanden hat.

20

4. Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht wegen der vom BAP auf Seite 26 der Beschwerdebegründung formulierten Rechtsfrage nach der Zulässigkeit der Heranziehung der Rechtssätze über die Tariffähigkeit von Spitzenorganisationen nach § 2 Abs. 3 TVG aus der Senatsentscheidung vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 6 = EzA TVG § 2 Nr. 31) zuzulassen.

21

a) Der anzufechtende Beschluss enthält insoweit eine Doppelbegründung. Das Landesarbeitsgericht referiert zunächst die aus seiner Sicht für die Gewährung von Vertrauensschutz geltenden verfassungsrechtlichen Vorgaben (Seite 42 f. des amtlichen Umdrucks, unter 1). Anschließend führt es aus, dass diese Grundsätze der Heranziehung der Rechtssätze aus dem Senatsbeschluss vom 14. Dezember 2010 auf die verfahrensgegenständlichen Zeitpunkte nicht entgegenstehen (Seite 43 ff. des amtlichen Umdrucks, unter 2). Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat der Senat mit den in der Entscheidung vom 14. Dezember 2010 enthaltenen Rechtssätzen erstmals die für die Tariffähigkeit von Spitzenorganisationen iSd. § 2 Abs. 3 TVG geltenden Anforderungen festgelegt. Bei der damit verbundenen Auslegung von § 2 TVG sei der Senat auch nicht von einer ganz herrschenden Auffassung im tarifrechtlichen Schrifttum abgewichen. Durch die einfachgesetzlich bestimmten Anforderungen würden weder den beteiligten Arbeitnehmerkoalitionen noch den am Verfahren beteiligten Arbeitgeberinnen Handlungspflichten für die Vergangenheit auferlegt. In einer weiteren tragenden Begründung nimmt das Beschwerdegericht an, dass die Beschwerdeführer nicht geltend gemacht haben, aus welchen Gründen bei Abschluss der maßgeblichen Tarifverträge ein schutzwürdiges Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP entstanden sein soll (Seite 45 des amtlichen Umdrucks, unter b).

22

b) Soweit das Landesarbeitsgericht die Voraussetzungen behandelt, unter denen den Rechtsunterworfenen gegenüber gerichtlichen Entscheidungen Vertrauensschutz zu gewähren ist, sind die hiermit im Zusammenhang stehenden Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts als hinreichend geklärt anzusehen. Die Beschwerde rügt letztlich nur die unzutreffende Rechtsanwendung der verfassungsrechtlichen Grundsätze für Rechtsprechungsänderungen durch das Beschwerdegericht, was ihr aber den Zugang zur Rechtsbeschwerdeinstanz nicht eröffnet.

23

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG enthaltenen Grundsatz der Gesetzesbindung, dass die Gerichte bei ihrer Rechtsfindung die gesetzgeberische Grundentscheidung zu respektieren haben und von den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung nur in vertretbarer Weise Gebrauch machen dürfen. Allerdings schreibt die Verfassung eine bestimmte Auslegungsmethode oder gar eine reine Wortinterpretation nicht vor (vgl. BVerfG 2. Senat 2. Kammer 26. September 2011 - 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 - zu B II 2 b der Gründe, NJW 2012, 669). Die Änderung einer bestehenden Rechtsprechung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes grundsätzlich dann unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält. Soweit schutzfähiges Vertrauen vorliegen sollte, kann diesem erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung getragen werden (BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - zu B III 1 der Gründe, BVerfGE 122, 248).

24

bb) Es ist weder offensichtlich noch von der Beschwerde dargetan, dass das Landesarbeitsgericht in seinen Ausführungen zur Heranziehung der Rechtssätze aus dem Senatsbeschluss vom 14. Dezember 2010 Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung beantwortet hat.

25

Mit seiner Beschwerde macht der BAP geltend, der Senat habe durch die seine Entscheidung vom 14. Dezember 2010 tragenden Rechtssätze zu den tarifrechtlichen Anforderungen einer Spitzenorganisation gemäß § 2 Abs. 3 TVG seine bisherige Rechtsprechung geändert(Seite 30 bis 32 der Beschwerdebegründung). Unabhängig davon, dass diese Annahme nicht zutreffend ist, eröffnet sie dem Beschwerdeführer auch nicht den Zugang zur Rechtsbeschwerdeinstanz. Die Beschwerde wendet sich lediglich gegen die aus ihrer Sicht unzutreffende Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Senat habe mit den in seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2010 enthaltenen Rechtssätzen erstmals die Anforderungen an die Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation bestimmt. Sie macht damit eine unzutreffende Rechtsanwendung durch das Landesarbeitsgericht geltend, die nicht Gegenstand des Verfahrens nach § 92a ArbGG ist. Dies gilt gleichermaßen für die Annahme des Beschwerdegerichts, durch die Festlegung der Anforderungen an die Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG werde schutzwürdiges Vertrauen der zweitinstanzlichen Beschwerdeführer nicht verletzt. Soweit der BAP - teilweise unter Bezugnahme auf noch nicht erschienene Veröffentlichungen seines Verfahrensbevollmächtigten - demgegenüber meint, die Rechtsprechung halte sich nicht im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung und erlege der CGZP nicht erfüllbare Handlungspflichten auf (Seite 32, 33 f. der Beschwerdebegründung), macht er ebenfalls nur eine aus seiner Sicht unzutreffende Rechtsanwendung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Rechtssätze geltend. Aus den gleichen Gründen ist es für die Beurteilung der Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG ohne Bedeutung, ob der Rechtsverkehr in schutzwürdiger Weise auf die Wirksamkeit der von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge und damit in deren Tariffähigkeit vertrauen durfte(Seite 34 ff. der Beschwerdebegründung). Auch insoweit beschränkt sich das Beschwerdegericht nur auf eine Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter die für die Gewährung von Vertrauensschutz geltenden verfassungsrechtlichen Anforderungen.

26

c) Die vom BAP aufgeworfene Rechtsfrage ist überdies durch den Senatsbeschluss vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - Rn. 63, AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 6 = EzA TVG § 2 Nr. 31) als geklärt anzusehen. In diesem hat der Senat die nach seinem Verständnis für die Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG geltenden tarifrechtlichen Anforderungen auf einen vor der Verkündung des genannten Senatsbeschlusses liegenden Sachverhalt angewandt. Er hat entschieden, dass die CGZP im zeitlichen Geltungsbereich ihrer am 8. Oktober 2009 geänderten Satzung weder nach § 2 Abs. 1 TVG als Gewerkschaft noch nach § 2 Abs. 3 TVG als Spitzenorganisation tariffähig ist. Der Senat hat die Wirkung seiner Rechtssätze nicht auf die Zukunft beschränkt, sondern diese entsprechend dem Verfahrensgegenstand für die Beurteilung der Tariffähigkeit der CGZP herangezogen.

27

III. Eine entscheidungserhebliche Divergenz iSd. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG liegt nicht vor.

28

1. Der angezogene Rechtssatz aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 2. November 1960 (- 1 ABR 18/59 - AP ArbGG 1953 § 97 Nr. 1) divergiert nicht mit den auf Seite 56 der Beschwerdebegründung wiedergegebenen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts im anzufechtenden Beschluss. Dieser Rechtssatz des Bundesarbeitsgerichts betrifft die Frage, ob ein Verfahren über die Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation nach § 97 Abs. 5 ArbGG auszusetzen ist, wenn die Tariffähigkeit eines ihrer Mitglieder in Zweifel gezogen wird. Demgegenüber behandelt der anzufechtende Beschluss die Frage, ob eine solche Aussetzungspflicht auch besteht, wenn die Tarifzuständigkeit eines Mitglieds einer Spitzenorganisation zwischen den Beteiligten umstritten ist. Es bedarf daher keines Eingehens auf die Frage, ob der von der Beschwerde angezogene Rechtssatz angesichts der zwischenzeitlichen Neufassung des § 97 ArbGG überhaupt noch eine Divergenz iSd. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG zu begründen vermag.

29

2. Bei der auf Seite 57 f. der Beschwerdebegründung behaupteten Divergenz fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit für die anzufechtende Entscheidung. Eine entscheidungserhebliche Divergenz iSd. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG liegt nicht vor, wenn der divergierende Rechtssatz nur in einer Hilfs- oder weiteren Begründung enthalten ist(BAG 27. Oktober 1998 - 9 AZN 575/98 - AP ArbGG 1979 § 72a Divergenz Nr. 39). Es kann daher dahinstehen, ob den fallbezogenen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts überhaupt der von der Beschwerde formulierte Rechtssatz zugrunde liegt. Das Zurückbleiben der Organisationsbereiche der Mitglieder der CGZP gegenüber denen ihrer Mitglieder war nach dem vom Beschwerdegericht gewählten Begründungsweg nur im Rahmen seiner Zweitbegründung von Bedeutung. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsanträgen in seiner selbständig tragenden Erstbegründung entsprochen, weil die am Verfahren beteiligten Arbeitnehmervereinigungen CGM, DHV und GÖD der CGZP ihre Tariffähigkeit nicht vollständig vermittelt haben. Für diesen Begründungsweg ist die Tarifzuständigkeit der früheren Mitglieder der CGZP ohne Bedeutung.

30

IV. Ein Zulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 1 ArbGG liegt nicht vor.

31

Es kann zugunsten des BAP unterstellt werden, dass es sich bei allen Gründungsmitgliedern der CGZP nicht nur um Arbeitnehmerkoalitionen, sondern jeweils um Gewerkschaften gehandelt hat und dass diese von den Vorinstanzen im Verfahren nach § 97 Abs. 2 iVm. § 83 Abs. 3 ArbGG angehört werden mussten. Deren unterbliebene Beteiligung führt indes nicht zum Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes aus § 547 Nr. 4 ZPO, wie der BAP unter Bezugnahme auf eine im Ehelichkeitsanfechtungsverfahren ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs(30. Oktober 2002 - XII ZR 345/00 - NJW 2003, 585) geltend macht (Seite 59 f. der Beschwerdebegründung). Nach dieser Vorschrift ist eine Entscheidung stets als auf einer Rechtsverletzung beruhend anzusehen, wenn ein Beteiligter am Verfahren nicht in der gesetzlich gebotenen Weise vertreten war, sofern er nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat. Auf diesen Verfahrensmangel kann sich im Beschlussverfahren aber nur derjenige Beteiligte berufen, dessen ordnungsgemäße Vertretung im Prozess unterblieben ist (BVerwG 6. April 2011 - 6 PB 20/10 - zu 1 der Gründe, NZA-RR 2011, 447).

32

D. Von einer weiteren Begründung zum sonstigen, vom Senat geprüften Vorbringen der Beschwerden wird gemäß §§ 92a, 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Rechtsbeschwerde zuzulassen ist.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    N. Schuster    

        

    Wisskirchen    

                 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 28. September 2011 - 1 Ta 500/11 - aufgehoben.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold - 3 Ca 1698/10 - vom 14. Juli 2011 wird abgeändert.

Das Verfahren wird fortgeführt.

2. Die Kosten der Rechtsbeschwerde und der Beschwerde hat die Beklagte zu tragen.

Gründe

1

I. Der Kläger war bei der Beklagten vom 7. Mai 2008 bis zum 19. Dezember 2008 als Leiharbeitnehmer beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war die Anwendung der mit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) abgeschlossenen Haustarifverträge in der jeweils letzten Fassung vereinbart. Mit seiner Klage macht der Kläger Differenzlohnansprüche gemäß § 9 Nr. 2 AÜG geltend.

2

Das Arbeitsgericht hat das Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG bis zur Klärung der Tariffähigkeit der CGZP am 13. Oktober 2003, 24. Mai 2005 sowie am 12. Dezember 2006, den Tagen der Abschlüsse der seiner Auffassung nach entscheidungserheblichen „Tarifverträge“, ausgesetzt. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich dessen Rechtsbeschwerde.

3

II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Ein Grund für die Aussetzung des Verfahrens bis zu einer Entscheidung über die Tariffähigkeit der CGZP am 13. Oktober 2003, 24. Mai 2005 sowie am 12. Dezember 2006 besteht nicht mehr. Zwar liegt für die im Aussetzungsbeschluss konkret aufgeführten Zeitpunkte eine ausdrückliche Entscheidung über die Tariffähigkeit der CGZP nicht vor. Einer solchen bedarf es jedoch nicht. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat durch Beschluss vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. - DB 2012, 693) die fehlende Tariffähigkeit der CGZP im zeitlichen Geltungsbereich ihrer Satzungen vom 11. Dezember 2002 und vom 5. Dezember 2005 festgestellt. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 22. Mai 2012 (- 1 ABN 27/12 -) zurückgewiesen. Aufgrund der Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg steht die fehlende Tariffähigkeit der CGZP auch für die vom Arbeitsgericht Detmold in seinem Aussetzungsbeschluss als entscheidungserheblich angesehenen Zeitpunkte fest.

4

1. Nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG hat ein Gericht das Verfahren bis zur Erledigung eines Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder ob die Tarifzuständigkeit der Vereinigung gegeben ist. Einer solchen Aussetzung bedarf es indes nicht, wenn über die Tariffähigkeit oder die Tarifzuständigkeit einer Arbeitnehmerkoalition bereits rechtskräftig entschieden ist. In einem solchen Fall ist die Einleitung eines erneuten Beschlussverfahrens durch die Parteien des ausgesetzten Verfahrens nach §§ 322, 325 Abs. 1 ZPO unzulässig(zu den Voraussetzungen für die Durchbrechung der Rechtskraft BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - BAGE 95, 47).

5

2. Ein Grund für die Aussetzung des Rechtsstreits nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG zur Einleitung eines Beschlussverfahrens über die Tariffähigkeit der CGZP am 13. Oktober 2003, 24. Mai 2005 sowie am 12. Dezember 2006 liegt danach nicht mehr vor. Für die vom Arbeitsgericht Detmold als entscheidungserheblich angesehenen Zeitpunkte ist die fehlende Tariffähigkeit der CGZP bereits rechtskräftig festgestellt.

6

a) Nach dem auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 322 Abs. 1 ZPO sind Beschlüsse der Rechtskraft fähig, soweit über den durch den Antrag erhobenen Anspruch entschieden ist(BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 95, 47). Der Begriff des Anspruchs in § 322 Abs. 1 ZPO bezeichnet den prozessualen Anspruch im Sinne der Streitgegenstandslehre. Die objektiven Grenzen der Rechtskraft des Entscheidungsgegenstandes werden durch den Streitgegenstand des vorangehenden Verfahrens bestimmt (BAG 20. März 1996 - 7 ABR 41/95 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 82, 291). Dieser richtet sich nach dem zur Entscheidung gestellten Antrag (Klageziel) und dem zugehörigen Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird (BAG 1. Februar 1983 - 1 ABR 33/78 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 41, 316). Zur Bestimmung der Rechtskraftwirkung sind neben der Urteilsformel auch Tatbestand und Entscheidungsgründe sowie erforderlichenfalls das Parteivorbringen ergänzend heranzuziehen (BAG 19. Januar 2010 - 1 ABR 55/08 - Rn. 15, BAGE 133, 75).

7

b) Rechtsfolge einer rechtskräftigen Entscheidung nach § 97 ArbGG ist die Unzulässigkeit eines erneuten Antrags mit identischem Streitgegenstand. Eine Identität der Streitgegenstände, die zur Unzulässigkeit eines erneuten Verfahrens führt, ist nicht nur dann anzunehmen, wenn im zweiten Verfahren der nämliche Streitgegenstand nochmals rechtshängig gemacht wird, sondern auch dann, wenn dort das mit dem Rechtsausspruch im ersten Verfahren unvereinbare „kontradiktorische Gegenteil“ begehrt wird (BGH 26. Juni 2003 - I ZR 269/00 - zu II 1 a der Gründe, NJW 2003, 3058). In subjektiver Hinsicht erfasst die Rechtskraft der Entscheidung über die Tariffähigkeit oder die Tarifzuständigkeit nicht nur die Personen und Stellen, die im jeweiligen Verfahren nach § 97 Abs. 2 iVm. § 83 Abs. 3 ArbGG angehört worden sind, sondern entfaltet Wirkung gegenüber jedermann(BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 31, BAGE 117, 308; 6. Juni 2000 - 1 ABR 10/99 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 95, 36). Dies folgt aus den vom Gesetzgeber als besondere Beschlussverfahren vorgesehenen Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG. In diesen soll über die für die Ordnung des Arbeitslebens bedeutsame Eigenschaft der Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung einheitlich entschieden werden. Eine solche Konzentrationswirkung der Verfahren nach § 97 ArbGG setzt aber voraus, dass ihre Rechtskraftwirkungen nicht auf die jeweiligen Verfahrensbeteiligten beschränkt bleiben, sondern die getroffene Entscheidung eine umfassende Geltung im Arbeitsleben erlangt. Aus diesem Grund sind alle Gerichte an einen in einem Verfahren nach § 97 ArbGG ergangenen Ausspruch über die Tariffähigkeit oder die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung gebunden, wenn diese Eigenschaften als Vorfrage in einem späteren Verfahren zu beurteilen sind, sofern nicht aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Rechtskraft endet(BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - zu B II 4 a der Gründe, BAGE 95, 47), was im Aussetzungsbeschluss näher zu begründen ist.

8

c) Der Streitgegenstand eines nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG eingeleiteten Verfahrens über die Tariffähigkeit oder die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung erfasst neben dem im Beschlusstenor bezeichneten Zeitpunkt weitere Zeiträume, wenn die in § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG genannten Eigenschaften in diesen nur einheitlich beurteilt werden können.

9

aa) Die Antragsbefugnis von Personen oder Stellen, die nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG eine Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberkoalition herbeiführen können, beschränkt sich zwar auf die Vorfrage, wegen derer das Gericht sein Verfahren ausgesetzt hat(BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 14/03 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 111, 164). Der Aussetzungsbeschluss nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG eröffnet daher nur eine vergangenheitsbezogene Feststellung über die Tariffähigkeit der jeweiligen Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberkoalition, deren Tariffähigkeit zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens im Streit steht. Diese betrifft den Zeitpunkt, in dem der Tarifvertrag abgeschlossen worden ist, der für den prozessualen Anspruch der klagenden Partei entscheidungserheblich ist. Dennoch geht die Rechtskraftwirkung über das im Beschlusstenor genannte Datum hinaus. Der Klagegrund wird durch die vom Antragsteller zur Begründung seines Antrags angeführten Gründe, aus denen sich das Vorliegen oder das Nichtvorliegen der in § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG bezeichneten Eigenschaften ergeben soll, mit bestimmt.

