Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 25. Juni 2018 - 3 Bs 73/18

bei uns veröffentlicht am25.06.2018

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 19. April 2018 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Es wird im Wege einstweiliger Anordnung festgestellt, dass der Antragsteller dem am 12. Dezember 2017 vom Präsidium des Amtsgerichts Hamburg beschlossenen Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2018 vorläufig insoweit nicht nachzukommen hat, als ihm darin ein zivilrechtliches Pensum von mehr als 30 % zugewiesen worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Beteiligten tragen die Kosten des gesamten Verfahrens jeweils zur Hälfte.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich im Wege einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Entscheidung des Präsidiums des Amtsgerichts Hamburg, ihm mit der Jahresgeschäftsverteilung 2018 keine insolvenzrechtliche Abteilung mehr zuzuweisen.

2

Der Antragsteller ist Richter am Amtsgericht und war seit 1996 fortlaufend für konkurs- bzw. insolvenzrechtliche Streitigkeiten zuständig, zuletzt mit einem Pensum von 70 % seiner Gesamttätigkeit. Er ist Autor diverser insolvenzrechtlicher Fachaufsätze und Literaturbeiträge, Mitherausgeber einer insolvenzrechtlichen Fachzeitschrift, Leiter von Fortbildungsveranstaltungen sowie in insolvenzrechtlichen Vereinen und Verbänden - u.a. als Vorstand - tätig. Er wurde in den vergangenen Jahren wiederholt zu insolvenzrechtlichen Gesetzesänderungen als Sachverständiger des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages berufen.

3

Unter dem 14. November 2017 wandte sich der als Insolvenzverwalter tätige Fachanwalt für Insolvenzrecht Dr. (1) an das Präsidium bzw. den Präsidenten des Amtsgerichts Hamburg mit der Bitte, „geeignete Maßnahmen zur Herstellung von Rechtsstaatlichkeit in den Abteilungen des Insolvenzgerichts, für die [der Antragsteller] als Richter zurzeit zuständig ist, zu ergreifen und dadurch weiteren Schaden vom Insolvenz- und Gerichtsstandort Hamburg abzuwenden.“ Er schilderte - unter teilweiser Bezugnahme auf eine eidesstattliche Versicherung vom 15. November 2017 - einen Vorgang aus dem April 2017. Er warf dem Antragsteller im Ergebnis vor, erfolglos versucht zu haben, ihn unter Androhung „schwerster Konsequenzen“ zu einer Verfahrenshandlung, der Rücknahme eines Insolvenzplanes, zu nötigen, und anschließend ihn - den Unterzeichner - durch seine Nichtbestellung in insolvenzrechtlichen Verfahren abgestraft zu haben, ohne ihm die Möglichkeit zu geben, hiergegen Rechtsmittel einlegen zu können.

4

Der Antragsteller nahm am 17. November und 22. November 2017 gegenüber dem Präsidenten des Amtsgerichts Hamburg Stellung. Er trat den Vorwürfen in der Sache und der rechtlichen Bewertung entgegen. Er habe Herrn Dr. (1) in einem Telefonat rechtliches Gehör zu seiner in Aussicht genommenen Entlassung als Verwalter gewährt. Ein „Delisting“ von der Vorauswahl-Liste habe er zu keinem Zeitpunkt angekündigt oder angedroht. Ein - sei es auch nur faktisches - „Delisting“ von Herrn Dr. (1) habe er nicht vorgenommen und beabsichtige er nicht. Er habe vor weiteren Bestellungen lediglich die Entscheidung des Landgerichts Hamburg zu der Zurückweisung des Insolvenzplans abwarten wollen. Das Vorgehen sei nicht pflichtwidrig. Die Bestellung des Insolvenzverwalters gehöre zum Kernbereich der richterlichen Unabhängigkeit.

5

Auf die Bitte des Präsidenten des Amtsgerichts Hamburg nahmen zwei namentlich in der Eingabe des Dr. (1) genannte Rechtsanwälte, denen nach dessen Behauptung Ähnliches widerverfahren sei, schriftlich Stellung: Rechtsanwalt Dr. (2) schilderte mit Schreiben vom 23. November 2017 u.a. eine Auseinandersetzung mit dem Antragsteller im Zusammenhang mit einem insolvenzrechtlichen Verfahren im Jahr 2014, die dazu geführt habe, dass der Antragsteller ein Insolvenzverfahren, in dem er - der Unterzeichner - zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt gewesen sei, mit einem anderen Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter eröffnet habe. Er habe keine nachvollziehbare Begründung erhalten. Das Verhalten des Antragstellers sei insgesamt ungewöhnlich und von persönlicher Antipathie geprägt erschienen.

6

Rechtsanwalt Dr. (3) berichtete in seiner Stellungnahme vom 27. November 2017 u.a. von einer Auseinandersetzung mit dem Antragsteller im Jahr 2008. Nachdem der Antragsteller ihm - dem Unterzeichner - vorgeworfen habe, seine Verfahren nicht persönlich zu betreiben, habe sich die Auseinandersetzung hochgeschaukelt. Der Antragsteller habe ihn - den Unterzeichner - der Lüge bezichtigt und einen anderen Kollegen, der von denen des Antragstellers abweichende Rechtsauffassungen vertreten habe, beleidigt. Er - der Unterzeichner - habe sich im Jahr 2008 daher entschieden, dem Antragsteller für Bestellungen nicht mehr zur Verfügung zu stehen.

7

In einer weiteren Stellungnahme vom 27. November 2017 berichtete die - ihrerseits von Rechtsanwalt Dr. (3) benannte - Rechtsanwältin Dr. (4) auf Anfrage des Präsidiums über das Verhalten des Antragstellers in zwei Insolvenzeröffnungsverfahren im Jahr 2016, in denen sie zur vorläufigen Insolvenzverwalterin bestellt worden war. Nachdem der Antragsteller ihr nach Übernahme der Verfahren mitgeteilt habe, dass er beabsichtige, einen anderen Anwalt als Insolvenzverwalter zu bestellen, habe sie ein Rechtsgutachten zu der Entpflichtung eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters eingeholt und zur Akte gereicht. Der Gutachter habe im Hinblick auf einen Zuständigkeitswechsel beim Insolvenzgericht u.a. die Auffassung vertreten, dass der Geschäftsverteilungsplan des Amtsgerichts zu unbestimmt sei. Daraufhin habe der Antragsteller u.a. ihrem Seniorpartner mitgeteilt, dass sie nie wieder Verfahren, höchstens mal einen „Verbraucher“, erhalten würde. Nach 86 Bestellungen in vorangegangenen Verfahren habe der Antragsteller sie danach nicht mehr als Insolvenzverwalterin bestellt, ohne sie allerdings förmlich von der Vorauswahlliste zu streichen.

8

In einem Gespräch zwischen dem Präsidenten des Amtsgerichts und dem Antragsteller am 25. November 2017 schlug der Antragsteller ein gemeinsames Gespräch mit Rechtsanwalt Dr. (1) vor, um etwaige Missverständnisse zu beseitigen. Der Präsident des Amtsgerichts teilte dem Antragsteller daraufhin mit, dass es aus Sicht des Präsidiums weniger um eine zur Vermittlung geeignete Problematik als vielmehr um einen missbräuchlichen Umgang mit Macht gehe.

9

In einer weiteren Stellungnahme des Antragstellers vom 28. November 2017 rügte dieser u.a. die bisherige Verfahrensweise und bat um die Einholung von Stellungnahmen weiterer von ihm bestellter und benannter Verwalter. Zudem trat er unter Vorlage diverser Anlagen den Darstellungen und Vorwürfen der Rechtsanwälte Dr. (2), Dr. (3) und Dr. (4) entgegen.

10

In der Sitzung des Präsidiums des Amtsgerichts Hamburg am 5. Dezember 2017 wurde der Antragsteller zu den Erwägungen des Präsidiums zur Änderung der derzeitigen Zuständigkeitsbereiche angehört.

11

Mit E-Mail vom 11. Dezember 2017 brachten vier Richterkollegen des Antragstellers aus anderen Gerichtsbezirken gegenüber dem Präsidium des Amtsgerichts ihre „Verwunderung“ und „Bestürzung“ zum Ausdruck, dass seitens eines Insolvenzverwalters mit einer Eingabe der Versuch unternommen werde, den Antragsteller aus dem von ihm bearbeiteten Dezernat versetzen zu lassen. Es handele sich um einen ihrer Kenntnis nach einmaligen Vorgang. Es wäre mehr als fatal, wenn neben den bereits bekannten Druckmitteln (kein Spruchrichterprivileg, Drohung mit Schadensersatzklagen) nunmehr noch das Druckmittel, durch Eingaben an das Präsidium des Gerichts eine Versetzung aus der Insolvenzabteilung zu betreiben, hinzukommen würde. Die richterliche Unabhängigkeit müsse gerade auf diesem sensiblen Gebiet uneingeschränkt gewahrt bleiben.

12

In seiner Sitzung am 11. Dezember 2017 befasste sich das Präsidium des Amtsgerichts Hamburg erneut mit den gegen den Antragsteller erhobenen Vorwürfen. Neben den zitierten Stellungnahmen wurde die Bestellungspraxis des Antragstellers ausweislich einer in der Sitzung referierten Excel-Bestellungsliste in den Zeiträumen vor und nach dem 18. April 2017 thematisiert. Das Präsidium erörterte auf dieser Grundlage, ob der Antragsteller auch künftig mit einer gegebenenfalls reduzierten Tätigkeit im Insolvenzrecht betraut werde solle oder aber für die künftige Geschäftsverteilung 2018 eine ausschließlich im zivilrichterlichen Bereich erfolgende Tätigkeit vorzugswürdig sei. Dabei stellte das Präsidium ausweislich des Protokolls der Sitzung u.a. die mehr als zwanzigjährige Tätigkeit des Antragstellers als Konkurs- und Insolvenzrichter, seine ausgewiesene Sachkunde, die mögliche Schädigung seines Rufs wie auch die richterliche Unabhängigkeit bei der Entscheidung, einen Insolvenzverwalter einzusetzen, in die Abwägung ein. Es berücksichtigte zudem die Art der Zusammenarbeit von Insolvenzrichtern mit einem insgesamt überschaubaren Kreis von Insolvenzverwaltern in einem Bereich mit erheblichen, divergierenden wirtschaftlichen Interessen und finanziell bisweilen sehr lukrativen Vergütungen, das über die erforderlichen Fachkenntnisse hinausgehende Maß an persönlicher Integrität und Neutralität, über die jede/jeder in diesem Bereich tätige Richterin/Richter verfügen sollte, um jeglichen Anschein eines willkürlichen Umgangs mit der besonderen Verantwortung und Machtfülle zu vermeiden, und das in der Stellungnahme von Rechtsanwalt Dr. (1) zum Ausdruck kommende Defizit eines verantwortungsvollen Umgangs mit richterlicher Entscheidungsmacht, welches zum gegenwärtigen Zeitpunkt als mildere Maßnahme auch eine Reduzierung des Insolvenzrichterpensums als nicht geeignet erscheinen lasse. Im Ergebnis sollte auf der Präsidiumssitzung zur Jahresgeschäftsverteilung vorgeschlagen werden, den Antragsteller ab dem 1. Januar 2018 nicht mehr mit insolvenzrichterlichen Aufgaben zu betrauen.

13

In der Tischvorlage zu der Sitzung des Präsidiums am 12. Dezember 2017 wird zum Hintergrund der in Aussicht genommenen Entscheidung ausgeführt:

14

„Insolvenzrichter arbeiten sehr eng mit einem kleinen Kreis von Verwaltern zusammen, die um teilweise extrem lukrative Aufträge konkurrieren und in hohem Maße wirtschaftlich abhängig von Aufträgen des Gerichts sind. Noch mehr als in jedem anderen Rechtsgebiet müssen Richter deshalb neben den notwendigen exzellenten Fachkenntnissen über ein besonderes Maß von persönlicher Integrität und Neutralität verfügen, um jeden Anschein sachwidrigen oder gar willkürlichen Umgangs mit dieser Verantwortung zu vermeiden. Namentlich in dem von Rechtsanwalt Dr. (1) geschilderten Sachverhalt, von dessen Glaubhaftigkeit das Präsidium überzeugt ist, hat [der Antragsteller] die Grenzen einer neutralen Amtsführung eklatant überschritten. Die Darstellungen der Rechtsanwälte Dr. (2), Dr. (3) und Dr. (4) geben darüber hinaus auch unter Berücksichtigung der umfangreichen Stellungnahmen von [dem Antragsteller] deutliche Hinweise auf vergleichbare Sachverhalte in der Vergangenheit. Nach intensiver Beratung unter Abwägung aller in Betracht zu ziehender Gesichtspunkte weist das Präsidium [dem Antragsteller] für die Jahresgeschäftsverteilung 2018 keine insolvenzrechtliche Abteilung mehr zu, sondern erhöht sein zivilrechtliches Pensum von derzeit 30 % auf 100 %.“

15

Mit den vorgeschlagenen Regelungen beschloss das Präsidium in der Sitzung am 12. Dezember 2017 den Jahresgeschäftsverteilungsplan für das Jahr 2018.

16

Der Antragsteller hat hiergegen um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und erstinstanzlich formelle und materielle Fehler des Geschäftsverteilungsplans gerügt, u.a. die Beteiligung des aus seiner Sicht befangenen Präsidenten des Amtsgerichts, einen Verstoß gegen verwaltungsinterne Bindungen sowie die Verletzung eigener Rechte. Bei der erfolgten Umsetzung handele es sich um eine verdeckte Disziplinarmaßnahme, die in seine richterliche Unabhängigkeit eingreife, sachliche Gründe für eine Umsetzung seien nicht erkennbar. Die Mitteilungsschreiben der drei Insolvenzverwalter, deren Inhalte sich das Präsidium zu eigen gemacht habe, befassten sich nahezu durchweg mit der richterlichen Unabhängigkeit unterliegenden Rechtsprechungsakten und richterlichen Entscheidungen.

17

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 19. April 2018 abgelehnt und diese Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der einstweilige Rechtsschutzantrag sei teilweise zulässig, insoweit aber unbegründet. Das Präsidium des Amtsgerichts Hamburg habe die ihm eröffneten Grenzen seines Ermessens aller Voraussicht nach nicht verletzt. Die Entscheidung des Präsidiums sei nicht willkürlich gewesen. Aus den Protokollauszügen ergebe sich, dass die angegriffene Entscheidung des Präsidiums getroffen worden sei, weil der Antragsteller aufgrund der von Rechtsanwalt Dr. (1) erhobenen Vorwürfe nicht den nach Auffassung des Präsidiums an einen Insolvenzrichter zu stellenden Anforderungen an persönlicher Integrität und Neutralität genüge. Das Präsidium habe den ihm unterbreiteten Sachverhalt in der Kürze der ihm zur Verfügung stehenden Zeit so weit wie möglich aufgeklärt. Eine weitere Aufklärung sei nicht geboten gewesen. Das Präsidium sei kein Disziplinarorgan. Ob die erhobenen Vorwürfe zuträfen und ob der Antragsteller ein Dienstvergehen begangen habe, sei nicht vom Präsidium, sondern in dem vom Präsidenten des Amtsgerichts eingeleiteten Disziplinarverfahren aufzuklären und zu entscheiden. Dass das Präsidium bei seiner Entscheidung maßgeblich auf die aus seiner Sicht gesteigerte Verantwortung eines Insolvenzrichters abgestellt habe, sei nicht zu beanstanden. Die Entscheidung des Präsidiums sei auch nicht als eine die persönliche Unabhängigkeit des Antragstellers verletzende verdeckte Disziplinarmaßnahme zu qualifizieren. Danach sei schon der Anschein einer auf Missbilligung beruhenden Regelung oder gar eine versteckte Disziplinarmaßnahme zu vermeiden, was in Betracht komme, wenn die Maßnahme (auch) darauf abziele, den Richter von der Rechtsprechung im Allgemeinen oder einem bestimmten Sachgebiet fernzuhalten. Ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit läge mithin nur dann vor, wenn die Neuverteilung der Geschäfte eine Reaktion auf die rechtsprechende Tätigkeit des Antragstellers darstellen würde. So liege es hier aber nicht. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass das Präsidium mit seiner Entscheidung den Antragsteller für seine Rechtsprechung oder wegen des ihm vorgeworfenen persönlichen Verhaltens in Verkennung seiner eigenen Zuständigkeit habe disziplinieren wollen. Vielmehr sprächen die vorliegenden Protokolle der Präsidiumssitzungen dafür, dass die „Umsetzung“ des Antragstellers in Wahrnehmung der dem Präsidium nach § 21e GVG obliegenden Aufgabe erfolgt sei, für eine ordnungsgemäße Erledigung der anfallenden insolvenzrechtlichen Verfahren durch Einsatz eines Richters Sorge zu tragen, der keinen Anlass für Zweifel gegeben habe, dass er mit der ihm bei der Einsetzung von Insolvenzverwaltern verliehenen besonderen Entscheidungsmacht in verantwortungsvoller Weise umgehen werde.

18

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.

II.

19

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.

20

Mit seiner Beschwerdebegründung, auf die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO abzustellen ist, hat der Antragsteller die tragende Erwägung des Verwaltungsgerichts, die beanstandete Maßnahme des Präsidiums stelle keine „verdeckte Disziplinarmaßnahme“ dar, hinreichend in Zweifel gezogen. Der Antragsteller hat u.a. geltend gemacht, dass die Nichtzuweisung einer insolvenzrechtlichen Abteilung ausdrücklich mit einem angeblichen Dienstvergehen begründet worden sei, dessen Feststellung nicht dem Präsidium obliege. Diese Bewertung ist jedenfalls insoweit nachvollziehbar, als das Präsidium kein Disziplinarorgan ist und zur Begründung seiner Entscheidung gleichwohl maßgeblich darauf abgestellt hat, dass der Antragsteller die Grenzen einer neutralen Amtsführung eklatant überschritten habe. Damit ist das Beschwerdegericht berechtigt und verpflichtet, über die Beschwerde ohne die aus § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO folgende Beschränkung auf die Beschwerdebegründung zu entscheiden.

21

Die sinngemäß weiterverfolgten Anträge des Antragstellers sind nur zum Teil zulässig und, soweit sie zulässig sind, auch begründet.

22

1. Das einstweilige Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist allein im Hinblick auf seinen Antrag zu 2) zulässig.

23

Es ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass einem Richter, der geltend macht, durch einen Geschäftsverteilungsplan in seinen Rechten verletzt zu sein, der Rechtsweg nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eröffnet ist (BVerwG, Urt. v. 28.11.1975, VII C 47.73, BVerwGE 50,11, juris Rn. 25). Da der Geschäftsverteilungsplan eines Gerichts keinen Verwaltungsakt, sondern einen gerichtsinternen Organisationsakt darstellt, gegen den in der Hauptsache eine Feststellungsklage erhoben werden kann, kann im Eilverfahren einstweiliger Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO gewährt werden (OVG Hamburg, Beschl. v. 19.9.1986, Bs V 144/86, NJW 1987, 1215, 1216; VGH Mannheim, Beschl. v. 17.1.2011, 4 S 1/11, NJW-RR 2011, 861, juris Rn. 2; VGH München, Beschl. v. 26.1.2016, 6 CE 15.2800, BayVBl. 2016, 813, juris Rn. 17; Beschl. v. 8.3.2010, 3 CE 10.171, juris Rn. 17). Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass das für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zuständige Verwaltungsgericht nicht gestaltend in den Geschäftsverteilungsplan, sei es auch nur im Sinne einer teilweisen Suspendierung, eingreift (OVG Hamburg, a.a.O., 1216). Die Realisierung einer durch ein Gericht getroffenen Feststellung fällt ausschließlich in die Zuständigkeit des mit voller richterlicher Unabhängigkeit ausgestatteten Präsidiums. Das Gericht ist daher auch gehindert, das Präsidium zu konkreten Maßnahmen zu verpflichten wie auch nur eine konkrete Verpflichtung in diesem Sinne festzustellen. Vielmehr kann es in diesem Zusammenhang lediglich feststellen, dass ein in seinen Rechten verletzter Richter dem Geschäftsverteilungsplan vorläufig nicht nachzukommen hat.

24

Gemessen daran ist der Hauptantrag zu 1) unzulässig, weil mit der begehrten Feststellung der Verpflichtung des Präsidiums, dem Antragsteller eine insolvenzrechtliche Abteilung zuzuweisen, zwar noch nicht formell gestaltend in die Tätigkeit des Präsidiums eingegriffen würde, dem Präsidium in der Sache aber bereits konkret vorgegeben wäre, wie es mögliche Rechtsfehler bei der Beschlussfassung über die Jahresgeschäftsverteilung zu beheben hätte. Das gilt so auch für den zu 1) gestellten Hilfsantrag des Antragstellers, mit dem er die Feststellung der Verpflichtung des Präsidiums, den Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2018 betreffend die Verteilung von Insolvenzsachen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beschließen, begehrt. Auch insoweit würde das Gericht bereits konkrete Feststellungen zu der Art und Weise, wie das Präsidium der Rechtsverletzung des Antragstellers Rechnung zu tragen hätte, treffen. Darüber entscheidet das Präsidium - wie gesehen - aber in richterlicher Unabhängigkeit selbst.

25

Der Antrag zu 2), der in wesentlicher Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht dahingehend zu verstehen ist, dass der Antragsteller die Feststellung begehrt, er habe dem Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2018 vorläufig insoweit nicht nachzukommen, als ihm darin ein zivilrechtliches Pensum von mehr als 30 % zugewiesen wurde, ist nach den dargestellten Maßstäben dagegen zulässig, weil er die konkrete Realisierung des Gerichtsbeschlusses allein dem Präsidium überlässt.

26

2. Soweit der einstweilige Rechtsschutzantrag des Antragstellers zulässig ist, ist er auch begründet. Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

27

a) Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dazu ist nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen, dass ein Anordnungsgrund besteht, d.h. eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist. Eine solche Erforderlichkeit ergibt sich regelmäßig aus einer besonderen Eilbedürftigkeit der Rechtsschutzgewährung. Dabei ist einem die Hauptsache vorweg nehmenden Antrag im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise dann stattzugeben, wenn durch das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Der besonderen Bedeutung der jeweils betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes ist hierbei Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.4.2008, 2 BvR 338/08, juris Rn. 3; BVerwG, Beschl. v. 10.2.2011, 7 VR 6.11, juris Rn. 6; OVG Hamburg, Beschl. v. 16.11.2017, 3 Bs 243/17, NordÖR 2018, 170, juris Rn. 13; VGH Mannheim, Beschl. v. 19.4.2017, 9 S 673/17, VBlBW 2018, 39, juris Rn. 2; OVG Lüneburg, Beschl. v. 20.3.2012, 8 ME 204/11, juris Rn. 8, alle m.w.N.). Auch vorliegend ist eine vorläufige Regelung in diesem Sinne notwendig, weil dem Antragsteller nur auf diese Weise effektiver Rechtsschutz gewährt werden kann. Er begehrt eine Regelung in Bezug auf den Jahresgeschäftsverteilungsplan für das Jahr 2018, der mit Inkrafttreten eines neuen Jahresgeschäftsverteilungsplans seine Gültigkeit verlieren wird. Eine Entscheidung in der Hauptsache ist bis zu diesem Zeitpunkt nicht sicher zu erwarten.

28

b) Der Antragsteller hat zudem einen Anordnungsanspruch mit der eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht. Dementsprechend ist festzustellen, dass der Antragsteller dem am 12. Dezember 2017 vom Präsidium des Amtsgerichts Hamburg beschlossenen Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2018 vorläufig insoweit nicht nachzukommen hat, als ihm darin ein zivilrechtliches Pensum von mehr als 30 % zugewiesen worden ist.

29

aa) Maßnahmen des Präsidiums, die die Geschäftsverteilung betreffen, unterliegen den Anforderungen an die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens und dürfen sich nicht als willkürlich darstellen. Das Präsidium hat für die ordnungsgemäße Erledigung der anfallenden Rechtsprechungsaufgaben durch Einsatz der dem Gericht zugeteilten Richter zu sorgen (§ 21e GVG). Dabei gibt es kein Recht eines Richters auf die Erledigung bestimmter Rechtsangelegenheiten. Ein Richter muss grundsätzlich für jede Tätigkeit im Rahmen der gerichtlichen Zuständigkeit einsetzbar und einsatzbereit sein. Das dem Präsidium eingeräumte Ermessen ist innerhalb der gesetzlichen Grenzen grundsätzlich weit. Für die Veränderung des bisherigen Aufgabenbereichs kann es mannigfaltige Gründe geben. Grenzen ergeben sich indes neben dem Willkürverbot insbesondere aus der in Art. 97 Abs. 1 GG garantierten richterlichen Unabhängigkeit (BVerfG, Beschl. v. 25.8.2016, 2 BvR 877/16, NVwZ 2017, 51, juris Rn. 18, 24; Beschl. v. 28.11.2007, 2 BvR 1431/07, NJW 2008, 909, juris Rn. 11 ff.; VGH Mannheim, Beschl. v. 17.1.2011, 4 S 1/11, NJW-RR 2011, 861, juris Rn. 5; VGH München, Beschl. v. 26.1.2016, 6 CE 15.2800, BayVBl. 2016, 813, juris Rn. 25; Beschl. v. 8.3.2010, 3 CE 10.171, juris Rn. 26; Kissel/Mayer, GVG, 9. Aufl. 2018, § 21e Rn. 80). Da die jährliche Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans der Verwirklichung des zu Gunsten der Prozessparteien in Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG normierten Rechts auf den gesetzlichen Richter dient, kann in ihr ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit nur gesehen werden, wenn besondere Umstände hinzukommen (BVerfG, Beschl. v. 28.11.2007, a.a.O., Rn. 17; OVG Hamburg, Beschl. v. 19.9.1986, Bs V 144/86, NJW 1987, 1215, 1217; VGH München, Beschl. v. 26.1.2016, a.a.O., Rn. 27).

30

Ein unzulässiger Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit liegt zunächst vor, wenn Maßnahmen des Präsidiums eine Reaktion auf solche richterlichen Entscheidungen darstellen, die dem Kernbereich der richterlichen Tätigkeit unterfallen. Der Kernbereich richterlicher Tätigkeit ist selbst Maßnahmen der Dienstaufsicht und der Disziplinargewalt entzogen (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 9. Aufl. 2018, § 1 Rn. 53 ff. m.w.N.; zum Begriff des Kernbereichs richterlicher Tätigkeit: BVerfG, Beschl. v. 4.2.2016, 2 BvR 2223/15, NVwZ 2016, 764, juris Rn. 77; BGH, Urt. v. 22.2.2006, RiZ (R) 3/05, NJW 2006, 1674, juris Rn. 20 m.w.N.). Ob die Entscheidung des Präsidiums, dem Antragsteller keine insolvenzrechtliche Abteilung mehr zuzuweisen, schon aus diesem Grund rechtswidrig ist, wie er unter ausführlicher Erläuterung seiner beanstandeten Maßnahmen und Verfahrensweisen und ihres jeweiligen tatsächlichen und rechtlichen Kontextes geltend macht, kann in diesem Verfahren allerdings dahinstehen.

31

Denn die richterliche Unabhängigkeit eines Richters kann auch dann verletzt sein, wenn sich - wie im Folgenden noch darzulegen sein wird - eine Maßnahme als eine dem Disziplinarrecht vorbehaltene Reaktion auf ein dienstliches Fehlverhalten darstellt. Dem Präsidium obliegt - wie gesehen -, für die ordnungsgemäße Erledigung der anfallenden Rechtsprechungsaufgaben zu sorgen. Es ist dagegen kein Organ der Dienstaufsicht. Erst Recht hat es keine Disziplinargewalt. Dementsprechend ist in der bundesverfassungsrechtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass der Schutz der persönlichen Unabhängigkeit nach Art. 97 Abs. 2 Satz 1 GG auch bedeutet, dass ein Richter aus seinem richterlichen Amt gegen seinen Willen nur kraft richterlicher Entscheidung entfernt werden kann, die in einem im Gesetz vorgeschriebenen Verfahren ergangen ist und auf Gründen beruht, die das Gesetz bestimmt. Neben den in Art. 97 Abs. 2 Satz 1 GG genannten förmlichen Maßnahmen ist er daher auch vor jeder Maßnahme geschützt, die materiell einer Entlassung, einer dauernden oder zeitweisen Amtsenthebung oder einer Versetzung in den Ruhestand gleichkommt, durch die also praktisch dasselbe wie durch eine der genannten förmlichen Maßnahmen erreicht wird. Es ist einem Präsidium daher verwehrt, einen planmäßig bei einem Gericht ernannten Richter als für die Rechtsprechung dieses Gerichts untragbar, völlig ungeeignet oder unzumutbar zu qualifizieren und aus diesem Grund von der Rechtsprechung fernzuhalten (BVerfG, Beschl. v. 28.11.2007, 2 BvR 1431/07, NJW 2008, 909, juris Rn. 17; Beschl. v. 25.2.1964, 2 BvR 411/61, BVerfGE 17, 252, juris Rn. 14 f.; so auch VGH München, Beschl. v. 26.1.2016, 6 CE 15.2800, BayVBl. 2016, 813, juris Rn. 27).

32

Derartige Wirkungen hat der streitgegenständliche Präsidiumsbeschluss zwar nicht, weil das Präsidium das zivilrechtliche Pensum des Antragstellers zugleich von 30 % auf 100 % erhöht hat. Die Schutzwirkungen des nicht auf die Maßnahmen des Art. 97 Abs. 2 Satz 1 GG beschränkten Disziplinarrechts gehen aber darüber hinaus. Das Disziplinarrecht dient neben der Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes, dem Schutz der Integrität des Berufsbeamten- und Richtertums (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.2.2014, 2 C 1.13, BVerwGE 149, 117, juris Rn. 16 f. m.w.N.). Die disziplinarische Maßnahme soll (u.a.) den Beamten oder den Richter zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten anhalten (sog. Ordnungsfunktion des Disziplinarrechts, vgl. Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl. 2009, Vor § 63 Rn. 3). Zu diesem Zweck regelt das Disziplinarrecht, wann ein Dienstvergehen begangen wurde, wie es aufgeklärt werden muss und welche disziplinäre Reaktion darauf zu erfolgen hat (so zum Beamtendisziplinarrecht Köhler in: Hummel u.a., BDG, 6. Aufl. 2016, S. 68).

