Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 21. Okt. 2015 - VI-3 Kart 128/14 (V)
Tenor
Auf die Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der Beschlusskammer 7 der Bundesnetzagentur vom 09.05.2014 (BK7-13-119) aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Bundesnetzagentur.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2A.
3Die Betroffene betreibt … ein Energieversorgungsnetz im Strom- und Gasbereich, an das jeweils mehr als 100.000 Kunden angeschlossen sind. Im Rahmen ihrer nach außen gerichteten Kommunikation und Markenpolitik tritt die Betroffene unter Verwendung der Firmierung SWM Infrastruktur GmbH und des folgenden Firmenlogos auf:
4SW//M
5Die Vertriebsgesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens verwendet ihrerseits die Firmenbezeichnung SWM Versorgungs GmbH und dasselbe bzw. folgendes Firmenlogo:
6SW//M
7Stadtwerke München
8Unter dem 17.10.2013 leitete die Bundesnetzagentur ein Verfahren gegen die Betroffene wegen Verstoßes gegen die entflechtungsrechtlichen Vorgaben aus § 7a Abs. 6 EnWG durch die gegenwärtig betriebene Markenpolitik und das damit verbundene Kommunikationsverhalten ein. Nachdem die Betroffene mit Schriftsatz vom 13.12.2013 Stellung genommen hatte, fand unter dem 18.02.2014 ein Anhörungstelefonat statt, in dem die Beschlusskammer erläuterte, dass bei dem aktuellen Auftritt die Grenze eines zulässigen Hinweises auf die Unternehmens-verbundenheit überschritten werde und eine Verwechselung der Netzbetreibertätigkeit mit den Vertriebsaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens nicht ausgeschlossen sei. Im Zeitraum bis zur Entwicklung und Implementierung eines überarbeiteten Markenauftritts könne auf eine förmliche Entscheidung verzichtet werden, wenn der Auftritt zwischenzeitlich neutral gestaltet werde. Mit Schreiben vom 27.02.2014 übersandte die Betroffene daraufhin die von ihr zum 01.08.2014 geplante Änderung des Außenauftritts. Den zugehörigen Entwurf fügte sie in der Anlage bei:
9SWM Infrastruktur
10Ein Unternehmen
11der Stadtwerke München / SW // M
12Zusammen mit dem streitgegenständlichen Verfahren hatten die Beschlusskammern 6 und 7 insgesamt 18 Aufsichtsverfahren gegen Verteilernetzbetreiber wegen des Verdachts eines § 7a Abs. 6 EnWG entgegenstehenden Verhaltens eingeleitet. In den bei der Beschlusskammer 7 ursprünglich anhängigen Verfahren hatte die Mehrzahl der betroffenen Unternehmen mitgeteilt, ihre Markenpolitik und ihr Kommunikationsverhalten künftig rechtskonform auszurichten. Daher bedurfte es nach Auffassung der Beschlusskammer einer förmlichen Entscheidung in bislang 13 Fällen nicht. Die betreffenden Verfahren stellte die Beschlusskammer ein. Die weiteren Verfahren waren zum Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Entscheidung noch anhängig. Die Betroffene nutzt unverändert unter Verwendung der Firmierung Infrastruktur GmbH das Firmenlogo SW//M in ihrem Kommunikationsverhalten und ihrer Markenpolitik.
13Unter Tenorziffer 1 des angegriffenen Beschlusses vom 09.05.2014 stellte die Beschlusskammer fest, dass die Betroffene entgegen § 7a Abs. 6 EnWG durch die derzeitige Verwendung der MarkeSW//M bei ihrer Kommunikation im Internet, in Musterverträgen und auf dem Geschäftspapier nicht gewährleiste, dass eine Verwechslung zwischen ihr als Verteilernetzbetreiber und den Vertriebsaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, welche unter Verwendung derselben Marke bzw. unter der Marke
14SW//M
15Stadtwerke München
16erfolgten, ausgeschlossen sei.
17Unter Tenorziffer 2 wurde die Betroffene daher verpflichtet, es spätestens drei Monate nach Bestandskraft des Beschlusses zu unterlassen, bei ihrer Kommunikation im Internet, in Musterverträgen und auf dem Geschäftspapier die Marke SW//M in der derzeitigen Form zu verwenden.
18Zur Begründung führte die Beschlusskammer aus, dass das sowohl von der Betroffenen als auch von der Vertriebsgesellschaft verwendete prägnante Logo SW//M eine so herausgehobene Position einnehme, dass der von der Betroffenen nur teilweise verwendete Zusatz „SWM Infrastruktur GmbH“ ebenso wenig wie der von der Vertriebsgesellschaft gleichfalls nur zum Teil verwendete Zusatz „SWM Versorgungs GmbH“ geeignet seien, eine Unterscheidbarkeit von Netzbetrieb und Vertriebsaktivitäten sicherzustellen. Die gemeinsamen Elemente in Gestalt des Firmenlogos, der Farbgestaltung und der jeweils mit dem Kürzel „SWM“ beginnenden Namensbezeichnung prägten beide Firmenlogos in derselben Weise und hätten einen erheblichen Wiedererkennungswert für den Verbraucher. Auch wenn die Verwendung einer teilweise übereinstimmenden Namensbezeichnung nicht von vornherein unzulässig sei, müsse diese Übereinstimmung durch die Veränderung anderer prägender Elemente aufgewogen werden. Dieses sei vorliegend gerade nicht der Fall, so dass der aktuelle Außenauftritt dem Firmenlogo der Betroffenen im Vergleich zu demjenigen der Vertriebsgesellschaft die erforderliche eigene Individualität und Unterscheidungskraft nicht verleihen könne.
19Auch der angekündigte überarbeitete Außenauftritt
20SWM Infrastruktur
21Ein Unternehmen
22der Stadtwerke München / SW // M
23genüge den Anforderungen des § 7 Buchst. a Abs. 6 EnWG nur teilweise. Der Zusatz „Ein Unternehmen der Stadtwerke München / SW // M“ dürfe nicht innerhalb des Netzbetreiberlogos, sondern nur deutlich räumlich abgesetzt, etwa im Impressum erfolgen. Der gewählte Zusatz überschreite die Grenze eines zulässigen Hinweises auf die Unternehmensgruppenverbundenheit, so dass eine Verwechslung des Netzbetriebs mit den Vertriebsaktivitäten nicht ausgeschlossen sei. Der vorgesehene Außenauftritt stelle eine Verknüpfung des Namens der Betroffenen mit dem auch vom Vertrieb verwendeten Logo SW // M her, so dass eine klare Abgrenzung von den Vertriebsaktivitäten für den Verbraucher und Endkunden nicht verwechslungssicher ermöglicht werde. Vielmehr sei der Gesamteindruck auch hier wieder durch das Logo SW // M geprägt, dem kein mindestens ebenso prägendes Element des Verteilernetzbetreibers entgegengesetzt werde. Dem Namen „SWM Infrastruktur“ komme vorliegend keine eigene Kennzeichnungskraft zu, vor allem träten die übrigen Markenteile, insbesondere der Zusatz „Ein Unternehmen der Stadtwerke München / SW // M“ nicht hinter ihm zurück.
24Im Rahmen der Ermessenserwägungen unter Ziffer 3.4 der Beschlussgründe führte die Beschlusskammer aus:
25„Die Entscheidung war auch nicht entbehrlich, weil die von der Betroffenen „freiwillig“ angebotenen Maßnahmen nicht ausreichen, um den gerügten Verstoß abzustellen. Anders als in der Mehrzahl der von der Beschlusskammer 7 im Jahr 2013 eingeleiteten Verfahren, in denen im Ergebnis der Anhörungsgespräche die Voraussetzungen für eine Verfahrenseinstellung geschaffen werden konnten, bedarf es daher im vorliegenden Verfahren einer förmlichen Beanstandung zur Abstellung des Verstoßes.“
26Mit der dagegen gerichteten Beschwerde macht die Betroffene geltend, dass die angefochtene Entscheidung in Bezug auf die Tenorziffern 1 und 2 unbegründet sei, da die Bundesnetzagentur von ihrem Ermessen fehlsamen Gebrauch gemacht habe. Die Schaffung einer Unterlassungsverpflichtung in Bezug auf die bislang verwendete Kennzeichnung sei entbehrlich, da sie im Vorfeld der Entscheidung die freiwillige Durchführung von Umstellungsmaßnahmen angekündigt habe, mit denen ein gesetzeskonformes Kommunikationsverhalten gewährleistet sei. Die Bundes-netzagentur hätte im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz das Verfahren einstellen müssen, ohne eine der Verwaltungsvollstreckung zugängliche Unterlassungsverpflichtung zu schaffen. Schließlich sei in einer Vielzahl von vergleichbaren Fällen das Verfahren aus diesem Grund eingestellt worden, ohne dass eine formale Beanstandung ergangen sei. Die mit Schreiben vom 27.02.2014 angekündigte Umstellung erfülle die von § 7a Abs. 6 EnWG aufgestellten Anforde-rungen. Die Verwendung des angekündigten Logos weise erhebliche Unterschiede zu den Zeichen der Vertriebsgesellschaft aus, so dass keine Verwechslungsgefahr bestehe. Der umstrittene Bestandteil sei lediglich in der unteren rechten Ecke in äußerst kleiner Ausführung in das angekündigte Gesamtzeichen integriert, während der Großteil des Zeichens durch andere Bestandteile ausgefüllt und geprägt werde.
27Für die Begründung einer nach dem EnWG zu bestimmenden Verwechslungsgefahr im engeren Sinne sei erforderlich, dass das angekündigte Gesamtzeichen durch das von der Vertriebsgesellschaft verwendete Zeichen geprägt werde. Ohne eine solche Prägung durch den übereinstimmenden Bestandteil müssten die sich gegenüberstehenden Zeichen in ihrem Gesamteindruck verglichen werden. Nehme das übereinstimmende Element lediglich eine untergeordnete Rolle im Rahmen eines Gesamtzeichens ein, sei eine ausreichende Zeichenähnlichkeit so gut wie ausgeschlossen. Die Anwendung dieser Grundsätze ergebe, dass das von der Beschwerdeführerin angekündigte Zeichen nicht durch die auch von der Vertriebsgesellschaft genutzten Bestandteile geprägt werde. So nehme der Bestandteil SW//M im Rahmen des Gesamtzeichens nur 5 % der Gesamtfläche ein und befinde sich in der unteren rechten Ecke. Da der Verbraucher ein aus Buchstaben bestehendes Zeichen von links nach rechts und von oben nach unten lese, handele es sich damit um den letzten Bestandteil, den er wahrnehme. Da das Element auch nicht durchweg farblich gestaltet sei, falle es entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur auch nicht wegen seiner Farbe dem Betrachter besonders ins Auge.
28Vielmehr bestehe eine Prägung des angekündigten Gesamtzeichens durch den Bestandteil „SWM Infrastruktur“, denn dieser nehme ca. 50 % der Gesamtfläche ein. Insbesondere wenn das Zeichen aus einiger Entfernung wahrgenommen bzw. etwas kleiner gedruckt werde, handele es sich um den einzigen Bestandteil, den man mühelos und zweifelsfrei entziffern könne. Zum anderen hebe sich dieser Bestandteil farblich klar von den anderen Elementen ab, da die Buchstaben im Gegensatz zu dem beanstandeten „SW//M“-Element durchweg in einer strahlend blauen Farbe abgebildet seien. Erkenne man einer farblichen Gestaltung einen grundsätzlichen Wahrnehmungseffekt zu, sei dieser bei dem Bestandteil „SWM Infrastruktur“ deutlicher ausgeprägt. Darüber hinaus befinde sich der Bestandteil „SWM Infrastruktur“ am Zeichenbeginn, so dass der Verbraucher ihn zuerst wahrnehme und der ihm deswegen besonders in Erinnerung bleibe. Somit gehe dieses Element in dem angekündigten neuen Gesamtzeichen keineswegs unter. Vielmehr müsse angesichts der alleinigen Prägung des Gesamtzeichens durch „SWM Infrastruktur“ eine Verwechslungsgefahr bereits deswegen abgelehnt werden, weil das umstrittene Element SW//M nicht am Gesamteindruck teilnehme.
29Auch wenn eine Prägung des angekündigten Zeichens durch „SWM Infrastruktur“ nicht angenommen werde, ergäben sich erhebliche Unterschiede in optischer, akustischer und begrifflicher Hinsicht. Der allenfalls durch die Verwendung der Elemente SW//M und „Stadtwerke München“ begründeten, außerordentlich geringen Ähnlichkeit stünden erhebliche Unterschiede gegenüber, so dass der Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen entscheidend voneinander abweiche. Der für die Verwechslungsgefahr erforderliche Grad an Zeichenähnlichkeit könne nicht festgestellt werden.
30Die Bundesnetzagentur überspanne die Anforderungen des § 7a Abs. 6 EnWG erheblich, indem sie die Auffassung vertrete, dass ein auf die Unternehmens-verbindung hinweisendes Logo nicht mit den Vorgaben der Vorschrift vereinbar sei. Es komme unabhängig von der Verwendung eines konzernübergreifenden Logos allein darauf an, ob die sich gegenüberstehenden Zeichen den Schluss darauf zuließen, dass es sich bei den Zeichenverwendern um ein und dieselbe juristische Person handele. Dies werde der Verkehr dem angekündigten Zeichen indes gerade nicht entnehmen, sondern werde, wenn überhaupt, von bloßen Unternehmensverbindungen ausgehen.
31Da sie somit eine rechtmäßige Umstellung angekündigt habe, hätte die Bundesnetzagentur auf eine formale Beanstandung verzichten und das Verfahren schon unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebotes einstellen müssen. Eine Einstellung wäre auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit geboten gewesen. Die Beschwerdeführerin habe glaubhaft und ernsthaft die Umsetzung eines rechtskonformen neuen Markenauftritts angeboten. Der Erlass eines formellen Beschlusses sei daher zur Sicherstellung eines rechtskonformen Verhaltens der Beschwerdeführerin nicht erforderlich gewesen. Der angekündigte Außenauftritt wäre bereits umgesetzt worden, wenn die Bundesnetzagentur diesen für rechtskonform erachtete. Angesichts des mit einer Umstellung verbundenen zeitlichen und wirtschaftlichen Aufwands sei es ihr jedoch nicht zuzumuten gewesen, die Änderung in dem Wissen umzusetzen, dass die Bundesnetzagentur den angekündigten Auftritt für unzulässig halte. Hilfsweise sei jedenfalls die Rechtmäßigkeit des angebotenen Außenauftritts festzustellen.
32Die Betroffene beantragt,
331. Der Beschluss der Bundesnetzagentur vom 9.5.2014 (BK 7 - 13 - 119) wird aufgehoben.
342. Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass die Verwendung des von der Beschwerdeführerin mit Schreiben an die Bundesnetzagentur vom 27.02.2014 nebst Anlage dargestellten neuen Logos
35SWM Infrastruktur
36Ein Unternehmen
37der Stadtwerke München / SW // M
38zum Zwecke der Kommunikation und Markenpolitik in Einklang mit § 7a Abs. 6 EnWG steht.
39Die Bundesnetzagentur beantragt,
40die Beschwerde zurückzuweisen.
41Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss unter Wiederholung und Vertiefung seiner Gründe. Durch die Verwendung des Firmenzeichens des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens sei eine Verwechslungsgefahr im engeren Sinne auch dann anzunehmen, wenn der Zusatz „Stadtwerke München“ von Seiten der Vertriebsgesellschaft verwendet werde. Auch in diesem Fall sei es einem durchschnittlichen Verbraucher nicht möglich, eindeutig zwischen dem Netzbetreiber und den Vertriebsaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungs-unternehmens zu differenzieren. Der Zusatz „Stadtwerke München“ trete bei der maßgeblichen Ermittlung des Gesamteindrucks für einen durchschnittlichen Letztverbraucher in den Hintergrund, so dass allein das Zeichen SW//M als prägend anzusehen sei. Somit verstoßen das aktuelle Kommunikationsverhalten und die Markenpolitik der Betroffenen gegen die Vorgaben des § 7a Abs. 6 EnWG.
42Ihr Auswahlermessen sei auch nicht infolge der Ankündigung des veränderten Markenauftritts dahingehend reduziert worden, dass das Verfahren hätte eingestellt werden müssen. Durch die Verwendung des angekündigten Firmenzeichens werde die Verwechslungsgefahr im engeren Sinne nicht beseitigt. Das von der Betroffenen angekündigte Firmenzeichen werde unter Berücksichtigung von Größe und Position der verschiedenen Bestandteile, der farblichen Gestaltung und der Kennzeichnungskraft nach der insoweit vorzunehmenden Gesamtbetrachtung und der zu beachtenden Wechselwirkung durch das Element SW//M geprägt. Dass der Schriftzug „SWM Infrastruktur“ flächenmäßig am größten sei und am Beginn des komplexen Zeichens stehe, schließe den prägenden Charakter des „SW//M“-Zeichens keinesfalls aus. Unter dem Gesichtspunkt der farblichen Gestaltung sei das Element SW//M insgesamt dominanter, was zu einer gesteigerten Wahrnehmbarkeit durch die angesprochenen Verkehrskreise führe. Schließlich sei im Rahmen der Gesamtbetrachtung auch der Gesichtspunkt der Kennzeichnungskraft zwingend zu berücksichtigen. Das Element SW//M sei mit dem von der Vertriebsgesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens verwendeten Firmenzeichen bzw. dessen einzigem prägenden Element identisch. Es handele sich dabei um das gegenüber den maßgeblichen Verkehrskreisen in der Vergangenheit dauerhaft verwendete Erkennungszeichen des vertikal integrierten Energieversorgungs-unternehmens und dessen Vertriebsgesellschaft, dem ein sehr hoher Wiedererkennungswert bei den angesprochenen Letztverbrauchern zukomme. Mit diesem Zeichen werde auf den ersten Blick das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen in Verbindung gebracht. Demgegenüber sei die Kennzeichnungskraft des Schriftzuges „SWM Infrastruktur“ allenfalls als normal, eher sogar als vermindert einzustufen. Insbesondere im Großraum München bzw. im Freistaat Bayern sei der Farbkombination hellblau/weiß keine durchschlagende Unterscheidungskraft beizumessen. Angesichts der erheblichen Diskrepanz im Hinblick auf die Kennzeichnungskraft zu Gunsten des Elements SW//M sei demnach eine Prägung des angekündigten Firmenzeichens durch das als farblichen Blickfang ausgestaltete und bei den angesprochenen Verkehrskreisen äußerst bekannte Element anzunehmen. Da die beiden prägenden Elemente der vorliegend zu bewertenden Vergleichszeichen identisch seien, sei eine Verwechslungsgefahr im engeren Sinne somit für einen durchschnittlichen Letztverbraucher auch bei dem angekündigten Firmenzeichen unzweifelhaft gegeben. Aufgrund der Identität komme es vor dem Hintergrund, dass die Übereinstimmungen stärker zu berücksichtigen seien als die bestehenden Unterschiede auf die weitergehenden Unterschiede zwischen den Firmenzeichen bereits nicht an.
43Darüber hinaus habe die Betroffene eine vollständige Umstellung nie vorgesehen. Die in der Außendarstellung besonders leicht wahrzunehmende und einprägsame Verwendung des Firmenzeichens auf den Fahrzeugen, die im Rahmen der Tätigkeit der Betroffenen als Verteilernetzbetreiber eingesetzt würden, sollte ausdrücklich nur insoweit erfasst werden, wie diese ausschließlich für die Beschwerdeführerin zum Einsatz kämen. Da die Betroffene aber zugleich angekündigt habe, dass „Shared-Service“-Dienstleister Aufgaben für mehrere Sparten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens wahrnähmen, während sie selbst über keinen eigenen Fuhrpark verfüge, werde der Anwendungsbereich dieser Ankündigung faktisch leerlaufen. Durch den weiteren Einsatz von mit dem streitgegenständlichen Zeichen versehenen Fahrzeugen bei der Erfüllung von Aufgaben der Betroffenen bestehe daher in jedem Fall weiterhin eine Verwechslungsgefahr im engeren Sinne.
44Die Feststellung der Zuwiderhandlung und die ausgesprochene Unterlassungsverfügung seien angemessen. So kämen zur Förderung des legitimen Zwecks lediglich die angewendeten Möglichkeiten infrage. Auf Seiten der Betroffenen sei zudem kein zu berücksichtigendes Interesse am Festhalten ihres verwendeten Firmenzeichens ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Betroffenen seien die Feststellung des Verstoßes und die damit korrespondierende Verpflichtung zur Unterlassung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung ermessensfehlerhaft.
45Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit Anlagen, den beigezogenen Verwaltungsvorgang und das Protokoll der Senatssitzung Bezug genommen.
46B.
47Die Beschwerde hat mit dem Hauptantrag aus den mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen erörterten Gründen in der Sache Erfolg.
48Zwar verstoßen die von der Betroffenen gegenwärtig betriebene Markenpolitik und ihr damit einhergehendes Kommunikationsverhalten infolge der Verwendung des Firmenlogos SW//M gegen die entflechtungsrechtlichen Vorgaben aus § 7a Abs. 6 EnWG. Die Entscheidung der Bundesnetzagentur, den Verstoß festzustellen und die Betroffene gemäß § 65 Abs. 1 i.V.m. § 7a Abs. 6 EnWG zu verpflichten, dieses den Bestimmungen des EnWG zuwiderlaufende Verhalten zu unterlassen, ist jedoch als ermessensfehlerhaft zu beanstanden.
