Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 08. Juli 2013 - 3 M 98/13

bei uns veröffentlicht am08.07.2013

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 20. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich dagegen, die von ihr auf den Dächern der Gebäude D. Straße 7 sowie E. 43 und 44 in F. aufgebauten Module für Fotovoltaikanlagen zu entfernen.

2

Für diese Vorhaben erteilte der Antragsgegner der Antragstellerin unter dem 21.04.2010 Baugenehmigungen. Hierin heißt es jeweils als Auflage: Der von der Bauaufsichtsbehörde geprüfte Standsicherheitsnachweis, der hierzu erstellte Prüfbericht Nr. 155/09/01 einschließlich der Auflagen sowie die Prüfeintragungen sind Bestandteil der Baugenehmigung. Die darin geforderten Konstruktionsunterlagen und Nachweise sind rechtzeitig vor Baubeginn einzureichen. Mit der Herstellung der Bauteile darf erst begonnen werden, wenn die Ausführung durch den Prüfingenieur des Antragsgegners freigegeben worden ist.

3

Jeweils mit Bescheid vom 06.02.2012 gab der Antragsgegner der Antragstellerin auf, alle auf dem Dach der baulichen Anlage aufgebauten Module für Fotovoltaikanlagen bis zum 17.02.2012 zu entfernen. Das verwendete System Haticon sei nicht standsicher. Sie ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügungen an und drohte für den Fall, dass die Antragstellerin der Anordnung nicht oder nicht im vollem Umfange bis zum 17.02.2012 nachkommen sollte, die Ersatzvornahme an.

4

Hiergegen begehrte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Schwerin vorläufigen Rechtschutz (2 B 106/12, 107/12 und 108/12).

5

In dem Erörterungstermin vor der Kammer am 30.03.2012 schlossen die Beteiligten in allen drei Verfahren folgenden Vergleich:

6

„II. Gebäude E. 43 und 44 sowie D. Straße 7

7
1. Die Antragstellerin verpflichtet sich, 14-tägig mittwochs Kontrollgänge durchzuführen, beginnend ab dem 04. April 2012. Die Antragstellerin wird den Antragsgegner und den Eigenbetrieb rechtzeitig am Freitag der Vorwoche per Mail über die Uhrzeit des jeweiligen Kontrollgangs informieren. Der Kontrollgang am 04. April 2012 beginnt um 8.00 Uhr am Gebäude E. 43. An diesem Tag ist es der Antragstellerin gestattet, die notwendigen Wartungsarbeiten an den Anlagen auf den drei Gebäuden durchzuführen. Werden bei den Kontrollgängen sicherheitsrelevante Mängel festgestellt, sind diese von der Antragstellerin umgehend zu beheben. Erfolgt das nicht, oder ist das nicht unverzüglich möglich, so sind die betroffenen Module von der Antragstellerin sofort abzubauen. Witterungsbedingt notwendig werdende Änderungen hinsichtlich der Kontrollgänge werden zwischen den Beteiligten gesondert vereinbart.
8
2. Die Antragstellerin verpflichtet sich, bis zum 10. Juni 2012 das Trägersystem für sämtliche Module auf das der Baugenehmigung vom 21. April 2010 zugrunde liegende System nach Maßgabe des dortigen Belegungsplans oder nach Rücksprache mit dem Eigentümer umzustellen. Die durch die Montage und Demontage des bisherigen Trägersystems entstandenen Schäden in der Dachhaut sind fachgerecht zu beheben.
9

III. Verfahrensregelungen

10
1. Die Antragstellerin nimmt ihre Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die streitgegenständlichen Beseitigungsverfügungen zurück. Der Antragsgegner erklärt, von einer Vollstreckung der streitgegenständlichen Beseitigungsverfügungen abzusehen, wenn die Antragstellerin ihren Verpflichtungen nach Ziffer I und II fristgerecht nachkommt.
11
2. (…)“
12

Nachdem die Antragstellerin die Fotovoltaikanlagen weder nach den Vorgaben der Baugenehmigung vom 21.04.2010 umgestaltet noch sie gänzlich abgebaut hatte, setzte sie mit Bescheid vom 28.09.2012 die in der jeweiligen Ordnungsverfügung vom 06.02.2012 angedrohte Ersatzvornahme fest, bestimmte, dass die Ersatzvornahme am 29.10.2012 durchgeführt werde und ordnete die sofortige Vollziehung an.

13

Die hiergegen gerichteten Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht jeweils durch Beschluss vom 20.02.2013 ab. Es führte im wesentlichen aus: Die Ordnungsverfügung vom 06.02.2012 sei als Vollstreckungsgrundlage geeignet. Die Antragstellerin habe in dem Vergleich den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurückgenommen und sich verpflichtet, die Anlage auf den Stand der Baugenehmigung vom 21.04.2010 umzubauen. Einer erneuten Androhung mit Fristsetzung habe es nach Ablauf der ursprünglich gesetzten Frist des 17.02.2012 nicht bedurft. Nach Ablauf der in dem Vergleich gesetzten Frist vom 10.06.2012 habe die Antragstellerin mit Vollstreckung rechnen müssen. Die Antragstellerin sei den in dem Vergleich eingegangenen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Der Einwand der Antragstellerin, die Anlage lasse sich aus statischen Gründen nicht nach Maßgabe der ursprünglichen Baugenehmigung umbauen, stehe der Ersatzvornahme nicht entgegen, denn es liege in der Risikosphäre der Antragstellerin, dass sich der Umbau einer baurechtswidrigen Anlage zu einer rechtmäßigen verwirklichen lasse.

14

Gegen diese ihr am 04.03.2013 zugestellten Beschlüsse hat die Antragstellerin jeweils am 25.03.2013 Beschwerde erhoben.

II.

15

Die zulässigen Beschwerden sind nach Maßgabe des hier allein entscheidenden Beschwerdevorbringens (vgl. § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO) unbegründet.

16

1. Die Antragstellerin macht zunächst geltend, der Antragsgegner sei einer ihm obliegenden Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Sie liege darin, dass sie, die Antragstellerin dem Antragsgegner gegenüber statische Bedenken geltend gemacht habe, die einer Realisierung des Vorhabens nach Maßgabe der Baugenehmigung vom 21.04.2010 entgegenstünden. Diese liege nicht allein in ihrer Risikosphäre. Vielmehr müsse der Antragsgegner gewährleisten, eine durchführbare Baugenehmigung zu erlassen.

17

Dieser Einwand wird dem zwischen den Beteiligten getroffenen Vergleich nicht gerecht. Ihr Inhalt besteht in Folgendem:

18

Zentral ist die Vereinbarung unter III. Nr. 1, wonach einerseits die Antragstellerin ihre seinerzeitigen Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Beseitigungsverfügungen zurücknimmt und andererseits der Antragsgegner von einer Vollstreckung der Beseitigungsverfügungen absieht, wenn die Antragstellerin ihren Verpflichtungen nach II. Nr. 1 und 2 fristgerecht nachkommt. Dies bedeutet, dass die Kontrollen sowie die von der Antragstellerin eingegangene Verpflichtung, bis zum 10.06.2012 das Trägersystem auf das der Baugenehmigung vom 21.04.2010 zugrunde liegende System nach Maßgabe des dortigen Belegungsplans und nach Rücksprache mit dem Eigentümer, d.h. dem Antragsgegner umzustellen, maßgebende Voraussetzungen für das Absehen vom Vollzug der Beseitigungsverfügung sind. Mithin hat sich die Antragstellerin nicht originär verpflichtet, das Trägersystem auszutauschen.

19

Die Regelungen II. Nr. 1 und 2 des Vergleichs stellen unter diesem Blickwinkel vielmehr die Vereinbarung einer ordnungsrechtlichen Austauschmaßnahme gegenüber der vollständigen Beseitigung dar.