33

Das Disziplinarrecht ist in seiner verfahrensrechtlichen Ausgestaltung zugleich auch ein Schutzrecht der Beamten (Köhler in: Hummel u.a., BDG, 6. Aufl. 2016, S. 70 m.w.N.; Herrmann/Sandkuhl, Beamtendisziplinarrecht, 2014, Rn. 173 ff.; Claussen/Benneke/Schwandt, Das Disziplinarverfahren, 6. Aufl. 2010, Rn. 16). Das gilt in besonderer Weise auch für Richter. Disziplinargewalt und richterliche Unabhängigkeit stehen erkennbar in einem Spannungsverhältnis. Die vom Gesetzgeber im Disziplinarrecht formulierten Einschränkungen dienen daher auch dem Schutz der richterlichen Unabhängigkeit. Das gilt insbesondere für die Anforderungen an die Aufklärung des Sachverhalts, die u.a. einer fairen und zügigen Klärung der Vorwürfe im Interesse der Betroffenen dienen (Weiß/Koch in: GKÖD, Band II Teil 2, Stand: Stand: 2/18, J 033 Rn. 18). Der Katalog zulässiger Maßnahmen schränkt die Befugnisse des Dienstvorgesetzten zudem auf bestimmte Mittel ein. Für das Disziplinarverfahren gegen Richter sehen die bundes- und landesrechtlichen Vorschriften lediglich eine sinngemäße Anwendung der für Beamte geltenden Vorschriften und ausdrückliche Abweichungen hiervon vor, die dem besonderen Status der Richter ergänzend Rechnung tragen sollen (vgl. u.a. §§ 63 Abs. 1 und 2, 64 DRiG, § 85 HmbRiG; dazu auch Silberkuhl in: GKÖD, Band I Teil 4, Stand: 4/18, DRiG, § 63 Rn. 2).

34

Der Schutzgedanke des Disziplinarrechts darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass über die genannten Maßnahmen - in den dafür vorgesehenen Verfahren - hinaus Personalentscheidungen gegenüber einem Beamten oder Richter mit dem Ziel einer Disziplinierung ergriffen werden (so zum Begriff der „verdeckten Disziplinarmaßnahme“ im Beamtendienstrecht: Köhler in: Hummel u.a., BDG, 6. Aufl. 2016, S. 104 f.). Das ist auch dann anzunehmen, wenn eine die Person eines Beamten oder Richters betreffende Maßnahme unter alleinigem Rückgriff auf den Vorwurf einer Dienstpflichtverletzung begründet wird (Herrmann/Sandkuhl, Beamtendisziplinarrecht, 2014, Rn. 176).

35

Nichts anders gilt für Entscheidungen des Präsidiums eines Gerichts. Maßnahmen im Zusammenhang mit der Aufstellung der Jahresgeschäftsverteilung verletzen die richterliche Unabhängigkeit, wenn sie in diesem Sinne als dem Disziplinarrecht vorbehaltene Reaktion auf ein vom Präsidium missbilligtes Verhalten zu werten sind (zur „verdeckten Disziplinarmaßnahme“ als Grenze des einem Präsidium eingeräumten Ermessens: BVerfG, Beschl. v. 25.8.2016, 2 BvR 877/16, NVwZ 2017, 51, juris Rn. 24; VGH Mannheim, Beschl. v. 17.1.2011, 4 S 1/11, NJW-RR 2011, 861, juris Rn. 7; VGH München, Beschl. v. 8.3.2010, 3 CE 10.171, juris Rn. 36; Kissel/Mayer, GVG, 9. Aufl. 2018, § 21e Rn. 82; Lückemann in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 21e GVG Rn. 6).

36

Das bedeutet nicht, dass ein Präsidium die Fähigkeiten und Kenntnisse einzelner Richter nicht auch wertend in den Blick nehmen kann. Entsprechende Feststellungen können zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgabe, für die ordnungsgemäße Erledigung der anfallenden Rechtsprechungsaufgaben durch den Einsatz der dem Gericht zugeteilten Richter zu sorgen, erforderlich sein. So ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt, dass das Präsidium bei der Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans neben anderen sachgerechten Gesichtspunkten u.a. die größere oder geringere Leistungsfähigkeit des Richters berücksichtigen kann, die auf seine gesundheitlichen Verhältnisse, seine spezifische Sachkunde, sein größeres oder geringeres Geschick bei der Bearbeitung einer Sache, seine größere oder geringere Erfahrung, seine größere oder geringere Beherrschung des Rechtsstoffs zurückzuführen ist (BVerfG, Beschl. v. 25.2.1964, 2 BvR 411/61, BVerfGE 17, 252, juris Rn. 15; so auch VGH München, Beschl. v. 8.3.2010, 3 CE 10.171, juris Rn. 26; Kissel/Mayer, GVG, 9. Aufl. 2018, § 21e Rn. 85).

37

Auch die Berücksichtigung des Umstandes, dass das Verhalten eines Richters Gegenstand eines Disziplinarverfahrens ist oder ein solches Verfahren jedenfalls in Aussicht steht, ist dem Präsidium nicht grundsätzlich verwehrt. Es begegnet keinen Bedenken, wenn ein Präsidium mit seiner Maßnahme etwa aus fürsorgerischen Gründen den Unzuträglichkeiten begegnen will, die sich nach der Lebenserfahrung bei der Zusammenarbeit eines Spruchkörpers ergeben, wenn gegen einen Kollegen disziplinarische Vorermittlungen eingeleitet worden sind, in deren Rahmen die anderen voraussichtlich als „Belastungszeugen“ auftreten werden (OVG Hamburg, Beschl. v. 19.9.1986, Bs V 144/86, NJW 1987, 1215, 2017). Das Präsidium ist im Grundsatz auch befugt, disziplinarische Ermittlungen gegen einen Richter in dem Sinne zu berücksichtigen, den betroffenen Richter mit dem Ziel einer möglichst optimalen Erledigung der bei Gericht anfallenden Rechtsprechungsaufgaben durch Zuweisung eines anderen Rechtsgebiets „aus der Schusslinie“ zu nehmen.

38

Die Grenze zu einer „verdeckten Disziplinarmaßnahme“ wird allerdings überschritten, wenn sich das Präsidium in seiner Bewertung der Amtsführung eines Richters oder im Hinblick auf die möglichen Auswirkungen eines Disziplinarverfahrens nicht auf das für die Ressourcensteuerung notwendige Maß beschränkt. Das Präsidium darf im Vorgriff auf das mögliche Ergebnis disziplinarischer Ermittlungen eine Verletzung von Dienstpflichten nicht als solche feststellen und eine bestimmte Entscheidung - wie die Besetzung der Spruchkörper - allein unter Rückgriff auf eine solche Feststellung treffen. Dabei kommt es nicht maßgeblich darauf an, ob das Präsidium sich der Begrifflichkeiten des Disziplinarrechts bedient, sondern ob es dem Richter ein disziplinarisch (möglicherweise) relevantes Fehlverhalten zum Vorwurf macht und daran eine bestimmte Maßnahme anknüpft.

39

bb) Gemessen daran verletzt die Entscheidung des Präsidiums, dem Antragsteller keine insolvenzrechtliche Abteilung mehr zuzuweisen, ihn in seiner richterlichen Unabhängigkeit. Das Präsidium stützt seine Entscheidung ganz maßgeblich auf ein Fehlverhalten des Antragstellers in Bezug auf die Erfüllung richterlicher Pflichten, zu dem das Präsidium abschließende und in der Sache deutlich abwertende Feststellungen trifft.

40

In einem Gespräch am 25. November 2017 teilte der Präsident des Amtsgerichts dem Antragsteller im Hinblick auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe mit, dass es „aus Sicht des Präsidiums“ im Falle des Antragstellers nicht um eine zur Vermittlung geeignete Problematik als vielmehr um einen missbräuchlichen Umgang mit (richterlicher) Macht gehe und das Präsidium ihm daher Gelegenheit geben werde, sich persönlich im Gremium zu äußern (Bl. 71 d. Beiakte). Das Präsidium hat die in den Schreiben mehrerer Insolvenzverwalter aufgeworfenen Fragen zu dem Verhalten des Antragstellers gegenüber den Verfahrensbeteiligten für sich - nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen und Anhörung des Antragstellers - abschließend und zu Lasten des Antragstellers beantwortet. Es hält dem Antragsteller ausweislich des Protokolls der Sitzung vom 11. Dezember 2017 (Bl. 147 d. Beiakte) ausdrücklich den „vergeblichen Versuch einer Beeinflussung und die anschließende ‚Abstrafung‘“ eines Insolvenzverwalters durch die Entlassung aus zwei laufenden Verfahren sowie „kaltes Delisting“ vor. Es erkennt aufgrund weiterer „im Zuge dieses Verfahrens“ bekannt gewordener Fälle erkennbare Muster, sachlich geäußerte abweichende Meinungen zu rechtlichen Fragestellungen durch „Abstrafung“ in der Bestellungspraxis zu sanktionieren, was ein „Defizit eines verantwortungsvollen Umgangs mit richterlicher Macht“ in der Person des Antragstellers offenbare. In der Tagesvorlage für die Sitzung zum 12. Dezember 2017 (Bl. 152 d. Beiakte) wird zum Hintergrund der in Aussicht genommenen Entscheidung, dem Antragsteller keine insolvenzrechtliche Abteilung mehr zuzuweisen, ausgeführt, dass namentlich in dem von Rechtsanwalt Dr. (1) geschilderten Sachverhalt, von dessen Glaubhaftigkeit das Präsidium überzeugt sei, zum Ausdruck komme, dass der Antragsteller „die Grenzen einer neutralen Amtsführung eklatant überschritten“ habe. Die Darstellungen weiterer Rechtsanwälte gäben darüber hinaus auch unter Berücksichtigung der umfangreichen Stellungnahmen des Antragstellers deutliche Hinweise auf vergleichbare Sachverhalte in der Vergangenheit. Und auf diesen zur Überzeugung des Präsidiums feststehenden Sachverhalt und seiner rechtlichen Bewertung als Grenzüberschreitung stützt das Präsidium sodann ausdrücklich („daher“) seine Entscheidung, dem Antragsteller keine insolvenzrechtliche Abteilung mehr zuzuweisen.

41

Soweit diese Ausführungen an die Prämisse anknüpfen, an die insolvenzrichterliche Tätigkeit seien erhöhte Anforderungen an die persönliche Integrität und Neutralität zu stellen, um jeden Anschein sachwidrigen oder gar willkürlichen Umgangs mit dieser Verantwortung zu vermeiden, ist dieser Begründungsansatz rechtlich schon nicht belastbar. Die insoweit angesprochene Neutralitätsverpflichtung ist keinen Abstufungen zugänglich. Neutralität ist für die richterliche Tätigkeit elementar und eine entsprechende Verpflichtung gilt umfassend und ausnahmslos für jeden Richter. Das Grundgesetz sieht den Richter als Amtswalter, der, nur der Sache verpflichtet, unter gerechter Abwägung aller Rechte und Belange der Betroffenen und auch der Allgemeinheit verbindlich zu entscheiden hat, eine Aufgabe, die in seiner Person Unabhängigkeit, Neutralität und Distanz voraussetzt. Erst diese Eigenschaften - insbesondere die Fähigkeit, die Berechtigung auch anderer Standpunkte anzuerkennen - setzen den Richter danach in die Lage, sein Fachwissen frei von sachfremden Einflüssen in den Entscheidungsgang einzubringen und die Gleichstellung der Parteien vor Gericht durch eine objektive, faire Verhandlungsführung, durch unvoreingenommene Bereitschaft zur Verwertung und Bewertung des gegenseitigen Vorbringens, durch unparteiische Rechtsanwendung und durch korrekte Erfüllung seiner sonstigen prozessualen Obliegenheiten gegenüber den Prozessbeteiligten zu wahren (BVerfG, Beschl. v. 6.6.1988, 2 BvR 111/88, DVBl. 1988, 782, juris Rn. 5 m.w.N.).

42

Auch unabhängig davon gehen die Erwägungen des Präsidiums über das für die Ressourcensteuerung Gebotene deutlich hinaus. Das Präsidium hat nicht maßgeblich darauf abgestellt, welche Folgen der möglicherweise hervorgerufene „Anschein“, der Antragsteller pflege einen sachwidrigen oder gar willkürlichen Umgang mit insolvenzrechtlichen Verfahren, für die Erledigung der anfallenden Rechtsprechungsaufgaben haben kann. Es hat sich - auf der Grundlage der fehlerhaften Prämisse - auch nicht auf eine differenzierte Bewertung dahingehend beschränkt, ob der Antragsteller allein den „erhöhten Anforderungen von persönlicher Integrität und Neutralität“ nicht genügt. Es ist in seinen tatsächlichen Annahmen vielmehr abschließend den - vom Antragsteller bestrittenen - Darstellungen der Insolvenzverwalter gefolgt, die sich auf eigene Initiative oder auf Bitten des Präsidenten, an das Präsidium gewandt hatten. Es hat das Verhalten des Antragstellers als „eklatante“ Grenzüberschreitung missbilligt, die einem bestimmten Muster entspricht. Damit beschreibt es erkennbar ein - aus Sicht des Präsidiums ausreichend ermitteltes - Fehlverhalten von disziplinarischem Gewicht. Es wertet zugleich die Amtsführung des Antragstellers im Hinblick auf den Umgang mit Verfahrensbeteiligten deutlich und geradezu apodiktisch ab. Entsprechende Feststellungen und Vorhalte sind aber nicht Aufgabe des Präsidiums, sondern in den dafür vorgesehenen Verfahren des Disziplinarrechts zu klären.

43

Da das Präsidium die Nichtzuweisung einer insolvenzrechtlichen Abteilung maßgeblich mit dem (angenommenen) Fehlverhalten des Antragstellers begründet hat, führt diese die richterliche Unabhängigkeit verletzende Begründung zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme selbst.

44

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und trägt dem Umstand Rechnung, dass der Antragsteller lediglich mit seinem Antrag zu 2) Erfolg hat. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2 und 3, 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG, wobei das Beschwerdegericht - wie im Ergebnis das Verwaltungsgericht - davon ausgeht, dass die unterschiedlichen Anträge einen einheitlichen Streitgegenstand betreffen und eine Reduzierung des Streitwertes im vorliegenden Eilverfahren nicht in Betracht kommt, da der Antragsteller eine Vorwegnahme der Hauptsache begehrt.

Urteilsbesprechung zu Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 25. Juni 2018 - 3 Bs 73/18

Urteilsbesprechungen zu Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 25. Juni 2018 - 3 Bs 73/18

Referenzen - Gesetze

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

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(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 25. Juni 2018 - 3 Bs 73/18 zitiert 14 §§.

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

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(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

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(1) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen. (2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Ge

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(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, wel

Deutsches Richtergesetz - DRiG | § 63 Disziplinarverfahren


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(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, welche richterlichen Aufgaben er wahrnimmt. Jeder Richter kann mehreren Spruchkörpern angehören.

(2) Vor der Geschäftsverteilung ist den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(3) Die Anordnungen nach Absatz 1 dürfen im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Vor der Änderung ist den Vorsitzenden Richtern, deren Spruchkörper von der Änderung der Geschäftsverteilung berührt wird, Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(4) Das Präsidium kann anordnen, daß ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

(5) Soll ein Richter einem anderen Spruchkörper zugeteilt oder soll sein Zuständigkeitsbereich geändert werden, so ist ihm, außer in Eilfällen, vorher Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(6) Soll ein Richter für Aufgaben der Justizverwaltung ganz oder teilweise freigestellt werden, so ist das Präsidium vorher zu hören.

(7) Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehrheit. § 21i Abs. 2 gilt entsprechend.

(8) Das Präsidium kann beschließen, dass Richter des Gerichts bei den Beratungen und Abstimmungen des Präsidiums für die gesamte Dauer oder zeitweise zugegen sein können. § 171b gilt entsprechend.

(9) Der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts ist in der von dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter bestimmten Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufzulegen; einer Veröffentlichung bedarf es nicht.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tenor

I.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 18. Dezember 2015 - M 5 E 15.5395 - wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin steht als Richterin am Bundesfinanzhof im Dienst der Antragsgegnerin. Sie wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes dagegen, dass sie durch das Präsidium des Gerichts für das Geschäftsjahr 2016 einem anderen Senat zugeteilt worden ist.

Das Präsidium des Bundesfinanzhofs hat am 24. November 2015 beschlossen, dass die Antragstellerin ihren bisherigen Senat wegen offensichtlicher Zerrüttung des Verhältnisses zu den anderen Senatsmitgliedern zum 1. Januar 2016 verlassen und einem anderen Senat zugewiesen wird. Gleichzeitig hat es die Anträge der Antragstellerin, den Vorsitzenden oder den Beisitzer M. ihres bisherigen Senats einem anderen Senat zuzuweisen, abgelehnt.

Am 1. Dezember 2015 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses des Präsidiums vom 24. November 2015 (M 5 K 15.5394) erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

Gleichzeitig hat sie beim Verwaltungsgericht beantragt,

1. bis zur Entscheidung in der Hauptsache einstweilen anzuordnen, dass dem Präsidiumsbeschluss vom 24. November 2015 auf Umsetzung der Antragstellerin vorläufig bis zur Entscheidung über die in dieser Sache eingereichte Feststellungsklage nicht nachzukommen ist,

2. den Präsidenten des Bundesfinanzhofs als Vorsitzenden des Präsidiums umgehend aufzufordern, bis zur Entscheidung über den Antrag zu 1. den Präsidiumsbeschluss vom 24. November 2015 nicht in Vollzug zu setzen und die Antragstellerin von jeder Umsetzung im Geschäftsverteilungsplan des Bundesfinanzhofs für das Jahr 2016 auszunehmen;

hilfsweise: gerichtlich vorläufig festzustellen, dass die Antragstellerin nicht verpflichtet ist, ihrer Umsetzung bis zur Entscheidung über den Antrag zu 1. nachzukommen.

Das Verwaltungsgericht hat diese Anträge mit Beschluss vom 18. Dezember 2015 als unbegründet oder unzulässig erachtet und abgelehnt.

Die Antragstellerin hat hiergegen Beschwerde eingelegt, mit der sie beantragt,

1. den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2015 aufzuheben und bis zur Entscheidung in der beim Verwaltungsgericht anhängigen Hauptsache einstweilen anzuordnen, dass dem Präsidiumsbeschluss vom 24. November 2015 vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsklage nicht nachzukommen ist,

2. für den Zeitraum bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Antrag zu 1. im Anordnungsverfahren vorläufig festzustellen, dass die Antragstellerin nicht verpflichtet ist, ihrer Umsetzung nachzukommen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin bleibt ohne Erfolg.

Die Gründe, die mit der Beschwerde fristgerecht dargelegt worden sind und auf deren Prüfung das Gericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 i. V. m. Satz 1 und 3 VwGO), rechtfertigen es nicht, dem mit dem Rechtsmittel weiterverfolgten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu entsprechen.

Die Rügen, das Verwaltungsgericht habe seiner Entscheidung einen unvollständigen und teilweise unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt und ein „rechtswidriges unfaires Verfahren“ durchgeführt, gehen von vornherein fehl. Denn das Gesetz sieht für das Rechtsmittel der Beschwerde anders als die Vorschriften über Berufung und Revision kein vorgeschaltetes, etwa von der erfolgreichen Rüge eines Verfahrensfehlers abhängiges Zulassungsverfahren (mehr) vor. Der Verwaltungsgerichtshof prüft vielmehr als Beschwerdegericht - innerhalb des durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO gezogenen Rahmens - den Rechtsfall im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2011 - 6 CS 11.1338 - juris Rn. 10; B.v. 5.6.2009 - 11 CS 09.873 - juris Rn. 17 f.; OVG NW, B.v. 12.6.2014 - 1 B 271/14 - juris Rn. 22 ff. m. w. N.).

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

a) Der Antrag ist zulässig. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht seine Statthaftigkeit bejaht, weil der Geschäftsverteilungsplan eines Gerichts bezogen auf den einzelnen Richter keinen Verwaltungsakt darstellt, sondern einen gerichtsinternen Organisationsakt, gegen den in der Hauptsache eine Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO erhoben werden kann (BayVGH, B.v. 8.3.2010 - 3 CE 10.171 - juris Rn. 19; VGH BW, B. v. 17.1.2011 - 4 S 1.11 - juris Rn. 2).

Zutreffend ist das Verwaltungsgericht ferner nach dem in § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zum Ausdruck kommenden Amtsträgerprinzip davon ausgegangen, dass richtige Antragsgegnerin die Bundesrepublik Deutschland und nicht das Präsidium des Gerichts ist (BayVGH, B.v. 8.3.2010 - 3 CE 10.171 - juris Rn. 20; VGH BW, B.v. 17.1.2011 - 4 S 1.11 - juris Rn. 2).

b) Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Die Entscheidung des Präsidiums des Bundesfinanzhofs, die Antragstellerin mit Wirkung zum 1. Januar 2016 einem anderen Senat zuzuweisen, ist rechtmäßig.

aa) Die von der Antragstellerin vorgebrachten formellen Einwände greifen nicht durch.

(1) Das Präsidium hat der Antragstellerin entsprechend § 21e Abs. 5 GVG vor seiner am 24. November 2015 getroffenen Entscheidung ausreichend Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Es hat zwar in der Sitzung vom 10. November 2015 den Vertagungsantrag der Antragstellerin abgelehnt, ihr aber die Möglichkeit eingeräumt, den Präsidiumsmitgliedern bis zur nächsten Sitzung am 24. November 2015 weitere Unterlagen zu übermitteln. Die Antragstellerin hat sich u. a. mit Schreiben vom 19. November 2015 geäußert und wurde mit Schreiben des Gerichtspräsidenten vom 20. November 2015 gebeten, dem Präsidium am 24. November 2015 für ein Gespräch zur Verfügung zu stehen. Das Präsidium hat sich mit den Einwänden der Antragstellerin gegen ihre Umsetzung u. a. in den Sitzungen vom 10. und 24. November 2015 befasst. Wenn diese sich trotz der ausdrücklichen Teilnahmebitte dafür entscheidet, an der Präsidiumssitzung vom 24. November 2015 nicht teilzunehmen, hat sie selbst eine wesentliche Gelegenheit ausgelassen, sich persönlich - neben dem bereits umfangreich schriftlich Vorgebrachten - zu den ihr weiter wichtig erscheinenden Gesichtspunkten Gehör zu verschaffen. Sie kann dann im späteren gerichtlichen Verfahren eine Verletzung des Anhörungsrechts oder ein „unfaires Verfahren“ nicht mehr mit Erfolg rügen (vgl. BayVGH, B.v. 16.6.2011 - 6 ZB 11.248 - juris Rn. 12).

(2) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, mit Umsetzung des Präsidiumsbeschlusses würden die Rechte von (anderen) Verfahrensbeteiligten auf die Wahrung rechtlichen Gehörs und auf ihren gesetzlichen Richter verletzt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG sichert, wie sich schon aus dem Wortlaut dieser Verfassungsnorm ergibt, nur die Anhörung des Rechtsträgers selbst und die Berücksichtigung seines eigenen Vorbringens; er vermittelt dagegen keinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Anhörung Dritter oder darauf, eine angebliche Gehörsverletzung eines anderen Prozessbeteiligten rügen zu können (BVerwG, B.v. 23.6.2011 - 9 B 94.10 - juris Rn. 3). Das gleiche gilt hinsichtlich der Rüge, durch eine Umsetzung der Antragstellerin werde der gesetzliche Richter (anderer Verfahrensbeteiligter) gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht gewahrt.

(3) Fehl geht schließlich die Rüge, der Geschäftsverteilungsplan 2016 sei rechtswidrig zustande gekommen, weil den nicht dem Präsidium angehörenden Richtern des Bundesfinanzhofs vor der Beschlussfassung über den Geschäftsverteilungsplan 2016 kein Entwurf zugeleitet worden sei, weshalb keine Gelegenheit zur Äußerung bestanden habe. Das gilt unabhängig davon, ob der Vorwurf zutrifft oder nicht. Nach § 21e Abs. 2 GVG ist zwar vor der Geschäftsverteilung den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Eine Verletzung dieser Pflicht hat indessen keine rechtlichen Folgen (Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl. 2015, § 21e Rn. 44).

bb) Die Zuteilung der Antragstellerin an einen anderen Senat begegnet auch materiellrechtlich keinen Bedenken. Sie ist weder willkürlich noch verletzt sie die richterliche Unabhängigkeit.

(1) Nach § 21e Abs. 1 Satz 1 und 2 GVG bestimmt das Präsidium (u. a.) die Besetzung der Spruchkörper und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Das Präsidium hat für die ordnungsgemäße Erledigung der anfallenden Rechtsprechungsaufgaben durch Einsatz der dem Gericht zugeteilten Richter zu sorgen. Dabei gibt es kein Recht eines Richters auf die Erledigung bestimmter Rechtsangelegenheiten. Ein Richter muss grundsätzlich für jede Tätigkeit im Rahmen der gerichtlichen Zuständigkeit einsetzbar und einsatzbereit sein (BayVGH, B.v. 8.3.2010 - 3 CE 10.171 - juris Rn. 26; VGH BW, B.v. 17.1.2011 - 4 S 1.11 - juris Rn. 5). Da die Verteilung der richterlichen Geschäfte eine organisatorische Maßnahme darstellt, die einer beamtenrechtlichen Umsetzung entspricht oder vergleichbar ist, ist das dem Präsidium eingeräumte Ermessen innerhalb der gesetzlichen Grenzen grundsätzlich weit (VGH BW, B.v. 17.1.2011 - 4 S 1.11 - juris Rn. 5). Für eine Veränderung des bisherigen Aufgabengebiets eines Richters kann es mannigfache sachliche Gründe geben. Dementsprechend kann auch bei persönlichen Spannungen eine Änderung der Geschäftsverteilung zweckmäßig sein (BayVGH, B.v. 8.3.2010 - 3 CE 10.171 - juris Rn. 26). Als mögliche Verletzungen der persönlichen Rechtsstellung des Richters, die den Ermessensspielraum des Präsidiums begrenzen, kommen insbesondere Verstöße gegen die richterliche Unabhängigkeit (Art. 97 GG) und gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) in Betracht (VGH BW, B.v. 17.1.2011 - 4 S 1.11 - juris Rn. 5).

Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass eine Störung der reibungslosen Zusammenarbeit innerhalb des öffentlichen Dienstes durch innere Spannungen und durch Trübung des Vertrauensverhältnisses regelmäßig als Beeinträchtigung des täglichen Dienstbetriebs zu werten ist, für deren Abstellung das Präsidium eines Gerichts im richterlichen Bereich zu sorgen hat. Wenn dafür nach Lage des Falles die Umsetzung eines der Streitbeteiligten geboten erscheint, ist ein dienstliches Bedürfnis für die Umsetzung grundsätzlich bereits aufgrund der objektiven Beteiligung an dem Spannungsverhältnis zu bejahen, also unabhängig von der Verschuldensfrage (BVerwG, B.v. 26.11.2004 - 2 B 72.04 - juris; BayVGH, B.v. 24.3.2015 - 3 ZB 14.591 - juris Rn. 9; B.v. 21.8.2012 - 6 ZB 11.3015 - juris Rn. 6).

Die persönliche Unabhängigkeit eines Richters nach Art. 97 Abs. 2 GG unterfällt als hergebrachter Grundsatz des richterlichen Amtsrechts dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG. Von diesem Schutz erfasst wird neben den in Art. 97 Abs. 2 Satz 1 GG ausdrücklich genannten Handlungen jede Maßnahme, die materiell einer Entlassung, einer dauernden oder zeitweisen Amtsenthebung oder einer Versetzung in den Ruhestand gleichkommt, durch welche also faktisch dasselbe wie durch eine der in Art. 97 Abs. 2 Satz 1 GG genannten förmlichen Maßnahmen erreicht wird. Zwar hat ein Richter keinen Anspruch auf die Entscheidung eines nach der Geschäftsverteilung zu seiner Zuständigkeit gehörenden Rechtsstreits. Jedoch ist es dem Präsidium verwehrt, einen planmäßig bei einem Gericht ernannten Richter als für die Rechtsprechung dieses Gerichts untragbar, völlig ungeeignet oder unzumutbar zu qualifizieren und aus diesem Grund von der Rechtsprechung fernzuhalten. Hingegen können die Festlegungen im Rahmen der Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans, wenn keine besonderen Umstände hinzukommen, keine Eingriffe in die richterliche Unabhängigkeit begründen (BVerfG, B.v. 28.11.2007 - 2 BvR 1431/07 - juris Rn. 17).

(2) Gemessen an diesem Maßstab greifen die Einwände, die die Antragstellerin gegen ihre Umsetzung in einen anderen Senat zum Geschäftsjahr 2016 vorbringt, nicht durch.

Anlass für die streitige Anordnung war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, ein - erhebliches - Spannungsverhältnis zwischen der Antragstellerin und den anderen Mitgliedern ihres bisherigen Senats. Dieses Spannungsverhältnis tritt allein schon durch die Aktenvorgänge deutlich in Erscheinung. Erkennbar wird es insbesondere durch den - auch im Namen der drei anderen Senatsmitglieder gestellten - Antrag des Senatsvorsitzenden vom 7. Oktober 2015 an den Präsidenten des Bundesfinanzhofs als Vorsitzenden des Präsidiums, die Antragstellerin einem anderen Senat zuzuweisen. Die Antragstellerin wiederum hat mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 mit Nachtrag vom 11. Oktober 2015 den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz gebeten, im Wege der „Dienstaufsicht“ tätig zu werden und gegebenenfalls disziplinarrechtliche Maßnahmen gegen Mitglieder ihres bisherigen Senats zu ergreifen, sowie ihrerseits mit Schreiben vom 15. Oktober 2015 beantragt, den Senatsvorsitzenden oder den Kollegen M. einem anderen Senat des Bundesfinanzhofs zuzuweisen. Die drei Beisitzer aus dem bisherigen Senat der Antragstellerin haben mit Schreiben vom 3. und 4. November 2015 für den Fall, dass das Präsidium dem Antrag auf Umsetzung der Antragstellerin in einen anderen Senat nicht entspreche, hilfsweise ihre eigene Zuweisung zu einem anderen Senat beantragt, weil ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit der Antragstellerin im Senat nicht mehr möglich sei. Dass diese Schreiben der Antragstellerin nach ihrem Beschwerdevorbringen erst im Rahmen des „Tatbestandsberichtigungverfahrens“ vor dem Verwaltungsgericht bekannt gegeben worden sind, ist rechtlich unerheblich. Sie sind Teil der bereits dem Verwaltungsgericht vorgelegten Verfahrensakten der Antragsgegnerin, in die die Antragstellerseite jederzeit hätte Akteneinsicht nehmen können. Im Übrigen ist die Antragstellerin durch den Auszug aus dem Protokoll der Präsidiumssitzung vom 10. November 2015 davon informiert worden, dass „von den Mitgliedern“ des bisherigen Senats Anträge gestellt worden waren. Auch insoweit hätte sie sich daher selbst ausreichende Kenntnis verschaffen können (vgl. oben II. 1. b) (1)).