49I. Vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen müssen ebenso wie selbständige Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen, die im Sinne von § 3 Nr. 38 EnWG mit einem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen verbunden sind, die Unabhängigkeit des Netzbetreibers von anderen Tätigkeitsbereichen der Energieversorgung sicherstellen. Zu diesem Zweck mussten Betreiber von Energieverteilernetzen bis zum 01.07.2007 im Wege der rechtlichen Entflechtung gemäß § 7 Abs. 1 EnWG hinsichtlich ihrer Rechtsform unabhängig von anderen Bereichen der Energieversorgung gestellt werden. Nach den Vorgaben zur operationellen Entflechtung sind die vertikal integrierten Energieversorgungs-unternehmen verpflichtet, den Netzbetrieb unabhängig zu organisieren und ein Gleichbehandlungsmanagement einzuführen. Seit Inkrafttreten der EnWG-Novelle 2011 zum 04.08.2011 und der Einführung des § 7a Abs. 6 EnWG müssen Verteilernetzbetreiber die erfolgte rechtliche und operationelle Trennung von den Vertriebsaktivitäten auch dadurch kenntlich machen, dass sie in ihrem Kommunikationsverhalten und ihrer Markenpolitik jede Verwechslung zwischen ihrer Geschäftstätigkeit und den Vertriebsaktivitäten des vertikal integrierten Energie-versorgungsunternehmens ausschließen.
501. Als Verteilernetzbetreiber, an dessen Gas- und Stromnetz jeweils mehr als 100.000 Kunden angeschlossen sind, ist die Betroffene gemäß § 7a Abs. 7 EnWG zur markenrechtlichen Entflechtung nach § 7a Abs. 6 EnWG verpflichtet. Sie hat zu gewährleisten, dass in Bezug auf ihr Kommunikationsverhalten und ihre Markenpolitik Verwechslungen mit der Vertriebsgesellschaft ausgeschlossen sind.
51Der Begriff des Kommunikationsverhaltens bezieht jede Form der an Dritte gerichteten Information und sonstigen Ansprache ein. Erfasst werden vor allem die Werbung des Verteilernetzbetreibers, die Eigendarstellung in Geschäftsberichten, Informationsbroschüren, im Internet und den sonstigen offiziellen Informationen, etwa in Presseerklärungen und Veröffentlichungen. Unter Markenpolitik fallen alle Maßnahmen, die sich mit den angebotenen Produkten und Leistungen, ihrer Darstellung und Charakterisierung befassen. Eine trennscharfe Abgrenzung zum Begriff des Kommunikationsverhaltens ist weder möglich noch notwendig, da Ziel des § 7a Abs. 6 EnWG eine umfassende Trennung der Marktauftritte von Verteilernetz-betreibern und vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen ist (vgl. Knauff, in: Kment, EnWG, § 7a, Rdn. 33 f.). Zweck der Regelung ist es, zum einen die Transparenz gegenüber dem Verbraucher zu erhöhen, der leichter erkennen soll, dass es sich bei Netz und Vertrieb um zwei rechtlich und operationell getrennte Bereiche handelt, und zum anderen bei den Mitarbeitern des Verteilernetzbetreibers das Bewusstsein für die Identität als selbständiger Netzbetreiber zu schärfen und dadurch die Identifikation mit diesem zu stärken (vgl. BT-Drs. 17/6072, S. 57; Säcker/Schönborn, in Säcker, EnergieR, 3. Aufl., § 7a EnWR, Rdn. 90).
522. Der Begriff der Verwechslungsgefahr wird durch das EnWG nicht weiter definiert. Vielmehr gehen sowohl die Gesetzesbegründung als auch die Bundesnetzagentur davon aus, dass hierzu markenrechtliche Maßstäbe anzulegen sind. Der Verweis auf die Vorgaben des Markenrechts gilt allerdings mit der Einschränkung, dass für den Anwendungsbereich des EnWG ausschließlich eine „Verwechslungsgefahr im engeren Sinne“, nicht dagegen eine „Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne“, die dem Schutz des Markeninhabers dient, zu einem Verstoß führt.
53Das Vorliegen einer solchen Verwechselungsgefahr im engeren Sinne hat die Bundesnetzagentur in dem angegriffenen Beschluss im Hinblick auf den aktuellen Außenauftritt der Betroffenen rechtsfehlerfrei bejaht. Indem die Betroffene gegenwärtig ebenso wie die Vertriebsgesellschaft das Logo des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens SW//M der Stadtwerke München GmbH nutzen, weist die Markenpolitik der Betroffenen eine erhebliche Ähnlichkeit zu derjenigen der Vertriebsgesellschaft auf. Die nur teilweise verwendeten Zusätze „SWM Infrastruktur“ bzw. „SWM Versorgungs GmbH“ treten gegenüber dem prägnanten Logo in den Hintergrund und sind nicht geeignet, für einen durchschnittlichen Verbraucher eine Unterscheidbarkeit von Netzbetreiber und Vertriebsaktivitäten zu gewährleisten. Gegen die Annahme, dass der aktuelle Außenauftritt gegen die Vorgaben des § 7a Abs. 6 EnWG verstößt, wendet sich die Betroffene mit der Beschwerde nicht. Die Beteiligten sind sich vielmehr darüber einig, dass die von der Betroffenen und der Vertriebsgesellschaft gegenwärtig genutzten Zeichen SW//M bzw. SW//M stadtwerke München verwechselungsfähig sind.
54II. Die Bundesnetzagentur hat jedoch das ihr gemäß § 65 Abs. 1 S. 1 EnWG zustehende Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt, indem sie ihre Ermessensentscheidung, die Zuwiderhandlung festzustellen und eine Unterlassungsverfügung auszusprechen, auch darauf gestützt hat, dass die von der Betroffenen angebotene Änderung des Außenauftritts nicht ausreiche, den gerügten Verstoß abzustellen.
551. Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur genügt der von der Betroffenen unterbreitete Änderungsvorschlag den Anforderungen des § 7a Abs. 6 EnWG.
561.1. Die Betroffene geht allerdings fehl in der Annahme, dass eine Verwechslungsgefahr schon deswegen entfalle, weil wegen der alleinigen Prägung des Gesamtzeichens durch den Bestandteil „SWM Infrastruktur“ das umstrittene Element SW//M nicht am Gesamteindruck teilnehme.
57Eine Prägung des angekündigten Gesamtzeichens durch den Bestandteil „SWM Infrastruktur“ ist abzulehnen, weil das umstrittene Element SW//M durch seine Stellung und Gestaltung dazu ein prägnantes optisches Gegengewicht bildet. Durch die kursive Setzung, den Fettdruck und die farbigen Schrägstriche setzt es sich von den weiteren Zeichen deutlich ab. Da der Verbraucher von links nach rechts und von oben nach unten liest, fällt bei der Wahrnehmung des Gesamtkennzeichens zunächst das auffällig gestaltete Element „SWM Infrastruktur“ ins Auge, während am Ende mit dem Bestandteil SWM Infrastruktur wiederum Aufmerksamkeit erzeugt wird. Diese prägnanten und optisch hervortretenden Elemente werden durch das vergleichsweise zurückhaltend gestaltete Element „Ein Unternehmen der Stadtwerke München“ verbunden, so dass sowohl der Anfang als auch das Ende des Gesamtkennzeichen optisch betont werden und der Bestandteil SWM Infrastruktur demnach nicht dominiert.
581.2. Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur scheidet aber auch eine Prägung des Gesamtzeichens durch den Zeichenbestandteil SW//M aus. Während die von der Versorgungs GmbH verwendeten Vergleichszeichen durch das Element SW//M geprägt werden, weil sie entweder nur aus diesem Bestandteil bestehen oder um den optisch zurücktretenden Schriftzug „Stadtwerke München“ ergänzt werden, wird das von der Betroffenen angekündigte Firmenzeichen unter Berücksichtigung von Größe und Position der verschiedenen Bestandteile, der farblichen Gestaltung und der Kennzeichnungskraft nicht durch das Element SW//M dominiert. Dagegen spricht bereits, dass der Schriftzug „SWM Infrastruktur“ flächenmäßig am größten ist und am Beginn des komplexen Zeichens steht. Zudem ist der Schriftzug in Fettdruck gesetzt und durchweg farbig gestaltet. Größe, Stellung und farbliche Gestaltung begründen eine vergleichbare Wahrnehmbarkeit zu dem Bestandteil SW//M, dem somit keine optische Dominanz in dem Gesamtzeichen zukommt.
59Auch unter dem Gesichtspunkt der Kennzeichnungskraft ist eine Prägung des Gesamtzeichens durch das umstrittene Element nicht anzunehmen. Zwar handelt es sich insoweit um das gegenüber den maßgeblichen Verkehrskreisen dauerhaft verwendete Erkennungszeichen des vertikal integrierten Energieversorgungs-unternehmens und dessen Vertriebsgesellschaft. Ihm kommt durch seine Verwendung im Internetauftritt sowie auf verschiedenen Antragsvorlagen und Preisblättern ein sehr hoher Wiedererkennungswert bei den Letztverbrauchern zu, so dass das Zeichen eine gesteigerte Kennzeichnungskraft aufweist. Demgegenüber ist die Kennzeichnungskraft des Schriftzuges „SWM Infrastruktur“ nur durchschnittlich.
60Trotz dieser Diskrepanz im Hinblick auf die Kennzeichnungskraft scheidet eine Prägung des Gesamtzeichens durch das Element SW//M jedoch schon angesichts des inhaltlichen und gestalterischen Zusammenhangs mit dem verbindenden Schriftzug „Ein Unternehmen der Stadtwerke München“ aus. Durch diesen Hinweis erhält der Betrachter – optisch verdeutlicht durch den Absatz zwischen dem Firmennamen der Betroffenen und der folgenden Erläuterung – die ergänzende Information, dass die Betroffene zum Unternehmensverbund der Stadtwerke gehört. Dem Element SW//M wird durch die Stellung hinter der erläuternden Angabe somit ausschließlich die Funktion eines Hinweises auf die Unternehmensverbindung zugewiesen. Die Formulierung „Ein Unternehmen der…“ schließt das Verständnis aus, die Betroffene sei mit weiteren zum Konzernverbund gehörenden Unternehmen identisch. Dieser eindeutigen inhaltlichen Angabe entsprechen der Aufbau und die Gestaltung des Gesamtzeichens, indem die Angabe des Firmennamens der Betroffenen von dem Logo SW//M räumlich, farblich und durch die Verwendung des Schriftbildes abgesetzt wird.
61Die Verwendung von teilweise übereinstimmenden Namensbezeichnungen, aus denen die Zugehörigkeit beider Gesellschaften zur gleichen Unternehmensgruppe ersichtlich wird, ist auch unter Einhaltung der Entflechtungsvorgaben des § 7a Abs. 6 EnWG weiterhin möglich (vgl. BT-Drs. 17/6072). Der mit einem solchen Hinweis zwangsläufig verbundene gewisse Grad an Ähnlichkeit zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen verstößt nicht gegen die entflechtungsrechtlichen Vorgaben, solange die rechtliche Trennung für den Verbraucher erkennbar ist. Die Grenze eines zulässigen Hinweises auf die Unternehmensverbindung wird durch den Zusatz „Ein Unternehmen der Stadtwerke München / SW // M“ nicht überschritten. In dem angekündigten Gesamtzeichen wird der Firmenname mit dem auch von der Vertriebsgesellschaft verwendeten Logo nicht derart verknüpft, dass dem Verbraucher eine klare und eindeutige Abgrenzung nicht verwechslungssicher ermöglicht wird. Vielmehr nimmt der Verbraucher primär den Firmennamen der Betroffenen wahr, da dieser sich gleich zu Beginn des Gesamtzeichens befindet. Das Logo SW//M nimmt der Verbraucher erst anschließend und in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Hinweis auf die Unternehmensverbundenheit und damit auf die fehlende Identität zur Kenntnis. Dem Gesamtzeichen wird der Verbraucher gerade nicht entnehmen, dass die Betroffene mit dem vertikal integrierten Unternehmen identisch ist, sondern aufgrund des erläuternden Zusatzes „Ein Unternehmen der Stadtwerke München / SW // M“ zutreffend erkennen, dass es sich bei der Betroffenen um ein zum Konzern gehörendes Unternehmen handelt.
621.3. Der mangels Prägung des Gesamtzeichens durch den Schriftzug „SWM Infrastruktur“ bzw. den Bestandteil SW//M vorzunehmende Vergleich zwischen dem angekündigten Zeichen und den von der Vertriebsgesellschaft verwendeten Firmenzeichen ergibt, dass angesichts der erheblichen Unterschiede eine Verwechslungsgefahr nicht besteht.
631.3.1. Die Zeichenähnlichkeit ist nach der Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild oder in der Bedeutung zu bestimmen, weil Zeichen auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit reicht in der Regel bereits die Ähnlichkeit in einem dieser jeweils gesondert zur erörternden Wahrnehmungsbereiche aus (vgl. BGH, Urteile vom 12.03.2015 - I ZR 153/14; 05.03.2015 - I ZR 161/13; 14.5.2009 - I ZR 231/06; 11.5.2006 - I ZB 28/04 j.m.w.N.). Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit ist auf den jeweiligen Gesamteindruck abzustellen, den die einander gegen-überstehenden Zeichen bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorrufen (vgl. BGH, Urteile vom 05.03.2015 - I ZR 161/13; 18.09.2014 - I ZR 231/06). Insoweit ist der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr die jeweiligen Bezeichnungen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht und die übereinstimmenden Merkmale in einem undeutlichen Erinnerungseindruck häufig stärker ins Gewicht fallen als die Unterschiede (vgl. BGH, Urteile vom 05.03.2015 - I ZR 161/13; 13.10.2004 – I ZR 181/02; 30.10.2003 – ZR 236/97).
641.3.2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze zeigen sich auf jeder Wahrnehmungsebene erhebliche Unterschiede.
65So besteht das angekündigte Zeichen aus insgesamt 53 Buchstaben und Zeichen, die sich auf acht verschiedene und voneinander getrennte Wörter bzw. die Buchstabenfolge SW//M verteilen. Demgegenüber weisen die Vergleichszeichen lediglich fünf bzw. 22 Zeichen auf. Diese bestehen nur aus der Buchstabenfolge SW//M bzw. aus der Kombination dieses Logos mit den Wörtern „Stadtwerke München“. Aus der Diskrepanz in der Zeichenanzahl gibt sich zugleich, dass in dem angekündigten Gesamtzeichen Wörter enthalten sind, die die Vergleichszeichen nicht aufweisen. Zudem ist das angekündigte Zeichen dreizeilig ausgestaltet, während im Unterschied dazu die beiden Vergleichszeichen einzeilig bzw. zweizeilig gestaltet sind. Der flächenmäßig größte Bestandteil in dem angekündigten Gesamtzeichen ist in Blau ausgeführt. Demgegenüber ist der optische Schwerpunkt in den Vergleichszeichen in Schwarz gehalten.
66Erhebliche Unterschiede finden sich auch auf der akustischen Wahrnehmungsebene. Infolge der unterschiedlichen Anzahl der verwendeten Zeichen und Wörter ergibt sich ein anderes Klangbild in Silbenzahl, Betonungen und Vokalfolgen.
67Auch in begrifflicher Hinsicht weisen die Zeichen keine Übereinstimmung auf. Dies folgt schon daraus, dass das neu angekündigte Zeichen mit den Bestandteilen „Infrastruktur“ sowie „ein Unternehmen der“ zwei in beiden Vergleichszeichen nicht angelegte Elemente enthält. Angesichts der durch das letztgenannte Element vermittelten Information hebt sich der Informationsgehalt des angekündigten Zeichens zudem deutlich von den von der Vertriebsgesellschaft genutzten Zeichen ab, in denen eine solche ausdrückliche Erläuterung der Verbindung zu der Stadtwerke München GmbH fehlt.
68In der Gesamtabwägung ist festzustellen, dass der aus der Verwendung der Elemente SW//M bzw. „Stadtwerke München“ herrührenden Ähnlichkeit mit den Vergleichszeichen derart erhebliche Unterschiede gegenüberstehen, dass der Gesamteindruck der zu vergleichenden Zeichen maßgeblich voneinander abweicht. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Erfahrungssatzes, dass die jeweiligen Bezeichnungen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrgenommen und miteinander verglichen werden und die übereinstimmenden Merkmale in einem undeutlichen Erinnerungseindruck häufig stärker ins Gewicht fallen als die Unterschiede. Durch die Bezeichnung als „Infrastruktur GmbH“ und den ausdrücklichen Hinweis darauf, dass es sich bei der Betroffenen um ein Unternehmen der Stadtwerke München GmbH handele, wird auch bei flüchtiger Wahrnehmung nur des angekündigten Zeichens eine Verwechslung mit den Vertriebsaktivitäten der Stadtwerke München GmbH, die der Verkehr mit dem Zeichen SW//M assoziiert, ausgeschlossen. Der für die Verwechslungsgefahr im engeren Sinne erforderliche Grad an Zeichenähnlichkeit liegt demnach nicht vor.
691.4. Der angekündigte Außenauftritt verstößt auch nicht im Hinblick auf den geplanten Fahrzeugeinsatz gegen die entflechtungsrechtlichen Vorgaben des § 7a Abs. 6 EnWG. Die Betroffene hat in der mündlichen Verhandlung versichert, im Rahmen des Netzbetriebs zukünftig nur neutral gestaltete Fahrzeuge ohne das Logo SW//M einzusetzen. Eine Verwechslungsgefahr ist damit ausgeschlossen. Soweit sie im Verwaltungsverfahren mitgeteilt hatte, bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Verteilernetzbetreiber weiterhin mit den streitgegenständlichen Firmenkennzeichen gekennzeichnete Fahrzeuge durch „Shared-Service“ Dienstleister einsetzen zu wollen, ergibt sich aber auch daraus kein Verstoß gegen § 7a Abs. 6 EnWG, denn der Einsatz von Fahrzeugen bei der Erfüllung von Außendienstaufgaben fällt nicht unter das Kommunikationsverhalten bzw. die Markenpolitik im Sinne des § 7a Abs. 6 EnWG. Nach der ratio der Norm wird jede Form der Kontaktaufnahme und Ansprache erfasst, bei der es zu Verwechslungen mit den Vertriebsaktivitäten kommen kann. Da der für den Verbraucher wahrnehmbare Fahrzeugeinsatz im allgemeinen Straßenbild aber weder dem Netz noch den Vertriebsaktivitäten zuzuordnen ist, sondern keinen Rückschluss auf den Anlass des Einsatzes zulässt, besteht eine Verwechslungsgefahr im engeren Sinne nicht. Auch wenn ein Einsatz der Fahrzeuge unmittelbar beim Letztverbraucher erfolgt, ist eine Verwechslung mit den Vertriebsaktivitäten des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ausgeschlossen. Einem solchen Einsatz geht in der Praxis regelmäßig eine Kontaktaufnahme voraus. Erfolgt diese unter Verwendung des angekündigten Gesamtzeichens, besteht für den angesprochenen Verbraucher kein Zweifel über die Unternehmensidentität der Betroffenen. Der Umstand, dass nach einer entsprechenden Kontaktaufnahme bei der konkreten Ausführung ein Fahrzeug mit dem Firmenzeichen SW//M mit bzw. ohne den Zusatz „Stadtwerke München“ eingesetzt wird, löst keine Irreführung des Verbrauchers über die Unternehmensidentität der Betroffenen aus. Zudem hat die Bundesnetzagentur die Feststellung unter Ziffer 1 des Tenors ebenso wenig wie die Untersagungsverfügung unter Ziffer 2 überhaupt auf den Einsatz von mit dem Logo SW//M gekennzeichneten Fahrzeugen bezogen, sondern ausschließlich auf die Verwendung des Logos SW//M bei der Kommunikation im Internet, in Muster-verträgen und auf dem Geschäftspapier abgestellt.
702. Für die angegriffene Entscheidung war neben anderen tragenden Erwägungen die Annahme der Beschlusskammer maßgeblich, dass auch der von der Betroffenen im Rahmen des Aufsichtsverfahrens angebotene veränderte Außenauftritt den Vorgaben des § 7a Abs. 6 EnWG nicht genügt.
712.1. Die Beschlusskammer weist im Rahmen der sich auf ihre Ermessensbetätigung beziehenden Ausführungen unter Ziffer 3.4. der Beschlussgründe ausdrücklich darauf hin, dass eine Entscheidung nicht entbehrlich gewesen sei, weil die von der Betroffenen angebotenen Maßnahmen nicht ausreichten, um den gerügten Verstoß abzustellen. Zudem führt sie unter Ziffer 3.6 der Gründe zur Mittelauswahl aus, dass die Untersagungsverfügung geboten sei, weil sie Raum biete, ohne Zeitdruck ein neues, verwechslungsfreies Logo zu entwickeln. Daraus ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass die rechtliche Bewertung des angekündigten Außenauftritts für den Erlass des Feststellungstenors und der Unterlassungsverfügung, entscheidungserheblich war. Hätte die Beschlusskammer den angekündigten Außenauftritt als rechtmäßig bewertet, hätte sie von einer Feststellung der Rechtswidrigkeit und einer Unterlassungsverfügung abgesehen.
