Oberlandesgericht München Teilbeschluss, 29. Jan. 2018 - 34 Sch 31/15
Tenor
1. Der Antrag, den im Schiedsverfahren zwischen der Antragstellerin als Schiedsklägerin und den Antragsgegnerinnen als Schiedsbeklagten durch den Einzelschiedsrichter ... am 29. Mai 2015 in München (Bundesrepublik Deutschland) ergangenen Schiedsspruch des Internationalen Schiedsgerichtshofs der Internationalen Handelskammer (Fall Nr. ...) für vollstreckbar zu erklären, wird im Verhältnis zur Antragsgegnerin zu 1 abgelehnt.
2. Der Schiedsspruch wird insoweit, als er im Verhältnis zwischen der Antragstellerin als Schiedsklägerin und der Antragsgegnerin zu 1 als Schiedsbeklagter ergangen ist, aufgehoben.
3. Die Antragstellerin trägt die der Antragsgegnerin zu 1 im Verfahren der
2. 34 Sch 31/15 - Seite 2 Vollstreckbarerklärung erwachsenen außergerichtlichen Kosten sowie 50% der gerichtlichen Kosten des Verfahrens. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehalten.
4. Der Streitwert wird auf 1.200.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
„Der AN (= Auftragnehmer; Einfügung durch den Senat) hat sämtliche Leistungen zu erbringen, die zur Planung und schlüsselsowie gebrauchsfertigen Herstellung (unter Einschluss von Entwurf, Planung, Lieferung, Errichtung und Inbetriebnahme) der Anlage, die für den dauerhaften Betrieb geeignet sein muss, erforderlich sind, insbesondere die in der … beigefügten funktionalen Leistungsbeschreibung festgelegten Leistungen.“
– Die Kostenvorschussklage sei nicht schlüssig. Weil die Klage auf Ersatz der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten in der erforderlichen Höhe zu richten sei und bei der Bewertung der Erforderlichkeit auf den voraussichtlichen Aufwand sowie die damit verbundenen Kosten abzustellen sei, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Bauherr aufgrund sachkundiger Beratung aufwenden dürfe, gehöre zur schlüssigen Darlegung eines Vorschussanspruchs die nachvollziehbare Abrechnung des voraussichtlichen Mängelbeseitigungsaufwands. Das beinhalte die Darlegung, welche Maßnahmen zur Mängelbeseitigung geplant seien und weshalb diese bei wirtschaftlicher Betrachtung durchgeführt werden müssten. Die Notwendigkeit derart umfangreicher Maßnahmen, wie den Angeboten zugrunde gelegt, sei nicht dargetan und nach den Ausführungen des Sachverständigen im 4. Ergänzungsgutachten des Beweissicherungsverfahrens zwischen der Antragsgegnerin zu 1 und der mit der Kabelverlegung beauftragten Subunternehmerin auch nicht gegeben (Schriftsatz vom 14.8.2014, Seiten 22 bis 26 = Anlage AS 11). Darlegungs- und Beweiserleichterungen bestünden lediglich hinsichtlich der Höhe der voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung, nicht aber hinsichtlich der Mängelbeseitigungsmaßnahmen selbst; welche Maßnahmen konkret zur Beseitigung der behaupteten Mängel der Kabelverlegungsarbeiten erforderlich seien, ergebe sich jedoch aus dem klägerischen Vorbringen mangels Beschreibung der Maßnahmen und ihrer Notwendigkeit nicht. Sollte eine schlüssige Darlegung des Vorschussanspruchs erfolgen, müsste über dessen Höhe Beweis durch Einholung eines - von der Schiedsklägerin zum Nachweis der behaupteten Erforderlichkeit angebotenen (Schriftsatz vom 22.9.2014 = Anlage AS 13) - Sachverständigengutachtens erhoben werden (Schriftsatz vom 29.9.2014, Seiten 12 bis 13 = Anlage AS 12). Auch wenn man annähme, dass der Anspruch der Höhe nach schlüssig dargelegt worden sei, müsste über die in allen Punkten bestrittenen Positionen des geltend gemachten Kostenvorschussanspruchs Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben werden (Schriftsatz vom 23.1.2015, Seiten 1 f. = Anlage AS 27).
– Nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen im Beweissicherungsfahren gegen die mit der Kabelverlegung beauftragte Subunternehmerin seien die Kabel vertragsgemäß verlegt gewesen, aber zu einem Zeitpunkt, als das Werk bereits abgenommen und die Gefahr auf die Antragstellerin übergegangen gewesen sei, bei starken Regenfällen freigeschwemmt worden. Danach habe die Antragstellerin selbst die Kabel nicht fachgerecht eingesandet und verfüllt. Im Zuge der unsachgemäß durchgeführten Beseitigung der Hochwasserschäden habe die Antragstellerin außerdem die Kabel durch Straßenbaumaschinen beschädigt (Schriftsätze vom 18.3.2013, Seiten 12 bis 14 = Anlage AS 6; und vom 14.8.2014, Seiten 9 f. und 18 f. = Anlage AS 11).
– Die von der Schiedsklägerin zur Begründung angeblich vertragswidriger Normabweichungen herangezogenen lokalen Vorschriften (Schriftsätze vom 14.2.2014, Seiten 4 ff. = Anlage CC1 = Anlage AS 19; und vom 4.3.2014, Seiten 2 bis 13 = Anlage AS 20 = Anlage CC 1) seien für die Beurteilung der Mangelfreiheit nicht relevant. Nach den vertraglichen Bestimmungen sei die Einhaltung lokaler Vorgaben schon nicht vereinbart (Schriftsätze vom 18.3.2013, Seite 7 = Anlage AS 6; vom 14.8.2014, Seiten 1 bis 9 = Anlage AS 11; und vom 29.9.2014, Seiten 2 bis 9 = Anlage AS 12). Die im Schiedsverfahren als Anlagen CC 15 bis CC 23 vorgelegten spanischen Regierungsverordnungen und auf ihrer Grundlage erlassenen technischen Vorschriften würden zudem nicht für Anlagen der streitgegenständlichen Art gelten (Schriftsatz vom 28.3.2014, Seiten 3 bis 9 = Anlage AS 22). Nach den Ausführungen des im Beweissicherungsverfahren beauftragten Sachverständigen seien bestimmte, dem „Technical Report“ zugrunde gelegten Vorgaben weder üblich noch - z. B. mit Blick auf die Örtlichkeit der Verlegung außerhalb eines Stadtgebietes etc. - maßgeblich, teils sogar aus technischer Sicht kontraindiziert (Schriftsatz vom 18.3.2013, Seiten 9 bis 12 und 14 bis 15 = Anlage AS 6).
– Nach den sachverständigen Feststellungen im Beweissicherungsverfahren seien die der Schiedsklageforderung zugrunde liegenden Angebote völlig überhöht. Es würden Maßnahmen vorgeschlagen, die nach den geltenden Vorschriften nicht gefordert und zur Mängelbeseitigung nicht erforderlich seien. Auch für die Richtigkeit dieser Behauptung wurde Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angetreten (Schriftsätze vom 18.3.2013, Seite 17 = Anlage AS 6; und vom 14.8.2014, Seiten 24 bis 26 = Anlage AS 11).
– Bei der Solaranlage handele es sich um eine abgeschlossene elektrische Betriebsstätte. Auf solche Anlagen seien die von dem im Schiedsverfahren bestellten Sachverständigen angeführten Vorschriften nicht oder nur sehr eingeschränkt anwendbar (Schriftsatz vom 26.11.2014, Seiten 5 und 6 = Anlage AS 18).
