Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 16. Nov. 2011 - 6 UF 126/11

bei uns veröffentlicht am16.11.2011

Tenor

1. Dem Antragsteller wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der von ihm versäumten Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in St. Wendel vom 6. Juli 2011 – 6 F 37/11 SO – gewährt.

2. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in St. Wendel vom 6. Juli 2011 – 6 F 37/11 SO – wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

4. Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

5. Der Antragsgegnerin wird mit Wirkung vom 14. September 2011 ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für den zweiten Rechtszug unter gleichzeitiger Beiordnung von Rechtsanwalt K., Illingen, bewilligt.

Gründe

I.

Aus der Ehe des Vaters und der Mutter, beide Deutsche, ist am 13. Mai 2003 die verfahrensbetroffene Tochter hervorgegangen, die seit der Trennung ihrer Eltern am 4. Februar 2008 bei der Mutter lebt. Das Scheidungsverfahren ist seit Februar 2009 unter der Geschäftsnummer 6 F 33/09 S – seit November 2009 auch die Folgesache nachehelicher Unterhalt – beim Familiengericht anhängig. Vor diesem streiten die Eltern seit dem Jahr ihrer Trennung auch um Trennungsunterhalt sowie das Sorgerecht für und das väterliche Umgangsrecht mit, nachdem die Mutter dem Vater seit 2008 nur sporadisch Umgang mit gewährt, wobei sich die Mutter insoweit auf einen entgegenstehenden Willen beruft.

Im Sorgerechtsverfahren 6 F 104/08 SO, zu dem die Umgangsrechtsverfahren 6 F 171/08 UG samt EA Nr. I und II, 6 F 189/09 UG hinzuverbunden worden waren, holte das Familiengericht ein – am 14. September 2009 erstattetes – schriftliches Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Psych. – das in Bezug genommen wird – zu der Frage ein, ob der Wechsel zum Vater ihrem Wohl am Besten entspricht. Das Verfahren mündete am 23. November 2009 in einem eine vorangegangene Umgangsregelung des Familiengerichts vom 5. Mai 2008 – 6 F 27/08 SO – abändernden Umgangsvergleich, dem zufolge der Vater mit ... – zuletzt – ab März 2010 in jeder ungeraden Kalenderwoche alle 14 Tage von samstags 9.00 Uhr bis sonntags 19.00 Uhr Umgang pflegen durfte. Übergabemodalitäten wurde nicht festgelegt. Im Übrigen wurden das Sorge- und die Umgangsrechtsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.

Nachdem auch das neu festgelegte Umgangsrecht in der Folgezeit praktisch nicht umgesetzt worden war, ordnete das Familiengericht mit Beschluss vom 13. September 2010 – 6 F 106/10 UG – für die Dauer von sechs Monaten Umgangspflegschaft – wohl zur Durchsetzung des Umgangsvergleichs vom 23. November 2009 – an und bestellte die Dipl.-Pädagogin zur Umgangspflegerin. Deren Tätigkeit endete, ohne dass ein Umgang stattgefunden hatte.

Im vorliegenden Verfahren – das bis zu seiner Abtrennung vom Scheidungs-verbundverfahren 6 F 33/09 S am 8. März 2011 als dortige Folgesache und sodann als selbständige Familiensache geführt worden ist – hat der Vater mit am 27. Dezember 2010 eingegangenem Schriftsatz die Übertragung der Alleinsorge, hilfsweise des Aufenthaltsbestimmungsrechts für auf sich begehrt. Die Mutter hat gegenläufigen Antrag auf Übertragung der Alleinsorge für gestellt. Der Verfahrensbeistand und das Jugendamt haben sich gegen eine Veränderung des Lebensmittelpunktes ausgesprochen, das Jugendamt hat außerdem eine Aussetzung des väterlichen Umgangsrechts angeregt.

Nach persönlicher Anhörung, der Eltern und der vormaligen Umgangspflegerin – die beide Eltern in der Verantwortung für das Scheitern des Umgangs gesehen und ebenfalls für eine Aussetzung des Umgangsrechts des Vaters plädiert hat – hat das Familiengericht durch den angefochtenen Beschluss vom 6. Juli 2011, auf den Bezug genommen wird, der Mutter die Alleinsorge für übertragen.

Gegen diesen dem Vater am 14. Juli 2011 zugestellten Beschluss richtet sich dessen am 12. August 2011 beim Senat und – nach von diesem veranlasster Weiterleitung – am 18. August 2011 beim Familiengericht eingegangene Beschwerde, mit der er die Aufhebung des angegangenen Beschlusses erstrebt und hilfsweise seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Auf Hinweis des Senats auf die versäumte Beschwerdefrist hat der Vater mit Schriftsatz vom 2. September 2011 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Mutter stellt die Gewährung von Wiedereinsetzung in das Ermessen des Senats, bittet um Zurückweisung der Beschwerde und sucht um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nach. Trotz Zustellung der Beschwerdeschrift und Aufforderung zur Stellungnahme haben sich zweitinstanzlich weder der Verfahrensbeistand noch das Jugendamt geäußert.

Dem Senat haben die Akten 6 F 84/08 UG, 6 F 104/08 SO, 6 F 33/09 S und UE sowie 6 F 76/08 UEUK des Familiengerichts vorgelegen.

Im letzteren Verfahren, in dem der Vater die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Mutter wegen Umgangsboykotts einwendet, hat das Familiengericht im Termin vom 7. Dezember 2009 die Zeugin F. vernommen. Diese hat im Wesentlichen bekundet, die Mutter habe ihr gesagt, sie wisse aus der ersten Ehe des Vaters, dass man ihn damit bestrafen könne, wenn er sein Kind nicht sehe; so werde sie den Vater auch bestrafen. Sie möchte mit dem Druckmittel ihren Lebensstandard halten. Ferner hat der Sachverständige Dipl.-Psych. am 24. August 2011 ein schriftliches Gutachten – das in Bezug genommen wird – zu der Frage erstattet, ob die Weigerung, beim Vater zu übernachten, auf deren eigene Willensbildung oder auf Beeinflussung durch die Mutter zurückzuführen ist.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Dem Vater ist zwar nach §§ 17 Abs. 1, 18, 19 Abs. 1 und 2 FamFG Wiedereinsetzung in die von ihm versäumte Frist zur Einlegung der Beschwerde beim Familiengericht (§§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 FamFG) zu gewähren, nachdem er mit Schriftsatz vom 2. September 2011, auf den Bezug genommen wird, fristgerecht ausreichende Gründe glaubhaft gemacht hat, aufgrund derer er ohne eigenes Verschulden an der Fristwahrung verhindert war.

Die mit dieser Maßgabe nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Vaters ist jedoch unbegründet.

Denn zu Recht und auf der Grundlage einer beanstandungsfreien Verfahrens hat das Familiengericht der Mutter nach § 1671 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB die Alleinsorge für übertragen.

Rechtsbedenkenfrei (vgl. zu den insoweit einschlägigen Maßstäben BGH FamRZ 2011, 796 m. Anm. Völker; BGH FamRZ 2008, 592; Senatsbeschlüsse vom 5. Januar 2011 – 6 UF 96/10 – und vom 26. August 2009 – 6 UF 68/09 –, FamRZ 2010, 385, jeweils m.w.N.) hat das Familiengericht die gemeinsame elterliche Sorge vollumfänglich aufgehoben. Die Eltern können schon seit Jahren – was der Vater in seiner Beschwerde unbeschadet seines vorrangig verfolgten Beschwerdeantrags insoweit nicht mit Sachvortrag in Abrede stellt – in keinem Sorgerechtsteilbereich über Belange auch nur ansatzweise gedeihlich miteinander kommunizieren. Auch das Jugendamt hat in seiner erstinstanzlichen Stellungnahme – von den Beteiligten unwidersprochen – mitgeteilt, die Eltern seien selbst der Meinung, der „Zuspruch der elterlichen Sorge auf einen Elternteil“ sei die einzig sinnvolle Lösung, und der Vater habe erklärt, eine Kommunikation zur Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge gebe es nicht und jene sei auch in Zukunft nicht vorstellbar.

Es findet ebenfalls die Billigung des Senats, dass das Familiengericht – auf der zweiten Prüfungsebene des § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB (vgl. dazu BGH FamRZ 2008, 592) – gerade der Mutter die Alleinsorge für übertragen hat.

Bei der allein am Kindeswohl auszurichtenden Frage, welchem der Elternteile die elterliche Sorge zu übertragen ist, sind die Erziehungseignung der Eltern – einschließlich ihrer Bindungstoleranz –, die Bindungen des Kindes – insbesondere an seine Eltern –, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie der Kindeswille als gewichtige Kriterien zu berücksichtigen (vgl. BGH FamRZ 2011, 796; 2010, 1060 m. Anm. Völker; 1990, 392; 1985, 169). Außer diesen Aspekten sind je nach den Begleitumständen des Falles weitere Gesichtspunkte wie Erziehungsbereitschaft, häusliche Verhältnisse und soziales Umfeld einzubeziehen (vgl. BGH FamRZ 1985, 169). Diese Kriterien stehen aber letztlich nicht wie Tatbestandsmerkmale kumulativ nebeneinander; jedes von ihnen kann im Einzelfall mehr oder weniger bedeutsam für die Beurteilung sein, was dem Wohl des Kindes am besten entspricht (BGH FamRZ 2011, 796; 2010, 1060; 1990, 392). Denn sie stehen über den allüberstrahlenden und letztentscheidenden (vgl. BVerfGE 56, 363; BVerfG FuR 2008, 338) Begriff des Kindeswohls in innerer Beziehung zueinander und können sich gegenseitig verstärken oder aufheben (vgl. BGH FamRZ 1985, 169; siehe zum Ganzen und den diesbezüglichen Maßstäben eingehend Senatsbeschluss vom 20. Januar 2011 – 6 UF 106/10 –, FamRZ 2011, 1153 m.w.N.).

Hieran gemessen tritt der Senat der Auffassung des Familiengerichts bei, dass es dem Wohl bei den gegebenen Umständen am besten entspricht, wenn die Alleinsorge für sie der Mutter übertragen wird.

