Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 18. März 2014 - 1 L 120/12

bei uns veröffentlicht am18.03.2014

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 19. April 2012 – 3 A 945/10 – wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten des Vollstreckungsgläubigers abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wehrt sich gegen einen Gebührenbescheid für die Überlassung einer Grabstelle für seinen verstorbenen Vater.

2

Der am …1983 geborene Kläger ist der leibliche Sohn des zwischen dem 29. Januar 2010 und 07. Februar 2010 verstorbenen A.H.. Der Verstorbene war von der Mutter des Klägers geschieden. Auf Grund von Gewalttätigkeiten des alkoholsüchtigen Verstorbenen gegen den Kläger und dessen Mutter wurde der Kläger am …1988, im Kleinkindalter von etwa 4 Jahren und 3 Monaten, zu seinen Großeltern mütterlicherseits in Pflege gegeben, bei denen er aufwuchs. Würgemale am Hals des Kindes sollen dem Jugendamt zur Kenntnis gegeben worden sein. Nach einer Anfrage der Ordnungsbehörde vom 04. März 2010 teilte das Jugendamt der Hansestadt Stralsund am 15. März 2010 mit, dass zu dem Kläger keine Unterlagen über einen Sorgerechtsentzug vorhanden seien. Zur Konkretisierung der von ihm behaupteten Misshandlungen, die von dem Beklagten nicht bestritten werden, legte der Kläger eidesstattliche Versicherungen seiner Mutter, Frau S.H. (Bl. 39 d. BA A) und seiner Großmutter, Frau B.W. (Bl. 38 d. BA A) vor, auf die verwiesen wird. Der Kläger hat einen jüngeren Bruder, der aufgrund einer Behinderung unter rechtlicher Betreuung steht.

3

Nachdem sich der Kläger geweigert hatte, die Bestattung seines Vaters durchzuführen und der entsprechenden - hier nicht streitgegenständlichen - Ordnungsverfügung vom 11. Februar 2010 nicht nachgekommen war, organisierte der Beklagte die Bestattung im Wege der Ersatzvornahme und wies den Widerspruch des Klägers gegen die Ordnungsverfügung mit inzwischen bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 23. März 2010 zurück. Auf den Leistungsbescheid vom 04. Mai 2010 zahlte der Kläger die in Rechnung gestellten Kremationskosten.

4

Sodann beauftragte der Beklagte am 10. Mai 2010 seinen städtischen Zentralfriedhof mit der Beisetzung der Urne des Verstorbenen. Im Auftragsschreiben wird allein der Kläger als Bestattungspflichtiger angegeben. Die Beisetzung der Urne erfolgte am 11. Mai 2010 in einem Urnenreihengrab. Unter dem 18. Mai 2010 erteilte der Beklagte dem Kläger einen Gebührenbescheid für die Überlassung einer Grabstelle in Höhe von 976,00 Euro.

5

Der Kläger erklärte mit beim Beklagten am 01. Juni 2010 eingegangenen Schreiben, dass er die Forderung nicht akzeptiere, da er den Friedhof nicht bevollmächtigt habe, für seinen Vater ein Urnenreihengrab bereitzustellen. Es müsse die kostengünstigste Variante genommen werden. Das sei ein Verstreuen der Asche auf einer hierfür vorgesehenen Streuwiese. Mit Widerspruchsbescheid vom 02. August 2010 wies der Beklagte durch seinen Eigenbetrieb städtischer Zentralfriedhof der Hansestadt Stralsund diesen Widerspruch unter Hinweis auf die Gebührensatzung des Friedhofs und das Kommunalabgabengesetz M-V zurück. Die Urne sei nach Ablauf der Fristen von Amts wegen beigesetzt worden. Nach § 9 Abs. 3 BestattG M-V bleibe die Pflicht zur Erstattung der Kosten unberührt. Der Kläger habe die Leistungen im Sinne von § 2 Abs. 1 der Friedhofsgebührensatzung in Anspruch genommen. Einer Bevollmächtigung oder Antragstellung habe es nicht bedurft. Das bereitgestellte Urnenreihengrab sei nach § 7 Abs. 5 der Friedhofssatzung die kostengünstigste Variante.

6

Der Kläger hat am 02. September 2010 Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Er hält den Bescheid für rechtswidrig. Die Behörde hätte in ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigen müssen, dass der Kläger seit seinem fünften Lebensjahr keinen Kontakt mehr zu seinem verstorbenen Vater gehabt habe. Er, der Kläger, habe bereits die Kosten der Ersatzvornahme getragen. Die weiteren Kosten hätten den anderen Kindern oder den Eltern des Verstorbenen auferlegt werden können.

7

Der Kläger hat vor dem Verwaltungsgericht beantragt,

8

den Bescheid des Beklagten vom 18.05.2010 - Nr. SZ 100631 - in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2010 aufzuheben.

9

Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

11

Er ist der Ansicht, aus der bestandskräftigen Ordnungsverfügung ergebe sich, dass der Kläger bestattungspflichtig sei. Er, der Beklagte, habe bei dem Erlass des Gebührenbescheides keine Ermessensentscheidung zu treffen. Der Bescheid sei aufgrund der feststehenden Bestattungspflicht rechtmäßig erlassen worden.

12

Das Verwaltungsgericht hat die vom Kläger benannten Zeuginnen (seine Mutter und seine Großmutter) gehört. Die Mutter des Klägers hat in ihrer Vernehmung angegeben, dass der Verstorbene den Kläger gewürgt und sie dem Jugendamt - wahrheitswidrig - erklärt habe, dass die blauen Stellen nicht von seinem Vater, sondern von seinem Bruder beim Spielen mit einem Seil verursacht worden seien. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 19. April 2012 (Bl. 56 ff. d. GA) verwiesen.

13

Mit Urteil vom 19. April 2012 hat das Verwaltungsgericht Greifswald - 3 A 945/10 - den Gebührenbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger die Leistung des Beklagten nicht in Anspruch genommen habe. Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 b) der Friedhofsgebührensatzung sei so auszulegen, dass mit demjenigen, der die Leistung in Anspruch nehme, der Bestattungspflichtige gemeint sei. Der Kläger sei jedoch nicht bestattungspflichtig. Zwar habe der Kläger nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Nr. 3 BestattG M-V für die Bestattung seines Vaters zu sorgen, da vorrangige Bestattungspflichtige nicht existierten. Der Gebührenbescheid müsse sich jedoch am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen. Die Heranziehung des Klägers zu den Bestattungskosten sei im vorliegenden Fall, der einen extremen Ausnahmefall darstelle, unzumutbar. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, da die Frage der vorweggenommenen Einzelfallkorrektur der Bestattungspflicht in der Rechtsprechung umstritten und für das Landesrecht Mecklenburg-Vorpommern bislang noch nicht abschließend geklärt sei.

14

Der Beklagte hat am 18. Mai 2012 Berufung eingelegt und diese am 19. Juni 2012 begründet. Er ist der Auffassung, eine Einzelfallkorrektur sei rechtlich nicht zulässig. Das Gesetz sei eindeutig und der Auslegung durch das Verwaltungsgericht nicht zugänglich. Eine aus verfassungsrechtlichen Gründen für zu strikt gehaltene Gesetzesvorschrift dürfe nicht einfach unangewendet bleiben. Die Bestattungspflicht bestehe ausnahmslos. Der Einzelfallkorrektur stehe die Bestandskraft der Ordnungsverfügung entgegen. In extremen Fällen könne der Bestattungspflichtige einen Antrag auf Kostenübernahme gemäß § 74 SGB XII beim Träger der Sozialhilfe stellen. Wobei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch zerrüttete Familienverhältnisse im Rahmen der Zumutbarkeit berücksichtigt würden.

15

Der Beklagte beantragt,

16

das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 19.04.2012 - 3 A 945/10 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

17

Der Kläger beantragt,

18

die Berufung zurückzuweisen.

19

Er stützt die Auffassung des Verwaltungsgerichts.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten und Gerichtsakten (VG Greifswald - 3 A 945/10 -), die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

21

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.

22

Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den vom Kläger angefochtenen Gebührenbescheid vom 18. Mai 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. August 2010 im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Denn die Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

23

Die Rechtswidrigkeit des Gebührenbescheids folgt jedoch - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht aus dem Wegfall der Bestattungspflicht des Klägers. Denn der Kläger bleibt (primär) bestattungspflichtig nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 BestattG M-V (1.). Es entfällt lediglich die materielle, aus der Bestattungspflicht fließende (sekundäre) Kostentragungspflicht im vorliegenden Fall aufgrund eines extremen Ausnahmefalls (2.).

1.

24

Der Kläger ist bestattungspflichtig nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 BestattG M-V.

25

Gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 3 BestattG M-V haben die volljährigen Angehörigen in folgender Reihenfolge für die Bestattung zu sorgen:

26

1. Ehegatte,
2. Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes,
3. Kinder,
4. Eltern,
5. Geschwister,
6. …

27

Nach Absatz 3 Satz 1 dieser Vorschrift hat die örtliche Ordnungsbehörde für die Bestattung zu sorgen, wenn Bestattungspflichtige im Sinne des Absatzes 2 nicht vorhanden, nicht zu ermitteln oder nicht auffindbar sind oder ihrer Pflicht nicht nachkommen. Nach Satz 4 bleibt eine Pflicht zur Erstattung der Kosten unberührt.

28

Nach dem Wortlaut der Norm sind der Kläger und neben ihm sein Bruder, der unter rechtlicher Betreuung steht, als Kinder des Verstorbenen bestattungspflichtig, da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind.

29

Der Senat vermag der Argumentation des Verwaltungsgerichts insoweit nicht zu folgen, als die Bestattungspflicht des Klägers (und seines Bruders) insgesamt entfallen soll. Denn dann würden die in der Reihenfolge nachfolgend genannten Verwandten nachrücken. Das wären die Eltern des Verstorbenen, mithin die Großeltern des Klägers. Diese hatte die Ordnungsbehörde mit Schreiben vom 11.02.2010 und 11.03.2010 bereits angeschrieben. In einem Vermerk vom 15.03.2010 hatte die zuständige Sachbearbeiterin der Ordnungsbehörde zudem niedergelegt, sie habe den Großvater des Klägers darauf hingewiesen, dass die Eltern des Verstorbenen an die Stelle der Kinder träten, wenn eine Heranziehung der Kinder für die Bestattung von Misshandlungen durch den Verstorbenen unbillig sei.

30

Das Vorliegen eines Härtefalls führt jedoch nach Auffassung des Senats nicht dazu, dass sich die Reihenfolge der im Gesetz bestimmten Bestattungspflichtigen verändert. Vielmehr verbleibt es bei der materiellen (primären) Bestattungspflicht. Das folgt schon aus dem Zweck der Bestattungspflicht als Maßnahme der Gefahrenabwehr und der Eilbedürftigkeit der Bestattung eines Verstorbenen.

31

Gemäß § 11 Abs. 2 BestattG M-V soll die Erdbestattung innerhalb von 10 Tagen nach Todeseintritt vorgenommen werden, bei einer Feuerbestattung die Leiche in ein Krematorium befördert oder zur Bestattung an einen anderen Ort auf den Weg gebracht worden sein. Mit dieser kurz bemessenen Regelfrist wird dem öffentlichen Interesse, den Leichnam aus hygienischen Gründen zu beseitigen, Rechnung getragen. Zur Aufklärung der Bestattungspflichtigen verbleibt der Behörde daher wenig Zeit. Dennoch darf die Gefahrenabwehrbehörde sich nicht an irgendwelche Angehörige wenden, von denen sie ein effektives Vorgehen erwartet (vgl. Spranger, Unzumutbarkeit der Kostenübernahme nur in Härtefällen, Sozialrecht+Praxis 2010, 656, 657). Sie ist vielmehr auch in Mecklenburg-Vorpommern an die Reihenfolge als Rangfolge gebunden (letzteren Begriff verwendet z.B. § 8 NiedersächsBestattG).

32

Würde die Bestattungspflicht insgesamt entfallen, müsste die Behörde auf jedem Verwandtschaftsrang prüfen, ob auch dort ausnahmsweise die Heranziehung aus den gleichen oder aus völlig anderen Härtegründen unverhältnismäßig wäre. Eine solche Kaskadenprüfung birgt vor dem Hintergrund der Eilbedürftigkeit der Entscheidung eine erhebliche Rechtsunsicherheit, insbesondere wenn die Tatsachengrundlagen schwierig zu ermitteln sind. Das zeigt schon der vorliegende Fall, hier sind Unterlagen über einen etwaigen Sorgerechtsentzug beim Jugendamt nicht vorhanden. Der Umfang von behaupteten, weit in der Vergangenheit zurückliegenden Misshandlungen lässt sich ohne objektive Anhaltspunkte jedoch nicht ohne Weiteres hinreichend zweifelsfrei zeitnah aufklären. Wegen der Eilbedürftigkeit zur Heranziehung des Bestattungspflichtigen zur Bestattung kann die Ordnungsbehörde deshalb im Rahmen der Gefahrenabwehr nicht die Einzelheiten des jedenfalls formal bestehenden Verwandtschaftsverhältnisses prüfen.

33

Bleibt danach die primäre Bestattungspflicht zur Gefahrenabwehr bestehen, ist damit nicht zwingend auch die Kostentragung des Bestattungspflichtigen verknüpft. Vielmehr kann in besonderen Härtefällen die Primärpflicht zur Durchführung der Bestattung und die Kostentragung als Sekundärpflicht entkoppelt werden, zumal die Überprüfung der Kostentragungspflicht in einem „gestreckten Verfahren“ möglich ist.

2.

34

Der angefochtene Gebührenbescheid vom 18. Mai 2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, da die materielle, aus der Bestattungspflicht fließende (sekundäre) Kostentragungspflicht des Klägers im vorliegenden Fall aufgrund eines extremen Ausnahmefalls entfällt.

35

Die vom Kläger vorgetragenen und von den Zeugen bestätigten sowie von dem Beklagten nicht bestrittenen Härtefallgründe lassen eine Kostentragungspflicht des Klägers ausnahmsweise als unverhältnismäßig erscheinen.

36

In der Rechtsprechung ist umstritten, ob eine ungeschriebene Ausnahme von der Bestattungspflicht (hier von der isolierten Kostentragungspflicht) besteht (dafür Hessischer VGH, Urt. v. 26.10.2011 - 5 A 1245/11 -; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 21.09.2010 - 2 L 71/08 - zum Kostenerstattungsanspruch von Friedhofsgebühren aufgrund einer Ersatzvornahme nach § 114 SOG M-V; dagegen OVG Lüneburg, Beschl. v. 08.01.2013 - 8 ME 228/12 -; Beschl. v. 04.04.2000 - 88 LA 4/08 -; Beschl. v. 19.12.2012 - 8 LA 150/12 -; Beschl. v. 30.07.2010 - 8 PA 151/10 -; alle zitiert nach juris; siehe zum Meinungsstand auch die Entscheidungsauflistung im Urteil des VG Greifswald, Urteilsumdruck S. 7). Gegen eine solche Ausnahme wegen Unverhältnismäßigkeit wird angeführt, dass mit der Gebührenauferlegung keine abschließende Entscheidung über die tatsächliche Kostenbelastung des Bestattungspflichtigen getroffen werde, da ein Rückgriff bei einem Erben nach § 1968 BGB möglich sei sowie - jedenfalls nach Niedersächsischem Bestattungsrecht - der Bestattungspflichtige einen anderen gleichrangigen Bestattungspflichtigen nach §§ 426 BGB, 8 Abs. 4 Satz 2 Niedersächsisches Bestattungsgesetz in Anspruch nehmen könne und hilfsweise bei Unzumutbarkeit eine Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger möglich sei, wobei im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B8 SO 23/08 -) auch die Nähe und Beziehung zum Bestattungspflichtigen zu berücksichtigen sei.

37

Diese Auffassung überzeugt nicht. Zu Recht hält es das Verwaltungsgericht für unzumutbar, den Kläger auf einen sozialrechtlichen oder zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch zu verweisen. Diese sind nicht nur der Höhe nach unklar, es gelten auch unterschiedliche Anforderungen. So sind gemäß § 2 SGB XII Sozialhilfeleistungen den Leistungen insbesondere von Angehörigen nachrangig. Sozialhilferechtlich ist deshalb das Einkommen eines (unterhaltspflichtigen) Ehepartners, der selbst nicht bestattungspflichtig wäre, mit zu berücksichtigen. Zudem leuchtet nicht ein, warum der Bürger gegenüber dem Staat eine Leistung vorfinanzieren soll, die er sich dann von einer anderen staatlichen Stelle zurückholen möge. Darüber hinaus würde der Bürger mit einem solchen Doppelverfahren erheblichen Rechtsunsicherheiten unnötig ausgesetzt werden. Das wird schon anhand der Rechtswegaufspaltung ersichtlich. Hält der Bürger seine Heranziehung als Bestattungspflichtiger für rechtswidrig - z. B. mit der Behauptung der Heranziehung in falscher Reihenfolge oder eines Ermessensfehlers - muss er sich gegen den Bescheid vor den Verwaltungsgerichten wehren. Gegen den im zeitlichen Zusammenhang erlassenen Gebührenbescheid kann er sich zwar auch mit den soeben genannten Gründen einer fehlenden Bestattungspflicht wenden; greift er jedoch Härtegründe auf, müsste er diese im Sozialgerichtsweg klären lassen.

38

Auch gibt der vorliegende Fall keinen Anlass zu entscheiden, ob die Kostentragungspflicht für die Bestattung bereits dann entfällt, wenn der Verstorbene einen Anspruch auf Elternunterhalt gem. §§ 1579, 1611 BGB verwirkt hätte (dafür OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 21.09.2010 - 2 L 71/08 -, juris).

39

Der Bundesgerichtshof hatte bereits in einer Entscheidung im Jahr 2004 zum Elternunterhalt ausgeführt, dass die Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt wegen einer schweren Verfehlung grob unbillig sein könnte. Eine Verwirkung könnte dann gerechtfertigt sein, wenn der Elternteil das Kind, dass er später auf Elternunterhalt in Anspruch nimmt, schon im Kleinkindalter bei den Großeltern zurückgelassen und sich in der Folgezeit nicht mehr in nennenswertem Umfang um es gekümmert habe. Dann offenbare das Unterlassen des Elternteils einen so groben Mangel an elterlicher Verantwortung und menschlicher Rücksichtnahme, dass nach Abwägung aller Umstände von einer schweren Verfehlung ausgegangen werden könne (BGH, Urt. v. 19.05.2004 - XII ZR 304/02 -, zitiert nach juris). In einem jüngst zum Elternunterhalt entschiedenen Fall hat der Bundesgerichtshof zwar für den dortigen Sachverhalt eine Verfehlung verneint, in den Beschlussgründen jedoch ausdrücklich die frühere Entscheidung bestätigt (BGH, Beschl. v. 12.02.2014 - XII ZB 607/12 -, zitiert nach juris).

40

Zu berücksichtigen ist zwar, dass die Bestattungspflicht anders als die Unterhaltspflicht kein Dauerschuldverhältnis und deshalb auch bei gröbsten Verfehlungen mit §§ 1579, 1611 BGB nicht vergleichbar ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 19.10.2004 – 1 S 681/04 -, OVG Saarland, Urt. v. 27.12.2007 - 1 A 40/07 -, VG Halle/Saale, Urt. v. 20.11.2009 - 4 A 318/09 -, alle zitiert nach juris; siehe auch bei Spranger, Unzumutbarkeit der Kostenübernahme nur in Härtefällen, Sozialrecht+Praxis 2010, 656). Die Bestattungskosten sind vielmehr eine einmalige, der Höhe nach von vornherein begrenzte Zahlungspflicht, die zu tragen viel eher zumutbar ist als die Unterhaltspflicht. Dennoch ist ein Absehen von der Kostenheranziehung nicht völlig ausgeschlossen. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Vater des Klägers für diese Misshandlungen strafrechtlich verfolgt und zur Verantwortung gezogen worden ist. Es besteht nämlich nicht nur dann eine ungeschriebene Ausnahme von der Bestattungskostentragungspflicht zur Vermeidung einer unverhältnismäßigen Belastung, wenn sich der Verstorbene wegen einer schweren Straftat zu Lasten des Bestattungspflichtigen strafbar gemacht hat (dafür HessVGH, Urt. v. 26.10.2011 - 5 A 1245/11 -; offen gelassen von OVG Lüneburg, Beschl. v. 09.07.2013 - 8 ME 86/13 -; beide zitiert nach juris), sondern auch bei einem vergleichbaren besonders schwerwiegenden elterlichen Fehlverhalten und einer daraus folgenden beiderseitigen grundlegenden Zerstörung des Eltern-Kind-Verhältnisses. Derartige extreme Ausnahmesituationen können etwa in Fällen erlittener Misshandlungen durch den Verstorbenen oder bei einem dauerhaften Entzug des elterlichen Sorgerechts nach §§ 1666, 1666 a BGB vorliegen (vgl. VG Halle/Saale, Urteil vom 20.11.2009 - 4 A 318/09 -, zitiert nach juris).