20

Der Antragsgegner geht hinsichtlich der tatsächlich montierten Anlagen in seinen Ordnungsverfügungen davon aus, dass sie gegen das materielle Baurecht verstoßen, weil sie statischen Anforderungen nicht genügen. Er durfte deren Beseitigung anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (§ 80 Abs. 1 LBauO M-V). Allgemein fehlt es an dem letzteren Erfordernis einer Beseitigungsanordnung jedoch insoweit, als der Betroffene einen Abänderungsvorschlag unterbreitet. Zwar ist die Bauordnungsbehörde bei Erlass einer Beseitigungsanordnung nicht verpflichtet, von Amts wegen zu prüfen, ob auch auf andere Weise als durch die Beseitigung der unerlaubt erstellten Gebäudeteile rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Adressat glaubhaft der Bauaufsichtsbehörde einen hinreichend bestimmten, als Grundlage für eine Verfügung geeigneten Abänderungsvorschlag unterbreitet, durch den rechtmäßige Zustände auf eine andere Art und Weise als durch die vollständige Beseitigung der unerlaubt erstellten Anlage hergestellt werden können. Kommt es dazu, so muss die Baurechtsbehörde diesen Abänderungsvorschlägen Rechnung tragen, sei es, dass sie die Beseitigungsanordnung entsprechend den Abänderungsvorschlägen abändert bzw. einschränkt oder durch eine neue Verfügung ersetzt, sei es, dass sie dem Adressaten der Beseitigungsanordnung gestattet, anstelle der angeordneten Maßnahme rechtmäßige Zustände durch Ausführung des angebotenen Abänderungsvorschlages herzustellen (VGH Mannheim, U. v. 20.12.1978 - VIII 691/77 – juris).

21

Es kommt daher im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob der Antragsgegner verpflichtet wäre, die Baugenehmigung vom 21.04.2010 zu ändern. Um deren Vollziehung geht es nicht. Vielmehr wird in dem Vergleich durch die Bezugnahme auf die Baugenehmigung das Austauschmittel umschrieben, das statt der vollständigen Beseitigung der Fotovoltaikanlage geeignet sein soll, die Gefahr zu beseitigen.

22

Das bedeutet, dass in dem Fall, in dem die Antragstellerin sich – aus welchen Gründen auch immer – nicht in der Lage sieht, entsprechend der Baugenehmigung zu verfahren, d.h. das angebotene und vereinbarte Austauschmittel zu realisieren, es bei der ursprünglichen Beseitigungsverpflichtung bleibt. Die Antragstellerin kann somit gegenüber der Vollstreckung aus der Beseitigungsverfügung nicht geltend machen, aus ihrer Sicht sei das Austauschmittel nicht – mehr – geeignet, die von dem Antragsgegner der Ordnungsverfügung zugrunde gelegte Gefahrenlage zu beseitigen. Sie hat dann der ursprünglichen Anordnung nachzukommen.

23

Daraus folgt des weiteren, dass entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin der Antragsgegner nicht verpflichtet war, auf die „Bedenkenanzeige“ der Antragstellerin zu reagieren und ihr das originäre Risiko der Geeignetheit dieser Ersatzmaßnahme abzunehmen. Es ist in erster Linie ihre Sache, ein geeignetes Austauschmittel anzubieten. Abgesehen davon ergibt sich aus den Akten des Baugenehmigungsverfahrens, dass die ursprüngliche Statik der Antragstellerin, die sie eingereicht hatte, überarbeitet wurde, nach dem seitens des Antragsgegners hier Mängel festgestellt worden waren. Die Statik, die Gegenstand der Baugenehmigung geworden ist, war modifiziert und in dieser Form Gegenstand einer eingehenden Prüfung des Antragsgegners.

24

2. Die Beschwerdeführerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Geltung der Baugenehmigung am 21.04.2012 abgelaufen ist. Sie will damit wohl geltend machen, ihr werde etwas rechtlich Unmögliches aufgegeben.

25

a) Allerdings trifft es zu, dass die Baugenehmigung vom 21.04.2010 im April 2013 erloschen ist. Nach § 71 Abs. 1 LBauO M-V erlischt die Baugenehmigung, wenn innerhalb von drei Jahren nach ihrer Erteilung mit der Ausführung des Bauvorhabens nicht begonnen ist. Ein Ausführungsbeginn liegt nur dann vor, wenn Bauarbeiten stattfinden, die in Ausnutzung der erteilten Baugenehmigung erfolgen und der Errichtung des Vorhabens, so wie es genehmigt wurde, dienen (OVG Münster, U. v. 16.10.2008 - 7 A 696/07). Die Baugenehmigung erlischt danach, wenn bei der Ausführung von den genehmigten Bauvorlagen ein anderes Bauvorhaben, ein sogenanntes "aliud" erstellt wurde. Ausschlaggebend ist darauf abzustellen, ob die oder einige der Belange, die bei der Genehmigung des Vorhabens zu berücksichtigen waren, neuerlich oder ob andere oder zusätzlich andere Belange erstmals so erheblich berührt werden, dass sich die Zulässigkeitsfrage neu stellt (VGH München; B. v. 26.07.1991 - 20 CS 89.1224 - BRS 52 Nr. 147).

26

Dies ist hier der Fall. Die Baugenehmigung ist ausdrücklich mit dem Inhalt erteilt worden, dass die geprüften Standsicherheitsnachweise, der hierzu erstellte Prüfbericht einschließlich der Auflagen sowie die Prüfeintragungen Bestandteil der Genehmigung sind. Hiervon weicht die tatsächlich vorgenommene Installation ab. Die abweichende Ausführung bedarf zumindest einer erneuten statischen Prüfung.

27

b) Hierauf kann sich die Antragstellerin aber nicht berufen. Wie dargelegt, geht es in II. Nr. 2 des Vergleichs um die Modifizierung der ursprünglichen Beseitigungsverfügung. Wenn der Adressat einer Abbruchsanordnung glaubhaft einen geeigneten Abänderungsvorschlag unterbreitet, durch den rechtmäßige Zustände auf eine andere Art und Weise als durch den vollständigen Abbruch der unerlaubt erstellten Anlage hergestellt werden können, muss die Baurechtsbehörde diesen Abänderungsvorschlägen im Rahmen ihres nach § 80 Abs. Abs. 1 LBauO M-V obliegenden Ermessens Rechnung tragen. Daher kommt es nicht darauf an, ob die Realisierung eines milderen, gleich geeigneten Mittels einer Baugenehmigung nach §§ 59 ff. LBauO M-V oder einer Abweichung nach § 67 LBauO M-V bedürfte, wenn eine entsprechende Maßnahme bei Errichtung oder Änderung des Gebäudes durchgeführt werden soll. §§ 59 ff. und § 67 LBauO M-V richten sich nämlich an den Bauherrn. Die Aufsichtsbehörde kann somit einem Störer eine Maßnahme aufgeben, die, wollte er sie durchführen, einer Baugenehmigung bedürfte (vgl. schon OVG Greifswald, B. v. 12.09.2008 - 3 L 18/02 - NordÖR 2009, 83 = BauR 2009, 1433).

28

3. Die Beschwerde macht schließlich geltend, die Festsetzung der Ersatzvornahme sei deswegen ermessensfehlerfehlerhaft, weil eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht gegeben sei. Die montierten Anlagen seien verkehrssicher.

29

a) Im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens ist der Eintritt der Gefahrenlage, die die ordnungsbehördliche Verfügung, um deren Vollstreckung es geht, abwenden will, keine Voraussetzung. Wie aus § 80 Abs. 1 SOG M-V deutlich wird, ist alleinige Voraussetzung des Vollzugs die Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes oder – hier einschlägig –, dass der Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat.

30

b) In der Sache wendet sich die Beschwerde gegen die Grundverfügung, durch die ihr die Beseitigung der Anlage aufgegeben wird. Die Antragstellerin kann sich in diesem Verfahren, das sich allein gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 28.09.2012 richtet, durch den die Durchführung der Ersatzvornahme festgesetzt wird, nicht gegen die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung vom 08.02.2012 als der Grundverfügung wenden.

