Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 27. Jan. 2015 - 4 Ws 472/14 (V)
Tenor
1. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Ravensburg vom 3. Dezember 2014
abgeändert
und wie folgt neu gefasst:
a) Auf den Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung wird der Bescheid der Antragsgegnerin vom 4. November 2014
aufgehoben.
b) Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über den Antrag des Antragstellers auf Genehmigung des Besitzes einer elektrischen Zigarette oder einer elektrischen Pfeife mit zugehörigen Netzteilen zu entscheiden.
c) Im Übrigen wird der Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet
verworfen.
2. Die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug hat der Antragsteller zu tragen, jedoch wird die Gebühr für das Verfahren um die Hälfte ermäßigt; dem Antragsteller ist die Hälfte seiner notwendigen Auslagen im ersten Rechtszug aus der Staatskasse zu erstatten. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Antragstellers im Rechtsbeschwerdeverfahren trägt die Staatskasse.
3. Der Gegenstandswert wird für das Verfahren im ersten Rechtszug auf 600 EUR und für Rechtsbeschwerdeverfahren auf 300 EUR festgesetzt.
Gründe
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
|
| |||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
|
| |||||
| ||||||
|
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 27. Jan. 2015 - 4 Ws 472/14 (V)
Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 27. Jan. 2015 - 4 Ws 472/14 (V)
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 27. Jan. 2015 - 4 Ws 472/14 (V) zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.
(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie
- 1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder - 2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.
(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.
(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.
(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.
(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.
(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.
(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.
(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.
(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.
(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.
(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.
(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die nach Herkunft und Datum genau zu bezeichnen sind, verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Das Gericht kann von einer Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1a) Das Gericht kann anordnen, dass eine Anhörung unter Verzicht auf die persönliche Anwesenheit des Gefangenen zeitgleich in Bild und Ton in die Vollzugsanstalt und das Sitzungszimmer übertragen wird. Eine Aufzeichnung findet nicht statt. Die Entscheidung nach Satz 1 ist nicht anfechtbar.
(2) Soweit die Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht die Maßnahme auf. Ist die Maßnahme schon vollzogen, kann das Gericht auch aussprechen, daß und wie die Vollzugsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat, soweit die Sache spruchreif ist.
(3) Hat sich die Maßnahme vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht auf Antrag aus, daß die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(4) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung der Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Vollzugsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Anderenfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(5) Soweit die Vollzugsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlaß einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden.
(2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(3) Dient die vom Antragsteller begehrte oder angefochtene Maßnahme der Umsetzung des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches im Vollzug der Sicherungsverwahrung oder der ihr vorausgehenden Freiheitsstrafe, so ist dem Antragsteller für ein gerichtliches Verfahren von Amts wegen ein Rechtsanwalt beizuordnen, es sei denn, dass wegen der Einfachheit der Sach- und Rechtslage die Mitwirkung eines Rechtsanwalts nicht geboten erscheint oder es ersichtlich ist, dass der Antragsteller seine Rechte selbst ausreichend wahrnehmen kann. Über die Bestellung und einen Widerruf entscheidet der Vorsitzende des nach § 110 zuständigen Gerichts.
(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die nach Herkunft und Datum genau zu bezeichnen sind, verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Das Gericht kann von einer Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1a) Das Gericht kann anordnen, dass eine Anhörung unter Verzicht auf die persönliche Anwesenheit des Gefangenen zeitgleich in Bild und Ton in die Vollzugsanstalt und das Sitzungszimmer übertragen wird. Eine Aufzeichnung findet nicht statt. Die Entscheidung nach Satz 1 ist nicht anfechtbar.
(2) Soweit die Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht die Maßnahme auf. Ist die Maßnahme schon vollzogen, kann das Gericht auch aussprechen, daß und wie die Vollzugsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat, soweit die Sache spruchreif ist.
(3) Hat sich die Maßnahme vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht auf Antrag aus, daß die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(4) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung der Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Vollzugsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Anderenfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(5) Soweit die Vollzugsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist Betreiber der Gaststätte „M. “ in Köln, in der er seinen Gästen die Nutzung von E-Zigaretten gestattet.
3Bei einer Kontrolle stellte die Beklagte am 26. Juni 2013 fest, dass ein Gast im Thekenbereich in der Zeit von 20.00 Uhr bis 1.45 Uhr wiederholt eine E-Zigarette konsumierte, ohne dass der Kläger oder seine Mitarbeiter hiergegen einschritten.
4Mit Schreiben vom 1. Juli 2013 mahnte die Beklagte gegenüber dem Kläger die Einhaltung des Rauchverbotes in seiner Gaststätte an. Für den Fall erneuter Zuwiderhandlung seien weitere Maßnahmen, insbesondere der Erlass einer Untersagungsverfügung, zu erwarten. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, seit dem 1. Mai 2013 gelte in Nordrhein-Westfalen ein uneingeschränktes und produktunabhängiges Rauchverbot in Gaststätten, das nicht nur den Konsum von Zigaretten und anderen Tabakwaren, sondern auch die Nutzung von E-Zigaretten sowie von Shisha-Pfeifen und Kräuterzigaretten erfasse. Das Nichtraucherschutzgesetz (NiSchG) NRW unterscheide nicht nach unterschiedlichen Produktgruppen. Dies sei nach der Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf vom 26. Juni 2012 (LT-Drs. 16/125) ausdrücklich nicht gewollt, wie sich aus den Erläuterungen des zuständigen Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes NRW – MGEPA ‑ ergebe. Eine Differenzierung zwischen verschiedenen Produkten sehe auch das Bundesnichtraucherschutzgesetz nicht vor, das damit auch die E-Zigarette erfasse. Nur durch eine solche Auslegung werde eine Umgehung des Gesetzeszweckes verhindert. Der Gesundheitsschutz der Bevölkerung genieße höchste Priorität. Ohne ein umfassendes Rauchverbot sei ein effektiver Vollzug des Nichtraucherschutzgesetzes nicht möglich, weil eine zweifelsfreie Prüfung der konsumierten Produkte, insbesondere neu entwickelter Produkte, vor Ort nicht stattfinden und damit ein Verstoß gegen das Rauchverbot nicht festgestellt werden könne.
5Am 28. Juli 2013 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er die Feststellung erstrebt, dass die Nutzung von E-Zigaretten in der von ihm betriebenen Gaststätte nicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 NiSchG NRW verboten ist. Seine Klage sei als allgemeine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Mit dem Schreiben vom 1. Juli 2013 habe sich die Frage der Geltung des Rauchverbotes in seiner Gaststätte zu einem konkreten Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten verdichtet. Es könne ihm nicht zugemutet werden, staatliche Sanktionen – etwa vollziehbare Ordnungsverfügungen oder Bußgeldbescheide – abzuwarten. Die Klage sei auch begründet. Der Gebrauch von E-Zigaretten unterfalle nicht dem Begriff des „Rauchens“ im Sinne von § 3 Abs. 1 NiSchG NRW. Rauchen sei die Erzeugung von Rauch durch eine Pyrolyse. Hierunter lasse sich der Gebrauch der E-Zigarette nicht subsumieren. In ihr werde elektronisch Dampf erzeugt, zu einem Verbrennungsprozess komme es nicht. Das Nichtraucherschutzgesetz erfasse somit bereits dem Wortlaut nach den Konsum der E-Zigarette nicht. Hieran könne auch die Einschätzung des Gesetzgebers in der amtlichen Begründung nichts ändern. Der Gesetzgeber habe nämlich bei der Neufassung des Nichtraucherschutzgesetzes NRW durch das Änderungsgesetz vom 29. November 2012 den Begriff des „Rauchens“ nicht neu bestimmt oder erweitert. Vielmehr sei dieser Begriff seit der ursprünglichen Fassung aus dem Jahr 2007 unverändert geblieben. Die Einbeziehung der E-Zigarette hätte einer ausdrücklichen, hinreichend bestimmten Regelung im Gesetz selbst bedurft. Dies wäre dem Gesetzgeber ohne weiteres möglich gewesen. Im Zeitpunkt des Änderungsgesetzes sei bereits eine umfangreiche Diskussion über die rechtliche Einordnung der E-Zigarette geführt worden. Die Einbeziehung der E-Zigarette in das Rauchverbot des Nichtraucherschutzgesetzes lasse sich auch nicht im Wege der teleologischen Auslegung des Gesetzes begründen. Das Gesetz diene dem Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren durch Passivrauchen. Ob bei der Nutzung von E-Zigaretten überhaupt Gefahren für unbeteiligte Dritte entstünden, sei bisher jedoch nicht ausreichend untersucht. Jedenfalls seien Gefahren abhängig von den eingesetzten Inhaltsstoffen der verschiedenen sog. Liquids, so dass zumindest eine differenzierte Regelung erforderlich gewesen wäre. Allein eine Vereinfachung des Gesetzesvollzuges könne ein unterschiedslos geltendes Verbot nicht rechtfertigen. Die Einbeziehung von E-Zigaretten in das Rauchverbot des Nichtraucherschutzgesetzes im Wege einer erweiternden Auslegung des Gesetzestextes sei unions- und verfassungsrechtlich unzulässig. Die E-Zigarette unterfalle weder dem Anwendungsbereich des Vorläufigen Tabakgesetzes noch der Richtlinie 2001/37/EG („Tabakrichtlinie“). Es handele sich nicht um ein Erzeugnis, das zum „Rauchen“ bestimmt sei und „ganz oder teilweise aus Tabak“ bestehe. Dementsprechend habe der Unionsgesetzgeber in dem inzwischen verabschiedeten Entwurf zur Neufassung der Tabakrichtlinie ausdrückliche Sonderregelungen für die E-Zigarette aufgenommen. Unabhängig hiervon sei eine Einbeziehung der E-Zigarette in das Rauchverbot des § 3 Abs. 1 NiSchG NRW vor dem Hintergrund des aktuellen Forschungsstandes unverhältnismäßig. Zwar habe der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Beurteilung von Gefahren für die Allgemeinheit einen Beurteilungsspielraum, der gerichtlich nur begrenzt überprüfbar sei. Jedoch müsse die Gefahrenprognose jedenfalls auf fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen fußen, die hier nicht existierten. Das deutsche Krebsforschungszentrum habe in seiner Publikation „Elektrische Zigaretten“ aus dem Jahr 2013 aufgrund der Forschungsergebnisse lediglich eine sehr vorsichtige Einschätzung der Risikolage geben können, die eine akute Gefährdung von Nichtkonsumenten durch E-Zigaretten nicht bestätige. Die Darlegungs- und Beweislast für solche Gefahren liege indes beim Staat. Im Zweifel gelte der Grundsatz „in dubio pro libertate“.
