Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 01. Nov. 2017 - 1 Verg 2/17

bei uns veröffentlicht am01.11.2017

Tenor

Auf die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen wird der Beschluss der Vergabekammer bei der Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg vom 31. Juli 2017, Az. Vgk FB 3/17, aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Nachprüfungsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen.

Die Hinzuziehung von Rechtsanwälten durch die Antragsgegnerin und die Beigeladene wird für jeweils notwendig erklärt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Nachprüfungsantrag dagegen, dass die Freie und Hansestadt Hamburg (Antragsgegnerin) die der Beigeladenen bisher befristet bis 2017 erteilte Erlaubnis zum Betrieb der – einzigen – Spielbank in Hamburg ohne Ausschreibungsverfahren um zwei Jahre (für 2018 und 2019) verlängert hat.

2

In Hamburg darf es nach § 1 des Hamburger Spielbankgesetzes von 1976 (Hmb. SpBG) nur eine Spielbank geben. Eine Spielbank unterscheidet sich von einer Spielhalle dadurch, dass darin nicht nur das sog. „Kleine Spiel“, das Spiel an Spielautomaten betrieben wird, sondern auch das sog. „Große Spiel“, das Spiel an Spieltischen unter Mitwirkung von Mitarbeitern der Spielbank (Croupiers, Bankhalter u.ä.). Die Hamburger Spielbank wird zur Zeit von der Beigeladenen betrieben. Grundlage für den Betrieb ist jedenfalls eine Erlaubnis der Antragsgegnerin, zuletzt vom Stand 11. September 2014. Daneben gibt es eine Regelungen über den Betrieb der Spielbank enthaltende Urkunde aus dem September 2014, die allerdings nicht von Mitarbeitern der Beigeladenen unterzeichnet ist.

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Die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis läuft Ende des Jahres 2017 aus. Die Antragsgegnerin beabsichtigt seit 2015, eine Konzession für den Betrieb einer Spielbank in Hamburg für die Zukunft auszuschreiben. Da die nunmehr auch Konzessionserteilungen regelnde Konzessionsvergabeverordnung erst 2016 in Kraft getreten ist und sich das Glücksspielrecht in der jüngsten Vergangenheit mehrfach geändert hat und einige auf Staatsvertrag der Bundesländer beruhende Änderungen von der Hamburger Bürgerschaft noch nicht umgesetzt waren, wollte die Antragsgegnerin mit der Ausschreibung bis zum Eintritt der Änderung der Rechtslage warten. Sie hat mit der Beigeladenen eine Vereinbarung getroffen und auf deren Antrag die Konzession ohne Ausschreibung um zwei Jahre bis Ende 2019 verlängert. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin. Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft englischen Rechts in Rechtsform der Ltd., hat ihren Sitz aber in Bonn. Sie betreibt nach eigener Auskunft bislang Spielhallen mit Spielautomaten, will aber in den Betrieb von Spielbanken mit großem Spiel einsteigen.

4

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag als zulässig und begründet angesehen. Bei der Konzessionierung der Hamburger Spielbank handle es sich um einen Beschaffungsvorgang, der dem Vergaberechtsregime unterliege. Die Antragstellerin sei antragsbefugt, weil sie geltend machen könne, dass sie bei Durchführung eines Vergabeverfahrens als Bewerber in Betracht gekommen wäre. Die Antragsgegnerin habe mit der Ausschreibung nicht zuwarten dürfen, sondern hätte diese so rechtzeitig vornehmen müssen, dass eine Vergabe zum Beginn des Jahres 2018 möglich gewesen wäre. Als Rechtsfolge der unterlassenen Durchführung eines Vergabeverfahrens ergebe sich, dass festzustellen sei, dass die Verlängerung der bestehenden Konzession der Beigeladenen durch die Antragsgegnerin vergaberechtswidrig sei und die Antragstellerin in ihren Rechten verletze.

5

Hiergegen richten sich die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen.

6

Die Antragsgegnerin hält die Antragstellerin nicht für antragsbefugt. Die Antragstellerin sei als Spielhallenbetreiberin nicht geeignet und befähigt, eine Spielbank zu betreiben. Die Erteilung der Konzession an die Beigeladene sei als Interimslösung erforderlich gewesen, weil wegen der unklaren Rechtslage eine Ausschreibung für eine Vergabe zum Beginn des Jahres 2018 nicht habe erfolgen können. Diese könne erst so erfolgen, dass eine reguläre Vergabe zu Beginn des Jahres 2020 erfolge. Deswegen sei ihr jedenfalls nach § 176 GWB zu gestatten, mit der Beigeladenen einen Vertrag mit einer Laufzeit bis zum Ende des Jahres 2019 zu schließen.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

8

den Beschluss der Vergabekammer Hamburg vom 31. 7. 2017, Aktenzeichen Vgk FB 3/17, hinsichtlich der Antragsbefugnis (Ziff. A.3.), der Rügepflicht (Ziff. A.4.) sowie der Begründetheit (Ziff. B) aufzuheben;

9

die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Antragsgegnerin für erforderlich zu erklären;

10

der Antragsgegnerin gemäß § 176 Abs. 1 GWB zu gestatten, den Vertrag mit der Beigeladenen mit einer Laufzeit bis zum 31. 12. 2019 zu schließen.

11

Die Antragstellerin beantragt,

12

die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen;

13

den Antrag der Antragsgegnerin nach § 176 Abs. 2 Satz 1 GWB abzulehnen;

14

der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakten gemäß § 165 GWB zu gewähren.

15

Die Antragstellerin meint, dass das Erfordernis einer den Bestimmungen des Vergaberechts genügenden Ausschreibung auch für die von der Antragsgegnerin vorgenommene Erlaubnis zum Weiterbetrieb der Spielbank für zwei Jahre gelte. Sie sei antragsbefugt, weil durch das Unterlassen einer vergaberechtlichen Ausschreibung ihr jede Chance, die Konzession zu erhalten, genommen worden sei. Sie behauptet, in der Lage zu sein, auch eine Spielbank zu betreiben. Die Antragsgegnerin habe die Ausschreibung auf Grundlage der bislang geltenden Rechtslage so vornehmen können, dass eine Vergabe zum Beginn des Jahres 2018 hätte erfolgen können.

16

Die Beigeladene ist der Auffassung, dass der Rechtsweg zu der Vergabekammer und zum Vergabesenat nicht eröffnet sei und dass das Vergaberecht nicht zur Anwendung komme. Bei der Konzession einer Spielbank handle es sich um einen ordnungsrechtlichen Verwaltungsakt, für dessen Voraussetzungen und prozessuale Überprüfung die Bestimmungen des Verwaltungs- und Verwaltungsprozessrechts gelten würden. Auch sie ist der Auffassung, dass der Antragstellerin die Antragsbefugnis fehle.

17

Die Beigeladene beantragt,

18

den Beschluss der Vergabekammer bei der Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg vom 31. Juli 2017, Az. VgK FB 3/17, aufzuheben;

19

den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen;

20

die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch die Beigeladene in dem Verfahren vor der Vergabekammer für notwendig zu erklären;

21

eine Regelung nach § 176 GWB zu treffen.

22

Die Antragsgegnerin beantragt,

23

die sofortige Beschwerde der Beigeladenen zurückzuweisen.

24

Die Antragstellerin beantragt,

25

die sofortige Beschwerde der Beigeladenen zurückzuweisen.

26

Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin sind der Ansicht, dass die Konzession der Hamburger Spielbank ein Vorgang sei, der grundsätzlich dem Vergaberecht unterliege.

27

Der Senat hat die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 29. September 2017 angehört und die Sach- und Rechtslage mit ihnen erörtert.

28

Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten und eingereichten Schriftsätze, die eingereichten Anlagen und Schriftstücke, die Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen, die angefochtene Entscheidung und die Ausführungen unten II. Bezug genommen.

II.

29

Die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen sind zulässig, insbesondere sind sie frist- und formgerecht eingelegt. Sie sind auch - die sofortige Beschwerde der Beigeladenen jedenfalls im Ergebnis - begründet.

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1. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zu Recht als form- und fristgerecht erhoben angesehen. Insbesondere hat sie den Nachprüfungsantrag zu Recht nicht deswegen als unzulässig angesehen, weil der Rechtsweg zur Vergabekammer und zum Vergabesenat des Oberlandesgerichts nicht eröffnet wäre. Dies ist vielmehr der Fall; auch materiell ist auf die Konzessionierung der Hamburger Spielbank Vergaberecht anzuwenden.

31

Die Beigeladene weist allerdings zutreffend darauf hin, dass nach § 2 Abs. 5 Hmb. SpBG - wie auch nach den älteren oder jüngst reformierten Spielbankgesetzen anderer Bundesländer - ein besonderes Verfahren zur „Vergabe“ der Erlaubnis zum Betrieb der Spielbank vorgesehen ist und dass es sich bei diesem Verfahren nicht um ein Verfahren nach dem Vergaberecht im technischen Sinne handelt, sondern um besondere Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensrechts. Die Beigeladene geht auch weiter zu Recht davon aus, dass es sich bei der Erlaubnis zum Betrieb einer Spielbank um einen ordnungsrechtlichen Verwaltungsakt handelt, der dem Betrieb einer Spielbank dessen grundsätzliche Rechtswidrigkeit nach § 284 Abs. 1 StGB nimmt. Die Vergabekammer ist indessen zu Recht und mit zutreffender Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass dieser spezifisch verwaltungsrechtliche Aspekt - anders als dies bei der Erteilung einer Erlaubnis zum Aufstellen von Spielautomaten in einer Spielhalle der Fall sein mag - den Vorgang der Konzessionierung einer Spielbank nach hamburgischem Landesrecht nicht erschöpft. Wenn ein Vorgang seiner Art nach unter die Bestimmungen des Vergaberechts fällt, sind diese auch dann anzuwenden, wenn andere Vorschriften vorsehen, dass für ihn besondere Vorschriften des Verwaltungsrechts gelten; diese Bestimmungen sind dann ggf. nebeneinander anzuwenden. Darauf ist das hamburgische Spielbankgesetz schon seiner jetzigen Konzeption nach auch angelegt, indem nach seinem § 2 Abs. 1 Satz 2 auch schon nach bisherigem Recht Genehmigungspflichten nach anderen Rechtsvorschriften unberührt bleiben.

32

Die Antragsgegnerin ist hinsichtlich der Erteilung der Erlaubnis „Konzessionsgeber“ im Sinne von § 101 Abs. 1 Nr. 1 GWB, nämlich eine öffentliche Auftraggeberin im Sinne des allgemeinen Vergaberechts. Bei der Erlaubnis zum Betrieb der Hamburger Spielbank handelt es sich um eine Konzession im Sinne von § 105 Abs. 1 Nr. 2 GWB, mithin um einen entgeltlichen Vertrag im Sinne des Vergaberechts, mit dem die Freie und Hansestadt Hamburg als Konzessionsgeberin ein Unternehmen mit der Erbringung und der Verwaltung von Dienstleistungen betraut. Aus Erwägungsgrund 14 und Art. 2 der Konzessionsvergaberichtlinie (RL 2014/23/EU vom 26. 2. 2014), auf deren Grundlage die Neuregelung des GWB und die Konzessionsvergabeverordnung ergangen sind, ergibt sich, dass eine dem Vergaberecht unterliegende Konzessionierung gegeben ist, wenn Gegenstand der Konzession ein Vorgang ist, der im öffentlichen Interesse liegt, und die Konzessionierung durch einen Vertrag im Sinne des Vergaberechts erfolgt, sie sich also nicht in einer schlicht durch Verwaltungsakt ergehenden Erteilung einer Erlaubnis erschöpft und ein Verhalten des Konzessionsnehmers betrifft, zu dessen Ausführung dieser verpflichtet ist.

