Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 18. März 2014 - 1 L 120/12
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 19. April 2012 – 3 A 945/10 – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten des Vollstreckungsgläubigers abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Der Kläger wehrt sich gegen einen Gebührenbescheid für die Überlassung einer Grabstelle für seinen verstorbenen Vater.
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Der am …1983 geborene Kläger ist der leibliche Sohn des zwischen dem 29. Januar 2010 und 07. Februar 2010 verstorbenen A.H.. Der Verstorbene war von der Mutter des Klägers geschieden. Auf Grund von Gewalttätigkeiten des alkoholsüchtigen Verstorbenen gegen den Kläger und dessen Mutter wurde der Kläger am …1988, im Kleinkindalter von etwa 4 Jahren und 3 Monaten, zu seinen Großeltern mütterlicherseits in Pflege gegeben, bei denen er aufwuchs. Würgemale am Hals des Kindes sollen dem Jugendamt zur Kenntnis gegeben worden sein. Nach einer Anfrage der Ordnungsbehörde vom 04. März 2010 teilte das Jugendamt der Hansestadt Stralsund am 15. März 2010 mit, dass zu dem Kläger keine Unterlagen über einen Sorgerechtsentzug vorhanden seien. Zur Konkretisierung der von ihm behaupteten Misshandlungen, die von dem Beklagten nicht bestritten werden, legte der Kläger eidesstattliche Versicherungen seiner Mutter, Frau S.H. (Bl. 39 d. BA A) und seiner Großmutter, Frau B.W. (Bl. 38 d. BA A) vor, auf die verwiesen wird. Der Kläger hat einen jüngeren Bruder, der aufgrund einer Behinderung unter rechtlicher Betreuung steht.
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Nachdem sich der Kläger geweigert hatte, die Bestattung seines Vaters durchzuführen und der entsprechenden - hier nicht streitgegenständlichen - Ordnungsverfügung vom 11. Februar 2010 nicht nachgekommen war, organisierte der Beklagte die Bestattung im Wege der Ersatzvornahme und wies den Widerspruch des Klägers gegen die Ordnungsverfügung mit inzwischen bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 23. März 2010 zurück. Auf den Leistungsbescheid vom 04. Mai 2010 zahlte der Kläger die in Rechnung gestellten Kremationskosten.
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Sodann beauftragte der Beklagte am 10. Mai 2010 seinen städtischen Zentralfriedhof mit der Beisetzung der Urne des Verstorbenen. Im Auftragsschreiben wird allein der Kläger als Bestattungspflichtiger angegeben. Die Beisetzung der Urne erfolgte am 11. Mai 2010 in einem Urnenreihengrab. Unter dem 18. Mai 2010 erteilte der Beklagte dem Kläger einen Gebührenbescheid für die Überlassung einer Grabstelle in Höhe von 976,00 Euro.
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Der Kläger erklärte mit beim Beklagten am 01. Juni 2010 eingegangenen Schreiben, dass er die Forderung nicht akzeptiere, da er den Friedhof nicht bevollmächtigt habe, für seinen Vater ein Urnenreihengrab bereitzustellen. Es müsse die kostengünstigste Variante genommen werden. Das sei ein Verstreuen der Asche auf einer hierfür vorgesehenen Streuwiese. Mit Widerspruchsbescheid vom 02. August 2010 wies der Beklagte durch seinen Eigenbetrieb städtischer Zentralfriedhof der Hansestadt Stralsund diesen Widerspruch unter Hinweis auf die Gebührensatzung des Friedhofs und das Kommunalabgabengesetz M-V zurück. Die Urne sei nach Ablauf der Fristen von Amts wegen beigesetzt worden. Nach § 9 Abs. 3 BestattG M-V bleibe die Pflicht zur Erstattung der Kosten unberührt. Der Kläger habe die Leistungen im Sinne von § 2 Abs. 1 der Friedhofsgebührensatzung in Anspruch genommen. Einer Bevollmächtigung oder Antragstellung habe es nicht bedurft. Das bereitgestellte Urnenreihengrab sei nach § 7 Abs. 5 der Friedhofssatzung die kostengünstigste Variante.
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Der Kläger hat am 02. September 2010 Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Er hält den Bescheid für rechtswidrig. Die Behörde hätte in ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigen müssen, dass der Kläger seit seinem fünften Lebensjahr keinen Kontakt mehr zu seinem verstorbenen Vater gehabt habe. Er, der Kläger, habe bereits die Kosten der Ersatzvornahme getragen. Die weiteren Kosten hätten den anderen Kindern oder den Eltern des Verstorbenen auferlegt werden können.
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Der Kläger hat vor dem Verwaltungsgericht beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 18.05.2010 - Nr. SZ 100631 - in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2010 aufzuheben.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er ist der Ansicht, aus der bestandskräftigen Ordnungsverfügung ergebe sich, dass der Kläger bestattungspflichtig sei. Er, der Beklagte, habe bei dem Erlass des Gebührenbescheides keine Ermessensentscheidung zu treffen. Der Bescheid sei aufgrund der feststehenden Bestattungspflicht rechtmäßig erlassen worden.
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Das Verwaltungsgericht hat die vom Kläger benannten Zeuginnen (seine Mutter und seine Großmutter) gehört. Die Mutter des Klägers hat in ihrer Vernehmung angegeben, dass der Verstorbene den Kläger gewürgt und sie dem Jugendamt - wahrheitswidrig - erklärt habe, dass die blauen Stellen nicht von seinem Vater, sondern von seinem Bruder beim Spielen mit einem Seil verursacht worden seien. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 19. April 2012 (Bl. 56 ff. d. GA) verwiesen.
- 13
Mit Urteil vom 19. April 2012 hat das Verwaltungsgericht Greifswald - 3 A 945/10 - den Gebührenbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger die Leistung des Beklagten nicht in Anspruch genommen habe. Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 b) der Friedhofsgebührensatzung sei so auszulegen, dass mit demjenigen, der die Leistung in Anspruch nehme, der Bestattungspflichtige gemeint sei. Der Kläger sei jedoch nicht bestattungspflichtig. Zwar habe der Kläger nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Nr. 3 BestattG M-V für die Bestattung seines Vaters zu sorgen, da vorrangige Bestattungspflichtige nicht existierten. Der Gebührenbescheid müsse sich jedoch am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen. Die Heranziehung des Klägers zu den Bestattungskosten sei im vorliegenden Fall, der einen extremen Ausnahmefall darstelle, unzumutbar. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, da die Frage der vorweggenommenen Einzelfallkorrektur der Bestattungspflicht in der Rechtsprechung umstritten und für das Landesrecht Mecklenburg-Vorpommern bislang noch nicht abschließend geklärt sei.
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Der Beklagte hat am 18. Mai 2012 Berufung eingelegt und diese am 19. Juni 2012 begründet. Er ist der Auffassung, eine Einzelfallkorrektur sei rechtlich nicht zulässig. Das Gesetz sei eindeutig und der Auslegung durch das Verwaltungsgericht nicht zugänglich. Eine aus verfassungsrechtlichen Gründen für zu strikt gehaltene Gesetzesvorschrift dürfe nicht einfach unangewendet bleiben. Die Bestattungspflicht bestehe ausnahmslos. Der Einzelfallkorrektur stehe die Bestandskraft der Ordnungsverfügung entgegen. In extremen Fällen könne der Bestattungspflichtige einen Antrag auf Kostenübernahme gemäß § 74 SGB XII beim Träger der Sozialhilfe stellen. Wobei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch zerrüttete Familienverhältnisse im Rahmen der Zumutbarkeit berücksichtigt würden.
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Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 19.04.2012 - 3 A 945/10 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er stützt die Auffassung des Verwaltungsgerichts.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten und Gerichtsakten (VG Greifswald - 3 A 945/10 -), die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.
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Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den vom Kläger angefochtenen Gebührenbescheid vom 18. Mai 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. August 2010 im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Denn die Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Rechtswidrigkeit des Gebührenbescheids folgt jedoch - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht aus dem Wegfall der Bestattungspflicht des Klägers. Denn der Kläger bleibt (primär) bestattungspflichtig nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 BestattG M-V (1.). Es entfällt lediglich die materielle, aus der Bestattungspflicht fließende (sekundäre) Kostentragungspflicht im vorliegenden Fall aufgrund eines extremen Ausnahmefalls (2.).
1.
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Der Kläger ist bestattungspflichtig nach § 9 Abs. 2 Nr. 3 BestattG M-V.
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Gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 3 BestattG M-V haben die volljährigen Angehörigen in folgender Reihenfolge für die Bestattung zu sorgen:
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1. Ehegatte,
2. Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes,
3. Kinder,
4. Eltern,
5. Geschwister,
6. …
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Nach Absatz 3 Satz 1 dieser Vorschrift hat die örtliche Ordnungsbehörde für die Bestattung zu sorgen, wenn Bestattungspflichtige im Sinne des Absatzes 2 nicht vorhanden, nicht zu ermitteln oder nicht auffindbar sind oder ihrer Pflicht nicht nachkommen. Nach Satz 4 bleibt eine Pflicht zur Erstattung der Kosten unberührt.
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Nach dem Wortlaut der Norm sind der Kläger und neben ihm sein Bruder, der unter rechtlicher Betreuung steht, als Kinder des Verstorbenen bestattungspflichtig, da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind.
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Der Senat vermag der Argumentation des Verwaltungsgerichts insoweit nicht zu folgen, als die Bestattungspflicht des Klägers (und seines Bruders) insgesamt entfallen soll. Denn dann würden die in der Reihenfolge nachfolgend genannten Verwandten nachrücken. Das wären die Eltern des Verstorbenen, mithin die Großeltern des Klägers. Diese hatte die Ordnungsbehörde mit Schreiben vom 11.02.2010 und 11.03.2010 bereits angeschrieben. In einem Vermerk vom 15.03.2010 hatte die zuständige Sachbearbeiterin der Ordnungsbehörde zudem niedergelegt, sie habe den Großvater des Klägers darauf hingewiesen, dass die Eltern des Verstorbenen an die Stelle der Kinder träten, wenn eine Heranziehung der Kinder für die Bestattung von Misshandlungen durch den Verstorbenen unbillig sei.