6Der Kläger hat beantragt,
7festzustellen, dass es in der vom Kläger betriebenen Gaststätte „M. “ in der B. Straße 34, 50672 Köln, gestattet ist, elektronische Zigaretten zu konsumieren.
8Die Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Zur Begründung hat sie im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im Verwaltungsverfahren verwiesen. Es treffe zwar zu, dass der Gesetzgeber bei der Neufassung des Nichtraucherschutzgesetzes NRW den Begriff des „Rauchens“ nicht definiert oder erweitert habe. Der gesetzgeberische Wille, die E-Zigarette einzubeziehen, sei jedoch durch die Gesetzesbegründung ausreichend und eindeutig dokumentiert. Der Gesundheitsschutz der Bevölkerung genieße höchste Priorität, daher sei es auch nicht hinnehmbar, den Vollzug des Nichtraucherschutzgesetzes dadurch zu konterkarieren, dass eine zweifelsfreie Prüfung der gerauchten, verdampften, inhalierten oder in sonstiger Weise konsumierten Produkte vor Ort durch die Ordnungsbehörden nicht möglich sei oder erst eine labortechnische Untersuchung des Produktes den Nachweis eines Verstoßes gegen das Rauchverbot erbringen könne. Die Einschätzung des Landesgesetzgebers beruhe auf einem Gutachten des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) vom 24. Februar 2012. Danach seien Gefahren für Dritte durch das Rauchen von E-Zigaretten nicht auszuschließen. Ihre Einbeziehung in das Rauchverbot sei demnach zum Schutz der Bevölkerung notwendig.
11Mit dem von der Beklagten angefochtenen Urteil vom 25. Februar 2014 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Die Feststellungsklage sei zulässig, da infolge der „Ermahnung“ der Beklagten vom 1. Juli 2013 zwischen den Beteiligten ein konkretes Rechtsverhältnis im Streit stehe. Die Beklagte habe sich in diesem Schreiben darauf berufen, dass eine entsprechende Verpflichtung des Klägers bestehe und ordnungsbehördliche Maßnahmen bei Nichterfüllung der Verpflichtung angekündigt. Der Kläger habe zudem ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Ihm sei es nicht zumutbar, die angekündigten Sanktionen abzuwarten und erst hierauf mit den dann möglicherweise zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfen zu reagieren. Daher sei die Feststellungsklage auch nicht im Sinne von § 43 Abs. 2 VwGO subsidiär.
12Die Feststellungsklage sei begründet. Beim Konsum von E-Zigaretten handele es sich nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen nicht um Rauchen im Sinne des Gesetzes. Das Gesetz definiere den Begriff nicht. Im allgemeinen Sprachgebrauch werde unter „Rauchen“ das Einatmen des Rauches verstanden, der bei der Verbrennung von Tabakwaren entstehe. Beides sei bei der E-Zigarette nicht der Fall. Weder gebe es einen physikalischen Verbrennungsvorgang, noch enthielten die sog. Liquids Tabakprodukte im Sinne des Gesetzes. Dies sei allenfalls bei nikotinhaltigen Liquids denkbar. Nach den zumindest sinngemäß anzuwendenden Definitionen des vorläufigen Tabakgesetzes bzw. der zugrundeliegenden Richtlinie 2001/37/EG handele es sich aber auch in diesen Fällen unabhängig von der Herkunft des Nikotins nicht um ein Tabakerzeugnis oder eine tabakerzeugnisähnliche Ware, die „zum Rauchen, Kauen oder anderweitigen oralen Gebrauch“ bestimmt sei. Dem entspreche, dass die im Februar 2014 endgültig beschlossene Neufassung der Tabakrichtlinie ausdrücklich zwischen Tabakprodukten, Tabak für den oralen Gebrauch, neuen Tabakprodukten und elektronischen Zigaretten unterscheide und für Letztere eigene Regeln vorsehe. Allein auf die optische Ähnlichkeit der Benutzung einer E-Zigarette mit dem Rauchen einer herkömmlichen Zigarette könne es nicht ankommen. Der aufgeklärte Verbraucher könne trotz dieser äußeren Ähnlichkeit zwischen beiden differenzieren. Auch der Umstand, dass sog. Shisha-Pfeifen nach allgemeiner Meinung unter das gesetzliche Rauchverbot fielen, führe zu keinem anderen Ergebnis. Zwar finde dort ebenfalls keine Verbrennung im engeren Sinne statt, sondern (nur) eine Verschwelung, jedoch entstehe Tabakrauch, der ähnliche gesundheitsschädliche Verbrennungsprodukte enthalte wie Zigarettenrauch. Dies sei bei der E-Zigarette nicht der Fall. Vergleichbare Risiken für Nichtkonsumenten bestünden nicht. Die bisher erkennbaren Risiken seien mit Gesundheitsschädigungen durch Passivrauchen, die zum Erlass des Nichtraucherschutzgesetzes geführt hätten, nicht vergleichbar, auch wenn sie nach derzeitigem Forschungsstand nicht ausgeschlossen werden könnten. Insbesondere sei die Belastung der Raumluft durch den Gebrauch der E-Zigarette vor allem wegen Fehlens des sog. Nebenstromrauchs erheblich geringer als bei herkömmlichen Zigaretten. Ob überhaupt ein erhöhtes Krebsrisiko für Nichtkonsumenten bestehe, sei offen. Dies gelte auch in den Fällen, in denen nikotinhaltige Liquids zum Einsatz kämen. Hinzu komme die geringe Verbreitung der E-Zigarette. Das Auslegungsergebnis werde nicht durch die Entstehungsgeschichte des letzten Änderungsgesetzes vom 29. November 2012 in Frage gestellt. Zwar habe der Gesetzgeber die Einbeziehung der E-Zigarette beabsichtigt. Darauf könne es hier indes nicht ankommen, weil dieser Wille im Wortlaut des Gesetzes keinen Niederschlag gefunden habe. Das sei aber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere bei grundrechtsintensiven und bei Einführung neuer Grundrechtseingriffe erforderlich. In diesen Fällen sei der Gesetzgeber aus rechtsstaatlichen Gründen gehalten, Festlegungen im Gesetz selbst zu treffen und klare gesetzliche Vorgaben zur Konkretisierung des Anwendungsbereichs einer Norm zu machen. Dementsprechend hätte der Gesetzgeber die beabsichtigte Ausweitung auf neuartige Nikotinprodukte oder auf alle E-Zigaretten klar im Gesetzestext zum Ausdruck bringen müssen. In diesem Fall wäre zudem eine eigene Risikoabschätzung und eine Abwägung der angenommenen Risiken mit der Schwere des Eingriffs in die Grundrechte der Nutzer und der Gastwirte erforderlich gewesen. Das sei ebenfalls nicht geschehen. Der Gesetzgeber könne die Aufgabe, klare Festlegungen für Verbotsgesetze zu treffen und diese zuvor im Hinblick auf den Grundrechtseingriff eingehend zu prüfen und zu begründen, nicht dadurch erfüllen, dass er im Gesetzgebungsverfahren die Geltung eines Verbotsgesetzes auf einen neuen Eingriffstatbestand einfach für anwendbar erkläre. Bloße Vollzugsprobleme könnten die Ausweitung des Verbotstatbestandes von vornherein nicht begründen, zumal solche hier nicht zu erkennen seien. E‑Zigaretten seien ohne weiteres von normalen Zigaretten zu unterscheiden. Die vom Gesundheitsministerium befürchtete „Legalisierung durch die Hintertür“, weil die E-Zigarette ein zulassungspflichtiges Arzneimittel darstelle, sei nicht zu erkennen. Sollte es sich bei ihr tatsächlich um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel handeln, sei bereits das Inverkehrbringen von E-Zigaretten illegal, eine Einbeziehung in das Nichtraucherschutzgesetz deshalb entbehrlich.
13Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung verweist die Beklagte im Wesentlichen auf ihren bisherigen Vortrag. Insbesondere könne es dem Gesetzgeber nicht zugemutet werden, für alle (auch für zukünftige und noch nicht bekannte) Formen des Rauchens eine ausdrückliche Regelung zu treffen. Insofern sei die fehlende ausdrückliche Benennung der E-Zigarette im Gesetzeswortlaut unschädlich. Die Gefährdungen Dritter durch Zusatzstoffe und Nikotin in der Raumluft bei der Verwendung von E-Zigaretten bedürften zwar noch weiterer Forschung, der Umstand, dass Gesundheitsgefährdungen jedenfalls nicht vollständig ausgeschlossen werden könnten, reiche aber für ein Verbot aus. So habe zwischenzeitlich das Verwaltungsgericht Gießen entschieden, dass sich der Nichtraucherschutz auch auf E-Zigaretten erstrecke.
14Die Beklagte beantragt,
15das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 25. Februar 2014 zu ändern und die Klage abzuweisen.
16Der Kläger beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf sein erstinstanzliches Vorbringen und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
21Die zulässige Berufung ist unbegründet.
22Die Klage ist zulässig und begründet.
23I. Die Klage ist gemäß § 43 Abs. 1 VwGO als Feststellungsklage zulässig. Insoweit wird auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen, die sich der Senat zu eigen macht und denen die Beklagte im Berufungsverfahren nicht entgegen getreten ist.
24II. Die Klage ist begründet. Der Konsum von E-Zigaretten unterfällt nicht dem Rauchverbot nach § 3 Abs. 1 NiSchG NRW. Das Nichtraucherschutzgesetz NRW erstreckt sich weder ausdrücklich auf die E-Zigarette noch enthält es eine Definition des Begriffs „Rauchen“, die ihren Konsum erfasst (unten 1.). Eine Ausweitung des Rauchverbots auf die E-Zigarette lässt sich auch nicht im Wege einer zulässigen Gesetzesauslegung begründen (unten 2.).
251. Nach § 3 Abs. 1 NiSchG NRW ist das Rauchen nach Maßgabe dieses Gesetzes in den Einrichtungen nach § 2 Nrn. 1 bis 8 – zu denen auch Gaststätten gehören – verboten. Dem Wortlaut nach umfasst das Rauchverbot die Nutzung einer E-Zigarette nicht. Unter „Rauchen“ versteht man im allgemeinen und wissenschaftlichen Sprachgebrauch das Einatmen des Rauchs, der bei dem Verbrennungsvorgang (Pyrolyse) von Tabakwaren entsteht.
26Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. September 2013 – Az. 13 A 1100/12 -, juris; Kasper/Krüger/Stollmann, MedR 2012, 495, 500; Müller, PharmR 2012, 137, 140 m. w. N.
27Bei dem Gebrauch der E-Zigarette kommt es weder zu einem Verbrennungsvorgang (dazu a) noch sind die zu verdampfenden Liquids Tabakwaren im Rechtssinne (dazu b).
28a) Eine Pyrolyse findet bei dem Konsum einer E-Zigarette nicht statt. Die Abluft einer E-Zigarette entsteht vielmehr durch Verdampfung einer Flüssigkeit („Liquid“), ohne dass es zu einem Verbrennungsprozess käme. Die Flüssigkeit wird durch Ziehen an dem Mundstück oder Betätigen eines Knopfes durch eine Pumpe oder ein System von Kapillaren aus der Kartusche in die Verdampfer-Einheit geleitet und dort bei Temperaturen zwischen 65°C und 120°C verdampft. Dabei entstehen durch Kondensation Aerosole mit flüssigen Partikeln. Dieser als feiner Dampf sichtbare Nebel wird dann von dem Konsumenten inhaliert.
29Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. September 2013 – Az. 13 A 2448/12 -, juris; Volkmer, PharmR 2012 S.11,12; Kasper/Krüger/ Stollmann, MedR 2012, S.495, 496; Deutsches Krebsforschungszentrum, Rote Reihe, Tabakprävention und Tabakkontrolle, Band 19, Elektrische Zigaretten – ein Überblick, S. 3; Müller, PharmR 2012, 137, 141.
30Insoweit unterscheidet sie sich nicht nur von der herkömmlichen Zigarette, sondern von einer Wasserpfeife (Shisha). Bei deren Gebrauch liegt nämlich noch ein Verbrennungsprozess vor. Die Befüllung wird zwar nicht wie bei der herkömmlichen Zigarette bei hohen Temperaturen von 800 bis 900°C verbrannt, sondern mit Hilfe der glühenden Kohle bei ca. 100°C verschwelt. Dies stellt sich jedoch im chemisch-physikalischen Sinne als ein Verbrennungsprozess dar, bei dem Rauch entsteht, der ähnliche gesundheitsschädliche Verbrennungsprodukte wie Zigarettenrauch, insbesondere Kohlenmonoxid und Teer, enthält. Diese Stoffe gelangen in Form lungengängiger feiner Partikel in die Raumluft, zum Teil sogar in höheren Konzentrationen als beim Zigarettenrauch.
31Vgl. BfR, Ausgewählte Fragen und Antworten zu Wasserpfeifen, Aktualisierte FAQ vom 17. Oktober 2011; Deutsches Krebsforschungszentrum, „Wasserpfeife – die süße Versuchung“, 2008.
32Damit fällt die Benutzung der Wasserpfeife grundsätzlich unter den Begriff des Rauchens. Der Umstand, dass die Nutzung einer Wasserpfeife in der Rechtsprechung jedenfalls dann einhellig als „Rauchen“ im Sinne der Nichtraucherschutzgesetze anerkannt ist, wenn sie mit Tabak befüllt ist,
33vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. August 2010 ‑ 1 BvQ 23/10 – juris; BayVerfGH, Beschluss vom 13. September 2011 – Vf. 12-VII-10 – juris; OVG NRW, Beschluss vom 1. August 2013 – 4 B 608/13 – m. w. N., juris,
34besagt für die Nutzung einer E-Zigarette damit nichts.
35b) Darüber hinaus handelt es sich bei der Nutzung von E-Zigaretten regelmäßig auch nicht um den Konsum von Tabakprodukten. Nur dieser unterfällt indes, wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, dem Rauchverbot des Nichtraucherschutzgesetzes NRW.
36aa) Zwar ist in dem Gesetz, insbesondere in der Verbotsnorm des § 3 NiSchG NRW nur vom „Rauchen“ die Rede, ohne dass Tabakprodukte ausdrücklich erwähnt werden. Dies bedeutet aber nicht, dass im Nichtraucherschutzgesetz NRW keine Differenzierung danach erfolgte, welche Stoffe bzw. Produkte dem Rauchverbot unterfallen sollen. Zum einen ist – wie ausgeführt – mit dem Begriff des „Rauchens“ im Allgemeinen nur der Konsum von Tabak verbunden. Zum anderen ergibt sich aus der Begründung zum ursprünglichen Gesetzentwurf aus dem Jahre 2007 (LT-Drs. 14/4834), auf der die Begründung der jetzigen Gesetzesfassung aufbaut, dass lediglich das Rauchen von Tabakprodukten verboten werden sollte. Bereits die einleitenden Ausführungen zur Notwendigkeit des Gesetzes verweisen mehrfach auf die gesundheitlichen Gefahren des Passivrauchens von Tabakrauch (LT-Drs. 14/4834 S. 1, 15 f.). Im Hinblick auf die konkrete Verbotsnorm des § 3 NiSchG NRW wird erläutert, dass das Gesetz ein umfassendes Rauchverbot regele, welches das Rauchen aller Tabakprodukte einschließlich des Inhalierens „des Tabakrauchs“ mittels Wasserpfeife oder des Rauchens unter Verwendung anderer Hilfsmittel betreffe. Der Zweck des Gesetzentwurfs, einen umfassenden, d. h. möglichst viele Bereiche des öffentlichen Lebens erfassenden Schutz von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern „vor Tabakrauch“ zu schaffen, wird besonders hervorgehoben.
37LT-Drs 14/4834 S. 19.
38Der genannten Passage ist nicht zu entnehmen, dass auch der Konsum anderer Produkte ohne Tabakbezug verboten werden sollte. Vielmehr stellt der letzte Satzteil „des Rauchens unter Verwendung anderer Hilfsmittel“ lediglich klar, dass nicht nur das Rauchen von Tabak mittels Zigaretten oder Zigarren, sondern auch mittels einer Wasserpfeife oder anderer Hilfsmittel verboten werden soll. Nicht gemeint sind hiermit aber Stoffe, die den Tabak ersetzen.
39Vgl. zur gleichlautenden Regelung in § 3 des bayerischen Gesundheitsschutzgesetzes BayVGH, Beschluss vom 30. November 2010 ‑ 9 CE 10.2468 -, BayVBl 2011, 214, 215; im Ergebnis auch Dahm/Fischer, Rechtsgutachten im Auftrag des Landes NRW zur Frage, ob der Gebrauch einer sog. E-Zigarette dem Anwendungsbereich des NiSchG NRW, insbesondere also dem dort verankerten grundsätzlichen Rauchverbot unterfällt (Im Folgenden: Rechtsgutachten) vom 24. November 2011, LT-Vorl. 16/394, S. 5 ff.