31

Nach § 99 Abs. 2 SOG M-V sind Einwendungen gegen den dem Vollzug zu Grunde liegenden Verwaltungsakt außerhalb des Vollzugsverfahrens mit den dafür zugelassenen Rechtsbehelfen zu verfolgen. Aus dieser Vorschrift wird die strikte Trennung zwischen der Frage der Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsakts und der Frage der Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme deutlich. Tragender Grundsatz des Verwaltungs-Vollstreckungsrechts ist, dass generell die Wirksamkeit und nicht die Rechtmäßigkeit vorausgegangener Verwaltungsakte Bedingung für die Rechtmäßigkeit der folgenden Akte und letztlich der Anwendung des Zwangsmittels ist (vgl. auch BVerwG, U. v. 13.4.1984 - 4 C 31/81 - NJW 1984, S. 2591, bzgl. eines bestandskräftigen Grundverwaltungsakts). Dieser Grundsatz gilt auch, wenn der Grundverwaltungsakt noch nicht bestandskräftig geworden ist (siehe OVG Greifswald, U. v. 17.09.2003 - 3 L 196/99 – juris; vgl. auch OVG Münster, B. v. 19.12.2012 - 12 B 1339/12 - juris).

32

Das bedeutet nicht, dass der Adressat eines Vollstreckungsakts nicht – zugleich – mit einem weiteren Antrag – ggf. im Wege der Antragshäufung - die Rechtmäßigkeit bzw. Vollziehbarkeit des Grundverwaltungsakts, hier in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO, zur Prüfung stellen könnte. Hierauf beruft sich die Antragstellerin in der Beschwerdeschrift nicht. Einen solchen Antrag hat sie in der Antragsschrift vom 15.10.2012 in diesem Verfahren auch nicht gestellt. Ihren ursprünglichen Antrag hat sie am 30.03.2013 ausdrücklich zurückgenommen. Damit ist der Grundverwaltungsakt vollziehbar i.S.v. § 80 Abs. 1 Nr. 2 SOG M-V und sind Einwendungen hiergegen ausgeschlossen.

33

Nach alledem kann die Beschwerde keinen Erfolg haben.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

35

Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 47, 53 Abs. 2 und 52 Abs. 2 GKG. Der Sach- und Streitstand bietet für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte. Die sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebende Bedeutung der Sache wird im Wesentlichen durch das - wertmäßig geringere - Standortinteresse sowie das Interesse bestimmt, eine Unterbrechung der kommerziellen Nutzung zu vermeiden. Mangels näherer Anhaltspunkte für die Bemessung des Werts dieser Interessen ist der Streitwert daher nach § 52 Abs. 2 GKG zu bestimmen (vgl. VGH Mannheim, B. v. 21.12.2010 - 8 S 2680/10 - BauR 2011, 992). Der Streitwert ist zu halbieren, weil dieses Interesse durch die vorläufige Abnahme der Module nicht endgültig beseitigt wird.

36

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 5 und § 66 Abs. 3 S. 3 GKG unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 08. Juli 2013 - 3 M 98/13

Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 08. Juli 2013 - 3 M 98/13

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 08. Juli 2013 - 3 M 98/13 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 66 Erinnerung gegen den Kostenansatz, Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. W

Referenzen - Urteile

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 08. Juli 2013 - 3 M 98/13 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 08. Juli 2013 - 3 M 98/13 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 21. Dez. 2010 - 8 S 2680/10

bei uns veröffentlicht am 21.12.2010

Tenor Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen die Festsetzung des Streitwerts im Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13. Juli 2010 - 2 K 909/09 - wird zurückgewiesen. Gründe   1  Die Bes

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 12. Sept. 2008 - 3 L 18/02

bei uns veröffentlicht am 12.09.2008

Tenor Das Verfahren wird eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 15.11.2001 wird für wirkungslos erklärt. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahre
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 08. Juli 2013 - 3 M 98/13.

Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 05. Jan. 2015 - 3 B 1192/14

bei uns veröffentlicht am 05.01.2015

Tenor 1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Oktober 2014 wird insoweit angeordnet, als darin ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR festgesetzt und die Ersatzvornahme für das geforderte Aufas

Referenzen

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 15.11.2001 wird für wirkungslos erklärt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren und das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf 8.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Kläger wenden sich als Eigentümer des Gebäudes X. 84 in Y. gegen eine bauordnungsrechtliche Anordnung des Beklagten zum Schließen von Fenstern und den Rückbau einer Dachgaube an der nördlichen Seite ihres Hauses. Das Gebäude der Kläger liegt im Ortsteil Y. des Beklagten. Es ist Teil der dort prägenden sogenannten Tüschenbebauung. In nördlicher Richtung grenzt an das Gebäude, das auf dem Flurstück 777/5 steht, das Gebäude X. 85 auf dem Flurstück 775. Das Gebäude der Kläger ist hier grenzständig errichtet worden. Zwischen dem Gebäude der Kläger und dem Gebäude X 85 Flurstück 775 führt eine Tüsche von etwa 80 cm. Im südlichen Bereich des Grundstücks hält das Gebäude der Kläger einen Abstand zur Grundstücksgrenze von 1 m ein. Grenzständig an diese Grundstücksgrenze ist das Gebäude X. 83 errichtet.

2

Durch Bescheid vom 20.10.2000 gab der Beklagte den Klägern auf, alle im Erdgeschoss der Nordseite vorhandenen Fensteröffnungen feuerbeständig zu verschließen. Die im Dach der Nordseite befindliche Gaube sei zurückzubauen. Die Öffnungen in der nördlichen Dachfläche seien feuerhemmend auszubilden, wenn sie, waagerecht gemessen, nicht mindestens 2 m von der Grenzwand entfernt seien. Außerdem werde für die Umnutzung des Erdgeschosses im Vorderhaus zu einem Büroraum für eine Immobilienfirma und einen Laden die Beibringung der erforderlichen Bauvorlagen aufgegeben. Zur Begründung wird ausgeführt: Aus den vorhandenen Archivunterlagen sei ersichtlich, dass in der Nordwand keine Fenster genehmigt seien. Die Forderung nach feuerbeständigem Verschluss der festgestellten Öffnungen in der Grenzwand ergebe sich aus § 29 Abs. 1 und 8 LBauO M-V a.F.. Die Beseitigungsanordnung stehe im pflichtgemäßen Ermessen. Der feuerbeständige Verschluss der Fensteröffnungen in der nördlichen Gebäudewand sei begründet, weil mit deren Fortbestand unmittelbar Gefahr für Leben und Gesundheit im Falle eines Brandes bestehe. Es bestehe die Gefahr, dass die benachbarte bauliche Anlage auf dem Grundstück X. 85 den Brand- und Rauchgasen ungeschützt ausgesetzt sei. Ebenso sei der Rettungsweg in unzulässiger Weise beeinträchtigt. Das Interesse der Kläger an der Nutzung der hinter diesen Fenstern vorhandenen Räume müsse hinter dem öffentlichen Interesse zurückstehen. Dieses bestehe hier im Schutz von Leben und Gesundheit für den Nutzer der baulichen Anlage auf dem Nachbargrundstück. Für die Umnutzung der Räume als Laden und für die Immobilienfirma sei eine Baugenehmigung erforderlich. Daher müssten die entsprechenden Unterlagen vorgelegt werden.