722.2. Die der Ermessensbetätigung zugrunde liegende Annahme, der angekündigte Außenauftritt entspreche den entflechtungsrechtlichen Anforderungen nicht, beruht – wie sich aus den voranstehenden Ausführungen ergibt - auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung, die die Fehlerhaftigkeit der Ermessensbetätigung auslöst.
732.2.1. Gemäß § 114 S. 1 VwGO, der auch auf die gerichtliche Kontrolle von Ermessensentscheidungen nach dem EnWG Anwendung findet, hat das Gericht zu prüfen, ob die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt hat oder ob ein Ermessensfehlgebrauch vorliegt. Maßgeblich ist, welche Gründe die Behörde zur Entscheidung bewogen haben. Die der Entscheidung zu Grunde liegenden Erwägungen und Motive müssen in Zusammenhang mit dem Gesetzeszweck stehen. Die Verfolgung anderer Zwecke stellt einen Ermessensmissbrauch dar, da sie in Bezug auf das anzuwendende Gesetz als sachfremd angesehen werden muss ( (Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, Verwaltungsgerichtsordnung, § 114, Rdn. 9). Die Verfolgung eines sachfremden Zweckes liegt im Streitfall erkennbar nicht vor, da der von der Beschlusskammer verfolgte Zweck - Feststellung und Untersagung eines unter entflechtungsrechtlichen Gesichtspunkten rechtswidrigen Zustandes - sich im Rahmen der ihr von § 65 EnWG eingeräumten Ermächtigung hält. Jedoch setzt die fehlerfreie Ermessensausübung darüber hinaus Vollständigkeit und Richtigkeit der Erwägungen voraus. Ermessensfehlerhaft ist eine Entscheidung somit dann, wenn die Regulierungs-behörde von unzutreffenden tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen ausgeht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. § 114 Rdn. 12). Dies ist vorliegend der Fall, da die Beschlusskammer den angekündigten Außenauftritt unrichtig als den entflechtungsrechtlichen Vorgaben des § 7a Abs. 6 EnWG nicht genügend bewertet hat und diese unzutreffende Annahme in den Entscheidungs- und Abwägungsprozess, ob und wie auf den in dem aktuellen Außenauftritt liegenden Rechtsverstoß zu reagieren ist, einbezogen hat.
742.2.2. Dieser Mangel ist nicht deswegen unerheblich, weil er sich nicht auf die Entscheidung ausgewirkt hätte oder hätte auswirken können. An der Kausalität einer unrichtigen tatsächlichen oder rechtlichen Annahme und damit am Rechtswidrigkeits-zusammenhang fehlt es dann, wenn eine Behörde ihre Entscheidung auf mehrere Ermessenserwägungen stützt, von denen zwar einzelne fehlerhaft sind, die Behörde aber zum Ausdruck gebracht hat, dass bereits jede einzelne der Ermessenserwägungen für die getroffene Entscheidung allein tragend ist. Allerdings ist grundsätzlich von der Kausalität des Ermessensfehlers auszugehen. (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 114 Rdn. 6). Auch im Streitfall kann die Kausalität in diesem Sinne nicht ausgeschlossen werden. Vielmehr ist den Beschlussgründen zu entnehmen, dass die Beschlusskammer sich zu einem anderen Vorgehen entschlossen hätte, wenn sie den angekündigten Außenauftritt als rechtskonform erkannt hätte.
752.2.3. Die Fehlerhaftigkeit der Ermessenserwägung ist darüber hinaus auch nicht deswegen als unschädlich zu bewerten, weil – wie die Bundesnetzagentur im Beschwerdeverfahren erstmals geltend macht – angesichts der Ankündigung der Beschwerdeführerin im Aufsichtsverfahren, mit den streitgegenständlichen Firmenzeichen gekennzeichnete Fahrzeuge durch „Shared-Service“ Dienstleister auch zukünftig bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben einsetzen zu wollen, weiterhin eine Verwechslungsgefahr im engeren Sinne bestanden hätte. Insoweit kann dahinstehen, ob die Bundesnetzagentur ihre Ermessenserwägungen um diesen Gesichtspunkt, auf den sich weder die Feststellung noch die Unterlassungsverfügung bezieht, in entsprechender Anwendung des § 114 S. 2 VwGO ergänzen kann. Wie sich aus den voranstehenden Ausführungen ergibt, begründet der beabsichtigte Fahrzeugeinsatz keine Verwechslungsgefahr im engeren Sinne, so dass die Ermessensausübung sich auch durch diese ergänzende Begründung nicht heilen lässt.
76C.
77I. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 2 EnWG.
78II. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO. Das mit der Beschwerde verfolgte wirtschaftliche Interesse beziffert der Senat in Übereinstimmung mit den Verfahrensbeteiligten pauschal auf 50.000 Euro, da die wirtschaftlichen Auswirkungen der Feststellungs- und Unterlassungsverfügung nicht im einzelnen mess- und bezifferbar sind (vgl. Beschl. v. 06.06.2012, z.B. VI-3 Kart 225/07, Beschl. v. 24.04.2013, z.B. VI-3 Kart 37/08 und Beschl. v. 06.03.2013, z.B. VI-3 Kart 65/12).
79D.
80Die Rechtsbeschwerde ist nicht gemäß § 86 Abs. 1 EnWG zuzulassen. Die aufgeworfenen Rechtsfragen haben weder eine über den Streitfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Zulassung zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
81Rechtsmittelbelehrung:
82Gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist die Nichtzulassungsbeschwerde gegeben. Diese ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich beim Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist durch einen beim Oberlandesgericht Düsseldorf oder beim Bundesgerichtshof einzureichenden Schriftsatz binnen einem Monat zu begründen. Diese Frist beginnt mit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde und kann auf Antrag von dem Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts (Bundesgerichtshof) verlängert werden. Die Begründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Beschwerdeentscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
83Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 21. Okt. 2015 - VI-3 Kart 128/14 (V)
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Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 21. Okt. 2015 - VI-3 Kart 128/14 (V) zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Unternehmen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 haben die Unabhängigkeit ihrer im Sinne von § 3 Nummer 38 verbundenen Verteilernetzbetreiber hinsichtlich der Organisation, der Entscheidungsgewalt und der Ausübung des Netzgeschäfts nach Maßgabe der folgenden Absätze sicherzustellen.
(2) Für Personen, die für den Verteilernetzbetreiber tätig sind, gelten zur Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzbetriebs folgende Vorgaben:
- 1.
Personen, die mit Leitungsaufgaben für den Verteilernetzbetreiber betraut sind oder die Befugnis zu Letztentscheidungen besitzen, die für die Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzbetriebs wesentlich sind, müssen für die Ausübung dieser Tätigkeiten einer betrieblichen Einrichtung des Verteilernetzbetreibers angehören und dürfen keine Angehörigen von betrieblichen Einrichtungen des vertikal integrierten Unternehmens sein, die direkt oder indirekt für den laufenden Betrieb in den Bereichen der Gewinnung, Erzeugung oder des Vertriebs von Energie an Kunden zuständig sind. - 2.
Personen, die in anderen Teilen des vertikal integrierten Unternehmens sonstige Tätigkeiten des Netzbetriebs ausüben, sind insoweit den fachlichen Weisungen der Leitung des Verteilernetzbetreibers zu unterstellen.
(3) Unternehmen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 haben geeignete Maßnahmen zu treffen, um die berufliche Handlungsunabhängigkeit der Personen zu gewährleisten, die mit Leitungsaufgaben des Verteilernetzbetreibers betraut sind.
(4) Vertikal integrierte Unternehmen haben zu gewährleisten, dass die Verteilernetzbetreiber tatsächliche Entscheidungsbefugnisse in Bezug auf die für den Betrieb, die Wartung und den Ausbau des Netzes erforderlichen Vermögenswerte des vertikal integrierten Unternehmens besitzen und diese im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes unabhängig von der Leitung und den anderen betrieblichen Einrichtungen des vertikal integrierten Unternehmens ausüben können. Das vertikal integrierte Unternehmen hat sicherzustellen, dass der Verteilernetzbetreiber über die erforderliche Ausstattung in materieller, personeller, technischer und finanzieller Hinsicht verfügt, um tatsächliche Entscheidungsbefugnisse nach Satz 1 effektiv ausüben zu können. Zur Wahrnehmung der wirtschaftlichen Befugnisse der Leitung des vertikal integrierten Unternehmens und seiner Aufsichtsrechte über die Geschäftsführung des Verteilernetzbetreibers im Hinblick auf dessen Rentabilität ist die Nutzung gesellschaftsrechtlicher Instrumente der Einflussnahme und Kontrolle, unter anderem der Weisung, der Festlegung allgemeiner Verschuldungsobergrenzen und der Genehmigung jährlicher Finanzpläne oder gleichwertiger Instrumente, insoweit zulässig als dies zur Wahrnehmung der berechtigten Interessen des vertikal integrierten Unternehmens erforderlich ist. Dabei ist die Einhaltung der §§ 11 bis 16a sicherzustellen. Weisungen zum laufenden Netzbetrieb sind nicht erlaubt; ebenfalls unzulässig sind Weisungen im Hinblick auf einzelne Entscheidungen zu baulichen Maßnahmen an Energieanlagen, solange sich diese Entscheidungen im Rahmen eines vom vertikal integrierten Unternehmen genehmigten Finanzplans oder gleichwertigen Instruments halten.
(5) Vertikal integrierte Unternehmen sind verpflichtet, für die mit Tätigkeiten des Netzbetriebs befassten Mitarbeiter ein Programm mit verbindlichen Maßnahmen zur diskriminierungsfreien Ausübung des Netzgeschäfts (Gleichbehandlungsprogramm) festzulegen, den Mitarbeitern dieses Unternehmens und der Regulierungsbehörde bekannt zu machen und dessen Einhaltung durch eine natürliche oder juristische Person (Gleichbehandlungsbeauftragter) zu überwachen. Pflichten der Mitarbeiter und mögliche Sanktionen sind festzulegen. Der Gleichbehandlungsbeauftragte legt der Regulierungsbehörde jährlich spätestens zum 31. März einen Bericht über die nach Satz 1 getroffenen Maßnahmen des vergangenen Kalenderjahres vor und veröffentlicht ihn in nicht personenbezogener Form. Der Gleichbehandlungsbeauftragte des Verteilernetzbetreibers ist in seiner Aufgabenwahrnehmung vollkommen unabhängig. Er hat Zugang zu allen Informationen, über die der Verteilernetzbetreiber und etwaige verbundene Unternehmen verfügen, soweit dies zu Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.
(6) Verteilernetzbetreiber, die Teil eines vertikal integrierten Unternehmens sind, haben in ihrem Kommunikationsverhalten und ihrer Markenpolitik zu gewährleisten, dass eine Verwechslung zwischen Verteilernetzbetreiber und den Vertriebsaktivitäten des vertikal integrierten Unternehmens ausgeschlossen ist.
(7) Vertikal integrierte Unternehmen, an deren Elektrizitätsverteilernetz weniger als 100 000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind, sind hinsichtlich der Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen, die mit ihnen im Sinne von § 3 Nummer 38 verbunden sind, von den Verpflichtungen nach Absatz 1 bis 6 ausgenommen. Satz 1 gilt entsprechend für Gasverteilernetze.
Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet
- 1.
Abrechnungsinformationen Informationen, die üblicherweise in Rechnungen über die Energiebelieferung von Letztverbrauchern zur Ermittlung des Rechnungsbetrages enthalten sind, mit Ausnahme der Zahlungsaufforderung selbst, - 1a.
Aggregatoren natürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die eine Tätigkeit ausüben, bei der Verbrauch oder Erzeugung von elektrischer Energie in Energieanlagen oder in Anlagen zum Verbrauch elektrischer Energie auf einem Elektrizitätsmarkt gebündelt angeboten werden, - 1b.
Ausgleichsleistungen Dienstleistungen zur Bereitstellung von Energie, die zur Deckung von Verlusten und für den Ausgleich von Differenzen zwischen Ein- und Ausspeisung benötigt wird, zu denen insbesondere auch Regelenergie gehört, - 1c.
Ausspeisekapazität im Gasbereich das maximale Volumen pro Stunde in Normkubikmeter, das an einem Ausspeisepunkt aus einem Netz oder Teilnetz insgesamt ausgespeist und gebucht werden kann, - 1d.
Ausspeisepunkt ein Punkt, an dem Gas aus einem Netz oder Teilnetz eines Netzbetreibers entnommen werden kann, - 2.
Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen natürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die Betreiber von Übertragungs- oder Elektrizitätsverteilernetzen sind, - 3.
Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen natürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die die Aufgabe der Verteilung von Elektrizität wahrnehmen und verantwortlich sind für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau des Verteilernetzes in einem bestimmten Gebiet und gegebenenfalls der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen, - 4.
Betreiber von Energieversorgungsnetzen Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen oder Gasversorgungsnetzen, - 5.
Betreiber von Fernleitungsnetzen Betreiber von Netzen, die Grenz- oder Marktgebietsübergangspunkte aufweisen, die insbesondere die Einbindung großer europäischer Importleitungen in das deutsche Fernleitungsnetz gewährleisten, oder natürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbstständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die die Aufgabe der Fernleitung von Erdgas wahrnehmen und verantwortlich sind für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau eines Netzes, - a)
das der Anbindung der inländischen Produktion oder von LNG-Anlagen an das deutsche Fernleitungsnetz dient, sofern es sich hierbei nicht um ein vorgelagertes Rohrleitungsnetz im Sinne von Nummer 39 handelt, oder - b)
das an Grenz- oder Marktgebietsübergangspunkten Buchungspunkte oder -zonen aufweist, für die Transportkunden Kapazitäten buchen können,
- 6.
Betreiber von Gasspeicheranlagen natürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die die Aufgabe der Speicherung von Erdgas wahrnehmen und für den Betrieb einer Gasspeicheranlage verantwortlich sind, - 7.
Betreiber von Gasversorgungsnetzen natürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die Gasversorgungsnetze betreiben, - 8.
Betreiber von Gasverteilernetzen natürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die die Aufgabe der Verteilung von Gas wahrnehmen und verantwortlich sind für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau des Verteilernetzes in einem bestimmten Gebiet und gegebenenfalls der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen, - 9.
Betreiber von LNG-Anlagen natürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die die Aufgabe der Verflüssigung von Erdgas oder der Einfuhr, Entladung und Wiederverdampfung von verflüssigtem Erdgas wahrnehmen und für den Betrieb einer LNG-Anlage verantwortlich sind, - 9a.
Betreiber technischer Infrastrukturen natürliche oder juristische Personen, die für den sicheren Betrieb technischer Infrastrukturen verantwortlich sind, wobei technische Infrastrukturen alle Infrastrukturen sind, an denen durch Einwirken eines Elektrizitätsversorgungsnetzes elektromagnetische Beeinflussungen auftreten können; hierzu zählen insbesondere Telekommunikationslinien im Sinne des § 3 Nummer 64 des Telekommunikationsgesetzes, Rohrleitungsanlagen aus leitfähigem Material, Steuer- und Signalleitungen oder Hoch- und Höchstspannungsleitungen innerhalb eines Beeinflussungsbereichs von bis zu 1 000 Metern um die beeinflussende Anlage, - 10.
Betreiber von Übertragungsnetzen natürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die die Aufgabe der Übertragung von Elektrizität wahrnehmen und die verantwortlich sind für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau des Übertragungsnetzes in einem bestimmten Gebiet und gegebenenfalls der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen, - 10a.
Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung die Unternehmen 50Hertz Transmission GmbH, Amprion GmbH, TenneT TSO GmbH und TransnetBW GmbH sowie ihre Rechtsnachfolger, - 10b.
Betreiber von Wasserstoffnetzen natürliche oder juristische Personen, die die Aufgabe des Transports oder der Verteilung von Wasserstoff wahrnehmen und verantwortlich sind für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau des Wasserstoffnetzes, - 10c.
Betreiber von Wasserstoffspeicheranlagen natürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, die die Aufgabe der Speicherung von Wasserstoff wahrnehmen und für den Betrieb einer Wasserstoffspeicheranlage verantwortlich sind, - 10d.
Bilanzkreis im Elektrizitätsbereich innerhalb einer Regelzone die Zusammenfassung von Einspeise- und Entnahmestellen, die dem Zweck dient, Abweichungen zwischen Einspeisungen und Entnahmen durch ihre Durchmischung zu minimieren und die Abwicklung von Handelstransaktionen zu ermöglichen, - 10e.
Bilanzzone im Gasbereich der Teil eines oder mehrerer Netze, in dem Ein- und Ausspeisepunkte einem bestimmten Bilanzkreis zugeordnet werden können, - 10f.
Biogas Biomethan, Gas aus Biomasse, Deponiegas, Klärgas und Grubengas sowie Wasserstoff, der durch Wasserelektrolyse erzeugt worden ist, und synthetisch erzeugtes Methan, wenn der zur Elektrolyse eingesetzte Strom und das zur Methanisierung eingesetzte Kohlendioxid oder Kohlenmonoxid jeweils nachweislich weit überwiegend aus erneuerbaren Energiequellen im Sinne der Richtlinie 2009/28/EG (ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 16) stammen, - 11.
dezentrale Erzeugungsanlage eine an das Verteilernetz angeschlossene verbrauchs- und lastnahe Erzeugungsanlage, - 12.
Direktleitung eine Leitung, die einen einzelnen Produktionsstandort mit einem einzelnen Kunden verbindet, oder eine Leitung, die einen Elektrizitätserzeuger und ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen zum Zwecke der direkten Versorgung mit ihrer eigenen Betriebsstätte, Tochterunternehmen oder Kunden verbindet, oder eine zusätzlich zum Verbundnetz errichtete Gasleitung zur Versorgung einzelner Kunden, - 13.
Eigenanlagen Anlagen zur Erzeugung von Elektrizität zur Deckung des Eigenbedarfs, die nicht von Energieversorgungsunternehmen betrieben werden, - 13a.
Einspeisekapazität im Gasbereich das maximale Volumen pro Stunde in Normkubikmeter, das an einem Einspeisepunkt in ein Netz oder Teilnetz eines Netzbetreibers insgesamt eingespeist werden kann, - 13b.
Einspeisepunkt ein Punkt, an dem Gas an einen Netzbetreiber in dessen Netz oder Teilnetz übergeben werden kann, einschließlich der Übergabe aus Speichern, Gasproduktionsanlagen, Hubs oder Misch- und Konversionsanlagen, - 14.
Energie Elektrizität, Gas und Wasserstoff, soweit sie zur leitungsgebundenen Energieversorgung verwendet werden, - 15.
Energieanlagen Anlagen zur Erzeugung, Speicherung, Fortleitung oder Abgabe von Energie, soweit sie nicht lediglich der Übertragung von Signalen dienen, dies schließt die Verteileranlagen der Letztverbraucher sowie bei der Gasversorgung auch die letzte Absperreinrichtung vor der Verbrauchsanlage ein, - 15a.
Energiederivat ein in Abschnitt C Nummer 5, 6 oder 7 des Anhangs I der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. L 145 vom 30.4.2001, S. 1, ABl. L 45 vom 16.2.2005, S. 18) in der jeweils geltenden Fassung genanntes Finanzinstrument, sofern dieses Instrument auf Elektrizität oder Gas bezogen ist, - 15b.
Energieeffizienzmaßnahmen Maßnahmen zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen Energieaufwand und damit erzieltem Ergebnis im Bereich von Energieumwandlung, Energietransport und Energienutzung, - 15c.
Energielieferant Gaslieferant oder Stromlieferant, - 15d.
Energiespeicheranlage Anlage in einem Elektrizitätsnetz, mit der die endgültige Nutzung elektrischer Energie auf einen späteren Zeitpunkt als den ihrer Erzeugung verschoben wird oder mit der die Umwandlung elektrischer Energie in eine speicherbare Energieform, die Speicherung solcher Energie und ihre anschließende Rückumwandlung in elektrische Energie oder Nutzung als ein anderer Energieträger erfolgt, - 16.
Energieversorgungsnetze Elektrizitätsversorgungsnetze und Gasversorgungsnetze über eine oder mehrere Spannungsebenen oder Druckstufen mit Ausnahme von Kundenanlagen im Sinne der Nummern 24a und 24b sowie im Rahmen von Teil 5 dieses Gesetzes Wasserstoffnetze, - 17.
Energieversorgungsnetze der allgemeinen Versorgung Energieversorgungsnetze, die der Verteilung von Energie an Dritte dienen und von ihrer Dimensionierung nicht von vornherein nur auf die Versorgung bestimmter, schon bei der Netzerrichtung feststehender oder bestimmbarer Letztverbraucher ausgelegt sind, sondern grundsätzlich für die Versorgung jedes Letztverbrauchers offen stehen, - 18.
Energieversorgungsunternehmen natürliche oder juristische Personen, die Energie an andere liefern, ein Energieversorgungsnetz betreiben oder an einem Energieversorgungsnetz als Eigentümer Verfügungsbefugnis besitzen; der Betrieb einer Kundenanlage oder einer Kundenanlage zur betrieblichen Eigenversorgung macht den Betreiber nicht zum Energieversorgungsunternehmen, - 18a.
Energieversorgungsvertrag ein Vertrag über die Lieferung von Elektrizität oder Gas, mit Ausnahme von Energiederivaten, - 18b.
Erlösobergrenze Obergrenzen der zulässigen Gesamterlöse eines Netzbetreibers aus den Netzentgelten, - 18c.
erneuerbare Energien Energien im Sinne des § 3 Nummer 21 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, - 18d.