Der Sachverständige Dipl.-Psych. hatte in seinem im Sorgerechtsverfahren 6 F 104/08 SO am 14. September 2009 erstatteten Gutachten beiden Eltern aufgrund fehlender Trennungsbewältigung eine deutliche Einschränkung der Erziehungseignung attestiert. Die Mutter verhalte sich aggressiv-abwehrend gegen den Vater und nehme – zum Teil grob – manipulativ Einfluss auf, die dieser deutlich den Kontakt zum Vater erschwere, während der Vater fordernd und teilweise realitätsverleugnend sei. Trotz der Einschränkung der Erziehungseignung der Mutter sei eine relativ gute soziale Integration und Stabilität zu beobachten, während der Vater in seinem Lebensgefüge eher instabil und nicht sozial integriert wirke, auch was seine Zukunftspläne für anbetreffe, die unklar, nicht ausreichend fundiert und wechselhaft erschienen. Beide Eltern hätten – jeweils für sich allein betrachtet – in Bezug auf die Förderung guten konstruktiven Einfluss auf; ihre Förderung sei altersgerecht und adäquat erfolgt, hauptsächlich im Einflussbereich der Mutter. Im Bereich der Betreuung und Versorgung finde sich eine deutliche Präferenz der Mutter, weil diese für ihre Tochter seit der Geburt in primärer und sekundärer Hinsicht sorge, zumal die Umweltfaktoren bei der Mutter für eher stabilisierend wirkten, während das Betreuungs- und Versorgungsmodell des Vaters unklar bleibe. Insgesamt hatte der Gutachter sich – unbeschadet der festgestellten deutlich eingeschränkten Bindungstoleranz der Mutter – im Wesentlichen aufgrund der klaren und deutlichen Haltung der damals sechs Jahre alten, aus Stabilitäts- und Kontinuitätsaspekten und unter Berücksichtigung der wechselseitigen Förderungskompetenz der Eltern sowie der bewährten Betreuungs- und Versorgungssituation der Mutter für den Verbleib bei dieser ausgesprochen. Zugleich hatte der Sachverständige eine Umgangsregelung, aufgrund des hoch eskalierten Konflikts unter Einschaltung eines Umgangspflegers, und eine Konfliktmediation empfohlen sowie beiden Eltern dringend angeraten, sich psychotherapeutische Hilfe zu organisieren.

… hat im vorliegenden Verfahren in ihrer Anhörung vor dem Familiengericht bekundet, sie wolle bei der Mama bleiben und den Papa nicht besuchen. Mit ihm wolle sie auch dann kein Eis essen gehen, wenn die vormalige Umgangspflegerin dabei sei.

Wenn sich das Familiengericht vor diesem Hintergrund und im Lichte der weiteren Entwicklungen seit dem vorangegangenen Sorgerechtsverfahren bei seiner Entscheidung im Wesentlichen vom Kontinuitätsgrundsatz und dem stabilen Willen der zwischenzeitlich acht Jahre alten hat leiten lassen, so ist dies nicht zu beanstanden, zumal auch entscheidende, dem Vater günstige Veränderungen jedenfalls in der grundsätzlichen Erziehungseignung und den häuslichen und sozialen Verhältnissen der Eltern, den Bindungen zu diesen sowie der Förderung durch die Mutter weder vorgebracht noch ersichtlich sind. Die Gegebenheiten entsprechen – auch im Hinblick auf die Schwierigkeiten bei der Ausübung des Umgangsrechts des Vaters mit – im Wesentlichen den bereits bei Abschluss des vorangegangenen Sorgerechtsverfahrens 6 F 27/08 SO vorliegenden. Insbesondere zeigt der Vater weiterhin kein schlüssiges Betreuungskonzept für für den Fall ihres Wechsels in seinen Haushalt auf.

Allerdings kommt die Mutter – was der Vater im Ausgangspunkt zu Recht beanstandet – ihrer Wohlverhaltenspflicht seit Jahren nicht ausreichend nach.

Diese verfassungsrechtlich der in Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG verbrieften gemeinsamen Elternverantwortung entspringende und in § 1684 Abs. 2 BGB einfachrechtlich ausgestaltete Obliegenheit – auch – zu wechselseitig loyalem Verhalten bei der Verwirklichung des Umgangsrechts verpflichtet den Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, grundsätzlich den persönlichen Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil zu ermöglichen (vgl. BVerfG FamRZ 2010, 1622 m.w.N.). Dem Obhutselternteil obliegt es daher, auf das Kind erzieherisch dahin einzuwirken, dass psychische Widerstände des Kindes gegen den Umgang mit dem anderen Elternteil abgebaut werden und das Kind eine positive Einstellung dazu (zurück-)gewinnt. Er hat Kontakte zum anderen Elternteil nicht nur zuzulassen, sondern positiv zu fördern, um dem Kind mögliche Loyalitätskonflikte zu ersparen. Die Wohlverhaltensklausel verbietet dem Obhutselternteil jede negative Beeinflussung des Kindes gegen den Umgangsberechtigten, und zwar auch in mittelbarer Weise dergestalt, dass sich das Kind scheinbar aus eigenem Entschluss gegen den Umgang wendet (vgl. zum Ganzen Senatsbeschluss vom 24. Januar 2011 – 6 UF 116/10 –, FamRZ 2011, 1409; Beschluss des 9. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 21. Dezember 2006 – 9 UF 147/06 – FamRZ 2007, 927; NK-BGB/Peschel-Gutzeit, 2. Aufl. 2010, § 1684, Rz. 28 ff.; Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis, 4. Aufl. 2011, § 2, Rz. 30 ff., jeweils m.w.N.).

Dass das Gesamtverhalten der Mutter diesen Anforderungen nicht ansatzweise ausreichend entspricht, hatte bereits der Sachverständige Dipl.-Psych. in seinem ersten Gutachten vom 14. September 2009 überzeugend beschrieben und bewertet. Die Mutter hat dies in der Folgezeit und bis heute nicht zum Anlass genommen, ihr insoweit – teilweise grob – kindeswohlwidriges Verhalten, gegebenenfalls unter auch ihr bereits vom Sachverständigen anempfohlener Inanspruchnahme psychologischer Unterstützung, zu verändern.

Dies wird nicht nur – neben den insoweit bestehenden zahlreichen anderen Anhaltspunkten und ohne dass es dabei auf den zwischen den Eltern streitigen Verlauf und die Folgen des Vorfalls in Schule am 26. Januar 2011 entscheidend ankäme – daran deutlich, dass die Mutter mehrfach Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten des Vaters gezeigt und diese mit ihr durchgesprochen und gegenüber der vormaligen Umgangspflegerin am 8. November 2010 bekundet hat, wenn die Mutter einverstanden sei, würde sie den Vater besuchen, indes am 20. November 2010 – dem daraufhin vereinbarten Umgangstag – den Umgang wieder abgelehnt hat.

Vielmehr wird der von der Mutter mehr oder weniger subtil ins Werk gesetzte Umgangsboykott in dem Gutachten deutlich, das erneut der Sachverständige Dipl.-Psych. – im Laufe des vorliegenden Beschwerdeverfahrens – im parallel geführten Unterhaltsverfahren 6 F 76/08 UEUK zu der Frage erstattet hat, ob die Weigerung, beim Vater zu übernachten, auf deren eigene Willensbildung oder auf Beeinflussung durch die Mutter zurückzuführen ist.

Ausweislich dieses Gutachtens hat die Mutter erklärt, das letzte Gutachten sei verantwortlich dafür, dass ... habe zum Vater gehen müssen. Sie sei zwar nach wie vor damit einverstanden, dass den Vater besuche, es hänge jedoch vom Kind ab, ob es dies wolle. Sie habe die Geburtstagskarte, die der Vater geschickt habe, nicht gezeigt, weil er geschrieben habe, er vermisse und sei in Gedanken bei ihr.

Diese Verhaltensweisen sprechen für sich und lassen jedwedes Hinwirken der Mutter auf eine Entlastung in Bezug auf deren Umgang mit dem Vater vermissen, obwohl auch diese, wie die vormalige Umgangspflegerin dem Sachverständigen am 17. Juni 2011 telefonisch berichtet hat, zum Vater zu Besuch ginge, wenn die Mutter ihr Einverständnis gebe.

Wie sehr sich – aus vom Sachverständigen bereits im ersten Gutachten überzeugend beschriebenen Gründen psychischen Eigenschutzes – an den Wünschen der Mutter orientiert, hat sich auch anlässlich des Hausbesuches des Sachverständigen am 20. Mai 2011 gezeigt. Die Mutter hat dem Sachverständigen erklärt, ... sitze mit Magen-Darm-Problemen auf der Toilette, da sie Angst vor dem Termin gehabt habe. Der Sachverständige schildert, als es ihm und der Mutter gelungen sei, dazu zu überreden, aus dem Badezimmer zu kommen, habe sie sich grinsend (!) von ihrer Mutter zum Tisch ziehen lassen, sehr lebendig, gesund, häufig kichernd gewirkt. Die Frage nach ihrem Vater habe sie deutlich ohne jedwede Anzeichen von Dissoziation oder Belastung beantwortet. Allerdings habe sie häufiger den Blickkontakt zur Mutter gesucht, die ein kontrollierendes Verhalten gegenüber ihrer Tochter gezeigt habe, indem sie immer bei ihr sitzend ständig ihren Blick auf sie fixiert habe.

Spiegel all dessen ist der von beiden Eltern als völlig spannungsfrei berichtete Umgang am 23. Juli 2011, an dem das Kind und beide Eltern sich eigeninitiativ verabredet und getroffen haben. Dabei bedarf keiner Vertiefung, welche Gründe die Mutter letztendlich dazu bewogen haben, diesen Umgang – während der laufenden Begutachtung im Unterhaltsverfahren, in dem der Vater, auf die Behauptung eines Umgangsboykotts gestützt, die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Mutter einwendet – zuzulassen. Jedenfalls hat diesen Umgang von nahezu zwei Stunden nach den Schilderungen der Mutter ein oder zwei Tage später als „ganz gut“ beschrieben. Dessen unbeschadet hat danach kein weiterer Umgangstermin mehr stattgefunden, obwohl der Vater aktenersichtlich und von der Mutter unbestritten diesbezüglich mehrfach nachgefasst hat.

Im Lichte dessen ist die Schlussfolgerung des Gutachters, dass nicht die Beziehung des Kindes zum Vater das Problem sei, sondern – wie bereits im Erstgutachten beschrieben – das fehlende Einvernehmen der Eltern untereinander, leicht nachvollziehbar. Zentral aber scheitert der Umgang daran, dass die Mutter seit Jahren gegen ihre Umgangsförderungspflicht verstößt.

