Oberlandesgericht Köln Beschluss, 12. Juli 2016 - 7 U 35/13

ECLI:ECLI:DE:OLGK:2016:0712.7U35.13.00
bei uns veröffentlicht am12.07.2016

Tenor

Die Zurücknahme der gegen das am 11.01.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Köln (20 O 327/12) eingelegten Berufung hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels zur Folge.

Die Kosten der Berufung hat der Kläger mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beklagten, die diese vereinbarungsgemäß selber trägt, zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstands für den zweiten Rechtszug wird auf 39.303,15 € festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 12. Juli 2016 - 7 U 35/13

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 12. Juli 2016 - 7 U 35/13

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 516 Zurücknahme der Berufung


(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen. (2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung

Insolvenzordnung - InsO | § 302 Ausgenommene Forderungen


Von der Erteilung der Restschuldbefreiung werden nicht berührt: 1. Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gew

Zivilprozessordnung - ZPO | § 850f Änderung des unpfändbaren Betrages


(1) Das Vollstreckungsgericht kann dem Schuldner auf Antrag von dem nach den Bestimmungen der §§ 850c, 850d und 850i pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens einen Teil belassen, wenn1.der Schuldner nachweist, dass bei Anwendung der Pfändungsfreigren
Oberlandesgericht Köln Beschluss, 12. Juli 2016 - 7 U 35/13 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 516 Zurücknahme der Berufung


(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen. (2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung

Insolvenzordnung - InsO | § 302 Ausgenommene Forderungen


Von der Erteilung der Restschuldbefreiung werden nicht berührt: 1. Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gew

Zivilprozessordnung - ZPO | § 850f Änderung des unpfändbaren Betrages


(1) Das Vollstreckungsgericht kann dem Schuldner auf Antrag von dem nach den Bestimmungen der §§ 850c, 850d und 850i pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens einen Teil belassen, wenn1.der Schuldner nachweist, dass bei Anwendung der Pfändungsfreigren

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Bundesgerichtshof Beschluss, 26. März 2013 - VI ZB 53/12

bei uns veröffentlicht am 26.03.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 53/12 vom 26. März 2013 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 4 Die geltend gemachten vorprozessualen Anwaltskosten sind im Berufungsverfahren als Streitwert erhöhende

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2009 - IX ZR 235/08

bei uns veröffentlicht am 22.01.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR 235/08 vom 22. Januar 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 184; ZPO § 3 Der Streitwert einer Klage, mit der die Feststellung begehrt wird, eine angemeldete Forderung

Oberlandesgericht Rostock Urteil, 19. Feb. 2007 - 3 U 65/06

bei uns veröffentlicht am 19.02.2007

Tenor Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers wird das am 02.03.2006 verkündete Urteil des Landgerichts Neubrandenburg abgeändert und wie folgt gefasst: Die in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten (Amtsgeri

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(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.

(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.

(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 53/12
vom
26. März 2013
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die geltend gemachten vorprozessualen Anwaltskosten sind im Berufungsverfahren
als Streitwert erhöhender Hauptanspruch zu berücksichtigen, soweit
dem Kläger die zugrunde liegende Hauptforderung in erster Instanz aberkannt
worden ist und er sein Begehren mit der Berufung insoweit nicht weiterverfolgt.
BGH, Beschluss vom 26. März 2013 - VI ZB 53/12 - LG Kiel
AG Rendsburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. März 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen,
den Richter Pauge und die Richterin von Pentz