41

Dem schließt sich der Senat für den vorliegenden Fall an. Denn im Streitfall wurde der Kläger nicht aufgrund „bloßer“ Vernachlässigungen in die Obhut seiner Großeltern gegeben (insoweit ist der Sachverhalt mit dem vom Bundesgerichtshof im Jahr 2004 entschiedenen identisch). Vielmehr kommen die von den Zeuginnen glaubhaft bekundeten Gewalttätigkeiten des verstorbenen Vaters gegen den Kläger hinzu. Dass diese massiv gewesen sind, steht nicht nur anhand der Beschreibung von Würgemalen und Schlägen fest, sondern auch deshalb, weil der Kläger schon als Kleinkind im Alter von etwa vier Jahren und sein noch jüngerer Bruder, zum Schutz vor weiteren Übergriffen vom Vater getrennt wurden. Wie extrem die damalige Situation für den Kläger gewesen ist, wird schon daran deutlich, dass er nicht nur vom Vater sondern auch von seiner Mutter getrennt wurde, die wohl nicht in der Lage war, die Kinder in einem eigenen Haushalt zu betreuen und vor ihrem Vater zu schützen. Der Kläger wurde deshalb aus dem elterlichen Haushalt insgesamt herausgenommen und im Haushalt der Großeltern betreut. Durch diese groben Verletzungen der elterlichen Fürsorgepflicht des Verstorben gegen den Kläger, die ein unwürdiges Verhalten darstellen, sind die Familienbande zwischen dem Kläger und seinem Vater, zu dem auch später kein Kontakt mehr bestand, faktisch zerrissen worden (vgl. die Formulierung in BGH, Beschl. v. 12.02.2014 - XII ZB 607/12 - mit Hinweis auf BT-Drs. V/2370, S. 41, zitiert nach juris). Damit ist der Anknüpfungspunkt für die Kostentragungspflicht eines nahen Angehörigen aus § 9 Abs. 2 BestattG M-V entfallen.

42

Die Unverhältnismäßigkeit der Heranziehung des Klägers zu den Kosten ist vorliegend auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass für den Kläger die Möglichkeit besteht gem. § 12 KAG M-V i. V. m. § 227 Abgabenordnung (AO) einen Erlass zu beantragen. Denn aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falls können die Voraussetzungen eines Erlasses schon von Amts wegen nur ausnahmsweise bereits im Festsetzungsverfahren berücksichtigt werden (vgl. Aussprung/ Siemers/ Holz, Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern, Losebl., Stand: Juli 2013, § 12 Nr. 63.3 a. E.). Danach kommt ein Erlass im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen den Festsetzungsbescheid nur dann in Betracht, wenn der Beklagte bereits bei der Festsetzung offensichtlich erkennbare sachliche Gründe, die ein derartiges Gewicht haben, dass sie ein gesetzlich vorgesehenes Entscheidungsermessen auf Null reduziert haben, hätte berücksichtigen müssen und allein die Gewährung eines - auch teilweisen - Erlasses der Rechtslage entspricht (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 20.05.2003 - 1 L 137/02 -, NordÖR 2003, 365 = NVwZ-RR 2004, 212 = DÖV 2004, 213 mit Hinweis auf OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 14.08.2002 - 1 M 29/02 -).

43

Eine Kostentragungspflicht des Klägers besteht auch nicht unabhängig von einer Zerrüttung der Familienverhältnisse, da beispielsweise Leistungen aus einer Sterbegeldversicherung nicht zur Verfügung stehen, Schadensersatzansprüche gegenüber Dritten nicht geltend gemacht und die Kosten nicht aus dem Nachlass selbst bestritten werden können (vgl. hierzu Spranger, Unzumutbarkeit der Kostenübernahme nur in Härtefällen, Sozialrecht+Praxis 2010, 656, 661).

3.

44

Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen erweist sich der Bescheid auch aufgrund eines Auswahlermessensfehlers des Beklagten als rechtswidrig.

45

Zwar steht dem Beklagten hinsichtlich der Auswahl des Kostenschuldners ein Ermessen zu. So darf die Ordnungsbehörde eine Bestattungsverfügung nur gegen einen von zwei gleichrangig Bestattungspflichtigen erlassen, wenn zu erwarten ist, dass dieser effektiv im Sinne der Gefahrenabwehr seiner Bestattungspflicht nachkommen wird (vgl. VG Schwerin, Beschl. v. 21.03.2003 - 1 B 140/03 -, zitiert nach juris). Auf der Ebene der bloßen Kostentragung ist jedoch im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu prüfen, ob nicht die Brüder beide je zur Hälfte heranzuziehen wären (vgl. VG Schwerin, Gerichtsbescheid v. 13.02.2006 - 1 A 3124/04 -, zitiert nach juris: im dortigen Fall hat die Behörde die dortige Klägerin und ihre Schwester jeweils zur hälftigen Erstattung der Kosten herangezogen). Warum der Beklagte den Bruder des Klägers von vornherein ausgespart hat, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Für den Bruder des Klägers, der unter rechtlicher Betreuung steht (§ 1896 Abs. 1 BGB), kann im Rahmen der gerichtlich bestimmten Aufgabenkreise sein rechtlicher Betreuer handeln. Offensichtlich hat der Beklagte jedoch insoweit überhaupt kein Ermessen ausgeübt. Weder im Gebührenbescheid noch im Widerspruchsbescheid findet sich auch nur ein Hinweis auf die Bestattungspflicht des Bruders. Vielmehr wurde dem Zentralfriedhof bei der Auftragserteilung durch die Ordnungsbehörde mit Schreiben vom 10.05.2010 lediglich der Kläger als Bestattungspflichtiger angegeben.

4.

46

Nach alldem kann der Senat offen lassen, ob der angefochtene Gebührenbescheid auch der Höhe nach rechtswidrig ist, da zweifelhaft erscheint, ob die Kostenposition „Aufbewahrung der Urne ab dem 22. Tag pro angefangenen Tag (5,00 EURO)“ mit 255,00 € hätte abgerechnet werden dürfen.

47

Die Beisetzung des Verstorbenen erfolgte erst am 11. Mai 2010. Warum diese nicht zeitnah nach der Einäscherung des Verstorbenen am 17. Februar 2010 innerhalb der dreiwöchigen kostenfreien Aufbewahrungsfrist stattgefunden hat, ist nach der Aktenlage nicht nachvollziehbar. Dass sich die Behörde noch im Streit mit dem Kläger über die Bestattungspflicht befand, dürfte allein nicht dazu führen, dass die Behörde mit der Beisetzung noch (kostenpflichtig) zuwarten darf. Die Bestandskraft des Leistungsbescheids und die Zahlung der Kremationskosten durch den Kläger musste die Behörde wohl nicht abwarten.

48

Entgegen der Auffassung des Klägers kommt jedoch ein Verstreuen der Asche als kostengünstigere Variante der Bestattung nicht in Betracht. Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 BestattG M-V ist bei einer behördlichen Bestattung das Verstreuen der Asche und die Urnenbeisetzung auf See ausdrücklich unzulässig.

5.

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

50

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

51

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

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(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozia

Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft


Lebenspartnerschaftsgesetz - LPartG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1579 Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit


Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes gro

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 74 Bestattungskosten


Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1611 Beschränkung oder Wegfall der Verpflichtung


(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1968 Beerdigungskosten


Der Erbe trägt die Kosten der Beerdigung des Erblassers.

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Urteil, 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02

bei uns veröffentlicht am 19.05.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 304/02 Verkündet am: 19. Mai 2004 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Feb. 2014 - XII ZB 607/12

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS XII ZB 607/12 Verkündet am: 12. Februar 2014 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 21. Sept. 2010 - 2 L 71/08

bei uns veröffentlicht am 21.09.2010

Tenor Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald - 2. Kammer - vom 11. März 2008 wird abgelehnt. Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird für das Zulassungsver

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 27. Dez. 2007 - 1 A 40/07

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Tenor Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. Februar 2007 - 11 K 50/06 - wird die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil is

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 19. Okt. 2004 - 1 S 681/04

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12. Dezember 2003 - 3 K 1991/03 - wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbesta
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Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 05. Sept. 2017 - 3 A 195/15 HGW

bei uns veröffentlicht am 05.09.2017

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollst

Referenzen

Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald - 2. Kammer - vom 11. März 2008 wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 418,- Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Beklagte begehrt noch die Erstattung von Friedhofsgebühren für die von ihm veranlassten Kosten der Bestattung des Vaters des Klägers.

2

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 11. März 2008 den Bescheid des Beklagten vom 28. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2007 insoweit aufgehoben, als darin u.a. Friedhofsgebühren in Höhe von 418,- Euro gegen den Kläger festgesetzt worden sind. Bei den Friedhofsgebühren, die der Beklagte - so das Verwaltungsgericht - mit Bescheid vom 27. September 2006 gegen sich selbst festgesetzt hat, handele es sich nicht um Auslagen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 4 VwVKVO M-V. Die Friedhofsgebühren seien keine Beträge, die an Beauftragte oder Hilfspersonen zu zahlen gewesen seien. Es handele sich nicht um Gebühren für die Ersatzvornahme, denn der Friedhof wäre auch dann in Anspruch genommen worden, wenn der Kläger die Beisetzung veranlasst hätte.

3

Der dagegen gerichtete fristgerecht eingelegte und begründete Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen, soweit sie gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO hinreichend dargelegt sind, nicht vor.

4

Dies gilt zunächst für den zur Begründung des Zulassungsantrags aufgeführten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ein auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützter Zulassungsantrag muss sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Die Begründung des Zulassungsantrags muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen weshalb sich diese aus der Sicht des Zulassungsantragstellers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die angefochtene Entscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Zulassungsantragsteller muss sich insofern an der Begründungsstruktur des angefochtenen Urteils orientieren. Geht er auf eine Erwägung nicht ein, kann das Oberverwaltungsgericht diese nicht von sich aus in Zweifel ziehen. Diese Anforderungen an die Begründung eines Zulassungsantrags sind für den Zulassungsantragsteller auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang ist sichergestellt, dass Zulassungsantragsteller rechtskundig vertreten sind (vgl. Beschluss des Senats vom 22.07.2010 - 2 L 101/10 -, m.w.N.).

5

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung können schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens nicht abschließend übersehen lassen, die Begründung des Zulassungsantrags aber die Einsicht vermittelt, der beabsichtigten Berufung seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen. Die Zulassung ist dagegen zu versagen, wenn sich die vom Zulassungsantragsteller geäußerten Zweifel ohne weiteres ausräumen lassen (vgl. Beschluss des Senats vom 24.06.2010 - 2 L 88/10 -, zit. nach juris Rn. 6, m.w.N.).

6

Danach bietet die Begründung des Zulassungsantrags keine Veranlassung, an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu zweifeln.

7

Das Verwaltungsgericht hat hinsichtlich der mit dem zugrunde liegenden Leistungsbescheid geltend gemachten Friedhofsgebühren zu Recht darauf abgestellt, dass es sich nicht um erstattungsfähige Kosten einer Ersatzvornahme handelt. Soweit der Beklagte mit dem Zulassungsvorbringen geltend macht, § 89 SOG M-V i.V.m. § 9 Abs. 3 Satz 2 BestattG a.F. stelle eine originäre Anspruchsgrundlage für einen Erstattungsanspruch der öffentlichen Verwaltung gegenüber dem Bestattungspflichtigen auch hinsichtlich der im Streit befindlichen Gebühren dar, wird diese Auffassung nicht in der dem Darlegungsgebot entsprechenden Weise näher begründet. Allein der Hinweis darauf, dass § 89 Abs. 1 SOG M-V ausdrücklich bestimmt, dass die Vollzugsbehörde die Handlung auf Kosten des Pflichtigen selbst ausführen kann, begründet noch keine Anspruchsgrundlage für einen Erstattungsanspruch. Im Übrigen ist durch die in Bezug genommenen Regelung des § 89 Abs. 1 SOG M-V nur allgemein das Zwangsmittel der Ersatzvornahme landesrechtlich geregelt und zwar - im Unterschied zu den bundesrechtlichen bzw. landesrechtlichen Regelungen anderer Bundesländer - dahingehend, dass nicht nur die Fremd-, sondern auch die Selbstvornahme ein zulässiges Zwangsmittel sein kann. Darüber hinaus bestimmt diese Regelung nur, dass die Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen ausgeführt werden kann, nicht jedoch in welcher Höhe und welche Kosten als solche erstattungsfähig sind. Auch die mit dem Zulassungsvorbringen in Bezug genommene Regelung des § 9 Abs. 3 Satz 2 BestattG M-V a.F., nach der eine Pflicht zur Erstattung der Kosten im Falle der durch die örtliche Ordnungsbehörde veranlassten Bestattung unberührt bleibt, verweist gerade auf sonstige Regelungen über eine Kostenerstattung und begründet nicht unmittelbar einen Rückgriffsanspruch der Behörde gegenüber dem Pflichtigen.

8

Dem entsprechend hat das Verwaltungsgericht zutreffend in der Sache darauf abgestellt, dass § 114 SOG M-V in Verbindung mit der auf dieser Grundlage ergangenen Rechtsverordnung die einschlägige Anspruchsgrundlage für Kostenerstattungsansprüche einer Ersatzvornahme ist. Dies wird auch durch den Regelungsumfang der Verwaltungsvollzugskostenverordnung ausdrücklich bestätigt. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 VwVKVO M-V gehören zu den gebührenpflichtigen Amtshandlungen nach dem Sicherheits- und Ordnungsgesetz auch solche der Ersatzvornahme.

9

Auch werden mit dem Zulassungsantrag keine Ansätze dafür aufgezeigt, dass es sich möglicherweise bei den mit dem zugrunde liegenden Leistungsbescheid geltend gemachten Friedhofsgebühren nicht um Kosten einer Ersatzvornahme, sondern auf anderer Anspruchsgrundlage ergangene Gebühren handeln könnte. Zu einer Auslegung der "Rechnung" vom 27. September 2006 sieht sich der Senat darüber hinaus auch deshalb nicht in der Lage, weil die aufgelisteten Beträge nur unspezifisch bezeichnet und im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens auch kaum näher beschrieben worden sind.

10

Schließlich fehlt es dem Zulassungsvorbringen an einer Auseinandersetzung mit dem hier wohl in der Sache entgegenstehenden allgemeinen Rechtsgedanken, nach dem die Anwendung gesetzlicher Vorschriften nach der Lage des Einzelfalles nicht zu unbilligen Härten führen darf (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 02.02.1996 - 19 A 3802/95 -, zit. n. juris Rn. 19 m.w.N.). Nachdem der bestattete Vater seine Unterhaltspflichten gegenüber dem Kläger nach unbestrittenem Vortrag in Höhe von über 20.000 Euro vernachlässigt hat und unter Berücksichtigung dessen, dass der Kläger das Erbe ausgeschlagen hat, dürfte hier jedenfalls eine solche unbillige Härte anzunehmen sein.

11

Auch der zur Begründung des Zulassungsantrags angeführte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nicht hinreichend dargelegt.

12

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache dann zu, wenn sie in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht eine Frage aufwirft, die im Rechtsmittelzug entscheidungserheblich und fallübergreifender Klärung zugänglich ist und deren Klärung der Weiterentwicklung des Rechts förderlich ist (vgl. BVerfG, Beschl.v. 21.01.2009 - 1 BvR 2524/06 -; Beschl. d. erkennenden Senats v. 22.07.2010 - 2 L 101/10 - m.w.N.). Im Antrag auf Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung ist die Rechtsfrage, die grundsätzlich geklärt werden soll, zu bezeichnen und zu formulieren. Es ist substantiiert näher zu begründen, warum sie für grundsätzlich und klärungsbedürftig gehalten wird und weshalb die Rechtsfrage erheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist.

13

Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Es wird schon nicht vorgetragen, warum nicht Gebühren, die auch ohne die Ersatzvornahme angefallen wären, nicht nach den für sie maßgeblichen Bestimmungen festgesetzt werden können sollen. Darüber hinaus findet sich die auch vom Verwaltungsgericht vorgenommene Aufspaltung sehr wohl auch in der Rechtsprechung anderer Bundesländer, des Bundesverwaltungsgerichts und der Literatur (vgl. OVG Münster, Beschl.v. 02.02.1996 - 19 A 3802/95 -, zit. n. juris Rn. 6 ff. m.w.N., insbesondere auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, Urt. v. 21.11.1980 - 4 C 71.78 -, zit. nach juris Rn. 12).

14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

15

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.

16

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Der Erbe trägt die Kosten der Beerdigung des Erblassers.

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil

1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann,
2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt,
3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,
4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat,
5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,
6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,
7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder
8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald - 2. Kammer - vom 11. März 2008 wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 418,- Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Beklagte begehrt noch die Erstattung von Friedhofsgebühren für die von ihm veranlassten Kosten der Bestattung des Vaters des Klägers.

2

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 11. März 2008 den Bescheid des Beklagten vom 28. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2007 insoweit aufgehoben, als darin u.a. Friedhofsgebühren in Höhe von 418,- Euro gegen den Kläger festgesetzt worden sind. Bei den Friedhofsgebühren, die der Beklagte - so das Verwaltungsgericht - mit Bescheid vom 27. September 2006 gegen sich selbst festgesetzt hat, handele es sich nicht um Auslagen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 4 VwVKVO M-V. Die Friedhofsgebühren seien keine Beträge, die an Beauftragte oder Hilfspersonen zu zahlen gewesen seien. Es handele sich nicht um Gebühren für die Ersatzvornahme, denn der Friedhof wäre auch dann in Anspruch genommen worden, wenn der Kläger die Beisetzung veranlasst hätte.

3

Der dagegen gerichtete fristgerecht eingelegte und begründete Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen, soweit sie gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO hinreichend dargelegt sind, nicht vor.

4

Dies gilt zunächst für den zur Begründung des Zulassungsantrags aufgeführten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ein auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützter Zulassungsantrag muss sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Die Begründung des Zulassungsantrags muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen weshalb sich diese aus der Sicht des Zulassungsantragstellers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die angefochtene Entscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Zulassungsantragsteller muss sich insofern an der Begründungsstruktur des angefochtenen Urteils orientieren. Geht er auf eine Erwägung nicht ein, kann das Oberverwaltungsgericht diese nicht von sich aus in Zweifel ziehen. Diese Anforderungen an die Begründung eines Zulassungsantrags sind für den Zulassungsantragsteller auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang ist sichergestellt, dass Zulassungsantragsteller rechtskundig vertreten sind (vgl. Beschluss des Senats vom 22.07.2010 - 2 L 101/10 -, m.w.N.).

5

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung können schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens nicht abschließend übersehen lassen, die Begründung des Zulassungsantrags aber die Einsicht vermittelt, der beabsichtigten Berufung seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen. Die Zulassung ist dagegen zu versagen, wenn sich die vom Zulassungsantragsteller geäußerten Zweifel ohne weiteres ausräumen lassen (vgl. Beschluss des Senats vom 24.06.2010 - 2 L 88/10 -, zit. nach juris Rn. 6, m.w.N.).

6

Danach bietet die Begründung des Zulassungsantrags keine Veranlassung, an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu zweifeln.

7

Das Verwaltungsgericht hat hinsichtlich der mit dem zugrunde liegenden Leistungsbescheid geltend gemachten Friedhofsgebühren zu Recht darauf abgestellt, dass es sich nicht um erstattungsfähige Kosten einer Ersatzvornahme handelt. Soweit der Beklagte mit dem Zulassungsvorbringen geltend macht, § 89 SOG M-V i.V.m. § 9 Abs. 3 Satz 2 BestattG a.F. stelle eine originäre Anspruchsgrundlage für einen Erstattungsanspruch der öffentlichen Verwaltung gegenüber dem Bestattungspflichtigen auch hinsichtlich der im Streit befindlichen Gebühren dar, wird diese Auffassung nicht in der dem Darlegungsgebot entsprechenden Weise näher begründet. Allein der Hinweis darauf, dass § 89 Abs. 1 SOG M-V ausdrücklich bestimmt, dass die Vollzugsbehörde die Handlung auf Kosten des Pflichtigen selbst ausführen kann, begründet noch keine Anspruchsgrundlage für einen Erstattungsanspruch. Im Übrigen ist durch die in Bezug genommenen Regelung des § 89 Abs. 1 SOG M-V nur allgemein das Zwangsmittel der Ersatzvornahme landesrechtlich geregelt und zwar - im Unterschied zu den bundesrechtlichen bzw. landesrechtlichen Regelungen anderer Bundesländer - dahingehend, dass nicht nur die Fremd-, sondern auch die Selbstvornahme ein zulässiges Zwangsmittel sein kann. Darüber hinaus bestimmt diese Regelung nur, dass die Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen ausgeführt werden kann, nicht jedoch in welcher Höhe und welche Kosten als solche erstattungsfähig sind. Auch die mit dem Zulassungsvorbringen in Bezug genommene Regelung des § 9 Abs. 3 Satz 2 BestattG M-V a.F., nach der eine Pflicht zur Erstattung der Kosten im Falle der durch die örtliche Ordnungsbehörde veranlassten Bestattung unberührt bleibt, verweist gerade auf sonstige Regelungen über eine Kostenerstattung und begründet nicht unmittelbar einen Rückgriffsanspruch der Behörde gegenüber dem Pflichtigen.

8

Dem entsprechend hat das Verwaltungsgericht zutreffend in der Sache darauf abgestellt, dass § 114 SOG M-V in Verbindung mit der auf dieser Grundlage ergangenen Rechtsverordnung die einschlägige Anspruchsgrundlage für Kostenerstattungsansprüche einer Ersatzvornahme ist. Dies wird auch durch den Regelungsumfang der Verwaltungsvollzugskostenverordnung ausdrücklich bestätigt. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 VwVKVO M-V gehören zu den gebührenpflichtigen Amtshandlungen nach dem Sicherheits- und Ordnungsgesetz auch solche der Ersatzvornahme.

9

Auch werden mit dem Zulassungsantrag keine Ansätze dafür aufgezeigt, dass es sich möglicherweise bei den mit dem zugrunde liegenden Leistungsbescheid geltend gemachten Friedhofsgebühren nicht um Kosten einer Ersatzvornahme, sondern auf anderer Anspruchsgrundlage ergangene Gebühren handeln könnte. Zu einer Auslegung der "Rechnung" vom 27. September 2006 sieht sich der Senat darüber hinaus auch deshalb nicht in der Lage, weil die aufgelisteten Beträge nur unspezifisch bezeichnet und im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens auch kaum näher beschrieben worden sind.