33

Der Betrieb einer Spielbank liegt im öffentlichen Interesse. Woran ein öffentliches Interesse besteht und auf welchem Wege dessen Wahrung verfolgt wird, definieren die Staaten der EU nach Art. 2 der Konzessionsvergaberichtlinie in eigener Verantwortung. Nach deutschem Recht beschränkt sich das öffentliche Interesse an einer Kontrolle des Glücksspielwesens und insbesondere an dem Betrieb von Spielbanken nicht darauf, dass der (Bundes-) Gesetzgeber das Betreiben von Glücksspielen in § 284 StGB von einer vorherigen öffentlich-rechtlichen Erlaubnis abhängig gemacht hat. Der Beigeladenen ist zuzugeben, dass ein öffentliches Interesse daran besteht, das Spielwesen zu beaufsichtigen, und dass das grundsätzliche Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ein Mittel zur Erfüllung dieses Interesses ist. Darin erschöpft sich das öffentliche Interesse indessen nicht. Dieses geht vielmehr weiter, nämlich dahin, von staatlicher Seite Sorge dafür zu tragen, dass unter staatlicher Aufsicht ein Betrieb von Glücksspielen stattfindet, um so den - als gegeben hinzunehmenden - Spieltrieb von Kreisen der Bevölkerung nicht zu unterdrücken und durch eine solche Unterdrückung glücksspielwillige und durch eine Spielsucht gefährdete Personen in die schwer zu kontrollierende Illegalität zu treiben, sondern den Spieltrieb zu kanalisieren. Dass an einer Regulierung des Glücksspielwesens in dieser Weise ein öffentliches Interesse besteht, haben die Bundesländer durch den Staatsvertrag zum Glücksspielwesen zum Ausdruck gebracht. Dieser findet zwar auf Spielbanken gemäß § 2 Abs. 2 des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) nur in Teilen Anwendung, das gilt nach dieser Norm aber auch und gerade für die programmatischen Grundsätze des Glücksspielstaatsvertrages in dessen § 1, wonach es insbesondere das Ziel der staatlichen Regulierung des Glücksspiels ist, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen, durch ein begrenztes, eine geeignete Alternative zum nicht erlaubten Glücksspiel darstellendes Glücksspielangebot den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken sowie der Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten entgegenzuwirken, den Jugend- und den Spielerschutz zu gewährleisten und sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abgewehrt werden, indem differenzierte Maßnahmen für die einzelnen Glücksspielformen vorgesehen werden, die deren spezifischen Sucht-, Betrugs-, Manipulations- und Kriminalitätsgefährdungspotentialen Rechnung tragen.

34

Dass danach die Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb eines Glücksspiels ein Vorgang von öffentlichem Interesse ist, der dem Vergaberecht unterliegen kann, steht letztlich außer Zweifel, weil sich dies aus der Konzessionsvergaberichtlinie ergibt. Nach deren Erwägungsgrund 35 soll diese Richtlinie das Recht der Mitgliedstaaten nicht beschränken, auf welche Weise – einschließlich durch Genehmigungen – der Spiel- und Wettbetrieb organisiert und kontrolliert wird. Allerdings steht schon diese Einschränkung des Geltungsbereichs ausdrücklich unter dem Vorbehalt, dass eine solche Entscheidung eines Mitgliedstaates nur „im Einklang mit dem Unionsrecht“ getroffen werden darf. Besonders hervorgehoben wird dann aber insbesondere, dass es deshalb „angezeigt“ sei, „Konzessionen für den Betrieb von Lotterien aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie auszuschließen, die ein Mitgliedstaat einem Wirtschaftsteilnehmer auf der Grundlage eines ausschließlichen Rechts mittels eines nicht veröffentlich(t)en Verfahrens nach nationalen Rechts- oder veröffentlichten Verwaltungsvorschriften ... gewährt hat.“ Damit, dass der Richtliniengesetzgeber nur den Betrieb von Lotterien aus dem Anwendungsbereich der Konzessionsvergaberichtlinie ausgenommen haben will, bringt er eindeutig zum Ausdruck, dass Glücksspiele sonstiger Art grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Konzessionsvergaberichtlinie fallen; hätte das nicht so sein sollen, wäre die Statuierung dieses besonderen Ausnahmetatbestandes - der zudem in dem Erwägungsgrund 35 noch näher ausgeführt und begründet wird - schlicht überflüssig gewesen. Sofern befürchtet wird, dass die Einbeziehung von Regelungen des Glücksspielbetriebes in das Vergaberecht zu einer übermäßigen Erweiterung des Anwendungsbereichs der Regelungen des Vergaberechts führen könnte (so wohl die von der Beigeladenen angeführte Entscheidung des OVG Münster, Beschl. v. 8. 6. 2017, Az. 4 B 307/17, Rdnrn. 79 ff.), ist diese Befürchtung schon deshalb unbegründet, weil die sich aus dem Vergaberecht ergebenden Einschränkungen staatlichen Handelns erst dann zur Anwendung kommen, wenn eine staatliche Entscheidung über die Erlaubnis eines Glücksspielbetriebs - über das Vorliegen eines öffentlichen Interesses hinaus - auch den weiteren Voraussetzungen der Konzessionsvergaberichtlinie bzw., in Deutschland, des § 105 GWB unterfällt.

35

Diese Sichtweise steht mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht in Widerspruch. In einem Urteil vom 8. 9. 2016 (Az. C-225/15, Rdnrn. 38 - 41) hat der Gerichtshof zwar ausgeführt, dass die Vergabe von Glücksspiellizenzen nur insoweit europarechtlichen Schranken unterliege, als sie EU-ausländische Anbieter nicht benachteiligen dürfe. Dieses Urteil betraf indessen den Betrieb eines Büros zur Annahme von Sportwetten, nicht die Konzessionierung einer Spielbank, und sie erging zwar zeitlich nach dem Erlass der Konzessionsvergaberichtlinie, betraf aber einen Fall, auf den das vor deren Inkrafttreten - 2016 - geltende Recht anzuwenden war, denn es ging um eine strafrechtliche Ahndung von Vorgängen aus dem Jahr 2015 (aaO. Rdnrn. 11 - 14), und für die strafrechtliche Ahndung gilt über Art. 7 EMRK und Art. 49 EUGRCh europaweit das Rückwirkungsverbot.

36

Die Erteilung der Erlaubnis zum Betrieb der Hamburger Spielbank erfüllt auch die weiteren Voraussetzungen der Konzessionsvergaberichtlinie und des § 105 GWB. Die Konzessionierung der Spielbank nach hamburgischen Recht ist insbesondere ein „Vertrag“ im Sinne von § 105 GWB. Es handelt sich dabei um mehr als um eine schlicht durch Verwaltungsakt ergehende Erlaubnis.

37

Dem Betrieb der Spielbank liegt nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Hmb. SpBG eine Erlaubnis der Freien und Hansestadt Hamburg zugrunde. Dass es sich bei dieser Erlaubnis um einen Verwaltungsakt im Sinne des deutschen Verwaltungsrechts handelt (§ 35 Satz 1 VwVfG), kann keinem Zweifel unterliegen. Der Begriff des Vertrages im vergaberechtlichen Sinn ist aber nicht identisch mit dem Begriff des Vertrages im deutschen bürgerlichen Recht. Ein diesem gegenüber erweiterter Begriffsinhalt ist schon deswegen angezeigt, weil anderenfalls eine Umgehung der vergaberechtlichen Vorschriften durch eine entsprechende Organisation des Beschaffungswesens drohen würde. Daher kommt es nicht auf die nationalrechtliche Zuordnung der rechtlichen Ausgestaltung an, sondern darauf, ob und dass der Erteilung der Konzession eine ausgehandelte Vereinbarung zwischen erteilender Stelle und Konzessionsnehmer zugrunde liegt (EuGH, Urt. v. 1. 12. 2008, Az. X ZB 31/08, NZBau 2009, S. 201 ff., 203; Wollenschläger in Beck’scher Vergaberechtskomm. I, 3. Aufl., § 105 GWB Rdnr. 34 m.w.N.). Auch die schon bestehende Konzession der Spielbank umfasst neben der im Wege des Verwaltungsakts erteilten Spielbankerlaubnis eine die Einzelheiten des Betriebs der Spielbank regelnde Abrede, wenn auch deren rechtliche Qualifizierung zwischen zwischen der Beigeladenen und der Antragsgegnerin streitig ist.

38

Als Kriterium dafür, dass eine Konzessionierung im Wege der Erteilung einer Erlaubnis einen Vertrag im vergaberechtlichen Sinne bildet, wird gemeinhin angesehen, dass über die bloße Erlaubnis zu einem Verhalten hinaus auch eine Verpflichtung des Erlaubnisnehmers zur Durchführung des betreffenden Vorgangs gegeben ist. Dieses Kriterium lässt sich dem Erwägungsgrund 14 der Konzessionsvergaberichtlinie entnehmen, wonach „Konzessionsverträge“ gegeben sind, wenn diese „wechselseitig bindende Verpflichtungen“ enthalten, „denen zufolge die Erbringung der Bau- oder Dienstleistungen bestimmten Anforderungen entsprechen muss, die vom öffentlichen Auftraggeber ... festgelegt werden und rechtlich durchsetzbar sind.“ Ob es sich dabei - was die Antragstellerin bezweifelt - um eine notwendige Voraussetzung dafür handelt, von einem Vertrag im Sinne des Vergaberechts auszugehen, oder nur um ein Moment, dessen Gegebensein das Vorliegen eines Vertrages im vergaberechtlichen Sinne indiziert, kann hier dahinstehen; denn die Konzessionierung der Spielbank nach hamburgischen Recht unterfällt jedenfalls dieser Voraussetzung. Dabei ist hervorzuheben, dass es insoweit nicht - wovon die Beigeladene ausgeht - auf den Inhalt des bestehenden Rechtsverhältnisses zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen ankommt; denn die jedenfalls noch bis zum Jahresende bestehende Konzession der Beigeladenen wurde nach altem Recht erteilt, und sie musste nur den besonderen „Vergabe-“ Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 Hmb. SpBG genügen. Die Frage muss lauten, ob eine nunmehr nach Inkrafttreten der Konzessionsvergaberichtlinie zu vergebende Erlaubnis zum Betrieb der Hamburger Spielbank den Vorschriften des - europäischen - Vergaberechts genügen muss; auf die Einzelheiten und Qualifizierung der neben dem Verwaltungsakt bestehenden, unter dem Rechtszustand vor diesem Zeitpunkt getroffene Vereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen aus dem Jahr 2014 kann es daher für die jetzt vorzunehmende rechtliche Qualifizierung nicht ankommen. Das gleiche gilt für die Frage, wie das „Betreibermodell“, das dem aktuellen Betrieb der Spielbank durch die Beigeladene zugrunde liegt, rechtlich oder wirtschaftlich zu qualifizieren ist. Maßgeblich ist vielmehr die objektive Rechtslage.

39

Bei Vergabe einer Spielbankerlaubnis nach hamburgischem Recht wird die für die Vergabe zuständige Stelle jedenfalls künftig durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen haben, dass die Spielbank auch tatsächlich betrieben wird. § 1 Hmb. SpBG sieht zwar lediglich vor, dass der Senat eine öffentliche Spielbank zulassen „kann“. Das bedeutet aber nicht, dass es im freien Ermessen der Stadt stünde, ob eine Spielbank betrieben werden soll oder nicht, und damit, ob die Spielbank in der Weise konzessioniert werde, dass es dem Konzessionsnehmer freistünde, ob er von der Konzession Gebrauch machen will oder nicht; denn das Ermessen ist durch die Gesetzeslage gebunden. Schon dem hamburgischen Spielbankgesetz lässt sich entnehmen, dass der hamburgische Landesgesetzgeber ersichtlich davon ausgeht, dass eine einmal konzessionierte Spielbank auch tatsächlich betrieben wird; denn der erhebliche Verwaltungsaufwand, den die Konzessionierung schon allein nach der Bestimmung des § 2 Abs. 5 Hmb. SpBG und die Überwachung der Erfüllung der einer einmal eröffneten Spielbank obliegenden Verpflichtungen nach § 6 Hmb. SpBG mit sich bringen, soll ersichtlich nicht betrieben werden, wenn es dem Betreiber der Spielbank freistünde, sie schon kurze Zeit nach der Konzessionierung wieder zu schließen, zumal einem Betreiber, der des Weiterbetriebs müde ist, zur Schließung keine Alternative bliebe, indem er die ihm einmal erteilte Erlaubnis zum Betrieb der Spielbank nach § 2 Abs. 3 Satz 3 Hmb. SpBG - nicht einmal mit Einwilligung des Konzessionsgebers - auf Dritte übertragen dürfte. Von der expliziten Anordnung einer Betriebspflicht hat der Landesgesetzgeber ersichtlich nur deshalb Abstand genommen, weil der Betrieb der einzigen zulässigen Spielbank in Hamburg so lukrativ ist, dass eine freiwillige Einstellung des Betriebs nach Erlangung der Konzession ohnehin nicht zu erwarten ist. Die Statuierung der Sicherstellung des Betriebs einer einmal konzessionierten Spielbank als staatliche Aufgabe ergibt sich jetzt jedenfalls explizit aus § 1 Nr. 2 GlüStV, der gemäß § 2 Abs. 2 GlüStV auch für Spielbanken gilt. Danach ist es die Aufgabe der staatlichen Stellen, durch ein begrenztes, eine geeignete Alternative zum nicht erlaubten Glücksspiel darstellendes Glücksspielangebot den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken sowie der Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten entgegenzuwirken. Dem „natürlichen Spieltrieb“ soll danach nicht durch die ausschließliche Verhängung von repressiven Verboten Rechnung getragen werden, sondern eben dadurch, dass eine Verpflichtung der Bundesländer begründet wird, das Vorhandensein eines legalen Glücksspielangebots sicherzustellen, das eine geeignete Alternative zum nicht erlaubten Glücksspiel darstellt. Da der von dem Glücksspielstaatsvertrag als gegeben vorausgesetzte natürliche Spieltrieb von Teilen der Bevölkerung sich seit jeher auch auf das „große Spiel“, also das von Spielbanken angebotene Glücksspiel an Spieltischen bezieht, und in Hamburg nach § 1 Hmb. SpBG nur eine Spielbank zugelassen werden darf, kann die Freie und Hansestadt Hamburg ihre im Glücksspielstaatsvertrag übernommene Verpflichtung nur in der Weise erfüllen, dass sie dafür Sorge trägt, dass den Spielwilligen eine Möglichkeit zum großen Spiel in legaler Weise zur Verfügung gestellt wird, und das kann naturgemäß nur in der Weise geschehen, dass die Freie und Hansestadt Hamburg sicherstellt, dass eine Spielbank unterhalten wird. Unterhält sie diese nicht als staatseigenen Betrieb, sondern lässt sie die Spielbank von einem privaten Unternehmer betreiben, so muss sie daher jedenfalls sicherstellen, dass dieser den Betrieb auch tatsächlich aufrecht erhält.