Aus alldem sowie dem umfangreichen Schriftwechsel musste sich dem Präsidium aufdrängen, dass aufgrund schwerwiegender Zerwürfnisse zwischen der Antragstellerin einerseits und den übrigen Senatsmitgliedern andererseits eine sinnvolle und zielgerichtete Zusammenarbeit ernstlich gefährdet war. Dieses objektiv bestehende Spannungsverhältnis rechtfertigt es, die Senatsbesetzung zu ändern und schon zur Vermeidung umfangreicher personeller Wechsel nur die Antragstellerin und nicht die übrigen Senatsmitglieder einem anderen Senat zuzuweisen.

Entgegen der Ansicht der Beschwerde kam es bei der Entscheidung des Präsidiums nicht darauf an, was Auslöser des Konflikts im bisherigen Senat gewesen ist und welche „Schuld“ die daran Beteiligten hatten. So ist es insbesondere unerheblich, ob die Auffassung der Antragstellerin bezüglich der von ihr gerügten senatsinternen Geschäftsverteilung bei bestimmten Verfahren (Vergabe von Aktenzeichen, Zuteilung von Verfahren auf Berichterstatter) richtig war oder nicht. Dies gilt unabhängig davon, dass die Antragstellerin diese Frage als den ausschließlichen „Herd“ der Konfliktsituation darstellt und hierzu u. a. eine „unabhängige Untersuchung“ wünscht. Das gleiche gilt für sämtliche von der Beschwerde dazu im Einzelnen vorgetragene Umstände. Es kommt grundsätzlich allein auf die objektive Beteiligung der Antragstellerin an dem im bisherigen Senat zweifelsfrei bestehenden Spannungsverhältnis an, nicht aber auf ein Verschulden oder „Rechthaben“ (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2004 - 2 B 72.04 - juris; BayVGH, B.v. 24.3.2015 - 3 ZB 14.591 - juris Rn. 9; B.v. 21.8.2012 - 6 ZB 11.3015 - juris Rn. 6). Es ist weder Aufgabe des Präsidiums noch der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die unterschiedlichen Rechtsauffassungen, die die Antragstellerin und die übrigen Senatsmitglieder zu Fragen der senatsinternen Geschäftsverteilung oder gar zu einzelnen Streitverfahren jeweils vertreten haben, zu bewerten und als Richtschnur für Umsetzungen heranzuziehen. Das Präsidium durfte unabhängig davon annehmen, dass das senatsinterne Spannungsverhältnis im Interesse eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes anders als durch eine Trennung der Beteiligten nicht lösbar ist. Nachdem sämtliche Richter des bisherigen Senats eine weitere Zusammenarbeit mit der Antragstellerin abgelehnt hatten, war es entgegen der Ansicht der Beschwerde - ohne weiteres - sachgerecht und verhältnismäßig, die Konfliktsituation durch Umsetzung der Antragstellerin in einen anderen Senat aufzulösen. Dem stehen weder die langjährige Zugehörigkeit der Antragstellerin zum bisherigen Senat entgegen noch der mit dem Senatswechsel verbundene Verlust der Funktion als stellvertretende Vorsitzende noch ein von der Antragstellerin befürchteter Ansehensverlust in der Fachwelt. Bei einer Gesamtschau des Akteninhalts unter Würdigung des umfangreichen Beschwerdevorbringens gibt es zur Überzeugung des Senats keinen greifbaren Anhaltspunkt für die Annahme, das Präsidium hätte bei seiner Entscheidung ausnahmsweise (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.1967 - VI C 58.65 - juris Rn. 37) das Verschulden der Streitbeteiligten berücksichtigen und von einer Umsetzung der Antragstellerin als dem „Opfer“ einer systematischen ungerechtfertigten Behandlung absehen müssen. Auch wenn die Beschwerde aus der subjektiven Sicht der Antragstellerin eine solche Situation behauptet, fehlt es an objektiven und belastbaren Anhaltspunkten.

Die angegriffene Anordnung des Präsidiums verstößt nicht gegen Art. 97 GG. Die Antragstellerin wird durch ihre Umsetzung in einen anderen Senat nicht in ihrer richterlichen Unabhängigkeit verletzt. Sie hat aufgrund der Geschäftsverteilung für das Geschäftsjahr 2016 Rechtsprechungsaufgaben in einem anderen Senat zugewiesen erhalten. Dieser Senat bearbeitet zudem im Wesentlichen dieselben Rechtsgebiete wie der bisherige Senat, so dass insoweit keine Einarbeitung in eine neue Rechtsmaterie erforderlich ist. Aus dem in § 21e Abs. 1 Satz 2 GVG verankerten Jährlichkeitsprinzip der Geschäftsverteilung folgt im Übrigen, dass ein Richter vor einer Änderung der ihm zukommenden Aufgaben nicht generell geschützt ist. In dieser Festlegung zu Beginn des Geschäftsjahres kann daher, ohne dass besondere Umstände hinzukommen, kein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit gesehen werden (BVerfG, B.v. 28.11.2007 - 2 BVR 1431/07 - juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 8.3.2010 - 3 CE 10.171 - juris Rn. 34). Eine Maßnahme des Präsidiums im Rahmen der Geschäftsverteilung unterliegt den Anforderungen an die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens und darf sich nicht als willkürlich darstellen (BVerfG, a. a. O., Rn. 11). Dem genügt die Umsetzung der Antragstellerin. Aus den oben genannten Gründen liegen keine „besonderen Umstände“ vor.

Bei der Zuteilung an einen anderen Senat handelt es sich nicht um eine verdeckte Disziplinarmaßnahme, die gegen das Prinzip richterlicher Unabhängigkeit gemäß Art. 97 GG verstößt. Die richterliche Unabhängigkeit, die Art. 97 Abs. 1 GG gewährleistet, stellt kein persönliches Privileg dar, sondern eine funktionsbezogene Gewährleistung eines Freiraums, dessen der Richter zur sachgerechten Erfüllung der ihm gestellten Rechtsprechungsaufgaben bedarf. Inhaltlich bedeutet die gewährleistete sachliche Unabhängigkeit Weisungsfreiheit. Die Unabhängigkeitsgarantie bietet nur Schutz gegen auf die Rechtsprechung bezogene Maßnahmen. Ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit der Antragstellerin läge dann vor, wenn die Neuverteilung der Geschäfte eine Reaktion des Präsidiums auf die rechtsprechende Tätigkeit der Antragstellerin darstellen würde. Vorliegend geht es jedoch nicht um Kritik an richterlichen Entscheidungen der Antragstellerin, sondern um die objektiv vorliegenden innerdienstlichen Spannungen innerhalb ihres bisherigen Senats (vgl. BayVGH, B.v. 8.3.2010 - 3 CE 10.171 - juris Rn. 36).

2. Mit der Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt sich der weitere Antrag auf eine vorläufige Regelung für die Zeit bis zum Abschluss des Eilverfahrens.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 13. September 2017 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihn vorläufig zur Feststellung der Seediensttauglichkeit zuzulassen.

2

Der Antragsteller ist approbierter Arzt und Facharzt für Allgemeinmedizin. Er ist Inhaber einer Praxis in S., in der auch andere Ärzte im Angestelltenverhältnis arbeiten. Er ist seit Ende des Jahres 2006 zur Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen ermächtigt. Zuletzt im September 2014 erteilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine Zulassung zur Durchführung deutscher Seediensttauglichkeitsuntersuchungen mit einer Gültigkeitsdauer bis zum 31. Dezember 2016.

3

Im Februar 2016 erlangte die Antragsgegnerin Kenntnis darüber, dass eine Seediensttauglichkeitsuntersuchung in der Praxis des Antragstellers offenbar von einer dort angestellten Ärztin durchgeführt worden war. Weitere Ermittlungen der Antragsgegnerin ergaben, dass an dem betreffenden Tag jedenfalls vier Seediensttauglichkeitsuntersuchungen nicht durch den Antragsteller selbst durchgeführt worden waren. Der Antragsteller erklärte in der Folge gegenüber der Antragsgegnerin einerseits, dass in seiner Praxis „niemand“ als nicht zugelassene(r) Arzt/Ärztin Seediensttauglichkeitsuntersuchungen durchgeführt habe, es andererseits aber „nicht bestritten (wird), dass Frau S. Untersuchungen durchgeführt hat“. Er – der Antragsteller – könne kein ärztliches Fehlverhalten darin erkennen, dass er „Frau Dr. S. anweise, seeärztliche verkehrsmedizinische Anamnesen und körperliche Untersuchungen vorzunehmen und mir eine Entscheidung vorzuschlagen“.

4

In der weiteren Folge nahm die Antragsgegnerin weitere Ermittlungen vor, forderte verschiedene Unterlagen an und nahm Kontakt zu Patienten des Antragstellers auf. Dieser brachte gegenüber der Antragsgegnerin in mehreren Schreiben zum Ausdruck, dass er deren Vorgehen für rechtswidrig und unangemessen halte. Der Antragsteller richtete zudem Schreiben an verschiedene Stellen – etwa an den Verband ... –, in denen er über seinen Konflikt mit der Antragsgegnerin berichtete und in denen u.a. davon die Rede war, dass versucht werde, ihn – den Antragsteller – „loszuwerden“. Außerdem erhob er Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Bedienstete der Antragsgegnerin. Diese erstatte Strafanzeige gegen den Antragsteller wegen einer Straftat nach § 278 StGB. Der Antragsteller wiederum erstattete Strafanzeige gegen Bedienstete der Antragsgegnerin.

5

Mit Bescheid vom 5. April 2016 widerrief die Antragsgegnerin die dem Antragsteller im September 2014 erteilte Zulassung zur Durchführung deutscher Seediensttauglichkeitsuntersuchungen und ordnete die sofortige Vollziehung an: Der Widerruf erfolge auf der Grundlage von § 16 Abs. 3 Satz 2 SeeArbG. Der Antragsteller verfüge nicht mehr über die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 16 Abs. 1 Nr. 2 SeeArbG und § 9 Abs. 3 MariMedV. Der Antragsteller habe wiederholt gegen Vorschriften des Seearbeitsgesetzes und der Maritime-Medizin-Verordnung verstoßen, indem er Seediensttauglichkeitsuntersuchungen nicht (vollständig) selbst durchgeführt habe. Gegen den Bescheid vom 5. April 2016 erhob der Antragsteller Widerspruch und später (Untätigkeits-) Klage, die bei dem Verwaltungsgericht anhängig ist (5 K 8379/16).

6

Einen gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vom 5. April 2016 gerichteten Eilantrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 17. November 2016 ab (5 E 2875/16): Der Widerruf sei voraussichtlich rechtmäßig erfolgt. Dem Antragsteller fehle aus den von der Antragsgegnerin angeführten Gründen die erforderliche Zuverlässigkeit. Es sei davon auszugehen, dass er auch in Zukunft angestellte Ärzte mit der Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen betrauen werde. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht erklärte den Beschluss des Verwaltungsgerichts mit Beschluss vom 9. Februar 2017 für wirkungslos, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit mit Blick auf den Ablauf der Gültigkeit der im September 2014 erteilten Zulassung übereinstimmend für erledigt erklärt hatten (3 Bs 215/16).

7

Bereits unter dem 27. Dezember 2016 – laut Eingangsstempel bei der Antragsgegnerin am 2. Januar 2017 eingegangen – hatte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Verlängerung seiner Zulassung zur Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen beantragt. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 2. Mai 2017 – nachdem das vorliegende Eilverfahren bereits anhängig war – ab. Zur Begründung verwies sie darauf, dass der Antragsteller nicht nachgewiesen habe, alle der in § 9 Abs. 1 MariMedV genannten Zulassungsvoraussetzungen zu erfüllen. Überdies fehle dem Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit. Insoweit hätten weitere Ermittlungen ergeben, dass der Antragsteller in acht weiteren Fällen im Januar und Februar 2016 Seediensttauglichkeitszeugnisse ausgestellt habe, ohne die betroffenen Seeleute zuvor selbst untersucht zu haben. Die gegen den Bescheid vom 2. Mai 2017 erhobene (Untätigkeits-) Klage ist bei dem Verwaltungsgericht anhängig (5 K 3898/17).

8

Auf den Antrag des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 13. September 2017 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, „dem Antragsteller eine auf ein Jahr befristete Zulassung zur Durchführung deutscher Seediensttauglichkeitsuntersuchungen mit der Auflage der höchstpersönlichen Durchführung dieser Untersuchungen zu erteilen, nachdem dieser eine schriftliche Erklärung abgegeben hat, dass er vor dem Hintergrund einer entsprechenden Auflage zukünftig Seediensttauglichkeitsuntersuchungen nur noch höchstpersönlich durchführen wird. Die Zulassung kann mit einem Widerrufsvorbehalt verbunden werden für den Fall, dass der Antragsteller zukünftig eine Seediensttauglichkeitsuntersuchung nicht höchstpersönlich durchführen, sondern an einen anderen Arzt bzw. eine andere Ärztin delegieren sollte“. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf eine vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin ohne die tenorierte Auflage, weil Seediensttauglichkeitsuntersuchungen nach den hierfür geltenden gesetzlichen Vorschriften höchstpersönlich durchgeführt werden müssten. Es sei aber davon auszugehen, dass sich der Antragsteller an eine entsprechende Auflage halten werde. § 16 SeeArbG sehe die Erteilung einer vorläufigen Zulassung zwar nicht vor. Die einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur beauflagten Erteilung einer Zulassung für die Dauer eines Jahres sei aber mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG geboten.

II.

9

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg.

10

Die Antragsgegnerin hat mit ihrer Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO zunächst beschränkt ist, die entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts mit durchgreifenden Argumenten in Frage gestellt. Insbesondere hat sie mit guten Gründen darauf verwiesen, dass der Antragsteller einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht habe und dass sein Eilantrag auf eine – unzulässige – Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet sei. Beides habe das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung nicht weiter thematisiert. Die Antragsgegnerin hat die angefochtene Entscheidung weiter berechtigt in Zweifel gezogen, indem sie eingewandt hat, das Verwaltungsgericht habe verschiedene Gesichtspunkte, die gegen die Zuverlässigkeit des Antragstellers sprächen, unberücksichtigt gelassen, weil es einseitig darauf abgestellt habe, die Annahme der Unzuverlässigkeit des Antragstellers könne schon durch die Auflage abgewendet werden, zukünftig Seediensttauglichkeitsuntersuchungen nur noch höchstpersönlich durchzuführen.

11

Unter diesen Umständen ist dem Beschwerdegericht eine umfassende Prüfung der Sach- und Rechtslage eröffnet, ohne auf die mit der Beschwerde dargelegten Gründe beschränkt zu sein. Diese Prüfung führt zu einer Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Antrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zur Erteilung bzw. Verlängerung (s)einer Zulassung zur Feststellung der Seediensttauglichkeit zu verpflichten, ist zulässig, aber unbegründet. Der Antragsteller hat weder einen Anordnungsgrund (hierzu 1.) noch einen Anordnungsanspruch (hierzu 2.) glaubhaft gemacht.

12

1. Der Antragsteller hat das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht.

13

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dazu ist nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen, dass ein Anordnungsgrund besteht, d.h. eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist. Eine solche Erforderlichkeit ergibt sich regelmäßig aus einer besonderen Eilbedürftigkeit der Rechtsschutzgewährung. Dabei ist einem die Hauptsache vorweg nehmenden Antrag im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise dann stattzugeben, wenn durch das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Der besonderen Bedeutung der jeweils betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes ist hierbei Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.4.2008, 2 BvR 338/08, juris Rn. 3; BVerwG, Beschl. v. 10.2.2011, 7 VR 6/11, juris Rn. 6; VGH Mannheim, Beschl. v. 19.4.2017, 9 S 673/17, juris Rn. 2; OVG Lüneburg, Beschl. v. 20.3.2012, 8 ME 204/11, juris Rn. 8, alle m.w.N.).

14

Nach diesen Maßgaben hat der Antragsteller vorliegend einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Mit seinem Eilantrag hat er zwar darauf verwiesen, dass ihm, würde ihm die begehrte Zulassung weiter vorenthalten, beträchtliche Einnahmen entgingen, und dass hiervon seine Berufsfreiheit betroffen sei. Mit seiner Beschwerdeerwiderung hat er diese Gesichtspunkte wiederholt und geltend gemacht, das Vorenthalten einer Zulassung bedeute einen Grundrechtseingriff von erheblichem Gewicht und es sei „unstreitig“, dass ihm erhebliche finanzielle Nachteile entstünden. Näher konkretisiert hat er die ihm drohenden bzw. entstehenden Einnahmeausfälle aber nicht. Vielmehr hat er darauf verwiesen, die Antragsgegnerin müsse „nur die ihr bekannten jährlichen Seediensttauglichkeitsuntersuchungen auswerten und deren Gebühreneinnahmen hochrechnen, um zu erahnen, welche erheblichen finanziellen Einschnitte“ sie ihm zumute, zumal es sich bei den Seediensttauglichkeitsuntersuchungen nicht nur um ein „Zubrot“ handele, sondern die daraus generierten Einnahmen ein erhebliches Gewicht hätten.

15

Abgesehen davon, dass der Antragsteller den Umfang seiner Einnahmeausfälle nicht dadurch gegenüber dem Gericht glaubhaft macht, dass er auf die Möglichkeiten der Antragsgegnerin verweist, diese zu ermitteln, lässt der Verweis auf die „Erheblichkeit“ von Einnahmeausfällen nicht den Schluss darauf zu, dem Antragsteller könne das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden. Dass seine berufliche Existenz ernsthaft bedroht ist, wenn er nicht weiter ununterbrochen Seediensttauglichkeitsuntersuchungen vornehmen kann, macht er selbst nicht geltend. Hierfür ist auch sonst nichts ersichtlich. Das Leistungsspektrum der Praxis des Antragstellers, in der er selbst tätig ist und im Moment offenbar eine angestellte Ärztin beschäftigt (vgl. http://www.... ), umfasst eine Vielzahl von Aufgaben und Tätigkeiten insbesondere aus dem Bereich der Arbeitsmedizin. Zu diesen zählen u.a. Seediensttauglichkeitsuntersuchungen i.S.v. § 16 SeeArbG (s. http://www.... ). Auch wenn unterstellt werden kann, dass es sich hierbei nicht um eine bloß untergeordnete Tätigkeit in der Praxis des Antragstellers handelt, so spricht angesichts der großen Anzahl an (sonstigen) Leistungsangeboten nichts dafür, dass die Praxis des Antragstellers und ihr wirtschaftlicher Fortbestand mit der Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen „steht und fällt“. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller ausweislich der auf seiner Internetseite abrufbaren Stellenausschreibung gegenwärtig und trotz der ungeklärten Perspektive seiner weiteren Zulassung zur Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen eine Ärztin bzw. einen Arzt im Angestelltenverhältnis für seine Praxis sucht (siehe http://www.... ). Das Risiko, dass die Praxis des Antragstellers mittelfristig ihren Ruf als Anlaufstelle für Seeleute für die Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen verliert, wird überdies dadurch gemindert, dass in der Praxis gegenwärtig offenbar ein weiterer Arzt freiberuflich tätig ist, der über eine Zulassung zur Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen verfügt (vgl. http://www.... sowie http://www.... ).

16

Vor dem Hintergrund der vorstehenden Erwägungen vermag der beschließende Senat nicht zu erkennen, dass die dem Antragsteller entstehenden wirtschaftlichen Nachteile derart schwerwiegend sind, dass ihm das Abwarten einer Hauptsacheentscheidung nicht zugemutet werden könnte. Etwas anderes gilt auch nicht mit Blick auf die betroffenen Grundrechte, namentlich die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Dabei kann offen bleiben, inwieweit der Antragsteller, der im vorliegenden Verfahren die Erteilung bzw. Verlängerung seiner Zulassung erstrebt und sich nicht – anders als in dem vorangegangenen Eilverfahren – gegen die Entziehung einer ihm bereits erteilten Zulassung wendet, aus den Grundrechten einen Anspruch auf (Weiter-) Gewährung einer Vergünstigung ableiten kann. Jedenfalls wird er lediglich in seiner Berufsausübungsfreiheit betroffen und insoweit auch nur in einem Teilbereich seiner Berufsausübung, die sich aus einer Vielzahl weiterer Teilbereiche zusammensetzt (s.o.). Auch das Gewicht seiner Grundrechtsbetroffenheit ist danach nicht derart gravierend, dass dem Antragsteller bereits im Wege einer die Hauptsache zumindest teilweise vorwegnehmenden einstweiligen Anordnung dasjenige zugesprochen werden müsste, das er mit seiner Hauptsacheklage zu erreichen sucht.

17

2. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch nicht mit der eine Vorwegnahme der Hauptsachen rechtfertigenden hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht.

18

Anspruchsgrundlage für die von dem Antragsteller erstrebte weitere Zulassung zur Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen sind § 16 SeeArbG, §§ 9, 10 MariMedV. Voraussetzung für die Zulassung eines Arztes ist danach u.a., dass dieser zuverlässig ist und dadurch die Gewähr für eine ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben bietet (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SeeArbG). Dies gilt unabhängig davon, ob die erstmalige Zulassung oder aber die Verlängerung einer Zulassung erstrebt wird. Aus § 10 Abs. 1 MariMedV folgt insoweit nichts anderes. Diese Vorschrift regelt zwar die Voraussetzungen für die Verlängerung einer Zulassung und nennt hierbei nicht ausdrücklich auch das Erfordernis der Zuverlässigkeit. Dieses ergibt sich aber auch für Zulassungsverlängerungen weiterhin aus der allgemeinen Regelung in § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SeeArbG. § 10 MariMedV konkretisiert im Fall einer Zulassungsverlängerung nämlich nur die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen aus § 9 Abs. 1 und 2 MariMedV, die die fachlichen Kenntnisse sowie die persönliche Eignung des Arztes näher regeln (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SeeArbG). § 10 MariMedV bringt hingegen nicht zum Ausdruck, dass die Verlängerung einer Zulassung abweichend von § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SeeArbG auch dann erfolgen kann, wenn der betreffende Arzt nicht mehr die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt.

19

Dem Antragsteller fehlt die für die Zulassung zur Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen erforderliche Zuverlässigkeit. Unzuverlässigkeit i.S.v. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SeeArbG erfordert Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, der Arzt werde in Zukunft die Vorschriften und Pflichten nicht beachten, die für die Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen gelten. Für diese Prognose kommt es darauf an, ob der Betreffende nach den gesamten Umständen des Falles willens und in der Lage sein wird, künftig seine beruflichen Pflichten zuverlässig zu erfüllen. Abzustellen ist dafür in der vorliegenden Verpflichtungskonstellation auf die jeweilige Situation des Arztes im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sowie sein vor allem durch die Art, die Schwere und die Zahl der Verstöße gegen die Berufspflichten manifest gewordener Charakter. Ausschlaggebend für die Prognose der Zuverlässigkeit ist die Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Arztes und seiner Lebensumstände (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.9.1997, 3 C 12.95, BVerwGE 105, 214, juris Rn. 25, m.w.N.; Beschl. v. 27.10.2010, 3 B 61.10, juris Rn. 5). Diese allgemeinen Maßgaben sind auch bei der Auslegung und Anwendung des § 9 Abs. 3 MariMedV zu berücksichtigen. Danach fehlt die erforderliche Zuverlässigkeit insbesondere, wenn der Arzt gröblich oder wiederholt gegen die Vorschriften über die Feststellung der Seediensttauglichkeit oder gegen berufsständische Regelungen verstoßen hat.

20

a) Der Antragsteller hat wiederholt gegen die Vorschriften über die Feststellung der Seediensttauglichkeit verstoßen. Er hat, wie die Antragsgegnerin ermittelt hat, in einer Vielzahl von Fällen Seediensttauglichkeitszeugnisse ausgestellt (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 SeeArbG, § 5 MariMedV), obwohl er die betreffenden Besatzungsmitglieder nicht selbst untersucht hat. Diesen Sachverhalt stellt auch der Antragsteller nicht in Abrede.

21

Die Ausstellung eines Seediensttauglichkeitszeugnisses durch einen hierfür zugelassenen Arzt, der die Seediensttauglichkeitsuntersuchung zuvor nicht selbst durchgeführt hat, verstößt gegen die Vorschriften über die Feststellung der Seediensttauglichkeit. Denn Seediensttauglichkeitsuntersuchungen müssen durch die hierfür zugelassenen Ärzte selbst durchgeführt werden. Eine vollständige oder teilweise Delegation der Untersuchungen auf nicht zugelassene Ärztinnen und Ärzte ist, wie das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung zu Recht und zutreffend ausgeführt hat, grundsätzlich nicht zulässig.

22

Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der einschlägigen Regelungen. § 12 Abs. 1 Satz 1 SeeArbG geht ohne Einschränkung davon aus, dass die Seediensttauglichkeitsuntersuchung durch den „zugelassenen Arzt“ durchgeführt wird. In § 12 Abs. 2 Satz 2 SeeArbG ist davon die Rede, dass „er“ – d.h. der zugelassene Arzt i.S.v. § 12 Abs. 2 Satz 1 SeeArbG – eine Untersuchung auf Seediensttauglichkeit nur unter bestimmten Voraussetzungen durchführen darf. Und § 12 Abs. 3 Satz 1 SeeArbG ermächtigt den zugelassenen Arzt zur Bescheinigung der Seediensttauglichkeit, „wenner auf Grund einer medizinischen Untersuchung die Seediensttauglichkeit festgestellt hat“ (Hervorhebung durch Verf.). Auch der Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 1 MariMedV macht deutlich, dass Seediensttauglichkeitsuntersuchungen durch den hierfür zugelassenen Arzt persönlich durchgeführt werden müssen. Dort heißt es, dass „der zugelassene Arzt“ die Untersuchung „in seinen Untersuchungsräumen“ durchzuführen hat. Und auch in Anlage 2 der Maritime-Medizin-Verordnung, die Inhalt und Ablauf der Seediensttauglichkeitsuntersuchung regelt und auf die in § 4 Abs. 1 Satz 1 MariMedV verwiesen wird, ist an mehreren Stellen ausdrücklich davon die Rede, dass die dort beschriebenen Untersuchungen von dem „zugelassenen Arzt“ durchzuführen sind.

23

Auch systematische Erwägungen stützen ein Verständnis der einschlägigen Regelungen dahin, dass Seediensttauglichkeitsuntersuchungen nur durch die hierfür zugelassenen Ärzte selbst erfolgen dürfen. Denn § 4 Abs. 2 Satz 1 MariMedV sieht ausdrücklich – unter Beibehaltung des Letztbeurteilungsrechts des zugelassenen Arztes (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 MariMedV) – die Möglichkeit der Beteiligung weiterer Ärzte vor, allerdings nur, sofern dies für die Beurteilung der Seediensttauglichkeit erforderlich ist. Die Vorschrift bezieht sich auf Untersuchungskonstellationen, in denen dem zugelassenen Arzt die für die Beurteilung der Seediensttauglichkeit erforderlichen (Fach-) Kenntnisse fehlen und deshalb die Beteiligung eines weiteren (Fach-) Arztes geboten erscheint (vgl. hierzu auch § 6 Abs. 3 der nicht mehr geltenden Seediensttauglichkeitsverordnung, dem § 4 Abs. 2 MariMedV nachgebildet ist, vgl. hierzu wiederum die Verordnungsbegründung in BR-Drs. 120/14 vom 31. März 2014, S. 102). Im Umkehrschluss folgt aus § 4 Abs. 2 Satz 1 MariMedV, dass in allen anderen Fällen, d.h. wenn dies für die Beurteilung der Seediensttauglichkeit nicht erforderlich ist, die Hinzuziehung eines anderen Arztes, geschweige denn die Delegierung an einen anderen Arzt nicht statthaft ist.

24

Auch Sinn und Zweck des Zulassungsverfahrens sprechen dafür, dass Seediensttauglichkeitsuntersuchungen nur durch die hierfür zugelassenen Ärzte persönlich erfolgen dürfen. Mit der persönlichen Zulassung einzelner Ärzte zur Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen soll angesichts der erheblichen Verantwortung, die mit der Ausstellung eines Seediensttauglichkeitszeugnisses verbunden ist, sichergestellt werden, dass die untersuchenden Ärzte mit den Bedingungen an Bord eines Schiffes vertraut sind (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 3 MariMedV), Erfahrungen und Kenntnisse in Bezug auf Erkrankungen besitzen, die einen Bezug zu einer Tätigkeit an Bord haben (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 4 MariMedV), Routine bei der Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen aufweisen (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, Abs. 2 MariMedV) und mit Inhalt und Ablauf von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen vertraut sind (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1, Anlage 2 MariMedV). All diese Ziele, die auch in der Begründung der Maritime-Medizin-Verordnung genannt werden (vgl. BR-Drs. 120/14, S. 104 ff.), könnten nicht erreicht werden, wenn der zugelassene Arzt die Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen an andere Ärzte, die eine solche Zulassung nicht besitzen, delegieren könnte. Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass der zugelassene Arzt selbst überprüfen und beurteilen kann, ob der Arzt bzw. die Ärztin, den bzw. die er mit der Durchführung einer Untersuchung betraut, die erforderlichen Fertigkeiten zur Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen besitzt. Denn dies ist nicht Sache des zugelassenen Arztes, sondern der zuständigen Behörde, die hierbei die einschlägigen gesetzlichen und verordnungsrechtlichen Regelungen zugrunde legt.

25

b) Bei den Verstößen des Antragstellers gegen Vorschriften über die Feststellung der Seediensttauglichkeit handelt es sich um gravierende Verstöße.

