Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 31. Juli 2009 - 3 U 27/09

ECLI:ECLI:DE:OLGSH:2009:0731.3U27.09.0A
bei uns veröffentlicht am31.07.2009

Tenor

Die Berufung der Verfügungsklägerin zu 1. gegen das am 23. Januar 2009 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen I des Landgerichts Kiel wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vollstreckbar.

Gründe

I.

1

Die Verfügungsklägerin zu 1. begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung, der Verfügungsbeklagten aufzugeben, eine ihr bislang zur Verfügung gestellte elektronische Schnittstelle zur Weiterleitung von Spielangeboten von  Spielteilnehmern an Lotto, Spiel 77, Super 6 und Glückspirale wieder zu eröffnen und es zu unterlassen, diese abzuschalten. Wegen des Vorbringens der Parteien I. Instanz und ihrer dortigen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

2

Das Landgericht  hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil der zwischen der Verfügungsklägerin zu 1. und dem Verfügungsbeklagten abgeschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot – nämlich § 4 Abs. 4 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen (GlüStV) – gemäß § 134 BGB nichtig sei, der Vertrag im Übrigen auch wirksam aus wichtigem Grund gekündigt worden sei.

3

Mit der form- und fristgerecht eingereichten und begründeten Berufung hält die Verfügungsklägerin zu 1. daran fest, dass der Geschäftsbesorgungsvertrag nicht nach § 134 BGB nichtig sei. Das Landgericht verkenne, dass § 4 Abs.4 GlüStV den Geschäftsbesorgungsvertrag thematisch nicht erfasse, weil es lediglich um die Einspeisung von Spielaufträgen über eine elektronische Schnittstelle gehe. § 4 Abs. 4 GlüStV beziehe sich nur auf die Spielvermittlung im Internet. Die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages könne auch nicht auf eine angebliche Nichtigkeit der im Internet vermittelten Spielaufträge gestützt werden. Die im Internet vermittelten Spielverträge seien nicht nichtig. Ein Verstoß gegen ein Verbotsgesetz, das sich nur gegen die Modalitäten eines Rechtsgeschäfts richte, führe grundsätzlich nicht zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes.

4

Die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages gem. § 134 BGB lasse sich ohnehin nicht auf § 4 Abs. 4 GlüStV stützen, da diese Regelung das Gemeinschaftsrecht verletze.

5

Die Auffassung des Landgerichts, die Kündigung wäre jedenfalls nach § 314 BGB gerechtfertigt, sei ebenfalls falsch. Ein wichtiger Grund, der eine solche Kündigung rechtfertigen würde, liege nicht vor. Die Geschäftsgrundlage des Geschäftsbesorgungsvertrages sei nicht entfallen. Das Internetverbot stehe der Vermittlungstätigkeit der X AG (vormalige Verfügungsklägerin zu 2.) nicht entgegen, da es gegen Gemeinschaftsrecht verstoße und damit unanwendbar sei. Ein erheblicher Teil der durch die Verfügungsklägerin zu 1. übermittelten Spielaufträge werde in anderen EU-Ländern eingeworben, darüber hinaus sei die Dienstleistungsfreiheit der Artikel 49, 50 EG Vertrag auch insofern anwendbar, als die nach englischem Recht gegründete und in Großbritannien ansässige X Ltd. die technische Infrastruktur, insbesondere die Server, bereithalte, die von der Verfügungsklägerin zu 1. von Deutschland aus genutzt würden. Seitdem das gesamte Vermittlungsgeschäft aus London betrieben werde, sei der grenzüberschreitende Bezug nicht mehr zu bezweifeln. Die Verfügungsbeklagte als Beteiligungsunternehmen, dessen alleiniger Gesellschafter das Land sei und dessen sich das Land zur technischen Durchführung der Staatslotterien bediene, sei ebenso an das Gemeinschaftsrecht gebunden wie Behörden. Die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit aus Artikel 49, 50 EGV sei nicht gerechtfertigt. Das Landgericht verkenne, dass eine relevante Suchtgefahr vom Internetangebot der X AG zu keinem Zeitpunkt ausgegangen sei und eine solche Gefahr auch nie hinreichend empirisch belegt worden sei. Gegen die Vermutungen des Gesetzgebers spreche, dass Lotto 6 aus 49 seit nunmehr 55 Jahren von wöchentlich bis zu 20 Millionen Menschen gespielt werde, ohne das sich relevante Lottosuchtprobleme gezeigt hätten.

6

Das vom EuGH entwickelte Erfordernis der kohärenten und systematischen Gestaltung des Glückspielmarktes werde durch das Landgericht zu Unrecht als erfüllt angesehen. Es widerspreche dem Kohärenzgebot, wenn in Deutschland einerseits kaum suchtgefährliche Lotterieangebote mit einer geringen Spielfrequenz aus dem Internet verbannt würden, andererseits die nicht vom GlüStV erfassten Pferdesportwetten von Buchmachern weiterhin online angeboten werden dürften. Auch habe sich das Landgericht mit der Problematik der Spielterminals, an denen Lottokunden in einigen Bundesländern selbstständige Spielaufträge abgeben könnten, nicht auseinandergesetzt. Diese Terminals – bspw. die Lottojackpoints in Hamburg – seien rechtlich und tatsächlich von der Möglichkeit des Internetspiels nicht zu unterscheiden.

7

Neben der Dienstleistungsfreiheit verletze das Internetverbot auch die in Art. 56 EGV verankerte Kapitalverkehrsfreiheit, ohne dass es mangels Geeignetheit und Erforderlichkeit eine Rechtfertigung dafür gebe. Auch die den Gründern auferlegte Pflicht aus Art 86 Abs. 1 und Art. 10 EGV, die effektive Wirksamkeit des Kartellverbotes gem. Artikel 81 EG nicht durch Maßnahmen der Gesetzgebung zu beeinträchtigen, werde durch den GlüStV beeinträchtigt.

8

Schließlich verkenne das Landgericht auch die Notwendigkeit der Notifizierungspflicht aus Richtlinie 98/34 EG. Fehlerhaft werde davon ausgegangen, dass die Notwendigkeit der Notifizierung bereits zweifelhaft erscheine. Die Notwendigkeit der Notifizierung des GlüStV sei unstreitig sowohl durch die Bundesregierung als auch durch die Europäische Kommission gesehen worden, da aus dem Internetverbot eine Beschränkung von technischen Dienstleistungen der Informationsgesellschaft resultierte. Neben dem GlüStV hätte jedoch auch das Schleswig-Holsteinische Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStVAG) notifiziert werden müssen. Da dies nicht geschehen sei, sei das Ausführungsgesetz unanwendbar.

9

Auch im Hinblick auf die gegen die Bundesrepublik eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren und die beim EuGH anhängigen Verfahren deutscher Verwaltungsgerichte erscheine es nicht nachvollziehbar, dass seitens des Landgerichts hinreichende Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen europarechtliche Vorschriften nicht erkannt würden.

10

Bereits in mehreren Entscheidungen hätten Zivilgerichte parallelen Verfügungsanträgen der Verfügungsklägerin gegen die Lotteriegesellschaften anderer Bundesländer stattgegeben, so das OLG Koblenz mit Beschluss vom 20. Januar 2009 und das LG Hamburg mit Urteil vom 20. Februar 2009.

11

Das Landgericht verkenne schließlich auch, dass die Verfügungsklägerin die Schnittstelle im erheblichen Umfang für die Einspeisung durch ihre Geschäftspartner legal eingeworbener Spielaufträge nutzen könne. Dazu behauptet sie im Berufungsverfahren, sie habe in der Vergangenheit für ihre Geschäftspartner Spielaufträge aus anderen EU Ländern an die Verfügungsbeklagte vermittelt und beabsichtige dies auch künftig zu tun. Die Spielvermittlung an Kunden im Ausland sei durch § 4 Abs. 4 GlüStV nicht verboten. Da der GlüStV in seiner Wirkung auf Deutschland beschränkt sei, entfalte er keine Wirkung hinsichtlich der Internetvermittlung von Spielteilnehmern aus anderen EU Ländern.

12

Eine Weigerung der Annahme ausländischer Spielaufträge unter Berufung auf § 5.1. Geschäftsbesorgungsvertrag wäre kartellrechtlich unzulässig (Hinweis auf Beschluss des Bundeskartellamts vom 23. August 2008 in der Fassung des Beschlusses des BGH vom 14. August 2008).

13

Das Landgericht gehe fehlerhaft davon aus, dass Dauerspielaufträge, die vor dem Inkrafttreten des Internetverbots zustande gekommen seien, von dem Verbot erfasst seien. Es erscheine kaum nachvollziehbar, wie durch ein solches rückwirkendes Verbot der Suchtbekämpfung gedient und der Spieltrieb kanalisiert werden könne.

14

Das Landgericht übersehe schließlich auch die Möglichkeit der Spielvermittlung an Berliner Kunden. Aufgrund des bereits erstinstanzlich zitierten Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin sei die Internetvermittlung von Spielaufträgen an Personen, die sich in Berlin aufhielten, weiterhin erlaubt.

15

Ein außerordentliches Kündigungsrecht der Verfügungsbeklagten sei entgegen der Ansicht des Landgerichts durch Zeitablauf verwirkt. Eine Kündigung aus wichtigem Grund könne gem. § 314 Abs. 3 BGB nur innerhalb einer angemessenen Frist ab Erlangung der Kenntnis vom Kündigungsgrund erfolgen. Eine zweimonatige Frist seit Entstehen des Kündigungsgrundes könne bei Handelsvertreterverträgen grundsätzlich nicht mehr als angemessen angesehen werden. Die Argumentation des Landgerichts sei insofern widersprüchlich, da offensichtlich von einer Kündigung gem. § 314 BGB ausgegangen werde, dann aber die Kündigungsfrist aus § 314 Abs. 3 BGB über § 313 BGB ausgeschlossen werden solle. Die vom Landgericht herangezogene Fundstelle (Palandt/Grüneberg, § 313 Rn. 42) beziehe sich nicht auf Dauerschuldverhältnisse. Bei diesen gehe die Regelung des § 314 BGB vor. Erwecke eine Vertragspartei dadurch, dass sie in Kenntnis des Wegfalls der Geschäftsgrundlage am Vertrag festhalte, Vertrauen in dessen Fortbestand, trete die Verwirkung des Kündigungsrechts auch im Rahmen des § 313 BGB ein. Spätestens mit Inkrafttreten des GlüStV und des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes vom 13. Dezember 2007 sei von einer positiven Kenntnis der Verfügungsbeklagten über die Bestimmungen zum Internetverbot auszugehen. Sie habe die Kündigung aufgrund des absehbaren Inkrafttretens des Internetverbots innerhalb einer angemessenen Frist ab Unterzeichnung des Glückstaatsspielvertrages durch den Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein am 20. Juli 2007 aussprechen müssen. Da die Verfügungsbeklagte weder von ihrem ordentlichen, noch vom außerordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch gemacht habe, hätten sie und die vormalige Verfügungsklägerin zu 2. darauf vertrauen können, dass an dem Vertrag auch weiterhin festgehalten werde. Die Verfügungsbeklagte hätte in den ersten beiden Monaten des Jahres 2008 reagieren müssen, nicht erst im Herbst bzw. Ende November 2008.

16

Die Verfügungsklägerin hält daran fest, dass auch ein Verstoß gegen §§ 19, 20 GWB vorliege, insbesondere gegen § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB. Die Verfügungsbeklagte habe eine marktbeherrschende Stellung inne. Hierfür sei ausreichend, dass sie auf dem Markt für die Mitbenutzung von Infrastruktureinrichtungen eine marktbeherrschende Stellung habe. Mit der Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrages verweigere die Verfügungsbeklagte der X AG und damit auch der Verfügungsklägerin die Beteiligung an der Spielvermittlung. Für die Kündigung gebe es kein sachlichen Grund, der einer Prüfung nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB standhalte.

17

Die Verfügungsklägerin zu 1. beantragt,

18

das angefochtene Urteil abzuändern und

19

1. die Berufungsbeklagte im Wege der einstweiligen Verfügung zu verurteilen, die der Berufungsklägerin zur Verfügung gestellte elektronische Schnittstelle zur Weiterleitung von gewerblich vermittelten Spielaufträgen für die bundesweiten Spielveranstaltungen Lotto 6 aus 49, Spiel 77, Super 6 und Glücksspirale wieder zu eröffnen und es zu unterlassen diese abzuschalten;

20

2. der Berufungsbeklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die letztgenannte Verpflichtung die Festsetzung von Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anzudrohen.

21

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

23

Die Verfügungsbeklagte verteidigt das angefochtene Urteil und verweist u.a. auf den erst in jüngster Zeit in einer parallelen Fallgestaltung ergangenen Hinweisbeschluss des OLG-Celle vom 4. Mai 2009, 13 U 42/09, veröffentlicht in juris.

24

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze ergänzend verwiesen.

II.

25

Die zulässige Berufung ist unbegründet, denn die Entscheidung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Es fehlt an einem Verfügungsanspruch der Verfügungsklägerin, dass ihr die Verfügungsbeklagte die fragliche elektronische Schnittstelle wieder zur Verfügung stellen muss. Einen solchen Verfügungsanspruch hat sie nicht glaubhaft gemacht.

1.

26

Mit Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Geschäftsbesorgungsvertrag der Parteien vom 30. April 2001 wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV gem. § 134 BGB seit dem 1. Januar 2009 nichtig ist.

a)

27

Dem steht nicht der Umstand entgegen, dass es sich um einen Altvertrag aus dem Jahre 2001 – also um einen schon vor Inkrafttreten des Verbots abgeschlossenen Vertrag – handelt. Auch wenn sich die Wirksamkeit eines Vertrags grundsätzlich nach dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Recht richtet, können Verbotsgesetze bereits wirksam begründete Dauerschuldverhältnisse in der Weise erfassen, dass sie ex nunc unwirksam werden. Dies setzt voraus, dass das Verbotsgesetz die für die Zukunft eintretende Nichtigkeit nach seinem Sinn und Zweck erfordert (BGH WRP 2003, 1131 = juris Rn. 22 m.w.H.; Palandt/Ellenberger, BGB, 68. Aufl., § 134 Rn. 12 a). Diese Voraussetzung hat das Landgericht mit Recht bejaht.

28

Gemäß Ziff. 1.2 des Vertrages hat die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin die Aufgaben einer virtuellen Annahmestelle aus dem Spiel- und Wettgeschäft übertragen. Gemäß Ziff. 3.1 des Vertrages obliegen der Annahmestelle die Vermittlung der Teilnehmer an den von der Verfügungsbeklagten angebotenen Spiel- und Wettgeschäften mit den sich hieraus ergebenen Aufgaben. Zwischen den Parteien ist im ersten Rechtszug unstreitig gewesen, dass der Geschäftsbesorgungsvertrag ausschließlich dazu diente, der Verfügungsbeklagten über die ihr zur Verfügung gestellte elektronische Schnittstelle diejenigen Spielaufträge zu übermitteln, die über die X AG, die vormalige Verfügungsklägerin zu 2., vermittelt wurden. Die Verfügungsklägerinnen haben dazu in der Antragsschrift selbst hervorgehoben, dass es lediglich "historisch bedingt" und "auf einem Wunsch der Lotteriegesellschaften" beruhe, dass der Geschäftsbesorgungsvertrag über die elektronische Schnittstelle mit der Verfügungsklägerin zu 1. geschlossen worden sei.

29

Die vormalige Verfügungsklägerin zu 2. hat die Spielaufträge ausschließlich über das Internet akquiriert. Die Vermittlung von Spielaufträgen über das Internet ist jedoch durch § 4 Abs. 4 GlüStV i.V.m. §§ 1, 9 des Gesetzes des Landes Schleswig-Holsteins zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glückspielwesen in Deutschland vom 13. Dezember 2007 (GVOBl. 2007, 524) seit dem 1. Januar 2009 ausnahmslos verboten. Da der einzige mit dem Geschäftsbesorgungsvertrag verfolgte Vertragszweck somit auf eine seit 1. Januar 2009 verbotswidrige Handlung gerichtet ist, folgt daraus die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages.

30

Gemäß § 1 GlüStV sind Ziele des Staatsvertrages 1. das Entstehen von Glückspielwettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen, 2. das Glückspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spielbetrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Spiele zu verhindern, 3. den Jugend- und den Spielerschutz zu gewährleisten und 4. sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt und die mit Glücksspielen einhergehenden Folgen und Begleitkriminalität abgewehrt werden. Zur Förderung dieser Ziele legt der Staatsvertrag neben Werbebeschränkungen (§ 5 GlüStV), Aufklärungspflichten (§ 7 GlüStV) und die staatliche Verpflichtung zur Sicherstellung eines ausreichenden Glücksspielangebots (§ 10 GlüStV) unter anderem das Verbot der Veranstaltung und der Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV) fest. Aus dem Sinn und Zweck des Vertrages entsprechend den in § 1 GlüStV festgelegten Zielen ergibt sich zwangsläufig, dass das Verbot, Glücksspiele im Internet zu vermitteln, auch bisherige Dauerschuldverhältnisse erfassen will.

31

Dem steht entgegen der Argumentation der Berufung nicht entgegen, dass gem. § 25 Abs. 6 Staatsvertrages die Länder befristet auf ein 1 Jahr nach Inkrafttreten des Staatsvertrages abweichend von § 4 Abs. 4 GlüStV bei Lotterien die Veranstaltung und Vermittlung im Internet unter bestimmten Voraussetzungen erlauben konnten und das Land Schleswig-Holstein eine solche Erlaubnis unter bestimmten Voraussetzungen bis zum 31. Dezember 2008 in § 9 GlüStV AG fingiert hat. Diese Übergangsregelung verfolgte ersichtlich einzig den Zweck, dass zukünftige Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele über das Internet für die betroffenen Unternehmen zu mindern und ihnen eine Umstellung auf ein neues Geschäftsmodell zu eröffnen (vgl. VG Schleswig, Vorlagebeschluss vom 30. Januar 2008 – 12 A 102/06 – ZfWG 2008, 69, 71; OLG Celle, Beschluss vom 4. Mai 2009 – 13 U 42/09 - = juris Rn. 10).

b)

32

Soweit die Verfügungsklägerin darauf verweist, dass § 4 Abs. 4 GlüStV sich nur auf die Spielvermittlung im Internet bezieht, nicht jedoch auf die Einspeisung der Daten über einen virtuellen Zugang, kann sie daraus nichts gewinnen, weil die Schnittstelle ausschließlich der Übermittlung über das Internet vermittelter Spieltipps dient. Nach Sinn und Zweck des § 4 Abs. 4 GlüStV erfasst das Verbotsgesetz auch den Geschäftsbesorgungsvertrag, weil ohne die Schnittstelle das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet nicht möglich wäre, die Leistung, zu der sich die Verfügungsbeklagte gegenüber der Verfügungsklägerin zu 1. verpflichtet hat, also gerade dem Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet dient. Das Vermittlungsverbot gem. § 4 Abs. 4 GlüStV liefe leer, wenn die vormalige Verfügungsklägerin zu 2. das Verbot dadurch umgehen könnte, dass sie die über das Internet akquirierten Spielaufträge nicht selbst, sondern über die Verfügungsklägerin zu 1. über die Schnittstelle bei der Verfügungsbeklagten einspeist. Die Verfügungsklägerin zu 1. ist als Annahmestelle gerade in die Vertriebsorganisation der Verfügungsbeklagten als Veranstalterin eingegliederte Vermittlerin (vgl. § 3 Abs. 5 GlüStV). Da sie nur über das Internet vermittelte Spielaufträge annimmt und einspeist, leistet sie einen für die erfolgreiche Vermittlung der Spielaufträge per Internet an die Verfügungsbeklagte zwingend notwendigen Ursachenbeitrag. Die Einspeisung der Daten über die virtuelle Schnittstelle ist Teil der Vermittlung von Spielaufträgen per Internet, zumindest aber eine Beihilfe zur Vermittlung. Das hat zur Folge, dass auch der Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 134 BGB nichtig ist.

c)

33

Soweit die Verfügungsklägerin zu 1., nachdem die Verfügungsklägerin zu 2. ihre Geschäftstätigkeit und ihren Antrag auf einstweilige Verfügung zurückgenommen hat, nunmehr geltend macht, Grundlage des Geschäftsbesorgungsvertrages seien nicht nur von der vormaligen Verfügungsklägerin zu 2. vermittelte Spielaufträge, steht dies im Widerspruch zu dem eigenen Vortrag der Verfügungsklägerinnen in der Antragsschrift, wonach die Verfügungsklägerin zu 1. ausschließlich von der Verfügungsklägerin zu 2. akquirierte Spielaufträge über die virtuelle Schnittstelle einspeise und es historisch bedingt sei und auf dem Wunsch der Verfügungsbeklagten beruhe, dass der Geschäftsbesorgungsvertrag nicht unmittelbar mit der Verfügungsklägerin zu 2., sondern mit der Verfügungsklägerin zu 1. geschlossen sei (Bl. 7). Die Verfügungsbeklagte ist dem hiervon abweichenden neuen Vortrag entgegen getreten, der von der Verfügungsklägerin zu 1. nicht glaubhaft gemacht worden ist.