40

Damit entspricht die Konzessionierung der Spielbank nach hamburgischen Recht den Voraussetzungen, unter denen im Lichte der Vorgaben der Konzessionsvergabeverordnung nach § 105 Abs. 1 GWB von einem Vertrag auszugehen ist.

41

Aus der von der Beigeladenen herangezogenen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Münster (aaO.) nebst den darin in Bezug genommenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs ergibt sich nichts anderes. Diese Entscheidung betraf die Frage, ob die Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle - nach nordrhein-westfälischem Landesrecht - ein Vorgang ist, auf den europäisches Vergaberecht Anwendung findet. Die in dieser Entscheidung angestellten Erwägungen sind auf die Konzessionierung einer Spielbank nicht übertragbar, da Spielhallen und Spielbank sich nicht nur in der Art ihres Betriebs unterscheiden, sondern auch erheblich voneinander abweichenden Regelungen unterliegen (s. insbes. § 2 Abs. 2 GlüStV und § 33 c GewO im Gegensatz zu den Spielbankgesetzen der einzelnen Bundesländer). Die Genehmigung des Betriebs einer Spielhalle wird sich in der Regel dem Bereich von Handlungen zuordnen lassen, die „wie die Erteilung von Genehmigungen oder Lizenzen, durch die der Mitgliedstaat oder eine seiner Behörde die Bedingungen für die Ausübung einer Wirtschaftstätigkeit festlegt“, nach dem Erwägungsgrund 14 der Konzessionsvergaberichtlinie von deren Anwendung ausgenommen sein sollen. Spielhallen lassen sich durch die Beschränkung auf das kleine Spiel am Automaten ebenso einfach betreiben wie einfach kontrollieren, und die von ihnen ausgehende Gefahr für die Spieler ist durch die Beschränkung der Einsätze und die Monotonie des Spielvorgangs deutlich geringer als beim großen Spiel. Auch das Verfahren auf Erteilung einer Spielhallenlizenz ist ein ganz anderes als das auf Vergabe einer Konzession zum Betrieb einer Spielbank: Um die Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle kann nach § 33 c Abs. 2 GewO jederzeit jeder Unternehmer nachsuchen, der die Voraussetzungen dieser Norm erfüllt; wird ihm die Lizenz erteilt, ist es seine Sache, ob er davon Gebrauch macht oder nicht. Anders als bei konzessionierten Spielbanken, deren Anzahl durch die Landesgesetzgeber weitgehend beschränkt ist, betreiben das Gewerbe des Unterhaltens einer Spielhalle in der Regel viele Lizenznehmer nebeneinander, jeder für sich auf eigene Rechnung. Daher wird die Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle kaum je mit einer Verpflichtung zu deren Betrieb wird verbunden werden müssen. Schon aus diesem Grund stellt sich die in der Entscheidung des OVG Münster problematisierte Frage der Anwendung des Vergaberechts für die Konzessionierung des Betriebs einer Spielhalle unter ganz anderen Vorzeichen als die der Konzessionierung einer Spielbank.

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2. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist indessen aus einem anderen Grund nicht zulässig. Der Antragstellerin fehlt die Antragsbefugnis.

43

Nach § 160 Abs. 2 GWB ist zur Stellung eines Nachprüfungsantrags befugt jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei hat das den Nachprüfungsantrag stellende Unternehmen darzulegen, dass ihm durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

44

Die Antragstellerin hat nicht dargelegt, dass ihr durch die Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht; denn sie hat nicht dargelegt, dass sie bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens den Zuschlag hätte erhalten können.

45

Die Norm des § 160 GWB gilt allgemein, also nicht nur in den Fällen, in denen ein Vergabeverfahren durchgeführt worden ist und ein Mitbewerber Beanstandungen erhebt, sondern auch für den Fall, dass gerügt wird, dass ein Vergabeverfahren entgegen den gesetzlichen Vorschriften gar nicht durchgeführt worden sei. Dem Erfordernis der Darlegung, dass ihm durch die Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden sei oder zu entstehen drohe, kann der Antragsteller im Fall der Rüge eines fehlenden Vergabeverfahrens nicht durch den schlichten Hinweis darauf genügen, dass er wegen der Nichtdurchführung des Verfahrens von einer Bewerbung ausgeschlossen worden sei; denn dies hätte zur Folge, dass das Fehlen der Durchführung eines Vergabeverfahrens von jedermann gerügt werden könnte. Das Nachprüfungsverfahren ist indessen kein Verfahren auf eine Popularklage, in dem auf Rüge jeder beliebigen Person die Einhaltung von Rechtsvorschriften abstrakt zu prüfen wäre, sondern nach seiner gesetzlichen Ausgestaltung ein Verfahren, in dem überprüft werden soll, ob ein – tatsächlicher oder potentieller – Mitbewerber konkret in seinen Rechten verletzt worden ist (OLG München, Beschl. v. 31. 1. 2013, Az Verg 31/12, unter II.4.a) der Gründe). Der Antragstellerin ist allerdings - wovon auch die Vergabekammer im Ansatz zu Recht ausgegangen ist - zuzugeben, dass bei Anwendung des § 160 Abs. 2 GWB auf die Fälle, in denen - wie hier - ein Vergabeverfahren gar nicht durchgeführt worden ist, bei der Verneinung der Antragsbefugnis Zurückhaltung geboten ist, weil es in Fällen dieser Art naturgemäß gar kein Angebot des Rügenden gibt, das darauf geprüft werden könnte, ob es den Zuschlag überhaupt hätte erhalten können (Dreher / Hoffmann, Beck’scher Vergaberechtskomm. I, 3. Aufl., § 135 GWB Rdnr. 45). Ist ein Vergabeverfahren nicht durchgeführt worden, kann dies aber jedenfalls nicht erfolgreich gerügt werden von einem potentiellen Bewerber, der von dem öffentlichen Auftraggeber bei einer unterstellten öffentlichen Ausschreibung nicht hätte berücksichtigt werden müssen, weil berechtigte Zweifel an seiner Eignung, etwa an seiner Leistungsfähigkeit bestehen (OLG Düsseldorf, Beschl v 17. 8. 2011, Az. VII-Verg 55/11). Dies zugrunde gelegt, ergibt sich auch bei der gebotenen zurückhaltenden Prüfung, dass der Antragstellerin deswegen kein Schaden entstanden ist, weil sich aus ihren Darlegungen nicht ergibt, dass sie ein Gebot hätte abgeben können, dass die Antragsgegnerin hätte berücksichtigen müssen.

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In der Regel ist zu vermuten, dass einem ausgeschlossenen Bewerber ein Schaden droht, wenn sein Tätigkeitsfeld Aufträge der zu vergebenden Art umfasst (OLG Jena, Beschl. v. 19. 10. 2009, Az. 9 Verg 5/10, unter II. 1) b) der Gründe). Das ist hier nicht der Fall, da die Antragstellerin aktuell keine Spielbank betreibt und selbst vorträgt, erst in Zukunft Spielbanken betreiben zu wollen. Auch wenn zu ihren Gunsten - die Antragsgegnerin bestreitet dies nachdrücklich - unterstellt wird, dass sie selbst Spielhallen betreibt, wäre sie nicht auf dem Gebiet tätig, um das es geht; denn der Betrieb einer Spielbank und der Betrieb von Spielhallen unterscheiden sich in ihren tatsächlichen Gegebenheiten wie in der rechtlichen Ausgestaltung ihres Betriebs so weitgehend voneinander, dass von einem als Einheit anzusehenden Gewerbe der „Tätigkeit auf dem Gebiet der Veranstaltung von Glücksspielen“ nicht ausgegangen werden kann. Der Betrieb von Spielhallen und von Spielbanken ist daher in rechtlicher wie in tatsächlicher Hinsicht als so wenig vergleichbar anzusehen, dass eine Gleichbehandlung beider Betriebsarten auch nicht über den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG geboten ist (std. Rspr. des BVerwG, s. z.B. Beschl. v. 24. 2. 2012, Az. 9 B 90/11 unter 2. m.w.N.).

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Das schließt es allerdings nicht aus, dass die Antragstellerin darlegt, dass sie deshalb als Mitbewerber in Betracht gekommen wäre, weil sie in dem Fall, dass eine öffentliche Ausschreibung erfolgt wäre, in der Lage gewesen wäre, sich entsprechende Hilfsmittel und Hilfskräfte zu verschaffen, um sich in die Lage zu versetzen, eine Spielbank mit „großem Spiel“ zu betreiben. Für eine solche Darlegung genügt indessen nicht das Aufzeigen der bloßen Möglichkeit, sich die zur Erbringung der betreffenden Leistung notwendigen Mittel beschaffen zu können; die Behauptung des Rügenden, er sei zur Erbringung der Leistung in der Lage, soll und muss vielmehr gerade durch konkrete Tatsachen untersetzt werden (OLG Brandenburg, Beschl. v. 27. 11. 2008, Az. Verg W 15/08, NZBau 2009, S. 337 ff., 339). Der Vortrag der Antragstellerin reicht nicht aus, um dies als im Sinne von § 160 Abs. 2 Satz 2 GWB dargelegt ansehen zu können.

48

Die Antragstellerin hat schon nicht vorgetragen, dass sie ihre gesellschaftsrechtliche Struktur in einer Weise ändern könnte, dass sie als Betreiber einer Spielbank nach hamburgischem Recht tauglich ist. Wie auch die Spielbankengesetze der anderen Bundesländer sieht § 2 Abs. 3 Satz 1 Hmb. SpBG erhöhte Anforderungen an den rechtlichen Betreiber einer Spielbank vor. Diese sind jedenfalls in ihrem Kern nicht europarechtswidrig, denn das Erfordernis, dass die Erlaubnis nur natürlichen Personen, juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Personenvereinigungen erteilt werden dürfe, an denen ausschließlich natürliche Personen beteiligt sind oder an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar sämtliche Gesellschaftsanteile halten, gilt für in- wie EU-ausländische Bewerber gleichermaßen und stellt daher keine europarechtswidrige Benachteiligung dar. Diesen Anforderungen genügt die Antragstellerin in ihrer jetzigen Form als Gesellschaft des privaten Rechts in der Rechtsform einer Ltd. englischen Rechts nicht. Die Darlegung der Eignung der Antragsgegnerin würde zumindest Vortrag dazu voraussetzen, in welcher Weise - und mit welchen zeitlichen Vorgaben - sie sich in eine zum Betrieb der Hamburger Spielbank geeignete Gesellschaftsform umwandeln wollte oder könnte; an solchem Vortrag fehlt es. Soweit die Antragstellerin erwägt, den Betrieb nur zu finanzieren und ihn durch einen dritten, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Betreiber vornehmen zu lassen, reicht das zur Darlegung ihrer Eignung ersichtlich nicht aus. Sie selbst wäre in diesem Fall gar nicht Betreiber und dürfte damit auch nicht Konzessionsnehmer sein, weil die Spielbankerlaubnis nach § 2 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 Hmb. SpBG nicht auf Dritte übertragen werden darf. Und die Erwägung, dass ein gänzlich Dritter, an dem sie in irgendeiner Weise beteiligt sein könnte, die Konzession erhalten könnte, kann - worauf die Antragsgegnerin zu Recht hinweist - eine Antragsbefugnis der Antragstellerin nicht begründen, weil sie selbst nur antragsbefugt ist, soweit sie geltend machen kann, durch den Ausschluss vom Vergabeverfahren in ihren eigenen Rechten als potentieller Mitbewerber verletzt zu sein (vgl. den Beschluss des Senats vom 31. 3. 2017, Az. 1 Verg 4/13).