26

Diese Einschätzung beruht zum einen auf der erheblichen Anzahl von zwölf Verstößen, die die Antragsgegnerin für einen nur kurzen Zeitraum, nämlich für zwei Monate ermittelt hat. Da der Antragsteller nicht geltend gemacht hat, zu den von der Antragsgegnerin festgestellten Delegationen auf eine angestellte Ärztin sei es nur ausnahmsweise in Sondersituationen gekommen, sondern im Gegenteil die Auffassung vertreten hat und weiterhin vertritt, sein Vorgehen sei nicht zu beanstanden, ist davon auszugehen, dass die Zahl der Verstöße in Wahrheit deutlich höher liegt und die vollständige oder teilweise Delegation von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen auf andere Ärzte einer in der Praxis des Antragstellers bestehenden Übung entsprochen hat.

27

Die Einschätzung, es handele sich bei den Verstößen des Antragstellers gegen Vorschriften über die Feststellung der Seediensttauglichkeit um gravierende Verstöße, beruht zum anderen darauf, dass die persönliche Vornahme der Seediensttauglichkeitsuntersuchungen durch den hierfür zugelassenen Arzt nicht zu seinen untergeordneten Nebenpflichten, sondern im Gegenteil zu seinen zentralen Hauptpflichten gehört. Mit der Erteilung einer Zulassung zur Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen wird dem Arzt eine besondere Verantwortung zuteil, die es rechtfertigt, die Zulassung an strenge, persönlich zu erfüllende Anforderungen zu knüpfen. Denn der Verordnungsgeber der Maritime-Medizin-Verordnung geht davon aus, „dass es bei weltweit fahrenden Schiffen bis zu zwei Wochen dauern kann, bis medizinische Hilfe von Land aus möglich ist. Die zuverlässige Prognose von Krankheitsverläufen durch besonders erfahrene Ärzte ist daher bei Seediensttauglichkeitsuntersuchungen von elementarer Bedeutung“ (vgl. BR-Drs. 120/14, S. 105). Indem ein zugelassener Arzt es nicht zugelassenen Ärzten ermöglicht, Seediensttauglichkeitsuntersuchungen durchzuführen, wird eine zentrale Voraussetzung für die Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen zur Disposition gestellt, nämlich die nachgewiesene einschlägige Erfahrung und Kenntnis der zugelassenen Ärzte, die hierbei der Überwachung durch die Antragsgegnerin (und nicht durch einen zugelassenen Arzt) unterliegen (vgl. § 17 SeeArbG).

28

Dem kann der Antragsteller nicht mit Erfolg entgegen halten, dass er sich die Letztbeurteilung stets vorbehalten habe und die von ihm eingesetzten Ärzte lediglich einen Vorschlag gemacht hätten. Es erschließt sich nicht, wie eine verlässliche Letztbeurteilung gelingen kann, wenn der beurteilende Arzt den Patienten nicht selbst untersucht hat (und im Fall des Antragstellers teilweise offenbar nicht einmal gesehen hat). Denn die Beurteilung der Seediensttauglichkeit erfordert nicht nur die Durchführung bestimmter Untersuchungen und ihre Befundung, sondern auch (und vor allem) die ausführliche Anamneseerhebung (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 und Anlage 2, Abschn. 2. MariMedV), die Grundlage und Ausgangspunkt für das weitere Untersuchungsprogramm ist. Gerade hierbei kommen die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen des zugelassenen Arztes zum Tragen, die es rechtfertigen, ihm – und nur ihm – die Zulassung zur Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen zu erteilen. Es spielt deshalb auch keine Rolle, ob einzelne der im Rahmen der Seediensttauglichkeitsuntersuchung vorzunehmenden (Hilfs-) Tätigkeiten (etwa Körpergröße- oder Gewichtsmessungen) auch von Angestellten des zugelassenen Arztes erledigt werden dürfen. Denn hierum geht es vorliegend nicht. Die Zuverlässigkeit des Antragstellers steht nicht deshalb in Frage, weil er seine Patienten nicht selbst gemessen und gewogen hat, sondern weil er Untersuchungen und ärztliche Einschätzungen Dritten überantwortet hat, die die hierfür erforderliche Zulassung nicht besitzen.

29

c) Die wiederholten und gravierenden Verstöße des Antragstellers gegen Vorschriften über die Feststellung der Seediensttauglichkeit lassen vor dem Hintergrund seiner Persönlichkeit, wie sie in seiner Auseinandersetzung mit der Antragsgegnerin offenbar geworden ist, nicht mit der erforderlichen Sicherheit die verlässliche Prognose zu, er werde sich zukünftig an seine sich aus dem Seearbeitsgesetz und der Maritime-Medizin-Verordnung ergebenden Berufspflichten halten.

30

Allerdings spricht es nicht gegen die Zuverlässigkeit des Antragstellers, dass er zu der (Rechts-) Frage, ob die Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen von dem hierfür zugelassenen Arzt weiter an nicht zugelassene Ärzte delegiert werden kann, eine andere Auffassung als die Antragsgegnerin vertreten und diese auch gegenüber der Antragsgegnerin artikuliert hat. Auch wenn die vorstehend genannte Rechtsfrage angesichts der eindeutigen gesetzlichen und verordnungsrechtlichen Regelungen nicht ernstlich bejaht werden kann und die abweichende Auffassung des Antragstellers ein zweifelhaftes Verständnis seiner Verantwortung als Inhaber einer Zulassung für die Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen offenbart, liegt es auf der Hand, dass die Unzuverlässigkeit eines Arztes nicht darauf gestützt werden kann, dass er zu einer berufsrechtlichen Frage eine andere Auffassung vertritt als die zuständige Aufsichtsbehörde und hieran auch festhält, nachdem die Aufsichtsbehörde ihm ihre - abweichende – Auffassung mitgeteilt hat.

31

Zweifel daran, dass der Antragsteller in der Zukunft die Gewähr dafür bietet, sich an die für ihn geltenden Berufspflichten zu halten, weckt aber die Art seines Umgangs mit dem von der Antragsgegnerin gegen ihn erhobenen Vorwurf, er habe gegen Vorschriften über die Feststellung der Seediensttauglichkeit verstoßen. Der Antragsteller hat nicht die sachliche Klärung der aufgeworfenen Frage angestrebt, sondern die persönliche Auseinandersetzung mit der Antragsgegnerin gesucht, in der es ihm ersichtlich nicht um die Sache, sondern vor allem darum ging, die Legitimität der Antragsgegnerin als Aufsichtsbehörde in Abrede zu stellen. Sein sinngemäßer Einwand, er sei von der Rechtmäßigkeit seines Handelns ausgegangen und allenfalls einer Art „Verbotsirrtum“ erlegen, verfängt deshalb nicht.

32

Schon mit seinem ersten Schreiben an die Antragsgegnerin vom 22. Februar 2016 hat er auf deren berechtigte Anfrage vom 18. Februar 2016, die diese aufgrund eines konkreten Anlasses im Rahmen ihrer Überwachungszuständigkeit gemäß § 17 SeeArbG an den Antragsteller gerichtet hatte, in einer Weise reagiert, die angesichts seiner zumindest widersprüchlichen Angaben der Sache wenig dienlich war und mit der er in erster Linie zum Ausdruck gebracht hat, dass er seiner Sicht der Dinge den Vorrang gegenüber einer Klärung des Sachverhalts und der aufgeworfenen (Rechts-) Frage einräumt. Der Antragsteller hat auch in der Folgezeit gezeigt, dass er zu einer differenzierten und sachlichen Klärung weder bereit noch in der Lage ist. Vielmehr hat er seine fachliche Überlegenheit gegenüber den Bediensteten der Antragsgegnerin dadurch zum Ausdruck zu bringen versucht, dass er deren Qualifikation, ihre persönliche Integrität und ihre Berechtigung, im Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin für diese tätig zu werden, in teilweise ehrverletzender Weise in Zweifel gezogen hat. Hierbei hat er die Form der sachlichen Auseinandersetzung immer wieder verlassen, wie etwa seine Schreiben an die Antragsgegnerin vom 29. Februar 2016, vom 4. März 2016, vom 14. März 2016, vom 1. April 2016 und vom 21. April 2016 deutlich machen. Der Antragsteller hat darüber hinaus zur Eskalation der Auseinandersetzung entscheidend beigetragen, indem er Dritte in die Angelegenheit hineingezogen und versucht hat, diese gegen die Antragsgegnerin in Stellung zu bringen, ohne dass ein inhaltlicher Zusammenhang mit dem ursprünglichen Anlass für deren Einschreiten noch erkennbar ist. Dies zeigen etwa die Veröffentlichungen des Antragstellers auf seiner Homepage („Wenn ... “ oder „Service – ... “, vgl. http://www.... ), das Schreiben der W. GmbH an die Antragsgegnerin vom 13. April 2016 oder die wiederholten Schreiben des Antragstellers an den Verband ... . Dabei war und ist dem Antragsteller ersichtlich nicht an einer sachlichen Klärung, sondern in erster Linie daran gelegen, „Stimmung“ gegen die Antragsgegnerin und ihre Bediensteten zu machen. Dies belegen seine mitunter fragwürdige Wortwahl („Ausbruch miesester Stasimethoden“), seine Ausweitung der Auseinandersetzung auf berufspolitische Fragen, die keinen inhaltlichen Zusammenhang zu dem ursprünglichen Anlass für das Tätigwerden der Antragsgegnerin haben, sowie der Umstand, dass seine Schilderungen häufig nicht der Wahrheit entsprachen. Dass etwa „B. (...) in seinen Schriftsätzen an das Verwaltungsgericht Hamburg klargestellt (hat), dass es nur darum ginge, mich zu ´Bestrafen` und meine Rückkehr als zugelassenen Arzt mit allen Mitteln zu verhindern“ (Schreiben des Antragstellers an den Verband ... vom 30. März 2017) oder dass „das OVG Hamburg (...) die Entscheidung des VG Hamburg, dass meine Zulassungsentziehung rechtmäßig sein könnte, bereits im Februar 2017 aufgehoben (hat)“ (Schreiben des Antragstellers an den Verband ... vom 25. September 2017), ist nicht eine bloß übertriebene, sondern eine unrichtige Darstellung des wahren Sachverhalts.

33

Vor dem Hintergrund der vorstehenden Erwägungen gelangt der beschließende Senat zu der Einschätzung, dass der Antragsteller aufgrund seiner wiederholten und gravierenden Rechtsverstöße in der Vergangenheit und mit Blick auf seine Persönlichkeit gegenwärtig nicht die Gewähr dafür bietet, die für ihn geltenden Vorschriften über die Feststellung der Seediensttauglichkeit zukünftig immer einzuhalten. Es steht zu befürchten, dass sein Handeln nicht stets von dem Bestreben geprägt sein wird, seine Berufspflichten im Geltungsbereich des Seearbeitsgesetzes unbedingt einzuhalten und den Vorrang des geltenden Rechts, zu dem auch die Aufsichts- und Überwachungszuständigkeit der Antragsgegnerin gehört, zu akzeptieren, sondern dass er im Zweifel seine Sicht der Dinge für maßgeblich erachtet und zur Richtschnur für sein Handeln macht. Diese Befürchtung bezieht sich nicht allein darauf, dass der Antragsteller auch in Zukunft die Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen auf nicht zugelassene Ärzte delegieren könnte, sondern sie geht darüber hinaus und betrifft sein gesamtes Verhalten als Inhaber einer Zulassung zur Durchführung von Seediensttauglichkeitsuntersuchungen, der der Aufsicht durch die Antragsgegnerin unterliegt. Schon deshalb kann die Annahme, der Antragsteller sei unzuverlässig, auch nicht dadurch abgewendet werden, dass er sich verpflichtet, in Zukunft Seediensttauglichkeitsuntersuchungen nur noch selbst durchzuführen, oder dadurch, dass ihm gegenüber eine entsprechende Auflage erteilt wird.

34

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 10. Februar 2017 - 2 K 4837/16 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem ihr Antrag abgelehnt wurde, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie vorläufig zur mündlichen Prüfung der Staatsprüfung in der Ersten juristischen Prüfung zuzulassen, ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (vgl. § 146 Abs. 1 und 4 VwGO). Sie ist jedoch nicht begründet.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dazu ist nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen, dass ein Anordnungsgrund besteht, d. h. eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, und ein Anordnungsanspruch gegeben ist, also die tatsächlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch erfüllt sind. Grundsätzlich ausgeschlossen - da mit dem Wesen einer einstweiligen Anordnung nicht vereinbar - ist es, eine Regelung zu treffen, die rechtlich oder zumindest faktisch auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinausläuft (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.03.2003 - 2 BvR 1779/02 -, NVwZ 2003, 1112; W.-R. Schenke, in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 123 Rn. 14). Ausnahmen von diesem Verbot kommen nur in Betracht, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten ist, d. h. wenn andernfalls schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, und zugleich ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist (st.Rspr., vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 25.10.1988 - 2 BvR 745/88 -, BVerfGE 79, 69; BVerwG, Urteil vom 18.04.2013 - 10 C 9.12 -, BVerwGE 146, 189, und Beschluss vom 13.08.1999 - 2 VR 1.99 -, BVerwGE 109, 258; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 20.09.1994 - 9 S 687/94 -, DVBl. 1995, 160, vom 18.03.2014 - 4 S 509/14 -, juris, und vom 15.02.2016 - 9 S 2453/15 -; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 909). Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Verwaltungsgericht die begehrte einstweilige Anordnung zu Recht nicht erlassen.
Es hat entschieden, dass die Antragstellerin bereits einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht habe, weil die Bewertung der Aufsichtsarbeiten Nr. 4 und 5 keine Rechtsfehler aufweise. Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe sind nicht geeignet, diese Beurteilung des Verwaltungsgerichts zu erschüttern. Der Senat weist die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (vgl. § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO) und bemerkt ergänzend:
Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin im Hinblick auf Klausur Nr. 4, die Ansicht der Kammer sei verfehlt, ihr Einwand, es hätte von den Prüfern keine hinreichende Begründung dafür verlangt werden dürfen, weshalb die Grundschulträgerschaft zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft gehöre, sei jedenfalls deshalb unbeachtlich, weil die „Gewichtung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellung“ Kerngegenstand des Beurteilungsspielraums des Prüfer sei. Abgesehen davon, dass die Antragstellerin nicht hinreichend berücksichtigt, dass das Verwaltungsgericht dies lediglich ergänzend ausgeführt hat („Selbst wenn man..“), ist es nicht bewertungsfehlerhaft, wenn die Prüfer das Fehlen einer hinreichenden Begründung für die Annahme beanstanden, dass die Grundschulträgerschaft traditionell zu den Gemeindeangelegenheiten gehöre. Ein Überspannen der Prüfungsanforderungen liegt darin nicht; vertiefte oder historisch begründete Ausführungen zu der Thematik haben die Prüfer (gerade) nicht verlangt. Sie haben vielmehr zu Recht bemängelt, dass der Begriff der örtlichen Angelegenheiten überhaupt nicht überzeugend herausgearbeitet wird und der Hinweis der Antragstellerin auf die „laufende Verwaltung“ neben der Sache liegt.
Der von der Antragstellerin behauptete Abwägungsfehler, dass der Erstprüfer in der Gesamtbetrachtung ihrer Leistung ausschließlich auf die vermeintlichen Mängel der Klausur abstelle und pauschal behaupte, dass diese „in keiner Weise“ den Anforderungen entspreche, liegt nicht vor. Vom Fehlen einer schlüssigen und nachvollziehbaren Bewertungsbegründung kann nicht die Rede sein. Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn ein Prüfer bei der Vergabe der Note „mangelhaft“ die Fehler und Mängel in den Vordergrund stellt (vgl. Senatsurteil vom 10.11.2010 - 9 S 624/10 -, juris Rn. 91, mit dem das von der Antragstellerin zitierte Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart geändert wurde).
Des Weiteren verfängt der Einwand nicht, der Erstprüfer lege einen verfehlten Bewertungsmaßstab an, wenn er die von ihm vergebene Note „mangelhaft“ mehrmals damit rechtfertige, dass Ausführungen der Antragstellerin zu verschiedenen Prüfungspunkten „nicht überzeugend“ seien. Abgesehen davon, dass diese Behauptung die detaillierten Ausführungen des Erstprüfers außer Acht lässt und so nicht zutrifft, ist die Annahme der Antragstellerin verfehlt, schlüssig und nachvollziehbar begründet werden könne die Note „mangelhaft“ nur dann, wenn nachgewiesen werde, dass der Kandidat das juristische Handwerk, insbesondere die Gutachtens- und Subsumtionstechnik, allenfalls nur ansatzweise beherrsche und nur stark lückenhafte Rechtskenntnisse vorhanden seien (vgl. nur § 15 JAPrO).
Auch die im Hinblick auf die Bewertung der Aufsichtsarbeit Nr. 5 erhobenen Rügen - sachliche Zuständigkeit des Gerichts, Begriff der Einrichtung, verfehlter Bewertungsmaßstab „überzeugend“ und mangelnde Beherrschung des Gutachtenstils - entkräften die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht, ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht worden. Insbesondere sind die Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf S. 9 des Beschlusses, mit denen es sich mit dem Einwand der Antragstellerin auseinandersetzt, der Erstprüfer erhebe zu Unrecht den Vorwurf der mangelnden Beherrschung des Gutachtensstils, nicht „völlig unverständlich“. Die Antragstellerin nimmt schon nicht in den Blick, dass der Erstprüfer im Verfahren des Überdenkens ausdrücklich erklärt hat, in formaler Hinsicht halte er an seinen in der Gesamtbewertung erhobenen formellen Einwänden nicht fest, und die Bewertung der Arbeit um einen Punkt angehoben hat. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kann seiner Stellungnahme auch keine Änderung des Bewertungssystems entnommen werden. Zum einen liegt die von der Antragstellerin behauptete Verschärfung der Kritik am Gutachtenstil fern. Der Erstprüfer schwächt in der Stellungnahme seine Kritik hinsichtlich der formellen Schwächen vielmehr ab, indem er feststellt, seine in der Gesamtbewertung erhobenen formellen Einwände seien „sicher zu scharf ausgefallen“. Darüber hinaus erläutert er, dass sich die Kritik an der mangelnden Beherrschung des Gutachtenstils auf die wiederholt fehlenden Begründungen und die nicht hinreichende Arbeit mit dem Sachverhalt beziehe. Mit dieser Klarstellung - die einhergeht mit der Feststellung des Prüfers, dass er insoweit den Vorwurf eines rein formalen Mangels nicht aufrecht erhalten könne - ist eine Änderung des Bewertungssystems schon deshalb nicht verbunden, weil der Prüfer diese - im Übrigen zutreffenden - Kritikpunkte bereits in seinem ursprünglichen Gutachten benannt hat.
Im Hinblick auf die erstinstanzlich ausgetauschten Argumente weist der Senat ergänzend darauf hin, dass auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zweifelhaft ist.
Zwar ergeben sich nach der auch von der Antragstellerin zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 25.07.1996 - 1 BvR 638/96 -, NVwZ 1997, 479) besondere Erfordernisse an die Effektivität des Rechtsschutzes - und die Prüfung des Anordnungsgrundes - in den Fällen der Verweigerung der Prüfungszulassung jedenfalls dann, wenn die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes zu einer erheblichen Ausbildungsverzögerung führt. Denn dann sind die Betroffenen gehalten, prüfungsrelevante Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem aktuellen Stand zu halten, obwohl ihre Situation durch die Ungewissheit über den weiteren Werdegang gekennzeichnet ist (vgl. auch Hessischer VGH, Beschluss vom 03.12.2002 - 8 TG 2413/02 -, NVwZ-RR 2003, 756).
10 
Im vorliegenden Fall sind insoweit indes zwei Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Zum einen bedarf die Antragstellerin, wie der Antragsgegner erstinstanzlich zutreffend ausgeführt hat, zum Abschluss ihrer Ausbildung zunächst der Zulassung zum Vorbereitungsdienst und eines erfolgreichen Abschlusses der Zweiten juristischen Staatsprüfung. In den Vorbereitungsdienst kann die Antragstellerin aber grundsätzlich nicht ohne die Feststellung des endgültigen Bestehens der Ersten juristischen Prüfung aufgenommen werden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.07.2001 - 14 B 552/01 -, juris). Daher drohen bereits aus diesem Grund keine erheblichen Ausbildungsverzögerungen, weil das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens ohnehin abgewartet werden muss. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin eine Teilnahme an der mündlichen Prüfung erst im Sommer diesen Jahres erstrebt. Ausweislich des vom Verwaltungsgericht am 28.12.2016 gefertigten Aktenvermerks hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin auf telefonische Nachfrage erklärt, das Begehren auf vorläufige Zulassung zur mündlichen Prüfung beziehe sich nicht auf den unmittelbar bevorstehenden Prüfungszeitraum, sondern auf den darauf folgenden nächstmöglichen Prüfungstermin (wohl im Juli 2017). Ungeachtet der Frage, ob in diesem Zeitraum nicht auch mit einer Entscheidung in der Hauptsache zu rechnen war, verliert ihr Argument, sie müsse ihr Prüfungswissen auf dem aktuellen Stand halten, danach an Gewicht.
11 
Ferner ist zweifelhaft, ob die erstrebte vorläufige Zulassung zur mündlichen Prüfung der Staatsprüfung hier nicht bereits aus Rechtsgründen ausscheidet. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin mit Bescheid vom 06.06.2016 mitgeteilt, dass sie die Staatsprüfung in der Ersten juristischen Prüfung aufgrund des Ergebnisses der schriftlichen Prüfung endgültig nicht bestanden habe. In den Aufsichtsarbeiten habe sie eine Durchschnittspunktzahl von 3,58 Punkten (im Widerspruchsbescheid vom 14.11.2016 angehoben auf 3,66 Punkte) erzielt. Nach § 16 JAPrO setze die Teilnahme an der mündlichen Prüfung jedoch voraus, dass in der schriftlichen Prüfung eine Durchschnittspunktzahl von mindestens 3,75 Punkten erreicht worden sei. Hiergegen richtet sich die von der Antragstellerin am 20.12.2016 beim Verwaltungsgericht Freiburg erhobene Klage, über die noch nicht entschieden ist. In diesem Fall dürfte eine - vorläufige - Teilnahme an der mündlichen Prüfung nicht statthaft sein, weil die vom Prüfungsausschuss im Anschluss an die mündliche Prüfung vorzunehmende Entscheidung über die Endnote der Staatsprüfung (vgl. § 19 Abs. 1 JAPrO) nicht möglich ist. Denn der Prüfungsausschuss kann nur auf der Grundlage aller Einzelleistungen und damit auch der Einzelleistungen in der schriftlichen Prüfung entscheiden. Unter Berücksichtigung der bisher vorliegenden Bewertungen kann indes für die Antragstellerin keine Endnote festgesetzt werden, weil sie damit, was sie auch nicht in Zweifel zieht, aufgrund des Verfehlens der erforderlichen Durchschnittspunktzahl von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen ist (vgl. § 16 JAPrO). Unter Außerachtlassung der Noten der angegriffenen Aufsichtsarbeiten kann ebenfalls keine Endnote festgesetzt werden, und die erstrebte Neubewertung kann auch anderweitig nicht ersetzt werden. Zudem muss die Festsetzung der Endnote unter dem frischen Eindruck der mündlichen Leistungen des Kandidaten geschehen (vgl. § 19 Abs. 1 und 2 JAPrO). Auch kann nur bei Vorliegen aller Bewertungen über ein Abweichen von der Durchschnittspunktzahl entschieden werden (§ 19 Abs. 2 Satz 4 JAPrO). Die Festsetzung der Endnote lässt sich daher nicht aufschieben (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25.04.1989 - 9 S 851/89 -, NVwZ-RR 1989, 478, und vom 05.03.1990 - 9 S 433/90 -, NVwZ-RR 1990, 419; siehe auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.10.1988 - 7 C 2.88 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 258, das bezweifelt, ob nach 15 Monaten eine Neubescheidung über das Ergebnis einer mündlichen Prüfung noch möglich ist, weil hierbei der Gesamteindruck von den Leistungen des Kandidaten allein aufgrund der Prüfungsakten wiederzubeleben wäre, was nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts „kaum möglich sein“ dürfte [juris Rn. 35]).
12 
Dem kann die Antragstellerin wohl nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Entscheidung über eine mögliche Anhebung der rechnerisch ermittelten Gesamtnote ohne Weiteres auch noch zu einem späteren Zeitpunkt getroffen werden könne, wie dies auch geschehe, wenn der Prüfling nach bestandener Prüfung erfolgreich die Bewertung seiner schriftlichen Prüfungsleistung anfechte. Unabhängig davon, dass in einem solchen Fall die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Prüfungsausschusses über die Festsetzung der Endnote gegeben waren, hat das Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung vom 07.10.1988 (a.a.O.) ausgeführt:
13 
„Das Berufungsgericht hat den Beklagten verpflichtet, den Kläger aufgrund einer vom damaligen Prüfungsausschuss erneut zu treffenden Entscheidung über eine Hebung der Durchschnittspunktzahl neu zu bescheiden. Eine solche Entscheidung des Prüfungsausschusses setzt voraus, dass sich die Prüfer vom Leistungsstand des Kandidaten einen „Gesamteindruck“ verschaffen (§ 5 d Abs. 1 Satz 2 DRiG a.F.; § 5 d Abs. 3 Satz 1 DRiG n.F.; § 16 Abs. 2 Satz 3 JAPrO [nunmehr: § 5d Abs. 4 Satz 1 DRiG, § 19 Abs. 2 Satz 4 JAPrO]). Hierzu gehört auch der Eindruck, den der Kandidat durch seine in der mündlichen Prüfung gezeigten Leistungen auf das Prüfungsgremium macht. Ob ein solcher Gesamteindruck im vorliegenden Fall noch rekonstruierbar ist, erscheint sehr fraglich. Das Berufungsgericht hat insoweit keine Feststellungen getroffen. Aus der von ihm in Bezug genommenen Auskunft des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses Prof. Dr. B. vom 29. Oktober 1987 ergibt sich, dass dieser sich an die Einzelheiten der mündlichen Prüfung vom 2. Juni 1986 nicht mehr erinnert. Den Gesamteindruck allein aufgrund der Prüfungsakten wiederzubeleben, dürfte kaum möglich sein. Unter diesen Umständen liegt - worauf die Revision zutreffend hinweist - die Überlegung nahe, dass bei angenommener Fehlerhaftigkeit der Prüfungsentscheidung die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung nur aufgrund einer erneuten mündlichen Prüfung in Frage gekommen wäre. Bejahendenfalls hätte der Klage jedenfalls nicht mit dem vom Berufungsgericht gefundenen Urteilsspruch stattgegeben werden dürfen.“
14 
Vor diesem Hintergrund ist im Übrigen auch zweifelhaft, worin derzeit das Bedürfnis der Antragstellerin für eine vorläufige Teilnahme an der mündlichen Prüfung im Wege einer einstweiligen Anordnung liegen sollte, nachdem in dieser Verfahrensart wegen des vorläufigen Charakters ohnehin keine Regelung von dauerhaft gesichertem Bestand erreicht werden kann.
15 
Doch bedarf all dies keiner Vertiefung, da es bereits - wie dargelegt - an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs fehlt.
16 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
17 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an die Empfehlungen in Nr. 36.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 (NVwZ-Beilage 2/2013, 57).
18 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG hinsichtlich der Streitwertfestsetzung).

(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, welche richterlichen Aufgaben er wahrnimmt. Jeder Richter kann mehreren Spruchkörpern angehören.

(2) Vor der Geschäftsverteilung ist den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(3) Die Anordnungen nach Absatz 1 dürfen im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Vor der Änderung ist den Vorsitzenden Richtern, deren Spruchkörper von der Änderung der Geschäftsverteilung berührt wird, Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(4) Das Präsidium kann anordnen, daß ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

(5) Soll ein Richter einem anderen Spruchkörper zugeteilt oder soll sein Zuständigkeitsbereich geändert werden, so ist ihm, außer in Eilfällen, vorher Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(6) Soll ein Richter für Aufgaben der Justizverwaltung ganz oder teilweise freigestellt werden, so ist das Präsidium vorher zu hören.

(7) Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehrheit. § 21i Abs. 2 gilt entsprechend.

(8) Das Präsidium kann beschließen, dass Richter des Gerichts bei den Beratungen und Abstimmungen des Präsidiums für die gesamte Dauer oder zeitweise zugegen sein können. § 171b gilt entsprechend.

(9) Der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts ist in der von dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter bestimmten Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufzulegen; einer Veröffentlichung bedarf es nicht.

(1) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.

(2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, vor Ablauf ihrer Amtszeit entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Erreichung auf Lebenszeit angestellte Richter in den Ruhestand treten. Bei Veränderung der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke können Richter an ein anderes Gericht versetzt oder aus dem Amte entfernt werden, jedoch nur unter Belassung des vollen Gehaltes.

Tenor

Der Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. August 2016 wird in Satz 1 der Randnummer 2 (unter Gründe: A. I. 1.) wie folgt berichtigt (Änderung unterstrichen): Die Beschwerdeführerin ist seit 2005 Richterin am Bundesfinanzhof und seit 2013 stellvertretende Vorsitzende.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

I.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 18. Dezember 2015 - M 5 E 15.5395 - wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin steht als Richterin am Bundesfinanzhof im Dienst der Antragsgegnerin. Sie wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes dagegen, dass sie durch das Präsidium des Gerichts für das Geschäftsjahr 2016 einem anderen Senat zugeteilt worden ist.

Das Präsidium des Bundesfinanzhofs hat am 24. November 2015 beschlossen, dass die Antragstellerin ihren bisherigen Senat wegen offensichtlicher Zerrüttung des Verhältnisses zu den anderen Senatsmitgliedern zum 1. Januar 2016 verlassen und einem anderen Senat zugewiesen wird. Gleichzeitig hat es die Anträge der Antragstellerin, den Vorsitzenden oder den Beisitzer M. ihres bisherigen Senats einem anderen Senat zuzuweisen, abgelehnt.