3

Hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein. Am 30.01.2001 führten Bedienstete des Beklagten mit der Klägerin und deren Architekten ein Gespräch. Ausweislich des Vermerks hierüber erklärte die Klägerin, dass sie die Fenster im Erdgeschoss schließen werde, eventuell unter Herstellung einer Brandwand F 90. Eine entsprechende Erklärung solle nachgereicht werden. Die Gaube im Dachgeschoss und die liegenden Dachflächenfenster sollten unbedingt erhalten bleiben, um die Funktion der Räume zu gewährleisten. Die Bediensteten des Beklagten erklärten, sie wollten nach Hergabe von Zeichnungen mit Darstellung des Bestandes und der entsprechenden Abstände sowie der Dachneigung prüfen, ob eine Herstellung des Feuerwiderstands gemäß § 34 Abs. 1 LBauO M-V a.F. in Betracht komme. Das Fenster in der Gaube müsse G 30 hergestellt werden und dürfe nicht zu öffnen sein. Zur Belüftung sollten Oberlichte hergestellt werden sowie ein Rauch- und Wärmeabzug für den Brandfall. Auf Grund dieses Gespräches solle die Bescheidung des Widerspruches ausgesetzt bleiben bis zum 15.02.2001. Bis dahin eingehende Bauvorlagen würden im Widerspruchsbescheid berücksichtigt werden.

4

Am 13.02.2001 ging das Schreiben des Architekturbüros ein, in dem Vorschläge zur Umgestaltung des Gebäudes formuliert sind. Darin heißt es: Die in der nördlichen Wand angebrachten Fenster für den Laden würden zugemauert werden. Das anschließende Fenster des Bades erscheine unentbehrlich. Die Scheibe solle gegen eine G 30 Scheibe ausgetauscht werden, die Olive solle verschließbar gestaltet und das Fenster nur zu Reinigungszwecken zu öffnen seien. Weiter nach Westen an der Nordwand folge das Schlafzimmer mit drei Fenstern; diese würden zugemauert werden.

5

Den Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 27.03.2001 zurück. Die an der Nordseite befindlichen Öffnungen verstießen gegen §§ 29 und 31 LBauO M-V a.F.. Es sei nicht erkennbar, dass die Kläger sich auf Bestandsschutz berufen könnten. Der Beklagte sei davon überzeugt, dass nicht feuerbeständige Öffnungen auf der Nordseite eines Gebäudes X. zu keiner Zeit materiell rechtmäßig gewesen seien. Die Bestimmung des § 87 LBauO M-V a.F. rechtfertige es, zu verlangen, dass die auf der Nordseite befindlichen Öffnungen feuerbeständig geschlossen würden. Durch die Zusage, einzelne auf der Nordseite befindliche Öffnungen zuzumauern, sei keine Erledigung eingetreten. Sie setze voraus, dass die Kläger die Öffnungen schon zugemauert hätten und dies der Behörde angezeigt hätten. Die Forderung, Bauvorlagen zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der jetzt ausgeübten Nutzung einzureichen, sei ebenfalls rechtmäßig.

6

Das Verwaltungsgericht Schwerin hat die hiergegen gerichtete Klage durch Urteil vom 15.11.2001 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, gemäß § 87 Abs. 1 LBauO M-V a.F. könnten nachträgliche Anforderungen auch an genehmigte Bauteile nur gestellt werden, wenn die dafür bestehenden gesetzlichen Anforderungen geändert würden. Im vorliegenden Fall seien die Änderungen hinsichtlich der Fenster und der Dachgaube weder von der ursprünglichen noch von einer späteren Baugenehmigung erfasst. Derartige Genehmigungen enthielten weder die alten Bauakten des Beklagten noch die von den Klägern eingereichten Unterlagen. Die formell baurechtswidrigen Öffnungen seien auch materiell baurechtswidrig. Sie verstießen gegen § 29 LBauO M-V a.F.. Ermessensfehler seien nicht erkennbar. Gleiches gelte für die Anordnung, die nördliche Dachgaube zurückzubauen. Allerdings habe der Beklagte in den Bescheiden nichts dazu ausgeführt, warum die Gaube nicht genehmigungsfähig sei und daher nicht nur feuerbeständig bzw. feuerhemmend ausgestaltet, sondern zurückgebaut werden müsse. Zum einen sei denkbar, dass der Beklagte aus bauplanungsrechtlichen Gründen wie schon in der Bauzeichnung vom 22.04.1934 davon ausgehe, dass die Bauweise der Umgebung es erfordere, nur eine echte Gaube als gegenüber der Außenwand im Dach zurückversetzt zuzulassen. Zum anderen sei nicht zu verkennen, dass bei der dichten Bebauung eine grenzständige Gaube vor der Südwand des Nachbarn diesem die erforderliche Belichtung und Besonnung so stark nehme, dass sie nicht zugelassen werden könne. Zudem sprächen Feuerschutzgründe gegen die Gaube mit nichtfeuerbeständigen Fenster und einem sogenannten weichen Dach, das nach § 31 Abs. 2 LBauO M-V a.F. einen Mindestabstand vom Nachbarhaus von 6 m erfordere. Zudem unterliege die Dachgaube den Anforderungen des § 31 Abs. 7 LBauO M-V a.F. zur Vermeidung der Feuerübertragung.

7

Auch die Voraussetzung für die Anordnung des Verschließens der übrigen Dachöffnungen lägen vor. Eine Genehmigung hierfür läge nicht vor, da die Dachflächenfenster bis zur letzten nachgewiesenen Änderungsgenehmigung von 1977 unbekannt seien.

8

Die durch den Senat zugelassene Berufung haben die Kläger fristgerecht wie folgt begründet. Die Verfügung könne insoweit nicht auf § 80 Abs. 1 LBauO M-V gestützt werden. Die Öffnungen seien vor In-Kraft-Treten der Landesbauordnung vorhanden gewesen. Der Gesetzgeber habe aber die Eingriffsbefugnis nur zugestanden, soweit nach In-Kraft-Treten der Landesbauordnung formell oder materiell illegale Vorhaben umgesetzt worden seien.

9

Die Kläger hatten am 10.08.2001 vorläufigen Rechtsschutz gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügungen beantragt. Diesem Antrag hatte das Verwaltungsgericht Schwerin durch Beschluss vom 14.01.2002 stattgegeben (2 B 714/01). Das Rechtsmittel gegen diesen Bescheid hatte der Senat als unzulässig durch Beschluss vom 15.07.2002 (3 M 11/02) verworfen.

10

Der Berichterstatter des Senats hat eine Beweisaufnahme am 02.08.2007 durch Augenscheinseinnahme durchgeführt und hierbei mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert. Im Rahmen dieses Termins erklärten die Kläger, an einer alternativen Lösung interessiert zu sein und binnen zwei Monaten einen entsprechenden Vorschlag durch einen zugelassenen Brandschutzplaner bei dem Beklagten einzureichen. Der Beklagte sagte zu, an Hand dieses Vorschlags zu prüfen, ob hierin ein angemessenes Austauschmittel nach Maßgabe der Brandschutzanforderungen der Landesbauordnung M-V neuer Fassung gesehen werden kann. Er werde insoweit gegebenenfalls die angefochtenen Bescheide entsprechend modifizieren.

11

Demgemäß reichten die Kläger am 28.09.2007 einen Bauantrag ein, mit der sie die Genehmigung der Umnutzung der früheren Zahnarztpraxis in zwei Läden (Buchladen und Sammlerstübchen) beantragten sowie nach § 30 Abs. 8 LBauO M-V beantragten, den Einbau von F 60-Festverglasungen für zwei Fenster in Wohnung 1 Raum 2 in der hochfeuerhemmenden Gebäudeabschlusswand an der Nordseite zuzulassen. Durch Bescheid vom 04.03.2008 lehnte der Beklagte den Bauantrag ab. Dem Vorhaben stünden öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen. Hierzu zählten § 30 Abs. 2 Satz 2 LBauO M-V n.F.. § 30 Abs. 11 i.V.m. Abs. 8 LBauO M-V schließe Öffnungen in Gebäudeabschlusswänden aus. Die hierzu beantragte Abweichung für die Nordseite könne nicht erteilt werden. Insoweit werde auf die Begründung des Bescheides zur Ablehnung der Befreiung verwiesen. Die Nutzungsänderung könne nicht genehmigt werden, da im Laden 1 in der südlichen Gebäudeabschlusswand ebenfalls ein Fenster angeordnet sei, das den genannten Brandschutzvorschriften widerspreche. Eine Abweichung und Ersatzmaßnahme hierzu sei nicht beantragt. Diese Öffnung beeinträchtige im Brandfall den ersten und zweiten Rettungsweg für die Wohnnutzung in dem der Straße abgewandten Gebäudeabschnitt. Die beantragte Änderung des Gebäudes würde deshalb ebenso wie bereits im Bestand nicht dem Grundsatz des § 3 Abs. 1 LBauO M-V gerecht werden.