34

Soweit die Verfügungsklägerin beabsichtigt, Spielaufträge der neu gegründeten X Ltd. über die Schnittstelle einzuspeisen, ist im Übrigen unstreitig, dass diese Firma mit Sitz in London die Spielaufträge gleichfalls ausschließlich über das Internet vermittelt, weshalb bei einer Einspeisung der Spielaufträge durch die Verfügungsklägerin über die Schnittstelle der Verfügungsbeklagten im Ergebnis ebenfalls ein Verstoß gegen § 4 Abs. 4 GlüStV vorläge.

35

Aus den gleichen Gründen ist ein Wiedereröffnen der elektronischen Schnittstelle auch nicht geboten, weil in Berlin über das Internet akquirierte Spielaufträge eingespeist werden sollen.

36

Ebenso wenig können die Spieltipps aufgrund der von der vormaligen Verfügungsklägerin zu 2. vor dem 1. Januar 2009 eingeworbenen Dauerscheine eingespeist werden. Soweit die Daten nicht schon in der Vergangenheit über die Schnittstelle eingespeist worden sind, sondern für den Spielzeitraum ab 1. Januar 2009 erst eingespeist werden müssen, verstieße die Weiterleitung dieser Spielaufträge ab dem 1. Januar 2009 ebenfalls gegen das Verbot in § 4 Abs. 4 GlüStV. Weder der Staatsvertrag noch das Ausführungsgesetz bieten Anhaltspunkte dafür, dass die Vermittlung von Spielaufträgen von über das Internet akquirierten Dauerscheinkunden von dem Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV ausgenommen sein sollen. Im Übrigen darf die Verfügungsklägerin zu 1. derartige Spielaufträge auch deshalb nicht über die Schnittstelle an die Verfügungsbeklagte vermitteln, weil gem. § 4 Abs. 1 S. 1 GlüStV öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes vermittelt werden dürfen. Gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 GlüStV ist das Vermitteln ohne diese Erlaubnis als unerlaubtes Glücksspiel verboten. Die Verfügungsbeklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass der Verfügungsklägerin zu 1. eine Erlaubnis des Landes Schleswig-Holstein gem. §§ 3 Abs. 5, 4 Abs. 1 GlüStV nicht erteilt worden ist. Gegenteiliges hat die Verfügungsklägerin zu 1. für die Zeit ab dem 1. Januar 2009 nicht glaubhaft gemacht. Dann aber ist ihr das Einspeisen von Spielaufträgen der über das Internet vermittelten Dauerscheinkunden und sämtlicher anderer Kunden, sei es aus Berlin oder dem Ausland, schon aus diesem Grunde verboten.

2.

37

Mit Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass selbst dann, wenn man § 134 BGB auf den vorliegenden Fall nicht für anwendbar halten wollte, der Geschäftsbesorgungsvertrag gem. § 314 BGB durch außerordentliche Kündigung vom 26. November 2008 (Anlage als AST5) aus wichtigem Grund wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zum 31. Dezember 2008 beendet worden ist. Nach dieser Vorschrift können Dauerschuldverhältnisse von jedem Vertragspartner aus wichtigem Grund gekündigt werden. Ein solcher wichtiger Grund ist auch der Wegfall der Geschäftsgrundlage (BGHZ 133, 316 = juris Rn. 28 und Rn. 41; BGH NJW 2000, 1714 = juris Rn. 41; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 313 Rn. 42). Ist eine Anpassung des Vertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage im Einzelfall nicht möglich oder unzumutbar, so kann eine Auflösung des Vertrages gem. § 313 Abs. 3 BGB verlangt werden. Sie wird bei Dauerschuldverhältnissen durch eine für die Zukunft wirkende Kündigungserklärung herbeigeführt (vgl. § 313 Abs. 3 S. 2 BGB; BGH NJW 2000, 1714 = juris Rn. 41).

38

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Geschäftsgrundlage in dem Geschäftsbesorgungsvertrag vorliegend entfallen ist, weil die von der Verfügungsbeklagten zur Verfügung gestellte Schnittstelle der Übermittlung der von der vormaligen Verfügungsklägerin zu 2. vermittelten Spieltipps diente, diese nach § 4 Abs. 4 GlüStV aber seit dem 1. Januar 2009 keine Glücksspiele mehr über das Internet vermitteln darf.

39

Darüber hinaus ist die Geschäftsgrundlage für den Geschäftsbesorgungsvertrag auch deshalb weggefallen, weil die Geschäftspartner, deren Verträge die Verfügungsklägerin einspeisen will, nicht die erforderliche Erlaubnis gem. § 4 Abs. 1 GlüStV i.V.m. 5 Abs. 2 GlüStV AG erhalten haben. Gegenteiliges hat die Verfügungsklägerin auch im Berufungsverfahren nicht glaubhaft gemacht. Auf das Erfordernis einer Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV hat die Verfügungsbeklagte die vormalige Verfügungsklägerin zu 2. mit Schreiben vom 18. Dezember 2008 (Anlage als AST7) hingewiesen, ohne das eine solche Erlaubnis in der Folgezeit vorgelegt worden wäre. Wegen Fehlens der Erlaubnis der vormaligen Verfügungsklägerin zu 2. zur gewerblichen Spielvermittlung ist der Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Verfügungsklägerin zu 1. wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage mit Schreiben der Verfügungsbeklagten vom 12. Januar 2009 (Bl. 112 d.A.) vorsorglich erneut gekündigt worden.

40

Schließlich ist die Kündigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage auch deshalb wirksam, weil auch die Verfügungsklägerin zu 1. als Annahmestelle nach den Begriffsbestimmungen in § 3 Abs. 5 GlüStV als in die Vertriebsorganisation der Verfügungsbeklagten als Veranstalterin nach § 10 Abs. 2 GlüStV eingegliederte Vermittlerin ist und deshalb ebenfalls einer Vermittlungserlaubnis des Landes Schleswig-Holstein nach § 4 Abs. 1 GlüStV, § 5 Abs. 2 GlüStV AG bedarf. Eine solche Erlaubnis ist ihr für die Zeit ab Januar 2009 aber nicht erteilt worden.

41

Geschäftsgrundlage für den Geschäftsbesorgungsvertrag zum Zeitpunkt seines Abschlusses im Jahre 2001 war die zulässige gewerbliche Spielvermittlung der Verfügungsklägerin zu 2. über das Internet. Es kann nicht angenommen werden, dass die Parteien den Geschäftsbesorgungsvertrag über den 31. Dezember 2008 hinaus auch dann geschlossen hätten, wenn sie vorausgesehen hätten, dass danach die Vermittlung von Spielaufträgen per Internet verboten ist und die vormalige Verfügungsklägerin zu 2. deshalb ab dieser Zeit keine Erlaubnis zur Vermittlung von Glückspielen erhält, ebenso wenig die Verfügungsklägerin zu 1.

42

Mit Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die außerordentliche Kündigung nicht verfristet ist. Gemäß § 314 Abs. 3 BGB kann der Berechtigte nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

43

Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Erklärungsfrist gem. § 314 Abs. 3 BGB nicht besteht, wenn ein Dauerschuldverhältnis wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gekündigt wird (so das Landgericht unter Verweis auf Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 313 Rn. 42) kann dahinstehen, denn es ist hier im Sinne dieser Norm innerhalb angemessener Frist ab Kenntnis gekündigt worden. § 314 Abs. 3 BGB enthält wegen der Vielgestaltigkeit der Dauerschuldverhältnisse gerade keine feste Ausschlussfrist, so dass auch nicht auf starre Fristen in spezielleren Kündigungsvorschriften zurückgegriffen werden kann (MüKo-BGB/Gaier, 5. A. 2007, § 314 Rn. 20).

44

Die Verfassungsmäßigkeit des Glückspielstaatsvertrages und der Ausführungsgesetze der Länder war heftig umstritten. Die vormalige Verfügungsklägerin zu 2. selbst hatte sich in einem Musterprozess mit der Verfassungsbeschwerde gegen verschiedene Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages und der Ausführungsgesetze zum Glücksspielstaatsvertrag des Landes Berlin und des Niedersächsischen Glücksspielgesetzes, die dem Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetz ähnlich sind, gewendet und die Verletzung von Artikel 3 Abs. 1, Artikel 5 Abs. 1 S. 1, Artikel 12 Abs. 1 und Artikel 14 Abs. 1 GG gerügt, wobei im Vordergrund das nach Auslaufen der Übergangsregelung (§ 25 Abs. 6 GlüStV) am 1. Januar 2009 ausnahmslos geltende Internetvermittlungsverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV stand, das aus Sicht der Verfügungsklägerin den schwersten denkbaren Eingriff in die Berufsfreiheit darstelle und für sie als absolutes Berufsverbot wirke (vgl. die Sachverhaltsdarstellung im Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Oktober 2008 – 1 BVR 828/08 -, bei juris Rn.  5). Es kann der Verfügungsbeklagten nicht zum Nachteil gereichen, dass sie zunächst einmal den Ausgang der Verfassungsbeschwerde abgewartet hat, zumal im Jahre 2008 gem. § 25 Abs. 6 des Staatsvertrages i.V.m. § 9 des Ausführungsgesetzes des Landes Schleswig-Holstein eine Übergangsregelung für Lotterien im Internet galt, wonach die Vermittlung im Internet bis 31. Dezember 2008 unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt werden und die Erlaubnis sogar fingiert werden konnte. Die Verfügungsklägerin zu 1. macht selbst nicht geltend, dass die Verfügungsklägerin zu 2. die Voraussetzungen der Sonderregelungen schon im Jahre 2008 nicht erfüllte. Dann aber war die Verfügungsbeklagte im Jahre 2008 auch noch zur Durchführung des Geschäftsbesorgungsvertrages verpflichtet.

45

Nach Bekanntwerden der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Oktober 2008 in dem Verfahren der Verfügungsklägerin zu 2., an dem die Verfügungsbeklagte nicht beteiligt war, weshalb ihr die Gründe im Einzelnen erst nach Veröffentlichung der Entscheidung bekannt geworden sind, hat die Verfügungsbeklagte unstreitig schon rund 1 Monat später den Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Verfügungsklägerin vorsorglich zum 31. Dezember 2008 wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage im Hinblick auf die neue Rechtslage gekündigt. Das war innerhalb einer angemessenen Frist im Sinne des § 314 Abs. 3 BGB.

3.

46

Die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages sowie des hierzu ergangenen Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes (GlüStV AG) sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Wie das Bundesverfassungsgericht mit Nichtannahmebeschluss vom 14. Oktober 2008 – 1 BVR 928/08 – zum Glücksspielstaatsvertrag, dem Berliner Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag sowie zum Niedersächsischen Glücksspielgesetz ausgeführt hat, dienen der Glücksspielstaatsvertrag und die vorgenannten Gesetze vorrangig dem Ziel, die Bevölkerung, insbesondere Kinder und Jungendliche, vor den Gefahren der Glücksspielsucht und der mit Glücksspielen verbundenen Folgen und Begleitkriminalität zu stützen. Damit werden überragend wichtige Allgemeinwohlziele verfolgt, die selbst objektive Berufswahlbeschränkungen zu rechtfertigen vermögen. Selbst die schwerwiegenden Beschränkungen der unternehmerischen Tätigkeit, zu denen das Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet gem. § 4 Abs. 4 GlüStV führt, sind angesichts der Spielsuchtprävention und somit eines Gemeinwohlbelangs von hohem Rang nicht zu beanstanden (bei juris Rn. 28 ff., 40, 58). Diese Erwägungen gelten für das Schleswig-Holsteinische Ausführungsgesetz, das gem. § 3 für die Veranstaltung, die Durchführung und die Vermittlung von Lotterien und Sportwetten in Schleswig-Holstein gilt und gem. § 4 der Erreichung der Ziele des § 1 des Glücksspielstaatsvertrages dient, gleichermaßen.

4.

47

In Übereinstimmung mit dem Landgericht liegt aber auch kein Verstoß gegen europarechtliche Vorschriften vor.

48

Insbesondere verletzt § 4 Abs. 4 GlüStV nicht die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 Abs. 1 EGV. Zwar stellen nationale Regelungen, die privaten Wettunternehmern aus einem EU-Mitgliedstaat den Zugang zu dem Glücksspielmarkt verwehren, auch eine Beschränkung der gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nach Artikel 43, 49 EGV dar. Nach der Rechsprechung des EuGH können solche Beschränkungen aber aus zwingenden Gründen der Allgemeininteressen gerechtfertigt sein. Als solche hat der EuGH neben dem Verbraucherschutz und der Betrugsvorbeugung auch die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu erhöhten Ausgaben für das Spielen sowie die Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen angesehen (EuGH, Urteil vom 6. März 2007 – C-338/04 – Placanica – Tz 46). Er hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die sittlichen und kulturellen Besonderheiten und die sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft, die mit Spielen und Wetten einhergehen, ein ausreichendes Ermessen der staatlichen Stellen des jeweiligen Mitgliedstaates rechtfertigen, festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (EuGH, Urteil vom 6. November 2003 – C – 243/01 – Gambelli u.a., Rn. 63; EuGH, Urteil vom 6. März 2007 – C 338/04 – Rn. 47). Es stehe den Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet des Glücksspiels festzulegen und ggf. das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen (EuGH, Urteil vom 6. März 2007, Rn. 48). Allerdings müssten die beschränkenden Regelungen geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele zu gewährleisten und dürften nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich sei. Auf jeden Fall dürften sie in nicht in diskriminierender Weise angewendet werden und müssten kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen (EuGH, Urteil vom 6. März 2007, Rn. 48, 49; Urteil vom 6. November 2003, Rn. 65 ff.). Dabei hat der EuGH ausdrücklich ausgeführt, dass es Sache des (vorlegenden) Gerichts des Mitgliedstaates sei, darüber zu befinden, ob die eingeführten Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs diese Voraussetzungen erfüllen (Urteil vom 6. November 2003, Rn. 66).

49

In Übereinstimmung mit dem Landgericht hat der Senat keinen Zweifel daran, dass der nationale Gesetzgeber von diesen Ermessen in sachgerechter Weise Gebrauch gemacht hat.

a)

50

Auch mit § 4 Abs. 4 GlüStV werden die allgemeinen Ziele des Glücksspielstaatsvertrages verfolgt, wie sie in § 1 aufgezählt sind und in § 4 Abs. 1 GlüStVAG aufgegriffen werden, insbesondere also auch die Verhinderung und Bekämpfung von Glückspielsucht und die Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes. Dabei handelt es sich um nach der zitierten Rechtsprechung des EuGH anzuerkennende Ziele, zu deren Erreichung  das fragliche Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV auch geeignet erscheint.

51

Insoweit gelten die Erwägungen, mit denen das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 14. Oktober 2008 – 1 BVR 928/08 - die Grundgesetzwidrigkeit des Glückspielstaatsvertrages verneint hat, für die vorzunehmende europarechtliche Prüfung gleichermaßen. Es hat dort (Rn. 40) u.a. ausgeführt:

52

" Das Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV) ist geeignet, problematisches Spielverhalten einzudämmen. Das Spielen per Internet ist durch ein hohes Maß an Bequemlichkeit sowie durch eine zeitlich unbeschränkte Verfügbarkeit des Angebots gekennzeichnet. Hinzu kommt ein im Vergleich zur Abgabe des Lottoscheins in der Annahmestelle höherer Abstraktionsgrad, der geeignet ist, das virtuelle Glücksspiel in der Wahrnehmung des Spielers aus seinem Bedeutungszusammenhang zu lösen und insbesondere die Tatsache des Einsatzes – und möglichen Verlustes von Geld – in den Hintergrund treten zu lassen. Die Möglichkeiten des Internet-Glücksspiel zu beschneiden, bedeutet, die Umstände der Teilnahme für den Einzelnen zu erschweren und ihm den Vorgang des Spielens bewusster zu machen. Hierdurch kann einem Abgleiten in problematisches Spielverhalten gegengewirkt werden. Hinzu kommt, dass nach wie vor erhebliche Bedenken bestehen, ob sich bei einer Teilnahme an Glücksspielen per Internet der im Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz effektiv verwirklichen lässt (vgl. BVerfGE115, 276, 315). Auch zur Vermeidung derartiger Präventionslücken ist das Internetverbot das geeignete Mittel."

53

Der Gesetzgeber konnte vor diesem Hintergrund auch ermessensfehlerfrei davon ausgehen, dass eine besondere Suchtgefährdung von dem Glückspiel im Internet ausgeht (so auch OLG Frankfurt, Urt. vom 4. Juni 2009, 6 U 93/07, S. 60) und davon die von der Verfügungsklägerin zu 2. akquirierten und über die Verfügungsklägerin zu 1. als Annahmestelle über die elektronische Schnittstelle an die Verfügungsbeklagten weiterzugebenden Glückspiele ( Lotto 6 aus 49, Spiel 77 usw) nicht auszunehmen sind. Entgegen der Argumentation der Verfügungsklägerin zu 1. beruht dies nicht nur auf einer schlichten Vermutung des Gesetzgebers, sondern liegen dieser Einschätzung durchaus wissenschaftlich aufbereitete empirische Erkenntnisse zugrunde (so auch OLG Celle, B.v.4. Mai 2009, 13 U 42/09, bei juris Rn. 22)

54

Bereits in seiner Entscheidung vom 28. März 2006 (BVerfGE 115, 276, 315) hat das Bundesverfassungsgericht unter Bezugnahme auf durchgeführte Studien festgestellt: "Nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung steht fest, dass Glücksspiele und Wetten zu krankhaften Suchtverhalten führen können". Es hat bezüglich der Möglichkeit der Wettteilnahme über das Internetangebot der staatlichen Lotterieverwaltung darauf hingewiesen, dass sich dort "jedenfalls zur Zeit der im Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz nicht effektiv verwirklichen lasse".

55

In dem bereits zitierten Beschluss vom 14. Oktober 2008 hat das Bundesverfassungsgericht dazu weiter ausgeführt (aaO, bei juris Rn. 30)

56

"…Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen abgeben können (vgl. BVerfGE 117, 163, 183 m.w.N.). Hieran gemessen sind die Erwägungen der Landesgesetzgeber verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie werden insbesondere durch die Ergebnisse der von der Universität Bremen für das nordrhein-westfälische Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales durchgeführten Studie gestützt, der sich - trotz teilweise abschwächender Äußerungen - entnehmen lässt, dass Lotterien in Abhängigkeit von den jeweiligen Veranstaltungsmerkmalen suchttypische Entwicklungsverläufe verursachen können. Es kommt hinzu, dass die Landesgesetzgeber davon ausgehen, eine Ausweitung des Glücksspielangebots werde die bereits jetzt gegebene Suchtgefahr zwangsläufig vergrößern (vgl. NdsLTDrucks 15/4090, S. 62). Auch diese Prognose ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und stützt zusätzlich die Annahme einer Gefahr, zu deren Verhinderung Eingriffe in die Berufswahlfreiheit gerechtfertigt sein können."

57

Bereits der wissenschaftliche Dienst des schleswig-holsteinischen Landtages hat in seiner zur Akte gereichten Stellungnahme vom 11. Oktober 2007 (zum damals vorliegenden Entwurf des Glückspielstaatsvertrages, dort S. 20) unter Verweis die Anhörung von Suchtexperten und unterschiedliche wissenschaftliche Untersuchungen über das Gefährdungspotential des Zahlenlottos angemerkt, es gebe erste wissenschaftliche Belege dafür, dass auch das Lottospiel in seiner derzeitigen Ausgestaltung ein klares Suchtpotential aufweise und zur pathologischen Spielsucht führen könne (unter Verweis auch auf Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Drs. 5/648, Begründung, S. 46).