Erzeugungsanlage Anlage zur Erzeugung von elektrischer Energie, - 18e.
europäische Strommärkte die Strommärkte der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie der Schweizerischen Eidgenossenschaft und des Königreichs Norwegen, - 19.
Fernleitung der Transport von Erdgas durch ein Hochdruckfernleitungsnetz, mit Ausnahme von vorgelagerten Rohrleitungsnetzen, um die Versorgung von Kunden zu ermöglichen, jedoch nicht die Versorgung der Kunden selbst, - 19a.
Gas Erdgas, Biogas, Flüssiggas im Rahmen der §§ 4 und 49 sowie, wenn sie in ein Gasversorgungsnetz eingespeist werden, Wasserstoff, der durch Wasserelektrolyse erzeugt worden ist, und synthetisch erzeugtes Methan, das durch wasserelektrolytisch erzeugten Wasserstoff und anschließende Methanisierung hergestellt worden ist, - 19b.
Gaslieferant natürliche und juristische Personen, deren Geschäftstätigkeit ganz oder teilweise auf den Vertrieb von Gas zum Zwecke der Belieferung von Letztverbrauchern ausgerichtet ist, - 19c.
Gasspeicheranlage eine einem Gasversorgungsunternehmen gehörende oder von ihm betriebene Anlage zur Speicherung von Gas, einschließlich des zu Speicherzwecken genutzten Teils von LNG-Anlagen, jedoch mit Ausnahme des Teils, der für eine Gewinnungstätigkeit genutzt wird, ausgenommen sind auch Einrichtungen, die ausschließlich Betreibern von Leitungsnetzen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben vorbehalten sind, - 19d.
Gasverbindungsleitungen mit Drittstaaten Fernleitungen zwischen einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und einem Drittstaat bis zur Grenze des Hoheitsgebietes der Mitgliedstaaten oder dem Küstenmeer dieses Mitgliedstaates, - 20.
Gasversorgungsnetze alle Fernleitungsnetze, Gasverteilernetze, LNG-Anlagen oder Gasspeicheranlagen, die für den Zugang zur Fernleitung, zur Verteilung und zu LNG-Anlagen erforderlich sind und die einem oder mehreren Energieversorgungsunternehmen gehören oder von ihm oder von ihnen betrieben werden, einschließlich Netzpufferung und seiner Anlagen, die zu Hilfsdiensten genutzt werden, und der Anlagen verbundener Unternehmen, ausgenommen sind solche Netzteile oder Teile von Einrichtungen, die für örtliche Produktionstätigkeiten verwendet werden, - 20a.
grenzüberschreitende Elektrizitätsverbindungsleitungen Übertragungsleitungen zur Verbundschaltung von Übertragungsnetzen einschließlich aller Anlagengüter bis zum jeweiligen Netzverknüpfungspunkt, die eine Grenze zwischen Mitgliedstaaten oder zwischen einem Mitgliedstaat und einem Staat, der nicht der Europäischen Union angehört, queren oder überspannen und einzig dem Zweck dienen, die nationalen Übertragungsnetze dieser Staaten zu verbinden, - 21.
Großhändler natürliche oder juristische Personen mit Ausnahme von Betreibern von Übertragungs-, Fernleitungs-, Wasserstoff- sowie Elektrizitäts- und Gasverteilernetzen, die Energie zum Zwecke des Weiterverkaufs innerhalb oder außerhalb des Netzes, in dem sie ansässig sind, kaufen, - 21a.
H-Gasversorgungsnetz ein Gasversorgungsnetz zur Versorgung von Kunden mit H-Gas, - 22.
Haushaltskunden Letztverbraucher, die Energie überwiegend für den Eigenverbrauch im Haushalt oder für den einen Jahresverbrauch von 10 000 Kilowattstunden nicht übersteigenden Eigenverbrauch für berufliche, landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke kaufen, - 23.
Hilfsdienste sämtliche zum Betrieb eines Übertragungs- oder Elektrizitätsverteilernetzes erforderlichen Dienste oder sämtliche für den Zugang zu und den Betrieb von Fernleitungs- oder Gasverteilernetzen oder LNG-Anlagen oder Gasspeicheranlagen erforderlichen Dienste, einschließlich Lastausgleichs- und Mischungsanlagen, jedoch mit Ausnahme von Anlagen, die ausschließlich Betreibern von Fernleitungsnetzen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben vorbehalten sind, - 23a.
Kleinstunternehmen ein Unternehmen, das weniger als zehn Personen beschäftigt und dessen Jahresumsatz oder dessen Jahresbilanzsumme 2 Millionen Euro nicht überschreitet, - 24.
Kunden Großhändler, Letztverbraucher und Unternehmen, die Energie kaufen, - 24a.
Kundenanlagen Energieanlagen zur Abgabe von Energie, - a)
die sich auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet befinden, - b)
mit einem Energieversorgungsnetz oder mit einer Erzeugungsanlage verbunden sind, - c)
für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas unbedeutend sind und - d)
jedermann zum Zwecke der Belieferung der angeschlossenen Letztverbraucher im Wege der Durchleitung unabhängig von der Wahl des Energielieferanten diskriminierungsfrei und unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden,
- 24b.
Kundenanlagen zur betrieblichen Eigenversorgung Energieanlagen zur Abgabe von Energie, - a)
die sich auf einem räumlich zusammengehörenden Betriebsgebiet befinden, - b)
mit einem Energieversorgungsnetz oder mit einer Erzeugungsanlage verbunden sind, - c)
fast ausschließlich dem betriebsnotwendigen Transport von Energie innerhalb des eigenen Unternehmens oder zu verbundenen Unternehmen oder fast ausschließlich dem der Bestimmung des Betriebs geschuldeten Abtransport in ein Energieversorgungsnetz dienen und - d)
jedermann zum Zwecke der Belieferung der an sie angeschlossenen Letztverbraucher im Wege der Durchleitung unabhängig von der Wahl des Energielieferanten diskriminierungsfrei und unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden,
- 24c.
L-Gasversorgungsnetz ein Gasversorgungsnetz zur Versorgung von Kunden mit L-Gas, - 24d.
landseitige Stromversorgung die mittels einer Standardschnittstelle von Land aus erbrachte Stromversorgung von Seeschiffen oder Binnenschiffen am Liegeplatz, - 24e.
Landstromanlagen die Gesamtheit der technischen Infrastruktur aus den technischen Anlagen zur Frequenz- und Spannungsumrichtung, der Standardschnittstelle einschließlich der zugehörigen Verbindungsleitungen, die - a)
sich in einem räumlich zusammengehörigen Gebiet in oder an einem Hafen befinden und - b)
ausschließlich der landseitigen Stromversorgung von Schiffen dienen,
- 25.
Letztverbraucher Natürliche oder juristische Personen, die Energie für den eigenen Verbrauch kaufen; auch der Strombezug der Ladepunkte für Elektromobile und der Strombezug für Landstromanlagen steht dem Letztverbrauch im Sinne dieses Gesetzes und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen gleich, - 26.
LNG-Anlage eine Kopfstation zur Verflüssigung von Erdgas oder zur Einfuhr, Entladung und Wiederverdampfung von verflüssigtem Erdgas; darin eingeschlossen sind Hilfsdienste und die vorübergehende Speicherung, die für die Wiederverdampfung und die anschließende Einspeisung in das Fernleitungsnetz erforderlich sind, jedoch nicht die zu Speicherzwecken genutzten Teile von LNG-Kopfstationen, - 26a.
Marktgebietsverantwortlicher ist die von den Fernleitungsnetzbetreibern mit der Wahrnehmung von Aufgaben des Netzbetriebs beauftragte bestimmte natürliche oder juristische Person, die in einem Marktgebiet Leistungen erbringt, die zur Verwirklichung einer effizienten Abwicklung des Gasnetzzugangs durch eine Person zu erbringen sind, - 26b.
Messstellenbetreiber ein Netzbetreiber oder ein Dritter, der die Aufgabe des Messstellenbetriebs wahrnimmt, - 26c.
Messstellenbetrieb der Einbau, der Betrieb und die Wartung von Messeinrichtungen, - 26d.
Messung die Ab- und Auslesung der Messeinrichtung sowie die Weitergabe der Daten an die Berechtigten, - 27.
Netzbetreiber Netz- oder Anlagenbetreiber im Sinne der Nummern 2 bis 5, 7 und 8, 10 und 10a, - 28.
Netznutzer natürliche oder juristische Personen, die Energie in ein Elektrizitäts- oder Gasversorgungsnetz einspeisen oder daraus beziehen, - 29.
Netzpufferung die Speicherung von Gas durch Verdichtung in Fernleitungs- und Verteilernetzen, ausgenommen sind Einrichtungen, die Betreibern von Fernleitungsnetzen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben vorbehalten sind, - 29a.
neue Infrastruktur eine Infrastruktur, die nach dem 12. Juli 2005 in Betrieb genommen worden ist, - 29b.
oberste Unternehmensleitung Vorstand, Geschäftsführung oder ein Gesellschaftsorgan mit vergleichbaren Aufgaben und Befugnissen, - 29c.
Offshore-Anbindungsleitungen Anbindungsleitungen im Sinne von § 3 Nummer 5 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, - 29d.
örtliches Verteilernetz ein Netz, das überwiegend der Belieferung von Letztverbrauchern über örtliche Leitungen, unabhängig von der Druckstufe oder dem Durchmesser der Leitungen, dient; für die Abgrenzung der örtlichen Verteilernetze von den vorgelagerten Netzebenen wird auf das Konzessionsgebiet abgestellt, in dem ein Netz der allgemeinen Versorgung im Sinne des § 18 Abs. 1 und des § 46 Abs. 2 betrieben wird einschließlich von Leitungen, die ein örtliches Verteilernetz mit einem benachbarten örtlichen Verteilernetz verbinden, - 30.
Regelzone im Bereich der Elektrizitätsversorgung das Netzgebiet, für dessen Primärregelung, Sekundärregelung und Minutenreserve ein Betreiber von Übertragungsnetzen im Rahmen der Union für die Koordinierung des Transports elektrischer Energie (UCTE) verantwortlich ist, - 31.
selbstständige Betreiber von grenzüberschreitenden Elektrizitätsverbindungsleitungen Betreiber von Übertragungsnetzen, die eine oder mehrere grenzüberschreitende Elektrizitätsverbindungsleitungen betreiben, ohne - a)
Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung zu sein, oder - b)
mit einem Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1) verbunden zu sein,
- 31a.
Stromlieferanten natürliche und juristische Personen, deren Geschäftstätigkeit ganz oder teilweise auf den Vertrieb von Elektrizität zum Zwecke der Belieferung von Letztverbrauchern ausgerichtet ist, - 31b.
Stromliefervertrag mit dynamischen Tarifen ein Stromliefervertrag mit einem Letztverbraucher, in dem die Preisschwankungen auf den Spotmärkten, einschließlich der Day-Ahead- und Intraday-Märkte, in Intervallen widergespiegelt werden, die mindestens den Abrechnungsintervallen des jeweiligen Marktes entsprechen, - 31c.
Teilnetz im Gasbereich ein Teil des Transportgebiets eines oder mehrerer Netzbetreiber, in dem ein Transportkunde gebuchte Kapazitäten an Ein- und Ausspeisepunkten flexibel nutzen kann, - 31d.
Transportkunde im Gasbereich Großhändler, Gaslieferanten einschließlich der Handelsabteilung eines vertikal integrierten Unternehmens und Letztverbraucher, - 31e.
Transportnetzbetreiber jeder Betreiber eines Übertragungs- oder Fernleitungsnetzes, - 31f.
Transportnetz jedes Übertragungs- oder Fernleitungsnetz, - 32.
Übertragung der Transport von Elektrizität über ein Höchstspannungs- und Hochspannungsverbundnetz einschließlich grenzüberschreitender Verbindungsleitungen zum Zwecke der Belieferung von Letztverbrauchern oder Verteilern, jedoch nicht die Belieferung der Kunden selbst, - 33.
Umweltverträglichkeit dass die Energieversorgung den Erfordernissen eines nachhaltigen, insbesondere rationellen und sparsamen Umgangs mit Energie genügt, eine schonende und dauerhafte Nutzung von Ressourcen gewährleistet ist und die Umwelt möglichst wenig belastet wird, der Nutzung von Kraft-Wärme-Kopplung und erneuerbaren Energien kommt dabei besondere Bedeutung zu, - 33a.
Unternehmensleitung die oberste Unternehmensleitung sowie Personen, die mit Leitungsaufgaben für den Transportnetzbetreiber betraut sind und auf Grund eines Übertragungsaktes, dessen Eintragung im Handelsregister oder einem vergleichbaren Register eines Mitgliedstaates der Europäischen Union gesetzlich vorgesehen ist, berechtigt sind, den Transportnetzbetreiber gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten, - 34.
Verbindungsleitungen Anlagen, die zur Verbundschaltung von Elektrizitätsnetzen dienen, oder eine Fernleitung, die eine Grenze zwischen Mitgliedstaaten quert oder überspannt und einzig dem Zweck dient, die nationalen Fernleitungsnetze dieser Mitgliedstaaten zu verbinden, - 35.
Verbundnetz eine Anzahl von Übertragungs- und Elektrizitätsverteilernetzen, die durch eine oder mehrere Verbindungsleitungen miteinander verbunden sind, oder eine Anzahl von Gasversorgungsnetzen, die miteinander verbunden sind, - 35a.
Versorgeranteil der auf die Energiebelieferung entfallende Preisanteil, der sich rechnerisch nach Abzug der Umsatzsteuer und der Belastungen nach § 40 Absatz 3 ergibt, - 36.
Versorgung die Erzeugung oder Gewinnung von Energie zur Belieferung von Kunden, der Vertrieb von Energie an Kunden und der Betrieb eines Energieversorgungsnetzes, - 37.
Verteilung der Transport von Elektrizität mit hoher, mittlerer oder niederer Spannung über Elektrizitätsverteilernetze oder der Transport von Gas über örtliche oder regionale Leitungsnetze, um die Versorgung von Kunden zu ermöglichen, jedoch nicht die Belieferung der Kunden selbst; der Verteilung von Gas dienen auch solche Netze, die über Grenzkopplungspunkte verfügen, über die ausschließlich ein anderes, nachgelagertes Netz aufgespeist wird, - 38.
vertikal integriertes Unternehmen ein im Elektrizitäts- oder Gasbereich tätiges Unternehmen oder eine Gruppe von Elektrizitäts- oder Gasunternehmen, die im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1) miteinander verbunden sind, wobei das betreffende Unternehmen oder die betreffende Gruppe im Elektrizitätsbereich mindestens eine der Funktionen Übertragung oder Verteilung und mindestens eine der Funktionen Erzeugung oder Vertrieb von Elektrizität oder im Erdgasbereich mindestens eine der Funktionen Fernleitung, Verteilung, Betrieb einer LNG-Anlage oder Speicherung und gleichzeitig eine der Funktionen Gewinnung oder Vertrieb von Erdgas wahrnimmt, - 38a.
volatile Erzeugung Erzeugung von Strom aus Windenergieanlagen und aus solarer Strahlungsenergie, - 38b.
vollständig integrierte Netzkomponenten Netzkomponenten, die in das Übertragungs- oder Verteilernetz integriert sind, einschließlich Energiespeicheranlagen, und die ausschließlich der Aufrechterhaltung des sicheren und zuverlässigen Netzbetriebs und nicht der Bereitstellung von Regelenergie oder dem Engpassmanagement dienen, - 39.
vorgelagertes Rohrleitungsnetz Rohrleitungen oder ein Netz von Rohrleitungen, deren Betrieb oder Bau Teil eines Öl- oder Gasgewinnungsvorhabens ist oder die dazu verwendet werden, Erdgas von einer oder mehreren solcher Anlagen zu einer Aufbereitungsanlage, zu einem Terminal oder zu einem an der Küste gelegenen Endanlandeterminal zu leiten, mit Ausnahme solcher Netzteile oder Teile von Einrichtungen, die für örtliche Produktionstätigkeiten verwendet werden, - 39a.
Wasserstoffnetz ein Netz zur Versorgung von Kunden ausschließlich mit Wasserstoff, das von der Dimensionierung nicht von vornherein nur auf die Versorgung bestimmter, schon bei der Netzerrichtung feststehender oder bestimmbarer Kunden ausgelegt ist, sondern grundsätzlich für die Versorgung jedes Kunden offensteht, dabei umfasst es unabhängig vom Durchmesser Wasserstoffleitungen zum Transport von Wasserstoff nebst allen dem Leitungsbetrieb dienenden Einrichtungen, insbesondere Entspannungs-, Regel- und Messanlagen sowie Leitungen oder Leitungssysteme zur Optimierung des Wasserstoffbezugs und der Wasserstoffdarbietung, - 39b.
Wasserstoffspeicheranlagen eine einem Energieversorgungsunternehmen gehörende oder von ihm betriebene Anlage zur Speicherung von Wasserstoff, mit Ausnahme von Einrichtungen, die ausschließlich Betreibern von Wasserstoffnetzen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben vorbehalten sind, - 40.
Winterhalbjahr der Zeitraum vom 1. Oktober eines Jahres bis zum 31. März des Folgejahres.
(1) Vertikal integrierte Unternehmen haben sicherzustellen, dass Verteilernetzbetreiber, die mit ihnen im Sinne von § 3 Nummer 38 verbunden sind, hinsichtlich ihrer Rechtsform unabhängig von anderen Tätigkeitsbereichen der Energieversorgung sind. Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen sind nicht berechtigt, Eigentümer einer Energiespeicheranlage zu sein oder eine solche zu errichten, zu verwalten oder zu betreiben.
(2) Vertikal integrierte Unternehmen, an deren Elektrizitätsverteilernetz weniger als 100 000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind, sind hinsichtlich der Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen, die mit ihnen im Sinne von § 3 Nummer 38 verbunden sind, von den Verpflichtungen nach Absatz 1 ausgenommen. Satz 1 gilt für Gasverteilernetze entsprechend.
(1) Unternehmen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 haben die Unabhängigkeit ihrer im Sinne von § 3 Nummer 38 verbundenen Verteilernetzbetreiber hinsichtlich der Organisation, der Entscheidungsgewalt und der Ausübung des Netzgeschäfts nach Maßgabe der folgenden Absätze sicherzustellen.
(2) Für Personen, die für den Verteilernetzbetreiber tätig sind, gelten zur Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzbetriebs folgende Vorgaben:
- 1.
Personen, die mit Leitungsaufgaben für den Verteilernetzbetreiber betraut sind oder die Befugnis zu Letztentscheidungen besitzen, die für die Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzbetriebs wesentlich sind, müssen für die Ausübung dieser Tätigkeiten einer betrieblichen Einrichtung des Verteilernetzbetreibers angehören und dürfen keine Angehörigen von betrieblichen Einrichtungen des vertikal integrierten Unternehmens sein, die direkt oder indirekt für den laufenden Betrieb in den Bereichen der Gewinnung, Erzeugung oder des Vertriebs von Energie an Kunden zuständig sind. - 2.
Personen, die in anderen Teilen des vertikal integrierten Unternehmens sonstige Tätigkeiten des Netzbetriebs ausüben, sind insoweit den fachlichen Weisungen der Leitung des Verteilernetzbetreibers zu unterstellen.
(3) Unternehmen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 haben geeignete Maßnahmen zu treffen, um die berufliche Handlungsunabhängigkeit der Personen zu gewährleisten, die mit Leitungsaufgaben des Verteilernetzbetreibers betraut sind.
(4) Vertikal integrierte Unternehmen haben zu gewährleisten, dass die Verteilernetzbetreiber tatsächliche Entscheidungsbefugnisse in Bezug auf die für den Betrieb, die Wartung und den Ausbau des Netzes erforderlichen Vermögenswerte des vertikal integrierten Unternehmens besitzen und diese im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes unabhängig von der Leitung und den anderen betrieblichen Einrichtungen des vertikal integrierten Unternehmens ausüben können. Das vertikal integrierte Unternehmen hat sicherzustellen, dass der Verteilernetzbetreiber über die erforderliche Ausstattung in materieller, personeller, technischer und finanzieller Hinsicht verfügt, um tatsächliche Entscheidungsbefugnisse nach Satz 1 effektiv ausüben zu können. Zur Wahrnehmung der wirtschaftlichen Befugnisse der Leitung des vertikal integrierten Unternehmens und seiner Aufsichtsrechte über die Geschäftsführung des Verteilernetzbetreibers im Hinblick auf dessen Rentabilität ist die Nutzung gesellschaftsrechtlicher Instrumente der Einflussnahme und Kontrolle, unter anderem der Weisung, der Festlegung allgemeiner Verschuldungsobergrenzen und der Genehmigung jährlicher Finanzpläne oder gleichwertiger Instrumente, insoweit zulässig als dies zur Wahrnehmung der berechtigten Interessen des vertikal integrierten Unternehmens erforderlich ist. Dabei ist die Einhaltung der §§ 11 bis 16a sicherzustellen. Weisungen zum laufenden Netzbetrieb sind nicht erlaubt; ebenfalls unzulässig sind Weisungen im Hinblick auf einzelne Entscheidungen zu baulichen Maßnahmen an Energieanlagen, solange sich diese Entscheidungen im Rahmen eines vom vertikal integrierten Unternehmen genehmigten Finanzplans oder gleichwertigen Instruments halten.