40bb) Die Flüssigkeiten (Liquids) der E-Zigaretten enthalten typischerweise keinen Tabak oder Tabakersatzprodukte. Ihr Hauptbestandteil ist Propylenglykol, das als Vernebelungsmittel zur Dampferzeugung dient. Ersetzt werden kann dieser Stoff durch Glycerin und Ethanol. Die Liquids enthalten zusätzlich Duft- und Aromastoffe und ggf. Nikotin.
41Vgl. nur Deutsches Krebsforschungszentrum, Rote Reihe, Tabakprävention und Tabakkontrolle, Band 19, Elektrische Zigaretten – ein Überblick, S. 3 f.; WHO-Bericht „Electronic nicotine delivery systems (ENDS)“ vom 21. Juli 2014, S. 2.
42Soweit die Liquids kein Nikotin enthalten, handelt es sich zweifelsfrei nicht um Tabakprodukte.
43Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 01. August 2013 – 4 B 608/13 –, juris, für die Nutzung von Wasserpfeifen, sofern sie nur mit Trockenfrüchten oder Shiazo-Steinen und nicht mit Tabak betrieben werden.
44Aber auch nikotinhaltige Liquids sind keine Tabakprodukte im Rechtssinne. Bei der Auslegung des nur in der Gesetzesbegründung des Nichtraucherschutzgesetzes verwendeten Begriffs „Tabakprodukte“ liegt es nahe, auf die Bestimmung des § 3 des Vorläufigen Tabakgesetzes (VTabakG) und dessen europarechtliche Grundlagen zurückzugreifen.
45Vgl. BayVGH, Beschluss vom 30. November 2010 - 9 CE 10.2468 -, BayVBl 2011, 214, 215 zum vergleichbaren bayerischen Landesrecht.
46§ 3 Abs. 1 VTabakG definiert Tabakerzeugnisse im Sinne des Gesetzes als aus Rohtabak oder unter Verwendung von Rohtabak hergestellte Erzeugnisse, die zum Rauchen, Kauen oder anderweitigen oralen Gebrauch oder zum Schnupfen bestimmt sind. Dem stehen – soweit hier von Interesse - nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 VTabakG Tabakerzeugnissen ähnliche Waren gleich, wenn sie ebenfalls die vorgenannte Zweckbestimmung haben. Das dem Vorläufigen Tabakgesetz zugrunde liegende Gemeinschaftsrecht definiert die Tabakerzeugnisse in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 89/622/EWG vom 2. Dezember 1989 (ABl. L-359 S. 1) in vergleichbarer Weise als „Erzeugnisse, die zum Rauchen, Schnupfen, Lutschen oder Kauen bestimmt sind, sofern sie ganz oder teilweise aus Tabak bestehen“. Die Liquids einer E-Zigarette sind jedenfalls nicht „zum Rauchen, Kauen oder anderweitigen oralen Gebrauch oder zum Schnupfen“ bestimmt. Damit scheidet auch eine Qualifizierung als eine einem Tabakerzeugnis ähnliche Ware i. S. v. § 3 Abs. 2 Nr. 1 VTabakG aus.
47Wie bereits dargelegt, handelt es sich bei dem Konsum von E-Zigaretten nicht um „Rauchen“. Die Nutzung stellt sich auch nicht als ein „anderweitiger oraler Gebrauch“ im Sinne des § 3 Abs. 1 VTabakG dar. Dieser erfasst lediglich solche Produkte, die länger in der Mundhöhle gehalten werden, mithin oral/peroral (über den Mund) aufgenommen werden. Die Aufnahme der verdampften nikotinhaltigen Liquids erfolgt demgegenüber inhalativ, das heißt durch Einatmen in die Lunge. Diese beiden Applikationsformen sind sowohl medizinisch als auch vom Sprachgebrauch zu differenzieren.
48Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. September 2013 – 13 A 2448/12 –, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Januar 2012 – 16 L 2043/11 – juris; Volkmer, PharmR 2012, 11, 15 f.; Kasper/ Krüger/Stollmann, MedR 2012, 495, 500; a. A. VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 19. März 2013 ‑ 4 K 1119/11 –, juris.
49Das wird durch die Richtlinie 89/622/EWG bestätigt, die in Art 2 Nr. 1 neben dem „Kauen“ das „Lutschen“ als anderweitigen (oralen) Gebrauch nennt und somit davon ausgeht, dass die inhalative Aufnahme allein von dem Begriff des „Rauchens“ erfasst werden soll.
50Auch durch die – bis zum 20. Mai 2016 umzusetzende - Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG (Tabakrichtlinie – ABl. L 127, S. 1) wird dieses Begriffsverständnis bekräftigt. Sie regelt in Art. 2 Nr. 8, dass unter den Begriff „Tabak zum oralen Gebrauch“ alle Produkte fallen, die ganz oder teilweise aus Tabak bestehen und die in Pulver- oder Granulatform oder in einer Kombination aus beiden Formen, insbesondere in Portionsbeuteln oder porösen Beuteln, angeboten werden – mit Ausnahme von Erzeugnissen, die zum Inhalieren oder Kauen bestimmt sind. Schließlich nimmt die Tabakrichtlinie in ihrem Anwendungsbereich (Art. 1) eine Unterscheidung zwischen Tabak-Produkten, Tabak für den oralen Gebrauch, neuen Tabak-Produkten und Elektronischen Zigaretten vor. Dabei werden Elektronische Zigaretten – in Abgrenzung zu „Tabak“ und „Tabak-Produkten“ – in Art. 2 Abs. 16 als Produkte definiert, die zur Aufnahme von nikotinhaltigem Dampf mittels eines Mundstücks genutzt werden können. Für diese gelten ausweislich des Art. 20 der Tabakrichtlinie eigenständige Regelungen für den Marktzugang.
51cc) Unabhängig davon ist nach dem europarechtlichen Verständnis reines Nikotin grundsätzlich kein Tabakprodukt. Der Stoff Nikotin wird unter Nr. 3 der Richtlinie 89/622/EWG neben der Definition der Tabakerzeugnisse in Nr. 1 gesondert als Nikotin-Alkaloid definiert. Gleiches gilt für Art. 2 Nr. 4 und 19 der Richtlinie 2014/40/EU (Tabakrichtlinie). Diese Unterscheidung zwischen den Begriffen „Tabakerzeugnis“ und „Nikotin“ belegt, dass (extrahiertes) Nikotin selbst nicht als Tabakerzeugnis anzusehen ist, auch wenn es aus Rohtabak gewonnen und nicht synthetisch hergestellt wird. Das gilt jedenfalls für das Gemeinschaftsrecht, das der deutschen Regelung des § 3 VTabakG zugrunde liegt. Dementsprechend sind aber auch dessen Begrifflichkeiten im Licht des Gemeinschaftsrechts auszulegen. Aus diesem Grund ist extrahiertes Nikotin nicht als Tabakerzeugnis im Sinne von § 3 Abs. 1 VTabakG zu subsumieren. Eine Gleichsetzung mit solchen Produkten erfolgt auch nicht über § 3 Abs. 2 VTabakG. Nikotin ist dort nicht genannt. Mithin kann auch die Befüllung mit Nikotin – unabhängig von der Art seiner Herstellung – bei europarechtskonformem Verständnis der Norm grundsätzlich nicht dazu führen, dass ein Liquid als Tabakerzeugnis qualifiziert werden kann.
52Vgl. VG Potsdam, Beschluss vom 06.06.2008 ‑ 3 L 115/08 -, juris.
532. Da damit der Gebrauch von E-Zigaretten nicht unter den Begriff des Rauchens im Sinne des Nichtraucherschutzgesetzes fällt, könnte die Rechtsauffassung der Beklagten nur dann zutreffen, wenn eine über den Wortlaut hinausgehende extensive Auslegung möglich und zulässig wäre. Dies ist indes nicht der Fall. Die Einbeziehung des Dampfens einer E-Zigarette war zwar vom Änderungsgesetzgeber im Jahr 2012 beabsichtigt. Dies kommt im Gesetzestext aber nicht hinreichend bestimmt zum Ausdruck (dazu a). Eine über den Wortlaut hinausgreifende Interpretation lässt sich auch nicht mit dem Sinn und Zweck des Nichtraucherschutzgesetzes NRW begründen (dazu b).
54a) Eine Einbeziehung des Konsums von E-Zigaretten lässt sich nicht mit Blick auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes, insbesondere des letzten Änderungsgesetzes vom 29. November 2012, rechtfertigen. Denn die Neufassung baut unverändert auf Formulierung und Schädlichkeitsbeurteilung des ursprünglichen Gesetzes vom 20. Dezember 2007 auf, das nur die Gefahren des Passivrauchens von Tabakprodukten erfasste.
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. August 2013 – 4 B 608/14 -, juris; Beschluss vom 23. April 2012 - 13 B 127/12 -, GewArch 2012, 256.
56Zwar wollte der Änderungsgesetzgeber den Konsum der E-Zigarette generell, d. h. unabhängig von dem konkret verwandten Liquid, dem Nichtraucherschutzgesetz NRW unterwerfen. Dieser Wille hat aber nicht den erforderlichen Niederschlag im Gesetz selbst gefunden. Er kann deshalb – zumal wegen des maßgeblich durch das Ursprungsgesetz geprägten und etablierten Verständnisses des Begriffs des Rauchens - im Rahmen der Auslegung nicht ausschlaggebend sein.