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Das Vorliegen eines Härtefalls führt jedoch nach Auffassung des Senats nicht dazu, dass sich die Reihenfolge der im Gesetz bestimmten Bestattungspflichtigen verändert. Vielmehr verbleibt es bei der materiellen (primären) Bestattungspflicht. Das folgt schon aus dem Zweck der Bestattungspflicht als Maßnahme der Gefahrenabwehr und der Eilbedürftigkeit der Bestattung eines Verstorbenen.
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Gemäß § 11 Abs. 2 BestattG M-V soll die Erdbestattung innerhalb von 10 Tagen nach Todeseintritt vorgenommen werden, bei einer Feuerbestattung die Leiche in ein Krematorium befördert oder zur Bestattung an einen anderen Ort auf den Weg gebracht worden sein. Mit dieser kurz bemessenen Regelfrist wird dem öffentlichen Interesse, den Leichnam aus hygienischen Gründen zu beseitigen, Rechnung getragen. Zur Aufklärung der Bestattungspflichtigen verbleibt der Behörde daher wenig Zeit. Dennoch darf die Gefahrenabwehrbehörde sich nicht an irgendwelche Angehörige wenden, von denen sie ein effektives Vorgehen erwartet (vgl. Spranger, Unzumutbarkeit der Kostenübernahme nur in Härtefällen, Sozialrecht+Praxis 2010, 656, 657). Sie ist vielmehr auch in Mecklenburg-Vorpommern an die Reihenfolge als Rangfolge gebunden (letzteren Begriff verwendet z.B. § 8 NiedersächsBestattG).
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Würde die Bestattungspflicht insgesamt entfallen, müsste die Behörde auf jedem Verwandtschaftsrang prüfen, ob auch dort ausnahmsweise die Heranziehung aus den gleichen oder aus völlig anderen Härtegründen unverhältnismäßig wäre. Eine solche Kaskadenprüfung birgt vor dem Hintergrund der Eilbedürftigkeit der Entscheidung eine erhebliche Rechtsunsicherheit, insbesondere wenn die Tatsachengrundlagen schwierig zu ermitteln sind. Das zeigt schon der vorliegende Fall, hier sind Unterlagen über einen etwaigen Sorgerechtsentzug beim Jugendamt nicht vorhanden. Der Umfang von behaupteten, weit in der Vergangenheit zurückliegenden Misshandlungen lässt sich ohne objektive Anhaltspunkte jedoch nicht ohne Weiteres hinreichend zweifelsfrei zeitnah aufklären. Wegen der Eilbedürftigkeit zur Heranziehung des Bestattungspflichtigen zur Bestattung kann die Ordnungsbehörde deshalb im Rahmen der Gefahrenabwehr nicht die Einzelheiten des jedenfalls formal bestehenden Verwandtschaftsverhältnisses prüfen.
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Bleibt danach die primäre Bestattungspflicht zur Gefahrenabwehr bestehen, ist damit nicht zwingend auch die Kostentragung des Bestattungspflichtigen verknüpft. Vielmehr kann in besonderen Härtefällen die Primärpflicht zur Durchführung der Bestattung und die Kostentragung als Sekundärpflicht entkoppelt werden, zumal die Überprüfung der Kostentragungspflicht in einem „gestreckten Verfahren“ möglich ist.
2.
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Der angefochtene Gebührenbescheid vom 18. Mai 2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, da die materielle, aus der Bestattungspflicht fließende (sekundäre) Kostentragungspflicht des Klägers im vorliegenden Fall aufgrund eines extremen Ausnahmefalls entfällt.
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Die vom Kläger vorgetragenen und von den Zeugen bestätigten sowie von dem Beklagten nicht bestrittenen Härtefallgründe lassen eine Kostentragungspflicht des Klägers ausnahmsweise als unverhältnismäßig erscheinen.
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In der Rechtsprechung ist umstritten, ob eine ungeschriebene Ausnahme von der Bestattungspflicht (hier von der isolierten Kostentragungspflicht) besteht (dafür Hessischer VGH, Urt. v. 26.10.2011 - 5 A 1245/11 -; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 21.09.2010 - 2 L 71/08 - zum Kostenerstattungsanspruch von Friedhofsgebühren aufgrund einer Ersatzvornahme nach § 114 SOG M-V; dagegen OVG Lüneburg, Beschl. v. 08.01.2013 - 8 ME 228/12 -; Beschl. v. 04.04.2000 - 88 LA 4/08 -; Beschl. v. 19.12.2012 - 8 LA 150/12 -; Beschl. v. 30.07.2010 - 8 PA 151/10 -; alle zitiert nach juris; siehe zum Meinungsstand auch die Entscheidungsauflistung im Urteil des VG Greifswald, Urteilsumdruck S. 7). Gegen eine solche Ausnahme wegen Unverhältnismäßigkeit wird angeführt, dass mit der Gebührenauferlegung keine abschließende Entscheidung über die tatsächliche Kostenbelastung des Bestattungspflichtigen getroffen werde, da ein Rückgriff bei einem Erben nach § 1968 BGB möglich sei sowie - jedenfalls nach Niedersächsischem Bestattungsrecht - der Bestattungspflichtige einen anderen gleichrangigen Bestattungspflichtigen nach §§ 426 BGB, 8 Abs. 4 Satz 2 Niedersächsisches Bestattungsgesetz in Anspruch nehmen könne und hilfsweise bei Unzumutbarkeit eine Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger möglich sei, wobei im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B8 SO 23/08 -) auch die Nähe und Beziehung zum Bestattungspflichtigen zu berücksichtigen sei.
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Diese Auffassung überzeugt nicht. Zu Recht hält es das Verwaltungsgericht für unzumutbar, den Kläger auf einen sozialrechtlichen oder zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch zu verweisen. Diese sind nicht nur der Höhe nach unklar, es gelten auch unterschiedliche Anforderungen. So sind gemäß § 2 SGB XII Sozialhilfeleistungen den Leistungen insbesondere von Angehörigen nachrangig. Sozialhilferechtlich ist deshalb das Einkommen eines (unterhaltspflichtigen) Ehepartners, der selbst nicht bestattungspflichtig wäre, mit zu berücksichtigen. Zudem leuchtet nicht ein, warum der Bürger gegenüber dem Staat eine Leistung vorfinanzieren soll, die er sich dann von einer anderen staatlichen Stelle zurückholen möge. Darüber hinaus würde der Bürger mit einem solchen Doppelverfahren erheblichen Rechtsunsicherheiten unnötig ausgesetzt werden. Das wird schon anhand der Rechtswegaufspaltung ersichtlich. Hält der Bürger seine Heranziehung als Bestattungspflichtiger für rechtswidrig - z. B. mit der Behauptung der Heranziehung in falscher Reihenfolge oder eines Ermessensfehlers - muss er sich gegen den Bescheid vor den Verwaltungsgerichten wehren. Gegen den im zeitlichen Zusammenhang erlassenen Gebührenbescheid kann er sich zwar auch mit den soeben genannten Gründen einer fehlenden Bestattungspflicht wenden; greift er jedoch Härtegründe auf, müsste er diese im Sozialgerichtsweg klären lassen.
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Auch gibt der vorliegende Fall keinen Anlass zu entscheiden, ob die Kostentragungspflicht für die Bestattung bereits dann entfällt, wenn der Verstorbene einen Anspruch auf Elternunterhalt gem. §§ 1579, 1611 BGB verwirkt hätte (dafür OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 21.09.2010 - 2 L 71/08 -, juris).
- 39
Der Bundesgerichtshof hatte bereits in einer Entscheidung im Jahr 2004 zum Elternunterhalt ausgeführt, dass die Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt wegen einer schweren Verfehlung grob unbillig sein könnte. Eine Verwirkung könnte dann gerechtfertigt sein, wenn der Elternteil das Kind, dass er später auf Elternunterhalt in Anspruch nimmt, schon im Kleinkindalter bei den Großeltern zurückgelassen und sich in der Folgezeit nicht mehr in nennenswertem Umfang um es gekümmert habe. Dann offenbare das Unterlassen des Elternteils einen so groben Mangel an elterlicher Verantwortung und menschlicher Rücksichtnahme, dass nach Abwägung aller Umstände von einer schweren Verfehlung ausgegangen werden könne (BGH, Urt. v. 19.05.2004 - XII ZR 304/02 -, zitiert nach juris). In einem jüngst zum Elternunterhalt entschiedenen Fall hat der Bundesgerichtshof zwar für den dortigen Sachverhalt eine Verfehlung verneint, in den Beschlussgründen jedoch ausdrücklich die frühere Entscheidung bestätigt (BGH, Beschl. v. 12.02.2014 - XII ZB 607/12 -, zitiert nach juris).
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Zu berücksichtigen ist zwar, dass die Bestattungspflicht anders als die Unterhaltspflicht kein Dauerschuldverhältnis und deshalb auch bei gröbsten Verfehlungen mit §§ 1579, 1611 BGB nicht vergleichbar ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 19.10.2004 – 1 S 681/04 -, OVG Saarland, Urt. v. 27.12.2007 - 1 A 40/07 -, VG Halle/Saale, Urt. v. 20.11.2009 - 4 A 318/09 -, alle zitiert nach juris; siehe auch bei Spranger, Unzumutbarkeit der Kostenübernahme nur in Härtefällen, Sozialrecht+Praxis 2010, 656). Die Bestattungskosten sind vielmehr eine einmalige, der Höhe nach von vornherein begrenzte Zahlungspflicht, die zu tragen viel eher zumutbar ist als die Unterhaltspflicht. Dennoch ist ein Absehen von der Kostenheranziehung nicht völlig ausgeschlossen. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Vater des Klägers für diese Misshandlungen strafrechtlich verfolgt und zur Verantwortung gezogen worden ist. Es besteht nämlich nicht nur dann eine ungeschriebene Ausnahme von der Bestattungskostentragungspflicht zur Vermeidung einer unverhältnismäßigen Belastung, wenn sich der Verstorbene wegen einer schweren Straftat zu Lasten des Bestattungspflichtigen strafbar gemacht hat (dafür HessVGH, Urt. v. 26.10.2011 - 5 A 1245/11 -; offen gelassen von OVG Lüneburg, Beschl. v. 09.07.2013 - 8 ME 86/13 -; beide zitiert nach juris), sondern auch bei einem vergleichbaren besonders schwerwiegenden elterlichen Fehlverhalten und einer daraus folgenden beiderseitigen grundlegenden Zerstörung des Eltern-Kind-Verhältnisses. Derartige extreme Ausnahmesituationen können etwa in Fällen erlittener Misshandlungen durch den Verstorbenen oder bei einem dauerhaften Entzug des elterlichen Sorgerechts nach §§ 1666, 1666 a BGB vorliegen (vgl. VG Halle/Saale, Urteil vom 20.11.2009 - 4 A 318/09 -, zitiert nach juris).