Wenngleich sich diese umgangsbezüglichen Probleme zwischenzeitlich jedenfalls nicht gebessert haben, unterliegt es bei den vorliegenden Einzelfallumständen im Ergebnis keinen durchgreifenden Bedenken, dass das Familiengericht bei seiner Würdigung letztlich offen gelassen hat, ob die den Vater ablehnende Haltung auf eine bewusste Beeinflussung durch die Mutter zurückzuführen ist. Denn dass selbst dann die Herausnahme des Kindes aus deren Haushalt nicht zu verantworten wäre, erweist sich vor allem in Anbetracht dessen als überzeugend, dass nunmehr seit über dreieinhalb Jahren im Haushalt der Mutter lebt, sozial integriert ist – sie tanzt und reitet regelmäßig –, in der Schule sehr erfreuliche – gute bis sehr gute – Leistungen zeigt und ihr einem Wechsel zum Vater klar entgegenstehender Wille auch Ausdruck ihres – wenn auch im Alter von acht Jahren noch eher verhaltenen – Rechts zur Selbstbestimmung ist. Ein solcher Obhutswechsel entspräche dem Wohl deutlich weniger gut als ihr Verbleib bei der Mutter.

Das Kernanliegen des Vaters, vermehrt Umgang mit zu haben, kann rechtlich vielmehr nur auf anderem Wege befördert werden.

Wenngleich der Vater eine zwangsweise Durchsetzung seines Umgangsrecht ausweislich seiner Bekundungen beim Sachverständigen (S. 28 unten des Gutachtens vom 24. August 2011) wohl zeitweise nicht angestrebt hat, kann diese Möglichkeit der Herstellung von Umgang – und vorliegend insbesondere die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen die Mutter nach § 89 Abs. 1 FamFG – zukünftig nicht von vornherein außer Betracht bleiben (vgl. dazu Völker/Clausius in Kemper/Schreiber, Familienverfahrensrecht, 2. Aufl., § 89 FamFG, Rz. 15 ff. m.w.N.), zumal einiges – gerade auch das Zustandekommen und der problemlose Verlauf des Umgangskontakts vom 23. Juli 2011 – dafür spricht, dass die Mutter durch finanziellen Druck erreichbar sein könnte. Ein nicht zu niedriges Ordnungsgeld könnte – unbeschadet einer möglicherweise dadurch mittelbar verursachten kurzfristigen Belastung – diese mittelfristig durchaus auch entlasten, wobei der Senat nicht zuletzt die vom Sachverständigen im Gutachten vom 24. August 2011 anschaulich dargestellten „ersten Anzeichen einer eher autonomeren Entwicklung des Kindes in diesem Familienkonflikt“ im Blick hat. Allerdings setzte dies alles zunächst eine vollstreckbare Umgangsregelung voraus, die derzeit schon mangels ausreichender Konkretheit (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 12. März 2010 – 6 UF 128/09 –, FamRZ 2010, 1922, und vom 25. März 2010 – 6 UF 136/09 –, FamRZ 2010, 2085, jeweils m.w.N.) des Umgangsvergleichs vom 23. November 2009 nicht vorliegt, wobei dahinstehen kann, ob dieser Vergleich auch aus anderen Gründen nicht vollstreckbar ist.

Ferner wird das Familiengericht in Fortsetzung des bereits von ihm durch Zeugeneinvernahme und Einholung des Sachverständigengutachtens im Unterhaltsverfahren 6 F 76/08 UEUK beschrittenen Weges angesichts des Gesamtverhaltens der Mutter in den beiden noch bei ihm anhängigen Unterhaltsverfahren gründlich zu wägen haben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Verwirkung ihrer Unterhaltsansprüche gegen den Vater anzunehmen ist (vgl. dazu BGH FamRZ 2007, 882).

Keiner Vertiefung im vorliegenden Verfahren bedarf nach alldem, dass die vom Jugendamt und der vormaligen Umgangspflegerin erstinstanzlich angeregte Aussetzung des väterlichen Umgangsrechts nicht nur wegen der tatsächlichen Gegebenheiten, sondern bereits aus Rechtsgründen nicht ansatzweise möglich ist (vgl. zu den diesbezüglich strengen Maßstäben nur Senatsbeschluss vom 24. Januar 2011 – 6 UF 116/10 –, FamRZ 2011, 1409 m.w.N.).

Nachdem schließlich Anhaltspunkte dafür, dass die elterliche Sorge ganz oder teilweise aufgrund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss (§ 1671 Abs. 3 BGB; siehe dazu BGH FamRZ 2010, 1060 m.w.N.), nicht erkennbar sind, bewendet es bei dem angefochtenen Beschluss.

Der Senat sieht nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG von einer Wiederholung der bereits vom Familiengericht durchgeführten mündlichen Anhörung ab, weil von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen entscheidungserheblichen (§ 26 FamFG) Erkenntnisse zu erwarten sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG; bei den vorliegend obwaltenden Umständen entspräche insbesondere die Anordnung einer Kostenerstattung zu Lasten des im Ergebnis unterlegenen Vaters ausnahmsweise nicht der Billigkeit.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus § 40 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 45 Abs.1 Nr. 1 FamGKG.

Der Mutter ist ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten zu bewilligen (§§ 76 Abs. 1, 78 Abs. 2 FamFG i.V.m. §§ 114, 119 Abs. 1 S. 2 FamFG).

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 70 FamFG).

Urteilsbesprechung zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 16. Nov. 2011 - 6 UF 126/11

Urteilsbesprechungen zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 16. Nov. 2011 - 6 UF 126/11

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(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 70 Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 84 Rechtsmittelkosten


Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.
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(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde

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(2) Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:

1.
Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder
2.
Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.

(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarlouis vom 27. Mai 2009 – 22 F 9/09 SO – wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegner hat den übrigen Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

4. Der Antragstellerin wird mit Wirkung vom 13. Juli 2009 ratenfreie Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug bewilligt und Rechtsanwältin N., , beigeordnet.

5. Dem Antragsgegner wird die von ihm nachgesuchte Prozesskostenhilfe für seine Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarlouis vom 27. Mai 2009 – 22 F 9/09 SO – verweigert.

Gründe

I.

Aus der seit 7. Januar 2009 rechtskräftig geschiedenen Ehe der Kindeseltern sind die am . November 1995 geborene Tochter A. und der am . November 2004 geborene Sohn G. hervorgegangen, die seit der Trennung der Eltern im April 2008 bei der Antragstellerin leben.

Der Antragsgegner verbüßt zurzeit eine Freiheitsstrafe von vier Jahren, zu der er vom Landgericht – Schwurgericht – in Saarbrücken wegen zum Nachteil der Mutter am 18. April 2008 versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt wurde.

In dem vorliegenden – vom Scheidungsverbund abgetrennten – Sorgerechtsverfahren hat die Antragstellerin erstinstanzlich die Übertragung der elterlichen Alleinsorge für beide Kinder beansprucht.

Der Antragsgegner hat dem für den Teilbereiche Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge zugestimmt und im Übrigen auf Zurückweisung des Antrags angetragen.

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird und der dem Antragsgegner am 5. Juni 2009 zugestellt wurde, hat das Familiengericht der Antragstellerin die elterliche Sorge für die beiden Kinder übertragen, nachdem es zuvor die Kinder und die Eltern persönlich angehört und das Jugendamt beteiligt hatte.

Hiergegen richtet sich die am 9. Juni 2009 beim Saarländischen Oberlandesgericht eingegangene Beschwerde des Antragsgegners, mit der er die Aufhebung des familiengerichtlichen Beschlusses begehrt. Er ist nach wie vor bereit, auf die Teilbereiche Aufenthaltsbestimmungsrecht und Gesundheitsfürsorge zu verzichten.

Die Antragsgegnerin und das Jugendamt haben um Zurückweisung der Beschwerde gebeten.

II.

Die nach §§ 621 e Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 1, 621 e Abs. 3, 517, 520 ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die auf der Grundlage eines beanstandungsfreien Verfahrens erlassene und wohlerwogen begründete Entscheidung des Familiengerichts, auf der Grundlage von § 1671 Abs. 1 und Abs. 2 BGB die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben und sie der Antragstellerin alleine zu übertragen, findet vollumfänglich die Billigung des Senats.

Die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und des Rechts zur Gesundheitsfürsorge für beide Kinder auf die Antragstellerin hat schon aufgrund der Zustimmung des Antragsgegners zu erfolgen (§ 1671 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB), nachdem sich Anhaltspunkte dafür, dass die elterliche Sorge amtswegig abweichend von dem Antrag der Antragstellerin geregelt werden müsste (§ 1671 Abs. 3 BGB), nicht ergeben haben. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass die Antragstellerin über den Tötungsversuch des Antragsgegners Presseberichte in der BILD-Zeitung unter vollständiger Nennung der Vornamen der Kinder veranlasst hat. Dies mag erzieherisch ungeschickt gewesen sein, lässt aber keine Gefährdung des Wohls der Kinder erkennen.

Dagegen, dass das Familiengericht der Antragstellerin darüber hinausgehend – nach § 1671 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB – auch die restlichen Teilbereiche der elterlichen Sorge übertragen hat, ist nichts zu erinnern, weil dies dem Wohl der betroffenen Kinder hier am besten entspricht.

Die hiergegen gerichteten Beschwerdeangriffe des Antragsgegners dringen nicht durch.

1. Soweit der Antragsgegner beanstandet, eine Übertragung der gesamten elterlichen Sorge auf die Antragstellerin setze – weil gleichzeitig einen völligen Entzug seines Sorgerechts bedeutend – voraus, dass andernfalls eine Kindeswohlgefährdung entstände, findet dies weder in § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB noch verfassungsrechtlich eine Stütze. Anders als in Fällen der amtswegigen Regelung des Sorgerechts nach der vom Antragsgegner herangezogenen Vorschrift des § 1666 BGB (ggf. i.V.m. § 1671 Abs. 3 BGB) stehen sich in den Fällen des § 1671 Abs. 1 und Abs. 2 BGB nicht der Staat einerseits und ein oder beide Elternteile andererseits gegenüber, so dass nicht die Schranken gelten, die Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 GG staatlichen Zwangseingriffen in die elterliche Sorge setzt. Vielmehr stehen sich die Eltern – also auf beiden Seiten Grundrechtsträger –gegenüber, die sich gleichermaßen auf ihr Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG berufen können. Darüber, wie Elternrechte und -pflichten zwischen den Eltern in diesem Konfliktfall zu verteilen sind, sagt Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG nichts aus. Können sich die Eltern hier nicht einigen, muss der Staat aufgrund seines Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG entspringenden Wächteramtes für eine Regelung Sorge tragen, die dem Kindeswohl am besten entspricht (vgl. BVerfGE 31, 194; 61, 358); dies hat der Gesetzgeber mit § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB – verfassungsrechtlich unbedenklich – unternommen.

2. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners kann die gemeinsame elterliche Sorge hier auch nicht in Teilbereichen aufrechterhalten werden.

a) Das den Eltern gemäß Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG verfassungsrechtlich gegenüber dem Staat gewährleistete Freiheitsrecht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder dient in erster Linie dem Kindeswohl, das zugleich oberste Richtschnur für die Ausübung der Elternverantwortung ist (vgl. BVerfGE 61, 358; 75, 201). Der Schutz des Elternrechts, der dem Vater und der Mutter gleichermaßen zukommt, erstreckt sich auf die wesentlichen Elemente des Sorgerechts (vgl. BVerfGE 84, 168; 107, 150). Dabei setzt die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraus, erfordert ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen und hat sich am Kindeswohl auszurichten (BVerfGE 107, 150; BVerfG FamRZ 2004, 354; BGH FamRZ 2008, 592).Insbesondere auch für den Fall, dass die Voraussetzungen für eine gemeinsame Wahrnehmung der Sorge fehlen, bedarf das Elternrecht der gesetzlichen Ausgestaltung (vgl. BVerfGE 92, 158; 107, 150).

Dem dient § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB, der bestimmt, dass einem Elternteil auf Antrag die elterliche Sorge allein zu übertragen ist, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den antragstellenden Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Dabei ist es von Verfassungs wegen nicht geboten, der gemeinsamen Sorge gegenüber der alleinigen Sorge einen Vorrang einzuräumen; ein solcher findet sich auch nicht in der Regelung des § 1671 BGB wieder. Genauso wenig kann vermutet werden, dass die gemeinsame Sorge nach der Trennung der Eltern im Zweifel die für das Kind beste Form der Wahrnehmung elterlicher Verantwortung sei (vgl. BVerfGE 107, 150; BGH FamRZ 1999, 1646; 2008, 592).

Freilich schließt nicht jede Spannung oder Streitigkeit zwischen den Eltern die gemeinsame Wahrnehmung des Sorgerechts aus; vielmehr kommt es darauf an, welche Auswirkungen eine fehlende Einigung bei einer Gesamtbeurteilung der Verhältnisse auf die Entwicklung und das Wohl des Kindes haben wird. Besteht zwischen den Eltern in den Grundlinien der Erziehung Einvernehmen und streiten sie nur über Nebenfragen, so besteht ebenso wenig Anlass, die gemeinsame Sorge aufzuheben, wie wenn unbeschadet bestehender Meinungsverschiedenheiten eine Kooperation auf der Elternebene noch möglich ist (BGH FamRZ 2000, 399; 2008, 592; OLGR Saarbrücken 2004, 155). Denn aufgrund des „ethischen Vorrangs“, der dem Idealbild einer von beiden Elternteilen auch nach ihrer Trennung verantwortungsbewusst im Kindesinteresse ausgeübten gemeinschaftlichen elterlichen Sorge einzuräumen ist, ist eine Verpflichtung der Eltern zum Konsens nicht zu bestreiten (BGH FamRZ 2008, 592).

Die bloße Pflicht zur Konsensfindung vermag indessen eine tatsächlich nicht bestehende Verständigungsmöglichkeit nicht zu ersetzen. Denn nicht schon das Bestehen der Pflicht allein ist dem Kindeswohl dienlich, sondern erst die tatsächliche Pflichterfüllung, die sich in der Realität eben nicht verordnen lässt. Wenn angesichts der Entwicklungen in der Vergangenheit die begründete Besorgnis besteht, dass die Eltern auch in Zukunft nicht in der Lage sein werden, ihre Streitigkeiten in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge konstruktiv und ohne gerichtliche Auseinandersetzungen beizulegen, ist die erzwungene Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl nicht zuträglich (BGH FamRZ 2008, 592).

Muss hiernach allerdings die gemeinsame elterliche Sorge aufgehoben werden, so haben sich die Gerichte nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mit Teilentscheidungen – als milderes Mittel – zu begnügen, wo immer dies dem Kindeswohl Genüge tut (vgl. BVerfG FamRZ 2004, 1015; BGH FamRZ 2005, 1167).

b) Nach diesen Maßstäben – denen zufolge die völlige Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge keineswegs, wie der Antragsgegner meint, ultima ratio ist – ist jene hier angezeigt.

Die Antragstellerin sieht sich – wie sie in ihren beiden mündlichen Anhörungen vor dem Familiengericht auch persönlich dargestellt hat – aufgrund des am 18. April 2008 erlittenen Angriffs des Antragsgegners auf ihr Leben außerstande, Kontakt mit dem Antragsgegner aufzunehmen und die gemeinsame elterliche Sorge weiter mit ihm gemeinsam auszuüben; dafür habe der Antragsgegner sie zu sehr verletzt. Sie wolle mit ihm nichts mehr zu tun haben und könne sich nicht vorstellen, mit ihm über irgendwelche Angelegenheiten der Kinder zu sprechen, zumal der Sohn bei der Tat anwesend gewesen sei.

Diese Haltung der Antragstellerin ist vor dem Hintergrund der Umstände des Versuchs des Antragsgegners, sie zu töten, leicht nachvollziehbar.

Den rechtskräftigen Feststellungen des Schwurgerichts zufolge hat der Antragsgegner die – ihm bekannt herzschwache – Antragstellerin im Bereich des Herzens auf die linke Brust geschlagen, dabei gerufen: „Verreck’ doch endlich!“ und sie sodann mit beiden Händen gewürgt, obwohl der Sohn neben der Antragstellerin auf der Couch saß und diese auf jenen deutete, um den Antragsteller zum Aufhören zu veranlassen. Als die Antragstellerin das Bewusstsein verloren hatte, strangulierte er sie noch, vermutlich mit einem Handtuch oder Kleidungsstück. Anschließend läutete die Tochter an der Wohnungstür; der Antragsgegner öffnete ihr, verließ wortlos das Haus und fuhr weg.

Der Antragsgegner hat sich also weder durch die Anwesenheit des damals drei Jahre alten gemeinsamen Sohnes von der Tat oder ihrer Fortsetzung abhalten lassen noch die gemeinsame, im Tatzeitpunkt zwölfjährige Tochter davor bewahrt, allein, plötzlich und unvorbereitet auf ihre lebensgefährlich verletzte Mutter zu stoßen. Durch dieses Verhalten hat der Vater auch den Kindern – unter grobem Verstoß gegen das Gebot gewaltfreier Erziehung, § 1631 Abs. 2 BGB – massive psychische Gewalt angetan. Die Antragstellerin leidet als Folge der Tat unter psychischen Beeinträchtigungen; sie befand sich ausweislich der Feststellungen im Urteil des Schwurgerichts jedenfalls bis Ende 2008 in psychologischer Behandlung.

Die Auseinandersetzung des Antragsgegners mit seiner Tat, sein Bedauern, die außergerichtlichen Schadenersatzleistungen zugunsten der Antragstellerin und die therapeutische Behandlung, die er im Justizvollzug in Angriff genommen hat, fallen demgegenüber jedenfalls sorgerechtsbezüglich ebenso wenig ins Gewicht wie der vom Antragsgegner ins Feld geführte und vom Sachverständigen im Strafverfahren festgestellte Umstand, er habe die Tat im Zustand einer heftigen affektiven Erregung begangen. Die soziale Beziehung der Eltern ist hier nicht mehr tragfähig, sie ist im Gegenteil zerstört. Wer die Mutter seiner Kinder unter solchen Umständen zu töten versucht, kann nicht erwarten, dass diese danach auch nur ansatzweise bereit ist, mit ihm die Kinder betreffende Angelegenheiten zu besprechen. Im Gegenteil ist in solchen Fällen und so auch hier davon auszugehen, dass – wollte man den verletzten Elternteil gegen seinen Willen zur Kooperation mit dem gewalttätigen Elternteil zwingen – sich dies auch auf die Kinder nachteilig auswirkte. Das Elternrecht des Vaters trifft hier nicht nur auf das es begrenzende Elternrecht der Mutter, sondern auch auf deren in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG grundrechtlich verbrieften Achtungsanspruch, wenn und weil dessen Berücksichtigung vorliegend mit dem – letztentscheidenden – Kindeswohl vereinbar ist.

Hinzu kommt, dass beide Kinder sich in ihrer richterlichen Anhörung dem Vater gegenüber sehr ablehnend gezeigt haben und durch die Tat ihres Vaters seelisch beeinträchtigt wurden.

Im Sorgerechtsverfahren ist aber der Wille des Kindes zu berücksichtigen, soweit das mit seinem Wohl vereinbar ist (vgl. BVerfGE 55, 171). Denn jede gerichtliche Lösung eines Konflikts zwischen den Eltern, die sich auf die Zukunft des Kindes auswirkt, muss nicht nur auf das Wohl des Kindes ausgerichtet sein, sondern das Kind auch in seiner Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigen, weil die sorgerechtliche Regelung entscheidenden Einfluss auf das weitere Leben des Kindes nimmt und es daher unmittelbar betrifft (vgl. BVerfGE 37, 217; 55, 171). Hierzu gehört, dass der vom Kind aufgrund seines persönlichen Empfindens und seiner eigenen Meinung geäußerte Wille als Ausübung seines Rechts auf Selbstbestimmung bei der Entscheidung über seine zukünftige Zuordnung zu einem Elternteil hinreichend Berücksichtigung findet (vgl. BVerfG FamRZ 2008, 1737).

Hat der Kindeswille bei einem Kleinkind noch eher geringes Gewicht, weil das Kind noch nicht in der Lage ist, sich einen eigenen Willen zu bilden, so kommt ihm mit zunehmendem Alter und Einsichtsfähigkeit des Kindes vermehrt Bedeutung zu (vgl. BVerfG FamRZ 2007, 105; 2007, 1078). Nur dadurch, dass der wachsenden Fähigkeit eines Kindes zu eigener Willensbildung und selbständigem Handeln Rechnung getragen wird, kann das auch mit dem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG verfolgte Ziel, dass ein Kind sich durch Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit entwickeln kann (vgl. BVerfG FamRZ 2008, 845), erreicht werden.

Der Willensäußerung eines Kindes in seiner Ausprägung als Ausdruck seiner mit zunehmendem Alter immer ernster zu nehmenden Selbstbestimmtheit kommt jedenfalls dann hohes Gewicht zu, wenn Kinder – wie hier und ohne dass der Antragsgegner dies in Zweifel zöge – diesen Wunsch nachvollziehbar und ohne festgestellte Beeinflussung äußern (vgl. BVerfG FamRZ 2008, 1737).

Vorliegend haben beide Kinder in ihrer Anhörung zu erkennen gegeben, dass sie ihren Vater ablehnen und wollen, dass ihre Mutter sich um sie kümmert. Besonders der ersichtlich hinreichend verstandesgetragene Wille der Tochter hat diesbezüglich Gewicht, da diese im Zeitpunkt ihrer Anhörung durch das Familiengericht bereits dreizehn Jahre alt war. Es wäre den Kindern erzieherisch kaum vermittelbar, zwänge man vermittels Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge auch nur in einem Teilbereich die Antragstellerin dazu, in sorgerechtlichen Fragen von erheblicher Bedeutung gegenseitiges Einvernehmen mit dem Antragsgegner zu suchen und bei Meinungsverschiedenheiten zu versuchen, sich mit ihm zu einigen (§ 1687 S. 1 i.V.m. § 1627 BGB).