57Die Motivation des Gesetzgebers lässt sich vorrangig aus der Begründung des Gesetzesentwurfs der Landesregierung vom 26. Juni 2012 (LT-Drs. 16/125, S.13) entnehmen. Dort heißt es: „Ferner ist ein allgemeines Rauchverbot geregelt, ohne Unterscheidung hinsichtlich des Konsums bestimmter Produktgruppen wie z. B. Zigaretten, Zigarren, Kräuterzigaretten oder elektrischer Zigaretten.“ Bestätigt wird dies durch die fachliche Stellungnahme des zuständigen MGEPA in einer Stellungnahme im Gesetzgebungsverfahren. Entgegen dem von ihm in Auftrag gegebenen externen Rechtsgutachten gelangte es zu der Einschätzung, der Konsum der E-Zigarette müsse wegen nicht auszuschließender Gefahren für Dritte sowie aus Gründen eines effektiven Verwaltungsvollzugs und der Einheit der Rechtsordnung als „Rauchen“ im Sinne des Nichtraucherschutzgesetzes NRW eingeordnet werden.
58Vgl. MGEPA, Schreiben an die Landtagspräsidentin vom 20. November 2012, LT- Vorlage 16/394.
59Dieser Einschätzung ist der Landesgesetzgeber jedenfalls nicht entgegengetreten. Vielmehr wurde in der Sitzung des zuständigen Gesundheitsausschusses am 21. November 2012 ein Antrag der Fraktion der „Piraten“, § 1 NischG NRW um einen Absatz 3 zu ergänzen, der die Geltung des Gesetzes für E-Zigaretten ausschließen sollte, mehrheitlich abgelehnt.
60Vgl. Ausschussprotokoll, S. 29 und 30 sowie Anlage 4 zu TOP 6, S. 1, APr 16/91.
61In der abschließenden zweiten Lesung des Gesetzesentwurfs im Landtag am 29. November 2012 wurde ein erneuter wortgleicher Änderungsantrag gestellt und von der Landtagsmehrheit in namentlicher Abstimmung ebenfalls abgelehnt.
62Vgl. Plenarprotokoll 16/15 vom 29. November 2012, S. 1023, 1025, 1028, 1031 und 1038.
63Auf den darin zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, auch die E-Zigarette zu erfassen, kommt es vorliegend indes nicht an, da er keinen Niederschlag im Wortlaut des Gesetzes gefunden hat. „Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesbestimmung ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist. Nicht entscheidend ist dagegen die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung.“
64Vgl. BVerfG, Urteil vom 21. Mai 1952 – 2 BvH 2/52 –, juris.
65Der Gesetzgeber ist in grundlegenden normativen Bereichen, insbesondere im Bereich der Grundrechtsausübung, verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst und in hinreichend bestimmter Form zu treffen.
66Vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 1972 ‑ 1 BvR 230/70 u. 95/71 -, NJW 1973, 133; Beschluss vom 22. Juni 1977 - 1 BvR 799/76 -, NJW 1977, 1723; Beschluss vom 19. April 1978 ‑ 2 BvL 2/75 -, NJW 1978, 2143; Beschluss vom 28. Oktober 1975 - 2 BvR 883/73, 379/74, 497/ 74, 526/74 -, NJW 1976, 34; BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2002 – 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347.
67Er muss in diesem Rahmen die wesentlichen gesetzlichen Grundlagen des zu regelnden Rechtsbereichs selbst festlegen. Er ist gehalten, klare gesetzliche Vorgaben zur Konkretisierung des Anwendungsbereichs einer Norm zu machen. Das gilt insbesondere auch für die Eingriffsbefugnisse der Verwaltung. Diese müssen gesetzlich nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt sein, so dass die Beschränkungen voraussehbar und berechenbar sind.
68Vgl. BVerfG, Urteil vom 20. März 2002 – 2 BvR 794/95 – juris; BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2002 ‑ 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/ Hofmann/Hopfauf, Kommentar zum Grundgesetz, 11. Aufl. 2008, Art. 20 Rn. 85, 87; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Auflage 2011, § 6 Rn.18.
69Dies hätte bei einer beabsichtigten Erweiterung des Anwendungsbereichs des Verbotstatbestandes des § 3 Abs. 1 NiSchG NRW eine begriffliche Klarstellung oder Ergänzung im Gesetz selbst erfordert. Denn sie bewirkt erhebliche Grundrechtseinwirkungen für die am Konsum interessierten Gäste ebenso wie für Gastwirte. Das gilt schon deshalb, weil die Nichteinhaltung des Verbots mit einem – im Änderungsgesetz erheblich erhöhten - Bußgeld von bis zu 2.500 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung geahndet werden kann.
70Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Änderung des Nichtraucherschutzgesetzes vom 29. November 2012 (GVBl 2012, 635) den Begriff des „Rauchverbots“ in § 1 indes weder neu bestimmt noch erweitert. Das Gesetz in seiner ursprünglichen Fassung von 2007 war lediglich auf den Schutz der Nichtraucherinnen und Nichtraucher vor den Gefahren des Tabakrauchens gerichtet. Der Konsum von E-Zigaretten war seinerzeit offensichtlich nicht im Blick. Wenn der Gesetzgeber im Jahr 2012 das Rauchverbot auf andere Nikotinprodukte, die gerade keinen Tabakrauch erzeugen, ausweiten wollte, hätte es hierzu vor dem Hintergrund des Vorbehalts des Gesetzes einer eindeutigen Bestimmung im Gesetzeswortlaut bedurft. Dies gilt um so mehr, als ein bereits geltendes Gesetz geändert werden sollte, dessen Anwendungsbereich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens eindeutig war – und zwar in der Weise, dass er die E-Zigarette nicht erfasste. Eine solche eindeutige gesetzliche Regelung wäre dem Gesetzgeber angesichts der bekannten Problematik der E-Zigarette auch ohne weiteres möglich gewesen.
71b) Unbeschadet dessen können Sinn und Zweck des Nichtraucherschutzgesetzes die von der Beklagten angenommene Auslegung des § 3 Abs. 1 NiSchG NRW ebenfalls nicht rechtfertigen. Der Gesetzgeber verfolgte mit dem Nichtraucherschutzgesetz in seiner ursprünglichen Fassung von 2007 einen wirksamen Schutz der Nichtraucherinnen und Nichtraucher vor den gesundheitlichen Gefahren des passiven Konsums von Tabakrauch. Motivation für den Erlass des Gesetzes war die Erkenntnis, dass durch das Passivrauchen allein ca. 3.300 Todesfälle pro Jahr in Deutschland verursacht werden, 60 davon bei Säuglingen. Daneben erhöht sich insbesondere für Kinder das Risiko, an Infektionen der unteren Atemwege, an Asthma, Bronchitis oder Lungenentzündung zu erkranken, um 50 bis 100 %. Schon bei kurzer Belastung durch Passivrauch können die Atemwege akut gereizt werden, sowie Kopfschmerzen und Schwindel auftreten. Ferner kann Passivrauch zu erhöhter Infektanfälligkeit, koronaren Herzerkrankungen, Lungenkrebs, Schlaganfall, chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen und weiteren chronischen Erkrankungen führen.
72Vgl. LT-Drs. 14/4834 S. 15; dazu auch Dahm/Fischer, Rechtsgutachten, S. 6 ff.
73Dies ist darauf zurückzuführen, dass Passivrauch in der chemischen Zusammensetzung qualitativ dem Tabakrauch, den Raucher inhalieren, gleicht und somit eine Vielzahl zellgiftiger und krebserregender Stoffe enthält.
74Vgl. Deutsches Krebsforschungszentrum, Rote Reihe, Tabakprävention und Tabakkontrolle Band 5, Passivrauchen – Ein unterschätztes Gesundheitsrisiko, S. 5 ff.
75Tabakrauch enthält ca. 4800 Stoffe, von denen 70 nachgewiesenermaßen krebserregend sind oder im Verdacht stehen, krebserregend zu sein. Dazu zählen insbesondere polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, N-Nitrosamine, aromatische Amine, Benzol, Vinylchlorid, Arsen, Cadmium, Chrom, das radioaktive Isotop Polonium 210 sowie Blausäure, Acetonitril, Ammoniak und Kohlenmonoxid. Diese im Tabakrauch enthaltenen Kanzerogene sind bereits in kleinsten Dosen gesundheitsgefährdend. Zwar sinkt bei abnehmender Dosis das Risiko proportional, eine irreversible Schädigung der DNA kann jedoch auch bei der Aufnahme geringster Mengen nicht ausgeschlossen werden.
76Eine Vielzahl dieser Stoffe entsteht erst durch die Verbrennung des Tabaks. Sie gelangen über den Nebenstromrauch, der beim Verglimmen der Zigarette zwischen den Zügen entsteht, sowie aus den vom Raucher wieder ausgeatmeten Bestandteilen des Hauptstromrauchs in die Raumluft und werden passiv über die Atemluft durch den Menschen aufgenommen.