Am 1. Dezember 2015 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses des Präsidiums vom 24. November 2015 (M 5 K 15.5394) erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

Gleichzeitig hat sie beim Verwaltungsgericht beantragt,

1. bis zur Entscheidung in der Hauptsache einstweilen anzuordnen, dass dem Präsidiumsbeschluss vom 24. November 2015 auf Umsetzung der Antragstellerin vorläufig bis zur Entscheidung über die in dieser Sache eingereichte Feststellungsklage nicht nachzukommen ist,

2. den Präsidenten des Bundesfinanzhofs als Vorsitzenden des Präsidiums umgehend aufzufordern, bis zur Entscheidung über den Antrag zu 1. den Präsidiumsbeschluss vom 24. November 2015 nicht in Vollzug zu setzen und die Antragstellerin von jeder Umsetzung im Geschäftsverteilungsplan des Bundesfinanzhofs für das Jahr 2016 auszunehmen;

hilfsweise: gerichtlich vorläufig festzustellen, dass die Antragstellerin nicht verpflichtet ist, ihrer Umsetzung bis zur Entscheidung über den Antrag zu 1. nachzukommen.

Das Verwaltungsgericht hat diese Anträge mit Beschluss vom 18. Dezember 2015 als unbegründet oder unzulässig erachtet und abgelehnt.

Die Antragstellerin hat hiergegen Beschwerde eingelegt, mit der sie beantragt,

1. den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2015 aufzuheben und bis zur Entscheidung in der beim Verwaltungsgericht anhängigen Hauptsache einstweilen anzuordnen, dass dem Präsidiumsbeschluss vom 24. November 2015 vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsklage nicht nachzukommen ist,

2. für den Zeitraum bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Antrag zu 1. im Anordnungsverfahren vorläufig festzustellen, dass die Antragstellerin nicht verpflichtet ist, ihrer Umsetzung nachzukommen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin bleibt ohne Erfolg.

Die Gründe, die mit der Beschwerde fristgerecht dargelegt worden sind und auf deren Prüfung das Gericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 i. V. m. Satz 1 und 3 VwGO), rechtfertigen es nicht, dem mit dem Rechtsmittel weiterverfolgten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu entsprechen.

Die Rügen, das Verwaltungsgericht habe seiner Entscheidung einen unvollständigen und teilweise unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt und ein „rechtswidriges unfaires Verfahren“ durchgeführt, gehen von vornherein fehl. Denn das Gesetz sieht für das Rechtsmittel der Beschwerde anders als die Vorschriften über Berufung und Revision kein vorgeschaltetes, etwa von der erfolgreichen Rüge eines Verfahrensfehlers abhängiges Zulassungsverfahren (mehr) vor. Der Verwaltungsgerichtshof prüft vielmehr als Beschwerdegericht - innerhalb des durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO gezogenen Rahmens - den Rechtsfall im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2011 - 6 CS 11.1338 - juris Rn. 10; B.v. 5.6.2009 - 11 CS 09.873 - juris Rn. 17 f.; OVG NW, B.v. 12.6.2014 - 1 B 271/14 - juris Rn. 22 ff. m. w. N.).

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

a) Der Antrag ist zulässig. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht seine Statthaftigkeit bejaht, weil der Geschäftsverteilungsplan eines Gerichts bezogen auf den einzelnen Richter keinen Verwaltungsakt darstellt, sondern einen gerichtsinternen Organisationsakt, gegen den in der Hauptsache eine Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO erhoben werden kann (BayVGH, B.v. 8.3.2010 - 3 CE 10.171 - juris Rn. 19; VGH BW, B. v. 17.1.2011 - 4 S 1.11 - juris Rn. 2).

Zutreffend ist das Verwaltungsgericht ferner nach dem in § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zum Ausdruck kommenden Amtsträgerprinzip davon ausgegangen, dass richtige Antragsgegnerin die Bundesrepublik Deutschland und nicht das Präsidium des Gerichts ist (BayVGH, B.v. 8.3.2010 - 3 CE 10.171 - juris Rn. 20; VGH BW, B.v. 17.1.2011 - 4 S 1.11 - juris Rn. 2).

b) Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Die Entscheidung des Präsidiums des Bundesfinanzhofs, die Antragstellerin mit Wirkung zum 1. Januar 2016 einem anderen Senat zuzuweisen, ist rechtmäßig.

aa) Die von der Antragstellerin vorgebrachten formellen Einwände greifen nicht durch.

(1) Das Präsidium hat der Antragstellerin entsprechend § 21e Abs. 5 GVG vor seiner am 24. November 2015 getroffenen Entscheidung ausreichend Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Es hat zwar in der Sitzung vom 10. November 2015 den Vertagungsantrag der Antragstellerin abgelehnt, ihr aber die Möglichkeit eingeräumt, den Präsidiumsmitgliedern bis zur nächsten Sitzung am 24. November 2015 weitere Unterlagen zu übermitteln. Die Antragstellerin hat sich u. a. mit Schreiben vom 19. November 2015 geäußert und wurde mit Schreiben des Gerichtspräsidenten vom 20. November 2015 gebeten, dem Präsidium am 24. November 2015 für ein Gespräch zur Verfügung zu stehen. Das Präsidium hat sich mit den Einwänden der Antragstellerin gegen ihre Umsetzung u. a. in den Sitzungen vom 10. und 24. November 2015 befasst. Wenn diese sich trotz der ausdrücklichen Teilnahmebitte dafür entscheidet, an der Präsidiumssitzung vom 24. November 2015 nicht teilzunehmen, hat sie selbst eine wesentliche Gelegenheit ausgelassen, sich persönlich - neben dem bereits umfangreich schriftlich Vorgebrachten - zu den ihr weiter wichtig erscheinenden Gesichtspunkten Gehör zu verschaffen. Sie kann dann im späteren gerichtlichen Verfahren eine Verletzung des Anhörungsrechts oder ein „unfaires Verfahren“ nicht mehr mit Erfolg rügen (vgl. BayVGH, B.v. 16.6.2011 - 6 ZB 11.248 - juris Rn. 12).

(2) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, mit Umsetzung des Präsidiumsbeschlusses würden die Rechte von (anderen) Verfahrensbeteiligten auf die Wahrung rechtlichen Gehörs und auf ihren gesetzlichen Richter verletzt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG sichert, wie sich schon aus dem Wortlaut dieser Verfassungsnorm ergibt, nur die Anhörung des Rechtsträgers selbst und die Berücksichtigung seines eigenen Vorbringens; er vermittelt dagegen keinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Anhörung Dritter oder darauf, eine angebliche Gehörsverletzung eines anderen Prozessbeteiligten rügen zu können (BVerwG, B.v. 23.6.2011 - 9 B 94.10 - juris Rn. 3). Das gleiche gilt hinsichtlich der Rüge, durch eine Umsetzung der Antragstellerin werde der gesetzliche Richter (anderer Verfahrensbeteiligter) gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht gewahrt.

(3) Fehl geht schließlich die Rüge, der Geschäftsverteilungsplan 2016 sei rechtswidrig zustande gekommen, weil den nicht dem Präsidium angehörenden Richtern des Bundesfinanzhofs vor der Beschlussfassung über den Geschäftsverteilungsplan 2016 kein Entwurf zugeleitet worden sei, weshalb keine Gelegenheit zur Äußerung bestanden habe. Das gilt unabhängig davon, ob der Vorwurf zutrifft oder nicht. Nach § 21e Abs. 2 GVG ist zwar vor der Geschäftsverteilung den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Eine Verletzung dieser Pflicht hat indessen keine rechtlichen Folgen (Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl. 2015, § 21e Rn. 44).

bb) Die Zuteilung der Antragstellerin an einen anderen Senat begegnet auch materiellrechtlich keinen Bedenken. Sie ist weder willkürlich noch verletzt sie die richterliche Unabhängigkeit.

(1) Nach § 21e Abs. 1 Satz 1 und 2 GVG bestimmt das Präsidium (u. a.) die Besetzung der Spruchkörper und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Das Präsidium hat für die ordnungsgemäße Erledigung der anfallenden Rechtsprechungsaufgaben durch Einsatz der dem Gericht zugeteilten Richter zu sorgen. Dabei gibt es kein Recht eines Richters auf die Erledigung bestimmter Rechtsangelegenheiten. Ein Richter muss grundsätzlich für jede Tätigkeit im Rahmen der gerichtlichen Zuständigkeit einsetzbar und einsatzbereit sein (BayVGH, B.v. 8.3.2010 - 3 CE 10.171 - juris Rn. 26; VGH BW, B.v. 17.1.2011 - 4 S 1.11 - juris Rn. 5). Da die Verteilung der richterlichen Geschäfte eine organisatorische Maßnahme darstellt, die einer beamtenrechtlichen Umsetzung entspricht oder vergleichbar ist, ist das dem Präsidium eingeräumte Ermessen innerhalb der gesetzlichen Grenzen grundsätzlich weit (VGH BW, B.v. 17.1.2011 - 4 S 1.11 - juris Rn. 5). Für eine Veränderung des bisherigen Aufgabengebiets eines Richters kann es mannigfache sachliche Gründe geben. Dementsprechend kann auch bei persönlichen Spannungen eine Änderung der Geschäftsverteilung zweckmäßig sein (BayVGH, B.v. 8.3.2010 - 3 CE 10.171 - juris Rn. 26). Als mögliche Verletzungen der persönlichen Rechtsstellung des Richters, die den Ermessensspielraum des Präsidiums begrenzen, kommen insbesondere Verstöße gegen die richterliche Unabhängigkeit (Art. 97 GG) und gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) in Betracht (VGH BW, B.v. 17.1.2011 - 4 S 1.11 - juris Rn. 5).

Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass eine Störung der reibungslosen Zusammenarbeit innerhalb des öffentlichen Dienstes durch innere Spannungen und durch Trübung des Vertrauensverhältnisses regelmäßig als Beeinträchtigung des täglichen Dienstbetriebs zu werten ist, für deren Abstellung das Präsidium eines Gerichts im richterlichen Bereich zu sorgen hat. Wenn dafür nach Lage des Falles die Umsetzung eines der Streitbeteiligten geboten erscheint, ist ein dienstliches Bedürfnis für die Umsetzung grundsätzlich bereits aufgrund der objektiven Beteiligung an dem Spannungsverhältnis zu bejahen, also unabhängig von der Verschuldensfrage (BVerwG, B.v. 26.11.2004 - 2 B 72.04 - juris; BayVGH, B.v. 24.3.2015 - 3 ZB 14.591 - juris Rn. 9; B.v. 21.8.2012 - 6 ZB 11.3015 - juris Rn. 6).

Die persönliche Unabhängigkeit eines Richters nach Art. 97 Abs. 2 GG unterfällt als hergebrachter Grundsatz des richterlichen Amtsrechts dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG. Von diesem Schutz erfasst wird neben den in Art. 97 Abs. 2 Satz 1 GG ausdrücklich genannten Handlungen jede Maßnahme, die materiell einer Entlassung, einer dauernden oder zeitweisen Amtsenthebung oder einer Versetzung in den Ruhestand gleichkommt, durch welche also faktisch dasselbe wie durch eine der in Art. 97 Abs. 2 Satz 1 GG genannten förmlichen Maßnahmen erreicht wird. Zwar hat ein Richter keinen Anspruch auf die Entscheidung eines nach der Geschäftsverteilung zu seiner Zuständigkeit gehörenden Rechtsstreits. Jedoch ist es dem Präsidium verwehrt, einen planmäßig bei einem Gericht ernannten Richter als für die Rechtsprechung dieses Gerichts untragbar, völlig ungeeignet oder unzumutbar zu qualifizieren und aus diesem Grund von der Rechtsprechung fernzuhalten. Hingegen können die Festlegungen im Rahmen der Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans, wenn keine besonderen Umstände hinzukommen, keine Eingriffe in die richterliche Unabhängigkeit begründen (BVerfG, B.v. 28.11.2007 - 2 BvR 1431/07 - juris Rn. 17).

(2) Gemessen an diesem Maßstab greifen die Einwände, die die Antragstellerin gegen ihre Umsetzung in einen anderen Senat zum Geschäftsjahr 2016 vorbringt, nicht durch.

Anlass für die streitige Anordnung war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, ein - erhebliches - Spannungsverhältnis zwischen der Antragstellerin und den anderen Mitgliedern ihres bisherigen Senats. Dieses Spannungsverhältnis tritt allein schon durch die Aktenvorgänge deutlich in Erscheinung. Erkennbar wird es insbesondere durch den - auch im Namen der drei anderen Senatsmitglieder gestellten - Antrag des Senatsvorsitzenden vom 7. Oktober 2015 an den Präsidenten des Bundesfinanzhofs als Vorsitzenden des Präsidiums, die Antragstellerin einem anderen Senat zuzuweisen. Die Antragstellerin wiederum hat mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 mit Nachtrag vom 11. Oktober 2015 den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz gebeten, im Wege der „Dienstaufsicht“ tätig zu werden und gegebenenfalls disziplinarrechtliche Maßnahmen gegen Mitglieder ihres bisherigen Senats zu ergreifen, sowie ihrerseits mit Schreiben vom 15. Oktober 2015 beantragt, den Senatsvorsitzenden oder den Kollegen M. einem anderen Senat des Bundesfinanzhofs zuzuweisen. Die drei Beisitzer aus dem bisherigen Senat der Antragstellerin haben mit Schreiben vom 3. und 4. November 2015 für den Fall, dass das Präsidium dem Antrag auf Umsetzung der Antragstellerin in einen anderen Senat nicht entspreche, hilfsweise ihre eigene Zuweisung zu einem anderen Senat beantragt, weil ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit der Antragstellerin im Senat nicht mehr möglich sei. Dass diese Schreiben der Antragstellerin nach ihrem Beschwerdevorbringen erst im Rahmen des „Tatbestandsberichtigungverfahrens“ vor dem Verwaltungsgericht bekannt gegeben worden sind, ist rechtlich unerheblich. Sie sind Teil der bereits dem Verwaltungsgericht vorgelegten Verfahrensakten der Antragsgegnerin, in die die Antragstellerseite jederzeit hätte Akteneinsicht nehmen können. Im Übrigen ist die Antragstellerin durch den Auszug aus dem Protokoll der Präsidiumssitzung vom 10. November 2015 davon informiert worden, dass „von den Mitgliedern“ des bisherigen Senats Anträge gestellt worden waren. Auch insoweit hätte sie sich daher selbst ausreichende Kenntnis verschaffen können (vgl. oben II. 1. b) (1)).

Aus alldem sowie dem umfangreichen Schriftwechsel musste sich dem Präsidium aufdrängen, dass aufgrund schwerwiegender Zerwürfnisse zwischen der Antragstellerin einerseits und den übrigen Senatsmitgliedern andererseits eine sinnvolle und zielgerichtete Zusammenarbeit ernstlich gefährdet war. Dieses objektiv bestehende Spannungsverhältnis rechtfertigt es, die Senatsbesetzung zu ändern und schon zur Vermeidung umfangreicher personeller Wechsel nur die Antragstellerin und nicht die übrigen Senatsmitglieder einem anderen Senat zuzuweisen.

Entgegen der Ansicht der Beschwerde kam es bei der Entscheidung des Präsidiums nicht darauf an, was Auslöser des Konflikts im bisherigen Senat gewesen ist und welche „Schuld“ die daran Beteiligten hatten. So ist es insbesondere unerheblich, ob die Auffassung der Antragstellerin bezüglich der von ihr gerügten senatsinternen Geschäftsverteilung bei bestimmten Verfahren (Vergabe von Aktenzeichen, Zuteilung von Verfahren auf Berichterstatter) richtig war oder nicht. Dies gilt unabhängig davon, dass die Antragstellerin diese Frage als den ausschließlichen „Herd“ der Konfliktsituation darstellt und hierzu u. a. eine „unabhängige Untersuchung“ wünscht. Das gleiche gilt für sämtliche von der Beschwerde dazu im Einzelnen vorgetragene Umstände. Es kommt grundsätzlich allein auf die objektive Beteiligung der Antragstellerin an dem im bisherigen Senat zweifelsfrei bestehenden Spannungsverhältnis an, nicht aber auf ein Verschulden oder „Rechthaben“ (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2004 - 2 B 72.04 - juris; BayVGH, B.v. 24.3.2015 - 3 ZB 14.591 - juris Rn. 9; B.v. 21.8.2012 - 6 ZB 11.3015 - juris Rn. 6). Es ist weder Aufgabe des Präsidiums noch der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die unterschiedlichen Rechtsauffassungen, die die Antragstellerin und die übrigen Senatsmitglieder zu Fragen der senatsinternen Geschäftsverteilung oder gar zu einzelnen Streitverfahren jeweils vertreten haben, zu bewerten und als Richtschnur für Umsetzungen heranzuziehen. Das Präsidium durfte unabhängig davon annehmen, dass das senatsinterne Spannungsverhältnis im Interesse eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes anders als durch eine Trennung der Beteiligten nicht lösbar ist. Nachdem sämtliche Richter des bisherigen Senats eine weitere Zusammenarbeit mit der Antragstellerin abgelehnt hatten, war es entgegen der Ansicht der Beschwerde - ohne weiteres - sachgerecht und verhältnismäßig, die Konfliktsituation durch Umsetzung der Antragstellerin in einen anderen Senat aufzulösen. Dem stehen weder die langjährige Zugehörigkeit der Antragstellerin zum bisherigen Senat entgegen noch der mit dem Senatswechsel verbundene Verlust der Funktion als stellvertretende Vorsitzende noch ein von der Antragstellerin befürchteter Ansehensverlust in der Fachwelt. Bei einer Gesamtschau des Akteninhalts unter Würdigung des umfangreichen Beschwerdevorbringens gibt es zur Überzeugung des Senats keinen greifbaren Anhaltspunkt für die Annahme, das Präsidium hätte bei seiner Entscheidung ausnahmsweise (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.1967 - VI C 58.65 - juris Rn. 37) das Verschulden der Streitbeteiligten berücksichtigen und von einer Umsetzung der Antragstellerin als dem „Opfer“ einer systematischen ungerechtfertigten Behandlung absehen müssen. Auch wenn die Beschwerde aus der subjektiven Sicht der Antragstellerin eine solche Situation behauptet, fehlt es an objektiven und belastbaren Anhaltspunkten.

Die angegriffene Anordnung des Präsidiums verstößt nicht gegen Art. 97 GG. Die Antragstellerin wird durch ihre Umsetzung in einen anderen Senat nicht in ihrer richterlichen Unabhängigkeit verletzt. Sie hat aufgrund der Geschäftsverteilung für das Geschäftsjahr 2016 Rechtsprechungsaufgaben in einem anderen Senat zugewiesen erhalten. Dieser Senat bearbeitet zudem im Wesentlichen dieselben Rechtsgebiete wie der bisherige Senat, so dass insoweit keine Einarbeitung in eine neue Rechtsmaterie erforderlich ist. Aus dem in § 21e Abs. 1 Satz 2 GVG verankerten Jährlichkeitsprinzip der Geschäftsverteilung folgt im Übrigen, dass ein Richter vor einer Änderung der ihm zukommenden Aufgaben nicht generell geschützt ist. In dieser Festlegung zu Beginn des Geschäftsjahres kann daher, ohne dass besondere Umstände hinzukommen, kein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit gesehen werden (BVerfG, B.v. 28.11.2007 - 2 BVR 1431/07 - juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 8.3.2010 - 3 CE 10.171 - juris Rn. 34). Eine Maßnahme des Präsidiums im Rahmen der Geschäftsverteilung unterliegt den Anforderungen an die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens und darf sich nicht als willkürlich darstellen (BVerfG, a. a. O., Rn. 11). Dem genügt die Umsetzung der Antragstellerin. Aus den oben genannten Gründen liegen keine „besonderen Umstände“ vor.

Bei der Zuteilung an einen anderen Senat handelt es sich nicht um eine verdeckte Disziplinarmaßnahme, die gegen das Prinzip richterlicher Unabhängigkeit gemäß Art. 97 GG verstößt. Die richterliche Unabhängigkeit, die Art. 97 Abs. 1 GG gewährleistet, stellt kein persönliches Privileg dar, sondern eine funktionsbezogene Gewährleistung eines Freiraums, dessen der Richter zur sachgerechten Erfüllung der ihm gestellten Rechtsprechungsaufgaben bedarf. Inhaltlich bedeutet die gewährleistete sachliche Unabhängigkeit Weisungsfreiheit. Die Unabhängigkeitsgarantie bietet nur Schutz gegen auf die Rechtsprechung bezogene Maßnahmen. Ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit der Antragstellerin läge dann vor, wenn die Neuverteilung der Geschäfte eine Reaktion des Präsidiums auf die rechtsprechende Tätigkeit der Antragstellerin darstellen würde. Vorliegend geht es jedoch nicht um Kritik an richterlichen Entscheidungen der Antragstellerin, sondern um die objektiv vorliegenden innerdienstlichen Spannungen innerhalb ihres bisherigen Senats (vgl. BayVGH, B.v. 8.3.2010 - 3 CE 10.171 - juris Rn. 36).

2. Mit der Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt sich der weitere Antrag auf eine vorläufige Regelung für die Zeit bis zum Abschluss des Eilverfahrens.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

2. Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

A.

1

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist ein Konkurrentenstreit um die Stelle einer Vorsitzenden Richterin/eines Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer ist Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Stuttgart. Er steht seit 15. Oktober 1979 im richterlichen Dienst des Landes Baden-Württemberg. Am 4. September 1992 wurde er zum Richter am Verwaltungsgerichtshof ernannt, zum 15. September 2008 wurde er an das Verwaltungsgericht Stuttgart als Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht versetzt. Dort war er zunächst der 12. Kammer zugewiesen. Ab dem 19. Januar 2009 wurde er Vorsitzender der 11. Kammer, zudem übernahm er ab dem 1. Januar 2009 den Vorsitz der 22. Kammer, einer mit dem Vorsitzenden Richter und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzten Fachkammer für Personalvertretungssachen.

3

Am 23. Juli 2014 bewarb der Beschwerdeführer sich unter anderem auf die Stelle eines Vorsitzenden Richters/einer Vorsitzenden Richterin am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg.

4

Hierauf erstellte die Präsidentin des Verwaltungsgerichts Stuttgart am 10. September 2014 eine dienstliche Anlassbeurteilung mit dem Gesamturteil "[wird] den Anforderungen des angestrebten höheren Amts eines Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgerichtshof voll entsprechen". Dieses Gesamturteil ist zwei Notenstufen schlechter als dasjenige seiner letzten Beurteilung anlässlich der Bewerbung um das Amt eines Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht vom 17. Juni 2008.

5

2. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer unter dem 23. September 2014 Widerspruch, mit welchem er die Befangenheit der Beurteilerin und einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit rügte. Mit Schreiben vom 12. September 2014 beantragte er die Abänderung des Gesamturteils in "wird die Anforderungen an das Amt eines Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgerichtshof übertreffen".

6

Die Präsidentin des Verwaltungsgerichts Stuttgart hob auf Bitte des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs die Beurteilung auf und verfasste unter dem 12. Januar 2015 eine neue Anlassbeurteilung. Für diese Beurteilung holte sie einen Beurteilungsbeitrag des ehemaligen Präsidenten des Verwaltungsgerichts Stuttgart ein. Auch diese Beurteilung schloss mit dem Gesamturteil "entspricht voll den Anforderungen des angestrebten höheren Amts eines Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgerichtshof".

7

3. Sein gegen die Beurteilung vom 12. Januar 2015 erhobener Widerspruch vom 11. Februar 2015, mit welchem er im Wesentlichen einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit rügte, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2015 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde angeführt, der Beschwerdeführer werde durch die Beurteilung nicht in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt. Soweit es insbesondere um seine Tätigkeit als Vorsitzender in den beiden Kammern gehe, beschränke sich die Beurteilung vom 12. Januar 2015 auf Feststellungen zum Umfang der Einzelrichtertätigkeit und schließe hieraus zutreffend, dass es nach wie vor an einer tragfähigen Grundlage zur Beurteilung der Verhandlungsführung des Beschwerdeführers in einem mit drei Berufsrichtern besetzten Spruchkörper fehle.

8

Über die zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhobene Klage ist bisher noch nicht entschieden worden.

9

4. Auf die ausgeschriebene Stelle waren neben der Bewerbung des Beschwerdeführers drei weitere Bewerbungen eingegangen. In dem vom Justizministerium des Landes Baden-Württemberg am 1. Februar 2015 erstellten Auswahlvermerk, in dem die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich fixiert worden sind, wird ausgeführt, die aktuellen Anlassbeurteilungen zeigten, dass alle vier Bewerber für das angestrebte Amt geeignet seien. Jedoch sei anhand der Beurteilungen ein klarer Vorsprung des Beigeladenen des Ausgangsverfahrens gegenüber den anderen drei Bewerbern zu erkennen, der in der gegenüber dem Beschwerdeführer um zwei Notenstufen und gegenüber den beiden anderen Mitbewerbern um eine Notenstufe besseren zusammengefassten Beurteilung zum Ausdruck komme. Das Justizministerium des Landes Baden-Württemberg entschied, den Beigeladenen dem Ministerpräsidenten zur Ernennung vorzuschlagen. Die Auswahlentscheidung wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17. März 2015 mitgeteilt.

10

5. Der Beschwerdeführer legte gegen die ablehnende Auswahlentscheidung am 1. April 2015 Widerspruch ein und beantragte mit Schriftsatz vom 7. April 2015 beim Verwaltungsgericht Stuttgart einstweiligen Rechtsschutz. Mit Beschluss vom 3. August 2015 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart dem Antragsgegner untersagt, die ausgeschriebene Stelle zu besetzen, bevor über die Bewerbung des Beschwerdeführers unter Beachtung der Rechtsaufassung des Gerichts eine neue Auswahlentscheidung getroffen worden ist. Der Beschwerdeführer habe einen erforderlichen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Auswahlentscheidung verletze ihn in seinem Bewerbungsverfahrensrecht, weil ihr eine Beurteilung zugrunde gelegt wurde, die "mit hoher Wahrscheinlichkeit an einer falschen bzw. unvollständigen Beurteilungsgrundlage" leide.

11

6. Auf die Beschwerde des Landes Baden-Württemberg änderte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 27. Oktober 2015 den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart ab und lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung insgesamt ab.

12

Zur Begründung führte er an, der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft gemacht, dass das nach den Grundsätzen des Art. 33 Abs. 2 GG zu führende und der angegriffenen Auswahlentscheidung zugrundeliegende Auswahlverfahren seinen Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Auswahlentscheidung verletzt habe. Selbst wenn von Mängeln seiner dienstlichen Beurteilung auszugehen sei, könne nicht festgestellt werden, dass eine Auswahl des Beschwerdeführers in einem erneuten Auswahlverfahren ernsthaft möglich erscheint.

13

a) Dabei habe die inzidente verwaltungsgerichtliche Prüfung der der Auswahlentscheidung zugrundeliegenden Beurteilung unter allen Gesichtspunkten zu erfolgen, die ihre Eignung als Auswahlgrundlage beeinträchtigen könnten. Auch die Zuständigkeit des Richterdienstgerichts nach § 26 Abs. 3, § 62 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe e Deutsches Richtergesetz (DRiG) und § 63 Nr. 4 Buchstabe f Landesrichter- und -staatsanwaltsgesetz (LRiStAG) zur Überprüfung von Maßnahmen der Dienstaufsicht im Hinblick auf eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit führe nicht dazu, dass der Prüfungsumfang beschränkt wäre.

14

Die Zuständigkeit des Richterdienstgerichts sei nicht nur dem Gegenstand (Maßnahmen der Dienstaufsicht), sondern auch dem Anfechtungsgrund nach (aus den Gründen des § 26 Abs. 3 DRiG) begrenzt. Hiervon ausgehend werde der aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG resultierende Schutz des Bewerbers im Konkurrentenstreitverfahren vor der abschließenden Stellenbesetzung ausschließlich im verwaltungsgerichtlichen und nicht auch im dienstgerichtlichen Verfahren gewährt. Die den streitgegenständlichen Bewerbungsverfahrensanspruch betreffende Auswahlentscheidung stelle keine Maßnahme der Dienstaufsicht dar, da sie sich nicht kritisch mit dem dienstlichen Verhalten eines oder mehrerer Richter befasse oder geeignet sein könne, sich auf das künftige Verhalten dieser Richter in bestimmter Richtung auszuwirken. Die Auswahlentscheidung beschränke sich darauf, darüber zu entscheiden, welcher der Bewerber der für ein bestimmtes Richteramt am besten geeignete im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG ist. Die im Rahmen des gegen die Auswahlentscheidung gerichteten Verfahrens vorzunehmende inzidente Prüfung der Rechtmäßigkeit einer dienstlichen Beurteilung verändere aber nicht den Streitgegenstand, so dass eine umfassende Prüfungsbefugnis bestehe.

15

Gegen eine nur eingeschränkte inzidente Prüfung der der Auswahlentscheidung zugrundeliegenden Beurteilung spreche zusätzlich das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Nur durch eine umfassende Prüfung könne dem grundrechtlichen Anspruch des Bewerbers auf eine tatsächlich wirksame und möglichst lückenlose gerichtliche Kontrolle der Auswahlentscheidung Rechnung getragen werden. Das habe umso mehr zu gelten, als das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben dürfe, mithin keine summarische Prüfung, sondern eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl verfassungsrechtlich geboten sei.

16

Dem stehe nicht die Regelung des § 85 Abs. 3 Satz 1 LRiStAG entgegen, wonach eine Pflicht zur Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Dienstgericht besteht, wenn die Entscheidung eines anderen Gerichts als eines Dienstgerichts davon abhängt, ob eine Maßnahme der Dienstaufsicht aus den Gründen des § 26 Abs. 3 DRiG unzulässig ist. Die Vorschrift könne keine Geltung für den Fall des vorläufigen Rechtsschutzes beanspruchen. Die Aussetzungspflicht bestehe nur bei Hauptsacheverfahren. Gegen eine Aussetzungspflicht im Konkurrentenstreitverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes seien verfassungsrechtliche Erwägungen anzuführen. Die in § 85 Abs. 3 Satz 1 LRiStAG geregelte Möglichkeit einer Aussetzung führe zur Verzögerung des Verfahrens und tangiere damit den in Art. 19 Abs. 4 GG angelegten Anspruch auf rechtzeitigen Rechtsschutz. Überdies bildeten die am Verfahren Beteiligten ein mehrpoliges Rechtsverhältnis und so seien dementsprechend unter dem Gesichtspunkt des Gebots effektiven Rechtsschutzes unterschiedliche Belange von verfassungsrechtlichem Gewicht zum Ausgleich zu bringen.