58

Danach beruht die Einschätzung des Gesetzgebers von der Gefährlichkeit des Vertriebsweges über das Internet auch beim Lottospiel ersichtlich nicht auf bloßen Mutmaßungen ohne tatsächliche Grundlage. Der Hinweis des instruierten Vertreters der Verfügungsklägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, Lotto würde seit Jahrzehnten von einem Millionenpublikum gespielt, auch bei der Vermittlung über das Internet werde das Spiel selbst off-line ausgeführt und entfielen deshalb besondere Gefahren durch eine Frequenz-Steigerung wie bei online-Spielen möglich, es sei zudem ein Einsatz-Limit vorgegeben, führt vor diesem Hintergrund im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren nicht weiter. Der Gesetzgeber hat wie dargelegt nicht nur verfassungsrechtlich abgesichert, sondern auch und gerade europarechtlich eine weite Einschätzungsprärogative, mit welchen Mitteln er die anerkennenswerten Ziele nach § 1 GlüStV verfolgen will. Wenn er von einem Suchtpotential auch des Lotto-Spiels – und zwar speziell bei dem besonderen Vertriebsweg über das Internet - ausgeht und sich dazu auf vorhandene Untersuchungen und Meinungen von Suchtexperten stützen kann, hat er den ihm eingeräumten Spielraum nicht ersichtlich überschritten.

59

Nicht zu verkennen ist angesichts der Argumentation der Verfügungsklägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass sie die von zahlreichen Stimmen gesehenen besonderen Gefahren bei der Kombination der Glücksspiele – auch gerade des Lottospiels 6 aus 49 etc. – mit dem Vertriebsweg Internet weitgehend ausblendet. Demgegenüber hat nicht zuletzt der Generalanwalt Bot in seinen Schlussanträgen vom 14. Oktober 2008 zu dem beim EuGH anhängigen und voraussichtlich für den Herbst zur Entscheidung anstehenden Verfahren Liga Portuguesa (C-42/07) seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass Glückspiele im Internet gerade wegen der Besonderheiten des Vertriebsweges die Verbraucher und die öffentliche Ordnung gefährden können, die Risiken übermäßiger Ausgaben und echter Spielsucht nämlich durch diese Besonderheiten verstärkt werden (Absätze 264 f, 267 f).

60

Wegen der Eingriffsintensität des § 4 Abs. 4 GlüStV hat bereits das Bundesverfassungsgericht (a.a.O) zugrunde gelegt, dass von einer Angemessenheit der Regelung nur ausgegangen werden kann, wenn dem mit  Hilfe dieser Norm erreichten Rechtsgüterschutz ein entsprechend hoher Stellenwert beizulegen ist, diese Voraussetzung allerdings als erfüllt angesehen. Es hat in diesem Zusammenhang nochmals hervorgehoben, dass die Besonderheiten des Glücksspiels per Internet, namentlich dessen Bequemlichkeit und Abstraktheit, problematische Spielverhalten in entscheidender Weise begünstigen und deshalb eine Begrenzung solcher Möglichkeiten unmittelbar der Spielsuchtprävention und somit einem Gemeinwohlbelang von hohem Rang dient (Beschluss vom 14. Oktober 2008, a.a.O., Rn. 59).

61

Angesichts des weiten Ermessens, dass der EUGH für die Festlegung der Erfordernisse, die sich aus dem Schutzbedürfnis der Verbraucher und Sozialordnung ergeben, zugestanden hat, ist davon auszugehen, dass die vorstehenden Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts auch die vom EuGH aufgestellten Voraussetzungen für eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs tragen (ebenso OLG Celle, Beschluss vom 4. Mai 2009 – 13 U 42/09 – bei juris Rn. 15 ff.).

b)

62

Der Senat ist in Übereinstimmung mit dem Landgericht auch der Auffassung, dass die Regelungen im Glücksspielvertrag und dem Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetz kohärent und systematisch erfolgt sind.

63

Im Gegensatz zur Auffassung der Verfügungsklägerin zu 1. kann der Rechtsprechung des EuGH das Erfordernis einer Gesamtkohärenz in dem Sinne, dass alle Teilbereiche des Glücksspiels einschließlich der Lotterien und Sportwetten in gleicher Weise von einem staatlichen Vorgehen erfasst sein müssen, nicht entnommen werden. Der europäische Gerichtshof hat in dem Verfahren Gambelli (C-243/01) mit seinem Urteil vom 6. November 2003 nur ausgesprochen, dass etwaige Beschränkungen der Glücksspiele durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeit beitragen müssten (bei juris Rn. 67), was nach dieser Rechtsprechung nicht mehr der Fall ist, wenn der Staat einerseits private Anbieter ausschließen will, andererseits die Bürger im Interesse der Erzielung von staatlichen Einnahmen zur Teilnahme an entsprechenden Spielen von in staatlicher Hand befindlichen Anbietern ermuntert. Das Kohärenzkriterium dient somit der Unterbindung willkürlichen, rechtsmissbräuchlichen staatlichen Vorgehens (so auch OLG Frankfurt, Urt. vom 4. Juni 2009, aaO, S. 62).

64

Dieses Kriterium ist darüber hinaus aber in praktische Konkordanz zu bringen mit dem ebenfalls verfassungsrechtlich und gerade auch europarechtlich zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit staatlicher Begrenzungsmaßnahmen. Vor diesem Hintergrund ist die europäische Kommission in ihrer Stellungnahme vom 19. Mai 2008 zu dem Vorlagebeschluss des VG Schleswig (vom 30. Januar 2008, 12 A 102/06) dem Gedanken einer Gesamtkohärenz durchaus entgegengetreten. Dort heißt es nämlich unter Rn. 30:

65

"In der Rechtsprechung ist ferner klargemacht worden, dass eine sektorale Betrachtungsweise im Glückspielsektor notwendig ist. Da die von den Mitgliedstaaten gefolgten Ziele nicht notwendigerweise für alle Spiele die gleichen sind, kann es notwendig sein, zwischen verschiedenen Spielen zu unterscheiden. Für jede Spielform und  jede Beschränkung ist gesondert zu prüfen, ob die Beschränkung geeignet ist, die Verwirklichung der von dem Mitgliedstaat geltend gemachten Ziele zu gewährleisten.."

66

Vor diesem Hintergrund hat der Generalanwalt Bot in seinen Schlussanträgen im Fall Liga Portuguesa die Entscheidung Portugals, den Betrieb von Internet-Wetten und -Lotterien anders zu regulieren als etwa Kasinospiele in traditioneller Form, nicht als Verstoß gegen das Gebot, Beschränkungen des Glücksspiels im Allgemeininteresse kohärent und systematisch zu verfolgen, angesehen (a.a.O. Abschnitte 302 bis 304).

67

GlüStV und GlüStVAG verfolgen aber das Internetverbot - als den insoweit maßgeblichen und von anderen Formen eben gerade auch wegen des Gefährdungspotentials zu unterscheidenden Vertriebsweg bei Glückspielen einschließlich des Lottos - kohärent und systematisch. Das Verbot aus § 4 Abs. 4 GlüStV trifft nämlich jedermann, mithin nicht nur private Anbieter sondern gleichermaßen den Staat. Auf diesen besonderen Vertriebsweg ist für die Prüfung kohärenten und systematischen Vorgehens des Gesetzgebers maßgeblich abzustellen. Unter Berücksichtigung auch des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kann demgegenüber nicht abstrakt auf das jeweilige Gefährdungspotential der unterschiedlichen Glücksspiele selbst abgestellt und gefordert werden, unter Ausblendung der unterschiedlichen Vertriebswege die Spiele mit gleichem Gefährdungspotential auch gleichen Beschränkungen zu unterwerfen (insoweit kritisch zu dem hiervon abweichenden Ansatz der Kommission auch OLG Celle, a.a.O., bei juris Rn. 24).

68

Es trifft allerdings zu, dass das Internetverbot nicht für die Vermittlung von Pferdesportwetten gilt (vgl. § 3 Abs. 2 GlüStVAG). Wie das Landgericht bereits ausgeführt hat (und entsprechend etwa das OLG Frankfurt, Urt. vom 4. Juni 2009, a.a.O., Seite 64; LG Köln, Urt. vom 9. Juli 2009, 31 O 599/08, S. 22; LG Hannover, Urt. vom 28. Januar 2009, 21 O 105/08, S. 9), ist aber auch kein Grund dafür ersichtlich, warum nicht für unterschiedliche Glücks- und Geldspiele unterschiedliche Wege der Regulierung festgelegt werden können, solange nur der Zweck der Eindämmung der Spielsucht und der Prävention vor der Spielsucht beachtet wird. Die Verfügungsklägerin hat nicht dargetan und glaubhaft gemacht, dass Pferdewetten eine ähnliche Bedeutung wie Sportwetten oder staatliche Lotterien haben. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts Hannover (Urt. vom 24. November 2008, 10 A 1017/08, S. 36), die sich die Verfügungsbeklagte zu Eigen gemacht hat, bezieht sich nur 0,5 bis 1 % des Gesamtumsatzes der Glücksspielanbieter auf Pferdewetten. Es handelt sich mithin um einen überschaubaren Bereich, der zudem im Wesentlichen nur einen sehr eingeschränkten Kreis von Interessenten mit Fachkenntnissen im Pferdesport anspricht. Angesichts der geringen Anbieter- und Teilnehmerzahlen ist es im Hinblick auf Rennwetten ausreichend, die privaten Veranstalter einer staatlichen Kontrolle zu unterwerfen, wie dies seit langem aufgrund des Rennwett- und Lotteriegesetzes vom 8. April 1922 geschieht. Pferdesportwetten werden auf dieser Grundlage seit Jahrzehnten von privaten konzessionierten Veranstaltern angeboten, ohne dass es zu einer mit dem Bereich der Sportwetten vergleichbaren Dynamik gekommen wäre. Gerade unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ist deshalb nachvollziehbar, dass das Internetverbot für diesen kleinen Sonderbereich nicht gelten soll.

69

Soweit die Verfügungsklägerin auf die Problematik von Spielterminals verweist, an denen Lottokunden in einigen Bundesländern selbstständig Spielaufträge abgeben könnten, wie beispielsweise in Hamburg, macht sie selbst nicht geltend, dass derartige Spielterminals auch in Schleswig-Holstein zulässig seien. Im Übrigen sind Spielterminals mit dem Spielen per Internet gerade nicht vergleichbar. Das Spielen per Internet ist bequem und rund um die Uhr von der Wohnung oder vom Arbeitsplatz aus möglich. Ein solches hohes Maß an Bequemlichkeit und die zeitlich unbeschränkte Verfügbarkeit des Angebots fehlen bei Spielterminals, zu denen sich der Spieler hinbegeben muss, um seine Spielaufträge abgeben zu können, was mit dem Aufwand vergleichbar ist, wenn er sich zu einer Annahmestelle, wie Tabak- und Zeitschriftläden oder Supermärkte begeben muss, wodurch dem Spieler der Vorgang des Spielens bewusster gemacht wird als beim Spielen im Internet.

c)

70

Es kann dahinstehen, ob für gesetzliche Glücksspielverbote und Beschränkungen eine Notifizierungspflicht gemäß der Richtlinie 98/48 EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften besteht (bejahend OLG Celle, a.a.O., bei juris Rn. 29; bejahend ebenfalls der Generalanwalt im Verfahren Liga Portuguesa, Schlussanträge Entscheidungsvorschlag Tz. 321 Ziff. 1). Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist der Glücksspielstaatsvertrag, der das Verbot in § 4 Abs. 4 enthält, notifiziert worden.

71

In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist eine gesonderte Notifizierung des Ausführungsgesetzes des Landes Schleswig-Holstein zum GlüStV vom 13. Dezember 2007 nicht erforderlich. Nach Artikel 8 Abs. 1 der Richtlinie wäre das Ausführungsgesetz nur vorzulegen, wenn dessen Wortlaut für die Beurteilung der Tragweite des Staatsvertrages notwendig wäre oder im Ausführungsgesetz wesentliche Änderungen vorgenommen, Spezifikationen oder Vorschriften hinzugefügt oder verschärft worden wären. Das ist aber nicht der Fall, weil das Ausführungsgesetz keinen vom Glücksspielstaatsvertrag abweichenden Regelungsgehalt enthält (ebenso OLG Frankfurt, Beschluss vom 4. Juni 2009 – 6 U 261/07 – für das Hessische Glücksspielgesetz unter Hinweis auf Hessischen VGH und Urteil vom gleichen Tag, a.a.O., S. 53; Beschluss vom 13. August 2008 – 7 B 29/08 – juris Rn. 5 f; sowie unter Hinweis auf VGH Baden Württemberg Beschluss vom 17. März 2008 – 6 S 3069/07 – juris Rn. 10; Bay. VGH, Beschluss vom 16. September 2008 – 10 CS 08.1909 – juris Rn. 11; OVG Hamburg, Beschluss vom 26. September 2008 – 4 BS 96/08 – juris Rn. 62 ff.; ebenso auch OVG Sachsen, Beschluss vom 10. Juni 2009 – 3 WS 179/07 -, Anlage CBH 35 für das sächsische Ausführungsgesetz unter Hinweis auf OVG Berlin/Brandenburg m.w.Rpsr. und unter Hinweis auf Streinz/Herrmann/Kruis, Die Notifizierungspflicht des Glücksspielstaatsvertrages und der Ausführungsgesetze der Länder gem. der Richtlinie Nr. 98/34 EG ZfWG 2007, 402).

72

Eine Notifizierungspflicht für das schleswig-holsteinische Ausführungsgesetz ergibt sich auch nicht aufgrund von § 13 GlüStVAG, der bestimmte Verstöße gegen Bestimmungen des GlüStV als Ordnungswidrigkeiten einstuft, die mit einer Geldbuße bis zu 500.000 Euro geahndet werden können. Entsprechendes findet sich auch in anderen Ausführungsgesetzen zum GlüStV, etwa dem des Landes Sachsen (vgl. dazu OVG Sachsen, a.a.O.). Insoweit ist aber maßgeblich, dass bereits § 24 des notifizierten GlüStV in Satz 2 regelt, die Länder könnten in ihren Ausführungsgesetzen vorsehen, dass Verstöße gegen die Bestimmungen dieses Staatsvertrages mit Geldbuße oder Strafe geahndet werden.

73

Soweit die Verfügungsklägerin auf das Schreiben der Kommission vom 24. September 2007 an das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit verweist, ist dort nur aufgrund des Umstandes, dass in verschiedenen Entwürfen zu Ausführungsgesetzen gerade der Verstoß gegen § 4 Abs. 4 GlüStV – das Internetverbot war die maßgebliche, die Notifizierungspflicht des Staatsvertrages auslösende Bestimmung – als "Verwaltungsstraftat" mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 Euro geahndet werden sollte, an die Bestimmungen von § 8 Abs. 1 der Richtlinie 1998/34 EG erinnert worden. Der Ordnungswidrigkeiten-Tatbestand bei Verstoß gegen § 4 Abs. 4 GlüStV ist aber schließlich aus dem Entwurf gestrichen und gerade nicht in dem Ordnungswidrigkeitenkatalog des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes in seiner Endfassung (dort § 13) enthalten (ebenso etwa nicht in Sachsen). Auch vor diesem Hintergrund spricht Überwiegendes dafür, dass das Schleswig-Holsteinische Ausführungsgesetz zum GlüStV nicht der Notifizierungspflicht unterliegt.

5.

74

Da die den freien Kapitalverkehr beschränkenden Wirkungen von § 4 Abs. 4 GlüStV nur eine zwangsläufige Folge der für die Erbringung von Dienstleistungen auferlegten Beschränkungen sind, entfällt eine Prüfung der Vereinbarkeit mit Artikel 56 ff. EGV (OLG Celle, a.a.O., bei juris Rn. 28 unter Hinweis auf die Schlussanträge der Generalanwalts Bot vom 14. Oktober 2008 im  Verfahren Liga Portuguesa Tz. 229 m.w.N.).

6.

75

Auch der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs geht davon aus, dass § 4 Abs. 4 GlüStV trotz der von der Europäischen Kommission angenommenen Unvereinbarkeit dieser Norm mit dem Gemeinschaftsrecht zu beachten ist, solange ihre Gemeinschaftswidrigkeit nicht festgestellt ist (BGH Beschluss vom 14. August 2008 – KVR 54/07 – WM 2008, 1983 = juris Rn. 120).

7.

76

Mit Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrages nicht gegen § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB verstößt. Das folgt bereits daraus, dass der Geschäftsbesorgungsvertrag ohne Kündigung schon wegen Gesetzesverstoßes gem. § 134 BGB nichtig ist.

77

Im Übrigen ist ein Missbrauch durch Zugangsverweigerung nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 2. Halbsatz GWB nicht gegeben, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen nachweist, dass die Benutzung aus betriebsbedingten oder aus sonstigen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Diese Ausnahme liegt vor. Die Verfügungsbeklagte hat den Geschäftsbesorgungsvertrag nicht unter Ausnutzung ihrer marktbeherrschenden Stellung in Schleswig-Holstein unter wettbewerblichen Gesichtspunkten erklärt, sondern ausschließlich unter ordnungsrechtlichen Gesichtspunkten, weil der Vertrag dem Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV zuwiderläuft. Die Verfügungsbeklagte läuft daher bei Erfüllung des Vertrages Gefahr, Ziel der Ordnungsbehörden zu werden.

8.

78

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Vollstreckbarkeitsentscheidung auf §§ 542 Abs. 2, 713 ZPO.


Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 31. Juli 2009 - 3 U 27/09

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

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(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 31. Juli 2009 - 3 U 27/09 zitiert 12 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 314 Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund


(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung

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(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten. (2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren

Zivilprozessordnung - ZPO | § 542 Statthaftigkeit der Revision


(1) Die Revision findet gegen die in der Berufungsinstanz erlassenen Endurteile nach Maßgabe der folgenden Vorschriften statt. (2) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verf

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Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.

(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen;
2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;
3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt;
5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.

(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.

(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.

(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.

(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.

(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen

1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder
2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder
3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
anbietet, es sei denn, dies ist jeweils sachlich gerechtfertigt. Einstandspreis im Sinne des Satzes 2 ist der zwischen dem Unternehmen mit überlegener Marktmacht und seinem Lieferanten vereinbarte Preis für die Beschaffung der Ware oder Leistung, auf den allgemein gewährte und im Zeitpunkt des Angebots bereits mit hinreichender Sicherheit feststehende Bezugsvergünstigungen anteilig angerechnet werden, soweit nicht für bestimmte Waren oder Leistungen ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Das Anbieten von Lebensmitteln unter Einstandspreis ist sachlich gerechtfertigt, wenn es geeignet ist, den Verderb oder die drohende Unverkäuflichkeit der Waren beim Händler durch rechtzeitigen Verkauf zu verhindern sowie in vergleichbar schwerwiegenden Fällen. Werden Lebensmittel an gemeinnützige Einrichtungen zur Verwendung im Rahmen ihrer Aufgaben abgegeben, liegt keine unbillige Behinderung vor.

(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.

(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.

(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.

(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.

(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen;
2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;
3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt;
5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.

(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

Tenor

I.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 4. Februar 2009 - 2 O 376/07 - wie folgt

a b g e ä n d e r t :

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 74.684,24 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 16. Januar 2008 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von sämtlichen weiteren Ansprüchen aus dem am 5.12. / 16.12.2001 abgeschlossenen Darlehensvertrag mit der Sparkasse xxx, Darlehenskontonummer: xxx freizustellen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, im Zusammenhang mit der Beteiligung an der F.B.75 mbH dem Kläger sämtlichen zukünftig entstehenden Schaden zu ersetzen.

4. Die gemäß Ziffer 1 bis 3 aufgeführten Verpflichtungen der Beklagten sind Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Rechte an den Beteiligungen des Klägers an der F.B. 68 GmbH & Co. KG vom 19.7.1999, Wertpapierkennnummer: xxx, Anteilsnummer: xxx, im Nennbetrag von 100.000,-- DM und an der B 75 mbH (vormals F.B. 75 GmbH & Co. KG) vom 15.11.2001, Wertpapierkennnummer: xxx, Anteilsnummer: xxx, im Nennbetrag von 100.000,-- Euro zu erfüllen.

5. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt 22 %, die Beklagte 78 % der Kosten des Rechtsstreits.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert Berufungsinstanz:


Bis 28. Februar 2010

154.485,24 Euro,

ab 1. März 2010

120.264,72 Euro.

Der Streitwert setzt sich wie folgt zusammen:

Klageantrag Ziffer 1:


Bis 28. Februar 2010

     108.904,62 Euro,

ab 1. März 2010

 74.684,24 Euro.


Klageantrag Ziffer 2:

      35.580,48 Euro

Klageantrag Ziffer 3:

                 10.000,00 Euro.

Gründe

 
Die Berufung des Klägers ist zulässig und - nachdem die Berufung teilweise zurückgenommen wurde - auch begründet.
A.
Der Kläger begehrt von der Beklagten den Ersatz des Schadens, der ihm aufgrund einer pflichtwidrig falschen Beratung aufgrund des Beratungsdienstvertrages vom 11. Oktober 1993 dadurch entstanden sei, dass er sich in den Jahren 1999 und 2001 an zwei geschlossenen Immobilienfonds beteiligte. Am 19. Juli 1999 übernahm er eine Beteiligung an der F.B. 68 GmbH & Co. KG (im Folgenden: F. Fonds 68; Anlage K 7, Bl. 36 d.A.) mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 100.000,-- DM  und am 15. November 2001 an der F.B. 75 GmbH & Co. KG, deren Rechtsnachfolgerin die F.B. 75 mbH ist (im Folgenden: F. Fonds 75; Anlage K 17, Bl. 54 d.A.), mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 100.000,-- Euro (nicht - wie versehentlich auf S. 3 des erstinstanzlichen Urteils aufgeführt - DM). Im übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus den Gründen dieser Entscheidung nichts anderes ergibt.
Das Landgericht Stuttgart hat nach Vernehmung der Zeugen W. - Z. und K. durch Urteil vom 4. Februar 2009 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte zwar passiv legitimiert sei, da sie im Zeitpunkt der Beratung des Klägers Vertragspartner des Beratungsdienstvertrages vom 11. Oktober 1993 gewesen sei, auch wenn dieser zunächst mit der K. & R. GbR abgeschlossen worden sei. Der Kläger habe der Beklagten jedoch keine Pflichtverletzung aufgrund dieses Beratungsvertrages nachgewiesen, als sie ihm am 16. Oktober 1999 sowie am 13. November 2001 die Beteiligung an zwei geschlossenen Immobilienfonds, dem F. Fonds 68 und F. Fonds 75, empfohlen habe, obwohl er insoweit beweisbelastet sei. Die erfolgte Risikoaufklärung sei anleger- und anlagegerecht gewesen. Fest stehe, dass der  Ehefrau des Klägers, Frau W.-Z., die insoweit für ihn tätig geworden sei, rechtzeitig vor Abschluss der Beteiligungen jeweils ein Prospekt ausgehändigt worden sei, der auf alle wesentlichen Risiken zutreffend hingewiesen habe und der zudem zwischen Herrn K. für die Beklagte und der Ehefrau des Klägers besprochen worden sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Kläger und seine Ehefrau nicht unerfahren in Geldanlagegeschäften seien. Ob der Kläger die Beteiligungen für eine Altersvorsorge habe erwerben wollen, könne dahinstehen, da die Renditeerwartung des Klägers und die damit einhergehende Risikobereitschaft maßgeblich für eine anlegergerechte Beratung sei. Aus dem sonstigen Anlageverhalten des Klägers folge eine gewisse Risikobereitschaft. Die Beklagte sei dagegen nicht verpflichtet gewesen, den Kläger darüber aufzuklären, dass Herr K., der damalige Geschäftsführer der Beklagten, eine Innenprovision in Höhe von 12 % der Beteiligungssumme erhalte. Dennoch sei der Kläger in allgemeiner Form darauf hingewiesen worden, dass Herr K. für die Vermittlung von Anlagegeschäften Provisionen erhalte. Zudem sei der Interessenkonflikt nicht erheblich, da Herr K. auch bei der Vermittlung von Beteiligungen an anderen Anlagegeschäften Provisionen erhalten hätte. Dass die Beteiligungen auf Anraten der Beklagten teilweise darlehensfinanziert erfolgten, sei nicht zu beanstanden, da dies zu einer vom Kläger gewünschten Steuerentlastung geführt habe.
Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, der zunächst sein erstinstanzliches Klagebegehren im vollem Umfang weiterverfolgte, mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 26. Februar 2010 (Bl. 579 d.A.) jedoch die Berufung teilweise zurücknahm. Er wiederholt und vertieft im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag. Die Beklagte habe sich pflichtwidrig verhalten, da er nicht über die Innenprovision an Herrn K. aufgeklärt worden sei. Diese Aufklärung habe unabhängig von der Höhe der Innenprovision erfolgen müssen. Entgegen den Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil sei er überhaupt nicht darüber aufgeklärt worden, dass Herr K. Provisionszahlungen für die Vermittlung von Anlagegeschäften erhalte. Dies könne jedoch dahinstehen, da er jedenfalls nicht über die Höhe der Provisionszahlungen bei den streitgegenständlichen Beteiligungen hingewiesen habe, obwohl die Beklagte hierzu verpflichtet gewesen wäre. Zudem sei die Risikoaufklärung nicht ordnungsgemäß erfolgt. Da er eine sichere Altersvorsorge gewünscht habe, hätten ihm die Beteiligungen an den F. Fonds nicht empfohlen werden dürfen, weil das Risiko eines Totalverlusts sowie einer Nachschusspflicht bestanden habe. Zudem hätte die Beklagte erkennen müssen, dass die Anlagekonzepte unplausibel seien, da nur bei von vornherein unrealistischen Gewinnen eine Rückzahlungsverpflichtung der Anleger bezüglich der erfolgenden Ausschüttungen nicht eingetreten wäre. Vor diesem Hintergrund hätte jedenfalls von einer darlehensfinanzierten Beteiligung abgeraten werden müssen.
Die Beklagte habe die Pflichtverletzungen auch schuldhaft begangen. Sie seien kausal für den Abschluss der Beteiligungsverträge, wobei eine Vermutung für ein aufklärungsrichtiges Verhalten spreche. Ein bereits bezifferbarer Schaden sei ihm in Höhe von 74.684,24 Euro entstanden (Klageantrag Ziffer 1); soweit erstinstanzlich sowie zunächst im Berufungsverfahren ein Schaden in Höhe von 108.904,62 Euro geltend gemacht wurde, wurde die Berufung teilweise zurückgenommen. Zudem stehe ihm ein Freistellungsanspruch (Klageantrag Ziffer 2) zu. Daneben wurde ein Feststellungsantrag gestellt (Klageantrag Ziffer 3). Verjährung sei nicht eingetreten.
Der Kläger hat zuletzt beantragt:
Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 4. Februar 2009 - 2 O 376/07 - wird wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 74.684,24 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
2. Die Beklagte verpflichtet sich, den Kläger von sämtlichen weiteren Ansprüchen aus dem am 5.12. / 16.12.2001 abgeschlossenen Darlehensvertrag mit der Sparkasse xxx, Darlehenskontonummer: xxx, freizustellen.
10 
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, im Zusammenhang mit der Beteiligung an der F.B. 75 mbH sämtlichen zukünftig entstehenden Schaden zu ersetzen.
11 
4. Die gemäß Ziffer 1 bis 3 aufgeführten Verpflichtungen der Beklagten sind Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Rechte an den Beteiligungen des Klägers an der F.B. 68 GmbH & Co. KG vom 19.7.1999, Wertpapierkennnummer: xxx 4, Anteilsnummer: xxx, im Nennbetrag von  100.000,-- DM und an der B. 75 mbH (vormals F.B. 75 GmbH & Co. KG) vom 15.11.2001, Wertpapierkennnummer: xxx, Anteilsnummer: xxx, im Nennbetrag von 100.000,-- DM zu erfüllen.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Auch die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, über Innenprovisionen an Herrn K. aufzuklären, da nur Kreditinstitute, nicht aber freie Anlageberater zu einer entsprechenden Aufklärung verpflichtet seien. Jedenfalls stehe aber fest, dass sie den Kläger darüber aufgeklärt habe, dass sie bzw. Herr K. regelmäßig Provisionen erhalte. Die Risikoaufklärung sei ordnungsgemäß erfolgt, zumal bereits die Angaben in den Prospekten zutreffend und ausreichend gewesen seien. Die den F. Fonds zugrunde liegenden Konzepte seien plausibel gewesen, jedenfalls sei das Gegenteil für sie nicht erkennbar gewesen. Der behauptete Schaden werde bestritten.
B.
15 
Die Berufung des Klägers ist zulässig und, nachdem sie teilweise zurückgenommen wurde, auch begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch in der aus dem Tenor dieses Urteils ersichtlichen Höhe aus positiver Vertragsverletzung zu, da sie Pflichten aus dem Beratungsdienstvertrag vom 11. Oktober 1993 anlässlich der Beratung vor Abschluss der Beteiligungen am F. Fonds 68 sowie F. Fonds 75 schuldhaft verletzte (I.).  Zudem steht dem Kläger ein Anspruch auf Prozesszinsen gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB a.F. zu (II.).
16 
Aufgrund des Beratungsdienstvertrages vom 11. Oktober 1993 (Anlage K 1, Bl. 21 d.A.) trafen die Beklagte Beratungspflichten gegenüber dem Kläger vor Abschluss der Beteiligungen am F. Fonds 68 sowie am F. Fonds 75 (I.1).
17 
Die Beklagte hat Pflichten aus diesem Beratungsdienstvertrag verletzt, indem sie den Kläger oder die für ihn tätig werdende Ehefrau, Frau W.-Z., nicht darüber aufgeklärt hat, dass Herr K. als damaliger Geschäftsführer der Beklagten Innenprovisionen in Höhe von 12 % der Beteiligungssumme erhält. Ob die Beklagte auch weitere Pflichten verletzt hat, indem sie den Kläger nicht anlegergerecht beraten, nicht hinreichend auf Risiken dieser Vermögensanlage hingewiesen und nicht ausreichend die wirtschaftliche Tragfähigkeit des den Beteiligungen zugrunde liegenden Konzepts geprüft habe, ist offen, kann jedoch dahinstehen (I.2).
18 
Die Beklagte hat die Pflichtverletzungen jedenfalls fahrlässig und somit schuldhaft begangen (I.3).
19 
Diese waren kausal für den Schadenseintritt (I.4),
20 
dessen Höhe sich aus dem Tenor dieses Urteils ergibt (I.5).
21 
Ein Mitverschulden trifft den Kläger nicht (I.6).
22 
Verjährung ist nicht eingetreten (I.7).
23 
Auf den Rechtsstreit ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden, Art. 229 § 5 EGBGB. Zwar regelt Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB, dass für Dauerschuldverhältnisse vom 1. Januar 2003 an nur das Bürgerliche Gesetzbuch in der dann geltenden Fassung anzuwenden ist. Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Beratungsdienstvertrag handelt es sich zwar um ein Dauerschuldverhältnis, auf das seit dem 1. Januar 2003 das Bürgerliche Gesetzbuch grundsätzlich in der ab 1. Januar 2003 geltenden Fassung anzuwenden ist. Dies gilt jedoch nicht für Ansprüche aus einem am 1. Januar 2003 fortbestehenden Dauerschuldverhältnis, die vor Ablauf dieses Tages zu erfüllen waren. Insoweit trifft der Sinn von Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB, das Bürgerliche Gesetzbuch in seiner Fassung durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz auf zuvor begründete Dauerschuldverhältnisse anwendbar zu machen - und den Parteien eine Frist zur Anpassung der laufenden Pflichten aus einem Dauerschuldverhältnis auf die am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches einzuräumen - nicht zu (BGH NJW-RR 2008, 172). Die Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte wegen fehlerhafter Beratung waren bereits vor dem 1. Januar 2003 entstanden, auch wenn die Schadensentwicklung zu dem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war.
I.
24 
Anspruch aus positiver Vertragsverletzung
25 
1. Stellung der Beklagten als Anlageberaterin:
26 
Aufgrund des Beratungsdienstvertrages vom 11. Oktober 1993 (Anlage K 1, Bl. 21 d.A.) hatte die Beklagte die Aufgaben und Pflichten einer Anlageberaterin, als sie dem Kläger am 16. Oktober 1999 sowie am 13. November 2001 empfahl, Beteiligungen am F. Fonds 68 sowie F. Fonds 75 durch eine Treuhandgesellschaft erwerben zu lassen. Die Beklagte wurde als Anlageberaterin und nicht lediglich als Anlagevermittlerin tätig.
27 
a) Stellung und Aufgaben eines Anlagevermittlers und eines Anlageberaters sind unterschiedlich. Ihre Pflichtenkreise decken sich nicht. Dabei sind Überschneidungen möglich. Der jeweilige Pflichtenumfang kann nicht allgemein bestimmt werden, sondern nur anhand der Besonderheiten des Einzelfalls (BGH NJW-RR 1993, 1114; Ellenberger, Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Aufklärungs- und Beratungspflichten bei der Anlageberatung, WM 2001, Sonderbeilage Nr. 1 zu Heft 15, S. 5).
28 
aa) Einen Anlageberater wird der Kapitalanleger im Allgemeinen hinzuziehen, wenn er selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge hat. Er erwartet dann nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere deren fachkundige Bewertung und Beurteilung. Häufig wünscht er eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung, die er auch besonders honoriert. In einem solchen Vertragsverhältnis hat der Berater regelmäßig weitgehende Pflichten gegenüber dem betreuten Kapitalanleger. Als unabhängiger individueller Berater, dem weitreichendes persönliches Vertrauen entgegen gebracht wird, muss er besonders differenziert und fundiert beraten (BGH NJW 1982, 1095 f.; NJW-RR 1993, 1114).
29 
bb) Dem Anlagevermittler, der für eine bestimmte Kapitalanlage im Interesse des Kapitalsuchenden und auch mit Rücksicht auf die ihm von diesem versprochene Provision den Vertrieb übernommen hat, tritt der Anlageinteressent dagegen selbständiger gegenüber. An ihn wendet er sich in der Regel in dem Bewusstsein, dass der werbende und anpreisende Charakter der Aussagen im Vordergrund stehen. Der zwischen dem Anlageinteressenten und einem solchen Anlagevermittler zustande gekommene Vertrag zielt lediglich auf Auskunfterteilung ab. Er verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (BGH NJW 1990, 506 f.; NJW-RR 1993, 1114).
30 
b) Aus dem Beratungsdienstvertrag vom 11. Oktober 1993 folgt, dass der Beklagten die Stellung und Aufgaben einer Anlageberaterin zukamen und sie bei den abgegebenen Empfehlungen nicht lediglich als Anlagevermittlerin tätig wurde. Hierfür spricht bereits die Bezeichnung des Vertrages als "Beratungsdienstvertrag", der zudem die Überschrift "Dauerberatung" trägt. Dies folgt zudem aus Ziffer 1 des Vertrages, wonach "Gegenstand der Leistung.... die laufende Beratung und Betreuung des Vermögens des Auftraggebers" sei, wozu "die Informationsgewinnung über den Kapitalmarkt, die Weitergabe dieser Informationen an den Auftraggeber und die laufende Überwachung des Vermögens des Auftraggebers" zähle (Ziffer 1 des Vertrages). Aus Ziffer 2 folgt, dass alle Anlageempfehlungen mit dem Auftraggeber abgestimmt werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt aus Ziffer 2 Abs. 2, wonach "Gegenstand der vom Auftraggeber an .. (die Beklagte) erteilten Aufträge... die vereinbarte Leistung und nicht ein bestimmter Erfolg" sei, nicht, dass eine fachkundige Bewertung und Beurteilung der Anlageempfehlungen nicht geschuldet sei. Vielmehr wird durch diese Vereinbarung lediglich klar gestellt, dass die Beklagte nicht für den wirtschaftlichen Erfolg bestimmter Anlageentscheidungen haftet, wenn sich bestimmte Risiken der Anlageentscheidung realisieren. Von der Pflicht zu einer fachkundigen Bewertung, Beurteilung und Beratung wurde die Beklagte hierdurch jedoch nicht entbunden.
31 
c) Die Feststellung des erstinstanzlichen Gerichts, dass spätestens seit 1999 das aufgrund des Beratungsdienstvertrages, der zunächst mit der K.u.R. GbR abgeschlossen wurde, begründete Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten bestand und die Beklagte somit passiv legitimiert ist, ist nicht zu beanstanden. Insoweit wird auf die erstinstanzliche Entscheidung Bezug genommen. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung begründeten, sind weder ersichtlich noch von den Parteien vorgetragen, so dass diese Feststellung im Berufungsverfahren bindend ist, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
32 
2. Pflichtverletzung:
33 
Die Beklagte hat bei den Anlageempfehlungen vom 16. Oktober 1999 und 13. November 2001 den Kläger oder die für ihn handelnde Ehefrau nicht darauf hingewiesen, dass ihr damaliger Geschäftsführer K., der auch die Beratung durchführte, eine Provision in Höhe von 12 % der Beteiligungssumme von den Kapitalsuchenden erhielt, obwohl sie hierzu verpflichtet gewesen wäre. Ob die Beklagte weitere Pflichtverletzungen begangen hat, ist offen und kann dahinstehen.
34 
a) Inhalt und Umfang der Beratungspflichten sind von einer Reihe von Faktoren abhängig, die sich einerseits auf die Person des Kunden und andererseits auf das Anlageprojekt beziehen. Die konkrete Ausgestaltung der Pflichten hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab (BGHZ 123, 126).
35 
aa) Zu den Umständen in der Person des Kunden gehören insbesondere dessen Wissensstand über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft; zu berücksichtigen ist also vor allem, ob es sich bei dem Kunden um einen erfahrenen Anleger mit einschlägigem Fachwissen handelt und welches Anlageziel der Kunde verfolgt. Die Kenntnis von solchen Umständen kann der Anlageberater aus langjährigen Geschäftsbeziehungen mit dem Kunden gewonnen haben; verfügt er nicht über entsprechendes Wissen, muss er Informationsstand und Anlageziel des Kunden erfragen.
36 
Die Beratung hat sich daran auszurichten, ob das beabsichtigte Anlagegeschäft der sicheren Geldanlage dienen soll oder ob der Kunde bereit ist, Risiken bei der Anlage einzugehen. Die empfohlene Anlage muss unter Berücksichtigung dieses Ziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten sein, also "anlegergerecht" sein (BGH NJW 1982, 1095; BGHZ 123, 126).
37 
bb) In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken (Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarkts) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts ergeben.
38 
Die Beratung des Anlageberaters muss richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig sein, der Anlageberater muss zeitnah über alle Umstände unterrichten, die für das Anlagegeschäft von Bedeutung sind. Dazu bedarf es - jedenfalls grundsätzlich - vorab der eigenen Information des Anlageberaters hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage und der Bonität des Kapitalsuchenden. Denn ohne zutreffende Angaben über die hierfür maßgeblichen tatsächlichen Umstände kann ein Kunde sein Engagement nicht zuverlässig beurteilen und keine sachgerechte Anlageentscheidung treffen. Fehlen dem Anlageberater derartige Kenntnisse, so hat er das dem Kunden mitzuteilen und offen zu legen, dass er zu einer Beratung beispielsweise über das konkrete Risiko eines Geschäfts mangels eigener Information nicht in der Lage ist (BGH NJW-RR 1993, 1114; BGHZ 123, 126).
39 
b) Die Beklagte hat eine Pflicht aus dem Beratungsvertrag verletzt, indem sie den Kläger nicht darauf hinwies, dass ihr damaliger Geschäftsführer und Gesellschafter, Herr K., eine Provision in Höhe von 12 % der Beteiligungssumme durch die Kapitalsuchenden erhielt.
