Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 16. Feb. 2016 - 15 A 1035/14

ECLI:ECLI:DE:OVGNRW:2016:0216.15A1035.14.00
bei uns veröffentlicht am16.02.2016

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 16. Feb. 2016 - 15 A 1035/14 zitiert 17 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 819 Verschärfte Haftung bei Kenntnis und bei Gesetzes- oder Sittenverstoß


(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit recht

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 24 Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege


(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn 1. diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Per

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 69 Träger der öffentlichen Jugendhilfe, Jugendämter, Landesjugendämter


(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe werden durch Landesrecht bestimmt. (2) (weggefallen) (3) Für die Wahrnehmung der Aufgaben nach diesem Buch errichtet jeder örtliche Träger ein Jugendamt, jeder überörtliche Träger ein Landesjugendam

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 4 Zusammenarbeit der öffentlichen Jugendhilfe mit der freien Jugendhilfe


(1) Die öffentliche Jugendhilfe soll mit der freien Jugendhilfe zum Wohl junger Menschen und ihrer Familien partnerschaftlich zusammenarbeiten. Sie hat dabei die Selbständigkeit der freien Jugendhilfe in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben so

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Tenor Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. Juni 2013 - 4 K 2737/13 - wird zurückgewiesen.Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert für das Beschwerdeverfah

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 5.7.2006 - 16 K 1403/05 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision

Referenzen

(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2.
die Erziehungsberechtigten
a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

36
aa) Als erlangtes Etwas im Sinne der allgemeinen Eingriffskondiktion des § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB kommt jeder vermögensrechtlich nutzbare Vorteil in Betracht, der von der Rechtsordnung einer bestimmten Person zugewiesen sein kann. Hierzu zählen nicht nur alle absoluten Rechte, der Besitz sowie Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten, sondern ebenso vorteilhafte Rechtsstellungen sonstiger Art, wie beispielsweise unrichtige Eintragungen im Grundbuch , ein Erbschein, ein Testamentsvollstreckerzeugnis und Urkunden, denen gewisse Rechtswirkungen zukommen oder aber unter ungünstigen Umständen zukommen können, aber auch die Stellung eines Forderungsprätendenten bezüglich eines hinterlegten Geldbetrages (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1989 - VIII ZR 228/88, BGHZ 109, 240, 244; Urteil vom 26. April 1994 - XI ZR 97/93, NJW-RR 1994, 847; Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., § 812 Rn. 40; BeckOK-BGB/Wendehorst, Stand: 1. März 2011, § 812 Rn. 132). Die auf Kosten des wirklichen Rechtsinhabers erlangte Stellung als Hinterlegungsbeteiligter verleiht dem anderen Forderungsprätendenten die Macht, die Auszahlung des hinterlegten Betrags an den materiell Berechtigten zu verhindern. Diese Rechtsstellung muss der an dem hinterlegten Gegenstand nicht Berech- tigte auf der Grundlage der Eingriffskondiktion durch Erklärung gegenüber dem Berechtigten oder dem Schuldner nicht nur im Falle einer förmlichen Hinterlegung aufgeben (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1961 - VII ZR 181/59, BGHZ 35, 165, 170; BGH NJW-RR 1994, 847), sondern auch dann, wenn der Schuldner die Leistung an den materiell Berechtigten von der Zustimmung des weiteren Forderungsprätendenten abhängig macht, der wahre Berechtigte mithin nicht ohne die Zustimmung des anderen über sein Recht verfügen kann (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 1969 - VIII ZR 10/68, NJW 1970, 643).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 153/99 Verkündet am:
9. Oktober 2001
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die
Richter Dr. Melullis, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den Richter
Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Unter Zurückweisung der Anschlußrevision des Beklagten wird auf die Revision des Klägers das am 30. Juni 1999 verkündete Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.
Die Anschlußberufung des Beklagten gegen das am 14. Januar 1999 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bayreuth wird insgesamt zurückgewiesen.
Im Umfang der Klage wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte beauftragte den Kläger im August 1990 mit der gärtnerischen Gestaltung der Auûenflächen der Universität B.. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag sieht die Geltung der VOB/B und der Zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen im Hochbau, Ausgabe 1976 (im folgenden: ZVH), vor. Zur Bewässerung der Anpflanzungen entnahm der Kläger Wasser aus Hydranten, die sich auf dem Universitätsgelände befanden. Nach Beendigung der Arbeiten erteilte der Kläger dem Beklagten unter dem 29. April 1993 Schluûrechnung mit einer Restsumme von 198.131,31 DM. Der von dem Beklagten mit der Rechnungsprüfung betraute Architekt kürzte die Rechnung um zahlreiche Positionen und versah sie mit dem Vermerk "in allen Teilen geprüft u. mit den aus der Rechnung ersichtlichen Änderungen für richtig befunden". Der Beklagte setzte daraufhin den restlichen Werklohn des Klägers auf 14.172,45 DM fest und teilte dem Kläger mit Schreiben vom 5. Juli 1993 mit, daû dieser Betrag "als Schluûzahlung" überwiesen werde. Das Schreiben enthält weiter den Satz: "Wir weisen darauf hin, daû die vorbehaltlose Annahme der Schluûzahlung Nachforderungen ausschlieût (§ 16 Nr. 3 VOB/B)." Mit Schreiben vom 14. Juli 1993 wandte sich der Kläger gegen die Schluûzahlungsfestsetzung und erklärte "ausdrücklich Vorbehalt zu sämtlichen fakturierten Restwerksvergütungsansprüchen gemäû Schluûrechnung vom 29.4.1993 in voller Höhe gemäû § 16 Nr. 3 Abs. 2". Mit Schreiben vom 9. August 1993 listete der Kläger die vom Architekten des Beklagten gekürzten Positionen auf und legte dem Schreiben verschiedene Aufstellungen und Aufmaûe bei. Das für den Beklagten handelnde Landbauamt B. wies mit Schreiben vom 6. September 1993 den Kläger darauf hin, daû die Prüfung der im Schreiben vom 9. August 1993 aufgelisteten Forderungen nur nach Vorliegen
weiterer Unterlagen möglich sei. Eine vom Kläger erbetene Schluûbesprechung lehnte das Landbauamt ab.
Mit seiner Klage hat der Kläger vom Beklagten Zahlung restlichen Werklohns in Höhe von 182.947,23 DM nebst Zinsen verlangt.
Der Beklagte hat sich unter anderem auf die Bestimmung des § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B berufen, die mangelnde Prüffähigkeit der Schluûrechnung eingewandt und im übrigen die sachliche Berechtigung der Klageforderung bestritten. Der Beklagte hat im Wege der Widerklage vom Kläger die Zahlung von 12.726,46 DM nebst Zinsen verlangt. Er meint, daû der Kläger das zur Bewässerung der Anpflanzungen von ihm aus den auf dem Universitätsgelände befindlichen Hydranten entnommene Wasser zu bezahlen habe.
Das Landgericht hat sowohl die Klage als auch die Widerklage abgewiesen. Die gegen die Abweisung der Klage gerichtete Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg. Auf die Anschluûberufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und den Kläger auf die Widerklage verurteilt , an den Beklagten 10.323,06 DM nebst Zinsen zu zahlen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter und begehrt die vollständige Abweisung der Widerklage. Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision und erstrebt mit der von ihm eingelegten Anschluûrevision die Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die Anschluûberufung in Höhe von 2.403,40 DM nebst Zinsen erfolglos geblieben ist. Der Kläger tritt der Anschluûrevision entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil des Klägers entschieden hat, und zur Zurückverweisung der Sache im Umfang der Klage. Die Anschluûrevision des Beklagten bleibt ohne Erfolg, da die Widerklage insgesamt abzuweisen ist.
A. Zur Klage:
I. 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, daû der Kläger mit seiner Nachforderung gemäû § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B ausgeschlossen sei, weil er seinen zur Annahme der Schluûzahlung erklärten Vorbehalt nicht ausreichend begründet habe. Es meint, daû § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B anzuwenden sei. Bei Vereinbarung von der VOB/B vorgehenden anderen Bestimmungen, hier der ZVH, sei zu prüfen, ob die neben der ZVH noch anwendbaren Bestimmungen der VOB noch einen Ausgleich der beiderseitigen Interessen enthielten, der Kläger also nicht durch diese entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt werde (§ 9 Abs. 1 AGBG). Die ZVH veränderten das Gesamtgefüge der VOB/B jedoch nicht in einem solchen Ausmaû. Nr. 2.2 ZVH greife zwar insoweit nicht unerheblich in die Regelung des § 2 Nr. 5 VOB/B ein, als nach letzterer ein Anspruch auf eine Vergütung von planänderungsbedingten oder aufgrund anderer Anordnungen des Auftraggebers erbrachten Mehrleistungen auch ohne vorherige Ankündigung entstünde. Der Unternehmer werde jedoch durch Nr. 2.2 ZVH lediglich angehalten, seinen insoweit erhöhten Vergütungsanspruch vorher schriftlich anzukündigen. Darin liege keine sachlich ungerechtfertigte, den Unternehmer nur formalistisch be-
nachteiligende isolierte Erschwernis. Die in Nr. 2.2 ZVH enthaltende Änderung der VOB/B greife weder in deren Kernbereich zu Lasten des Unternehmers ein, noch benachteilige sie ihn unangemessen, schon gar nicht entgegen Treu und Glauben (§ 9 Abs. 1 AGBG). Nr. 12.1 Satz 3 der ZVH hebe zwar die in § 12 Nr. 5 VOB/B enthaltenen Regelungen auf. Letztere beträfen jedoch nur Spezialfälle der Fiktion einer Abnahme, deren Eintritt der Auftragnehmer schon dadurch vermeiden könne, daû er die Abnahme seiner Leistung verlange. Nr. 16.3 der ZVH betreffe nur den in § 16 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/B angeführten Spezialfall und nicht § 16 Nr. 1 VOB/B insgesamt. Auch alle diese Abänderungen zusammen griffen nicht derart stark in das Interessenausgleichsgefüge der VOB/B ein, daû ihre übrigen durch die ZVH nicht geänderten Regelungen - und diese seien deren weitaus gröûter Teil - so sehr zu Lasten des Klägers als Unternehmer gingen, daû sie insgesamt ihn entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen würden (§ 9 Abs. 1 AGBG). Die neben den ZVH anwendbaren Bestimmungen der VOB/B seien deshalb wirksam, auch § 16 Nr. 3 VOB/B.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Einwand der vorbehaltlosen Annahme der Schluûzahlung greift nicht durch.

a) § 16 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B (1990), auf den sich der Beklagte stützt, bestimmt , daû die vorbehaltlose Annahme der Schluûzahlung Nachforderungen ausschlieût, wenn der Auftragnehmer über die Schluûzahlung schriftlich unterrichtet und auf die Ausschluûwirkung hingewiesen wurde.
Bei "isolierter" Würdigung verstöût diese Klausel gegen die Regelung des § 9 AGBG und ist insoweit unwirksam. Sie bewirkt, daû eine Werklohnforderung innerhalb kurzer Frist aus formalen Gründen undurchsetzbar werden
kann, und weicht damit erheblich von dem Grundgedanken des dispositiven Rechts ab, daû eine solche Forderung durch Leistung zu tilgen ist (§ 362 Abs. 1 BGB) und daû sie der Auftragnehmer nur dann nicht mehr realisieren kann, wenn sie verjährt oder verwirkt ist (BGHZ 138, 176, 178). Jedoch läût die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verwendung dieser Regelung weiterhin dann zu, wenn die Vertragsparteien die Anwendung der Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B insgesamt vereinbaren, weil deren Bestimmungen insgesamt einen auf die Besonderheiten des Bauvertragsrechts abgestimmten, im ganzen einigermaûen ausgewogenen Ausgleich der beteiligten Interessen darstellen (BGHZ 101, 357, 359 f.).

b) Anders verhält es sich, wenn im Einzelfall Vereinbarungen getroffen werden, die in den Kernbereich der Regelungen der VOB/B eingreifen und deren Ausgewogenheit empfindlich stören (st. Rspr., u.a. BGHZ 113, 315, 322 f.). Dies ist hier entgegen der Annahme des Berufungsgerichts dadurch der Fall, daû die Parteien zusätzlich und vorrangig die vom Beklagten gestellten ZVH in das Vertragsverhältnis einbezogen haben. Einzelne in diesem Regelungswerk enthaltene Klauseln beeinträchtigen in diesem Sinn die Ausgewogenheit der Regeln der VOB/B zum Nachteil des Auftragnehmers.
aa) Dies gilt zunächst für die Regelung in Nr. 16.3 ZVH, nach der Abschlagszahlungen in Höhe von 90 v.H. des Wertes der Stoffe und Bauteile gewährt werden. Nach § 16 Nr. 1 VOB/B hat der Auftragnehmer unter bestimmten Voraussetzungen demgegenüber einen Anspruch auf Abschlagszahlungen in Höhe des (vollen) Werts der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäûen Leistungen einschlieûlich der auf der Baustelle angelieferten Stoffe und Bauteile. Dieser Anspruch wird durch die Regelung der ZVH verkürzt. Wie der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden hat, liegt in einem Einbehalt von 10%
der eigentlich geschuldeten Abschlagszahlungen eine schwerwiegende Abweichung von der Regelung in § 16 VOB/B zu Lasten des Auftragnehmers (u.a. BGHZ 101, 357, 361; BGHZ 111, 394, 396). Das gilt auch im vorliegenden Fall; dabei spielt es keine Rolle, daû die Kürzung nicht über die gesamte Breite des Anspruchs wirken und möglicherweise sogar mit gewissen Erleichterungen für den Auftragnehmer verbunden sein mag.
bb) Nach Nr. 2.2 ZVH muû der Auftragnehmer, der wegen Änderung des Bauentwurfs oder anderer Anordnungen des Auftraggebers eine erhöhte Vergütung beansprucht, dies dem Auftraggeber vor der Ausführung schriftlich ankündigen. Demgegenüber sieht § 2 Nr. 5 VOB/B nur vor, daû eine Preisvereinbarung vor der Ausführung getroffen werden soll. Sofern dies nicht geschieht, ist der Auftragnehmer aber nicht gehindert, die angemessene ("neue") Vergütung zu verlangen (vgl. BGHZ 50, 25, 30; BGH, Urt. v. 20.12.1990 - VII ZR 248/89, BauR 1991, 210, 212). Nr. 2.2 ZVH schafft demgegenüber mit dem Erfordernis der schriftlichen Ankündigung eine weitere Anspruchsvoraussetzung , die das Entstehen des Vergütungsanspruchs hindern kann.
cc) Nach Nr. 12.1 Satz 3 ZVH ist abweichend von § 12 Nr. 5 VOB/B die Fiktion der Abnahme ausgeschlossen. Auch das kann sich zu Lasten des Auftragnehmers auswirken (BGHZ 111, 394, 397; BGHZ 131, 392, 397).

c) Durch die genannten Regelungen wird die Ausgewogenheit des Interessenausgleichs jedenfalls insgesamt so nachhaltig gestört, daû die Bestimmung der VOB/B nicht mehr "als Ganzes" vereinbart sind (BGHZ 111, 394, 397 m.w.N.).

