Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 21. Mai 2013 - 1 U 132/12

bei uns veröffentlicht am21.05.2013

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 14.9.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau (4 O 201/09) abgeändert:

Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 2.916,-- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.3.2008 zu zahlen.

Das beklagte Land wird weiter verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 316,18 Euro freizustellen.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten der Streitverkündung, diese trägt die Streithelferin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.


Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.916,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger (ein KfZ-Versicherer) macht aus übergegangenem Recht einen Amtshaftungsanspruch aus dem Gesichtspunkt einer Verkehrssicherungspflichtverletzung geltend. Die Ehefrau ihres Versicherungsnehmers befuhr am 26.6.2007 mit dem beim Kläger versicherten Fahrzeug die Landstraße L ... . Im Gemeindegebiet der Streithelferin, im Kreuzungsbereich mit der Gemeindestraße R. Weg, fiel bei stürmischem Wetter ein massiver Ast einer auf dem Grundstück Flurstück (wohl) 180, Flur 1 (dazu Gutachten Prof. Dr. Sch., S. 28) in der Gemarkung T. stehenden Robinie auf das beim Kläger versicherte Fahrzeug. Nach dem Vortrag der Beklagten stand der Baum ca. 2,10 m vom befestigten Straßenkörper der L ... aber nur 1,50 m vom R. Weg entfernt. Neben anderen Punkten bestreitet die Beklagte ihre Passivlegitimation und hat der Gemeinde T. den Streit verkündet. Die Gemeinde ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.

2

Der Kläger trägt vor, dass durch den Sturz des Astes auf das bei ihm versicherte Fahrzeug ein Totalschaden entstanden sei. Der Wiederbeschaffungswert habe 2.700,-- Euro betragen (unter Hinweis auf das Sachverständigengutachten M. vom 28.6.2008 [Anlage K1 Anlagenband]. Nach Abzug der Selbstbeteiligung von 150,-- Euro habe er 2.550,-- Euro an den Versicherungsnehmer gezahlt. Für die Erstellung des Gutachtens habe er einen Betrag von 366,-- Euro aufwenden müssen (Rechnung M. vom 29.6.2007 [Anlage K4 AB]). Die Summe aus beiden Positionen bildet die Klageforderung. Daneben macht der Kläger ausgehend von einem Gegenstandswert von 2.916,-- Euro vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 316,18 Euro geltend (Berechnung wie Klageschrift S. 7 [Bl. 7 I]).

3

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Neben ihrer Passivlegitimation bestreitet sie das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung, den Unfallhergang und den eingetretenen Schaden.

4

Nach dem Vortrag der Beklagten wurden an der L ... im Juni und Juli 2007 sog. Baumschauen durchgeführt, die ohne reaktionspflichtiges Ergebnis geblieben seien. Der streitgegenständliche Baum sei in die Kontrolle nicht mit einbezogen worden, weil für diesen die Streithelferin verkehrsicherungspflichtig sei.

5

Die Streithelferin ist der Ansicht, dass die Klägerin bereits nicht hinreichend zu einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vortrage. Sie bestreitet, dass an dem Baum äußerlich erkennbare Schädigungsanzeichen vorhanden gewesen seien. Der Ast sei voll belaubt gewesen. Der Ast sei zudem infolge des Sturmes im Bereich des gesunden Holzes abgebrochen. Sie bestreitet die Behauptung des Klägers, dass der Bürgermeister der Streithelferin gegenüber dem Versicherungsnehmer des Klägers erklärt habe, dass der Baum durch den Sturm Kyrill vorgeschädigt gewesen sei und Maßnahmen nur deshalb unterblieben seien, weil keine Hebebühnen zur Verfügung gestanden hätten. Die Streithelferin hat den streitgegenständlichen Baum vollständig beseitigen lassen.

6

Das Landgericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 18.12.2009 ein Sachverständigengutachten zu der Frage nach dem Eigentümer des Grundstücks eingeholt, auf dem die Robinie stand (Bl. 91 I). Der Sachverständige Prof. Dr. Ing. Sch. gelangt (ohne Einholung eines Grundbuchauszuges) zu dem Ergebnis, dass die Robinie auf dem Flurstück 180 stand, das sich mit großer Wahrscheinlichkeit im Eigentum der Beklagten befinde (SV S. 28).