10

bb) Ist die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung vom Antragsteller aus Rechtsgründen in Frage gestellt worden, richtet sich der Streitgegenstand danach, ob die geltend gemachten Rechtsmängel zu dem im Antrag genannten Zeitpunkt diesen Eigenschaften entgegenstehen. Wird in einem Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG rechtkräftig entschieden, dass eine Vereinigung aufgrund von Satzungsmängeln zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht tariffähig oder tarifzuständig war, steht deshalb diese Feststellung weiteren Verfahren entgegen, in denen sich diese Eigenschaften der Vereinigung zu einem anderen Zeitpunkt ebenso nach dieser Satzung bestimmen. In diesem Fall kann die Beurteilung der in § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG genannten Eigenschaften nur einheitlich auf der Grundlage der maßgeblichen Satzung erfolgen. Die gerichtliche Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens der Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung entfaltet dann eine Bindungswirkung für nachfolgende Verfahren, in denen im Geltungsbereich der nämlichen Satzung diese Eigenschaften entweder streitgegenständlich oder nur als Vorfrage für den erhobenen prozessualen Anspruch zu beurteilen sind. Wird in einem Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG festgestellt, dass eine Arbeitnehmerkoalition bei Abschluss eines bestimmten Tarifvertrags aus tatsächlichen Gründen nicht über die erforderliche soziale Mächtigkeit verfügt hat, ist von deren Fehlen nicht nur für den festgestellten Zeitpunkt, sondern auch für die Folgezeit auszugehen. Die materielle Rechtskraft der im Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG getroffenen Entscheidung wirkt in beiden Fällen bis zu einer wesentlichen Änderung der entscheidungserheblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse(BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - zu B II 4 a der Gründe, BAGE 95, 47).

11

d) Danach erweist sich die Rechtsbeschwerde als begründet.

12

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in seinem Beschluss vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. - DB 2012, 693) festgestellt, dass die CGZP weder nach § 2 Abs. 1 TVG als Gewerkschaft noch als Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG tariffähig ist(Seite 33 und 35 des amtlichen Umdrucks). Diese Entscheidung hat mit der Zurückweisung der dagegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde durch den Senatsbeschluss vom 22. Mai 2012 (- 1 ABN 27/12 -) Rechtskraft erlangt. Der vom Landesarbeitsgericht entschiedene Streitgegenstand geht über die drei konkreten Zeitpunkte hinaus, für die es das Fehlen der Tariffähigkeit der CGZP festgestellt hat. Streitgegenständlich war die Satzung der CGZP in ihren vor dem 8. Oktober 2009 geltenden Fassungen vom 11. Dezember 2002 und vom 5. Dezember 2005. Die Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 erstreckt sich danach vom Zeitpunkt der Gründung der CGZP am 11. Dezember 2002 bis zum 7. Oktober 2009. Sie umfasst damit auch die vom Arbeitsgericht als entscheidungserheblich angesehenen Zeitpunkte (13. Oktober 2003, 24. Mai 2005 sowie 12. Dezember 2006). Dies steht einer erneuten Durchführung eines Beschlussverfahrens nach § 97 Abs. 5 ArbGG entgegen und führt zur Aufhebung und Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

        

        

        

                 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 8. November 2011 - 9 Ta 271/11 - aufgehoben.

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach vom 7. Juni 2011 - 4 Ca 12/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Gründe

1

I. Der Kläger war bei der Beklagten vom 29. März bis zum 27. Juli 2010 als Leiharbeitnehmer beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war die Anwendung der jeweils gültigen Tarifverträge zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) vereinbart. Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Differenzlohnansprüche gemäß § 9 Nr. 2 AÜG geltend.

2

Die Beklagte hat beantragt, das Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG auszusetzen. Diesen Antrag hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht den Rechtsstreit bis zur Klärung der Tariffähigkeit der CGZP am 15. März 2010, dem Tag des Abschlusses des „Entgelttarifvertrags“ zwischen dem AMP und der CGZP, ausgesetzt. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

3

II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Ein Grund für die Aussetzung des Verfahrens bis zu einer Entscheidung über die Tariffähigkeit der CGZP am 15. März 2010 liegt nicht vor. Das Landesarbeitsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass für den vom Arbeitsgericht als für die Beurteilung der Klage maßgeblichen Zeitpunkt noch keine rechtskräftige Entscheidung über die Tariffähigkeit der CGZP getroffen worden ist. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 14. Dezember 2010 festgestellt, dass die CGZP im zeitlichen Geltungsbereich ihrer Satzung vom 8. Oktober 2009 weder als Gewerkschaft iSd. § 2 Abs. 1 TVG noch als Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG tariffähig war(- 1 ABR 19/10 - Rn. 93 f., AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 6 = EzA TVG § 2 Nr. 31). Diese Entscheidung hat die fehlende Tariffähigkeit der CGZP nicht nur mit Rechtskraft gegenüber den seinerzeitigen Verfahrensbeteiligten festgestellt, sondern entfaltet Wirkung für und gegen alle.

4

1. Nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG hat das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung eines Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder ob die Tarifzuständigkeit der Vereinigung gegeben ist. Einer solchen Aussetzung bedarf es indes nicht, wenn über die Tariffähigkeit oder die Tarifzuständigkeit einer Arbeitnehmerkoalition bereits rechtskräftig entschieden ist. In einem solchen Fall ist die Einleitung eines erneuten Beschlussverfahrens durch die Parteien des ausgesetzten Verfahrens nach §§ 322, 325 Abs. 1 ZPO unzulässig(zu den Voraussetzungen für die Durchbrechung der Rechtskraft BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - BAGE 95, 47).

5

2. Die Rechtskraftwirkung des Senatsbeschlusses vom 14. Dezember 2010 über die Tarifunfähigkeit der CGZP besteht in zeitlicher Hinsicht ab dem 8. Oktober 2009. Gegenstand der Senatsentscheidung war die Feststellung der Tariffähigkeit der CGZP im zeitlichen Geltungsbereich ihrer an diesem Tag geänderten Satzung. Dies folgt aus dem von den Antragstellern erhobenen gegenwartsbezogenen Antrag und dem zu seiner Begründung angeführten Vorbringen.

6

a) Nach dem auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 322 Abs. 1 ZPO sind Beschlüsse der Rechtskraft fähig, soweit über den durch den Antrag erhobenen Anspruch entschieden ist(BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 95, 47). Der Begriff des Anspruchs in § 322 Abs. 1 ZPO bezeichnet den prozessualen Anspruch im Sinne der Streitgegenstandslehre. Die objektiven Grenzen der Rechtskraft des Entscheidungsgegenstandes werden durch den Streitgegenstand des vorangehenden Verfahrens bestimmt (BAG 20. März 1996 - 7 ABR 41/95 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 82, 291). Dieser richtet sich nach dem zur Entscheidung gestellten Antrag (Klageziel) und dem zugehörigen Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird (BAG 1. Februar 1983 - 1 ABR 33/78 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 41, 316). Zur Bestimmung der Rechtskraftwirkung sind neben der Urteilsformel Tatbestand und Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen, ergänzend heranzuziehen (BAG 19. Januar 2010 - 1 ABR 55/08 - Rn. 15, BAGE 133, 75).

7

b) Der Antragswortlaut im Verfahren - 1 ABR 19/10 - war auf die Feststellung gerichtet, dass die CGZP nicht tariffähig ist. Ein solcher (negativer) Feststellungsantrag über die fehlende Tariffähigkeit einer Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervereinigung ist gegenwartsbezogen und erfasst grundsätzlich den Zeitraum ab seiner Rechtshängigkeit bis zur letzten Anhörung im Verfahren nach § 97 ArbGG. Mit ihm geht es dem Antragsteller um die Klärung der Eigenschaft der jeweiligen Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberkoalition, Tarifverträge abschließen zu können. Einen gegenwartsbezogenen Feststellungsantrag können nur die nach § 97 Abs. 1 ArbGG Antragsberechtigten stellen. Die Antragsbefugnis von Personen oder Stellen, die nach § 97 Abs. 5 Satz 2 ArbGG eine Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberkoalition herbeiführen können, beschränkt sich dagegen auf die Vorfrage, wegen derer das Gericht sein Verfahren ausgesetzt hat(BAG 29. Juni 2004 - 1 ABR 14/03 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 111, 164). Der Aussetzungsbeschluss nach § 97 Abs. 5 Satz 1 ArbGG eröffnet daher regelmäßig nur eine vergangenheitsbezogene Feststellung über die Tariffähigkeit der jeweiligen Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberkoalition, deren Tariffähigkeit zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens im Streit steht.

8

c) Die Antragsteller des Verfahrens - 1 ABR 19/10 - haben ihren Feststellungsantrag auf die Zeit ab dem 8. Oktober 2009 beschränkt. Dies hat der Senat ihrem zu seiner Begründung angeführten Vorbringen entnommen, das sich an der jeweils geltenden Satzung der CGZP ausgerichtet hat. Dies war zunächst die Satzung vom 5. Dezember 2005 und nach deren Änderung ihre seit dem 8. Oktober 2009 geltende Fassung.

9

3. Rechtsfolge einer rechtskräftigen Entscheidung nach § 97 Abs. 1 ArbGG ist zum einen, dass ein erneuter Antrag mit identischem Streitgegenstand unzulässig ist. Die materielle Rechtskraftwirkung solcher Beschlüsse hindert grundsätzlich, dass bei Sachverhaltsidentität die bereits entschiedene Frage den Gerichten zur erneuten Entscheidung unterbreitet werden kann. In subjektiver Hinsicht erfasst die Rechtskraft der Entscheidung über die Tariffähigkeit oder die Tarifzuständigkeit nicht nur die Personen und Stellen, die im jeweiligen Verfahren nach § 97 Abs. 2 iVm. § 83 Abs. 3 ArbGG angehört worden sind, sondern entfaltet Wirkung gegenüber jedermann(BAG 28. März 2006 - 1 ABR 58/04 - Rn. 31, BAGE 117, 308; 6. Juni 2000 - 1 ABR 10/99 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 95, 36). Dies folgt aus den vom Gesetzgeber als besondere Beschlussverfahren vorgesehenen Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG. In diesen soll über die für die Ordnung des Arbeitslebens bedeutsame Eigenschaft der Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung einheitlich entschieden werden. Eine solche Konzentrationswirkung der Verfahren nach § 97 ArbGG setzt aber voraus, dass ihre Rechtskraftwirkungen nicht auf die jeweiligen Verfahrensbeteiligten beschränkt bleiben, sondern die getroffene Entscheidung eine umfassende Geltung im Arbeitsleben erlangt. Aus diesem Grund sind alle Gerichte an einen in einem Verfahren nach § 97 ArbGG ergangenen Ausspruch über die Tariffähigkeit oder die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung gebunden, wenn diese Eigenschaften als Vorfrage in einem späteren Verfahren zu beurteilen sind, sofern nicht aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Rechtskraft endet(BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - zu B II 4 a der Gründe, BAGE 95, 47), was im Aussetzungsbeschluss näher zu begründen wäre.

10

4. Danach erweist sich die Rechtsbeschwerde des Klägers als begründet. Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Tariffähigkeit der CGZP zum Zeitpunkt des zwischen ihr und dem AMP am 15. März 2010 abgeschlossenen Mantel- und Entgelttarifvertrags für die vom Kläger geltend gemachten Vergütungsansprüche zwar entscheidungserheblich. Die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens zur Einleitung eines Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG liegen jedoch nicht vor. Der vom Landesarbeitsgericht als entscheidungserheblich angesehene Zeitpunkt liegt innerhalb des Zeitraums, für den der Senat in seinem Beschluss vom 14. Dezember 2010 die fehlende Tariffähigkeit der CGZP rechtskräftig festgestellt hat.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

        

        

        

                 

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Rückwirkung der arbeitsgerichtlichen Feststellung, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nicht tariffähig ist. Die Beschwerdeführerinnen machen eine Verletzung des Rückwirkungsverbots sowie des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend.

2

1. In einem fachgerichtlichen Verfahren, das nicht Gegenstand der vorliegenden Verfassungsbeschwerde ist, hatte das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - gegenwartsbezogen festgestellt, dass die CGZP nicht tariffähig ist und damit keine wirksamen Tarifverträge abschließen kann.

3

2. Die vorliegend angegriffenen Entscheidungen betreffen die Frage, welche Folgen sich hieraus im Blick auf eine Rückwirkung dieser Rechtsprechung ergeben.

4

a) Gegenstand des ersten Ausgangsverfahrens ist ein Antrag auf Feststellung, dass die CGZP auch vergangenheitsbezogen nicht tariffähig war. Die insoweit angegriffenen Beschlüsse des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 - 24 TaBV 1285/11 u. a. - und des Bundesarbeitsgerichts vom 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 - betreffen die Tariffähigkeit der CGZP am 29. November 2004, 19. Juni 2006 und 9. Juli 2008.

5

Das Landesarbeitsgericht stellte fest, dass die CGZP auch zu den zurückliegenden Zeitpunkten nicht tariffähig gewesen sei. Zur Begründung führte es unter weitgehender Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - aus, die CGZP sei nicht nach § 2 Abs. 3 TVG als Spitzenorganisation tariffähig gewesen. Ihre Mitgliedsverbände hätten der CGZP ihre Tariffähigkeit nicht vollständig vermittelt und ihr Organisationsbereich gehe über den ihrer Mitglieder hinaus.

6

Dieser Auslegung des § 2 Abs. 3 TVG und der daraus resultierenden Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP zu den in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkten stehe das Rückwirkungsverbot nicht entgegen. Sogar die Änderung einer ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung gelte unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes grundsätzlich dann als unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet sei und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung halte. Das Bundesarbeitsgericht habe mit dem Beschluss vom 14. Dezember 2010 seine Rechtsprechung aber nicht einmal geändert. Es habe vielmehr die Frage der Ableitung der Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation von der Tariffähigkeit ihrer Mitgliedsverbände erstmals entschieden und damit offene Rechtsfragen geklärt.

7

Das Bundesarbeitsgericht wies die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde mit Beschluss vom 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 - zurück. Das Landesarbeitsgericht habe die grundsätzliche Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage nicht verkannt. Die Rechtsfrage des Vertrauensschutzes sei vielmehr geklärt. Das Bundesarbeitsgericht habe seine Rechtsprechung zur Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation bereits mit Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - auf einen vor der Verkündung der Entscheidung liegenden Sachverhalt angewandt. Es habe dort entschieden, dass die CGZP im zeitlichen Geltungsbereich ihrer am 8. Oktober 2009 geänderten Satzung nicht nach § 2 Abs. 3 TVG als Spitzenorganisation tariffähig sei.

8

b) Gegenstand des zweiten Ausgangsverfahrens war eine Klage auf Differenzlohn gemäß § 10 Abs. 4 AÜG. Die dort Beklagte ist im vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahren als Beschwerdeführerin zu 18) beteiligt. Das Arbeitsgericht setzte dieses Verfahren nach § 97 Abs. 5 ArbGG bis zur Klärung der Tariffähigkeit der CGZP am 13. Oktober 2003, 24. Mai 2005 und 12. Dezember 2006 aus. Das Landesarbeitsgericht wies die sofortige Beschwerde des Klägers gegen die Aussetzung zurück. Das Bundesarbeitsgericht sah die Rechtsbeschwerde mit dem vorliegend angegriffenen Beschluss vom 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11 - als begründet an. Es bestehe kein Grund mehr für die Aussetzung des "equal-pay-Verfahrens" und es bedürfe keiner ausdrücklichen Entscheidung über die Tariffähigkeit der CGZP zu den im Aussetzungsbeschluss konkret aufgeführten Zeitpunkten. Aufgrund der Beschlüsse des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 - 24 TaBV 1285/11 u. a. - und des Bundesarbeitsgerichts vom 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 - stehe die fehlende Tariffähigkeit der CGZP auch für die vom Arbeitsgericht im Aussetzungsbeschluss als entscheidungserheblich angesehenen Zeitpunkte rechtskräftig fest. Der Streitgegenstand und damit die Reichweite der Rechtskraft richteten sich nach dem Klageziel und dem zugehörigen Lebenssachverhalt als Klagegrund; die Rechtskraftwirkung bemesse sich neben der Urteilsformel aus dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen. Da die Tarifunfähigkeit mit Satzungsmängeln begründet worden sei, erfasse ihre Feststellung den gesamten Geltungszeitraum dieser Satzungen. Damit erstrecke sich die Feststellung auch auf die im Aussetzungsverfahren maßgeblichen Zeitpunkte.

9

3. Die Beschwerdeführerinnen rügen eine Verletzung des Rückwirkungsverbots, weil das Bundesarbeitsgericht den im Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - formulierten neuen Anforderungen an die Tariffähigkeit von Spitzenorganisationen eine unzulässige Rückwirkung verleihe. Dies sei ein Fall echter Rückwirkung. An die arbeitsgerichtlichen Beschlüsse zur Tariffähigkeit der CGZP seien dieselben Anforderungen zu stellen wie an rückwirkende Gesetze, denn die Feststellung der Tariffähigkeit wirke erga omnes. Auch bei Anwendung der für Richterrecht geltenden Grundsätze handele es sich um eine unzulässige Rückwirkung. Das Bundesarbeitsgericht lehne zwar zu Recht jeden guten Glauben an die Tariffähigkeit ab. Dies beziehe sich jedoch nur auf die unsichere Feststellung von Tatbestandsmerkmalen, nicht dagegen auf eine Rechtsprechungsänderung zu den Anforderungen an die Tariffähigkeit. Das vom Bundesarbeitsgericht neu erfundene Erfordernis der "Volldelegation" sei in Rechtsprechung und Literatur zuvor nicht diskutiert worden. So würden erstmals verschärfte Anforderungen an die Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation formuliert. Die Beschwerdeführerinnen hätten sich in einem Dilemma befunden, da der Gesetzgeber in § 2 Abs. 2 und 3 TVG Spitzenorganisationen zulasse, die Voraussetzungen an deren Tariffähigkeit jedoch nicht normiert seien. In dieser Situation habe den Beschwerdeführerinnen nicht angesonnen werden können, "im Zweifel" keine Tarifverträge mit der CGZP abzuschließen. Im Übrigen habe auch staatliches Handeln das Vertrauen in die Wirksamkeit der mit der CGZP geschlossenen Tarifverträge begründet. So hätten Sozialversicherungsträger die Beitragseinzüge auf der Grundlage der CGZP-Tarifverträge durchgeführt; die Agentur für Arbeit habe die Anwendung der CGZP-Tarifverträge nicht beanstandet. Das Bundesarbeitsgericht selbst habe in der Entscheidung vom 24. März 2004 - 5 AZR 303/03 - die CGZP-Tarifverträge zu der Frage in Bezug genommen, welche Vergütung in der Branche üblich sei.

10

Das Bundesarbeitsgericht habe auch den Anspruch der Beschwerdeführerin zu 18) auf rechtliches Gehör aus Art.103 Abs. 1 GG verletzt. Es habe nicht darauf hingewiesen, dass es die Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP auf andere als die im Tenor genannten Zeitpunkte zu erstrecken beabsichtige. Ihr hätte Gelegenheit gegeben werden müssen, zur Dauer der Rechtskraft von Entscheidungen über die Tarifunfähigkeit der CGZP vorzutragen.

II.

11

Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde liegen nicht vor. Sie hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG) und ihre Annahme erscheint auch nicht zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerinnen angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, weil sie offensichtlich unbegründet ist.

12

1. Die Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP mit Wirkung für die Vergangenheit genügt den Anforderungen an den im Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Grundsatz des Vertrauensschutzes in seiner Ausprägung als Rückwirkungsverbot.