d) Da nach alledem die Regelung in § 16 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B nicht angewandt werden kann, steht der Klageforderung eine Ausschluûwirkung der Schluûzahlung nicht entgegen.
3. Der Klageforderung stehen nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen auch nicht andere Gründe entgegen. Insbesondere hat das Berufungsgericht nicht fehlerfrei festgestellt, daû die Klageforderung wegen Fehlens der Prüffähigkeit der Abrechnung des Klägers nicht fällig sei (§ 14 VOB/B). Aus den Regelungen in Nr. 4.1 und Nr. 14.1 ZVH, auf die sich das Berufungsgericht insoweit stützt, die in mehr als einem Oberlandesgerichtsbezirk gelten und die der Senat deshalb selbst auslegen kann (vgl. u.a. BGHZ 141, 391, 394), kann nämlich zum einen nicht abgeleitet werden, daû durch sie auch die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs geregelt werden soll (BGH, Urt. v. 29.04.1999 - VII ZR 127/98, BauR 1999, 1185). Zum anderen vermag die hinsichtlich eines Groûteils der Rechnungspositionen gegebene pauschale Begründung , es fehle an der Prüffähigkeit, weil die Aufstellungen nicht entsprechend Nr. 4.1 oder 14.1 ZVH erfolgt seien, nicht zu tragen. Es ist nicht ersichtlich , daû sich ein Verstoû gegen diese Regelungen notwendigerweise auf die Prüffähigkeit auswirken müûte. Die weitere, an sich tragfähige Begründung des Berufungsgerichts, ein Teil der Aufstellungen sei keiner Rechnungsposition zuzuordnen, steht der Prüffähigkeit der anderen Teile nicht entgegen. Darüber hinaus kann nicht auûer Betracht bleiben, daû - worauf die Revision hinweist - eine Rechnungsprüfung tatsächlich stattgefunden hat.
II. 1. Das Berufungsgericht meint, daû die Klage überdies auch abzuweisen wäre, wenn § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B nicht anwendbar wäre. Für den Umfang der von ihm erbrachten Leistungen sei der Kläger beweispflichtig, er habe jedoch keine zulässigen Beweismittel angeboten. Aus den vertraglichen
Regelungen der Ziffern 4.1 und 14.1 ZVH sei zu entnehmen, daû der Kläger zum Umfang seiner nicht mehr objektiv feststellbaren Leistungen nicht Beweismittel anbieten könne, die entgegen dem Sinn dieser Regelung dem Beklagten keinerlei Gewähr hinsichtlich deren Zuverlässigkeit böten und ihm jede Möglichkeit zu einem Gegenbeweis nähmen. Der Kläger habe zum Beweis der streitgegenständlichen Leistungen lediglich seine Angestellten und seine Ehefrau als Zeugen sowie die von ihm selbst angefertigten "handschriftlichen Zusammenstellungen" angeboten. Nach dem Sinn und Zweck dieser vertraglichen Bestimmungen müsse der Beklagte jedoch solche Beweismittel nicht gegen sich gelten lassen, zumal das Architekturbüro ihn mit Schreiben mehrfach zu entsprechenden Anmeldungen aufgefordert habe.
2. Dies greift die Revision mit Erfolg an.
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts führt die Nichtvorlage von Bautageberichten nach Nr. 4.1 ZVH und die unterlassene Durchführung der gemeinsamen Feststellung der für die Abrechnung wesentlichen Daten gemäû Nr. 14.1 ZVH nicht dazu, daû der vom Kläger angebotene Beweis zu den angeblich von ihm erbrachten Leistungen nicht zu erheben wäre.
Nimmt der Auftragnehmer kein gemeinsames Aufmaû, begibt er sich der Vorteile, die ein vom beiderseitigen Einverständnis getragenes Aufmaû hat. Er hat dann vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen, daû die in der Rechnung geltend gemachten Leistungen tatsächlich erbracht worden sind; die Nichterweislichkeit geht zu seinen Lasten (BGH, Urt. v. 29.04.1999, aaO, 1186). Mit Recht beanstandet die Revision unter Hinweis auf § 286 ZPO die Annahme des Berufungsgerichts, daû der Kläger insoweit keine zulässigen Beweismittel angeboten habe. Der Tatrichter darf von der Erhebung zulässiger
und rechtzeitig angetretener Beweise nur absehen, wenn die Beweismittel völlig ungeeignet sind oder die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen bereits erwiesen oder zugunsten des Beweisführers zu unterstellen ist (BGH, Urt. v. 19.06.2000 - II ZR 319/98, NJW 2000, 3718, 3720). Es gibt keinen Erfahrungssatz des Inhalts, daû Zeugen, die einer Prozeûpartei nahestehen, von vornherein als parteiisch und unzuverlässig zu gelten haben und ihre Aussagen grundsätzlich unbrauchbar sind (BGH, Urt. v. 18.01.1995 - VIII ZR 23/94, NJW 1995, 955, 956, insoweit in BGHZ 128, 307 ff. nicht abgedruckt). Zwar sind bei der Würdigung von Zeugenaussagen Umstände wie die verwandtschaftliche oder auf einem Beschäftigungsverhältnis beruhende Verbundenheit mit einem Beteiligten jeweils gebührend zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 03.11.1987 - VI ZR 95/87, NJW 1988, 566, 567). Über die Glaubwürdigkeit eines Zeugen kann jedoch grundsätzlich erst befunden werden, wenn der Beweis erhoben ist (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 284 Rdn. 70). Die Annahme des Berufungsgerichts, daû der Kläger insoweit keine zulässigen Beweismittel angeboten habe, stellt letztlich eine unzulässige, mit § 286 Abs. 1 ZPO nicht zu vereinbarende vorweggenommene Beweiswürdigung dar (dazu BGH, Urt. v. 12.10.1998 - II ZR 164/97, NJW 1999, 143).
Den Regelungen in Nr. 4.1 und 14.1 ZVH hat das Berufungsgericht weiter entnommen, der Kläger könne sich nicht auf Beweismittel stützen, die ihm keinerlei Gewähr für ihre Zuverlässigkeit böten. Der Beklagte hat aus diesen Regelungen darüber hinaus abgeleitet, die Parteien hätten einen Beweismittelvertrag abgeschlossen, der dem Kläger die Möglichkeit nehme, sich auf andere Beweismittel als Bautageberichte und gemeinsam getroffene Feststellungen zu stützen. Dem kann nicht beigetreten werden. Die genannten Bestimmungen der ZVH tragen die Annahme einer derart weitgehenden Vereinbarung nicht. Aus einer Vereinbarung, Bautageberichte zu erstellen und gemein-
same Feststellungen zu treffen, ergibt sich schon objektiv kein Regelungsgehalt dahin, daû ein Beteiligter mit anderen Beweismitteln ausgeschlossen sein solle.
B. Zur Widerklage:
I. Das Berufungsgericht hat den von dem Beklagten im Wege der Widerklage geltend gemachten Anspruch auf Bezahlung des vom Kläger entnommenen Wassers überwiegend für begründet erachtet. Es hat hierzu im wesentlichen ausgeführt, daû der Kläger gemäû der zum Inhalt des Vertrages gehörenden Leistungsbeschreibung das zum Bewässern der Pflanzungen benötigte Wasser auf seine Kosten habe beschaffen müssen. Der Kläger habe jedoch das Wasser unstreitig den Hydranten der Universität entnommen und dafür nichts bezahlt. Der Beklagte habe deshalb gemäû § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB Anspruch auf Bezahlung dieses Wassers, selbst wenn die Verwaltung der Universität dem Kläger eine unentgeltliche Entnahme dieses Wassers gestattet haben sollte, denn diese sei - auch für den Kläger erkennbar - nicht bevollmächtigt gewesen, den Vertrag insoweit zu ändern. § 814 BGB sei nicht anzuwenden.
II. Auch diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag dahingehend ausgelegt, daû der Kläger das zur Bewässerung der Pflanzen benötigte Wasser auf eigene Kosten zu beschaffen hatte. Dies wird von der Revision nicht angegriffen. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.
2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiter angenommen, daû der Bereicherungsanspruch, den der Beklagte geltend macht, seine rechtliche Grundlage in § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB findet. Nachdem der Kläger das Wasser aus den auf dem Universitätsgelände befindlichen Hydranten entnommen hat, kann er Bereicherungsschuldner sein, wenn er "in sonstiger Weise" (sogenannte Nichtleistungs- oder Eingriffskondiktion) etwas auf Kosten des Beklagten erlangt hat. Etwas erlangt hat derjenige, der einen Vermögensvorteil erworben hat. Ein solcher Vorteil kann in dem Verbrauch einer fremden Sache - wie hier dem Wasser - liegen, wenn der Verbraucher dadurch eigene Aufwendungen erspart (BGHZ 14, 7, 9).
3. Die Revision beanstandet aber mit Recht, daû ein Bereicherungsausgleich nur im Verhältnis zu dem, von dem das Wasser entnommen worden ist, nicht aber im Verhältnis zum Beklagten des vorliegenden Rechtsstreits möglich sei.
Der Kläger hat den in dem Wasserverbrauch liegenden Vermögensvorteil nicht "auf Kosten" (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) des Beklagten erlangt. Für einen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Variante BGB fehlt es vorliegend an der Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung zwischen dem Beklagten und dem Kläger. Bei der Nichtleistungskondiktion darf der Kondiktionsgegenstand dem Bereicherungsschuldner nicht auf dem Umweg über das Vermögen eines Dritten zugeflossen sein, sondern muû sich bis zum kondiktionsauslösenden Vorgang im Vermögen des Bereicherungsgläubigers befunden haben (Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. II/2, 13. Aufl., § 67 II 2 b, S. 135). Insoweit dient nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 94, 160, 165; vgl. auch BGHZ 68, 276, 277; BGHZ 99, 385, 390) das Kriterium der Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung unter an-
derem dazu, die Parteien der Nichtleistungskondiktion festzulegen (vgl. auch MünchKomm. z. BGB/Lieb, 3. Aufl., § 812 Rdn. 18 a). Daran ist festzuhalten.
Das vom Kläger entnommene Wasser befand sich vorliegend vor der Entnahme jedenfalls nicht im Vermögen des Beklagten. Daraus folgt, daû der dem Kläger durch den Wasserbezug zugeflossene Vermögensvorteil jedenfalls nicht aus dem Vermögen des Beklagten stammte. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, daû nach der von dem Beklagten vorgelegten Erklärung vom 7. Juni 1999 die Wasser- und Abwassergebühren der Universität B. aus den Haushaltsmitteln des Beklagten bestritten werden. Die Erstattung der Aufwendungen für den Bezug des Wassers ändert nichts an der für den Bereicherungsausgleich maûgeblichen Vermögenszuordnung.
C. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit zum Nachteil des Klägers entschieden wurde. Im Umfang der Klage ist die Sache an das Berufungsgericht, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird, zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Da die Sache hinsichtlich der Widerklage aufgrund des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts entscheidungsreif ist, kommt insoweit eine Zurückverweisung nicht in Betracht (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Es bleibt bei der vom Landgericht ausgesprochenen Abweisung der Widerklage. Demgemäû sind die Anschluûberufung des Beklagten gegen das landgerichtl iche Urteil und seine Anschluûrevision zurückzuweisen.
Rogge Melullis Keukenschrijver
Mühlens Meier-Beck

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe werden durch Landesrecht bestimmt.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Wahrnehmung der Aufgaben nach diesem Buch errichtet jeder örtliche Träger ein Jugendamt, jeder überörtliche Träger ein Landesjugendamt.

(4) Mehrere örtliche Träger und mehrere überörtliche Träger können, auch wenn sie verschiedenen Ländern angehören, zur Durchführung einzelner Aufgaben gemeinsame Einrichtungen und Dienste errichten.

(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2.
die Erziehungsberechtigten
a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

(1) Die öffentliche Jugendhilfe soll mit der freien Jugendhilfe zum Wohl junger Menschen und ihrer Familien partnerschaftlich zusammenarbeiten. Sie hat dabei die Selbständigkeit der freien Jugendhilfe in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben sowie in der Gestaltung ihrer Organisationsstruktur zu achten.

(2) Soweit geeignete Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können, soll die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen.

(3) Die öffentliche Jugendhilfe soll die freie Jugendhilfe nach Maßgabe dieses Buches fördern und dabei die Beteiligung von Kindern, Jugendlichen und Eltern stärken.

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.


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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Verfahrensbeteiligten streiten um die Erstattung von Mehraufwendungen für die Unterbringung der Klägerin in einer privaten Kinderkrippe.

1. Bereits am 9. Juli 2012 meldeten die Eltern die am ... August 2012 geborene Klägerin für einen Krippenplatz in den Einrichtungen „k.“ und „k. der Beklagten an, welche jeweils federführend für weitere sechs Krippen tätig waren. Mit Schreiben vom 20. und 25. April 2013 erhielten die Eltern von der Beklagten, Abteilung „KITA“, städtischer Betrieb, mitgeteilt, dass in diesen Einrichtungen kein Platz angeboten werden könne.

Unter dem 29. April 2013 meldete die Mutter und spätere Prozessbevollmächtigte der Klägerin den weiterhin bestehenden Bedarf für einen Vollzeitbetreuungsplatz ab 1. September 2013 bei den beiden federführenden Einrichtungen an. Im Fall der Nichterfüllung werde der entsprechende Schaden (Verdienstausfall, Kosten einer anderweitigen Betreuung in einer privaten Einrichtung) gerichtlich geltend gemacht.

Am 14. Mai 2013 schlossen die Eltern der Klägerin für ihre Tochter einen Bildungs- und Betreuungsvertrag mit einer privat betriebenen Kinderkrippe ab. In diesem Vertrag wurde die Aufnahme der Klägerin ab 1. September 2013 für fünf Tage pro Woche, acht bis neun Stunden täglich zu einer Monatsgebühr in Höhe von 780,- Euro vereinbart. Die Vertragsdauer betrug zunächst ein Jahr mit Verlängerungsmöglichkeit bis zum 31. August 2015.

Mit Schreiben vom 22. Mai 2013 setzte die Abteilung „KITA-Strategie und Grundsatz“ die Mutter der Klägerin darüber in Kenntnis, dass ihre Rückmeldungsschreiben vom 29. April 2013 zuständigkeitshalber an sie weitergeleitet worden seien. Gleichzeitig wurde weiterhin Unterstützung bei der Suche nach einem Vollzeitbetreuungsplatz angeboten und empfohlen, neben der Vormerkung bei nicht städtischen Einrichtungen und Eltern-Kind-Initiativen auf der Warteliste der Wunscheinrichtungen zu verbleiben. Das beigefügte Formblatt zur Ermittlung des aktuellen Betreuungsbedarfs solle schnellstmöglich zurückgesandt werden. Hieran wurde seitens der Beklagten nochmals mit E-Mail vom 4. Juni 2013 erinnert.

2. Nach weiterem Schriftverkehr beantragte die Mutter der Klägerin am 21. August 2013, die Mehrkosten der privaten Betreuung ihrer Tochter gegenüber einem Platz in einer städtischen Einrichtung zu übernehmen. Die Beklagte lehnte dieses Anliegen mit Schreiben vom 6. September 2013 ab. Der Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung nach § 24 Abs. 2 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) werde auch durch den Besuch von Einrichtungen gemeinnütziger und sonstiger Träger erfüllt. Hinsichtlich der Übernahme von Kosten für den Besuch von Einrichtungen privater Träger wurde auf die wirtschaftliche Jugendhilfe entsprechend den individuellen Einkommensverhältnissen der Eltern verwiesen.

Unter dem 19. September 2013 bot die Beklagte der Mutter der Klägerin einen Platz in der Kinderkrippe in der d. Straße ... an. Daraufhin teilte die Mutter der Einrichtung mit, dass sie bereits einen Platz in einer privaten Einrichtung habe und wegen der erneuten Eingewöhnungsphase und des nicht passenden Konzepts die Einrichtung nicht wechseln wolle.

3. Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 18. Oktober 2013 ließ die Klägerin beim Verwaltungsgericht München Klage erheben und zuletzt beantragen, die Beklagte zu verpflichten, für das erste Krippenjahr 1. September 2013 bis 31. August 2014 Euro 3.051,- und für das Krippenjahr 1. September 2014 bis 31. März 2015 Euro 2.238,- an die Klägerin zu zahlen sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, auch die Mehrkosten für den Zeitraum vom 1. April 2015 bis 31. August 2015 zu tragen. Für die Vergleichsberechnung (Differenz private Einrichtung/städtische Krippe) sei jeweils der Höchstsatz der Gebühren für eine städtische Einrichtung maßgebend. Die Klägerin, die am 2. August 2013 das erste Lebensjahr vollendet habe, habe analog § 36 Abs. 3 SGB VIII Anspruch auf Ersatz der Mehrkosten, die ihr für die Selbstbeschaffung einer Vollzeitbetreuung entstanden seien. Der Betreuungsbedarf sei rechtzeitig, ca. 14 Monate vor seiner Entstehung erstmals bei der Beklagten geltend gemacht und im April 2013, vier Monate vor Beginn der beabsichtigten Inanspruchnahme am 1. September 2013, nochmals wiederholt worden. Der erst am 19. September 2013 angebotene Platz sei zu spät gekommen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin bereits in der selbst beschafften Einrichtung eingewöhnt gewesen. Neben dem nochmaligen hohen Zeitaufwand und dem Abbruch erst geschaffener Beziehungen zur Betreuungsperson sei eine erneute Eingewöhnung mit starken emotionalen Belastungen für die Klägerin verbunden und demzufolge nicht zumutbar gewesen. Da im Mai 2013 eine Betreuung ab September 2013 nicht gewährleistet gewesen sei, sei der Abschluss des Betreuungsvertrages mit dem privaten Träger unaufschiebbar gewesen.

Die Beklagte trat dem entgegen. Unabhängig von der Beitragshöhe sei der Primäranspruch der Klägerin bereits durch den Besuch der privaten förderfähigen Kinderkrippe befriedigt worden. Auch der am 19. September 2013 angebotene Platz in der Kinderkrippe eines gemeinnützigen Trägers sei geeignet gewesen, den Rechtsanspruch der Klägerin auf frühkindliche Förderung zu erfüllen. Die Einrichtung befinde sich in 4,1 km Entfernung zur Wohnung der Familie der Klägerin und sei per Auto in zehn Minuten und mit öffentlichen Verkehrsmitteln in 23 Minuten zu erreichen. Die Arbeitsstelle der Mutter befinde sich nur 1 km von der Einrichtung entfernt und könne zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln in 11 Minuten erreicht werden. Der Übergang von der bereits besuchten privaten Einrichtung in die angebotene Einrichtung d. Straße ... sei der Klägerin aufgrund der ihr obliegenden Schadensminderungspflicht zumutbar gewesen. Ungeachtet dessen sei der Vertragsschluss mit der privaten Kinderkrippe am 14. Mai 2013 auch nicht unaufschiebbar gewesen. Die Klägerin habe der Beklagten eine angemessene Zeit zur Vermittlung eines Platzes einräumen müssen.

4. Mit Bescheid vom 13. November 2013 gewährte die Beklagte der Klägerin als Leistung der Jugendhilfe für die Zeit vom 1. September 2013 bis 30. September 2013 Hilfe in Form von Übernahme des Teilnahmebeitrags für den Besuch der privaten Kinderkrippe in Höhe von einmalig 710.- Euro.

5. Mit Urteil vom 18. März 2015 wies das Verwaltungsgericht München die Klage als unbegründet ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der Differenz zwischen den tatsächlichen Kosten für einen Betreuungsplatz in der selbst gewählten privaten Einrichtung zu denen in einer städtischen Kinderkrippe analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII. Die Eltern der Klägerin hätten den Betreuungsbedarf nicht gemäß § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII vor der Selbstbeschaffung an die Beklagte herangetragen, so dass ein Sekundäranspruch aus diesem Grunde ausscheide. Erst durch die Weiterleitung der an die beiden federführenden Kinderkrippen gerichteten Schreiben vom 29. April 2013 habe die Beklagte Kenntnis vom grundsätzlichen Betreuungsbedarf der Klägerin erhalten. Trotz der zunächst erfolgten Selbstbeschaffung mit Betreuungsvertrag vom 14. Mai 2013 habe die Beklagte den Eltern der Klägerin Unterstützung bei der Suche nach einer kostengünstigeren Einrichtung angeboten und der Klägerin am 19. September 2013 auch tatsächlich einen Betreuungsplatz in der Kinderkrippe in der d. Straße ... nachgewiesen, welche in zumutbarer Entfernung zur Wohnung der Eltern und auch zur Arbeitsstelle der Mutter der Klägerin liege und deren Gebühren der städtischen Gebührensatzung entsprächen. Dieser Platz sei von der Klägerin bzw. ihren Eltern jedoch nicht in Anspruch genommen worden. Ungeachtet dessen erscheine der Abschluss eines privaten Betreuungsvertrages Mitte Mai 2013 im Hinblick auf den erst ab dem 2. August 2013 bestehenden Rechtsanspruch der Klägerin auf einen Krippenplatz auch nicht zeitlich unaufschiebbar mit der Folge, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII insgesamt nicht vorlägen.

6. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend. Das Verwaltungsgericht habe den Anspruch zu Unrecht mit der Erwägung abgelehnt, der Antrag sei bei der falschen Behörde gestellt worden. Der bestehende Bedarf für einen Vollzeitbetreuungsplatz sei der zuständigen Behörde vor der Selbstbeschaffung bereits bekannt gewesen. Die Frage, bei wem der Anspruch hätte geltend gemacht werden müssen, besitze zudem grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Darüber hinaus lägen Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) vor. Das Verwaltungsgericht habe den Grundsatz der Amtsermittlung (§ 86 VwGO) verletzt, indem es sich mit dem Klageantrag in keiner Weise auseinandergesetzt habe. Eine Befassung mit den zeitlichen Abläufen, Anmeldung des Betreuungsbedarfs im Jahr 2012, Absagen im Frühjahr 2013, Selbstbeschaffung und Vertragsunterzeichnung am 14. Mai 2013 fehle gänzlich. Es sei stets beantragt worden, „einen Vollzeitbetreuungsplatz“ zur Verfügung zu stellen und nicht etwa einen bestimmten Platz in einer konkreten Einrichtung. Bezüglich der Nichtannahme des im September 2013 angebotenen Platzes fehle jegliche Auseinandersetzung mit dem vorgetragenen Argument, ein Wechsel sei nach bereits erfolgter Eingewöhnung mit dem Kindeswohl nicht mehr vereinbar gewesen. Ferner habe das Verwaltungsgericht auch den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) verletzt. Die streitigen Rechtsfragen seien in der mündlichen Verhandlung nicht erläutert worden. Vielmehr habe die Entscheidung bereits vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung festgestanden. Es handele sich um ein sog. Überraschungsurteil, da das Gericht einen bis dahin nicht erörterten Gesichtspunkt -das vermeintlich fehlende Herantragen des Betreuungsbedarfs an den Jugendhilfeträger - zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben habe, mit der nach dem bisherigen Verlauf nicht zu rechnen gewesen sei. Zudem habe der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung auf ein zum damaligen Zeitpunkt noch unveröffentlichtes Urteil der Kammer zu derselben Thematik verwiesen, in dem die Berufung zugelassen worden sei. Im vorliegenden Verfahren hingegen sei eine Zulassung der Berufung in der mündlichen Verhandlung ohne Angaben von Gründen abgelehnt worden.

Die Beklagte tritt dem entgegen und verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Die Klägerin habe lediglich einen Antrag gemäß Art. 21 Bayer. Gemeindeordnung (BayGO) auf Zulassung zu mehreren konkret ausgewählten Kindertageseinrichtungen in kommunaler Trägerschaft der Beklagten gestellt, nicht aber einen Anspruch auf frühkindliche Förderung gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII geltend gemacht. Auch die Rückmeldung vom 29. April 2013 habe sich wiederum lediglich auf den Anspruch aus Art. 21 BayGO, nicht aber auf die Geltendmachung eines allgemeinen Bedarfs im Sinne des § 24 SGB VIII bezogen. Mit E-Mail vom 31. Mai 2013 habe die Klägerin vielmehr eine Rücksendung des mit Schreiben vom 22. Mai 2013 übermittelten Bedarfserhebungsformulars abgelehnt und auch am 31. Juli 2013 nochmals telefonisch mitgeteilt, dass weitere Angaben zum Betreuungsbedarf nicht erfolgen werden. Damit habe bereits vor Entstehung des Rechtsanspruchs am 1. August 2013 festgestanden, dass seitens der Klägerin kein Bedarf im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB VIII geltend gemacht werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsund Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zulassungsgründe liegen - soweit dargelegt - nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Die Richtigkeit der angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung begegnet keinen ernstlichen Zweifeln (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht ist - im Ergebnis - zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin kein (weiterer) Anspruch auf Erstattung der Differenz zwischen den tatsächlichen Kosten für einen Betreuungsplatz in der gewählten privaten Einrichtung und denen einer städtischen Kinderkrippe analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zusteht. Die Beklagte hat dem Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin bereits mit Bescheid vom 13. November 2013 in vollem Umfang Rechnung getragen, indem sie für die Zeit vom 1. September 2013 bis 30. September 2013 Jugendhilfe in Form der Übernahme des Teilnahmebeitrags für den Besuch der Klägerin in der privaten Kinderkrippe in Höhe von 710,- Euro gewährte. Weitergehende Ansprüche stehen der Klägerin nicht zu, wovon - jedenfalls im Ergebnis - auch das Verwaltungsgericht zu Recht ausgegangen ist.

a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nicht bereits dann gegeben, wenn lediglich einzelne Rechtssätze oder tatsächliche Feststellungen, die das Urteil tragen, zu Zweifeln Anlass geben, dieses aber im Ergebnis aus anderen Gründen offensichtlich richtig ist (§ 144 Abs. 4 VwGO analog). § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verlangt nicht, die Berufung wegen eines Fehlers zuzulassen, der für den Ausgang des Berufungsverfahrens und damit für das Ergebnis des Prozesses erkennbar bedeutungslos bleiben wird (vgl. BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/07 -, NVwZ-RR 2004, 542 [543]; BVerfG, B. v. 24.1.2007 - 1 BvR 16 382/05 -, NVwZ 2007, 805 [806]; BayVGH, B. v. 6.11.2003 - 22 ZB 03.2602 -, NVwZ-RR 2004, 223).

b) Hiervon ausgehend hat die Bevollmächtigte der Klägerin zwar entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu Recht darauf hingewiesen, dass sie den Bedarf der Klägerin mit Schreiben vom 29. April 2013 rechtzeitig an die Beklagte herangetragen hat. Diese selbst hat die Klägerin mit Schreiben vom 22. Mai 2013 darüber in Kenntnis gesetzt, dass ihre beiden Rückmeldungsschreiben vom 29. April 2013 zuständigkeitshalber an sie weitergeleitet worden seien, nachdem bislang kein Betreuungsplatz habe zur Verfügung gestellt werden können. Spätestens damit ist das Leistungsbegehren der Klägerin aus § 24 Abs. 2 SGB VIII - und nicht etwa lediglich aus Art. 21 BayGO, wie die Beklagte rechtsirrig meint - in den Machtbereich des zuständigen Jugendhilfeträgers gelangt (§ 16 Abs. 2 Satz 1 SGB I) und damit im Sinne des § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII an sie herangetragen worden. Die Mutter der Klägerin hat in ihrer E-Mail an die Beklagte vom 31. Mai 2013 auch ausdrücklich klargestellt, dass es sich bei den Einrichtungen in der „k. und der „K. sowie den von diesen federführend betreuten weiteren sechs kommunalen Krippen keineswegs um „Wunscheinrichtungen“ handelt. Die Annahme der Beklagten, die Klägerin habe auch anlässlich der Rückmeldung vom 29. April 2013 lediglich einen Anspruch aus Art. 21 BayGO auf Zulassung zu bestimmten, konkret ausgewählten Einrichtungen in kommunaler Trägerschaft, nicht aber einen allgemeinen Bedarf im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB VIII geltend gemacht, geht daher fehl. Im Übrigen ist die Beklagte in ihrer E-Mail an die Mutter der Klägerin vom 4. Juni 2013 selbst davon ausgegangen, dass der Rechtsanspruch aus § 24 SGB VIII geltend gemacht wird. Ansonsten machte die Erinnerung an die Rücksendung des Bedarfsermittlungsformulars keinen Sinn.

Die Nichtbeachtung der innerorganisatorischen Zuständigkeitsverteilung (Anmeldung des Rechtsanspruchs bei der Tageseinrichtung statt bei der Abteilung „KITA Strategie und Grundsatz“) durch die Mutter der Klägerin steht einer wirksamen Entgegennahme des Leistungsbegehrens nicht entgegen (vgl. Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3: Förderung in KITA und Kindertagespflege, 2013, Rn. 430 m. w. N.). Soweit es sich - wie hier - bei den Einrichtungen der Beklagten in der „K. und „k. um rechtlich nicht verselbstständigte „Eigeneinrichtungen“ handelt, können und müssen diese - wie vorliegend auch geschehen - ein entsprechendes Leistungsbegehren in Empfang nehmen und weiterleiten (Mrozynski, SGB I, 4. Aufl. 2010, § 16 Rn. 13 ff.; Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 430). Die in Art. 45a des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG) festgelegte Anmeldefrist für einen Betreuungsplatz (vgl. auch die Übergangsregelung in Art. 118 Abs. 2 AGSG) trat erst am 16. Juli 2013 in Kraft (vgl. § 2 Satz 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze vom 24. Juni 2013, GVBl. 385 [387]) und war deshalb von der Klägerin noch nicht zu beachten. Im Übrigen hatte die Beklagte zu diesem Zeitpunkt bereits vom Betreuungsbedarf Kenntnis.

Dass die Mutter und spätere Bevollmächtigte der Klägerin das mit Schreiben vom 22. Mai 2013 übersandte Formblatt zur Feststellung des aktuellen Bedarfs nicht zurückgesandt hat, steht einer wirksamen Geltendmachung des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII ebenfalls nicht entgegen. Zum einen ist die Verwendung eines solchen gesetzlich nicht vorgesehen (vgl. Art. 45a AGSG). Zum anderen waren der Beklagten die wesentlichen Daten der Anspruchsberechtigten (Name, Alter, Wohnort, Vollzeitbetreuung, Betreuungsbeginn) bereits aus der erfolglosen Bewerbung um einen Betreuungsplatz in den kommunalen Einrichtungen bekannt. Eine Bedarfsprüfung im Rechtssinne sieht der Anspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII - anders als derjenige der unter Einjährigen (§ 24 Abs. 1 SGB VIII) - nicht vor; vor allem ist der Anspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII nicht von einer (beabsichtigten) Erwerbstätigkeit der Eltern abhängig. Maßgeblich ist vielmehr allein der durch die Erziehungsberechtigten definierte individuelle Bedarf, begrenzt durch das Wohl des zu betreuenden Kindes (vgl. Wiesner/Grube/Kößler, Der Anspruch auf frühkindliche Förderung und seine Durchsetzung, 2013, S. 10 f.). Ungeachtet dessen war die Beklagte auch in der Lage, der Klägerin unter dem 19. September 2013 einen Betreuungsplatz anzubieten, ohne dass ihr das erbetene Formblatt ausgefüllt vorgelegen hätte.

Das Begehren der Klägerin ist auch nicht etwa deshalb als erfüllt zu betrachten, weil diese sich zum Zeitpunkt des Herantragens des Bedarfs an die Beklagte und der Entstehung des Rechtsanspruchs am 1. August 2013 bereits im Besitz eines zum damaligen Zeitpunkt noch notgedrungen außerhalb des staatlichen Anspruchssystems der Jugendhilfe selbst beschafften privaten Krippenplatzes befand. Der Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII erschöpft sich nicht in einem wie auch immer gearteten „Versorgtsein mit einem Betreuungsplatz“; er erfordert auf der Grundlage der noch näher zu erörternden, aus § 79 Abs. 2 SGB VIII folgenden Gewährleistungsverantwortung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe die Verschaffung bzw. Bereitstellung eines entsprechenden Platzes durch aktives Handeln (Vermitteln) des örtlich zuständigen Trägers (vgl. näher Grube, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Lfg. 1/14, § 24 Rn. 20; Lakies in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 12, 67; Rixen, NJW 2012, 2839 [2840]; Kaiser, in: Kunkel, SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 24 Rn. 20; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385 [387]; Wiesner, ZKJ 2014, 458). Zu Recht bezieht die Beklagte deshalb auch Personen wie die Klägerin, die sich zum Zeitpunkt des Herantragens des Bedarfs bzw. des Inkrafttretens des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII am 1. August 2013 bereits im Besitz eines zum damaligen Zeitpunkt notgedrungen außerhalb des staatlichen Anspruchssystems der Jugendhilfe selbst beschafften, naturgemäß teureren privaten Betreuungsplatzes befanden, in ihre Vermittlungsbemühungen mit ein.

Ebenso wenig war den Eltern der Klägerin zuzumuten, im Mai 2013 mit der Selbstbeschaffung eines Krippenplatzes im Hinblick darauf weiter zuzuwarten, dass ihrer Tochter erst mit Vollendung des ersten Lebensjahres am 2. August 2013 ein entsprechender Rechtsanspruch gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII zustehen würde. Die Deckung des individuellen Betreuungsbedarfs der Klägerin duldete im Hinblick auf den zum fraglichen Zeitpunkt nicht nur im Zuständigkeitsbereich der Beklagten bestehenden Mangel an Betreuungsplätzen keinen weiteren Aufschub (§ 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 lit. a) SGB VIII). Obwohl der Beklagten der Bedarf der Klägerin bereits am 22. Mai 2013 bekannt war, konnte sie einen entsprechenden Platz nicht - wie gewünscht - spätestens zum 1. September 2013, sondern erst ab dem 19. September 2013 zur Verfügung stellen. Damit liegt die Notwendigkeit der von den Eltern der Klägerin bereits im Mai 2013 in die Wege geleiteten Selbstbeschaffung auf der Hand. Eine weitere Vorenthaltung frühkindlicher Förderung ist regelmäßig unzumutbar, wenn sie - wie hier - bei rechtzeitiger Anmeldung nicht fristgerecht ermöglicht werden kann (vgl. Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 439 m. w. N.).

c) Allerdings hat die Beklagte den Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII für den hier allein in Betracht kommenden Zeitraum vom 1. September 2013 bis 19. September 2013 bereits durch die mit Bescheid vom 13. November 2013 gewährte Übernahme des Teilnahmebeitrags für den Besuch der privaten Kinderkrippe in Höhe von 710,- Euro in vollem Umfang erfüllt. Aufwendungsersatz und Teilnahmebeitrag sind bezogen auf den Zeitraum September 2013 auf dasselbe Interesse gerichtet. Weitergehende (Aufwendungsersatz-) Ansprüche stehen der Klägerin nicht zu, weshalb eine Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht erfolgen kann (§ 144 Abs. 4 VwGO analog).

aa) Die örtlich (§ 86 SGB VIII) und sachlich (§ 85 Abs. 1 SGB VIII) zuständigen Träger der Jugendhilfe, im Freistaat Bayern die Landkreise und kreisfreien Städte (vgl. § 69 Abs. 1 SGB VIII i. V. m. Art. 15 Abs. 1 AGSG), haben im Rahmen ihrer Gewährleistungsverantwortung (§ 79 Abs. 2 SGB VIII i. V. m. § 27 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB I) sicherzustellen, dass für jedes Kind, das einen Rechtsanspruch (§ 24 Abs. 2 SGB VIII) besitzt und für das ein entsprechender Bedarf gemäß § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII i. V. m. Art. 45a AGSG an die dort genannten Stellen herangetragen wird, auch tatsächlich ein Platz zur Verfügung steht (vgl. Kaiser, in: Kunkel, SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 24 Rn. 13; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 24 Rn. 30). Insoweit besteht eine unbedingte Gewährleistungspflicht (vgl. Rixen, NJW 2012, 2839 f.; Kaiser, in: Kunkel, SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 24 Rn. 12 f.; Grube, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Lfg. 1/14, § 24 Rn. 40 m. w. N.), die der Sache nach auf die Bereitstellung oder Verschaffung eines entsprechenden Platzes in einer Tageseinrichtung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) oder in Kindertagespflege (§ 22 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 23 SGB VIII) gerichtet ist (vgl. Grube, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 24 Rn. 20).

Die ausschließlich objektiv-rechtliche Verpflichtung der Gemeinden aus Art. 5 Abs. 1 des Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes - BayKiBiG (vgl. hierzu Jung/Lehner, BayKiBiG, 2. Aufl. 2009, Rn. 20; Bauer/Hundmeyer, Kindertagesbetreuung in Bayern, Art. 5 Anm. 3; Dunkl/Eirich, BayKiBiG, 4. Aufl. 2015, Art. 5 Anm. 1.1 u. 3), im eigenen Wirkungskreis und in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit zu gewährleisten, dass die nach der Bedarfsplanung (vgl. hierzu Art. 7 BayKiBiG) notwendigen Plätze in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege rechtzeitig zur Verfügung stehen, lässt die Gewährleistungsverantwortung der Träger der öffentlichen Jugendhilfe unberührt (vgl. Art. 5 Abs. 3, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Art. 7 Satz 3 BayKiBiG).

Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat dem anspruchsberechtigten Kind (und nicht etwa den sorgeberechtigten Eltern, vgl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1260] Rn. 47) deshalb entweder einen Platz in einer eigenen Kindertageseinrichtung zuzuweisen (zu verschaffen) oder in einer Einrichtung eines anderen (freien) Trägers bzw. einer kreisangehörigen Gemeinde oder in Kindertagespflege bei einem Tagesvater oder einer Tagesmutter nachzuweisen (bereitzustellen), der/die bereit ist, das Kind aufzunehmen (vgl. Lakies in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 12, 67; Rixen, NJW 2012, 2839 [2840]; Kaiser, in: Kunkel, SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 24 Rn. 20; Grube, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 24 Rn. 20; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385 [387]; Wiesner, ZKJ 2014, 458), sofern ein entsprechender Bedarf gemäß den Voraussetzungen des § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII i. V. m. Art. 45a AGSG rechtzeitig geltend gemacht wird. Nach diesen Vorschriften setzt die Zuweisung eines Betreuungsplatzes gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII in der ab dem 1. August 2013 geltenden Fassung grundsätzlich voraus, dass die Erziehungsberechtigten die Gemeinde und bei einer gewünschten Betreuung durch eine Tagespflegeperson den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe mindestens drei Monate vor der geplanten Inanspruchnahme in Kenntnis setzen.