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 6. August 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 786,60 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Pkw Kastenwagens Citroen, der am 4. Dezember 2010 bei einem Verkehrsunfall beschädigt wurde. An dem Unfall beteiligt war der Beklagte zu 1 als Fahrer eines bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw. Die anwaltlich vertretene Klägerin nahm ihren Kasko- versicherer in Anspruch, der Ersatz in Höhe von 6.740,28 € leistete. Die Repa- raturkosten belaufen sich ausweislich der Werkstattrechnung, die über einen Betrag von 6.492,47 € lautet, in dem Kosten für ein Ersatzfahrzeug in Höhe von 321,30 € brutto (270 € netto) enthalten sind, auf 6.222,47 € netto. Der merkantile Minderwert beträgt 750 €, die Gutachterkosten belaufen sich auf 747,81 €. In der Fahrzeugversicherung ist der Klägerin im Jahr 2011 durch Rückstufung ein Rabattverlust in Höhe von 103,56 € entstanden. Mit der Klage hat sie Ersatz weiteren Schadens in Höhe von 2.555,46 € begehrt. Darin enthalten ist eine Kostenpauschale von 25 €. Daneben hat sie Ersatz weiterer 693,50 € für die vorgerichtliche Schadensregulierung verlangt, wovon 555,60 € auf Anwaltskosten entfallen, die durch die Inanspruchnahme des Kaskoversicherers entstanden sind. Das Amtsgericht hat eine Haftung der Beklagten unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von 50 % angenommen. Es hat die Beklagten zur Zahlung von 1.314,28 € nebst Zinsen verurteilt und dem Feststellungsantrag bezüglich des Anspruchs auf Ersatz des künftigen Rückstufungsschadens zur Hälfte entsprochen. Daneben hat es der Klägerin 156,50 € vorgerichtliche Anwaltskosten für die Geltendmachung der Ansprüche gegen die Beklagten nach einem Gegenstandswert von (1.314,28 € + 250 € =) 1.564,28 € zuerkannt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und ausgeführt, Ansprüche auf Ersatz der (gesondert in Rechnung gestellten) Mietwagenkosten und der Kosten für die Inanspruchnahme des Kaskoversicherers seien nicht begründet. Für die vorgerichtliche Inanspruchnahme der Beklagten sei eine 1,3-fache Geschäftsgebühr anzusetzen. Als Kostenpauschale seien nur 20 € zu ersetzen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie - über die ihr vom Amtsgericht zugesprochenen Beträge hinaus - die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der Anwaltskosten für die Inanspruchnahme des Kaskoversicherers (555,60 €) sowie - unter Zugrundelegung eines höheren Gegenstandswerts und unter Ansatz einer 1,5-fachen Geschäftsgebühr - Ersatz restlicher vorgerichtlicher Anwaltskosten für die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs gegen die Beklagten in Höhe weiterer 231 € begehrt.
2
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die Berufung als unzulässig verworfen. Es hält das Rechtsmittel für unzulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 600 € nicht übersteige (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Beschwer der Klägerin betrage nur 555,60 €. Die daneben für die außergericht- liche Inanspruchnahme der Beklagten verlangten 231 € würden als Nebenfor- derung geltend gemacht und wirkten sich deshalb nicht auf den Streitwert aus. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde.

II.

3
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, denn eine Entscheidung des Senats ist jedenfalls zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO).
4
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Die von der Klägerin verlangten vorprozessualen Kosten von 231 € für die außergerichtliche Inanspruchnahme der Beklagten sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts streitwerterhöhend zu berücksichtigen.
5
a) Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass vorprozessual aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Hauptanspruchs nicht werterhöhend wirken, wenn dieser Hauptanspruch Gegenstand des laufenden Verfahrens ist. Wird der materiell -rechtliche Kostenerstattungsanspruch neben der Hauptforderung, aus der er sich herleitet, geltend gemacht, ist er von dem Bestehen der Hauptforderung abhängig und stellt deshalb eine Nebenforderung im Sinne von § 4 Abs. 1 ZPO dar. Dieses - eine Werterhöhung ausschließende - Abhängigkeitsverhältnis be- steht, solange die Hauptforderung Gegenstand des Rechtsstreits ist (vgl. Senatsurteil vom 12. Juni 2007 - VI ZR 200/06, Schaden-Praxis 2007, 370; Senatsbeschlüsse vom 15. Mai 2007 - VI ZB 18/06, VersR 2007, 1713 Rn. 6; vom 25. September 2007 - VI ZB 22/07, NJW-RR 2008, 374 Rn. 5 f. und vom 4. Dezember 2007 - VI ZB 73/06, VersR 2008, 557 Rn. 5 ff.; BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007 - X ZB 7/06, VersR 2007, 1102 Rn. 7).
6
b) Etwas anderes gilt jedoch, wenn und soweit der geltend gemachte Hauptanspruch nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits ist. In diesem Fall sind geltend gemachte vorprozessuale Anwaltskosten als streitwerterhöhender Hauptanspruch zu berücksichtigen (Senatsbeschluss vom 17. Februar 2009 - VI ZB 60/07, VersR 2009, 806, Rn. 4 ff.). Soweit die Hauptforderung nicht mehr Prozessgegenstand ist, etwa weil eine auf die Hauptforderung oder einen Teil der Hauptforderung beschränkte Erledigung erklärt worden ist oder weil der Kläger die Hauptforderung aus anderen Gründen nicht weiterverfolgt, wird die Nebenforderung zur Hauptforderung, weil sie sich von der sie bedingenden Forderung "emanzipiert" hat und es ohne Hauptforderung keine Nebenforderung gibt (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2007 - VI ZB 73/06, aaO mwN). Das gilt auch für den vorliegenden Fall, in dem das Amtsgericht der Klägerin einen Teil der ursprünglich geltend gemachten Hauptforderung aberkannt hat und die Klägerin ihr Begehren mit der Berufung insoweit nicht weiterverfolgt.
7
c) Für den Streitfall ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass der Wert des Beschwerdegegenstands nicht nur die im Berufungsverfahren geltend gemachte restliche Hauptforderung von 555,60 € umfasst, sondern durch die daneben für die außergerichtliche Inanspruchnahme der Beklagten verlangten 231 € auf über 600 Euro erhöht wird. Mithin ist die Berufung zulässig (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
8
3. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass eine Erhöhung der Ge- schäftsgebühr über die Regelgebühr von 1,3 hinaus nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war (Senatsurteile vom 17. Dezember 2012 - VI ZR 195/12, juris Rn. 7 und vom 5. Februar 2013 - VI ZR 195/12, Rn. 7, zVb; BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - VIII ZR 323/11, NJW 2012, 2813 Rn. 8 ff. mwN). Ferner wird darauf hingewiesen, dass das Amtsgericht der Klägerin bei Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung und der Annahme einer Haftungsquote von 50 % rechnerisch 270 € zu viel zuerkannt hat (zur Schadensberechnung unter Berücksichtigung des Quotenvorrechts des Versicherten in der Kaskoversicherung vgl. Senatsurteile vom 8. Dezember 1981 - VI ZR 153/80, BGHZ 82, 338, 341 ff. und vom 12. Januar 1982 - VI ZR 265/80, VersR 1982, 383, 384; Senatsbeschluss vom 29. Januar 1985 - VI ZR 59/84, VersR 1985, 441, 442). Galke Wellner Diederichsen Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
AG Rendsburg, Entscheidung vom 05.04.2012 - 3 C 65/12 -
LG Kiel, Entscheidung vom 06.08.2012 - 1 S 80/12 -