77Vgl. Deutsches Krebsforschungszentrum, Gesundheitsschäden durch Rauchen und Passivrauchen, 2008; Deutsches Krebsforschungszentrum, Rote Reihe, Tabakprävention und Tabakkontrolle Band 5, Passivrauchen – Ein unterschätztes Gesundheitsrisiko, S. 9 ff; Deutsche Hauptstelle für Suchtgefahren e.V., „Die Sucht und ihre Stoffe“, Band 2 Nikotin, unter „Auf lange Sicht: Folgeschäden“; International Agency for Research on Cancer (2004) IARC Monographs on the evaluation of the carcinogenic risks to humans. Tobacco smoke and involuntary smoking. International Agency for Research on Cancer, Lyon, S. 1191 ff.
78Dieser Gesetzeszweck, Passivraucher vor den erwiesenen erheblichen Gesundheitsgefahren des Tabakrauchs zu schützen, rechtfertigt die Einbeziehung von E-Zigaretten, mit oder ohne nikotinhaltigen Liquids, in das Rauchverbot des Nichtraucherschutzgesetz NRW nicht.
79Bei dem Gebrauch der E-Zigarette entsteht kein Zigarettenrauch, sondern Dampf. Eine Freisetzung der zahlreichen schädlichen Stoffe, die sich im Zigarettenrauch befinden, findet mangels Verbrennungsprozesses daher nicht statt. Ob überhaupt eine Gefährdung der Gesundheit Dritter durch die Exposition mit dem Dampf der E-Zigaretten besteht, ist bisher wissenschaftlich nicht geklärt (siehe dazu aa). Eine Erstreckung des § 3 Abs. 1 NiSchG NRW über den Wortlaut hinaus auf E-Zigaretten würde dem gegenwärtigen Charakter des Nichtraucherschutzgesetzes deshalb nicht gerecht (siehe dazu bb).
80aa) Da die E-Zigarette als Produkt erst seit etwa 2005 auf dem Markt erhältlich ist, liegen noch keine Studien zu möglichen gesundheitlichen Folgen eines langfristigen E-Zigarettengebrauchs für Konsumenten und Dritte vor. Die Erforschung der Gefahren wird zusätzlich dadurch erschwert, dass die Produktgruppe der Liquids sehr heterogen ist. Dem Bericht der WHO vom 21. Juli 2014 ist zu entnehmen, dass weltweit mehr als 7750 unterschiedliche Liquids auf dem Markt sind (S. 9). Die Zusammensetzung dieser Liquids kann aufgrund der persönlichen Dosierung der Konsumenten stark variieren.
81Vgl. Müller, PharmR 2012, S. 137; WHO-Bericht „Electronic nicotine delivery systems (ENDS)“ vom 21. Juli 2014, S. 9 ff.; Stellungnahme BfR, Stellungnahme vom 24. Februar 2012, S. 9.
82Nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft sind etwaige von dem Konsum der E-Zigaretten ausgehende Gesundheitsgefahren für Dritte im Vergleich zu denen von Tabakzigaretten zumindest deutlich geringer. Zwar sind die E-Zigaretten nicht emissionsfrei; auch hier gelangen flüchtige organische Substanzen in die Raumluft, dies jedoch in deutlich geringerer Menge als durch den Rauch von herkömmlichen Zigaretten.
83Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. September 2013 – 13 A 2448/12 – juris; WHO-Bericht „Electronic nicotine delivery systems (ENDS)“ vom 21. Juli 2014, S. 4 f.; Breitkopf/Stollmann, NWVBl 2013, 161 (162); Dahm/Fischer, Rechtsgutachten, S. 8; Mellin, Die elektrische Zigarette, m.w.N.; deutlich Romagna/ Zabarini/Barbiero/u. a., Characterization of chemicals released to the environment by electronic cigarettes use (ClearStream-AIR project): is passive vaping a reality?, S. 10: “…we can conclude by saying that could be more unhealthy to breath air in big cities compared to staying in the same room with someone who is vaping“.
84Das ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass es bei der E-Zigarette keinen Nebenstromrauch gibt; sie emittiert nur, während der Nutzer an dem Mundstück zieht oder einen Knopf betätigt. Eine Belastung der Raumluft kann daher im Wesentlichen allein durch die von ihm wieder ausgeatmeten Bestandteile des Hauptstromrauchs verursacht werden.
85In den wenigen bisher durchgeführten Studien zu den Auswirkungen des Dampfes auf die Qualität der Raumluft konnten im Aerosol große Mengen Propylenglykol sowie – teilweise - Nikotin und teilweise verschiedene krebserzeugende Stoffe in geringen Mengen gefunden werden.
86Vgl. DKFZ, Elektrische Zigaretten – ein Überblick, S. 9 m.w.N.; Romagna/ Zabarini/ Barbiero/u. a., Characterization of chemicals released to the environment by electronic cigarettes use (ClearStream-AIR project): is passive vaping a reality?; Schripp/ Markewitz/ Uhde/Salthammer, Does e-cigarette consumption cause passive vaping?
87Alle dem Senat bekannten Untersuchungen kommen aber zu dem Ergebnis, dass die vorgefundenen schädlichen Stoffe ein deutlich geringeres Gesundheitsrisiko als bei passivem Tabakrauch darstellen.
88Vgl. Auley/Hopke/Zhao/Babaian, Comparison of the effects of e-cigarette vapor and cigarette smoke on indoor air quality, Conclusion; Schripp/ Markewitz/Uhde/Salthammer, Does e-cigarette consumption cause passive vaping?; Romagna/ Zabarini/Barbiero/u.A., Characterization of chemicals released to the environment by electronic cigarettes use (ClearStream-AIR project): is passive vaping a reality?; auch WHO Bericht „Electronic nicotine delivery systems (ENDS)“ vom 21. Juli 2014, S. 4 f., der im Wesentlichen aus Gründen der Gefahrenvorsorge für eine Einbeziehung in bestehende Rauchverbote plädiert; in diesem Sinne auch Stellungnahme des BfR vom 24. Februar 2012 S. 1, 9.
89Insbesondere die Hauptbestandteile der handelsüblichen Liquids sind schon bei der direkten Inhalation gesundheitlich unbedenklich. Auf tatsächliche Gesundheitsgefahren für Nichtraucher, die lediglich dem Dampf ausgesetzt sind, kann daraus nicht geschlossen werden. Die marktüblichen Liquids für die E-Zigarette enthalten - neben ggf. Nikotin (dazu sogleich) - Propylenglykol und/oder Glycerin als Trägerstoff, fünf bis zehn Prozent Wasser sowie Lebensmittelaromen. Diese Hauptinhaltsstoffe sind in ihrer Wirkung auf den menschlichen Körper erforscht und zur Verwendung in Lebensmitteln zugelassen. Da die Stoffe lediglich erhitzt, nicht aber verbrannt werden, bleiben sie bei dem Gebrauch der E-Zigarette chemisch unverändert.
90Namentlich das Vernebelungsmittel Propylenglykol wird von der amerikanischen Gesundheitsbehörde Food and Drug Administration (FDA) für die orale Aufnahme als generell sicher eingestuft und ist als Lebensmittelinhaltsstoff „E 1520“ in der Richtlinie 2000/63/EG zugelassen. Es ist in zahlreichen Lebensmitteln, Cremes, Zahnpasta und in mehr als 750 Arzneimitteln enthalten.
91Vgl. Bundeinstitut für Risikobewertung (BfR), Stellungnahme Nr.16/2012 vom 24.02.2012, Liquids von E-Zigaretten können die Gesundheit beeinträchtigen, S. 4; Deutsches Krebsforschungszentrum, Rote Reihe, Tabakprävention und Tabakkontrolle, Elektrische Zigaretten – ein Überblick, S. 7.
92Propylenglykol kann zwar in Einzelfällen zu Hautirritationen führen und bei hoher Belastung die Augen, den Rachen und die Atemwege beeinträchtigen,
93vgl. Deutsches Krebsforschungszentrum, Elektrische Zigaretten – ein Überblick, S. 7 m.w.N.,
94sowie bei Neugeborenen und Patienten mit Nierenversagen Beeinträchtigungen der Leber- und Nierenfunktion, intravaskuläre Hämolyse, Krampfanfälle, Hypoglykämie, Koma, Arhythmie und kardiorespiratorisches Versagen verursachen. Langfristige Folgen für die Gesundheit gesunder Menschen konnten aber bisher nicht nachgewiesen werden.
95Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Diana Golze, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE, Gesundheitliche und rechtliche Bewertung von E-Zigaretten, BT-Drs. 17/8772, Frage 8; U.S. Department of health and human services, Agency for Toxic Substances and Disease Registry, Toxicological profile for propylene glycol, S. 9 ff.
96Das dürfte bei den hier allein in Betracht kommenden Expositionen von „Passivdampfern“ erst recht gelten.
97Auch Glyzerin gilt für die orale Aufnahme als unbedenklich und ist als Lebensmittelzusatzstoff unter dem Kürzel „E 422“ zugelassen. Es ist in allen natürlichen Fetten und Ölen als Fettsäureester vorhanden und wird beispielsweise bei Kaugummis als Feuchthalter verwendet. Bei einer inhalativen Aufnahme können Gesundheitsschädigungen zwar nicht ausgeschlossen werden,
98vgl. Deutsches Krebsforschungszentrum, Elektrische Zigaretten – ein Überblick, S.10,
99tatsächliche wissenschaftliche Erkenntnisse darüber liegen aber, soweit ersichtlich, nicht vor.