40 
aa) Unstreitig ist, dass der damalige Geschäftsführer der Beklagten eine Provision in dieser Höhe von den Kapitalsuchenden für die Vermittlung des F. Fonds 68 und F. Fonds 75 erhielt. Nicht ausgeschlossen erscheint, dass tatsächlich die Beklagte und nicht deren damaliger Geschäftsführer persönlich die Provision erhielt, nachdem die Beklagte die Beratungsleistungen erbrachte und beide Parteien während des Rechtsstreits nicht ihr Augenmerk auf eine Differenzierung zwischen der Tätigkeit und den daraus resultierenden Pflichten des Herrn K. persönlich sowie der Beklagten richteten. Einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts - etwa durch einen Hinweis gemäß § 139 ZPO - bedurfte es jedoch nicht, da die Frage, ob die Provision an die Beklagte oder Herrn K. persönlich bezahlt wurde, nicht entscheidungserheblich ist.
41 
bb) Die Beklagte war als Anlageberaterin verpflichtet, die für den Kläger tätig werdende Ehefrau im Rahmen der erfolgten Anlageberatung darauf hinzuweisen, dass und in welcher Höhe sie oder der für sie handelnde (damalige) Geschäftsführer und Gesellschafter von Dritten für den Absatz des empfohlenen Produkts Vergütungen erhält.
(1)
42 
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in seinem Urteil vom 19. Dezember 2006 (NJW 2007, 1876, 1878 f.) diese Grundsätze für Banken, die als Anlageberater tätig werden, erstmals ausdrücklich dargelegt. Danach muss eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, den Kunden darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält. Die Aufklärung über die Rückvergütung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank offenzulegen. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen, ob die Bank ihm eine bestimmte Anlage nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient. Denn wenn eine Bank ihren Kunden berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den empfohlenen Fonds durch Rückvergütungen verdient, sind die Kundeninteressen durch die von der Bank vereinnahmten Rückvergütungen gefährdet. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektberechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten (ebenso OLG Stuttgart, Urteil vom 6.10.2009 - 6 U 126/09; OLG Karlsruhe, Urteil vom 3.3.2009 - 17 U 149/07).
43 
Diese Grundsätze gelten unabhängig von der Höhe der Vergütungen (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, NJW 2009, 1416).
44 
Die Aufklärungsbedürftigkeit des Kunden entfällt nicht bereits dadurch, dass er weiß  oder damit rechnet, dass die Bank eine Vergütung von den Kapitalsuchenden im Falle des Abschlusses eines Anlagegeschäfts erhält. Vielmehr bleibt er, was die Höhe der Rückvergütung angeht, aufklärungsbedürftig. Ohne deren Kenntnis kann er das Interesse der Bank an dem empfohlenen Anlagegeschäft und die damit verbundene Gefährdung seiner Interessen nicht richtig einschätzen (BGH, Urteil vom 19.12.2006, NJW 2007, 1876, 1878). Dabei muss die anlageberatende Bank von sich aus auch ungefragt über die Höhe ihrer Vergütung aufklären, auch wenn der Kunde bereits in allgemeiner Form darauf hingewiesen wurde oder ihm aufgrund sonstiger Umstände bewusst ist, dass die Bank bei Abschluss des Anlagegeschäfts eine Vergütung erhalten wird (OLG Stuttgart, Urteil vom 6.10.2009 - 6 U 126/09; a. A. OLG Frankfurt, Urteil vom 24.6.2009 - 17 U 307/08). Dies folgt daraus, dass der Anlageberater grundsätzlich von sich aus den Kunden über alle Umstände unterrichten muss, die für das Anlagegeschäft von Bedeutung sind. Die Stärke des Interessenkonflikts einer beratenden Bank hängt entscheidend von der Höhe der Rückvergütung ab. Dies gilt jedenfalls für Fälle wie den vorliegenden, in dem ein Anlageberater eine Provision in Höhe von 12 % und damit in einer Höhe erhält, die sich keinem Anleger aufdrängt, selbst wenn er grundsätzlich von der Zahlung einer Vergütung ausgeht.
45 
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch Beschluss vom 20. Januar 2009 (NJW 2009, 1416) klar gestellt, dass diese Grundsätze auch gelten, wenn die anlageberatende Bank Fonds empfiehlt, die keine Wertpapiere im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 WpHG sind. Bei der Offenlegung von Rückvergütungen geht es um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für den Kunden geschaffen wird. Deshalb ist es geboten, den Kunden über etwaige Rückvergütungen aufzuklären und zwar unabhängig von der Rückvergütungshöhe. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Berater Aktienfonds oder andere, nicht dem Wertpapierhandelsgesetz unterfallende Fonds vertreibt. Der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt ist in beiden Fällen gleich. Soweit durch Urteil des XI. Zivilsenats vom 19. Dezember 2006 (NJW 2007, 1876) § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG im Zusammenhang mit der Pflicht zur Vermeidung eines Interessenkonflikts angeführt wurde, wurden die Ausführungen zum Interessenkonflikt nicht auf den Anwendungsbereich des WpHG beschränkt. In § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a. F. ist lediglich der auch zivilrechtlich allgemein anerkennte Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten aufsichtsrechtlich für den Bereich des Wertpapierhandels normiert worden (BGH, Beschluss vom 20.1.2009, NJW 2009, 1416).
(2)
46 
Diese Grundsätze gelten auch für das hier streitgegenständliche Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten, das die Beklagte verpflichtete, im Rahmen eines als Dauerschuldverhältnis ausgestalteten Beratungsdienstvertrages, für das sie von dem Kläger eine Vergütung in Höhe von 2.000,-- DM jährlich erhielt, im Einzelfall eine Anlageberatung durchzuführen. Der offen zu legende Interessenkonflikt bestand bei der Beklagten in gleicher Weise wie bei Banken, die eine Anlageberatung übernommen haben. Spezifische Gesichtspunkte, die es gerade der anlageberatenden Bank gebieten würden, über Vergütungen des Kapitalsuchenden im Falle des Abschlusses des dem Kunden empfohlenen Anlagegeschäfts aufzuklären, wurden von der oben zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung weder aufgezeigt noch sind sie ersichtlich.
47 
Vielmehr ist diese Rechtsprechung eine Ausprägung des seit langem anerkannten und durch die Rechtsprechung für bestimmte Fallkonstellationen konkretisierten Grundsatzes, dass eine Vertragspartei, die für eine andere Vertragspartei tätig wird, nicht entgegen deren Interessen handeln darf (OLG Stuttgart, Urteil vom 6.10.2009 - 6 U 126/09; vgl. auch Heße, Verdeckte Innenprovisionen und Offenbarungspflicht beim Anlagevermittlungs- und Anlageberatungsvertrag, MDR 2009, 1197, 1201, rechte Spalte). Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs weist in seinem Urteil vom 19.12.2006 (NJW 2007, 1876), in dem er erstmals die Aufklärungspflicht anlageberatender Banken über einen Provisionsbezug feststellt, auf eine frühere Entscheidung hin, in der dieselben Grundsätze bereits für einen Vermögensverwalter dargestellt wurden. Hiernach hat eine Bank, die einem Vermögensverwalter Provisionen und Depotgebühren rückvergütet, ihren Kunden vor Abschluss der vom Vermögensverwalter initiierten Effektengeschäfte darauf hinzuweisen, dass sie dadurch eine Gefährdung der Kundeninteressen durch den Vermögensverwalter geschaffen hat (BGH, Urteil vom 19.12.2000 - XI ZR 349/99, NJW 2001, 962).
48 
Zudem hat der Bundesgerichtshof bereits wiederholt entschieden, dass es anstößig ist, wenn Unternehmen, die steuerbegünstigte Vermögensanlagen anbieten, steuerlichen Beratern eine Provision für den Fall versprechen, dass sie ihren Mandanten zu einem Vertragsschluss mit diesem Unternehmen veranlassen. Durch eine Provisionsvereinbarung gerät der steuerliche Berater in Gefahr, seine Mandanten nicht mehr unvoreingenommen zu beraten. In einer solchen Lage kann er dem Vorwurf des Treuebruchs nur dadurch entgehen, dass er den Mandanten, denen er die Beteiligung an dem betreffenden Produkt nahelegt, das ihm erteilte Provisionsversprechen offenbart (BGHZ 78, 263, 268; BGHZ 95, 81, 84; WM 1987, 959, 960; WM 1987, 960, 961).
49 
Ebenso hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Gefahr des Treubruchs nicht nur der steuerliche Berater, sondern auch der Sachwalter ausgesetzt ist, der aufgrund eines Treueverhältnisses verpflichtet ist, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen. Wer das Vertrauen eines anderen besitzt und aus diesem Grund von ihm als Berater zugezogen wird, der missbraucht dieses Vertrauen, wenn er es dadurch zu Geld macht, dass er den Inhalt seiner Ratschläge von Zahlungen interessierter Dritter abhängig macht. Der Beratende setzt in einem solchen Fall als selbstverständlich voraus, dass sich sein Berater bei seinen Ratschlägen ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten leiten lässt (BGH WM 1986, 1389, 1390).
50 
In einem anderen Fall hat der Bundesgerichtshof diese Grundsätze auf die Tätigkeit eines Baubetreuers angewendet. Im Rahmen vorvertraglicher Verhandlungen hat der Auftragnehmer den Auftraggeber darüber aufzuklären, dass er mit dem zukünftigen Baubetreuer des Auftraggebers eine Provisionsabsprache trifft. Die Nähe des Baubetreuers zum Vermögen des Betreuten zeigt sich in seiner Befugnis, für Rechnung des Betreuten Bauwerkverträge schließen zu können, und in seiner Aufgabe, die Durchführung und Abrechnung der geschlossenen Werkverträge zu überwachen. Im Hinblick auf das dem Baubetreuer entgegen gebrachte Vertrauen muss daher über entsprechende Provisionsvereinbarungen aufgeklärt werden (BGHZ 114, 87).
(3)
51 
Das Urteil des 11. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Celle vom 11. Juni 2009 (11 U 140/08) steht der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. Hiernach ergebe sich für einen "allgemeinen" Anlageberater, der von dem Kunden nicht vergütet wird, aus einem Anlageberatungsvertrag nicht die grundsätzliche Pflicht,  über eine Rückvergütung durch ein Fondsunternehmen aufzuklären. Einem Anleger, der für die Leistung eines allgemeinen Anlageberaters nichts zu bezahlen brauche, müsse klar sein, dass dieser nicht unentgeltlich tätig sei und im Falle eines Abschlusses des Anlagevertrages eine Vergütung von der jeweiligen Fondsgesellschaft erhalte. Hierdurch unterscheide sich die Tätigkeit eines allgemeinen Anlageberaters von einer anlageberatenden Bank. Ein Bankkunde müsse nämlich nicht zwingend damit rechnen, dass die Bank Rückvergütungen für ihre Vermittlungstätigkeit erhalte. Bei Banken sei es vielmehr durchaus möglich, dass die Anlageberatung eine Serviceleistung im Rahmen der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Kunden und der Bank darstelle.
52 
Die in dieser Entscheidung aufgestellten Grundsätze sind auf den zu entscheidenden Rechtsstreit, in dem die Beklagte aufgrund eines Dauerschuldverhältnisses für den Kläger tätig war und eine jährliche Vergütung erhielt, nicht übertragbar.
(4)
53 
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach Anlagevermittler über erhaltene Innenprovisionen bei der Vermittlung von Immobilienfonds nur aufklären müssen, wenn die Innenprovision die Grenze von 15 % des angelegten Kapitals erreicht oder überschreitet (BGH, Urteil vom 12.2.2004 III ZR 359/02, NJW 2004, 1732; Urteil vom 22.3.2007 - III ZR 218/06 -, NJW-RR 2007, 925), ist auf den vorliegenden Fall nicht zu übertragen. Die weitergehenden Pflichten eines Anlageberaters, der eine Provisionszahlung unabhängig von deren Höhe offen legen muss, rechtfertigen sich aus dem besonderen Vertrauen, das der Kunde ihm entgegenbringt. Gerade darin unterscheidet sich der Anlageberater von einem Anlagevermittler, der im Interesse des Kapitalsuchenden und mit Rücksicht auf die von dieser versprochene Provision den Vertrieb einer bestimmten Kapitalanlage übernommen hat. Einem solchen Vermittler tritt der Anlageinteressent selbständiger und in dem Bewusstsein gegenüber, dass der werbende und anpreisende Charakter der Aussage im Vordergrund steht (OLG Karlsruhe, Urteil vom 3.3.2009 - 17 U 149/07).
54 
Dass Anlagevermittler über Provisionen, die 15 % erreichen oder übersteigen, aufklären müssen, wird in der Rechtsprechung folgerichtig auch nicht mit möglichen Interessenkonflikten des Anlagevermittlers begründet. Vielmehr wird die Aufklärungspflicht des Anlagevermittlers auf die besondere Schutzwürdigkeit des Anlegers, der in Immobilienfonds investiert, gestützt. Für den Anleger ist der Prospekt oftmals die einzige oder jedenfalls die wichtigste Informationsquelle und damit die maßgebliche Grundlage für seine Anlageentscheidung. Somit ist dem Anleger eine nähere Prüfung der Werthaltigkeit bei derart komplexen Vorhaben kaum möglich. Mit der Schutzwürdigkeit des Anlegers korrespondiert die Verpflichtung der Prospektverantwortlichen und derjenigen, die sich des Prospekts zum Vertrieb bedienen, im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten Auskunftserteilung sämtliche für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstände wahrheitsgemäß und vollständig darzulegen. Daher muss der Anleger über erheblich überdurchschnittliche Innenprovisionen aufgeklärt werden, da diese die Werthaltigkeit des Objekts erheblich beeinträchtigen können und somit der Darstellung des Objekts als rentables Renditeobjekt im Prospekt entgegenstehen können (BGH, Urteil vom 12.2.2004, NJW 2004, 1732).
55 
Auch aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. September 2007 (XI ZR 320/06) folgt nicht, dass diese Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht von Anlagevermittlern grundsätzlich auf Anlageberater zu übertragen ist. Zwar hat der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung dargelegt, dass die Bank, die im Rahmen einer Anlageberatung ihren Kunden eine Beteiligung an Immobilienfonds empfahl, über Innenprovisionen aufklären müsse, sofern diese mindestens 15 % des angelegten Kapitals betragen. In diesem Urteil wird jedoch nicht erwähnt und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die Bank in dem zur Entscheidung stehenden Fall selbst an den Innenprovisionen teilgehabt hätte. Deshalb bestand in dem dort zu entscheidenden Fall kein offenbarungspflichtiger Interessenkonflikt, so dass - anders als in anderen Anlageberatungsfällen - nicht über Provisionszahlungen unabhängig von der Höhe der Provision aufgeklärt werden musste (ebenso OLG Karlsruhe, Urteil vom 3.3.2009 - 17 U 149/07).
56 
Dahinstehen kann, ob dem Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 11. Juni 2009      (11 U 140/08) zu folgen ist, wonach die Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht der Anlagevermittler auf allgemeine Anlageberater zu übertragen ist, sofern die Anlageberatung für den Anleger kostenlos erfolgt. Soweit das Oberlandesgericht Celle in dieser Entscheidung erwägt, diese Rechtsprechung für alle allgemeinen Anlageberater - unabhängig davon, ob die Beratung für den Anleger kostenlos erfolgt - zu übertragen, kann dem jedenfalls aus den oben genannten Gesichtspunkten nicht gefolgt werden.
(5)
57 
Auch die Entscheidung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 28. Juli 2005  (III ZR 290/04, WM 2005, 1998) ist auf die hier zu entscheidende Fallkonstellation nicht übertragbar. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Geschäftsbesorger, der beauftragt und bevollmächtigt ist, den Entschluss eines Anlegers, eine Investition einzugehen, durch den Abschluss der hierfür erforderlichen Verträge zu vollziehen, den Interessenten vor Abschluss der Verträge nur auf eine versteckte ihm bekannte Innenprovision hinweisen muss, wenn diese überhöht ist. Für die Frage, wann eine Innenprovision überhöht ist, hat sich der Bundesgerichtshof an die Entscheidungen zur Aufklärungspflicht über Provisionszahlungen an Anlagevermittler angelehnt. Anders als in der hier zu entscheidenden Fallkonstellation wurde die Innenprovision jedoch nicht an den Geschäftsbesorger bezahlt, so dass ein offenbarungspflichtiger Interessenkonflikt nicht bestand.
(6)
58 
Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die ein Anlagegeschäft finanzierenden Banken nur dann verpflichtet sind, den Anleger auf versteckte Innenprovisionen hinzuweisen, wenn die Provision zu einer so wesentlichen Verschiebung des Verhältnisses zwischen Kaufpreis und Verkehrswert der Kapitalanlage beiträgt, dass von einer die Grenze zur Sittenwidrigkeit überschreitenden Übervorteilung des Anlegers ausgegangen werden muss (Urteil vom 23.3.2004 - XI ZR 194/02, NJW 2004, 2378), ist auf die hier zu entscheidende Fallkonstellation nicht übertragbar. Eine Bank, die um die Finanzierung eines Anlagegeschäfts gebeten wird, nimmt nahezu ausschließlich, wie dem Kunden auch bewusst ist, ihre eigenen geschäftlichen Interessen wahr. Die Rentierlichkeit der Anlage ist für sie allenfalls im Hinblick auf die Werthaltigkeit der Kreditsicherung von Bedeutung. Das Kreditverwendungsrisiko trägt deshalb grundsätzlich allein der Darlehensnehmer. Dies rechtfertigt es, Aufklärungs- und Hinweispflichten der Bank gegenüber ihrem Darlehenskunden hinsichtlich der Verwendung der Valuta nur unter engen Voraussetzungen anzunehmen (BGH, Versäumnisurteil vom 28.7.2005 - III ZR 290/04, WM 2005, 1998). Hiervon unterscheidet sich die Rechtslage bei einem Anlageberater, der im Interesse seines Kunden tätig wird und der im Hinblick auf das ihm entgegen gebrachte Vertrauen über Interessenkonflikte aufklären muss.
59 
cc) Es steht fest, dass die Beklagte den Kläger nicht ausreichend über Provisionszahlungen aufgeklärt hat.
60 
Das Landgericht Stuttgart hat hierzu festgestellt, dass der damalige Geschäftsführer der Beklagten, Herr K., der Ehefrau des Klägers, Frau W.-Z., in einem Gespräch erklärt habe, dass die Beklagte nicht nur aufgrund von Beratungsgebühren, sondern auch durch den "Verkauf" Geld einnehme. Da sie und der Kläger in Kapitalanlagegeschäften nicht unerfahren gewesen seien, habe ihr klar sein müssen, dass die Beklagte an der Vermittlung von Anlagen verdiene. Zudem habe Herr K. ihr anlässlich eines Gesprächs über den Strukturvertrieb deutlich gemacht, dass und in welcher Größenordnung grundsätzlich Innenprovisionen bei Strukturbetrieben und somit bei durch die Beklagte vermittelten Anlagegeschäften bezahlt würden.
61 