7

Das Landgericht hat weiter Beweis zu etwaigen Erklärungen des Bürgermeisters der Streithelferin zur Kenntnis vom Zustand des Baumes durch dessen Vernehmung (Bl. 208ff. I) sowie durch die Vernehmung des Versicherungsnehmers des Klägers (den Zeugen S. – Bl. 219ff. I) erhoben. Weiter hat das Landgericht ein schriftliches Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt, ob an der Robinie Vorschäden erkennbar gewesen seien, die Anlass zu weiteren Maßnahmen gegeben hätten (Bl. 229 I).

8

Der Sachverständige Dipl. Forstingenieur H. gelangt zu dem Ergebnis, dass bei einer Regelkontrolle Schäden und Symptome erkennbar gewesen seien und diese hätten auch dokumentiert werden müssen. Ein ursächlicher Grund für das Abbrechen des streitgegenständlichen Starkastes könne aber aus dem zur Verfügung stehenden Material nicht abgeleitet werden (SV S. 15).

9

Von der weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sachvortrages der Parteien wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

10

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das beklagte Land sei passivlegitimiert. Es habe auch pflichtwidrig die ihm auf Grund seiner bestehenden Verkehrssicherungspflicht obliegenden Baumkontrolle des streitgegenständlichen Baumes unterlassen. Es könne aber nicht festgestellt werden, dass diese Pflichtverletzung für den konkret eingetretenen Schaden kausal geworden sei. Die Darlegungs- und Beweislast liege beim Kläger. Diesem sei der Nachweis aber nicht gelungen, dass bei einer zumutbaren Überwachung der Straßenbäume eine Schädigung entdeckt worden wäre. Wurden Bäume nicht kontrolliert, so sei dies für das Schadensereignis nur dann kausal, wenn eine regelmäßige Besichtigung zur Entdeckung der Gefahr bzw. der Schädigung des Baumes hätte führen können. Dies stehe indes nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht fest. Zwar wären Defekte vor dem Schadensereignis erkennbar gewesen. Diese hätten aber nicht zwingend das Abbrechen des streitgegenständlichen Astes am Schadenstag herbeigeführt. Eine Kenntnis von Vorschäden infolge des Sturmes Kyrill könne unter Berücksichtigung der Aussage des Bürgermeisters und des Versicherungsnehmers der Klägerin ebenfalls nicht mit der hinreichenden Sicherheit festgestellt werden.

11

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er seine erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt. Er rügt, dass das Landgericht verkannt habe, dass zu seinen Gunsten ein Anscheinsbeweis für die Kausalität zwischen der unterlassenen Untersuchung des Astes und dem eingetretenem Schaden streite. Sie rügt weiter die Beweiswürdigung hinsichtlich der Aussagen des Bürgermeisters und des Versicherungsnehmers der Klägerin. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 20.12.2012 (Bl. 137ff. II).

12

Die Beklagte und die Streithelferin verteidigen das angefochtene Urteil, wiederholen und vertiefen ihren Sachvortrag aus erster Instanz und beantragen, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

13

Im Senatstermin hat der Sachverständige Dipl.-Ing. H. sein schriftliches Gutachten mündlich erläutert.

II.

14

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel hat in vollem Umfang Erfolg. Das beklagte Land ist passivlegitimiert. Ihm ist in Bezug auf die Kontrolle der streitgegenständliche Robinie eine Amtspflichtverletzung zur Last zu legen. Da sich der Kläger auf einen Anscheinsbeweis berufen kann, gelingt es dem beklagten Land nicht, die Annahme der Kausalität zwischen der Amtspflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden zu erschüttern.

15

1. Unter Berücksichtigung des Urteils des 9. Senats des OLG Naumburg (vom 23.11.1999 – 9 U 19/99 – [VRS 100, 261]; hier: zitiert nach juris) ist das beklagte Land verkehrsicherungspflichtig und damit zugleich passivlegitimiert. Der Baum ragte mit seinen Ästen in den Straßenkörper hinein und stellte damit eine potenzielle Gefahr für diesen selbst dar, wobei die Verkehrsicherungspflicht für die L ... unstreitig beim beklagten Land liegt.