13

a) Im Rechtsstaatsprinzip sind die Gebote der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verfassungskräftig verankert (vgl. BVerfGE 30, 392 <403>). Die Rechtssicherheit soll verhindern, dass die Rechtsunterworfenen durch die rückwirkende Beseitigung erworbener Rechte über die Verlässlichkeit der Rechtsordnung getäuscht werden (vgl. BVerfGE 105, 48 <57>). Rechtssicherheit und Vertrauensschutz gewährleisten im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung (BVerfGE 133, 143 <158 Rn. 41>). Eine echte Rückwirkung von Gesetzen ist verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Sie liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (vgl. BVerfGE 11, 139 <145 f.>; 101, 239 <263>). Höchstrichterliche Rechtsprechung ist jedoch kein Gesetzesrecht und erzeugt keine vergleichbare Rechtsbindung (vgl. BVerfGE 122, 248 <277>; 131, 20 <42>). Die über den Einzelfall hinausreichende Geltung fachgerichtlicher Gesetzesauslegung beruht allein auf der Überzeugungskraft ihrer Gründe sowie der Autorität und den Kompetenzen des Gerichts. Es bedarf nicht des Nachweises wesentlicher Änderungen der Verhältnisse oder der allgemeinen Anschauungen, damit ein Gericht ohne Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG von seiner früheren Rechtsprechung abweichen kann. Die Änderung einer ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes grundsätzlich dann unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält (vgl. BVerfGE 84, 212 <227 f.>; 122, 248 <277>). Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung kann daher in der Regel nur bei Hinzutreten weiterer Umstände, insbesondere bei einer gefestigten und langjährigen Rechtsprechung entstehen (vgl. BVerfGE 126, 369 <395>; 131, 20 <42>).

14

b) Davon ausgehend konnten die Gerichte für Arbeitssachen die Tarifunfähigkeit der CGZP mit Wirkung für die Vergangenheit feststellen, ohne gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes zu verstoßen. Maßgebend sind die für die höchstrichterliche Rechtsprechung geltenden Grundsätze. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die Feststellung der Tarifunfähigkeit einer Vereinigung nicht nur zwischen den Parteien, sondern für und gegen alle wirkt. Die Entscheidung betrifft dennoch im Einzelfall die Tariffähigkeit einer bestimmten Vereinigung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Eine über den Einzelfall hinausreichende Geltung der fachgerichtlichen Rechtsanwendung kann sich wie auch andere höchstrichterliche Rechtsprechung lediglich auf die Überzeugungskraft ihrer Begründung stützen.

15

Die besonderen Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise auch eine Änderung der Rechtsprechung den im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Vertrauensschutz verletzen kann, liegen nicht vor. Es fehlt an einem ausreichenden Anknüpfungspunkt für das von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachte Vertrauen.

16

Die Beschwerdeführerinnen konnten nicht auf höchstrichterliche Rechtsprechung vertrauen, denn eine solche lag zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidungen nicht vor. Das Bundesarbeitsgericht hat in dem Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - erstmals ausgeführt, dass Gewerkschaften einer Spitzenorganisation im Sinne des § 2 Abs. 2 und 3 TVG ihre Tariffähigkeit vollständig vermitteln müssen. Das entsprach nicht dem, was die Beschwerdeführerinnen für richtig hielten. Die bloße Erwartung, ein oberstes Bundesgericht werde eine ungeklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne beantworten, begründet jedoch kein verfassungsrechtlich in Art. 20 Abs. 3 GG geschütztes Vertrauen (vgl. BAG, Urteil vom 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 -, juris, Rn. 24).

17

Die Beschwerdeführerinnen mussten damit rechnen, dass der CGZP die Tariffähigkeit fehlte. An der Tariffähigkeit der CGZP bestanden von Anfang an erhebliche Zweifel (vgl. Böhm, NZA 2003, S. 828 <829>; Reipen NZS 2005, S. 407 <408 f.>; Schüren, in: Schüren/Hamann, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, 3. Aufl. 2007, § 9 AÜG Rn. 115). Gleichwohl haben die Beschwerdeführerinnen die Tarifverträge der CGZP angewendet und kamen damit in den Genuss besonders niedriger Vergütungssätze. Mit den angegriffenen Entscheidungen hat sich das erkennbare Risiko realisiert, dass später in einem Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 97 ArbGG die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt werden könnte. Allein der Umstand, dass die genaue Begründung des Bundesarbeitsgerichts nicht ohne weiteres vorhersehbar war, begründet keinen verfassungsrechtlich zu berücksichtigenden Vertrauensschutz. Dies gilt umso mehr, als die von Anfang an diskutierten Bedenken gegenüber der Tariffähigkeit der CGZP der Begründung des Bundesarbeitsgerichts durchaus nahekommen. So wurden von Anfang an Zweifel an der ausreichenden Mächtigkeit der CGZP geäußert (vgl. Böhm, NZA 2003, S. 828 <829>). Das Bundesarbeitsgericht stellt im Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - ebenfalls auf den Gesichtspunkt der fehlenden sozialen Mächtigkeit ab, indem es das Erfordernis einer Volldelegation damit begründet, dass ansonsten zweifelhaft sein könne, ob die Spitzenvereinigung in den ihr übertragenen Organisationsbereichen die notwendige Durchsetzungsfähigkeit besitze (vgl. BAG, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 -, juris, Rn. 83).

18

Ein schutzwürdiges Vertrauen der Beschwerdeführerinnen in die Wirksamkeit der CGZP-Tarifverträge lässt sich nicht mit dem Verhalten der Sozialversicherungsträger und der Bundesagentur für Arbeit sowie der Heranziehung dieser Tarifverträge durch das Bundesarbeitsgericht bei der Ermittlung der branchenüblichen Vergütung begründen. Die Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung obliegt allein den Gerichten für Arbeitssachen in dem in § 2a Abs. 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 97 ArbGG geregelten Beschlussverfahren. Das Handeln anderer Stellen sowie die Bezugnahme auf diese Tarifverträge in einem gänzlich anders gelagerten Rechtsstreit waren auch vor dem Hintergrund der bereits damals umstrittenen Tariffähigkeit der CGZP nicht geeignet, ein schutzwürdiges Vertrauen zu begründen.

19

2. Soweit die Beschwerdeführerin zu 18) darüber hinaus eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG rügt, ist die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unbegründet. Das Bundesarbeitsgericht war verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, sie auf eine mögliche zeitliche Ausdehnung der Feststellung über die Tarifunfähigkeit hinzuweisen.

20

a) Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt voraus, dass Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermögen, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>). Zwar ergibt sich aus Art. 103 Abs. 1 GG keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Gerichts. Ein Gericht verstößt aber dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG und das Gebot eines fairen Verfahrens, wenn es ohne vorherigen Hinweis auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch gewissenhafte und kundige Prozessbeteiligte nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchten (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>).

21

b) Das Bundesarbeitsgericht hat nicht auf derart überraschende rechtliche Gesichtspunkte abgestellt. Die zeitliche Rückwirkung der Rechtskraftwirkung ist bereits im Anschluss an die erste Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Tariffähigkeit der CGZP vom 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - in der Instanzrechtsprechung und Literatur umfassend diskutiert worden (vgl. Neef, NZA 2011, S. 615 <618> zur Rückwirkung bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz; Lembke, NZA 2011, S. 1062 <1066> zur Rückwirkung bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Rechtsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht; zur Entbehrlichkeit einer Aussetzung LAG Hamm, Urteil vom 30. Juni 2011 - 8 Sa 387/11 -, juris, Rn. 23; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. September 2011 - 7 Sa 1318/11 -, juris, Rn. 34; a. A. Löwisch/Rieble, Tarifvertragsgesetz, 3. Aufl. 2012, § 2 Rn. 502). Gewissenhafte und kundige Prozessbeteiligte hätten die Möglichkeit der dann getroffenen Entscheidung also auch ohne gesonderten rechtlichen Hinweis in Erwägung gezogen.

III.

22

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Unwirksam sind:

1.
Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat; der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wird nicht unwirksam, wenn der Leiharbeitnehmer schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so beginnt die Frist mit Eintritt der Unwirksamkeit,
1a.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn entgegen § 1 Absatz 1 Satz 5 und 6 die Arbeitnehmerüberlassung nicht ausdrücklich als solche bezeichnet und die Person des Leiharbeitnehmers nicht konkretisiert worden ist, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
1b.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern mit dem Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Absatz 1b, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
2.
Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer schlechtere als die ihm nach § 8 zustehenden Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen,
2a.
Vereinbarungen, die den Zugang des Leiharbeitnehmers zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten im Unternehmen des Entleihers entgegen § 13b beschränken,
3.
Vereinbarungen, die dem Entleiher untersagen, den Leiharbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeitsverhältnis zum Verleiher nicht mehr besteht; dies schließt die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung zwischen Verleiher und Entleiher für die nach vorangegangenem Verleih oder mittels vorangegangenem Verleih erfolgte Vermittlung nicht aus,
4.
Vereinbarungen, die dem Leiharbeitnehmer untersagen, mit dem Entleiher zu einem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nicht mehr besteht, ein Arbeitsverhältnis einzugehen,
5.
Vereinbarungen, nach denen der Leiharbeitnehmer eine Vermittlungsvergütung an den Verleiher zu zahlen hat.

(2) Die Erklärung nach Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 1b (Festhaltenserklärung) ist nur wirksam, wenn

1.
der Leiharbeitnehmer diese vor ihrer Abgabe persönlich in einer Agentur für Arbeit vorlegt,
2.
die Agentur für Arbeit die abzugebende Erklärung mit dem Datum des Tages der Vorlage und dem Hinweis versieht, dass sie die Identität des Leiharbeitnehmers festgestellt hat, und
3.
die Erklärung spätestens am dritten Tag nach der Vorlage in der Agentur für Arbeit dem Ver- oder Entleiher zugeht.

(3) Eine vor Beginn einer Frist nach Absatz 1 Nummer 1 bis 1b abgegebene Festhaltenserklärung ist unwirksam. Wird die Überlassung nach der Festhaltenserklärung fortgeführt, gilt Absatz 1 Nummer 1 bis 1b. Eine erneute Festhaltenserklärung ist unwirksam. § 28e Absatz 2 Satz 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt unbeschadet der Festhaltenserklärung.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 8. Dezember 2011 - 11 Sa 852/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Der 1977 geborene Kläger ist seit 2004 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und seither einem Unternehmen des RWE-Konzerns als Ableser im Außendienst überlassen. Der Kläger erhielt bei einer arbeitsvertraglich vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden ein Bruttoentgelt von 20.212,68 Euro im Jahre 2007, 20.955,17 Euro im Jahre 2008, 20.706,56 Euro im Jahre 2009, 20.701,12 Euro im Jahre 2010 und 3.181,60 Euro für die Monate Januar und Februar 2011. Zusätzlich zahlte die Beklagte einen monatlichen Zuschuss zu vermögenswirksamen Leistungen iHv. 13,50 Euro brutto.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag zuletzt ein Formulararbeitsvertrag vom 18. Februar 2005 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

„1. Gegenstand und Bezugnahme auf Tarifvertrag

        

…       

        

Der Mitarbeiter ist eingestellt als

        

Außendienstmitarbeiter.

        

Der Mitarbeiter wird aufgrund der notwendigen Qualifikation für die im Kundeneinsatz ausgeübte Tätigkeit entsprechend des nachfolgend genannten Entgeltrahmentarifvertrages wie folgt eingruppiert:

        

Entgeltgruppe: AWE3+.

        

Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den nachstehenden Regelungen sowie nach den zwischen der Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitsunternehmen e. V. (INZ) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV).

        

Der Arbeitgeber ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Mitarbeiter die vorgenannten Tarifverträge jeweils für die Zukunft durch solche zu ersetzen, die von einem anderen für den Arbeitgeber zuständigen Arbeitgeberverband geschlossen wurden (Tarifwechsel kraft Inbezugnahme). Dies gilt insbesondere bei einer Fusion der Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitsunternehmen e. V. (INZ). In diesem Fall treten die von diesem anderen Arbeitgeberverband geschlossenen Tarifverträge hinsichtlich sämtlicher Regelungen dieses Arbeitsvertrages an die Stelle der vorgenannten Tarifverträge.

        

…       

        

14. Ausschluss von Ansprüchen

        

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten.

        

Unberührt hiervon bleiben Ansprüche aus unerlaubter Handlung.

        

Lehnt die Gegenpartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten.“

4

Am 26. April 2010 schlossen die Parteien rückwirkend zum 1. Januar 2010 eine von der Beklagten vorformulierte „Zusatzvereinbarung“, die lautet:

        

„Zwischen den Vertragsparteien besteht Einigkeit, dass ab dem 01.01.2010 (bei späterem Eintritt ab Beginn des Arbeitsverhältnisses) auf das bestehende Arbeitsverhältnis die Tarifverträge zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und den Einzelgewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Diese bestehen derzeit aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV). Der Tarifvertragspartner CGB tritt somit an die Stelle der unter Ziffer 1. des geschlossenen Arbeitsvertrages genannten Tarifvertragspartei Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP).

        

Alle übrigen getroffenen Regelungen des Arbeitsvertrages gelten fort, und bleiben von dieser Zusatzvereinbarung unberührt.“

5

Mit der am 27. Dezember 2010 eingereichten und mehrfach erweiterten Klage hat der Kläger zuletzt für die Jahre 2007 bis 2010 sowie den Monat Januar 2011 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben soll, verlangt und geltend gemacht, eine Ausschlussfrist habe er nicht einhalten müssen. Zur Höhe des Anspruchs hat sich der Kläger darauf berufen, bei der Entleiherin unmittelbar beschäftigte Ableser im Außendienst würden nach tariflichen Bestimmungen vergütet werden. Sie erhielten zudem ein 13. Monatsgehalt und eine jährliche Einmalzahlung.

6

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 43.620,87 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die fehlende Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung führe nur zur Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc, zumindest habe sie auf die Wirksamkeit der von der CGZP geschlossenen Tarifverträge vertrauen dürfen. Ab dem 1. Januar 2010 habe sie aufgrund der Inbezugnahme des mehrgliedrigen Tarifvertrags zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und Einzelgewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbunds vom 15. März 2010 von dem Gebot der Gleichbehandlung abweichen dürfen. Zudem seien Ansprüche des Klägers wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen. Schließlich habe der Kläger nicht dargelegt, dass es bei der Entleiherin überhaupt vergleichbare Stammarbeitnehmer gebe.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist begründet. Die Beklagte war nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, dem Kläger für die streitgegenständliche Zeit der Überlassung an ein Unternehmen des RWE-Konzerns das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt(I.). Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ist nicht verfallen (II.). In welcher Höhe dem Kläger Differenzvergütung zusteht, kann der Senat aufgrund fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO(III.).

10

I. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt („equal pay“). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das AÜG ein Abweichen durch Tarifvertrag, wobei im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können (§ 9 Nr. 2 AÜG) mit der Folge, dass der Entleiher grundsätzlich nur das tariflich vorgesehene Arbeitsentgelt gewähren muss (§ 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG). Eine solche zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Nr. 1 des ursprünglichen Arbeitsvertrags (fortan: Arbeitsvertrag) verweist auf unwirksame Tarifverträge, mit Nr. 1 des Arbeitsvertrags idF der Änderungsvereinbarung vom 26. April 2010 (fortan: Arbeitsvertrag 2010) werden die dort genannten Tarifverträge nicht wirksam in Bezug genommen.

11

1. Das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 AÜG wird nicht gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG durch Bezugnahme auf von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge(Nr. 1 Arbeitsvertrag) ausgeschlossen. Die CGZP konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen.

12

a) Nach den Entscheidungen des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302), dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) ist rechtskräftig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann festgestellt, dass die CGZP seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. BAG 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11 - Rn. 12; 23. Mai 2012 - 1 AZB 67/11 - Rn. 7).

13

b) Fehlt einer Tarifvertragspartei die Tariffähigkeit, kann sie allenfalls eine Kollektivvereinbarung ohne normative Wirkung, aber keinen Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 TVG abschließen(zur fehlenden Tarifzuständigkeit: BAG 17. April 2012 - 1 ABR 5/11 - Rn. 69). Trotz fehlender Tariffähigkeit abgeschlossene „Tarifverträge“ sind deshalb von Anfang an unwirksam (BAG 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 - Rn. 21 mwN, BAGE 120, 182; 27. November 1964 - 1 ABR 13/63 - zu B I der Gründe, BAGE 16, 329; ErfK/Franzen 13. Aufl. § 2 TVG Rn. 5; Schaub/Treber Arbeitsrechts-Handbuch 14. Aufl. § 198 Rn. 4). Davon geht auch § 97 Abs. 5 ArbGG aus. Die gesetzliche Anordnung, einen Rechtsstreit, der davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder deren Tarifzuständigkeit gegeben ist, bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wäre sinnlos, wenn die fehlende Tariffähigkeit oder die fehlende Tarifzuständigkeit lediglich zu einer Unwirksamkeit des Tarifvertrags ex nunc führen würde. Dementsprechend wird in dem als besonderes Beschlussverfahren ausgestalteten Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG nicht eine ursprünglich bestehende Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit „abgesprochen“, sondern lediglich das Fehlen der Fähigkeit oder der Zuständigkeit zum Abschluss eines Tarifvertrags festgestellt.

14

c) Die These vom fehlerhaften Tarifvertrag (HWK/Henssler 5. Aufl. § 1 TVG Rn. 21a), die in Anlehnung an die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Rückabwicklung die Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc annimmt, ist bei der Vereinbarung tariflicher Regelungen gemäß § 9 Nr. 2 AÜG ungeeignet. Denn es geht in diesem Falle nicht um die Rückabwicklung vollzogener Tarifverträge, sondern um die Rechtsfolge des Scheiterns einer vom Gesetz nach § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG eröffneten Gestaltungsmöglichkeit. Dabei muss nichts rückabgewickelt werden. Der Arbeitnehmer behält die bezogene Vergütung aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und erwirbt darüber hinaus nach § 10 Abs. 4 AÜG einen Anspruch auf die Differenz zu dem Entgelt, das er erhalten hätte, wenn das Gebot der Gleichbehandlung von Anfang an beachtet worden wäre. Dazu räumt § 13 AÜG dem Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiher ein.

15

d) Ein etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt.

16

Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen(BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; vgl. dazu auch BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 27 mwN). Die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP waren nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. Weder das Bundesarbeitsgericht noch Instanzgerichte haben in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren jemals die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. Die bloße Erwartung, das Bundesarbeitsgericht werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen (Koch SR 2012, 159, 161 mwN).

17

Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Die Tariffähigkeit der CGZP wurde bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert (vgl. Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN; Ulber NZA 2008, 438; Rolfs/Witschen DB 2010, 1180; Lunk/Rodenbusch RdA 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat.