10

Schließlich fehlt es dem Zulassungsvorbringen an einer Auseinandersetzung mit dem hier wohl in der Sache entgegenstehenden allgemeinen Rechtsgedanken, nach dem die Anwendung gesetzlicher Vorschriften nach der Lage des Einzelfalles nicht zu unbilligen Härten führen darf (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 02.02.1996 - 19 A 3802/95 -, zit. n. juris Rn. 19 m.w.N.). Nachdem der bestattete Vater seine Unterhaltspflichten gegenüber dem Kläger nach unbestrittenem Vortrag in Höhe von über 20.000 Euro vernachlässigt hat und unter Berücksichtigung dessen, dass der Kläger das Erbe ausgeschlagen hat, dürfte hier jedenfalls eine solche unbillige Härte anzunehmen sein.

11

Auch der zur Begründung des Zulassungsantrags angeführte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nicht hinreichend dargelegt.

12

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache dann zu, wenn sie in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht eine Frage aufwirft, die im Rechtsmittelzug entscheidungserheblich und fallübergreifender Klärung zugänglich ist und deren Klärung der Weiterentwicklung des Rechts förderlich ist (vgl. BVerfG, Beschl.v. 21.01.2009 - 1 BvR 2524/06 -; Beschl. d. erkennenden Senats v. 22.07.2010 - 2 L 101/10 - m.w.N.). Im Antrag auf Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung ist die Rechtsfrage, die grundsätzlich geklärt werden soll, zu bezeichnen und zu formulieren. Es ist substantiiert näher zu begründen, warum sie für grundsätzlich und klärungsbedürftig gehalten wird und weshalb die Rechtsfrage erheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist.

13

Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Es wird schon nicht vorgetragen, warum nicht Gebühren, die auch ohne die Ersatzvornahme angefallen wären, nicht nach den für sie maßgeblichen Bestimmungen festgesetzt werden können sollen. Darüber hinaus findet sich die auch vom Verwaltungsgericht vorgenommene Aufspaltung sehr wohl auch in der Rechtsprechung anderer Bundesländer, des Bundesverwaltungsgerichts und der Literatur (vgl. OVG Münster, Beschl.v. 02.02.1996 - 19 A 3802/95 -, zit. n. juris Rn. 6 ff. m.w.N., insbesondere auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, Urt. v. 21.11.1980 - 4 C 71.78 -, zit. nach juris Rn. 12).

14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

15

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.

16

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 304/02 Verkündet am:
19. Mai 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Verwirkung von Elternunterhalt, wenn eine Mutter ihr später auf Unterhalt in Anspruch
genommenes Kind im Kleinkindalter bei den Großeltern zurückgelassen und
sich in der Folgezeit nicht mehr in nennenswertem Umfang um dieses gekümmert
hat.
BGH, Urteil vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - OLG Frankfurt am Main
AG Hanau
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Mai 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. November 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht als Trägerin der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend. Die 1934 geborene Mutter der Beklagten bezog seit November 1998 Sozialhilfe in Form der Hilfe zum Lebensunterhalt, da sie mit ihren geringen Renteneinkünften nicht in der Lage war, ihre Lebensführung zu bestreiten. In der Zeit von November 1998 bis August 2000 gewährte ihr die Klägerin Leistungen in Höhe von insgesamt 6.512,01 DM. Die 1956 geborene Beklagte ist das älteste von insgesamt fünf Kindern ihrer Mutter. Sie lebte bis zum Alter von 1 bis 1 ½ Jahren zusammen mit ihrer Mutter bei deren Eltern und wurde in deren Obhut zurückgelassen, als die Mutter zu ihrem Ehemann, dem Vater der Beklagten, zog. Zu persönlichen Kontak-
ten zwischen der Mutter und der Beklagten kam es in der Folgezeit kaum noch. Die Ehe der Eltern wurde etwa im Jahre 1959 geschieden. In der Zeit von 1963 bis 1966 gebar die Mutter drei weitere Kinder, die bei ihr lebten. Im August 1966 wanderte sie - zusammen mit diesen Kindern - in die USA aus und heiratete erneut. 1968 wurde das fünfte Kind geboren. Im Jahre 1974 kehrte die Mutter - nach der Scheidung ihrer zweiten Ehe - mit den Kindern nach Deutschland zurück; zwei Kinder übersiedelten später jedoch wieder zu ihrem - inzwischen verstorbenen - Vater in die USA und leben heute noch dort. Die in Deutschland lebenden Kinder der Mutter sind zur Zahlung von Elternunterhalt finanziell nicht in der Lage. Die Beklagte, für die die Mutter zu keiner Zeit Unterhaltsleistungen erbracht hat, verblieb bei ihren Großeltern mütterlicherseits. Sie absolvierte eine Ausbildung als Kinderkrankenschwester und ist in diesem Beruf tätig. Ihr durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen beläuft sich auf ca. 3.486 DM; bereinigt um berufsbedingte Aufwendungen, Lebensversicherungsprämie und eine Darlehensrate verbleiben monatlich rund 2.700 DM. Mit Rechtswahrungsanzeige vom 2. November 1998 teilte die Klägerin der Beklagten die Gewährung von Sozialhilfeleistungen für ihre Mutter mit und forderte sie zur Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse auf. Mit ihrer Klage machte die Klägerin übergegangene Unterhaltsansprüche der Mutter für die Zeit von November 1998 bis August 2000 in Höhe ihrer Gesamtaufwendungen von 6.512,01 DM zuzüglich Zinsen geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß ein Unterhaltsanspruch der Mutter gegen die Beklagte nicht bestehe, weil deren Inanspruchnahme grob unbillig sei. Dazu hat es ausgeführt: Der Mutter könne zwar nicht vorgeworfen werden, durch ein sittliches Verschulden unterhaltsbedürftig geworden zu sein. Daß sie sich vor ihrer Übersiedlung in die USA ihre in Deutschland erworbenen Rentenanwartschaften habe auszahlen lassen, erfülle nicht die Voraussetzungen des § 1611 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB. Auch von einer gröblichen Vernachlässigung der Barunterhaltspflicht seitens der Mutter im Sinne der 2. Alt. der genannten Bestimmung könne nicht ausgegangen werden. Da sie noch vier weitere Kinder habe betreuen müssen, könne nicht angenommen werden, daß sie zur Zahlung von Unterhalt für die Beklagte in der Lage gewesen sei. Die Mutter habe sich jedoch einer schweren Verfehlung gegen die Beklagte schuldig gemacht (§ 1611 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. BGB). Wie von der Mutter bei ihrer Vernehmung selbst eingeräumt worden sei, habe über viele Jahre kein Kontakt zwischen ihr und der Beklagten bestanden. Zwar habe sie letztere vor ihrer ersten Scheidung einmal für einige Monate in ihren Haushalt geholt. Dort habe die Großmutter das Kind aber wieder herausnehmen müssen, weil der Aufenthalt dessen Entwicklung abträglich gewesen sei. Die Beklagte habe gestottert, weshalb die Mutter selbst eingesehen habe, daß es besser sei, wenn die Tochter bei der Großmutter lebe. Im Zuge der Scheidung sei schließlich die elterliche Sorge für die Beklagte den - als nicht erziehungsgeeignet angesehenen - Eltern entzogen und den Großeltern übertragen worden. Danach habe sich die Mutter nicht mehr um die Beklagte gekümmert. Von einem Aufenthalt der Beklagten in den USA abgesehen, der zu einer Zeit stattgefunden habe, als die Mutter an Krebs erkrankt gewesen sei, habe letztere von Anfang der 60er Jahre an von
sich aus den Kontakt zur Beklagten nicht nachdrücklich gesucht. Sofern es hierzu gleichwohl gekommen sei, habe dies auf den Bemühungen der Großeltern beruht. Auch heute noch ergäben sich Kontakte eher zufällig, wenn die Beklagte ihre Schwester besuche. Insgesamt werde in dem Verhalten der Mutter ein so grober Mangel an verwandtschaftlicher Gesinnung und menschlicher Rücksichtnahme deutlich, daß von einer vollständigen Verwirkung der Unterhaltsansprüche gegen die Beklagte auszugehen sei. Diese Beurteilung begegnet im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken. 2. a) Nach § 1611 Abs. 1 Satz 1 BGB braucht der Unterhaltspflichtige nur einen Beitrag in der der Billigkeit entsprechenden Höhe zum Unterhalt des Berechtigten zu leisten, wenn dieser unter anderem seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt (2. Alt.) oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat (3. Alt.). Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre (§ 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB). aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann bereits nicht ausgeschlossen werden, daß die Voraussetzungen der 2. Alt. des § 1611 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt sein können. Das Berufungsgericht hat insofern allein auf eine Verletzung der Barunterhaltspflicht abgestellt und eine solche mangels Leistungsfähigkeit der Mutter verneint. Eltern schulden ihren Kindern indessen entweder Bar- oder Naturalunterhalt (§ 1612 Abs. 2 BGB), zu dem - als Teil der Unterhaltspflicht - auch die Betreuung gehört (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Eine Vernachlässigung der Betreuung ist grundsätzlich ebenfalls geeignet, die Rechtswirkungen des § 1611 Abs. 1 BGB auszulösen (ebenso Staudinger /Engler BGB - 2000 - § 1611 Rdn. 18; Günther Münchner Anwaltshandbuch § 12 Rdn. 111; a.A. MünchKomm/Born 4. Aufl. § 1611 Rdn. 14), auch wenn die
Betreuung nicht in vollem Umfang persönlich erbracht werden muß. Für eine Beschränkung des § 1611 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB auf eine Verletzung der Barunterhaltspflicht sind dem Gesetz keine Anhaltspunkte zu entnehmen. Im vorliegenden Fall kommt eine Verletzung der Naturalunterhaltspflicht in der Zeit bis zur Übertragung der elterlichen Sorge für die Beklagte auf die Großeltern in Betracht. Zwar brauchte die Mutter die Betreuung nicht uneingeschränkt selbst zu übernehmen, sondern durfte sich hierbei auch der Mithilfe anderer bedienen. Das ändert aber nichts daran, daß die Verantwortung für das Kind in erster Linie bei den Eltern, und damit auch bei der Mutter, lag. Diese Aufgabe durfte sie nicht in vollem Umfang delegieren, indem sie die Betreuung ohne jedweden eigenen Einsatz allein den Großeltern überließ. Ob insoweit bereits von einer gröblichen Vernachlässigung der Unterhaltspflicht ausgegangen werden kann, bedarf indessen keiner Entscheidung. In jedem Fall hat das Berufungsgericht nämlich die Voraussetzungen des § 1611 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. BGB rechtsfehlerfrei bejaht. bb) Eine schwere Verfehlung im Sinne der vorgenannten Bestimmung kann regelmäßig nur bei einer tiefgreifenden Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher Interessen oder persönlicher Belange des Pflichtigen angenommen werden (MünchKomm/Born aaO § 1611 Rdn. 23; Luthin/Schumacher Handbuch des Unterhaltsrechts 9. Aufl. Rdn. 3234; OLG Celle FamRZ 1993, 1235, 1236; OLG München FamRZ 1992, 595, 597). Als Begehungsformen kommen aktives Tun und Unterlassen in Betracht, letzteres allerdings nur, wenn der Berechtigte dadurch eine Rechtspflicht zum Handeln verletzt (MünchKomm /Born aaO § 1611 Rdn. 23). Mit Rücksicht darauf kann sich auch eine Verletzung elterlicher Pflichten durch Unterlassen als Verfehlung gegen das Kind darstellen. Das gilt nicht nur für die besonders geregelte Vernachlässigung der Unterhaltspflicht, sondern etwa auch für die dauernde grobe Vernachlässigung und Verletzung der Aufsichtspflicht und für die Verletzung der Pflicht zu
Beistand und Rücksicht, die in der durch das Sorgerechtsgesetz von 1979 eingefügten Vorschrift des § 1618 a BGB auch zum Ausdruck gebracht worden ist (Staudinger/Engler aaO § 1611 Rdn. 29). Hierbei handelt es sich um das ElternKind -Verhältnis prägende Rechtspflichten, deren Verletzung unter den Voraussetzungen des § 1611 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. BGB Bedeutung zukommen kann. cc) Danach hat sich die Mutter nach den getroffenen Feststellungen auch nach Auffassung des Senats einer schweren Verfehlung gegen die Beklagte schuldig gemacht. Dies ergibt die gebotene umfassende Abwägung aller maßgeblichen Umstände (vgl. hierzu Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - XII ZR 240/93 - FamRZ 1995, 475, 476). Auch wenn ihr die elterliche Sorge nicht mehr zustand und ihr deshalb nicht mehr die Pflege und Erziehung der Beklagten oblag, gehörte es zu den Pflichten der Mutter, sich weiterhin um ihr Kind zu kümmern, Anteil an seinem Leben und seiner Entwicklung zu nehmen, ihm bei auftretenden Problemen und Schwierigkeiten zur Seite zu stehen und ihm insgesamt die Gewißheit zu vermitteln, daß ein ihm in Liebe und Zuneigung verbundener Elternteil für es da ist. Daran hat es die Mutter jedenfalls von der Zeit an, in der sie die Beklagte im Alter von 1 bis 1 ½ Jahren in der Obhut der Großeltern zurückgelassen hat, fast durchgehend fehlen lassen. Sie hat sich trotz der Fürsorgebedürftigkeit des Kindes - mit Ausnahme von dessen kurzfristiger Aufnahme in den elterlichen Haushalt - nicht mehr persönlich um dieses gekümmert und - von der Ermöglichung eines Besuches des Kindes in den USA abgesehen - von sich aus noch nicht einmal versucht, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Darüber hinaus hat sie die Beklagte - im Gegensatz zu ihren anderen Kindern - bei ihrer Auswanderung in die USA in Deutschland zurückgelassen und dem Kind so den Eindruck der Zurücksetzung durch die Mutter und deren Interessenlosigkeit an seiner Person vermittelt. Dem steht - entgegen der Auffassung der Revision - nicht entgegen, daß die Mutter das Kind bei ihren
Eltern gut versorgt wußte und die Beklagte sich im Haushalt der Großeltern gut entwickelt hat. Dadurch war die Mutter nicht der Pflicht enthoben, sich weiterhin um ihr Kind zu kümmern, mit ihm brieflich oder telefonisch Kontakt zu halten und an seiner Entwicklung und an seinem Leben Anteil zu nehmen. Daß entsprechende Bemühungen dem Kindeswohl ausnahmsweise geschadet hätten, hätte die Klägerin darlegen müssen. Das hat sie nicht getan. Das Unterlassen der Mutter, an dem sich in der Folgezeit nichts geändert hat, offenbart einen so groben Mangel an elterlicher Verantwortung und menschlicher Rücksichtnahme , daß nach Abwägung aller Umstände in diesem besonders gelagerten Fall von einer schweren Verfehlung gegen die Beklagte auszugehen ist (vgl. insofern auch Staudinger/Engler aaO § 1611 Rdn. 29; Erman/Holzhauer BGB 10. Aufl. § 1611 Rdn. 5; Palandt/Diederichsen BGB 63. Aufl. § 1611 Rdn. 5; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 8. Aufl. Rdn. 1053 b; Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 Rdn. 626; Günther aaO § 12 Rdn. 113; LG Hannover FamRZ 1991, 1094, 1095; AG Helmstedt FamRZ 2001, 1395; AG Leipzig FamRZ 1997, 965). Nach der Lebenswirklichkeit war der Mutter ihr Verhalten auch bewußt, so daß sie vorsätzlich gehandelt hat. dd) Bei der gegebenen Sachlage erscheint es auch rechtsbedenkenfrei, daß das Berufungsgericht den Unterhalt nicht nur herabgesetzt, sondern die Voraussetzungen eines vollständigen Wegfalls der Unterhaltspflicht der Beklagten bejaht hat. Zwar kommt ein solcher nur unter den in § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB genannten engen Voraussetzungen, nämlich bei Vorliegen grober Unbilligkeit der Inanspruchnahme, in Betracht. Von dieser ist auszugehen, wenn die Gewährung von Unterhalt dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde (MünchKomm/Born aaO § 1611 Rdn. 37; Soergel /Häberle BGB 12. Aufl. § 1611 Rdn. 7; Günther aaO § 12 Rdn. 114; vgl.
auch Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 262/90 - FamRZ 1992, 787, 788 für das Leistungsverweigerungsrecht nach § 1381 BGB). Das wäre hier indessen - wie eine Würdigung aller maßgeblichen Umstände ergibt - der Fall. Dabei verkennt der Senat nicht, daß bei der Frage, inwieweit Ansprüche auf Elternunterhalt verwirkt sind, die gebotene Berücksichtigung auch der Belange des Unterhaltsberechtigten es regelmäßig erfordert, dessen - trotz der Verfehlung vorliegende - Unterhaltsleistungen in die Würdigung einzubeziehen, wenn er - wie zumeist - über lange Jahre hinweg für sein Kind gesorgt und sich zu dessen Gunsten in seiner eigenen Lebensführung eingeschränkt hat (vgl. Finger FamRZ 1995, 969, S. 974 f.). Dieser Gesichtspunkt kommt hier indessen nicht zum Tragen. Eigene Leistungen der Mutter für die Beklagte sind in nennenswertem Umfang nie erfolgt. Dagegen kommt der Verfehlung der Mutter ein solches Gewicht zu, daß es mit dem Rechtsempfinden schlechthin nicht zu vereinbaren wäre, wenn die Beklagte, nachdem sie die Mutter praktisch immer entbehren mußte und sie deshalb als Fremde empfinden mußte und durfte, nunmehr für deren Unterhalt aufkommen müßte, zumal
sie nach den getroffenen Feststellungen nicht in wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, bei denen sie durch Unterhaltsleistungen nicht in spürbarer Weise in ihrer Lebensführung beeinträchtigt würde. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil

1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann,
2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt,
3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,
4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat,
5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,
6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,
7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder
8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12. Dezember 2003 - 3 K 1991/03 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Tragung von Bestattungskosten.
Am xx.x.2003 verstarb in Karlsruhe der am xx.x.19xx geborene, zuletzt in xxx, xxx, wohnhaft gewesene, geschiedene xxx xxx. Nachdem zunächst keine bestattungspflichtigen Angehörigen ermittelt werden konnten, ordnete die Beklagte am 14.1.2003 die Feuerbestattung des Verstorbenen auf dem Hauptfriedhof in Karlsruhe an. Von den dadurch entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 2.171,16 EUR forderte die Beklagte den nach Abzug des Sterbegeldes der Krankenkasse noch offenen Betrag von 1.646,16 EUR mit Bescheid vom 18.3.2003 vom Kläger an, den sie in der Zwischenzeit als das am x.x.19xx in Kandel geborene, nichteheliche Kind und nächsten Angehörigen des Verstorbenen ermittelt hatte. Weitere Angehörige des Verstorbenen konnten nicht festgestellt werden. Der Kläger erhob gegen den Bescheid mit Schreiben vom 3.4.2003 Widerspruch, den er damit begründete, dass er seit seiner Geburt weder schriftlich noch mündlich Kontakt zu dem Verstorbenen gehabt habe. Auch hätten weder er noch seine Mutter irgendwelche Unterstützung in Form von Unterhalt oder ähnlichem erhalten. Außerdem habe er die Erbschaft vor dem Notariat 3 in Karlsruhe am 28.3.2003 ausgeschlagen. Aus diesen Gründen sei für ihn eine Kostenerstattung nicht zumutbar.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.6.2003 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium unter anderem aus, die Einwendungen des Klägers seien nicht geeignet, diesen von seiner Kostentragungspflicht zu entbinden. Er sei als Sohn und nächster Angehöriger bestattungspflichtig. Daran ändere auch die Erbschaftsausschlagung nichts, da die Kostentragungspflicht ihre Grundlage nicht in der bürgerlich-rechtlichen Erbenstellung, sondern in der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung der Angehörigen finde, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen.
Die hiergegen rechtzeitig erhobene Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 12.12.2003 - dem Antrag der Beklagten entsprechend - ab. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe die Bestattung zu Recht auf Kosten des bestattungspflichtigen Klägers veranlasst. Der Kläger sei als bestattungspflichtige Person gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG verpflichtet, die entstandenen Kosten für die Bestattung seines verstorbenen Vaters zu tragen. Auch wenn nie ein Kontakt zwischen dem Kläger und seinem verstorbenen Vater bestanden habe, sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, von seiner Inanspruchnahme abzusehen. Die Bestattungspflicht werde nicht davon abhängig gemacht, dass zwischen den Angehörigen vor dem Todesfall soziale Kontakte unterhalten worden seien. Ebenso wenig komme es auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen an. Nicht gefolgt werden könne auch dem Einwand des Klägers, dass er nach der zum Zeitpunkt seiner Geburt im Jahre 19xx geltenden Rechtslage als nichteheliches Kind nicht als mit seinem Erzeuger verwandt gegolten habe, weshalb er heute auch nicht als Angehöriger des Verstorbenen im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG angesehen werden könne. Denn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids in der Fassung des Widerspruchsbescheids sei der Kläger rechtlich als Angehöriger des Verstorbenen zu betrachten gewesen, ohne dass hierin eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung gesehen werden könne. Ferner sei rechtlich unerheblich, dass der Kläger nicht in Baden-Württemberg wohnhaft sei. Entscheidend sei allein, dass der Todesfall im Land Baden-Württemberg eingetreten sei und die zuständige Behörde die Bestattung veranlasst habe. Schließlich könne unerörtert bleiben, ob eine Kostentragungspflicht bei Vorliegen einer unbilligen Härte ausgeschlossen sei. Denn eine solche sei vorliegend nicht ersichtlich. Unberührt bleibe jedoch der Anspruch des Bestattungspflichtigen auf Übernahme der erforderlichen Kosten durch den Sozialhilfeträger des Bestattungsorts, wenn ihm die Übernahme der Bestattungskosten nicht zugemutet werden könne. Unerheblich sei schließlich die vom Kläger hilfsweise erklärte Aufrechnung mit Forderungen gegenüber der Beklagten.
Mit Beschluss vom 8.3.2004 hat der Senat auf Antrag des Klägers die Berufung zugelassen.
Zur Begründung seiner Berufung vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor: Ein Angehörigkeitsverhältnis zwischen ihm und dem Verstorbenen habe nie bestanden. Er bestreite, dass er überhaupt von dem Verstorbenen gezeugt worden sei. Einen entsprechenden Nachweis habe die Beklagte nicht geführt. Davon abgesehen habe zum Zeitpunkt seiner Geburt nach der damals geltenden Bestimmung des § 1589 Abs. 2 BGB ein uneheliches Kind und dessen Vater nicht als verwandt gegolten. Dass diese Bestimmung später entfallen sei, dürfe nicht zu seinen Lasten gehen. Er sei daher auch heute nicht im bestattungsrechtlichen Sinne als Angehöriger des Verstorbenen zu betrachten. Im Übrigen verstoße die Anwendung der Bestimmungen des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes im vorliegenden Fall gegen verfassungsrechtliche Grundsätze; seine Heranziehung zu den Bestattungskosten sei „menschenrechtswidrig“. Das Bestattungsgesetz sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass in den Fällen, in denen keinerlei Kontakt zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen bestanden habe, eine Kostenerstattung nicht vorgenommen werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12.12.2003 - 3 K 1991/03 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 18.3.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23.6.2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und führt ergänzend aus: Aus dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 5.9.1958 - 7 C 324/58 - ergebe sich eindeutig, dass der Verstorbene als außerehelicher Vater des Klägers gelte und dass er verurteilt worden sei, dem Kläger von dessen Geburt bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres als Unterhalt eine vierteljährlich vorauszahlbare Geldrente in Höhe von 135,-- DM zu bezahlen. Wenn der Kläger seinen Unterhaltsanspruch nicht vollstreckt habe oder habe vollstrecken lassen, so könne er jetzt auch nicht mit der Behauptung gehört werden, er habe seinen Vater nie gekannt und nie Unterhalt von ihm bezogen. Eine Aufrechnung mit Forderungen gegen die Beklagte oder das Land Baden-Württemberg komme unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht.
12 
Dem Senat liegen die einschlägigen Behörden- und Gerichtsakten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die im Zulassungs- und Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Der nach Schließung der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz des Klägers vom 27.10.2004 gibt dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (vgl. hierzu unten S. 12).
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18.3.2003 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23.6.2003 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von der Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seines Vaters angefallenen Kosten herangezogen.
15 
Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid ist § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg vom 21.7.1970 (GBl. S. 395) in der Fassung vom 7.2.1994 (GBl. S.86). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde - im vorliegenden Fall die Beklagte gemäß § 31 Abs. 3 Bestattungsverordnung - BestattVO - i.V.m. § 62 Abs. 4 PolG als Ortspolizeibehörde - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt wird. Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 5.12.1996, NJW 1997, 3113 f.).
16 
Die Voraussetzungen für eine Veranlassung der Bestattung durch die Beklagte lagen vor. Nach § 30 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Für die Bestattung müssen die Angehörigen sorgen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 BestattG). In Betracht kommen der Ehegatte, die volljährigen Kinder, die Eltern, die Großeltern, die volljährigen Geschwister und Enkelkinder des Verstorbenen in der genannten Reihenfolge (vgl. § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG). Wird durch die Angehörigen nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt, so hat die zuständige Behörde sie anzuordnen oder auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn nicht die Leiche einem anatomischen Institut zugeführt wird (§ 31 Abs. 2 BestattG). Die Bestattung muss grundsätzlich spätestens 96 Stunden nach dem Eintritt des Todes erfolgt sein (§ 37 Abs. 1 BestattG).
17 
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte entsprechend diesen gesetzlichen Vorgaben gehandelt. Sie ist zutreffend davon ausgegangen, dass nicht bzw. nicht rechtzeitig für die Bestattung des Verstorbenen gesorgt werden würde (vgl. § 31 Abs. 1 BestattG). Dass die Leiche nicht einem anatomischen Institut zugeführt wurde, ist rechtlich unschädlich. Hierzu bestand keine Veranlassung, weil aus anderen entsprechenden Fällen seit Jahren bekannt ist, dass die anatomischen Institute des Landes nur noch tote Körper übernehmen, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten eine Körperspende mit dem betreffenden Institut schriftlich vereinbart hat (vgl. Senatsurteil vom 5.12.1996 - 1 S 1366/96-). Für die Annahme einer solche Vereinbarung ist nichts ersichtlich.
18 
Entgegen dem Berufungsvorbringen war der Kläger auch Bestattungspflichtiger im Sinne der genannten Regelungen. Nach den Ermittlungen der Beklagten war der Verstorbene geschieden und der Kläger daher als volljähriger Sohn und einziger ermittelbarer Angehöriger verpflichtet, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen (vgl. § 31 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG). Da durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 3.9.1958 (7 C 324/58) gerichtlich festgestellt ist, dass der Verstorbene als Vater des Klägers gilt und zu Unterhaltsleistungen an diesen verurteilt wurde, dies auch durch den Randvermerk auf dem Geburtsregister des Standesamts Kandel vom 29.9.1970 und durch Eintragung im Familienbuch des Klägers (AS. 35 der VG-Akte) bestätigt wird, kann vom Kläger die Vaterschaft des Verstorbenen nicht mit Erfolg in Zweifel gezogen werden, zumal er selbst vor dem Notariat 3 in Karlsruhe anlässlich seiner Erbschaftsausschlagung erklärt hat, dass der Verstorbene sein Erzeuger sei und nach seinen Darlegungen in der Klageschrift vom 1.7.2003 (AS. 3 der VG-Akte) auch seine Mutter ihm gegenüber dies bekundet hat.
19 
Die Inanspruchnahme des Klägers als Angehöriger scheitert auch nicht daran, dass er kein eheliches Kind des Verstorbenen war. Eine Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern wird in den einschlägigen Regelungen  des Bestattungsgesetzes nicht getroffen. Damit zählen zu den bestattungspflichtigen Angehörigen grundsätzlich sowohl eheliche wie nichteheliche volljährige Kinder.
20 
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers auch nicht für diejenigen nichtehelichen Kinder, die - wie der Kläger - noch unter der Geltung des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. geboren wurden. Nach dieser Regelung hat ein nichteheliches Kind als nicht mit seinem Erzeuger verwandt gegolten. Auf die damalige Rechtslage kann sich jedoch der Kläger in vorliegendem Zusammenhang nicht mit Erfolg berufen. Das NEhelG vom 19.8.1969 (BGBl. I S. 1243) brachte eine grundlegende Neuordnung der Rechtsstellung der nichtehelichen Kinder. Mit der Streichung des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. wurden die ehelichen und nichtehelichen Kinder rechtlich grundsätzlich gleichgestellt; das Gesetz unterscheidet nunmehr bei der Verwandtschaft nicht mehr zwischen ehelicher und nichtehelicher Abstammung. Diese geänderte Rechtslage war dem Landesgesetzgeber bei Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes vom 21.7.1970 auch bewusst. Da er eine Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern im Zusammenhang mit der Bestattungspflicht nicht vorgenommen hat, ohne dass darin eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung zu sehen ist, ist der Kläger im hier allein maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung rechtlich als Angehöriger des Verstorbenen auch im Sinne des Bestattungsrechts anzusehen.
21 
Der Einwand des Klägers, die Erbschaft sei ausgeschlagen worden, ist rechtlich unbeachtlich. Wie die Beklagte und das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 5.12.1996 - 1 S 1366/96 -, NJW 1997, 3113, und Urteil vom 25.9.2001 - 1 S 974/01 -, NVwZ 2002, 995 f.) und des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 19.8.1994 - 1 B 149.94 -, NVwZ-RR 1995, 283) zutreffend dargelegt haben, kommt es auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen nicht an, da die öffentlich-rechtliche Pflicht, für die Bestattung eines Verstorbenen zu sorgen, nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht identisch ist, die Beerdigungskosten zu tragen.
22 
Rechtlich unerheblich für seine Inanspruchnahme als Bestattungspflichtiger auf der Grundlage des Bestattungsgesetzes für Baden-Württemberg ist ferner, dass der Kläger nicht in Baden-Württemberg wohnt. Maßgebend für die Bestattungspflicht und für die hieran anknüpfende Heranziehung zu den Kosten der Bestattung ist allein, ob der Todesfall im Land Baden-Württemberg eingetreten ist und deshalb hier die Bestattung durch ordnungsbehördliches Einschreiten veranlasst wurde. Der Senat teilt die vom Verwaltungsgericht näher dargelegte Rechtsauffassung und verweist auf die dortigen Ausführungen (§ 130 b VwGO).
23 
Soweit der Kläger sinngemäß verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung der hier einschlägigen Bestimmungen des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes in den Fällen unbilliger Härte aufwirft, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Berufung.
24 
Die Regelungen über die Bestattungspflicht und daraus folgend über die Kostentragungspflicht verstoßen auch insoweit nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, als die maßgeblichen Bestimmungen auch dann keine Ausnahme vorsehen, wenn die Durchführung der Bestattung bzw. die Kostentragungspflicht für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Es ist zwar zutreffend, dass das Bestattungsgesetz keine Regelung enthält, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten; bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde grundsätzlich kein Ermessen eingeräumt. Es ist indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Bestattungspflicht für volljährige Kinder des Verstorbenen und dementsprechend eine Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme oder Einschränkungen der Verpflichtung, etwa bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen, besteht von Verfassungs wegen nicht (siehe auch VG Karlsruhe, Urteil vom 10.9.2001, NJW 2002, 3491 f.). Dass die Bestattungspflicht - anders als die familiäre Unterhaltspflicht, bei der eine Beschränkung oder ein Wegfall der Verpflichtung in Fällen grober Unbilligkeit vorgesehen ist (vgl. §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nrn. 2 - 7, 1611 BGB), - keine Ausnahmen kennt, lässt sich zum einen damit rechtfertigen, dass die Bestattungspflicht in erster Linie der Gefahrenabwehr dient und damit innerhalb der kurz bemessenen Frist des § 37 Abs. 1 BestattG keine längeren Untersuchungen der zuständigen Behörde über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen angestellt werden können. Vielmehr müssen, um eine zügige Bestattung zu gewährleisten, objektive Maßstäbe eingreifen. Zum anderen knüpfen die Regelungen und die Rangfolge der nach §§ 30, 31, 21 BestattG zur Bestattung Verpflichteten an die den nächsten Angehörigen - und nicht den Erben oder der Allgemeinheit - gewohnheitsrechtlich obliegende Totenfürsorge an. Recht und Pflicht der Totenfürsorge sind kein von dem Verstorbenen ererbtes Recht, sondern Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses, das über den Tod hinaus fortdauert und gegenüber dem toten Familienmitglied Pietät und Pflege seines Andenkens gebietet. Auch wenn die nächsten Angehörigen enterbt sind, haben sie über die Bestattung zu bestimmen. Die Anordnung der Bestattungspflicht und die Festlegung ihrer Reihenfolge beruht damit auf einem vom Zivilrecht völlig unabhängigen und nur der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers unterliegenden Rechtsgrund (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994, NVwZ-RR 1995, 283). Es ist daher entgegen dem Vorbringen des Klägers auch nicht ohne weiteres möglich, Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen. Insbesondere begründet die Bestattungspflicht anders als die familiäre Unterhaltspflicht kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen und lässt sich damit auch bei gröbsten Verfehlungen des Verstorbenen nicht mit den Situationen vergleichen, die der Gesetzgeber in den Regelungen der §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 - 7 und 1611 BGB in den Blick genommen hat (vgl. hierzu auch Stelkens, Cohrs, NVwZ 2002, 917 f., 920).
25 
Vor allem bedeutet die - ausnahmslose - Bestattungspflicht nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige auch mit den Kosten belastet bleibt. So besteht jedenfalls für den Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen ein Ausgleichsanspruch des Bestattungspflichtigen gegenüber dem Erben. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen auch andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3, 1615 Abs. 2, 1615 m BGB).
26 
In Fällen, in denen Ausgleichsansprüche nicht gegeben sind, insbesondere wenn der Betroffene völlig mittellos verstirbt, besteht nach § 15 BSHG die Möglichkeit, die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger des Bestattungsortes zu verlangen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Bereits nach dem Wortlaut der Bestimmung ist für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des § 11 BSHG ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 29.1.2004, Az: 5 C 2/03, Juris) handelt es sich hierbei um einen eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch, dessen Bedarfsstruktur sich wesentlich von derjenigen sonstiger Leistungen zum Lebensunterhalt unterscheidet.  Der Anspruch aus § 15 BSHG soll eine würdige Bestattung eines Toten gewährleisten; der Kreis möglicher Berechtigter bestimmt sich nach der anderweitig begründeten Verpflichtung, (zunächst) die Bestattungskosten zu tragen. Die Verpflichtung kann auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren. Wie das Kriterium der „Zumutbarkeit“ zeigt, soll durch die Vorschrift nicht eine aktuelle sozialhilferechtliche Notlage des „Verpflichteten“ behoben werden. Vielmehr wird an „die fürsorgerechtliche Verantwortung (der Sozialhilfe) für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger“ angeknüpft, deren Maß von der nach der „Besonderheit des Einzelfalles“ zu beurteilenden Frage abhängt, ob und inwieweit die Kostentragung dem vorrangig hierzu Verpflichteten zuzumuten ist. Der Begriff der „Zumutbarkeit“ im Sinne von § 15 BSHG ist damit nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles auslegungsbedürftig. Das dem Kostentragungspflichtigen aus der Sicht des § 15 BSHG zumutbare Gewicht der Kostenbelastung wird insbesondere von der Nähe und Beziehung zum Verstorbenen abhängen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 29.1.2004, a.a.O. m.w.N.). Nach alledem ist mit Blick auf das Zusammenspiel dieser Regelungen und unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des § 15 BSHG die ausnahmslos begründete Bestattungspflicht naher Angehöriger und die daraus folgende Kostentragungspflicht mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar.
27 
Der Leistungsbescheid ist auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Bestattung in einfacher, ortsüblicher und würdiger Form vornehmen lassen (vgl. Senatsurteil vom 5.12.1996, a.a.O.). Einwände gegen den Ansatz der Kosten und deren Höhe hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen.
28 
Der Anspruch der Beklagten auf Kostenerstattung ist schließlich nicht durch die - hilfsweise - erklärte Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch oder einer Gegenforderung des Klägers gegen das beklagte Land bzw. die Beklagte erloschen. Es ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ersichtlich, inwieweit der Kläger gegenüber der Beklagten oder dem Land Baden-Württemberg Schadensersatzansprüche haben könnte. Die Aufrechnung mit einem - noch klärungsbedürftigen - Kostenübernahmeanspruch aus § 15 BSHG scheitert bereits daran, dass insoweit bei dem zuständigen Sozialhilfeträger noch kein entsprechender Antrag gestellt wurde. Aus diesem Grunde ist auch eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht in Betracht zu ziehen.
29 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
30 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
13 
Der nach Schließung der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz des Klägers vom 27.10.2004 gibt dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (vgl. hierzu unten S. 12).
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18.3.2003 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23.6.2003 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von der Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seines Vaters angefallenen Kosten herangezogen.
15 
Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid ist § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg vom 21.7.1970 (GBl. S. 395) in der Fassung vom 7.2.1994 (GBl. S.86). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde - im vorliegenden Fall die Beklagte gemäß § 31 Abs. 3 Bestattungsverordnung - BestattVO - i.V.m. § 62 Abs. 4 PolG als Ortspolizeibehörde - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt wird. Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 5.12.1996, NJW 1997, 3113 f.).
16 
Die Voraussetzungen für eine Veranlassung der Bestattung durch die Beklagte lagen vor. Nach § 30 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Für die Bestattung müssen die Angehörigen sorgen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 BestattG). In Betracht kommen der Ehegatte, die volljährigen Kinder, die Eltern, die Großeltern, die volljährigen Geschwister und Enkelkinder des Verstorbenen in der genannten Reihenfolge (vgl. § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG). Wird durch die Angehörigen nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt, so hat die zuständige Behörde sie anzuordnen oder auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn nicht die Leiche einem anatomischen Institut zugeführt wird (§ 31 Abs. 2 BestattG). Die Bestattung muss grundsätzlich spätestens 96 Stunden nach dem Eintritt des Todes erfolgt sein (§ 37 Abs. 1 BestattG).
17 
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte entsprechend diesen gesetzlichen Vorgaben gehandelt. Sie ist zutreffend davon ausgegangen, dass nicht bzw. nicht rechtzeitig für die Bestattung des Verstorbenen gesorgt werden würde (vgl. § 31 Abs. 1 BestattG). Dass die Leiche nicht einem anatomischen Institut zugeführt wurde, ist rechtlich unschädlich. Hierzu bestand keine Veranlassung, weil aus anderen entsprechenden Fällen seit Jahren bekannt ist, dass die anatomischen Institute des Landes nur noch tote Körper übernehmen, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten eine Körperspende mit dem betreffenden Institut schriftlich vereinbart hat (vgl. Senatsurteil vom 5.12.1996 - 1 S 1366/96-). Für die Annahme einer solche Vereinbarung ist nichts ersichtlich.
18 
Entgegen dem Berufungsvorbringen war der Kläger auch Bestattungspflichtiger im Sinne der genannten Regelungen. Nach den Ermittlungen der Beklagten war der Verstorbene geschieden und der Kläger daher als volljähriger Sohn und einziger ermittelbarer Angehöriger verpflichtet, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen (vgl. § 31 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG). Da durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 3.9.1958 (7 C 324/58) gerichtlich festgestellt ist, dass der Verstorbene als Vater des Klägers gilt und zu Unterhaltsleistungen an diesen verurteilt wurde, dies auch durch den Randvermerk auf dem Geburtsregister des Standesamts Kandel vom 29.9.1970 und durch Eintragung im Familienbuch des Klägers (AS. 35 der VG-Akte) bestätigt wird, kann vom Kläger die Vaterschaft des Verstorbenen nicht mit Erfolg in Zweifel gezogen werden, zumal er selbst vor dem Notariat 3 in Karlsruhe anlässlich seiner Erbschaftsausschlagung erklärt hat, dass der Verstorbene sein Erzeuger sei und nach seinen Darlegungen in der Klageschrift vom 1.7.2003 (AS. 3 der VG-Akte) auch seine Mutter ihm gegenüber dies bekundet hat.
19 
Die Inanspruchnahme des Klägers als Angehöriger scheitert auch nicht daran, dass er kein eheliches Kind des Verstorbenen war. Eine Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern wird in den einschlägigen Regelungen  des Bestattungsgesetzes nicht getroffen. Damit zählen zu den bestattungspflichtigen Angehörigen grundsätzlich sowohl eheliche wie nichteheliche volljährige Kinder.
20 
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers auch nicht für diejenigen nichtehelichen Kinder, die - wie der Kläger - noch unter der Geltung des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. geboren wurden. Nach dieser Regelung hat ein nichteheliches Kind als nicht mit seinem Erzeuger verwandt gegolten. Auf die damalige Rechtslage kann sich jedoch der Kläger in vorliegendem Zusammenhang nicht mit Erfolg berufen. Das NEhelG vom 19.8.1969 (BGBl. I S. 1243) brachte eine grundlegende Neuordnung der Rechtsstellung der nichtehelichen Kinder. Mit der Streichung des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. wurden die ehelichen und nichtehelichen Kinder rechtlich grundsätzlich gleichgestellt; das Gesetz unterscheidet nunmehr bei der Verwandtschaft nicht mehr zwischen ehelicher und nichtehelicher Abstammung. Diese geänderte Rechtslage war dem Landesgesetzgeber bei Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes vom 21.7.1970 auch bewusst. Da er eine Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern im Zusammenhang mit der Bestattungspflicht nicht vorgenommen hat, ohne dass darin eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung zu sehen ist, ist der Kläger im hier allein maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung rechtlich als Angehöriger des Verstorbenen auch im Sinne des Bestattungsrechts anzusehen.
21 
Der Einwand des Klägers, die Erbschaft sei ausgeschlagen worden, ist rechtlich unbeachtlich. Wie die Beklagte und das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 5.12.1996 - 1 S 1366/96 -, NJW 1997, 3113, und Urteil vom 25.9.2001 - 1 S 974/01 -, NVwZ 2002, 995 f.) und des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 19.8.1994 - 1 B 149.94 -, NVwZ-RR 1995, 283) zutreffend dargelegt haben, kommt es auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen nicht an, da die öffentlich-rechtliche Pflicht, für die Bestattung eines Verstorbenen zu sorgen, nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht identisch ist, die Beerdigungskosten zu tragen.
22 
Rechtlich unerheblich für seine Inanspruchnahme als Bestattungspflichtiger auf der Grundlage des Bestattungsgesetzes für Baden-Württemberg ist ferner, dass der Kläger nicht in Baden-Württemberg wohnt. Maßgebend für die Bestattungspflicht und für die hieran anknüpfende Heranziehung zu den Kosten der Bestattung ist allein, ob der Todesfall im Land Baden-Württemberg eingetreten ist und deshalb hier die Bestattung durch ordnungsbehördliches Einschreiten veranlasst wurde. Der Senat teilt die vom Verwaltungsgericht näher dargelegte Rechtsauffassung und verweist auf die dortigen Ausführungen (§ 130 b VwGO).
23 
Soweit der Kläger sinngemäß verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung der hier einschlägigen Bestimmungen des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes in den Fällen unbilliger Härte aufwirft, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Berufung.
24 
Die Regelungen über die Bestattungspflicht und daraus folgend über die Kostentragungspflicht verstoßen auch insoweit nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, als die maßgeblichen Bestimmungen auch dann keine Ausnahme vorsehen, wenn die Durchführung der Bestattung bzw. die Kostentragungspflicht für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Es ist zwar zutreffend, dass das Bestattungsgesetz keine Regelung enthält, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten; bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde grundsätzlich kein Ermessen eingeräumt. Es ist indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Bestattungspflicht für volljährige Kinder des Verstorbenen und dementsprechend eine Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme oder Einschränkungen der Verpflichtung, etwa bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen, besteht von Verfassungs wegen nicht (siehe auch VG Karlsruhe, Urteil vom 10.9.2001, NJW 2002, 3491 f.). Dass die Bestattungspflicht - anders als die familiäre Unterhaltspflicht, bei der eine Beschränkung oder ein Wegfall der Verpflichtung in Fällen grober Unbilligkeit vorgesehen ist (vgl. §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nrn. 2 - 7, 1611 BGB), - keine Ausnahmen kennt, lässt sich zum einen damit rechtfertigen, dass die Bestattungspflicht in erster Linie der Gefahrenabwehr dient und damit innerhalb der kurz bemessenen Frist des § 37 Abs. 1 BestattG keine längeren Untersuchungen der zuständigen Behörde über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen angestellt werden können. Vielmehr müssen, um eine zügige Bestattung zu gewährleisten, objektive Maßstäbe eingreifen. Zum anderen knüpfen die Regelungen und die Rangfolge der nach §§ 30, 31, 21 BestattG zur Bestattung Verpflichteten an die den nächsten Angehörigen - und nicht den Erben oder der Allgemeinheit - gewohnheitsrechtlich obliegende Totenfürsorge an. Recht und Pflicht der Totenfürsorge sind kein von dem Verstorbenen ererbtes Recht, sondern Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses, das über den Tod hinaus fortdauert und gegenüber dem toten Familienmitglied Pietät und Pflege seines Andenkens gebietet. Auch wenn die nächsten Angehörigen enterbt sind, haben sie über die Bestattung zu bestimmen. Die Anordnung der Bestattungspflicht und die Festlegung ihrer Reihenfolge beruht damit auf einem vom Zivilrecht völlig unabhängigen und nur der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers unterliegenden Rechtsgrund (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994, NVwZ-RR 1995, 283). Es ist daher entgegen dem Vorbringen des Klägers auch nicht ohne weiteres möglich, Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen. Insbesondere begründet die Bestattungspflicht anders als die familiäre Unterhaltspflicht kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen und lässt sich damit auch bei gröbsten Verfehlungen des Verstorbenen nicht mit den Situationen vergleichen, die der Gesetzgeber in den Regelungen der §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 - 7 und 1611 BGB in den Blick genommen hat (vgl. hierzu auch Stelkens, Cohrs, NVwZ 2002, 917 f., 920).
25 
Vor allem bedeutet die - ausnahmslose - Bestattungspflicht nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige auch mit den Kosten belastet bleibt. So besteht jedenfalls für den Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen ein Ausgleichsanspruch des Bestattungspflichtigen gegenüber dem Erben. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen auch andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3, 1615 Abs. 2, 1615 m BGB).
26 
In Fällen, in denen Ausgleichsansprüche nicht gegeben sind, insbesondere wenn der Betroffene völlig mittellos verstirbt, besteht nach § 15 BSHG die Möglichkeit, die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger des Bestattungsortes zu verlangen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Bereits nach dem Wortlaut der Bestimmung ist für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des § 11 BSHG ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 29.1.2004, Az: 5 C 2/03, Juris) handelt es sich hierbei um einen eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch, dessen Bedarfsstruktur sich wesentlich von derjenigen sonstiger Leistungen zum Lebensunterhalt unterscheidet.  Der Anspruch aus § 15 BSHG soll eine würdige Bestattung eines Toten gewährleisten; der Kreis möglicher Berechtigter bestimmt sich nach der anderweitig begründeten Verpflichtung, (zunächst) die Bestattungskosten zu tragen. Die Verpflichtung kann auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren. Wie das Kriterium der „Zumutbarkeit“ zeigt, soll durch die Vorschrift nicht eine aktuelle sozialhilferechtliche Notlage des „Verpflichteten“ behoben werden. Vielmehr wird an „die fürsorgerechtliche Verantwortung (der Sozialhilfe) für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger“ angeknüpft, deren Maß von der nach der „Besonderheit des Einzelfalles“ zu beurteilenden Frage abhängt, ob und inwieweit die Kostentragung dem vorrangig hierzu Verpflichteten zuzumuten ist. Der Begriff der „Zumutbarkeit“ im Sinne von § 15 BSHG ist damit nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles auslegungsbedürftig. Das dem Kostentragungspflichtigen aus der Sicht des § 15 BSHG zumutbare Gewicht der Kostenbelastung wird insbesondere von der Nähe und Beziehung zum Verstorbenen abhängen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 29.1.2004, a.a.O. m.w.N.). Nach alledem ist mit Blick auf das Zusammenspiel dieser Regelungen und unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des § 15 BSHG die ausnahmslos begründete Bestattungspflicht naher Angehöriger und die daraus folgende Kostentragungspflicht mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar.
27 
Der Leistungsbescheid ist auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Bestattung in einfacher, ortsüblicher und würdiger Form vornehmen lassen (vgl. Senatsurteil vom 5.12.1996, a.a.O.). Einwände gegen den Ansatz der Kosten und deren Höhe hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen.
28 
Der Anspruch der Beklagten auf Kostenerstattung ist schließlich nicht durch die - hilfsweise - erklärte Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch oder einer Gegenforderung des Klägers gegen das beklagte Land bzw. die Beklagte erloschen. Es ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ersichtlich, inwieweit der Kläger gegenüber der Beklagten oder dem Land Baden-Württemberg Schadensersatzansprüche haben könnte. Die Aufrechnung mit einem - noch klärungsbedürftigen - Kostenübernahmeanspruch aus § 15 BSHG scheitert bereits daran, dass insoweit bei dem zuständigen Sozialhilfeträger noch kein entsprechender Antrag gestellt wurde. Aus diesem Grunde ist auch eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht in Betracht zu ziehen.
29 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
30 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. Februar 2007 - 11 K 50/06 - wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zahlung der Bestattungskosten für seine verstorbene Schwester.