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Dem schließt sich der Senat für den vorliegenden Fall an. Denn im Streitfall wurde der Kläger nicht aufgrund „bloßer“ Vernachlässigungen in die Obhut seiner Großeltern gegeben (insoweit ist der Sachverhalt mit dem vom Bundesgerichtshof im Jahr 2004 entschiedenen identisch). Vielmehr kommen die von den Zeuginnen glaubhaft bekundeten Gewalttätigkeiten des verstorbenen Vaters gegen den Kläger hinzu. Dass diese massiv gewesen sind, steht nicht nur anhand der Beschreibung von Würgemalen und Schlägen fest, sondern auch deshalb, weil der Kläger schon als Kleinkind im Alter von etwa vier Jahren und sein noch jüngerer Bruder, zum Schutz vor weiteren Übergriffen vom Vater getrennt wurden. Wie extrem die damalige Situation für den Kläger gewesen ist, wird schon daran deutlich, dass er nicht nur vom Vater sondern auch von seiner Mutter getrennt wurde, die wohl nicht in der Lage war, die Kinder in einem eigenen Haushalt zu betreuen und vor ihrem Vater zu schützen. Der Kläger wurde deshalb aus dem elterlichen Haushalt insgesamt herausgenommen und im Haushalt der Großeltern betreut. Durch diese groben Verletzungen der elterlichen Fürsorgepflicht des Verstorben gegen den Kläger, die ein unwürdiges Verhalten darstellen, sind die Familienbande zwischen dem Kläger und seinem Vater, zu dem auch später kein Kontakt mehr bestand, faktisch zerrissen worden (vgl. die Formulierung in BGH, Beschl. v. 12.02.2014 - XII ZB 607/12 - mit Hinweis auf BT-Drs. V/2370, S. 41, zitiert nach juris). Damit ist der Anknüpfungspunkt für die Kostentragungspflicht eines nahen Angehörigen aus § 9 Abs. 2 BestattG M-V entfallen.
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Die Unverhältnismäßigkeit der Heranziehung des Klägers zu den Kosten ist vorliegend auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass für den Kläger die Möglichkeit besteht gem. § 12 KAG M-V i. V. m. § 227 Abgabenordnung (AO) einen Erlass zu beantragen. Denn aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falls können die Voraussetzungen eines Erlasses schon von Amts wegen nur ausnahmsweise bereits im Festsetzungsverfahren berücksichtigt werden (vgl. Aussprung/ Siemers/ Holz, Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern, Losebl., Stand: Juli 2013, § 12 Nr. 63.3 a. E.). Danach kommt ein Erlass im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen den Festsetzungsbescheid nur dann in Betracht, wenn der Beklagte bereits bei der Festsetzung offensichtlich erkennbare sachliche Gründe, die ein derartiges Gewicht haben, dass sie ein gesetzlich vorgesehenes Entscheidungsermessen auf Null reduziert haben, hätte berücksichtigen müssen und allein die Gewährung eines - auch teilweisen - Erlasses der Rechtslage entspricht (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 20.05.2003 - 1 L 137/02 -, NordÖR 2003, 365 = NVwZ-RR 2004, 212 = DÖV 2004, 213 mit Hinweis auf OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 14.08.2002 - 1 M 29/02 -).
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Eine Kostentragungspflicht des Klägers besteht auch nicht unabhängig von einer Zerrüttung der Familienverhältnisse, da beispielsweise Leistungen aus einer Sterbegeldversicherung nicht zur Verfügung stehen, Schadensersatzansprüche gegenüber Dritten nicht geltend gemacht und die Kosten nicht aus dem Nachlass selbst bestritten werden können (vgl. hierzu Spranger, Unzumutbarkeit der Kostenübernahme nur in Härtefällen, Sozialrecht+Praxis 2010, 656, 661).
3.
- 44
Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen erweist sich der Bescheid auch aufgrund eines Auswahlermessensfehlers des Beklagten als rechtswidrig.
- 45
Zwar steht dem Beklagten hinsichtlich der Auswahl des Kostenschuldners ein Ermessen zu. So darf die Ordnungsbehörde eine Bestattungsverfügung nur gegen einen von zwei gleichrangig Bestattungspflichtigen erlassen, wenn zu erwarten ist, dass dieser effektiv im Sinne der Gefahrenabwehr seiner Bestattungspflicht nachkommen wird (vgl. VG Schwerin, Beschl. v. 21.03.2003 - 1 B 140/03 -, zitiert nach juris). Auf der Ebene der bloßen Kostentragung ist jedoch im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu prüfen, ob nicht die Brüder beide je zur Hälfte heranzuziehen wären (vgl. VG Schwerin, Gerichtsbescheid v. 13.02.2006 - 1 A 3124/04 -, zitiert nach juris: im dortigen Fall hat die Behörde die dortige Klägerin und ihre Schwester jeweils zur hälftigen Erstattung der Kosten herangezogen). Warum der Beklagte den Bruder des Klägers von vornherein ausgespart hat, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Für den Bruder des Klägers, der unter rechtlicher Betreuung steht (§ 1896 Abs. 1 BGB), kann im Rahmen der gerichtlich bestimmten Aufgabenkreise sein rechtlicher Betreuer handeln. Offensichtlich hat der Beklagte jedoch insoweit überhaupt kein Ermessen ausgeübt. Weder im Gebührenbescheid noch im Widerspruchsbescheid findet sich auch nur ein Hinweis auf die Bestattungspflicht des Bruders. Vielmehr wurde dem Zentralfriedhof bei der Auftragserteilung durch die Ordnungsbehörde mit Schreiben vom 10.05.2010 lediglich der Kläger als Bestattungspflichtiger angegeben.
4.
- 46
Nach alldem kann der Senat offen lassen, ob der angefochtene Gebührenbescheid auch der Höhe nach rechtswidrig ist, da zweifelhaft erscheint, ob die Kostenposition „Aufbewahrung der Urne ab dem 22. Tag pro angefangenen Tag (5,00 EURO)“ mit 255,00 € hätte abgerechnet werden dürfen.
- 47
Die Beisetzung des Verstorbenen erfolgte erst am 11. Mai 2010. Warum diese nicht zeitnah nach der Einäscherung des Verstorbenen am 17. Februar 2010 innerhalb der dreiwöchigen kostenfreien Aufbewahrungsfrist stattgefunden hat, ist nach der Aktenlage nicht nachvollziehbar. Dass sich die Behörde noch im Streit mit dem Kläger über die Bestattungspflicht befand, dürfte allein nicht dazu führen, dass die Behörde mit der Beisetzung noch (kostenpflichtig) zuwarten darf. Die Bestandskraft des Leistungsbescheids und die Zahlung der Kremationskosten durch den Kläger musste die Behörde wohl nicht abwarten.
- 48
Entgegen der Auffassung des Klägers kommt jedoch ein Verstreuen der Asche als kostengünstigere Variante der Bestattung nicht in Betracht. Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 BestattG M-V ist bei einer behördlichen Bestattung das Verstreuen der Asche und die Urnenbeisetzung auf See ausdrücklich unzulässig.
5.
- 49
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
- 50
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
- 51
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 18. März 2014 - 1 L 120/12
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Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 18. März 2014 - 1 L 120/12 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald - 2. Kammer - vom 11. März 2008 wird abgelehnt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 418,- Euro festgesetzt.
Gründe
- 1
Der Beklagte begehrt noch die Erstattung von Friedhofsgebühren für die von ihm veranlassten Kosten der Bestattung des Vaters des Klägers.
- 2
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 11. März 2008 den Bescheid des Beklagten vom 28. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2007 insoweit aufgehoben, als darin u.a. Friedhofsgebühren in Höhe von 418,- Euro gegen den Kläger festgesetzt worden sind. Bei den Friedhofsgebühren, die der Beklagte - so das Verwaltungsgericht - mit Bescheid vom 27. September 2006 gegen sich selbst festgesetzt hat, handele es sich nicht um Auslagen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 4 VwVKVO M-V. Die Friedhofsgebühren seien keine Beträge, die an Beauftragte oder Hilfspersonen zu zahlen gewesen seien. Es handele sich nicht um Gebühren für die Ersatzvornahme, denn der Friedhof wäre auch dann in Anspruch genommen worden, wenn der Kläger die Beisetzung veranlasst hätte.
- 3
Der dagegen gerichtete fristgerecht eingelegte und begründete Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen, soweit sie gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO hinreichend dargelegt sind, nicht vor.
- 4
Dies gilt zunächst für den zur Begründung des Zulassungsantrags aufgeführten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ein auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützter Zulassungsantrag muss sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Die Begründung des Zulassungsantrags muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen weshalb sich diese aus der Sicht des Zulassungsantragstellers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die angefochtene Entscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Zulassungsantragsteller muss sich insofern an der Begründungsstruktur des angefochtenen Urteils orientieren. Geht er auf eine Erwägung nicht ein, kann das Oberverwaltungsgericht diese nicht von sich aus in Zweifel ziehen. Diese Anforderungen an die Begründung eines Zulassungsantrags sind für den Zulassungsantragsteller auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang ist sichergestellt, dass Zulassungsantragsteller rechtskundig vertreten sind (vgl. Beschluss des Senats vom 22.07.2010 - 2 L 101/10 -, m.w.N.).