18

2. Nr. 1 Arbeitsvertrag 2010 hat die Beklagte nicht von dem Gebot der Gleichbehandlung entbunden. Die Bezugnahmeklausel, mit der die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und - neben der CGZP - einer Reihe von (nicht, wie die Klausel suggeriert, allen) christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge vom 15. März 2010 (im Folgenden: AMP-TV 2010) vereinbart werden soll, ist intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

19

a) Bei den in Nr. 1 Arbeitsvertrag 2010 genannten Tarifverträgen handelt es sich nicht um ein einheitliches Tarifwerk (Einheitstarifvertrag), sondern, wie auch die Präambel zum AMP-TV 2010 festhält, um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag im engeren Sinne (zur Terminologie: BAG 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22, BAGE 120, 84). Bei diesem sind mehrere selbständige Tarifverträge in einer Urkunde zusammengefasst. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme erstreckt sich damit - sieht man von dem „Tarifwerk“ der CGZP ab - auf fünf eigenständige Tarifwerke, jeweils bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag. Mangels anderweitiger Regelung in der Klausel, etwa einer einsatzbezogenen Differenzierung der anzuwendenden Tarifwerke nach der Branche des Entleihers, muss der durchschnittliche Leiharbeitnehmer davon ausgehen, dass gleichzeitig mindestens fünf eigenständige Tarifwerke auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

20

Ob § 9 Nr. 2 AÜG eine derartige Vertragsgestaltung, mit der gleichsam mehrfach von der Tariföffnungsklausel Gebrauch gemacht werden soll, zulässt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Nr. 1 Arbeitsvertrag 2010 ist jedenfalls intransparent.

21

b) Nr. 1 Arbeitsvertrag 2010 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klausel ist unstreitig von der Beklagten für eine Vielzahl von Änderungsvereinbarungen vorformuliert und den Arbeitnehmern einseitig gestellt worden. Anhaltspunkte dafür, die Klausel sei zwischen den Parteien „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, dem Kläger die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25 f. mwN).

22

c) Verweist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz. Insbesondere arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf tarifliche Regelwerke, auch wenn sie dynamisch ausgestaltet sind, entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses (BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 22 mwN). Dass bei Vertragsschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des Transparenzgebots für Klauseln, die - wie im Regelfall - auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag oder ein bestimmtes bzw. bestimmbares tarifliches Regelwerk im Sinne einer Einheit aus Mantel-, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen verweisen, ausreichend (vgl. BAG 21. November 2012 - 4 AZR 85/11 - Rn. 35 mwN). Doch bedarf eine Bezugnahmeklausel wie die streitgegenständliche, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, zur Gewährleistung ihrer hinreichenden Bestimmtheit einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll. Andernfalls lässt sich nicht für jeden Zeitpunkt bestimmen, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke sich jeweils durchsetzen und gelten soll. Fehlt in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsregel, besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen dieser Unklarheit seine Rechte nicht wahrnimmt. Gerade dies will das Bestimmtheitsgebot verhindern (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13, 16 mwN).

23

d) Nach diesen Grundsätzen verstößt Nr. 1 Arbeitsvertrag 2010 gegen das Transparenzgebot. Die Klausel enthält keine Kollisionsregel. Der Leiharbeitnehmer kann aus ihr nicht ersehen, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben und bei welcher - für das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 AÜG maßgeblichen - Überlassung gelten soll. Er kann außerdem anhand der Klausel und der gemäß § 8 TVG im Betrieb auszulegenden Tarifverträge nicht ermitteln, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei einer bestimmten Überlassung eine Vereinbarung „im Geltungsbereich“ eines Tarifvertrags iSv. § 9 Nr. 2 AÜG ist. Denn die AMP-TV 2010 enthalten neben dem räumlichen, fachlichen und persönlichen einen „organisatorischen“ Geltungsbereich, der sich nur aus den Satzungen der Arbeitnehmervereinigungen erschließen lässt.

24

Unerheblich ist, dass bei der Vereinbarung der Klausel die tariflichen Regelwerke noch inhaltsgleich waren (aA Stoffels/Bieder RdA 2012, 27, 34). Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss für die Dauer des Arbeitsverhältnisses erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 331/11 - Rn. 21 mwN). Er kann weder auf eine ständige Beobachtung der Tariflandschaft im Arbeitnehmerüberlassungsgewer-be, noch zu Spekulationen darüber verpflichtet werden, welches von mehreren tariflichen Regelwerken zu einem bestimmten Zeitpunkt auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll.

25

II. Der Anspruch des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt ist nicht verfallen.

26

1. Der Kläger war nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP oder aus dem nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen AMP-TV 2010 einzuhalten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Regelungen zu Ausschlussfristen in Tarifverträgen der Arbeitnehmerüberlassungsbranche überhaupt den Anspruch auf gleiches Entgelt erfassen (vgl. dazu LAG Düsseldorf 29. August 2012 - 12 Sa 576/12 - Rn. 132, rkr.).

27

Eine Ausschlussfristenregelung in einem unwirksamen CGZP-Tarifver-trag ist auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (aA Löwisch SAE 2013, 11). Arbeitsvertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, nur ein wirksamer Tarifvertrag habe vereinbart werden sollen (BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Das ist vorliegend der Fall. Nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag konnte die Beklagte als Klauselverwenderin den Zweck der Bezugnahme - das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG - erreichen.

28

2. Ob Nr. 14 Arbeitsvertrag eine eigenständige, bei Unwirksamkeit der in Bezug genommenen „Tarifverträge“ zum Tragen kommende vertragliche Ausschlussfristenregelung enthält, kann dahingestellt bleiben. Als solche würde sie einer AGB-Kontrolle nicht standhalten. Die Kürze der Fristen auf beiden Stufen benachteiligte den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB(vgl. dazu im Einzelnen: BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19).

29

III. In welcher Höhe dem Kläger Differenzvergütung zusteht, kann der Senat nicht entscheiden. Das Landesarbeitsgericht ist - aus seiner Sicht konsequent - dem Sachvortrag der Parteien zur Höhe des vergleichbaren Stammarbeitnehmern von der Entleiherin gewährten Arbeitsentgelts nicht nachgegangen und hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Im erneuten Berufungsverfahren wird Folgendes zu beachten sein:

30

1. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die vertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit jeder Überlassung entsteht und jeweils für die Dauer der Überlassung besteht. Er richtet sich nach dem im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer geltenden Arbeitsentgelt. Der Anspruch setzt dabei nicht stets voraus, dass während der Überlassung auch tatsächlich vergleichbare Stammarbeitnehmer beschäftigt sind. Wendet der Entleiher in seinem Betrieb ein allgemeines Entgeltschema an, kann auf die fiktive Eingruppierung des Leiharbeitnehmers in dieses Entgeltschema abgestellt werden. Maßstab ist in diesem Falle das Arbeitsentgelt, das der Leiharbeitnehmer erhalten hätte, wenn er für die gleiche Tätigkeit unmittelbar beim Entleiher eingestellt worden wäre. Das gebietet schon die unionsrechtskonforme Auslegung des § 10 Abs. 4 AÜG im Lichte des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (fortan: RL). Es fehlt zudem jeglicher Anhaltspunkt, dass nach nationalem Recht der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt entfallen soll, wenn der Entleiher für eine bestimmte Tätigkeit nur noch Leih-, aber keine Stammarbeitnehmer mehr beschäftigt (im Ergebnis hM, vgl. ErfK/Wank 13. Aufl. § 3 AÜG Rn. 15 f. mwN; Pelzner/Kock in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 3 Rn. 79 mwN; Schüren in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 121 ff. mwN; J. Ulber in Ulber AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 66 ff. mwN).

31

Deshalb kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darauf an, ob die Entleiherin im Streitzeitraum eigene Arbeitnehmer als Ableser einsetzte. Der Kläger hat dargelegt, dass die Entleiherin ein allgemeines Entgeltschema, nämlich die Tarifverträge der Tarifgruppe RWE, anwendet. Trifft diese Behauptung zu, ist damit maßgeblich das Entgelt, das der Kläger nach den einschlägigen tariflichen Bestimmungen erhalten hätte, wenn er als Ableser bei der Entleiherin angestellt gewesen wäre.

32

2. Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen(BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 35 f., BAGE 137, 249). Dabei ist der Begriff des Arbeitsentgelts in § 10 Abs. 4 AÜG national zu bestimmen(Art. 3 Abs. 2 RL)und, wie die beispielhafte Aufzählung in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/25 S. 38) belegt, weit auszulegen. Zu ihm zählt nicht nur das laufende Arbeitsentgelt, sondern jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund gesetzlicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss (im Ergebnis ganz hM, vgl. etwa ErfK/Wank 13. Aufl. § 10 AÜG Rn. 13 f. mwN; Pelzner/Kock in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 3 Rn. 70 ff. mwN; J. Ulber in Ulber AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 46 ff. mwN). In den Gesamtvergleich werden deshalb Leistungen der Entleiherin wie ein 13. Monatsgehalt und eine tarifliche Sonderzahlung, aber auch der von der Beklagten gewährte Zuschuss zu vermögenswirksamen Leistungen einzubeziehen sein.

33

3. Sollte der Kläger die zwischenzeitlich eingeholte, in der Revisionsinstanz als neuer Sachvortrag nicht berücksichtigungsfähige Auskunft der Entleiherin in das erneute Berufungsverfahren einführen, kann dies Auswirkung auf die Darlegungslast haben. Denn der Leiharbeitnehmer kann der Darlegungslast für die Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt auch dadurch genügen, dass er sich auf eine ihm nach § 13 AÜG erteilte Auskunft beruft und diese in den Prozess einführt. Die - ordnungsgemäße - Auskunft des Entleihers über das einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer gewährte Arbeitsentgelt ist das gesetzlich vorgesehene Mittel, das dem Leiharbeitnehmer ermöglichen soll, die Einhaltung des Gebots der Gleichbehandlung zu überprüfen und die Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG zu berechnen(vgl. BT-Drucks. 15/25 S. 39; Brors in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 13 Rn. 1 mwN). Es obliegt sodann im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast dem Verleiher, die maßgeblichen Umstände der Auskunft in erheblicher Art und im Einzelnen zu bestreiten. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt der Inhalt der vom Leiharbeitnehmer vorgetragenen Auskunft als zugestanden. Soweit es dem Verleiher gelingt, die Auskunft des Entleihers zu erschüttern, bleibt es bei dem Grundsatz, dass der Anspruchsteller die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen und beweisen muss (vgl. BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 36, BAGE 137, 249).

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    A. Christen    

        

    Busch    

                 

(1) Unwirksam sind:

1.
Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat; der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wird nicht unwirksam, wenn der Leiharbeitnehmer schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so beginnt die Frist mit Eintritt der Unwirksamkeit,
1a.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn entgegen § 1 Absatz 1 Satz 5 und 6 die Arbeitnehmerüberlassung nicht ausdrücklich als solche bezeichnet und die Person des Leiharbeitnehmers nicht konkretisiert worden ist, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
1b.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern mit dem Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Absatz 1b, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
2.
Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer schlechtere als die ihm nach § 8 zustehenden Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen,
2a.
Vereinbarungen, die den Zugang des Leiharbeitnehmers zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten im Unternehmen des Entleihers entgegen § 13b beschränken,
3.
Vereinbarungen, die dem Entleiher untersagen, den Leiharbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeitsverhältnis zum Verleiher nicht mehr besteht; dies schließt die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung zwischen Verleiher und Entleiher für die nach vorangegangenem Verleih oder mittels vorangegangenem Verleih erfolgte Vermittlung nicht aus,
4.
Vereinbarungen, die dem Leiharbeitnehmer untersagen, mit dem Entleiher zu einem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nicht mehr besteht, ein Arbeitsverhältnis einzugehen,
5.
Vereinbarungen, nach denen der Leiharbeitnehmer eine Vermittlungsvergütung an den Verleiher zu zahlen hat.

(2) Die Erklärung nach Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 1b (Festhaltenserklärung) ist nur wirksam, wenn

1.
der Leiharbeitnehmer diese vor ihrer Abgabe persönlich in einer Agentur für Arbeit vorlegt,
2.
die Agentur für Arbeit die abzugebende Erklärung mit dem Datum des Tages der Vorlage und dem Hinweis versieht, dass sie die Identität des Leiharbeitnehmers festgestellt hat, und
3.
die Erklärung spätestens am dritten Tag nach der Vorlage in der Agentur für Arbeit dem Ver- oder Entleiher zugeht.

(3) Eine vor Beginn einer Frist nach Absatz 1 Nummer 1 bis 1b abgegebene Festhaltenserklärung ist unwirksam. Wird die Überlassung nach der Festhaltenserklärung fortgeführt, gilt Absatz 1 Nummer 1 bis 1b. Eine erneute Festhaltenserklärung ist unwirksam. § 28e Absatz 2 Satz 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt unbeschadet der Festhaltenserklärung.

(1) Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt sowie bei Arbeitsentgelt, das aus dem aus Arbeitszeitguthaben abgeleiteten Entgeltguthaben errechnet wird, entstehen die Beitragsansprüche, sobald dieses ausgezahlt worden ist. Satz 2 gilt nicht, soweit das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt nur wegen eines Insolvenzereignisses im Sinne des § 165 Absatz 1 des Dritten Buches vom Arbeitgeber nicht ausgezahlt worden ist oder die Beiträge für aus Arbeitszeitguthaben abgeleiteten Entgeltguthaben schon aus laufendem Arbeitsentgelt gezahlt wurden.

(2) Treffen beitragspflichtige Einnahmen aus mehreren Versicherungsverhältnissen zusammen und übersteigen sie die für das jeweilige Versicherungsverhältnis maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze, so vermindern sie sich zum Zwecke der Beitragsberechnung nach dem Verhältnis ihrer Höhe so zueinander, dass sie zusammen höchstens die Beitragsbemessungsgrenze erreichen. Die beitragspflichtigen Einnahmen aus dem jeweiligen Versicherungsverhältnis sind vor der Verhältnisrechnung nach Satz 1 auf die maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze zu reduzieren. Für die knappschaftliche Rentenversicherung und die allgemeine Rentenversicherung sind die Berechnungen nach Satz 1 getrennt durchzuführen. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für Personen, die als ehemalige Soldaten auf Zeit Übergangsgebührnisse beziehen (§ 166 Absatz 1 Nummer 1c des Sechsten Buches).

(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind ferner ausschließlich zuständig für

1.
Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz, soweit nicht für Maßnahmen nach seinen §§ 119 bis 121 die Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
2.
Angelegenheiten aus dem Sprecherausschußgesetz, soweit nicht für Maßnahmen nach seinen §§ 34 bis 36 die Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
3.
Angelegenheiten aus dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz und dem Drittelbeteiligungsgesetz, soweit über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat und über ihre Abberufung mit Ausnahme der Abberufung nach § 103 Abs. 3 des Aktiengesetzes zu entscheiden ist;
3a.
Angelegenheiten aus den §§ 177, 178 und 222 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
3b.
Angelegenheiten aus dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, soweit nicht für Maßnahmen nach seinen §§ 43 bis 45 die Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
3c.
Angelegenheiten aus § 51 des Berufsbildungsgesetzes;
3d.
Angelegenheiten aus § 10 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes;
3e.
Angelegenheiten aus dem SE-Beteiligungsgesetz vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3675, 3686) mit Ausnahme der §§ 45 und 46 und nach den §§ 34 bis 39 nur insoweit, als über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan sowie deren Abberufung mit Ausnahme der Abberufung nach § 103 Abs. 3 des Aktiengesetzes zu entscheiden ist;
3f.
Angelegenheiten aus dem SCE-Beteiligungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1911, 1917) mit Ausnahme der §§ 47 und 48 und nach den §§ 34 bis 39 nur insoweit, als über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan sowie deren Abberufung zu entscheiden ist;
3g.
Angelegenheiten aus dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3332) in der jeweils geltenden Fassung mit Ausnahme der §§ 34 und 35 und nach den §§ 23 bis 28 nur insoweit, als über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan sowie deren Abberufung mit Ausnahme der Abberufung nach § 103 Abs. 3 des Aktiengesetzes zu entscheiden ist;
3h.
Angelegenheiten aus dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung vom 4. Januar 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 10) in der jeweils geltenden Fassung mit Ausnahme der §§ 38 und 39 und nach den §§ 25 bis 30 nur insoweit, als über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan sowie deren Abberufung mit Ausnahme der Abberufung nach § 103 Absatz 3 des Aktiengesetzes zu entscheiden ist;
4.
die Entscheidung über die Tariffähigkeit und die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung;
5.
die Entscheidung über die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 des Tarifvertragsgesetzes, einer Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und einer Rechtsverordnung nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes;
6.
die Entscheidung über den nach § 4a Absatz 2 Satz 2 des Tarifvertragsgesetzes im Betrieb anwendbaren Tarifvertrag.

(2) In Streitigkeiten nach diesen Vorschriften findet das Beschlußverfahren statt.

(1) Der Arbeitgeber hat für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren, Entgeltunterlagen im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28p) folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Satz 1 gilt nicht hinsichtlich der Beschäftigten in privaten Haushalten. Die landwirtschaftliche Krankenkasse kann wegen der mitarbeitenden Familienangehörigen Ausnahmen zulassen. Für die Aufbewahrung der Beitragsabrechnungen und der Beitragsnachweise gilt Satz 1.

(1a) Bei der Ausführung eines Dienst- oder Werkvertrages im Baugewerbe oder durch Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, die im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig sind und im Auftrag eines anderen Unternehmers Pakete befördern, hat der Unternehmer die Entgeltunterlagen und die Beitragsabrechnung so zu gestalten, dass eine Zuordnung der Arbeitnehmer, des Arbeitsentgelts und des darauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrags zu dem jeweiligen Dienst- oder Werkvertrag möglich ist. Die Pflicht nach Satz 1 ruht für einen Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, der im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig ist, solange er eine Präqualifikation oder eine Unbedenklichkeitsbescheinigung im Sinne von § 28e Absatz 3f Satz 1 und 2 oder eine Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 150 Absatz 3 Satz 2 des Siebten Buches vorlegen kann.

(1b) Hat ein Arbeitgeber keinen Sitz im Inland, hat er zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Satz 1 einen Bevollmächtigten mit Sitz im Inland zu bestellen. Als Sitz des Arbeitgebers gilt der Beschäftigungsbetrieb des Bevollmächtigten im Inland, in Ermangelung eines solchen der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Bevollmächtigten. Im Fall von Satz 2 zweiter Halbsatz findet § 98 Absatz 1 Satz 4 des Zehnten Buches keine Anwendung.

(2) Hat ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt und können dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden, kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen. Satz 1 gilt nicht, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt eines Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mitzuberücksichtigen. Der prüfende Träger der Rentenversicherung hat einen auf Grund der Sätze 1, 3 und 4 ergangenen Bescheid insoweit zu widerrufen, als nachträglich Versicherungs- oder Beitragspflicht oder Versicherungsfreiheit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgelts nachgewiesen werden. Die von dem Arbeitgeber auf Grund dieses Bescheides geleisteten Zahlungen sind insoweit mit der Beitragsforderung zu verrechnen.