Er ist der ältere der beiden Brüder der am … in einem H. in A-Stadt verstorbenen Frau B.. Außer ihren beiden Brüdern hatte die Verstorbene keine Angehörigen. Die Erbschaft hat der Kläger ausgeschlagen.

Nach Bekanntwerden des Todesfalls wies der Beklagte den Kläger auf seine Pflichten nach dem Saarländischen Bestattungsgesetz hin. Dieser erklärte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, und auch nicht verpflichtet, die Bestattungskosten zu übernehmen, da er die Erbschaft ausgeschlagen habe. Außerdem verfüge er über kein ausreichendes Vermögen, um die Beerdigungskosten zu zahlen. Zu seiner Schwester habe er im Übrigen seit Jahren keinen Kontakt mehr gehabt. Der Kläger beantragte vorsorglich bei dem Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII.

Der Beklagte ordnete daraufhin die Feuerbestattung der Verstorbenen in Form einer anonymen Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt an.

Nach Anhörung und Stellungnahme des Klägers forderte der Beklagte diesen mit Verfügung vom 2.3.2006, die dem Kläger am 9.3.2006 zugestellt wurde, auf, die entstandenen Kosten für die Bestattung seiner Schwester in Höhe von insgesamt 1.982,03 Euro (Kosten des Bestatters in Höhe von 1.543,03 Euro und Gebühren des Friedhofs der Kreisstadt A-Stadt in Höhe von 439,00 Euro) zu erstatten. Gleichzeitig erging ein Kostenfestsetzungsbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100, 00 Euro festgesetzt wurden.

Am 30.3.2006 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, es fehle eine Ermächtigungsgrundlage für seine Heranziehung zur Kostenerstattung. § 26 Abs. 1 BestattG sei verfassungswidrig. Die Regelung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil die Kostenlast das älteste Geschwisterteil treffe und diese Differenzierung keinen sachlichen Grund darstelle. Es gebe auch kein Gewohnheitsrecht, wonach immer das älteste Geschwisterteil vor dem jüngeren in Haftung zu nehmen sei. Die maßgebliche Vorschrift des Bestattungsgesetzes verstoße auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil sie keine Billigkeitsregelung enthalte. Selbst unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 227 AO sei der angegriffene Bescheid rechtswidrig. Zwischen ihm und seiner verstorbenen Schwester habe seit ihrer Kindheit kein familiäres Verhältnis bestanden. Er habe seit 1953 keine persönlichen Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Sie habe ihn stets „drangsaliert“ und ein Leben geführt, das mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen sei. Daher sei es für ihn unerträglich, für sie finanziell einstehen zu sollen.

Der Kreisrechtsausschuss des Landkreises A-Stadt wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8.6.2006 zurück. In der Begründung heißt es im Wesentlichen, ausschlaggebend für die Bestattungspflicht sei allein die Angehörigeneigenschaft. Zwar seien die vom Kläger geäußerten Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 26 BestattG durchaus beachtlich. Mangels Verwerfungskompetenz des Kreisrechtsausschusses sei diese Norm jedoch uneingeschränkt anzuwenden und auf ihrer Grundlage ein Leistungsanspruch des Beklagten gegeben. Da es sich um eine gebundene Norm handele, bestehe auch kein Spielraum, die persönlichen Beziehungen zwischen dem Kläger und der Verstorbenen zu berücksichtigen.

Der Widerspruchsbescheid wurde am 15.6.2006 zugestellt.

Am 3.7.2006 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in seiner Sitzung vom 8.6.2006 ergangenen Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt aufzuheben.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründung des angefochtenen Bescheides Bezug genommen. Auf einen entsprechenden Hinweis des Verwaltungsgerichts, wonach sich die Kostenerhebung auch nach Inkrafttreten des Saarländischen Bestattungsgesetzes mangels einer eigenständigen bestattungsrechtlichen Regelung wohl weiterhin nach den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme (§§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG) bestimme, hat er die Auffassung vertreten, § 26 Abs. 2 BestattG sei ein Spezialgesetz. Daher seien die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften nicht einschlägig. Weiterhin hat er auf ein Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 19.10.2004 (1 S 681/04) verwiesen. Darin werde festgestellt, dass die Bestattungspflicht in erster Linie der Gefahrenabwehr diene und Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses sei, das über den Tod hinaus fortwirke. Anders als die familiäre Unterhaltspflicht kenne die Bestattungspflicht keine Ausnahmen. Dies sei durch den Umstand gerechtfertigt, dass innerhalb der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit keine längeren Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen angestellt werden könnten. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme von der Bestattungspflicht, z.B. bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des § 74 SGB XII nicht. Außerdem hat er auf zwei Entscheidungen des OVG C-Stadt (in NJW 2000, 3513 f.) und des VG Gießen (in NVwZ-RR 2000, 437 f.) verwiesen. Soweit ein mit der Situation der §§ 1361 Abs. 3 (Herabsetzung des ehelichen Unterhaltsanspruches aus Billigkeitsgründen), 1579 (Beschränkung oder Wegfall der Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen bei Scheidung der Ehe), 1611 (Beschränkung oder Wegfall der Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen bei Verwandten) BGB vergleichbarer Fall vorliege, sei mit den zitierten Entscheidungen von einem Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Beerdigungskosten nach § 74 SGB XII durch den Sozialhilfeträger auszugehen. Damit sei in allen Fällen persönlicher Unbilligkeit sichergestellt, dass die Bestattungskosten im Ergebnis nicht vom Bestattungspflichtigen getragen werden müssten. Unter diesen Umständen erscheine die Auferlegung der Bestattungspflicht als solche nicht als unverhältnismäßig. Daher habe eine Härtefallprüfung nicht von Seiten des Ordnungsamtes, sondern durch den Träger der Sozialhilfe zu erfolgen. Auch die Gebührenfestsetzung sei auf der Grundlage der Saarländischen Gebührenordnung rechtmäßig erfolgt.

Der Kläger hat hierauf erwidert, es sei zwischen Primär- und Sekundärebene zu unterscheiden. Die Bestattungspflicht betreffe ausschließlich die Primärebene. Auf der Sekundärebene müsse nach Billigkeitsmaßstäben von einer Kostenerstattungspflicht abgesehen werden. Wenn die Billigkeitsentscheidung vom Träger der Sozialhilfe zu treffen wäre, hätte dies zur Folge, dass zwei unterschiedliche Behörden in derselben Angelegenheit zu entscheiden hätten. Dies sei mit einem einheitlichen Ermessensvorgang nicht in Einklang zu bringen.

Das Sozialamt des Landkreises A-Stadt hat dem Kläger mit Schreiben vom 27.10.2006 mitgeteilt, über seinen Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten könne erst endgültig entschieden werden, wenn das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht abgeschlossen sei. Falls das Verwaltungsgericht die Bestattungspflicht des Klägers verneinen würde, stünde ihm nach § 74 SGB XII auch kein Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten zu, da einen solchen nur die nach § 26 Abs. 1 BestattG Verpflichteten haben könnten.

Mit aufgrund der Beratung vom 9.2.2007 ergangenem Urteil hat das Verwaltungsgericht den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in der Sitzung vom 8.6.2006 ergangenen Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt aufgehoben. Zur Begründung ist maßgeblich ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Klägers seien jedenfalls derzeit nicht erfüllt. Ein Anspruch ergebe sich nicht aus der Friedhofsgebührensatzung der Kreisstadt A-Stadt , denn zur Gebührenzahlung sei nur derjenige verpflichtet, der die Bestattung selbst oder über einen Beauftragten wissentlich und willentlich veranlasst habe, was bei dem Kläger gerade nicht der Fall sei. Auch § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Satz 2 BestattG begründe nicht die Gebührenpflicht, da diese Vorschrift keine eigenständige Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch der Ortspolizeibehörde gegenüber einem Bestattungspflichtigen darstelle. Sie sei nur Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung bzw. Veranlassung einer Bestattung durch die Ortspolizeibehörde. Von dieser primären Gefahrenabwehrkompetenz sei jedoch die Frage der Kostenerstattungspflicht auf der Sekundärebene zu trennen. Die Kostenerhebung bestimme sich auch nach Inkrafttreten des Saarländischen Bestattungsgesetzes mangels einer eigenständigen bestattungsrechtlichen Regelung weiterhin nach den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme. Etwas anderes ergebe sich nicht aus den Worten „auf Kosten“ in § 26 Abs. 2 BestattG. Diese beinhalteten lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme nach § 46 SPolG. Hätte der Gesetzgeber, dem die einschlägige Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte bekannt gewesen sei, eine eigenständige Anspruchsgrundlage im Bestattungsgesetz schaffen wollen, so hätte es bereits aus Gründen der Rechtsklarheit einer präzisen und unmissverständlichen Formulierung als Anspruchsgrundlage bedurft, die dann im Übrigen auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen gehabt hätte und diesen aufgrund seines Verfassungsrangs nicht einfach hätte negieren dürfen. Auf die Frage der Wirksamkeit von § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG komme es daher nicht mehr an. Der angefochtene Leistungsbescheid genüge aber auch nicht den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme (§ 90 Abs. 1 i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG). Es liege jedenfalls ein Ermessensfehler nach § 114 VwGO vor. Nach der Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte sei grundsätzlich anerkannt, dass die Heranziehung zum Ersatz der Bestattungskosten für den Pflichtigen im Einzelfall eine besondere bzw. grob unbillige Härte bedeuten könne, welche in Analogie zu den §§ 1579, 1611 BGB eine Inanspruchnahme auszuschließen vermöge. Lege man den unstreitigen Vortrag des Klägers zugrunde, erscheine jedoch zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen, dass vorliegend nach der Rechtsprechung von einer derartigen besonderen bzw. grob unbilligen Härte jedenfalls im Sinne von § 20 Satz 1 SGebG i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LHO beziehungsweise § 227 AO auszugehen sein könnte. Dem brauche vorliegend jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, da weder der Ausgangs- noch der Widerspruchsbescheid erkennen lasse, dass die vom Kläger vorgetragenen Härtegründe sachlich gewürdigt worden und die erforderliche Ermessensentscheidung im Rahmen von § 20 SGebG getroffen worden sei. Aus § 74 SGB XII ergebe sich nichts anderes. Nach dieser Vorschrift würden zwar die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden könne, diese zu tragen. Insoweit habe aber bereits das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes mit Urteil vom 25.8.2003 - 2 R 18/03- unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5.6.1997 - 5 C 13/96-) zu der im Wesentlichen wortgleichen Vorgängervorschrift des § 15 BSHG entschieden, dass der Sozialhilfeanspruch ersichtlich an das Bestehen der entsprechenden Kostenpflicht anknüpfe.

Gegen das am 21.2.2007 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 12.3.2007 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, die er am 16.4.2007 begründet hat. Er ist -entgegen der in dem Urteil des Verwaltungsgerichts vertretenen Auffassung- der Ansicht, § 26 Abs. 2 BestattG stelle eine taugliche Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsbescheid dar. Billigkeits- und Härtefallgesichtspunkte seien im Rahmen der Kostenübernahme vom Träger der Sozialhilfe zu prüfen. Es sei Wille des Gesetzgebers gewesen, mit § 26 Abs. 2 BestattG eine eigene Anspruchsgrundlage zu schaffen. Auch der Umstand, dass diese Vorschrift hätte präziser und unmissverständlicher formuliert werden können, lasse nicht den Schluss zu, dass sie keine Rechtsgrundlage darstelle. Aus dem Wortlaut der Norm ergebe sich, dass es sich um eine Anspruchsgrundlage handele. Auch die Systematik dieser Vorschrift spreche für den Charakter als Rechtsgrundlage. Die Regelung sei vergleichbar mit der zivilrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag. Auch aus dem Zusammenhang mit § 26 Abs. 3 BestattG ergebe sich, dass es sich bei Absatz 2 der Vorschrift um eine eigenständige Rechtsgrundlage handele. Dort sei nämlich ausdrücklich von einer rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Verpflichtung zur Kostenübernahme die Rede.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes (Az.: 11 K 50/06) vom 9.2.2007 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht geltend, § 26 Abs. 2 BestattG stelle eine Ermächtigungsgrundlage lediglich für die Anordnung bzw. Veranlassung einer Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Eine Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung beinhalte diese Regelung jedoch nicht. Außerdem sei die Bestimmung verfassungswidrig, weil der Gesetzgeber von einer Billigkeitsregelung abgesehen habe. Im Übrigen nimmt er Bezug auf seine bisherigen Ausführungen und macht sich die Urteilsbegründung zu Eigen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung über die Berufung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten (1 Band), des Kreisrechtsausschusses (1 Band) und des Sozialamtes des Landkreises A-Stadt (1 Band) Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung war.

Entscheidungsgründe

Nach entsprechendem einverständlichen Verzicht der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn der Bescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses beim Landkreis A-Stadt vom 8.6.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von dem Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seiner Schwester angefallenen Kosten in Höhe von 1.982,03 Euro zuzüglich einer Verwaltungsgebühr von 100,00 Euro herangezogen.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist in Bezug auf das Verlangen nach Erstattung der Bestattungskosten § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6, Satz 2 des Gesetzes Nr. 1535 über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz - BestattG) vom 5.11.2003 (Amtsbl. S. 2920). Nach § 26 Abs. 2 BestattG hat die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde - im vorliegenden Fall ist das nach den §§ 76 Abs. 3, 81 Abs.1 SPolG der Beklagte - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst.

Der Kläger war bestattungspflichtiger Angehöriger seiner verstorbenen Schwester, kam seiner Pflicht aber nicht nach, weshalb der Beklagte die Bestattung veranlasst hat. Dies rechtfertigt die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung der ihm durch die Bestattung entstandenen Kosten durch den Kläger.

Nach § 25 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Vor dem Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes am 1.1.2004 (§ 55 BestattG) fehlte es im Saarland an einer geschriebenen Regelung über die bestattungspflichtigen Personen, da die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen vom 18.12.1991

Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,

eine Aussage hierzu nicht getroffen hatte

vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.

Welche Personen bestattungspflichtig sind, regelt nunmehr § 26 Abs.1 BestattG abschließend. Für die Bestattung müssen die volljährigen Angehörigen in folgender Reihenfolge sorgen: 1. die Ehefrau/der Ehemann, 2. die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, 3. die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 4. die Kinder, 5. die Eltern, 6. die Geschwister, 7. die Enkelkinder und 8. die Großeltern (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 BestattG). § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG bestimmt, dass die jeweils ältere Person der jüngeren hinsichtlich der Bestattungspflicht vorgeht, wenn für die Bestattungspflicht ein Paar oder eine Mehrheit von Personen in Betracht kommt. Hierzu heißt es in der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“

Auch in allen anderen Bundesländern geht man davon aus, dass bestimmte natürliche Personen bestattungspflichtig sind. Dies sind in den meisten Bundesländern - anders nur in Rheinland-Pfalz -

vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz

nicht die Erben, sondern die nächsten Angehörigen des Verstorbenen, die so genannten Totenfürsorgeberechtigten, und zwar regelmäßig -in teilweise unterschiedlicher Rangfolge- der Ehegatte, Verwandte (teilweise auch Verschwägerte) in auf- und absteigender Linie, Geschwister (und teilweise auch deren Kinder). Teilweise tritt auch der nichteheliche Lebensgefährte und der Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes hinzu, sofern dies ausdrücklich – wie auch in § 26 Abs. 1 Nr. 2 BestattG geschehen- bestimmt ist. Während die ersten drei Kategorien der Bestattungspflichtigen (Ehegatte, Kinder, Eltern) in fast allen Bundesländern gleich sind, weist die weitere Reihenfolge vielfache Unterschiede auf

vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).

Im Hinblick auf die Frage, nach welchen Kriterien der Pflichtige bei Personenmehrheiten (z.B. Kinder, Geschwister) zu bestimmen ist, regelt § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG, dass sich die Heranziehung bei Personenmehrheiten (vgl. Nr. 4, 6, 7) bzw. Paaren (Nr. 5, 8) nach dem Alter der Person richtet

ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.