- 5
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung können schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens nicht abschließend übersehen lassen, die Begründung des Zulassungsantrags aber die Einsicht vermittelt, der beabsichtigten Berufung seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen. Die Zulassung ist dagegen zu versagen, wenn sich die vom Zulassungsantragsteller geäußerten Zweifel ohne weiteres ausräumen lassen (vgl. Beschluss des Senats vom 24.06.2010 - 2 L 88/10 -, zit. nach juris Rn. 6, m.w.N.).
- 6
Danach bietet die Begründung des Zulassungsantrags keine Veranlassung, an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu zweifeln.
- 7
Das Verwaltungsgericht hat hinsichtlich der mit dem zugrunde liegenden Leistungsbescheid geltend gemachten Friedhofsgebühren zu Recht darauf abgestellt, dass es sich nicht um erstattungsfähige Kosten einer Ersatzvornahme handelt. Soweit der Beklagte mit dem Zulassungsvorbringen geltend macht, § 89 SOG M-V i.V.m. § 9 Abs. 3 Satz 2 BestattG a.F. stelle eine originäre Anspruchsgrundlage für einen Erstattungsanspruch der öffentlichen Verwaltung gegenüber dem Bestattungspflichtigen auch hinsichtlich der im Streit befindlichen Gebühren dar, wird diese Auffassung nicht in der dem Darlegungsgebot entsprechenden Weise näher begründet. Allein der Hinweis darauf, dass § 89 Abs. 1 SOG M-V ausdrücklich bestimmt, dass die Vollzugsbehörde die Handlung auf Kosten des Pflichtigen selbst ausführen kann, begründet noch keine Anspruchsgrundlage für einen Erstattungsanspruch. Im Übrigen ist durch die in Bezug genommenen Regelung des § 89 Abs. 1 SOG M-V nur allgemein das Zwangsmittel der Ersatzvornahme landesrechtlich geregelt und zwar - im Unterschied zu den bundesrechtlichen bzw. landesrechtlichen Regelungen anderer Bundesländer - dahingehend, dass nicht nur die Fremd-, sondern auch die Selbstvornahme ein zulässiges Zwangsmittel sein kann. Darüber hinaus bestimmt diese Regelung nur, dass die Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen ausgeführt werden kann, nicht jedoch in welcher Höhe und welche Kosten als solche erstattungsfähig sind. Auch die mit dem Zulassungsvorbringen in Bezug genommene Regelung des § 9 Abs. 3 Satz 2 BestattG M-V a.F., nach der eine Pflicht zur Erstattung der Kosten im Falle der durch die örtliche Ordnungsbehörde veranlassten Bestattung unberührt bleibt, verweist gerade auf sonstige Regelungen über eine Kostenerstattung und begründet nicht unmittelbar einen Rückgriffsanspruch der Behörde gegenüber dem Pflichtigen.
- 8
Dem entsprechend hat das Verwaltungsgericht zutreffend in der Sache darauf abgestellt, dass § 114 SOG M-V in Verbindung mit der auf dieser Grundlage ergangenen Rechtsverordnung die einschlägige Anspruchsgrundlage für Kostenerstattungsansprüche einer Ersatzvornahme ist. Dies wird auch durch den Regelungsumfang der Verwaltungsvollzugskostenverordnung ausdrücklich bestätigt. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 VwVKVO M-V gehören zu den gebührenpflichtigen Amtshandlungen nach dem Sicherheits- und Ordnungsgesetz auch solche der Ersatzvornahme.
- 9
Auch werden mit dem Zulassungsantrag keine Ansätze dafür aufgezeigt, dass es sich möglicherweise bei den mit dem zugrunde liegenden Leistungsbescheid geltend gemachten Friedhofsgebühren nicht um Kosten einer Ersatzvornahme, sondern auf anderer Anspruchsgrundlage ergangene Gebühren handeln könnte. Zu einer Auslegung der "Rechnung" vom 27. September 2006 sieht sich der Senat darüber hinaus auch deshalb nicht in der Lage, weil die aufgelisteten Beträge nur unspezifisch bezeichnet und im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens auch kaum näher beschrieben worden sind.
- 10
Schließlich fehlt es dem Zulassungsvorbringen an einer Auseinandersetzung mit dem hier wohl in der Sache entgegenstehenden allgemeinen Rechtsgedanken, nach dem die Anwendung gesetzlicher Vorschriften nach der Lage des Einzelfalles nicht zu unbilligen Härten führen darf (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 02.02.1996 - 19 A 3802/95 -, zit. n. juris Rn. 19 m.w.N.). Nachdem der bestattete Vater seine Unterhaltspflichten gegenüber dem Kläger nach unbestrittenem Vortrag in Höhe von über 20.000 Euro vernachlässigt hat und unter Berücksichtigung dessen, dass der Kläger das Erbe ausgeschlagen hat, dürfte hier jedenfalls eine solche unbillige Härte anzunehmen sein.
- 11
Auch der zur Begründung des Zulassungsantrags angeführte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nicht hinreichend dargelegt.
- 12
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache dann zu, wenn sie in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht eine Frage aufwirft, die im Rechtsmittelzug entscheidungserheblich und fallübergreifender Klärung zugänglich ist und deren Klärung der Weiterentwicklung des Rechts förderlich ist (vgl. BVerfG, Beschl.v. 21.01.2009 - 1 BvR 2524/06 -; Beschl. d. erkennenden Senats v. 22.07.2010 - 2 L 101/10 - m.w.N.). Im Antrag auf Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung ist die Rechtsfrage, die grundsätzlich geklärt werden soll, zu bezeichnen und zu formulieren. Es ist substantiiert näher zu begründen, warum sie für grundsätzlich und klärungsbedürftig gehalten wird und weshalb die Rechtsfrage erheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist.
- 13
Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Es wird schon nicht vorgetragen, warum nicht Gebühren, die auch ohne die Ersatzvornahme angefallen wären, nicht nach den für sie maßgeblichen Bestimmungen festgesetzt werden können sollen. Darüber hinaus findet sich die auch vom Verwaltungsgericht vorgenommene Aufspaltung sehr wohl auch in der Rechtsprechung anderer Bundesländer, des Bundesverwaltungsgerichts und der Literatur (vgl. OVG Münster, Beschl.v. 02.02.1996 - 19 A 3802/95 -, zit. n. juris Rn. 6 ff. m.w.N., insbesondere auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, Urt. v. 21.11.1980 - 4 C 71.78 -, zit. nach juris Rn. 12).
- 14
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
- 15
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
- 16
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Der Erbe trägt die Kosten der Beerdigung des Erblassers.
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil
- 1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann, - 2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, - 3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat, - 4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat, - 5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat, - 6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat, - 7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder - 8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.
(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.
(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald - 2. Kammer - vom 11. März 2008 wird abgelehnt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 418,- Euro festgesetzt.
Gründe
- 1
Der Beklagte begehrt noch die Erstattung von Friedhofsgebühren für die von ihm veranlassten Kosten der Bestattung des Vaters des Klägers.
- 2
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 11. März 2008 den Bescheid des Beklagten vom 28. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2007 insoweit aufgehoben, als darin u.a. Friedhofsgebühren in Höhe von 418,- Euro gegen den Kläger festgesetzt worden sind. Bei den Friedhofsgebühren, die der Beklagte - so das Verwaltungsgericht - mit Bescheid vom 27. September 2006 gegen sich selbst festgesetzt hat, handele es sich nicht um Auslagen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 4 VwVKVO M-V. Die Friedhofsgebühren seien keine Beträge, die an Beauftragte oder Hilfspersonen zu zahlen gewesen seien. Es handele sich nicht um Gebühren für die Ersatzvornahme, denn der Friedhof wäre auch dann in Anspruch genommen worden, wenn der Kläger die Beisetzung veranlasst hätte.
- 3
Der dagegen gerichtete fristgerecht eingelegte und begründete Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen, soweit sie gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO hinreichend dargelegt sind, nicht vor.
- 4
Dies gilt zunächst für den zur Begründung des Zulassungsantrags aufgeführten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ein auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützter Zulassungsantrag muss sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Die Begründung des Zulassungsantrags muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen weshalb sich diese aus der Sicht des Zulassungsantragstellers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die angefochtene Entscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Zulassungsantragsteller muss sich insofern an der Begründungsstruktur des angefochtenen Urteils orientieren. Geht er auf eine Erwägung nicht ein, kann das Oberverwaltungsgericht diese nicht von sich aus in Zweifel ziehen. Diese Anforderungen an die Begründung eines Zulassungsantrags sind für den Zulassungsantragsteller auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang ist sichergestellt, dass Zulassungsantragsteller rechtskundig vertreten sind (vgl. Beschluss des Senats vom 22.07.2010 - 2 L 101/10 -, m.w.N.).
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung können schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens nicht abschließend übersehen lassen, die Begründung des Zulassungsantrags aber die Einsicht vermittelt, der beabsichtigten Berufung seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen. Die Zulassung ist dagegen zu versagen, wenn sich die vom Zulassungsantragsteller geäußerten Zweifel ohne weiteres ausräumen lassen (vgl. Beschluss des Senats vom 24.06.2010 - 2 L 88/10 -, zit. nach juris Rn. 6, m.w.N.).
- 6
Danach bietet die Begründung des Zulassungsantrags keine Veranlassung, an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu zweifeln.