(3) Der Arbeitgeber hat der Einzugsstelle einen Beitragsnachweis zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge durch Datenübertragung zu übermitteln; dies gilt nicht hinsichtlich der Beschäftigten in privaten Haushalten bei Verwendung von Haushaltsschecks. Übermittelt der Arbeitgeber den Beitragsnachweis nicht zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge, so kann die Einzugsstelle das für die Beitragsberechnung maßgebende Arbeitsentgelt schätzen, bis der Nachweis ordnungsgemäß übermittelt wird. Der Beitragsnachweis gilt für die Vollstreckung als Leistungsbescheid der Einzugsstelle und im Insolvenzverfahren als Dokument zur Glaubhaftmachung der Forderungen der Einzugsstelle. Im Beitragsnachweis ist auch die Steuernummer des Arbeitgebers anzugeben, wenn der Beitragsnachweis die Pauschsteuer für geringfügig Beschäftigte enthält.

(4) (weggefallen)

(1) Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so gilt das Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt. Für das Arbeitsverhältnis nach Satz 1 gilt die zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehene Arbeitszeit als vereinbart. Im übrigen bestimmen sich Inhalt und Dauer dieses Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen; sind solche nicht vorhanden, gelten diejenigen vergleichbarer Betriebe. Der Leiharbeitnehmer hat gegen den Entleiher mindestens Anspruch auf das mit dem Verleiher vereinbarte Arbeitsentgelt.

(2) Der Leiharbeitnehmer kann im Fall der Unwirksamkeit seines Vertrags mit dem Verleiher nach § 9 von diesem Ersatz des Schadens verlangen, den er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer den Grund der Unwirksamkeit kannte.

(3) Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 unwirksam ist, so hat er auch sonstige Teile des Arbeitsentgelts, die bei einem wirksamen Arbeitsvertrag für den Leiharbeitnehmer an einen anderen zu zahlen wären, an den anderen zu zahlen. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(4) und (5) weggefallen

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 21. September 2012 - 6 Sa 33/12 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 23. November 2011 - 2 Ca 250/11 - abgeändert, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger Fahrtkostenersatz iHv. 4.537,50 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2010 zu zahlen, und die Klage insoweit abgewiesen.

3. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Der 1948 geborene Kläger ist - jedenfalls - seit dem 7. November 2005 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und seither einem Unternehmen des R-Konzerns, zuletzt seit dem 15. Juli 2007 der R GmbH, als Zählerableser überlassen. Der Kläger erhielt im Jahr 2008 einen Bruttostundenlohn von 9,07 Euro, im Jahr 2009 einen solchen von 9,25 Euro. Außerdem zahlte ihm die Beklagte für die Benutzung des Privat-Pkws eine Fahrtkostenerstattung iHv. 0,20 Euro pro im Einsatz gefahrenen Kilometer.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag zunächst ein Formulararbeitsvertrag vom 18. Februar 2005 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

„1. Gegenstand und Bezugnahme auf Tarifvertrag

        
        

…       

        
        

Der Mitarbeiter ist eingestellt als

        
        

Außendienstmitarbeiter,

        
        

Der Mitarbeiter wird aufgrund der notwendigen Qualifikation für die im Kundeneinsatz ausgeübte Tätigkeit entsprechend des nachfolgend genannten Entgeltrahmentarifvertrages wie folgt eingruppiert:

        
        

Entgeltgruppe:

AWE 4+

        

Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den nachstehenden Regelungen sowie nach den zwischen der Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitsunternehmen e. V. (INZ) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV).

        
        

Der Arbeitgeber ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Mitarbeiter die vorgenannten Tarifverträge jeweils für die Zukunft durch solche zu ersetzen, die von einem anderen für den Arbeitgeber zuständigen Arbeitgeberverband geschlossen wurden (Tarifwechsel kraft Inbezugnahme). Dies gilt insbesondere bei einer Fusion der Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitsunternehmen e. V. (INZ). In diesem Fall treten die von diesem anderen Arbeitgeberverband geschlossenen Tarifverträge hinsichtlich sämtlicher Regelungen des Arbeitsvertrages an die Stelle der vorgenannten Tarifverträge.

        
        

…       

        
        

5. Arbeitszeit

        
        

Als regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich Pausen werden 35,00 Stunden vereinbart.

        
        

…       

        
        

Lage, Beginn, Ende und Dauer der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit sowie die Lage und Dauer der Pausen richten sich nach den in dem Betrieb des jeweiligen Kunden geltenden betrieblichen Regelungen, im Übrigen nach den Bestimmungen der in 1. genannten Tarifverträge. Der jeweilige Arbeitszeitbeginn ist als Beginn der Verpflichtung zur Arbeitsleistung selbst zu verstehen und nicht als Eintreffen im Kundenbetrieb bzw. am Arbeitsplatz.

        
        

…       

        
        

6.4 Zahlung

        
        

Die Vergütung wird nach Abzug der gesetzlichen Beiträge, wie Steuern und Sozialversicherung, monatlich bis spätestens zum 20. des Folgemonats auf ein vom Mitarbeiter anzugebendes Konto überwiesen.

        
        

…       

        
        

14. Ausschluss von Ansprüchen

        
        

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind; dies gilt nicht wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten.

        
        

Unberührt hiervon bleiben Ansprüche aus unerlaubter Handlung.

        
        

Lehnt die Gegenpartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten.

        
        

…       

        
        

19. Sonstige Vereinbarungen

        
        

Das Arbeitsverhältnis besteht bereits seit 15. November 2004.“

        
                          
4

Am 26. April 2010 schlossen die Parteien rückwirkend zum 1. Januar 2010 eine von der Beklagten vorformulierte „Zusatzvereinbarung“, die lautet:

        

„Zwischen den Vertragsparteien besteht Einigkeit, dass ab dem 01.01.2010 (bei späterem Eintritt ab Beginn des Arbeitsverhältnisses) auf das bestehende Arbeitsverhältnis die Tarifverträge zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und den Einzelgewerkschaften des christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Diese bestehen derzeit aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV). Der Tarifvertragspartner CGB tritt somit an die Stelle der unter Ziffer 1. des geschlossenen Arbeitsvertrages genannten Tarifvertragspartei Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP).

        

Alle übrigen getroffenen Regelungen des Arbeitsvertrages gelten fort und bleiben von dieser Zusatzvereinbarung unberührt.“

5

Auf Anfrage des Klägers erteilte ihm die R AG mit Schreiben vom 21. Oktober 2011 folgende Auskunft:

        

„Sehr geehrter Herr G,

        

Sie sind seit dem 15. Juli 2007 im Wege der Arbeitnehmerüberlassung als Zählerableser eingesetzt.

        

Wenn wir die Aufgabe hätten, sie einzugruppieren, entspräche Ihre aktuelle Tätigkeit der Eingruppierung A4 / Basis nach MTV.

        

Tarifgruppe

Grundvergütung

Sonderzahlung

        
        

A4 / Basis

2.355,00 €

353,00 €

        
                                            
        

Die Grundvergütung wird 13-mal je Jahr gezahlt, zudem gibt es die Sonderzahlung einmalig je Jahr.

        

Die Spesen und Fahrtkosten werden entsprechend der individuellen Aufwendungen nach der gültigen Reisekostenregelung der RWE vergütet.

        

Zur Einsicht haben wir eine Abschrift des MTV der Tarifgruppe RWE vom 27. März 2006 sowie den aktuellen Vergütungstarifvertrag und die Reisekostenordnung der RWE als Anlage beigefügt.

        

…“    

6

Der Manteltarifvertrag der Tarifgruppe RWE vom 27. März 2006 (fortan: MTV RWE) sieht eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden im Durchschnitt vor und bestimmt zur Vergütung ua.:

        

„§ 16 Vergütungsordnung

        

1.    

Alle Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des MTV fallen, werden nach einer einheitlichen Vergütungsordnung, die 16 Vergütungsgruppen umfasst, entlohnt.

                 

Dabei sind die:

                 

-       

VG A 1 bis A 4 für Tätigkeiten im un- und angelernten Bereich;

                 

-       

VG B 1 bis B 4 für Tätigkeiten, die in der Regel eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf voraussetzen;

                          

…       

                 

Die Verweildauer in der Basisvergütung der jeweiligen Vergütungsgruppe beträgt max. 36 volle Kalendermonate für die VG Gruppen A und B und max. 48 volle Kalendermonate für die VG Gruppen C und D.

                 

…       

        

2.    

Jeder Vergütungsgruppe wird eine Starteingruppierung mit einer Absenkung von 8 % der Basisvergütung zugeordnet. Neu eingestellte Arbeitnehmer und übernommene Ausgebildete werden nach der Startvergütung der jeweils maßgeblichen Vergütungsgruppe für die Verweildauer von max. 24 vollen Kalendermonaten vergütet. Die Starteingruppierung findet keine Anwendung bei Umgruppierungen.

        

3.    

Jeder Vergütungsgruppe sind vier Erfahrungsstufen, die jeweils 4 % Steigerung für die VG-Gruppen A und B und jeweils 3,5 % für die VG-Gruppen C und D der Basisvergütung betragen, zugeordnet.

                 

Die Verweildauer je Erfahrungsstufe beträgt max. 36 volle Kalendermonate für die VG-Gruppen A und B und max. 48 volle Kalendermonate für die VG-Gruppen C und D.“

7

Die Vergütungsgruppe A 4 ist in der Anlage 1 zum MTV RWE wie folgt definiert:

        

„Tätigkeiten, die eine gründliche und umfassende betriebliche bzw. fachliche Einweisung und Einarbeitung erfordern.“

8

Mit der am 8. Juni 2011 eingereichten Klage hat der Kläger für die Jahre 2008 und 2009 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben soll, verlangt. Zur Höhe des Anspruchs hat sich der Kläger darauf berufen, seine Tätigkeit bei der Entleiherin unterfalle entsprechend der Auskunft der R AG der Vergütungsgruppe A 4 MTV RWE. Vergleichbare Stammarbeitnehmer erhielten zudem ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Bruttomonatsgehalts, eine jährliche Sonderzuwendung und steuerfreie Fahrgelder iHv. 0,30 Euro oder 0,33 Euro pro gefahrenen Kilometer.

9

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen,

        

1.    

an den Kläger 17.957,08 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2010 zu zahlen,

        

2.    

an den Kläger Fahrtkostenersatz iHv. 4.537,50 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2010 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, ein Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt sei nicht entstanden, zumindest verfallen. Zudem habe der Kläger die Höhe des Anspruchs nicht ausreichend dargelegt. Auf die von der R AG erteilte Auskunft könne er sich nicht stützen, weil diese nicht Entleiherin sei.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klage ist unbegründet, soweit der Kläger unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG weiteren Fahrtkostenersatz begehrt(Klageantrag zu 2.). Im Übrigen tragen die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Höhe der ausgeurteilten Forderung nicht. Dies führt insoweit zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht.

13

I. Der Klageantrag zu 2. ist unbegründet.

14

1. Echter Aufwendungsersatz ist kein Arbeitsentgelt. Er ist auch keine wesentliche Arbeitsbedingung iSv. § 10 Abs. 4 AÜG. Solche sind ausschließlich die in Art. 3 Abs. 1 Buchst. f, i der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (fortan: RL) genannten Regelungsgegenstände (BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 29, BAGE 137, 249). Dazu gehört Aufwendungsersatz nicht. Nur soweit sich Aufwendungsersatz als „verschleiertes“ und damit steuerpflichtiges Arbeitsentgelt darstellt, ist er beim Gesamtvergleich der Entgelte zu berücksichtigen (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 37).

15

2. Der Kläger hat die Zahlung weiteren Bruttoentgelts in Form steuerlich nicht begünstigter Fahrgelder nicht substantiiert dargelegt. Er hat in der Klageschrift vorgetragen, „die R AG“ zahle ihren Außendienstmitarbeitern steuerfreie Fahrgelder iHv. 0,30 Euro für jeden gefahrenen Kilometer. Damit hat er die Gewährung von echtem Aufwendungsersatz behauptet und - wie die Vorinstanzen - lediglich verkannt, dass solcher nicht von § 10 Abs. 4 AÜG umfasst ist. Später hat er vorgebracht, bei der Entleiherin würden Fahrtkosten „nach der gültigen Reisekostenregelung der RWE vergütet“. Unter Berufung auf diese hat der Kläger behauptet, es würden 0,33 Euro pro Kilometer erstattet. Dem widerspricht die vom Kläger nur auszugsweise vorgelegte „Inlands-Reisekostenordnung der RWE Energie AG“ - Stand 1. April 2000 -. Dort heißt es in der Druckfassung: „Bei genehmigter Benutzung privateigener Pkw werden 60 Dpf/km überwiesen.“ Wer mit welcher Berechtigung den Betrag durchgestrichen und handschriftlich in „0.33 €/km“ abgeändert hat, erklärt sich weder aus der Anlage noch aus dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers. Dementsprechend ist das Arbeitsgericht - und ihm folgend das Landesarbeitsgericht - von einer Fahrtkostenerstattung bei der Entleiherin iHv. 0,60 DM/km ausgegangen, hat diese in 0,3067751287 Euro umgerechnet und auf die zugesprochenen 0,31 Euro je Kilometer aufgerundet. Dass die Entleiherin dies tatsächlich so gehandhabt und es nicht, wie ursprünglich vom Kläger behauptet, bei 0,30 Euro - steuerlich privilegiert - belassen hätte, ergibt sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen nicht.

16

II. In welchem Umfang der Klageantrag zu 1. begründet ist, steht noch nicht fest. Die Beklagte ist nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, dem Kläger für die streitgegenständliche Zeit der Überlassung an ein Unternehmen des R-Konzerns das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährte. Der Kläger war nicht gehalten, Ausschlussfristen einzuhalten. In welcher Höhe dem Kläger Differenzvergütung zusteht, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

17

1. Der Kläger hat für die streitgegenständliche Zeit der Überlassung an ein Unternehmen des R-Konzerns Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG. Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Nr. 1 Arbeitsvertrag verweist auf wegen der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP unwirksame Tarifverträge. Die Zusatzvereinbarung vom 26. April 2010 könnte die Beklagte allenfalls für die - nicht streitgegenständliche - Zeit ab dem 1. Januar 2010 von der Pflicht zur Gleichbehandlung entbinden. Sie ist aber mit dem von der Beklagten gewollten Inhalt intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam(vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 11 ff., 18).

18

2. Der Anspruch des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt ist nicht verfallen.

19

a) Der Kläger war nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP oder aus den nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen Tarifverträgen zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und Einzelgewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbunds vom 15. März 2010 (fortan: AMP-TV 2010) einzuhalten. Derartige „tarifliche“ Ausschlussfristenregelungen sind auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 21 f.). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Ausschlussfristen aus dem AMP-TV 2010 überhaupt den vor Abschluss der Zusatzvereinbarung vom 26. April 2010 in allen Monatsraten fällig gewordenen Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt für den Überlassungszeitraum 2008 und 2009 erfassen könnten (vgl. zu den Anforderungen einer rückwirkend sein sollenden tariflichen Ausschlussklausel BAG 26. September 1990 - 5 AZR 218/90 - BAGE 66, 79).

20

Etwas anderes ergibt sich nicht aus Nr. 14 Arbeitsvertrag. Diese Klausel regelt lediglich eine mögliche Kollision von arbeitsvertraglicher und tarifvertraglicher Ausschlussfrist (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 40; 25. September 2013 - 5 AZR 778/12 - Rn. 14 ff.; 23. Oktober 2013 - 5 AZR 556/12 - Rn. 14).

21

b) Ob Nr. 14 Arbeitsvertrag eine eigenständige, bei Unwirksamkeit der in Bezug genommenen „Tarifverträge“ oder bei einer unwirksamen Bezugnahme auf Tarifverträge zum Tragen kommende vertragliche Ausschlussfristenregelung enthält, kann dahingestellt bleiben. Als solche würde sie einer AGB-Kontrolle nicht standhalten. Die Kürze der Fristen auf beiden Stufen benachteiligte den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB(vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66).

22

c) Soweit die Beklagte erstmals in der Revisionsinstanz einwendet, der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt für den Überlassungszeitraum 2008 und 2009 sei nach den Regelungen eines mit Wirkung zum 1. Mai 2011 geschlossenen Arbeitsvertrags (Arbeitsvertrag 2011), der die Tarifverträge zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personaldienstleistungen e.V. (BZA) und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit in Bezug nimmt, verfallen, trifft das nicht zu. Es kann somit offenbleiben, ob das entsprechende Vorbringen der Beklagten überhaupt nach § 559 ZPO berücksichtigungsfähig ist.

23

Nr. 14 Arbeitsvertrag 2011 bestimmt, dass sich der Verfall von Ansprüchen abweichend von etwaigen Tarifregelungen ausschließlich nach der arbeitsvertraglichen Regelung richtet. Danach verfallen sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Die Klausel erfasst (nur) Ansprüche, die nach Abschluss des Arbeitsvertrags 2011 fällig geworden sind. Dies folgt aus Nr. 2 Arbeitsvertrag 2011, in der es heißt, der Mitarbeiter werde zum 1. Mai 2011 eingestellt. Im Übrigen wäre die Klausel mit dem von der Beklagten gewollten Inhalt nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligte. Der zeitlich nicht bzw. nicht wirksam beschränkte und lediglich mit der Verjährungseinrede behaftete Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt für den Überlassungszeitraum 2008 und 2009 würde nachträglich zeitlich begrenzt, ohne dass der Gläubiger eine faire Chance gehabt hätte, seine Ansprüche durchzusetzen. Die Frist zur Geltendmachung des Anspruchs war bei Inkrafttreten der Ausschlussklausel des Arbeitsvertrags 2011 längst abgelaufen.

24

3. In welcher Höhe dem Kläger Differenzvergütung zusteht, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das führt insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Im erneuten Berufungsverfahren wird Folgendes zu beachten sein:

25

a) Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass es entgegen der Auffassung der Beklagten unerheblich ist, ob die Entleiherin tatsächlich vergleichbare Stammarbeitnehmer beschäftigt. Wendet der Entleiher in seinem Betrieb ein allgemeines Entgeltschema an, kann auf die fiktive Eingruppierung des Leiharbeitnehmers in dieses Entgeltschema abgestellt werden. Maßstab ist in diesem Fall das Arbeitsentgelt, das der Leiharbeitnehmer erhalten hätte, wenn er für die gleiche Tätigkeit beim Entleiher eingestellt worden wäre. Das gebietet schon die unionsrechtskonforme Auslegung des § 10 Abs. 4 AÜG im Lichte des Art. 5 Abs. 1 RL. Es fehlt zudem jeglicher Anhaltspunkt, dass nach nationalem Recht der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt entfallen soll, wenn der Entleiher für eine bestimmte Tätigkeit nur noch Leih-, aber keine Stammarbeitnehmer mehr beschäftigt (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 24 mwN).

26

Nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts wendet die Entleiherin ein allgemeines Entgeltschema, nämlich die Tarifverträge der Tarifgruppe RWE an. Maßgeblich ist damit das Entgelt, das der Kläger erhalten hätte, wenn er für die gleiche Tätigkeit bei der Entleiherin eingestellt worden wäre.

27

b) Hinsichtlich der Höhe des Vergleichsentgelts ist das Landesarbeitsgericht zu Recht von einer - fiktiven - Eingruppierung des Klägers in die Vergütungsgruppe A 4 MTV RWE ausgegangen.