(1) Das Vollstreckungsgericht kann dem Schuldner auf Antrag von dem nach den Bestimmungen der §§ 850c, 850d und 850i pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens einen Teil belassen, wenn

1.
der Schuldner nachweist, dass bei Anwendung der Pfändungsfreigrenzen entsprechend § 850c der notwendige Lebensunterhalt im Sinne des Dritten und Vierten Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch oder nach Kapitel 3 Abschnitt 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für sich und für die Personen, denen er gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist, nicht gedeckt ist,
2.
besondere Bedürfnisse des Schuldners aus persönlichen oder beruflichen Gründen oder
3.
der besondere Umfang der gesetzlichen Unterhaltspflichten des Schuldners, insbesondere die Zahl der Unterhaltsberechtigten, dies erfordern
und überwiegende Belange des Gläubigers nicht entgegenstehen.

(2) Wird die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens ohne Rücksicht auf die in § 850c vorgesehenen Beschränkungen bestimmen; dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf.

(3) (weggefallen)

Von der Erteilung der Restschuldbefreiung werden nicht berührt:

1.
Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat, oder aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist; der Gläubiger hat die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Absatz 2 anzumelden;
2.
Geldstrafen und die diesen in § 39 Abs. 1 Nr. 3 gleichgestellten Verbindlichkeiten des Schuldners;
3.
Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden.

Tenor

Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers wird das am 02.03.2006 verkündete Urteil des Landgerichts Neubrandenburg abgeändert und wie folgt gefasst:

Die in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten (Amtsgericht Neubrandenburg, 9 IK 61/05) zur Tabelle festgestellte Forderung des Klägers ist in Höhe von 78.000,00 € zuzüglich kapitalisierter Verzugszinsen in Höhe von 8.366,75 € wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung begründet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 14/100 und der Beklagte zu 86/100.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Zwangsvollstreckung der Gegenpartei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern die vollstreckende Partei nicht Sicherheit in derselben Höhe stellt.

Der Gegenstandswert der Berufung beträgt 80.000,00 €.

Gründe

I.

1

In dem am 06.05.2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten (AG Neubrandenburg, 9 IK 61/05) meldete der Kläger am 09.05.2005 eine Darlehensrückzahlungsforderung in Höhe von 88.000,00 € sowie Zinsen in Höhe von 12.588,89 € mit dem Zusatz an, sie sei wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung begründet. Das Insolvenzgericht stellte die Forderung zur Insolvenztabelle fest. Der Beklagte widerspricht der Feststellung der Forderung als wegen vorsätzlich unerlaubter Handlung begründet.

2

Bei der Hauptforderung von 88.000,00 € handelt es sich um einen Anspruch auf Rückzahlung mehrerer Darlehen, die der Beklagte von dem Kläger erhalten hatte. Zu den einzelnen Darlehensverträgen, zu den Absprachen der Parteien bei Vereinbarung der Darlehen sowie zu den Einwänden des Beklagten betreffend den Zweck der Darlehen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

3

Das Landgericht wies die Klage ab. Der mit der Klage geltend gemachte Feststellungsanspruch, so seine Begründung, bestehe nicht, denn der Beklagte habe den Kläger nicht durch vorsätzlich begangene unerlaubte Handlungen geschädigt; insbesondere habe er weder die strafrechtlichen Tatbestände der Untreue (§ 266 StGB) noch des Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) verwirklicht. Durch die Hingabe der Darlehensbeträge habe der Kläger im Zeitpunkt der Vermögensverfügungen keinen Vermögensschaden erlitten. Die spätere Entwicklung der Vermögenslage des Beklagten sei unerheblich. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Darlehensgewährungen den Kläger über die Werthaltigkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs, also über seine Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit bei Fälligkeit der Rückzahlung, getäuscht habe, seien nicht ersichtlich.