16

2. Soweit das Landgericht geprüft hat (Vernehmung des Bürgermeisters der Streithelferin und des Versicherungsnehmers des Klägers), ob auf Seiten der Streithelferin Kenntnis von Vorschäden (z.B. Kyrill) an dem Baum bestanden, kann dies dahinstehen, weil nicht ersichtlich ist, auf welcher Grundlage sich das beklagte Land eine Kenntnis der Streithelferin zurechnen lassen müsste.

17

3. Die Amtspflichtverletzung besteht aber darin, dass das beklagte Land den streitgegenständlichen Baum unstreitig nicht kontrolliert hat (so ausdrücklich KE S. 4 [Bl. 33 I]; wohl in der irrigen Annahme, insoweit nicht verkehrssicherungspflichtig zu sein). Damit aber steht die Pflichtverletzung fest (dazu auch 6.1. [Grundsätze der Baumkontrolle] des Sachverständigengutachtens [dort S. 13]). Nach 6.4. des Gutachtens (dort S. 14/15) wären bei einer Kontrolle eine ganze Reihe von Schäden festgestellt worden, die dann auch hätten dokumentiert werden müssen. Im Hinblick auf die Anzahl der sichtbaren Schadenssymptome wäre nach Ansicht des Sachverständigen eine intensive Untersuchung des Baums als zweiter Schritt unumgänglich gewesen (so ausdrücklich SV S. 15). Diese bereits in seinem schriftlichen Gutachten geäußerte Ansicht hat der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung ausdrücklich bestätigt. Zwar konnte der Sachverständige mangels ausreichender Informationen (fehlende Dokumentation durch das beklagte Land/Entfernung des Baumes nach dem streitgegenständlichen Vorfall) letztlich die genaue Ursache des Abbrechens des Astes nicht ermitteln (er geht davon aus, dass die Robinie infolge eines Pilzbefalls nach Beschädigungen an der Außenhaut des Baumes [unter Hinweis auf die Fotos 9 und 10 im Gutachten] insgesamt vorgeschädigt war, er kann aber auch nicht ausschließen, dass der Ast z.B. durch den Sturm „Kyrill“ im Januar 2007 vorgeschädigt wurde). Damit kann sich das beklagte Land indes nicht entlasten. Im Ausgangspunkt trägt natürlich der Geschädigte (vorliegend also der Kläger) die Beweislast auch für die haftungsbegründende Kausalität.

18

Wenn allerdings die Amtspflichtverletzung und der zeitlich nachfolgende Schaden feststehen, so kann der Geschädigte der öffentlichen Körperschaft den Nachweis überlassen, dass der Schaden nicht auf die Amtspflichtverletzung zurückzuführen ist. Dies gilt jedoch nur, wenn eine tatsächliche Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang besteht; andernfalls bleibt die Beweislast beim Geschädigten (BGH Urteil vom 4.3.2004 – III ZR 225/03 – [z.B. NJW 2004, 132]; hier: zitiert nach juris [Rn. 10]). Im vorliegenden Fall steht die Amtspflichtverletzung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Hinblick auf die unterlassene Kontrolle des erheblich vorgeschädigten Baumes fest. Diese Vorschäden hätten bei einer Kontrolle erkannt werden müssen und hätten zu weiteren Maßnahmen Anlass gegeben. Damit hat sich letztlich die Gefahr im streitgegenständlichen Unfallgeschehen realisiert, die durch die Kontrollpflicht des beklagten Landes beseitigt oder zumindest gemindert werden sollte. Dann aber ist es gerechtfertigt, dem beklagten Land aufzuerlegen, den Anschein für die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und eingetretenem Schaden zu erschüttern. Dies kann sie aber wegen des offenen Beweisergebnisses hinsichtlich der genauen Ursache des Abbrechens des Astes ebenso wenig, wie die Klägerin den Kausalitätsbeweis führen könnte. Spricht gegen das beklagte Land ein Anscheinbeweis geht das offene Beweisergebnis zu ihren Lasten und die Klage hat dem Grunde nach Erfolg.