Den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe trifft unter diesen Voraussetzungen eine unbedingte Garantie- und Gewährleistungshaftung, die unabhängig von der jeweiligen finanziellen Situation der Kommunen zur Bereitstellung eines bedarfsgerechten Angebots und damit - sofern entsprechende Betreuungsplätze fehlen - zu einer Kapazitätserweiterung zwingt; dem Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII kann der Einwand der Kapazitätserschöpfung nicht entgegengehalten werden (vgl. BVerfG, U. v. 21.7.2015 - 1 BvF 2/13 -, NJW 2015, 2399 [2401] Rn. 43; siehe auch Grube, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 24 Rn. 40; Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 67; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385 [387] jeweils m. w. N.)

Nach zutreffender Ansicht handelt es sich um einen echten Alternativanspruch („Tageseinrichtung oder Kindertagespflege“), der von keinen weiteren Voraussetzungen als dem Erreichen des in der Vorschrift genannten Alters abhängt (vgl. Rixen, NJW 2012, 2039; Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 67; Richter, NJW 2013, 2650 f.; VG Köln, B. v. 18.7.2013 - 19 L 877/13 -, JAmt 2013, 412 [413]; U. v. 9.5.2014 - 19 K 3602/13 -juris, Rn. 17 ff.; a. A. OVG NRW, B. v. 14.8.2013 - 12 B 793/13 -, NJW 2013, 3803 [3804 f.]; VGH BW, B. v. 29.11.2013 - 12 S 2175/13 -, JAmt 2014, 40 [41]; Hess-VGH, B. v. 4.2.2014 - 10 B 1973/13 -, NJW 2014, 1753 [1754] Rn. 8 allerdings jeweils unter Missachtung des bereits im Gesetzeswortlaut [„Tageseinrichtung oder Kindertagespflege“] mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommenden Willens des (Bundes-)Gesetzgebers [vgl. zu diesem Erfordernis näher BVerfGE 11, 126 [130] m. w. N.], eine Betreuung entsprechend dem Elternwillen alternativ entweder in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege zu eröffnen, vgl. BT-Drs. 16/9299, S. 15:

„Dieser Rechtsanspruch wird entsprechend den Wünschen bzw. Bedürfnissen des Kindes und der Eltern sowohl in Tageseinrichtungen ... als auch in Kindertagespflege ... erfüllt.“;

siehe insoweit auch die Äußerung der damaligen, im Gesetzgebungsverfahren zuständigen Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von der Leyen in der 2. Lesung des Bundestages, BT-Plenarprotokoll 16/180, S. 19236 (D):

„Wir werden den Eltern nicht vorschreiben, wo und wie sie ihre Kinder betreuen und fördern. Sie sollen selbst organisieren, wie sie ihren Alltag mit Kindern leben, ob zu Hause, in einer altersgemischten Gruppe, einer Krippe oder der Kindertagespflege, ob wohnortnah oder betriebsnah. Wie immer sie ihren Alltag organisieren wollen, das liegt alleine im Ermessen der Eltern.“).

Letzteres bedeutet, dass die Eltern als Vertreter des allein anspruchsberechtigten Kindes vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht auf die Inanspruchnahme einer Tagesmutter oder eines Tagesvaters verwiesen werden können, wenn Plätze in einer Tageseinrichtung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen und umgekehrt (vgl. Rixen, NJW 2012, 2039; Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 67; Richter, NJW 2013, 2650 f.; VG Köln, B. v. 18.7.2013 - 19 L 877/13 -, JAmt 2013, 412 [413]; U. v. 9.5.2014 - 19 K 3602/13 - juris, Rn. 17 ff.; a. A. Wiesner/Grube/Kössler, Der Anspruch auf frühkindliche Förderung und seine Durchsetzung, 2013, S. 29; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385 [389]; Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 266, 267; Wiesner, ZKJ 2014, 458; OVG NRW, B. v. 14.8.2013 - 12 B 793/13 -, NJW 2013, 3803 [3804 f.]; VGH BW, B. v. 29.11.2013 - 12 S 2175/13 -, JAmt 2014, 40 [41]; HessVGH, B. v. 4.2.2014 - 10 B 1973/13 -, NJW 2014, 1753 [1754] Rn. 8).

Beide Alternativen stehen vielmehr gleichrangig - wenn auch nicht gleichwertig (vgl. zum „professionellen Gefälle“ zwischen Tageseinrichtungen und der Kindertagespflege Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 22 Rn. 24) - nebeneinander (vgl. Rixen, NJW 2012, 2839; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 24 Rn. 43a). Gewährt der Staat - wie in § 24 Abs. 2 SGB VIII geschehen - soziale Leistungen, so besteht damit zugleich auch ein aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitendes, derivatives Teilhabe- und Leistungsrecht auf gleichheitsgerechte Entscheidung über die Leistungsgewährung (vgl. statt aller Osterloh/Nußberger, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 53 m. w. N.). Dem Träger der Jugendhilfe kommt es infolgedessen nicht zu, das anspruchsberechtigte Kind entgegen dem Elternwillen gleichheitswidrig von der gewünschten Begünstigung - Tageseinrichtung statt Kindertagespflege -auszuschließen (im Ergebnis ebenso Rixen, NJW 2012, 2039; Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 67; Richter, NJW 2013, 2650 f.; a. A. unter unzutreffendem Hinweis auf den Gesichtspunkt der Gleichrangigkeit beider Betreuungsformen Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385 [389] u. NJW 2014, 1216 [1217]).

Der Gesichtspunkt der Gleichrangigkeit besagt lediglich, dass der Rechtsanspruch des Kindes - nach Wahl der Eltern - entweder in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege erfüllt werden kann; er legitimiert kein im Gesetz nicht vorgesehenes Zuweisungsrecht des Jugendhilfeträgers entgegen dem Elternwillen. Nach den Wünschen der Eltern und den Bedürfnissen des Kindes (vgl. BT-Drucks. 16/9299, S. 15), nicht aber nach den Vorstellungen des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe hat sich die Erfüllung des Rechtsanspruchs zu richten. Ungeachtet dessen ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Erziehungsprimats der Eltern (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, § 1 Abs. 2 SGB VIII) auch nicht ersichtlich, weshalb der Staat besser als die Erziehungsberechtigten selbst wissen sollte, was gut oder besser für das Kind ist und was nicht. Kann der jugendhilferechtliche Bedarf im Einzelfall durch mehrere Hilfearten (Tageseinrichtung oder Kindertagespflege) gedeckt werden, so umfasst das Wunsch- und Wahlrecht aus § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (ausnahmsweise) auch die Art der Hilfe (vgl. statt aller Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 5 Rn. 11).

Angemessen Rechnung getragen wird dem Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege regelmäßig nur dann, wenn diese entsprechend dem das Jugendhilferecht beherrschenden Prinzip der Wohnortnähe (vgl. § 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII) vom Wohnsitz des Kindes aus in vertretbarer Zeit erreicht werden können (vgl. Wiesner/Grube/Kößler, Der Anspruch auf frühkindliche Förderung und seine Durchsetzung, 2013, S. 29 f.; Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 69 u. 21; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 24 Rn. 20; Kaiser, in: Kunkel, SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 24 Rn. 18).

In der Regel ist von der am nächsten gelegenen Einrichtung am Wohnort des Kindes auszugehen (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 22.12.2008 - 4 ME 326/08 -, NVwZ-RR 2009, 425 [426]; VG Göttingen, B. v. 21.8.1998 - 2 B 2297/98 -, NVwZ-RR 1999, 130). Wünschenswert ist eine fußläufige Erreichbarkeit (vgl. OVG Frankfurt/Oder, B. v. 30.12.1996 - 4 B 175/96 -, NVwZ-RR 1997, 555 [558]), allerdings ist es den Kindern und damit auch ihren Eltern regelmäßig zumutbar, für den Weg zur Kindertageseinrichtung öffentliche Verkehrsmittel bzw. ihren privaten PKW zu benutzen (vgl. Wiesner/Grube/Kößler, Der Anspruch auf frühkindliche Förderung und seine Durchsetzung, 2013, S. 30; siehe auch VG Halle, B. v. 27.9.2010 - 7 B 238/10 - juris, Rn. 8. u. 9). In der Rechtsprechung wurde ein kombinierter Fuß- und Busweg von 30 Minuten für eine Wegstrecke als nicht mehr zumutbar angesehen (vgl. VG Schleswig, B. v. 12.1.2000 - 15 B 62/99 -, ZfJ 2000, 193). Nach engerer Auffassung soll die Grenze bereits bei 20 Minuten zu ziehen sein (so OVG Saarlouis, B. v. 16.12.1997 - 8 W 6/97 -, NVwZ-RR 1998, 435 [436]). Welche Entfernung zwischen Wohnort und Tagesstätte noch zumutbar ist, lässt sich indes nicht abstrakt-generell festlegen (vgl. VG Hannover, B. v. 26.11.2002 - 7 B 5435/02 - juris, Rn. 15; OVG NRW, B. v. 14.8.2013 - 12 B 793/13-, NJW 2013, 3803 [3805]). Vielmehr ist einerseits die Zumutbarkeit für das Kind selbst und andererseits auch der Zeitaufwand für den begleitenden Elternteil zu berücksichtigen (vgl. Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 69 u. 21; Wiesner/Grube/Kößler, Der Anspruch auf frühkindliche Förderung und seine Durchsetzung, 2013, S. 30; Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U3, Rn. 306 ff.).

bb) Ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe entgegen seiner Gewährleistungsverpflichtung (§ 79 SGB VIII) nicht imstande, entsprechend dem jeweiligen Eltern- willen einen angemessenen Betreuungsplatz in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege zur Verfügung zu stellen mit der Folge, dass der Rechtsanspruch des anspruchsberechtigten Kindes aus § 24 SGB VIII leerläuft, so hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Aufwendungsersatz in Form der Kostenerstattung für einen selbstbeschafften Tagesstättenplatz bzw. für entsprechende Aufwendungen im Rahmen einer privaten Elterninitiative analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu leisten, sofern dessen Voraussetzungen vorliegen (vgl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 - NJW 2014, 1256 [1257] Rn. 17; OVG RhPf, U. v. 25.10.2012 - 7 A 10671/12 -, JAmt 2012, 603 [604 f.]; Schübel-Pfister, NJW 2014, 1216 ff.; Grube, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 24 Rn. 42; Kaiser, in: Kunkel, SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 24 Rn. 23 ff.). Die Primärverantwortung des Trägers schlägt in eine Sekundärverantwortung um, die darin besteht, nunmehr die Kosten der Ersatzbeschaffung zu tragen.

Einer Beachtung des allgemeinen Grundsatzes, dass Primäransprüche gegenüber Sekundäransprüchen vorrangig im Wege der Inanspruchnahme von Eilrechtsschutz (§ 123 VwGO) geltend zu machen sind (vgl. § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 lit. b) SGB VIII), bedarf es im Rahmen der Verwirklichung des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII regelmäßig nicht. Der Grundsatz der Vorrangigkeit des Primärrechtsschutzes kommt vielmehr nur dann zum Tragen, wenn das Nachsuchen um vorläufigen Rechtsschutz überhaupt zumutbar ist, mit anderen Worten, Abhilfe durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe tatsächlich erwartet werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1261] Rn. 52). Daran fehlt es, wenn - wie auch im vorliegenden Fall - von vornherein nicht absehbar war, wann der Träger seiner Bereitstellungs- und Nachweisverpflichtung würde genügen können (BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1261] Rn. 52; OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 25.10.2012 - 7 A 10671/12 -, JAmt 2012, 603 [605]; Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3; Rn. 444). Eine Verpflichtung, ein offensichtlich aussichtsloses Rechtsmittel einzulegen, ist der Rechtsordnung fremd (vgl. Fischer, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Aufl. 2012, § 36a Rn.30 a. E.).

Der Umfang der nach § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII vom Träger der Jugendhilfe zu übernehmenden Aufwendungen entspricht in der Regel dem Betrag, der bei rechtzeitiger Gewährung der Hilfe entsprechend den zugrundeliegenden öffentlichrechtlichen Bestimmungen zu tragen gewesen wäre (vgl. BVerwG, U. v. 1.3.2012 -5 C 12.11 -, BVerwGE 142, 115 [122] Rn. 22). Können die Anspruchsteller die erforderliche Hilfe zu diesen Konditionen jedoch selbst nicht beschaffen, so haben sie Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, die sie bei rechtmäßigem Handeln des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe erspart hätten (vgl. Meysen, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 36a Rn. 55). Damit bezieht sich der Erstattungsanspruch aus § 36a Abs. 3 SGB VIII grundsätzlich auf die Aufwendungen, die im Rahmen anderweitiger Selbstbeschaffung tatsächlich entstanden sind (vgl. Kaiser, in: Kunkel, 5. Aufl. 2014, SGB VIII, § 24 Rn. 24; Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 475 m. w. N.). In der Höhe orientiert sich der Aufwendungsersatz infolgedessen letztlich an § 670 BGB (vgl. Meysen, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 36a Rn. 55). Der Anspruch unterliegt insoweit grundsätzlich weder dem Mehrkostenvorbehalt des § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII noch sind die Anspruchsteller verpflichtet, einen Leistungserbringer zu wählen, mit dem der Träger eine Vereinbarung nach § 78b SGB VIII abgeschlossen hat (vgl. Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 36a Rn. 54). Zu erstatten sind damit in der Regel diejenigen Aufwendungen, die der Selbstbeschaffer unter Berücksichtigung der Verpflichtung zu wirtschaftlichem Handeln nach Lage der Dinge für erforderlich halten durfte (vgl. Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 477 f.; Kaiser, in: Kunkel, 5. Aufl. 2014, SGB VIII, § 24 Rn. 24; Grube, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 24 Rn. 44; siehe auch OVG NRW, B. v. 17.3.2014 - 12 B 70/14 - juris, Rn. 31 ff.; VG Stuttgart, U. v. 28.11.2014 -7 K 3274/14 -, JAmt 2015, 98 [102]). Dies schließt Luxusaufwendungen aus und aus sachlichen Gründen zu rechtfertigende Mehrausgaben ein. Gegebenenfalls ist eine Deckelung auf das Erforderliche vorzunehmen.

Erbringt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die von Gesetzes wegen geschuldete Leistung nicht, so sind die Betroffenen gezwungen, eine eigene Entscheidung über die Geeignetheit und die Erforderlichkeit der Maßnahmen zur angemessenen Lösung der Belastungssituation zu treffen. Dies hat zur Folge, dass die Verwaltungsgerichte nur das Vorhandensein des jugendhilferechtlichen Bedarfs zu prüfen haben, sich aber hinsichtlich der Geeignetheit und Erforderlichkeit der selbstbeschafften Hilfe auf eine fachliche Vertretbarkeitskontrolle aus ex-ante Sicht der Leistungsberechtigten beschränken müssen (vgl. BVerwG, U. v. 18.10.2012 - 5 C 21.11 -, BVerwGE 145, 1 [10] Rn. 34). Die Höhe der Aufwendungen richtet sich deshalb nach dem auch sonst bei freien bzw. privaten Trägern Üblichen. Abzusetzen sind im Wege des Vorteilsausgleichs etwaige ersparte (fiktive) Kostenbeiträge nach § 90 Abs. 1 SGB VIII (vgl. OVG NRW, B. v. 17.3.2014 - 12 B 70/14 - juris, Rn. 35 m. w. N.; VG Stuttgart, U. v. 28.11.2014 - 7 K 3274/14 -, JAmt 2015, 98 [102]), die sich, sofern konkrete Anhaltspunkte für eine Bestimmung - wie etwa der in der Wunscheinrichtung zu zahlende Betrag - fehlen, im Wege einer typisierenden Betrachtung nach dem jeweiligen Durchschnitt der (gegebenenfalls nach dem Elterneinkommen gestaffelten) Beiträge der kommunalen Einrichtungen im Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Jugendhilfeträgers richten, allerdings nur dann, wenn den Eltern und dem Kind die Übernahme eines solchen Beitrags überhaupt gemäß § 90 Abs. 3 SGB VIII zuzumuten gewesen wäre (vgl. Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 492 ff. m. w. N.).

Für eine Begrenzung des Aufwendungsersatzanspruchs aus § 36a Abs. 3 SGB VIII auf den das 1,5-fache des staatlichen Förderanteils in der Kindertagespflege übersteigenden Betrag analog Art. 20 Satz 1 Ziffer 3 BayKiBiG (in diese Richtung offenbar die unter Mitwirkung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, des Bayerischen Gemeindetags, des Bayerischen Städtetags, des Bayerischen Landkreistags, des Bayerischen Jugendamts, der bayerischen Jugendbehörden und des Staatsinstituts für Frühpädagogik erarbeiteten Hinweise zur Auslegung des Rechtsanspruchs für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr mit Wirkung ab dem 1. August 2013 [Stand 2. Juli 2013], Bayer. Gemeindetag 2013, 334 [335]) besteht ohne ausdrückliche (bundes-)gesetzliche Anordnung keine Grundlage. Zum einen betrifft Art. 20 Satz 1 Ziffer 3 BayKiBiG nur die Kindertagespflege, nicht aber die Höhe der Elternbeteiligung bei der Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen. Zum anderen ist der bundesrechtlich konturierte Aufwendungsersatzanspruch analog § 36a Abs. 3 SGB VIII einer - zumal lediglich interpretatorischen - Einschränkung bzw. Überformung durch den Landesgesetzgeber bzw. das lediglich für die Umsetzung zuständige Landesministeriums nicht zugänglich (vgl. hierzu in ähnlichem Zusammenhang bereits Wiesner, ZKJ 2014, 458 [461 ff.]).