Soweit der Antragsgegner hierzu vorgetragen hat, Absprachen könnten über den Sozialarbeiter der Justizvollzugsanstalt erfolgen, zeigt sich zum einen – wie das Familiengericht zutreffend ausführt – gerade, dass eine direkte Kommunikation der Eltern miteinander nicht möglich ist, zum anderen ist auch dies der Antragstellerin – wie ausgeführt – unten den hier gegebenen Umständen nicht zumutbar.

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz steht dem hier nicht entgegen. Zwar ist die lediglich teilweise Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge gegenüber der völligen Aufhebung ein milderer Eingriff in das grundrechtlich geschützte Mitsorgerecht des Antragsgegners. Indessen entspricht die Teilaufhebung vorliegend nach Vorgesagtem deutlich weniger dem Kindeswohl als die vollständige; denn im ersteren Falle bliebe die Antragsgegnerin – kindeswohlwidrig – dazu gezwungen, mit dem Antragsteller – und sei es über Dritte – in Kontakt zu treten. Es stünde dann konkret zu besorgen, dass sich die Ängste und seelischen Beeinträchtigungen der Antragstellerin mittelbar auf die Kinder übertragen.

3. Hat das Familiengericht hiernach zu Recht die gemeinsame elterliche Sorge vollständig aufgehoben, so findet es ebenfalls vollumfänglich die Billigung des Senats, dass und aus welchen Gründen es – auf der zweiten Prüfungsebene des § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB (vgl. dazu BGH FamRZ 2008, 592) – gerade der Antragstellerin die Alleinsorge übertragen hat; hierauf wird Bezug genommen. Der Antragsgegner hat dies in seiner Beschwerde auch nicht gehaltvoll in Frage gestellt, zumal hier dem von den Kindern kundgetanen Wille als Ausdruck von Bindungen zur Antragstellerin und einer stärkeren inneren Beziehung zu ihr nachzukommen ist (vgl. BVerfGE 55, 171; BVerfG FamRZ 2007, 1797; 2008, 1737).

4. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Familiengericht schließlich von der Bestellung eines Verfahrenspflegers für die Kinder nach § 50 Abs. 1 und Abs. 2 S. 2 FGG abgesehen, da diese ihre Meinung in ihrer Anhörung klar und eindeutig geäußert haben – also kein „Sprachrohr“ brauchen – und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Antragstellerin hier das Interesse der Kinder aus dem Blick verloren haben könnte (vgl. dazu BVerfG FamRZ 2006, 1261; 2008, 845).

III.

Das Prozesskostenhilfegesuch des Antragsgegners war zurückzuweisen; seiner Rechtsverfolgung fehlt in Ansehung obiger Ausführungen die hinreichende Erfolgsaussicht (§ 14 FGG i.V.m. § 114 ZPO).

Der Antragstellerin war Prozesskostenhilfe gemäß § 14 FGG i.V.m. § 119 Abs. 1 ZPO unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten zu bewilligen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 Abs. 1 S. 2 FGG. Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus § 30 Abs. 2, Abs. 3 KostO.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerde-gerichts nicht erfordern (§ 621e Abs. 2 i.V.m. § 543 Abs. 2 ZPO).

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.

(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.

(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Das Familiengericht kann das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Familiengericht kann insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden darf, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend ist. Dritter kann auch ein Träger der Jugendhilfe oder ein Verein sein; dieser bestimmt dann jeweils, welche Einzelperson die Aufgabe wahrnimmt.

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarbrücken vom 18. Oktober 2006 – 40 F 323/04 UG – aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens – an das Amtsgericht – Familiengericht – in Saarbrücken zurückverwiesen.

Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

III. Der Antragsgegnerin wird mit Wirkung vom 22. November 2006 für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin, , beigeordnet.

IV. Dem Antragsteller wird mit Wirkung vom 11. Dezember 2006 für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin, -, beigeordnet.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1) und 2), die nicht miteinander verheiratet sind und waren, sind die Eltern der am ... September 1998 geborenen S.- M. S.. Die gemeinsame Tochter lebt im Haushalt der Kindesmutter, die zwischenzeitlich verheiratet ist und der die alleinige elterliche Sorge für die gemeinsame Tochter zusteht.

Bis Dezember 2003 haben regelmäßig ein Mal wöchentlich, zumeist mittwochs, Umgangskontakte zwischen dem Kindesvater und der gemeinsamen Tochter stattgefunden. Ab Anfang des Jahres 2004 wurden dem Kindesvater durch die Kindesmutter Umgangskontakte mit seiner Tochter verwehrt. Nachdem von drei durch Vermittlung des Jugendamtes vereinbarten Umgangskontakten lediglich der erste Termin am 2. April 2004 zustande gekommen war, hat der Kindesvater mit seinem beim Familiengericht am 5. Mai 2004 eingereichten Antrag auf gerichtliche Regelung des Umgangsrechts mit seiner Tochter S.- M. angetragen und zwar wöchentlich freitags von 14.00 Uhr bis 19.00 Uhr, 14-tägig von samstags 11.00 Uhr bis sonntags 18.00 Uhr sowie am jeweils zweiten Feiertag an Weihnachten, Ostern und Pfingsten von 11.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Gleichzeitig hatte er den Erlass einer entsprechenden vorläufigen Anordnung begehrt.

Die Kindesmutter hat um Zurückweisung der Anträge gebeten.

In der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2004 haben die Kindeseltern u.a. vereinbart, dass zunächst vier durch den Kinderschutzbund betreute Umgangskontakte des Kindesvaters mit der gemeinsamen Tochter nach Vorgabe des Kinderschutzbundes stattfinden sollten.

Nachdem Dipl.-Psychologe E. vom Deutschen Kinderschutzbund in seiner Stellungnahme vom 10. November 2004 mitgeteilt hatte, dass aufgrund der mangelnden persönlichen Mitwirkungsbereitschaft der Kindesmutter die Voraussetzungen, im Rahmen des betreuten Umgangs an einer eigenständigen und tragfähigen Umgangsregelung zu arbeiten, nicht gegeben sind, hat das Familiengericht durch Beschluss vom 12. Januar 2005 dem Kindesvater im Wege einstweiliger Anordnung ein Umgangsrecht mit S.- M. jede Woche samstags von 10.00 Uhr bis 19.00 Uhr sowie am Ostermontag, Pfingstmontag und am zweiten Weihnachtsfeiertag von 10.00 Uhr bis 19.00 Uhr eingeräumt und die Kindesmutter verpflichtet, das Kind rechtzeitig zum Abholen bereit zu halten und dem Kindesvater zu übergeben. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorgenannte Verpflichtung hat das Familiengericht der Kindesmutter ein Zwangsgeld von bis zu 2.500 EUR angedroht.

Nachdem bis Anfang Februar 2005 lediglich ein Umgangskontakt – am 29. Januar 2005 - zustande gekommen war, hat der Kindesvater beantragt, gegen die Kindesmutter das angedrohte Zwangsgeld festzusetzen.

Die Kindesmutter hat um Zurückweisung des Antrags auf Festsetzung des Zwangsgeldes angetragen und begehrt, das dem Kindesvater mit Beschluss vom 12. Januar 2005 gewährte Umgangsrecht bis zum Vorliegen eines einzuholenden Gutachtens 6 Monate auszusetzen und eine Aussetzung im Wege einstweiliger Anordnung erstrebt.

Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 2. März 2005 einen Verfahrenspfleger für das betroffene Kind bestellt.

Mit Beschluss gleichen Datums hat es in teilweiser Abänderung der einstweiligen Anordnung vom 12. Januar 2005 dem Kindesvater ein Umgangsrecht mit S.- M. jedes zweite Wochenende samstags von 10.00 Uhr bis 19.00 Uhr und sonntags von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr eingeräumt.

Gleichzeitig hat es gegen die Kindesmutter ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500 EUR wegen Verstoßes gegen ihre Verpflichtung aus dem Beschluss vom 12. Januar 2005 zur Herausgabe des Kindes an den Kindesvater am 15. und 22. Januar 2005 sowie am 5. und 19. Februar 2005 festgesetzt und der Kindesmutter angedroht, dass für den Fall weiterer Zuwiderhandlung gegen diesen Beschluss der zuständige Gerichtsvollzieher beauftragt werde, die Umgangsregelung zwangsweise durchzusetzen und zu diesem Zwecke ermächtigt wird, der Kindesmutter das Kind notfalls mit Gewalt wegzunehmen, es dem Kindesvater zu übergeben und sich dabei zu seiner Unterstützung der Hilfe von Polizeibeamten zu bedienen.

Schließlich hat das Familiengericht durch – verfahrensabschließenden – Beschluss vom 11. März 2005 dem Kindesvater ein Umgangsrecht mit S.- M. jedes zweite Wochenende samstags von 10.00 Uhr bis 19.00 Uhr und sonntags von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr zuerkannt (Ziffer I), in diesem Umfang den Kindeseltern das Recht entzogen, den Umgang des Kindes zu bestimmen und Umgangspflegschaft angeordnet (Ziffer II) und zum Umgangspfleger F. H. (richtig: H.) bestimmt (Ziffer III). Den Antrag des Kindesvaters auf Einräumung eines weitergehenden Umgangsrechts - er hatte nach Einschulung der Tochter im Sommer 2004 u.a. auch eine Ferienregelung begehrt - hat das Familiengericht zurückgewiesen (Ziffer IV).

Nachdem der Umgangspfleger dem Familiengericht unter dem 29. Dezember 2005 Mitteilung gemacht hatte, dass er sich außerstande sehe, Kontakte zwischen Vater und Tochter herbeizuführen und er daher empfehle, die Pflegschaft zu beenden und zu gegebener Zeit einen neuen Umgang zu veranlassen, hat das Familiengericht mit Verfügung vom 6. April 2006 Termin zur mündlichen Verhandlung im „Vermittlungsverfahren“ auf den 17. Mai 2006 bestimmt.

Mit seinem am 27. April 2006 beim Familiengericht eingegangenen Antrag hat der Kindesvater im Hinblick auf die Stellungnahme des Umgangspflegers begehrt, die Umgangspflegschaft zu beenden und ihm ein Umgangsrecht mit der gemeinsamen Tochter jedes zweite Wochenende, jeweils samstags in der Zeit von 10.00 Uhr bis 19.00 Uhr, beginnend mit dem 27. Mai 2006, und sonntags in der Zeit von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr, beginnend mit dem 28. Mai 2006, einzuräumen.