4

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, zu deren Begründung er vorträgt, mit Weiterleitung der an den Beklagten ausgereichten Darlehensbeträgen an J. T. habe der Beklagte eine Untreue in Form des Treuebruchs begangen. Der Kläger habe dem Beklagten finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, um damit den Ankauf von Kunstgegenständen zu finanzieren. Der Beklagte habe hier bei dem Kläger erläutert, dass er die Kunstwerke zu unter dem Marktwert liegenden Preisen von Privatleuten erwerben und mit hohem Gewinn weiter veräußern könne. Er habe jedoch nicht die entsprechenden finanziellen Mittel. Er, der Kläger, habe den Beklagten gefragt, ob die Ankäufe in irgendeiner Beziehung zu Herrn J. T. stünden, der einen zweifelhaften und keinesfalls seriösen Ruf genossen habe. Schon beim ersten Gespräch mit den Beklagten im Frühjahr 2002, vor Vergabe des ersten Darlehens, habe er, der Kläger darauf hingewiesen, dass er das Darlehen dem Beklagten nur gewähre, wenn die Darlehenssumme nicht für Geschäfte in Zusammenhang mit T. eingesetzt werde. Der Beklagte habe den Kläger über die Verwendung der Darlehensvaluten, die er letztlich doch an Herrn T. weitergegeben habe, getäuscht.

5

Der Kläger beantragt,

6

unter Abänderung des am 02.03.2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Neubrandenburg (Az.: 2 O 230/05) festzustellen, dass die unter laufender Nr. 8 der Tabelle in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten (Az.: 9 IK 61/05) festgestellten Forderung in Höhe von 100.588,89 € aus dem Rechtsgrund der vorsätzlich unerlaubten Handlung besteht.

7

Der Beklagte beantragt,

8

die Berufung zurückzuweisen.

9

Er trägt vor, der Zeuge H. habe den Kontakt zu dem Kläger als Darlehensgeber vermittelt. Bei dem ersten Gespräch mit dem Kläger, in Gegenwart des Zeugen H., habe der Kläger keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der Verwendung der Darlehensbeträge gemacht, insbesondere habe er nicht erklärt, dass die Darlehensvaluta nicht an Herrn T. weitergereicht werden dürfe. Vielmehr hätten die Parteien vereinbart, dass die Darlehenssummen zur Zwischenfinanzierung des Ankaufs von Kunstwerken dienen sollten. Dem Kläger, der nicht im Kunsthandel tätig sei, sei es darum gegangen, hohe Zinsen zu verdienen. Ihm sei hierbei bewusst gewesen, dass der Beklagte als Pastor im Wartestand nicht selbst mit Kunstgegenständen handele.

10

In der Berufungsverhandlung behauptete der Beklagte unwidersprochen, dass er das erste, am 13.05.2002 gewährte Darlehen nicht an T. weitergereicht habe. Die Parteien stellten unstreitig, dass der Beklagte dieses Darlehen nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit dem Kläger zurückzahlte. Zu den Absprachen der Parteien hat der Senat den Zeugen H. vernommen. Auf die Verhandlungsniederschrift vom 15.01.2007 sowie auf die beiderseitigen Schriftsätze wird ergänzend verwiesen.

II.

11

Die Berufung ist teilweise begründet.

12

1. Die Klage ist zulässig. Das Feststellungsinteresse des Klägers mit dem Ziel, den Widerspruch des Schuldners gegen den Anmeldungsgrund zu beseitigen, ist gegeben. Es besteht schon jetzt. Der Gläubiger braucht nicht abzuwarten, wie sich der Schuldner in der Zwangsvollstreckung, die aufgrund des Tabellenauszugs zulässig ist, verhält. Wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Schuldner sich gegen den Vorwurf der vorsätzlichen unerlaubten Handlung wehren wird, etwa nach erteilter Restschuldbefreiung Vollstreckungsgegenklage erheben wird, ist die frühzeitige ergänzende Feststellungsklage zulässig (BGH, Urteil vom 18.05.2006 - IX ZR 187/04, NJW 2006, 2922 = NZI 2006, 536 = ZInsO 2006, 704). Diese Rechtsprechung entspricht der früheren zu § 850 Abs. 2 ZPO, die die Einzelzwangsvollstreckung betrifft (vgl. BGH, Beschluss vom 26.09.2002 - IX ZB 208/02, ZVI 2002, 422).