Dem Anspruch auf Kostenerstattung analog § 36a Abs. 3 SGB VIII steht auch nicht entgegen, dass die Eltern des anspruchsberechtigten Kindes im Falle des „Systemversagens“ für dieses selbst einen Betreuungsplatz bei einem freien Träger beschafft haben (so aber Beutel, DVBl. 2014, 313; in diese Richtung nunmehr offenbar auch Wiesner, ZKJ 2015, 60 [61] u. Kepert, ZKJ 2015, 267 [268], die annehmen, der Primäranspruch werde dadurch ebenfalls erfüllt und ein etwaiger Sekundäranspruch könne infolgedessen gar nicht erst entstehen). Die Selbstbeschaffung ist entgegen dieser Auffassung vielmehr Anspruchsvoraussetzung für den Kostenerstattungsanspruch überhaupt und lässt ihn deshalb gerade nicht entfallen (so zutreffend VG Stuttgart, U. v. 28.11.2014 - 7 K 3274/14 -, JAmt 2015, 98 [101]; im Ergebnis ebenso Kaiser, in: Kunkel, SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 24 Rn. 27; Schübel-Pfister, NJW 2014, [1216] [1218]; Grube, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 24 Rn. 41 ff.). § 24 Abs. 2 SGB VIII vermittelt die Befugnis, von einem anderen - hier dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe - ein aktives Tun zu verlangen (vgl. hierzu auch die Legaldefinition des Anspruchs in § 194 BGB). Infolgedessen kann auch lediglich die Anspruchsbefriedigung durch den Schuldner - den Jugendhilfeträger - selbst, nicht aber die Ersatzbeschaffung durch das anspruchsberechtigte Kind bzw. dessen Eltern anspruchserfüllend wirken (unzutreffend daher Kepert, ZKJ 2015, 267 [268]). Nicht ohne Grund hat die Beklagte eigens eine Servicestelle eingerichtet, die sich ausschließlich um die Zuweisung und Bereitstellung (Vermittlung) von Betreuungsplätzen kümmert. Diese wäre überflüssig, wenn allein das Tätigwerden der Eltern anspruchserfüllend wirken würde. Eine solche Ersatzbeschaffung kann die Gewährleistungsverantwortung (§ 79 Abs. 2 SGB VIII) des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe nicht beseitigen; sie ist vielmehr Ausdruck des „Systemversagens“, in dessen Folge sich der ursprüngliche Primäranspruch in einen Sekundäranspruch auf Aufwendungsersatz umwandelt. Der Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII erschöpft sich nicht in einem wie auch immer gearteten „Versorgtsein mit einem Betreuungsplatz“ (so unzutreffend Beutel, DVBl. 2014, 313 u. Kepert, ZKJ 2015, 267); er erfordert auf der Grundlage der aus § 79 Abs. 2 SGB VIII folgenden Gewährleistungsverantwortung die Verschaffung bzw. Bereitstellung eines entsprechenden Platzes (vgl. näher Grube, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Lfg. 1/14, § 24 Rn. 20). Kann der Jugendhilfeträger dieser - durch eigenes, aktives Handeln (Vermitteln) zu erfüllenden - Verpflichtung aus welchen Gründen auch immer nicht genügen und muss der Anspruchsberechtigte sich die Leistung deshalb selbst beschaffen, so hat der Träger die Kosten der Ersatzbeschaffung zu tragen. Jede andere Sicht der Dinge müsste dem System der staatlichen Jugendhilfe mit einem Rechtsanspruch auf kindgerechte Förderung einerseits und einer Ausfallhaftung analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII im Falle des „Systemversagens“ andererseits die Grundlage entziehen.

Ebenso wenig kann dem Anspruch auf Aufwendungsersatz analog § 36a Abs. 3 SGB VIII mit der Erwägung entgegengetreten werden, die Kostenerstattung im Rahmen eines Sekundäranspruchs erfordere unabhängig vom Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen, dass auch der zugrundeliegende Primäranspruch eine Kostenerstattungspflicht des öffentlichen Jugendhilfeträgers beinhalte (so namentlich VG München, U. v. 21.1.2015 - M 18 K 14.2448 -, Umdruck, S. 10 ff) oder anders gewendet, wenn bereits der Primäranspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII keine Kostenfreiheit vermittele, könne eine solche auch nicht im Wege eines Sekundäranspruchs aus § 36a Abs. 3 SGB VIII in Betracht kommen (so namentlich Kepert, ZKJ 2015, 267 [268]). Wer so argumentiert, berücksichtigt nicht, dass es sich beim Primäranspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII um einen Sachleistungsanspruch, beim Sekundäranspruch aus § 36a Abs. 3 SGB VIII hingegen um einen Geldleistungsanspruch handelt mit der Folge, dass Maßstäbe und Grundsätze, die für den einen Anspruch gelten, nicht einfach unbesehen auf den anderen übertragen werden können; er blendet zugleich auch den in der Vermittlung eines kostengünstigen kommunalen Betreuungsplatzes regelmäßig liegenden geldwerten Vorteil stillschweigend aus. Letzteres indes kommt im Lichte der Bindung jeglichen staatlichen Handelns an die Beachtung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht in Betracht (siehe hierzu nachfolgend cc). Umgekehrt wird der mangelnden Kostenfreiheit des Primäranspruchs auch im Rahmen des Sekundäranspruchs Rechnung getragen, nämlich dadurch, dass sich der Anspruchsteller im Wege des Vorteilsausgleichs etwaige Kostenbeiträge nach § 90 Abs. 1 SGB VIII anspruchsmindernd entgegenhalten lassen muss (vgl. statt aller Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 492 ff. m. w. N.). Dies hat zur Folge, dass der Sekundäranspruch im Fall der mangelnden Kostenfreiheit des Primäranspruchs der Sache nach lediglich auf den Ersatz der Mehrkosten der Selbstbeschaffung gerichtet ist. Dadurch wird zugleich erreicht, dass Primär- und Sekundäranspruch einander dem Werte nach entsprechen. Der Selbstbeschaffer wird damit entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts München nicht etwa besser, sondern allenfalls gleichgestellt. Die eingangs geschilderten Überlegungen treffen deshalb nicht zu.

Maßgebend ist mithin allein, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe den Bedarf des anspruchsberechtigten Kindes nicht gedeckt hat und derjenige, der sich eine unaufschiebbar notwendige Leistung, deren Gewährung zu Unrecht abgelehnt wurde oder über die nicht rechtzeitig entschieden wurde, selbst beschafft hat, nicht schlechter stehen darf, als derjenige, dessen Leistungsbegehren rechtzeitig erfüllt wurde (so ausdrückl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1259] Rn. 37 m. w. N.). Es verstieße gegen die gesetzliche Gewährleistung des Rechtsanspruchs schlechthin, wenn der Hilfebedürftige seiner Rechte alleine deshalb verlustig ginge, weil er die ihm zustehende Hilfe nicht rechtzeitig vom Leistungsträger erhalten hat (vgl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1259] Rn. 37 a. E. m. w. N.; VG Stuttgart, U. v. 28.11.2014 - 7 K 3274/14 -, JAmt 2015, 98 [101]) und in der Folge im Wege der Selbstbeschaffung tätig werden musste.

Anders verhält es sich lediglich dann, wenn der Anspruchsberechtigte sich die begehrte Leistung ohne jede Inanspruchnahme des staatlichen Systems der Jugendhilfe von vornherein „auf eigene Faust“ bei einem freien oder privaten Träger „besorgt“. Hier wird der Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII mangels Anmeldung (§ 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII i. V. m. Art. 45a AGSG) schon gar nicht erst effektuiert und das staatliche System der Jugendhilfe überhaupt nicht aktiviert, weder primär noch im Wege des Aufwendungsersatzes sekundär. Das Jugendamt kann in einem solchen Fall auch später nicht als reine „Zahlstelle“ in Anspruch genommen bzw. „missbraucht“ werden (vgl. Meysen, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 36a Rn. 2 m. w. N.; siehe zum Erfordernis der „Vorbefassung des Trägers der Jugendhilfe“ auch BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1260] Rn. 40).

cc) Ungeachtet dessen sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Landkreise und kreisfreie Städte), insbesondere dann, wenn sie - wie die kreisfreien Städte -Gemeinde und Jugendhilfeträger zugleich sind, ohne Vorliegen eines besonderen -hier nicht ersichtlichen - Rechtstitels verpflichtet, alle ihre Bürger gleich zu behandeln (Art. 15 Abs. 1 Satz 2 AGSG i. V. m. Art. 11 Abs. 1 Satz 2 BayLKrO, Art. 15 Abs. 1 Satz 2 BayGO). Auch der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 1, 14 [52]; 98, 365 [385]; 110, 412 [431]; st. Rspr.). Er verbietet ungleiche Belastungen ebenso wie ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 [17]; 110, 412 [431]). Verboten ist daher insbesondere ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss (vgl. BVerfGE 93, 386 [396]; 105, 73 [110 ff., 133]; 110, 412 [431]), bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt wird, einem anderen jedoch vorenthalten bleibt, ohne dass sich ausreichende Gründe für eine solche Differenzierung finden lassen (vgl. BVerfGE 93, 386 [396 f.]; 112, 164 [174]; 116, 164 [180]; 124, 251 [265]). Dies gilt selbst dann, wenn im Einzelfall kein Rechtsanspruch auf (kostenfreie) Leistung besteht (vgl. statt aller Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 11; nicht gesehen von Wiesner, ZKJ, 2014, 458 [460; 461 ff.] u. Kepert, ZKJ 2015, 267 [268 f.]).

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber und die Verwaltung (vgl. Rüfner, in: Bonner Kommentar zum GG, 67. Lfg. Okt. 1992, Art. 3 Rn. 130 u. 177), die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfGE 110, 274 [291]; 112, 164 [174]; 124, 251 [265]). Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt regelmäßig vor, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund für eine Differenzierung nicht finden lässt (vgl. BVerfGE 1, 14 [52]; 89, 132 [141]; 105, 73 [110]) oder wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe unterschiedlich behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 93, 386 [397]; 105, 73 [110]; 107, 27 [45 f.]; 133, 377 [408] Rn. 76).

Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe kann deshalb, insbesondere dann, wenn er - als kreisfreie Stadt - Gemeinde und Jugendhilfeträger zugleich ist, mit anderen Worten eine Doppelrolle wahrnimmt, ohne Vorschaltung eines alle Interessenten gleichermaßen einbeziehenden Auswahlverfahrens und ohne Festlegung sach- und interessengerechter Vergabekriterien, ein im Wesentlichen vergleichbares Angebot unterstellt, nicht einerseits einem Teil des anspruchsberechtigten Personenkreises einen „günstigen“ Platz in einer eigenen oder kommunalen Tageseinrichtung verschaffen, einen anderen, in gleicher Weise anspruchsberechtigten Personenkreis jedoch auf „weniger günstige“ Einrichtungen eines freigemeinnützigen oder gar „erheblich teurere“ Einrichtungen eines privaten Trägers verweisen bzw. mit der Folge der Selbstbeschaffung von vornherein ohne jedes Angebot belassen und damit letztlich ebenfalls einem erheblich teureren Privaten anheimgeben, der zwar bereit ist, das Kind aufzunehmen, jedoch zu einem erheblich höheren Betrag als in einer eigenen oder kommunalen Einrichtung. Hierin läge, ein im Wesentlichen vergleichbares Leistungsangebot unterstellt, ein weder verfassungsrechtlich (Art. 3 Abs. 1 GG) noch einfach-rechtlich (Art. 15 Abs. 1 Satz 2 AGSG i. V. m. Art. 11 Abs. 1 Satz 2 BayLKrO bzw. Art. 15 Abs. 1 Satz 2 BayGO) zulässiger - gleichheitswidriger - Begünstigungsausschluss.

Die unter Mitwirkung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, des Bayerischen Gemeindetags, des Bayerischen Städtetags, des Bayerischen Landkreistags, des Bayerischen Jugendamts, der bayerischen Jugendbehörden und des Staatsinstituts für Frühpädagogik erarbeiteten Hinweise zur Auslegung des Rechtsanspruchs für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr mit Wirkung ab dem 1. August 2013 (Stand 2. Juli 2013) nehmen diesen Gesichtspunkt auf und tragen ihm durch folgende Vorgabe Rechnung (vgl. Bayer. Gemeindetag 2013, 334 [335]):

„Kann ein Kind nur auf einen Platz mit einem höheren Elternbeitrag verwiesen werden, ist den Eltern für die Dauer des Besuchs der zugewiesenen Einrichtung ein Ausgleichsbetrag zu zahlen.“

Auch wenn die genannten Auslegungshinweise eine Rechtsgrundlage für die Zahlung des Ausgleichsbetrags nicht ausdrücklich benennen, so ist diese nach dem zuvor Gesagten doch gleichwohl im allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit seinen einfach-rechtlichen Ausprägungen in der Landkreis- und Gemeindeordnung zu sehen. Die Auszahlung selbst ist im Rahmen des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu bewirken.

Nach allem gilt: Kann ein Kind ohne Vorliegen sachlich rechtfertigender Gründe nur auf einen Platz mit einem höheren Elternbeitrag verwiesen werden, so ist der damit verbundene gleichheitswidrige Begünstigungsausschluss, der dem anspruchsberechtigten Kind regelmäßig auch ohne Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse seiner Eltern unzumutbar ist, durch Zahlung eines Ausgleichsbetrags (§ 90 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII) bzw. im Falle der Selbstbeschaffung durch Übernahme der Mehrkosten analog § 36a Abs. 3 SGB VIII zu kompensieren. Die Höhe der entsprechenden Beträge bestimmt sich, sofern konkrete Anhaltspunkte für eine Bemessung fehlen, grundsätzlich nach der Differenz der tatsächlichen Kosten für einen Betreuungsplatz bei einem freien oder privaten Träger zu denen in einer kommunalen Einrichtung. Für eine Begrenzung auf den das 1,5-fache des staatlichen Förderanteils in der Kindertagespflege übersteigenden Betrag entsprechend Art. 20 Satz 1 Ziffer 3 BayKiBiG (in diese Richtung offenbar die unter Mitwirkung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, des Bayerischen Gemeindetags, des Bayerischen Städtetags, des Bayerischen Landkreistags, des Bayerischen Jugendamts, der bayerischen Jugendbehörden und des Staatsinstituts für Frühpädagogik erarbeiteten Hinweise zur Auslegung des Rechtsanspruchs für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr mit Wirkung ab dem 1. August 2013 [Stand 2. Juli 2013], Bayer. Gemeindetag 2013, 334 [335]) besteht ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung keine Grundlage. Art. 20 Satz 1 Ziffer 3 BayKiBiG betrifft im Übrigen auch nur die Kindertagespflege, nicht aber die Höhe der Elternbeteiligung bei der Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen (vgl. hierzu näher Wiesner, in: ZKJ 2014, 458 [461 ff.]).

dd) Hieran gemessen hat die Beklagte sich zu Recht für verpflichtet gehalten, mit Bescheid vom 13. November 2013 den im Zeitraum vom 1. September 2013 bis 30. September 2013 angefallenen Teilnahmebeitrag für den Besuch der privaten Kinderkrippe in Höhe von Euro 710,- zu übernehmen (§ 90 Abs. 3 Satz 1, 2. Alt. SGB VIII), da sie dem Rechtsanspruch der Klägerin erst ab dem 19. September 2013, nicht aber - wie von den Erziehungsberechtigten gewünscht - ab dem 1. September 2013 entsprechen konnte. Zwar kennen weder das Bundesrecht noch das bayerische Landesrecht einen Rechtsanspruch auf einen kostenfreien Krippenplatz (insoweit zutreffend Wiesner, ZKJ 2014, 458 [460; 462] u. ZKJ 2015, 60 [61; 62]), einen aus Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Bedeutung als „derivatives Leistungs- und Teilhaberecht“ abzuleitenden Anspruch auf Gleichbehandlung bezüglich der Gewährung eines Kostenvorteils anlässlich der Vermittlung (Nachweis oder Verschaffung) eines entsprechenden Betreuungsplatzes hingegen sehr wohl (nicht gesehen von Wiesner, ZKJ 2014, 458 [460; 462] u. Kepert ZKJ 2015, 267 [268 f.]).

Dass der gezahlte Betrag von 710,- Euro bei einer Monatsgebühr in der privaten Einrichtung von 780,- Euro im fraglichen Zeitraum September 2013 nicht der Differenz der tatsächlichen Kosten für einen Betreuungsplatz in der privaten Einrichtung zu denen in einer städtischen Kinderkrippe entsprechen würde, haben die Eltern der Klägerin, die entsprechend ihren Einkommensverhältnissen jeweils den Höchstsatz der Gebühren für eine städtische Einrichtung für maßgeblich erachten, weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich. Damit hat die Beklagte den der Klägerin für den Monat September 2013 analog § 36a Abs. 3 SGB VIII zustehenden Aufwendungsersatzanspruch bereits durch Übernahme des auf das gleiche Interesse gerichteten, mit Bescheid vom 13. November 2013 für den Besuch der selbst beschafften Einrichtung gewährten Teilnahmebeitrags (§ 90 Abs. 3 SGB VIII) erfüllt.

ee) Weitergehende Ansprüche stehen der Klägerin nicht zu. Bietet der örtlich zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe, wie vorliegend unter dem 19. September 2013 geschehen, nachträglich einen auch hinsichtlich der Entfernung zum Wohnort der Familie geeigneten Betreuungsplatz an, so erlischt der Sekundäranspruch auf Aufwendungsersatz dann, wenn dem anspruchsberechtigten Kind unter Berücksichtigung des Kindeswohls und der Verpflichtung zu wirtschaftlichem Handeln ein Einrichtungswechsel zumutbar ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 28.5.2014 - 7 A 10276/14 -, JAmt 2014, 464 [466]; Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 486 ff.).