Es kann dahinstehen, ob diese Feststellungen zutreffend sind. Jedenfalls hat die Beklagte bzw. der für sie handelnde Herr K. den Kläger oder dessen Ehefrau nicht über die konkrete Höhe der erteilten Provisionen für die streitgegenständlichen Anlagegeschäfte aufgeklärt, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Wie bereits oben aufgezeigt, wäre die Beklagte jedoch verpflichtet gewesen, auch ungefragt über die Höhe der Provisionszahlungen aufzuklären, auch wenn dem Kläger bekannt gewesen sein sollte oder er zumindest damit gerechnet habe, dass die Beklagte im Falle eines Abschlusses der Anlagegeschäfte auch von den Kapitalsuchenden eine Provision erhalte.
62 
Anzumerken ist, dass konkrete Anhaltspunkte bestehen, die Zweifel an der Richtigkeit der insoweit getroffenen Feststellungen begründen, so dass diese im Berufungsverfahren nicht bindend sind, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Zweifelhaft erscheint insbesondere, ob Herr K. anlässlich eines Gesprächs über den Strukturvertrieb deutlich gemacht hat, dass und in welcher Größenordnung Innenprovisionen für Anlagegeschäfte an die Beklagte oder Herrn K. gezahlt würden. Weder die Zeugin W.-Z. noch der Zeuge K. konnten in ihrer Vernehmung vom 14. Januar 2009 bestätigen, dass ein Gespräch mit diesem Inhalt erfolgt sei. Die Zeugin W.-Z. hat insoweit ausgesagt, dass der Zeuge K. auf Nachfrage ausdrücklich erklärt habe, dass die Beklagte nicht wie ein Strukturvertrieb organisiert sei. Der Zeuge K. hat ausgesagt, dass er es zwar für möglich halte, sich mit der Zeugin W.-Z. auch über den Strukturvertrieb unterhalten zu haben, sich jedoch hieran nicht mehr konkret erinnern könne.
63 
c) Dahinstehen kann, ob die Beklagte den Anforderungen an eine anlegergerechte Beratung genügt hat und den Kläger ausreichend über die Risiken dieser Anlageform aufgeklärt hat. Die Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil sind hierzu unvollständig. Einer erneuten Beweisaufnahme bedarf es jedoch nicht, da bereits fest steht, dass die Beklagte unzureichend über erhaltene Provisionen aufgeklärt hat und somit eine Pflichtverletzung begangen hat.
64 
aa) Im erstinstanzlichen Urteil wurden keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger der Beklagten vor Abschluss der streitgegenständlichen Anlagegeschäfte mitgeteilt habe, dass er eine zur Altersvorsorge geeignete Geldanlage wünsche. Der Auffassung, dass entsprechende Feststellungen für den Umfang der Aufklärungspflicht nicht erforderlich seien, kann nicht gefolgt werden. Anlagen, die insbesondere einer finanziellen Absicherung des Anlegers im Alter dienen sollen, müssen hinreichend sicher sein, um diese Aufgaben auch bei einer ungünstigen wirtschaftlichen Entwicklung erfüllen zu können. Hiermit ist das mit der hier gewählten Anlageform verbundene Risiko eines Totalverlusts und einer eventuellen Nachschusspflicht nicht vereinbar (BGH WM 2000, 1441; OLG Stuttgart, Beschluss vom 2. Oktober 2008 - 5 U 60/08). Wie bereits oben dargelegt, genügt es für eine anlegergerechte Beratung nicht, lediglich Auskunft über Umstände des Anlagegeschäfts zu geben, die für den Anleger von wesentlicher Bedeutung sein können. Vielmehr umfasst der Anlageberatungsvertrag auch die Pflicht, Kapitalanlagen für den Anleger zu bewerten und entsprechende Empfehlungen abzugeben, welche Anlagen für ihn angesichts des konkreten Anlageziels geeignet sind. Auch wenn man davon ausgeht, dass Herr K. der Ehefrau des Klägers jeweils rechtzeitig vor Abschluss der streitgegenständlichen Anlagegeschäfte einen Prospekt, in dem die wesentlichen Risiken des Anlagegeschäfts aufgeführt waren, ausgehändigt und diesen mit ihr besprochen und insbesondere erörtert habe, dass eine Insolvenz der Fondsgesellschaft sowie eine auf § 172 HGB beruhende "Mithaftung" nicht ausgeschlossen sei, so hätte eine anlegergerechte Beratung zudem des bewertenden Hinweises bedurft, dass die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds aufgrund der wirtschaftlichen Risiken für eine Alterssicherung wenig geeignet erscheint. Jedenfalls hätte die Beklagte darauf hinweisen müssen, dass es mit dem Anlageziel einer Alterssicherung nicht vereinbar sei, eine Beteiligung an unsicheren Geldanlagen durch Darlehen zu finanzieren und somit im Falle eines wirtschaftlichen Misserfolgs das Risiko einzugehen, die Tilgung der Darlehen durch erwartete Ausschüttungen nicht erbringen zu können. Selbst wenn die Feststellungen des Landgericht Stuttgart zutreffend sein sollten, wonach der Kläger bereit gewesen sei, ein gewisses Risiko einzugehen, um eine höhere Rendite zu erzielen, so wäre - falls das Ziel einer Alterssicherung geäußert worden sein sollte - jedenfalls der Hinweis geschuldet gewesen, dass das Ziel einer sicheren Alterssicherung mit einer Renditeerwartung von 7 % jährlich durch Beteiligung an geschlossenen Immobilienfonds nicht vereinbar sei.
65 
bb) Auch bezüglich der getroffenen Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil, wonach der Kläger bereit gewesen sei, ein gewisses Risiko einzugehen, um eine höhere Rendite zu erzielen, begründen konkrete Anhaltspunkte Zweifel an deren Richtigkeit, so dass auch diese Feststellungen nicht bindend sind, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht Stuttgart stützt diese Feststellungen ausschließlich auf das "sonstige Anlageverhalten" des Klägers. Abgesehen davon, dass nicht festgestellt wurde, ob die Beklagte den Kläger bei den anderen von ihr empfohlenen Anlagegeschäften anlegergerecht beraten und aufgeklärt hatte, kann aus den sonstigen von der Beklagten betreuten Kapitalanlagen nicht geschlossen werden, dass der Kläger bereit gewesen sei, einen Betrag in Höhe von etwa 150.000,-- Euro in risikobehaftete Geldanlagen zu investieren. Ausweislich des von der Beklagten erstatteten Vermögensauszugs über die von ihr betreuten Kapitalanlagen des Klägers vom 3. September 2001 (Anlage K 12, Bl. 46 d.A.) hatte der Kläger zwar auch in Aktienfonds investiert, die risikobehaftet sind. Geht man jedoch davon aus, dass die Geldmarkt-Fonds "xxx" und "xxx" risikoarm seien, wovon jedenfalls Herr K. ausweislich seiner Anhörung vom 8. April 2008 ausgegangen ist (Bl. 342 d.A.), so kann dem Vermögensauszug nur entnommen werden, dass der Kläger etwa 14.000,-- Euro in risikoreiche Aktienfonds investiert hat. Hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass er auch bereit gewesen sei, einen weitaus größeren Teil seines Vermögens ebenso risikoreich zu investieren. Daher kommt auch dem "Gesprächsleitfaden" (Bl. 464 d.A.), in dem der Kläger am 18. Januar 2001 angegeben hatte, ein wachstumsorientierter Anleger zu sein, der zur Erzielung von höheren Renditen bereit sei, Verlustrisiken hinzunehmen, nur beschränkte Bedeutung zu. Diese Erklärung wurde im Zusammenhang mit einer Anlage in den "xxx" Fonds gemacht, in den der Kläger ausweislich des Vermögensauszugs vom 4. September 2001 bis zu diesem Zeitpunkt lediglich 741,71 Euro investiert hatte. Aus der Tatsache, dass der Kläger und seine Ehefrau in der Vergangenheit wiederholt Kapitalanlagen tätigten, kann angesichts des dargestellten Umfangs der Anlagegeschäfte nicht der Schluss gezogen werden, dass sie insoweit erfahren gewesen seien.
66 
Die Zeugin W.-Z. hat ausgesagt, dass es dem Kläger darauf angekommen sei, jedenfalls den Großteil seines Vermögens sicher zur Altersvorsorge anzulegen. Herr K. ist als Zeuge zu dieser Frage nicht vernommen worden, obwohl er von der Beklagten gegenbeweislich zu diesem Beweisthema als Zeuge benannt wurde. Einiges spricht dafür, dass Herr K. die streitgegenständlichen Anlagen als zur Alterssicherung geeignet dargestellt hatte. Auf den von Herrn K. erstellten Berechnungsbeispielen vor der Beteiligung des Klägers am F. Fonds 68 war aufgeführt, dass dieser Fonds geeignet sei für "Vermögensbildung aus der ersparten Steuer, ergänzende Altersvorsorge, inflationsgeschützte Sachwertanlage". (Anlage K 5, Bl. 31 d.A.). Zudem erstellte Herr K. am 13. November 2001, also zeitgleich mit der Empfehlung einer Beteiligung am F. Fonds 75, eine als "Übersicht Alterseinkommen" bezeichnete Darstellung, in der zukünftige Einkünfte aus den Kapitalanlagen darstellt wurden (Anlage K 15, Bl. 51 d.A.).
67 
d) Dahingestellt bleiben kann auch, ob die Beklagte die wirtschaftliche Tragfähigkeit der streitgegenständlichen Fonds ausreichend geprüft hatte oder ob insoweit eine weitere Pflichtverletzung vorliegt.
68 
aa) Bereits oben wurde dargestellt, dass ein Anlageberater verpflichtet ist, von ihm empfohlene Kapitalanlagen auf ihre wirtschaftliche Tragfähigkeit zu überprüfen. Sofern ihm dies nicht möglich ist, hat er den Anleger auch hierauf hinzuweisen. Ein entsprechender Hinweis ist durch die Beklagte unstreitig nicht erfolgt.
69 
bb)   Dahinstehen kann, ob die Beklagte die F. Fonds 68 und 75 hinreichend auf ihre wirtschaftliche Tragfähigkeit überprüft hatte. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, dass eine wirtschaftliche Tragfähigkeit beider Fonds eine Rendite von über 9 % vorausgesetzt hätte, was von vornherein erkennbar unrealistisch gewesen sei. Die Beklagte hat insoweit lediglich behauptet, externe Gutachten gekannt zu haben, in denen die Konzeption als wirtschaftlich tragfähig bezeichnet worden sei, ohne insoweit jedoch konkret vorzutragen, welchen Inhalt diese Gutachten gehabt hätten und wer sie erstellt gehabt habe.
70 
3. Verschulden:
71 
Die Beklagte hat die Verletzung der Pflicht, über ihr gewährte Innenprovisionen aufzuklären, auch zu vertreten. Die Beklagte, die insoweit entsprechend § 282 BGB a. F. analog darlegungs- und beweisbelastet ist (BGH NJW 2000, 2812; Palandt, BGB, 61. Aufl., § 282 RN 8), hat nicht nachgewiesen, dass sie die Pflichtverletzung nicht zumindest fahrlässig begangen hat. Hierbei ist ein strenger Sorgfaltsmaßstab anzulegen. Nur in Ausnahmefällen hat der Bundesgerichtshof einen Rechtsirrtum als unverschuldet angesehen und aufgrund dessen ein Verschulden an der Verletzungshandlung verneint (BGH NJW 1975, 1220, 1222; vgl. a. BGH NJW 1994, 2754; Palandt/Heinrichs, a.a.O., 69. Aufl., § 276 Rn. 22).
72 
Der Umstand, dass die hier zugrunde gelegte Entscheidung des Bundesgerichtshofs erst im Dezember 2006 ergangen ist, entlastet die Beklagte nicht. Denn diese Entscheidung (NJW 2007, 1876, 1878) hat - wie bereits oben aufgezeigt - lediglich seit langem anerkannte Grundsätze zur Aufklärungspflicht von Beratern und anderen Personen, die im Interesse eines anderen tätig werden, angewandt.
73 
Ausdrücklich knüpfte diese Entscheidung an ein Urteil vom 19. Dezember 2000 an, in dem der Bundesgerichtshof bereits klar gestellt hatte, dass eine Bank an die dem Vermögensverwalter ihres Kunden gewährten Rückvergütungen wegen des damit verbundenen Interessenkonflikts offenlegen muss (BGH NJW 2001, 962, 963). Höchstrichterliche Rechtsprechung, die die Auffassung der Beklagten, über Innenprovisionen nicht aufklären zu müssen, gestützt hätte, existierte dagegen nicht (ausführlich hierzu OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Oktober 2009 - 6 U 126/09). Auch in der Literatur wurde bereits seit längerer Zeit die Auffassung vertreten, dass Rückvergütungen offen zu legen sind (OLG Karlsruhe, Urteil vom 3.3.2009 - 17 U 149/07 mit Nachweisen).
74 
Selbst wenn man zugunsten der Beklagten unterstellen wollte, dass es im Zeitpunkt der abgegebenen Empfehlungen keine herrschende Meinung zu der Frage gegeben habe, ob über Innenprovisionen aufzuklären ist, würde hieraus nichts anderes folgen. Zwar ist es einem Schuldner auch bei Fehlen einer herrschenden Meinung im Einzelfall zugestanden worden, sich nach fachjuristischer Prüfung für eine der vertretenen Meinungen zu entscheiden, ohne sich einem Fahrlässigkeitsvorwurf auszusetzen. Voraussetzung ist indes, dass es sich zum einen um eine besonders schwierige Rechtsfrage handelt und zum anderen, dass die Entscheidung dieser Rechtsfrage weitragende Bedeutung für den gesamten Geschäftsbetrieb des Schuldners hat (BGH NJW 1975, 1220, 1223; vgl. hierzu auch OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Oktober 2009 - 6 U 126/09). Die vorliegende Rechtsfrage ist jedoch nicht als besonders schwierig zu bewerten, da sie aus Grundsätzen abgeleitet werden kann, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung wiederholt aufgezeigt wurden. Zum anderen spricht nichts dafür, dass die Rechtsfrage weitragende Bedeutung für den gesamten Geschäftsbetrieb der Beklagten gehabt hätte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass eine Aufklärung über Innenprovisionen zu einem deutlichen Geschäftsrückgang geführt hätte. Dies behauptet auch die Beklagte nicht, die vielmehr betont, grundsätzlich über den Erhalt von Innenprovisionen - wenn auch nicht über die konkrete Höhe - aufgeklärt und den Kläger hierüber nicht im Unklaren gelassen zu haben.
75 
Dementsprechend hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart wiederholt entschieden, dass anlageberatende Banken eine entsprechende Pflichtverletzung vertreten müssen, auch wenn diese Pflichtverletzungen vor der Jahrtausendwende erfolgten (Urteil vom 6. Oktober 2009 - 6 U 126/09, RN 59, zitiert nach Juris). Auch dem Bundesgerichtshof erschien die Annahme, dass eine Bank bei einem objektiven Verstoß gegen diese Mitteilungspflicht im Bereich des WpHG auch fahrlässig gehandelt habe, im Jahr 2000 so selbstverständlich, dass er sie im Urteil vom 12. Mai 2009 (XI ZR 586/07 = NJW 2009, 2298) ohne weitere Begründung in einem Halbsatz annahm.
76 
4. Kausalität:
77 
Die Beklagte hat weder dargelegt noch nachgewiesen, dass die Pflichtverletzungen nicht ursächlich für die Beteiligung des Klägers am F. Fonds 68 sowie am F. Fonds 75 und dem hiermit verbundenen Schadenseintritt gewesen sind, obwohl sie insoweit darlegungs- und beweisbelastet ist. Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, das heißt, dass der Aufklärungspflichtige beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte. Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, NJW 2009, 2298). Die Beklagte hat jedoch weder dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass der Kläger sich an den streitgegenständlichen Fonds auch beteiligt hätte, wenn sie ihn darüber aufgeklärt hätte, dass ihr damaliger Geschäftsführer hierfür eine Provision in Höhe von 12 % der Beteiligungssumme erhält.
78 
Unerheblich ist, ob die Vertriebskosten in den Prospekten vollständig offen gelegt waren. Unstreitig war jedenfalls nicht offen gelegt, welche Provision jeweils ein Anlageberater erhält, der die Beteiligung eines Anlegers an den streitgegenständlichen Fonds empfiehlt. Selbst wenn also der Kläger eine Beeinträchtigung der allgemeinen Renditechancen durch hohe "weiche" Kosten erkannt hätte, hätte er damit nicht zugleich erkannt, ob und in welchem Umfang ein Interessenkonflikt bei der Beklagten aufgrund der erhaltenen Innenprovisionen besteht (OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Oktober 2009 - 6 U 126/09).
79 
Gegen die Annahme einer Vermutung kann auch daraus nichts hergeleitet werden, dass die Ehefrau des Klägers nicht von sich aus nach der Höhe der Provision fragte, selbst wenn man unterstellt, dass ihr bewusst gewesen sei oder sie damit gerechnet habe, dass die Beklagte eine Innenprovision erhalten könnte. Die Stärke des Interessenkonflikts der Beklagten hängt - wie bereits oben aufgezeigt - von der Höhe der Rückvergütung ab, und dass diese 12 % erreichen würde, drängte sich keinem Anleger auf (ebenso OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Oktober 2009 - 6 U 126/09 - für eine Provision in Höhe von 8 %).
80 
5. Höhe des Schadens:
81 
Der Schadensersatzanspruch ist auf das negative Interesse des Klägers gerichtet. Der Kläger ist somit so zu stellen, als hätte er die Beteiligungsverträge nicht abgeschlossen.
82 
a) Der Kläger hat substantiiert dargelegt, dass ihm durch die Beteiligung am F. Fonds 68 ein Schaden in Höhe von 27.475,99 Euro und die Beteiligung am F. Fonds 75 in Höhe von 65.402,42 Euro entstanden ist. Steuervorteile in Höhe von 18.194,17 Euro lässt er sich schadensmindernd anrechnen, so dass der nach teilweiser Berufungsrücknahme bezifferte Klageantrag Ziffer 1 in Höhe von (27.475,99 Euro + 65.402,42 Euro - 18.194,17 Euro =) 74.684,24 Euro begründet ist. Die Beklagte hat die Höhe des Schadens lediglich pauschal bestritten, was angesichts des substantiierten Vortrags des Klägers unbeachtlich ist.
83 
aa) Es steht fest, dass dem Kläger durch die Beteiligung am F. Fonds 68 ein Schaden in Höhe von 27.475,99 Euro entstanden ist.
(1)
84 
Unstreitig hat der Kläger für diese Beteiligung 100.000,-- DM zuzüglich 5 % Agio, also 105.000,-- DM (= 53.685,64 Euro) bezahlt. Hiervon hat er 20.000,-- DM (= 10.225,84 Euro) durch eine Bareinlage erbracht, so dass ihm in dieser Höhe ein Schaden entstanden ist.
(2)
85 
60.000,-- DM (= 30.677,51 Euro) hat er durch ein Darlehen finanziert (Anlage K 24, Bl. 65 d.A.). Ausweislich der Jahreskontoauszüge der Sparkasse xxx, die ab dem Jahr 2001 vorgelegt wurden (Anlage K 24, Bl. 66 ff.), hat der Kläger ab Januar 2001 bis Juni 2006 halbjährlich eine feste Rate zur Tilgung des Darlehens in Höhe von 2.684,62 Euro     (= 5.250,67 DM) erbracht. Zuzüglich zu den 11 Raten á 2.684,62 Euro hat er Ende Juni 2006 eine Schlussrate in Höhe von 2.376,36 Euro erbracht, so dass der Kläger insgesamt Zahlungen zur Tilgung des Darlehens in Höhe von (11 x 2.684,62 Euro + 2.376,36 Euro =) 31.907,18 Euro erbracht hat.
(3)
86 
Daneben hat er zur Finanzierung der Beteiligung einen Kontokorrentkredit in Höhe von 25.000,-- DM (= 12.782,29 Euro) aufgenommen (Anlage K 8, Bl. 38). Diesen Kontokorrentkredit hat der Kläger jedoch in seine Schadensberechnung nicht aufgenommen, sondern lässt sich insoweit die Steuervorteile schadensmindernd anrechnen, da die Rückzahlung des Kontokorrentkredits ausschließlich durch die Einkommenssteuerrückzahlung für das Jahr 1999 bis Ende 2000 erfolgte.
(4)
87 
Von den Zahlungen zur Finanzierung der Beteiligung am F. Fonds 68 sind Ausschüttungen in Höhe von 14.657,03 Euro, die durch Vorlage der Anlage K 26 (Bl. 78 d.A.) substantiiert und nachvollziehbar dargelegt wurden, in Abzug zu bringen.
(5)
88 
Soweit der Kläger zunächst eine Zahlung in Höhe von 8.061,37 Euro an den Insolvenzverwalter der F.B.68 KG aufgrund eines in einem beim Landgericht Stuttgart geführten Rechtsstreit (10 O 481/2006) am 15. März 2007 abgeschlossenen Vergleichs in seine Schadensberechnung einstellte, hat er diesen Betrag nach der erfolgten teilweisen Berufungsrücknahme nicht weiter verfolgt.
(6)
89 
Zusammenfassend steht somit ein Schaden des Klägers aufgrund seiner Beteiligung am F. Fonds 68 in Höhe von 27.475,99 Euro fest:
90 