13

2. Die Feststellungsklage ist teilweise begründet.

14

2.1. Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist dem Grunde nach gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB gerechtfertigt.

15

a) Der Kläger hat nachgewiesen, dass der Beklagte ihn bei Absprache und Entgegennahme der Darlehen über den von ihm, dem Beklagten, beabsichtigten Verwendungszweck getäuscht hat. Der hierzu vernommene Zeuge K.-P. H., der als Makler im Finanzbereich tätig ist, hat bekundet, beide Parteien zu kennen. Er habe die beiden geschäftlich in der Weise zusammengebracht, dass letztlich der Kläger dem Beklagten die Darlehen gewährt habe. Bei den mündlichen Verhandlungen der beiden sei er zugegen gewesen. Zum Ablauf der Gespräche bekundete der Zeuge, dass er zunächst mit dem Beklagten allein gesprochen habe. Hierbei sei es um den Erwerb von Kunstgegenständen gegangen. Er, der Zeuge, habe bei diesem Gespräch nach T. gefragt, der ihm als unseriös bekannt gewesen sei. Der Beklagte habe erwidert, T. spiele keine Rolle. Bei dem nachfolgendem Gespräch der Parteien sei er, der Zeuge, ebenfalls zugegen gewesen und er habe nochmals danach gefragt, ob der Galerist T. bei diesem Geschäft eine Rolle spiele. Der Beklagte habe dies wiederum verneint. Weiter bekundete er, dass er dem Kläger von der Darlehensgewährung abgeraten hätte, wenn bei den Gesprächen mit dem Beklagten der Name T. gefallen wäre. Zwar habe er, der Zeuge, den Beklagten nicht gefragt, ob er sich als Strohmann für T. betätige, dieser habe aber versichert, dass T. keine Rolle spiele. Der Zeuge erläuterte ebenfalls, warum er von sich aus bei dem Gespräch mit dem Beklagten den Galeristen T. angesprochen habe. Im Zusammenhang mit Kunstgegenständen und F., so seine Aussage, sei T. bekannt gewesen. Deshalb habe er von sich aus die Frage aufgeworfen, ob die Darlehensgeschäfte mit ihm zusammenhängen würden. Der Senat hält diese Aussage glaubhaft und den Zeugen für glaubwürdig. Der Zeuge steht keiner Partei näher oder ferner als der anderen. Er hat das Darlehensgeschäft vermittelt. Für die Richtigkeit seiner Aussage spricht auch die Erklärung des Beklagten im Anschluss seiner Vernehmung. Während er zuvor stets behauptet hatte, der Name T. sei bei den der Darlehensgewährung vorangegangenen Gesprächen nie gefallen, gibt er nunmehr zu, dass bei dem Gespräch der Parteien der Zeuge den Namen T. ins Gespräch gebracht habe. Er habe gesagt, dass man mit T. kein Geschäft machen könne, woraufhin er, der Beklagte, scherzhaft erwidert habe: "Ohne ihn aber auch nicht."

16

b) Der Beklagte hat den straflichen Tatbestand des Betruges (§ 263 StGB) erfüllt.

17

Er hat den Kläger über den von ihm beabsichtigten Verwendungszweck der Darlehen getäuscht. Zwar ist festzustellen, dass der Kläger ausdrücklich die Bedingung, die Darlehenssumme nicht an T. weiterzugeben, schon vor der ersten Darlehensvergabe am 13.05.2002 gestellt und vor den weiteren Darlehensgewährungen nicht wiederholt hat. Indessen wusste der Beklagte aus den Vorbehalten des Klägers gegen T. und den ihm vorgegebenen eingeschränkten Verwendungszweck der Darlehensvaluten, dass dieser ihm weitere Darlehen nicht geben würde, wenn er die Geldbeträge an T. weiterreichen würde. Auch wenn er das erste Darlehen termingerecht zurückgezahlt hatte, so oblag ihm jedenfalls angesichts der ihm bekannten Vorbehalte des Klägers die Pflicht, diesen vor Annahme des zweiten Darlehens darauf hinzuweisen, dass er nunmehr unter Einsatz der von dem Kläger erlangten Darlehensbeträge Geschäfte mit T. machen werde.

18

Diese Täuschung war kausal für den Irrtum des Klägers und dessen anschließende Vermögensverfügungen, nämlich die Auszahlung von 20.000,00 € am 29.11.2002, von weiteren 20.000,00 € am 14.05.2003 sowie von 50.000,00 € am 09.09.2003.