(5) Vertikal integrierte Unternehmen sind verpflichtet, für die mit Tätigkeiten des Netzbetriebs befassten Mitarbeiter ein Programm mit verbindlichen Maßnahmen zur diskriminierungsfreien Ausübung des Netzgeschäfts (Gleichbehandlungsprogramm) festzulegen, den Mitarbeitern dieses Unternehmens und der Regulierungsbehörde bekannt zu machen und dessen Einhaltung durch eine natürliche oder juristische Person (Gleichbehandlungsbeauftragter) zu überwachen. Pflichten der Mitarbeiter und mögliche Sanktionen sind festzulegen. Der Gleichbehandlungsbeauftragte legt der Regulierungsbehörde jährlich spätestens zum 31. März einen Bericht über die nach Satz 1 getroffenen Maßnahmen des vergangenen Kalenderjahres vor und veröffentlicht ihn in nicht personenbezogener Form. Der Gleichbehandlungsbeauftragte des Verteilernetzbetreibers ist in seiner Aufgabenwahrnehmung vollkommen unabhängig. Er hat Zugang zu allen Informationen, über die der Verteilernetzbetreiber und etwaige verbundene Unternehmen verfügen, soweit dies zu Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.
(6) Verteilernetzbetreiber, die Teil eines vertikal integrierten Unternehmens sind, haben in ihrem Kommunikationsverhalten und ihrer Markenpolitik zu gewährleisten, dass eine Verwechslung zwischen Verteilernetzbetreiber und den Vertriebsaktivitäten des vertikal integrierten Unternehmens ausgeschlossen ist.
(7) Vertikal integrierte Unternehmen, an deren Elektrizitätsverteilernetz weniger als 100 000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind, sind hinsichtlich der Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen, die mit ihnen im Sinne von § 3 Nummer 38 verbunden sind, von den Verpflichtungen nach Absatz 1 bis 6 ausgenommen. Satz 1 gilt entsprechend für Gasverteilernetze.
(1) Die Regulierungsbehörde kann Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen verpflichten, ein Verhalten abzustellen, das den Bestimmungen dieses Gesetzes sowie den auf Grund dieses Gesetzes ergangenen Rechtsvorschriften entgegensteht. Sie kann hierzu alle erforderlichen Abhilfemaßnahmen verhaltensorientierter oder struktureller Art vorschreiben, die gegenüber der festgestellten Zuwiderhandlung verhältnismäßig und für eine wirksame Abstellung der Zuwiderhandlung erforderlich sind. Abhilfemaßnahmen struktureller Art können nur in Ermangelung einer verhaltensorientierten Abhilfemaßnahme von gleicher Wirksamkeit festgelegt werden oder wenn letztere im Vergleich zu Abhilfemaßnahmen struktureller Art mit einer größeren Belastung für die beteiligten Unternehmen verbunden wäre.
(2) Kommt ein Unternehmen oder eine Vereinigung von Unternehmen seinen Verpflichtungen nach diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht nach, so kann die Regulierungsbehörde die Maßnahmen zur Einhaltung der Verpflichtungen anordnen.
(2a) Hat ein Betreiber von Transportnetzen aus anderen als zwingenden, von ihm nicht zu beeinflussenden Gründen eine Investition, die nach dem Netzentwicklungsplan nach § 12c Absatz 4 Satz 1 und 3 oder § 15a in den folgenden drei Jahren nach Eintritt der Verbindlichkeit nach § 12c Absatz 4 Satz 1 oder § 15a Absatz 3 Satz 8 durchgeführt werden musste, nicht durchgeführt, fordert die Regulierungsbehörde ihn mit Fristsetzung zur Durchführung der betreffenden Investition auf, sofern die Investition unter Zugrundelegung des jüngsten Netzentwicklungsplans noch relevant ist. Um die Durchführung einer solchen Investition sicherzustellen, kann die Regulierungsbehörde nach Ablauf der Frist nach Satz 1 ein Ausschreibungsverfahren zur Durchführung der betreffenden Investition durchführen oder den Transportnetzbetreiber verpflichten, eine Kapitalerhöhung im Hinblick auf die Finanzierung der notwendigen Investitionen durchzuführen und dadurch unabhängigen Investoren eine Kapitalbeteiligung zu ermöglichen. Die Regulierungsbehörde kann durch Festlegung nach § 29 Absatz 1 zum Ausschreibungsverfahren nähere Bestimmungen treffen.
(3) Soweit ein berechtigtes Interesse besteht, kann die Regulierungsbehörde auch eine Zuwiderhandlung feststellen, nachdem diese beendet ist.
(4) § 30 Abs. 2 bleibt unberührt.
(5) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 68, 69 und 71 sind entsprechend anzuwenden auf die Überwachung von Bestimmungen dieses Gesetzes und von auf Grund dieser Bestimmungen ergangenen Rechtsvorschriften durch die nach Landesrecht zuständige Behörde, soweit diese für die Überwachung der Einhaltung dieser Vorschriften zuständig ist und dieses Gesetz im Einzelfall nicht speziellere Vorschriften über Aufsichtsmaßnahmen enthält.
(6) Die Bundesnetzagentur kann gegenüber Personen, die gegen Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 verstoßen, sämtliche Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 ergreifen, soweit sie zur Durchsetzung der Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 erforderlich sind.
(1) Unternehmen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 haben die Unabhängigkeit ihrer im Sinne von § 3 Nummer 38 verbundenen Verteilernetzbetreiber hinsichtlich der Organisation, der Entscheidungsgewalt und der Ausübung des Netzgeschäfts nach Maßgabe der folgenden Absätze sicherzustellen.
(2) Für Personen, die für den Verteilernetzbetreiber tätig sind, gelten zur Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzbetriebs folgende Vorgaben:
- 1.
Personen, die mit Leitungsaufgaben für den Verteilernetzbetreiber betraut sind oder die Befugnis zu Letztentscheidungen besitzen, die für die Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzbetriebs wesentlich sind, müssen für die Ausübung dieser Tätigkeiten einer betrieblichen Einrichtung des Verteilernetzbetreibers angehören und dürfen keine Angehörigen von betrieblichen Einrichtungen des vertikal integrierten Unternehmens sein, die direkt oder indirekt für den laufenden Betrieb in den Bereichen der Gewinnung, Erzeugung oder des Vertriebs von Energie an Kunden zuständig sind. - 2.
Personen, die in anderen Teilen des vertikal integrierten Unternehmens sonstige Tätigkeiten des Netzbetriebs ausüben, sind insoweit den fachlichen Weisungen der Leitung des Verteilernetzbetreibers zu unterstellen.
(3) Unternehmen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 haben geeignete Maßnahmen zu treffen, um die berufliche Handlungsunabhängigkeit der Personen zu gewährleisten, die mit Leitungsaufgaben des Verteilernetzbetreibers betraut sind.
(4) Vertikal integrierte Unternehmen haben zu gewährleisten, dass die Verteilernetzbetreiber tatsächliche Entscheidungsbefugnisse in Bezug auf die für den Betrieb, die Wartung und den Ausbau des Netzes erforderlichen Vermögenswerte des vertikal integrierten Unternehmens besitzen und diese im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes unabhängig von der Leitung und den anderen betrieblichen Einrichtungen des vertikal integrierten Unternehmens ausüben können. Das vertikal integrierte Unternehmen hat sicherzustellen, dass der Verteilernetzbetreiber über die erforderliche Ausstattung in materieller, personeller, technischer und finanzieller Hinsicht verfügt, um tatsächliche Entscheidungsbefugnisse nach Satz 1 effektiv ausüben zu können. Zur Wahrnehmung der wirtschaftlichen Befugnisse der Leitung des vertikal integrierten Unternehmens und seiner Aufsichtsrechte über die Geschäftsführung des Verteilernetzbetreibers im Hinblick auf dessen Rentabilität ist die Nutzung gesellschaftsrechtlicher Instrumente der Einflussnahme und Kontrolle, unter anderem der Weisung, der Festlegung allgemeiner Verschuldungsobergrenzen und der Genehmigung jährlicher Finanzpläne oder gleichwertiger Instrumente, insoweit zulässig als dies zur Wahrnehmung der berechtigten Interessen des vertikal integrierten Unternehmens erforderlich ist. Dabei ist die Einhaltung der §§ 11 bis 16a sicherzustellen. Weisungen zum laufenden Netzbetrieb sind nicht erlaubt; ebenfalls unzulässig sind Weisungen im Hinblick auf einzelne Entscheidungen zu baulichen Maßnahmen an Energieanlagen, solange sich diese Entscheidungen im Rahmen eines vom vertikal integrierten Unternehmen genehmigten Finanzplans oder gleichwertigen Instruments halten.
(5) Vertikal integrierte Unternehmen sind verpflichtet, für die mit Tätigkeiten des Netzbetriebs befassten Mitarbeiter ein Programm mit verbindlichen Maßnahmen zur diskriminierungsfreien Ausübung des Netzgeschäfts (Gleichbehandlungsprogramm) festzulegen, den Mitarbeitern dieses Unternehmens und der Regulierungsbehörde bekannt zu machen und dessen Einhaltung durch eine natürliche oder juristische Person (Gleichbehandlungsbeauftragter) zu überwachen. Pflichten der Mitarbeiter und mögliche Sanktionen sind festzulegen. Der Gleichbehandlungsbeauftragte legt der Regulierungsbehörde jährlich spätestens zum 31. März einen Bericht über die nach Satz 1 getroffenen Maßnahmen des vergangenen Kalenderjahres vor und veröffentlicht ihn in nicht personenbezogener Form. Der Gleichbehandlungsbeauftragte des Verteilernetzbetreibers ist in seiner Aufgabenwahrnehmung vollkommen unabhängig. Er hat Zugang zu allen Informationen, über die der Verteilernetzbetreiber und etwaige verbundene Unternehmen verfügen, soweit dies zu Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.
(6) Verteilernetzbetreiber, die Teil eines vertikal integrierten Unternehmens sind, haben in ihrem Kommunikationsverhalten und ihrer Markenpolitik zu gewährleisten, dass eine Verwechslung zwischen Verteilernetzbetreiber und den Vertriebsaktivitäten des vertikal integrierten Unternehmens ausgeschlossen ist.
(7) Vertikal integrierte Unternehmen, an deren Elektrizitätsverteilernetz weniger als 100 000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind, sind hinsichtlich der Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen, die mit ihnen im Sinne von § 3 Nummer 38 verbunden sind, von den Verpflichtungen nach Absatz 1 bis 6 ausgenommen. Satz 1 gilt entsprechend für Gasverteilernetze.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin, ein bekannter deutscher Automobilhersteller, ist Inhaberin der beim Deutschen Patent- und Markenamt in den Farben Schwarz und Weiß eingetragenen Wort-Bild-Marke Nr. 39644028, die auch für Plaketten Schutz beansprucht.
- 2
- Plaketten mit diesem Zeichen, bei denen die inneren Felder in den Farben Blau und Weiß, der anschließende Kreis schwarz und die Buchstaben sowie Umrandungen in silberner Farbe gestaltet sind, werden von der Klägerin unter der Artikelbezeichnung "5114 BMW 8 132 375" vertrieben und auf der Fronthaube sowie am Heck der von ihr hergestellten Kraftfahrzeuge angebracht. Bei dem BMW-Emblem handelt es sich um eine berühmte Marke.
- 3
- Die Beklagte vertreibt national und international Autoteile. Sie stellt ebenfalls BMW-Plaketten her, deren Gestaltung den Plaketten der Klägerin gleicht, und vertreibt sie unter der Artikelbezeichnung "Repl. 5114 8 132 375". Sie lieferte solche Plaketten in größerer Stückzahl nach Australien.
- 4
- Nach Abmahnung durch die Klägerin gab die Beklagte unter dem 20. Mai 2010 eine Unterlassungsverpflichtungserklärung ab. Auskunfts-, Schadensersatz - und Vernichtungsansprüche der Klägerin wies sie dagegen ebenso zurück wie die Zahlung außergerichtlicher Abmahnkosten.
- 5
- Auf die daraufhin von der Klägerin erhobene Klage erkannte das Landgericht (LG Hamburg, Urteil vom 22. März 2011 - 312 O 366/10, juris) - bis auf einen kleinen Teil der Abmahnkosten antragsgemäß - wie folgt: I. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie im geschäftlichen Verkehr das nachfolgend abgebildete Emblem in den Verkehr gebracht hat und/oder in den Verkehr hat bringen lassen und/oder angeboten und/oder zu den genannten Zwecken besessen hat und/oder noch besitzt und/oder entsprechende Embleme ausgeführt hat, durch Vorlage eines verbindlich unterzeichneten Verzeichnisses , das Angaben und Belege zu enthalten hat:
a) Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreise und gewerbliche Abnehmer sowie den mit den nachstehend abgebildeten Emblemen erzielten Umsatz ;
b) Angebotsmengen, Angebotszeiten, Angebotspreise und Angebotsempfänger ;
c) die nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und den erzielten Gewinn;
d) die betriebene Werbung, insbesondere unter Angabe der Werbemedien , der Auflagenhöhe von Werbeprospekten und der für die Werbung aufgewandten Kosten.
II. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu erteilen über Herkunft und Vertriebswege von Verletzungsgegenständen gemäß Ziffer I durch Vorlage eines verbindlich unterzeichneten Verzeichnisses, das Angaben zu enthalten hat über Namen und Anschrift des Herstellers, des Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Verletzungsgegenstände gemäß Ziffer I, sowie über die Menge der enthaltenen und bestellten Verletzungsgegenstände gemäß Ziffer
I.
III. Die Beklagte wird verurteilt, im Umfang der vorstehenden Auskunft gemäß Ziffer II Belege herauszugeben (nämlich die jeweiligen Einkaufs- und Verkaufsbelege sowie Rechnungen und Lieferscheine, wobei Angaben über sonstige Ein- und Verkäufe sowie sonstige Preise auf den Belegen geschwärzt werden können). IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu erstatten, der durch gemäß Ziffer I zu beauskunftende Handlungen entstanden ist und/oder noch entstehen wird. V. Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche noch in ihrem Besitz befindliche Verletzungsgegenstände gemäß Ziffer I an den Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung herauszugeben. VI. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 3.147,80 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8. Juli 2010 zu zahlen.- 6
- Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
- 7
- A. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klage sei in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang begründet, weil die Beklagte das Markenrecht der Klägerin gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verletzt habe und sich nicht auf die Schutzschranke des § 23 Nr. 3 MarkenG berufen könne. Dazu hat es ausgeführt :
- 8
- Die Benutzung des Logos der Klägerin für die von der Beklagten vertriebene BMW-Plakette sei eine markenmäßige Verwendung. Selbst wenn Dritthersteller grundsätzlich berechtigt seien, mit dem Originalprodukt verbaubare Kfz-Ersatzteile auf den Markt zu bringen und in Wettbewerb zum Originalhersteller zu treten, sei die Beklagte nicht nach § 23 Nr. 3 MarkenG befugt, BMWPlaketten der verfahrensgegenständlichen Art in den Verkehr zu bringen und zu vertreiben. Der Rechtsstreit sei von der Besonderheit geprägt, dass die Ware - das in das Fahrzeug einzubauende Bauteil mit dem BMW-Emblem - und das Kennzeichen - das BMW-Emblem selbst - identisch seien. Sobald das BMWEmblem in ein Originalfahrzeug eingebaut sei, erfülle es keine über den reinen Herkunftshinweis hinausgehende Funktion. Das Recht, die Marke "als solche" an einem Produkt anzubringen, sei aber ausschließlich dem Markeninhaber vorbehalten. Daraus ergebe sich eine immanente Schranke des Benutzungsrechts , die auch durch sorgfältige Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlvorstellungen nicht überwunden werden könne.
- 9
- Die Ansprüche auf Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Herausgabe von Verletzungsgegenständen zur Vernichtung, Feststellung der Schadensersatzpflicht sowie zur Zahlung von Rechtsanwaltskosten seien deshalb in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang begründet.
- 10
- B. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revisionhaben keinen Erfolg. Der Klägerin stehen die von ihr geltend gemachten Ansprüche in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang zu.
- 11
- I. Allerdings hat die Beklagte mit dem Vertrieb ihrer BMW-Plaketten das Markenrecht der Klägerin entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verletzt.
- 12
- 1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt.
- 13
- 2. Die Beklagte benutzt indes für die Gestaltung ihrer Plaketten kein mit der Marke der Klägerin identisches Zeichen. Die erheblichen Abweichungen in der Farbgestaltung zwischen der Marke der Klägerin und der Plakette der Beklagten schließen die Annahme einer Doppelidentität aus.
- 14
- a) Für die Frage, ob eine Markenverletzung im Sinne von § 14 Abs. 2 MarkenG vorliegt, kommt es allein auf die Markeneintragung an und nicht auf die konkrete Verwendung der eingetragenen Marke auf der Ware (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2008 - I ZR 39/06, GRUR 2009, 766 Rn. 36 = WRP 2009, 831 - Stofffähnchen I). Die Klägerin stützt ihre Klage auf die Wort-BildMarke Nr. 39644028, die schwarz-weiß in das Markenregister eingetragen ist. Zu einer eingetragenen Marke in der Farbgestaltung der auf ihren Fahrzeugen verwendeten Plakette hat die Klägerin nichts vorgetragen.
- 15
- Schutzgegenstand ist bei schwarz-weißen Marken die Marke in der eingetragenen schwarz-weißen Form (Büscher, GRUR 2015, 305, 310). Dieser Schutzgegenstand bestimmt den Identitätsbereich. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist ein Zeichen mit einer Marke iden- tisch, wenn es ohne Änderung oder Hinzufügung alle Elemente wiedergibt, die die Marke bilden, oder wenn es als Ganzes betrachtet Unterschiede gegenüber der Marke aufweist, die so unbedeutend sind, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen können (vgl. EuGH, Urteil vom 20. März 2003 - C-291/00, Slg. 2003, I-2799 = GRUR 2003, 422 Rn. 50 ff. - LTJ Diffusion; Urteil vom 8. Juli 2010 - C-558/08, Slg. 2010, I-6963 = GRUR 2010, 841 Rn. 47 - Portakabin; vgl. auch BGH, Urteil vom 12. März 2015 - I ZR 188/13, GRUR 2015, 607 Rn. 22 = WRP 2015, 714 - Uhrenankauf im Internet). Unbedeutend ist einUnterschied, der einem normal aufmerksamen Durchschnittsverbraucher nur auffällt, wenn er die betreffenden Marken direkt vergleicht.
- 16
- b) Nach diesen Grundsätzen ist eine schwarz-weiße Marke nicht mit demselben Zeichen in Farbe identisch, sofern die Farbunterschiede nicht unbedeutend sind. Diese Beurteilung entspricht der "Gemeinsamen Mitteilung zur gemeinsamen Praxis zum Schutzbereich von schwarz-weißen Marken" vom 15. April 2014, die das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt und die Markenämter der Mitgliedstaaten im Rahmen des Konvergenzprogramms vorgelegt haben (abrufbar unter www.dpma.de - Archiv 2014 - Hinweis zu schwarzweißen Marken).
- 17
- Danach sind die Marke der Klägerin und das Zeichen der Beklagten nicht identisch. Der Gesamteindruck der Plakette der Beklagten wird - wie derjenige der Plakette der Klägerin - maßgeblich geprägt durch die blaue Farbe von zwei der vier zentralen Felder des Zeichens, die in Kombination mit den beiden weißen Feldern beim Durchschnittsverbraucher die Assoziation zu der herkunftshinweisenden Bezeichnung "Bayerische" in der Firma der Klägerin weckt. Die Verwendung von blauer Farbe in der Plakette anstelle schwarzer Farbe in der Marke kann unter diesen Umständen nicht als unbedeutend angesehen werden (vgl. in diesem Sinne auch ein von den Markenämtern wiedergegebenes Beispiel: statt dreier weißer Kreise bei der eingetragenen Marke zwei weiße und ein grüner Kreis, Grundsätze der gemeinsamen Praxis - CP 4 Schutzbereich von schwarz-weißen Marken -, abrufbar unter www.dpma.de - Archiv 2014 - Hinweis zu schwarz-weißen Marken).
- 18
- II. Der Rechtsfehler des Berufungsgerichts verhilft der Revision jedoch nicht zum Erfolg. Die angefochtene Entscheidung erweist sich aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Die Klage ist unter dem Aspekt der Verwechslungsgefahr (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) begründet.
- 19
- 1. Das Bestehen von Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, der Identität oder Ähnlichkeit der Zeichen und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auszugehen , so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; etwa BGH, GRUR 2009, 766 Rn. 26 - Stofffähnchen I; BGH, Urteil vom 24. Februar 2011 - I ZR 154/09, GRUR 2011, 826 Rn. 11 = WRP 2011, 1168 - Enzymix/Enzymax; Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 228/12, GRUR 2014, 1101 Rn. 37 = WRP 2014, 1314 - Gelbe Wörterbücher
).
- 20
- 2. Im Streitfall besteht Warenidentität, überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Klagemarke und hochgradige Zeichenähnlichkeit, so dass Verwechslungsgefahr anzunehmen ist.
- 21
- a) Warenidentität liegt vor, weil die Beklagte ihr Zeichen für Plaketten und damit für Waren verwendet, die vom Schutzbereich der Marke der Klägerin erfasst werden.