Zwar soll einem Kind der Aufbau einer neuen Beziehung verbunden mit einem Wechsel der Betreuungsperson nicht allzu oft zugemutet werden; leider lässt er sich aufgrund der Wechselfälle des Lebens (Ausscheiden der Betreuungsperson aus dem Berufsleben infolge Heirat, Schwangerschaft, Weiterbildung, Krankheit oder Erreichen der Altersgrenze bzw. Wohnsitzverlagerung der Eltern) aber nie ganz vermeiden. Von einer generellen Unzumutbarkeit kann daher nicht ausgegangen werden (so zutreffend OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 28.5.2014 - 7 A 10276/14 -, JAmt 2014, [464] [466]).

Vorliegend war es der Klägerin nach einer Aufnahmedauer in der selbst beschafften Einrichtung von lediglich 14 Tagen (2.9. bis 19.9.2013) zuzumuten, die verspätet zur Verfügung gestellte Betreuungsmöglichkeit in der d. Straße ... in Anspruch zu nehmen und damit unnötige Kosten für die Allgemeinheit zu vermeiden. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Kindeswohls. Von einer weitreichenden Verfestigung, die unter dem Gesichtspunkt der Hilfekontinuität (vgl. hierzu näher Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 489) einen Wechsel unzumutbar erscheinen ließe mit der Folge, dass die durch die selbst gesuchte Betreuung entstehenden Mehrkosten unter Zurückstellung der Verpflichtung zu wirtschaftlichem Verhalten auch weiterhin zu erstatten wären (vgl. Meysen/Beckmann, a. a. O., Rn. 490), kann vorliegend nicht gesprochen werden.

Selbstverständlich hätte die Beklagte - für den Fall, dass die Eltern einem Wechsel in die Einrichtung d. Straße ... nicht widersprochen hätten - die Kosten der erneuten Eingewöhnung, den Verdienstausfall eines Elternteils während dieser Zeit und die bis zum ersten möglichen Kündigungstermin in der privaten Einrichtung weiterhin anfallenden Monatsbeiträge zusätzlich übernehmen müssen. Auf die hiermit verbundenen rechtlichen Fragestellungen ist jedoch aufgrund der Weigerung der Erziehungsberechtigten, den von der Beklagten angebotenen Platz in der d. Straße ... anzunehmen, nicht weiter einzugehen.

Das Verwaltungsgericht hat die (weitergehenden) Ansprüche der Klägerin deshalb - im Ergebnis - zu Recht abgewiesen. Das Vorbringen der Klägerin ist infolgedessen nicht geeignet, eine Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu erwirken (§ 144 Abs. 4 VwGO analog). Einer vorherigen Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. hierzu BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -, NVwZ-RR 2004, 542 [543]; BVerfG, B. v. 2.3.2006 - 2 BvR 767/02 -, NVwZ 2006, 683 [684 f.]; B. v. 15.2.2011 - 1 BvR 980/07 -, NVwZ-RR 2011, 460 [461]) bedurfte es insoweit ausnahmsweise nicht. Die Frage der Zumutbarkeit eines Wechsels der Klägerin von der selbst beschafften privaten Betreuungseinrichtung in die Einrichtung in der d. Straße ... war bereits Gegenstand der Erörterungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, so dass sich die Prozessbevollmächtigte hierauf rechtzeitig einstellen konnte und - wie ihr Vorbringen im Berufungszulassungsverfahren zeigt - auch tatsächlich eingestellt hat. Nimmt der Kläger im Zulassungsverfahren selbst zu den Tatsachen Stellung, die eine anderweitige Ergebnisrichtigkeit begründen, so bedarf es keiner erneuten Gewährung rechtlichen Gehörs, wenn das Berufungsgericht den Antrag aus eben diesem Grunde ablehnen will (vgl. BayVGH, B. v. 6.11.2003 - 22 ZB 03.2602 -, NVwZ-RR 2004, 223; Dietz, in: Gärditz, VwGO, 2013, § 124 Rn. 33).

2. Ebenso wenig besitzt die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Frage, bei wem der Rechtsanspruch aus § 24 SGB VIII geltend zu machen ist, ist gesetzlich geregelt. Nach § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII i. V. m. Art. 45a AGSG setzt die Zuweisung eines Betreuungsplatzes grundsätzlich voraus, dass die Erziehungsberechtigten die Gemeinde und bei einer gewünschten Betreuung durch eine Tagespflegeperson den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe mindestens drei Monate vor der geplanten Inanspruchnahme in Kenntnis setzen. Die Gemeinde hat das Begehren gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB I unverzüglich an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe weiterzuleiten, sofern sie nicht selbst Jugendhilfeträger ist. Dass der jeweils sachlich (§ 85 Abs. 1 SGB VIII) und örtlich (§ 86 SGB VIII) zuständige Träger der Jugendhilfe Anspruchsgegner des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII ist, folgt im Übrigen bereits unmittelbar aus § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII. Wer Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist, wird durch Landesrecht bestimmt (§ 69 Abs. 1 SGB VIII). In Bayern sind dies die Landkreise und kreisfreien Städte (Art. 15 Abs. 1 AGSG). Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage ist damit bereits unmittelbar vom Gesetz selbst geregelt. Insoweit besteht kein Klärungsbedarf (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 38).

3. Entgegen der Auffassung der Klägerbevollmächtigten ist die Berufung auch nicht wegen Verfahrensmängeln (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.

a) Eine Verletzung des Grundsatzes der Amtsermittlung (§ 86 VwGO) liegt nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat aus dem festgestellten und der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt lediglich nicht die von der Bevollmächtigten der Klägerin für richtig erachteten Schlussfolgerungen gezogen. Darauf indes gewährt der Grundsatz der Amtsermittlung keinen Anspruch. Mit dem Argument der Klägerbevollmächtigten, ein Wechsel der Einrichtung sei der Klägerin nach bereits erfolgter Eingewöhnung nicht mehr zumutbar gewesen, musste sich das Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund seiner - allerdings unzutreffenden - Rechtsauffassung, der Rechtsanspruch sei bereits nicht wirksam geltend gemacht worden, nicht (mehr) befassen. Auch insoweit ist mithin eine Verletzung des Grundsatzes der Amtsermittlung (§ 86 VwGO) nicht ersichtlich.

b) Ebenso wenig ist der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) verletzt. Das Gericht ist nicht verpflichtet, von sich aus ein Rechtsgespräch mit den Verfahrensbeteiligten zu suchen und diesen seine Rechtsauffassung gleichsam vorab zu offenbaren. Ein Hinweis auf die eigene Rechtsauffassung ist zur Vermeidung eines sog. Überraschungsurteils lediglich dann geboten, wenn das Gericht auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen will, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 86, 133 [144 f.] m. w. N.).

Hieran gemessen war die Kammer nicht gehalten, die Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich darauf hinzuweisen, der Rechtsanspruch aus § 24 SGB VIII sei bereits nicht wirksam geltend gemacht worden. Letzteres hatte schon die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vertreten. Es oblag deshalb der Klägerin, sich in ihrem Vortrag darauf einzustellen, dass gegebenenfalls auch das Verwaltungsgericht dieser - allerdings unzutreffenden - Rechtsauffassung folgen könnte. Ein Überraschungsurteil liegt damit nicht vor.

Auch soweit der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung auf eine zum damaligen Zeitpunkt noch unveröffentlichte Entscheidung der Kammer zu derselben Thematik verwiesen haben soll, ist allein darin eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht zu erkennen. Diese Entscheidung hat ausweislich der Urteilsbegründung (vgl. Umdruck, S. 9) für das vorliegende Verfahren - jedenfalls aus der insoweit maßgeblichen Sicht der Kammer - keine Rolle gespielt. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Entscheidung der Kammer im vorliegenden Verfahren bereits vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung festgestanden hätte, wie die Bevollmächtigte der Klägerin lediglich behauptet, nicht aber den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend darlegt.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist deshalb abzulehnen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.