19

Infolgedessen erlitt der Kläger einen Schaden, und zwar schon mit Auszahlung der Darlehenssummen. Die von dem Beklagten in Aussicht genommene Verwendung der Darlehensbeträge entgegen den Vorgaben des Klägers beeinträchtigte von vornherein die Werthaltigkeit der vertraglichen Rückzahlungsansprüche (vgl. BGH JZ 1997, 75), weil T. nicht die Bonität bot, die der Kläger an denjenigen stellte, mit dem der Beklagte die durch die Darlehenshingaben vorfinanzierten Geschäfte tätigte. Von vornherein bestand die erhebliche täuschungsbedingte Gefahr der Uneinbringlichkeit der Darlehensrückzahlungsforderungen, so dass bei wirtschaftlicher Betrachtung schon die Vermögensgefährdung, die sich letztlich realisierte, das Vermögen des Klägers verringerte.

20

Dass die Rückzahlung der Darlehen an den Kläger gefährdet war, wenn er seinerseits sein Geld nicht von T. zurückerhielt, war dem Beklagten bewusst. Gleichwohl nahm er die Darlehen auf und gab die Valuten an T. weiter. Somit nahm er billigend in Kauf, die Kredite nicht zurückzahlen zu können; folglich handelte er vorsätzlich.

21

Der Beklagte handelte auch in der Absicht, sich oder einen Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, denn es kam ihm darauf an, die von dem Kläger erhaltenen Darlehenssummen als sichere und erwünschte Folge seines Handelns zu erlangen (vgl. BGHSt 16, 1), um sie für sich gewinnbringend einzusetzen. Dass der von ihm kalkulierte, ihm bleibende Vermögensvorteil niedriger ist, als die Darlehensbeträge ist unerheblich. Auszuschließen ist, dass er selbst keinerlei finanzielles Interesse an diesen Darlehensgeschäften hatte.

22

2.2. Infolge der unerlaubten Handlungen des Beklagten erlitt der Kläger einen Schaden in Höhe von 78.000,00 € zuzüglich Verzugszinsen.

23

a) Die Hauptforderung (ohne Zinsen) ist nur in Höhe von 78.000,00 € berechtigt. Der Kläger selbst trägt hierzu vor, dass nur die Darlehensbeträge aus den Verträgen vom 09.09.2003 maßgeblich seien. Im ersten Vertrag wurden die früheren Darlehen vom 29.11.2002 und vom 14.05.2003 einschließlich aufgelaufener Zinsen zusammengefasst. Ausgezahlt hatte der Kläger jeweils 20.000,00 €. Nur diese Beträge sind in die Schadensberechnung einzustellen. 12.000,00 € hiervon hat der Beklagte zurückgezahlt. Unter Einbeziehung des weiteren Darlehens vom 09.09.2003 hat der Kläger infolge der Täuschung des Beklagten einen Schaden von 78.000,00 € erlitten.

24

b) Als Schadensersatz kann der Kläger nicht die vertraglich ausbedungenen Zinsen geltend machen, denn sein auf dem Betrug des Beklagten beruhender Schaden besteht nur in dem Verlust der hingegebenen Gelder, nicht in dem ihm entgangenen Zinsgewinn.

25

Dem Kläger stehen Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe (Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz) zu.

26

Nach § 849 BGB, der auch für die Entziehung von Geld durch unerlaubte Handlung einschlägig ist (BGHZ 8, 288), beginnt die Verzinsung mit dem schädigenden Ereignis. Demgemäß sind aus den Darlehen vom 29.11.2002 8.000,00 € in der Zeit vom 30.11.2002 bis zum 05.04.2005, dem Tag vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten, zu verzinsen. Das Darlehen über 20.000,00 € vom 14.05.2003 ist in der Zeit vom 15.05.2003 bis zum 05.04.2005 zu verzinsen, das letzte Darlehen über 50.000,00 € ab 10.09.2003 ebenfalls bis zum 05.04.2005.

27

Die maßgeblichen Basiszinssätze betrugen bis zum 31.12.2002 7,47 %, in der Folgezeit bis zum 30.06.2003 6,97 %, danach bis zum 31.12.2003 6,22 %, ab 01.01.2004 bis 30.06.2004 6,14%, vom 01.07.2004 bis 31.12.2004 6,13 % und schließlich ab 01.01.2005 6,61 %. Unter Zugrundelegung dieser Zinssätze errechnen sich für das Restdarlehen über 8.000,00 € Zinsen in Höhe von 1.114,29 €, für das Darlehen in Höhe von 20.000,00 € Zinsen in Höhe von 2.370,46 € und für das Darlehen über 50.000,00 € Zinsen in Höhe von 4.882,00 € insgesamt 8.366,75 €.

III.