- 22
- b) Die Klagemarke hat überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Das ergibt sich bereits daraus, dass es sich nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts bei dem BMW-Emblem um eine berühmte Marke handelt. Die von Haus aus mindestens durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Klagemarke ist durch eine bekannte, umfangreiche und langjährige Benutzung gesteigert.
- 23
- c) Die Marke der Klägerin und das Zeichen der Beklagten sind zwar nicht identisch, aber hochgradig ähnlich.
- 24
- aa) Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - I ZR 31/09, GRUR 2011, 824 Rn. 25 f. = WRP 2011, 1157 - Kappa, mwN; Urteil vom 22. Januar 2014 - I ZR 71/12, GRUR 2014, 382 Rn. 25 = WRP 2014, 452 - REAL-Chips).
- 25
- bb) Danach besteht vorliegend hochgradige Zeichenähnlichkeit. Klanglich stimmen die Marke der Klägerin und das Zeichen der Beklagten in der Buchstabenfolge "BMW" überein. Sowohl die Marke der Klägerin wie auch das Zeichen der Beklagten werden bildlich durch den Wortbestandteil "BMW" geprägt , den der Verkehr als Hinweis auf eine berühmte Automarke erkennt. Die Bildbestandteile der Zeichen stimmen ebenfalls überein. Die farbliche Abweichung durch die beiden blauen Felder und die Ausführung der Buchstaben und Umrandungen in Silber führt das Zeichen der Beklagten nicht aus dem Bereich hochgradiger Ähnlichkeit mit der Marke heraus (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Mai 2006 - I ZB 28/04, BGHZ 167, 322 Rn. 23 - Malteserkreuz; Büscher, GRUR 2015, 305, 310). Der Verwechslungsschutz erfasst regelmäßig auch far- bige Wiedergaben. Begrifflich erkennt der Verkehr sowohl in der Marke als auch in dem Zeichen ohne weiteres das Emblem des bedeutenden Fahrzeugherstellers BMW.
- 26
- d) Bei Warenidentität, überdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Klagemarke und hochgradiger Zeichenähnlichkeit besteht am Vorliegen von Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kein Zweifel.
- 27
- 3. Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, Marke und Ware seien vorliegend identisch, so dass es an einer markenmäßigen Benutzung fehle.
- 28
- Zwar kann die Feststellung der markenmäßigen Benutzung Probleme aufwerfen, wenn die Marke und die Ware identisch sind, weil die Marke gegenüber der zu kennzeichnenden Ware begrifflich selbständig sein muss (vgl. zur rechtserhaltenden Benutzung BGH, Urteil vom 13. Juni 2002 - I ZR 312/99, GRUR 2002, 1072, 1073 = WRP 2002, 1284 - SYLT-Kuh). Das istvorliegend aber der Fall. Die maßgeblichen Verkehrskreise erkennen in der BMW-Plakette nicht nur die Ware selbst, sondern fassen die auf der Plakette abgebildete Marke auch als Hinweis auf die Herkunft der Plakette aus dem Unternehmen der Klägerin oder jedenfalls aus einem von ihr lizenzierten Unternehmen auf. Das folgt im vorliegenden Fall schon daraus, dass es sich bei der Klagemarke nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts um eine berühmte Marke handelt. Es kommt hinzu, dass die Verwendung des BMW-Emblems auf der Fronthaube und am Heck der von der Klägerin hergestellten Fahrzeuge eine im Verkehr übliche und wirtschaftlich sinnvolle Verwendung der Marke darstellt. In einem solchen Fall wird der Verkehr in der Wiedergabe der WortBild -Marke auf einer Plakette einen zeichenmäßigen Hinweis auf deren Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen erkennen (vgl. BGH, GRUR 2002, 1072, 1073 - SYLT-Kuh).
- 29
- Da die Plakette als eigenständige Ware gehandelt wird, kommt es nicht darauf an, dass sie für den Einbau in ein von der Klägerin hergestelltes Kraftfahrzeug bestimmt ist und dann die Funktion hat, auf dessen Herkunft oder jedenfalls die Herkunft des Teils, auf dem die Plakette angebracht ist, hinzuweisen. Wie die Revisionserwiderung zutreffend bemerkt, weist die Marke auch nach dem Einbau weiterhin auf die Herkunft der Plakette selbst hin.
- 30
- 4. Die Benutzung der Klagemarke für das Emblem der Beklagten ist nicht gemäß § 23 Nr. 3 MarkenG zulässig. Nach dieser Vorschrift hat der Markeninhaber nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr die Marke als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, oder einer Dienstleistung zu benutzen, soweit die Benutzung dafür notwendig ist und sofern sie nicht gegen die guten Sitten verstößt. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen dieser Schutzschranke im Streitfall nicht erfüllt sind.
- 31
- a) Die Beklagte verwendet die Klagemarke nicht als Hinweis auf die Bestimmung der von ihr angebotenen BMW-Plaketten.
- 32
- Eine Benutzung der Marke als Hinweis auf die Bestimmung einerWare liegt nur vor, wenn schon unabhängig von der Wiedergabe der Marke eine Ware vorhanden ist, auf deren Bestimmung die Marke hinweist. Im vorliegenden Fall mag das BMW-Emblem zwar als Ersatzteil und damit als Ware anzusehen sein. Nach Unfällen wird häufig der Bedarf bestehen, dieses Emblem zu erneuern. Die Klagemarke ist auch nicht identisch mit der Ware BMW-Emblem. Bei dem BMW-Emblem handelt es sich aber um eine Ware, die sich in der Verkörperung und damit in einer Wiedergabe der Marke erschöpft. Die Marke ist essentieller , allein funktions- und gestaltprägender Bestandteil dieses Ersatzteils und damit kein Hinweis auf seine Bestimmung.
- 33
- Infolgedessen dient die Anbringung eines mit der Klagemarke identischen oder verwechselbaren Zeichens auf originalgetreuen Nachbildungen der von der Klägerin zur Kennzeichnung ihrer Fahrzeuge verwendeten Plaketten nicht dazu, eine Angabe über ein Merkmal dieser Plaketten zu machen, sondern ist nur Teil der originalgetreuen Nachbildung der Plakette der Klägerin (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Januar 2007 - C-48/05, Slg. 2007, I-10017 = GRUR 2007, 318 Rn. 44 - Opel-Logo). Die Marke der Klägerin wird von der Beklagten für ihre Produkte verwendet wie eine eigene Marke. Das ist durch die Schutzschranke des § 23 Nr. 3 MarkenG nicht gedeckt.
- 34
- b) Die Klagemarke wird auch nicht zu einem Bestimmungshinweis für die von der Beklagten vertriebenen BMW-Embleme, wenn diese ihrem hauptsächlichem Zweck entsprechend in von der Klägerin hergestellte Kraftfahrzeuge eingebaut werden. Nach dem Einbau dient die auf der Plakette abgebildete Marke weiterhin nicht dazu, auf die bereits erreichte Zweckbestimmung der Plakette hinzuweisen, sondern sie ist Herkunftshinweis für die mit der Plakette versehenen Fahrzeuge oder Fahrzeugteile (vgl. Corte Suprema di Cassazione, MarkenR 2014, 512, 514 - Vorwerk Zubehör- und Ersatzteile) sowie für die Plakette selbst.
- 35
- c) Dieses Ergebnis steht in Einklang mit Sinn und Zweck des § 23 Nr. 3 MarkenG.
- 36
- § 23 Nr. 3 MarkenG dient einem Interessenausgleich zwischen den Originalherstellern langlebiger, regelmäßig hochwertiger Erzeugnisse, und freien Drittanbietern (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 23 Rn. 96; Schalk in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 23 MarkenG Rn. 20). Die Bestimmung soll der Gefahr einer Beschränkung oder Monopolisierung des Ersatzteilmarkts durch Markeneintragungen begegnen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2007 - I ZB 37/04, GRUR 2008, 71 Rn. 20 = WRP 2008, 107 - Fronthaube). Anderer- seits sollen die Drittanbieter davon abgehalten werden, in ungerechtfertigter Weise von der Reputation einer Marke zu profitieren, die der Markeninhaber durch seine Investitionen geschaffen hat.
- 37
- Auf der Grundlage des danach gebotenen Interessenausgleichs wird die Benutzung der Klagemarke für das BMW-Emblem der Beklagten von der Schutzschranke des § 23 Nr. 3 MarkenG nicht erfasst. Zwar mag es sein, dass Ersatzteile - etwa die Front- und Heckteile der Kraftfahrzeuge der Klägerin, die mit entsprechenden Plaketten versehen sind - nur verkaufsfähig sind, wenn an ihnen ebenfalls das BMW-Emblem angebracht ist oder jedenfalls problemlos nachgerüstet werden kann. Grundsätzlich besteht eine Verkehrserwartung, dass Ersatzteile für ein Kraftfahrzeug dasselbe Erscheinungsbild aufweisen wie das Originalteil (vgl. BGH, GRUR 2008, 71 Rn. 20 - Fronthaube). Für den Interessenausgleich fällt hier maßgeblich ins Gewicht, dass sich das BMW-Emblem der Beklagten in der Verkörperung und damit Wiedergabe der berühmten Klagemarke erschöpft. Die Produktion von allein die Marke des Fahrzeugherstellers abbildenden Plaketten, die zur Kennzeichnung seiner Fahrzeuge und seines Geschäftsbetriebs dienen, ist das aus dem Ausschließlichkeitsrecht folgende Monopol des Markeninhabers. Dieses markenrechtliche Prinzip wird durch § 23 Nr. 3 MarkenG nicht eingeschränkt.
- 38
- Für die Hersteller deutlich mit dem BMW-Emblem gekennzeichneter Ersatzteile für Front oder Heck der Kraftfahrzeuge der Klägerin könnte unter Umständen etwa auf kartellrechtlicher Grundlage ein Anspruch gegen die Klägerin in Betracht kommen, sie unter bestimmten Voraussetzungen mit Original-BMWEmblemen zu beliefern oder zumindest eine Nachrüstung der BMW-Embleme durch die Kunden oder im Kundenauftrag durch Reparaturwerkstätten zu ermöglichen. Der Streitfall gibt zu einer näheren Betrachtung dieser Fragen indes keinen Anlass.
- 39
- III. Die Revision erhebt im Übrigen keine Rügen gegen Grund und Umfang der vom Landgericht zuerkannten und vom Berufungsgericht bestätigten Ansprüche der Klägerin auf Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Herausgabe von Verletzungsgegenständen zur Vernichtung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Zahlung von Rechtsanwaltskosten.
- 40
- Der Auskunftsanspruch gemäß I. des Urteilstenors des Landgerichts ergibt sich aus § 242 BGB, § 19 Abs. 1, 3 MarkenG. Der Auskunftsanspruch und der Anspruch auf Belegherausgabe (II. und III. des Urteilstenors des Landgerichts ) sind gemäß § 19 Abs. 1, 3 Nr. 1 und 2 MarkenG begründet, der Schadensersatzfeststellungsanspruch (Tenor IV) aus § 14 Abs. 6 MarkenG und der Vernichtungsanspruch (Tenor V) aus § 18 Abs. 1 MarkenG. Der Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten (Tenor VI) besteht gemäß § 683 Satz 1, §§ 677, 670 BGB.
- 41
- Dabei hat das Berufungsgericht zu Recht klargestellt, dass sich die Ansprüche auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung nur auf Handlungen beziehen , die einen Bezug zum deutschen Markt haben.
- 42
- Da die markenrechtlichen Grundsätze durch die angeführte Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt sind und im Übrigen keine vernünftigen Zweifel an der Auslegung der durch die Markenrechtsrichtlinie harmonisierten Bestimmungen des Markengesetzes bestehen, ist ein Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 267 AEUV nicht geboten (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81, NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T).
- 43
- IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 22.03.2011 - 312 O 366/10 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 05.06.2014 - 5 U 106/11 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur Verhandlung und neuen Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist Inhaberin der am 4. April 2008 angemeldeten und am 18. Juli 2008 eingetragenen deutschen Wortmarke „IPS“, die unter anderem für folgende Dienstleistungen registriert ist: Klasse 37 Wartung und Instandsetzung […] von automatischenSteuerungseinrichtungen; von Datenverarbeitungsgeräten und von Computern Klasse 42 Entwurf und Entwicklung von Computerhard- und -software, insbesondere Softwareerstellung für Industriesteuerungen, insbesondere für speicherprogrammierbare Steuerungen und rechnergesteuerte Schaltanlagen; […] Wartung und Instandsetzung nämlich Aktualisierung, von Computersoftware
- 2
- Die unter der Bezeichnung „ISP Polska sp. z o.o.“ firmierende Beklagte ist ein in Polen ansässiges Unternehmen, das sich mit IT-Lösungen für die Industrieautomatisierung befasst und zu diesem Zweck insbesondere Software entwickelt. Sie präsentiert ihre Leistungen unter der Internetadresse „www.itsp.pl“ in deutscher Sprache. Auf ihren Internetseiten verwendet sie neben der Bezeichnung „ISP Polska sp. z o.o.“ ein farbiges Logo, das aus drei grünen, sich teilweise überlagernden Kreisen besteht, in denen in weißer Schrift die Buchstaben „I“, „S“ und „P“ angeordnet sind. Die Klägerin sieht in der Verwendung dieser Bezeichnungen eine Verlet3 zung ihrer Markenrechte. Sie hat beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen , im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland für ein im Bereich der IT- und Automatisierungstechnik tätiges Unternehmen die Firmierung „ISP Polska sp. z. o.o.“ und/oder die Kennzeichnung „ISP“ zu benutzen. Ferner hat sie die Beklagte auf Auskunftserteilung und Erstattung von
- 4
- Abmahnkosten nebst Zinsen in Anspruch genommen und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Be5 rufung der Klägerin hat das Berufungsgericht durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision , deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- A. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin erhobenen markenrechtlichen Ansprüche für unbegründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
- 7
- Die Beklagte habe ihre Kennzeichen markenmäßig verwendet. Die angegriffenen Zeichen seien mit der Marke der Klägerin nicht verwechslungsfähig. Es sei von Dienstleistungsidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Klagemarke auszugehen. Zwischen den Zeichen bestehe aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise keine Zeichenähnlichkeit. Dabei sei von einer sorgfältigen Prüfung der Bezeichnungen durch die mit der Beschaffung oder Wartung von Maschinen und Automaten befassten Unternehmensmitarbeiter auszugehen. Klanglich stimmten die Bezeichnungen „IPS“ und „ISP“ in den verwendeten Buchstaben, der Silbenzahl und der Vokalfolge überein. Ferner befinde sich der Buchstabe „I“ bei beiden Bezeichnungen am Wortanfang. Durch die Vertauschung der Konsonanten „S“ und „P“ entstehe jedoch ein völlig anderes Klangbild. Eine schriftbildliche Ähnlichkeit bestehe zwischen den Be- zeichnungen „IPS“ und „ISP Polska sp. z o.o.“ nicht. Ein erkennbarer Sinngehalt komme keiner der Bezeichnungen zu. Bei einer Gesamtbetrachtung liege ein hinreichend großer Abstand zwischen den Bezeichnungen vor. B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Sie führt
- 8
- zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts können die von der Klägerin wegen Verletzung ihrer Markenrechte erhobenen Ansprüche nicht verneint werden. I. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die auch unter
- 9
- Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2006 - I ZR 24/03, BGHZ 167, 91 Rn. 20 - Arzneimittelwerbung im Internet; Urteil vom 12. Dezember 2013 - I ZR 131/12, GRUR 2014, 601 Rn. 14 = WRP 2014, 548 - englischsprachige Pressemitteilung ), folgt aus Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO (jetzt Art. 7 Nr. 2 Brüssel-Ia-VO).
- 10
- 1. Nach Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. 2. Die beklagte Gesellschaft hat ihren Wohnsitz im Sinne der Verordnung
- 11
- im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates. Gesellschaften haben gemäß Art. 60 Abs. 1 Buchst. a Brüssel-I-VO für die Anwendung der Verordnung ihren Wohnsitz am Ort ihres satzungsmäßigen Sitzes. Der satzungsmäßige Sitz der Beklagten ist in Polen. 3. Zu den unerlaubten Handlungen im Sinne von Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I12 VO zählen auch Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums wie Markenrechtsverletzungen (vgl. EuGH, Urteil vom 19. April 2012 - C-523/10, GRUR 2012, 654 Rn. 24 - Wintersteiger/Products 4U; BGH, Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 75/10, GRUR 2012, 621 Rn. 18 = WRP 2012, 716 - OSCAR). 4. Die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist
- 13
- oder einzutreten droht“ meint sowohl den Ort der Verwirklichung des Scha- denserfolgs als auch den Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens, so dass der Beklagte nach Wahl des Klägers vor dem Gericht eines dieser beiden Orte verklagt werden kann (vgl. EuGH, GRUR 2012, 654 Rn. 19 - Wintersteiger /Products 4U). Dabei kommt es nur darauf an, ob der Kläger schlüssig vorgetragen hat, im Inland sei ein schädigendes Ereignis eingetreten. Die Frage , ob tatsächlich ein schädigendes Ereignis eingetreten ist, betrifft die Begründetheit der Klage, die vom zuständigen Gericht anhand des anwendbaren nati- onalen Rechts zu prüfen ist (vgl. EuGH, GRUR 2012, 654 Rn. 26 - Wintersteiger /Products 4U).
a) Bei der behaupteten Verletzung einer nationalen Marke liegt der Ort
- 14
- der Verwirklichung des Schadenserfolgs der unerlaubten Handlung in dem Mitgliedsstaat , in dem die Marke geschützt ist (vgl. EuGH, GRUR 2012, 654 Rn. 27 - Wintersteiger/Products 4U). Die nach dem schlüssigen Vorbringen der Klägerin verletzte Marke ist in Deutschland geschützt.
b) Der in deutscher Sprache gehaltene und in Deutschland abrufbare In15 ternetauftritt der Beklagten richtet sich bestimmungsgemäß auch an Verkehrskreise im Inland. Es braucht deshalb nicht entschieden zu werden, ob für die Begründung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO wegen behaupteter Markenverletzungen im Internet überhaupt erforderlich ist, dass sich der Internetauftritt bestimmungsgemäß auch auf das Inland richtet (offengelassen BGH, GRUR 2012, 621 Rn. 21 - OSCAR, mwN; ablehnend für Verletzungen des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2013 - C-170/12, GRUR 2014, 100 Rn. 42 = WRP 2013, 1456 - Pinckney/Mediatech; Urteil vom 22. Januar 2015 - C-441/13, GRUR 2015, 296 Rn. 32 = WRP 2015, 332 - Hejduk/EnergieAgentur). II. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Ver16 wechslungsgefahr (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) zwischen der Marke „IPS“ der Klägerin einerseits und den Kennzeichnungen „ISP Polska sp. z o.o.“ und „ISP“ der Beklagten andererseits nicht verneint werden. 1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zu17 stimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen er- fassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. 2. Die Frage, ob eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2
- 18
- Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität oder der Ähnlichkeit der Zeichen und der Identität oder der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - I ZR 31/09, GRUR 2011, 824 Rn. 19 = WRP 2011, 1157 - Kappa; Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 85/11, GRUR 2013, 833 Rn. 30 = WRP 2013, 1038 - Culinaria/Villa Culinaria ; Urteil vom 22. Januar 2014 - I ZR 71/12, GRUR 2014, 382 Rn. 14 = WRP 2014, 452 - REAL-Chips). Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. 3. Die Beklagte bietet IT-Lösungen und insbesondere die Entwicklung
- 19
- von Software für die Industrieautomatisierung an. Die Marke der Klägerin ist für die Dienstleistung der Entwicklung von Software für Industrieautomaten eingetragen. Es liegt daher Identität der Dienstleistungen vor. 4. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klagemarke „IPS“ verfüge
- 20
- über durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Diese Annahme wird von der Revision hingenommen und ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Eine Buchstabenfolge verfügt in der Regel von Hause aus über durchschnittliche Kennzeichnungskraft (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2001 - I ZR 139/99, GRUR 2002, 626, 628 = WRP 2011, 705 - IMS; Urteil vom 20. Januar 2011 - I ZR 10/09, GRUR 2011, 831 Rn. 18 = WRP 2011, 1174 - BCC). 5. Die Revision macht jedoch zutreffend geltend, dass mit der vom Beru21 fungsgericht gegebenen Begründung eine die Gefahr von Verwechslungen begründende Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen nicht verneint werden kann.
a) Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist
- 22
- nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild oder in der Bedeutung zu beurteilen , weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit reicht in der Regel bereits die Ähnlichkeit in einem dieser Wahrnehmungsbereiche aus (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 - I ZR 231/06, GRUR 2009, 1055 Rn. 26 = WRP 2009, 1533 - airdsl; BGH, GRUR 2011, 824 Rn. 25 f. - Kappa; GRUR 2014, 382 Rn. 25 - REAL-Chips). Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist auf den jeweiligen Ge23 samteindruck abzustellen, den die einander gegenüberstehenden Zeichen bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorrufen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 228/12, GRUR 2014, 1101 Rn. 54 = WRP 2014, 1314 - Gelbe Wörterbücher). Dabei ist der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr die jeweiligen Bezeichnungen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht und die übereinstimmenden Merkmale in einem undeutlichen Erinnerungseindruck häufig stärker ins Gewicht fallen als die Unterschiede (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 2003 - I ZR 236/97, GRUR 2004, 235, 237 = WRP 2004, 360 - Davidoff II; Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 181/02, GRUR 2005, 264, 265 = WRP 2005, 213 - Das Telefon-Sparbuch ).