– Eine Beseitigung etwaiger Mängel durch die Antragsgegnerin zu 1 habe die Antragstellerin selbst vereitelt, indem sie die angeblichen Mängel nicht - wie gefordert - konkretisiert, Informationen zu den Mängeln und über die zur Schadensbeseitigung durchgeführten Maßnahmen verweigert sowie eine zeitnahe Besichtigung vor Ort nicht ermöglicht habe.
– Ein etwaiger Anspruch sei jedenfalls verjährt.
– Die für das Schiedsverfahren geltend gemachten Kosten seien nicht erstattungsfähig. Eine Honorarvereinbarung, die eine Anwaltsvergütung in der geltend gemachten Höhe erlaube, sei -gemessen an den gesetzlichen Gebührensätzen - sittenwidrig und daher nichtig. Dass die abgerechneten Stunden geleistet worden und erforderlich gewesen seien, werde bestritten (Schriftsatz vom 13.2.2015, Seiten 2 ff. = Anlage AS 26). Die vor Einleitung des Schiedsverfahrens entstandenen Kosten seien nicht solche des Schiedsverfahrens und deshalb nicht festsetzungsfähig (Schriftsatz vom 23.1.2015, Seite 5 = Anlage AS 27).
– Die auf Zahlung von Kostenvorschuss gerichtete Schiedsklage sei schlüssig. Der Anspruch des Bestellers sei bei Mangelhaftigkeit der Leistung und Verzug des zur Nachbesserung Verpflichteten auf Vorschuss hinsichtlich der mutmaßlichen Kosten für die erforderlichen Nachbesserungsmaßnahmen gerichtet unbeschadet der Pflicht zur späteren Abrechnung. Zur schlüssigen Darlegung der Anspruchshöhe reiche es aus, die voraussichtlich anfallenden Kosten darzustellen. Dem genüge die Kostenschätzung in Form des vorgelegten Voranschlags eines auf Solarparks spezialisierten Unternehmens (CC 27, CC 30). Diese Kostenschätzung beinhalte eine nachvollziehbare Auflistung der Mängel und der einzelnen Arbeitsschritte zu ihrer Sanierung. Das Schiedsgericht sehe keine Veranlassung, an der Richtigkeit des Kostenvoranschlags zu zweifeln. Dem Anbieter sei die Anlage bestens bekannt, so dass keine Anhaltspunkte für die Annahme falscher oder gar fiktiver Ausmaße bestünden (Rn. 75, 76 SSp).
– Die Mangelhaftigkeit sei aufgrund der sachverständigen Feststellungen (Verlegetiefe und Einsandung der Kabel; Abdeckungen und Warnstreifen; Kabeleinführung ins Erdreich;
– Kabelführung und -fixierung in den Stationen; Berücksichtigung von Erdbewegungen) erwiesen (Rn. 90 SSp).
– Für die Beurteilung der Mangelfreiheit einer Photovoltaikanlage, die in Spanien errichtet und betrieben wird, seien angesichts der weiten vertraglichen Formulierung über die Pflicht zur Einhaltung des technischen Standards auch die spanischen technischen Normen heranzuziehen (Rn. 88 SSp). Die durchgeführte Zeugenvernehmung habe den Beweis für die Behauptung der Schiedsbeklagten, deren Geltung sei vertraglich ausgeschlossen worden, nicht erbracht (Rn. 88 SSp).
– Den Beklagten habe es wiederholt freigestanden, die Anwendbarkeit der spanischen technischen Normen substantiiert zu bestreiten. Auf die 11. prozessleitende Verfügung vom 30.6.2014, mit der sie aufgefordert worden seien, zur Frage der Anwendbarkeit abschließend Stellung zu beziehen, hätten sie jedoch mit Schriftsatz vom 29.9.2014 lediglich bestritten, dass diese Normen vereinbart worden seien, aber nicht ausgeführt, weshalb unabhängig von der Frage der vertraglichen Vereinbarung eine bestimmte Norm nicht gelten solle. Die Schiedsklägerin habe aus Sicht des Schiedsgerichts den Nachweis für die Relevanz jeder benannten Norm durch entsprechende Belege erbracht. Die Schiedsbeklagten hätten lediglich eingewandt, dass spanische technische Standards nicht vereinbart worden seien (Rn. 91 SSp).
– Der Geltungsbereich der von der Schiedsklägerin als Maßstab herangezogenen spanischen technischen Normen sei „derart klar definiert, dass an deren Anwendbarkeit seitens des Schiedsgerichtes - ungeachtet der mangelnden substantiierten Bestreitung durch die Schiedsbeklagten - kein Zweifel“ bestehe (Rn. 92 SSp). Maßgeblich seien deshalb die auf den Seiten 24 bis 32 des Schiedsspruchs tabellarisch unter Nennung der Bezeichnung, des Erlassdatums, der offiziellen Zitierung in spanischer Sprache, der Internetquelle, der verabschiedenden Stelle, des Datums des Inkrafttretens sowie des sachlichen, räumlichen und zeitlichen Geltungsbereichs aufgelisteten Standards (Rn. 92 SSp). Aus diesen technischen Standards würden sich weitere Abweichungen zu normativen Anforderungen und damit Mängel der Kabelverlegearbeiten ergeben, und zwar im Hinblick auf die auf den Seiten 33 und 34 des Schiedsspruchs tabellarisch dargestellten Anforderungen betreffend Verlegetiefe und -art sowie Markierung (Rn. 93 SSp).
– Zwar entspreche der gegenwärtige Zustand aufgrund niederschlagsbedingter Auswaschungen des Bodens und deshalb von der Antragstellerin veranlasster Betonierungsarbeiten nicht mehr dem Zustand bei Fertigstellung. Das Werk habe jedoch auch zuvor nicht den vertraglichen Anforderungen entsprochen, denn die notwendigen Vorkehrungen gegen Erdbewegungen seien nicht getroffen worden.
– Dahinstehen könne, ob die Anlage als abgeschlossene elektrische Betriebsstätte anzusehen und deshalb an anderen technischen Normen zu messen sei, denn die Mangelhaftigkeit stehe fest aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen, der die für relevant erachteten technischen Normen herangezogen habe (Rn. 98 SSp).
– Die im Beweissicherungsverfahren getroffenen sachverständigen Feststellungen würden nichts an der rechtlichen Beurteilung ändern, wonach eine „richtige“ Kabelverlegung eine Berücksichtigung künftiger möglicher Erdbewegungen voraussetze (Rn. 99 SSp).
– Hinsichtlich der Frage der Angemessenheit der Kosten würden die Ausführungen zur Schlüssigkeit in Bezug genommen. Eine Unverhältnismäßigkeit des Nacherfüllungsaufwands sei nicht ersichtlich (Rn. 100 SSp).
– Der Einwand, die Schiedsklägerin habe eine zeitnahe Nachbesserung durch die Schiedsbeklagten vereitelt, sei mit Blick darauf, dass die Schiedsbeklagten bis zum Abschluss des Verfahrens die Ordnungsmäßigkeit des abgelieferten Werks behauptet haben, unbeachtlich (Rn. 101 SSp).
– Der Anspruch sei - unabhängig von der Frage der Abnahme - nicht verjährt, weil die vertraglich für Bauleistungen vereinbarte Verjährungsfrist von fünf Jahren maßgeblich sei (Rn. 80 SSp).