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Das Verwaltungsgericht hat hinsichtlich der mit dem zugrunde liegenden Leistungsbescheid geltend gemachten Friedhofsgebühren zu Recht darauf abgestellt, dass es sich nicht um erstattungsfähige Kosten einer Ersatzvornahme handelt. Soweit der Beklagte mit dem Zulassungsvorbringen geltend macht, § 89 SOG M-V i.V.m. § 9 Abs. 3 Satz 2 BestattG a.F. stelle eine originäre Anspruchsgrundlage für einen Erstattungsanspruch der öffentlichen Verwaltung gegenüber dem Bestattungspflichtigen auch hinsichtlich der im Streit befindlichen Gebühren dar, wird diese Auffassung nicht in der dem Darlegungsgebot entsprechenden Weise näher begründet. Allein der Hinweis darauf, dass § 89 Abs. 1 SOG M-V ausdrücklich bestimmt, dass die Vollzugsbehörde die Handlung auf Kosten des Pflichtigen selbst ausführen kann, begründet noch keine Anspruchsgrundlage für einen Erstattungsanspruch. Im Übrigen ist durch die in Bezug genommenen Regelung des § 89 Abs. 1 SOG M-V nur allgemein das Zwangsmittel der Ersatzvornahme landesrechtlich geregelt und zwar - im Unterschied zu den bundesrechtlichen bzw. landesrechtlichen Regelungen anderer Bundesländer - dahingehend, dass nicht nur die Fremd-, sondern auch die Selbstvornahme ein zulässiges Zwangsmittel sein kann. Darüber hinaus bestimmt diese Regelung nur, dass die Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen ausgeführt werden kann, nicht jedoch in welcher Höhe und welche Kosten als solche erstattungsfähig sind. Auch die mit dem Zulassungsvorbringen in Bezug genommene Regelung des § 9 Abs. 3 Satz 2 BestattG M-V a.F., nach der eine Pflicht zur Erstattung der Kosten im Falle der durch die örtliche Ordnungsbehörde veranlassten Bestattung unberührt bleibt, verweist gerade auf sonstige Regelungen über eine Kostenerstattung und begründet nicht unmittelbar einen Rückgriffsanspruch der Behörde gegenüber dem Pflichtigen.
- 8
Dem entsprechend hat das Verwaltungsgericht zutreffend in der Sache darauf abgestellt, dass § 114 SOG M-V in Verbindung mit der auf dieser Grundlage ergangenen Rechtsverordnung die einschlägige Anspruchsgrundlage für Kostenerstattungsansprüche einer Ersatzvornahme ist. Dies wird auch durch den Regelungsumfang der Verwaltungsvollzugskostenverordnung ausdrücklich bestätigt. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 VwVKVO M-V gehören zu den gebührenpflichtigen Amtshandlungen nach dem Sicherheits- und Ordnungsgesetz auch solche der Ersatzvornahme.
- 9
Auch werden mit dem Zulassungsantrag keine Ansätze dafür aufgezeigt, dass es sich möglicherweise bei den mit dem zugrunde liegenden Leistungsbescheid geltend gemachten Friedhofsgebühren nicht um Kosten einer Ersatzvornahme, sondern auf anderer Anspruchsgrundlage ergangene Gebühren handeln könnte. Zu einer Auslegung der "Rechnung" vom 27. September 2006 sieht sich der Senat darüber hinaus auch deshalb nicht in der Lage, weil die aufgelisteten Beträge nur unspezifisch bezeichnet und im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens auch kaum näher beschrieben worden sind.
- 10
Schließlich fehlt es dem Zulassungsvorbringen an einer Auseinandersetzung mit dem hier wohl in der Sache entgegenstehenden allgemeinen Rechtsgedanken, nach dem die Anwendung gesetzlicher Vorschriften nach der Lage des Einzelfalles nicht zu unbilligen Härten führen darf (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 02.02.1996 - 19 A 3802/95 -, zit. n. juris Rn. 19 m.w.N.). Nachdem der bestattete Vater seine Unterhaltspflichten gegenüber dem Kläger nach unbestrittenem Vortrag in Höhe von über 20.000 Euro vernachlässigt hat und unter Berücksichtigung dessen, dass der Kläger das Erbe ausgeschlagen hat, dürfte hier jedenfalls eine solche unbillige Härte anzunehmen sein.
- 11
Auch der zur Begründung des Zulassungsantrags angeführte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nicht hinreichend dargelegt.
- 12
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache dann zu, wenn sie in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht eine Frage aufwirft, die im Rechtsmittelzug entscheidungserheblich und fallübergreifender Klärung zugänglich ist und deren Klärung der Weiterentwicklung des Rechts förderlich ist (vgl. BVerfG, Beschl.v. 21.01.2009 - 1 BvR 2524/06 -; Beschl. d. erkennenden Senats v. 22.07.2010 - 2 L 101/10 - m.w.N.). Im Antrag auf Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung ist die Rechtsfrage, die grundsätzlich geklärt werden soll, zu bezeichnen und zu formulieren. Es ist substantiiert näher zu begründen, warum sie für grundsätzlich und klärungsbedürftig gehalten wird und weshalb die Rechtsfrage erheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist.
- 13
Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Es wird schon nicht vorgetragen, warum nicht Gebühren, die auch ohne die Ersatzvornahme angefallen wären, nicht nach den für sie maßgeblichen Bestimmungen festgesetzt werden können sollen. Darüber hinaus findet sich die auch vom Verwaltungsgericht vorgenommene Aufspaltung sehr wohl auch in der Rechtsprechung anderer Bundesländer, des Bundesverwaltungsgerichts und der Literatur (vgl. OVG Münster, Beschl.v. 02.02.1996 - 19 A 3802/95 -, zit. n. juris Rn. 6 ff. m.w.N., insbesondere auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, Urt. v. 21.11.1980 - 4 C 71.78 -, zit. nach juris Rn. 12).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
- 15
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin macht als Trägerin der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend. Die 1934 geborene Mutter der Beklagten bezog seit November 1998 Sozialhilfe in Form der Hilfe zum Lebensunterhalt, da sie mit ihren geringen Renteneinkünften nicht in der Lage war, ihre Lebensführung zu bestreiten. In der Zeit von November 1998 bis August 2000 gewährte ihr die Klägerin Leistungen in Höhe von insgesamt 6.512,01 DM. Die 1956 geborene Beklagte ist das älteste von insgesamt fünf Kindern ihrer Mutter. Sie lebte bis zum Alter von 1 bis 1 ½ Jahren zusammen mit ihrer Mutter bei deren Eltern und wurde in deren Obhut zurückgelassen, als die Mutter zu ihrem Ehemann, dem Vater der Beklagten, zog. Zu persönlichen Kontak-ten zwischen der Mutter und der Beklagten kam es in der Folgezeit kaum noch. Die Ehe der Eltern wurde etwa im Jahre 1959 geschieden. In der Zeit von 1963 bis 1966 gebar die Mutter drei weitere Kinder, die bei ihr lebten. Im August 1966 wanderte sie - zusammen mit diesen Kindern - in die USA aus und heiratete erneut. 1968 wurde das fünfte Kind geboren. Im Jahre 1974 kehrte die Mutter - nach der Scheidung ihrer zweiten Ehe - mit den Kindern nach Deutschland zurück; zwei Kinder übersiedelten später jedoch wieder zu ihrem - inzwischen verstorbenen - Vater in die USA und leben heute noch dort. Die in Deutschland lebenden Kinder der Mutter sind zur Zahlung von Elternunterhalt finanziell nicht in der Lage. Die Beklagte, für die die Mutter zu keiner Zeit Unterhaltsleistungen erbracht hat, verblieb bei ihren Großeltern mütterlicherseits. Sie absolvierte eine Ausbildung als Kinderkrankenschwester und ist in diesem Beruf tätig. Ihr durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen beläuft sich auf ca. 3.486 DM; bereinigt um berufsbedingte Aufwendungen, Lebensversicherungsprämie und eine Darlehensrate verbleiben monatlich rund 2.700 DM. Mit Rechtswahrungsanzeige vom 2. November 1998 teilte die Klägerin der Beklagten die Gewährung von Sozialhilfeleistungen für ihre Mutter mit und forderte sie zur Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse auf. Mit ihrer Klage machte die Klägerin übergegangene Unterhaltsansprüche der Mutter für die Zeit von November 1998 bis August 2000 in Höhe ihrer Gesamtaufwendungen von 6.512,01 DM zuzüglich Zinsen geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß ein Unterhaltsanspruch der Mutter gegen die Beklagte nicht bestehe, weil deren Inanspruchnahme grob unbillig sei. Dazu hat es ausgeführt: Der Mutter könne zwar nicht vorgeworfen werden, durch ein sittliches Verschulden unterhaltsbedürftig geworden zu sein. Daß sie sich vor ihrer Übersiedlung in die USA ihre in Deutschland erworbenen Rentenanwartschaften habe auszahlen lassen, erfülle nicht die Voraussetzungen des § 1611 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB. Auch von einer gröblichen Vernachlässigung der Barunterhaltspflicht seitens der Mutter im Sinne der 2. Alt. der genannten Bestimmung könne nicht ausgegangen werden. Da sie noch vier weitere Kinder habe betreuen müssen, könne nicht angenommen werden, daß sie zur Zahlung von Unterhalt für die Beklagte in der Lage gewesen sei. Die Mutter habe sich jedoch einer schweren Verfehlung gegen die Beklagte schuldig gemacht (§ 1611 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. BGB). Wie von der Mutter bei ihrer Vernehmung selbst eingeräumt worden sei, habe über viele Jahre kein Kontakt zwischen ihr und der Beklagten bestanden. Zwar habe sie letztere vor ihrer ersten Scheidung einmal für einige Monate in ihren Haushalt geholt. Dort habe die Großmutter das Kind aber wieder herausnehmen müssen, weil der Aufenthalt dessen Entwicklung abträglich gewesen sei. Die Beklagte habe gestottert, weshalb die Mutter selbst eingesehen habe, daß es besser sei, wenn die Tochter bei der Großmutter lebe. Im Zuge der Scheidung sei schließlich die elterliche Sorge für die Beklagte den - als nicht erziehungsgeeignet angesehenen - Eltern entzogen und den Großeltern übertragen worden. Danach habe sich die Mutter nicht mehr um die Beklagte gekümmert. Von einem Aufenthalt der Beklagten in den USA abgesehen, der zu einer Zeit stattgefunden habe, als die Mutter an Krebs erkrankt gewesen sei, habe letztere von Anfang der 60er Jahre an vonsich aus den Kontakt zur Beklagten nicht nachdrücklich gesucht. Sofern es hierzu gleichwohl gekommen sei, habe dies auf den Bemühungen der Großeltern beruht. Auch heute noch ergäben sich Kontakte eher zufällig, wenn die Beklagte ihre Schwester besuche. Insgesamt werde in dem Verhalten der Mutter ein so grober Mangel an verwandtschaftlicher Gesinnung und menschlicher Rücksichtnahme deutlich, daß von einer vollständigen Verwirkung der Unterhaltsansprüche gegen die Beklagte auszugehen sei. Diese Beurteilung begegnet im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken. 2. a) Nach § 1611 Abs. 1 Satz 1 BGB braucht der Unterhaltspflichtige nur einen Beitrag in der der Billigkeit entsprechenden Höhe zum Unterhalt des Berechtigten zu leisten, wenn dieser unter anderem seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt (2. Alt.) oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat (3. Alt.). Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre (§ 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB). aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann bereits nicht ausgeschlossen werden, daß die Voraussetzungen der 2. Alt. des § 1611 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt sein können. Das Berufungsgericht hat insofern allein auf eine Verletzung der Barunterhaltspflicht abgestellt und eine solche mangels Leistungsfähigkeit der Mutter verneint. Eltern schulden ihren Kindern indessen entweder Bar- oder Naturalunterhalt (§ 1612 Abs. 2 BGB), zu dem - als Teil der Unterhaltspflicht - auch die Betreuung gehört (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Eine Vernachlässigung der Betreuung ist grundsätzlich ebenfalls geeignet, die Rechtswirkungen des § 1611 Abs. 1 BGB auszulösen (ebenso Staudinger /Engler BGB - 2000 - § 1611 Rdn. 18; Günther Münchner Anwaltshandbuch § 12 Rdn. 111; a.A. MünchKomm/Born 4. Aufl. § 1611 Rdn. 14), auch wenn die
Betreuung nicht in vollem Umfang persönlich erbracht werden muß. Für eine Beschränkung des § 1611 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB auf eine Verletzung der Barunterhaltspflicht sind dem Gesetz keine Anhaltspunkte zu entnehmen. Im vorliegenden Fall kommt eine Verletzung der Naturalunterhaltspflicht in der Zeit bis zur Übertragung der elterlichen Sorge für die Beklagte auf die Großeltern in Betracht. Zwar brauchte die Mutter die Betreuung nicht uneingeschränkt selbst zu übernehmen, sondern durfte sich hierbei auch der Mithilfe anderer bedienen. Das ändert aber nichts daran, daß die Verantwortung für das Kind in erster Linie bei den Eltern, und damit auch bei der Mutter, lag. Diese Aufgabe durfte sie nicht in vollem Umfang delegieren, indem sie die Betreuung ohne jedweden eigenen Einsatz allein den Großeltern überließ. Ob insoweit bereits von einer gröblichen Vernachlässigung der Unterhaltspflicht ausgegangen werden kann, bedarf indessen keiner Entscheidung. In jedem Fall hat das Berufungsgericht nämlich die Voraussetzungen des § 1611 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. BGB rechtsfehlerfrei bejaht. bb) Eine schwere Verfehlung im Sinne der vorgenannten Bestimmung kann regelmäßig nur bei einer tiefgreifenden Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher Interessen oder persönlicher Belange des Pflichtigen angenommen werden (MünchKomm/Born aaO § 1611 Rdn. 23; Luthin/Schumacher Handbuch des Unterhaltsrechts 9. Aufl. Rdn. 3234; OLG Celle FamRZ 1993, 1235, 1236; OLG München FamRZ 1992, 595, 597). Als Begehungsformen kommen aktives Tun und Unterlassen in Betracht, letzteres allerdings nur, wenn der Berechtigte dadurch eine Rechtspflicht zum Handeln verletzt (MünchKomm /Born aaO § 1611 Rdn. 23). Mit Rücksicht darauf kann sich auch eine Verletzung elterlicher Pflichten durch Unterlassen als Verfehlung gegen das Kind darstellen. Das gilt nicht nur für die besonders geregelte Vernachlässigung der Unterhaltspflicht, sondern etwa auch für die dauernde grobe Vernachlässigung und Verletzung der Aufsichtspflicht und für die Verletzung der Pflicht zu
Beistand und Rücksicht, die in der durch das Sorgerechtsgesetz von 1979 eingefügten Vorschrift des § 1618 a BGB auch zum Ausdruck gebracht worden ist (Staudinger/Engler aaO § 1611 Rdn. 29). Hierbei handelt es sich um das ElternKind -Verhältnis prägende Rechtspflichten, deren Verletzung unter den Voraussetzungen des § 1611 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. BGB Bedeutung zukommen kann. cc) Danach hat sich die Mutter nach den getroffenen Feststellungen auch nach Auffassung des Senats einer schweren Verfehlung gegen die Beklagte schuldig gemacht. Dies ergibt die gebotene umfassende Abwägung aller maßgeblichen Umstände (vgl. hierzu Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - XII ZR 240/93 - FamRZ 1995, 475, 476). Auch wenn ihr die elterliche Sorge nicht mehr zustand und ihr deshalb nicht mehr die Pflege und Erziehung der Beklagten oblag, gehörte es zu den Pflichten der Mutter, sich weiterhin um ihr Kind zu kümmern, Anteil an seinem Leben und seiner Entwicklung zu nehmen, ihm bei auftretenden Problemen und Schwierigkeiten zur Seite zu stehen und ihm insgesamt die Gewißheit zu vermitteln, daß ein ihm in Liebe und Zuneigung verbundener Elternteil für es da ist. Daran hat es die Mutter jedenfalls von der Zeit an, in der sie die Beklagte im Alter von 1 bis 1 ½ Jahren in der Obhut der Großeltern zurückgelassen hat, fast durchgehend fehlen lassen. Sie hat sich trotz der Fürsorgebedürftigkeit des Kindes - mit Ausnahme von dessen kurzfristiger Aufnahme in den elterlichen Haushalt - nicht mehr persönlich um dieses gekümmert und - von der Ermöglichung eines Besuches des Kindes in den USA abgesehen - von sich aus noch nicht einmal versucht, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Darüber hinaus hat sie die Beklagte - im Gegensatz zu ihren anderen Kindern - bei ihrer Auswanderung in die USA in Deutschland zurückgelassen und dem Kind so den Eindruck der Zurücksetzung durch die Mutter und deren Interessenlosigkeit an seiner Person vermittelt. Dem steht - entgegen der Auffassung der Revision - nicht entgegen, daß die Mutter das Kind bei ihren
Eltern gut versorgt wußte und die Beklagte sich im Haushalt der Großeltern gut entwickelt hat. Dadurch war die Mutter nicht der Pflicht enthoben, sich weiterhin um ihr Kind zu kümmern, mit ihm brieflich oder telefonisch Kontakt zu halten und an seiner Entwicklung und an seinem Leben Anteil zu nehmen. Daß entsprechende Bemühungen dem Kindeswohl ausnahmsweise geschadet hätten, hätte die Klägerin darlegen müssen. Das hat sie nicht getan. Das Unterlassen der Mutter, an dem sich in der Folgezeit nichts geändert hat, offenbart einen so groben Mangel an elterlicher Verantwortung und menschlicher Rücksichtnahme , daß nach Abwägung aller Umstände in diesem besonders gelagerten Fall von einer schweren Verfehlung gegen die Beklagte auszugehen ist (vgl. insofern auch Staudinger/Engler aaO § 1611 Rdn. 29; Erman/Holzhauer BGB 10. Aufl. § 1611 Rdn. 5; Palandt/Diederichsen BGB 63. Aufl. § 1611 Rdn. 5; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 8. Aufl. Rdn. 1053 b; Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 Rdn. 626; Günther aaO § 12 Rdn. 113; LG Hannover FamRZ 1991, 1094, 1095; AG Helmstedt FamRZ 2001, 1395; AG Leipzig FamRZ 1997, 965). Nach der Lebenswirklichkeit war der Mutter ihr Verhalten auch bewußt, so daß sie vorsätzlich gehandelt hat. dd) Bei der gegebenen Sachlage erscheint es auch rechtsbedenkenfrei, daß das Berufungsgericht den Unterhalt nicht nur herabgesetzt, sondern die Voraussetzungen eines vollständigen Wegfalls der Unterhaltspflicht der Beklagten bejaht hat. Zwar kommt ein solcher nur unter den in § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB genannten engen Voraussetzungen, nämlich bei Vorliegen grober Unbilligkeit der Inanspruchnahme, in Betracht. Von dieser ist auszugehen, wenn die Gewährung von Unterhalt dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde (MünchKomm/Born aaO § 1611 Rdn. 37; Soergel /Häberle BGB 12. Aufl. § 1611 Rdn. 7; Günther aaO § 12 Rdn. 114; vgl.
auch Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 262/90 - FamRZ 1992, 787, 788 für das Leistungsverweigerungsrecht nach § 1381 BGB). Das wäre hier indessen - wie eine Würdigung aller maßgeblichen Umstände ergibt - der Fall. Dabei verkennt der Senat nicht, daß bei der Frage, inwieweit Ansprüche auf Elternunterhalt verwirkt sind, die gebotene Berücksichtigung auch der Belange des Unterhaltsberechtigten es regelmäßig erfordert, dessen - trotz der Verfehlung vorliegende - Unterhaltsleistungen in die Würdigung einzubeziehen, wenn er - wie zumeist - über lange Jahre hinweg für sein Kind gesorgt und sich zu dessen Gunsten in seiner eigenen Lebensführung eingeschränkt hat (vgl. Finger FamRZ 1995, 969, S. 974 f.). Dieser Gesichtspunkt kommt hier indessen nicht zum Tragen. Eigene Leistungen der Mutter für die Beklagte sind in nennenswertem Umfang nie erfolgt. Dagegen kommt der Verfehlung der Mutter ein solches Gewicht zu, daß es mit dem Rechtsempfinden schlechthin nicht zu vereinbaren wäre, wenn die Beklagte, nachdem sie die Mutter praktisch immer entbehren mußte und sie deshalb als Fremde empfinden mußte und durfte, nunmehr für deren Unterhalt aufkommen müßte, zumal
sie nach den getroffenen Feststellungen nicht in wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, bei denen sie durch Unterhaltsleistungen nicht in spürbarer Weise in ihrer Lebensführung beeinträchtigt würde. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose
Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil
- 1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann, - 2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, - 3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat, - 4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat, - 5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat, - 6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat, - 7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder - 8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.