28

aa) Der Leiharbeitnehmer genügt zunächst der ihm obliegenden Darlegungslast für die Höhe des Anspruchs, wenn er sich auf eine ihm nach § 13 AÜG erteilte Auskunft beruft und diese in den Prozess einführt. Denn die - ordnungsgemäße - Auskunft des Entleihers über das einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer gewährte Arbeitsentgelt ist das gesetzlich vorgesehene Mittel, das dem Leiharbeitnehmer ermöglichen soll, die Einhaltung des Gebots der Gleichbehandlung zu überprüfen und die Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG zu berechnen. Es obliegt sodann im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast dem Verleiher, die maßgeblichen Umstände der Auskunft in erheblicher Art und im Einzelnen zu bestreiten. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt der Inhalt der vom Leiharbeitnehmer vorgetragenen Auskunft als zugestanden (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 146/12 - Rn. 22).

29

bb) Nach dem vom Kläger vorgelegten Schreiben der R AG vom 21. Oktober 2011 wäre der Kläger bei einer Einstellung unmittelbar bei der Entleiherin nach der Vergütungsgruppe A 4 / Basis vergütet worden. Dieses Schreiben ist eine ordnungsgemäße Auskunft iSv. § 13 AÜG.

30

(1) Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger der R GmbH zur Arbeitsleistung überlassen war, die Auskünfte aber von der R AG erteilt wurden.

31

Die Auskunft nach § 13 AÜG ist eine Wissenserklärung. Die Auskunftspflicht trifft zunächst den Entleiher selbst, also diejenige natürliche oder juristische Person, in deren Betrieb der Leiharbeitnehmer eingesetzt wird. Das Gesetz hindert den Entleiher aber nicht, zur Erstellung und Bekanntgabe der Auskunft Hilfspersonen hinzuzuziehen, sofern diese über das für eine ordnungsgemäße Auskunft erforderliche Wissen verfügen (vgl. allgemein BGH 28. November 2007 - XII ZB 225/05 - Rn. 15). Insbesondere können - wie im Streitfall - konzernverbundene Unternehmen, die die Personalverwaltung für die Entleiherin wahrnehmen, mit der Auskunftserteilung betraut oder ein Arbeitgeberverband eingeschaltet werden (vgl. BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 36, BAGE 137, 249).

32

(2) Die Rechtswirkungen einer Auskunft nach § 13 AÜG hängen entgegen der Auffassung der Beklagten nicht davon ab, ob der Entleiher vergleichbare Stammarbeitnehmer beschäftigt.

33

Gibt es beim Entleiher keine vergleichbaren Stammarbeitnehmer, muss er dem Leiharbeitnehmer auf der Grundlage einer hypothetischen Betrachtung Auskunft darüber erteilen, welche Arbeitsbedingungen für ihn gölten, wenn er für die gleiche Tätigkeit beim Entleiher eingestellt worden wäre (Boemke/Lembke AÜG 3. Aufl. § 13 Rn. 11; Lorenz in Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath Arbeitsrecht 3. Aufl. § 13 AÜG Rn. 4; wohl auch Ulber/Ulber AÜG 4. Aufl. § 13 Rn. 2 [Anwendung in allen Fällen, in denen ein Anspruch nach § 10 Abs. 4 AÜG besteht]; einschränkend Pelzner/Kock in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 13 Rn. 7 [lediglich Verpflichtung zum Zugänglichmachen des einschlägigen Tarifvertrags]; aA Urban-Crell in Urban-Crell/Germakowski AÜG 2. Aufl. § 13 Rn. 5). Dies gebietet die unionsrechtskonforme Auslegung des § 13 AÜG im Lichte des Art. 5 Abs. 1 RL. Wenn ein Anspruch gemäß § 10 Abs. 4 AÜG unabhängig davon besteht, ob der Entleiher vergleichbare Stammarbeitnehmer beschäftigt(vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 24), muss dem Leiharbeitnehmer auch bei Fehlen vergleichbarer Stammarbeitnehmer Auskunft über ein vom Entleiher angewandtes allgemeines Entgeltschema erteilt werden. Das erfordert der Zweck des § 13 AÜG, es dem Leiharbeitnehmer zu ermöglichen, die Einhaltung des Gebots der Gleichbehandlung zu überprüfen und die Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG zu berechnen(vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 146/12 - Rn. 22).

34

cc) Die Beklagte hat die vom Kläger in den Prozess eingeführte Auskunft nach § 13 AÜG nicht erschüttert. Sie hat keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben würde, die Tätigkeit des Klägers als Zählerableser in den Jahren 2008 und 2009 habe nicht seiner „aktuellen“ Tätigkeit im Oktober 2011 entsprochen. Ebenso wenig hat die Beklagte substantiiert dargelegt, dass und aus welchen Gründen die Entleiherin den Kläger tatsächlich nicht nach der Vergütungsgruppe A 4 / Basis MTV RWE vergütet hätte. Sie ist des Weiteren dem Vortrag des Klägers, er sei bereits vor dem Einsatz bei der R GmbH seit Beginn des Arbeitsverhältnisses an ein Unternehmen des R-Konzerns überlassen gewesen, nicht substantiiert entgegengetreten. Im Streitzeitraum hatte der Kläger daher die Verweildauer in der abgesenkten Startvergütung bereits zurückgelegt (§ 16 Nr. 2 MTV RWE).

35

c) Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen.

36

aa) Dabei hat das Landesarbeitsgericht in den von ihm angestellten Gesamtvergleich zutreffend Leistungen wie eine Weihnachtszuwendung (§ 10 MTV RWE), eine Sonderzuwendung (§ 11 MTV RWE) und Entgeltfortzahlung an Feiertagen (§ 2 EFZG) in den Gesamtvergleich einbezogen. Denn der Begriff des Arbeitsentgelts in § 10 Abs. 4 AÜG ist weit auszulegen. Zu ihm zählt nicht nur das laufende Arbeitsentgelt, sondern jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund gesetzlicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 27 mwN).

37

Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht auch Urlaubsentgelt berücksichtigt. Denn Urlaub ist ein in Art. 3 Abs. 1 Buchst. f, i RL genannter Regelungsgegenstand und damit eine wesentliche, dem Gebot der Gleichbehandlung unterliegende Arbeitsbedingung iSv. § 10 Abs. 4 AÜG. Gewährt der Verleiher dem Leiharbeitnehmer während des Zeitraums einer Überlassung Urlaub, berechnet sich das Urlaubsentgelt nach den dafür beim Entleiher anzuwendenden Bestimmungen (BAG 23. Oktober 2013 - 5 AZR 135/12 - Rn. 34). Im Streitfall sind dies die Regelungen zur Urlaubsvergütung in § 13 Nr. III. MTV RWE.

38

bb) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch zu Unrecht die Differenzvergütung auf der Basis eines Stundenlohns ermittelt. Stammarbeitnehmer erhalten auf der Grundlage ihrer Eingruppierung nach § 16 MTV RWE iVm. dem Vergütungstarifvertrag ein Monatsgehalt. Deshalb richtet sich der Anspruch des Klägers aus § 10 Abs. 4 AÜG auf ein Monatsgehalt und verbietet sich dessen „Herunterrechnen“ auf einen - fiktiven - Stundenlohn(BAG 23. Oktober 2013 - 5 AZR 135/12 - Rn. 32). Ausgangspunkt für die Berechnung der Differenzvergütung ist das Monatsgehalt, das der Kläger erhalten hätte, wenn er unmittelbar bei der Entleiherin beschäftigt gewesen wäre. Dem steht § 22 Nr. 12 MTV RWE nicht entgegen. Die dortige Umrechnungsformel bezieht sich nur auf Fälle, in denen die geschuldete Monatsvergütung in eine Stundenvergütung umzurechnen bzw. eine Stundenvergütung geschuldet oder Bezugsgröße ist, wie etwa bei der Vergütung von Mehrarbeitsstunden (§ 5 Nr. 5 MTV) oder der Berechnung von Zeitzuschlägen (§ 6 Nr. 1 MTV RWE). Sie wird aber nicht eingesetzt, um die tarifliche Monatsvergütung in einen Stundenlohn umzuwandeln. Ein solches Vorgehen widerspräche dem tariflichen Ziel einer gleichbleibenden monatlichen Vergütung, weil Arbeitnehmer dann abhängig von der Anzahl der Arbeitstage im jeweiligen Monat unterschiedlich vergütet würden.

39

cc) Es wird deshalb im erneuten Berufungsverfahren - gegebenenfalls nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien - zu ermitteln sein, ob der Kläger für die bei der Entleiherin zu beanspruchende Monatsvergütung die dort geschuldete regelmäßige Arbeitszeit (§ 4 MTV RWE) erbracht bzw. durch gesetzliche Entgeltfortzahlungstatbestände „abgedeckt“ hat. Dass der Kläger mindestens 38 Wochenstunden in diesem Sinne geleistet hat, ergibt sich mittelbar aus der von ihm behaupteten Jahresstundenzahl und könnte ihre Bestätigung darin finden, dass sich trotz einer vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden die Dauer der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit nach den im Kundenbetrieb geltenden Bestimmungen richtet, Nr. 5 Abs. 3 Arbeitsvertrag. Außerdem hat die Beklagte nach der von ihr in der Berufungsinstanz vorgelegten „Änderung der AÜ-Bestellung“ vom 30. August 2011 ua. für den Kläger eine „Monatspauschale 38 Std“ erhalten. Angesichts dessen wird sie sich im erneuten Berufungsverfahren substantiiert dazu einlassen müssen, ob der Kläger im Streitzeitraum (mindestens) 38 Wochenstunden gearbeitet hat oder nicht.

40

dd) Hat der Kläger nach den von der Beklagten abgerechneten und damit streitlos gestellten Stunden Mehrarbeit iSv. § 5 MTV RWE geleistet - was bislang allerdings nicht ausreichend substantiiert dargelegt ist -, kann er dafür Differenzvergütung nach den tariflich vorgesehenen Regeln beanspruchen. Der Abgeltung von Mehrarbeit kann die Beklagte nicht den Vorrang von Freizeitausgleich (§ 5 Nr. 4 MTV RWE) entgegenhalten, wenn sie keinen Freizeitausgleich gewährt, sondern die Mehrarbeitsstunden - wenn auch zu niedrig - bezahlt hat.

41

4. Bei der Zinsentscheidung wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass der auf Dezember 2009 entfallende Anteil des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt nach Nr. 6.4 Arbeitsvertrag erst am 20. Januar 2010 fällig geworden ist und deshalb insoweit Verzugszinsen nicht - wie bislang - schon ab dem 1. Januar 2010 zugesprochen werden können.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Reinders    

        

    Busch    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 25. Januar 2013 - 6 Sa 737/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Der 1966 geborene Kläger ist seit dem 16. Juli 2007 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt. Er wurde der R GmbH, einem Unternehmen des R-Konzerns, als Zählerableser überlassen.

3

Grundlage des Arbeitsverhältnisses war zunächst ein Formulararbeitsvertrag vom 10. Juli 2007 (im Folgenden: Arbeitsvertrag 2007), der auszugsweise lautet:

        

„1. Gegenstand und Bezugnahme auf Tarifvertrag

        

…       

        

Der Mitarbeiter wird eingestellt als

        

Außendienstmitarbeiter,

        

Der Mitarbeiter wird aufgrund der notwendigen Qualifikation für die im Kundeneinsatz ausgeübte Tätigkeit entsprechend des nachfolgend genannten Entgeltrahmentarifvertrages wie folgt eingruppiert:

        

Entgeltgruppe: AWE 4+

        

Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den nachstehenden Regelungen sowie nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV).

        

Der Arbeitgeber ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Mitarbeiter die vorgenannten Tarifverträge jeweils für die Zukunft durch solche zu ersetzen, die von einem anderen für den Arbeitgeber zuständigen Arbeitgeberverband geschlossen wurden (Tarifwechsel kraft Inbezugnahme). In diesem Fall treten die von diesem Arbeitgeberverband geschlossenen Tarifverträge hinsichtlich sämtlicher Regelungen dieses Arbeitsvertrages an die Stelle der vorgenannten Tarifverträge.

        

…       

        

5. Arbeitszeit

        

Als regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich Pausen werden 35,00 Stunden vereinbart.

        

…       

        

Lage, Beginn, Ende und Dauer der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit sowie die Lage und Dauer der Pausen richten sich nach den in dem Betrieb des jeweiligen Kunden geltenden betrieblichen Regelungen, im Übrigen nach den Bestimmungen der in 1. genannten Tarifverträge.

        

…       

        

6.4 Zahlung

        

Die Vergütung wird nach Abzug der gesetzlichen Beiträge, wie Steuern und Sozialversicherung, monatlich bis spätestens zum 20. des Folgemonats auf ein vom Mitarbeiter anzugebendes Konto überwiesen.

        

…       

        

14. Ausschluss von Ansprüchen

        

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten.

        

Unberührt hiervon bleiben Ansprüche aus unerlaubter Handlung.

        

Lehnt die Gegenpartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten.“

4

Eine von der Beklagten im April 2010 angetragene vorformulierte Änderung der Bezugnahmeklausel lehnte der Kläger ab. Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 29. Juni 2010 mit, ab dem 1. Januar 2010 fänden auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP) und den Einzelgewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB) in der jeweils gültigen Fassung (fortan: AMP-TV 2010) Anwendung.

5

In einem von der Beklagten am 28. April 2011, vom Kläger am 11. Juli 2011 unterzeichneten Formulararbeitsvertrag (im Folgenden: Arbeitsvertrag 2011) vereinbarten die Parteien, dass der Kläger „mit Wirkung zum 01.05.2011 eingestellt“ wird und sich ihre Rechte und Pflichten nach dem zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personaldienstleistungen e. V. (BZA) und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit geschlossenen Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung (fortan: BZA/DGB-TV) richten. In einer „Zusatzvereinbarung“ vom 11./20. Juli 2011 heißt es:

        

„In Abänderung des ursprünglich geschlossenen Arbeitsvertrages mit Wirkung ab dem 16.07.2007 und der Aufhebung aller Neben- und/oder Zusatzvereinbarungen vereinbaren Arbeitgeber und Mitarbeiter, dass sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 01.05.2011 an ausschließlich aus den Regelungen des heute am 28.04.2011 unterzeichneten Arbeitsvertrages ergeben.“

6

Auf Anfrage des Klägers erteilte ihm die R AG mit Schreiben vom 5. Januar 2012 folgende Auskunft:

        

„Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt W,

        

in Erfüllung unserer Auskunftsverpflichtung gem. § 13 AÜG übersenden wir Ihnen nachfolgende Informationen.

        

Herr H war im Wege der Arbeitnehmerüberlassung als Zählerableser eingesetzt.

        

Wenn wir die Aufgabe gehabt hätten, Herrn H einzugruppieren, hätte seine Tätigkeit der Eingruppierung A 4 / Basis nach MTV entsprochen.

        

...     

        

Die Grundvergütung wird 13-mal je Jahr gezahlt, zudem gibt es die Sonderzahlung einmalig je Jahr.

        

Die Spesen und Fahrtkosten werden entsprechend der individuellen Aufwendungen nach der gültigen Reisekostenregelung der R vergütet.“

7

Der Manteltarifvertrag der Tarifgruppe RWE vom 27. März 2006 (fortan: MTV RWE) sieht eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden im Durchschnitt vor und bestimmt zur Vergütung ua.:

        

„§ 16 Vergütungsordnung

        

1.    

Alle Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des MTV fallen, werden nach einer einheitlichen Vergütungsordnung, die 16 Vergütungsgruppen umfasst, entlohnt.

                 

Dabei sind die:

                 

-       

VG A 1 bis A 4 für Tätigkeiten im un- und angelernten Bereich;

                 

-       

VG B 1 bis B 4 für Tätigkeiten, die in der Regel eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf voraussetzen;

                          

…       

                 

Die Verweildauer in der Basisvergütung der jeweiligen Vergütungsgruppe beträgt max. 36 volle Kalendermonate für die VG Gruppen A und B und max. 48 volle Kalendermonate für die VG Gruppen C und D. (…)

        

2.    

Jeder Vergütungsgruppe wird eine Starteingruppierung mit einer Absenkung von 8 % der Basisvergütung zugeordnet. Neu eingestellte Arbeitnehmer und übernommene Ausgebildete werden nach der Startvergütung der jeweils maßgeblichen Vergütungsgruppe für die Verweildauer von max. 24 vollen Kalendermonaten vergütet. Die Starteingruppierung findet keine Anwendung bei Umgruppierungen.

        

3.    

Jeder Vergütungsgruppe sind vier Erfahrungsstufen, die jeweils 4 % Steigerung für die VG-Gruppen A und B und jeweils 3,5 % für die VG-Gruppen C und D der Basisvergütung betragen, zugeordnet.

                 

Die Verweildauer je Erfahrungsstufe beträgt max. 36 volle Kalendermonate für die VG-Gruppen A und B und max. 48 volle Kalendermonate für die VG-Gruppen C und D.

        

4.    

Die Verweildauer in der Startvergütung, Basisvergütung und den Erfahrungsstufen kann in begründeten Einzelfällen auf Antrag einer der beiden Betriebsparteien einvernehmlich verkürzt werden.“

8

Die Anlage 1 zum MTV RWE sieht ua. folgende Vergütungsgruppen vor:

        

„Vergütungsgruppe A 1

        

Tätigkeiten, die eine betriebliche Einweisung erfordern

        

Vergütungsgruppe A 2

        

Tätigkeiten, die eine Einarbeitung im jeweiligen Aufgabengebiet erfordern

        

Vergütungsgruppe A 3

        

Tätigkeiten, die eine eingehende betriebliche Einweisung und fachliche Einarbeitung erfordern

        

Vergütungsgruppe A 4

        

Tätigkeiten, die eine gründliche und umfassende betriebliche bzw. fachliche Einweisung und Einarbeitung erfordern“

9

Mit der am 16. September 2011 eingereichten und der Beklagten am 23. September 2011 zugestellten Klage hat der Kläger unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. April 2011 die Differenz zwischen der ihm gezahlten Vergütung und dem Arbeitsentgelt verlangt, das die Entleiherin vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben soll. Er hat geltend gemacht, seine Tätigkeit als Zählerableser sei nach der Auskunft der Entleiherin der Vergütungsgruppe A 4 MTV RWE zuzuordnen. Neben der Grundvergütung könne er für die Jahre 2008 bis 2010 eine Weihnachtszuwendung gemäß § 10 MTV RWE und eine Sonderzuwendung nach § 11 MTV RWE verlangen.