– Die von der Schiedsklägerin aufgewandten Verfahrenskosten seien unangemessen hoch und daher nur zum Teil ersatzpflichtig (Rn. 115 bis 118 SSp). Eine allfällige Sittenwidrigkeit der Honorarvereinbarung sei für das Verhältnis zwischen Anwalt und Mandant von Bedeutung, schlage aber nicht per se auf den Kostenersatzanspruch durch. Die vereinbarten Stundenhonorare mit Sätzen zwischen 150 und 450 € seien zudem marktüblich (Rn. 119 SSp).
II.
III.
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Teilbeschluss, 29. Jan. 2018 - 34 Sch 31/15
Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Teilbeschluss, 29. Jan. 2018 - 34 Sch 31/15
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Oberlandesgericht München Teilbeschluss, 29. Jan. 2018 - 34 Sch 31/15 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).
(1) Die Zwangsvollstreckung findet statt, wenn der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt ist.
(2) Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen, wenn einer der in § 1059 Abs. 2 bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt. Aufhebungsgründe sind nicht zu berücksichtigen, soweit im Zeitpunkt der Zustellung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung ein auf sie gestützter Aufhebungsantrag rechtskräftig abgewiesen ist. Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 sind auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn die in § 1059 Abs. 3 bestimmten Fristen abgelaufen sind, ohne dass der Antragsgegner einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs gestellt hat.
Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.
(1) Das Oberlandesgericht, das in der Schiedsvereinbarung bezeichnet ist oder, wenn eine solche Bezeichnung fehlt, in dessen Bezirk der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt, ist zuständig für Entscheidungen über Anträge betreffend
- 1.
die Bestellung eines Schiedsrichters (§§ 1034, 1035), die Ablehnung eines Schiedsrichters (§ 1037) oder die Beendigung des Schiedsrichteramtes (§ 1038); - 2.
die Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1032) oder die Entscheidung eines Schiedsgerichts, in der dieses seine Zuständigkeit in einem Zwischenentscheid bejaht hat (§ 1040); - 3.
die Vollziehung, Aufhebung oder Änderung der Anordnung vorläufiger oder sichernder Maßnahmen des Schiedsgerichts (§ 1041); - 4.
die Aufhebung (§ 1059) oder die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs (§§ 1060 ff.) oder die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung (§ 1061).
(2) Besteht in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 erste Alternative, Nr. 3 oder Nr. 4 kein deutscher Schiedsort, so ist für die Entscheidungen das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat oder sich Vermögen des Antragsgegners oder der mit der Schiedsklage in Anspruch genommene oder von der Maßnahme betroffene Gegenstand befindet, hilfsweise das Kammergericht.
(3) In den Fällen des § 1025 Abs. 3 ist für die Entscheidung das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder der Beklagte seinen Sitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
(4) Für die Unterstützung bei der Beweisaufnahme und sonstige richterliche Handlungen (§ 1050) ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die richterliche Handlung vorzunehmen ist.
(5) Sind in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet, so kann die Zuständigkeit von der Landesregierung durch Rechtsverordnung einem Oberlandesgericht oder dem obersten Landesgericht übertragen werden; die Landesregierung kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltung übertragen. Mehrere Länder können die Zuständigkeit eines Oberlandesgerichts über die Ländergrenzen hinaus vereinbaren.
(1) Die Parteien können eine Vereinbarung über den Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens treffen. Fehlt eine solche Vereinbarung, so wird der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens vom Schiedsgericht bestimmt. Dabei sind die Umstände des Falles einschließlich der Eignung des Ortes für die Parteien zu berücksichtigen.
(2) Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, so kann das Schiedsgericht ungeachtet des Absatzes 1 an jedem ihm geeignet erscheinenden Ort zu einer mündlichen Verhandlung, zur Vernehmung von Zeugen, Sachverständigen oder der Parteien, zur Beratung zwischen seinen Mitgliedern, zur Besichtigung von Sachen oder zur Einsichtnahme in Dokumente zusammentreten.
Zivilprozessordnung - ZPO | § 1064 Besonderheiten bei der Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen
(1) Mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs ist der Schiedsspruch oder eine beglaubigte Abschrift des Schiedsspruchs vorzulegen. Die Beglaubigung kann auch von dem für das gerichtliche Verfahren bevollmächtigten Rechtsanwalt vorgenommen werden.
(2) Der Beschluss, durch den ein Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt wird, ist für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
(3) Auf ausländische Schiedssprüche sind die Absätze 1 und 2 anzuwenden, soweit Staatsverträge nicht ein anderes bestimmen.
(1) Der Schiedsspruch ist schriftlich zu erlassen und durch den Schiedsrichter oder die Schiedsrichter zu unterschreiben. In schiedsrichterlichen Verfahren mit mehr als einem Schiedsrichter genügen die Unterschriften der Mehrheit aller Mitglieder des Schiedsgerichts, sofern der Grund für eine fehlende Unterschrift angegeben wird.
(2) Der Schiedsspruch ist zu begründen, es sei denn, die Parteien haben vereinbart, dass keine Begründung gegeben werden muss, oder es handelt sich um einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut im Sinne des § 1053.
(3) Im Schiedsspruch sind der Tag, an dem er erlassen wurde, und der nach § 1043 Abs. 1 bestimmte Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens anzugeben. Der Schiedsspruch gilt als an diesem Tag und diesem Ort erlassen.
(4) Jeder Partei ist ein von den Schiedsrichtern unterschriebener Schiedsspruch zu übermitteln.
(1) Die Parteien sind gleich zu behandeln. Jeder Partei ist rechtliches Gehör zu gewähren.
(2) Rechtsanwälte dürfen als Bevollmächtigte nicht ausgeschlossen werden.
(3) Im Übrigen können die Parteien vorbehaltlich der zwingenden Vorschriften dieses Buches das Verfahren selbst oder durch Bezugnahme auf eine schiedsrichterliche Verfahrensordnung regeln.
(4) Soweit eine Vereinbarung der Parteien nicht vorliegt und dieses Buch keine Regelung enthält, werden die Verfahrensregeln vom Schiedsgericht nach freiem Ermessen bestimmt. Das Schiedsgericht ist berechtigt, über die Zulässigkeit einer Beweiserhebung zu entscheiden, diese durchzuführen und das Ergebnis frei zu würdigen.
Tenor
-
1. Das Urteil des Amtsgerichts Weißenfels vom 29. September 2014 - 1 C 132/14 - und der Beschluss des Amtsgerichts Weißenfels vom 24. Oktober 2014 - 1 C 132/14 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes.
-
2. Das Urteil sowie der Beschluss werden aufgehoben.
-
3. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Weißenfels zurückverwiesen.
-
4. Das Land Sachsen-Anhalt hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe
- 1
-
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen eine Verurteilung zur Zahlung von Betriebskosten in Höhe von 118,51 Euro zuzüglich Zinsen.
-
I.
- 2
-
1. Der Beschwerdeführer ist Mieter einer Wohnung in Weißenfels. Ihm wurde durch seine Vermieterin, eine britische Limited mit Sitz auf der Isle of Man, mit Schreiben vom 20. Oktober 2010 die Betriebskostenabrechnung des Jahres 2009 mitgeteilt, die der Beschwerdeführer als zu hoch ansah. Er wandte mit Schreiben vom 6. Dezember 2010 ein, dass die abgerechneten Kosten für Versicherung und "Hauswart Fremdleistung" im Vergleich zu den Vorjahren erheblich gestiegen seien und forderte die Vermieterin auf, die Kostensteigerung zu begründen. Überdies verlangte der Beschwerdeführer hinsichtlich der weiteren gestiegenen Kosten einen Nachweis durch Übersendung von Kopien und Belegen. Den Differenzbetrag in Höhe von 134,75 Euro zwischen der Betriebs- und Heizkostenabrechnung und den im Abrechnungsjahr geleisteten Vorauszahlungen zahlte er in der Folge nicht. Die Vermieterin reagierte auf dieses Schreiben lediglich mit einer Eingangsbestätigung.