(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.
(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12. Dezember 2003 - 3 K 1991/03 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. Februar 2007 - 11 K 50/06 - wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in seiner Sitzung vom 8.6.2006 ergangenen Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt aufzuheben.
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes (Az.: 11 K 50/06) vom 9.2.2007 die Klage abzuweisen.
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,
vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.
„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“
vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz
vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).
ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.
vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.
BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).
vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.
vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.
vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.
vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen
vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.
in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.
so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.
„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..
Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,
vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..
Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.
Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,
vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).
vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.
vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..
vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.
Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,
u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.
Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,
vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.
Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,
Gaedke, a.a.O., S. 117.
Gründe
Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,
vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.
„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“
vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz
vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).
ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.
vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.
BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).
vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.
vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.
vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.
vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen
vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.
in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.
so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.
„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..
Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,
vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..
Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.
Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,
vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).
vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.
vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..
vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.
Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,
u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.
Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,
vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.
Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,
Gaedke, a.a.O., S. 117.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
- 1
- Die Antragstellerin verlangt von dem Antragsgegner aus übergegangenem Recht Elternunterhalt.
- 2
- Die Eltern des 1953 geborenen Antragsgegners trennten sich 1971; ihre Ehe wurde noch im selben Jahr geschieden. Der Antragsgegner verblieb im Haushalt seiner Mutter und hatte anfangs noch einen losen Kontakt zu seinem Vater. Nach Erreichen des Abiturs im Jahr 1972 brach der Kontakt zu seinem 1923 geborenen Vater ab. Dieser bestritt seinen Lebensunterhalt als Rentner aus den Erträgen einer Lebensversicherung sowie einer geringen Altersrente. 1998 errichtete er ein notarielles Testament, in dem er seine Bekannte zur Erbin einsetzte. Zudem bestimmte er, dass der Antragsgegner nur den "strengsten Pflichtteil" erhalten solle. Erläuternd führte der Vater in dem Testament aus, dass zu seinem Sohn seit rund 27 Jahren kein Kontakt mehr bestehe. Im April 2008 verzog der Vater in eine Heimeinrichtung; er starb im Februar 2012.
- 3
- Die Antragstellerin nimmt den - als Beamten tätigen - Antragsgegner wegen der seinem Vater in der Zeit von Februar 2009 bis einschließlich Januar 2012 nach dem Sozialgesetzbuch erbrachten Leistungen auf Zahlung eines Gesamtbetrages von 9.022,75 € in Anspruch.
- 4
- Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Beschwerdegericht den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
- 5
- Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
- 6
- 1. Das Beschwerdegericht hat seine in FamRZ 2013, 1051 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:
- 7
- Zwar bestehe ein unterhaltsrechtlich relevanter Bedarf in der von der Antragstellerin vorgetragenen Höhe. Ebenso habe der Antragsgegner seine Leis- tungsfähigkeit nicht in Frage gestellt. Er könne sich gegenüber dem geltend gemachten Anspruch jedoch auf Verwirkung wegen einer schweren Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 BGB berufen.
- 8
- Diese müsse sich nicht in einzelnen, schwerwiegenden Übergriffen gegen den Unterhaltspflichtigen oder dessen nahe Angehörige ausdrücken. Sie könne unter Berücksichtigung der Intention des Gesetzgebers auch in einem Verhalten gesehen werden, das in seiner Gesamtschau einen groben Mangel an verwandtschaftlicher Gesinnung erkennen lasse und infolgedessen den Unterhaltspflichtigen als Person herabwürdige, zurücksetze oder kränke. Bei der Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern sei insbesondere zu berücksichtigen , dass selbst scheinbar nur geringfügige Kränkungen und Verletzungen im Kindes- und Jugendalter in besonderer Weise traumatisierend wirken könnten und dann das Kind ein Leben lang belasteten.
- 9
- Gemessen hieran sei dem Vater des Antragsgegners auf der Grundlage des in seinen Grundzügen unstreitigen Sachverhalts sowie des vom Antragsgegner in der persönlichen Anhörung gewonnenen Eindrucks eine schwere Verfehlung vorzuwerfen; er habe mit seinem jede Beziehung vermeidenden Verhalten seinen Sohn in einer nicht mehr zu akzeptierenden Weise nachhaltig belastet. Unmittelbar vor der Trennung der Eltern sei es am 1. Mai 1971 zu einer tätlichen Auseinandersetzung gekommen, in deren Verlauf der Vater die Mutter massiv beschimpft und beleidigt habe. Dieser von dem Antragsgegner miterlebte Vorfall sei - wie die Ausführungen im Scheidungsurteil zeigten - symptomatisch für die Beziehung innerhalb der Familie gewesen. Nach der daraufhin vollzogenen Trennung habe sich der Vater von der Familie abgewandt. In der Folgezeit habe es nur noch einige Postkartengrüße aus dem Urlaub gegeben. Zwar habe der Antragsgegner seinen Vater noch gelegentlich besucht. Diese sporadischen Kontakte seien aber bereits nach etwa einem Jahr endgül- tig zum Erliegen gekommen. Wie der Antragsgegner in seiner Anhörung geschildert habe, habe er nach dem Scheitern der Ehe seiner Eltern mehrfach von sich aus den Kontakt zu seinem Vater gesucht, um wieder eine Vater-SohnBeziehung herzustellen. Wenn der Vater dann auf die Mitteilung von dem bestandenen Abitur nur mit einem Achselzucken reagiert habe, habe er deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ihn jedenfalls ab 1972 die Person seines inzwischen fast erwachsenen Sohnes und dessen Zukunft nicht mehr berührt hätten. Dieser Eindruck habe sich in der Reaktion auf die Mitteilung von der beabsichtigten Verlobung bestätigt, die der Vater nur mit den Worten "Du bist ja verrückt" quittiert habe. Er habe offensichtlich kein Interesse an seiner Schwiegertochter und den Zukunftsplänen des Paares gezeigt. Dass dieses nach außen getragene Desinteresse noch immer nachwirke und den Antragsgegner bis heute belaste , sei ihm bei der Schilderung der Vorfälle deutlich anzumerken gewesen. Wenn der Antragsgegner nach diesen Erfahrungen von sich aus keine weiteren Kontakte mehr zu seinem Vater gesucht habe, sei dies nachvollziehbar und könne nicht als einfache Kontaktlosigkeit bagatellisiert werden. Nicht einmal das Zusammentreffen auf der Beerdigung des Großvaters habe dazu geführt, dass noch persönliche Worte zwischen beiden gewechselt worden seien. In seinem notariellen Testament aus dem Jahr 1998 habe der Vater bestätigt, zu seinem Sohn seit etwa 27 Jahren keinen Kontakt mehr zu haben. Mit der gewählten laienhaften Formulierung, sein Sohn solle nur den "strengsten Pflichtteil" erhalten , spiegele er seine innere Einstellung und dokumentiere nachdrücklich den bereits früher vollzogenen Bruch mit seinem Kind. Er habe ihn damit ersichtlich von allen Zuwendungen ausschließen wollen, soweit ihm das Recht einen Gestaltungsspielraum gelassen habe.
- 10
- Der dem Vater anzulastende Bruch der Eltern-Kind-Beziehung werde nicht durch die langjährigen Ehekonflikte relativiert. Diese hätten unmittelbar nur die Eheleute betroffen und den Vater nicht dazu berechtigt, sich auch gegen- über seinem damals noch minderjährigen Sohn zurückzuziehen. Unabhängig von der Frage der elterlichen Sorge sei er nicht von der jedem Eltern-KindVerhältnis immanenten Pflicht zu wechselseitigem Beistand und Rücksichtnahme , und damit über die Schulzeit hinaus Kontakt zu seinem Sohn zu halten, entbunden gewesen. Wenn der Vater gleichwohl die Bemühungen seines bereits durch die Ehekonflikte erheblich belasteten Sohnes um eine Aufrechterhaltung verwandtschaftlicher Bindungen zurückgewiesen habe und es zu einem endgültigen Bruch habe kommen lassen, habe er einen groben Mangel an elterlicher Verantwortung und menschlicher Rücksichtnahme offenbart, so dass die Voraussetzungen für eine schwere Verfehlung gegeben seien. Da die Folgen seines Handelns für den Vater erkennbar gewesen seien und er diese bewusst in Kauf genommen habe, sei an einem Vorsatz nicht zu zweifeln.
- 11
- Bei dieser Ausgangslage sei eine Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen grob unbillig, so dass die Verwirkung nicht zu einer Kürzung, sondern zum Wegfall des Anspruchs führe. Wer sich bewusst und dauerhaft von jeglichen Beziehungen persönlicher und wirtschaftlicher Art zu seinen Kindern ablöse, stelle sich außerhalb des familiären Solidarverbandes. Geschehe dies zudem noch in einer Weise, die für das nunmehr unterhaltspflichtige Kind traumatisierend gewirkt habe, müsse diesem die Auferlegung einer Zahlungspflicht in besonderer Weise als unbillig erscheinen - und zwar unabhängig von dem zuvor im Rahmen des Familienverbandes erhaltenen Unterhalt.
- 12
- 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 13
- a) Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht, wenn sich der Unterhaltsberechtigte vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat. Die Unterhaltspflicht entfällt vollständig, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten im Hinblick darauf grob unbillig wäre, § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB.