Als ältestes der Geschwister der verstorbenen Frau B. war der Kläger gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Satz 2 BestattG bestattungspflichtig. Nach den Ermittlungen des Beklagten existierte nämlich unmittelbar vor dem Tode der Frau B. weder ein Ehegatte noch ein Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft noch ein Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Beide Elternteile von Frau B. waren verstorben und Frau B. selbst war kinderlos geblieben. Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden waren und der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen ermittelt werden konnte, hat der Beklagte entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gehandelt, als er den Kläger als Bestattungspflichtigen herangezogen hat.

Die in § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG getroffene Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (nur dessen Schutzbereich ist hier berührt, denn Art. 3 Abs. 3 GG führt das Alter nicht als Diskriminierungsmerkmal auf), soweit die Bestattungspflicht bei einer Personenmehrheit der jeweils älteren Person – wie im vorliegenden Fall dem Kläger als dem älteren Bruder- auferlegt wird

vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.

Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen vornimmt, denn es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft. Art. 3 Abs. 1 GG fordert für eine Ungleichbehandlung von Personengruppen lediglich, dass sie sich auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund von hinreichendem Gewicht zurückführen lässt (Willkürverbot)

BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).

Dies ist hier der Fall, denn in dem vom saarländischen Gesetzgeber geregelten Sachbereich der Bestattungspflicht ist bei einer Mehrheit von bestattungspflichtigen Personen das Alter einer Person ein sachliches Auswahlkriterium zur Bestimmung der Reihenfolge ihrer Heranziehung. Der Landesgesetzgeber hat die Bestattungspflicht nicht etwa generell dem ältesten Angehörigen der verstorbenen Person übertragen, sondern vielmehr innerhalb einer an der Erbfolge orientierten Reihenfolge lediglich bei Personenmehrheiten und Paaren derselben Stufe die Reihenfolge der Heranziehung vom Alter der betreffenden Person abhängig gemacht. Diese Differenzierung erweist sich unter dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr als tragfähig und gerechtfertigt, denn sie ermöglicht es der Behörde, ohne aufwendige und zeitraubende Ermittlungen, die wegen der kurzen (i.d.R. siebentägigen) Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) ohnehin nicht möglich sind, die bestattungspflichtige Person zu bestimmen. Darüber hinaus entspricht die Orientierung am Alter des Familienangehörigen dem traditionellen Verständnis, dass das älteste lebende Familienmitglied als Familienoberhaupt für die Regelung der familiären Angelegenheiten zuständig ist. Man wird im Übrigen vielfach, insbesondere wenn die Angehörigen noch zur jüngeren Generation gehören, bei dem ältesten von ihnen am ehesten die finanzielle Leistungsfähigkeit annehmen können. Unerheblich ist, dass auch andere sachliche Kriterien (z.B. gesamtschuldnerische Haftung) denkbar sind, denn das Gericht hat wegen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative nicht darüber zu befinden, ob andere Differenzierungsmerkmale besser geeignet wären.

Der von dem Kläger erhobene Einwand, er habe die Erbschaft ausgeschlagen (vgl. §§ 1942 ff. BGB), ist im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht unerheblich. Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies gilt u.a. für die sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG ergebende öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht. Die bundesrechtlichen Regelungen über die Erbenstellung und die damit verbundene Pflicht, die Bestattungskosten zu tragen (§ 1968 BGB), sind auch nicht in dem Sinn vorrangig, dass sie öffentlich-rechtliche, auf Landesgesetz beruhende Ansprüche aus einem – wie hier in Rede stehenden- ordnungsbehördlichen Einschreiten ausschlössen. Derartige öffentlich-rechtliche Ansprüche beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers, die sich für den Erlass des Bestattungsgesetzes aus Art. 70 Abs. 1 GG ergibt, unterliegenden Rechtsgrund. Dies entspricht der übereinstimmenden höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung

vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.

§ 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG verstößt auch nicht gegen das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil die Vorschrift von der Bestattungspflicht auch dann keine Ausnahme macht, wenn – was der Kläger behauptet- die Durchführung der Bestattung für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Die Verfassung gebietet es nicht, eine Ausnahme von der Bestattungspflicht bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen. Die Bestattungspflicht dient – wie zuvor bereits erwähnt- der Gefahrenabwehr. Daher muss sich die Bestimmung des Pflichtigen an objektiven Maßstäben orientieren, weil die Behörde nicht innerhalb der Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) Ermittlungen und Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen zu dem Verstorbenen durchführen und ggfs. verifizieren kann. Die Wertungen des Zivilrechts in den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2-7, 1611 Abs. 1 BGB, die den Wegfall, die Beschränkung oder die Herabsetzung der familienrechtlichen Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen regeln, sind nicht auf die hier in Rede stehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung übertragbar, denn die Bestattungspflicht begründet kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.

Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind, war der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen demnach nach § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. S. 2 BestattG bestattungspflichtig. Nachdem er gegenüber dem Beklagten erklärt hatte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, hat dieser zu Recht die Bestattung der Verstorbenen veranlasst und den Kläger zur Erstattung der Kosten herangezogen.

Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid des Beklagten ist § 26 Abs. 2 BestattG. Danach hat der Beklagte als die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde (vgl. §§ 76 Abs. 3, 81 Abs. 1 SPolG) die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst

vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.

Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Sie stellt nicht nur die Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es eines Rückgriffs auf das allgemeine Polizeirecht, hier auf die Vorschriften der §§ 46, 90 SPolG, nicht, da der Fall der Bestattung durch Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich in dem Bestattungsgesetz geregelt ist, denn § 26 Abs. 2 BestattG enthält keinen Verweis auf das Saarländische Polizeigesetz, sondern spricht davon, dass die Verwaltungsbehörde die Handlung auf Kosten der bestattungspflichtigen Person selbst zu veranlassen hat.

Nicht in allen Bundesländern ist die Bestattung durch Ersatzvornahme der Behörde auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich im jeweiligen Bestattungsgesetz geregelt. Die Polizei- und Ordnungsbehörden können, sofern eine ausdrückliche Regelung fehlt, entsprechend den jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen entweder gestützt auf die polizeiliche bzw. ordnungsbehördliche Generalklausel den Bestattungspflichtigen als Verhaltensstörer wegen Nichterfüllung der ihm obliegenden Bestattungspflicht und der sich aus der Nichtbestattung des Verstorbenen ergebenden Gefahren heranziehen

vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen

oder Kostenersatz aufgrund öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag, des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder nach dem Landesvollstreckungsrecht verlangen

vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.

Dass § 26 Abs. 2 BestattG für den Fall der Ersatzvornahme der Ortspolizeibehörde eine abschließende Regelung trifft, wenn der Bestattungspflichtige seiner Pflicht nicht nachkommt, und demzufolge für einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Polizei- oder des Verwaltungsvollstreckungsrechtes kein Raum ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, insbesondere aus der Formulierung „auf Kosten des/der Bestattungspflichtigen“ dieser Bestimmung

in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.

Die Worte „auf Kosten“ stellen dabei nicht - wie das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung angenommen hat - lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme (§ 46 SPolG) dar. Hätte der Landesgesetzgeber zur Durchsetzung der Bestattungspflicht auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht verweisen wollen, hätte er dies ausdrücklich in der Vorschrift normiert

so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.

Für dieses Verständnis spricht außer dem Wortlaut der Vorschrift auch der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers. Aus den Materialien zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853) geht hervor, dass das Bestattungsgesetz alle bisherigen Rechtsgrundlagen zusammenfasst (vgl. S. 1, B der Landtags-Drucksache). Dies verdeutlicht, dass ein Rückgriff auf andere Gesetze nicht mehr vorgesehen ist. Aus der Begründung zu der vom Gesetzgeber beschlossenen Entwurfsfassung des § 26 BestattG ergeben sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass auf die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften zurückgegriffen werden soll, wenn die für die Bestattung verantwortliche Person ihrer Pflicht nicht nachkommt. Im Einzelnen heißt es in diesem Zusammenhang nämlich nur (vgl. Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“

Soweit in dem zitierten Absatz am Ende die Rede davon ist, dass die Behörde nach den polizeirechtlichen Bestimmungen tätig wird, bezieht sich dies ersichtlich ausschließlich auf den in § 26 Abs. 2 1. Alt BestattG geregelten Fall, dass ein Pflichtiger nicht vorhanden ist.

Der Kläger kann seiner Heranziehung zur Kostenerstattung nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe zu seiner verstorbenen Schwester seit 1953 keinen persönlichen Kontakt gehabt; außerdem sei ihr Lebenswandel mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen, so dass es für ihn unerträglich sei, für sie finanziell einstehen zu müssen. Denn Art und Umfang der persönlichen Beziehungen zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen sind bei der Heranziehung wegen der Bestattungskosten grundsätzlich unerheblich

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..

Dies haben der Beklagte und der Kreisrechtsausschuss in den angefochtenen Bescheiden zutreffend ausgeführt.

§ 26 BestattG enthält keine Regelung, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten. Bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde kein Ermessen eingeräumt; die Bestattungspflichtigen haften ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles. Dies entspricht erkennbar dem Art. 6 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Leitbild der Familie als Solidargemeinschaft und wird im Regelfall dem Willen des bestattungspflichtigen Angehörigen auch nicht zuwider laufen.

Die -ausnahmslose- Bestattungspflicht bedeutet indessen nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige endgültig mit den Kosten belastet bleibt. Jedenfalls für den -hier allerdings nicht gegebenen- Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen spricht § 1968 BGB dem Bestattungspflichtigen einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Erben zu. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3 i.V.m. 1615 Abs. 2, 1615 m BGB; § 10 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 7 Abs. 1 Satz 2 ProdhaftG, § 5 Abs. 1 Satz 2 HaftpflichtG).

Der VGH Baden-Württemberg

Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,

hat in Bezug auf die maßgebliche Vorschrift im dortigen Landesbestattungsgesetz, die der saarländischen Regelung des § 26 Abs. 2 BestattG inhaltlich entspricht, festgestellt, es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Pflicht zur Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme hiervon, etwa bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des (damals geltenden) § 15 BSHG (heute: § 74 SGB XII) von Verfassungs wegen nicht.

Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung von dem Sozialhilfeträger – nach § 98 Abs. 3 SGB XII im vorliegenden Fall von dem Landkreis A-Stadt (Kreissozialamt)- übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen (vgl. die fast wortgleiche Vorgängervorschrift des § 15 BSHG). Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich bereits, dass für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend ist, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des Sozialhilferechts ist

vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..

Die Zumutbarkeit ist in der Regel analog den §§ 85 ff. SGB XII (früher: §§ 79 – 85 BSHG) unter Anwendung der allgemeinen Einkommensgrenzen des § 85 SGB XII (früher: § 79 BSHG) zu beurteilen, wobei der etwaige Einkommensüberschuss je nach der Enge der Beziehung des Verpflichteten zum Verstorbenen ganz oder teilweise einzusetzen ist

Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.

Das Bundesverwaltungsgericht

Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,

hat zu § 15 BSHG festgestellt, dass es sich um einen von dem sozialhilferechtlichen Kriterium des Bedürfnisses losgelösten Kostenerstattungsanspruch eigener Art handele, der eine würdige Bestattung des Toten gewährleisten solle und daher grundsätzlich auch dem Leiter eines Pflegeheims oder Krankenhauses zustehen könne. Der Gesetzgeber habe an die fürsorgerechtliche Verantwortung für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger anknüpfen wollen und dabei den rechtlichen Ansatz von dem einer Fürsorgeleistung an den Verstorbenen zu dem einer sozialhilferechtlichen Unterstützung des „Verpflichteten“ durch Kostenentlastung verwandelt

vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).

Das Leitbild der gesetzlichen Regelung des § 74 SGB XII schließt nicht aus, dass sich die Unzumutbarkeit im Sinne dieser Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen Näheverhältnisses zwischen Bestattungspflichtigen und Verstorbenen ergeben kann

vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.

Im Ergebnis ermöglicht § 74 SGB XII folglich eine Bestattungskostenerstattung. Dass die Prüfung eines entsprechenden Anspruchs einem selbständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt, ist dabei rechtlich unbedenklich. Denn diese Aufspaltung in zwei Verfahren hat zum einen den Vorteil, dass die Ordnungsbehörde von der Prüfung der ressortfremden Zumutbarkeitsfrage entlastet und diese Aufgabe den hiermit vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen wird. Zum anderen gewährleistet diese Lösung eine Gleichbehandlung des Bestattungspflichtigen, der sich weigert, seiner Bestattungspflicht nachzukommen, mit dem Bestattungspflichtigen, der sich seiner Bestattungspflicht - trotz Unbilligkeit der hiermit verbundenen Kostentragungslast - beugt und die Bestattung (zunächst) auf seine Kosten ausrichtet

vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..

Demzufolge hat der Beklagte den Kläger zu Recht zur Erstattung der Beerdigungskosten herangezogen, ohne dabei die Qualität des persönlichen Verhältnisses des Klägers zu seiner verstorbenen Schwester zu berücksichtigen. Der Kläger ist daher darauf zu verweisen, nach § 74 SGB XII beim Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten geltend zu machen, was ausweislich der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Kreissozialamtes bereits geschehen ist, wobei dieser Antrag wegen der Vorgreiflichkeit dieses Rechtsstreites im Hinblick auf die Frage der Bestattungspflicht des Klägers bislang allerdings noch nicht beschieden worden ist.

Ob dennoch ausnahmsweise im Rahmen der Kostenheranziehung des Bestattungspflichtigen eine Billigkeitskorrektur geboten ist, bedarf keiner Entscheidung, da ein solcher Sachverhalt hier nicht vorliegt.

Regelungen zu der Frage, in welchen Fällen eine aus einem familiären Verhältnis herrührende Zahlungspflicht nach der Rechtsordnung eingeschränkt ist oder vollständig entfällt, finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch. Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB entfällt die aus § 1601 BGB herrührende, zwischen Verwandten in gerader Linie bestehende Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung ganz, wenn die Inanspruchnahme des Pflichtigen grob unbillig wäre. Beispiele für die grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme eines Unterhaltsverpflichteten sind in § 1579 BGB normiert. Demnach liegt grobe Unbilligkeit unter anderem vor, wenn der Berechtigte sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht (Nr. 2) oder längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat (Nr. 5) oder dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt (Nr. 6). Schon diese Beispiele verdeutlichen, dass derartige Ausnahmefälle, die aus Billigkeitsgründen ein Absehen von der Kostenheranziehung rechtfertigen, allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein strafrechtlich relevantes oder dem vergleichbares Fehlverhalten des Verstorbenen (bspw. Missbrauchsfälle und Unterhaltspflichtverletzungen) gegenüber dem bestattungspflichtigen Angehörigen vorliegt.

Entsprechendes hat zu gelten, wenn eine Billigkeitskorrektur durch die ergänzende Heranziehung der Regelung über den Billigkeitserlass von Forderungen in der LHO bzw. des Gemeindehaushaltsrechts und des Abgabenrechts (vgl. § 227 AO) oder eine dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Auslegung der jeweiligen Vorschrift im Bestattungsrecht erwogen wird

vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.

Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe

Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,

die Kostentragungspflicht der Tochter für Beerdigungskosten ihres Vaters, der sich sexuell an ihr vergangen hatte, als unverhältnismäßig erachtet

u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.

Das OVG Münster

Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,

hat in dem Fall einer Unterhaltspflichtverletzung des Verstorbenen gegenüber der zur Erstattung herangezogenen Tochter ebenfalls ein Bedürfnis für eine Billigkeitskorrektur gesehen und festgestellt, es bestehe ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass die Anwendung gesetzlicher Vorschriften nicht zu nach Lage des Falles unbilligen Härten führen solle. Die Anwendung dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes auf das im dort entschiedenen Fall anwendbare Landesvollstreckungsrecht bedinge, dass die Festsetzung und Beitreibung einer Geldforderung, deren Einziehung im Einzelfall unbillig wäre, unterbleiben müsse.

Einen mit den zitierten Entscheidungen vergleichbaren Sachverhalt hat der Kläger indes nicht vorgetragen. Im Einzelnen hat er geltend gemacht, er habe das gemeinsame Elternhaus bereits 1953 verlassen und seitdem keinerlei persönliche Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Anlässlich von Einladungen seiner Eltern sei es zu Begegnungen mit ihr gekommen, bei denen sie ihn stets „drangsaliert“ und bevormundet habe. Als er geschieden worden sei, habe sie ihn als „schwarzes Schaf“ und als untragbar für die Familie bezeichnet. Seit 1998 habe er überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Die Verstorbene habe eine sexuelle Beziehung mit einem verheirateten Mann unterhalten, der auch ihren Lebensunterhalt finanziert habe; dies sei mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht vereinbar. Dieses Vorbringen musste den Beklagten nicht veranlassen, die Kostentragungspflicht des Klägers unter Billigkeitserwägungen gesondert zu prüfen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von vielen anderen Familienschicksalen. Hielte man das Vorbringen des Klägers, das im übrigen hinsichtlich der Kritik am Lebenswandel seiner Schwester auf subjektiven Werturteilen des Klägers beruht und eines Wahrheitsbeweises weitgehend unzugänglich ist, für ausreichend, seine Kostentragungspflicht auszuschließen, so wäre es in vielen Fällen gestörter Familienverhältnisse nicht möglich, die Bestattungskosten den nächsten Angehörigen eines Verstorbenen aufzuerlegen, was zur Folge hätte, dass die Kosten auf die Allgemeinheit verlagert wären. Dies widerspräche aber Sinn und Zweck des § 26 BestattG, der darin zu sehen ist, dass die in Absatz 1 der Vorschrift aufgezählten Angehörigen eines Verstorbenen im Sinne einer Solidargemeinschaft diesem –ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit- regelmäßig näher stehen als die Allgemeinheit und dass es deshalb vorrangig ihnen obliegt, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Auch ansonsten haben die Besonderheiten der Familienverhältnisse beim Übergang von Rechten und Pflichten aus Anlass des Todes grundsätzlich keine Bedeutung. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den §§ 1611 Abs. 1, 1579 BGB herleiten, denn die dort getroffenen Wertungen lassen sich auf den hier in Rede stehenden Zusammenhang nicht übertragen. Während es bei § 1611 Abs. 1 BGB darum geht, die Unterhaltspflicht im Verhältnis zweier Privatpersonen aufgrund ihres familiären oder persönlichen Verhältnisses zueinander zu regeln, geht es bei der Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. Außerdem handelt es sich beim Ersatz der Beerdigungskosten um eine nur einmalige, der Höhe nach von vorneherein begrenzte Zahlungspflicht. Diese zu tragen, ist den Angehörigen daher viel eher zumutbar als die Unterhaltspflicht. Es ist daher nicht möglich, diese Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen

vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.

Hinzu kommt, dass dem Bestattungspflichtigen – wie bereits aufgezeigt- unter bestimmten Voraussetzungen ein Erstattungsanspruch nach § 74 SGB XII zusteht.

Die von dem Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,

in welcher zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes zum Verhältnis von § 15 BSHG zur Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen für die Kosten der Ersatzvornahme aufgrund von §§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG, wonach die Kostenerhebung bei der Ersatzvornahme in das Ermessen der Behörde gestellt ist, festgestellt wurde, dass § 15 BSHG nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten gewähre, sondern von vornherein nur die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vorsehe, weswegen der Bestattungspflichtige nicht auf den Sozialhilfeanspruch verwiesen werden könne, ist wegen der aufgrund des Inkrafttretens des Bestattungsgesetzes zum 1.1.2004 geänderten Gesetzes- und Rechtslage nicht (mehr) einschlägig.

Die Höhe der von dem Beklagten in dem angefochtenen Bescheid erhobenen Bestattungskosten von insgesamt 1982,03 Euro begegnet keinen Bedenken. Sie ist belegt (vgl. Rechnung des Bestattungsinstituts D. samt Anlagen, Bl. 37 f. d. BA, und Gebührenbescheid des Friedhofes der Kreisstadt A-Stadt , vgl. Bl. 35 d. BA). Einwände gegen den Ansatz der Kosten oder deren Höhe hat der Kläger auch nicht erhoben. Zu berücksichtigen ist, dass dem Ersatzpflichtigen nur die Kosten für einen „notwendigen Mindestaufwand“, die unter den „erforderlichen Kosten“ i.S.d. § 74 SGB XII und auch unter dem Aufwand für eine Beerdigung, die der Erbe nach § 1968 BGB zu tragen hat, liegen, in Rechnung gestellt werden dürfen

Gaedke, a.a.O., S. 117.

Der Beklagten hat diesen Vorgaben Rechnung getragen, indem er eine anonyme Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt hat vornehmen lassen. Der Gebührenbescheid des Friedhofs in Höhe von insgesamt 439,00 Euro (275,00 Euro für den Erwerb eines anonymen Urnengrabes und 164,00 Euro für die Errichtung einer Urnengrabstätte) beruht auf den §§ 2 Abs. 1, 5 Nr. 1 e) und Nr. 3 c) der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe der Kreisstadt A-Stadt vom 14.12.1989 (i. d. F. vom 13.10.2005).

Der mit dem Bescheid vom 2.3.2006 zugleich ergangene Kostenfestsetzungsbescheidbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100,00 Euro festgesetzt wurden, beruht auf Nr. 163.14 der Anlage zur Verordnung über den Erlass eines Allgemeinen Gebührenverzeichnisses (Amtsbl. 2005, 921) und ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach alledem ist unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Das Urteil beruht nämlich auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 1.982,03 Euro (Bestattungskosten) zuzüglich 100,00 Euro (Verwaltungsgebühr), mithin auf insgesamt 2.082,03 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Nach entsprechendem einverständlichen Verzicht der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn der Bescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses beim Landkreis A-Stadt vom 8.6.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von dem Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seiner Schwester angefallenen Kosten in Höhe von 1.982,03 Euro zuzüglich einer Verwaltungsgebühr von 100,00 Euro herangezogen.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist in Bezug auf das Verlangen nach Erstattung der Bestattungskosten § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6, Satz 2 des Gesetzes Nr. 1535 über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz - BestattG) vom 5.11.2003 (Amtsbl. S. 2920). Nach § 26 Abs. 2 BestattG hat die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde - im vorliegenden Fall ist das nach den §§ 76 Abs. 3, 81 Abs.1 SPolG der Beklagte - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst.