- 3
-
2. Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2014 erhob die Vermieterin Klage vor dem Amtsgericht Weißenfels gegen den Beschwerdeführer auf Zahlung besagten Differenzbetrages. Als Anlage fügte sie eine Kopie der Betriebs- und Heizkostenabrechnung für 2009 an. Das Amtsgericht Weißenfels ordnete mit Schreiben vom 23. Juni 2014 das schriftliche Verfahren gemäß § 495a ZPO an und bestimmte den 15. Juli 2014 als den Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht. Mit Schriftsatz vom 15. Juli 2014 erwiderte der Beschwerdeführer auf die Klage und beantragte Klageabweisung. Zur Begründung trug er die im Vergleich zum Abrechnungszeitraum 2007 beziehungsweise 2008 "unerklärliche Kostensteigerung" vor und verwies auf sein Schreiben vom 6. Dezember 2010, in dem er die Erläuterung der Kostensteigerung und die Vorlage von Rechnungskopien gefordert hatte. Bevor die Vermieterin diesem Ersuchen nicht nachkomme, sei der für die Einzelpositionen jeweils abgerechnete Anteil nicht fällig. Hinsichtlich des Kostenpunkts "Hauswart Fremdleistung" führte der Beschwerdeführer zudem aus, dass auch nichtumlagefähige Hausmeisterkosten abgerechnet worden seien.
- 4
-
Im Verlauf des schriftlichen Verfahrens beantragte die Klägerin einen Schriftsatznachlass, der ihr durch das Amtsgericht gewährt wurde. Die Klägerin replizierte daraufhin mit Schriftsatz vom 24. September 2014. In ihrer Replik führte sie an, dass sie das streitgegenständliche Hausgrundstück erst im Jahr 2008 durch Eintragung im Grundbuch zu Eigentum übertragen bekommen habe. Sie bestreite die vom Beschwerdeführer vorgetragene Kostenentwicklung bei Hausmeister-, Versicherungs- und Heizkosten mit Nichtwissen, da die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2007 nicht von ihr, sondern von der vorherigen Eigentümerin und Vermieterin erstellt worden sei, ihr diese Abrechnung nicht vorliege und der Klageerwiderung des Beschwerdeführers auch nicht beigefügt gewesen sei. Sie wies zudem darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Mieter die Darlegungs- und Beweislast für die Verletzung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit bei der Abrechnung der Betriebskosten durch den Vermieter trage, und dem Vermieter zudem regelmäßig keine sekundäre Darlegungslast für die tatsächlichen Grundlagen seines Betriebskostenansatzes obliege. Hinsichtlich der Hausmeisterkosten seien lediglich umlagefähige Kosten abgerechnet worden, was sich aus den der Replik beigefügten Anlagen, nämlich dem Hausmeisterdienstleistungsvertrag und dem Erläuterungsschreiben zur Betriebs- und Heizkostenabrechnung ergebe. Schließlich legte die Klägerin ihrer Replik zum Nachweis der im Jahr 2009 umgelegten Kosten die Rechnungen für die Gebäude- und Haftpflichtversicherung, für den Feuerwehranschluss und den zugrundeliegenden Dienstleistungsvertrag sowie für die Heizkosten bei.
- 5
-
Ohne den Beschwerdeführer über den Schriftsatznachlass zu informieren und ohne die klägerische Replik dem Beschwerdeführer vorher zuzuleiten, verurteilte das Amtsgericht Weißenfels den Beschwerdeführer zur Zahlung von 118,51 Euro. Das Urteil vom 29. September 2014 wurde dem Beschwerdeführer gemeinsam mit der Replik zugestellt. In seinen Entscheidungsgründen führt das Amtsgericht aus, dass die grundsätzlich fällige Forderung der Klägerin, mit Ausnahme der Kosten für den Feuerwehranschluss, "auch nachvollziehbar und zutreffend errechnet" sei, nachdem der Beschwerdeführer "keine durchgreifenden Einwendungen" erhoben habe. Die Klägerin habe zutreffend in dem ihr nachgelassenen Schriftsatz darauf hingewiesen, dass die beklagte Partei die genannten Anlagen nicht beigefügt habe, obgleich ihr der Nachweis von Tatsachen, die die behauptete übermäßige Kostensteigerung belegten, obliege. Die Klägerin könne sich mithin zutreffend auf Nichtwissen berufen. Soweit der Beschwerdeführer sich darauf berufe, ihm sei keine Einsicht in die Kostenbelege ermöglicht worden, fehle es bereits an einem Vortrag dahingehend, ob diese Einsichtnahme in den Räumen der Verwaltung gefordert worden sei, wie dies in Ansehung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des Rechts auf Einsichtnahme in Belege in Fällen wie diesem zu fordern sei, in denen der Vermieter seinen Firmensitz im Ausland habe. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer sein diesbezügliches Recht in einer den Anforderungen entsprechenden Weise ausgeübt und die Voraussetzung für ein relevantes Bestreiten des Kostenansatzes geschaffen habe.
- 6
-
3. Der Beschwerdeführer hat daraufhin mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2014 Anhörungsrüge erhoben, in der er vortrug, dass die Verwertung des Vortrags aus der Replik der Klägerin das Grundrecht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletze. Das Amtsgericht Weißenfels hat die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 24. Oktober 2014 als unbegründet zurückgewiesen. Die Replik der Klägerin sei nicht entgegen § 296a ZPO berücksichtigt worden, da § 283 ZPO auch im Anwendungsbereich des § 495a ZPO in entsprechender Form Anwendung finde. Es entspreche gerade der Gewährung rechtlichen Gehörs, § 283 ZPO auch im schriftlichen Verfahren in den Fällen zur Anwendung zu bringen, wo dies geboten sei, um einer Prozesspartei die Erwiderung auf den Vortrag der anderen Seite zu ermöglichen. Zudem verkenne der Beschwerdeführer, dass das Gericht in seinem Urteil vom 29. September 2014 lediglich auf eine Rechtsansicht der Klägerseite, wie sie in der Replik geäußert worden sei, Bezug nehme, nicht jedoch auf den dort vorgebrachten neuen Tatsachenvortrag. Die tragenden Urteilsgründe bezögen sich auf Darlegungsmängel in der Klageerwiderung, welche nicht dadurch relativiert würden, dass die beklagte Partei nunmehr ausführe, dass sie mit entsprechendem Bestreiten nicht habe rechnen müssen.
-
II.
- 7
-
1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG. Zur Begründung trägt er insbesondere vor, dass die Verwertung des klägerischen Vortrags aus dem nachgelassenen Schriftsatz sein Grundrecht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletze, weil ihm die Replik nicht vor der Entscheidung des Gerichts zur Kenntnis gebracht worden sei. Wäre die Replik dem Beschwerdeführer vor der Entscheidung des Gerichts bekanntgegeben worden, hätte der Beschwerdeführer die Abrechnungen vorlegen können. Da die Klägerin die monierten Kostensteigerungen bis dahin nie bestritten habe, hätten diese als unstreitig angesehen werden können. Mit dem in der Replik erfolgten überraschenden Vortrag habe der Beschwerdeführer nicht rechnen müssen, so dass auch die vom Gericht angenommene fehlende Substantiierung des Vortrags des Beschwerdeführers für diesen überraschend gewesen sei. Das Amtsgericht habe überdies übersehen, dass der Beschwerdeführer bereits mit Schreiben vom 6. Dezember 2010 die Belege von der Klägerin angefordert habe. Ohne Vorlage dieser Belege seien die Positionen nicht fällig. Erst wenn die Klägerin die Übersendung verweigert hätte, wäre zu klären gewesen, ob die Einsichtnahme am Sitz der Verwaltung noch zumutbar gewesen wäre. Die Entscheidung des Amtsgerichts beruhe auch auf diesem Gehörsverstoß, da sich aus den von der Klägerin nunmehr vorgelegten Belegen die abgerechneten Beträge nicht nachvollziehbar ergäben.