b) Von diesen Grundsätzen ist im Ansatz auch das Berufungsgericht
- 24
- ausgegangen. Es hat angenommen, aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise wahrten die angegriffenen Zeichen nach ihrem Gesamteindruck einen hinreichenden Abstand von der Marke der Klägerin. Dazu hat es ausgeführt : Es sei von einer sorgfältigen Prüfung der Bezeichnungen durch die an25 gesprochenen Verkehrskreise auszugehen. Von einer sorgfältigen Prüfung könne bereits ausgegangen werden, wenn die betroffenen Verkehrskreise beruflich mit dem Erwerb der Waren oder der Inanspruchnahme der Dienstleistungen zu tun hätten. Diese Voraussetzung sei bei Unternehmensmitarbeitern, die beruflich mit der Beschaffung und Wartung von Maschinen und Automaten befasst seien, erfüllt. Klanglich stimmten die Bezeichnungen in den verwendeten Buchstaben,
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- der Silbenzahl und der Vokalfolge überein. Ferner befinde sich der Buchstabe „I“ bei beiden Bezeichnungen am grundsätzlich besonders bedeutsamen Wort- anfang. Die Bedeutung dieser Übereinstimmung werde aber erheblich dadurch abgeschwächt, dass es überdurchschnittlich viele Unternehmen in der IT- Branche gebe, deren Firmierung mit dem Buchstaben „I“ beginne. Durch die Vertauschung der - einzeln ausgesprochenen - Konsonanten „S“ und „P“ entstehe ein völlig anderes Klangbild. Dieses werde jeweils durch das scharf und mit großer Intensität gesprochene „ess“ geprägt, das bei der Marke der Klägerin am Wortende stehe, während es sich bei der Bezeichnung der Beklagten in der Wortmitte befinde. Zudem werde das „pe“ bei der Bezeichnung der Beklagten deutlich länger gesprochen als bei der Marke der Klägerin, weil es sich dabei um die Schlusssilbe handele. Die Konsonanten „P“ und „S“ seien in keiner Weise klangverwandt und beeinflussten den Wortklang je nach ihrer Stellung im Wort völlig gegensätzlich. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass klangliche Abweichungen bei kurzen Bezeichnungen besser bemerkt würden. Eine schriftbildliche Ähnlichkeit bestehe zwischen den Bezeichnungen „IPS“ und „ISP Polska sp. z o.o.“ nicht. Ein erkennbarer Sinngehalt komme keiner der Bezeichnungen zu.
c) Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht in allen Punk27 ten stand. Die Beurteilung des Gesamteindrucks einander gegenüberstehender Zeichen liegt zwar im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Im Revisionsverfahren ist sie nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter einen unzutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände nicht berücksichtigt hat (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 55/10, GRUR 2012, 635 Rn. 23 = WRP 2012,712 - METRO/ROLLER's Metro; Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 214/11, GRUR 2013, 1239 Rn. 21 = WRP 2013, 1601 - VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion). Solche Rechtsfehler sind dem Berufungsgericht jedoch unterlaufen.
d) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Beru28 fungsgerichts, bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise sei davon auszugehen, dass die mit der Beschaffung oder Wartung von Maschinen und Automaten befassten Unternehmensmitarbeiter die von den Parteien zur Kennzeichnung ihrer Dienstleistungen verwendeten Bezeichnungen sorgfältig prüften. aa) Allerdings kann der Gesamteindruck, den die angesprochenen Ver29 kehrskreise von Zeichen haben, anders ausfallen, wenn es sich bei diesen Verkehrskreisen um Fachkreise und nicht um Endverbraucher handelt. Dies kann etwa darauf beruhen, dass die Fachkreise eine größere Aufmerksamkeit bei der Erfassung der Zeichen aufwenden und kleinere Unterschiede zwischen den kollidierenden Zeichen besser in Erinnerung behalten als die Endverbraucher (vgl. BGH, Urteil vom 29. Oktober 1957 - I ZR 108/56, GRUR 1958, 604, 606 - Wella-Perla; Urteil vom 25. April 1961 - I ZR 31/60, GRUR 1961, 535, 537- arko; Urteil vom 30. Januar 1963 - Ib ZR 118/61, GRUR 1963, 478, 480 - Bleiarbeiter; Beschluss vom 1. Juni 2011 - I ZB 52/09, GRUR 2012, 64 = WRP 2012, 83 - Maalox/Melox-GRY; Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 9 Rn. 238; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 437). bb) Das Berufungsgericht hat jedoch nicht festgestellt, dass es sich bei
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- den mit der Beschaffung oder Wartung von Maschinen und Automaten befassten Unternehmensmitarbeitern um die vom Dienstleistungsangebot der Parteien angesprochenen Verkehrskreise und Fachleute handelt. Es kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass die mit der Beschaffung oder Wartung von Maschinen und Automaten befassten Unternehmensmitarbeiter zugleich mit der Beschaffung und Wartung der zum Betrieb dieser Maschinen und Automaten erforderlichen Software befasst sind und insoweit über besondere Fachkunde verfügen. Die Annahme des Berufungsgerichts, die von den Parteien zur Kennzeichnung ihrer Dienstleistungen verwendeten Bezeichnungen würden von den angesprochenen Verkehrskreisen sorgfältig geprüft, entbehrt daher einer tragfähigen Grundlage. cc) Das Berufungsgericht hat ferner nicht berücksichtigt, dass auch
- 31
- Fachkreise, die sorgfältig zu prüfen und zu unterscheiden gewohnt sind, einer Klangtäuschung leichter und häufiger unterliegen als einer Täuschung durch ein visuell wahrnehmbares Kennzeichen oder durch den ähnlichen Sinngehalt zweier Kennzeichnungen, weil die Klangwirkung besonders flüchtig ist und vom Hörer meist nicht beliebig oft aufgenommen und vertieft werden kann (vgl.
e) Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit des klanglichen Gesamteindrucks
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- der Kollisionszeichen sind dem Berufungsgericht ebenfalls Rechtsfehler unterlaufen. aa) Die für die Klägerin eingetragene Marke „IPS“ steht den beiden von
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- der Beklagten verwendeten Bezeichnungen „ISP“ und „ISP Polska sp. z o.o.“ gegenüber. Hinsichtlich der Bezeichnung „ISP Polska sp. z o.o.“ ist das Beru- fungsgericht ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass ihr klanglicher Gesamteindruck wegen der Neigung des Verkehrs zu vereinfachenden Abkürzun- gen im mündlichen Geschäftsverkehr auf das Schlagwort „ISP“ verkürzt werde (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Mai 2002 - I ZB 4/00, GRUR 2002, 1067, 1069 = WRP 2002, 1152 - DKV/OKV; Beschluss vom 7. Februar 2002 - I ZR 258/98, GRUR 2002, 613, 614 = WRP 2002, 547 - GERRI/KERRY Spring). Daher ist lediglich die klangliche Ähnlichkeit zwischen den Bezeichnungen „IPS“ einerseits und „ISP“ andererseits zu beurteilen. bb) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die
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- Zeichen „IPS“ und „ISP“ klanglich in den verwendeten Buchstaben (dem An- fangsvokal „I“ und den nachfolgenden Konsonanten „PS“ bzw. „SP“), der Silbenzahl (den jeweils drei Silben der einzeln ausgesprochenen Buchstaben „i- pe-ess“ und „i-ess-pe“) und der Vokalfolge („i-e-e“) übereinstimmen. cc) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Bedeutung der Überein35 stimmung des Anfangsbuchstabens „I“ werde dadurch erheblich abgeschwächt, dass Bezeichnungen von Unternehmen aus der IT-Branche sehr häufig mit dem Buchstaben „I“ begännen. Diese Erwägung hält einer Nachprüfung nicht stand.
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- (1) Für den Gesamteindruck eines Wortzeichens kann dem Wortanfang, wie auch das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, ein größeres Gewicht zukommen als den nachfolgenden Wortbestandteilen, weil der Verkehr dem Beginn eines Wortzeichens im Allgemeinen größere Aufmerksamkeit schenkt (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 1991 - I ZR 24/90, GRUR 1992, 110, 112 - dipa/dib; Urteil vom 1. Juli 1993 - I ZR 194/91, GRUR 1993, 972, 975 - Sana/Schosana; EuG, Urteil vom 20. November 2007 - T-149/06, Slg. 2007, II-4755, GRUR Int. 2008, 231 Rn. 54 - CASTELLANI/CASTELLUCA). Das gilt auch für Drei-Buchstaben-Kürzel (vgl. BGH, GRUR 2002, 1067, 1070 - DKV/OKV). (2) Dieser Erfahrungssatz gilt allerdings nicht, wenn der Zeichenanfang
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- beschreibend oder sonst kennzeichnungsschwach ist (BGH, Urteil vom 6. Mai 2004 - I ZR 223/01, GRUR 2004, 783, 785 = WRP 2004, 1043 - NEUROVIBOLEX /NEURO-FIBRAFLEX; BGH, GRUR 2009, 1055 Rn. 33 - airdsl; EuG, Urteil vom 28. Oktober 2009 - T-80/08, Slg. 2009, II-4025, juris Rn. 49 - RNAiFect/RNActive). Das kann auch der Fall sein, wenn der Anfangsbuchstabe einer Buchstabenfolge für den Verkehr ersichtlich als Abkürzung für eine beschreibende Sachangabe verwendet wird (vgl. allgemein zu Buchstaben innerhalb von Buchstabenfolgen BGH, GRUR 2002, 1067, 1070 - DKV/OKV). Das Berufungsgericht hat angenommen, der Buchstabe „I“ komme bei
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- Unternehmen der IT-Branche sehr häufig als Anfangsbuchstabe der Unternehmensbezeichnung vor und werde von den angesprochenen Verkehrskreisen als Abkürzung für eine beschreibende Sachangabe und insbesondere als Hinweis auf die Tätigkeit des Unternehmens auf dem Gebiet der Informationstechnik verstanden. Die vom Berufungsgericht herangezogenen Unterlagen rechtfertigen diese Annahme nicht. Der von der Klägerin vorgelegte „IT-Firmenindex“ für Dortmund weist unter dem Buchstaben „I“ eine erhebliche Anzahl von Ge- schäftsbezeichnungen auf, bei denen der Buchstabe „I“ entweder schon nicht als Abkürzung („infoteam“, „Ingenieurbüro“, „Institut“) oder jedenfalls nicht als Hinweis auf eine Tätigkeit in der IT-Branche („IHK“) verwendet wird. Ferner enthält der Index ganz überwiegend Bezeichnungen von Unternehmen, deren Bezeichnung nicht mit dem Buchstaben “I“, sondern mit einem anderen Buchstaben beginnt. (3) Der Erfahrungssatz, dass der Verkehr dem Anfang eines Zeichens
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- besondere akustische Beachtung schenkt, gilt ferner nur eingeschränkt, wenn die Betonung nicht auf dem Wortanfang liegt (BGH, GRUR 1993, 972, 975 - Sana/Schosana; OLG Hamburg, NJOZ 2003, 2133, 2141 - ICHTHYOL/ Ethyol II). Auch davon kann im Streitfall jedoch nicht ausgegangen werden. Das Berufungsgericht hat angenommen, das Klangbild der einander ge40 genüberstehenden Bezeichnungen werde jeweils durch das scharf und mit gro- ßer Intensität gesprochene „ess“ geprägt, das bei der Marke der Klägerin am Wortende stehe, während es sich bei der Bezeichnung der Beklagten in der Wortmitte befinde. Zudem werde das „pe“ bei der Bezeichnung der Beklagten deutlich länger gesprochen als bei der Marke der Klägerin, weil es sich dabei um die Schlusssilbe handele. Es kann offenbleiben, ob diese Annahmen der Lebenserfahrung entsprechen. Es kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr deshalb die zweite oder die dritte Silbe der Bezeichnungen bei der Aussprache stärker als die erste Silbe betont. dd) Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, durch die Vertau41 schung der dem Anfangsvokal „I“ nachfolgenden Konsonanten entstehe ein völlig unterschiedliches Klangbild der Zeichen „IPS“ und „ISP“. Die Buchstaben „P“ und „S“ seien nicht klangverwandt und beeinflussten den Wortklang je nach ihrer Stellung im Wort gegensätzlich. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass klangliche Abweichungen bei kurzen Bezeichnungen besser bemerkt würden. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. (1) Bei der Beurteilung des klanglichen Gesamteindrucks von Buchsta42 benfolgen ist zu berücksichtigen, dass Konsonanten phonetisch regelmäßig um Vokale ergänzt werden, um sie leichter aussprechen zu können (vgl. BGH, GRUR 1982, 420, 422 - BBC/DDC). Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat ohne Rechtsfehler angenommen, die drei Buchstaben der Zeichen „IPS“ und „ISP“ würden einzeln als „i-pe-ess“ und „i-ess-pe“ ausge- sprochen. (2) Das Berufungsgericht hat allerdings nicht beachtet, dass die Buchsta43 ben „P“ und „S“, wenn sie einzeln als „pe“ und „ess“ ausgesprochen werden, denselben Vokal „e“ enthalten und daher durchaus klangverwandt sind. Vor allem aber hat es nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Vokalfolge für die Frage der Übereinstimmung des klanglichen Gesamteindrucks von Kollisionszeichen regelmäßig besondere Bedeutung zukommt (BGH, Urteil vom 15. Juni 1962 - I ZR 15/61, GRUR 1962, 522, 523 - Ribana; Urteil vom 15. Februar 2001 - I ZR 232/98, GRUR 2001, 1161, 1163 = WRP 2001, 1207 - ComNet/ CompuNet). Zeichen, die aus denselben, jedoch in unterschiedlicher Reihenfolge angeordneten Buchstaben oder Silben gebildet sind, erwecken regelmäßig einen klanglich ähnlichen Gesamteindruck, wenn sie bei einer Aussprache der Buchstaben oder Silben dieselbe Vokalfolge aufweisen (vgl. EuG, Urteil vom 9. Dezember 2009 - T-484/08, juris Rn. 32 f. - Kids Vits/VITS4KIDS; BPatG, Beschluss vom 29. Oktober 2003 - 33 W (pat) 269/02, juris Rn. 29 - KTS/TKS; Beschluss vom 2. November 2004 - 33 W (pat) 62/03, juris Rn. 28 - KLASMANN KTS/TKS; Beschluss vom 1. Dezember 2004 - 32 W (pat) 321/03, juris Rn. 22 - Cerola/ACEROL; BPatG, GRUR 2008, 77, 79 - QUELLGOLD/Goldquell; BPatG, Beschluss vom 3. Dezember 2009 - 30 W (pat) 67/09, juris Rn. 30 - panvital/VITAPAN). Danach kann im vorliegenden Fall eine klangliche Ähnlichkeit der Zei44 chen nicht verneint werden. Der Umstand, dass bei der Aussprache der Einzel- buchstaben der Zeichen als „i-pe-es“ und „i-es-pe“ die Abfolge der Vokale „i-ee“ identisch ist, führt dazu, dass die Zeichen trotz der Vertauschung der dem Anfangsvokal „I“ nachfolgenden Konsonanten einen klanglich ähnlichen Ge- samteindruck hervorrufen. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts kann auch nicht davon
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- ausgegangen werden, die aus der Vertauschung der Konsonanten folgende klangliche Abweichung falle wegen der Kürze der sich gegenüberstehenden Zeichen „IPS“ und „ISP“ besonders ins Gewicht. Zwar kommt klanglichen Unterschieden bei einsilbigen Wörtern regelmäßig keine geringe Bedeutung zu (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2001 - I ZR 212/98, GRUR 2002, 167, 171 = WRP 2001, 1320 - Bit/Bud). Dieser Erfahrungssatz ist im Streitfall jedoch nicht anwendbar, weil es sich bei den hier in Rede stehenden Zeichen nicht um einsilbige Wörter handelt. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Zeichen „IPS“ und „ISP“ klanglich insofern jeweils drei Silben haben, als ihre drei Buchstaben jeweils einzeln und um Vokale ergänzt ausgesprochen werden.
f) Zur (schrift-)bildlichen Ähnlichkeit der Wortmarke „IPS“ und des Wort46 Bild-Zeichens „ISP“ hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Zwischen der für die Klägerin eingetragenen Marke „IPS“ und der von der Be- klagten verwendeten Bezeichnung „ISP Polska sp. z o.o.“ hat es eine schriftbildliche Ähnlichkeit mit der Begründung verneint, der Verkehr werde sich bei der von der Beklagten verwendeten Bezeichnung nicht allein an dem Bestand- teil „ISP“ orientieren. Dabei hat das Berufungsgericht allerdings nicht in Betracht gezogen, dass die angesprochenen deutschen Verkehrskreise möglicherweise in dem Begriff „Polska“ ein Synonym für „Polen“ und in der Buchstabenfolge „Sp. z o.o.“ einen Rechtsformzusatz erkennen. In diesem Fall sind die betreffenden Zeichenbestandteile normalerweise nicht geeignet, den Gesamteindruck der Kennzeichnung „ISP Polska Sp. z o.o“ mitzuprägen. Einer Ortsbezeichnung kommt als Bestandteil eines Kombinationszeichens regelmäßig keine prägende Bedeutung zu, weil sie üblicherweise nur als beschreibende Angabe aufgefasst wird (BGH, GRUR 2002, 167, 170 - Bit/Bud; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - I ZR 200/06, GRUR 2009, 772 Rn. 59 = WRP 2009, 971 - Augsburger Puppenkiste). Entsprechendes gilt für die Angabe der Rechtsform eines Unternehmens (vgl. BGH, GRUR 2002, 626, 628 - IMS).
g) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, der Ver47 kehr messe den Kollisionszeichen keinen erkennbaren Sinngehalt bei. Soweit die Revisionserwiderung einwendet, die angesprochenen Verkehrskreise ordneten dem Zeichen „ISP“ einen eindeutigen Begriffsinhalt zu, weil es sich dabei um die in der IT-Branche übliche und bekannte Abkürzung für „IT Solution Part- ner“ handle, versucht sie lediglich, die tatrichterliche Beurteilung durch ihre ei- gene zu ersetzen, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen.
h) Das Berufungsurteil ist aber auch deshalb rechtsfehlerhaft, weil das
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- Berufungsgericht den Grad der Zeichenähnlichkeit nicht bestimmt hat. aa) Um die Verwechslungsgefahr beurteilen zu können, muss festgestellt
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- werden, ob und inwieweit Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen besteht. Das Ergebnis dieser Prüfung kann von Zeichenunähnlichkeit über Zeichenähnlichkeit bis zu Zeichenidentität reichen; liegt Zeichenähnlichkeit vor, ist deren Grad genauer zu bestimmen. Dabei kann zwischen sehr hoher (weit überdurchschnittlicher), hoher (überdurchschnittlicher), normaler (durchschnittlicher), geringer (unterdurchschnittlicher) und sehr geringer (weit unterdurchschnittlicher) Zeichenähnlichkeit unterschieden werden (vgl. BGH, GRUR 2013, 833 Rn. 55 - Culinaria/Villa Culinaria). Die Ausführungen zur Zeichenähnlichkeit müssen klar erkennen lassen, zu welchem Ergebnis der Tatrichter bei der Prüfung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen gekommen ist (vgl. Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Markenrecht, 3. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 299). bb) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, zwischen den Zeichen bestehe
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- aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise keine Zeichenähnlichkeit. Diese Formulierung könnte darauf hindeuten, dass das Berufungsgericht von absoluter Zeichenunähnlichkeit ausgegangen ist. Allerdings hat es eine Abwägung mit der Dienstleistungsidentität und der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke vorgenommen, die bei absoluter Zeichenunähnlichkeit nicht erforderlich wäre (vgl. EuGH, Urteil vom 23. Januar 2014 - C-558/12, MarkenR 2014, 68 Rn. 42 - WESTERN GOLD; BGH, Urteil vom 19. Februar 2004 - I ZR 172/01, GRUR 2004, 594, 597 = WRP 2004, 909 - Ferrari-Pferd). Dabei hat das Berufungsgericht den Gemeinsamkeiten im Anfangsvokal, den verwendeten Konsonanten und der Silbenzahl erhebliche Unterschiede infolge der Vertauschung des zweiten und dritten Buchstabens gegenübergestellt. Dies spricht dafür, dass es von einer eher geringen Zeichenähnlichkeit ausgegangen ist. Auch danach bleibt allerdings offen, ob es eine geringe oder eine sehr geringe Zeichenähnlichkeit angenommen hat.
i) Das Berufungsgericht hat im Rahmen seiner abschließenden Gesamt51 betrachtung angenommen, bei bestehender Dienstleistungsidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Marke der Klägerin liege ein hinreichend großer Abstand zwischen den Bezeichnungen vor. Diese Beurteilung wird von den Feststellungen des Berufungsgerichts schon deshalb nicht getragen, weil das Berufungsgericht den Grad der Zeichenähnlichkeit nicht festgestellt hat. Bei Identität der Dienstleistungen und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Klagemarke sind strenge Anforderungen an den Zeichenabstand zu stellen, der zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr zu wahren ist (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2010 - I ZB 4/02, GRUR 2005, 326, 327 = WRP 2005, 341 - il Padrone/Il Portone). Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen nicht erkennen , ob diese Anforderungen im Streitfall erfüllt sind. III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich nicht aus anderen
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- Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann beim derzeitigen Verfahrensstand nicht davon ausgegangen werden , dass die Klageanträge unbegründet sind, weil sie sich ausschließlich gegen eine firmenmäßige Verwendung der Kennzeichen „ISP Polska sp. z o.o.“ und „ISP“ richten. 1. Die Verwendung eines Zeichens allein für die Bezeichnung eines Un53 ternehmens ist zwar keine Benutzung „für Waren oder Dienstleistungen“ im Sinne von § 14 Abs. 2 MarkenG. Ein firmenmäßiger Gebrauch stellt jedoch zugleich eine markenmäßige Benutzung dar, wenn der angesprochene Verkehr durch die Verwendung des Unternehmenskennzeichens - etwa durch die Anbringung auf den Waren oder durch die Verwendung in der Werbung für die Waren oder Dienstleistungen beispielsweise in Katalogen oder im Rahmen eines Internetauftritts - zu der Annahme veranlasst wird, es bestehe eine Verbindung zwischen dem Unternehmenskennzeichen und den von dem Unternehmen vertriebenen Waren oder erbrachten Dienstleistungen (vgl. zu Art. 5 Abs. 1 MarkenRL EuGH, Urteil vom 11. September 2007 - C-17/06, Slg. 2007, I-7041 = GRUR 2007, 971 Rn. 21 und 23 - Céline; BGH, Urteil vom 13. September 2007 - I ZR 33/05, GRUR 2008, 254 Rn. 22 f. = WRP 2008, 236 - THE HOME STORE; Urteil vom 12. Mai 2011 - I ZR 20/10, GRUR 2011, 1140 Rn. 17 = WRP 2011, 1606 - Schaumstoff Lübke; Urteil vom 19. April 2012 - I ZR 86/10, GRUR 2012, 1145 Rn. 29 = WRP 2012, 1392 - Pelikan, mwN). Ob aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs eine solche Verbindung besteht, ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. BGH, GRUR 2009, 772 Rn. 48 - Augsburger Puppenkiste
).