49

Die Antragstellerin hat des Weiteren nicht dargelegt, in welcher Weise sie die für den Betrieb einer Spielbank naturgemäß hohen Anforderungen würde erfüllen wollen, die an die Befähigung, Zuverlässigkeit und Verlässlichkeit eines Spielbankbetreibers zu stellen sind. Schon nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Hmb. SpBG darf die Erlaubnis nur erteilt werden, wenn das Spielbankunternehmen und die sonst verantwortlichen Personen des Spielbankunternehmens über die für die ordnungsrechtlich und wirtschaftlich einwandfreie Durchführung des Spielbetriebs erforderliche Zuverlässigkeit verfügen. Schon das Vorliegen dieser Voraussetzung wird sich nur beurteilen lassen, wenn jedenfalls die verantwortlichen Mitarbeiter schon einmal in einem Spielbankbetrieb tätig gewesen sind. Konkrete Angaben dazu, woher die Antragstellerin solches Personal beziehen will, fehlen. Der Umstand, dass im Spielbankengeschäft erfahrene Personen bereit wären, die Antragstellerin, sollte sie eine Spielbank betreiben, zu beraten oder zu unterstützen, reicht dafür nicht aus, da bei Prüfung der Zuverlässigkeit abzustellen ist auf die eigenen, unmittelbar vor Ort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Betreibers der Spielbank und nicht auf externe Berater. Die Erfahrungen, die die Antragstellerin als Betreiberin von Spielhallen erworben hat, vermögen die für den Betrieb einer Spielbank erforderliche spezifische Erfahrung nicht zu ersetzen, da sich der Betrieb beider Arten von Spielstätten ganz grundsätzlich unterscheidet, insbesondere im Hinblick darauf, dass das Spiel in einer Spielbank unter aktiver Mitwirkung von Mitarbeitern des Spielbankbetreibers stattfindet. Anders als in einer das kleine Spiel anbietenden Spielhalle, in der sich das Spiel an Automaten vollzieht und bei der Zuverlässigkeitsprüfung im Mittelpunkt steht sicherzustellen, dass diese Automaten nicht manipuliert werden und keine nicht spielberechtigten Personen die Spielhalle betreten, sind die Anforderungen an Personal, das das große Spiel leitet, sehr viel höher. Hier sind Mitarbeiter des Spielbetreibers am Spielgeschehen im Einsatz. Sie haben naturgemäß in hohem Maße die Möglichkeit, den Spielverlauf manipulativ zu beeinflussen und bedürfen daher einer besonders sorgfältigen Auswahl und Ausbildung und zudem einer Überwachung durch Personen, die nicht nur mit den Spielvorgängen, sondern auch eben in der Auswahl, Ausbildung und Überwachung von Spielleitern (Croupiers, Bankhaltern usw.) Erfahrung haben. Dies gilt umso mehr, als der Beruf des Croupiers nicht ein „Lehrberuf“ ist, für den es eine staatlich überwachte Ausbildung gäbe, so dass der Betreiber einer Spielbank sich seine Spielleiter entweder selbst heranbilden oder auf Personal zugreifen muss, von dem er beurteilen kann, dass es geeignet und zuverlässig ist. An das „spieltechnische Personal“ sind auch, was deren rechtliche Kenntnisse über das Spielbankrecht betrifft, Anforderungen zu stellen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer Spielhalle nicht abverlangt werden müssen; so dürfen etwa nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Hmb. SpBG diese Mitarbeiter nicht einfach Trinkgelder annehmen, sondern Zuwendungen an sie sind nur dann erlaubt, wenn sie unverzüglich in der Spielbank speziell dafür aufgestellten Behältern zugeführt werden. Aus diesen Anforderungen und Besonderheiten ergibt sich, dass die Antragstellerin eine der Berücksichtigung unterliegende Bewerbung nur dann würde vorlegen können, wenn sie belegt, dass ihr für eine solche Tätigkeit ausreichend geschultes und auf seine Zuverlässigkeit und Verlässlichkeit überprüftes Personal zur Verfügung steht oder spätestens bei Aufnahme des Betriebs zur Verfügung stehen wird. Woher die Antragstellerin im Fall einer Bewerbung solches Personal würde rekrutieren können, hat sie nicht konkret dargelegt. Das Aufzeigen der bloßen Möglichkeit, etwa von der Beigeladenen in dem Fall, dass deren Konzession nicht erneuert wird, freigesetztes Personal zu übernehmen, reicht dafür nicht aus. Insoweit ist schon nicht dargelegt, dass die Beigeladene überhaupt Personal freisetzen würde, wenn sie die Konzession nicht erhielte, und dass dieses Personal bereit wäre, zu der Antragstellerin überzutreten.

50

Gegen diese Erwägungen kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg einwenden, dass bei Anlegung eines solchen Maßstabs kein neuer Betreiber für eine Spielbank auftreten könnte und das gesamte Spielbankwesen dauerhaft auf die bislang darin tätigen Unternehmen aufgeteilt wäre; denn abzustellen ist nicht notwendig auf den Betreiber selbst, sondern die für ihn tätigen verantwortlichen Mitarbeiter, die ihre Kenntnisse bei schon bestehenden Spielbanken erworben haben können. Dass das Vorhandensein solcher geeigneter Mitarbeiter belegt sein muss, wenn eine der Berücksichtigung fähige Bewerbung auf eine Ausschreibung erfolgt, ist keine Besonderheit des Glücksspielrechts, sondern gilt allgemein für alle Gewerbezweige, deren Dienste Gegenstand einer öffentlichen Ausschreibung sein können.

51

3. Da es der Antragstellerin an der Antragsbefugnis fehlt, kommt es auf die von den Beteiligten jeweils erhobenen weiteren rechtlichen und tatsächlichen Bedenken und Einwände nicht an. Der Senat weist daher nur vorsorglich darauf hin, dass er das Vorbringen der Antragsgegnerin, sie sei wegen des nicht abgeschlossenen Wandels der Rechtslage nicht in der Lage gewesen, eine Ausschreibung so rechtzeitig vorzunehmen, dass bis zum Jahresbeginn 2018 ein Zuschlag hätte erteilt werden können, nicht für durchgreifend erachtet. Insoweit wird auf die aus Sicht des Senats zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer Bezug genommen. Ein „rechtsfreier“ Raum hat zu keiner Zeit bestanden, da es für das Verfahren wie die inhaltlichen Anforderungen geltende rechtliche Regelungen gab. Auch dann, wenn sich die Möglichkeit von deren künftiger Änderung abzeichnete, hätte eine Ausschreibung auf der Grundlage des bislang geltenden Rechts erfolgen können und ggf. müssen. Allenfalls dann, wenn während eines laufenden Vergabeverfahrens sich die Rechtslage tatsächlich so grundlegend ändert, dass dieses nicht mehr sinnvoll abgeschlossen werden kann, könnte an eine freihändige Vergabe für eine Zwischenzeit gedacht werden. Gerade für den Bereich des Spielbankrechts nach hamburgischen Landesrecht kommt insoweit hinzu, dass § 2 Hmb. SpBG es nach Abs. 2 Satz 3 Nrn. 1 bis 4 und Abs. 4 Satz 4 ausdrücklich zulässt, dass die Erteilung einer Spielbankerlaubnis mit Auflagen versehen wird und diese zur Sicherung des einwandfreien Betriebs der Spielbank während der Laufzeit der Erlaubnis ergänzt oder geändert oder weitere Auflagen erlassen werden. Das Hamburger Spielbankgesetz ist damit von vornherein darauf angelegt, dass einer Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse flexibel Rechnung getragen wird.

52

4. Alle übrigen Anträge der Beteiligten sind durch diese Entscheidung verfahrensmäßig überholt.

III.

53

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 91 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 01. Nov. 2017 - 1 Verg 2/17

Urteilsbesprechungen zu Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 01. Nov. 2017 - 1 Verg 2/17

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 35 Begriff des Verwaltungsaktes


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemein
Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 01. Nov. 2017 - 1 Verg 2/17 zitiert 12 §§.

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Strafgesetzbuch - StGB | § 284 Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels


(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 160 Einleitung, Antrag


(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein. (2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 dur

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 101 Konzessionsgeber


(1) Konzessionsgeber sind 1. öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Konzession vergeben,2. Sektorenauftraggeber gemäß § 100 Absatz 1 Nummer 1, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 Absatz 2 bis 6 ausüben und eine Konzession zum

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 165 Akteneinsicht


(1) Die Beteiligten können die Akten bei der Vergabekammer einsehen und sich durch die Geschäftsstelle auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge oder Abschriften erteilen lassen. (2) Die Vergabekammer hat die Einsicht in die Unterlagen zu versagen,

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 176 Vorabentscheidung über den Zuschlag


(1) Auf Antrag des Auftraggebers oder auf Antrag des Unternehmens, das nach § 134 vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll, kann das Gericht den weiteren Fortgang des Vergabeverfahrens und den Zuschlag gestatte

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 105 Konzessionen


(1) Konzessionen sind entgeltliche Verträge, mit denen ein oder mehrere Konzessionsgeber ein oder mehrere Unternehmen 1. mit der Erbringung von Bauleistungen betrauen (Baukonzessionen); dabei besteht die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur

Verordnung über die Vergabe von Konzessionen


Konzessionsvergabeverordnung - KonzVgV

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Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 01. Nov. 2017 - 1 Verg 2/17 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 31/08 vom 1. Dezember 2008 in dem Vergabenachprüfungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja GWB §§ 97 Abs. 1, 99 Abs. 1; SächsBRKG § 31 Rettungsdienstleistungen Das zur Übertragung der Durchführu

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Tenor Die Anhörungsrüge der Beigeladenen vom 17.04.2014 gegen den Beschluss vom 31.03.2014 wird zurückgewiesen. Die Beigeladene trägt die Kosten des Rügeverfahrens. Gründe 1 Die Anhörungsrüge der Beigeladenen ist gem. §§ 120 Abs. 2, 71

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 24. Feb. 2012 - 9 B 90/11

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Gründe 1 Die Beschwerde ist unbegründet. Der Beschwerdevortrag rechtfertigt eine Zulassung der Revision nicht.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 01. Nov. 2017 - 1 Verg 2/17.

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 13. Juni 2018 - Au 8 K 17.1088, Au 8 K 17.1090, Au 8 K 17.1092, Au 8 K 17.1093

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Tenor I. Die Verfahren Au 8 K 17.1088, Au 8 K 17.1090, Au 8 K 17.1092 und Au 8 K 17.1093 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. II. Die Klagen werden abgewiesen. III. Die Kosten der Verfahren hat die Klägerin zu trag

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(1) Auf Antrag des Auftraggebers oder auf Antrag des Unternehmens, das nach § 134 vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll, kann das Gericht den weiteren Fortgang des Vergabeverfahrens und den Zuschlag gestatten, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen; bei verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Aufträgen im Sinne des § 104 sind zusätzlich besondere Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen zu berücksichtigen. Die besonderen Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen überwiegen in der Regel, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession im unmittelbaren Zusammenhang steht mit

1.
einer Krise,
2.
einem mandatierten Einsatz der Bundeswehr,
3.
einer einsatzgleichen Verpflichtung der Bundeswehr oder
4.
einer Bündnisverpflichtung.
Das Gericht berücksichtigt bei seiner Entscheidung auch die Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde, die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den öffentlichen Auftrag oder die Konzession zu erhalten, und das Interesse der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens.

(2) Der Antrag ist schriftlich zu stellen und gleichzeitig zu begründen. Die zur Begründung des Antrags vorzutragenden Tatsachen sowie der Grund für die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen. Bis zur Entscheidung über den Antrag kann das Verfahren über die Beschwerde ausgesetzt werden.

(3) Die Entscheidung ist unverzüglich, längstens innerhalb von fünf Wochen nach Eingang des Antrags zu treffen und zu begründen; bei besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten kann der Vorsitzende im Ausnahmefall die Frist durch begründete Mitteilung an die Beteiligten um den erforderlichen Zeitraum verlängern. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Ihre Begründung erläutert Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens. § 175 ist anzuwenden.

(4) Gegen eine Entscheidung nach dieser Vorschrift ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.

(1) Die Beteiligten können die Akten bei der Vergabekammer einsehen und sich durch die Geschäftsstelle auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge oder Abschriften erteilen lassen.

(2) Die Vergabekammer hat die Einsicht in die Unterlagen zu versagen, soweit dies aus wichtigen Gründen, insbesondere des Geheimschutzes oder zur Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, geboten ist.

(3) Jeder Beteiligte hat mit Übersendung seiner Akten oder Stellungnahmen auf die in Absatz 2 genannten Geheimnisse hinzuweisen und diese in den Unterlagen entsprechend kenntlich zu machen. Erfolgt dies nicht, kann die Vergabekammer von seiner Zustimmung auf Einsicht ausgehen.

(4) Die Versagung der Akteneinsicht kann nur im Zusammenhang mit der sofortigen Beschwerde in der Hauptsache angegriffen werden.