- 8
-
2. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten des Ausgangsverfahrens vorgelegen. Das Land Sachsen-Anhalt hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
-
III.
- 9
-
Die Verfassungsbeschwerde ist zur Entscheidung anzunehmen, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Der Verfassungsbeschwerde ist durch die Kammer stattzugeben, da die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen vom Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde offensichtlich zulässig und begründet ist (§ 93b Satz 1 i.V.m. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Die angegriffenen Entscheidungen des Amtsgerichts Weißenfels verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG, weil das Amtsgericht den Beschwerdeführer weder vom Antrag der Klägerin auf Schriftsatznachlass (2.) noch von der Gewährung des Schriftsatznachlasses vor Verkündung des Urteils in Kenntnis gesetzt hat (3.) und weil die Replik der Klägerin vom 24. September 2014 nicht vor der Urteilsverkündung am 29. September 2014 bekanntgegeben und dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit zur Stellungnahme eröffnet wurde (4.).
- 10
-
1. Der in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör steht in einem funktionalen Zusammenhang mit der Rechtsschutzgarantie und der Justizgewährungspflicht des Staates (vgl. BVerfGE 81, 123 <129>). Der "Mehrwert" dieser Verbürgung besteht darin, einen angemessenen Ablauf des Verfahrens zu sichern (vgl. BVerfGE 119, 292 <296>). Der Einzelne soll nicht bloßes Objekt des Verfahrens sein, sondern vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 ff.>). Art. 103 Abs. 1 GG vermittelt dem an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten einen Anspruch darauf, im Verfahren zu Wort zu kommen und sich zu dem in Rede stehenden Sachverhalt sowie zur Rechtslage zu äußern (vgl. BVerfGE 19, 32 <36>; 49, 325 <328>; 55, 1 <6>; 60, 175 <210>; 64, 135 <143 f.>), Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen (vgl. BVerfGE 6, 19 <20>; 15, 303 <307>; 36, 85 <87>). Er gewährleistet somit, sich zu jeder dem Gericht zur Entscheidung unterbreiteten Stellungnahme der Gegenseite und deren Rechtsauffassung erklären zu können (vgl. BVerfGE 60, 175 <210>). Eine Art. 103 Abs. 1 GG genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt ferner voraus, dass die Verfahrensbeteiligten zu erkennen vermögen, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Sie müssen sich bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt über den gesamten Verfahrensstoff informieren können (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144>). Die gesetzlichen Vorschriften sowie die diese anwendenden Gerichte müssen sicherstellen, dass die Beteiligten die erforderlichen Informationen erlangen können. Um die notwendigen Informationsvorgänge zu ordnen, sehen die Verfahrensordnungen Vorschriften über Ladungen (vgl. BVerfGE 36, 298 <301>), Terminsmitteilungen und die Bekanntgabe gerichtlicher Entscheidungen vor, zu denen auch schlichte Mitteilungen, Nachweise und Hinweise gehören. Mitzuteilen sind nicht nur die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens und die rechtsmittelfähigen Entscheidungen des Gerichts, sondern auch sonstige Entscheidungen wie Wiedereinsetzungsbeschlüsse und prozessleitende Verfügungen. Auch über die Ergebnisse von Beweisaufnahmen ist zu informieren (vgl. BVerfGE 6, 12 <14>; 8, 184 <185>; 8, 208 <209>; 20, 280 <282>; 32, 195 <198>; 50, 280 <284>). Um zu gewährleisten, dass eine Partei sich zu jeder dem Gericht zur Entscheidung unterbreiteten Stellungnahme der Gegenseite und deren Rechtsauffassung effektiv äußern kann, muss das streitentscheidende Gericht auch alle Äußerungen, Anträge und Stellungnahmen der anderen Beteiligten bekanntgeben (vgl. BVerfGE 50, 280 <284>). Es muss über alles informiert werden, woraus sich der auf die gerichtliche Entscheidung zulaufende Streitstand im Laufe des Prozesses aufbaut (vgl. BVerfGE 19, 32 <36>). Eine Nachforschungspflicht des Berechtigten, ob sich der Gegner geäußert hat, besteht hingegen nicht (vgl. BVerfGE 50, 381 <385>; auch BVerfGE 15, 214 <218>).
- 11
-
2. Indem das Amtsgericht dem Beschwerdeführer den Antrag der Klägerin auf Schriftsatznachlass nicht bekanntgemacht hat, hat es ihn in seinem Grundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, da das Gericht alle Anträge der jeweiligen Gegenseite zur Kenntnis bringen muss. Ohne dieses Recht auf Information über das Verfahren wäre das durch Art. 103 Abs. 1 GG geschützte Äußerungsrecht nicht effektiv gewährleistet.
- 12
-
Der Grundrechtsverstoß wurde nicht geheilt, da dem Beschwerdeführer der Antrag der Klägerin auf Schriftsatznachlass selbst nachträglich nicht zur Kenntnis gebracht worden ist. Zwar hatte der Beschwerdeführer im Rahmen des Anhörungsrügeverfahrens Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Eine Heilung des Verstoßes scheitert jedoch daran, dass das Amtsgericht Weißenfels mit Beschluss vom 24. Oktober 2014 die Gehörsrüge als unbegründet zurückgewiesen hat. Das Urteil des Amtsgerichts beruht auch auf dem gezeigten Gehörsverstoß, weil eine inhaltlich andere Entscheidung für den Fall des Unterbleibens des Verstoßes nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerfGE 86, 133 <147>; 89, 381 <392 f.>). Nach einer Mitteilung über den klägerischen Antrag hätte der Beschwerdeführer etwa anregen können, dass nicht allein ein Schriftsatznachlass für die Klägerin gewährt, sondern eine weitere Erklärungsfrist für beide Parteien eingeräumt wird. Der Beschwerdeführer hätte dann weitergehend vortragen und das Urteil anders ausfallen können.
- 13
-
3. Auch durch das Unterlassen der Bekanntgabe der gerichtlichen Entscheidung über den Schriftsatznachlass wurde der Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, denn Art. 103 Abs. 1 GG verlangt, dass eine Prozesspartei über jede gerichtliche Entscheidung informiert wird. Der Grundrechtsverstoß wurde nicht geheilt, weil dem Beschwerdeführer die gerichtliche Entscheidung über den Schriftsatznachlass auch nicht nachträglich beziehungsweise erst konkludent im Urteil zur Kenntnis gebracht wurde und die zulässige Gehörsrüge als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die Entscheidung des Amtsgerichts Weißenfels beruht auch auf diesem Gehörsverstoß. Zwar hätte der Beschwerdeführer nach Bekanntgabe des Schriftsatzes vor Erlass des Urteils mit Blick auf § 296a ZPO nicht erneut vortragen können, so dass die verspätete Mitteilung der gerichtlichen Entscheidung für den Urteilsausgang auf den ersten Blick ohne Bedeutung sein könnte. Jedoch hätte der Beschwerdeführer vor dem Hintergrund dieser gerichtlichen Entscheidung bereits zu diesem Zeitpunkt versuchen können, das Gericht von der Notwendigkeit der (erneuten) Eröffnung der mündlichen Verhandlung oder von der Einräumung einer Schriftsatzfrist auch für ihn zu überzeugen, so dass in der Folge nicht ausgeschlossen ist, dass das Verfahren anders abgelaufen und die Entscheidung des Amtsgerichts Weißenfels anders getroffen worden wäre.