19

Den Inhalt des Schriftsatzes vom 14.5.2013 – der nicht über mündlichen Ausführungen der Prozessbevollmächtigten im Termin vom 13.5.2013 hinausgeht - hat der Senat zur Kenntnis genommen. Er rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Der Hinweis auf den Sturm „Kyrill“ als mögliche Ursache für die Vorschädigung des Astes ist unverständlich, weil sich dann – nach ½ Jahr – erst Recht die Gefahr realisiert hätte, die von der unterlassenen Kontrolle durch das beklagte Land für Verkehrsteilnehmer ausging.

20

Ihren Schaden hat die Klägerin ausreichend dargelegt:

21

- Wiederbeschaffungswert     

 2.900, -- Euro

(gemäß Gutachten M. )

- ./. Restwert

 200, -- Euro

        

- ./. Selbstbeteiligung

 150, -- Euro

        

- zzgl. Gutachterkosten

    366, -- Euro

(Rechnung M. vom 26.6.2007)

Gesamt

 2.916, -- Euro

        

22

Da der Klägerin dieser Betrag als Schaden zusteht, hat sie diesen auch zutreffend der Berechnung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zugrunde gelegt (Klageschrift S. 7 [Bl. 7 I]).

23

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 HS 2 ZPO.

24

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

25

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 543 ZPO nicht vorliegen.

26

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind nur bei der Kostenquote, nicht aber beim Streitwert zu berücksichtigen.


Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 21. Mai 2013 - 1 U 132/12

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 21. Mai 2013 - 1 U 132/12

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh
Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 21. Mai 2013 - 1 U 132/12 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 21. Mai 2013 - 1 U 132/12 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 21. Mai 2013 - 1 U 132/12 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 04. März 2004 - III ZR 225/03

bei uns veröffentlicht am 04.03.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 225/03 Verkündet am: 4. März 2004 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 839 D Zur Ver
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 21. Mai 2013 - 1 U 132/12.

Oberlandesgericht Köln Beschluss, 01. Juni 2016 - 7 U 53/16

bei uns veröffentlicht am 01.06.2016

Tenor Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 19.2.2016 – 4 O 25/15 - durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustell

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Urteil, 03. Juli 2015 - 2 U 4/15

bei uns veröffentlicht am 03.07.2015

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung wird zitiert Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Zweibrücken vom 23. Dezember 2014, Az. 1 O 282/13, wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Beruf

Oberlandesgericht Köln Urteil, 22. Apr. 2015 - 11 U 154/14

bei uns veröffentlicht am 22.04.2015

Tenor 1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 2.10.2014 verkündete Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 22 O 125/13 – wie folgt abgeändert: Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 12.122,54

Referenzen

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 225/03
Verkündet am:
4. März 2004
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Verkehrssicherungspflicht für Straßenbäume (hier: Ursächlichkeit
einer unterlassenen Baumüberprüfung für einen durch das Abbrechen
eines Astes verursachten Verkehrsunfall).
BGH, Urteil vom 4. März 2004 - III ZR 225/03 - OLG Celle
LG Verden
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 25. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Pkw der Klägerin wurde am 26. August 2000 durch den herabstürzenden Ast eines Alleebaums (Pyramidenpappel) beschädigt. Die Klägerin wirft der beklagten Gemeinde vor, diese habe ihre Straßenverkehrssicherungspflicht verletzt, indem sie es unterlassen habe, die Alleebäume hinreichend zu kontrollieren. Sie verlangt daher von der Gemeinde Ersatz des ihr entstandenen Schadens von 969,41
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderung weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist nicht begründet.
1. Die Verfahrensrüge der Revision, in dem angefochtenen Urteil sei der Berufungsantrag der Klägerin nicht hinreichend deutlich wiedergegeben (§ 540 ZPO), ist vom Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet worden; von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO).
2. Die - in Niedersachsen hoheitlich ausgestaltete (§ 10 NStrG; vgl. auch Staudinger/Wurm, BGB, 13. Bearb. [2002] § 839 Rn. 668 f) - Straßenverkehrssicherungspflicht erstreckt sich auch auf den Schutz vor Gefahren durch Straßenbäume (Senatsurteil vom 21. Januar 1965 - III ZR 217/63 = NJW 1965, 815). Ihre Verletzung ist daher geeignet, Amtshaftungsansprüche (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) zu begründen.