(1) Auf Antrag des Auftraggebers oder auf Antrag des Unternehmens, das nach § 134 vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll, kann das Gericht den weiteren Fortgang des Vergabeverfahrens und den Zuschlag gestatten, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen; bei verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Aufträgen im Sinne des § 104 sind zusätzlich besondere Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen zu berücksichtigen. Die besonderen Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen überwiegen in der Regel, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession im unmittelbaren Zusammenhang steht mit

1.
einer Krise,
2.
einem mandatierten Einsatz der Bundeswehr,
3.
einer einsatzgleichen Verpflichtung der Bundeswehr oder
4.
einer Bündnisverpflichtung.
Das Gericht berücksichtigt bei seiner Entscheidung auch die Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde, die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den öffentlichen Auftrag oder die Konzession zu erhalten, und das Interesse der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens.

(2) Der Antrag ist schriftlich zu stellen und gleichzeitig zu begründen. Die zur Begründung des Antrags vorzutragenden Tatsachen sowie der Grund für die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen. Bis zur Entscheidung über den Antrag kann das Verfahren über die Beschwerde ausgesetzt werden.

(3) Die Entscheidung ist unverzüglich, längstens innerhalb von fünf Wochen nach Eingang des Antrags zu treffen und zu begründen; bei besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten kann der Vorsitzende im Ausnahmefall die Frist durch begründete Mitteilung an die Beteiligten um den erforderlichen Zeitraum verlängern. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Ihre Begründung erläutert Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens. § 175 ist anzuwenden.

(4) Gegen eine Entscheidung nach dieser Vorschrift ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Konzessionsgeber sind

1.
öffentliche Auftraggeber gemäß § 99 Nummer 1 bis 3, die eine Konzession vergeben,
2.
Sektorenauftraggeber gemäß § 100 Absatz 1 Nummer 1, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 Absatz 2 bis 6 ausüben und eine Konzession zum Zweck der Ausübung dieser Tätigkeit vergeben,
3.
Sektorenauftraggeber gemäß § 100 Absatz 1 Nummer 2, die eine Sektorentätigkeit gemäß § 102 Absatz 2 bis 6 ausüben und eine Konzession zum Zweck der Ausübung dieser Tätigkeit vergeben.

(2) § 100 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Konzessionen sind entgeltliche Verträge, mit denen ein oder mehrere Konzessionsgeber ein oder mehrere Unternehmen

1.
mit der Erbringung von Bauleistungen betrauen (Baukonzessionen); dabei besteht die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung; oder
2.
mit der Erbringung und der Verwaltung von Dienstleistungen betrauen, die nicht in der Erbringung von Bauleistungen nach Nummer 1 bestehen (Dienstleistungskonzessionen); dabei besteht die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Verwertung der Dienstleistungen oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung.

(2) In Abgrenzung zur Vergabe öffentlicher Aufträge geht bei der Vergabe einer Bau- oder Dienstleistungskonzession das Betriebsrisiko für die Nutzung des Bauwerks oder für die Verwertung der Dienstleistungen auf den Konzessionsnehmer über. Dies ist der Fall, wenn

1.
unter normalen Betriebsbedingungen nicht gewährleistet ist, dass die Investitionsaufwendungen oder die Kosten für den Betrieb des Bauwerks oder die Erbringung der Dienstleistungen wieder erwirtschaftet werden können, und
2.
der Konzessionsnehmer den Unwägbarkeiten des Marktes tatsächlich ausgesetzt ist, sodass potenzielle geschätzte Verluste des Konzessionsnehmers nicht vernachlässigbar sind.
Das Betriebsrisiko kann ein Nachfrage- oder Angebotsrisiko sein.

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Konzessionen sind entgeltliche Verträge, mit denen ein oder mehrere Konzessionsgeber ein oder mehrere Unternehmen

1.
mit der Erbringung von Bauleistungen betrauen (Baukonzessionen); dabei besteht die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung; oder
2.
mit der Erbringung und der Verwaltung von Dienstleistungen betrauen, die nicht in der Erbringung von Bauleistungen nach Nummer 1 bestehen (Dienstleistungskonzessionen); dabei besteht die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Verwertung der Dienstleistungen oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung.

(2) In Abgrenzung zur Vergabe öffentlicher Aufträge geht bei der Vergabe einer Bau- oder Dienstleistungskonzession das Betriebsrisiko für die Nutzung des Bauwerks oder für die Verwertung der Dienstleistungen auf den Konzessionsnehmer über. Dies ist der Fall, wenn

1.
unter normalen Betriebsbedingungen nicht gewährleistet ist, dass die Investitionsaufwendungen oder die Kosten für den Betrieb des Bauwerks oder die Erbringung der Dienstleistungen wieder erwirtschaftet werden können, und
2.
der Konzessionsnehmer den Unwägbarkeiten des Marktes tatsächlich ausgesetzt ist, sodass potenzielle geschätzte Verluste des Konzessionsnehmers nicht vernachlässigbar sind.
Das Betriebsrisiko kann ein Nachfrage- oder Angebotsrisiko sein.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 31/08
vom
1. Dezember 2008
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Rettungsdienstleistungen
Das zur Übertragung der Durchführung der Notfallrettung und des Krankentransports
nach § 31 SächsBRKG vorgesehene Auswahlverfahren ist als Vergabeverfahren
nach § 97 Abs. 1 GWB durchzuführen, wenn der Wert des abzuschließenden
Vertrags den Schwellenwert erreicht.
BGH, Beschl. v. 1. Dezember 2008 - X ZB 31/08 - OLG Dresden
1. VK d. Freistaates Sachsen beim
Regierungspräsidium Leipzig
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Dezember 2008
durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterin
Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Gröning

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen beim Regierungspräsidium Leipzig vom 26. März 2008 wird zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Beschluss des Oberlandesgerichts vorbehalten.

Gründe:


1
A. Der Antragsgegner ist ein von mehreren sächsischen Kommunalkörperschaften gebildeter Zweckverband. Er hat als öffentliche Aufgabe den Rettungsdienst. Diese Aufgabe umfasst gemäß § 3 Nr. 3 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 des im Wesentlichen am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz (SächsBRKG) vom 24. Juni 2004 (SächsGVBl. S. 245) die Notfallrettung und den Krankentransport im Gebiet der angeschlossenen Körperschaften, daneben aber auch etwa noch die Unterhaltung von Leitstellen (§ 34 SächsBRKG).
2
Dieses Gesetz sieht in seinem erst am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen § 31 vor, dass der Aufgabenträger des Rettungsdienstes die dazu nötigen Leistungen selbst durchführt (Abs. 7) oder dass er die Durchführung der Notfallrettung und des Krankentransports nach einem Auswahlverfahren durch öffentlich -rechtlichen Vertrag auf private Hilfsorganisationen oder andere Unternehmer , die so genannten Leistungserbringer, überträgt (Abs. 1). Das Auswahlverfahren ist in § 31 und in der aufgrund dessen Absatz 3 erlassenen Landesrettungsdienstplanverordnung vom 24. Januar 2008 (SächsLRettDPVO, SächsGVBl. S. 79) näher geregelt. Diese Regeln sind nicht identisch mit denen der Verdingungsordnung für Leistungen - Teil A (VOL/A Ausgabe 2006) vom 6. April 2006. So heißt es in § 12 Abs. 6 SächsLRettDPVO nur, dass im Übrigen die allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätze des § 97 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten. Im Übertragungsvertrag ist unter anderem die Höhe der Vergütung des Leistungserbringers zu regeln (§ 31 Abs. 4 SächsBRKG). Diese Vergütung ist gemäß § 32 SächsBRKG Teil der Benutzungsentgelte , die der Aufgabenträger mit Kostenträgern vereinbart und die für alle in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Benutzer verbindlich sind und für andere Benutzer durch Satzung als Gebühr festgelegt werden können.
3
Der Antragsgegner gab am 17. Januar 2008 im Sächsischen Amtsblatt bekannt, ein Auswahlverfahren nach § 31 SächsBRKG zur Übertragung der Notfallrettung nebst Krankentransport ab 1. Januar 2009 durchzuführen.
4
Die Antragstellerin ist der Meinung, dass die Leistungen nach Maßgabe des Kartellvergaberechts und europaweit auszuschreiben seien. Sie hat deshalb von dem Antragsgegner Abhilfe verlangt und das Nachprüfungsverfahren eingeleitet, in dem sie u.a. auch die vom Antragsgegner beabsichtigte losweise Aufteilung der Leistungen beanstandet hat. Der Antragsgegner ist hingegen der Auffassung, nach § 12 Abs. 6 SächsLRettDPVO sei nur ein öffentlichrechtliches Auswahlverfahren nötig; eine Vergabe nach den Regeln des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und der Verdingungsordnung für Leistungen komme daher nicht in Betracht.
5
Die Vergabekammer hat den Antragsgegner als zur Beachtung des aufgrund des Ersten Abschnitts des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen einzuhaltenden Vergabeverfahrens (zukünftig auch kurz: GWB-Vergaberegime) verpflichtet angesehen. Allerdings bedürfe es keines europaweiten Vergabeverfahrens, weil Rettungsdienstleistungen als anteilig überwiegend medizinischen Inhalts nur nach § 1a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A 2006 zu vergeben seien.
6
Gegen den teils stattgebenden, teils zurückweisenden Beschluss der Vergabekammer haben der Antragsgegner sofortige Beschwerde und die Antragstellerin Anschlussbeschwerde eingelegt.
7
Das Oberlandesgericht hat (ausschließlich) die sofortige Beschwerde dem Senat zur Entscheidung vorgelegt (Beschl. abgedr. u.a. VergabeR 2008, 809). In Streit stehe ein Dienstleistungsauftrag im Sinne von § 99 Abs. 1 und 4 GWB, keine Dienstleistungskonzession, weil der Leistungserbringer die ihm zustehende Vergütung ausschließlich und unmittelbar vom öffentlichen Aufgabenträger erhalte. Die beabsichtigte Auftragserteilung sei auch nicht wegen Art. 45, 55 EG-Vertrag von den Vorschriften des GWB-Vergaberegimes ausgenommen. Rettungsdienstleistungen trügen aus der Natur der Sache heraus keinen hoheitlichen Charakter. An der deshalb gebotenen Zurückweisung der sofortigen Beschwerde sehe man sich jedoch durch einen Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. April 2006 (abgedr. u.a. VergabeR 2006, 787) gehindert; denn dem liege die Auffassung zugrunde, dass das Handeln am Rettungsdienst beteiligter Privater der hoheitlichen Betätigung des Staates zuzurechnen sei mit der Folge, dass die Vergabe derartiger Leistungen nicht dem GWB-Vergaberegime unterworfen sei.
8
B. Die Vorlage ist zulässig.
9
Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 GWB liegen vor, wenn das vorlegende Oberlandesgericht als tragende Begründung seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt (BGHZ 154, 32, 35 f. m.w.N.).
10
Eine solche Divergenz ist hier gegeben. Das vorlegende Oberlandesgericht will die sofortige Beschwerde des Antragsgegners mit der Begründung zurückweisen , Rettungsdienstleistungen, die an Private nicht im Wege eines Konzessionsmodells vertraglich übertragen werden sollen, seien nach Maßgabe des GWB-Vergaberegimes zu vergeben. Dieser Rechtssatz stimmt nicht mit der die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. April 2006 tragenden Begründung überein. Dieses Oberlandesgericht stützt seinen Beschluss auf den Rechtssatz, dass solche Rettungsdienstleistungen wegen Art. 45, 55 EG-Vertrag von dem GWB-Vergaberegime ausgenommen sind.
11
C. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere in rechter Frist und Form erhoben; sie ist aber unbegründet. Zu Recht hat die Vergabekammer auf den zulässigen Nachprüfungsantrag hin festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist, weil der Antragsgegner die im Januar 2008 angekündigte Übertragung der Notfallrettung nebst Krankentransport nicht in einem Vergabeverfahren vornehmen will, das die Regeln des Ersten Abschnitts des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und der wegen § 4 VgV ferner geltenden Verdingungsordnung für Leistungen - Teil A einhält.
12
I. Gegen das Erreichen des nach § 100 Abs. 1 GWB erforderlichen Schwellenwerts und gegen die Antragsbefugnis der Antragstellerin (§ 107 Abs. 2 GWB) gibt es ebenso wenig Bedenken wie Anhaltspunkte dafür bestehen , dass die Antragstellerin mit ihrem Begehren nach § 107 Abs. 3 GWB präkludiert sein könnte. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Oberlandesgerichts im Vorlagebeschluss verwiesen werden.
13
II. Näherer Ausführungen bedarf es hingegen im Hinblick darauf, dass sich der Regelungsgehalt des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB beschränkt. Nach der dort gegebenen gesetzlichen Definition sind das entgeltliche Verträge zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Unternehmen, die, soweit es hier interessiert, Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Auch die sich hieraus ergebenden Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
14
1. Der Antragsgegner ist als Verband im Sinne des § 98 Nr. 3 GWB öffentlicher Auftraggeber.
15
2. Er will mit einem Dritten einen Vertrag abschließen, damit dessen Unternehmen verpflichtet ist, Notfallrettung und Krankentransporte im Sinne des § 2 Abs. 2 SächsBRKG durchzuführen. Ein solcher Vertrag hat Leistungen des Unternehmens zum Gegenstand, die, da keine Waren zu liefern sind und keine Bauausführung oder -planung geschuldet sein soll, gem. § 99 Abs. 4 GWB als Dienstleistungen einzustufen sind.
16
a) Der Feststellung, dass der Vertrag (Dienst)Leistungen zum Gegenstand hat, steht nicht entgegen, dass in Übereinstimmung mit § 31 Abs. 1 SächsBRKG nach dem Wortlaut des zu den Akten gereichten Entwurfs des abzuschließenden Vertrags (dort § 1) die Durchführung der Notfallrettung und des Krankentransports übertragen werden soll, was möglicherweise als Übertragung jedenfalls eines Teils der öffentlichen Aufgabe selbst bzw. als Anvertrauen eines öffentlichen Amts verstanden werden könnte. Ein solcher Inhalt der Vereinbarung änderte nämlich nichts daran, dass der Vertrag sich über Leistungen verhält, zu denen ein Dritter aufgrund der vertraglichen Vereinbarung verpflichtet sein soll, was nach der Rechtsprechung des Senats bereits zur Anwendung von § 99 Abs. 1 GWB führt (BGHZ 162, 116, 128). Denn der Leistungserbringer soll - wie es in § 2 Abs. 2 Satz 2 SächsBRKG heißt - lebensrettende Maßnahmen bei Notfallpatienten durchführen, deren Transportfähigkeit herstellen, sie unter fachgerechter Betreuung in ein Krankenhaus befördern, anderen Kranken , Verletzten oder sonstigen Hilfsbedürftigen Hilfe leisten und auch diese Personen befördern. Dass es bei dem abzuschließenden Vertrag um die Pflicht zur Erbringung gerade auch dieser Dienstleistungen geht, wird nicht zuletzt daran deutlich, dass der Antragsgegner nach § 31 Abs. 7 SächsBRKG diese Tätigkeiten ansonsten mit eigenen Kräften durchführen müsste (vgl. auch hierzu BGHZ 162, 115, 126).
17
b) Unerheblich ist auch, dass § 31 Abs. 1 SächsBRKG den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags vorschreibt und auch der Vertragsentwurf eine Vereinbarung dieser rechtlichen Art vorsieht. Denn § 99 Abs. 1 GWB unterscheidet nicht nach der Rechtsnatur des abzuschließenden Vertrags. Er weist Rechtsgeschäfte allein deshalb dem GWB-Vergaberegime zu, weil der öffentliche Auftraggeber Leistungen durch einen Dritten für wünschenswert oder notwendig erachtet und dies zum Anlass nimmt, deren Erbringung auf vertraglichem Weg und nicht in anderer Weise, etwa durch einen Beleihungsakt (vgl. hierzu Burgi NVwZ 2007, 383), sicherzustellen (vgl. BGHZ 148, 55, 61), wobei angesichts des zu beurteilenden Sachverhalts dahinstehen kann, ob fallweise - etwa zur Vermeidung von Umgehungsmöglichkeiten - auch eine Beauftragung auf vertragsähnlichem Wege ausreichen kann.
18
3. Da in dem Vertragsentwurf vorgesehen ist (dort § 5), dass der Leistungserbringer vom Aufgabenträger für die Durchführung der übernommenen Tätigkeiten bzw. Aufgabe den im Angebot geforderten Eurobetrag als Vergütung erhält, soll schließlich auch ein entgeltlicher Vertrag abgeschlossen werden. Denn die erforderliche Entgeltlichkeit liegt jedenfalls dann vor, wenn der öffentliche Auftraggeber sich durch ein einheitliches Leistungsaustauschgeschäft zu einer geldwerten Gegenleistung für die Leistung des Unternehmens verpflichtet (vgl. BGHZ 162, 116, 129 m.w.N.).
19
4. Auf die von dem vorlegenden Oberlandesgericht einerseits und dem Oberlandesgericht Düsseldorf (aus der vergaberechtlichen Rspr. wie oder ähnlich wie dieses OLG Celle NZBau 2000, 299; OLG Naumburg VergabeR 2001, 134 u. Beschl. v. 11.07.2008 - 1 Verg 5/08; BayObLG VergabeR 2003, 563 f.; OLG Brandenburg NZBau 2005, 236 u. Beschl. v. 18.09.2008 - VergW 9/04) andererseits kontrovers diskutierte und den eigentlichen Grund für die Divergenzvorlage bildende Frage, ob von der Ankündigung des Antragsgegners betroffene Tätigkeiten dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, so dass durch sie nach der Vorgabe von Art. 45, 55 EG-Vertrag weder die Niederlassungsfreiheit noch die Dienstleistungsfreiheit in den Mitgliedstaaten berührt wird, kommt es nicht an.
20
Die sich aus Art. 45, 55 EG-Vertrag ergebende so genannte Bereichsausnahme beschränkt sich nach dem Wortlaut von Art. 45 und dessen Zweck darauf, die Mitgliedstaaten in die Lage zu versetzen, Ausländer von den dort genannten Tätigkeiten im Inland fernzuhalten (EuGH, Urt. v. 21.06.1974 - 2/74, Slg. 1974, 631 Rdn. 44); ein Zwang für den nationalen Gesetzgeber ist damit nicht verbunden. Die Reichweite des durch den Ersten Abschnitt des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen eröffneten Vergaberegimes bestimmt sich mithin nach deutschem Recht. Nur wenn oder soweit das deutsche Gesetz einen bestimmten Dienstleistungsverkehr hiervon ausnähme, könnten der EG-Vertrag oder auf seiner Grundlage erlassene europäische Rechtsakte noch Bedeutung erlangen, nämlich dann, wenn das Gemeinschaftsrecht der Bundesrepublik Deutschland Derartiges untersagte (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 18.12.2007 - C-357/06, ZfBR 2008, 400, 403). Die Vergabe von Dienstleistungen der hier interessierenden Art ist nach nationalem Recht jedoch nicht von dem GWB-Vergaberegime ausgenommen, wie die Auslegung der einschlägigen Gesetzesbestimmungen ergibt.
21
a) Ausgangspunkt für diese Auslegung ist - wie stets - der Gesetzeswortlaut. Dieser weist die beabsichtigte Vergabe von Rettungsdienstleistungen aber eindeutig dem GWB-Vergaberegime zu, weil § 99 Abs. 1 GWB allein darauf abstellt, dass die Leistung in dem bereits erörterten Sinne Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags zwischen öffentlichem Auftraggeber und Unter- nehmen werden soll. Es kommt hinzu, dass das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen selbst in § 100 Abs. 2 einen allgemein als abschließend angesehenen Katalog von Verträgen benennt, für die das GWBVergaberegime nicht gelten soll, ohne darin Aufträge der im Januar 2008 vom Antragsgegner angekündigten Art aufgenommen zu haben.
22
b) Die Geltung des GWB-Vergaberegimes auch für die Vergabe dieser Verträge und das dabei einzuhaltende Verfahren kann auch nicht als mit dem Zweck des Gesetzes unvereinbar angesehen werden, der zur Auslegung ebenfalls herangezogen werden muss (BGHZ 162, 116, 126). Die hierzu ergangenen Vorschriften dienen dazu, unter Wahrung von Transparenz und Gleichbehandlung am Auftrag Interessierter der öffentlichen Hand zu ermöglichen und sie anzuhalten, möglichst unter Nutzung vorhandenen Wettbewerbs das wirtschaftlichste Angebot zu erhalten und wahrzunehmen. Dieser Zweck kann ohne weiteres auch für die im Streitfall interessierenden Verträge Geltung beanspruchen. Es erscheint geradezu sinnvoll, auch diese Nachfrage der öffentlichen Hand in der nach dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorgesehenen Weise abzuwickeln, nicht zuletzt angesichts des auch vom vorlegenden Oberlandesgericht herangezogenen Umstands, dass es bekanntermaßen althergebrachter Praxis entspricht, die fraglichen Leistungen durch außerhalb des Staates stehende Organisationen oder Unternehmen, häufig sogar auf rein privatrechtlicher Grundlage, erbringen zu lassen. Insoweit besteht ein wesentlicher Unterschied zu Verträgen, die nach der Rechtsprechung des Senats § 99 Abs. 1 GWB nicht unterfallen, obwohl auch sie in den Ausnahmekatalog des § 100 Abs. 2 GWB nicht aufgenommen sind (BGHZ 148, 155), nämlich zu Verträgen mit Unternehmen, deren alleiniger Anteilseigner der öffentliche Auftraggeber ist, über die er eine Kontrolle wie über eigene Dienststellen ausübt und die ihre Tätigkeit im Wesentlichen für diesen öffentlichen Auftraggeber verrichten. Denn dann wird der Sache nach kein anderer beauftragt; die Tätigkeit wird vielmehr von einer Stelle erbracht, die der öffentlichen Verwaltung bzw. dem Geschäftsbetrieb des öffentlichen Auftraggebers zuzurechnen ist, so dass für einen geregelten Wettbewerb schon von vornherein kein Raum ist.
23
c) Schließlich führt auch die historische Auslegungsmethode zu keinem anderen Ergebnis. Ein vom Wortlaut her gebotenes und vom Gesetzeszweck getragenes Auslegungsergebnis bedarf nicht des Nachweises entsprechenden gesetzgeberischen Willens. Es kann lediglich dann in Frage gestellt sein, wenn ein entgegenstehender gesetzgeberischer Wille feststeht. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, wobei der Senat unterstellt, dass die bereits erwähnte Bereichsausnahme europarechtlich die Vergabe von Aufträgen über Rettungsdienstleistungen nach Maßgabe des § 31 SächsBRKG erfasst.
24
Es kann nicht schon deshalb angenommen werden, das sich unter dieser Prämisse ergebende Hinausgehen über das nach dem Gemeinschaftsrecht Notwendige sei nicht vom Willen des deutschen Gesetzgebers gedeckt, weil Anlass für das am 1. Januar 1999 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung der Rechtsgrundlagen für die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergaberechtsänderungsgesetz - VgRÄG) vom 26. August 1998 (BGBl. I 2512) europarechtliche Vorgaben waren (vgl. EuGH, Urt. v. 11.08.1995 - C-433/93, Slg. 1995, 2317 Rdn. 18 f.; Urt. v. 02.05.1996 - C-253/95, Slg. 1996, 2430 Rdn. 15). Denn der vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften angemahnte Umsetzungsbedarf betraf nicht den Umfang der vom nationalen Vergaberecht erfassten Geschäfte, sondern ein Defizit an Rechtsschutz für die Bieter, weil die so genannte haushaltsrechtliche Lösung (2. Gesetz zur Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes v. 26.11.1993, BGBl. 1993 I 1928) keine individuellen einklagbaren Rechtsansprüche der am Auftrag interessierten Unternehmen begründet hatte (vgl. BT-Drucks. 12/4636, S. 12). Ebenso wenig folgt ein der vorgenommenen Auslegung entgegenstehender gesetzgeberischer Wille daraus, dass im Gesetzgebungsverfahren wiederholt der Wunsch geäußert worden ist, ausschließlich europarechtliche Vorgaben, insbesondere diejenigen der Vergaberichtlinien, umzusetzen. Denn dieser Wunsch hat tatsächlich keine vollständige Erfüllung gefunden. Das zeigt sich schon daran, dass im Falle einer echten Chance auf den Zuschlag die Richtlinie 92/13/EWG vom 25. Februar 1992 (ABl. Nr. L 76 v. 23.02.1992, S. 14; dort Art. 2 Abs. 7) nur den Nachweis eines ursächlichen Schadens im Streit um die Kosten der Vorbereitung des Angebots oder der Teilnahme an einem Vergabeverfahren erleichtert wissen wollte, und dies auch nur bei Auftragsvergaben im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor, während nach § 126 GWB die echte Chance auf den Zuschlag und deren Beeinträchtigung den Anspruch bereits auslösen, und zwar in allen Fällen, in denen ein Bieter Kostenerstattung verlangt, der sich durch eine erfolgte fehlerhafte Vergabe benachteiligt fühlt. Im Gesetzgebungsverfahren hätte demgemäß schon hervorgetreten sein müssen, dass vom GWB-Vergaberechtsregime trotz des entgegenstehenden allgemeinen Wortlauts von § 99 Abs. 1 GWB der sogenannten Bereichsausnahme unterfallende Verträge oder konkret solche der hier interessierenden Art ausgenommen sein sollen (a.A. z.B. Burgi, NVwZ 2007, 383, 385). Hieran fehlt es jedoch.
25
5. Diese Ausnahme ergibt sich schließlich auch nicht, wenn man die auch für das nationale Recht weitverbreitete Auffassung zu Grunde legt, Dienstleistungskonzessionen seien - sehe man davon ab, dass die sogenannten Grundfreiheiten des EG-Vertrags und der von dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hieraus abgeleitete Transparenzgrundsatz zu beachten seien - "vergaberechtsfrei" (so wörtlich Dreher/Stockmann, Kartellvergaberecht, § 99 GWB Rdn. 121). Denn zu Recht hat das vorlegende Oberlandesgericht festgestellt, dass im Streitfall keine Dienstleistungskonzession betroffen ist. Als ein derartiges Rechtsgeschäft werden in Übereinstimmung mit der Definition in Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 2004/18/EG vom 31. März 2004 (ABl. Nr. L 134 S. 114) Verträge angesehen, bei denen die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistung ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht. Notwendig ist danach, dass der Auftragnehmer ein Nutzungsrecht an der Dienstleistung erhält, die erbracht werden soll. Die Einräumung eines solchen Rechts ist nach dem bereits mehrfach erwähnten Vertragsentwurf im Streitfall jedoch nicht vorgesehen. Der Leistungserbringer soll nicht hierdurch in die Lage versetzt werden, von dem Benutzer oder dessen Krankenkasse eine Vergütung zu verlangen, sondern die Vergütung ausschließlich durch Geldzahlung des Aufgabenträgers erhalten. Nach § 5 des Vertragsentwurfs soll die so zu erbringende jährliche Vergütung zudem für die gesamte Laufzeit des Vertrags mit der Möglichkeit einer Anpassung im Falle wesentlicher tatsächlicher Veränderungen festgelegt sein. Demgemäß kann auch keine Rede davon sein, dass der Leistungserbringer ein Betriebs- oder Vergütungsrisiko trage. Er hat ausschließlich die öffentliche Hand als Schuldner. Wie diese ihrerseits die für die im Vorhinein vereinbarte Vergütung erforderlichen Mittel beschafft, berührt das Verhältnis zum Leistungserbringer nicht.
26
6. Nach allem darf der Antragsgegner sich nicht darauf beschränken, die mit seiner Bekanntmachung vom 17. Januar 2008 nachgefragten Dienstleistungen nach Maßgabe des in der Sächsischen Landesrettungsdienstplanverord- nung näher geregelten Auswahlverfahrens zu vergeben. Angesichts der Feststellung der Vergabekammer, dass Leistungen der Kategorie 25 des Anhangs I B zur VOL/A 2006 betroffen sind und des mit der sofortigen Beschwerde nicht angegriffenen und daher hier auch nicht zur Überprüfung stehenden Ausspruchs, dass deshalb § 1a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A 2006 eingreift, hat der Antragsgegner vielmehr - vorbehaltlich einer anderen Anschlussbeschwerdeentscheidung - jedenfalls nach Maßgabe der Basisparagraphen des Abschnitts 2 der VOL/A 2006 sowie der §§ 8a und 28a dieses Abschnitts im Rahmen des durch den Ersten Abschnitt des Vierten Teils des GWB geschaffenen Vergaberegimes zu verfahren.
27
Der Umstand, dass der Landesgesetzgeber ein besonderes Auswahlverfahren geschaffen hat, entbindet hiervon (entgegen dem vom OLG Naumburg VergabeR 2008, 821 hieraus gezogenen Schluss) nicht, weil eine Kompetenz des Freistaates Sachsen zur Einschränkung des bundeseinheitlichen Vergaberechts nicht mehr bestand, nachdem der Bund den Vierten Teil des GWB geschaffen hatte (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1, 11, 16, Art. 109 Abs. 3 GG).
28
D. Entgegen der Meinung der Antragstellerin hat der Senat nicht über die Anschlussbeschwerde zu entscheiden. Wenn es in § 124 Abs. 2 GWB heißt, im Falle einer Divergenz lege das Oberlandesgericht die Sache dem Bundesgerichtshof vor, so bedeutet dies nicht, dass immer und ausnahmslos der gesamte noch anhängige Nachprüfungsstreit dem Bundesgerichtshof vorzulegen ist. Die Vorlagepflicht besteht nur, soweit die Entscheidung des Bundesgerichtshofs anstelle des Oberlandesgerichts notwendig ist, um den abtrennbaren Teil des Streits zu erledigen, dessen Bescheidung nach Ansicht des vorlegenden Oberlandesgerichts von der zum Anlass der Vorlage genom- menen Divergenz abhängt. Dementsprechend hat das Oberlandesgericht die Vorlage zu Recht auf die sofortige Beschwerde beschränkt. Ob der Senat, etwa aus Gründen der Prozessökonomie, befugt wäre, die Anschlussbeschwerde an sich zu ziehen, kann dahinstehen, weil der Senat im Streitfall keine Gründe für eine solche Maßnahme zu erkennen vermag.
29
E. In Anbetracht der Tatsache, dass nach allem das Oberlandesgericht über die Anschlussbeschwerde noch zu beschließen hat, bleibt die Kostenentscheidung insgesamt der Schlussentscheidung des Oberlandesgerichts überlassen.
30
F. Von einer mündlichen Verhandlung sieht der Senat ab, weil die Sache eilbedürftig und angesichts des unstreitigen Sachverhalts von einem Termin vor dem Senat eine weitere Sachaufklärung nicht zu erwarten ist. Hier kommt noch hinzu, dass der durch die Entscheidung des Senats allein beschwerte Antragsgegner vorgebracht hat, "eine mündliche Verhandlung dürfte entbehrlich sein".
Melullis Scharen Mühlens
Meier-Beck Gröning
Vorinstanz:
OLG Dresden, Entscheidung vom 04.07.2008 - WVerg 3/08 -