28

Die Nebenentscheidungen ergehen nach § 92, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

29

Den Streitwert bemisst der Senat auf 80% des zur Insolvenztabelle festgestellten Betrages. Zwar hat der Kläger über die streitgegenständliche Forderung einen Vollstreckungstitel, indessen ist sein Interesse darauf gerichtet, dessen Vollstreckbarkeit ungeachtet der Restschuldbefreiung des Beklagten im anhängigen Verbraucherinsolvenzverfahren zu erhalten. Wie in derartigen Fällen der Streitwert zu bemessen ist, hängt von den jeweiligen Vollstreckungsmöglichkeiten ab. Bei der Mehrzahl der insolventen Verbraucher wird auch bei Ausnahme eines Vollstreckungstitels von der Restschuldbefreiung nach Abschluss des Insolvenzverfahrens eine Vollstreckung gegen den Schuldner nicht möglich sein, so dass das wirtschaftliche Interesse an der Feststellung des Anspruchsgrundes als auf unerlaubter Handlung beruhend nicht allzu hoch ist. Vorliegend hat der Kläger jedoch nachvollziehbar dargelegt, dass seine Vollstreckungsaussichten günstig sind, weil der Beklagte nach Abschluss des Insolvenzverfahrens Ruhestandsbezüge zu erwarten hat, die die Vollstreckung der titulierten Forderungen über einen langen Zeitraum hinweg ermöglichen dürften. Daher ist der Gegenstandswert der Berufung auf etwa 80% des zur Insolvenztabelle festgestellten Betrages anzusetzen.

30

In den Streitwert sind auch die kalkulierten Zinsen einzubeziehen. Diese sind keine bloßen Nebenforderungen, denn der Kläger wollte auch den Anspruch auf die vertraglichen Zinsen als auf unerlaubter Handlung beruhend festgestellt wissen. Im Übrigen gibt die Insolvenztabelle einen vollstreckbaren Titel bezüglich der Hauptforderung und der kapitalisierten Zinsen. Dieser würde mit Restschuldbefreiung verloren gehen, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt es angezeigt ist, die Zinsen bei der Streitwertbemessung zu berücksichtigen. Hiervon ausgehend setzt der Senat den Gegenstandswert der Berufung auf 80.000,00 € fest.

31

Anlass, die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 235/08
vom
22. Januar 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Streitwert einer Klage, mit der die Feststellung begehrt wird, eine angemeldete
Forderung beruhe auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, bemisst
sich nicht nach dem Nennwert der Forderung. Maßgeblich sind vielmehr die späteren
Vollstreckungsaussichten des Insolvenzgläubigers nach Beendigung des Insolvenzverfahrens
und Erteilung der Restschuldbefreiung. Wenn diese als nur zu gering anzusehen
sind, kann ein Abschlag von 75 Prozent des Nennwerts der Forderung angemessen
sein.
BGH, Beschluss vom 22. Januar 2009 - IX ZR 235/08 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp
am 22. Januar 2009