Der Kläger war bestattungspflichtiger Angehöriger seiner verstorbenen Schwester, kam seiner Pflicht aber nicht nach, weshalb der Beklagte die Bestattung veranlasst hat. Dies rechtfertigt die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung der ihm durch die Bestattung entstandenen Kosten durch den Kläger.

Nach § 25 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Vor dem Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes am 1.1.2004 (§ 55 BestattG) fehlte es im Saarland an einer geschriebenen Regelung über die bestattungspflichtigen Personen, da die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen vom 18.12.1991

Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,

eine Aussage hierzu nicht getroffen hatte

vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.

Welche Personen bestattungspflichtig sind, regelt nunmehr § 26 Abs.1 BestattG abschließend. Für die Bestattung müssen die volljährigen Angehörigen in folgender Reihenfolge sorgen: 1. die Ehefrau/der Ehemann, 2. die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, 3. die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 4. die Kinder, 5. die Eltern, 6. die Geschwister, 7. die Enkelkinder und 8. die Großeltern (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 BestattG). § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG bestimmt, dass die jeweils ältere Person der jüngeren hinsichtlich der Bestattungspflicht vorgeht, wenn für die Bestattungspflicht ein Paar oder eine Mehrheit von Personen in Betracht kommt. Hierzu heißt es in der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“

Auch in allen anderen Bundesländern geht man davon aus, dass bestimmte natürliche Personen bestattungspflichtig sind. Dies sind in den meisten Bundesländern - anders nur in Rheinland-Pfalz -

vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz

nicht die Erben, sondern die nächsten Angehörigen des Verstorbenen, die so genannten Totenfürsorgeberechtigten, und zwar regelmäßig -in teilweise unterschiedlicher Rangfolge- der Ehegatte, Verwandte (teilweise auch Verschwägerte) in auf- und absteigender Linie, Geschwister (und teilweise auch deren Kinder). Teilweise tritt auch der nichteheliche Lebensgefährte und der Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes hinzu, sofern dies ausdrücklich – wie auch in § 26 Abs. 1 Nr. 2 BestattG geschehen- bestimmt ist. Während die ersten drei Kategorien der Bestattungspflichtigen (Ehegatte, Kinder, Eltern) in fast allen Bundesländern gleich sind, weist die weitere Reihenfolge vielfache Unterschiede auf

vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).

Im Hinblick auf die Frage, nach welchen Kriterien der Pflichtige bei Personenmehrheiten (z.B. Kinder, Geschwister) zu bestimmen ist, regelt § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG, dass sich die Heranziehung bei Personenmehrheiten (vgl. Nr. 4, 6, 7) bzw. Paaren (Nr. 5, 8) nach dem Alter der Person richtet

ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.

Als ältestes der Geschwister der verstorbenen Frau B. war der Kläger gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Satz 2 BestattG bestattungspflichtig. Nach den Ermittlungen des Beklagten existierte nämlich unmittelbar vor dem Tode der Frau B. weder ein Ehegatte noch ein Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft noch ein Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Beide Elternteile von Frau B. waren verstorben und Frau B. selbst war kinderlos geblieben. Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden waren und der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen ermittelt werden konnte, hat der Beklagte entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gehandelt, als er den Kläger als Bestattungspflichtigen herangezogen hat.

Die in § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG getroffene Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (nur dessen Schutzbereich ist hier berührt, denn Art. 3 Abs. 3 GG führt das Alter nicht als Diskriminierungsmerkmal auf), soweit die Bestattungspflicht bei einer Personenmehrheit der jeweils älteren Person – wie im vorliegenden Fall dem Kläger als dem älteren Bruder- auferlegt wird

vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.

Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen vornimmt, denn es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft. Art. 3 Abs. 1 GG fordert für eine Ungleichbehandlung von Personengruppen lediglich, dass sie sich auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund von hinreichendem Gewicht zurückführen lässt (Willkürverbot)

BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).

Dies ist hier der Fall, denn in dem vom saarländischen Gesetzgeber geregelten Sachbereich der Bestattungspflicht ist bei einer Mehrheit von bestattungspflichtigen Personen das Alter einer Person ein sachliches Auswahlkriterium zur Bestimmung der Reihenfolge ihrer Heranziehung. Der Landesgesetzgeber hat die Bestattungspflicht nicht etwa generell dem ältesten Angehörigen der verstorbenen Person übertragen, sondern vielmehr innerhalb einer an der Erbfolge orientierten Reihenfolge lediglich bei Personenmehrheiten und Paaren derselben Stufe die Reihenfolge der Heranziehung vom Alter der betreffenden Person abhängig gemacht. Diese Differenzierung erweist sich unter dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr als tragfähig und gerechtfertigt, denn sie ermöglicht es der Behörde, ohne aufwendige und zeitraubende Ermittlungen, die wegen der kurzen (i.d.R. siebentägigen) Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) ohnehin nicht möglich sind, die bestattungspflichtige Person zu bestimmen. Darüber hinaus entspricht die Orientierung am Alter des Familienangehörigen dem traditionellen Verständnis, dass das älteste lebende Familienmitglied als Familienoberhaupt für die Regelung der familiären Angelegenheiten zuständig ist. Man wird im Übrigen vielfach, insbesondere wenn die Angehörigen noch zur jüngeren Generation gehören, bei dem ältesten von ihnen am ehesten die finanzielle Leistungsfähigkeit annehmen können. Unerheblich ist, dass auch andere sachliche Kriterien (z.B. gesamtschuldnerische Haftung) denkbar sind, denn das Gericht hat wegen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative nicht darüber zu befinden, ob andere Differenzierungsmerkmale besser geeignet wären.

Der von dem Kläger erhobene Einwand, er habe die Erbschaft ausgeschlagen (vgl. §§ 1942 ff. BGB), ist im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht unerheblich. Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies gilt u.a. für die sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG ergebende öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht. Die bundesrechtlichen Regelungen über die Erbenstellung und die damit verbundene Pflicht, die Bestattungskosten zu tragen (§ 1968 BGB), sind auch nicht in dem Sinn vorrangig, dass sie öffentlich-rechtliche, auf Landesgesetz beruhende Ansprüche aus einem – wie hier in Rede stehenden- ordnungsbehördlichen Einschreiten ausschlössen. Derartige öffentlich-rechtliche Ansprüche beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers, die sich für den Erlass des Bestattungsgesetzes aus Art. 70 Abs. 1 GG ergibt, unterliegenden Rechtsgrund. Dies entspricht der übereinstimmenden höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung

vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.

§ 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG verstößt auch nicht gegen das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil die Vorschrift von der Bestattungspflicht auch dann keine Ausnahme macht, wenn – was der Kläger behauptet- die Durchführung der Bestattung für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Die Verfassung gebietet es nicht, eine Ausnahme von der Bestattungspflicht bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen. Die Bestattungspflicht dient – wie zuvor bereits erwähnt- der Gefahrenabwehr. Daher muss sich die Bestimmung des Pflichtigen an objektiven Maßstäben orientieren, weil die Behörde nicht innerhalb der Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) Ermittlungen und Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen zu dem Verstorbenen durchführen und ggfs. verifizieren kann. Die Wertungen des Zivilrechts in den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2-7, 1611 Abs. 1 BGB, die den Wegfall, die Beschränkung oder die Herabsetzung der familienrechtlichen Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen regeln, sind nicht auf die hier in Rede stehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung übertragbar, denn die Bestattungspflicht begründet kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.

Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind, war der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen demnach nach § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. S. 2 BestattG bestattungspflichtig. Nachdem er gegenüber dem Beklagten erklärt hatte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, hat dieser zu Recht die Bestattung der Verstorbenen veranlasst und den Kläger zur Erstattung der Kosten herangezogen.

Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid des Beklagten ist § 26 Abs. 2 BestattG. Danach hat der Beklagte als die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde (vgl. §§ 76 Abs. 3, 81 Abs. 1 SPolG) die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst

vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.

Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Sie stellt nicht nur die Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es eines Rückgriffs auf das allgemeine Polizeirecht, hier auf die Vorschriften der §§ 46, 90 SPolG, nicht, da der Fall der Bestattung durch Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich in dem Bestattungsgesetz geregelt ist, denn § 26 Abs. 2 BestattG enthält keinen Verweis auf das Saarländische Polizeigesetz, sondern spricht davon, dass die Verwaltungsbehörde die Handlung auf Kosten der bestattungspflichtigen Person selbst zu veranlassen hat.

Nicht in allen Bundesländern ist die Bestattung durch Ersatzvornahme der Behörde auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich im jeweiligen Bestattungsgesetz geregelt. Die Polizei- und Ordnungsbehörden können, sofern eine ausdrückliche Regelung fehlt, entsprechend den jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen entweder gestützt auf die polizeiliche bzw. ordnungsbehördliche Generalklausel den Bestattungspflichtigen als Verhaltensstörer wegen Nichterfüllung der ihm obliegenden Bestattungspflicht und der sich aus der Nichtbestattung des Verstorbenen ergebenden Gefahren heranziehen

vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen

oder Kostenersatz aufgrund öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag, des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder nach dem Landesvollstreckungsrecht verlangen

vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.

Dass § 26 Abs. 2 BestattG für den Fall der Ersatzvornahme der Ortspolizeibehörde eine abschließende Regelung trifft, wenn der Bestattungspflichtige seiner Pflicht nicht nachkommt, und demzufolge für einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Polizei- oder des Verwaltungsvollstreckungsrechtes kein Raum ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, insbesondere aus der Formulierung „auf Kosten des/der Bestattungspflichtigen“ dieser Bestimmung

in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.

Die Worte „auf Kosten“ stellen dabei nicht - wie das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung angenommen hat - lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme (§ 46 SPolG) dar. Hätte der Landesgesetzgeber zur Durchsetzung der Bestattungspflicht auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht verweisen wollen, hätte er dies ausdrücklich in der Vorschrift normiert

so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.

Für dieses Verständnis spricht außer dem Wortlaut der Vorschrift auch der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers. Aus den Materialien zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853) geht hervor, dass das Bestattungsgesetz alle bisherigen Rechtsgrundlagen zusammenfasst (vgl. S. 1, B der Landtags-Drucksache). Dies verdeutlicht, dass ein Rückgriff auf andere Gesetze nicht mehr vorgesehen ist. Aus der Begründung zu der vom Gesetzgeber beschlossenen Entwurfsfassung des § 26 BestattG ergeben sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass auf die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften zurückgegriffen werden soll, wenn die für die Bestattung verantwortliche Person ihrer Pflicht nicht nachkommt. Im Einzelnen heißt es in diesem Zusammenhang nämlich nur (vgl. Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“

Soweit in dem zitierten Absatz am Ende die Rede davon ist, dass die Behörde nach den polizeirechtlichen Bestimmungen tätig wird, bezieht sich dies ersichtlich ausschließlich auf den in § 26 Abs. 2 1. Alt BestattG geregelten Fall, dass ein Pflichtiger nicht vorhanden ist.

Der Kläger kann seiner Heranziehung zur Kostenerstattung nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe zu seiner verstorbenen Schwester seit 1953 keinen persönlichen Kontakt gehabt; außerdem sei ihr Lebenswandel mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen, so dass es für ihn unerträglich sei, für sie finanziell einstehen zu müssen. Denn Art und Umfang der persönlichen Beziehungen zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen sind bei der Heranziehung wegen der Bestattungskosten grundsätzlich unerheblich

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..

Dies haben der Beklagte und der Kreisrechtsausschuss in den angefochtenen Bescheiden zutreffend ausgeführt.

§ 26 BestattG enthält keine Regelung, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten. Bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde kein Ermessen eingeräumt; die Bestattungspflichtigen haften ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles. Dies entspricht erkennbar dem Art. 6 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Leitbild der Familie als Solidargemeinschaft und wird im Regelfall dem Willen des bestattungspflichtigen Angehörigen auch nicht zuwider laufen.

Die -ausnahmslose- Bestattungspflicht bedeutet indessen nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige endgültig mit den Kosten belastet bleibt. Jedenfalls für den -hier allerdings nicht gegebenen- Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen spricht § 1968 BGB dem Bestattungspflichtigen einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Erben zu. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3 i.V.m. 1615 Abs. 2, 1615 m BGB; § 10 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 7 Abs. 1 Satz 2 ProdhaftG, § 5 Abs. 1 Satz 2 HaftpflichtG).

Der VGH Baden-Württemberg

Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,

hat in Bezug auf die maßgebliche Vorschrift im dortigen Landesbestattungsgesetz, die der saarländischen Regelung des § 26 Abs. 2 BestattG inhaltlich entspricht, festgestellt, es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Pflicht zur Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme hiervon, etwa bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des (damals geltenden) § 15 BSHG (heute: § 74 SGB XII) von Verfassungs wegen nicht.

Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung von dem Sozialhilfeträger – nach § 98 Abs. 3 SGB XII im vorliegenden Fall von dem Landkreis A-Stadt (Kreissozialamt)- übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen (vgl. die fast wortgleiche Vorgängervorschrift des § 15 BSHG). Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich bereits, dass für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend ist, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des Sozialhilferechts ist

vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..

Die Zumutbarkeit ist in der Regel analog den §§ 85 ff. SGB XII (früher: §§ 79 – 85 BSHG) unter Anwendung der allgemeinen Einkommensgrenzen des § 85 SGB XII (früher: § 79 BSHG) zu beurteilen, wobei der etwaige Einkommensüberschuss je nach der Enge der Beziehung des Verpflichteten zum Verstorbenen ganz oder teilweise einzusetzen ist

Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.

Das Bundesverwaltungsgericht

Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,

hat zu § 15 BSHG festgestellt, dass es sich um einen von dem sozialhilferechtlichen Kriterium des Bedürfnisses losgelösten Kostenerstattungsanspruch eigener Art handele, der eine würdige Bestattung des Toten gewährleisten solle und daher grundsätzlich auch dem Leiter eines Pflegeheims oder Krankenhauses zustehen könne. Der Gesetzgeber habe an die fürsorgerechtliche Verantwortung für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger anknüpfen wollen und dabei den rechtlichen Ansatz von dem einer Fürsorgeleistung an den Verstorbenen zu dem einer sozialhilferechtlichen Unterstützung des „Verpflichteten“ durch Kostenentlastung verwandelt

vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).

Das Leitbild der gesetzlichen Regelung des § 74 SGB XII schließt nicht aus, dass sich die Unzumutbarkeit im Sinne dieser Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen Näheverhältnisses zwischen Bestattungspflichtigen und Verstorbenen ergeben kann

vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.

Im Ergebnis ermöglicht § 74 SGB XII folglich eine Bestattungskostenerstattung. Dass die Prüfung eines entsprechenden Anspruchs einem selbständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt, ist dabei rechtlich unbedenklich. Denn diese Aufspaltung in zwei Verfahren hat zum einen den Vorteil, dass die Ordnungsbehörde von der Prüfung der ressortfremden Zumutbarkeitsfrage entlastet und diese Aufgabe den hiermit vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen wird. Zum anderen gewährleistet diese Lösung eine Gleichbehandlung des Bestattungspflichtigen, der sich weigert, seiner Bestattungspflicht nachzukommen, mit dem Bestattungspflichtigen, der sich seiner Bestattungspflicht - trotz Unbilligkeit der hiermit verbundenen Kostentragungslast - beugt und die Bestattung (zunächst) auf seine Kosten ausrichtet

vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..

Demzufolge hat der Beklagte den Kläger zu Recht zur Erstattung der Beerdigungskosten herangezogen, ohne dabei die Qualität des persönlichen Verhältnisses des Klägers zu seiner verstorbenen Schwester zu berücksichtigen. Der Kläger ist daher darauf zu verweisen, nach § 74 SGB XII beim Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten geltend zu machen, was ausweislich der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Kreissozialamtes bereits geschehen ist, wobei dieser Antrag wegen der Vorgreiflichkeit dieses Rechtsstreites im Hinblick auf die Frage der Bestattungspflicht des Klägers bislang allerdings noch nicht beschieden worden ist.

Ob dennoch ausnahmsweise im Rahmen der Kostenheranziehung des Bestattungspflichtigen eine Billigkeitskorrektur geboten ist, bedarf keiner Entscheidung, da ein solcher Sachverhalt hier nicht vorliegt.

Regelungen zu der Frage, in welchen Fällen eine aus einem familiären Verhältnis herrührende Zahlungspflicht nach der Rechtsordnung eingeschränkt ist oder vollständig entfällt, finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch. Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB entfällt die aus § 1601 BGB herrührende, zwischen Verwandten in gerader Linie bestehende Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung ganz, wenn die Inanspruchnahme des Pflichtigen grob unbillig wäre. Beispiele für die grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme eines Unterhaltsverpflichteten sind in § 1579 BGB normiert. Demnach liegt grobe Unbilligkeit unter anderem vor, wenn der Berechtigte sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht (Nr. 2) oder längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat (Nr. 5) oder dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt (Nr. 6). Schon diese Beispiele verdeutlichen, dass derartige Ausnahmefälle, die aus Billigkeitsgründen ein Absehen von der Kostenheranziehung rechtfertigen, allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein strafrechtlich relevantes oder dem vergleichbares Fehlverhalten des Verstorbenen (bspw. Missbrauchsfälle und Unterhaltspflichtverletzungen) gegenüber dem bestattungspflichtigen Angehörigen vorliegt.

Entsprechendes hat zu gelten, wenn eine Billigkeitskorrektur durch die ergänzende Heranziehung der Regelung über den Billigkeitserlass von Forderungen in der LHO bzw. des Gemeindehaushaltsrechts und des Abgabenrechts (vgl. § 227 AO) oder eine dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Auslegung der jeweiligen Vorschrift im Bestattungsrecht erwogen wird

vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.

Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe

Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,

die Kostentragungspflicht der Tochter für Beerdigungskosten ihres Vaters, der sich sexuell an ihr vergangen hatte, als unverhältnismäßig erachtet

u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.

Das OVG Münster

Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,

hat in dem Fall einer Unterhaltspflichtverletzung des Verstorbenen gegenüber der zur Erstattung herangezogenen Tochter ebenfalls ein Bedürfnis für eine Billigkeitskorrektur gesehen und festgestellt, es bestehe ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass die Anwendung gesetzlicher Vorschriften nicht zu nach Lage des Falles unbilligen Härten führen solle. Die Anwendung dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes auf das im dort entschiedenen Fall anwendbare Landesvollstreckungsrecht bedinge, dass die Festsetzung und Beitreibung einer Geldforderung, deren Einziehung im Einzelfall unbillig wäre, unterbleiben müsse.

Einen mit den zitierten Entscheidungen vergleichbaren Sachverhalt hat der Kläger indes nicht vorgetragen. Im Einzelnen hat er geltend gemacht, er habe das gemeinsame Elternhaus bereits 1953 verlassen und seitdem keinerlei persönliche Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Anlässlich von Einladungen seiner Eltern sei es zu Begegnungen mit ihr gekommen, bei denen sie ihn stets „drangsaliert“ und bevormundet habe. Als er geschieden worden sei, habe sie ihn als „schwarzes Schaf“ und als untragbar für die Familie bezeichnet. Seit 1998 habe er überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Die Verstorbene habe eine sexuelle Beziehung mit einem verheirateten Mann unterhalten, der auch ihren Lebensunterhalt finanziert habe; dies sei mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht vereinbar. Dieses Vorbringen musste den Beklagten nicht veranlassen, die Kostentragungspflicht des Klägers unter Billigkeitserwägungen gesondert zu prüfen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von vielen anderen Familienschicksalen. Hielte man das Vorbringen des Klägers, das im übrigen hinsichtlich der Kritik am Lebenswandel seiner Schwester auf subjektiven Werturteilen des Klägers beruht und eines Wahrheitsbeweises weitgehend unzugänglich ist, für ausreichend, seine Kostentragungspflicht auszuschließen, so wäre es in vielen Fällen gestörter Familienverhältnisse nicht möglich, die Bestattungskosten den nächsten Angehörigen eines Verstorbenen aufzuerlegen, was zur Folge hätte, dass die Kosten auf die Allgemeinheit verlagert wären. Dies widerspräche aber Sinn und Zweck des § 26 BestattG, der darin zu sehen ist, dass die in Absatz 1 der Vorschrift aufgezählten Angehörigen eines Verstorbenen im Sinne einer Solidargemeinschaft diesem –ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit- regelmäßig näher stehen als die Allgemeinheit und dass es deshalb vorrangig ihnen obliegt, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Auch ansonsten haben die Besonderheiten der Familienverhältnisse beim Übergang von Rechten und Pflichten aus Anlass des Todes grundsätzlich keine Bedeutung. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den §§ 1611 Abs. 1, 1579 BGB herleiten, denn die dort getroffenen Wertungen lassen sich auf den hier in Rede stehenden Zusammenhang nicht übertragen. Während es bei § 1611 Abs. 1 BGB darum geht, die Unterhaltspflicht im Verhältnis zweier Privatpersonen aufgrund ihres familiären oder persönlichen Verhältnisses zueinander zu regeln, geht es bei der Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. Außerdem handelt es sich beim Ersatz der Beerdigungskosten um eine nur einmalige, der Höhe nach von vorneherein begrenzte Zahlungspflicht. Diese zu tragen, ist den Angehörigen daher viel eher zumutbar als die Unterhaltspflicht. Es ist daher nicht möglich, diese Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen

vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.