100Die verwendeten Aromen sind von der EFSA (European Food Safety Authority) als Lebensmittelaromen zugelassen und finden in vielen verschiedenen Produkten wie z. B. Backmischungen, Süßigkeiten, Limonade, Tee, Zahnpasta und Duftkerzen Verwendung. Dementsprechend geht auch die Beklagte ausweislich ihrer Erklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat davon aus, dass E-Zigaretten ohne Nikotin unbedenklich sind. Soweit ersichtlich, gibt es aber nicht einmal Zahlen dazu, wieviel Prozent der konsumierten Liquids in diese Kategorie fallen.
101Die Gefahren für Dritte bei Einsatz eines nikotinhaltigen Liquids sind im Übrigen ebenfalls ungeklärt. Nikotin steht nicht auf der Liste karzinogener Substanzen der Internationalen Agentur für Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation und gilt als „nicht krebserregend“.
102Vgl. WHO-Bericht „Electronic nicotine delivery systems (ENDS)“ vom 21. Juli 2014, S. 3.
103Allerdings beeinflusst es – negativ - verschiedene Prozesse im Körper. Es kann Blutdruck und Herzfrequenz steigern und regt die Darmaktivität an, zügelt Appetit und steigert die Blutgerinnung. Nikotin fördert die Freisetzung von Neurotransmittern im Gehirn und beeinflusst so das “positive Belohnungssystem”.
104Vgl. DKFZ, Elektrische Zigaretten-ein Überblick, S. 8, 9; Mellin, Die elektrische Zigarette, Stand Juli 2014, S. 26.
105Bei dem Konsum von Tabakzigaretten kann dies nachweislich zu einem zwingenden Verlangen nach Nikotin und folglich zu einer Abhängigkeit führen. Aktuellen Studien zufolge kann der Stoff Nikotin für die Suchterzeugung von Tabakprodukten jedoch nicht allein verantwortlich gemacht werden. Ob durch den Konsum von E-Zigaretten die Sucht der Konsumenten aufrechterhalten oder gar gefördert wird, ist vorliegend indes nicht entscheidungserheblich, da das Nichtraucherschutzgesetz allein Gefahren für Passivraucher erfasst. Eine hierdurch bestehende Gefahr von Abhängigkeit ist bisher jedenfalls nicht dokumentiert.
106Eine Gefährdung Dritter ergibt sich auch nicht daraus, dass Nikotin ein starkes Nervengift ist. Die insoweit bei einem übermäßigen Gebrauch von E-Zigaretten mit nikotinhaltigen Liquids vermuteten Gefahren beschränken sich im Wesentlichen auf den Konsum durch den Nutzer selbst. Bei der reinen Inhalation, wie sie bei der E-Zigarette in Rede steht, werden aber zwischen 92 % bis 98 % des Nikotins in der Lunge des Konsumenten zurückgehalten.
107Vgl. VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 19. März 2013 – 4 K 1119/11 -, juris; Romagna u. a., a. a. O., haben in einer Versuchsumgebung überhaupt kein Nikotin in der Raumluft feststellen können.
108Eine Gefährdung Dritter durch die verbleibende Konzentration in der Abluft dürfte trotz der Toxizität des Stoffes kaum zu erwarten sein.
109Selbst wenn man trotz dieses Erkenntnisstandes eine Gefahr für Dritte durch Passivdampfen unterstellte, sind aber die durch das Verdampfungsprodukt der E-Zigarette möglicherweise entstehenden Gefahren mit denjenigen, die zum Erlass des Nichtraucherschutzgesetzes geführt haben, in Grund und Ausmaß weder identisch noch vergleichbar. Ob eine Ausdehnung auf solche – wenn überhaupt - anders gefährlichen Produkte als noch von dem gesetzgeberischen Ziel gedeckt angesehen werden könnte, wäre angesichts dessen fraglich.
110In diesem Sinne auch Dahm/Fischer, Rechtsgutachten, S. 8 f.
111bb) Nach den vorliegenden Studien kann derzeit somit allenfalls ein Gefahrenverdacht angenommen werden. Vor diesem Hintergrund würde eine Interpretation des Nichtraucherschutzgesetzes NRW mit der Einbeziehung der E-Zigarette dessen Charakter ändern. Während das Gesetz im Hinblick auf das Passivrauchen herkömmlicher Zigaretten gefahrenabwehrrechtliche Ziele verfolgt – die Schädlichkeit von Tabakrauch für Dritte ist wissenschaftlich erwiesen (so auch die Gesetzesbegründung vom 13. August 2007 S. 16), handelte es sich im Hinblick auf den Drittschutz vor vermuteten schädlichen Auswirkungen der E-Zigarette nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand allenfalls um Gefahrenvorsorge. Rechtssystematisch ist Gefahrenvorsorge indes etwas grundlegend anderes als Gefahrenabwehr und kann deshalb jedenfalls nicht Ergebnis einer den Wortlaut ausdehnenden Gesetzesauslegung sein.
112Vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2002 ‑ 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347.
113Dass der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Einbeziehung der E-Zigarette in das „Rauchverbot“ des § Abs. 1 NiSchG NRW unter dem damit allenfalls tragfähigen Gesichtspunkt der Gefahrenvorsorge im Gesetzgebungsverfahren hinreichend berücksichtigt hat, ist im Übrigen nicht ersichtlich.
114Dem Gesetzgeber ist grundsätzlich unbenommen, Gesetze zum Schutz der Allgemeinheit auf der Grundlage einer Gefahrenprognose zu erlassen. Dabei steht ihm ein weiter Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der von den Gerichten nur in begrenztem Umfang überprüft werden kann. „Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen so fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für derartige Maßnahmen abgeben können.“
115Vgl. BVerfG, Urteil vom 16. März 2004 – 1 BvR 1778/01, juris.
116Es kann dahin stehen, ob sich eine „vorsorgliche“ Einbeziehung der E-Zigarette in das Nichtraucherschutzgesetz NRW trotz der fehlenden klaren Erkenntnisse über Gefahren für Dritte unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenvorsorge grundsätzlich rechtfertigen ließe. Denn der Gesetzgeber hätte jedenfalls eine eigene Abschätzung der Risiken, die durch den Passivdampf der E-Zigaretten entstehen, unter Berücksichtigung des Ende 2012 vorhandenen Forschungsstandes vornehmen müssen. In einem nächsten Schritt hätte er sodann die Beschränkung der Rechte mit den betroffenen Grundrechten der Nutzer von E-Zigaretten und Gastwirten abwägen müssen.
117Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Februar 2002 ‑ 1 BvR 1676/01 – juris; Urteil vom 30. Juli 2008 – 1 BvR 3262/07 u. a. –, BVerfGE 121, 317; BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2002 – 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347.
118Eine solche Evaluation und Abwägung hat im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nicht stattgefunden. Der Landesgesetzgeber hat sich – soweit ersichtlich – mit den tatsächlichen Gefahren, die durch den Passivdampf einer E-Zigarette möglicherweise entstehen, nicht ausreichend auseinandergesetzt, sondern die Erweiterung auf eine Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung vom 24. Februar 2012 gestützt, in der es lediglich und unspezifisch heißt, dass Gesundheitsgefahren für Dritte aus dem Dampf für E-Zigaretten nicht auszuschließen seien. Insofern bestehe dringender Forschungsbedarf.
119Vgl. BfR, Stellungnahme Nr. 016/2012 vom 24. Februar 2012, S. 9.
120Der vom Ministerium gezogene Schluss, der Konsum von E-Zigaretten müsse verboten werden, bis der Beweis der Ungefährlichkeit erbracht sei, greift nach dem Gesagten zu kurz.
121Vgl. insoweit auch OVG NRW, Beschluss vom 1. August 2013 – 4 B 608/13.
122Es ist auch nicht ersichtlich, dass im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens die gebotene Auseinandersetzung mit der Frage einer Schädlichkeit des passiven Inhalierens der Abluft einer E-Zigarette erfolgt ist.
123Vor diesem Hintergrund geht schließlich die Annahme der Beklagten fehl, es könne dem Gesetzgeber nicht zugemutet werden, für jegliche (auch für künftige und noch nicht bekannte) Formen des Rauchens eine ausdrückliche Regelung zu treffen. Denn bei der Gefahrenvorsorge handelt es sich um eine Aufgabe, die grundsätzlich dem Gesetzgeber vorbehalten ist. Ihm war vorliegend die Problematik rund um die E-Zigarette auch bekannt und eine konkrete Regelung damit zumutbar.
124Die Frage der Anwendung des Rauchverbots auf E-Zigaretten war darüber hinaus in der Rechtsprechung und Literatur, aber – wie das Gesetzgebungsverfahren zeigt - auch politisch umstritten. Auch im internationalen Rechtsvergleich lässt sich feststellen, dass bestehende Rauchverbote nicht von vornherein auf die E-Zigarette Anwendung finden.