12

Durch weiteren Bescheid vom 04.03.2008 lehnte der Beklagte eine Abweichung nach § 67 LBauO M-V ab. § 30 Abs. 11 i.V.m. Abs. 8 LBauO M-V schließe Öffnungen in Gebäudeabschlusswänden aus. Öffnungen in diesem Sinne seien alle Unterbrechungen in der Wand, die nicht dem aussteifenden und/oder tragenden Charakter einer Wand entsprechen. Hierzu zählten Fenster, Türen wie auch Verglasungen. Dabei sei die Widerstandsfähigkeit gegen Feuer irrelevant. Dies sei zu Recht auch von den Antragstellern erkannt und eine entsprechende Abweichung für eine Öffnung mit F 60 Fenstern beantragt worden. Eine hinreichend nachvollziehbare Begründung sei der Antragstellung nicht zu entnehmen. Schutzziel der Vorschriften sei eine ausreichend lange Verhinderung der Brandausbreitung auf andere Gebäude. Dabei sei auch der Umstand einer Explosion wie das Herunterstürzen von Deckenbalken zu berücksichtigen, die gegen diese Abschlusswände stoßen. Dieses Kriterium würde mit dem Einbau von Öffnungen in der Weise durchbrochen, dass eine Festigkeit, wie sie eine durchgehende Wand erreiche, nicht gegeben sei.

13

Gegen diese Bescheide haben die Kläger am 08.04.2008 Widerspruch eingelegt, über den bislang nicht entschieden ist.

14

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Beteiligten folgende Vereinbarung getroffen:

15

1. Die Kläger verpflichten sich, die am 28.09.2007 beantragten Maßnahmen einschließlich der oben angesprochenen, einer weiteren Befreiung bedürftigen Maßnahmen binnen 9 Monaten nach Zugang der Baugenehmigung durchzuführen. Dabei gehen die Beteiligten davon aus, dass die Öffnung in der Nordwand in Wohnung 1/Raum 2 auf hiermit vorsorglich gestellten Antrag auf Abweichung durch Glasbausteine mit Feuerwiderstand F 60 und Stahlverankerung ausgestaltet wird und die übrigen Öffnungen in der Nordwand geschlossen werden.

16

2. Der Beklagte verpflichtet sich, für die nach Ziff. 1 umschriebenen Maßnahmen die erforderlichen Ausnahmen und die entsprechende Baugenehmigung zu erteilen.

17

3. Die Beteiligten erklären die Hauptsache für erledigt.

II.

18

Die Beteiligten haben den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

19

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO für wirkungslos zu erklären.

20

Es ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Es entspricht der Billigkeit die Kosten des Verfahrens den Beteiligten je zur Hälfte aufzuerlegen. Ob die Klage der Kläger (teilweise) Erfolg gehabt hätte, ist nämlich offen.

21

1. Grundsätzlich ist bei der Anfechtungsklage auf die Sach- und Rechtslage abzustellen, die zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bestand. Hiervon ist eine Ausnahme zu machen bei der Anfechtung einer - möglicherweise - rechtmäßig erlassenen Abriss- oder Umbauanordnung, wenn diese Anordnung noch nicht vollzogen worden ist und die betroffene bauliche Anlage nach der letzten behördlichen Entscheidung rechtmäßig geworden ist. Es ist nämlich sinnwidrig, müsste der Bauherr bauliche Anlagen abreißen oder umbauen, deren Wiedererrichtung sogleich nach Vollzug gestattet werden müsste (vgl. BVerwG, U. v. 06.12.1985 - 4 C 23/83 - NJW 1986, 1186).

22

Maßgebend ist daher die Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) vom 18. April 2006 (Artikel 1 des Gesetzes zur Neugestaltung der Landesbauordnung und zur Änderung anderer Gesetze vom 18. April 2006 - GVOBl. M-V S. 102).

23

2. Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V haben die Bauaufsichtsbehörden bei der Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Beseitigung sowie bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden, soweit nicht andere Behörden zuständig sind. Sie können gem. Satz 2 in Wahrnehmung dieser Aufgaben die erforderlichen Maßnahmen treffen. § 58 Abs. 2 Satz 2 LBauO M-V ermächtigt sowohl zu Anordnungen zur Erfüllung an seit der Errichtung geltende, aber nicht eingehaltene Anforderungen wie auch zu Anordnungen in Fällen, in denen eine ursprünglich rechtmäßig errichtete bauliche Anlage an gegenüber den im Zeitpunkt ihrer Errichtung geltenden Vorschriften veränderte Vorschriften der Bauordnung oder Vorschriften aufgrund der Landesbauordnung angepasst werden soll. Die unterschiedlichen Fallgestaltungen sind im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

24

Es kann hier dahinstehen, ob die Gestaltung des Gebäudes durch - ggf. erforderliche - Genehmigungen gedeckt sind und/oder sie bei Ausführung der Maßnahmen oder zu einem späteren Zeitpunkt dem materiellen Baurecht entsprachen und ob das materielle Recht insoweit gleichbleibende oder später erhöhte Anforderungen gestellt hat, weil die angefochtene Anordnung der Bauaufsichtsbehörde bei Nichteinhalten von brandschutzrechtlichen Vorschriften zugleich wegen der Sicherheit oder Gesundheit erforderlich ist und daher auch eine nachträgliche Anordnung zur Anpassung an die veränderten rechtlichen Anforderungen rechtfertigen würde.

25

Für die Auslegung des § 58 Abs. 2 Satz 2 LBauO M-V ist in diesem Zusammenhang maßgebend:

26

Der Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern idF vom 06.05.1998 (GVOBl. M-V S. 468, 612), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.12.2003 (GVOBl. M-V S. 690) (LBauO M-V a.F.) war auf die Fälle beschränkt, in denen eine bauliche Anlage an gegenüber den im Zeitpunkt ihrer Errichtung geltenden Vorschriften veränderte Vorschriften der Bauordnung oder Vorschriften aufgrund der Landesbauordnung angepasst werden soll und deren Durchsetzung wegen der Sicherheit oder Gesundheit erforderlich ist. Dieser beschränkte Anwendungsbereich entsprach auch Sinn und Zweck. Die Norm trug dem Bestandschutz Rechnung. Der Eigentümer einer baulichen Anlage sollte ein im Einklang mit dem seinerzeit geltenden Recht ausgeführtes Vorhaben grundsätzlich auch dann unverändert weiter nutzen können, wenn neue bauordnungsrechtliche Vorschriften diesem Vorhaben, sollte es jetzt errichtet werden, entgegenstünden (vgl. OVG Münster, U. v. 15.07.2002 - 7 A 3098/01 - zit. nach juris).