17

Eine Einschränkung der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis ergebe sich auch wegen der unterschiedlichen Streitgegenstände nicht aus einer etwaigen Bindungswirkung dienstgerichtlicher Entscheidungen. Dabei sei nicht ausgeschlossen, dass die Frage, ob eine streitige dienstliche Beurteilung eines Richters wegen einer Beeinträchtigung der durch Art. 97 Abs. 1 GG geschützten richterlichen Unabhängigkeit zu beanstanden ist, vom Richterdienstgericht und vom Verwaltungsgericht unterschiedlich beantwortet wird.

18

b) Die auf der Grundlage der aktuellen dienstlichen Anlassbeurteilungen des Beschwerdeführers, des beigeladenen (erfolgreichen) Mitbewerbers und der weiteren Bewerber ergangene Auswahlentscheidung erweise sich nicht als fehlerhaft. Der Beschwerdeführer wende sich unzutreffend gegen diese Auswahlentscheidung mit dem Vorbringen, die ihn betreffende Anlassbeurteilung vom 12. Januar 2015 sei zu seinen Lasten fehlerhaft.

19

aa) Die Beurteilung beruhe nicht auf einer falschen oder unvollständigen tatsächlichen Beurteilungsgrundlage. Auch bei Zugrundelegung der Darstellung des Beschwerdeführers ergebe sich, dass der wesentliche Sachverhalt in dem von der Beurteilerin wörtlich zitierten Beurteilungsbeitrag des damaligen Präsidenten des Verwaltungsgerichts in komprimierter Form zutreffend dargestellt werde. Die Richtigkeit der im Beurteilungsbeitrag enthaltenen tatsächlichen Feststellungen sei auch durch dienstliche Äußerungen Dritter bestätigt worden. Damit beruhten die Bewertung der Kommunikations- und Teamfähigkeit sowie der Sozial- und Führungskompetenz des Beschwerdeführers auf sachlich zutreffenden Erwägungen und seien deshalb rechtlich nicht zu beanstanden. Auch greife der Vortrag des Beschwerdeführers, seine dienstliche Beurteilung sei unbestimmt, nicht hinreichend differenziert und in sich widersprüchlich, nicht durch.

20

bb) Die Schilderungen des vormaligen Präsidenten des Verwaltungsgerichts Stuttgart in seinem Beurteilungsbeitrag zur Urlaubssituation der 11. Kammer am 1. und 2. August 2011 und die Würdigung, dass eine Urlaubsvertretung im Falle der vollständigen Vakanz der mit vier Richtern besetzten Kammer auch für nur wenige Tage nicht verlässlich geregelt ist, wenn der Kammervorsitzende die Präsenz der Kammermitglieder an den fraglichen Tagen nicht hinreichend im Blick hat, begegne keinen rechtlichen Bedenken. Weder dem Beurteilungsbeitrag noch der Beurteilung selbst habe zugrunde gelegen, dass die Verantwortung für das Kommunikationsdefizit im Zusammenhang mit der vollständigen Vakanz allein dem Beschwerdeführer zuzuschreiben war. Festgestellt worden sei, dass die Zusammenarbeit mit dem Beschwerdeführer und seiner Kammer sich schwierig gestaltet habe.

21

cc) Auch im Hinblick auf die im Beurteilungsbeitrag enthaltenen tatsächlichen Feststellungen zu den Ereignissen vom 4. April 2009 im Zusammenhang mit dem NATO-Gipfel lasse sich ein Beurteilungsfehler nicht feststellen. Im Beurteilungsbeitrag sei aus dem Verhalten des Beschwerdeführers an diesem Tage gefolgert worden, dass insoweit nicht nur das Kommunikationsdefizit innerhalb der Kammer deutlich geworden sei, sondern auch "mangelndes Verantwortungsgefühl und Anleitung gegenüber dem nichtrichterlichen Personal". Diese Schlussfolgerung erscheine ohne Weiteres plausibel, gerade auch mit Blick auf die aus den dienstlichen Erklärungen der Unterstützungskräfte ersichtliche Verunsicherung, die dadurch ausgelöst worden war, dass der Beschwerdeführer das Gericht wieder verlassen hatte, ohne die anwesenden Unterstützungskräfte instruiert zu haben.

22

dd) Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Ausführungen in der Beurteilung wende, die Beurteilerin habe mangels Kammersitzungen keine Bewertung der Verhandlungsführung und der Kommunikation in einem kollegialen, mit weiteren Berufsrichtern besetzten Spruchkörper in allgemeinen Verwaltungsrechtssachen vornehmen können, begegne dies keinen Bedenken. Der Beurteilung könne damit nicht entnommen werden, dass dort - ausdrücklich oder auch nur sinngemäß - moniert werde, dass Entscheidungen in der 11. Kammer überwiegend vom konsentierten Einzelrichter nach § 87a Abs. 2 VwGO oder vom Einzelrichter nach § 6 VwGO getroffen worden sind. Die Notwendigkeit zur Differenzierung zwischen der Verhandlungsführung in der 11. und 22. Kammer ergebe sich nicht nur aus der unterschiedlichen Zusammensetzung der Spruchkörper, sondern auch daraus, dass in einem mit drei Berufsrichtern besetzten Spruchkörper der Vorsitzende vor allem auch Verhandlungen in Rechtssachen führe, in denen nicht er selbst, sondern eine(r) der beisitzenden Berichterstatterinnen oder Berichterstatter die mündliche Verhandlung vorbereitet hat. Dass die Verhandlungsführung eines Kammervorsitzenden in allgemeinen Verwaltungsrechtssachen im Übrigen eigenständige Aussagekraft für die Eignungsprognose im Hinblick auf das angestrebte Amt eines Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgerichtshof hat, der ebenfalls auf der Grundlage der Verwaltungsgerichtsordnung mit zwei richterlichen Beisitzern verhandelt, liege auf der Hand.

23

Folglich ließen sich auch keine Mängel der Beurteilung unter dem Gesichtspunkt einer Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit feststellen. Dies habe auch für die Formulierung zu gelten, der Beschwerdeführer konzentriere seine leitende Aktivität als Kammervorsitzender vor allem auf die 22. Kammer. Die Formulierung könne nicht als die Unabhängigkeit des Richters beeinträchtigende direkte oder indirekte Einflussnahme auf seine Verfahrens- oder Entscheidungspraxis verstanden werden. Eine ausdrückliche Weisung oder eine Aufforderung, zukünftig den Schwerpunkt seiner Leitungstätigkeit als Kammervorsitzender zu verändern, sei mit dieser Aussage nicht verbunden. Die Leitungstätigkeit werde auch in diesem Kontext weder ausdrücklich noch sinngemäß einer Kritik unterzogen, sondern in allgemeiner und die Entscheidungsfreiheit nicht in Frage stellender Weise beschrieben.

24

ee) Der Beschwerdeführer könne auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Ereignisse lägen bereits längere Zeit zurück und seien daher nicht zu berücksichtigen. Die Beurteilerin habe im Zusammenhang mit der Führungskompetenz ausgeführt, auch sie sei der Auffassung, dass die von ihrem Vorgänger aufgezeigten Sachverhalte fortwirkend Anlass zu Zweifeln an der Führungskompetenz in Bezug auf die für einen Vorsitzenden erforderliche Kommunikationsbereitschaft, Integrations- und Motivationskraft sowie Fähigkeit zur Konfliktlösung innerhalb des richterlichen Spruchkörpers gäben.

25

ff) Fehler in der Gesamtwürdigung seien ebenfalls nicht festzustellen. Dass sich die deutlichen Defizite in der Sozial- und Führungskompetenz trotz des Vorliegens hoher fachlicher Befähigung und Leistung auf die Gesamtbeurteilung auswirkten, sei nicht zu beanstanden.

26

gg) Die Beurteilung sei schließlich auch nicht deshalb fehlerhaft, weil gegen die Pflicht verstoßen worden wäre, den Beschwerdeführer gerecht, unvoreingenommen und möglichst objektiv zu beurteilen.

27

hh) Vor dem Hintergrund der sachlichen Rechtfertigung der Wertungen lasse sich eine Fehlerhaftigkeit der dienstlichen Beurteilung wegen Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 GG, § 26 Abs. 3 DRiG) nicht feststellen. Insoweit mache der Verwaltungsgerichtshof sich die Gründe des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2015 und des Beschlusses des Dienstgerichts für Richter vom 22. Juni 2015 (siehe unten 8.) zu eigen.

28

c) Auch bei Annahme einer fehlerhaften Beurteilung setze ein Anspruch des Beschwerdeführers auf eine erneute Auswahlentscheidung voraus, dass sich der Verstoß auf die Erfolgsaussichten der eigenen Bewerbung auswirken könne. Deren Erfolg müsse bei rechtsfehlerfreiem Verlauf zumindest ernsthaft möglich sein. Dies sei jedoch nicht der Fall. Maßgebliche Bedeutung komme dabei dem im Auswahlvermerk festgestellten klaren Vorsprung des Beigeladenen zu, der in der gegenüber dem Beschwerdeführer um zwei Notenstufen besseren zusammengefassten Beurteilung zum Ausdruck komme.

29

Die dienstliche Beurteilung bescheinige dem Beschwerdeführer zwar eine hohe fachliche Befähigung und beachtlich hohe Leistungen als Vorsitzender der Fachkammer für Personalvertretungssachen sowie im Bereich der 11. Kammer als Einzelrichter und Vorsitzender nach § 87a Abs. 2 VwGO. Hinter der dem Beigeladenen in diesem Zusammenhang bescheinigten Qualifikation ("auch in quantitativer Hinsicht Spitzenkraft", "herausragende" bzw. "hervorragende" Fachkompetenz, "durchgängig vorbildliche" Kammerführung, "Garant für die Güte und Stetigkeit der Rechtsprechung des Spruchkörpers", Kammer unter seinem Vorsitz "Aushängeschild des Gerichts", "fachliche Autorität" … "unbestritten") bleibe er indes weit zurück. Nichts anderes habe mit Blick auf die Sozial- und Führungskompetenz, die beim Beigeladenen uneingeschränkt positiv beurteilt werde ("agiert in allen Bereichen auf äußerst hohem Niveau", "geradezu vorbildlich", "besondere Fähigkeit"), zu gelten. Jedenfalls erscheine bei einer Gesamtwürdigung des Leistungsvergleichs unter Einbeziehung der unstreitigen tatsächlichen Feststellungen in der Beurteilung des Beschwerdeführers die Annahme offensichtlich ausgeschlossen, dass für ihn die ernsthafte Möglichkeit bestehe, den eklatanten Eignungs- und Leistungsvorsprung des Beigeladenen in einem erneuten Auswahlverfahren auszugleichen. Die Annahme eines offenen Auswahlverfahrens sei rein theoretisch.

30

Dass der Dienstgerichtshof für Richter in seinem Beschluss vom 26. Oktober 2015 (siehe unten 8.) die Formulierung in der dienstlichen Beurteilung, der Beschwerdeführer konzentriere seine leitende Aktivität als Kammervorsitzender vor allem auf die 22. Kammer, beanstandet habe, ändere an dieser Bewertung nichts. Denn dieser Formulierung komme angesichts der übrigen Ausführungen in diesem Zusammenhang und in der dienstlichen Beurteilung insgesamt kein eigenständiger, im vorliegenden Verfahren relevanter Aussagegehalt zu.

31

7. Der Beschwerdeführer erhob am 23. November 2015 Anhörungsrüge gemäß § 152a VwGO. Der Verwaltungsgerichtshof wies die Anhörungsrüge mit Beschluss vom 18. Dezember 2015 zurück. In wesentlichen Punkten handele es sich um neues Vorbringen zu bisher nicht bestrittenem Sachverhalt. Zudem seien die nachgeschobenen Angaben vage und unschlüssig und deshalb zur Glaubhaftmachung ungeeignet. Aus der Nichterwähnung einzelner Begründungsteile des Vorbringens in den gerichtlichen Entscheidungsgründen könne nicht geschlossen werden, das Gericht habe sich nicht damit befasst. Soweit der Beschwerdeführer bezüglich der Vorgänge im Zusammenhang mit dem NATO-Gipfel geltend mache, das Gericht habe seinen Vortrag hierzu unberücksichtigt gelassen, gehe dies fehl. Das Gericht habe diesen zur Kenntnis genommen, allerdings festgestellt, dass der Beschwerdeführer einen von den Schilderungen der Servicekräfte in ihren dienstlichen Äußerungen abweichenden Sachverhalt nicht glaubhaft gemacht habe. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichte nicht dazu, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht der Beteiligten inhaltlich zu folgen. Das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers sei nicht entscheidungserheblich oder richte sich gegen die inhaltliche Richtigkeit des angegriffenen Beschlusses.

32

8. Parallel suchte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 1. April 2015 beim Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht Karlsruhe um vorläufigen Rechtsschutz und beantragte - nach rechtsschutzfreundlicher Auslegung der Anträge durch das Dienstgericht - unter anderem die Feststellung, dass bestimmte Formulierungen und Aussagen der dienstlichen Beurteilung vom 12. Januar 2015 ihn in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigten. Mit Beschluss vom 22. Juni 2015 wies das Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht Karlsruhe den Antrag zurück, ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit sei weder hinreichend substantiiert dargelegt worden, noch sei er sonst evident. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit die Formulierungen in der dienstlichen Beurteilung das richterliche Kerngeschäft kritisch bewerteten und den Beschwerdeführer - sei es auch nur durch psychologische Einflussnahme - veranlassen könnten, eine Verfahrens- oder Sachentscheidung künftig in einem anderen Sinne zu treffen. Die Äußerungen in der dienstlichen Beurteilung zu der Anzahl der Kammersitzungen der 11. Kammer würden zwar das richterliche Kerngeschäft betreffen. Der Beschwerdeführer lege aber schon nicht konkret dar, weshalb diesbezüglich die Grenze zur zulässigen Bewertung überschritten sei. Vielmehr sei eine solche Darstellung in einer Beurteilung anlässlich der Bewerbung um die Stelle eines Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgerichtshof zulässig. Die in der Beurteilung vorgenommene Darstellung zur unzureichenden Gestaltung der Urlaubsvertretung am 1. und 2. August 2011 und zur Anwesenheit des Antragstellers am 4. April 2009 beim Einsatz im Zusammenhang mit dem NATO-Gipfel beträfen Sachverhalte, die dem ordnungsgemäßen Geschäftsablauf und nicht dem richterlichen Kerngeschäft zuzuordnen seien.

33

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers hin hat der Dienstgerichtshof für Richter bei dem Oberlandesgericht Stuttgart mit Beschluss vom 26. Oktober 2015 den Beschluss des Dienstgerichts geändert und vorläufig festgestellt, dass die dienstliche Beurteilung des Beschwerdeführers durch die Präsidentin des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. Januar 2015 insoweit unzulässig ist, als es darin heißt: "Seine leitende Aktivität als Kammervorsitzender konzentriert Herr (…) vor allem auf die 22. Kammer." Die Verwendung des Wortes "konzentrieren" impliziere, der Beschwerdeführer käme bewusst und gewollt seiner ihm als Vorsitzenden obliegenden Aufgabe zur Leitung der 11. Kammer nicht nach. Ob ein bestimmtes verwaltungsgerichtliches Verfahren in Kammerbesetzung oder durch den Einzelrichter entschieden werde, sei allein prozessrechtlich determiniert und habe sich jeder Einflussnahme durch die Dienstaufsicht zu entziehen. Im Übrigen wurde die Beschwerde - mit einer Kostenquote von 9/10 zu Lasten des Beschwerdeführers - zurückgewiesen.

34

Weiterhin noch anhängig ist das Hauptsacheverfahren beim Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht Karlsruhe.

II.

35

Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 33 Abs. 2, Art. 33 Abs. 5 in Verbindung mit Art 97 Abs. 1, Art. 101 Abs. 1 Satz 2, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG durch die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 27. Oktober 2015 (- 4 S 1733/15 -) und vom 18. Dezember 2015 (- 4 S 2332/15 -).

36

1. Der Verwaltungsgerichtshof habe in dem angegriffenen Beschluss verkannt, dass seine Anlassbeurteilung vom 12. Januar 2015 rechtswidrig sei und ihn in Art. 33 Abs. 2 GG verletze.

37

a) Die Beurteilung sei rechtswidrig, weil sie seinem Leistungsprofil nicht Rechnung trage und in nicht mehr nachvollziehbarer Weise und damit willkürlich seine Sozial- und Führungskompetenz verneine. Die dienstliche Beurteilung sei unbestimmt, nicht hinreichend differenziert und in sich widersprüchlich. Er erfülle die Merkmale des Anforderungsprofils hinsichtlich der besonderen fachlichen Eignung, der Breite der juristischen Kenntnisse einschließlich der Fähigkeit zu deren wissenschaftlicher Durchdringung, aber auch hinsichtlich der Arbeitsmenge sowie der Belastbarkeit "in hervorragendem Maße". Hierauf komme es bei einer Anlassbeurteilung bei Bewerbungen auf eine Stelle am Verwaltungsgerichtshof an; die "sehr ausgeprägte Fachkompetenz" stelle ausweislich des Ergebnisses der Dienstbesprechung der Präsidenten der Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 11. Januar 2013 das Hauptkriterium für die Eignungsfeststellung dar. Unter Verkennung von Art. 33 Abs. 2 GG habe es der Verwaltungsgerichtshof unbeanstandet gelassen, dass die Beurteilung seine erfolgreichen Abordnungen an das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesverfassungsgericht, seine erfolgreiche Tätigkeit in mehreren Senaten als Richter am Verwaltungsgerichtshof, seine erfolgreiche Tätigkeit als Vorsitzender der 11. und 22. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart, seine langjährige Tätigkeit als Lehrbeauftragter, Honorarprofessor und Herausgeber sowie Autor von Fachkommentaren, seine vielen Veröffentlichungen und Vorträge, seine langjährige Mitwirkung an der Beamten- und Referendarausbildung nicht erörtert und nicht bewertet habe. Eine Würdigung seiner Fachkompetenz finde nicht statt, der Stellenwert seiner beruflichen Leistung im Vergleich zu anderen Richtern bleibe offen.

38

b) Soweit in der Beurteilung zwischen seiner Tätigkeit als Vorsitzender der 22. Kammer und der 11. Kammer differenziert und angeführt werde, eine Aussage zur Verhandlungsführung als Vorsitzender einer über allgemeine Verwaltungsrechtssachen verhandelnden Kammer in der Besetzung von drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern könne nicht getroffen werden, sei dies mit Blick auf Art. 33 Abs. 2 GG verfassungswidrig und stelle einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit dar, wie der Beschluss des Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Oberlandesgericht Stuttgart vom 26. Oktober 2015 zeige.

39

Indem der Verwaltungsgerichtshof feststelle, es sei der Beurteilerin nicht versagt, dem Umstand Bedeutung beizumessen, dass sie eine Verhandlung des kollegialen Spruchkörpers in allgemeinen Verwaltungsrechtssachen nicht besuchen und deshalb - anders als zur Verhandlungsführung in der 22. Kammer - keine Aussage machen könne, habe das Gericht unzulässige Anforderungen aufgestellt und in die richterliche Unabhängigkeit eingegriffen. Die Anforderung "Leitung einer Kammersitzung" sei willkürlich und bei bisherigen Stellenbesetzungsverfahren nicht relevant gewesen. Nicht nachvollziehbar und willkürlich sei die unterschiedliche Bewertung der Funktion als Vorsitzender der 22. und der 11. Kammer durch den Verwaltungsgerichtshof.

40

c) Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs lasse die Beurteilung auch insoweit unbeanstandet, als seine soziale Kompetenz und Führungskompetenz ohne jeden sachlichen Grund und damit willkürlich in Zweifel gezogen würden. Der Verwaltungsgerichtshof verletze Art. 33 Abs. 2 GG, weil er verkenne, dass der Beurteilungsbeitrag und die Beurteilung einen zum Teil unvollständigen, zum Teil falschen Sachverhalt anführten. Im Rahmen seiner Tätigkeit beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg und als Vorsitzender von personalvertretungsrechtlichen Einigungsstellen habe er seine ausgeprägte soziale Kompetenz unter Beweis gestellt. Vor diesem Hintergrund habe es besonderer Ausführungen und überzeugender Begründungen bedurft, um aus den im Beurteilungsbeitrag thematisierten, lange zurückliegenden Ereignissen weitreichende Schlüsse zu ziehen.

41

Die Ausführungen im Beurteilungsbeitrag und in der Beurteilung zu den Tatsachenkomplexen Urlaubsgewährung für den 1. und 2. August 2011, NATO-Gipfel am 4. April 2009 und Zuteilungsliste entbehrten jeder Grundlage und erfolgten willkürlich.

42

d) Der angegriffene Beschluss sei auch deshalb unhaltbar, weil er die Voreingenommenheit der Beurteilerin außer Acht gelassen habe.

43

e) Gegen die Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs sprächen die stattgebenden Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Stuttgart und des Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Oberlandesgericht Stuttgart. Wenn von einem Richterdienstgericht festgestellt worden sei, dass eine Beurteilung in die richterliche Unabhängigkeit eingreife, könne diese Beurteilung nicht mehr Grundlage des Besetzungsverfahrens sein. Dass die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs nicht überzeugend sei, habe das Verwaltungsgericht Stuttgart in dem Parallelverfahren des Beschwerdeführers zur Stellenausschreibung Nr. 4263 im Beschluss vom 30. November 2015 dargelegt.

44

2. Die Beurteilung vom 12. Januar 2015 und der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs verletzten ihn in seiner richterlichen Unabhängigkeit (Art. 33 Abs. 5 i.V.m. Art. 97 Abs. 1 GG). Der Verwaltungsgerichtshof habe verkannt, dass die Beurteilung vom 12. Januar 2015 einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit darstelle und deshalb der Auswahlentscheidung nicht hätte zugrunde gelegt werden dürfen.

45

a) Anknüpfend an die erste (aufgehobene) Beurteilung differenziere die Beurteilung vom 12. Januar 2015 nach Bericherstatter-Tätigkeiten, Vorsitz in der 22. Kammer und Vorsitz in der 11. Kammer. Soweit in der Beurteilung ausgeführt werde, er konzentriere seine leitende Tätigkeit als Kammervorsitzender vor allem auf die 22. Kammer und Aussagen zur Verhandlungsführung als Vorsitzender einer über allgemeine Verwaltungsrechtssachen verhandelnden Kammer in der Besetzung von drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern könnten im Hinblick auf die Zahl der Kammersitzungen der 11. Kammer nicht getroffen werden, stelle dies einen unzulässigen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit dar. Insoweit nehme er auf den Beschluss des Dienstgerichtshofs Bezug. Die Formulierungen seien nicht als bloße Feststellungen der Praxis zu verstehen, sondern stellten die Anforderung auf, dass die Anzahl der Kammersitzungen für ein entsprechendes Leistungsurteil über einen Bewerber um das Amt eines Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgerichtshof maßgeblich sei. Diesem Begründungselement sei große Bedeutung beigemessen worden. Dies stelle einen verfassungswidrigen Maßstab dar.

46

b) Die Bewertung des Vorganges der Urlaubsvertretung stelle einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit dar. Es obliege den Richtern und nicht der Gerichtsverwaltung, bei der Urlaubsgestaltung und Urlaubsvertretung die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Die 11. Kammer habe eine ausreichende Urlaubsvertretung geregelt und damit keinen Anlass für das Eingreifen der Dienstaufsicht oder den später erfolgten Vorhalt gegeben. Dies verkenne der Verwaltungsgerichtshof.

47

c) Soweit es um die Bewertung des Einsatzes im Zusammenhang mit dem NATO-Gipfel gehe, berücksichtige der Verwaltungsgerichtshofs nicht nur die angeblichen Irritationen der Unterstützungskräfte, sondern auch, dass am Morgen des 4. April 2009 bereits entscheidungsbedürftige Eilanträge eingegangen waren und es unverantwortlich vom Beschwerdeführer gewesen sei, dass er das Verwaltungsgericht gleichwohl verlassen habe. Wie und wann eingehende Fälle zu bearbeiten waren, hätte allein die 11. Kammer in richterlicher Unabhängigkeit zu entscheiden und nicht die Dienstaufsicht. Die Beurteilung enthalte den Vorwurf, er habe seine rechtsprechende Tätigkeit nicht an die organisatorischen Vorgaben der Gerichtsverwaltung angepasst.

48

d) Auch die Bewertung des Führens und Verwahrens der Zuteilungsliste verletze ihn in seiner richterlichen Unabhängigkeit. Die Zuteilung der Eingänge sei eine wichtige Aufgabe für den Vorsitzenden. Damit beantworte sich die Frage, in welcher Weise auf die Verfahrensgestaltung in verfassungswidriger Weise Einfluss genommen worden sei. "Wer von der Dienstaufsicht nur Ärger und Herabsetzung zu erwarten hat, wenn er Missbräuchen entgegentritt, ist geneigt, solche Auseinandersetzungen zu vermeiden und damit eine Gefährdung der Gewährleistung des gesetzlichen Richters in Kauf zu nehmen".

49

e) Er werde in dem Beurteilungsbeitrag und der Beurteilung vom 12. Januar 2015 vom Verwaltungsgerichtshof unbeanstandet verfassungswidrig herabgesetzt, weil völlig unhaltbare Vorwürfe, die zudem einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit darstellten, viele Jahre später wieder erhoben würden. Diese Vorhaltungen seien "an den Haaren herbeigezogen, willkürlich und [würden] den wirklichen Verhältnissen nicht ansatzweise gerecht". Die Irritationen im Zusammenhang mit dem NATO-Gipfel seien allein durch den ehemaligen Präsidenten des Verwaltungsgerichts entstanden. Zudem habe dieser nach dem Einsatz allen Kollegen gedankt - außer ihm. Der ehemalige Präsident des Verwaltungsgerichts habe im Verwaltungsgericht den Eindruck erweckt, er habe Anlass zu Konflikten gegeben. Auf die klare Faktenlage sei kein Augenmerk gelegt worden.

50

3. Der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs verletze auch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Zwar gebe es im vorliegenden Fall zwei konkurrierende Rechtsbehelfsverfahren: das dienstgerichtliche und das verwaltungsgerichtliche Verfahren. Da er aber in erster Linie einen unzulässigen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit geltend mache, sei die vorrangige Zuständigkeit des Richterdienstgerichts gegeben. Dies habe der Verwaltungsgerichtshof missachtet.

51

Das Richterdienstgericht sei gemäß § 63 Nr. 4 Buchstabe f LRiStAG für sogenannte Prüfungsverfahren bei Anfechtungen von Maßnahmen der Dienstaufsicht zuständig. Zum Verhältnis des dienstgerichtlichen und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bestimme § 85 Abs. 3 LRiStAG, dass das Verwaltungsgericht sein Verfahren bis zur Erledigung des dienstgerichtlichen Verfahrens auszusetzen habe. Aus dieser eindeutigen, einer Auslegung nicht zugänglichen, gesetzlichen Regelung folge nicht nur die Vorgreiflichkeit des dienstgerichtlichen Verfahrens, sondern auch die Bindung an die vom Richterdienstgericht getroffene Entscheidung. Das Verwaltungsgericht dürfe eine Maßnahme der Dienstaufsicht, deren Unzulässigkeit das Richterdienstgericht festgestellt habe, in seinem weiteren Verfahren nicht als zulässig zugrunde legen. Dieses Verhältnis zwischen Verwaltungsgericht und Richterdienstgericht verkenne der Verwaltungsgerichtshof, indem er davon ausgehe, dass seine Prüfungskompetenz unbeschränkt sei und die Frage der Betroffenheit der richterlichen Unabhängigkeit von Richterdienstgericht und Verwaltungsgericht unterschiedlich beantwortet werden könne.

52

Die Sachbehandlung des Verwaltungsgerichtshofs sei auch willkürlich, weil Bedeutung und Tragweite des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt würden. Der Verwaltungsgerichtshof halte in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes § 85 Abs. 3 Satz 1 LRiStAG für nicht anwendbar, verneine eine Bindungswirkung dienstgerichtlicher Entscheidungen und halte unterschiedliche Entscheidungen von Richterdienstgericht und Verwaltungsgericht für möglich. Diese Einschätzungen seien jedoch einfachrechtlich unzutreffend. Sie seien "jeweils isoliert betrachtet - aber sicherlich vertretbar, mit der Folge, dass der Willkürvorwurf nicht erhoben werden könnte". Jedoch in der Gesamtschau führten die Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs dazu, dass die Zuständigkeit der Dienstgerichte faktisch außer Kraft gesetzt würde. Der Verwaltungsgerichtshof halte unvereinbare Entscheidungen von Verwaltungsgericht und Richterdienstgericht nicht nur für hinnehmbar, sondern "reklamiere im Ergebnis - contra legem - bei der Entscheidung über den Bewerbungsverfahrensanspruch das letzte Wort für sich".

53

4. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs verletze Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes bedeute für Eilverfahren, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern und dabei den betroffenen Grundrechten in besonderer Weise Rechnung zu tragen. Diesen Anforderungen genüge der Beschluss insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen zur Kausalität nicht. Mit der Argumentation, ein Notenvorsprung von zwei Notenstufen schließe es offensichtlich aus, dass ein konkurrierender Bewerber möglicherweise zum Zuge kommen könne, sichere der Verwaltungsgerichtshof nicht seinen Bewerbungsverfahrensanspruch. Dies gelte auch, soweit der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung des Dienstgerichtshofs nicht beachte und zudem den Rechtsweg zu den Richterdienstgerichten in unzumutbarer Weise erschwere.