- 14
-
4. Das Amtsgericht Weißenfels hat das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 103 Abs. 1 GG ferner dadurch verletzt, dass es ihm die Replik der Klägerin vom 24. September 2014 nicht zur Kenntnis gebracht und ihm vor seiner Entscheidung keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.
- 15
-
a) Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts umfasst der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht nur Stellungnahmen zum Sachverhalt, sondern auch zu Rechtsausführungen. Indem die Klägerin in ihrer Replik vom 24. September 2014 mit Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Darlegungs- und Beweislast für eine Verletzung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit bei der Abrechnung von Betriebskosten eine dezidiert andere Rechtsauffassung als der Beschwerdeführer geäußert hatte, wäre das Gericht nicht nur verpflichtet gewesen dem Beschwerdeführer diesen Schriftsatz zur Kenntnis zu bringen; es hätte ihm auch eine Möglichkeit zur Erwiderung geben müssen. Dem steht nicht entgegen, dass nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung der nachgelassene Schriftsatz der Gegenseite nicht vor dem Verkündungstermin zugehen muss, weil dem Gegner im Hinblick auf § 296a ZPO kein Recht auf eine Replik zukomme (so beispielsweise Prütting, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2013, § 283 Rn. 23). Denn das Gericht muss die mündliche Verhandlung mit Blick auf Art. 103 Abs. 1 GG zumindest dann von Amts wegen "wieder-"eröffnen (§ 156 Abs. 1, 2 Nr. 1 ZPO) beziehungsweise entsprechende Maßnahmen im schriftlichen Verfahren von Amts wegen ergreifen, wenn der Inhalt des nachgereichten Schriftsatzes über den Rahmen einer einfachen Gegenerklärung hinausgeht und seinerseits neues, durch den verspätet eingereichten Schriftsatz des Gegners veranlasstes Vorbringen wie neue Tatsachen, Anträge und ähnliches enthält (vgl. BVerfGE 19, 32 <36 f.>; BVerfGK 14, 439 <442>; Prütting, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2013, § 283 Rn. 22; Katzenstein, ZZP 121 <2008>, S. 41 <52 f.>).
- 16
-
b) Dies war hier der Fall, weil sich die Klägerin in ihrer Replik nicht allein darauf beschränkt hat, auf den Vortrag des Beschwerdeführers zu erwidern, sondern neben ihren rechtlichen Ausführungen auch in tatsächlicher Hinsicht neu vorgetragen hat. Sie hat erläutert, dass sie erst seit 2008 Eigentümerin der vermieteten Immobilie sei und ihr deshalb die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2007 nicht vorliege. Demzufolge hat sie die vom Beschwerdeführer angegebene Kostensteigerung mit Nichtwissen bestritten. Ferner hat die Klägerin ihr Anlagenkonvolut, das nach der Klageerhebung lediglich aus der Betriebskostenabrechnung bestand, um sechs weitere Anlagen erweitert. Diesen neuen Sachvortrag hätte das Amtsgericht dem Beschwerdeführer zur Kenntnis bringen müssen und zwar auch dann, wenn man davon ausgehen würde, dass dies nur erforderlich ist, wenn die Stellungnahme der Gegenseite neue Tatsachen enthält. Art. 103 Abs. 1 GG ist dadurch verletzt, dass die Replik nicht mitgeteilt und trotzdem verwertet wurde. Die Verwertung ergibt sich daraus, dass im Urteil unmittelbar auf die klägerische Replik Bezug genommen wird. Dies erfolgte zum einen mit Blick auf die dort von der Klägerin geäußerte Rechtsmeinung hinsichtlich der Beweislast, aber auch bezüglich des Sachvortrags der Klägerin zum "Erwerb der Liegenschaft zu Eigentum" und ihres Bestreitens der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Kostensteigerung mit Nichtwissen. Der aufgezeigte Grundrechtsverstoß wurde nicht geheilt. Da nicht ausgeschlossen ist, dass die Entscheidung des Amtsgerichts Weißenfels anders ausgefallen wäre, wenn der Beschwerdeführer informiert worden wäre und sich hätte äußern können, beruht die angefochtene Entscheidung auch auf der Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG.
- 17
-
5. Da das angegriffene Urteil schon wegen Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG keinen Bestand hat, braucht nicht entschieden zu werden, ob das Amtsgericht Weißenfels auch das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt hat.
- 18
-
6. Das Urteil und der Beschluss des Amtsgerichts Weißenfels sind hiernach gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an das Amtsgericht Weißenfels zurückzuverweisen.
- 19
-
7. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 19.8.2014 (7 O 74/14) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
3. Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
1
Gründe:
2(ohne Darstellung des Sach- und Streitstandes, §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO)
31.
4Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Zur Begründung wird auf den Beschluss des Senats vom 15.12.2014 verwiesen. Dort hat der Senat ausgeführt:
5„Das angefochtene Urteil entspricht der Sach- und Rechtslage. Die Berufungsbegründung rechtfertigt eine Abänderung der Entscheidung nicht. Sie gibt lediglich zu folgenden Hinweisen Anlass:
6Das Landgericht hat der Klägerin zu Recht eine Anspruch auf Vorschuss zur Mängelbeseitigung aus §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB zuerkannt. Die Beklagte beruft sich hiergegen auf ihr Recht auf Nachbesserung. Dieses Recht hat sie aber verloren, ohne dass es einer weiteren Fristsetzung zur Nacherfüllung bedurfte. Nach § 637 Abs. 2 Satz 2 BGB bedarf es der Bestimmung einer Frist auch dann nicht, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar geworden ist. Das ist hier der Fall. Wann eine Nachbesserung eines Bauwerks fehlgeschlagen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Das kann schon nach einem einmaligen Nachbesserungsversuch der Fall sein, kann jedoch auch dann erst der Fall sein, wenn mehrere Versuche stattgefunden haben. Maßgeblich ist, ob es aus der Sicht des Bestellers überhaupt noch in Betracht kommt, dass eine weitere Nachbesserung erfolgreich sein kann. Das hängt davon ab, wie sich der bisherige Nachbesserungsversuch und das objektiv zu würdigende Verhalten des Auftragnehmers darstellen (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 6. Teil Rdn. 197). Unzumutbar ist dem Besteller die Nacherfüllung namentlich dann, wenn der Unternehmer durch sein vorheriges Verhalten das Vertrauen in seine Leistungsfähigkeit oder Leistungsbereitschaft derart erschüttert hat, dass es dem Besteller nicht zumutbar ist, diesen Unternehmer noch mit der Nacherfüllung zu befassen (Kniffka/Koeble, a.a.O., 6. Teil Rdn. 198). Die hat das Landgericht hier mit sorgfältiger und überzeugender Begründung im Hinblick auf die mehrfachen erfolglosen Nachbesserungsversuche und die Feststellungen des Sachverständigen C zur mangelhaften Arbeitsweise der Beklagten bejaht. Der Senat nimmt hierauf Bezug. Hiergegen erinnert die Berufung nichts Erhebliches. Dass die Beklagte jederzeit die Möglichkeit hat, Fachhandwerker zu beschäftigen, die Arbeiten fachgerecht ausführen können, ist im Hinblick u die Erfolglosigkeit der bislang ausgeführten Mangelbeseitigungsversuche ohne Belang. Ob alle von Sachverständigen C festgestellten mangelhaften Stellen schon ursprünglich vorhanden waren oder sich erst im weiteren Verlauf gezeigt haben, ist ebenso unerheblich. Die Beklagte schuldete aufgrund des Auftrages vom Juli 2008 eine umfassende und dauerhafte Sanierung der Treppe gegen die Korrosion. Diesen Erfolg hat sie unstreitig nicht erbracht.
7Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf den geltend gemachten Vorschuss für die von dem Sachverständigen C vorgeschlagene Sanierung durch Erneuerung der Treppenstufen. Zwar war die von Parteien zunächst vereinbarte Sanierung durch das Aufbringung von Korrosionsschutz (sog. Coating) fachgerecht. Die Beklagte kann die Klägerin aber nicht mehr auf diese Sanierungsmethode verweisen. Richtig ist allerdings, dass der Besteller im Regelfall nicht verlangen kann, dass der Mangel in einer bestimmten Art und Weise beseitigt wird. Der Unternehmer hat grundsätzlich die Wahl, wie er den Mangel beseitigt. Richtig ist auch, dass die Klägerin Vorschuss nur auf diejenigen Kosten verlangen kann, die dazu erforderlich sind, ein mangelfreies Werk entstehen zu lassen. Grundsätzlich kann der Besteller den Kostenvorschuss deshalb nicht nach Maßnahmen berechnen, die nicht dazu dienen, den vertragsgemäßen Zustand herzustellen (Kniffka/Krause-Allenstein, Bauvertragsrecht, § 637 Rn. 40). Ebenso kann der Besteller nicht eine andere als die vereinbarte Ausführungsart verlangen, wenn diese die geschuldete Funktionstauglichkeit gewährleistet. Der Vorschussanspruch des Bestellers kann sich jedoch ausnahmsweise auf die Herstellung eines vom vertragsgemäßen Zustand abweichenden Zustands beziehen, etwa wenn sich dieser als zweckmäßiger zur Erreichung des mit dem Vertrag verfolgten Ziels erwiesen hat oder wenn nur so die nach dem Vertrag vereinbarte oder vorausgesetzte Funktionstauglichkeit zu erreichen ist. Gleiches kann nach Treu und Glauben auch dann gelten, wenn sich zwischenzeitlich in Folge des Auftretens von Mängeln und der in diesem Zusammenhang gewonnenen Erkenntnisse herausstellt, dass eine andere Maßnahme zweckmäßiger ist, das mit dem Vertrag verfolgte Ziel zu erreichen (BGH NZBau 2014, 160 = BauR 2014, 547; Kniffka/Koeble, a.a.O., 6. Teil Rdn. 164). Dasselbe gilt, wenn die ursprünglich geeignete Sanierungsart aufgrund fehlgeschlagener Nachbesserungsversuche nicht mehr zu einem dauerhaften Erfolg führen oder wenn dieser durch eine andere Methode mit wirtschaftlich geringerem Aufwand zweifelsfrei gewährleistet werden kann. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen C ist die Sanierung durch das Coatingverfahren aufgrund des extrem schlechten Zustandes der Treppe nicht mehr sinnvoll und die Erneuerung der Treppenstufen wirtschaftlich günstiger. Den Eintritt dieses Zustandes hat nicht die Klägerin, sondern aufgrund ihrer fehlgeschlagenen oder verzögerten Nachbesserungsmaßnahmen die Beklagte zu verantworten. Auch dies hat das Landgericht zutreffend ausgeführt.“
8Die Stellungnahme der Beklagten vom 10.2.2015 enthält keine erheblichen und noch nicht berücksichtigten Gesichtspunkte. Sie gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass. Die Beklagte wendet in ihrer Stellungnahme ein, die Nachbesserungsarbeiten seien dadurch ins Stocken geraten, dass die Klägerin mit Schreiben vom 27.9.2012 in unzulässiger Weise eine bestimmte, zudem technisch untaugliche Nachbesserungsmethode vorgegeben und auch in der nachfolgenden Zeit hierauf bestanden habe. Dass die von der Beklagten gewählte Art der Nachbesserung infolge des Zeitverlustes nicht mehr sinnvoll sei, habe die Klägerin zu vertreten. Dieser Einwand verfängt nicht. Denn im Sommer 2012 war der Klägerin eine weitere Nachbesserung durch die Beklagte schon unzumutbar geworden. Dies hat das Landgericht – worauf der Senat ausdrücklich Bezug genommen hat - mit sorgfältiger und überzeugender Begründung im Hinblick auf die vorherigen mehrfachen erfolglosen Nachbesserungsversuche und die Feststellungen des Sachverständigen C zur mangelhaften Arbeitsweise der Beklagten bei diesen Nachbesserungsversuchen bejaht (LGU S. 5 letzter Absatz bis S. 6 zweiter Absatz). Das Landgericht hat darüber hinaus ausgeführt, dass die Klägerin durch den Abbruch des in der Zeit vom 16.8.2012 bis zum 10.9.2012 unternommenen Nachbesserungsversuches allenfalls eine Verzögerung von wenigen Monaten zu vertreten habe, während der überwiegende Teil der Verzögerung der Beklagten zur Last falle, zumal diese nicht dargetan habe, warum sie die Nachbesserungsarbeiten nicht entsprechend ihrer Ankündigung bereits im Frühjahr 2012 durchgeführt habe. Hierzu verhält sich die Beklagte weder in der Berufungsbegründung noch in der Stellungnahme vom 10.02.2015.
9Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats als Berufungsgericht durch Urteil, so dass über die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO entschieden werden konnte.
102.
11Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO.
12Berufungsstreitwert: 10.954,41 €
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts T. vom 29. April 2013 wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil der 6. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts T. vom 29. April 2013 ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
- 1
Der Senat hat gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO mit Hinweisbeschluss vom 17.09.2013 (GA 151 ff.) darauf hingewiesen, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Auch sind die offensichtlichen Erfolgsaussichten der Berufung verneint worden. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf Hinweisbeschluss vom 17.09.2013 (GA 151 ff.) Bezug.
- 2
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 30.10.2013 (GA 169 ff.) der Zurückweisung der Berufung in Anwendung des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO widersprochen. Die Ausführungen geben dem Senat zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.
- 3
Der Senat hat in seinem Hinweisbeschluss vom 17.09.2013 (GA 151 ff.) ausgeführt, dass das Landgericht den Klägern gemäß §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 und 2 sowie 323 Abs. 2 BGB zu Recht einen Anspruch auf Vorschusszahlung in Höhe von 23.300,00 € zugesprochen hat, wobei davon Zahlungsansprüche der Beklagten in Bezug auf Zusatzleistungen in Höhe von 2.900,00 € in Abzug gebracht worden sind, so dass ein Vorschussanspruch in Höhe von 20.400,00 € verblieben ist. Darüber hinaus hat das Landgericht der Beklagten Ansprüche aus Vereinbarungen über Zusatzleistungen zugesprochen, mit der die Beklagte in Höhe eines Betrages von 814,28 € zu Recht die Aufrechnung erklärt hat (LU 9), so dass sich der Anspruch der Kläger auf Zahlung von 19.585,72 € reduziert hat. Der Zahlungsantrag ist von der Berufung nicht angegriffen worden.
- 4
Das Landgericht hat ferner festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, die über den Betrag von 23.300,00 € hinausgehenden Kosten zu tragen, die bei Ausführung der Mängelbeseitigungsarbeiten am Haus der Kläger entstehen werden. Im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden. Der Feststellungsausspruch des Landgerichts ist Gegenstand des Berufungsverfahrens der Beklagten.