Bareinlage:

  10.225,84 Euro

Zins- und Tilgungszahlungen auf ein Darlehen:

+ 31.907,18 Euro

Ausschüttungen:

- 14.657,03 Euro

Insgesamt:

  27.475,99 Euro.
91 
bb) Es steht fest, dass dem Kläger durch die Beteiligung am F. Fonds 75 ein Schaden in Höhe von 65.402,42 Euro entstanden ist.
(1)
92 
Unstreitig hat der Kläger für die Beteiligung am F. Fonds 75  100.000,-- Euro zuzüglich    5 % Agio, also 105.000,-- Euro bezahlt (Anlagen K 17, K 18, Bl. 54 f. d.A.). Hiervon hat er 28.600,-- Euro durch eine Bareinlage finanziert (vgl. Anlage K 16, Bl. 53 d.A.). Diese Bareinlage ist Teil des zu ersetzenden Schadens.
(2)
93 
Weitere 76.400,-- Euro hat er durch Aufnahme eines Darlehens über 80.000,-- Euro bei der Sparkasse xxx finanziert, wobei die Sparkasse ein Disagio in Höhe von 3.600,-- Euro erhob, so dass der Nettokreditbetrag 76.400,-- Euro betrug (Anlage K 20, Bl. 57 d.A.). Durch Vorlage der Jahreskontoauszüge der Sparkasse xxx (Anlage K 24, Bl. 72 ff. d.A.) hat der Kläger substantiiert dargelegt, dass er zur Tilgung des Darlehens im Zeitraum zwischen Juli 2002 und Dezember 2006 halbjährlich Raten in Höhe von 6.000,-- Euro zahlte, so dass insgesamt 9 Raten in Höhe von 6.000,-- Euro zur Tilgung des Darlehens bezahlt wurden. Ausweislich des Jahreskontoauszugs für das Jahr 2002 (Bl. 73 d.A.) hat der Kläger eine Sondertilgung in Höhe von 365,55 Euro erbracht. Eine weitere Sondertilgung in Höhe von 561,87 Euro erfolgte im Jahr 2006 ausweislich des für dieses Jahr vorgelegten Jahreskontoauszugs (Bl. 76 d.A.). Somit hat der Kläger substantiiert dargelegt, Zahlungen in Höhe von (9 x 6.000,-- Euro + 365,55 Euro + 561,87 Euro = ) 54.927,42 Euro zur Tilgung dieses Darlehens erbracht zu haben. Dieser Betrag ist Teil des beziffert geltend gemachten Schadens. Im übrigen hat der Kläger einen Freistellungsantrag (Klageantrag Ziffer 2) gestellt, da das Darlehen noch nicht vollständig zurückgeführt wurde (hierzu unten I 5 b).
(3)
94 
Der Kläger hat vorgetragen, dass Ausschüttungen in Höhe von 18.125,-- Euro erfolgten, die er bei seiner Schadensberechnung in Abzug bringt.
(4)
95 
Soweit der Kläger zunächst eine Sonderzahlung in Höhe von 5.200,-- Euro in seine Schadensberechnung eingestellt hat, macht er diesen Betrag nach erfolgter teilweiser Berufungsrücknahme nicht mehr geltend.
(5)
96 
Zusammengefasst ist dem Kläger somit aufgrund der Beteiligung am F. Fonds 75 ein Schaden in Höhe von 65.402,42 Euro entstanden:
97 

Bareinlage:

  28.600,00 Euro

Zins- und Tilgungsleistungen auf ein Darlehen:

+ 54.927,42 Euro

Ausschüttungen:

- 18.125,00 Euro

Insgesamt:

  65.402,42 Euro.
98 
cc) Neben den Steuervorteilen in Höhe von 12.782,29 Euro aufgrund der Beteiligung am F. Fonds 68, die zur Rückzahlung des zur Finanzierung dieser Beteiligung aufgenommenen Kontokorrentkredits in gleicher Höhe verwendet wurden (vgl. hierzu oben Ziffer I 5 a) aa)), lässt sich der Kläger weitere Steuervorteile in Höhe von 18.194,17 Euro schadensmindernd anrechnen, die durch Anlage K 28 (Bl. 86 f. d.A.) ausgewiesen wurden. Dass die Steuervorteile höher gewesen seien, hat die insoweit darlegungsbelastete Beklagte (OLG Stuttgart, Urteil vom 21. Juli 2008 - 5 U 48/08) nicht behauptet, so dass die Höhe der erzielten Steuervorteile unstreitig ist.
99 
dd) Zusammengefasst ergibt sich somit folgender Schaden des Klägers, der mit der bezifferten Zahlungsklage (Klageantrag Ziffer 1) nach teilweiser Berufungsrücknahme geltend gemacht wird:
100 

Schaden aufgrund der Beteiligung am F. Fonds 68:

  27.475,99 Euro

Schaden aufgrund der Beteiligung am F. Fonds 75:

+ 65.402,42 Euro

anrechenbare Steuervorteile:

- 18.194,17 Euro

Insgesamt:

  74.684,24 Euro.
101 
b) Der Freistellungsantrag (Klageantrag Ziffer 2) ist begründet, da die Darlehensvaluta in Höhe von 80.000,-- Euro - wie oben aufgezeigt - zur Finanzierung der Beteiligung am F. Fonds 75 verwendet wurde, nachdem die Beklagte dem Kläger empfohlen hatte, die Beteiligung am F. Fonds 75 durch ein Darlehen zu finanzieren.
102 
c) Der Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger im Zusammenhang mit der Beteiligung am F. Fonds 75 sämtlichen zukünftig entstehenden Schaden zu ersetzen (Klageantrag Ziffer 3), ist zulässig und begründet. Die Schadensentwicklung ist noch nicht abgeschlossen, da insbesondere noch nicht fest steht, ob und in welchem Umfang Nachschusspflichten entstehen werden.
103 
d) Der Schadensersatzanspruch ist - wie vom Kläger beantragt - Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Rechte an den Beteiligungen zuzusprechen. Aufgrund der gewählten Treuhandkonstruktion, wonach ein Treuhänder für den Kläger die Beteiligungen an den F. Fonds erwarb, kann der Kläger der Beklagten lediglich die daraus resultierenden Rechte abtreten und nicht zugleich die Beteiligungen übertragen. Soweit  die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 26. Februar 2010 den Nennbetrag bezüglich der Beteiligung am F. Fonds 75 mit 100.000,-- DM statt 100.000,-- Euro angibt, handelt es um ein offensichtliches Redaktionsversehen.
104 
6. Mitverschulden:
105 
Dem Kläger kann kein Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 1 BGB a. F. entgegen gehalten werden, so dass ihm der entstandene Schaden in voller Höhe durch die Beklagte zu ersetzen ist. Der Vertragspartner eines Beratungsvertrages oder Auskunftsvertrages, dem durch den Auskunftgebenden eine unrichtige Auskunft erteilt wird, kann regelmäßig nicht entgegen gehalten werden, dass dieser auf die Auskunft vertraut hat (BGH NJW 2004, 1868; Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 2. Oktober 2008 - 5 U 60/08). Im übrigen hat weder die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte Umstände vorgetragen noch sind diese sonst ersichtlich, dass der Kläger hätte erkennen können, dass die Beklagte oder Herr K. persönlich Provisionen in dieser Höhe erhalten würde.
106 
7. Verjährung:
107 
Verjährung ist nicht eingetreten. Die Verjährungsfrist richtet sich nicht nach § 37 a WpHG a.F., da die fehlerhafte Beratung nicht im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung erfolgte. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB ist die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB in der seit 01.01.2002 geltenden Fassung anzuwenden, da diese kürzer ist als die zuvor gemäß § 195 BGB a.F. geltende dreißigjährige Regelverjährungsfrist, die bereits vor dem 01.01.2002 mit dem Entstehen der Schadensersatzansprüche zu laufen begann, § 198 BGB a.F.. Dabei beginnt die kurze Verjährungsfrist entgegen des Wortlauts des Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB nicht stets am 01.01.2002 zu laufen. Vielmehr setzt der Beginn der kurzen Verjährungsfrist auch in den Fällen, in denen eine längere, nach altem Recht geltende Verjährungsfrist bereits zu laufen begonnen hatte, voraus, dass die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB (n.F.), also insbesondere die Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Tatsachen, vorliegen (BGH NJW 2007, 1584).
108 
Die Beklagte hat den Vortrag des Klägers, dass er erst aufgrund der anwaltlichen Beratung im Jahr 2006 davon Kenntnis erlangt habe, dass die Beklagte eine Provision in Höhe von 12 % erlangt habe und ihn hierüber habe aufklären müssen, nicht widerlegt, obwohl sie für die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB darlegungs- und beweisbelastet ist (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 199 Rn. 46). Daher ist davon auszugehen, dass der Kläger erst im Jahr 2006 von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Dass es auf grober Fahrlässigkeit beruhte, dass er nicht zuvor hiermit rechnete, wird von der Beklagten nicht dargetan und ist auch sonst nicht ersichtlich. Somit wurde die Verjährung durch Erhebung der Klage mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2007 rechtzeitig gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
II.
109 
Der Anspruch des Klägers auf Prozesszinsen folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB a.F.
C.
110 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. Dezember 2007 - 6 K 3798/07 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 7.500,-- festgesetzt.