10

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Belang, sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 29.415,87 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, zumindest seit dem 1. Januar 2010 habe sie aufgrund der Inbezugnahme des mehrgliedrigen Tarifvertrags zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP) und Einzelgewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbunds vom 15. März 2010 von dem Gebot der Gleichbehandlung abweichen dürfen. Ein Anspruch nach § 10 Abs. 4 AÜG komme auch deshalb nicht in Betracht, weil die Entleiherin keine vergleichbaren Stammarbeitnehmer beschäftige. Außerdem habe der Kläger die Höhe des geltend gemachten Anspruchs nicht schlüssig dargelegt. Auf die von der R AG erteilte Auskunft könne er sich nicht stützen, weil diese nicht Entleiherin sei. Jedenfalls sei ein etwaiger Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach den Ausschlussfristen des AMP-TV 2010, des BZA/DGB-TV sowie der Arbeitsverträge 2007 und 2011 verfallen.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist, stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer vollständigen Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist in dem noch rechtshängigen Umfang begründet. Der Kläger hat nach § 10 Abs. 4 AÜG Anspruch auf weitere Vergütung für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 30. April 2011 iHv. 29.415,87 Euro brutto.

14

I. Der Kläger hat für die streitgegenständliche Zeit der Überlassung an ein Unternehmen des R-Konzerns Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG. Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen.

15

1. Nr. 1 Arbeitsvertrag 2007 verweist auf wegen der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP unwirksame Tarifverträge (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 12 ff.).

16

2. Nr. 1 Arbeitsvertrag 2007 erfasst nicht die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. (AMP) und - neben der CGZP - einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge vom 15. März 2010. Unbeschadet der Frage, ob ein einseitiger „Austausch“ der für das Leiharbeitsverhältnis maßgeblich sein sollenden Tarifwerke eine Vereinbarung tariflicher Regelungen iSv. § 9 Nr. 2 AÜG sein kann, berechtigt die Klausel allenfalls zu einem Tarifwechsel bei Wechsel des Arbeitgeberverbands. Sie ermöglichte es aber der Beklagten nicht, von anderen Arbeitnehmervereinigungen abgeschlossene Tarifverträge einseitig zur Anwendung zu bringen (zur Funktion der Tarifwechselklausel, vgl. BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 21 ff., BAGE 128, 165). Im Übrigen wäre die Klausel mit dem von der Beklagten gewollten Inhalt intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam(vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 26 ff., BAGE 144, 306).

17

3. Ob die Geltung der Tarifverträge zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personaldienstleistungen e. V. (BZA) und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit die Beklagte vom Gebot der Gleichbehandlung entbinden würde, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Die Anwendung dieser Tarifverträge haben die Parteien im Streitzeitraum nicht vereinbart.

18

II. Der Anspruch des Klägers ist nicht verfallen.

19

1. Der Kläger war nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP oder aus den nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen AMP-TV 2010 einzuhalten. Derartige „tarifliche“ Ausschlussfristenregelungen sind auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 21 f.; 19. Februar 2014 - 5 AZR 680/12 - Rn. 12). Etwas anderes ergibt sich nicht aus Nr. 14 Arbeitsvertrag. Diese Klausel regelt lediglich eine mögliche Kollision von arbeitsvertraglicher und tarifvertraglicher Ausschlussfrist (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 40, BAGE 144, 306; 25. September 2013 - 5 AZR 778/12 - Rn. 14 ff.; 23. Oktober 2013 - 5 AZR 556/12 - Rn. 14).

20

2. Ob Nr. 14 Arbeitsvertrag eine eigenständige, bei Unwirksamkeit der in Bezug genommenen „Tarifverträge“ oder bei einer unwirksamen Bezugnahme auf Tarifverträge zum Tragen kommende vertragliche Ausschlussfristenregelung enthält, kann dahingestellt bleiben. Als solche würde sie einer AGB-Kontrolle nicht standhalten. Die Kürze der Fristen auf beiden Stufen benachteiligte den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB(vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66).

21

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt für den Überlassungszeitraum Januar 2008 bis April 2011 auch nicht nach der Ausschlussfristenregelung des BZA/DGB-TV oder der des mit Wirkung zum 1. Mai 2011 geschlossenen Arbeitsvertrags verfallen.

22

Nr. 14 Arbeitsvertrag 2011 bestimmt, dass sich der Verfall von Ansprüchen abweichend von etwaigen Tarifregelungen (also denen des in Bezug genommenen BZA/DGB-TV) ausschließlich nach der arbeitsvertraglichen Regelung richtet. Danach verfallen sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Die Klausel erfasst (nur) Ansprüche, die nach Abschluss des Arbeitsvertrags 2011, die mit der Annahme des Angebots durch den Kläger am 11. Juli 2011 erfolgt ist, fällig geworden sind. Die von der Beklagten intendierte Rückwirkung der Ausschlussfristenregelung wäre - als Vertragsbestandteil gedacht - nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Kläger durch die nachträgliche zeitliche Begrenzung eines bereits entstandenen Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligte(vgl. BAG 19. Februar 2014 - 5 AZR 1046/12 - Rn. 23; 19. Februar 2014 - 5 AZR 920/12 - Rn. 16 ff., 25). Selbst wenn man annähme, der auf den Monat April 2011 entfallende Anteil des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt, der nach Nr. 6.4 Arbeitsvertrag 2007 am 20. Mai 2011 fällig wurde, sei (schon) von den Regelungen des Arbeitsvertrags 2011 erfasst, hat der Kläger mit dem Geltendmachungsschreiben vom 17. Mai 2011 die einstufige Ausschlussfrist der Nr. 14 Arbeitsvertrag 2011 gewahrt. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt - auch der auf den Monat April 2011 entfallende Teil - bereits entstanden (zu diesem Erfordernis, vgl. BAG 18. September 2012 - 9 AZR 1/11 - Rn. 35 mwN).

23

III. Die dem Kläger geschuldete Differenzvergütung beträgt mindestens 29.415,87 Euro brutto.

24

1. Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass es unerheblich ist, ob die Entleiherin tatsächlich vergleichbare Stammarbeitnehmer beschäftigt. Wendet der Entleiher in seinem Betrieb ein allgemeines Entgeltschema an, kann auf die fiktive Eingruppierung des Leiharbeitnehmers in dieses Entgeltschema abgestellt werden. Maßstab ist in diesem Fall das Arbeitsentgelt, das der Leiharbeitnehmer erhalten hätte, wenn er für die gleiche Tätigkeit beim Entleiher eingestellt worden wäre (BAG 19. Februar 2014 - 5 AZR 1048/12 - Rn. 21).

25

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass - entsprechend der von der R AG erteilten Auskunft - im R-Konzern ein allgemeines Entgeltschema, nämlich die Tarifverträge der Tarifgruppe RWE, Anwendung findet. Maßgeblich ist damit das Entgelt, das der Kläger nach den einschlägigen tariflichen Bestimmungen erhalten hätte, wenn er für die gleiche Tätigkeit bei der Entleiherin eingestellt worden wäre.

26

2. Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs ist ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen (BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 35 f., BAGE 137, 249). Der Begriff des Arbeitsentgelts in § 10 Abs. 4 AÜG ist national zu bestimmen und, wie die beispielhafte Aufzählung in der Gesetzesbegründung(BT-Drs. 15/25 S. 38) belegt, weit auszulegen. Zu ihm zählt nicht nur das laufende Arbeitsentgelt, sondern jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund gesetzlicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 294/12 - Rn. 27 mwN). Deshalb sind sämtliche auf den Lohnabrechnungen ausgewiesenen Bruttovergütungsbestandteile in den Gesamtvergleich einzubeziehen.

27

Dieser Anforderung ist genügt. Der Kläger hat das auf den Lohnabrechnungen Dezember 2008 und April 2011 ausgewiesene „Gesamtbrutto“ bzw. den auf den Ausdrucken der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für 2009 und 2010 angegebenen „Bruttoarbeitslohn“ in den Gesamtvergleich einbezogen. Dass der Kläger ein höheres Arbeitsentgelt von ihr erhalten hätte, hat die Beklagte nicht behauptet.

28

3. Hinsichtlich der Höhe des Vergleichsentgelts ist das Landesarbeitsgericht, dem Arbeitsgericht folgend, zu Recht von einer - fiktiven - Eingruppierung des Klägers in die Vergütungsgruppe A 4 MTV RWE ausgegangen.

29

a) Der Leiharbeitnehmer genügt zunächst der ihm obliegenden Darlegungslast für die Höhe des Anspruchs, wenn er sich auf eine ihm nach § 13 AÜG erteilte Auskunft beruft und diese in den Prozess einführt. Denn die - ordnungsgemäße - Auskunft des Entleihers über das einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer gewährte Arbeitsentgelt ist das gesetzlich vorgesehene Mittel, das dem Leiharbeitnehmer ermöglichen soll, die Einhaltung des Gebots der Gleichbehandlung zu überprüfen und die Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG zu berechnen. Es obliegt sodann im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast dem Verleiher, die maßgeblichen Umstände der Auskunft in erheblicher Art im Einzelnen zu bestreiten. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt der Inhalt der vom Leiharbeitnehmer vorgetragenen Auskunft als zugestanden (BAG 13. März 2013 - 5 AZR 146/12 - Rn. 22).

30

b) Die Auskunft der R AG vom 5. Januar 2012 ist ordnungsgemäß. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger der R GmbH zur Arbeitsleistung überlassen war, aber die Auskünfte von der R AG erteilt wurden. Denn § 13 AÜG hindert den Entleiher nicht, zur Erstellung und Bekanntgabe der Auskunft Hilfspersonen hinzuzuziehen, sofern diese über das für eine ordnungsgemäße Auskunft erforderliche Wissen verfügen(BAG 19. Februar 2014 - 5 AZR 1048/12 - Rn. 27 mwN).

31

c) Die Rechtswirkungen einer Auskunft nach § 13 AÜG hängen entgegen der Auffassung der Beklagten nicht davon ab, ob der Entleiher vergleichbare Stammarbeitnehmer beschäftigt. Gibt es beim Entleiher keine vergleichbaren Stammarbeitnehmer, muss er dem Leiharbeitnehmer auf der Grundlage einer hypothetischen Betrachtung Auskunft darüber erteilen, welche Arbeitsbedingungen für ihn gölten, wenn er für die gleiche Tätigkeit beim Entleiher eingestellt worden wäre (BAG 19. Februar 2014 - 5 AZR 1048/12 - Rn. 28 mwN).

32

d) Die Beklagte hat die vom Kläger in den Prozess eingeführte Auskunft nach § 13 AÜG nicht erschüttert. Sie hat lediglich pauschal behauptet, die Voraussetzungen für eine Eingruppierung des Klägers in die Vergütungsgruppe A 4 lägen nicht vor, ohne sich substantiiert mit der Tätigkeit des Klägers auseinanderzusetzen.

33

Soweit die Revision in diesem Zusammenhang rügt, das Landesarbeitsgericht sei auf Seite 20 des Berufungsurteils von der abgesenkten Startvergütung „auf die Basisvergütung A 4 in der Erfahrungsstufe 1“ gesprungen, hat sich das Landesarbeitsgericht lediglich missverständlich ausgedrückt. Denn es hat im weiteren Verlauf seiner Begründung ohne Abstriche das Rechenwerk des Arbeitsgerichts übernommen, das nach der Startvergütung das Entgelt nach der Vergütungsgruppe A 4 / Basis angesetzt und ausgeführt hat, Erfahrungsstufen könne der Kläger nicht beanspruchen.

34

e) Der Einwand der Beklagten, der Kläger könne eine höhere Vergütung allenfalls auf der Grundlage der arbeitsvertraglich vereinbarten 35-Stunden-Woche verlangen, greift nicht durch. Nach Nr. 5 Abs. 3 Arbeitsvertrag 2007 richtet sich die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit während der Überlassung nach den im Entleiherbetrieb geltenden Regelungen. Gemäß § 4 Nr. 1.1 MTV RWE beträgt die wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt 38 Stunden.

35

f) Der Kläger und die Vorinstanzen sind bei ihren Berechnungen zutreffend von einer den vergleichbaren Arbeitnehmern zu zahlenden Monatsvergütung ausgegangen.

36

g) Dem Kläger steht auch für Urlaubstage, Krankheitstage und Feiertage ein Anspruch auf Fortzahlung der Grundvergütung zu. Dies folgt für Urlaubstage aus § 13 Nr. III. 1.1 MTV RWE, für Krankheitstage aus § 15 Nr. II. 2. MTV RWE und für Feiertage - mangels einer tariflichen Regelung - aus § 2 Abs. 1 EFZG.

37

h) Für die Jahre 2008 bis 2010 kann der Kläger jeweils eine Weihnachtszuwendung iHv. 100 % der Monatsvergütung verlangen.

38

i) Sonderzuwendungen stehen dem Kläger gemäß § 11 MTV RWE für die Jahre 2008 bis 2010 zu.

39

j) Die Vergleichsberechnung ergibt einen Differenzbetrag, der die noch rechtshängige Forderung iHv. 29.415,87 Euro brutto übersteigt.

40

IV. Die geforderten Prozesszinsen stehen dem Kläger jedenfalls seit dem ausgeurteilten Zeitpunkt - 5. Oktober 2011 - zu. Die Pflicht der Verzinsung beginnt bei Prozesszinsen nach §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, 187 Abs. 1 BGB mit dem Folgetag der Rechtshängigkeit(BAG 17. April 2010 - 3 AZR 280/10 - Rn. 27 mwN). Die Klage wurde der Beklagten am 23. September 2011 zugestellt.

41

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Dittrich    

        

    Dombrowsky    

                 

(1) Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung ist für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt; diese Hemmung der Verjährung bei einer Prüfung gilt auch gegenüber den auf Grund eines Werkvertrages für den Arbeitgeber tätigen Nachunternehmern und deren weiteren Nachunternehmern. Satz 2 gilt nicht, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat. Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung. Kommt es aus Gründen, die die prüfende Stelle nicht zu vertreten hat, zu einem späteren Beginn der Prüfung, beginnt die Hemmung mit dem in der Prüfungsankündigung ursprünglich bestimmten Tag. Die Sätze 2 bis 5 gelten für Prüfungen der Beitragszahlung bei sonstigen Versicherten, in Fällen der Nachversicherung und bei versicherungspflichtigen Selbständigen entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für Prüfungen nach § 28q Absatz 1 und 1a sowie nach § 251 Absatz 5 und § 252 Absatz 5 des Fünften Buches.

(1) Laufende Beiträge, die geschuldet werden, werden entsprechend den Regelungen der Satzung der Krankenkasse und den Entscheidungen des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen fällig. Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, sind in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt; ein verbleibender Restbeitrag wird zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats fällig. Der Arbeitgeber kann abweichend von Satz 2 den Betrag in Höhe der Beiträge des Vormonats zahlen; für einen verbleibenden Restbetrag bleibt es bei der Fälligkeit zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats. In den Fällen des Satzes 3 sind Beiträge, die auf eine Einmalzahlung im Vormonat entfallen, nicht zu berücksichtigen. Sonstige Beiträge werden spätestens am Fünfzehnten des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den sie zu entrichten sind. Die erstmalige Fälligkeit der Beiträge für die nach § 3 Satz 1 Nummer 1a des Sechsten Buches versicherten Pflegepersonen ist abhängig von dem Zeitpunkt, zu dem die Pflegekasse, das private Versicherungsunternehmen, die Festsetzungsstelle für die Beihilfe oder der Dienstherr bei Heilfürsorgeberechtigten die Versicherungspflicht der Pflegeperson festgestellt hat oder ohne Verschulden hätte feststellen können. Wird die Feststellung in der Zeit vom Ersten bis zum Fünfzehnten eines Monats getroffen, werden die Beiträge erstmals spätestens am Fünfzehnten des folgenden Monats fällig; wird die Feststellung in der Zeit vom Sechzehnten bis zum Ende eines Monats getroffen, werden die Beiträge erstmals am Fünfzehnten des zweiten darauffolgenden Monats fällig; das Nähere vereinbaren die Spitzenverbände der beteiligten Träger der Sozialversicherung, der Verband der privaten Krankenversicherung e. V. und die Festsetzungsstellen für die Beihilfe.

(2) Die Beiträge für eine Sozialleistung im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 3 des Sechsten Buches einschließlich Sozialleistungen, auf die die Vorschriften des Fünften und des Sechsten Buches über die Kranken- und Rentenversicherung der Bezieher von Arbeitslosengeld oder die Krankenversicherung der Bezieher von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches entsprechend anzuwenden sind, werden am Achten des auf die Zahlung der Sozialleistung folgenden Monats fällig. Die Träger der Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit können unbeschadet des Satzes 1 vereinbaren, dass die Beiträge zur Rentenversicherung aus Sozialleistungen der Bundesagentur für Arbeit zu den vom Bundesamt für Soziale Sicherung festgelegten Fälligkeitsterminen für die Rentenzahlungen im Inland gezahlt werden. Die Träger der Rentenversicherung mit Ausnahme der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der knappschaftlichen Rentenversicherung, die Bundesagentur für Arbeit und die Behörden des sozialen Entschädigungsrechts können unbeschadet des Satzes 1 vereinbaren, dass die Beiträge zur Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung aus Sozialleistungen nach dem sozialen Entschädigungsrecht in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens zum 30. Juni des laufenden Jahres und ein verbleibender Restbetrag zum nächsten Fälligkeitstermin gezahlt werden.

(2a) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks (§ 28a Absatz 7) sind die Beiträge für das in den Monaten Januar bis Juni erzielte Arbeitsentgelt am 31. Juli des laufenden Jahres und für das in den Monaten Juli bis Dezember erzielte Arbeitsentgelt am 31. Januar des folgenden Jahres fällig.

(3) Geschuldete Beiträge der Unfallversicherung werden am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem der Beitragsbescheid dem Zahlungspflichtigen bekannt gegeben worden ist; Entsprechendes gilt für Beitragsvorschüsse, wenn der Bescheid hierüber keinen anderen Fälligkeitstermin bestimmt. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft kann in ihrer Satzung von Satz 1 abweichende Fälligkeitstermine bestimmen. Für den Tag der Zahlung und die zulässigen Zahlungsmittel gelten die für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag geltenden Bestimmungen entsprechend. Die Fälligkeit von Beiträgen für geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten, die nach § 28a Absatz 7 der Einzugsstelle gemeldet worden sind, richtet sich abweichend von Satz 1 nach Absatz 2a.

(4) Besondere Vorschriften für einzelne Versicherungszweige, die von den Absätzen 1 bis 3 abweichen oder abweichende Bestimmungen zulassen, bleiben unberührt.

(1) Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung ist für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt; diese Hemmung der Verjährung bei einer Prüfung gilt auch gegenüber den auf Grund eines Werkvertrages für den Arbeitgeber tätigen Nachunternehmern und deren weiteren Nachunternehmern. Satz 2 gilt nicht, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat. Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung. Kommt es aus Gründen, die die prüfende Stelle nicht zu vertreten hat, zu einem späteren Beginn der Prüfung, beginnt die Hemmung mit dem in der Prüfungsankündigung ursprünglich bestimmten Tag. Die Sätze 2 bis 5 gelten für Prüfungen der Beitragszahlung bei sonstigen Versicherten, in Fällen der Nachversicherung und bei versicherungspflichtigen Selbständigen entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für Prüfungen nach § 28q Absatz 1 und 1a sowie nach § 251 Absatz 5 und § 252 Absatz 5 des Fünften Buches.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Den Gesamtsozialversicherungsbeitrag hat der Arbeitgeber und in den Fällen der nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auf die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben die Deutsche Rentenversicherung Bund zu zahlen. Die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags gilt als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht. Ist ein Träger der Kranken- oder Rentenversicherung oder die Bundesagentur für Arbeit der Arbeitgeber, gilt der jeweils für diesen Leistungsträger oder, wenn eine Krankenkasse der Arbeitgeber ist, auch der für die Pflegekasse bestimmte Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag als gezahlt; dies gilt für die Beiträge zur Rentenversicherung auch im Verhältnis der Träger der Rentenversicherung untereinander.