27

§ 87 Abs. 1 LBauO M-V a.F. stand aber nicht Maßnahmen entgegen, die zur Gefahrenabwehr erforderlich sind, ohne dass sich die Bauvorschriften geändert hätten. Er schloss bereits nach seinem Wortlaut Maßnahmen der Gefahrenabwehr in anderen Fällen als denen der Anpassung an geänderte Bauvorschriften nicht aus. Aus Art. 14 Abs. 1 GG ergibt sich ebenfalls kein Recht des Eigentümers, von Anforderungen an seine bauliche Anlage freigestellt zu werden, die der Gefahrenabwehr dienen. Vielmehr waren auch in anderen Fällen als denen der Anpassung an geänderte Bauvorschriften nachträgliche Anforderungen möglich. So bestand die von § 80 Abs. 1 Satz 1 und 2 LBauO M-V a.F. (jetzt § 58 Abs. 1 Satz 1 und 2 LBauO M-V) umfasste Verpflichtung, eine bauliche Anlage instand zu halten, ungeachtet der Frage, ob sie einmal in einem ordnungsgemäßen Zustand errichtet worden ist (vgl. OVG Münster, U. v. 15.07.2002 - 7 A 3098/01 - zit. nach juris)

28

Der Gesetzgeber hat § 87 LBauO M-V a.F. in der Neufassung des Gesetzes ersatzlos wegfallen lassen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass dessen Funktion durch § 58 Abs. 2 Satz 2 LBauO M-V erfüllt wird. In der Gesetzesbegründung (Landtag-Drs. 4/1810 S. 186) wird ausgeführt:

29

"Die Vorschrift ist entbehrlich. Ihr Regelungszweck ist durch das Landesverwaltungsverfahrensrecht und die allgemeine bauaufsichtliche Befugnisnorm des § 58 Abs. 1 Satz 2 (neu) abgedeckt.

30

Die bisher in Absatz 1 enthaltene besondere Befugnisnorm, die bei Vorliegen einer konkreten Gefahr die Anpassung bestehender oder nach genehmigten Bauvorlagen bereits begonnener baulicher Anlagen an geändertes Bauordnungsrecht ermöglicht, geht über die allgemeine bauaufsichtliche Befugnisnorm (§ 58 Abs. 1 Satz 2) nicht hinaus. Sie ist deshalb nicht notwendig.

31

Ist eine bauliche Anlage genehmigt, enthält die Baugenehmigung die Feststellung, dass die bauliche Anlage mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften übereinstimmt. Die bauliche Anlage genießt Bestandsschutz. Ein bauaufsichtliches Verlangen, die bauliche Anlage wegen Vorliegen einer konkreten Gefahr an geändertes Bauordnungsrecht anzupassen, bedarf (und bedurfte auch bisher) eines - gegebenenfalls entschädigungspflichtigen - (Teil-)Widerrufs der (rechtmäßigen, weil mit dem bei ihrer Erteilung maßgeblichen Bauordnungsrecht übereinstimmenden) Baugenehmigung nach § 49 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes."

32

Diese Ausführungen geben allerdings die seinerzeit wie die geltende Rechtslage nicht in allen Punkten zutreffend wider. Zutreffend ist, dass nach § 58 Abs. 1 Satz 2 LBauO auch nachträgliche Anforderungen an ursprünglich rechtmäßig errichtete bauliche Anlagen gestellt werden können. Nicht zutreffend ist, dass ein Anpassungsverlangen nach § 87 LBauO M-V a.F. den (Teil)Widerruf der Baugenehmigung voraussetze; vielmehr stellte diese Vorschrift eine spezialgesetzliche Regelung dar (vgl. Heintz in Gädtke/Temme/Heintz/Czepuck, Bauordnung NRW, 11. Aufl. § 87 Rdn. 9). Gleiches gilt nach geltendem Recht für nachträgliche Anforderungen, soweit sie nach § 58 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V zulässig sind. Der Widerruf einer Baugenehmigung ist damit nicht ausgeschlossen, trifft aber eine andere Regelung (VG Dessau, U. v. 17.3.2004 - 1 A 452/02 - zit. nach juris). Bei einer auf § 58 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V gestützten Bauordnungsverfügung ist die gesetzgeberische Wertung des § 87 Abs. 1 LBauO M-V a.F. für das Gewicht der bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigenden Eigentümerbelange von Bedeutung. Namentlich ist in die Ermessenserwägung die Bedeutung des durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentumsbestands im Hinblick auf die Frage einzustellen, ob eine für erforderlich angesehene Ordnungsverfügung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügt.

33

Auf nähere Einzelheiten kommt es im vorliegenden Fall jedoch nicht an, weil der Beklagte soweit brandschutzrechtliche Vorschriften nicht eingehalten werden, zur Abwendung einer konkreten Gefahr von Leben und Gesundheit der Allgemeinheit und namentlich der Nachbarn gehandelt hat. Eine solche konkrete Gefahr liegt vor, wenn aus einer tatsächlich vorhandenen Situation hinreichend wahrscheinlich eine Gefährdung der bedrohten Rechtsgüter folgt. Gerade in dem jeweiligen Einzelfall muss in überschaubarer Zukunft mit einem Schadenseintritt zu rechnen sein. Dabei hängen die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit von der Qualität des möglicherweise eintretenden Schadens ab. Bei Gefährdungen von Leben oder Gesundheit als geschützten Rechtsgütern sind an die Feststellung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen. Hier ist zu berücksichtigen, dass mit der Entstehung eines Brandes praktisch jederzeit gerechnet werden muss. Der Umstand, dass in vielen Gebäuden jahrzehntelang kein Brand ausgebrochen ist, beweist nicht, dass insoweit keine Gefahr besteht, sondern stellt für die Betroffenen lediglich einen Glücksfall dar, mit dessen Ende jederzeit gerechnet werden kann. Kommt es zu einem solchen, jederzeit möglichen Brand, ist auch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit einer Gefährdung von Leben und Gesundheit der Personen zu rechnen, die sich in den hier in Rede stehenden Tüschenhäusern aufhalten (vgl. OVG Münster, B. v. 22.07.2002 - 7 B 508/01 - NVwZ-RR 2003, 722).

34

3. Schließlich ist bei der Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zur Durchsetzung bauordnungsrechtlicher Anforderungen der Gesichtspunkt zu beachten, dass ein gleichgeeignetes milderes Mittel als diejenige Anforderung, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, geprüft werden muss. Dies gilt einmal dann, wenn der Bauordnungsbehörde selbst (etwa auf Grund technischer Vorschriften, allgemeine technischen Wissens) bekannt ist, dass der von der einschlägigen Vorschrift vorausgesetzte Zweck mit einem milderen Mittel erreichbar ist. Dies gilt auch dann, wenn der Adressat der bauordnungsrechtlichen Verfügung im Verwaltungsverfahren, namentlich auch im Widerspruchsverfahren, geltend macht, es gäbe ein milderes Mittel. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Realisierung dieses milderen, gleichgeeigneten Mittels einer Abweichung nach § 67 LBauO M-V bedürfte, wenn eine entsprechende Maßnahme bei Errichtung oder Änderung des Gebäudes durchgeführt werden soll. § 67 LBauO M-V richtet sich nämlich an den Bauherrn.

35

Maßgebend sind bei der Ermessensentscheidung über bauordnungsrechtliches Einschreiten die Wertungen zu berücksichtigen, die der Gesetzgeber namentlich den brandschutzrechtlichen Vorschriften und der Neukonzeption von Ausnahmen und Befreiungen in Form der sogenannten Abweichung nach § 67 LBauO M-V zu Grunde gelegt hat.

36

Der Gesetzgeber hat mit der Neufassung des materiellen Bauordnungsrechts die Zielrichtung verfolgt, "Kann-" und "Soll"-Regelungen des materiellen Bauordnungsrechtes zu beseitigen und unmittelbar gesetzesabhängige Zulassungstatbestände zu formulieren. In der Gesetzesbegründung heißt es in diesem Zusammenhang:

37

"Ergänzend dazu ist die bisherige, auf die Rechtsfindung in Einzelfällen gerichtete Regelung von Ausnahmen und Befreiungen durch die Schutzziel bezogenen flexible Regelung von Abweichungen (§ 67 LBauO M-V) ersetzt worden. Danach können Abweichungen von (allen materiellen) Anforderungen des Bauordnungsrechts zugelassen werden, wenn sie unter Berücksichtigung ihres Zwecks und unter Würdigung der nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind" (Landtagsdrucksache 4/1810 S. 95). Das Vorliegen einer unzumutbaren oder unbilligen Härte oder eines atypischen Einzelfalles ist jedenfalls nicht Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahme nach § 67 LBauO M-V, sofern es um die Einhaltung materiellen Bauordnungsrechts geht. In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber in der Regierungsbegründung (S. 170) ausgeführt: "Dabei geht die Neufassung ... davon aus, dass Vorschriften des Bauordnungsrechts bestimmte - in der überarbeiteten Landesbauordnung namentlich in den Regelungen des Brandschutzes verstärkt verdeutlichte - Schutzziele verfolgen und zur Erreichung dieser Schutzziele einen - aber auch nur einen Weg von mehreren möglichen - Weg weisen (Unterstreichung im Original). Ziel der Abweichungsregelung ist, die Erreichung des jeweiligen Schutzziels der Norm in den Vordergrund zu rücken und - insbesondere ohne Bindung an das Erfordernis des atypischen Einzelfalls - auf diese Weise das materielle Bauordnungsrecht vollzugstauglich zu flexibilisieren". Auf eine atypische Lage kommt es somit jedenfalls im Bereich des technischen Brandschutzes nicht an.