54

5. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Oktober 2015 sowie der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs über seine Anhörungsrüge vom 18. Dezember 2015 verletzten ihn in seinem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG. Art. 103 Abs. 1 GG werde insoweit verletzt, weil die von ihm vorgetragenen Umstände sich dem Verwaltungsgerichtshof ohne Weiteres hätten aufdrängen müssen. Art. 103 Abs. 1 GG sei auch deshalb verletzt, weil der Verwaltungsgerichtshof die "nachgeschobenen Angaben" für "vage und unschlüssig" halte. Auch hiermit werde sein Vortrag vom Verwaltungsgerichtshof nicht zur Kenntnis genommen; stattdessen verdrehe das Gericht seinen Vortrag. Zwar sei es zutreffend, dass ein Gericht nicht jedweden Vortrag bescheiden müsse. Aber die von ihm geltend gemachten zusätzlichen Umstände seien von derartigem Gewicht, dass der Verwaltungsgerichtshof sie nicht übergehen durfte. Der Verwaltungsgerichtshof gehe sehr einseitig ins Detail, um für ihn nachteilige Schlussfolgerungen zu ziehen. Das Gericht versuche, Widersprüche zu konstruieren. Es überspanne die Anforderungen an die Darlegungslast, wenn es feststelle, dass er einen von den Schilderungen der Servicekräfte in ihren dienstlichen Äußerungen abweichenden Sachverhalt nicht glaubhaft gemacht habe. Art. 103 Abs. 1 GG sei verletzt, weil einerseits die völlig widersprüchlichen und unpräzisen Angaben der Beschäftigten berücksichtigt, seine Angaben jedoch als unsubstantiiert behandelt würden. Soweit der Verwaltungsgerichtshof festgestellt habe, dass sein Vortrag bei der Beurteilung des tatsächlichen Geschehens nicht von Bedeutung gewesen sei, bedeute dies, dass sein erheblicher Vortrag unverändert nicht zur Kenntnis genommen werde. Der Verwaltungsgerichtshof habe relevanten Vortrag zu den Themen Urlaubssituation Anfang August 2011, Einsatz im Zusammenhang mit dem NATO-Gipfel, Führen und Verwahren der Zuteilungsliste übergangen. Der Verwaltungsgerichtshof hätte ihm nicht die Sozial- und Führungskompetenz absprechen dürfen, wenn er seinen Vortrag zur Kenntnis genommen und gewürdigt hätte.

B.

55

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig und wäre im Übrigen unbegründet.

I.

56

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie den Anforderungen an eine substantiierte Begründung gemäß §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG nicht genügt.

57

1. Die Grundrechtsverletzung ist durch Bezeichnung des angeblich verletzten Rechts und des die Verletzung enthaltenden Vorgangs substantiiert und schlüssig vorzutragen; dabei ist darzulegen, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>; 108, 370 <386 f.>). Hierfür ist eine Auseinandersetzung mit den angegriffenen Entscheidungen und deren konkreter Begründung notwendig (vgl. BVerfGE 85, 36 <52 f.>; 101, 331 <345>). Will der Beschwerdeführer von den Feststellungen oder von der Würdigung der Tatsachen durch die Fachgerichte abweichen, muss er seinen abweichenden Sachvortrag mit einem verfassungsrechtlichen Angriff gegen die fachgerichtliche Tatsachenfeststellung verbinden (vgl. BVerfGE 83, 119 <124 f.>). Soweit das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe aufgezeigt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffene Maßnahme verletzt werden (vgl. BVerfGE 101, 331 <346>).

58

Die Begründung erfordert insbesondere, dass die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen sowie die weiteren in Bezug genommenen und zum Verständnis des Vorbringens erforderlichen Unterlagen entweder selbst vorgelegt oder zumindest ihrem wesentlichen Inhalt nach mitgeteilt werden (vgl. BVerfGE 88, 40 <45>; 93, 266 <288>). Das Bundesverfassungsgericht soll durch die Begründung in die Lage versetzt werden, den angegriffenen Hoheitsakt ohne eigene weitere Nachforschungen einer verfassungsrechtlichen Überprüfung zu unterziehen (BVerfGK 5, 170 <171>).

59

2. Die Beschwerdeschrift genügt trotz ihres Umfangs den Anforderungen an eine substantiierte Begründung nicht.

60

a) Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung des Art. 33 Abs. 2 GG rügt und vorträgt, dass seine Anlassbeurteilung vom 12. Januar 2015 und die auf die Stellenausschreibung hin getroffene Auswahlentscheidung inhaltlich fehlerhaft seien, hat er die für eine sachgerechte verfassungsrechtliche Beurteilung erforderlichen Unterlagen - trotz schriftsätzlicher Bezugnahme - nicht vorgelegt (vgl. BVerfGK 2, 261 <263 f.>; 13, 557 <559>).

61

b) Die Verfassungsbeschwerde wird den beschriebenen Substantiierungsanforderungen aber auch inhaltlich nicht gerecht.

62

aa) Der Vortrag des Beschwerdeführers erschöpft sich im Wesentlichen darin, seinen fachgerichtlichen Vortrag zu wiederholen und eine eigene Wertung der seiner Beurteilung zugrunde gelegten Ereignisse an die Stelle derjenigen des Verwaltungsgerichtshofs zu setzen und pauschal eine Verletzung von Art. 33 Abs. 2 GG sowie Art. 33 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 97 GG zu behaupten.

63

bb) Der Beschwerdeführer legt einen Verstoß gegen die Rechtschutzgarantie des Grundgesetzes nicht substantiiert dar. Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert. Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne gerichtliche Prüfung zu tragen hat (BVerfGE 104, 220 <231>). Ebenso wie der Gesetzgeber bei der normativen Ausgestaltung der Prozessordnungen müssen die Gerichte bei der Auslegung und Anwendung dieser Normen das Ziel der Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG verfolgen (vgl. BVerfGE 77, 275 <284>). Einen Verstoß gegen diese Grundsätze legt der Beschwerdeführer nicht dar. Er führt insbesondere nicht an, dass das Rechtsmittel in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise durch die Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Normen durch den Verwaltungsgerichtshof erschwert worden wäre. Die ausführliche Begründung des Gerichts lässt jedenfalls keinen Verstoß gegen diese Grundsätze erkennen.

64

cc) Ohne das Willkürverbot näher zu spezifizieren, macht der Beschwerdeführer im Kontext seiner gesamten Ausführungen einen Verstoß hiergegen geltend. Der Beschwerdeführer vermag mit diesem Vortrag jedoch keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 GG zu begründen. Willkür liegt insbesondere erst dann vor, wenn die Rechtsanwendung oder das Verfahren unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 80, 48 <51>; 83, 82 <84>; 86, 59 <63>). Dies ist der Fall, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird (vgl. BVerfGE 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>). Diese Voraussetzungen hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt. Eine solche Fehlanwendung lässt sich vorliegend auch nicht erkennen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bei seiner Entscheidung über den Anspruch des Beschwerdeführers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Auswahlentscheidung und im Rahmen der inzidenten Prüfung der Beurteilung eine umfassende Prüfung vorgenommen und sich intensiv mit dem Vorbringen beider Seiten befasst sowie eine umfassende Würdigung in den Gründen der Entscheidung vorgenommen.

65

dd) Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei durch den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Oktober 2015 sowie den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs über seine Anhörungsrüge vom 18. Dezember 2015 in Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, wird den Substantiierungsanforderungen nicht gerecht. Da die Fachgerichte nicht ausdrücklich jedes Vorbringen der Beteiligten zu bescheiden haben, ist ein Verstoß gegen die Berücksichtigungspflicht nur dann anzunehmen, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (BVerfGE 65, 293 <295>; 87, 363 <392 f.>; 96, 205 <216 f.>). Soweit der Beschwerdeführer bisher nicht bestrittenen Sachverhalt nun mit neuem Vorbingen im Rahmen der Anhörungsrüge zu widerlegen sucht, vermag dies offensichtlich keinen Gehörsverstoß zu begründen. Nichts anderes gilt, soweit der Beschwerdeführer geltend macht, der Verwaltungsgerichtshof habe die Entscheidungserheblichkeit seines Vortrages zu Unrecht verneint. Der Beschwerdeführer setzt im Wesentlichen der Auffassung des Gerichts seine eigene Sichtweise entgegen. Er wendet sich damit lediglich im Gewande des Anspruchs auf rechtliches Gehör gegen die Würdigung des Sachverhalts durch das Gericht. Mit einem solchen Angriff auf die Richtigkeit der Entscheidung lässt sich eine Gehörsverletzung nicht dartun. Art. 103 Abs. 1 GG enthält keinen Anspruch darauf, dass das Gericht der Auffassung einer Partei folgt (vgl. BVerfGE 87, 1 <33>; 115, 166 <180>). Im Übrigen sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Verwaltungsgerichtshof den Vortrag des Beschwerdeführers nicht zur Kenntnis genommen hat. Sowohl in seinem Beschluss vom 27. Oktober 2015 als auch in seinem Beschluss zur Anhörungsrüge vom 18. Dezember 2015 hat er sich mit sämtlichen Einwänden des Beschwerdeführers auseinandergesetzt.

II.

66

Soweit anhand der vorgelegten Unterlagen überprüfbar, wäre die Verfassungsbeschwerde auch in der Sache ohne Aussicht auf Erfolg.

67

Der Verwaltungsgerichtshof verkennt bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung nicht den Gehalt des Bewerbungsverfahrensanspruches. Der Beschwerdeführer ist nicht in seinem Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Auswahlentscheidung aus Art. 33 Abs. 2 GG (1.), in seiner richterlichen Unabhängigkeit Art. 33 Abs. 5 GG in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 GG (2.), in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG (3.) und in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (4.) verletzt.

68

1. Die durch den Verwaltungsgerichtshof vorgenommene Kontrolle der Einhaltung der Grenzen des Beurteilungsermessens des Dienstherrn ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer ist nicht in seinem Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt.

69

a) Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Bestenauslesegrundsatzes zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird nach Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfGK 12, 184 <186>; 12, 284 <287>; BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. November 2010 - 2 BvR 2435/10 -, juris, Rn. 10; vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 -, juris, Rn. 10).

70

Der Vergleich der Bewerber im Rahmen einer Auswahlentscheidung hat vor allem anhand dienstlicher Beurteilungen zu erfolgen (vgl. BVerfGE 110, 304 <332>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Mai 2011, - 2 BvR 764/11 -, juris, Rn. 11; s. ferner BVerfGK 12, 106 <109>). Art. 33 Abs. 2 GG eröffnet mit den Begriffen "Eignung, Befähigung und fachliche Leistung" und dem Prognosecharakter dienstlicher Beurteilungen von Verfassungs wegen einen Beurteilungsspielraum des Dienstherrn, der nur eingeschränkter Kontrolle durch die Verwaltungsgerichte unterliegt. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle dienstlicher Beurteilungen ist daher beschränkt und hat sich nur darauf zu erstrecken, ob die Verwaltung gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, anzuwendende Begriffe oder den rechtlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Mai 2002 - 2 BvR 723/99 -, juris, Rn. 10 ff.; BVerfGK 12, 106 <109 f.>).

71

b) Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs stellt es keinen Verfassungsverstoß dar, dass der Verwaltungsgerichtshof die Beurteilung des Beschwerdeführers nicht beanstandet hat.

72

Soweit die Rügen die Richtigkeit der getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs betreffen, kann hierauf eine Verletzung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG nicht gestützt werden. Ob und wie die in der Beurteilung geschilderten Ereignisse (Urlaubssituation am 1. und 2. August 2011, NATO-Gipfel am 4. April 2009, Führen der Zuteilungsliste) stattgefunden haben, ist vor allem eine Frage der tatsächlichen Würdigung des Sachverhalts, deren Beantwortung allein den zuständigen Fachgerichten obliegt. Das Bundesverfassungsgericht prüft nur, ob diese dabei spezifisches Verfassungsrecht verletzt haben (vgl. BVerfGE 18, 85 <92>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 6. Juni 1988 - 2 BvR 111/88 -, juris, Rn. 2). Will der Beschwerdeführer von den Feststellungen oder von der Würdigung der Tatsachen durch die Fachgerichte abweichen, muss er seinen abweichenden Sachvortrag mit einem verfassungsrechtlichen Angriff gegen die fachgerichtliche Tatsachenfeststellung verbinden (vgl. BVerfGE 83, 119 <124 f.>). Hierfür ist vorliegend nichts dargetan und im Übrigen auch nicht ersichtlich.

73

Unzutreffend ist die Behauptung des Beschwerdeführers, eine Würdigung seiner Fachkompetenz sei nicht erfolgt. Vielmehr wird zur fachlichen Befähigung dezidiert ausgeführt, dass der Beschwerdeführer über eine deutlich überdurchschnittliche fachliche Befähigung und hervorragende umfassende Rechtskenntnisse verfüge. Er arbeite zielstrebig und effektiv, planmäßig und ohne Rückstände. Soweit die vom Beschwerdeführer angeführten Punkte seiner Abordnung an das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesverfassungsgericht oder seine Tätigkeit in mehreren Senaten als Richter am Verwaltungsgerichtshof nicht berücksichtigt wurden, weil diese außerhalb des Beurteilungszeitraumes lagen, ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch lag der Beurteilung die langjährige Tätigkeit des Beschwerdeführers als Lehrbeauftragter, Honorarprofessor und Herausgeber sowie Autor von Fachkommentaren zugrunde.

74

Durch die Ausführungen zu den Defiziten in der sozialen Kompetenz und Führungskompetenz des Beschwerdeführers und der entsprechenden Berücksichtigung bei der Bildung des Gesamturteils verstößt die dienstliche Beurteilung nicht gegen Art. 33 Abs. 2 GG. Im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens ist es Sache des Dienstherrn, festzulegen, welchen Eignungsmerkmalen er welches Gewicht beimisst. Bei der Besetzung der Stelle eines Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgerichtshof auch Erwägungen zur sozialen Kompetenz und zur Führungskompetenz anzustellen, erweist sich nicht als ermessensfehlerhaft. Dem Vorsitzenden Richter kommt aufgrund seiner Leitungsfunktion vermehrt die Aufgabe der Organisation, Delegation und auch der Mitarbeiterführung sowohl innerhalb des Spruchkörpers als auch als exponierter Vertreter des Spruchkörpers innerhalb des Gerichts zu. Hierbei soziale Kompetenzen sowie Fähigkeiten im Bereich der Führungsverantwortung zu verlangen, kann grundsätzlich keinen Ermessensfehler des Dienstherrn begründen. Die festgestellten Defizite in der sozialen Kompetenz und Führungskompetenz des Beschwerdeführers sind so groß, dass dies Auswirkungen auf das Gesamturteil hatte. Damit wurde aber nicht die Fachkompetenz des Beschwerdeführers verkannt.

75

2. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs verstößt auch nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 GG.

76

a) Art. 97 Abs. 1 GG enthält zwar kein Grundrecht der zu beurteilenden Richter; Art. 33 Abs. 5 GG umfasst aber auch die hergebrachte Stellung besonderer Gruppen von Angehörigen des öffentlichen Dienstes und räumt ihnen grundrechtsähnliche Individualrechte ein, soweit sich für sie vom Gesetzgeber zu beachtende hergebrachte Grundsätze des richterlichen Amtsrechts nachweisen lassen, die gerade die persönliche Rechtsstellung des Richters mitgestalten. Zu den hergebrachten Grundsätzen des Richteramtsrechts zählt insbesondere der Grundsatz der sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit (vgl. BVerfGE 12, 81 <88>; 55, 372 <391 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Februar 1996 - 2 BvR 136/96 -, juris, Rn. 12). Nach Art. 97 Abs. 1 GG müssen Richter "unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen" sein. Die so umschriebene sachliche Unabhängigkeit ist gewährleistet, wenn der Richter seine Entscheidungen frei von Weisungen fällen kann (BVerfGE 14, 56 <69>; BVerfGK 8, 395 <399>), wobei Art. 97 Abs. 1 GG jede vermeidbare auch mittelbare, subtile und psychologische Einflussnahme der Exekutive auf die Rechtsstellung des Richters verbietet (vgl. BVerfGE 12, 81 <88>; 26, 79 <93>; 55, 372 <389>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 22. Juni 2006 - 2 BvR 957/05 -, juris, Rn. 7).

77

Zum Schutzbereich der sachlichen richterlichen Unabhängigkeit gehören in erster Linie die eigentliche Rechtsfindung und die ihr mittelbar dienenden Sach- und Verfahrensentscheidungen, einschließlich nicht ausdrücklich vorgeschriebener, dem Interesse der Rechtssuchenden dienender richterlicher Handlungen, die in einem konkreten Verfahren mit der Aufgabe des Richters, Recht zu finden und den Rechtsfrieden zu sichern, in Zusammenhang stehen (sog. Kernbereich; stRspr, vgl. etwa BGH, Urteil vom 22. Februar 2006 - RiZ (R) 3/05 -, juris, Rn. 20 m.w.N.).

78

Eine dienstliche Beurteilung, verstanden als Verfahren und als Akt der Bewertung richterlicher Tätigkeit, hat die Unabhängigkeit des Richters zu respektieren. Eine dienstliche Beurteilung verletzt die richterliche Unabhängigkeit, die in erster Linie Weisungsfreiheit bedeutet, dann, wenn sie auf eine direkte oder indirekte Weisung hinausläuft, wie der Richter künftig verfahren oder entscheiden soll. In dieser Richtung muss die dienstliche Beurteilung eines Richters sich auch jeder psychologischen Einflussnahme enthalten. Sie ist unzulässig, wenn die in ihr enthaltene Kritik den Richter veranlassen könnte, in Zukunft eine andere Verfahrens- oder Sachentscheidung als ohne diese Kritik zu treffen (stRspr, BGH, Urteil vom 31. Januar 1984 - RiZ (R) 3/83 -, juris, Rn. 8; BGH, Urteil vom 4. Juni 2009 - RiZ (R) 5/08 -, juris, Rn. 15 m.w.N.).

79

b) Gemessen hieran ist gegen die angegriffene Entscheidung verfassungsrechtlich nichts zu erinnern. Die vom Beschwerdeführer bemängelten Ausführungen in der dienstlichen Beurteilung vom 12. Januar 2015 zur Urlaubssituation im August 2011, zum Einsatz im Zusammenhang mit dem NATO-Gipfel und zum Führen und Verwahren der Zuteilungsliste sind nicht geeignet, ihn in seiner richterlichen Unabhängigkeit zu beeinträchtigen. Es handelt sich um bloße Feststellungen zur äußeren Form der Erledigung der Amtsgeschäfte und nicht um Feststellungen zum Kernbereich der richterlichen Tätigkeit.

80

Durch die Beurteilung wird weder direkt noch indirekt zum Ausdruck gebracht, der Beschwerdeführer habe falsch entschieden. Ihm wird damit nicht eine bestimmte Verfahrensweise als unzulässig vorgehalten. Allein dadurch, dass in der Beurteilung aus Sicht der Beurteilerin wesentliche Ereignisse - durch wörtliche Wiedergabe des Beurteilungsbeitrages - beschrieben werden, kommt eine Einflussnahme auf die richterliche Entscheidung nicht in Betracht. Die Beschreibung der Ereignisse erfolgt ausschließlich, um die Richtigkeit der in der dienstlichen Beurteilung vorgenommenen Charakterisierung des Beschwerdeführers und seiner Verhaltensweise im Umgang mit den Kammermitgliedern, den übrigen richterlichen und nichtrichterlichen Kollegen durch Beispiele zu belegen. Die Ausführungen erschöpfen sich in der Anführung von Tatsachen und deren Wertung im Hinblick auf bestimmte Eigenschaften des Beschwerdeführers. Eine solche Bewertung gehört zum Wesen einer dienstlichen Beurteilung, die hier aus Anlass der Bewerbung des Beschwerdeführers um die Stelle eines Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgerichtshof vorzunehmen war. Soll die dienstliche Beurteilung als Grundlage für eine sachgerechte Entscheidung über die Besetzung eines richterlichen Beförderungsamtes, hier des Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgerichthof, einen Sinn haben, so muss sie sich, wenn es geboten ist, zu den Eigenschaften des Richters, auch zu seinem Verhalten gegenüber den Kammermitgliedern sowie den richterlichen und nichtrichterlichen Kollegen, in positiver und negativer Hinsicht äußern dürfen. Die richterliche Unabhängigkeit wird nicht verletzt, wenn die Bewertung - wie hier - in differenzierender Form gehalten ist und keine "Schuldzuweisung" im Hinblick auf die Entstehung der zwischenmenschlichen Konflikte enthält.

81

Soweit der Beschwerdeführer rügt, die Beurteilung unterscheide in unzulässiger Weise zwischen Berichterstatter-Tätigkeiten und den Vorsitzen in der 11. und 22. Kammer, ist davon auszugehen, dass eine höhere Erfahrung in der Leitung von Kammersitzungen zugleich ein höheres Maß an Kompetenz bei der Wahrnehmung der Aufgaben eines Vorsitzenden Richters erwarten lässt und damit auch eine günstigere Eignungsprognose rechtfertigt. Der Beschwerdeführer kann hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, die Durchführung von Kammersitzungen müsse unberücksichtigt bleiben, weil die Übertragung der Entscheidung auf den Einzelrichter in richterlicher Unabhängigkeit getroffen werde. Die berufliche Entwicklung als Einzelrichter oder Kammervorsitzender und die tatsächlich erworbenen Erfahrungen sind bei der persönlichen Befähigung im Bereich der Sitzungsleitung von Relevanz. Vor diesem Hintergrund ist es auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Verwaltungsgerichtshof die Ausführung in der Beurteilung, eine Möglichkeit zum Besuch einer mündlichen Verhandlung der 11. Kammer habe sich nicht geboten, so dass es an einer tragfähigen Grundlage zur Beurteilung der Verhandlungsführung in einem mit drei Berufsrichtern besetzten Spruchkörper fehle, als zulässig erachtet.

82

3. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Oktober 2015 verkennt nicht die Anforderungen an einen wirksamen Rechtsschutz des Beschwerdeführers in einem Auswahlverfahren. Er verletzt den Beschwerdeführer daher nicht in seinem Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG.

83

a) Aufgrund der Verfahrensabhängigkeit des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden subjektiven Rechts sind die Verwaltungsgerichte im Konkurrentenstreit gehalten, den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes gerade im Eilverfahren besonders Rechnung zu tragen. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 103, 142 <156>; stRspr). Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs dürfen deshalb nicht überspannt und über die Darlegung der Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung und die Möglichkeit einer günstigeren Entscheidung im Wiederholungsfalle hinaus ausgedehnt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, juris, Rn. 10 f.; BVerfGK 11, 398 <401>). Wird das subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus, dass einstweiliger Rechtsschutz gewährt werden muss, wenn die Aussichten des unterlegenen Beamten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, das heißt wenn seine Auswahl möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, juris, Rn. 13 ff.).

84

b) Hieran gemessen hat der Verwaltungsgerichtshof nachvollziehbar und mit sachbezogenen Argumenten dargelegt, dass der Beschwerdeführer auch in einem neuen Auswahlverfahren keine Chance hätte, selbst ausgewählt zu werden. Anhaltspunkte dafür, dass er die Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs überspannt hat, liegen nicht vor.

85

Der Verwaltungsgerichtshof ist zunächst von dem im Auswahlvermerk festgestellten "eklatanten" Vorsprung des Beigeladenen ausgegangen, der in der gegenüber dem Beschwerdeführer um zwei Notenstufen besseren zusammengefassten Beurteilung sowie in den Einzelfeststellungen zu den Eignungs- und Leistungsmerkmalen ("hervorragende" Fachkompetenz, "durchgängig vorbildliche" Kammerführung, Kammer unter seinem Vorsitz "Aushängeschild des Gerichts") des Beigeladenen zum Ausdruck komme. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zum Bewerbervergleich erscheinen - für sich betrachtet - plausibel und vertretbar.

86

Jedenfalls ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Verwaltungsgerichtshof davon ausgeht, dass selbst im Falle der Unzulässigkeit des Satzes, der Beschwerdeführer konzentriere seine leitende Aktivität als Kammervorsitzender vor allem auf die 22. Kammer, die Annahme offener Erfolgsaussichten nicht gerechtfertigt sei. Der Verwaltungsgerichtshof geht hier schlüssig davon aus, dass der Formulierung insgesamt kein eigenständiger und entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht tragender Aussagegehalt zukommt und sich nicht auf das Beurteilungsergebnis ausgewirkt hat. Es ist nicht davon auszugehen, dass bei Streichung des Satzes eine nachträgliche Verbesserung des Gesamturteils um zwei Notenstufen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.

87

Damit greift der Verwaltungsgerichtshof auch nicht in den dem Dienstherrn bei Auswahlentscheidungen zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraum (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, juris, Rn. 16) ein. Zur Bildung des Gesamturteils heißt es insoweit in der Beurteilung vom 12. Januar 2015, zwar sei der Beschwerdeführer in seiner auf das Amt eines Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht bezogenen Anlassbeurteilung vom 17. Juni 2008 mit "übertrifft die Anforderungen" beurteilt worden. Diese Prognose habe sich aber in der Ausübung des Amtes eines Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht in Bezug auf die Sozial- und Führungskompetenz nicht bestätigt. Auch in der Widerspruchsbegründung vom 5. Mai 2015 wird zur Bildung des Gesamturteils angeführt, es treffe nicht zu, dass der als gering angesehenen Anzahl vom Beschwerdeführer geleiteten Kammersitzungen in der 11. Kammer ein übermäßiges Gewicht eingeräumt wurde und dies zu einer Absenkung der Notenstufe im Vergleich zu der letzten Beurteilung geführt habe. "Die Festlegung der Notenstufe ergibt sich vielmehr aus den gezeigten Defiziten des Widerspruchsführers …".

88

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht das grundrechtsgleiche Recht des Beschwerdeführers auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt.

89

a) Die Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens haben nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG Anspruch auf den gesetzlichen Richter, der sich aus dem Gerichtsverfassungsgesetz, den Prozessordnungen sowie den Geschäftsverteilungs- und Besetzungsregelungen des Gerichts ergibt (vgl. BVerfGE 89, 28 <36>). Allerdings führt nicht schon jede bloß fehlerhafte Anwendung einfachgesetzlicher Zuständigkeitsvorschriften zu einer verfassungswidrigen Entziehung des gesetzlichen Richters. Die Grenze zur Verfassungswidrigkeit ist erst überschritten, wenn die Entscheidung eines Gerichts von willkürlichen Erwägungen bestimmt ist (vgl. BVerfGE 3, 359 <364 f.>; 13, 132 <143>; 42, 237 <241>; 67, 90 <95>; 76, 93 <96>; 79, 292 <301>) oder bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 29, 45 <49>; 58, 1 <45>).

90

b) Gemessen hieran hat der Verwaltungsgerichtshof durch die Annahme einer umfassenden verwaltungsgerichtlichen Prüfungskompetenz und durch das Verneinen einer Aussetzungspflicht sowie einer Bindung an dienstgerichtliche Entscheidungen den Beschwerdeführer nicht willkürlich seinem gesetzlichen Richter entzogen.

91

aa) Der Verwaltungsgerichtshof hat die Garantie des gesetzlichen Richters in ihrer Bedeutung und Tragweite zutreffend erfasst (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>; 87, 282 <284 f.>). Der Verwaltungsgerichtshof hat ausdrücklich seine Prüfungsbefugnis und Aussetzungspflicht sowie Bindung an dienstgerichtliche Entscheidungen geprüft. Er hat damit jedenfalls die Relevanz der justiziellen Gewährleistung nicht nur gesehen, sondern auch beachtet. Er hat die Fragen der Prüfungsbefugnis, Aussetzung und Bindung nicht übergangen, sondern sich damit befasst.

92

bb) Auch hat der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfungsbefugnis in vertretbarer Weise bejaht und eine Aussetzungspflicht sowie Bindung an dienstgerichtliche Entscheidungen entsprechend ausgeschlossen. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich mit den wortgleichen Zuständigkeitsregelungen in § 62 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe e DRiG und § 63 Nr. 4 Buchstabe f LRiStAG sowie den Aussetzungsvorschriften in § 68 Abs. 3 DRiG und § 85 Abs. 3 Satz 1 LRiStAG auseinandergesetzt. Die Erwägungen erweisen sich als plausibel; sie entsprechen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofs und werden auch durch die Einwände der Verfassungsbeschwerde nicht entkräftet.

93

(1) Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofs besteht unter diesem Gesichtspunkt keine Kollisionsgefahr. Der Rechtsweg zum Richterdienstgericht ist sowohl nach dem Anfechtungsgegenstand ("Maßnahmen der Dienstaufsicht") als auch zusätzlich nach dem Anfechtungsgrund ("aus den Gründen des § 26 Abs. 3 DRiG") abzugrenzen. Der Unabhängigkeitsstreit wird beim Richterdienstgericht nur in diesem Umfang rechtshängig und begründet eine beschränkte Sachentscheidungsbefugnis des Richterdienstgerichts. Die Vereinbarkeit der Dienstaufsichtsmaßnahme mit anderen Gesetzen und Rechtsvorschriften hat das Verwaltungsgericht zu prüfen. Wegen der unterschiedlichen Streitgegenstände der Entscheidungen besteht daher auch keine gegenseitige Bindungswirkung (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1983 - 2 C 34/80 -, juris, Rn. 13; BGH, Urteil vom 31. Januar 1984 - RiZ (R) 3/83 -, juris, Rn. 16; Urteil vom 10. August 2001 - RiZ (R) 5/00 -, juris, Rn. 33; stRspr).

94

Dieses Nebeneinander zweier Rechtswege für einen und denselben prozessualen Anspruch je nach dem geltend gemachten Klagegrund ist im Prozessrecht nicht singulär. So ist etwa auch für einen Schadensersatzanspruch eines Beamten, soweit er aus einer Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht hergeleitet wird, der Verwaltungsrechtsweg gegeben, während wegen des gleichen Anspruchs, soweit er auf eine Amtspflichtverletzung gestützt wird, der Rechtsweg zu den Zivilgerichten beschritten werden muss (BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1983 - 2 C 34/80 -, juris, Rn. 13; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 24. August 1961 - II C 165.59 -, juris, Rn. 19, 21; Urteil vom 9. April 1964 - II C 47.63 -, juris, Rn. 35 f.).

95

Entsprechend der starken subjektiven Komponente der richterlichen Unabhängigkeit entscheidet der Richter durch die Begründung seines Antrages weitgehend selbst, ob eine Maßnahme der Dienstaufsicht vom Richterdienstgericht (wegen Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit) oder vom Verwaltungsgericht (wegen sonstiger Rechtsverletzung) nachgeprüft werden soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1983 - 2 C 34/80 -, juris, Rn. 13).