(1) Konzessionen sind entgeltliche Verträge, mit denen ein oder mehrere Konzessionsgeber ein oder mehrere Unternehmen

1.
mit der Erbringung von Bauleistungen betrauen (Baukonzessionen); dabei besteht die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung; oder
2.
mit der Erbringung und der Verwaltung von Dienstleistungen betrauen, die nicht in der Erbringung von Bauleistungen nach Nummer 1 bestehen (Dienstleistungskonzessionen); dabei besteht die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Verwertung der Dienstleistungen oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung.

(2) In Abgrenzung zur Vergabe öffentlicher Aufträge geht bei der Vergabe einer Bau- oder Dienstleistungskonzession das Betriebsrisiko für die Nutzung des Bauwerks oder für die Verwertung der Dienstleistungen auf den Konzessionsnehmer über. Dies ist der Fall, wenn

1.
unter normalen Betriebsbedingungen nicht gewährleistet ist, dass die Investitionsaufwendungen oder die Kosten für den Betrieb des Bauwerks oder die Erbringung der Dienstleistungen wieder erwirtschaftet werden können, und
2.
der Konzessionsnehmer den Unwägbarkeiten des Marktes tatsächlich ausgesetzt ist, sodass potenzielle geschätzte Verluste des Konzessionsnehmers nicht vernachlässigbar sind.
Das Betriebsrisiko kann ein Nachfrage- oder Angebotsrisiko sein.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet. Der Beschwerdevortrag rechtfertigt eine Zulassung der Revision nicht.

2

1. Die Voraussetzungen einer Zulassung der Revision wegen entscheidungserheblicher Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sind nicht erfüllt. Eine Abweichung im Sinne dieser Vorschrift liegt nur dann vor, wenn sich das Oberverwaltungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu einem in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat; die Beschwerdebegründung muss darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, stRspr; vgl. z.B. Beschlüsse vom 21. Juli 1988 - BVerwG 1 B 44.88 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 32 S. 5 f. und vom 12. Dezember 1991 - BVerwG 5 B 68.91 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 302). Daran fehlt es hier.

3

Die Beschwerde rügt, das Urteil weiche vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Januar 1978 - BVerwG 7 C 44.76 - (Buchholz 401.69 Wohnungsbauabgaben Nr. 4 S. 15) sowie von den Beschlüssen vom 8. August 1989 - BVerwG 4 NB 2.89 - (Buchholz 406.11 § 10 BBauG/BauGB Nr. 17 S. 12) und vom 1. August 2001 - BVerwG 4 B 23.01 - (Buchholz 406.11 § 215a BauGB Nr. 9) ab. Die Beschwerde stellt darauf ab, dass es nach den genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts darauf ankomme, ob die angegriffene Satzung teilbar und mit Sicherheit anzunehmen sei, dass die Satzung auch ohne den nichtigen Teil erlassen worden wäre. Demgegenüber habe das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht eine Teilbarkeit der Satzung angenommen. § 13 Vergnügungssteuersatzung enthalte ein Gesamtkonzept über die Entstehung, Festsetzung und Fälligkeit der Vergnügungssteuer, aus dem nicht einzelne Absätze abgetrennt werden könnten, ohne dass dies das Gesamtkonzept der Vorschrift zunichte machen würde. Davon abgesehen habe das Oberverwaltungsgericht aus der Teilbarkeit der Satzung automatisch auf einen mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers geschlossen, diesen Teil auch aufrechtzuerhalten. Das Oberverwaltungsgericht reduziere schlicht die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf die Frage, ob eine Satzung teilbar sei.

4

Damit hat die Beschwerde jedoch nicht dargelegt, mit welchen Rechtssätzen das Oberverwaltungsgericht von denen des Bundesverwaltungsgerichts in den zitierten Entscheidungen abweicht. Die Beschwerde wendet sich vielmehr gegen die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung. Das Oberverwaltungsgericht ist nämlich von der in den zitierten Entscheidungen vertretenen Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts ausgegangen. Es hat eine Teilnichtigkeit angenommen, weil die Unwirksamkeit der infrage stehenden Satzungsregelung es bei einer sinnvollen Restregelung des Verfahrens für die Erhebung der Spielgerätesteuer belasse (UA S. 15). Es hat seiner Entscheidung zu Grunde gelegt, dass es auf den hypothetischen Willen des Normgebers zum Zeitpunkt des Normerlasses ankomme. Das Oberverwaltungsgericht hat die Annahme, der Satzungsgeber hätte bei Teilnichtigkeit einer Regelung die andere Regelung nicht erlassen, für fernliegend gehalten, nachdem in der Satzung nebeneinander und unabhängig voneinander stehende Heranziehungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden (UA S. 16). Der Angriff auf die Richtigkeit der Entscheidung rechtfertigt jedoch nicht die Zulassung der Revision.

5

2. Die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt der Rechtssache nicht zu.

6

Hinsichtlich der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage,

"Ist vor dem Hintergrund der Unzulässigkeit des deutschen Glücksspielmonopols eine steuerliche Bevorzugung der Spielbanken als Monopolisten gegenüber Spielhallenbesitzern als privaten Betreibern mit Art. 3 GG vereinbar?",

ist ein Klärungsbedarf nicht erkennbar.

7

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass sachliche Gründe die unterschiedliche Besteuerung von Spielbanken und Spielhallen in Bezug auf die Erhebung von Vergnügungssteuern rechtfertigen. Die hier besteuerten Spielgeräte unterliegen für ihre technische Zulassung bestimmten Einschränkungen, die die Gefahr unangemessen hoher Verluste in kurzer Zeit ausschließen sollen (§ 33e GewO). Das gewerbsmäßige Aufstellen solcher Spielgeräte ist zwar erlaubnispflichtig (§ 33c GewO), bei Vorliegen der Voraussetzungen besteht jedoch auf die Erteilung der Erlaubnis ein Rechtsanspruch. Die Spielgeräte in einer Spielbank demgegenüber sind uneingeschränkt zum Glücksspiel geeignet. Für sie gelten die Einschränkungen der Gewerbeordnung nicht (§ 33h GewO). Das Glücksspiel ist aber nur aufgrund eigens erteilter staatlicher Konzession erlaubt. Schon diese Unterschiede rechtfertigen eine unterschiedliche Besteuerung. Aber es bedeutet auch für den Aufwand eines jeden Spielers einen Unterschied, ob er an einem Spielgerät mit Verlustbegrenzung nach der Gewerbeordnung spielt oder an einem solchen in einer Spielbank ohne jegliche Verlustgrenze (Urteil vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 9 C 12.08 - BVerwGE 135, 367 Rn. 31; Beschluss vom 28. August 2007 - BVerwG 9 B 14.07 - Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 41 S. 4 f.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, weshalb die von ihr angeführten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zum deutschen Glücksspielmonopol (Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 - NVwZ 2010, 1422 und - Rs. C-316/07 - NVwZ 2010, 1409) Anlass geben könnten, die Vereinbarkeit der unterschiedlichen Besteuerung mit dem Grundsatz steuerlicher Belastungsgleichheit in einem Revisionsverfahren erneut zu prüfen. Diese Entscheidungen betreffen die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein staatliches Monopol zur Veranstaltung von Glücksspielen mit Unionsrecht vereinbar ist, mithin den Zugang zum Glücksspielmarkt. Die Beschwerde legt nicht dar, dass und weshalb im Zusammenhang damit auch die oben genannten, für die Beurteilung der Besteuerungsgleichheit maßgeblichen Unterschiede bei Spielgeräten in Spielbanken und an anderen Stellen (rückwirkend) weggefallen sind.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Die Anhörungsrüge der Beigeladenen vom 17.04.2014 gegen den Beschluss vom 31.03.2014 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Rügeverfahrens.