In der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2006 hat das Familiengericht den Beschluss vom 9. März 2005 (richtig: 11. März 2005) im Einvernehmen der Parteien teilweise dahingehend abgeändert, dass die eingerichtete Umgangspflegschaft aufgehoben und Herr H. als Umgangspfleger entlassen wird. Gleichzeitig hat das Familiengericht die Einholung eines schriftlichen psychologischen Sachverständigengutachtens zu den Fragen angeordnet, ob und ggf. in welcher Ausgestaltung der Umgang des Kindesvaters mit dem Kind dem Kindeswohl förderlich ist, ob die Weigerung des Kindes zum Umgang mit dem Vater durch die Mutter beeinflusst ist und welche Folgen von einem weiteren Unterbleiben des Umgangs zwischen Vater und Tochter für die Tochter zu erwarten wären. Dem Gutachter wurde aufgegeben, das Gutachten in spätestens vier Monaten abzuschließen und Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 6. September 2006 bestimmt. Urlaubsbedingt konnte der Gutachter mit den gutachterlichen Untersuchungen erst Anfang Juli 2006 beginnen. Erstgespräche des Gutachters fanden mit dem Kindesvater am 7. Juli 2006 und mit der Kindesmutter am 12. Juli 2006 statt, wobei die Kindesmutter dem Gutachter mitteilte, dass ein Gespräch mit S.- M. in seiner Praxis erst nach dem 27. August 2006 anberaumt werden könne, da sich die Familie bis dahin im Urlaub bei Verwandten befinde. Daraufhin teilte der Gutachter dem Familiengericht mit, dass er sich nicht in der Lage sehe, die gesetzte Frist zur Gutachtenerstellung einzuhalten. Ein schriftliches Gutachten wurde nicht erstellt. Der Gutachter, der noch keinen Kontakt zu dem Kind hatte, wurde in der mündlichen Verhandlung vom 6. September 2006 angehört.

Der Kindesvater hat zuletzt ein Umgangsrecht mit seiner Tochter S.- M. von wöchentlich zwei Stunden begehrt.

Die Kindesmutter hat die Auffassung vertreten, dass Umgangskontakte der Tochter mit dem Kindesvater derzeit im Interesse des Kindeswohls abzulehnen und dem Kindeswohl nicht zuträglich, sondern schädlich seien.

Durch den, auf die mündliche Verhandlung vom 6. September 2006 ergangenen, angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht folgende Regelung getroffen:

1. In Abänderung des Beschlusses vom 9. März 2005 hat der Vater das Recht, das Kind S.- M. S., geboren am ... September 1998, wie folgt zu sich zu nehmen:

am Mittwoch, den 1. November 2006, in der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr,
am Mittwoch, den 8. November 2006, in der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr,
am Mittwoch, den 15. November 2006, in der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr,
am Mittwoch, den 22. November 2006, in der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr,
am Mittwoch, den 29. November 2006, in der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr,
am Mittwoch, den 6. Dezember 2006, in der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr,
am Mittwoch, den 13. Dezember 2006, in der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr,
am Mittwoch, den 20. Dezember 2006, in der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr,
am Mittwoch, den 27. Dezember 2006, in der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr,
am Mittwoch, den 3. Januar 2007, in der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr,
am Mittwoch, den 10. Januar 2007, in der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr,
am Mittwoch, den 17. Januar 2007, in der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr,
am Mittwoch, den 24. Januar 2007, in der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr,
am Mittwoch, den 31. Januar 2007, in der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr,
am Mittwoch, den 14. Februar 2007, in der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr,
am Mittwoch, den 21. Februar 2007, in der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr,
am Mittwoch, den 28. Februar 2007, in der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr.

„2. Der Kindesmutter wird auferlegt, S.- M. zu den angegebenen Zeiten pünktlich zur Abholung an ihrer Wohnung bereit zu halten. Sie ist verpflichtet, S.- M. an den Kindesvater herauszugeben. Sie hat das Kind dazu zu bewegen, an dem Umgang mit dem Vater teilzunehmen. Sie hat hierzu ihre gesamte Erziehungsfähigkeit einzusetzen.

3. Bei Erkrankung des Kindes hat die Kindesmutter dies dem Vater rechtzeitig mitzuteilen und durch ein aussagekräftiges ärztliches Attest zu belegen.

4. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Pflichten gemäß Ziffer 2 Satz 1 bis 3 und Ziffer 3 wird der Kindesmutter Zwangshaft von bis zu 6 Monaten angedroht.

5. Das Jugendamt des Stadtverbandes wird um Durchführung der gewaltsamen Wegnahme des Kindes zur Durchführung der Umgangskontakte - sollte diese erforderlich sein – ersucht. Der Mitarbeiter des Jugendamtes wird zur Ausübung unmittelbaren Zwangs ermächtigt. Daneben wird der Gerichtsvollzieher ermächtigt, soweit erforderlich – Gewalt – nicht jedoch gegen das Kind – zur Durchsetzung der Herausgabe des Kindes anzuwenden. Er kann erforderlichenfalls die polizeilichen Vollzugsorgane um Unterstützung nachsuchen.

6. Der Gerichtsvollzieher ist befugt, in Ausführung des Vollzugs dieser Anordnung die Wohnung und die Behältnisse der Antragsgegnerin oder anderer Personen, bei denen sich das Kind aufhält, zu durchsuchen, soweit der Zweck der Vollziehung dies erfordert. Er darf verschlossene Haustüren, Zimmertüren und Behältnisse gewaltsam öffnen lassen. Es wird angeordnet, dass die Vollziehung dieser Vollstreckungsanordnung auch zur Nachtzeit sowie an Sonn- und allgemeinen Feiertagen vorgenommen werden darf.“

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kindesmutter, mit der sie sich dagegen wendet, dass dem Kindesvater ein Umgangsrecht mit der gemeinsamen Tochter eingeräumt worden ist.

Sie beantragt, „einstweilen die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Saarbrücken – 40 F 323/04 UG – vom 18. Oktober 2006 einzustellen“ und sucht um Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nach.

Der Kindesvater trägt auf Zurückweisung der Beschwerde der Kindesmutter und des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung an und bittet ebenfalls, ihm Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen.

Durch Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2006 – 9 UF 147/06 – wurde die Vollziehung der in dem Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarbrücken vom 18. Oktober 2006 – 40 F 323/04 UG – getroffenen Regelungen im Wege einstweiliger Anordnung bis zur Entscheidung über die Beschwerde der Kindesmutter gegen den vorerwähnten Beschluss gemäß § 24 Abs. 3 FGG vorläufig ausgesetzt.

II.

Die gemäß §§ 621 e Abs. 1 u. 3, 621 Abs. 1 Nr. 2, 517, 520 ZPO zulässige Beschwerde der Kindesmutter hat einen vorläufigen Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht zur erneuten Behandlung und Entscheidung.

Die angefochtene Entscheidung kann keinen Bestand haben, weil das Verfahren vor dem Familiengericht an wesentlichen Verfahrensmängeln leidet.

Ein Verfahrensmangel liegt vor, wenn gegen eine Verfahrensnorm verstoßen wurde, die den Weg zum Beschluss oder die Art und Weise seines Erlasses betrifft. Hierzu gehört insbesondere auch, dass gemäß § 12 FGG von Amts wegen die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchgeführt und die geeignet erscheinenden Beweise erhoben werden und dass der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs beachtet wird (vgl. Bumiller/Winkler, FGG, 5. Aufl., § 25, Anm. 1 d, m.w.N.; s. auch BGH, NJW 1993, 538; Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 – 9 UF 125/05; OLG Köln, ZIP 1983, 869).

Vorliegend hat das Familiengericht den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt.

In dem angefochtenen Beschluss geht das Familiengericht davon aus, dass der Umgang des Kindesvaters mit dem Kind eine Kindeswohlgefährdung nicht darstellt und deshalb unbetreut stattfinden kann. Es vertritt die Auffassung, dass der Kindeswille der Durchführung des Umgangs nicht entgegenstehe, vielmehr die Durchführung des Umgangs zur Wahrung des Kindeswohls erforderlich sei. Das Familiengericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Kindesmutter dem Kind in offen verbaler Form zu verstehen gebe, dass der Umgang zwischen ihr und dem Vater nicht gut sei und dass für den Fall, dass die Kindesmutter ihr Verhalten ändere und das Kind zur Durchführung des Umgangs mit dem Kindesvater ermutige, zu erwarten sei, dass das Kind dazu bereit sei, sich wieder mit seinem Vater zu treffen.

Diese Feststellungen hat das Familiengericht ohne hinreichende Entscheidungsgrundlage getroffen. Der Ansicht des Familiengerichts, es sei aus eigener Sachkunde in der Lage, zu beurteilen, dass von unbetreuten Umgangskontakten des Kindes mit dem Kindesvater derzeit eine Kindeswohlgefährdung nicht zu erwarten sei, vermag der Senat bei der gegebenen Sachlage nicht zu folgen. Vielmehr ist zur Überzeugung des Senats die Einholung eines psychologischen/psychiatrischen Sachverständigengutachtens erforderlich. Nur so kann zuverlässig beurteilt werden, ob zum derzeitigen Zeitpunkt eine Einschränkung oder ein Ausschluss des Umgangsrechts des Kindesvaters mit dem Kind zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

Zwar ist dem Familiengericht zu folgen, dass die im vorliegenden und im vorangegangenen Verfahren erkennbaren Verhaltensweisen der Kindesmutter den Schluss zulassen, dass diese dem Kind gegenüber vermittelt, dass sie Umgangskontakten mit dem Kindesvater ablehnend gegenübersteht, wenn gleich aufgrund des Akteninhalts keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass eine negative Beeinflussung des Kindes gegenüber dem Kindesvater – wie das Familiengericht meint – in offen verbaler Form erfolgt. Auch stellt dies einen Verstoß gegen die sog. Wohlverhaltensklausel (§ 1684 Abs. 2 BGB) dar. Denn danach sind die Eltern zu wechselseitigem loyalem Verhalten bei der Verwirklichung des Umgangsrechts verpflichtet. Dem sorgeberechtigten Elternteil obliegt es, insbesondere auf jüngere Kinder dahin erzieherisch einzuwirken, dass der persönliche Umgang nicht als belastend empfunden wird bzw. dass psychische Widerstände gegen den Umgang mit dem anderen Elternteil abgebaut werden und eine positive Einstellung gewonnen wird. Er hat Kontakte zum nichtsorgeberechtigten Elternteil nicht nur zuzulassen, sondern positiv zu fördern, um dem Kind mögliche Loyalitätskonflikte zu ersparen. Die Wohlverhaltensklausel verbietet dem Sorgerechtsinhaber jede negative Beeinflussung des Kindes gegen den Umgangsberechtigten, und zwar auch in mittelbarer Weise dergestalt, dass sich das Kind scheinbar aus eigenem Entschluss gegen den Umgang wendet. Hiermit korrespondiert allerdings die Verpflichtung des Umgangsberechtigten, das Kind weder gegen den sorgeberechtigten Elternteil einzunehmen noch dessen Erziehungsanstrengungen zu vereiteln oder zu beeinträchtigen oder auch nur seine Erziehungsautorität in Frage zu stellen (FA-FamR/Oelker, 5. Aufl., Kap. 4, Rz. 520; Johannsen/Henrich/Jaeger, § 1684 BGB, Rz. 14 ff; m.w.N., Kaiser/Schnitzler/Friederici - Peschel-Gutzeit, Anwaltkommentar BGB, Band 4: Familienrecht, § 1684, Rz. 27ff; OLG Brandenburg, FamRZ 1996, 1092).