(2) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers haftet bei einem wirksamen Vertrag der Entleiher wie ein selbstschuldnerischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen worden sind. Er kann die Zahlung verweigern, solange die Einzugsstelle den Arbeitgeber nicht gemahnt hat und die Mahnfrist nicht abgelaufen ist. Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes unwirksam ist, so hat er auch den hierauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen. Hinsichtlich der Zahlungspflicht nach Satz 3 gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(2a) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht, die sich für den Arbeitgeber knappschaftlicher Arbeiten im Sinne von § 134 Absatz 4 des Sechsten Buches ergibt, haftet der Arbeitgeber des Bergwerkbetriebes, mit dem die Arbeiten räumlich und betrieblich zusammenhängen, wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers von Seeleuten nach § 13 Absatz 1 Satz 2 haften Arbeitgeber und Reeder als Gesamtschuldner.

(3a) Ein Unternehmer des Baugewerbes, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen im Sinne des § 101 Absatz 2 des Dritten Buches beauftragt, haftet für die Erfüllung der Zahlungspflicht dieses Unternehmers oder eines von diesem Unternehmer beauftragten Verleihers wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Satz 1 gilt entsprechend für die vom Nachunternehmer gegenüber ausländischen Sozialversicherungsträgern abzuführenden Beiträge. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(3b) Die Haftung nach Absatz 3a entfällt, wenn der Unternehmer nachweist, dass er ohne eigenes Verschulden davon ausgehen konnte, dass der Nachunternehmer oder ein von ihm beauftragter Verleiher seine Zahlungspflicht erfüllt. Ein Verschulden des Unternehmers ist ausgeschlossen, soweit und solange er Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Nachunternehmers oder des von diesem beauftragten Verleihers durch eine Präqualifikation nachweist, die die Eignungsvoraussetzungen nach § 6a der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz. AT 19.02.2019 B2) erfüllt.

(3c) Ein Unternehmer, der Bauleistungen im Auftrag eines anderen Unternehmers erbringt, ist verpflichtet, auf Verlangen der Einzugstelle Firma und Anschrift dieses Unternehmers mitzuteilen. Kann der Auskunftsanspruch nach Satz 1 nicht durchgesetzt werden, hat ein Unternehmer, der einen Gesamtauftrag für die Erbringung von Bauleistungen für ein Bauwerk erhält, der Einzugsstelle auf Verlangen Firma und Anschrift aller Unternehmer, die von ihm mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt wurden, zu benennen.

(3d) Absatz 3a gilt ab einem geschätzten Gesamtwert aller für ein Bauwerk in Auftrag gegebenen Bauleistungen von 275 000 Euro, wobei für Schätzungen die Vergabeverordnung vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624) in der jeweils geltenden Fassung gilt.

(3e) Die Haftung des Unternehmers nach Absatz 3a erstreckt sich in Abweichung von der dort getroffenen Regelung auf das von dem Nachunternehmer beauftragte nächste Unternehmen, wenn die Beauftragung des unmittelbaren Nachunternehmers bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände als ein Rechtsgeschäft anzusehen ist, dessen Ziel vor allem die Auflösung der Haftung nach Absatz 3a ist. Maßgeblich für die Würdigung ist die Verkehrsanschauung im Baubereich. Ein Rechtsgeschäft im Sinne dieser Vorschrift, das als Umgehungstatbestand anzusehen ist, ist in der Regel anzunehmen,

a)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer weder selbst eigene Bauleistungen noch planerische oder kaufmännische Leistungen erbringt oder
b)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer weder technisches noch planerisches oder kaufmännisches Fachpersonal in nennenswertem Umfang beschäftigt oder
c)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer in einem gesellschaftsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Hauptunternehmer steht.
Besonderer Prüfung bedürfen die Umstände des Einzelfalles vor allem in den Fällen, in denen der unmittelbare Nachunternehmer seinen handelsrechtlichen Sitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums hat.

(3f) Der Unternehmer kann den Nachweis nach Absatz 3b Satz 2 anstelle der Präqualifikation auch für den Zeitraum des Auftragsverhältnisses durch Vorlage von lückenlosen Unbedenklichkeitsbescheinigungen der zuständigen Einzugsstellen für den Nachunternehmer oder den von diesem beauftragten Verleiher erbringen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung enthält Angaben über die ordnungsgemäße Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge und die Zahl der gemeldeten Beschäftigten.

(3g) Für einen Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, der im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig ist und der einen anderen Unternehmer mit der Beförderung von Paketen beauftragt, gelten die Absätze 3a, 3b Satz 1, 3e und 3f entsprechend. Absatz 3b Satz 2 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass die Präqualifikation die Voraussetzung erfüllt, dass der Nachunternehmer in einem amtlichen Verzeichnis eingetragen ist oder über eine Zertifizierung verfügt, die jeweils den Anforderungen des Artikels 64 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2365 (ABl. L 337 vom 19.12.2017, S. 19) geändert worden ist, entsprechen. Für einen Unternehmer, der im Auftrag eines anderen Unternehmers Pakete befördert, gilt Absatz 3c entsprechend. Beförderung von Paketen im Sinne dieses Buches ist

a)
die Beförderung adressierter Pakete mit einem Einzelgewicht von bis zu 32 Kilogramm, soweit diese mit Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 Tonnen erfolgt,
b)
die stationäre Bearbeitung von adressierten Paketen bis zu 32 Kilogramm mit Ausnahme der Bearbeitung im Filialbereich.

(3h) Die Bundesregierung berichtet unter Beteiligung des Normenkontrollrates zum 31. Dezember 2023 über die Wirksamkeit und Reichweite der Haftung für Sozialversicherungsbeiträge für die Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, die im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig sind und einen anderen Unternehmer mit der Beförderung von Paketen beauftragen, insbesondere über die Haftungsfreistellung nach Absatz 3b und Absatz 3f Satz 1.

(4) Die Haftung umfasst die Beiträge und Säumniszuschläge, die infolge der Pflichtverletzung zu zahlen sind, sowie die Zinsen für gestundete Beiträge (Beitragsansprüche).

(5) Die Satzung der Einzugsstelle kann bestimmen, unter welchen Voraussetzungen vom Arbeitgeber Vorschüsse auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag verlangt werden können.

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 349/99 Verkündet am:
13. Oktober 2000
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
Eine Zurechnung der Kenntnis von Mitarbeitern einer juristischen Person oder einer
am Rechtsverkehr teilnehmenden nicht rechtsfähigen Organisation ist nur zu Lasten
der juristischen Person oder nicht rechtsfähigen Organisation, nicht dagegen zu Lasten
ihrer Organe oder Mitglieder zulässig.
BGH, Urt. v. 13. Oktober 2000 - V ZR 349/99 - OLG Rostock
LG Schwerin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die
Richter Dr. Lambert-Lang, Tropf, Schneider und Dr. Klein

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 26. August 1999 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisonsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um Gebäudeeigentum.
Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 7. Juli 1992 mit Nachtrag vom 23. Juli 1992 verkaufte die Konsumgenossenschaft Sch. e.G. (im folgenden: Gemeinschuldnerin) den Beklagten als Gesellschaftern der F. Grundstücksgesellschaft Sch. GbR eine im (Gebäude -)Grundbuch eingetragene Halle und ließ ihnen das Eigentum auf. Am 26. April 1994 beantragte die Gemeinschuldnerin die Eröffnung des Gesamt-
vollstreckungsverfahrens über ihr Vermögen. Am 27. April 1994 erließ das Amtsgericht Sch. ein allgemeines Verfügungsverbot über das Vermögen der Gemeinschuldnerin, ordnete dessen Sequestration an und bestimmte den Kläger zum Sequester. Mit Schreiben vom 28. April 1994 informierte der Kläger die S. -Immobilien GmbH (im folgenden: S. ), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 war, von dem Verfügungsverbot und seiner Bestellung zum Sequester.
Am 13. Mai 1994 beantragten die Beklagten ihre Eintragung als Eigentümer des Gebäudes in das Grundbuch. Am 1. Juli 1994 wurde das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet und der Kläger zum Verwalter in diesem Verfahren bestimmt. Am 29. November 1994 wurden die Beklagten als Eigentümer eingetragen.
Der Kläger hat die Zustimmung der Beklagten zur Eintragung der Gemeinschuldnerin als Eigentümerin des Gebäudes in das Grundbuch verlangt. Die Beklagten haben eine Kenntnis von der Sequestration des Vermögens der Gemeinschuldnerin am 13. Mai 1994 in Abrede gestellt. Sie haben ausgeführt, das Schreiben des Klägers vom 28. April 1994 sei zwar innerhalb üblicher Postlaufzeit der S. z ugegangen, in deren Büro jedoch von der dort tätigen Geschäftsführerin der Firma W. Immobilien GmbH, Frau K. , entgegengenommen worden, ohne daß es dem Beklagten zu 2 zur Kenntnis gegeben worden sei.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der Revision erstreben sie die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs. Es führt aus, das Grundbuch sei durch die Eintragung der Beklagten als Eigentümer des Gebäudes unrichtig geworden. Aufgrund einer Verfügung der Gemeinschuldnerin hätten die Beklagten das Gebäudeeigentum nur erwerben können, sofern sie bei Antragstellung am 13. Mai 1994 das gegen die Gemeinschuldnerin am 27. April 1994 erlassene Verfügungsverbot nicht gekannt hätten. Diese Voraussetzung sei nicht gegeben, weil dem Beklagten zu 2 als Geschäftsführer der S. die Kenntnis der Frau K. v on dem Verfügungsverbot des Amtsgerichts zuzurechnen sei.
Das hält im entscheidenden Punkt revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.


Der aus § 894 BGB geltend gemachte Anspruch hängt von der Unrichtigkeit der Eintragung der Beklagten als Eigentümer ab. Hieran fehlt es, sofern die Beklagten erst nach dem 13. Mai 1994 von dem gegen die Gemeinschuldnerin erlassenen Verfügungsverbot Kenntnis erhalten haben. Daß ihnen die Kenntnis von Frau K. z uzurechnen ist, folgt aus dem Vortrag des Klägers nicht.
1. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kann dahingestellt bleiben, ob ein Verfügungsverbot nach § 2 Abs. 3 GesO gegenüber jedermann oder nur gegenüber den Gläubigern im Gesamtvollstreckungsverfahren wirkt (vgl. BGHZ 133, 307, 309). § 894 BGB findet zugunsten desjenigen, der durch ein Veräußerungsverbot geschützt ist, entsprechende Anwendung (BGHZ 130, 347, 354; RGZ 132, 145, 146 f; MünchKomm-BGB/Mayer-Maly, 3. Aufl., § 135 Rdn. 32).
2. Die Wirksamkeit rechtsgeschäftlichen Erwerbs von Eigentum setzt grundsätzlich voraus, daß der Veräußerer im Augenblick der Vollendung des Rechtserwerbs zur Verfügung über das Eigentum befugt ist (Senat, BGHZ 28, 182, 184; Erman/Hagen/Lorenz, BGB, 10. Aufl., § 873 Rdn. 16; MünchKommBGB /Wacke, § 878 Rdn. 1; Soergel/Stürner, § 878 BGB Rdn. 1; Staudinger/ Gursky, BGB [1995], § 878 Rdn. 1). Das war am 29. November 1994 bei der Gemeinschuldnerin nicht der Fall, weil ein Rechtserwerb aufgrund einer Verfügung der Gemeinschuldnerin seit Erlaß des Verfügungsverbotes am 27. April 1994 gemäß § 2 Abs. 3 GesO jedenfalls nicht mehr mit Wirkung gegen die Gläubiger der Gemeinschuldnerin erfolgen konnte. Die in § 878 BGB bestimmte Ausnahme findet keine Anwendung, weil der Antrag auf Eintragung der Beklagten in das Grundbuch erst nach Erlaß des Verfügungsverbotes gestellt wurde.
3. Die Wirksamkeit des Eigentumserwerbs der Beklagten ist den Gläubigern des Gesamtvollstreckungsverfahrens gegenüber damit von dem guten Glauben der Beklagten an die Verfügungsbefugnis der Gemeinschuldnerin abhängig (§ 892 Abs. 1 Satz 2 BGB).

a) Dieser hat grundsätzlich bei Vollendung des Rechtserwerbs vorzuliegen (MünchKomm-BGB/Wacke, § 892 Rdn. 54; RGRK-BGB/Augustin, 12. Aufl., § 892 Rdn. 113 f; Soergel/Stürner, § 892 BGB Rdn. 36; Staudinger /Gursky, BGB [1996], § 892 Rdn. 157). Weil der Dauer des Eintragungsverfahrens jedoch keine Bedeutung für den Rechtserwerb zukommen soll, tritt gemäß § 892 Abs. 2 1. Alt. BGB der Eintragungsantrag für die Bestimmung des Zeitpunktes, an welchem der gute Glaube vorzuliegen hat, an die Stelle der Eintragung, sofern diese der Einigung nachfolgt (Erman/Hagen/Lorenz, § 892 BGB Rdn. 33; MünchKomm-BGB/Wacke, § 892 BGB Rdn. 54). Das ist im vorliegenden Fall der 13. Mai 1994.
An diesem Tag war das gegen die Gemeinschuldnerin erlassene Verfügungsverbot im Grundbuch nicht verlautbart. Gemäß § 892 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. BGB ist damit davon auszugehen, daß das Verbot den Beklagten bei Stellung des Eintragungsantrags nicht bekannt war. Dem Kläger obliegen Darstellung und Beweis des Gegenteils (MünchKomm-BGB/Wacke, § 892 Rdn. 48). Weil die Auflassung an die Beklagten als Mitglieder der aus ihnen bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts erfolgt ist, steht die Kenntnis schon eines der Beklagten der Wirksamkeit ihres Erwerbs entgegen (MünchKommBGB /Wacke, § 892 Rdn. 53; Soergel/Stürner, § 892 BGB Rdn. 33; einschränkend Staudinger/Gursky, § 892 BGB Rdn. 132). Zur Kenntnis der Beklagten zu 1 und 3 wird seitens des Klägers nichts behauptet. Daß der Beklagte zu 2 tatsächlich Kenntnis von dem Verfügungsverbot hatte, hat das Berufungsgericht offengelassen. Revisionsrechtlich ist damit von der Unkenntnis des Beklagten zu 2 auszugehen.

b) Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts folgt diese nicht daraus , daß er am 13. Mai 1994 Geschäftsführer der S. war und nicht auszuschließen ist, daß diese sich die Kenntnis von Frau K. zurechnen zu lassen hat. Die organisatorische Aufspaltung von Zuständigkeiten der Mitarbeiter einer juristischen Person und ihrer Organe kann dazu führen, daß der Vertragspartner einer juristischen Person schlechter als der Vertragspartner einer natürlichen Person gestellt ist. Dieser Nachteil ist dadurch ausgeglichen, daß der juristischen Person das Wissen auch derjenigen Organwalter und Mitarbeiter zuzurechnen ist, die am Abschluß eines Vertrages selbst nicht beteiligt sind, sofern dieses Wissen bei ordnungsgerechter Organisation aktenmäßig festzuhalten, weiterzugeben und vor Vertragsabschluß abzufragen ist (Senat, BGHZ 109, 327, 331 f; 117, 104, 106 f; 132, 30, 36 f = JZ 1996, 731 mit Anm. Taupitz). Auf die Organisationsform oder Rechtsfähigkeit der am Rechtsverkehr teilnehmenden Struktureinheit kommt es dabei nicht an. Die vom Senat entwickelten Zurechnungsgrundsätze gelten auch für eine nicht rechtsfähige Gesellschaft (Senat, BGHZ 132, 30, 37; Soergel/Leptien, BGB, 13. Aufl., § 166, Rdn. 9; Soergel/Stürner, § 892 BGB, Rdn. 33; Taupitz, Wissenszurechnung nach englischem und deutschem Recht, Karlsruher Forum, 1994, Beilage zum "Versicherungsrecht" S. 16 ff, 28 ff). Aktenmäßig festzuhaltendes Wissen eines Mitarbeiters, das bei sachgerechter Ausgestaltung der Informationsgewinnung und -weiterleitung bei Abschluß eines Rechtsgeschäftes des betroffenen Bereichs verfügbar ist, kann auch den Gesellschaftern einer nicht rechtsfähigen Gesellschaft zuzurechnen sein.
Die Zurechnung findet zu Lasten der juristischen Person oder Personengesellschaft statt, nicht zu Lasten ihrer Organe oder vertretungsberechtigten Mitglieder (Senat, BGHZ 109, 327, 332; 132, 30, 37). Die Zurechnung steht
der Geltendmachung von Unkenntnis entgegen, ohne daß sie eine tatsächlich fehlende Kenntnis ersetzt. Die nach der Rechtsprechung des Senats vorzunehmende Zurechnung von Wissen ist daher grundsätzlich nicht geeignet, "Wissen" eines personenidentischen Organs einer anderen juristischen Person oder eines personenidentischen Mitglieds einer Gesamthandsgesellschaft außerhalb derjenigen Struktureinheit zu begründen, deren Aufgaben wahrzunehmen waren.
Etwas anderes gilt nur, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben der juristischen Person oder Gesamthandsgesellschaft so organisiert ist, daß ein Teil ihres Aufgabenbereichs auf eine natürliche Person oder eine selbständige juristische Einheit ausgegliedert ist. Daß die S. im Auftrag der aus den Beklagten gebildeten Gesellschaft Aufgaben wahrnimmt, deren Wahrnehmung grundsätzlich den Beklagten als Mitgliedern der aus ihnen bestehenden Grundstücksgesellschaft obliegt, ist nicht vorgetragen. Aus der unstreitigen Behauptung des Klägers, daß die Beklagten nicht nur als Mitglieder einer aus ihnen bestehenden BGB-Gesellschaft, sondern auch als Gesellschafter verschiedener juristischer Personen wie der S. und der W. -Immobilien GmbH in Sch. am Wirtschaftsverkehr teilnehmen und diese dasselbe Büro wie die S. nutzen, folgt nicht, daß die S. im Tätigkeits- und Aufgabenbereich der von den Beklagten gebildeten Gesellschaft des bürgerlichen Rechts tätig ist.

III.


Zur abschließenden Entscheidung des Rechtsstreits ist der Senat nicht in der Lage. Der Kläger hat behauptet, der Beklagte zu 2 habe vor dem 13. Mai 1994 erklärt, die Tatsache der Sequestration des Vermögens der Gemein-
schuldnerin zu kennen. Der für diese Behauptung angetretene Beweis ist zu erheben.
Wenzel Lambert-Lang Tropf Schneider Klein

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.