Gründe

1

Die Anhörungsrüge der Beigeladenen ist gem. §§ 120 Abs. 2, 71 a GWB statthaft und zulässig, insbesondere ist sie innerhalb der zweiwöchigen Notfrist gem. § 71 a Abs. 2 GWB eingereicht worden. In der Sache ist sie allerdings unbegründet. Der Senat hat den Anspruch der Beigeladenen auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 71 a Abs. 1 Nr. 2 GWB).

1.

2

Eine Überraschungsentscheidung liegt nicht vor. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen widersprechen die - rein vorsorglichen - Ausführungen des Senats zur Zulässigkeit einer Aufklärung über die Identität des Bieters nicht der von ihr zitierten Rechtsprechung. Denn die Entscheidungen befassen sich nicht mit der Frage, ob eine Aufklärung auch nachgeholt werden kann, wenn sich im Nachhinein ergibt, dass ein Angebot doch zu berücksichtigen ist. So führt der BGH in seinem Urteil vom 15.04.2008, Az. X ZR 129/06, aus, das von § 25 VOB/A (a.F.) vorgegebene Prüfungsschema, in die nächstfolgende Wertungsstufe nach Abschluss der vorangegangenen überzugehen, schließe nicht aus, dass übersehene oder erst später bekannt gewordene Mängel nachträglich berücksichtigt werden dürfen (NZBau 2008, 505 Tz. 13, zit. nach juris). Das gilt auch dann, wenn erst nachträglich Bedenken zur Identität des Bieters entstehen, sei es, weil diese zunächst übersehen wurden, sei es dass sich Zweifel erst später aufgrund veränderter Umstände ergeben. Die Frage, ob und inwieweit Aufklärungsmaßnahmen gestattet sind, behandelt der BGH nicht.

3

In seiner Entscheidung vom 23.02.2009, Az. 3 – 194/08, erkennt der BGH keine unzulässige inhaltliche Vermischung, wenn ein Auftraggeber aus Gründen der Verfahrensvereinfachung erst von denjenigen Bietern Eignungsnachweise abfordert, die nach der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Angebote in die engere Wahl kommen (Tz 193, zit. nach juris). Um eine ähnliche Problematik ging es in dem Sachverhalt, der dem Beschluss des OLG München vom 15.11.2007, Az. Verg 10/07, zugrunde liegt. Dort hatte die Vergabestelle aus Gründen der praktikablen Handhabung und zur Arbeitserleichterung bei der Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots eine Information über das angebotene Produkt zunächst bei der dortigen Antragstellerin als der bestplatzierten Bieterin und nach deren Ausscheiden bei der Beigeladene als der dann bestplatzierten Bieterin eingeholt.

4

Ein solches Vorgehen zur Arbeitserleichterung kommt aber nicht in Betracht, soweit es um die Identität des Bieters geht. Angebote müssen vielmehr von Anfang an die Identität des Bieters erkennen lassen. Dies gilt für Einzelbieter wie für Bietergemeinschaften. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung, wem ein Angebot zuzurechnen ist, ist das zum Eröffnungstermin vorliegende Angebot. Bei Unklarheiten ist durch Auslegung aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers zu ermitteln, wer das Angebot abgegeben hat (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.01.2005, Verg 82/04, Tz 4, zit. nach juris; Weyand, Vergaberecht, 4. Aufl., § 13 VOB/A, Rn 44).

5

In diesem Sinne hat sich auch die Vergabekammer des Bundes im Beschluss vom 18.02.2010, Az. VK 3 – 6/10 geäußert (vgl. dazu auch Weyand, aaO) :

6

„Ein transparenter und chancengleicher Bieterwettbewerb i.S.d. § 97 Abs. 1, 2 GWB, § 4 Abs. 2 VOF ist nicht gewährleistet, wenn eine Bewerbung, die den Bewerber nicht klar erkennen lässt, gemäß § 16 VOF zur Verhandlung zugelassen wird. Die Person des Bewerbers und gegebenenfalls nachfolgend des Auftragnehmers und Vertragspartners ist- was keiner näheren Begründung bedarf - von zentraler Bedeutung. Nur bei Klarheit über die Person des Bewerbers kann die Eignungsprüfung im Bewerberauswahlverfahren, die ja gerade personenbezogen ist, sachgerecht durchgeführt werden. In einem späteren Stadium nach Angebotsabgabe und Auftragserteilung muss der Auftraggeber wissen, wer ihm die Leistung schuldet und gegebenenfalls haftet. Ein chancengleicher Bieterwettbewerb ist daher nur gewährleistet, wenn die gemäß §§ 12 und 13 VOF geforderten Eignungsnachweise dem Bewerber eindeutig zugerechnet werden können. Anderenfalls bestünde die Möglichkeit, sich auf Ressourcen eines Anderen zu berufen, obwohl die entsprechenden Nachweise selbst nicht erbracht werden (können). Damit könnte ein Bewerber die Zulassung zur Verhandlung erreichen, obwohl seine - persönliche - Eignung aufgrund fehlender Angaben nicht nachgewiesen ist (vgl. zum zwingenden Ausschluss formal fehlerhafter Angebote im VOF-Verfahren: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21. Oktober 2009, Verg 28/09 im VOL/A-Verfahren: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03. Januar 2005, Verg 82/04 VK Bund, Beschluss vom 4. Oktober 2004, VK 3 - 152/04). Da eine klare Zuordnung im vorliegenden Fall nicht möglich ist, ist die Bewerbung schon aus diesem Grund auszuschließen.“

7

Abgesehen davon hat der Senat entgegen der Ansicht der Beigeladenen seine Entscheidung in dem angefochtenen Beschluss auch nicht darauf gestützt, dass eine Aufklärung über die Bieteridentität wegen des Zeitpunkts der Aufklärung unzulässig gewesen sei. Das folgt schon daraus, dass die Ausführungen zur Aufklärung nur der Vollständigkeit halber erfolgten. Denn wie der Senat in dem angefochtenen Beschluss dargelegt hat, ist streitig, ob bei Zweifeln über die Bieteridentität überhaupt eine Aufklärung gem. § 18 S. 1 VOL/A EG zulässig ist und auch nach der Auffassung derjenigen, die das grundsätzlich bejahen, kommt eine Aufklärung erst dann in Betracht, wenn sich die Zweifel nicht im Wege der Auslegung klären lassen. Hier ist es aber so, dass ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter im Wege der Auslegung zu dem Ergebnis kommen musste, dass das Angebot von einer Bietergemeinschaft stammte (vgl. S. 19 und S. 21 des Beschlusses). Für eine Aufklärung war daher von Anfang an kein Raum, selbst wenn man grundsätzlich auch bei Unklarheiten über die Identität des Bieters eine Aufklärung für zulässig hält. Von dem Vorrang der Auslegung geht auch das OLG München in dem von der Beigeladenen angeführten Beschluss vom 17.12.2013, Verg 15/13, aus. Hinzukommt hier noch, dass nicht nur das Ergebnis der objektiven Auslegung eindeutig ist, sondern auch die Antragsgegnerin dasselbe, der objektiven Auslegung entsprechende Verständnis hatte, dass eine Bietergemeinschaft das Angebot abgegeben hatte. Das hat der Senat eingehend auf S. 19 bis 21 seines Beschlusses vom 31.03.2014 dargelegt. Der gerügte Gehörsverstoß wäre damit jedenfalls nicht entscheidungserheblich i.S.v. § 71 a GWB, weil eine der Beigeladenen günstigere Entscheidung wegen des Vorrangs der Auslegung ausgeschlossen werden kann (vgl. zur Entscheidungserheblichkeit bei § 321 a ZPO Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 321 a Rn 12).

2.

8

Der Beschluss des Senats verstößt auch nicht deshalb gegen den Anspruch der Beigeladenen auf rechtliches Gehör, weil der Senat die mündliche Verhandlung nicht wiedereröffnet hat. Über die Begründetheit der sofortigen Beschwerde ist gem. §§ 120 Abs. 2, 69 Abs. 1 GWB grundsätzlich auf Grund einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. Eine mündliche Verhandlung hat am 27.01.2014 auch stattgefunden. Die streitige Bewertung der Bieteridentität war auch Gegenstand der Erörterungen. Es ist zwar richtig, dass der Vorsitzende eingangs den Stand der Vorberatung dahingehend berichtet hat, die Auslegung weise auf ein Angebot der Beigeladenen als Einzelbieterin. Dabei war für den Senat die Überlegung bedeutsam, dass sich das Angebot einer Bietergemeinschaft einerseits und eine Nachunternehmererklärung andererseits gegenseitig ausschlössen. Der Vertreter der Antragstellerin hat aber schon in der Sitzung vorgetragen, es sei nicht unüblich, dass Bietergemeinschaften einzelne Mitglieder zusätzlich als Nachunternehmer benennen. Das hat die Antragstellerin auch in ihrem Schriftsatz vom 06.02.2014 noch einmal unwidersprochen wiederholt. Bei der erneuten Prüfung hat der Senat nicht nur diesen für die Auslegung wichtigen und bereits in der mündlichen Verhandlung vom 27.01.2014 erörterten Umstand berücksichtigt, sondern er ist in den Vergabeunterlagen auf weitere Indizien gestoßen, auf die er in dem Beschluss vom 11.02.2014 hingewiesen hat. Mit dem Beschluss vom 11.02.2014 wurden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu den neuen Gesichtspunkten gegeben. Damit war der Anspruch der Beigeladenen auf rechtliches Gehör gewahrt. Einen Anspruch der Beteiligten auf Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung besteht nicht, wenn der Vergabesenat seine vorläufige Meinung, die er sich in der Vorberatung gebildet hat, aufgrund der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung und aufgrund von Umständen, die bei der erneuten Prüfung zu Tage getreten sind, ändert. Entscheidend ist nur, dass sich die Beteiligten dazu äußern können. Das ergibt sich aus der Bezugnahme des § 120 Abs. 2 GWB nicht nur auf § 69 GWB, sondern auch auf § 71 Abs. 1 GWB. Danach entscheidet das Beschwerdegericht durch Beschluss nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung, wobei der Beschluss nur auf solche Gesichtspunkte gestützt werden darf, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten (vgl. Ziekow/Völlink-Frister, Vergaberecht, 2. Aufl., § 120 GWB, Rn 7).

3.

9

Der Senat hat bei seiner Entscheidungsfindung auch nicht wesentlichen Vortrag der Beigeladenen außer Acht gelassen. So hat sich der Senat auf Seite 18 seines Beschlusses ausdrücklich mit dem von der Antragsgegnerin und der Beigeladenen angeführten Argument auseinandergesetzt, das Angebot bezeichne in der Rubrik „Name des Bieters“ nur den Namen der Beigeladenen. Das gleiche gilt für das Argument, die Beigeladene sei in der Bietergemeinschaftserklärung als „federführendes Unternehmen“ angegeben. Damit befasst sich der Beschluss vom 31.03.2014 auf S. 19, allerdings im Ergebnis zu Lasten der Beigeladenen. Die Beigeladene verkennt, dass für ein federführendes Unternehmen im Angebot eines Einzelbieters von vorneherein kein Platz ist. Wenn eine Bietergemeinschaft eindeutig ein Mitglied als federführendes Unternehmen bezeichnet, besteht auch kein Anlass für den Auftraggeber sich darüber Gedanken zu machen, ob es nicht näher gelegen hätte, ein anderes Mitglied anzugeben. Da die Antragsgegnerin Angebote von Bietergemeinschaften ausdrücklich zugelassen hatte, kann für die objektive Auslegung auch nicht von Bedeutung sein, ob bei kleinen Dienstleistungsaufträgen Bietergemeinschaften die Ausnahme sind und damit ein erhöhter Aufwand verbunden ist.

10

Abgesehen davon verlangt der Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs ohnehin nicht, dass das erkennende Gericht in seinen Entscheidungsgründen auf alle von den Verfahrensbeteiligten vorgebrachten Einwendungen eingeht; es ist vielmehr davon auszugehen, dass das Gericht auch ohne ausdrückliche Erwähnung jeder Einzelheit das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Verfahrensbeteiligten in seine Erwägungen einbezogen hat ( vgl. OLG München, Beschluss vom 19.03.2012, Az. Verg 14/11; Ziekow/Völlink-Frister, aaO, § 120 GWB Rn 7; Weyand, aaO, § 120 GWB Rn 55).

11

Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung von § 91 ZPO (vgl. OLG München, Beschluss vom 19.03.2012, Az. Verg 14/11).

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.