5. Gegen diesen Beschluss gibt es kein Rechtsmittel (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. März 2015 rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2.
die Erziehungsberechtigten
a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. Juni 2013 - 4 K 2737/13 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 37.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen eine Verfügung der Antragsgegnerin, mit der unter anderem ihm erteilte gewerberechtliche Erlaubnisse widerrufen wurden.
Dem Antragsteller wurde von der Antragsgegnerin am 19.08.1976 eine gaststättenrechtliche Erlaubnis zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft und am 04.03.1980 eine Erlaubnis zum gewerbsmäßigen Aufstellen von Gewinnspielgeräten erteilt. Die Städte ..., ... und ... erteilten dem Antragsteller am 11.12.2003, 25.10.2005 und 13.08.2008 jeweils eine Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle. Zum 31.03.2013 meldete der Antragsteller nach Übergabe der Gaststätte an seine Ehefrau den Gaststättenbetrieb bei der Antragsgegnerin ab. Der vom Antragsteller gegründeten ..., deren Geschäfte durch einen angestellten Geschäftsführer betrieben werden, ist am 16.08.2013 von der Stadt ... eine Erlaubnis zum gewerbsmäßigen Aufstellen von Gewinnspielgeräten erteilt worden. Diese Gesellschaft soll vom Antragsteller die Aufstellplätze in diversen Gaststätten übernehmen, sobald ihr für alle Aufstellplätze Geeignetheitsbestätigungen erteilt worden sind, was in zahlreichen Fällen schon erfolgt ist. Der Antragsteller will dann auf die Aufstellerlaubnis verzichten.
Mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 04.12.2009 wurde der Antragsteller wegen Hinterziehung von Einkommen- und Gewerbesteuern im Zeitraum von 2004 bis 2006 zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 250,-- EUR verurteilt.
Mit Schreiben vom 12.07.2010 leitete die Antragsgegnerin ein Verfahren zum Widerruf der Aufstellerlaubnis und der Gaststättenerlaubnis ein.
In den Jahren 2008 bis 2013 wurden gegen den Antragsteller wiederholt rechtskräftige Bußgeldbescheide erlassen, unter anderem wegen Verstößen im Zusammenhang mit dem Aufstellen von Gewinnspielgeräten, davon in vier Fällen wegen fehlender Geeignetheitsbestätigung, sowie wegen nicht rechtzeitiger Erfüllung von Erklärungspflichten im Zusammenhang mit der Erhebung von Vergnügungssteuer beim Betrieb von Gewinnspielgeräten, davon in einem Fall wegen nicht rechtzeitiger Abgabe der Vergnügungssteuererklärung.
Derzeit sind weitere ordnungswidrigkeitenrechtliche Verfahren gegen den Antragsteller eingeleitet, unter anderem wegen Verstößen im Zusammenhang mit dem Aufstellen von Gewinnspielgeräten. Außerdem ist gegen den Antragsteller ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von Einkommen- und Gewerbesteuer für das Jahr 2011 sowie wegen des Verdachts der Hinterziehung von Umsatzsteuer für die Jahre 2011, 2012 und 2013 (erstes Quartal) anhängig.
Mit der nicht streitgegenständlichen Verfügung vom 08.07.2011 widerrief die Antragsgegnerin die dem Antragsteller erteilte Gaststättenerlaubnis und die Aufstellerlaubnis.
Mit Verfügung vom 31.07.2013 hob sie diese, nicht bestandskräftige Verfügung auf (Ziff. 1 der Verfügung) und widerrief gleichzeitig (erneut) die Aufstellerlaubnis (Ziff. 2) und die Gaststättenerlaubnis (Ziff. 3) sowie die Spielhallenerlaubnisse (Ziff. 4 - 6). Dem Antragsteller wurde eine Abwicklungsfrist bis zum 26.08.2013 eingeräumt und nach Ablauf dieser Frist die Fortsetzung der erlaubnispflichtigen Tätigkeiten der Ziffern 2, 4, 5 und 6 untersagt (Ziff. 7). Ihm wurde aufgegeben, die unter Ziff. 2 sowie Ziff. 4 - 6 genannten Urkunden nach Bekanntgabe und die unter Ziff. 3 genannte Urkunde nach Bestandskraft der Verfügung zurückzugeben (Ziff. 8). Für die Regelungen der Ziffern 2, 4, 5, 6, 7 und 8 wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Ziff. 9). Weiter wurde für den Fall, dass der Antragsteller die unter Ziffer 9 (gemeint: Ziff. 7) untersagten Tätigkeiten nach dem 26.08.2013 noch ausüben sollte, unmittelbarer Zwang z.B. durch Versiegelung der Betriebsräume, angedroht (Ziff. 10). Für den Fall, dass der Antragsteller die unter Ziff. 7 (gemeint: Ziff. 8) genannten Urkunden nach Bestandskraft der Verfügung nicht herausgeben sollte, wurde die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.500,-- EUR je Urkunde angedroht (Ziff. 11).
Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 05.08.2013 Widerspruch ein.
10 
Am 07.08.2013 hat er beim Verwaltungsgericht Stuttgart beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen Ziff. 2, 4, 5, 6, 7 und 8 der Verfügung der Antragsgegnerin vom 31.07.2013 wiederherzustellen und hinsichtlich Ziff. 10 und 11 der Verfügung anzuordnen. Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten.
11 
Mit Beschluss vom 04.09.2013, der Antragsgegnerin zugestellt am 18.09.2013, hat das Verwaltungsgericht dem Antrag des Antragstellers entsprochen, den Antrag zu Ziff. 11 der Verfügung, den es als versehentlich gestellt ansah, aber nicht beschieden. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, es fehle derzeit an einem besonderen, das gegenläufige private Interesse überwiegende Vollzugsinteresse. Bestehende Steuerschulden würden dem Antragsteller nicht mehr vorgehalten. Damit könnten sie auch nicht als Gefährdung der Belange des Fiskus herangezogen werden. Es sei nicht davon auszugehen, dass durch den Antragsteller mit großer Wahrscheinlichkeit die Begehung weiterer Gesetzesverstöße drohe, denen durch einen Sofortvollzug vorgebeugt werden müsse. Der Verurteilung des Antragstellers wegen Einkommensteuer- und Gewerbesteuerhinterziehung lägen Taten aus den Jahren 2004 und 2005 zugrunde. Von besonderer Bedeutung sei, ob erneut die Begehung eines derartigen Steuerdeliktes drohe. Zwar sei ein neues Steuerstrafverfahren gegen den Antragsteller eingeleitet worden. Allerdings sei dieses Verfahren noch ganz am Anfang. Von daher lasse sich beim derzeitigen Stand auch kein Hang des Antragstellers zur generellen Missachtung der gewerberechtlichen Pflichten feststellen. Gleiches gelte hinsichtlich der rechtskräftig entschiedenen Ordnungswidrigkeiten. Soweit in der angefochtenen Verfügung weitere Ordnungswidrigkeitenverfahren erwähnt würden, sei diesen Verfahren gemeinsam, dass es keine rechtskräftigen Entscheidungen gebe. Soweit das Aufstellen von Spielautomaten in diesem Zusammenhang relevant sei, sei sicherlich ein Zusammenhang mit der Automatenaufstellung gegeben, indes sei auch hier u. a. unklar, ob der Antragsteller sie einräume. Es lasse sich nicht feststellen, dass der Antragsteller hartnäckig auch nach Erlass der (ersten) Verfügung zahlreiche Ordnungswidrigkeiten begehe und von vorausgegangenen Sanktionen unbeeindruckt sei. Die Prognose laufender weiterer Verstöße lasse sich derzeit nicht treffen. Soweit die Antragsgegnerin Spielhallenerlaubnisse des Antragstellers widerrufen habe, welche ihm durch andere Städte in deren Zuständigkeitsbereich erteilt worden seien, sei die Verfügung offensichtlich rechtswidrig. Diese Städte seien jeweils auch für den Widerruf der Spielhallenerlaubnis örtlich zuständig. Es liege keine Zuständigkeitskonkurrenz vor, so dass auch § 3 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG nicht einschlägig sei.
12 
Hiergegen richtet sich die am 30.09.2013 erhobene und am 16.10.2013 begründete Beschwerde der Antragsgegnerin. Sie macht geltend, es komme für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit nicht darauf an, ob das Strafverfahren bereits abgeschlossen sei oder nicht. Bereits die Einleitung dieses Verfahrens zeige, dass zu erwarten sei, dass sich der Antragsteller auch in Zukunft nicht an die geltenden Vorschriften halten werde. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts gebe es ausreichend Anhaltspunkte, aus denen die Besorgnis zu entnehmen sei, dass der Antragsteller bei einem Aufschub der Vollziehung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren sein bisheriges Verhalten fortsetzen und berechtigte Belange der Allgemeinheit schädigen werde. Die örtliche Zuständigkeit für den Widerruf der Spielhallenerlaubnisse ergebe sich aus § 3 Abs. 1 Ziff. 2 i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG. Das Unternehmen des Antragstellers werde als Einzelfirma betrieben. Es habe seinen Hauptsitz in Stuttgart. Darüber hinaus unterhalte es zusätzlich noch weitere Betriebsstätten in verschiedenen Städten und Gemeinden. Somit sei die Antragsgegnerin örtlich zuständige Behörde. Da den anderen Städten ebenfalls die örtliche Zuständigkeit obliege, komme es zu einer Zuständigkeitskonkurrenz. Die Unzuverlässigkeit des Antragstellers beziehe sich auf sein gesamtes Unternehmen und nicht nur auf eine Betriebsstätte. Sollte sie örtlich nicht zuständig gewesen sein, so sei die Verletzung der örtlichen Zuständigkeit gemäß § 46 LVwVfG unerheblich, da eine mögliche Verletzung der örtlichen Zuständigkeit nicht die Entscheidung in der Sache beeinflusse. Die Behörden vor Ort seien im Übrigen über die Vorgehensweise der Antragsgegnerin informiert gewesen und hätten dieser zugestimmt.
13 
Die Antragsgegnerin beantragt,
14 
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. September 2013 - 4 K 2737/13 - zu ändern und den Antrag abzulehnen.
15 
Der Antragsteller beantragt,
16 
die Beschwerde zurückzuweisen.
17 
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.
18 
Dem Senat liegen die Akten der Antragsgegnerin, des Verwaltungsgerichts Stuttgart und des Regierungspräsidiums Stuttgart vor. Hierauf und auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen.
II.
19 
Die nach § 146 Abs. 4 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
20 
Der Antrag des Antragstellers erweist sich auch unter Berücksichtigung der rechtzeitig (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), als zulässig und begründet.
21 
1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft.
22 
Der gegen Ziff. 2, 4, 5, 6, 7 und 8 sowie 10 und 11 der angefochtenen Verfügung erhobene Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Ziffern 2, 4, 5, 6, 7 und 8 der Verfügung angeordnet hat (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) und der Widerspruch gegen die in Ziffern 10 und 11 angeordneten Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung entfaltet (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 12 LVwVG).
23 
Nur zur Klarstellung weist der Senat mit Blick auf das im Beschwerdeverfahren erfolgte Vorbringen der Beteiligten darauf hin, dass der Widerruf der Gaststättenerlaubnis (Ziff. 3 der angefochtenen Verfügung) - zutreffend - nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde. Allerdings liegt trotz der insoweit zum 31.03.2013 erfolgten Gewerbeabmeldung ein belastender Verwaltungsakt vor, weil die Gaststättenerlaubnis nicht erloschen ist. Nach § 1 LGastG, § 8 GastG erlischt die Erlaubnis erst, wenn der Betrieb seit einem Jahr nicht mehr ausgeübt wird. In der Verpachtung des Betriebes sowie in der Gewerbeabmeldung liegt auch kein konkludenter Verzicht auf die Gaststättenerlaubnis (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30.12.1996 - 14 S 2158/96 -, GewArch 1997, 121). Für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO würde es auch nicht mit Blick darauf, dass der Antragsteller die Gaststätte nicht mehr betreibt, am Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Denn ein sofort vollziehbarer Widerruf der Gaststättenerlaubnis ist nach § 1 LGastG, § 31 GastG, § 149 Abs. 2 Nr. 1a GewO in das Gewerbezentralregister einzutragen und dieser Eintrag ist nach § 1 LGastG, § 31 GastG, § 152 Abs. 3 GewO i.V.m. Abs. 1 GewO zu entfernen, wenn die Vollziehbarkeit aufgrund gerichtlicher Entscheidung entfällt (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.03.2009 - 6 S 2816/08 -). Vorliegend fehlt es aber hinsichtlich des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis bereits an der Anordnung des Sofortvollzugs. Auch wurde der weitere, zwischenzeitlich durch die Ehefrau des Antragstellers erfolgende Betrieb der Gaststätte - trotz insoweit missverständlicher Bezugnahme auf § 1 LGastG, § 31 GastG, § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO in der Begründung des Bescheids - im unter diesen Umständen maßgeblichen Tenor der Verfügung (dort Ziff. 7) zutreffend bereits nicht und erst recht nicht mit sofortiger Wirkung untersagt; eine entsprechende Betriebsuntersagung ist damit ebenfalls nicht Gegenstand des Verfahrens.
24 
Soweit sich der Antrag gegen die Androhung eines Zwangsgelds in Ziff. 11 der Verfügung richtet, ist er nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens geworden. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, insoweit bestehe keine sofortige Vollziehbarkeit, deshalb den Antrag des Antragstellers einschränkend ausgelegt und nicht beschieden. Der Antragsteller hat dies nicht beanstandet.
25 
2. Der Antrag ist auch begründet.
26 
Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass es an einem hinreichenden Vollzugsinteresse für den angefochtenen Verwaltungsakt fehlt. Das Verwaltungsgericht hat eine eigene Ermessensentscheidung darüber zu treffen, ob das Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung das Aufschubinteresse des Antragstellers überwiegt. Hierbei orientiert es sich unter anderem an den Erfolgsaussichten des Antragstellers im noch durchzuführenden Widerspruchsverfahren.
27 
Ergibt die hierbei vorzunehmende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Verfügung voraussichtlich zu Lasten des Antragstellers rechtswidrig ist, fehlt es regelmäßig schon aus diesem Grund an einem hinreichenden Vollzugsinteresse.
28 
Erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt danach als voraussichtlich rechtmäßig, ist zu unterscheiden:
29 
Soweit die Antragsgegnerin den Sofortvollzug der angegriffenen Verfügung angeordnet hat, also hinsichtlich des Widerrufs der Aufstellerlaubnis und der Spielhallenerlaubnisse, der verfügten Untersagung der entsprechenden Tätigkeiten und der Herausgabe hierauf bezogener Urkunden, kommt dies einem behördlich verhängten vorläufigen Berufsverbot gleich. Für die Verhängung eines vorläufigen Berufsvorbots würde nicht schon die hohe Wahrscheinlichkeit genügen, dass das Hauptsacheverfahren die Rechtmäßigkeit des Berufsverbots bestätigen wird. Vielmehr setzt sie gemäß Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsgebot die zusätzliche, aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Feststellung voraus, dass sie schon vor Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens als Präventivmaßnahme zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter erforderlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.10.2003 - 1 BvR 1594/03 -, NJW 2003, 3618). Für ein hinreichendes Vollzugsinteresse müssten also zusätzlich zur voraussichtlichen Rechtmäßigkeit der Verfügung Anhaltspunkte für die Besorgnis vorliegen, der Antragsteller werde bei einem Aufschub der Vollziehung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren sein bisheriges Verhalten fortsetzen und die berechtigten Belange der Allgemeinheit zusätzlich gefährden (vgl. Senat, Beschluss vom 27.01.2006 - 6 S 1860/05 -, NVwZ-RR 2006, 395). Darüber hinaus ist zu beachten, dass effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) nur dann gewährleistet ist, wenn für sofort vollziehbar erklärte Eingriffe in grundrechtlich gewährleistete Freiheiten noch einmal einer gesonderten - über die Beurteilung der zugrundeliegenden Verfügung hinausgehenden - Verhältnismäßigkeitsprüfung unterzogen werden. Es ist eine Abwägung der Folgen, die bei einem Aufschub der Maßnahmen für die Dauer des Rechtsstreits zu befürchten sind, und denjenigen, welche demgegenüber bei dem Antragsteller wegen des Sofortvollzugs eintreten würden, vorzunehmen (BVerfG, Beschluss vom 24.10.2003, a.a.O.). Nur wenn auch diese zu Lasten des Antragstellers ausfällt, ist ein hinreichendes Vollzugsinteresse gegeben.
30 
Soweit die angefochtene Verfügung schon kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist (Ziff. 10 der Verfügung), genügt für ein hinreichendes Vollzugsinteresse demgegenüber die voraussichtliche Rechtmäßigkeit der Verfügung (vgl. Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO, 5. Aufl., § 80 Rn. 91).
31 
a) Der Widerruf der Aufstellerlaubnis ist voraussichtlich rechtmäßig, die diesbezügliche Anordnung des Sofortvollzugs ist aber unverhältnismäßig.
32 
aa) Nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LVwVfG darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet wäre. Nach § 33c Abs. 2 Satz 1 GewO ist die nach § 33c Abs. 1 Satz 1 GewO erforderliche Erlaubnis für das gewerbsmäßige Aufstellen von Gewinnspielgeräten zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für die Aufstellung von Spielgeräten erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt nach § 33c Abs. 2 Satz 2 GewO in der Regel nicht, wer in den letzten drei Jahren vor Stellung des Antrags wegen einer der dort genannten Straftaten rechtskräftig verurteilt worden ist.
33 
Die Verurteilung des Antragstellers wegen Steuerhinterziehung gehört nicht zu diesem Katalog von Straftaten. Die Unzuverlässigkeit kann sich außer aus den in § 33c Abs. 2 Satz 2 GewO genannten Gesichtspunkten aber auch aus anderen Gründen ergeben. Diese entsprechen denjenigen, die die Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO zu rechtfertigen vermögen. Wie § 35 GewO dient auch § 33c Abs. 2 GewO unter anderem dem Schutz der Allgemeinheit vor unzuverlässigen Gewerbetreibenden. Der Erlaubnisversagungsgrund der (allgemeinen) Unzuverlässigkeit liegt vor, wenn der Gewerbetreibende nach dem Gesamtbild seines Verhaltens keine Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt. Zum ordnungsgemäßen Betrieb eines Gewerbes gehört unter anderem die Erfüllung der steuerlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten. Die nachhaltige Verletzung solcher Pflichten kann je nach den Umständen des Einzelfalls den Schluss auf die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit rechtfertigen (BVerwG, Beschluss vom 22.06.1994 - 1 B 114.94 -, GewArch 1995, 111).
34 
Die der Verurteilung des Antragstellers zugrundeliegende Verletzung seiner materiellen steuerlichen Erklärungspflichten über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg ist zwar nachhaltig, lässt aber für sich genommen noch nicht den Schluss zu, dass die Pflichten auch zukünftig verletzt werden, weil die Taten lange Zeit zurückliegen (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, 8. Aufl., § 35 Rn. 43). Ob der Antragsteller in den Jahren 2011 - 2013 erneut materielle steuerliche Erklärungspflichten verletzt hat, steht im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nicht fest. Eine diesbezügliche Feststellung setzt zwar nicht das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Steuerhinterziehung voraus, sondern ist gegebenenfalls von den Verwaltungsgerichten zu treffen (vgl. Ennuschat, a.a.O., § 35 Rn. 42 m.w.N. für das behördliche Verfahren). Eine solche Erhebung ist aber nicht Aufgabe des gerichtlichen Eilverfahrens.
35 
Der Antragsteller hat jedoch ausweislich der insoweit ergangenen rechtskräftigen Bußgeldbescheide auch in den Jahren 2011 und 2012 wiederholt seine formellen steuerlichen Erklärungspflichten im Zusammenhang mit der Erhebung von Vergnügungssteuern für die von ihm aufgestellten Gewinnspielgeräte verletzt. Auch das den übrigen rechtskräftigen Bußgeldbescheiden zugrundeliegende Verhalten weist zum Teil einen Gewerbebezug auf und kann deshalb die Unzuverlässigkeit indizieren (vgl. Ennuschat, a.a.O., Rn. 47). Dies gilt insbesondere für die in den Jahren 2010, 2011 und 2013 gehäuft erfolgten Verstöße gegen gewerberechtliche Vorgaben im Zusammenhang mit der Aufstellung von Gewinnspielgeräten.
36 
Bei einer Gesamtschau dieser Verstöße gegen formelle steuerliche Erklärungspflichten und gewerberechtliche Verpflichtungen mit der früheren Verurteilung wegen Steuerhinterziehung ist es wahrscheinlich (zum Prognosemaßstab vgl. Ennuschat, a.a.O., Rn. 31), dass der Antragsteller auch zukünftig sein Gewerbe nicht ordnungsgemäß betreiben wird und damit unzuverlässig ist. Damit dürfte dem Antragsteller aber eine Aufstellerlaubnis heute nicht mehr erteilt werden.
37 
Die für den Widerruf weiter erforderliche Gefährdung des öffentlichen Interesses, wenn dem Antragsteller die Aufstellerlaubnis belassen würde, folgt aus dem Umstand, dass vor dem Hintergrund seines bisherigen Verhaltens mit weiteren gewerberechtlich relevanten Verstößen des Antragstellers zu rechnen ist.
38 
Der Widerruf ist auch nicht ermessensfehlerhaft erfolgt. Insbesondere hat der Antragsteller bislang nicht auf die Aufstellerlaubnis verzichtet, weshalb der Widerruf nach wie vor erforderlich ist.
39 
bb) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist aber unverhältnismäßig.
40 
Vorliegend ist zwar damit zu rechnen, dass der Antragsteller auch zukünftig seine gewerberechtlichen Pflichten nicht erfüllen wird. Auch mit Blick darauf, dass es während des seit 12.07.2010 laufenden Widerrufsverfahrens und auch nach der ersten Widerrufsverfügung zu neuen Pflichtverletzungen gekommen ist, die mit rechtskräftigen Bußgeldbescheiden geahndet wurden, ist damit zu rechnen, dass bis zur Rechtskraft des Widerrufs weitere Pflichtverletzungen erfolgen. Allerdings hätte der Widerruf der Aufstellerlaubnis mit sofortiger Wirkung nicht nur wie regelmäßig voraussichtlich das wirtschaftliche Ende des Betriebs zur Folge, weil die Gastwirte auf andere Aufsteller ausweichen würden. Vielmehr würde der Sofortvollzug darüber hinaus zum Wegfall einer konkreten Fortführungschance führen. Denn der Betrieb des Antragstellers könnte anders als regelmäßig sonst voraussichtlich erhalten werden, wenn die Aufstellerlaubnis nicht mit sofortiger Wirkung widerrufen würde und der Antragsteller somit die Übertragung seiner geschäftlichen Aktivitäten in diesem Bereich auf einen Dritten, die bereits zum Teil umgesetzt ist, abschließen könnte. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich dabei um eine reine Strohmannkonstruktion handelt, hat der Senat nicht. Unter diesen Umständen erweist sich der Sofortvollzug aber als unverhältnismäßig.