Hinzu kommt, dass dem Bestattungspflichtigen – wie bereits aufgezeigt- unter bestimmten Voraussetzungen ein Erstattungsanspruch nach § 74 SGB XII zusteht.

Die von dem Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,

in welcher zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes zum Verhältnis von § 15 BSHG zur Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen für die Kosten der Ersatzvornahme aufgrund von §§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG, wonach die Kostenerhebung bei der Ersatzvornahme in das Ermessen der Behörde gestellt ist, festgestellt wurde, dass § 15 BSHG nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten gewähre, sondern von vornherein nur die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vorsehe, weswegen der Bestattungspflichtige nicht auf den Sozialhilfeanspruch verwiesen werden könne, ist wegen der aufgrund des Inkrafttretens des Bestattungsgesetzes zum 1.1.2004 geänderten Gesetzes- und Rechtslage nicht (mehr) einschlägig.

Die Höhe der von dem Beklagten in dem angefochtenen Bescheid erhobenen Bestattungskosten von insgesamt 1982,03 Euro begegnet keinen Bedenken. Sie ist belegt (vgl. Rechnung des Bestattungsinstituts D. samt Anlagen, Bl. 37 f. d. BA, und Gebührenbescheid des Friedhofes der Kreisstadt A-Stadt , vgl. Bl. 35 d. BA). Einwände gegen den Ansatz der Kosten oder deren Höhe hat der Kläger auch nicht erhoben. Zu berücksichtigen ist, dass dem Ersatzpflichtigen nur die Kosten für einen „notwendigen Mindestaufwand“, die unter den „erforderlichen Kosten“ i.S.d. § 74 SGB XII und auch unter dem Aufwand für eine Beerdigung, die der Erbe nach § 1968 BGB zu tragen hat, liegen, in Rechnung gestellt werden dürfen

Gaedke, a.a.O., S. 117.

Der Beklagten hat diesen Vorgaben Rechnung getragen, indem er eine anonyme Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt hat vornehmen lassen. Der Gebührenbescheid des Friedhofs in Höhe von insgesamt 439,00 Euro (275,00 Euro für den Erwerb eines anonymen Urnengrabes und 164,00 Euro für die Errichtung einer Urnengrabstätte) beruht auf den §§ 2 Abs. 1, 5 Nr. 1 e) und Nr. 3 c) der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe der Kreisstadt A-Stadt vom 14.12.1989 (i. d. F. vom 13.10.2005).

Der mit dem Bescheid vom 2.3.2006 zugleich ergangene Kostenfestsetzungsbescheidbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100,00 Euro festgesetzt wurden, beruht auf Nr. 163.14 der Anlage zur Verordnung über den Erlass eines Allgemeinen Gebührenverzeichnisses (Amtsbl. 2005, 921) und ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach alledem ist unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Das Urteil beruht nämlich auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 1.982,03 Euro (Bestattungskosten) zuzüglich 100,00 Euro (Verwaltungsgebühr), mithin auf insgesamt 2.082,03 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
XII ZB 607/12 Verkündet am:
12. Februar 2014
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine schwere Verfehlung gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB kann regelmäßig
nur bei einer tiefgreifenden Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher
Interessen oder persönlicher Belange des Pflichtigen angenommen
werden (im Anschluss an Senatsurteil vom 19. Mai 2004 - XII ZR
304/02 - FamRZ 2004, 1559).

b) Ein vom unterhaltsberechtigten Elternteil ausgehender Kontaktabbruch stellt
regelmäßig eine Verfehlung dar. Sie führt indes nur ausnahmsweise bei Vorliegen
weiterer Umstände, die das Verhalten des Unterhaltsberechtigten
auch als schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB erscheinen
lassen, zur Verwirkung des Elternunterhalts.
BGH, Beschluss vom 12. Februar 2014 - XII ZB 607/12 - OLG Oldenburg
AG Delmenhorst
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Januar 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber
-Monecke und die Richter Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 14. Zivilsenats - 5. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 25. Oktober 2012 aufgehoben. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Delmenhorst vom 27. März 2012 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Die Antragstellerin verlangt von dem Antragsgegner aus übergegangenem Recht Elternunterhalt.
2
Die Eltern des 1953 geborenen Antragsgegners trennten sich 1971; ihre Ehe wurde noch im selben Jahr geschieden. Der Antragsgegner verblieb im Haushalt seiner Mutter und hatte anfangs noch einen losen Kontakt zu seinem Vater. Nach Erreichen des Abiturs im Jahr 1972 brach der Kontakt zu seinem 1923 geborenen Vater ab. Dieser bestritt seinen Lebensunterhalt als Rentner aus den Erträgen einer Lebensversicherung sowie einer geringen Altersrente. 1998 errichtete er ein notarielles Testament, in dem er seine Bekannte zur Erbin einsetzte. Zudem bestimmte er, dass der Antragsgegner nur den "strengsten Pflichtteil" erhalten solle. Erläuternd führte der Vater in dem Testament aus, dass zu seinem Sohn seit rund 27 Jahren kein Kontakt mehr bestehe. Im April 2008 verzog der Vater in eine Heimeinrichtung; er starb im Februar 2012.
3
Die Antragstellerin nimmt den - als Beamten tätigen - Antragsgegner wegen der seinem Vater in der Zeit von Februar 2009 bis einschließlich Januar 2012 nach dem Sozialgesetzbuch erbrachten Leistungen auf Zahlung eines Gesamtbetrages von 9.022,75 € in Anspruch.
4
Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Beschwerdegericht den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
6
1. Das Beschwerdegericht hat seine in FamRZ 2013, 1051 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:
7
Zwar bestehe ein unterhaltsrechtlich relevanter Bedarf in der von der Antragstellerin vorgetragenen Höhe. Ebenso habe der Antragsgegner seine Leis- tungsfähigkeit nicht in Frage gestellt. Er könne sich gegenüber dem geltend gemachten Anspruch jedoch auf Verwirkung wegen einer schweren Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 BGB berufen.
8
Diese müsse sich nicht in einzelnen, schwerwiegenden Übergriffen gegen den Unterhaltspflichtigen oder dessen nahe Angehörige ausdrücken. Sie könne unter Berücksichtigung der Intention des Gesetzgebers auch in einem Verhalten gesehen werden, das in seiner Gesamtschau einen groben Mangel an verwandtschaftlicher Gesinnung erkennen lasse und infolgedessen den Unterhaltspflichtigen als Person herabwürdige, zurücksetze oder kränke. Bei der Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern sei insbesondere zu berücksichtigen , dass selbst scheinbar nur geringfügige Kränkungen und Verletzungen im Kindes- und Jugendalter in besonderer Weise traumatisierend wirken könnten und dann das Kind ein Leben lang belasteten.
9
Gemessen hieran sei dem Vater des Antragsgegners auf der Grundlage des in seinen Grundzügen unstreitigen Sachverhalts sowie des vom Antragsgegner in der persönlichen Anhörung gewonnenen Eindrucks eine schwere Verfehlung vorzuwerfen; er habe mit seinem jede Beziehung vermeidenden Verhalten seinen Sohn in einer nicht mehr zu akzeptierenden Weise nachhaltig belastet. Unmittelbar vor der Trennung der Eltern sei es am 1. Mai 1971 zu einer tätlichen Auseinandersetzung gekommen, in deren Verlauf der Vater die Mutter massiv beschimpft und beleidigt habe. Dieser von dem Antragsgegner miterlebte Vorfall sei - wie die Ausführungen im Scheidungsurteil zeigten - symptomatisch für die Beziehung innerhalb der Familie gewesen. Nach der daraufhin vollzogenen Trennung habe sich der Vater von der Familie abgewandt. In der Folgezeit habe es nur noch einige Postkartengrüße aus dem Urlaub gegeben. Zwar habe der Antragsgegner seinen Vater noch gelegentlich besucht. Diese sporadischen Kontakte seien aber bereits nach etwa einem Jahr endgül- tig zum Erliegen gekommen. Wie der Antragsgegner in seiner Anhörung geschildert habe, habe er nach dem Scheitern der Ehe seiner Eltern mehrfach von sich aus den Kontakt zu seinem Vater gesucht, um wieder eine Vater-SohnBeziehung herzustellen. Wenn der Vater dann auf die Mitteilung von dem bestandenen Abitur nur mit einem Achselzucken reagiert habe, habe er deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ihn jedenfalls ab 1972 die Person seines inzwischen fast erwachsenen Sohnes und dessen Zukunft nicht mehr berührt hätten. Dieser Eindruck habe sich in der Reaktion auf die Mitteilung von der beabsichtigten Verlobung bestätigt, die der Vater nur mit den Worten "Du bist ja verrückt" quittiert habe. Er habe offensichtlich kein Interesse an seiner Schwiegertochter und den Zukunftsplänen des Paares gezeigt. Dass dieses nach außen getragene Desinteresse noch immer nachwirke und den Antragsgegner bis heute belaste , sei ihm bei der Schilderung der Vorfälle deutlich anzumerken gewesen. Wenn der Antragsgegner nach diesen Erfahrungen von sich aus keine weiteren Kontakte mehr zu seinem Vater gesucht habe, sei dies nachvollziehbar und könne nicht als einfache Kontaktlosigkeit bagatellisiert werden. Nicht einmal das Zusammentreffen auf der Beerdigung des Großvaters habe dazu geführt, dass noch persönliche Worte zwischen beiden gewechselt worden seien. In seinem notariellen Testament aus dem Jahr 1998 habe der Vater bestätigt, zu seinem Sohn seit etwa 27 Jahren keinen Kontakt mehr zu haben. Mit der gewählten laienhaften Formulierung, sein Sohn solle nur den "strengsten Pflichtteil" erhalten , spiegele er seine innere Einstellung und dokumentiere nachdrücklich den bereits früher vollzogenen Bruch mit seinem Kind. Er habe ihn damit ersichtlich von allen Zuwendungen ausschließen wollen, soweit ihm das Recht einen Gestaltungsspielraum gelassen habe.
10
Der dem Vater anzulastende Bruch der Eltern-Kind-Beziehung werde nicht durch die langjährigen Ehekonflikte relativiert. Diese hätten unmittelbar nur die Eheleute betroffen und den Vater nicht dazu berechtigt, sich auch gegen- über seinem damals noch minderjährigen Sohn zurückzuziehen. Unabhängig von der Frage der elterlichen Sorge sei er nicht von der jedem Eltern-KindVerhältnis immanenten Pflicht zu wechselseitigem Beistand und Rücksichtnahme , und damit über die Schulzeit hinaus Kontakt zu seinem Sohn zu halten, entbunden gewesen. Wenn der Vater gleichwohl die Bemühungen seines bereits durch die Ehekonflikte erheblich belasteten Sohnes um eine Aufrechterhaltung verwandtschaftlicher Bindungen zurückgewiesen habe und es zu einem endgültigen Bruch habe kommen lassen, habe er einen groben Mangel an elterlicher Verantwortung und menschlicher Rücksichtnahme offenbart, so dass die Voraussetzungen für eine schwere Verfehlung gegeben seien. Da die Folgen seines Handelns für den Vater erkennbar gewesen seien und er diese bewusst in Kauf genommen habe, sei an einem Vorsatz nicht zu zweifeln.
11
Bei dieser Ausgangslage sei eine Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen grob unbillig, so dass die Verwirkung nicht zu einer Kürzung, sondern zum Wegfall des Anspruchs führe. Wer sich bewusst und dauerhaft von jeglichen Beziehungen persönlicher und wirtschaftlicher Art zu seinen Kindern ablöse, stelle sich außerhalb des familiären Solidarverbandes. Geschehe dies zudem noch in einer Weise, die für das nunmehr unterhaltspflichtige Kind traumatisierend gewirkt habe, müsse diesem die Auferlegung einer Zahlungspflicht in besonderer Weise als unbillig erscheinen - und zwar unabhängig von dem zuvor im Rahmen des Familienverbandes erhaltenen Unterhalt.
12
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
13
a) Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht, wenn sich der Unterhaltsberechtigte vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat. Die Unterhaltspflicht entfällt vollständig, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten im Hinblick darauf grob unbillig wäre, § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB.
14
aa) Eine schwere Verfehlung gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB kann regelmäßig nur bei einer tiefgreifenden Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher Interessen oder persönlicher Belange des Pflichtigen angenommen werden. Als Begehungsformen kommen aktives Tun und Unterlassen in Betracht, letzteres allerdings nur, wenn der Berechtigte dadurch eine Rechtspflicht zum Handeln verletzt. Daher kann sich auch eine - durch Unterlassen herbeigeführte - Verletzung elterlicher Pflichten, wie etwa der Pflicht zu Beistand und Rücksicht im Sinne von § 1618 a BGB, der auch auf das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern Anwendung findet (Palandt/Götz BGB 73. Aufl. § 1618 a Rn. 1), als Verfehlung gegen das Kind darstellen (Senatsurteile vom 15. September 2010 - XII ZR 148/09 - FamRZ 2010, 1888 Rn. 32 und vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - FamRZ 2004, 1559, 1560).
15
Eine "schwere Verfehlung" im vorgenannten Sinn ist nicht auf einzelne, schwerwiegende Übergriffe gegen den Unterhaltspflichtigen oder dessen nahe Angehörige beschränkt. Bereits in den Motiven zum Bürgerlichen Gesetzbuch wurde eingeräumt, dass erhebliche Gründe dafür sprechen, die Unterhaltspflicht in Fällen, in denen der Bedürftige durch unwürdiges Verhalten das Familienband zerrissen hat, nicht nur zu beschränken, sondern ganz wegfallen zu lassen (BT-Drucks. V/2370 S. 41). Ein solches Verhalten kann sich zum einen in einzelnen besonders schwerwiegenden Verfehlungen zeigen; eine schwere Verfehlung im Sinne des § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB kann sich zum anderen aber auch aus einer Gesamtschau des Verhaltens des Unterhaltsberechtigten ergeben. Selbst wenn die einzelnen Verfehlungen dabei nicht besonders schwer wiegen, kommt es maßgeblich darauf an, ob sie zusammengenommen zeigen, dass sich der Unterhaltsberechtigte in besonders vorzuwerfender Weise aus der familiären Solidarität gelöst und damit letztlich bezogen auf seine familiären Verpflichtungen eine schwere Verfehlung begangen hat.
16
bb) Eine vom Unterhaltsberechtigten ausgehende Kontaktverweigerung kann, wenn nicht weitere Umstände hinzutreten, nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen eine Verwirkung des Unterhalts gemäß § 1611 Abs. 1 BGB begründen.
17
Beim Kindesunterhalt vermag allerdings die Ablehnung jeder persönlichen Kontaktaufnahme zu dem unterhaltspflichtigen Elternteil durch das (volljährige ) Kind allein oder auch in Verbindung mit unhöflichen und unangemessenen Äußerungen diesem gegenüber eine Herabsetzung oder den Ausschluss des Unterhalts nach § 1611 Abs. 1 BGB nicht zu rechtfertigen (Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - XII ZR 240/93 - FamRZ 1995, 475, 476). Beim Elternunterhalt kann eine Verwirkung demgegenüber dann gerechtfertigt sein, wenn der Elternteil sein Kind, das er später auf Elternunterhalt in Anspruch nimmt, schon im Kleinkindalter bei den Großeltern zurückgelassen und sich in der Folgezeit nicht mehr in nennenswertem Umfang um es gekümmert hat. Dann offenbart das Unterlassen des Elternteils einen so groben Mangel an elterlicher Verantwortung und menschlicher Rücksichtnahme, dass nach Abwägung aller Umstände von einer schweren Verfehlung ausgegangen werden kann (Senatsurteil vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - FamRZ 2004, 1559, 1560).
18
b) Gemessen an den vorstehenden Anforderungen hält die Beschwerdeentscheidung den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand.
19
Zwar stellt der vom Tatrichter festgestellte, vom Vater des Antragsgegners ausgegangene Kontaktabbruch eine Verfehlung i.S.v. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB dar. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts handelt es sich indes nicht um eine schwere Verfehlung im Sinne dieser Vorschrift.
20
aa) Indem der Vater des Antragsgegners eine Beziehung zu seinem Sohn vermieden und dadurch den Antragsgegner nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts nachhaltig belastet hat, hat der Vater gegen seine Verpflichtung verstoßen, seinem Sohn beizustehen und auf seine Belange Rücksicht zu nehmen. Diese Verpflichtung hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1. Januar 1980 mit § 1618 a auch im Verhältnis zu volljährigen Kindern in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen (Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge vom 18. Juli 1979, BGBl. I 1061). Auch wenn diese Norm zu dem Zeitpunkt, als der Vater den Kontakt zum Antragsgegner im Jahr 1972 abgebrochen hatte, noch nicht galt, begründete sie jedenfalls für die Zeit ab 1980 das Eltern-Kind-Verhältnis prägende Rechtspflichten, deren künftige Verletzung unter den Voraussetzungen des § 1611 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. BGB Bedeutung zukommt (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - FamRZ 2004, 1559, 1560).
21
Die in Form der Kontaktverweigerung begangene Verfehlung hat der Vater nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts noch dadurch dokumentiert , dass er seinen Sohn im Jahr 1998 enterbt hat. Die Errichtung dieses Testaments selbst stellt allerdings keine Verfehlung dar. Vielmehr hat der Vater lediglich von seinem Recht auf Testierfreiheit Gebrauch gemacht (vgl. §§ 2064 ff., 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB).
22
Zu Recht hat das Beschwerdegericht darauf hingewiesen, dass dieses Verhalten des Vaters seinem Sohn gegenüber nicht durch die seinerzeit langjährig bestehenden Ehekonflikte relativiert wurde. Denn die persönlichen Konflikte haben unmittelbar nur die Eheleute betroffen und den Vater nicht dazu berechtigt, sich auch gegenüber seinem Sohn zurückzuziehen.
23
bb) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts handelt es sich jedoch nicht um eine schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB.
24
Zwar mag der Vater durch sein Verhalten das familiäre Band zu seinem Sohn aufgekündigt haben. Sein Verhalten offenbart jedoch nicht einen so groben Mangel an elterlicher Verantwortung und menschlicher Rücksichtnahme, dass von einer schweren Verfehlung ausgegangen werden könnte (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - FamRZ 2004, 1559, 1560 mwN). Denn bis zur Trennung der Eltern im Jahr 1971 und mithin in den ersten 18 Lebensjahren des Antragsgegners war der Vater Teil des Familienverbands und hat sich um den Antragsgegner gekümmert. Der Vater hat daher gerade in den regelmäßig eine besonders intensive elterliche Fürsorge erfordernden Lebensphasen seines Sohnes bis zum Erreichen der Volljährigkeit im Wesentlichen den aus seiner Elternstellung folgenden Rechtspflichten genügt. Als es im Jahr 1972 zum Kontaktabbruch kam, war der damals fast 19-jährige Antragsgegner zwar nach damaliger Rechtslage noch nicht volljährig, hatte jedoch bereits erfolgreich das Abitur abgelegt und damit eine gewisse Selbständigkeit erlangt. Das in die Zeit ab dem 19. Lebensjahr des Antragsgegners fallende Verhalten des Vaters stellt sich im Hinblick darauf nicht als eine schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB dar. Insoweit unterscheidet sich dieser Fall maßgeblich von der vom Senat im Jahr 2004 entschiedenen Konstellation , in der die (unterhaltsberechtigte) Mutter ihr Kind im Kleinkindalter verlassen hatte (Senatsurteil vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - FamRZ 2004,

1559).

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3. Danach ist der Beschluss des Beschwerdegerichts aufzuheben, § 74 Abs. 5 FamFG. Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden, § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG.
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a) Der von der Antragstellerin geltend gemachte Unterhaltsanspruch aus übergegangenem Recht ist zwischen den Beteiligten dem Grunde und der Höhe nach unstreitig. Danach hat der Antragsgegner den vom Amtsgericht festge- setzten Betrag von 9.022,76 € zu zahlen.
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b) Nach den weiteren, von Rechts wegen nicht zu beanstandenden und von dem Antragsgegner auch nicht angegriffenen Ausführungen des Beschwerdegerichts liegen die Voraussetzungen der übrigen Alternativen des § 1611 Abs. 1 Satz 1 BGB für eine Verwirkung des Unterhalts hier nicht vor. Der Vater des Antragsgegners ist mithin weder durch eigenes Verschulden bedürftig geworden, noch hat er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Antragsgegner gröblich verletzt.
28
c) Ebenso wenig steht § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII einem Anspruchsübergang auf die Antragstellerin entgegen.
29
Nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII geht der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch eines Sozialhilfeberechtigten bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII geht der Anspruch nicht über, soweit dies eine unbillige Härte bedeuten würde.
30
Die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Übergangs des Unterhaltsanspruchs (s. hierzu Senatsurteil vom 15. September 2010 - XII ZR 148/09 - FamRZ 2010, 1888 Rn. 44 ff. mwN) liegen ersichtlich nicht vor.
31
Soweit es die vom Antragsgegner geltend gemachte Verfehlung anbelangt , werden die entsprechenden Umstände abschließend von § 1611 BGB erfasst. Nach dem unstreitigen Sachverhalt sind auch keine sozialen Belange ersichtlich, die einen Übergang des Anspruchs nach öffentlich-rechtlichen Krite- rien ausschließen könnten, wie sich nicht zuletzt auch aus dem Beschluss des Amtsgerichts ergibt. Weder hat der Antragsgegner seinen Vater betreut oder gepflegt, noch erscheint die Inanspruchnahme des Antragsgegners angesichts der festgestellten Einkommensverhältnisse unzumutbar, zumal die Unterhaltspflicht ohnehin zeitlich begrenzt ist. Schließlich sind auch keine Belange der Familie zu erkennen, die eine Heranziehung zum Unterhalt in Frage stellen könnten. Dose Weber-Monecke Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Delmenhorst, Entscheidung vom 27.03.2012 - 22 F 125/11 UK -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 25.10.2012 - 14 UF 80/12 -

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.