Gegen diese Verpflichtung hat die Kindesmutter unzweifelhaft verstoßen, da sie es nach ihren eigenen Angaben dem Kind freistellt, ob es Umgangskontakte mit seinem Vater wahrnehmen will oder nicht. Auch hat sich die Kindesmutter während dieses Verfahrens, im Übrigen ebenso wie während des vorangegangenen Verfahrens, wenig kooperativ gezeigt, was im Sinne des Kindeswohls negativ zu bewerten ist. So hat sie immer wieder vom Gericht anberaumte Termine nicht bzw. ohne hinreichende Entschuldigung nicht wahrgenommen. Auch ist sie den gerichtlichen Auflagen, für das Erscheinen des Kindes in den vom Familiengericht anberaumten Terminen Sorge zu tragen, nicht immer nachgekommen. So ist etwa das Kind im Termin vom 6. September 2006 - entgegen der gerichtlichen Auflage – unentschuldigt nicht erschienen, obwohl über den Antrag der Kindesmutter, das Kind außerhalb der mündlichen Verhandlung anzuhören, nicht entschieden worden war. Schließlich ist auch ihre Zusammenarbeit mit dem vom Gericht bestellten Sachverständigen nicht positiv zu bewerten, nachdem sie jedenfalls nichts getan hat, um ein Zusammentreffen des Kindes mit dem Sachverständigen vor dem auf den 6. September 2006 anberaumten Gerichtstermin zu ermöglichen und durch die Abwesenheit des Kindes im vorgenannten Termin auch verhindert wurde, dass der Gutachter einen persönlichen Eindruck von der gemeinsamen Tochter und deren Verhältnis zu dem Kindesvater gewinnen konnte. Zudem hat sie dem Gutachter weitere Erkenntnisquellen dadurch verschlossen, dass sie die das Kind behandelnde Ärztin, Frau P., nicht dem Gutachter gegenüber von ihrer ärztlichen Schweigepflicht entbunden hat.

Jedoch hat die Kindesmutter immer wieder betont, dass die Verweigerungshaltung des Kindes auf dem Verhalten des Kindesvaters beruhe. Sie hat behauptet, der Kindesvater hetze das Kind gegen ihren jetzigen Ehemann auf. Er bringe es in ständige Loyalitätskonflikte, indem er – beginnend mit Ende des Jahres 2003 – gegenüber dem Kind sowohl beim Abholen zu den Besuchskontakten als auch beim Zurückbringen ausdrücklich und eindringlich betone, dass er und nicht der Ehemann der Kindesmutter sein Vater sei. Es sei wiederholt zu unschönen Szenen vor dem Kind beim Zusammentreffen mit dem Kindesvater gekommen, der zu übertriebener Theatralik neige, in Anwesenheit des Kindes drohe und schreie und seine Emotionen nicht beherrschen könne. So sei er einmal im Kindergarten des Kindes erschienen und habe dort randaliert. Auch untergrabe er ihre Autorität. So habe er es zugelassen, dass das Kind an einem Besuchskontakt Schlittschuh gelaufen sei, obwohl sie dies auf vorherige telefonische Rückfrage des Kindes ausdrücklich verboten habe, weil das Kind über keinen Helm verfügte. Schließlich habe er auch das Kind gegen dessen ausdrücklichen Willen am 12. Februar 2005 zur Durchführung des Umgangskontaktes mitgenommen. Diese Verhaltensweisen des Kindesvaters hätten dazu geführt, dass das Kind verstört und verängstigt sei und nach den Besuchskontakten eingenässt und eingekotet habe und sich darüber hinaus Schlafstörungen gezeigt hätten.

Zwar hat der Kindesvater vorstehenden Sachvortrag der Kindesmutter im Wesentlichen bestritten. Die von der Kindesmutter behauptete Theatralik und ungezügelte Emotionalität des Kindesvaters wurden jedoch sowohl vom Familiengericht als auch vom beteiligten Jugendamt und dem Umgangspfleger des Kindes festgestellt. So hat der Vertreter des Jugendamtes etwa in der mündlichen Verhandlung am 7. Juli 2004 im Vorverfahren erklärt, bei den vorgerichtlichen Kontaktanbahnungsversuchen habe sich der Kindesvater nicht beherrschen können. Er habe ständig Themen auf den Tisch bringen müssen, die mit Unterhalt oder dergleichen zu tun gehabt hätte. Auch seien die Abschiedsszenen für das Kind jeweils schwer erträglich gewesen, der Kindesvater habe sich „wirklich über das Kind drübergestülpt“, so dass Kolleginnen ihn gefragt hätten, ob er dies nicht unterbinden könne.

Auch gegenüber dem Umgangspfleger wirkte der Kindesvater oft übertrieben verzweifelt und ungeduldig und ließ sich sogar in der Verzweiflung, dass keine Kontakte zustande kamen, zu der Äußerung hinreißen, er habe nichts mehr zu verlieren und wolle sich, das Kind und die Kindesmutter umbringen. Selbst wenn man diese – in dieser Form vom Kindesvater bestrittene - Erklärung – der Einschätzung des Familiengerichts und des Umgangspflegers folgend – nicht ernst nimmt, so ist doch bei dem Umgangspfleger der Eindruck entstanden, dass der Kindesvater zu einer Verzweiflungstat fähig sei.

Soweit das Familiengericht davon ausgeht, dem Kindesvater sei es nach und nach im laufenden Verfahren gelungen, seine Emotionen zurückzunehmen, vermag der Senat hinreichende Anhaltspunkte hierfür im Tatsächlichen nicht zu erkennen.

Hiergegen sprechen vielmehr die Erfahrungen des Verfahrenspflegers anlässlich des am 5. März 2005 vorgesehenen Besuchstermins, wonach der Kindesvater gegenüber Nachbarn der Kindesmutter lautstark erklärt hat, er werde seine Tochter mit einem Gerichtsvollzieher herausholen und sich der Kindesvater im folgenden durch den Verfahrenspfleger und auch durch seinen vor Ort anwesenden Bruder kaum beruhigen ließ. Auch haben die Eltern der Kindesmutter durch eidesstattliche Versicherung bestätigt, dass es anlässlich des Umgangstermins am 8. November 2006 zu Drohungen des Kindesvaters gegenüber dem Kind gekommen sei.

Letztlich kommt es aber auf die Verhaltensweisen der Kindeseltern in der Vergangenheit für die Beurteilung, ob Umgangskontakte gegen den derzeit unstreitig erklärten entgegenstehenden Willen des Kindes dem Kindeswohl schaden könnten, nicht an.

Entscheidend erscheint dem Senat vielmehr, dass nach den von der Kindesmutter vorgelegten ärztlichen Attesten der das Kind seit Februar 2005 in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie ambulant behandelnden Ärztin, Frau P., bei dem Kind emotionale Störungen sowie Schlafstörungen tatsächlich festgestellt worden sind und nach der Einschätzung der behandelnden Ärztin bei einer zwangsweisen Durchführung der Umgangskontakte erhebliche Beeinträchtigungen des Kindeswohls zu erwarten sind.

Bei dieser Sachlage war das Familiengericht aber im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht gehalten, zur Frage, ob Kindeswohlgefährdungen bei Durchführung von Umgangskontakten unter den derzeit gegebenen Umständen zu befürchten sind, fachkundige Hilfe eines psychologisch bzw. psychiatrisch geschulten Gutachters in Anspruch zu nehmen. Auch ist wenig nachvollziehbar, warum das Familiengericht zur weiteren Sachaufklärung nicht wenigstens die das Kind behandelnde Ärztin angehört hat. Der Annahme des Familiengerichts, dass eine Befragung der das Kind behandelnden Ärztin nicht möglich gewesen sein sollte, weil die Kindesmutter gegenüber dem Gutachter die Entbindung der Ärztin von der Schweigepflicht verwehrt habe, steht entgegen, dass die Kindesmutter selbst wiederholt die Anhörung der behandelnden Ärztin angeboten hat. Soweit das Familiengericht meint, aus eigener Sachkunde beurteilen zu können, dass die Durchführung von Umgangskontakten nicht nur dem Kindeswohl nicht widerspreche, sondern im Gegenteil zur Wahrung des Kindeswohls erforderlich sei, ist nicht ersichtlich, durch welche medizinischen/psychologischen Kenntnisse des Familiengerichts diese Einschätzung gerechtfertigt ist. Zudem hat das Familiengericht zunächst auch selbst – im Übrigen ebenso wie der Verfahrenspfleger und das beteiligte Jugendamt – die Einholung eines Sachverständigengutachtens für erforderlich erachtet. Dass das vom Familiengericht angeordnete Sachverständigengutachten – entgegen den Vorstellungen des Familiengerichts - nicht bis zur mündlichen Verhandlung erstellt werden konnte, rechtfertigte es aber nicht, von der Hinzuziehung sachverständiger Unterstützung Abstand zu nehmen. Vielmehr hätte es dem Familiengericht oblegen, mit angemessenen Maßnahmen auf die zeitnahe Erstellung des Gutachtens hinzuwirken.