Gründe

 
Die nach § 146 Abs. 4 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich (vgl. allerdings den Beschluss des Senats v. 27.01.2006, VBlBW 2006, 323) beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben zu einer Änderung der vom Verwaltungsgericht zum Nachteil des Antragstellers getroffenen Entscheidung keinen Anlass.
Das Verwaltungsgericht hat bei der von ihm nach Maßgabe des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung dem - seinerzeit nach § 80 Abs. 3 VwGO formell ordnungsgemäß begründeten - besonderen öffentlichen Interesse an der nunmehr kraft Gesetzes vorgesehenen (vgl. § 9 Abs. 2 GlüStV) sofortigen Vollziehung der angegriffenen Untersagungsverfügung vom 12.11.2007, soweit dies vom Senat zu prüfen war, zu Recht Vorrang vor dem privaten Interesse des Antragstellers gegeben, ihr vorläufig keine Folge leisten zu müssen. Mit dieser Verfügung untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Antragsteller, in Baden-Württemberg Sportwetten zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen und gab ihm auf, die hierzu vorgehaltenen Geräte aus den öffentlich zugänglichen Räumen zu entfernen (Ziff. 1) und die untersagten Tätigkeiten unverzüglich einzustellen (Ziff. 2); gleichzeitig wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Ziff. 3) und dem Antragsteller für den Fall, dass er seinen Verpflichtungen binnen zweier Wochen nicht nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR angedroht (Ziff. 4). Davon, dass seine dagegen erhobene Klage im Hinblick auf die dargelegten Gründe Erfolg haben könnte, vermag der Senat einstweilen nicht auszugehen, wenn ein solcher auch nicht ausgeschlossen erscheint. Vor diesem Hintergrund hält der Senat indes bei Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen eine Aussetzung des Sofortvollzugs nicht für angezeigt.
Ob das Regierungspräsidium dem Antragsteller im Ergebnis ohne Rechts- und Ermessensfehler die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten sowie die Werbung hierfür und die Unterstützung solcher Tätigkeiten untersagt, die Entfernung der hierzu vorgehaltenen Geräte sowie die Einstellung der untersagten Tätigkeiten aufgegeben und für den Fall, dass er dem nicht fristgemäß nachkomme, ein Zwangsgeld angedroht hat, wird sich abschließend erst im Hauptsacheverfahren klären lassen.
Als Rechtsgrundlage für die angefochtene Verfügung, die seinerzeit zutreffend auf § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland (vgl. GBlBW 2004, 274) - LottStV - gestützt wurde, kommt nunmehr allein § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 des - am 01.01.2008 in Kraft getretenen (vgl. GBl. 2008, 56) Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV, vgl. GBl. 2007, 571 ff.) in Betracht. Maßgeblich für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist, wie regelmäßig bei Dauerverwaltungsakten, der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 09.03.2005, Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5 zu § 15 Abs. 2 Satz 2 GewO m. N.); steht diese - wie hier - noch aus, ist auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV kann die für die Glücksspielaufsicht zuständige Behörde - dies ist nach § 2 des Gesetzes zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 11.12.2007 (GBl. 2007, 571) bzw. nach § 16 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag - AG-GlüStV) vom 04.03.2008 (GBl. 81 ff.) das Regierungspräsidium Karlsruhe - die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Insofern ist unerheblich, ob der Antragsteller nicht nur als Vermittler, sondern auch als Veranstalter von Sportwetten anzusehen wäre.
Zutreffend wird in der angefochtenen Verfügung auch von einem Glücksspiel (nunmehr i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV) ausgegangen. Bei den vermittelten Sportwetten handelt es sich ersichtlich um keine Geschicklichkeitsspiele (vgl. BGH, Urt. v. 28.11.2002, GewArch 2003, 352; Senat, Beschl. v. 12.01.2005, VBlBW 2005, 181 m.w.N.). Auch wenn man dies mit dem Antragsteller im Anschluss an eine von ihm vorgelegte gutachterliche Stellungnahme (vgl. Dannecker, Gutachterliche Stellungnahme v. 20.11.2007 zu der Frage, ob Oddset-Wetten Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB sind) anders beurteilte (vgl. demgegenüber Anmerkung Steegmann, ZfWG 2007, 410 ff.), ändert dies im Ergebnis nichts, da Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses, mithin auch Sportwetten, jedenfalls nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV Glücksspiele i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV sind.
Voraussichtlich zu Recht hat das Regierungspräsidium auch angenommen, dass die dem Antragsteller untersagte Veranstaltung bzw. Vermittlung von Sportwetten in Baden-Württemberg unerlaubt sei, nachdem zu keiner Zeit eine Erlaubnis nach baden-württembergischem Landesrecht erteilt worden ist (vgl. nunmehr § 4 Abs. 1 GlüStV). Dass die Sportwetten ins EG-Ausland, hier nach Malta, vermittelt werden, ändert nichts, dass die Vermittlung, soweit sie - wie hier - die Möglichkeit zur Teilnahme in Baden-Württemberg eröffnet (vgl. § 3 Abs. 4 GlüStV), mangels einer entsprechenden vom Land Baden-Württemberg erteilten Erlaubnis hier verboten, mithin i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV unerlaubt ist. Ob darüber hinaus - auch im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG - von einer Strafbarkeit nach § 284 Abs. 1 StGB auszugehen wäre, ist schließlich in vorliegendem Zusammenhang unerheblich. An dem Verstoß gegen § 4 Abs. 1 GlüStV ändert auch die dem Wettunternehmer im EG-Ausland (hier: Malta) erteilte Erlaubnis nichts. Überzeugende Argumente, dass eine solche kraft derzeitigen europäischen Gemeinschaftsrechts (generell oder automatisch) auch im Bundesgebiet Geltung beanspruchen können sollte, lassen sich weder dem EG-Vertrag noch den Ausführungen des Antragstellers entnehmen (gegen eine unmittelbare Geltung auch BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006, a.a.O.; NdsOVG, Beschl. v. 17.03.2005, GewArch 2005, 282; HessVGH, Beschl. v. 25.07.2006 - 11 TG 1465/06 -; anders wohl OLG München, Urt v. 26.09.2006 - 5 St RR 115/05 -). Im Glücksspielbereich sind die Mitgliedstaaten unabhängig vom jeweiligen Schutzniveau nicht verpflichtet, Genehmigungen gegenseitig anzuerkennen; insofern sind sie berechtigt, die Beantragung einer nationalen Erlaubnis auch dann zu fordern, wenn der Leistungsanbieter bereits über eine Konzession eines anderen Mitgliedstaats verfügt (vgl. EFTA-Gerichtshof, Urt. v. 30.05.2007 - Case 3/06 Rn. 86). Dem entsprechend ist auch die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den elektronischen Geschäftsverkehr vom 08.06.2000 (ABl. Nr. L 178 v. 17.07.2000, S. 1), die in ihrem Art. 3 das Herkunftslandprinzip vorschreibt, auf Glücksspiele nicht anwendbar (vgl. den Erwägungsgrund 16 u. Art. 1 Abs. 5 Buchst. d 3. Spiegelstrich). Die Auffassung des Generalanwalts (vgl. dessen Schlussanträge v. 16.05.2006 - Rs. C-338/04, C-359/04 und C-360/04 ), wonach Gemeinschaftsrecht einer nationalen Regelung entgegenstehe, die u. a. die Übermittlung von Wetten ohne die hierfür erforderliche Konzession des jeweiligen Mitgliedstaats für Rechnung eines Unternehmers verbiete, der lediglich eine in dem Mitgliedstaat seiner Niederlassung erteilte Zulassung besitzt, lässt sich mit den dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 06.11.2003 (NJW 2005, 139 ) zugrunde liegenden Annahmen nicht vereinbaren, wo den einzelnen Mitgliedstaaten gerade ein Ermessensspielraum bei der Gestaltung ihrer Glücksspielpolitik eingeräumt wird; hierauf ist zu Recht auch in der angefochtenen Verfügung hingewiesen worden. Dem entsprechend hat sich der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 06.03.2007 - Rs. C-338/04, C-359/04 und C-360/04 - jene Ausführungen auch nicht zu eigen gemacht (ebenso EFTA-Gerichtshof, Urt. v. 30.05.2007, a.a.O., Rn. 83 ff.). Vielmehr hat er auf seine bisherige Rechtsprechung verwiesen, die eine Reihe von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses anerkannt habe, aus denen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs gerechtfertigt seien (Rdnr. 45 f.), und ausdrücklich klargestellt, dass es den Mitgliedstaaten freistehe, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der (jeweiligen) Glücksspiele festzulegen und ggf. auch das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen (Rdnr. 48); die vorgeschriebenen Beschränkungen müssten lediglich den sich aus seiner Rechtsprechung ergebenden Anforderungen hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit genügen (Rdnr. 48). Vor diesem Hintergrund kann auch dahinstehen, ob sich die in Rede stehende maltesische Genehmigung überhaupt auf Wetten erstreckt, die - wie hier - per Datenleitung angenommen werden (vgl. hierzu HambOVG, Beschl. v. 11.07.2006 - 1 Bs 496/04 -).
Dass die Untersagung der Fortsetzung der Vermittlung von Sportwetten gleichwohl deshalb Ermessensfehlern begegnete, weil auch die derzeitige Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols in Baden-Württemberg (vgl. den auch für Baden-Württemberg maßgeblichen, zum 01.01.2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag, GBl. 2007, 571 u. GBl. 2008, 56) mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar wäre, mag zwar nicht ausgeschlossen sein, ist aufgrund des Vorbringens des Antragstellers aber nicht wahrscheinlich. Zwar darf anderen als den in § 10 Abs. 2 GlüStV Genannten weiterhin nur die Veranstaltung von Lotterien und Ausspielungen erlaubt werden (§§ 10 Abs. 5, 12 GlüStV), doch spricht einiges dafür, dass dies letztlich nicht beanstandet werden kann. Insbesondere dürften nunmehr gesetzliche Regelungen vorhanden sein, die - nach der im vorliegenden Verfahren allein gebotenen summarischen Prüfung - eine konsequente und aktive Ausrichtung des in Baden-Württemberg zulässigen Sportwettangebots an dem überragend wichtigen Gemeinwohlziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und Bekämpfung der Wettsucht materiell und strukturell gewährleisten, welches eine Beschränkung der Berufsfreiheit zu rechtfertigen vermag (vgl. BVerfG, Beschl. v. 04.07.2006 - 1 BvR 138/05 -; Urt. v. 28.03.2006, BVerfGE 115, 276 ff.); dass den vom Bundesverfassungsgericht an die Neuregelung gestellten konkreten Anforderungen mit dem nunmehr in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag nicht genügt wäre (vgl. Urt. v. 28.03.2006, a.a.O., Rdnr. 150 ff.), hat der Antragsteller auch nicht dargelegt. Soweit der Antragsteller - wenngleich in anderem Zusammenhang - rügt, dass auch nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag eine unbegrenzte Zahl von Annahmestellen zulässig sei und diese weder die Jugendschutzanforderungen einhalten müssten noch auf eine Bekämpfung der Suchtgefahren angelegt seien, trifft dies ersichtlich nicht zu (vgl. §§ 10 Abs. 3 GlüStV, 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5, 7 AG-GlüStV). Auch die vom Antragsteller vermissten effektiven Regelungen zum Minderjährigen- und Spielerschutz dürften inzwischen getroffen sein (vgl. §§ 4 Abs. 3, 6-8, 21 Abs. 3 GlüStV, 2 Abs. 2, 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, 5 u. 6, 9 ff. AG-GlüStV). Insofern dürfte auch der Vertriebsweg eine den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechende Regelung erfahren haben. Dass diese vom Land Baden-Württemberg nicht umgesetzt würde, vermag der Senat einstweilen nicht zu erkennen. Inwiefern schließlich eine fehlende absolute Begrenzung des Jackpots bei den Lotterien (vgl. § 22 Abs. 1 GlüStV) das hier allein in Rede stehende Wettmonopol in Frage stellen sollte, ist weder aufgezeigt noch zu erkennen. Auf die Ausgestaltung der Annahmestellen in Nordrhein-Westfalen kommt es schließlich für den Bestand des in Baden-Württemberg fortgeschriebenen Wettmonopols nicht an.
Ob die vom Antragsteller vorgebrachten gemeinschaftsrechtlichen Bedenken eine andere Beurteilung rechtfertigen, erscheint zweifelhaft, lässt sich jedoch erst im Hauptsacheverfahren abschließend beurteilen. Zwar stellt auch die nunmehrige Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols eine Beschränkung der Niederlassungs- bzw. Dienstleistungsfreiheit nach Art. 43 bzw. 49 des EG-Vertrages - EG - dar, doch spricht aufgrund der vom Senat zu prüfenden Gründe einiges dafür, dass jene aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls als gerechtfertigt anzusehen sein werden (vgl. EuGH, Urt. v. 30.11.1995 - Rs. C-55/94 -, NVwZ 1996, 356 ), nachdem viel dafür spricht, dass auch die Anforderungen, die der Europäische Gerichtshof insbesondere im Urteil vom 06.11.2003 (a.a.O.) konkretisiert hat, erfüllt sind.
10 
Bei seinem Einwand, Baden-Württemberg sei schon seiner Notifizierungspflicht nicht nachgekommen, übersieht der Antragsteller, dass der Glücksspielstaatsvertrag als solcher sehr wohl notifiziert wurde (vgl. Stellungnahme der Europäischen Kommission v. 14.05.2007) und das Zustimmungsgesetz vom 11.12.2007 (GBl. 2007, 571) mangels eigenständiger - unter die Informationsrichtlinie fallender - Regelungen keiner weiteren Notifizierung bedurfte. Dazu, inwiefern das inzwischen in Kraft getretene Ausführungsgesetz vom 04.03.2008 (GBl. 81 ff.) notifizierungspflichtig sein könnte, verhält sich die Antragsbegründung nicht.
11 
Auch der Hinweis des Antragstellers, dass die von einem Mitgliedstaat geltend gemachten Rechtfertigungsgründe von einer Untersuchung der Zweckmäßigkeit und zur Verhältnismäßigkeit begleitet werden müssten (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 13.11.2003 - Rs. C-42/02 -, EuGHE I 2003, 13519 Rn. 25, 26), vermag auf keinen Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht zu führen. So lagen durchaus erste Untersuchungen vor (vgl. Hayer/ Meyer, Das Gefährdungspotenzial von Lotterien und Sportwetten, Mai 2005, S. 157 ff.), die bereits einen Schluss auf die Schwere der Gefahren zuließen, die mit dem Betreiben von Glücksspielen verbunden sind. Dass das Suchtpotenzial von Sportwetten derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden können mag, ändert nichts, dass schon aufgrund des gegenwärtigen Erkenntnisstandes (vgl. Hayer/Meyer, Das Suchtpotenzial von Sportwetten, Sucht 49 (2003), S. 212 ff.; Hayer/Meyer, a.a.O., S. 157 ff.) mit einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial gerechnet und dieses mit dem Ziel der Abwehr einer höchstwahrscheinlichen Gefahr zum Anlass präventiver Maßnahmen genommen werden darf (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006, a.a.O., Rn. 101 f.).
12 
Soweit der Antragsteller einen Verstoß gegen das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot (vgl. Art. 12 EG) geltend macht, weil private und staatliche Anbieter unterschiedlich behandelt würden, geht dies fehl. Art. 12 EG verbietet lediglich Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit Bei dem hier in Rede stehenden staatlichen Monopol dürfen indes, so es verhältnismäßig ist, private Wettunternehmer - auch solche, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind -, generell von der Veranstaltung bzw. Vermittlung von (Sport-)Wetten ausgeschlossen werden. Die Zulässigkeit einer Monopolisierung hat auch der Europäische Gerichtshof nicht grundsätzlich in Frage gestellt (vgl. Urt. v. 21.09.1999 - Rs. C-124/97 - ). Entgegen der Auffassung des Antragstellers folgt aus dem Urteil vom 06.03.2007 () nichts anderes; dass dort der Ausschluss bestimmter Anbieter beanstandet wurde, beruhte darauf, dass ein solcher zur Erreichung gerade des in Italien verfolgten Ziels, eine Einbeziehung der im Bereich der Glücksspiele tätigen Wirtschaftsteilnehmer in kriminelle oder betrügerische Tätigkeiten zu unterbinden, nicht notwendig war.
13 
Die mit der Monopolisierung verfolgten, in § 1 Nr. 1 – 4 GlüStV niedergelegten Ziele stellen auch „zwingende Gründe des Allgemeininteresses“ dar; dass diese nur vorgeschoben wären und die Einnahmeerzielung eigentliches Ziel der Fortschreibung des baden-württembergischen Wettmonopols wäre, vermag der Senat vor dem Hintergrund der getroffenen Neuregelung nicht zu erkennen. Dass das angegriffene staatliche Wettmonopol deren Verwirklichung gewährleistet, folgt bereits aus dem begrenzten - weil monopolisierten - Angebot (vgl. bereits OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 02.05.2007 - 6 B 10118/07 -; hierzu Hayer/Meyer, Das Suchtpotenzial von Sportwetten, a.a.O., S. 218). Eine beschränkte Zulassung privater Wettanbieter wäre im Hinblick auf die dann erforderliche staatliche Aufsicht zudem weit weniger effektiv (vgl. BVerfG, Urt. v. 19.07.2000, BVerfGE 102, 197; hierzu auch BVerwG, Urt. v. 28.03.2001, BVerwGE 114, 92 Rn. 42).
14 
Soweit der Antragsteller ferner geltend macht, es fehle an einer für den gesamten Glücksspielsektor erforderlichen kohärenten und systematischen Strategie zur Bekämpfung der Glücksspielsucht, weshalb das staatliche Wettmonopol letztlich keinen Bestand haben könne, lassen die von ihm hierzu angeführten Gesichtspunkte solche Schlüsse jedenfalls derzeit nicht zu, wenn sich die sinngemäß erhobenen Bedenken einstweilen auch nicht gänzlich von der Hand weisen lassen.
15 
Dass im Glücksspielstaatsvertrag wesentliche Bereiche des Glücksspiels - das gewerbliche Spiel in Spielhallen, Gaststätten und Wettannahmestellen - ungeregelt geblieben sind, vermag allerdings auf keinen Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht zu führen; hieran waren die Länder durch die abschließende Normierung des Bundes in der Gewerbeordnung und der Spielverordnung von vornherein gehindert (vgl. hierzu die Erläuterungen zum neuen Glücksspielstaatsvertrag unter II. 3). Auch wenn aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht eine „kohärente und systematische Begrenzung der Wetttätigkeiten“ (vgl. EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 67) auch Regelungen im Bereich des gewerblichen Spielrechts erfordern sollte, können diese vom zuständigen Gesetz- bzw. Verordnungsgeber auch außerhalb des Glücksspielstaatsvertrags getroffen werden.
16 
Dass die Novellierung der Spielverordnung „keinerlei Änderungen bei den glücksspielsuchtintensiven Automatenspielen bewirkt“ habe, dürfte schließlich kaum zutreffen. Ob mit den vom Antragsgegner unter Bezugnahme auf die Begründung zur 5. Verordnung zur Änderung der Spielverordnung (vgl. BR-Drucks. 655/05, S. 10 ff.) angeführten Änderungen allerdings zumindest so weit der Bekämpfung von Suchtgefahren entgegengewirkt wird, dass dadurch nicht der ggf. umfassend (unter Einbeziehung auch der ein vergleichbares oder höheres Suchtpotential aufweisenden - nicht monopolisierten - Glücksspiele) zu verstehende (vgl. hierzu EFTA-Gerichtshof, Urt. v. 14.03.2007 - Case E-1/06 -, Rdnr. 43 ff.) „kohärente und systematische Beitrag zur Begrenzung der Wetttätigkeiten“ (vgl. EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 67) wegen widersprüchlichen Verhaltens in Frage gestellt wird, wird unter Berücksichtigung des Aufforderungsschreibens der Europäischen Kommission vom 31.01.2008 (im Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2007/4866) im Hauptsacheverfahren zu klären sein (vgl. hierzu die Antwort der BReg v. 25.04.2007, BT-Drucks. 16/5166, S. 20 f. sowie das Schreiben des Senats v. 21.02.2008 - 6 S 1512/07 -). Hierbei dürfte auch dem Umstand Bedeutung zukommen, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit vier Jahre nach Inkrafttreten jener Verordnung einen Bericht über die Auswirkungen der neuen Bestimmungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Problematik des pathologischen Glücksspiels, vorlegen wird (vgl. BR-Drucks. 655/05, S. 11 unten). Im Hauptsacheverfahren wird ggf. auch zu klären sein, inwiefern sich unterschiedliche Begrenzungen bereits mit den in den jeweiligen Glücksspielmärkten bestehenden Unterschieden - hinsichtlich des jeweiligen Suchtpotenzials bzw. hinsichtlich der jeweiligen Verlustmöglichkeiten - rechtfertigen ließen (zu etwa gebotenen Differenzierungen auch EFTA-Gerichtshof, Urt. v. 30.05.2007 - Case E-3/06 Rn. 52; auch bereits OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 02.05.2007 - 6 B 10118/07 - Rn. 18; Antwort der BReg. v. 15.06.2007, BT-Drucks. 16/5687, S. 6 f. u. v. 02.10.2007, BT-Drucks. 16/6551, S. 2). Allein der Umstand, dass bestimmte Arten des Glücksspiels über Konzessionen geregelt werden, andere aber einem staatlichen Monopol vorbehalten werden, dürfte eine konsistente Glücksspielpolitik allerdings noch nicht in Frage stellen; eine solche dürfte nicht voraussetzen, dass sämtliche Glücksspielsektoren einem einheitlichen Regelungswerk unterworfen werden (zutr. bereits OVG NW, Beschl. v. 22.02.2008 - 13 B 1215/07 -). Was schließlich die nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz erlaubnisfähigen Pferdewetten anbelangt, welche ohnehin nur eine „nebensächliche“ bzw. „(sehr) untergeordnete“ Rolle spielen (vgl. Hayer/Meyer, Das Gefährdungspotenzial von Lotterien und Sportwetten, a.a.O., S. 48, 82, 104; Antwort der BReg. v. 02.10.2007, a.a.O., S. 2 f.: Pferdewetten machen lediglich 0,5 % des Glücksspielmarktes aus), sich nur auf ein enges und deshalb leichter überschaubares Sportgeschehen beziehen und in einer besonderen wirtschaftlichen Situation zur Bekämpfung des „Winkelbuchmachertums“ der privaten Veranstaltung zugänglich gemacht worden waren (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.03.2001, BVerwGE 114, 92), spricht im Übrigen alles dafür, dass die entsprechenden Regelungen die ggf. umfassend zu verstehende Konsistenz der nationalen Begrenzungen im Wettsektor noch nicht in Frage stellten (vgl. hierzu auch die Stellungnahme der BReg v. 25.04.2007, BT-Drucks. 16/5166, S. 20 f. unter Hinweis auf die amtliche Begründung zum Rennwett- und Lotteriegesetz von 1922). Auch spricht einiges dafür, dass im Hinblick auf die mit dem Betrieb von Spielkasinos verbundenen Gefahren nichts anderes gilt, nachdem, worauf der Antragsgegner hingewiesen hat, das baden-württembergische Spielbankengesetz erhebliche Begrenzungen und Maßgaben zum Spielerschutz vorsieht. Auf den Verkauf niedersächsischer Spielbanken an ein österreichisches Unternehmen kommt es in diesem Zusammenhang ersichtlich nicht an.
17 
Soweit der Antragsteller schließlich darauf verweist, dass die Europäische Kommission in ihren Schreiben von März bzw. Mai 2007 das Verbot des Veranstaltens und des Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet (vgl. § 4 Abs. 4 GlüStV) und die bei Lotterien vorgesehene Übergangsvorschrift in § 25 Abs. 6 GlüStV sowie das lediglich für einzelne Glücksspiele normierte partielle Werbeverbot (§ 5 GlüStV) als gemeinschaftswidrig beanstandet habe, zeigt er nicht auf, inwiefern sich daraus - träfe der Einwand zu - auch die Gemeinschaftswidrigkeit des für die hier angegriffene Maßnahme allein erheblichen staatlichen Wettmonopols ergeben sollte (vgl. hierzu auch OVG NW, Beschl. v. 22.02.2008 - 13 B 1215/07 -). Im Übrigen übersieht der Antragsteller, dass die Länder an entsprechenden Regelungen für das gewerbliche Spiel gerade im Glücksspielstaatsvertrag gehindert waren; auf Spielbanken findet das beschränkte Werbeverbot im Übrigen sehr wohl Anwendung (vgl. § 2 GlüStV). Auf eine Gemeinschaftswidrigkeit des in den §§ 4 Abs. 1, 10 Abs. 5 u. 2 GlüStV fortgeschriebenen staatlichen Wettmonopols vermag auch der vom Antragsteller im Anschluss an die Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 14.05.2007 erhobene Einwand nicht zu führen, die Ermächtigung der Glücksspielaufsicht, Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten die Mitwirkung an Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel und an Auszahlungen aus unerlaubtem Glücksspiel untersagen zu können, beschränke den freien Kapitalverkehr (vgl. Art. 56 EG).
18 
Von einem bereits feststehenden Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht kann auch nicht im Hinblick auf die von der Europäischen Kommission derzeit gegen die Bundesrepublik angestrengten Vertragsverletzungsverfahren ausgegangen werden (vgl. hierzu zu Recht Steegmann, ZfWG 2008, 26 <29>). Dies um so weniger, als jene im Verfahren Case E-3/06 () vor dem EFTA-Gerichtshof noch selbst die Auffassung vertreten hatte (vgl. Written Observations v. 03.11.2006, Rn. 38, 40), dass die Konsistenz einer nationalen Regelung für jeden Glücksspielsektor getrennt zu untersuchen und hierbei lediglich noch die Produkt-, Markt- und Vertriebsstrategien gerade des entsprechenden nationalen (Monopol-)Veranstalters zu berücksichtigen seien (vgl. insofern auch EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O., Rn. 69 „die Behörden eines Mitgliedstaats“ sowie EFTA-Gerichtshof, Urt. v. 30.05.2007, a.a.O., Rn. 54); insofern käme es auf die über Konzessionen geregelten Glücksspiele überhaupt nicht entscheidend an (in diesem Sinne bereits OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 02.05.2007, a.a.O., Rn. 18). Eine andere Beurteilung ist schließlich auch nicht deshalb angezeigt, weil dem Europäischen Gerichtshof wegen der gegen das staatliche Wettmonopol erhobenen gemeinschaftsrechtlichen Bedenken inzwischen verschiedene Vorabentscheidungsersuchen vorliegen.
19 
Lässt sich sonach ein Verstoß gegen Verfassungs- bzw. europäisches Gemeinschaftsrecht derzeit nicht feststellen, mag ein solcher auch nicht von der Hand zu weisen sein, kann einstweilen auch nicht beanstandet werden, dass das Regierungspräsidium die unerlaubte Vermittlung von Sportwetten wegen der anderenfalls - aufgrund des nicht unerheblichen Suchtpotentials - drohenden Gefahren ermessensfehlerfrei untersagte. Dies dürfte sich auch nicht als unverhältnismäßig erweisen, da einstweilen nicht davon ausgegangen werden kann, dass aufgrund Gemeinschaftsrechts entgegen § 10 Abs. 5 u. 2 GlüStV eine Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten ins EG-Ausland zu erteilen wäre. Die Erteilung von Auflagen, die sicherstellten, dass mögliche Wettinteressenten vor finanzieller Ausnutzung und wirtschaftlicher Gefahren durch übermäßige Teilnahme an Sportwetten geschützt würden, stellte schließlich keine geeignete mildere Maßnahme dar. Hierbei würde außer Acht gelassen, dass mit der Durchsetzung des staatlichen Wettmonopols auch eine Begrenzung der vorhandenen Wettmöglichkeiten und eine entsprechende Kanalisierung erreicht werden soll (vgl. § 1 Nr. 2 GlüStV).
20 
Ausgehend davon, dass von einem Verstoß gegen Verfassungs- oder Gemeinschaftsrecht einstweilen nicht ausgegangen werden kann, mag ein solcher auch nicht ganz von der Hand zu weisen sein, ist auch die vom Verwaltungsgericht getroffene Abwägungsentscheidung nicht zu beanstanden; eine Aussetzung folgt auch nicht bereits aus dem Grundsatz der Effektivität von Gemeinschaftsrecht (vgl. EuGH, Urt. v. 13.03.2007 - Rs. C-432/05 - Unibet Ltd.). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ein besonderes Interesse an der nunmehr gesetzlich vorgesehenen sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung angenommen, welches sich daraus rechtfertigt, dass auch vorübergehend bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens die schädlichen Auswirkungen vermieden werden sollen, die den Gesetzgeber zur Einführung des staatlichen Monopols bewogen haben. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass anderenfalls ein Marktgeschehen eröffnet würde, dessen Dynamik es erheblich erschwerte, das in Rede stehende Wettmonopol später mittels Verwaltungszwangs durchzusetzen (vgl. hierzu Nieders. OVG, Beschl. v. 02.05.2007, GewArch 2007, 339, Rn. 50), sollte dieses, wofür weiterhin vieles spricht, im Hauptsacheverfahren endgültig Bestand haben. Insbesondere gilt es, worauf der Antragsgegner hingewiesen hat, einen weitgehend ungeregelten Wettbewerb und eine erhebliche Ausweitung des Wettangebots zu verhindern, was zu einer erheblichen Verbreitung von Gefahren für die Bevölkerung führte, deren Abwehr indes ein legitimes Ziel staatlicher Maßnehmen ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006, a.a.O. Rn. 99). Diesen könnte einstweilen auch nicht wirksam durch Auflagen nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO entgegengewirkt werden. Gegenüber diesem öffentlichen Interesse muss das Interesse des Antragstellers zurücktreten, seine Tätigkeit vorläufig fortsetzen und daraus Gewinn ziehen zu dürfen, zumal er die Vermittlung gewerblicher Sportwetten auf nicht hinreichend gesicherter Rechtsgrundlage aufgenommen und betrieben hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.09.2006 - 1 BvR 2399/06 -). Dies gilt um so mehr, als es dem Antragsteller unbenommen bliebe, einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO zu stellen, sollten sich bei Durchführung des Berufungsverfahrens zumindest ernstliche Zweifel an dem Bestand des Wettmonopols dergestalt ergeben, dass nunmehr eine Aussetzung des Verfahrens (vgl. HessVGH, Beschl. v. 12.02.2008 - 7 A 165/08 -) oder aber eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht bzw. ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof angezeigt wäre.
21 
Hinsichtlich der gleichfalls kraft Gesetzes sofort vollziehbaren (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 12 LVwVG) Zwangsgeldandrohung besteht danach ebenfalls kein Anlass zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, nachdem schon keine Gründe dargelegt sind, aus denen die angefochtene Entscheidung unabhängig von den gegen die sofortige Vollziehung der Verfügungen zu Nrn. 1 (und 2) erhobenen Bedenken abzuändern wäre.
22 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GKG.
23 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.

(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen;
2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;
3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt;
5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.

(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Die Revision findet gegen die in der Berufungsinstanz erlassenen Endurteile nach Maßgabe der folgenden Vorschriften statt.

(2) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entschieden worden ist, findet die Revision nicht statt. Dasselbe gilt für Urteile über die vorzeitige Besitzeinweisung im Enteignungsverfahren oder im Umlegungsverfahren.