- 14
- aa) Eine schwere Verfehlung gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB kann regelmäßig nur bei einer tiefgreifenden Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher Interessen oder persönlicher Belange des Pflichtigen angenommen werden. Als Begehungsformen kommen aktives Tun und Unterlassen in Betracht, letzteres allerdings nur, wenn der Berechtigte dadurch eine Rechtspflicht zum Handeln verletzt. Daher kann sich auch eine - durch Unterlassen herbeigeführte - Verletzung elterlicher Pflichten, wie etwa der Pflicht zu Beistand und Rücksicht im Sinne von § 1618 a BGB, der auch auf das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern Anwendung findet (Palandt/Götz BGB 73. Aufl. § 1618 a Rn. 1), als Verfehlung gegen das Kind darstellen (Senatsurteile vom 15. September 2010 - XII ZR 148/09 - FamRZ 2010, 1888 Rn. 32 und vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - FamRZ 2004, 1559, 1560).
- 15
- Eine "schwere Verfehlung" im vorgenannten Sinn ist nicht auf einzelne, schwerwiegende Übergriffe gegen den Unterhaltspflichtigen oder dessen nahe Angehörige beschränkt. Bereits in den Motiven zum Bürgerlichen Gesetzbuch wurde eingeräumt, dass erhebliche Gründe dafür sprechen, die Unterhaltspflicht in Fällen, in denen der Bedürftige durch unwürdiges Verhalten das Familienband zerrissen hat, nicht nur zu beschränken, sondern ganz wegfallen zu lassen (BT-Drucks. V/2370 S. 41). Ein solches Verhalten kann sich zum einen in einzelnen besonders schwerwiegenden Verfehlungen zeigen; eine schwere Verfehlung im Sinne des § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB kann sich zum anderen aber auch aus einer Gesamtschau des Verhaltens des Unterhaltsberechtigten ergeben. Selbst wenn die einzelnen Verfehlungen dabei nicht besonders schwer wiegen, kommt es maßgeblich darauf an, ob sie zusammengenommen zeigen, dass sich der Unterhaltsberechtigte in besonders vorzuwerfender Weise aus der familiären Solidarität gelöst und damit letztlich bezogen auf seine familiären Verpflichtungen eine schwere Verfehlung begangen hat.
- 16
- bb) Eine vom Unterhaltsberechtigten ausgehende Kontaktverweigerung kann, wenn nicht weitere Umstände hinzutreten, nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen eine Verwirkung des Unterhalts gemäß § 1611 Abs. 1 BGB begründen.
- 17
- Beim Kindesunterhalt vermag allerdings die Ablehnung jeder persönlichen Kontaktaufnahme zu dem unterhaltspflichtigen Elternteil durch das (volljährige ) Kind allein oder auch in Verbindung mit unhöflichen und unangemessenen Äußerungen diesem gegenüber eine Herabsetzung oder den Ausschluss des Unterhalts nach § 1611 Abs. 1 BGB nicht zu rechtfertigen (Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - XII ZR 240/93 - FamRZ 1995, 475, 476). Beim Elternunterhalt kann eine Verwirkung demgegenüber dann gerechtfertigt sein, wenn der Elternteil sein Kind, das er später auf Elternunterhalt in Anspruch nimmt, schon im Kleinkindalter bei den Großeltern zurückgelassen und sich in der Folgezeit nicht mehr in nennenswertem Umfang um es gekümmert hat. Dann offenbart das Unterlassen des Elternteils einen so groben Mangel an elterlicher Verantwortung und menschlicher Rücksichtnahme, dass nach Abwägung aller Umstände von einer schweren Verfehlung ausgegangen werden kann (Senatsurteil vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - FamRZ 2004, 1559, 1560).
- 18
- b) Gemessen an den vorstehenden Anforderungen hält die Beschwerdeentscheidung den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand.
- 19
- Zwar stellt der vom Tatrichter festgestellte, vom Vater des Antragsgegners ausgegangene Kontaktabbruch eine Verfehlung i.S.v. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB dar. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts handelt es sich indes nicht um eine schwere Verfehlung im Sinne dieser Vorschrift.
- 20
- aa) Indem der Vater des Antragsgegners eine Beziehung zu seinem Sohn vermieden und dadurch den Antragsgegner nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts nachhaltig belastet hat, hat der Vater gegen seine Verpflichtung verstoßen, seinem Sohn beizustehen und auf seine Belange Rücksicht zu nehmen. Diese Verpflichtung hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1. Januar 1980 mit § 1618 a auch im Verhältnis zu volljährigen Kindern in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen (Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge vom 18. Juli 1979, BGBl. I 1061). Auch wenn diese Norm zu dem Zeitpunkt, als der Vater den Kontakt zum Antragsgegner im Jahr 1972 abgebrochen hatte, noch nicht galt, begründete sie jedenfalls für die Zeit ab 1980 das Eltern-Kind-Verhältnis prägende Rechtspflichten, deren künftige Verletzung unter den Voraussetzungen des § 1611 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. BGB Bedeutung zukommt (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - FamRZ 2004, 1559, 1560).
- 21
- Die in Form der Kontaktverweigerung begangene Verfehlung hat der Vater nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts noch dadurch dokumentiert , dass er seinen Sohn im Jahr 1998 enterbt hat. Die Errichtung dieses Testaments selbst stellt allerdings keine Verfehlung dar. Vielmehr hat der Vater lediglich von seinem Recht auf Testierfreiheit Gebrauch gemacht (vgl. §§ 2064 ff., 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB).
- 22
- Zu Recht hat das Beschwerdegericht darauf hingewiesen, dass dieses Verhalten des Vaters seinem Sohn gegenüber nicht durch die seinerzeit langjährig bestehenden Ehekonflikte relativiert wurde. Denn die persönlichen Konflikte haben unmittelbar nur die Eheleute betroffen und den Vater nicht dazu berechtigt, sich auch gegenüber seinem Sohn zurückzuziehen.
- 23
- bb) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts handelt es sich jedoch nicht um eine schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB.
- 24
- Zwar mag der Vater durch sein Verhalten das familiäre Band zu seinem Sohn aufgekündigt haben. Sein Verhalten offenbart jedoch nicht einen so groben Mangel an elterlicher Verantwortung und menschlicher Rücksichtnahme, dass von einer schweren Verfehlung ausgegangen werden könnte (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - FamRZ 2004, 1559, 1560 mwN). Denn bis zur Trennung der Eltern im Jahr 1971 und mithin in den ersten 18 Lebensjahren des Antragsgegners war der Vater Teil des Familienverbands und hat sich um den Antragsgegner gekümmert. Der Vater hat daher gerade in den regelmäßig eine besonders intensive elterliche Fürsorge erfordernden Lebensphasen seines Sohnes bis zum Erreichen der Volljährigkeit im Wesentlichen den aus seiner Elternstellung folgenden Rechtspflichten genügt. Als es im Jahr 1972 zum Kontaktabbruch kam, war der damals fast 19-jährige Antragsgegner zwar nach damaliger Rechtslage noch nicht volljährig, hatte jedoch bereits erfolgreich das Abitur abgelegt und damit eine gewisse Selbständigkeit erlangt. Das in die Zeit ab dem 19. Lebensjahr des Antragsgegners fallende Verhalten des Vaters stellt sich im Hinblick darauf nicht als eine schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB dar. Insoweit unterscheidet sich dieser Fall maßgeblich von der vom Senat im Jahr 2004 entschiedenen Konstellation , in der die (unterhaltsberechtigte) Mutter ihr Kind im Kleinkindalter verlassen hatte (Senatsurteil vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - FamRZ 2004,
1559).
- 25
- 3. Danach ist der Beschluss des Beschwerdegerichts aufzuheben, § 74 Abs. 5 FamFG. Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden, § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG.
- 26
- a) Der von der Antragstellerin geltend gemachte Unterhaltsanspruch aus übergegangenem Recht ist zwischen den Beteiligten dem Grunde und der Höhe nach unstreitig. Danach hat der Antragsgegner den vom Amtsgericht festge- setzten Betrag von 9.022,76 € zu zahlen.
- 27
- b) Nach den weiteren, von Rechts wegen nicht zu beanstandenden und von dem Antragsgegner auch nicht angegriffenen Ausführungen des Beschwerdegerichts liegen die Voraussetzungen der übrigen Alternativen des § 1611 Abs. 1 Satz 1 BGB für eine Verwirkung des Unterhalts hier nicht vor. Der Vater des Antragsgegners ist mithin weder durch eigenes Verschulden bedürftig geworden, noch hat er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Antragsgegner gröblich verletzt.
- 28
- c) Ebenso wenig steht § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII einem Anspruchsübergang auf die Antragstellerin entgegen.
- 29
- Nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII geht der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch eines Sozialhilfeberechtigten bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII geht der Anspruch nicht über, soweit dies eine unbillige Härte bedeuten würde.
- 30
- Die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Übergangs des Unterhaltsanspruchs (s. hierzu Senatsurteil vom 15. September 2010 - XII ZR 148/09 - FamRZ 2010, 1888 Rn. 44 ff. mwN) liegen ersichtlich nicht vor.
- 31
- Soweit es die vom Antragsgegner geltend gemachte Verfehlung anbelangt , werden die entsprechenden Umstände abschließend von § 1611 BGB erfasst. Nach dem unstreitigen Sachverhalt sind auch keine sozialen Belange ersichtlich, die einen Übergang des Anspruchs nach öffentlich-rechtlichen Krite- rien ausschließen könnten, wie sich nicht zuletzt auch aus dem Beschluss des Amtsgerichts ergibt. Weder hat der Antragsgegner seinen Vater betreut oder gepflegt, noch erscheint die Inanspruchnahme des Antragsgegners angesichts der festgestellten Einkommensverhältnisse unzumutbar, zumal die Unterhaltspflicht ohnehin zeitlich begrenzt ist. Schließlich sind auch keine Belange der Familie zu erkennen, die eine Heranziehung zum Unterhalt in Frage stellen könnten. Dose Weber-Monecke Schilling Nedden-Boeger Guhling
AG Delmenhorst, Entscheidung vom 27.03.2012 - 22 F 125/11 UK -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 25.10.2012 - 14 UF 80/12 -
Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.