Dies war auch nicht etwa im Hinblick auf die Angaben des Sachverständigen bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung entbehrlich. Zwar hat der Gutachter auf Frage des Familiengerichts, die möglichen negativen Auswirkungen für den Fall geschildert, dass die Kindesmutter einen Kontakt zwischen Kindesvater und Kind dauerhaft verhindere. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Sachverständige auf die Frage der Kindesmutter, welche Auswirkungen bei Anordnung eines Umgangs auf das Kind zu erwarten seien, nicht eingegangen ist. Denn seine Angaben zu den negativen Auswirkungen bei Wegfall von Umgangskontakten bezogen sich nicht auf den konkreten Fall, sondern erfolgten abstrakt, zumal der Gutachter keinerlei Kontakt zu dem Kind hatte. Zudem hat der Gutachter auch erklärt, dass „die Mutter möglicherweise auch durch Ängste gesteuert werde, dass sie tatsächlich Angst um ihr Kind habe. Zudem müsse man die Einnässproblematik des Kindes sehen, die auf Trennungsängste hindeuteten. Möglicherweise habe das Kind Ängste der Mutter übernommen. Möglicherweise nässe und kote das Kind ein bzw. habe eingekotet und eingenässt, weil es zu Dingen gezwungen werden sollte, die es nicht wollte, möglicherweise aber auch umgekehrt, weil es Dinge nicht gedurft habe, die das Kind eigentlich gewollt habe“.

Schließlich hat sich der Gutachter auch für einen begleiteten Umgang ausgesprochen, worauf das Familiengericht allerdings mit keinem Wort eingegangen ist.

Dass das Familiengericht die gebotene Sachaufklärung nicht betrieben hat, ist ein erheblicher Verfahrensfehler, denn es ist zur Ermittlung der maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen von Amts wegen verpflichtet.

Weiterhin verfahrensfehlerhaft hat das Familiengericht im vorliegenden Abänderungsverfahren ohne die gemäß § 50 b FGG gebotene persönliche Anhörung des Kindes entschieden.

Zwar hat das Familiengericht ersichtlich nicht verkannt, dass nach § 50 b Abs. 1 FGG eine - einerseits der Sachverhaltsaufklärung, andererseits aber auch der Gewährung des rechtlichen Gehörs dienende - Pflicht zur Anhörung von Kindern grundsätzlich auch in Verfahren nach § 1684 BGB besteht. Denn das Familiengericht hat das Kind im Ausgangsverfahren ausweislich der Akte sogar zweimal, nämlich am 15. Juli 2004 und am 2. März 2005 persönlich angehört. Dies hat das Familiengericht aber nicht von einer erneuten Anhörung im vorliegenden Abänderungsverfahren entbunden. Das Ausgangsverfahren wurde nämlich durch den Beschluss des Familiengerichts vom 11. März 2005, der eine zeitlich unbegrenzte Umgangsregelung des Umgangs des Kindesvaters mit der gemeinsamen Tochter beinhaltete, abgeschlossen, wie sich auch eindeutig aus der Abschlussverfügung des Familiengerichts vom 11. März 2005 ersehen lässt. Demnach handelt es sich aber bei vorliegendem Verfahren, das vom Familiengericht zunächst von Amts wegen nach Eingang des Berichts des Umgangspflegers am 15. März 2006 eingeleitet wurde, um ein Abänderungsverfahren nach § 1696 BGB. Dass das Familiengericht ersichtlich ebenfalls hiervon ausgegangen ist, ergibt sich eindeutig aus dem Tenor zu Ziffer 1. des angefochtenen Beschlusses, so dass es nicht darauf ankommt, dass das Familiengericht das Verfahren unter dem Aktenzeichen des Ausgangsverfahrens weitergeführt hat und § 1696 BGB in den Gründen keine Erwähnung findet.

Im Verfahren nach § 1696 BGB hat aber grundsätzlich ebenso wie im Ausgangsverfahren eine Anhörung des - vorliegend bereits acht Jahre alten (vgl. BGH, DAVorm. 1992, 499, 507) - Kindes zu erfolgen (Keidel/Engelhardt, FGG, 15. Aufl., § 50 b, Rz. 5 f).

Zwar kann von der Anhörung des Kindes aus schwerwiegenden Gründen abgesehen werden (vgl. BGH FamRZ 1984, 1084, 1086). Derartige schwerwiegende Gründe sind aber vom Familiengericht nicht aufgezeigt und auch nicht ersichtlich. Vielmehr hat das Familiengericht erkennbar selbst die Anhörung des Kindes für erforderlich erachtet, da es das persönliche Erscheinen des Kindes sowohl zum Termin vom 17. Mai 2006 als auch zu der dem Beschlusserlass vorangehenden mündlichen Verhandlung angeordnet hatte. Dass das Kind zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, ändert an der im Rahmen der Amtsermittlung gebotenen Anhörungspflicht nichts, zudem vorliegend der Antrag der Kindesmutter vom 23. Juni 2006, das Kind außerhalb der mündlichen Verhandlung anzuhören, vom Familiengericht nicht beschieden worden war. Von einer Anhörung durfte hier auch nicht im Hinblick auf die vorangegangenen Anhörungen des Kindes im Ausgangsverfahren abgesehen werden, nachdem die letzte Anhörung dort bereits rund eineinhalb Jahre zurücklag und dem Familiengericht zwischenzeitlich auch von Seiten des Umgangspflegers mitgeteilt worden war, dass das Kind selbst Umgangskontakte mit dem Kindesvater verweigere und eine Bindung zwischen dem Kindesvater und dem Kind derzeit nicht bestehe.

Wegen der aufgezeigten Verfahrensfehler kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben. Da dem Senat eine Nachholung der gebotenen Maßnahmen unter Einschluss der erneuten Anhörung des Kindes in der Beschwerdeinstanz unter den gegebenen Umständen nicht sachdienlich erscheint, ist es angezeigt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückzuverweisen.

Für das weitere Verfahren geht der Senat davon aus, dass die Kindesmutter in Zukunft ihren Mitwirkungspflichten im vorliegenden Verfahren im gebotenen Umfang nachkommen und sich insbesondere bei der zeitnahen Erstellung eines Sachverständigengutachtens - sowohl was ihre eigene als auch die Person des Kindes betrifft - kooperativ zeigen wird. Der Senat weist nachdrücklich darauf hin, dass die Kindesmutter – wie bereits ausgeführt - grundsätzlich nicht nur verpflichtet ist, Kontakte des Kindes zum Kindesvater zuzulassen, sondern dass sie darüber hinaus, den Kontakt des Kindes zum Kindesvater positiv zu fördern hat (§ 1684 Abs. 2 BGB) und dass bei fortlaufender, schwerwiegender Missachtung der Belange des Umgangsberechtigten sogar – worauf das Familiengericht zutreffend hingewiesen hat - eine Sorgerechtsänderung in Betracht kommen kann.

Bei der gebotenen Neubefassung mit der Sache wird das Familiengericht zu beachten haben, dass Zwangshaft nur dann angeordnet werden darf, wenn die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 S. 2 FGG gegeben sind, wobei insoweit ergänzend auf die Ausführungen im Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2006 – 9 WF 161/06 – verwiesen wird. Darüber hinaus bedarf die Anordnung jeder einzelnen Maßnahme zur Durchsetzung der Umgangsregelung der sorgfältigen Prüfung, ob die Maßnahme unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zur Durchsetzung der Umgangsregelung geeignet und erforderlich ist. Klarstellend weist der Senat weiter darauf hin, dass eine Anwendung von Gewalt gegen das Kind zur Ausübung des Umgangsrechts – auch durch das Jugendamt - nach § 33 Abs. 2 S. 2 FGG ausscheidet, wovon das Familiengericht allerdings trotz der insoweit missverständlichen Formulierungen in Ziffer 5. S. 1 und 2 des angefochtenen Beschlusses – wie im Übrigen auch bereits in Ziffer 4. der im Vorverfahren ergangenen einstweiligen Anordnung vom 2. März 2005 - ausweislich seiner im Sitzungsprotokoll vom 27. November festgehaltenen Erklärungen ebenfalls ausgegangen ist.

Der die Gerichtskosten betreffende Kostenausspruch beruht auf § 16 KostO.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Geschäftswertes folgt aus § 30 Abs. 2 und 3 KostO.

Beiden Parteien ist Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen (§§ 14 FGG, 114, 119 Abs. 1 ZPO).

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§§ 621 e Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO).

(1) Bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgelds keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft anordnen. Die Anordnungen ergehen durch Beschluss.

(2) Der Beschluss, der die Herausgabe der Person oder die Regelung des Umgangs anordnet, hat auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hinzuweisen.

(3) Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für den Vollzug der Haft gelten § 802g Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, die §§ 802h und 802j Abs. 1 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(4) Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Werden Gründe, aus denen sich das fehlende Vertretenmüssen ergibt, nachträglich vorgetragen, wird die Festsetzung aufgehoben.

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) In einer Kindschaftssache, die

1.
die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge,
2.
das Umgangsrecht einschließlich der Umgangspflegschaft,
3.
das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes,
4.
die Kindesherausgabe oder
5.
die Genehmigung einer Einwilligung in einen operativen Eingriff bei einem Kind mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung (§ 1631e Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
betrifft, beträgt der Verfahrenswert 4 000 Euro.

(2) Eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ist auch dann als ein Gegenstand zu bewerten, wenn sie mehrere Kinder betrifft.

(3) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(1) Vor dem Familiengericht und dem Oberlandesgericht müssen sich die Ehegatten in Ehesachen und Folgesachen und die Beteiligten in selbständigen Familienstreitsachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(3) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen die zur Vertretung berechtigten Personen die Befähigung zum Richteramt haben.

(4) Der Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedarf es nicht

1.
im Verfahren der einstweiligen Anordnung,
2.
in Unterhaltssachen für Beteiligte, die durch das Jugendamt als Beistand, Vormund oder Ergänzungspfleger vertreten sind,
3.
für die Zustimmung zur Scheidung und zur Rücknahme des Scheidungsantrags und für den Widerruf der Zustimmung zur Scheidung,
4.
für einen Antrag auf Abtrennung einer Folgesache von der Scheidung,
5.
im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe,
6.
in den Fällen des § 78 Abs. 3 der Zivilprozessordnung sowie
7.
für den Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 3 Abs. 3 des Versorgungsausgleichsgesetzes und die Erklärungen zum Wahlrecht nach § 15 Abs. 1 und 3 sowie nach § 19 Absatz 2 Nummer 5 des Versorgungsausgleichsgesetzes.

(5) Der Bevollmächtigte in Ehesachen bedarf einer besonderen auf das Verfahren gerichteten Vollmacht. Die Vollmacht für die Scheidungssache erstreckt sich auch auf die Folgesachen.

(1) In Familienstreitsachen sind die Vorschriften dieses Gesetzes über die einstweilige Anordnung anzuwenden. In Familienstreitsachen nach § 112 Nr. 2 und 3 gilt § 945 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(2) Das Gericht kann in Familienstreitsachen den Arrest anordnen. Die §§ 916 bis 934 und die §§ 943 bis 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.