a) Die straßenverkehrssicherungspflichtige Gemeinde muß Bäume oder Teile von ihnen entfernen, die den Verkehr gefährden, insbesondere, wenn sie nicht mehr standsicher sind oder herabzustürzen drohen. Zwar stellt jeder Baum an einer Straße eine mögliche Gefahrenquelle dar, weil durch Naturereignisse sogar gesunde Bäume entwurzelt oder geknickt oder Teile von ihnen abgebrochen werden können. Andererseits ist die Erkrankung oder Vermorschung eines Baumes von außen nicht immer erkennbar; trotz starken Holzzerfalls können die Baumkronen noch völlig grün sein und äußere Krankheits-
zeichen fehlen. Ein verhältnismäßig schmaler Streifen unbeschädigten Kambiums genügt, um eine Baumkrone rundum grün zu halten. Das rechtfertigt aber nicht die Entfernung aller Bäume aus der Nähe von Straßen; denn der Verkehr muß gewisse Gefahren, die nicht durch menschliches Handeln entstehen, sondern auf Gegebenheiten oder Gewalten der Natur beruhen, als unvermeidbar hinnehmen. Eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt in solchen Fällen nur dann vor, wenn Anzeichen verkannt oder übersehen worden sind, die nach der Erfahrung auf eine weitere Gefahr durch den Baum hinweisen (Senatsurteil aaO).

b) Aus diesen Grundsätzen wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte teilweise die Folgerung gezogen, daß eine sorgfältige äußere Gesundheits - und Zustandsprüfung regelmäßig zweimal im Jahr erforderlich ist, nämlich einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand (s. insbesondere OLG Düsseldorf VersR 1992, 467 und 1997, 463 f; OLG Hamm NJW-RR 2003, 968; OLG Brandenburg OLGR 2002, 411; s. auch das Muster einer Dienstanweisung zur Baumüberprüfung, BADK-Information, Sonderheft Haftungsrechtliche Organisation im Interesse der Schadenverhütung, 1997, S.58; vgl. Staudinger/Hager, BGB, 13. Bearb. 1999, § 823 Rn. E 149 m.w.N.).

c) Da hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die letzte Kontrollüberprüfung spätestens im Herbst 1999, möglicherweise sogar aber schon im Frühjahr 1999 stattgefunden hatte, liegt es nahe, hier - in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht - eine Verletzung dieser Kontrollpflicht zu bejahen. Diese Frage bedarf indessen keiner abschließenden Entscheidung.
3. Der Amtshaftungsanspruch scheitert nämlich, wie das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat, jedenfalls daran, daß die Klägerin die Ursächlichkeit einer etwaigen Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden nicht hat nachweisen können.

a) Darlegungs- und beweispflichtig ist insoweit der Anspruchsteller. Ihm obliegt daher auch der Nachweis, daß bei der zumutbaren Überwachung der Straßenbäume eine Schädigung entdeckt worden wäre (OLG Oldenburg VersR 1977, 845, 846). Wurden die Bäume nicht kontrolliert, so ist dies für das Schadensereignis nur dann kausal, wenn eine regelmäßige Besichtigung zur Entdeckung der Gefahr bzw. der Schädigung des Baumes hätte führen können (OLG Schleswig MDR 1995, 148; zum Ganzen: Staudinger/Hager aaO Rn. E 155).