38

Bei diesem Verständnis des § 67 LBauO ergibt sich, dass dann, wenn die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind, grundsätzlich ein Anspruch auf Ausnahme besteht, sofern nicht andere öffentliche Vorschriften entgegenstehen. Aus der Sicht der hier zu beurteilenden bauordnungsrechtlichen Verfügung liegt damit unter den genannten Voraussetzungen ein milderes Mittel vor.

39

4. Unter Zugrundelegung dessen bestanden gegen die angefochtenen Bescheide jedenfalls teilweise rechtliche Bedenken:

40

a) Soweit es um die Fenster im Erdgeschossbereich der Nordwand des Gebäudes der Kläger geht, sind sie unzulässig. Dies ergibt sich aus Folgendem:

41

Nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 LBauO M-V sind Brandwände erforderlich als Gebäudeabschlusswand, wenn diese Abschlusswand an oder mit einem Abstand von bis zu 2,5 m gegenüber der Grundstücksgrenze errichtet werden, es sei denn, dass ein Abstand von mindestens 5 m zum bestehenden oder nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäude gesichert ist. Nach § 30 Abs. 1 LBauO M-V ist eine Gebäudeabschlusswand eine Brandwand als raumabschließender Bauteil zum Abschluss von Gebäuden. Diese Voraussetzungen sind sowohl an der nördlichen wie an der südlichen Wand des Gebäudes der Kläger erfüllt.

42

Bei der Tüschenbebauung sind daher zu den Tüschen hin grundsätzlich keinerlei Öffnungen in den Wänden zulässig. Sie können nur im Wege der Abweichung zulässig werden.

43

Im Ausgangspunkt kommt rechtlich gesehen eine Abweichung von den Anforderungen einer Gebäudeabschlusswand jeweils dann in Betracht, wenn die Grenzwand des gegenüberliegenden Gebäudes auf dem Nachbargrundstück als Gebäudeabschlusswand ausgeführt ist. In diesem Falle ist die Gefahr des Übergreifens eines Brandes, der durch die Errichtung einer Gebäudeabschlusswand gebannt werden soll, nicht mehr gegeben (vgl. VG des Saarlandes, U. v. 08.12.2004 - 5 K 117/04 - zitiert nach juris Rn. 28). Im vorliegenden Fall hat der Senat bereits herausgehoben, dass das Ensemble X. eine besondere städtebauliche Gestaltung aufweist, die es geradezu gebietet, dass es sich die vorhandene wie eine neue Bebauung in Dimension und Anordnung an die bestehende Bebauung mit schmalen Giebelhäusern, die durch Tüschen getrennt sind, hält (Senatsbeschluss v. 20.07.1995 - 3 M 154/04 - BRS 57 Nr. 160). Ausgangspunkt der Betrachtung unter diesen Umständen muss es für Entwicklungen vor In-Kraft-Treten der Landesbauordnung bzw. der Bauordnung der DDR sein, der bisherigen Entwicklung zu entnehmen, welche der jeweiligen Wände als Gebäudeabschlusswand ausgestaltet worden sind und demgemäß die gegenüberliegende Wand des Gebäudes auf dem Nachbargrundstück diese Anforderungen nicht zu erfüllen hat. Dies kann, muss aber nicht einheitlich für den gesamten Ortsteil Y. im Bereich der Tüschenbebauung die Nordseite sein. Entscheidend sind die Grundstücksverhältnisse auf dem jeweils betroffenen Grundstück. Hieraus dürfte sich ergeben, dass unter Berücksichtigung der Nachbarbebauung des Grundstücks der Kläger die Nordwand die Anforderungen an eine Gebäudeabschlusswand erfüllen müssen. Die Südwand des Gebäudes X. 85 auf dem benachbarten Flurstück 775 ist nicht als Gebäudeabschlusswand ausgebildet; hier finden sich Fenster und Eingangstüren.

44

Hinsichtlich der angefochtenen Bescheide ist daher zunächst festzustellen, dass das Verbot von Öffnungen in der Nordwand als Gebäudeabschlusswand umfassend besteht. Es betrifft die beiden in der Nordwand belegenen Fenster der ehemaligen Zahnarztpraxis, das Fenster für das Badezimmer sowie die folgenden Fenster für das Schlafzimmer.

45

Für das Zimmer Wohnung 1 Raum 2 war seitens der Kläger eine Festverglasung F 60 vorgesehen. Der Beklagte steht auf dem Standpunkt, hier handele es sich um eine Öffnung, die erhalten bliebe. Sie sei daher mit § 30 Abs. 8 Satz 1 LBauO M-V nicht vereinbar. Insoweit wäre zu prüfen gewesen, ob hierin ein gleichwirksames Austauschmittel zur vollständigen Verschließung der Öffnung liegt, die der Zielrichtung des § 30 Abs. 1 LBauO M-V entspricht. Diese Frage muss im Rahmen der Entscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO offen bleiben.

46

b) Der Beklagte hat den Klägern des Weiteren aufgegeben, die im Dach der Nordseite befindliche Gaube zurückzubauen. Der Ausgangsbescheid behandelt die Dachgaube ausschließlich unter dem Aspekt des Brandschutzes. Dies gilt auch für den Widerspruchsbescheid.

47

Zunächst erscheint fraglich, ob § 30 LBauO M-V auf Dachgauben anwendbar ist. Insoweit trifft nämlich § 32 Abs. 5 LBauO M-V eine Regelung. Danach sind Dachüberstände, Dachgesimse und Dachaufbauten etc. so anzuordnen und herzustellen, dass Feuer nicht auf andere Gebäudeteile und Nachbargrundstücke übertragen werden kann. Dass diese Vorschrift sich auch auf Dachgauben bezieht, ergibt sich aus Abs. 1 S. 2 Nr. 2 dieser Vorschrift. Danach müssen Dachgauben und ähnliche Dachaufbauten aus brennbaren Baustoffen von Brandwänden und von Wänden, die anstelle von Brandwänden zulässig sind, mindestens 1,25 m entfernt sein, wenn sie nicht durch diese Wände gegen Brandübertragung geschützt sind. Der genannte Abstand von 1,25 m bezieht sich dabei auf das eigene Gebäude. Dabei ist der erforderliche Abstand bis zur Brandwand und nicht bis zur gedachten Mittellinie der Wand zu halten (Grosse-Suchsdorf/Liendorf/Schmalz/Wiechert, Niedersächsische Bauordnung 8. Aufl. § 32 Rn. 13). Diese Anforderung dürfte nicht eingehalten sein.