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 23. April 2008 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 11.481,19 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO), aber unzulässig. Die Klägerin begehrt gegenüber dem beklagten Schuldner die Feststellung, ihre zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung beruhe auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Schuldners. Ihre Beschwer beträgt, wie vom Berufungsgericht in tatrichterlich vertretbarer Würdigung angenommen , 11.481,19 € und erreicht nicht den für die Zulässigkeit der Beschwerde maßgeblichen Wert von über 20.000 € (§ 26 Nr. 8 EGZPO). Der Heraufsetzungsantrag der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
2
1. Die Frage, nach welchen Maßstäben der Streitwert einer Klage, mit der die Feststellung begehrt wird, eine angemeldete Forderung beruhe auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung (§ 184 InsO), zu bestimmen ist, wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Einhelligkeit besteht nur darin, dass die Bestimmung des § 182 InsO, nach der für den Wert der Insolvenzfeststellungsklage gegen den Insolvenzverwalter oder einen bestreitenden Gläubiger ausschließlich die zu erwartende Insolvenzquote maßgeblich ist, auf die Klage nach § 184 InsO nicht anzuwenden ist (FK-InsO/Kießner, 5. Aufl. § 182 Rn. 11; MünchKomm-InsO/ Schumacher, 2. Aufl. § 182 Rn. 4; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 182 Rn. 10; Graf-Schlicker, InsO § 182 Rn. 6; HmbKomm-InsO/Herchen, 2. Aufl. § 182 Rn. 3; Braun/Specovius, InsO 3. Aufl. § 182 Rn. 11).
3
a) Eine Ansicht geht davon aus, der Streitwert bemesse sich nach dem Nominalwert der geltend gemachten Forderung abzüglich einer etwaigen Insolvenzquote. Das Interesse des Feststellungsklägers bestehe in erster Linie darin zu verhindern, dass der Insolvenzschuldner nach Abschluss der Wohlverhaltensperiode von der - bereits titulierten - Schuld befreit wird. Dieses Interesse, den titulierten Anspruch materiell zu erhalten, werde unabhängig von den konkreten Befriedigungsmöglichkeiten durch dessen Höhe bestimmt. Der Streitwert sei daher nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 2, 3 ZPO) zu bestimmen (OLG Hamm NZI 2007, 249; OLG Karlsruhe JurBüro 2007, 648; LG Mühlhausen ZVI 2004, 504; FK-InsO/Kießner, aaO § 182 Rn. 11a; MünchKomm-InsO/ Schumacher, aaO § 184 Rn. 3; HmbKomm-InsO/Herchen, aaO; Braun/ Specovius, aaO; Musielak/Heinrich, ZPO 6. Aufl. § 3 Rn. 30 Stichwort Insolvenzverfahren ).
4
b) Nach anderer Auffassung ist nicht der Nominalwert der Insolvenzforderung maßgeblich, sondern auf die späteren Vollstreckungsaussichten des Insolvenzgläubigers nach Beendigung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung abzustellen. Auch müsse berücksichtigt werden, dass es sich lediglich um eine Feststellungsklage handele und der Schuldner nicht die Forderung an sich bestreite, sondern nur die geltend gemachte vorsätzliche Begehungsweise. Müssten die künftigen Vollstreckungsaussichten "eher zurückhaltend" beurteilt werden, so sei ein deutlicher Abschlag von 75 % gerechtfertigt (OLG Celle ZInsO 2007, 42 [4. ZS]; NZI 2007, 473 [7. ZS]). Diesem Ansatz folgt auch das OLG Rostock (NZI 2007, 358). Es hat jedoch aus einzelfallbezogenen Erwägungen in der angeführten Entscheidung die späteren Vollstreckungsaussichten als sehr günstig angesehen und deshalb nur einen Abschlag von 20 % für gerechtfertigt angesehen. Das LG Kempten (ZInsO 2006, 888) hat den Abschlag auf 80 % bemessen. Auch im Schrifttum wird diese Beurteilung geteilt (HK-InsO/Depré, 5. Aufl. § 182 Rn. 1; Pape, in Kübler/Prütting/ Bork, InsO, § 184 Rn. 113 f).
5
2. Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend.
6
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass sich bei einer Feststellungsklage die Beschwer des Beklagten danach bemisst, wie hoch oder gering das Risiko einer tatsächlichen Inanspruchnahme durch den Feststellungskläger ist (vgl. BGH, Urt. v. 14. Februar 1958 - VI ZR 43/57, VersR 1958, 318; Beschl. v. 28. November 1990 - VIII ZB 27/90, AnwBl 1992, 451; Urt. v. 13. Dezember 2000 - IV ZR 279/99, NJW-RR 2001, 316, 317). Die zweifelhafte Realisierbarkeit des festzustellenden Anspruchs ist auch für die Festsetzung des Streitwerts maßgeblich (Hk-ZPO/Kayser, 2. Aufl. § 3 Rn. 15 Feststellungsklage ; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl. Stichwort Feststellungsklagen). Dies gilt ebenfalls für die hier in Rede stehende Feststellungsklage nach § 184 InsO. Bei der Mehrzahl der insolventen Verbraucher wird dann, wenn ein Vollstreckungstitel von der Restschuldbefreiung ausgenommen wird, nach Abschluss des Insolvenzverfahrens eine Vollstreckung gegen den Schuldner nicht möglich sein, so dass das wirtschaftliche Interesse an der Feststellung des Anspruchsgrundes als auf unerlaubter Handlung beruhend nicht allzu hoch ist. Dieser allgemein bekannten Erfahrung muss bei der Bemessung des Streitwerts einer Feststellungsklage angemessen Rechnung getragen werden, indem die späteren Vollstreckungsaussichten des Feststellungsklägers nach Erteilung der Restschuldbefreiung für den Schuldner konkret bewertet werden. Können diese anhand der voraussichtlichen wirtschaftlichen Lage des Schuldners auch für die Zeit nach Erteilung der Restschuld nicht als günstig angesehen werden, sind deutliche Abschläge vom Nominalwert der Deliktsforderung sachlich gerechtfertigt.
7
Diesen 3. Maßstäben entspricht die Streitwertfestsetzung des Berufungsgerichts. Sie beruht offensichtlich auf den aus dem Prozessstoff erkennbaren wirtschaftlichen Gegebenheiten des Schuldners. Der Umstand, dass diese, den landgerichtlichen Beschluss abändernde Entscheidung verfahrensfehlerhaft erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung getroffen wurde, hat sich nicht zum Nachteil der Klägerin ausgewirkt. Sie hat weder in ihrer Streitwertbeschwerde noch in der Nichtzulassungsbeschwerde Anknüpfungstatsachen vorgetragen oder Gesichtspunkte aufgezeigt, nach denen die Vollstreckungsaus- sichten gegenüber dem Beklagten günstiger beurteilt werden könnten. Es besteht mithin keine Veranlassung, ihr Feststellungsinteresse abweichend von der berufungsgerichtlichen Wertfestsetzung zu beurteilen.
Ganter Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 13.07.2007 - 10 O 537/06 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 23.04.2008 - 7 U 180/07 -