b) Die Frage, ob und in welchem Umfang dem Geschädigten Beweiserleichterungen , etwa nach Art des Anscheinsbeweises, zugute kommen können (grundsätzlich verneinend: OLG Karlsruhe VersR 1994, 358; Staudinger/Hager aaO), bedarf nach den Besonderheiten des hier zu beurteilenden Sachverhalts keiner abschließenden Klärung. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der durch eine Amtspflichtverletzung Geschädigte grundsätzlich auch den Beweis zu führen, daß ihm hierdurch ein Schaden entstanden ist. Wenn allerdings die Amtspflichtverletzung und der zeitlich nachfolgende Schaden feststehen, so kann der Geschädigte der öffentlichen Körperschaft den Nachweis überlassen, daß der Schaden nicht auf die Amtspflichtverletzung zurückzuführen ist. Dies gilt jedoch nur, wenn nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung oder eine tatsächliche Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang besteht; anderenfalls bleibt die Beweislast beim
Geschädigten (Senatsurteil vom 3. März 1983 - III ZR 34/82 - NJW 1983, 2241, 2242; Staudinger/Wurm aaO Rn.236 m.zahlr.w.N.). Eine solche überwiegende Wahrscheinlichkeit hat das Berufungsgericht hier mit Recht ausgeschlossen.
aa) Zwar hatte die Klägerin vorgetragen, die hier in Rede stehenden Alleepappeln stammten aus der Zeit von vor 1939 und hätten eine durchschnittliche Lebensdauer von 70 Jahren. Indessen ist in der Rechtsprechung bereits darauf hingewiesen worden, daß das Alter - und sogar eine Vorschädigung - eines Baumes für sich allein genommen nicht ohne weiteres eine gesteigerte Beobachtungspflicht des Verkehrssicherungspflichtigen erfordern (OLG Stuttgart VersR 1994, 359). Der im ersten Rechtszug vernommene Zeuge S., der für die Beklagte als Baumpfleger tätig war und damit über eine gewisse Sachkunde verfügte, hat anhand der von der Klägerin zu den Akten gereichten Fotos der Unfallstelle, die den abgebrochenen Ast zeigen, bekundet, dieser sei belaubt gewesen und wäre auch bei einer durchgeführten Kontrolle nicht beseitigt worden. Daraus hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung gefolgert, es sei überwiegend unwahrscheinlich, daß der Ast bei einer - unterstellten - ordnungsgemäßen Kontrolle im Frühjahr 2000 als ein solcher aufgefallen wäre, der zu besonderen Sicherungsmaßnahmen Anlaß gegeben hätte. Insbesondere waren auch sonstige Krankheitszeichen, etwa am Stamm, die schon seit längerem hätten beobachtet werden können, nicht behauptet und auch nicht sonst erkennbar.
bb) Vielmehr kam als besonders naheliegende Schadensursache in Betracht , daß der Ast infolge eines zum Unfallzeitpunkt herrschenden Sturmes abgebrochen ist. Beide Vorinstanzen sind nach dem damaligen Sach- und Streitstand von einem solchen Sturm ausgegangen; die dagegen erhobene
Verfahrensrüge der Revision greift nicht durch: In der Klageschrift hatte die Klägerin keine Angaben zu den Witterungsverhältnissen gemacht. Die Beklagte hatte schon in der Klageerwiderung nicht nur einen Sturm behauptet, sondern daraus unter Anführung von Rechtsprechung haftungsrechtlich entlastende Folgerungen für sich gezogen. Die Klägerin war darauf nicht weiter eingegangen ; übergangenen Sachvortrag vermag auch die Revision nicht aufzuzeigen. Dementsprechend hatte schon das Landgericht nach § 138 Abs. 3 ZPO in den unstreitigen Tatbestand aufgenommen, daß Sturm herrschte, und in den Entscheidungsgründen festgestellt, daß der Ast gesund war und auch ohne regelmäßige Sichtkontrollen (gemeint ist: bei regelmäßigen Sichtkontrollen) aufgrund des starken Windes abgefallen wäre. Ein Tatbestandsberichtigungsantrag ist von der Klägerin nicht gestellt worden und hätte auch keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Die Verfahrensrüge der Revision, das Berufungsgericht hätte diese Feststellungen seiner Verhandlung und Entscheidung nicht zugrunde legen dürfen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), greift, wie der Senat geprüft hat, nicht durch; von einer näheren Begründung wird auch hier abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO). Da es der Klägerin nicht gelungen ist, diese vorrangige Schadensursache auszuräumen, ist ihre Amtshaftungsklage mit Recht abgewiesen worden.
Schlick Wurm Streck Galke Herrmann

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.