48

In diesem Falle ist aber ergänzend zu prüfen, ob die Dachgaube nicht durch die Gebäudeabschlusswand gegen Brandübertragung geschützt ist. Mit dem letzten Halbsatz dürfte gemeint sein, dass die Dachkonstruktion den genannten Abstand dann nicht einhalten muss, wenn die Gebäudeabschlusswand die Dachgaube im Profil begleitet; dies ist dann der Fall, wenn die Aufbauten Teil dieser Wände sind (Temme in Gädtke/Temme/Heintz/Czepuck, Bauordnung NRW, Kommentar 11.Auf. § 35 Rn. 26). Dies dürfte auch dann der Fall sein, wenn die Wände insgesamt die Anforderungen an eine Gebäudeabschlusswand erfüllen. Dies bedürfte aber einer eingehenden Prüfung, die im Rahmen einer Entscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO nicht möglich ist. Gleiches gilt für die Frage, ob durch eine andere Maßnahme als durch den Rückbau der Gaube insgesamt die Einhaltung der brandschutzrechtlichen Vorgaben als erreicht werden kann, die für den Beklagten als milderes Mittel hätte erkennbar sein müssen oder auf Grund des Widerspruchsvorbringens der Kläger hätte geprüft werden müssen.

49

Das Verwaltungsgericht weist im übrigen in dem angefochtenen Urteil darauf hin, dass der Beklagte in dem Bescheid keine Begründung gegeben habe, warum hier anders als bei den übrigen Öffnungen diese nicht nur feuerbeständig bzw. feuerhemmend ausgestaltet sondern zurückgebaut werden müsse. Das Verwaltungsgericht stellte im Weiteren Vermutungen an, welche Überlegungen den Beklagten insoweit hätten veranlassen können. Im Rahmen der Überprüfung einer Ermessensentscheidung nach § 114 S. 1 VwGO können aber nur diejenigen Gesichtspunkte berücksichtigt werden, die der Ermessensentscheidung, in der Regel aus der Begründung erkennbar, zu Grunde liegen. Selbst dann, wenn der Beklagte sich diese Überlegungen nunmehr zu eigen machen würde, läge ein Fall unzulässigen Nachschiebens von Ermessenserwägungen vor, der nach § 114 Satz 2 VwGO nicht mehr gedeckt ist. Diese Vorschrift ermöglicht es nämlich nicht, wesentliche Teile der Ermessenserwägungen auszutauschen oder nachträglich nachzuschieben. Werden die Ermessenserwägungen nicht nur ergänzt, sondern substanziell verändert, kann hierdurch ein neuer Verwaltungsakt erlassen worden sein (vgl. Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. § 114 Rn. 208 m.w.N.). So liegt der Fall hier hinsichtlich etwaiger Erwägungen hinsichtlich der bauplanungsrechtlichen oder sonstigen bauordnungsrechtlichen Unzulässigkeit der Gaube. Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung in Frage gestellt hat, ob die vorhandene Gaube die Abstandsvorschriften nach § 6 LBauO M-V einhält, ist Abs. 1 Satz 2 dieser Vorschrift zu berücksichtigen. Danach ist eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf. Hier sind die bereits angesprochenen Besonderheiten der bauplanungsrechtlichen Verhältnisse im Zusammenhang mit der Tüschenbebauung zu berücksichtigen.

50

c) Ähnliches gilt schließlich für die Dachfenster. Für sie sind die Regeln über Oberlichte in § 32 Abs. 5 LBauO M-V (§ 31 Abs. 7 LBauO M-V a.F.), nicht - wie von dem Beklagten vorausgesetzt - Absatz 6 (§ 31 Abs. 5 LBauO M-V a.F.) maßgebend. Es handelt sich nämlich nicht um giebelständig aneinandergebaute Gebäude (Temme in Gädtke u.a. a.a.O. § 35 Rdn. 17). Nach § 32 Abs. 5 LBauO M-V sind Dachfenster so anzuordnen und herzustellen, dass Feuer nicht auf andere Gebäudeteile und Nachbargrundstücke übertragen werden kann. Oberlichte müssen von Brandwänden und von Wänden, die anstelle von Brandwänden zulässig sind, mindestens 1,25 m entfernt sein, wenn diese Wände nicht mindestens 30 cm über die Bedachung geführt sind. Letzteres ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Maßgebend ist daher auch hier der Abstand von 1,25 m von der Brandwand, das heißt der Gebäudeaußenwand des Gebäudes der Kläger.

51

d) Soweit den Klägern schließlich aufgegeben worden ist, prüffähige Unterlagen für die Nutzungsänderung der ehemaligen Zahnarztpraxis vorzulegen, hat sich der Rechtsstreit erledigt, nachdem die Kläger einen entsprechenden Bauantrag vorgelegt haben.

52

Insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig gewesen, da eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vorlag.

53

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. bzw. § 52 Abs. 1 GKG. Auf diesen Betrag schätzt der Senat die Kosten der aufgegebenen Maßnahmen. Insoweit ist die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen zu ändern (§ 25 Abs. 2 Satz 2 GKG a.F. / § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG).

54

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen die Festsetzung des Streitwerts im Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13. Juli 2010 - 2 K 909/09 - wird zurückgewiesen.

Gründe

 
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers, mit der eine Heraufsetzung des Streitwerts von 5.000 auf 35.000 Euro begehrt wird, ist zulässig; insbesondere sind Beschwerdewert und -frist gewahrt (§ 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG) und die Beschwerdeführer beschwerdebefugt (§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG). Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert für das Verfahren zu Recht nach § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 Euro festgesetzt.
Der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). Letzteres ist hier der Fall.
Gegenstand des Rechtsstreits war das Begehren des Klägers, die Beseitigungsanordnung des Landratsamts Esslingen vom 29.01.2008 aufzuheben. Diese Verfügung verpflichtet ihn, eine auf seinem Grundstück ... ... in ... errichtete Photovoltaikanlage nebst zugehörigem Mast zu beseitigen, die der Kläger zur kommerziellen Stromerzeugung nutzen möchte. In der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 13.07.2010 hat der Kläger seine Klage zurückgenommen und in diesem Zusammenhang erklärt, es bestehe wohl die Möglichkeit, die Anlage an einen anderen Standort zu versetzen, wobei er dies weitgehend in Eigenarbeit erledigen werde.
Dieser Sach- und Streitstand bietet für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte. Entgegen der Beschwerdebegründung ergeben sich auch in Verbindung mit Nr. 9.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung 7/2004 (NVwZ 2004, 1327), an dessen Regelungen sich der Senat in seiner Streitwertpraxis grundsätzlich anlehnt, keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts. Diese Regelung empfiehlt zwar, den Streitwert einer Klage gegen eine Beseitigungsanordnung nach dem Zeitwert der zu beseitigenden Substanz zuzüglich Abrisskosten zu bemessen. Das entspricht dem Interesse am Erhalt von Investitionen in vorhandene Bausubstanz, die bei Befolgung oder Vollstreckung der Beseitigungsanordnung wertlos würden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.02.1994 - 4 B 9.94 - juris), und an der Vermeidung der damit verbundenen Abrisskosten. Solche Folgen sind im vorliegenden Fall aber - schon nach der eigenen Einschätzung des Klägers - nicht zu erwarten. Denn die streitige Anlage kann an einem anderen Ort ohne größere Investitionsverluste wiedererrichtet werden und nennenswerte Abriss- oder Versetzungskosten fallen wegen der Eigenleistungen des Klägers nicht an. Die sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebende Bedeutung der Sache wird daher nicht durch ein Interesse am Erhalt der Bausubstanz, wie es Nr. 9.5 des Streitwertkatalogs zugrunde liegt, sondern im Wesentlichen durch das - wertmäßig geringere - Standortinteresse sowie das Interesse bestimmt, eine Unterbrechung der kommerziellen Nutzung zu vermeiden. Mangels näherer Anhaltspunkte für die Bemessung des Werts dieser Interessen ist der Streitwert daher nach § 52 Abs. 2 GKG zu bestimmen. Dass der Kläger im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch über keinen konkreten Alternativstandort verfügt hat, ist entgegen der Beschwerdebegründung insoweit unerheblich. Denn dies ändert nichts daran, dass jedenfalls der Wert der grundsätzlich versetzbaren Anlage als solcher durch die Beseitigungsanordnung im Wesentlichen unberührt bleibt.
Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 6 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.