125Vgl. WHO-Bericht „Electronic nicotine delivery systems (ENDS)“ vom 21. Juli 2014, S. 3, 8 ff.; Auley/Hopke/Zhao/Babaian, Comparison of the effects of e-cigarette vapor and cigarette smoke on indoor air quality, S. 850.
126Vielmehr wird in dem den aktuellen Forschungsstand zusammenfassenden Bericht der WHO unterstrichen, Motivation für den Konsum von E-Zigarette sei zumindest teilweise, dass dieser auch dort erfolgen könne, wo das Rauchen verboten sei (a.a.O. S. 8).
127Im Hinblick auf diese rechtlich zweifelhafte Situation wäre es erkennbar geboten und mögllich gewesen, die rechtliche Einordnung der E-Zigarette eindeutig zu klären und somit den Norm-Adressaten, nämlich den Nutzern von E-Zigaretten, Gastwirten und unbeteiligten Dritten, eine berechenbare Handlungsanweisung zu geben.
128Vorstehende Überlegungen sind umso bedeutsamer, als die Produktgruppe der Liquids – wie ausgeführt - sehr heterogen ist.
129Vgl. Müller, PharmR 2012, S. 137; WHO-Bericht „Electronic nicotine delivery systems (ENDS)“ vom 21. Juli 2014, S. 9 ff.; Stellungnahme BfR, Stellungnahme vom 24. Februar 2012, S. 9.
130Schon deshalb ist fraglich, ob der Konsum von E-Zigaretten durch ein einheitlich geltendes Rauchverbot angemessen erfasst werden könnte. Eine Vielzahl von Liquids produziert keine für Dritte relevanten gesundheitsgefährdenden Aerosole. Der europäische Normgeber hat es angesichts dessen jedenfalls für vorzugswürdig gehalten, in der Tabakrichtlinie eine Regulierung der Liquids selbst vorzuschreiben.
1313. Ohne dass es noch darauf ankommt, konnte der Gesetzgeber die angestrebte Erweiterung auch nicht – wie geschehen - damit rechtfertigen, der Vollzug des Rauchverbots durch die örtlichen Ordnungsbehörden werde massiv behindert, wenn diese zwischen herkömmlichen Zigaretten und E-Zigaretten unterscheiden müssten.
132Vgl. Schreiben des MGEPA vom 20.11.2012 an die Präsidentin des Landtags zum Rechtsgutachten von Dahm/Fischer.
133Vollzugsprobleme allein sind bereits grundsätzlich nicht geeignet, einen solchen Grundrechtseingriff zu rechtfertigen. Dass sie überhaupt zu erwarten wären, erschließt sich darüber hinaus nicht. Eine Unterscheidung zwischen einer E-Zigarette und einer herkömmlichen Zigarette ist bereits durch äußerliche Merkmale unproblematisch und zuverlässig zu treffen. Im Gegenteil dürften Vollzugsprobleme – wie nicht zuletzt die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dargelegt hat - allenfalls dann entstehen, wenn E-Zigaretten partiell dem Nichtraucherschutzgesetz NRW unterfielen, soweit sie mit nikotinhaltigen Liquids befüllt sind. Für andere, ungefährliche Liquids kommt eine Einbeziehung von vornherein nicht in Betracht.
134Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 1. August 2013 – 4 B 608/13 -, juris.
135Ohne Belang ist ebenfalls der Gesichtspunkt, der Gebrauch der E-Zigarette ahme in seinem äußeren Erscheinungsbild das Rauchen einer herkömmlichen Zigarette bewusst nach. Zwar vermittelt der Gebrauch der E-Zigarette dem Konsumenten subjektiv das sensorische Gefühl des Rauchens, objektiv findet ein Rauchen von Tabakprodukten jedoch nicht statt. Es handelt sich vielmehr um eine neuartige Form des Konsums von Nikotin. Im Übrigen geht es dem Nichtraucherschutzgesetz NRW nicht um optische Fragen, sondern um Belastungen der Atemluft durch Rauchemissionen. Deshalb kann auch der Umstand, dass Dritte möglicherweise nicht zwischen dem Rauchen einer herkömmlichen Zigarette und dem Dampfen einer E-Zigarette differenzieren, und Letzteres als Missachtung des zu ihrem Schutz bestehenden Rauchverbots in Gaststätten empfinden, nicht ausschlaggebend sein, zumal es dem Gastwirt unbenommen bleibt, solche Unsicherheiten im Rahmen seines Hausrechts durch ein Verbot des Konsums von E-Zigaretten zu verhindern.
136Eine Erweiterung des Rauchverbots des § 3 Abs. 1 NischG NRW auf die E-Zigarette kann auch nicht mit der „Einheit der Rechtsordnung“ begründet werden. Die – möglicherweise vom Gesetzgeber geteilte – Annahme des Ministeriums, E-Zigaretten seien zulassungspflichtige Arzneimittel und dürften daher nicht „durch die Hintertür“ über das Nichtraucherschutzgesetz NRW legalisiert werden,
137vgl. Schreiben des MGEPA vom 20. November 2012 an die Präsidentin des Landtags,
138überzeugt nicht.
139Es ist schon nicht nachvollziehbar, wie eine für die ganze Rechtsordnung – also auch für das Arzneimittelgesetz – wirkende Legalisierung durch Nichtanwendung des Nichtraucherschutzgesetzes erfolgen könnte. Sollte die arzneimittelrechtliche Auffassung des Ministeriums zutreffen, wären E-Zigaretten illegal und verboten. Hieran änderte sich nichts dadurch, dass sie nicht auch zusätzlich und eigenständig durch ein weiteres Gesetz teilweise untersagt wären. Im Übrigen hat das erkennende Gericht hat die Arzneimitteleigenschaft der E-Zigaretten mit überzeugenden Argumenten bereits verneint.
140Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. September 2013 – 13 A 2448/12 -.
141Soweit sich das Land Nordrhein-Westfalen in seiner Stellungnahme gegenüber dem Landtag auf das Bundesnichtraucherschutzgesetz und dessen Auslegung durch das Bundesgesundheitsministerium und die Drogenbeauftragte der Bundesregierung bezogen hat, ergeben sich hieraus keine Gesichtspunkte, die der Senat nicht erwogen hätte.
142Schließlich enthält auch die von der Beklagten angeführte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gießen keine weiteren Argumente, die für die Anwendung des § 3 Abs. 1 NiSchG NRW auf E-Zigaretten sprechen könnten. Das Urteil verhält sich gerade nicht zum allgemeinen Nichtraucherschutz, sondern zum Schutzbereich des (hessischen) Schulgesetzes.
143So ausdrücklich VG Gießen, Urteil vom 20. Februar 2013 – 5 K 455/12.GI -, juris, Rn. 18.
144Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
145Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs.1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr.10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO.
146Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache beschränkt sich auf das Landesrecht.
(1) Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinie nach Satz 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig aktualisiert wird und im Internet abruffähig sowie in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung steht. Satz 1 gilt nicht für:
- 1.
versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr, - 2.
versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
- 1.
Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel, - 2.
Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen, - 3.
Abführmittel, - 4.
Arzneimittel gegen Reisekrankheit.
(2) Abweichend von Absatz 1 haben Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Eine erneute Versorgung nach Satz 1 ist frühestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1 möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen Arzneimittel zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können.
(3) Der Ausschluss der Arzneimittel, die in Anlage 2 Nummer 2 bis 6 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 (BGBl. I S. 301), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4554) geändert worden ist, aufgeführt sind, gilt als Verordnungsausschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses und ist Teil der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln ist der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen.
(4) Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die Krankenkasse nicht übernimmt. Die Rechtsverordnung kann auch bestimmen, inwieweit geringfügige Kosten der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Instandsetzung von Hörgeräten und ihre Versorgung mit Batterien bei Versicherten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für nicht durch Rechtsverordnung nach Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 unberührt.
(5) (weggefallen)
(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen. Die Anträge sind ausreichend zu begründen; die erforderlichen Nachweise sind dem Antrag beizufügen. Sind die Angaben zur Begründung des Antrags unzureichend, teilt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Antragsteller unverzüglich mit, welche zusätzlichen Einzelangaben erforderlich sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über ausreichend begründete Anträge nach Satz 1 innerhalb von 90 Tagen zu bescheiden und den Antragsteller über Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen zu belehren. Eine ablehnende Entscheidung muss eine auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung enthalten. Für das Antragsverfahren sind Gebühren zu erheben. Das Nähere insbesondere zur ausreichenden Begründung und zu den erforderlichen Nachweisen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss.
(1) In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen sind.
(2) Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt, trägt er die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen. Hat sich die Maßnahme vor einer Entscheidung nach Absatz 1 in anderer Weise als durch Zurücknahme des Antrags erledigt, so entscheidet das Gericht über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen nach billigem Ermessen.
(3) Bei erstinstanzlichen Entscheidungen des Gerichts nach § 119a fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last. Absatz 2 Satz 2 gilt nicht im Falle des § 115 Abs. 3.
(4) Im übrigen gelten die §§ 464 bis 473 der Strafprozeßordnung entsprechend.
(5) Für die Kosten des Verfahrens nach den §§ 109ff. kann auch ein den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 übersteigender Teil des Hausgeldes (§ 47) in Anspruch genommen werden.
(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.
(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.
(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er
- 1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder - 2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.
(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.