96

Soweit es um die gerichtliche Überprüfung einer dienstlichen Beurteilung geht, zeigt sich in der verwaltungsgerichtlichen Spruchpraxis, dass diese umfassend erfolgt und auch eine Beeinträchtigung der durch Art. 97 GG geschützten richterlichen Unabhängigkeit in diese Prüfung einbezogen wird. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung liegt insoweit ein unteilbarer Streitgegenstand vor. Die Behauptung eines Eingriffs in die richterliche Unabhängigkeit ist als ein tatsächliches und rechtliches Begründungselement des Streitgegenstandes zu bewerten und deswegen in die umfassende gerichtliche Prüfung der beanstandeten Beurteilung einzubeziehen. Fordert das Gesetz als notwendigen und unverzichtbaren Inhalt einer dienstlichen Beurteilung ein Gesamturteil über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beurteilten, so steht dies einer Zerlegung in einzelne fehlerbehaftete und fehlerfreie Teile entgegen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12. April 2005 - 4 S 439/05 -, juris, Rn. 25; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Oktober 2003 - 1 A 2338/01 -, juris, Rn. 130; Hessischer VGH, Beschluss vom 23. Januar 2006 - 1 TG 2710/05 -, juris, Rn. 10).

97

(2) Der Verwaltungsgerichtshof begründet mit nachvollziehbaren Erwägungen, dass die den streitgegenständlichen Bewerbungsverfahrensanspruch betreffende Auswahlentscheidung schon keine Maßnahme der Dienstaufsicht im Sinne der §§ 26 Abs. 3, 68 DRiG darstelle. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass eine Maßnahme der Dienstaufsicht sich in irgendeiner Weise kritisch mit dem dienstlichen Verhalten eines oder mehrerer Richter befassen oder geeignet sein muss, sich auf das künftige Verhalten dieser Richter in bestimmter Richtung auszuwirken. Diese Voraussetzung erfülle die Auswahlentscheidung nicht, sondern beschränke sich darauf, darüber zu entscheiden, welcher der Bewerber der für ein bestimmtes Richteramt am besten geeignete im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG ist. Hieran ist verfassungsrechtlich nichts zu erinnern. Zwar betreffen die Einwendungen, die der Beschwerdeführer gegen die Auswahlentscheidung erhoben hat, die Zugrundelegung einer - seiner Auffassung nach fehlerhaften - Anlassbeurteilung. Im Ergebnis geht es aber nur um unterschiedliche und unterschiedlich weit reichende Gründe für die Geltendmachung eines und desselben Anspruches auf fehlerfreie Ausübung des dem Dienstherrn von Rechts wegen eingeräumten Auswahlermessens, nicht aber um trennbare Teile dieses Streitgegenstandes (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juli 2000 - 2 C 34/99 -, juris, Rn. 12).

98

Im Übrigen wird die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, den Begriff der Maßnahmen der Dienstaufsicht im Sinne der §§ 26 Abs. 3, 68 DRiG weit auszulegen und auch dienstliche Beurteilungen hierunter zu subsumieren (vgl. BGH, Urteil vom 23. August 1985 - RiZ (R) 10/84 -, juris, Rn. 26 m.w.N.), in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung sowie in der Literatur kritisch bewertet (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Oktober 2003 - 1 A 2338/01 -, juris, Rn. 123 ff.; VG Karlsruhe, Urteil vom 24. Juli 2000 - 12 K 1121/00 -, NJW-RR 2001, S. 353 <358>; Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Teil C, Rn. 495). Unter Dienstaufsicht sei im Sinne des öffentlich-rechtlichen Dienstrechts die personenrechtliche Aufsicht über die Pflichterfüllung des Amtsinhabers im Innenverhältnis zu seinem Dienstherren zu verstehen. Die dienstliche Beurteilung habe hingegen den Zweck, die eignungs- und leistungsgemäße Verwendung des Beamten oder Richters sicher zu stellen. Sie diene vor allem der von Verfassungs wegen gebotenen zuverlässigen Klärung einer "Wettbewerbssituation" der für die Besetzung von Dienstposten oder für Beförderungen in Betracht kommenden Personen unter den Gesichtspunkten der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung.

99

(3) Soweit der Verwaltungsgerichtshof anführt, eine Aussetzung käme zudem im Eilverfahren nicht in Betracht, weil der Wortlaut der § 68 DRiG, § 85 LRiStAG die Aussetzung einer "Hauptverhandlung" forderten und zudem eine Aussetzung dem besonderen Eilbedürfnis als Schutzzweck zuwiderlaufe, entspricht dies ebenfalls der verwaltungsgerichtlichen Spruchpraxis (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Januar 2005 - 6 B 59/04 -, juris, Rn. 2; OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. Mai 2015 - 7 ME 1/15 -, juris, Rn. 3 und 8).

100

Auch aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeit aufgrund der Verfahrensabhängigkeit des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden subjektiven Rechts bei der Auslegung und Anwendung des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Konkurrentenstreit gehalten ist, den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes gerade im Eilverfahren besonders Rechnung zu tragen. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 35, 263 <274>; 40, 272 <275>; 61, 82 <110 f.>; 77, 275 <284>; 79, 69 <74 f.>; 93, 1 <13>; 97, 298 <315>; 101, 106 <122 f.>; 103, 142 <156>; stRspr). Droht dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über den Randbereich hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist - erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptverfahren geltend gemachten Anspruchs - einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren. Hierbei muss das Gericht das Verfahrensrecht in einer Weise auslegen und anwenden, die dem Gebot effektiven Rechtsschutzes Rechnung trägt (vgl. BVerfGE 79, 69 <75>; 97, 298 <315>; BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2003 - 2 BvR 311/03 -, juris, Rn. 12).

101

Allerdings erscheint die Begründung des Verwaltungsgerichtshofs, der Wortlaut der Aussetzungsvorschriften § 68 Abs. 3 DRiG und § 85 Abs. 3 Satz 1 LRiStAG deute auf eine Anwendung nur für Hauptsacheverhandlungen hin, durchaus nicht als offensichtlich einzig vertretbare Lösung. Gleichwohl hält sich die Auslegung - angesichts der verfassungsrechtlichen Erwägungen zur Effektivität des Eilrechtsschutzes - im durch das Willkürverbot gezogenen Auslegungsrahmen der Fachgerichte.

102

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

103

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

20
a) Nach § 26 Abs. 1 DRiG untersteht der Richter einer Dienstaufsicht nur, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt wird. Unter diesem Vorbehalt umfasst die Dienstaufsicht auch die Befugnis, die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte vorzuhalten und zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen (§ 26 Abs. 2 DRiG). Danach unterliegt die richterliche Amtsführung insoweit der Dienstaufsicht, als es um die Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs und die äußere Form der Erledigung der Amtsgeschäfte oder um solche Fragen geht, die dem Kernbereich der eigentlichen Rechtsprechung so weit entrückt sind, dass sie nur noch als zur äußeren Ordnung gehörig anzusehen sind (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2000 - RiZ(R) 6/99, NJW-RR 2001, 498 m.w.N.).

(1) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.

(2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, vor Ablauf ihrer Amtszeit entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Erreichung auf Lebenszeit angestellte Richter in den Ruhestand treten. Bei Veränderung der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke können Richter an ein anderes Gericht versetzt oder aus dem Amte entfernt werden, jedoch nur unter Belassung des vollen Gehaltes.

Tenor

I.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 18. Dezember 2015 - M 5 E 15.5395 - wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin steht als Richterin am Bundesfinanzhof im Dienst der Antragsgegnerin. Sie wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes dagegen, dass sie durch das Präsidium des Gerichts für das Geschäftsjahr 2016 einem anderen Senat zugeteilt worden ist.

Das Präsidium des Bundesfinanzhofs hat am 24. November 2015 beschlossen, dass die Antragstellerin ihren bisherigen Senat wegen offensichtlicher Zerrüttung des Verhältnisses zu den anderen Senatsmitgliedern zum 1. Januar 2016 verlassen und einem anderen Senat zugewiesen wird. Gleichzeitig hat es die Anträge der Antragstellerin, den Vorsitzenden oder den Beisitzer M. ihres bisherigen Senats einem anderen Senat zuzuweisen, abgelehnt.

Am 1. Dezember 2015 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses des Präsidiums vom 24. November 2015 (M 5 K 15.5394) erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

Gleichzeitig hat sie beim Verwaltungsgericht beantragt,

1. bis zur Entscheidung in der Hauptsache einstweilen anzuordnen, dass dem Präsidiumsbeschluss vom 24. November 2015 auf Umsetzung der Antragstellerin vorläufig bis zur Entscheidung über die in dieser Sache eingereichte Feststellungsklage nicht nachzukommen ist,

2. den Präsidenten des Bundesfinanzhofs als Vorsitzenden des Präsidiums umgehend aufzufordern, bis zur Entscheidung über den Antrag zu 1. den Präsidiumsbeschluss vom 24. November 2015 nicht in Vollzug zu setzen und die Antragstellerin von jeder Umsetzung im Geschäftsverteilungsplan des Bundesfinanzhofs für das Jahr 2016 auszunehmen;

hilfsweise: gerichtlich vorläufig festzustellen, dass die Antragstellerin nicht verpflichtet ist, ihrer Umsetzung bis zur Entscheidung über den Antrag zu 1. nachzukommen.

Das Verwaltungsgericht hat diese Anträge mit Beschluss vom 18. Dezember 2015 als unbegründet oder unzulässig erachtet und abgelehnt.

Die Antragstellerin hat hiergegen Beschwerde eingelegt, mit der sie beantragt,

1. den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2015 aufzuheben und bis zur Entscheidung in der beim Verwaltungsgericht anhängigen Hauptsache einstweilen anzuordnen, dass dem Präsidiumsbeschluss vom 24. November 2015 vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsklage nicht nachzukommen ist,

2. für den Zeitraum bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Antrag zu 1. im Anordnungsverfahren vorläufig festzustellen, dass die Antragstellerin nicht verpflichtet ist, ihrer Umsetzung nachzukommen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin bleibt ohne Erfolg.

Die Gründe, die mit der Beschwerde fristgerecht dargelegt worden sind und auf deren Prüfung das Gericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 i. V. m. Satz 1 und 3 VwGO), rechtfertigen es nicht, dem mit dem Rechtsmittel weiterverfolgten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu entsprechen.

Die Rügen, das Verwaltungsgericht habe seiner Entscheidung einen unvollständigen und teilweise unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt und ein „rechtswidriges unfaires Verfahren“ durchgeführt, gehen von vornherein fehl. Denn das Gesetz sieht für das Rechtsmittel der Beschwerde anders als die Vorschriften über Berufung und Revision kein vorgeschaltetes, etwa von der erfolgreichen Rüge eines Verfahrensfehlers abhängiges Zulassungsverfahren (mehr) vor. Der Verwaltungsgerichtshof prüft vielmehr als Beschwerdegericht - innerhalb des durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO gezogenen Rahmens - den Rechtsfall im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2011 - 6 CS 11.1338 - juris Rn. 10; B.v. 5.6.2009 - 11 CS 09.873 - juris Rn. 17 f.; OVG NW, B.v. 12.6.2014 - 1 B 271/14 - juris Rn. 22 ff. m. w. N.).

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

a) Der Antrag ist zulässig. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht seine Statthaftigkeit bejaht, weil der Geschäftsverteilungsplan eines Gerichts bezogen auf den einzelnen Richter keinen Verwaltungsakt darstellt, sondern einen gerichtsinternen Organisationsakt, gegen den in der Hauptsache eine Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO erhoben werden kann (BayVGH, B.v. 8.3.2010 - 3 CE 10.171 - juris Rn. 19; VGH BW, B. v. 17.1.2011 - 4 S 1.11 - juris Rn. 2).

Zutreffend ist das Verwaltungsgericht ferner nach dem in § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zum Ausdruck kommenden Amtsträgerprinzip davon ausgegangen, dass richtige Antragsgegnerin die Bundesrepublik Deutschland und nicht das Präsidium des Gerichts ist (BayVGH, B.v. 8.3.2010 - 3 CE 10.171 - juris Rn. 20; VGH BW, B.v. 17.1.2011 - 4 S 1.11 - juris Rn. 2).

b) Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Die Entscheidung des Präsidiums des Bundesfinanzhofs, die Antragstellerin mit Wirkung zum 1. Januar 2016 einem anderen Senat zuzuweisen, ist rechtmäßig.

aa) Die von der Antragstellerin vorgebrachten formellen Einwände greifen nicht durch.

(1) Das Präsidium hat der Antragstellerin entsprechend § 21e Abs. 5 GVG vor seiner am 24. November 2015 getroffenen Entscheidung ausreichend Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Es hat zwar in der Sitzung vom 10. November 2015 den Vertagungsantrag der Antragstellerin abgelehnt, ihr aber die Möglichkeit eingeräumt, den Präsidiumsmitgliedern bis zur nächsten Sitzung am 24. November 2015 weitere Unterlagen zu übermitteln. Die Antragstellerin hat sich u. a. mit Schreiben vom 19. November 2015 geäußert und wurde mit Schreiben des Gerichtspräsidenten vom 20. November 2015 gebeten, dem Präsidium am 24. November 2015 für ein Gespräch zur Verfügung zu stehen. Das Präsidium hat sich mit den Einwänden der Antragstellerin gegen ihre Umsetzung u. a. in den Sitzungen vom 10. und 24. November 2015 befasst. Wenn diese sich trotz der ausdrücklichen Teilnahmebitte dafür entscheidet, an der Präsidiumssitzung vom 24. November 2015 nicht teilzunehmen, hat sie selbst eine wesentliche Gelegenheit ausgelassen, sich persönlich - neben dem bereits umfangreich schriftlich Vorgebrachten - zu den ihr weiter wichtig erscheinenden Gesichtspunkten Gehör zu verschaffen. Sie kann dann im späteren gerichtlichen Verfahren eine Verletzung des Anhörungsrechts oder ein „unfaires Verfahren“ nicht mehr mit Erfolg rügen (vgl. BayVGH, B.v. 16.6.2011 - 6 ZB 11.248 - juris Rn. 12).

(2) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, mit Umsetzung des Präsidiumsbeschlusses würden die Rechte von (anderen) Verfahrensbeteiligten auf die Wahrung rechtlichen Gehörs und auf ihren gesetzlichen Richter verletzt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG sichert, wie sich schon aus dem Wortlaut dieser Verfassungsnorm ergibt, nur die Anhörung des Rechtsträgers selbst und die Berücksichtigung seines eigenen Vorbringens; er vermittelt dagegen keinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Anhörung Dritter oder darauf, eine angebliche Gehörsverletzung eines anderen Prozessbeteiligten rügen zu können (BVerwG, B.v. 23.6.2011 - 9 B 94.10 - juris Rn. 3). Das gleiche gilt hinsichtlich der Rüge, durch eine Umsetzung der Antragstellerin werde der gesetzliche Richter (anderer Verfahrensbeteiligter) gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht gewahrt.

(3) Fehl geht schließlich die Rüge, der Geschäftsverteilungsplan 2016 sei rechtswidrig zustande gekommen, weil den nicht dem Präsidium angehörenden Richtern des Bundesfinanzhofs vor der Beschlussfassung über den Geschäftsverteilungsplan 2016 kein Entwurf zugeleitet worden sei, weshalb keine Gelegenheit zur Äußerung bestanden habe. Das gilt unabhängig davon, ob der Vorwurf zutrifft oder nicht. Nach § 21e Abs. 2 GVG ist zwar vor der Geschäftsverteilung den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Eine Verletzung dieser Pflicht hat indessen keine rechtlichen Folgen (Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl. 2015, § 21e Rn. 44).

bb) Die Zuteilung der Antragstellerin an einen anderen Senat begegnet auch materiellrechtlich keinen Bedenken. Sie ist weder willkürlich noch verletzt sie die richterliche Unabhängigkeit.

(1) Nach § 21e Abs. 1 Satz 1 und 2 GVG bestimmt das Präsidium (u. a.) die Besetzung der Spruchkörper und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Das Präsidium hat für die ordnungsgemäße Erledigung der anfallenden Rechtsprechungsaufgaben durch Einsatz der dem Gericht zugeteilten Richter zu sorgen. Dabei gibt es kein Recht eines Richters auf die Erledigung bestimmter Rechtsangelegenheiten. Ein Richter muss grundsätzlich für jede Tätigkeit im Rahmen der gerichtlichen Zuständigkeit einsetzbar und einsatzbereit sein (BayVGH, B.v. 8.3.2010 - 3 CE 10.171 - juris Rn. 26; VGH BW, B.v. 17.1.2011 - 4 S 1.11 - juris Rn. 5). Da die Verteilung der richterlichen Geschäfte eine organisatorische Maßnahme darstellt, die einer beamtenrechtlichen Umsetzung entspricht oder vergleichbar ist, ist das dem Präsidium eingeräumte Ermessen innerhalb der gesetzlichen Grenzen grundsätzlich weit (VGH BW, B.v. 17.1.2011 - 4 S 1.11 - juris Rn. 5). Für eine Veränderung des bisherigen Aufgabengebiets eines Richters kann es mannigfache sachliche Gründe geben. Dementsprechend kann auch bei persönlichen Spannungen eine Änderung der Geschäftsverteilung zweckmäßig sein (BayVGH, B.v. 8.3.2010 - 3 CE 10.171 - juris Rn. 26). Als mögliche Verletzungen der persönlichen Rechtsstellung des Richters, die den Ermessensspielraum des Präsidiums begrenzen, kommen insbesondere Verstöße gegen die richterliche Unabhängigkeit (Art. 97 GG) und gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) in Betracht (VGH BW, B.v. 17.1.2011 - 4 S 1.11 - juris Rn. 5).

Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass eine Störung der reibungslosen Zusammenarbeit innerhalb des öffentlichen Dienstes durch innere Spannungen und durch Trübung des Vertrauensverhältnisses regelmäßig als Beeinträchtigung des täglichen Dienstbetriebs zu werten ist, für deren Abstellung das Präsidium eines Gerichts im richterlichen Bereich zu sorgen hat. Wenn dafür nach Lage des Falles die Umsetzung eines der Streitbeteiligten geboten erscheint, ist ein dienstliches Bedürfnis für die Umsetzung grundsätzlich bereits aufgrund der objektiven Beteiligung an dem Spannungsverhältnis zu bejahen, also unabhängig von der Verschuldensfrage (BVerwG, B.v. 26.11.2004 - 2 B 72.04 - juris; BayVGH, B.v. 24.3.2015 - 3 ZB 14.591 - juris Rn. 9; B.v. 21.8.2012 - 6 ZB 11.3015 - juris Rn. 6).

Die persönliche Unabhängigkeit eines Richters nach Art. 97 Abs. 2 GG unterfällt als hergebrachter Grundsatz des richterlichen Amtsrechts dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG. Von diesem Schutz erfasst wird neben den in Art. 97 Abs. 2 Satz 1 GG ausdrücklich genannten Handlungen jede Maßnahme, die materiell einer Entlassung, einer dauernden oder zeitweisen Amtsenthebung oder einer Versetzung in den Ruhestand gleichkommt, durch welche also faktisch dasselbe wie durch eine der in Art. 97 Abs. 2 Satz 1 GG genannten förmlichen Maßnahmen erreicht wird. Zwar hat ein Richter keinen Anspruch auf die Entscheidung eines nach der Geschäftsverteilung zu seiner Zuständigkeit gehörenden Rechtsstreits. Jedoch ist es dem Präsidium verwehrt, einen planmäßig bei einem Gericht ernannten Richter als für die Rechtsprechung dieses Gerichts untragbar, völlig ungeeignet oder unzumutbar zu qualifizieren und aus diesem Grund von der Rechtsprechung fernzuhalten. Hingegen können die Festlegungen im Rahmen der Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans, wenn keine besonderen Umstände hinzukommen, keine Eingriffe in die richterliche Unabhängigkeit begründen (BVerfG, B.v. 28.11.2007 - 2 BvR 1431/07 - juris Rn. 17).

(2) Gemessen an diesem Maßstab greifen die Einwände, die die Antragstellerin gegen ihre Umsetzung in einen anderen Senat zum Geschäftsjahr 2016 vorbringt, nicht durch.

Anlass für die streitige Anordnung war, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, ein - erhebliches - Spannungsverhältnis zwischen der Antragstellerin und den anderen Mitgliedern ihres bisherigen Senats. Dieses Spannungsverhältnis tritt allein schon durch die Aktenvorgänge deutlich in Erscheinung. Erkennbar wird es insbesondere durch den - auch im Namen der drei anderen Senatsmitglieder gestellten - Antrag des Senatsvorsitzenden vom 7. Oktober 2015 an den Präsidenten des Bundesfinanzhofs als Vorsitzenden des Präsidiums, die Antragstellerin einem anderen Senat zuzuweisen. Die Antragstellerin wiederum hat mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 mit Nachtrag vom 11. Oktober 2015 den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz gebeten, im Wege der „Dienstaufsicht“ tätig zu werden und gegebenenfalls disziplinarrechtliche Maßnahmen gegen Mitglieder ihres bisherigen Senats zu ergreifen, sowie ihrerseits mit Schreiben vom 15. Oktober 2015 beantragt, den Senatsvorsitzenden oder den Kollegen M. einem anderen Senat des Bundesfinanzhofs zuzuweisen. Die drei Beisitzer aus dem bisherigen Senat der Antragstellerin haben mit Schreiben vom 3. und 4. November 2015 für den Fall, dass das Präsidium dem Antrag auf Umsetzung der Antragstellerin in einen anderen Senat nicht entspreche, hilfsweise ihre eigene Zuweisung zu einem anderen Senat beantragt, weil ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit der Antragstellerin im Senat nicht mehr möglich sei. Dass diese Schreiben der Antragstellerin nach ihrem Beschwerdevorbringen erst im Rahmen des „Tatbestandsberichtigungverfahrens“ vor dem Verwaltungsgericht bekannt gegeben worden sind, ist rechtlich unerheblich. Sie sind Teil der bereits dem Verwaltungsgericht vorgelegten Verfahrensakten der Antragsgegnerin, in die die Antragstellerseite jederzeit hätte Akteneinsicht nehmen können. Im Übrigen ist die Antragstellerin durch den Auszug aus dem Protokoll der Präsidiumssitzung vom 10. November 2015 davon informiert worden, dass „von den Mitgliedern“ des bisherigen Senats Anträge gestellt worden waren. Auch insoweit hätte sie sich daher selbst ausreichende Kenntnis verschaffen können (vgl. oben II. 1. b) (1)).

Aus alldem sowie dem umfangreichen Schriftwechsel musste sich dem Präsidium aufdrängen, dass aufgrund schwerwiegender Zerwürfnisse zwischen der Antragstellerin einerseits und den übrigen Senatsmitgliedern andererseits eine sinnvolle und zielgerichtete Zusammenarbeit ernstlich gefährdet war. Dieses objektiv bestehende Spannungsverhältnis rechtfertigt es, die Senatsbesetzung zu ändern und schon zur Vermeidung umfangreicher personeller Wechsel nur die Antragstellerin und nicht die übrigen Senatsmitglieder einem anderen Senat zuzuweisen.

Entgegen der Ansicht der Beschwerde kam es bei der Entscheidung des Präsidiums nicht darauf an, was Auslöser des Konflikts im bisherigen Senat gewesen ist und welche „Schuld“ die daran Beteiligten hatten. So ist es insbesondere unerheblich, ob die Auffassung der Antragstellerin bezüglich der von ihr gerügten senatsinternen Geschäftsverteilung bei bestimmten Verfahren (Vergabe von Aktenzeichen, Zuteilung von Verfahren auf Berichterstatter) richtig war oder nicht. Dies gilt unabhängig davon, dass die Antragstellerin diese Frage als den ausschließlichen „Herd“ der Konfliktsituation darstellt und hierzu u. a. eine „unabhängige Untersuchung“ wünscht. Das gleiche gilt für sämtliche von der Beschwerde dazu im Einzelnen vorgetragene Umstände. Es kommt grundsätzlich allein auf die objektive Beteiligung der Antragstellerin an dem im bisherigen Senat zweifelsfrei bestehenden Spannungsverhältnis an, nicht aber auf ein Verschulden oder „Rechthaben“ (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2004 - 2 B 72.04 - juris; BayVGH, B.v. 24.3.2015 - 3 ZB 14.591 - juris Rn. 9; B.v. 21.8.2012 - 6 ZB 11.3015 - juris Rn. 6). Es ist weder Aufgabe des Präsidiums noch der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die unterschiedlichen Rechtsauffassungen, die die Antragstellerin und die übrigen Senatsmitglieder zu Fragen der senatsinternen Geschäftsverteilung oder gar zu einzelnen Streitverfahren jeweils vertreten haben, zu bewerten und als Richtschnur für Umsetzungen heranzuziehen. Das Präsidium durfte unabhängig davon annehmen, dass das senatsinterne Spannungsverhältnis im Interesse eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes anders als durch eine Trennung der Beteiligten nicht lösbar ist. Nachdem sämtliche Richter des bisherigen Senats eine weitere Zusammenarbeit mit der Antragstellerin abgelehnt hatten, war es entgegen der Ansicht der Beschwerde - ohne weiteres - sachgerecht und verhältnismäßig, die Konfliktsituation durch Umsetzung der Antragstellerin in einen anderen Senat aufzulösen. Dem stehen weder die langjährige Zugehörigkeit der Antragstellerin zum bisherigen Senat entgegen noch der mit dem Senatswechsel verbundene Verlust der Funktion als stellvertretende Vorsitzende noch ein von der Antragstellerin befürchteter Ansehensverlust in der Fachwelt. Bei einer Gesamtschau des Akteninhalts unter Würdigung des umfangreichen Beschwerdevorbringens gibt es zur Überzeugung des Senats keinen greifbaren Anhaltspunkt für die Annahme, das Präsidium hätte bei seiner Entscheidung ausnahmsweise (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.1967 - VI C 58.65 - juris Rn. 37) das Verschulden der Streitbeteiligten berücksichtigen und von einer Umsetzung der Antragstellerin als dem „Opfer“ einer systematischen ungerechtfertigten Behandlung absehen müssen. Auch wenn die Beschwerde aus der subjektiven Sicht der Antragstellerin eine solche Situation behauptet, fehlt es an objektiven und belastbaren Anhaltspunkten.

Die angegriffene Anordnung des Präsidiums verstößt nicht gegen Art. 97 GG. Die Antragstellerin wird durch ihre Umsetzung in einen anderen Senat nicht in ihrer richterlichen Unabhängigkeit verletzt. Sie hat aufgrund der Geschäftsverteilung für das Geschäftsjahr 2016 Rechtsprechungsaufgaben in einem anderen Senat zugewiesen erhalten. Dieser Senat bearbeitet zudem im Wesentlichen dieselben Rechtsgebiete wie der bisherige Senat, so dass insoweit keine Einarbeitung in eine neue Rechtsmaterie erforderlich ist. Aus dem in § 21e Abs. 1 Satz 2 GVG verankerten Jährlichkeitsprinzip der Geschäftsverteilung folgt im Übrigen, dass ein Richter vor einer Änderung der ihm zukommenden Aufgaben nicht generell geschützt ist. In dieser Festlegung zu Beginn des Geschäftsjahres kann daher, ohne dass besondere Umstände hinzukommen, kein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit gesehen werden (BVerfG, B.v. 28.11.2007 - 2 BVR 1431/07 - juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 8.3.2010 - 3 CE 10.171 - juris Rn. 34). Eine Maßnahme des Präsidiums im Rahmen der Geschäftsverteilung unterliegt den Anforderungen an die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens und darf sich nicht als willkürlich darstellen (BVerfG, a. a. O., Rn. 11). Dem genügt die Umsetzung der Antragstellerin. Aus den oben genannten Gründen liegen keine „besonderen Umstände“ vor.

Bei der Zuteilung an einen anderen Senat handelt es sich nicht um eine verdeckte Disziplinarmaßnahme, die gegen das Prinzip richterlicher Unabhängigkeit gemäß Art. 97 GG verstößt. Die richterliche Unabhängigkeit, die Art. 97 Abs. 1 GG gewährleistet, stellt kein persönliches Privileg dar, sondern eine funktionsbezogene Gewährleistung eines Freiraums, dessen der Richter zur sachgerechten Erfüllung der ihm gestellten Rechtsprechungsaufgaben bedarf. Inhaltlich bedeutet die gewährleistete sachliche Unabhängigkeit Weisungsfreiheit. Die Unabhängigkeitsgarantie bietet nur Schutz gegen auf die Rechtsprechung bezogene Maßnahmen. Ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit der Antragstellerin läge dann vor, wenn die Neuverteilung der Geschäfte eine Reaktion des Präsidiums auf die rechtsprechende Tätigkeit der Antragstellerin darstellen würde. Vorliegend geht es jedoch nicht um Kritik an richterlichen Entscheidungen der Antragstellerin, sondern um die objektiv vorliegenden innerdienstlichen Spannungen innerhalb ihres bisherigen Senats (vgl. BayVGH, B.v. 8.3.2010 - 3 CE 10.171 - juris Rn. 36).

2. Mit der Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt sich der weitere Antrag auf eine vorläufige Regelung für die Zeit bis zum Abschluss des Eilverfahrens.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.

(2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, vor Ablauf ihrer Amtszeit entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Erreichung auf Lebenszeit angestellte Richter in den Ruhestand treten. Bei Veränderung der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke können Richter an ein anderes Gericht versetzt oder aus dem Amte entfernt werden, jedoch nur unter Belassung des vollen Gehaltes.

(1) Für das Verfahren in Disziplinarsachen gelten die Vorschriften des Bundesdisziplinargesetzes sinngemäß.

(2) Über die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von Bezügen sowie über die Aufhebung dieser Maßnahmen entscheidet auf Antrag der obersten Dienstbehörde das Dienstgericht durch Beschluss. Der Beschluß ist der obersten Dienstbehörde und dem Richter zuzustellen.

(3) § 78 des Bundesdisziplinargesetzes ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass in Disziplinarverfahren vor dem Dienstgericht des Bundes die für das Verfahren über die Berufung getroffenen gebührenrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden sind. Dem Verfahren über die Auferlegung einer Geldbuße durch das Dienstgericht steht hinsichtlich der Kosten das Verfahren über die Klage gegen eine entsprechende Disziplinarverfügung des Dienstvorgesetzten gleich. In Verfahren über den Antrag auf Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Bezügen gelten die für das Verfahren über den Antrag auf Aussetzung dieser Maßnahmen getroffenen gebührenrechtlichen Bestimmungen entsprechend.

Tenor

Der Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. August 2016 wird in Satz 1 der Randnummer 2 (unter Gründe: A. I. 1.) wie folgt berichtigt (Änderung unterstrichen): Die Beschwerdeführerin ist seit 2005 Richterin am Bundesfinanzhof und seit 2013 stellvertretende Vorsitzende.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.