- 5
Wie der Senat in seinem Hinweisbeschluss vom 17.09.2013 (GA 151 ff.) ausgeführt hat, ist der Angriff der Berufung nicht erfolgversprechend.
- 6
Besteht zwischen den Parteien Streit darüber, wie eine Nacherfüllung vorzunehmen ist, steht dem Auftraggeber die Möglichkeit offen, einen Anspruch auf Vorschusszahlung geltend zu machen. Dabei kann sich der Auftraggeber zur Spezifizierung seines Vorbingens auf Kostenvoranschläge oder Privat- oder Beweissicherungsgutachten berufen. Die Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten muss von dem Auftraggeber nicht etwa durch ein vorprozessuales Sachverständigengutachten ermittelt werden (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Auflage 2011, Rn. 2120; BGH, Urteil vom 22.02.2001 - VII ZR 115/99 - NJW-RR 2001, 739 = BauR 2001, 789 = IBR 2001, 254). Es reicht aus, wenn er die Kosten schätzt und bei Bestreiten ein Sachverständigengutachten anbietet (Werner/Pastor, aaO; BGH, aaO; Urteil vom 14.01.1999 - VII ZR 19/98 - BauR 1999, 631 f. = NJW-RR 1999, 813 = IBR 1999, 206 = MDR 1999, 609 f.). Kann der Auftraggeber ohne eine sachverständige Beratung die ungefähre Höhe des angemessenen Vorschusses nicht angeben oder seriös schätzen, ist er sowohl zur Erhebung einer unbezifferten Leistungsklage als auch zur Einreichung einer Feststellungsklage befugt (Werner/Pastor, aaO; OLG Hamm, Urteil vom 01.04.1998 - 12 U 146/94 - BauR 1998, 1019 ff. Juris Rn. 58), wobei das angerufene Gericht in aller Regel den angemessenen Kostenvorschuss gemäß § 287 ZPO festsetzen kann (Werner/Pastor, aaO).
- 7
Nach dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Sch. im selbständigen Beweisverfahren (6 OH 12/09 - LG T.) vom 03.08.2011, dort Seite 101, belaufen sich die Mangel- und Schadensbeseitigungskosten auf voraussichtlich 23.640,00 € brutto. Ist der Besteller der Werkleistung nicht vorsteuerabzugesberechtigt, umfasst der Vorschussanspruch auch die Umsatzsteuer (OLG Celle, Beschluss vom 18.01.2010 - 7 U 201/09 - NZBau 2010, 503 f. = NJW 2010, 1151 = IBR 2010, 450 = BauR 2010, 921 f.; Bamberger/Roth-Voit, BGB Kommentar, 3 Auflage 2012, § 637 Rn. 12). Da es sich um eine Vorschussklage handelt, liegt es in der Natur der Sache, dass nicht ausgeschlossen ist, dass der vom Sachverständigen in Ansatz gebrachte Betrag nicht ausreicht. Reicht der Betrag nicht aus, kann der Besteller der Werkleistung Nachzahlung verlangen (BGH, Urteil vom 25.09.2008 - VII ZR 204/07 - NJW 2009, 60 f. = MDR 2008, 1387 f. = IBR 2008, 721 = BauR 2008, 2041 ff.; Palandt-Sprau, BGB Kommentar, 71. Auflage 2012, § 637 Rn. 9; Werner/Pastor, aaO, Rn. 2129). Nach Vornahme der im Wege der Selbstvornahme erforderlichen Mängelbeseitigungsarbeiten hat der Besteller der Werkleistung gegenüber dem Werkunternehmer abzurechnen (Werner/Pastor, aaO, Rn. 2132; Bamberger/Roth-Voit, BGB Kommentar, 3 Auflage 2012, § 637 Rn. 16). Mehr- oder Minderleistungen sind auszugleichen.
- 8
Der Senat hat dargelegt, dass die Kläger auch bei der Geltendmachung der Vorschussklage ein Feststellungsinteresse hinsichtlich einer weitergehenden Vorschusspflicht für den Fall des Entstehens weiterer Kosten haben, die über den Betrag von 23.300,00 €, die der Sachverständige Dipl.-Ing. Wolfgang Sch. in seinem Beweissicherungsgutachten ermittelt hat, hinausgehen. Der Vorschussklage ist es immanent, dass die später nach Durchführung der Selbstvornahme entstehenden Kosten entweder höher oder niedriger als der geltend gemachte Vorschuss sein können. Darauf muss sich der Werkunternehmer einstellen. Der Auftragnehmer muss solange mit Nachforderungen rechnen, als die Mängel der Kosten nicht endgültig feststehen. Die Vorschussklage ist regelmäßig so zu verstehen ist, dass gleichzeitig die Nachschusspflicht des Auftragnehmers für den Fall festgestellt werden soll, dass der ausgeurteilte Vorschuss nicht ausreicht. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 25.09.2008, aaO, Juris Rn. 8; BGHZ 66, 138, 142 = Urteil vom 18.03.1976 - VII ZR 41/74 - NJW 1976, 572 = WM 1976, 616 f. = BB 1976, 956; Urteil vom 20.02.1986 - VII ZR 318/84 - NJW-RR 1986, 1026 ff. = MDR 1986, 839 = WM 1986, 799 f. = BauR 1986, 345 ff.) mag zwar deshalb eine Feststellungsklage zum Zwecke der Verjährungsunterbrechung entbehrlich sein. Der Senat hat gleichwohl hier ein Feststellungsinteresse bejaht, um bei etwaig höher anfallenden Selbstvornahmekosten, als im Sachverständigengutachten prognostizierend festgestellt, einen Streit der Parteien über die Berechtigung dieser Mehrkosten zu vermeiden.
- 9
Die von der Berufung in ihrem dem Hinweisbeschluss vom 17.09.2013 (GA 151 ff.) widersprechenden Schriftsatz vom 30.10.2013 (GA 169 f.) hiergegen vorgebrachten Argumente überzeugen nicht. Es ist derzeit nicht ausgeschlossen, dass höhere Kosten im Rahmen der Selbstvornahme entstehen, die über den vom Sachverständigen Dipl.Ing. Wolfgang Sch. in seinem Beweissicherungsgutachten mit 23.300,00 € ermittelt hinausgehen. Es geht nicht darum, dass lediglich eine denkgesetzliche bloße Möglichkeit eines späteren und jetzt noch ganz ungewissen Schadens besteht. Das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung entfällt nicht bereits deshalb, weil derzeit keine weitere Schadensberechnung vorgenommen werden kann.
- 10
Die Berufung der Beklagten hat aus den dargelegten Gründen keinen Erfolg.
- 11
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
- 12
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
(1) Verlangt der Besteller Nacherfüllung, so kann der Unternehmer nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen.
(2) Der Unternehmer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.
(3) Der Unternehmer kann die Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.
(4) Stellt der Unternehmer ein neues Werk her, so kann er vom Besteller Rückgewähr des mangelhaften Werkes nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen.
(1) Die Zwangsvollstreckung findet statt, wenn der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt ist.
(2) Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen, wenn einer der in § 1059 Abs. 2 bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt. Aufhebungsgründe sind nicht zu berücksichtigen, soweit im Zeitpunkt der Zustellung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung ein auf sie gestützter Aufhebungsantrag rechtskräftig abgewiesen ist. Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 sind auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn die in § 1059 Abs. 3 bestimmten Fristen abgelaufen sind, ohne dass der Antragsgegner einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs gestellt hat.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.