2. Nach dem Wortlaut der Klageanträge wendet sich die Klägerin gegen- 54
- einen firmenmäßigen Gebrauch der angegriffenen Zeichen. Sie begehrt, der Beklagten die Benutzung der Firmierung „ISP Polska sp. z o.o.“ und/oder der Kennzeichnung „ISP“ allgemein „für ein im Bereich der IT- und Automatisierungstechnik tätiges Unternehmen“ zu untersagen. In dieser Form gehen der Unterlassungsantrag und die darauf bezogenen Folgeanträge zu weit, weil sie sich gegen jede Verwendungsform der angegriffenen Kennzeichen richten (vgl. BGH, GRUR 2012, 1145 Rn. 32 - Pelikan). 3. Aus dem Klagevorbringen geht allerdings hervor, dass sich die Kläge55 rin auch gegen eine markenmäßige Verwendung der beanstandeten Kennzeichen wendet, die sie in dem Internetauftritt der Beklagten in deutscher Sprache und den vorgelegten deutschsprachigen Werbematerialien sieht. Die zu weite Fassung der Klageanträge kann deshalb beim derzeitigen
- 56
- Verfahrensstand nicht zur Abweisung der Klageanträge führen. Bei erstmals in der Revisionsinstanz festgestellten Mängeln des Klageantrags gebieten der Grundsatz des Vertrauensschutzes und des Anspruchs der Parteien auf ein faires Gerichtsverfahren, dem Kläger Gelegenheit zu geben, im wiedereröffneten Berufungsverfahren den insoweit bestehenden Bedenken durch eine angepasste Antragsfassung Rechnung zu tragen (vgl. BGH, GRUR 2008, 254 Rn. 23 f. - THE HOME STORE; BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - I ZR 164/12, GRUR 2014, 393 Rn. 49 = WRP 2014, 424 - wetteronline.de). Dies gilt auch, soweit die Klägerin Auskunft über die für Kunden in
- 57
- Deutschland oder aus Deutschland angebotenen, erbrachten und bestellten Waren verlangt. Das Berufungsgericht hat bislang nicht festgestellt, dass die Beklagte unter den Kennzeichnungen „ISP Polska sp. z o.o.“ und „ISP“ Waren vertreibt und insoweit die Gefahr von Verwechslungen mit der Klagemarke besteht. C. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben. Die Sache ist zur Ver58 handlung und neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts kann nicht abschließend beurteilt werden , ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zwar eine Rechtsfrage, die grundsätzlich auch das Revisionsgericht beantworten kann. Voraussetzung dafür ist aber die Beurteilung des Gesamteindrucks der Zeichen aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise, die im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegt (vgl. BGH, GRUR 2012, 635 Rn. 35 - METRO/ROLLER's Metro; GRUR 2013, 833 Rn. 67 - Culinaria/Villa Culinaria). Eine fehlerfreie Gesamtbeurteilung auf der Grundlage von Dienstleistungsidentität , einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke und eines noch zu bestimmenden Grads der Zeichenähnlichkeit aus der Sicht der mit den Dienstleistungen der Parteien befassten Verkehrskreise ist durch das Berufungsgericht bisher nicht erfolgt. D. Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf Fol59 gendes hin:
- 60
- Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird die Klägerin in ihren neu zu formulierenden Klageanträgen zu konkretisieren haben, in welchen Verwendungsformen der Kennzeichen „ISP Polska sp. z o.o.“ und „ISP“ sie eine markenmäßige Benutzung für bestimmte Dienstleistungen oder Waren sieht. Bei der Antragsfassung wird zu berücksichtigen sein, dass die Beklagte die Buchstabenfolge „ISP“ in Form eines Wort-Bild-Zeichens benutzt hat. Das Berufungsgericht wird alsdann zu beurteilen haben, ob die angegriffenen Kennzeichen in den von der Klägerin beanstandeten Verletzungsformen markenmäßig benutzt worden sind. In diesem Fall wird es die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen unter Berücksichtigung der aufgezeigten Grundsätze erneut zu beurteilen haben.
Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 19.12.2012 - I-13 O 186/12 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 15.07.2013 - I-22 U 21/13 -
(1) Unternehmen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 haben die Unabhängigkeit ihrer im Sinne von § 3 Nummer 38 verbundenen Verteilernetzbetreiber hinsichtlich der Organisation, der Entscheidungsgewalt und der Ausübung des Netzgeschäfts nach Maßgabe der folgenden Absätze sicherzustellen.
(2) Für Personen, die für den Verteilernetzbetreiber tätig sind, gelten zur Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzbetriebs folgende Vorgaben:
- 1.
Personen, die mit Leitungsaufgaben für den Verteilernetzbetreiber betraut sind oder die Befugnis zu Letztentscheidungen besitzen, die für die Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzbetriebs wesentlich sind, müssen für die Ausübung dieser Tätigkeiten einer betrieblichen Einrichtung des Verteilernetzbetreibers angehören und dürfen keine Angehörigen von betrieblichen Einrichtungen des vertikal integrierten Unternehmens sein, die direkt oder indirekt für den laufenden Betrieb in den Bereichen der Gewinnung, Erzeugung oder des Vertriebs von Energie an Kunden zuständig sind. - 2.
Personen, die in anderen Teilen des vertikal integrierten Unternehmens sonstige Tätigkeiten des Netzbetriebs ausüben, sind insoweit den fachlichen Weisungen der Leitung des Verteilernetzbetreibers zu unterstellen.
(3) Unternehmen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 haben geeignete Maßnahmen zu treffen, um die berufliche Handlungsunabhängigkeit der Personen zu gewährleisten, die mit Leitungsaufgaben des Verteilernetzbetreibers betraut sind.
(4) Vertikal integrierte Unternehmen haben zu gewährleisten, dass die Verteilernetzbetreiber tatsächliche Entscheidungsbefugnisse in Bezug auf die für den Betrieb, die Wartung und den Ausbau des Netzes erforderlichen Vermögenswerte des vertikal integrierten Unternehmens besitzen und diese im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes unabhängig von der Leitung und den anderen betrieblichen Einrichtungen des vertikal integrierten Unternehmens ausüben können. Das vertikal integrierte Unternehmen hat sicherzustellen, dass der Verteilernetzbetreiber über die erforderliche Ausstattung in materieller, personeller, technischer und finanzieller Hinsicht verfügt, um tatsächliche Entscheidungsbefugnisse nach Satz 1 effektiv ausüben zu können. Zur Wahrnehmung der wirtschaftlichen Befugnisse der Leitung des vertikal integrierten Unternehmens und seiner Aufsichtsrechte über die Geschäftsführung des Verteilernetzbetreibers im Hinblick auf dessen Rentabilität ist die Nutzung gesellschaftsrechtlicher Instrumente der Einflussnahme und Kontrolle, unter anderem der Weisung, der Festlegung allgemeiner Verschuldungsobergrenzen und der Genehmigung jährlicher Finanzpläne oder gleichwertiger Instrumente, insoweit zulässig als dies zur Wahrnehmung der berechtigten Interessen des vertikal integrierten Unternehmens erforderlich ist. Dabei ist die Einhaltung der §§ 11 bis 16a sicherzustellen. Weisungen zum laufenden Netzbetrieb sind nicht erlaubt; ebenfalls unzulässig sind Weisungen im Hinblick auf einzelne Entscheidungen zu baulichen Maßnahmen an Energieanlagen, solange sich diese Entscheidungen im Rahmen eines vom vertikal integrierten Unternehmen genehmigten Finanzplans oder gleichwertigen Instruments halten.
(5) Vertikal integrierte Unternehmen sind verpflichtet, für die mit Tätigkeiten des Netzbetriebs befassten Mitarbeiter ein Programm mit verbindlichen Maßnahmen zur diskriminierungsfreien Ausübung des Netzgeschäfts (Gleichbehandlungsprogramm) festzulegen, den Mitarbeitern dieses Unternehmens und der Regulierungsbehörde bekannt zu machen und dessen Einhaltung durch eine natürliche oder juristische Person (Gleichbehandlungsbeauftragter) zu überwachen. Pflichten der Mitarbeiter und mögliche Sanktionen sind festzulegen. Der Gleichbehandlungsbeauftragte legt der Regulierungsbehörde jährlich spätestens zum 31. März einen Bericht über die nach Satz 1 getroffenen Maßnahmen des vergangenen Kalenderjahres vor und veröffentlicht ihn in nicht personenbezogener Form. Der Gleichbehandlungsbeauftragte des Verteilernetzbetreibers ist in seiner Aufgabenwahrnehmung vollkommen unabhängig. Er hat Zugang zu allen Informationen, über die der Verteilernetzbetreiber und etwaige verbundene Unternehmen verfügen, soweit dies zu Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.
(6) Verteilernetzbetreiber, die Teil eines vertikal integrierten Unternehmens sind, haben in ihrem Kommunikationsverhalten und ihrer Markenpolitik zu gewährleisten, dass eine Verwechslung zwischen Verteilernetzbetreiber und den Vertriebsaktivitäten des vertikal integrierten Unternehmens ausgeschlossen ist.
(7) Vertikal integrierte Unternehmen, an deren Elektrizitätsverteilernetz weniger als 100 000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind, sind hinsichtlich der Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen, die mit ihnen im Sinne von § 3 Nummer 38 verbunden sind, von den Verpflichtungen nach Absatz 1 bis 6 ausgenommen. Satz 1 gilt entsprechend für Gasverteilernetze.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Die Regulierungsbehörde kann Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen verpflichten, ein Verhalten abzustellen, das den Bestimmungen dieses Gesetzes sowie den auf Grund dieses Gesetzes ergangenen Rechtsvorschriften entgegensteht. Sie kann hierzu alle erforderlichen Abhilfemaßnahmen verhaltensorientierter oder struktureller Art vorschreiben, die gegenüber der festgestellten Zuwiderhandlung verhältnismäßig und für eine wirksame Abstellung der Zuwiderhandlung erforderlich sind. Abhilfemaßnahmen struktureller Art können nur in Ermangelung einer verhaltensorientierten Abhilfemaßnahme von gleicher Wirksamkeit festgelegt werden oder wenn letztere im Vergleich zu Abhilfemaßnahmen struktureller Art mit einer größeren Belastung für die beteiligten Unternehmen verbunden wäre.
(2) Kommt ein Unternehmen oder eine Vereinigung von Unternehmen seinen Verpflichtungen nach diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nicht nach, so kann die Regulierungsbehörde die Maßnahmen zur Einhaltung der Verpflichtungen anordnen.
(2a) Hat ein Betreiber von Transportnetzen aus anderen als zwingenden, von ihm nicht zu beeinflussenden Gründen eine Investition, die nach dem Netzentwicklungsplan nach § 12c Absatz 4 Satz 1 und 3 oder § 15a in den folgenden drei Jahren nach Eintritt der Verbindlichkeit nach § 12c Absatz 4 Satz 1 oder § 15a Absatz 3 Satz 8 durchgeführt werden musste, nicht durchgeführt, fordert die Regulierungsbehörde ihn mit Fristsetzung zur Durchführung der betreffenden Investition auf, sofern die Investition unter Zugrundelegung des jüngsten Netzentwicklungsplans noch relevant ist. Um die Durchführung einer solchen Investition sicherzustellen, kann die Regulierungsbehörde nach Ablauf der Frist nach Satz 1 ein Ausschreibungsverfahren zur Durchführung der betreffenden Investition durchführen oder den Transportnetzbetreiber verpflichten, eine Kapitalerhöhung im Hinblick auf die Finanzierung der notwendigen Investitionen durchzuführen und dadurch unabhängigen Investoren eine Kapitalbeteiligung zu ermöglichen. Die Regulierungsbehörde kann durch Festlegung nach § 29 Absatz 1 zum Ausschreibungsverfahren nähere Bestimmungen treffen.
(3) Soweit ein berechtigtes Interesse besteht, kann die Regulierungsbehörde auch eine Zuwiderhandlung feststellen, nachdem diese beendet ist.
(4) § 30 Abs. 2 bleibt unberührt.
(5) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 68, 69 und 71 sind entsprechend anzuwenden auf die Überwachung von Bestimmungen dieses Gesetzes und von auf Grund dieser Bestimmungen ergangenen Rechtsvorschriften durch die nach Landesrecht zuständige Behörde, soweit diese für die Überwachung der Einhaltung dieser Vorschriften zuständig ist und dieses Gesetz im Einzelfall nicht speziellere Vorschriften über Aufsichtsmaßnahmen enthält.
(6) Die Bundesnetzagentur kann gegenüber Personen, die gegen Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 verstoßen, sämtliche Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 ergreifen, soweit sie zur Durchsetzung der Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 erforderlich sind.
(1) Unternehmen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 haben die Unabhängigkeit ihrer im Sinne von § 3 Nummer 38 verbundenen Verteilernetzbetreiber hinsichtlich der Organisation, der Entscheidungsgewalt und der Ausübung des Netzgeschäfts nach Maßgabe der folgenden Absätze sicherzustellen.
(2) Für Personen, die für den Verteilernetzbetreiber tätig sind, gelten zur Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzbetriebs folgende Vorgaben:
- 1.
Personen, die mit Leitungsaufgaben für den Verteilernetzbetreiber betraut sind oder die Befugnis zu Letztentscheidungen besitzen, die für die Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzbetriebs wesentlich sind, müssen für die Ausübung dieser Tätigkeiten einer betrieblichen Einrichtung des Verteilernetzbetreibers angehören und dürfen keine Angehörigen von betrieblichen Einrichtungen des vertikal integrierten Unternehmens sein, die direkt oder indirekt für den laufenden Betrieb in den Bereichen der Gewinnung, Erzeugung oder des Vertriebs von Energie an Kunden zuständig sind. - 2.
Personen, die in anderen Teilen des vertikal integrierten Unternehmens sonstige Tätigkeiten des Netzbetriebs ausüben, sind insoweit den fachlichen Weisungen der Leitung des Verteilernetzbetreibers zu unterstellen.
(3) Unternehmen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 haben geeignete Maßnahmen zu treffen, um die berufliche Handlungsunabhängigkeit der Personen zu gewährleisten, die mit Leitungsaufgaben des Verteilernetzbetreibers betraut sind.
(4) Vertikal integrierte Unternehmen haben zu gewährleisten, dass die Verteilernetzbetreiber tatsächliche Entscheidungsbefugnisse in Bezug auf die für den Betrieb, die Wartung und den Ausbau des Netzes erforderlichen Vermögenswerte des vertikal integrierten Unternehmens besitzen und diese im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes unabhängig von der Leitung und den anderen betrieblichen Einrichtungen des vertikal integrierten Unternehmens ausüben können. Das vertikal integrierte Unternehmen hat sicherzustellen, dass der Verteilernetzbetreiber über die erforderliche Ausstattung in materieller, personeller, technischer und finanzieller Hinsicht verfügt, um tatsächliche Entscheidungsbefugnisse nach Satz 1 effektiv ausüben zu können. Zur Wahrnehmung der wirtschaftlichen Befugnisse der Leitung des vertikal integrierten Unternehmens und seiner Aufsichtsrechte über die Geschäftsführung des Verteilernetzbetreibers im Hinblick auf dessen Rentabilität ist die Nutzung gesellschaftsrechtlicher Instrumente der Einflussnahme und Kontrolle, unter anderem der Weisung, der Festlegung allgemeiner Verschuldungsobergrenzen und der Genehmigung jährlicher Finanzpläne oder gleichwertiger Instrumente, insoweit zulässig als dies zur Wahrnehmung der berechtigten Interessen des vertikal integrierten Unternehmens erforderlich ist. Dabei ist die Einhaltung der §§ 11 bis 16a sicherzustellen. Weisungen zum laufenden Netzbetrieb sind nicht erlaubt; ebenfalls unzulässig sind Weisungen im Hinblick auf einzelne Entscheidungen zu baulichen Maßnahmen an Energieanlagen, solange sich diese Entscheidungen im Rahmen eines vom vertikal integrierten Unternehmen genehmigten Finanzplans oder gleichwertigen Instruments halten.
(5) Vertikal integrierte Unternehmen sind verpflichtet, für die mit Tätigkeiten des Netzbetriebs befassten Mitarbeiter ein Programm mit verbindlichen Maßnahmen zur diskriminierungsfreien Ausübung des Netzgeschäfts (Gleichbehandlungsprogramm) festzulegen, den Mitarbeitern dieses Unternehmens und der Regulierungsbehörde bekannt zu machen und dessen Einhaltung durch eine natürliche oder juristische Person (Gleichbehandlungsbeauftragter) zu überwachen. Pflichten der Mitarbeiter und mögliche Sanktionen sind festzulegen. Der Gleichbehandlungsbeauftragte legt der Regulierungsbehörde jährlich spätestens zum 31. März einen Bericht über die nach Satz 1 getroffenen Maßnahmen des vergangenen Kalenderjahres vor und veröffentlicht ihn in nicht personenbezogener Form. Der Gleichbehandlungsbeauftragte des Verteilernetzbetreibers ist in seiner Aufgabenwahrnehmung vollkommen unabhängig. Er hat Zugang zu allen Informationen, über die der Verteilernetzbetreiber und etwaige verbundene Unternehmen verfügen, soweit dies zu Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.
(6) Verteilernetzbetreiber, die Teil eines vertikal integrierten Unternehmens sind, haben in ihrem Kommunikationsverhalten und ihrer Markenpolitik zu gewährleisten, dass eine Verwechslung zwischen Verteilernetzbetreiber und den Vertriebsaktivitäten des vertikal integrierten Unternehmens ausgeschlossen ist.
(7) Vertikal integrierte Unternehmen, an deren Elektrizitätsverteilernetz weniger als 100 000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind, sind hinsichtlich der Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen, die mit ihnen im Sinne von § 3 Nummer 38 verbunden sind, von den Verpflichtungen nach Absatz 1 bis 6 ausgenommen. Satz 1 gilt entsprechend für Gasverteilernetze.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
Im Beschwerdeverfahren und im Rechtsbeschwerdeverfahren kann das Gericht anordnen, dass die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilweise zu erstatten sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. Hat ein Beteiligter Kosten durch ein unbegründetes Rechtsmittel oder durch grobes Verschulden veranlasst, so sind ihm die Kosten aufzuerlegen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 788), das zuletzt durch Artikel 24 Absatz 8 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154) geändert worden ist, bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern. Im Übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen entsprechend.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörden und über Rechtsbeschwerden (§§ 73 und 77 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen), - 2.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 75 und 86 des Energiewirtschaftsgesetzes oder § 35 Absatz 3 und 4 des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes), - 3.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 48 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes und § 113 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes), - 4.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der zuständigen Behörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 13 und 24 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) und - 5.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Registerbehörde (§ 11 des Wettbewerbsregistergesetzes).
(2) Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer (§ 171 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) einschließlich des Verfahrens über den Antrag nach § 169 Absatz 2 Satz 5 und 6, Absatz 4 Satz 2, § 173 Absatz 1 Satz 3 und nach § 176 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beträgt der Streitwert 5 Prozent der Bruttoauftragssumme.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Gegen die in der Hauptsache erlassenen Beschlüsse der Oberlandesgerichte findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.
(3) Über die Zulassung oder Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist in der Entscheidung des Oberlandesgerichts zu befinden. Die Nichtzulassung ist zu begründen.
(4) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:
- 1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, - 2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, - 3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, - 4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, - 5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder - 6.
wenn die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.