41 
b) Der Widerruf der Spielhallenerlaubnisse durch die Antragsgegnerin ist voraussichtlich rechtswidrig, weil ihr hierfür die Verbandskompetenz fehlt.
42 
Maßgebliche Rechtsgrundlage für den Widerruf ist auch insoweit § 49 LVwVfG. Demgegenüber ist § 41 Abs. 4 LGlüG nicht anwendbar, da sich diese Regelung schon nach ihrem Wortlaut nur auf Spielhallenerlaubnisse bezieht, die auf der Grundlage des § 41 LGlüG, nicht wie hier auf der Grundlage von § 33 i GewO, erteilt wurden.
43 
Nach § 49 Abs. 5 LVwVfG entscheidet über den Widerruf nach - wie hier gegebener - Unanfechtbarkeit des Ausgangsverwaltungsakts die nach § 3 LVwVfG zuständige Behörde. Dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
44 
§ 49 Abs. 5 LVwVfG trifft eine Regelung nur für die örtliche Zuständigkeit. Die sachliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem anwendbaren Sachrecht. Bestehen keine speziellen Regelungen, kommt es bei unanfechtbaren Ausgangsverwaltungsakten auf die sachliche Zuständigkeit für den Erlass des Ausgangsverwaltungsakts im Zeitpunkt des Widerrufs bei Zugrundelegung der dann geltenden Rechtslage an (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., Rn. 164 sowie BVerwG, Urteil vom 20.12.1999 - 7 C 42/98 -, BVerwGE 110, 226; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.08.2008 - 13 S 201/08 -, VBlBW 2009, 150).
45 
Die sachliche Zuständigkeit für die Erteilung von - mit der angefochtenen Verfügung widerrufenen - Erlaubnissen nach § 33 i GewO regeln die nach wie vor in Kraft befindlichen §§ 1, 6 GewOZuVO. Allerdings können Erlaubnisse nach § 33 i GewO nicht mehr erteilt werden (§ 51 Abs. 3 Satz 1 LGlüG). Für die Erteilung von Spielhallenerlaubnissen nach § 41 LGlüG bestimmt sich die Zuständigkeit nach § 47 Abs. 5 Satz 1 LGlüG (vgl. aber auch § 47 Abs. 6 LGlüG). Es kann offen bleiben, welche von beiden Zuständigkeitsnormen anwendbar ist, weil sie übereinstimmen. Zuständig sind jeweils die unteren Verwaltungsbehörden sowie die Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften mit eigener Baurechtszuständigkeit.
46 
Auch soweit Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden als Stadtkreise oder Große Kreisstädte untere Verwaltungsbehörden „sind“ (§ 15 Abs. 1 LVG), sind Verwaltungsträger gleichwohl die Gemeinden, während bei den übrigen unteren Verwaltungsbehörden Verwaltungsträger das Land ist. (vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl., § 22 Rn. 26). In der Zuweisung von Aufgaben an verschiedene Träger der öffentlichen Verwaltung, also Gemeinden, Verwaltungsgemeinschaften und das Land, in §§ 1, 6 GewOZuVO bzw. § 47 Abs. 5 LGlüG liegt damit zugleich eine (allerdings nicht vollständige) Regelung der Verbandszuständigkeit (Verbandskompetenz). Zur abschließenden Bestimmung des zuständigen Rechtsträgers findet § 3 LVwVfG entsprechende Anwendung (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 1 C 5.11 - zur entsprechenden Anwendung des § 3 BVwVfG bei fehlender Regelung der Verbandskompetenz der Länder; ablehnend zur entsprechenden Anwendung (jedenfalls) von § 3 Abs. 1 VwVfG demgegenüber etwa Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 3 Rn. 3; Schliesky, in: Knack/Henneke, VwVfG, 9. Aufl., § 3 Rn. 11).
47 
Die Antragsgegnerin ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass sie nach § 49 Abs. 5, § 3 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 LVwVfG örtlich und, weil auch insoweit § 3 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 LVwVfG Anwendung findet, damit auch verbandsmäßig zuständig ist.
48 
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG ist in Angelegenheiten, die sich auf den Betrieb eines Unternehmens oder einer seiner Betriebsstätten beziehen, die Behörde, in deren Bezirk das Unternehmen oder die Betriebsstätte betrieben wird, zuständig. Sind danach mehrere Behörden zuständig, so entscheidet nach § 3 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG grundsätzlich die Behörde, die zuerst mit der Sache befasst worden ist. Die gesonderte Aufführung der Betriebsstätten als eines organisatorisch in gewissem Maß verselbstständigten Teils eines Unternehmens dient dazu, in Anpassung an die Gegebenheiten der Wirtschaft dem Prinzip der sachnahen Entscheidung Geltung zu verschaffen. Nach der für den Bereich des Verwaltungsverfahrensrechts übertragbaren Regelung des § 12 Satz 1 AO ist Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient (vgl. Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 4. Aufl., § 3 Rn. 12). Ist in einer „Angelegenheit“ ein hinreichender Bezug zum Betrieb einer Betriebsstätte gegeben, liegt darin nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung nicht gleichzeitig eine „Angelegenheit“, die sich auf den Betrieb eines Unternehmens im Sinne dieser Regelung bezieht, auch wenn das Gesamtunternehmen als solches ebenfalls betroffen ist. Dieses stellt sich gewissermaßen nur als weitere „Betriebsstätte“ dar (vgl. § 12 AO). Bei mehreren Betriebsstätten besteht keine Zuständigkeitskonkurrenz, zuständig ist bei mehreren Betriebsstätten eines Unternehmens allein die Behörde, in deren Bezirk sich die betreffende Betriebsstätte befindet (Ronellenfitsch, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 3 Rn. 13; Ziekow, VwVfG, § 3 Rn. 16). Eine Zuständigkeitskonkurrenz nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG ist demgegenüber etwa denkbar, wenn eine Betriebsstätte im Bezirk mehrerer Behörden liegt. Für eine genehmigungs- oder überwachungspflichtige Anlage ist also die Behörde mit Bezug zum Ort des Betriebes der Anlage, nicht diejenige am Sitz des Unternehmens örtlich zuständig (Schliesky, a.a.O., § 3 Rn. 21).
49 
Örtlich und verbandsmäßig zuständig für den Widerruf der Spielhallenerlaubnisse sind also die Städte ..., ... und ... für die jeweils auf ihrem Gemeindegebiet liegende betrieblich verselbstständigte Spielhalle.
50 
Damit bedarf es auch keines Rückgriffs auf § 3 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG, der eine Zuständigkeitskonkurrenz mehrerer verschiedener Behörden voraussetzt. Einschlägig wäre mit Blick darauf, dass auch am Sitz des Unternehmens, also einer weiteren Betriebsstätte (vgl. § 12 AO), und damit im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin wegen gewerberechtlicher Unzuverlässigkeit gegen den Antragsteller vorgegangen werden soll, die Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG. Danach kann in den Fällen, in denen eine gleiche Angelegenheit sich auf mehrere Betriebsstätten eines Betriebs oder Unternehmens bezieht, also in Fällen paralleler Zuständigkeit, eine der nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG zuständigen Behörden durch die fachlich zuständige Aufsichtsbehörde als gemeinsame zuständige Behörde bestimmt werden, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten zur einheitlichen Entscheidung geboten ist. Der Begriff „gleiche Angelegenheit“ meint dabei gleichartige Angelegenheit bzw. Angelegenheiten (Bonk, a.a.O., Rn. 23; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 3 Rn. 42). § 3 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG erfasst also insbesondere Fälle der grundsätzlich alleinigen Zuständigkeit verschiedener Behörden nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG für je unterschiedliche Betriebsstätten, wobei die jeweils zu treffenden Entscheidungen gleichgelagerte Fragen aufwerfen. Eine Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach dieser Vorschrift setzt aber ihre Bestimmung durch die gemeinsame fachlich zuständige Aufsichtsbehörde voraus, an der es fehlt.
51 
Die Zuständigkeit der Antragsgegnerin wurde auch nicht durch die Zustimmung der übrigen Städte begründet. Wegen der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht und die gesetzlich normierte Kompetenzordnung sind im Verwaltungsverfahrensrecht Zuständigkeitsvereinbarungen zwischen Behörden grundsätzlich unzulässig und nur bei gesetzlicher Ermächtigung wirksam. Auch eine einseitige Zuständigkeitsübertragung durch Amtshilfe, Delegation oder Mandat ist ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage unzulässig (Bonk, a.a.O., § 3 Rn. 6). Hieran fehlt es. Es liegt insbesondere keine nach §§ 4 ff. LVwVfG, Art. 35 GG vorgesehene Amtshilfe vor, da es bereits an einem „fremden“ Hauptverfahren der übrigen Städte fehlt, zu dem „ergänzende“ Hilfe geleistet wird, sondern das Verfahren insgesamt von der Antragsgegnerin geführt wurde (vgl. Bonk, a.a.O., § 4 Rn. 20). Es liegt auch kein Fall von § 3 Abs. 3 LVwVfG vor.
52 
Fehlt es an der Verbandskompetenz, hat dies bei Offenkundigkeit die Nichtigkeit des Verwaltungsakts zur Folge. An der erforderlichen Offenkundigkeit fehlt es aber deshalb, weil eine Zuständigkeit der Antragsgegnerin nicht unter jedem denkbaren Gesichtspunkt ausgeschlossen ist, sondern sie vielmehr entsprechend § 3 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG verbandsmäßig zuständig werden könnte (vgl. dazu Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 44 Rn. 14). Die fehlende örtliche Zuständigkeit führt vorliegend ebenfalls nicht zur Nichtigkeit der Widerrufsverfügungen ( §§ 44 Abs. 2 Nr. 3, 3 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG).
53 
Der Aufhebung der angefochtenen Widerrufe der Spielhallenerlaubnisse steht auch nicht § 46 LVwVfG entgegen. Danach kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 LVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
54 
Bei Ermessensentscheidungen wie dem Widerruf nach § 49 LVwVfG ist im Regelfall die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass die örtlich zuständige Behörde zu einer anderen Entscheidung in der Sache hätte kommen können; der Zuständigkeitsfehler wäre also grundsätzlich relevant (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 46 Rn. 32). Vorliegend ist aber eine Ausnahme hiervon gegeben, weil die zuständigen Behörden in Kenntnis des Sachverhalts ihre Zustimmung zu dem Vorgehen gegeben haben, also ebenso entschieden hätten. Es ist deshalb auch offensichtlich, dass der Fehler auf die Entscheidung in der Sache ohne Einfluss geblieben ist.
55 
§ 46 LVwVfG greift aber schon seinem Wortlaut nach nicht ein, soweit in der Verletzung der örtlichen Zuständigkeit wie hier zugleich eine Verletzung der Verbandskompetenz liegt. Eine entsprechende Anwendung scheidet schon aufgrund des Ausnahmecharakters der Regelung aus. Auch liegt anders als bei einem bloßen Verstoß gegen die örtliche Zuständigkeit ein materiell-rechtlich nicht vorgesehener Eingriff in ein zwischen Dritten bestehendes Rechtsverhältnis und damit ein Verstoß gegen materielles Recht vor (vgl. etwa Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 46 Rn. 11; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 46 Rn. 22; Ziekow, VwVfG, § 46 Rn. 9 m.N. der z.T. differenzierenden Rechtsprechung).
56 
c) Die auf § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO gestützte Untersagung des weiteren Aufstellens von Gewinnspielgeräten und des Spielhallenbetriebs ist voraussichtlich ebenfalls rechtswidrig. Nach dieser Regelung kann die Fortsetzung des Betriebes von der zuständigen Behörde verhindert werden, wenn ein Gewerbe, zu dessen Ausübung eine Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung (Zulassung) erforderlich ist, ohne diese Zulassung betrieben wird. Die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung folgt für den Betrieb der Spielhallen schon aus der fehlenden Verbandszuständigkeit der Antragsgegnerin (s. dazu oben b)) und im Übrigen und unabhängig davon daraus, dass das jeweilige Gewerbe nach Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Widerrufsentscheidungen nicht ohne Zulassung betrieben wird, weil die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls - ex tunc - dazu führt, dass jegliche tatsächliche oder rechtliche Folgerung aus dem Widerruf zu unterlassen ist (vgl. Saurenhaus, in: Wysk, VwGO, § 80 Rn. 9 f.).
57 
d) Entsprechendes gilt für die auf § 52 Satz 1 LVwVfG gestützte Anordnung der Herausgabe der Urkunden über die Aufstellerlaubnis und die Spielhallenerlaubnisse. Danach kann die Behörde, wenn ein Verwaltungsakt widerrufen oder zurückgenommen oder seine Wirksamkeit aus einem anderen Grund nicht oder nicht mehr gegeben ist, vorliegend also bei Bestandskraft oder sofortiger Vollziehbarkeit der Widerrufsentscheidungen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 52 Rn. 6 f.), die auf Grund dieses Verwaltungsakts erteilten Urkunden, die zum Nachweis der Rechte aus dem Verwaltungsakt oder zu deren Ausübung bestimmt sind, zurückfordern. Die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Herausgabe der Urkunde über die Gaststättenerlaubnis nach Bestandskraft der Verfügung (Ziff. 8 der Verfügung), wovon auch die Bestandskraft der Herausgabeverfügung umfasst ist, ist schon deshalb rechtswidrig, weil eine bestandskräftige Herausgabeverpflichtung kraft Gesetzes vollziehbar ist (§ 2 LVwVG). Die möglicherweise beabsichtigte Anordnung des Sofortvollzugs für den Fall der Bestandskraft des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis ist nicht verfügt worden. Auch die Begründung des Bescheids lässt eine andere Bewertung nicht zu.
58 
e) Die angefochtene Androhung unmittelbaren Zwangs (Ziff. 10 der Verfügung) ist schon deshalb rechtswidrig, weil es nach Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Untersagungsverfügung an einem vollstreckbaren Grundverwaltungsakt fehlt (§ 2 LVwVG).
59 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG (s. dazu auch Beschluss des Senats vom heutigen Tag im Verfahren 6 S 2266/13).
60 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 5.7.2006 - 16 K 1403/05 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Rücknahme einer bestandskräftigen Ausweisungsverfügung.
Der Kläger, ein italienischer Staatsangehöriger, wurde am … 1970 in Deutschland geboren. Zwei Jahre der Grundschule verbrachte er in Italien, ansonsten hielt er sich bis zum Zeitpunkt seiner späteren Abschiebung in Deutschland auf, wo er einen Hauptschulabschluss erzielte. Nach Abbruch einer Lehre als Kfz-Mechaniker ging er bei mehreren Arbeitgebern kurzzeitigen Beschäftigungen nach. Wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, zuletzt auch wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz und wegen Betrugs wurde der Kläger in den Jahren 1992 bis 1994 mehrfach zu Freiheitsstrafen von jeweils bis zu zehn Monaten ohne Bewährung verurteilt. Vom 30.1.1994 bis 23.8.1995 befand er sich in Haft. Danach arbeitete er vom 25.9.1995 bis zum 16.11.1995 bei einer Personal-Leasing-Firma. Am 1.5.1996 wurde er nach unbekannt abgemeldet. Anlässlich einer Polizeikontrolle am 24.10.1996 wurde als aktueller Wohnort des Klägers eine Adresse in Italien aufgenommen.
Im Juli 1989 hatte der Kläger eine italienische Staatsangehörige geheiratet. Die Ehe wurde durch Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 18.4.1996 geschieden. Für den im Mai 1990 geborenen Sohn Guiseppe erhielt die Mutter das alleinige Sorgerecht, dem Kläger wurde durch gerichtlichen Beschluss vom 25.2.1993 ein wöchentliches Umgangsrecht zugesprochen. Im Juni 1996 wurde eine Tochter des Klägers geboren, die Mutter dieses Kindes war seine derzeitige Lebensgefährtin, eine deutsche Staatsangehörige.
Der Kläger hatte am 13.7.1987 erstmalig die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beantragt. Am 27.9.1988 wurde ihm eine Aufenthaltserlaubnis-EG erteilt, die bis zum 19.5.1991 befristet war. Am 29.10.1991 und am 21.9.1995 beantragte er erneut die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
Mit Verfügung vom 21.11.1996 wies die Beklagte den Kläger aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aus und lehnte seine Anträge vom 29.10.1991 und 21.9.1995 auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ab. Sie forderte ihn zur Ausreise bis spätestens 15.1.1997 auf und drohte ihm für den Fall der Nichteinhaltung der Ausreisefrist die Abschiebung nach Italien an.
Zur Begründung führte die Beklagte aus: Aufgrund der Straftaten des Klägers lägen die Voraussetzungen für eine Regelausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 1 AuslG vor. Besonderer Ausweisungsschutz nach § 48 AuslG sei nicht gegeben. Ein Abweichen von der Regelausweisung sei nicht gerechtfertigt. Zwar habe sich der Kläger zeit seines Lebens fast ausschließlich in Deutschland aufgehalten. Es müsse aber berücksichtigt werden, dass er keiner geregelten Erwerbstätigkeit nachgehe. Er habe noch nie über einen längeren Zeitraum bei demselben Arbeitgeber gearbeitet. Die Sozialprognosen der Strafrichter seien negativ. Er sei drogenabhängig und habe bisher keinerlei Bemühungen unternommen, diese Abhängigkeit zu überwinden. Er habe sich in die Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht integriert. Die Ausweisung sei aus spezialpräventiven Gründen nunmehr unumgänglich. Aufgrund des bisherigen Lebenslaufs sei mit hoher Wahrscheinlichkeit mit weiteren Straftaten zu rechnen. Zu den in Deutschland wohnenden Eltern und der geschiedenen Frau und seinem Sohn habe er offensichtlich keine sozialen Bindungen. Dies habe er durch sein Untertauchen deutlich zum Ausdruck gebracht. Nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 des Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der italienischen Republik, dessen Eingreifen im Hinblick auf den geforderten fünfjährigen ordnungsgemäßen Aufenthalt zu seinen Gunsten unterstellt werde, dürfe er nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden. Derartige Gründe lägen vor. Zumindest die zuletzt begangenen Taten (Betrug und Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz) überschritten den Rahmen der sogenannten Alltagskriminalität. Weitere Schutzvorschriften wie Art. 3 Abs. 3 ENA oder § 12 Abs. 1 bis 4 AufenthG/ EWG böten keinen weitergehenden Schutz. Art. 8 EMRK sei nicht anwendbar, da ein Familienleben zwischen dem Kläger und seinem Sohn nicht stattfinde. Durch sein Untertauchen sei er nicht in der Lage, die sozialen Bindungen zu seinem Sohn aufrecht zu erhalten. Im übrigen seien die Vorschriften des AufenthaltsG/EWG auf ihn nicht mehr anwendbar. Er habe während seines Aufenthalts in Deutschland immer nur ganz kurzfristig gearbeitet. Seine Arbeitslosigkeit sei immer selbstverschuldet gewesen. Zur Zeit stehe er nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sei wegen der Ausweisung abzulehnen. Ohnehin verfüge er auch nicht über die notwendigen Existenzmittel und könne ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe nicht leben.
Die Verfügung wurde öffentlich zugestellt, dem Kläger aber auch am 18.12.1996 anlässlich seiner Festnahme durch die Polizei ausgehändigt. Der Kläger legte gegen die Verfügung keinen Widerspruch ein.
Am 20.3.1997 wurde der Kläger nach Italien abgeschoben. In der Folgezeit kehrte er mehrfach nach Deutschland zurück. Er wurde insgesamt achtmal nach Italien abgeschoben und einmal an der Grenze zurückgewiesen. Während der zwischen den Abschiebungen liegenden Aufenthalte in Deutschland machte sich der Kläger erneut strafbar. Zuletzt wurde der Kläger mit rechtskräftigem Urteil vom 26.10.2004 wegen verbotener Einreise tateinheitlich begangen mit verbotenem Aufenthalt nach dem AuslG sowie wegen einer vorsätzlichen gefährlichen gemeinschaftlichen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt.
Am 25.1.2005 beantragte der Kläger aus der Strafhaft die Rücknahme der Ausweisung, hilfsweise die sofortige Befristung der Ausweisung. Mit Verfügung vom 20.6.2005 befristete die Beklagte die Ausweisungsverfügung vom 21.11.1996 sowie die Wirkung der Abschiebungen nachträglich auf den 1.1.2005.
10 
Die am 27.4.2005 beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Untätigkeitsklage, mit der der Kläger beantragt hat,
11 
die Beklagte zu verpflichten, die Ausweisung des Klägers zurückzunehmen,
12 
hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 5.7.2006 - 16 K 1403/05 -abgewiesen.
13 
Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht folgendes ausgeführt: Die Klage sei als Untätigkeitsklage zulässig, weil die Beklagte über den Antrag auf Rücknahme der Ausweisung bislang nicht entschieden habe, ohne dass hierfür ein zureichender Grund gegeben sei. Ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers sei aufgrund des geltend gemachten Rehabilitierungsinteresses gegeben. Die Klage sei aber unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rücknahme der Ausweisung. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG lägen nicht vor. Die Ausweisungsverfügung sei zwar unanfechtbar geworden, insbesondere sei sie mit der persönlichen Aushändigung an den Kläger am 18.12.1996 wirksam zugestellt worden. Zu dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit, im Januar 1997, sei die Ausweisungsverfügung aber nicht rechtswidrig gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger weder als Unionsbürger noch als Arbeitnehmer freizügigkeitsberechtigt gewesen, so dass er auch ohne Ermessenserwägungen habe ausgewiesen werden dürfen. Die Schutzwirkungen des Art. 8 EMRK seien von der Beklagten berücksichtigt worden. Dass der Kläger bereits zum Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung eine Beziehung zu seiner heutigen Lebensgefährtin eingegangen und dass im Juni 1996 die erste gemeinsame Tochter geboren worden sei, stehe der Rechtmäßigkeit der Verfügung nicht entgegen. Der Beklagten sei dieser Umstand bereits nicht bekannt gewesen, da der Kläger ihn bei der Behörde nicht gemeldet und auch im Rahmen des Ausweisungsverfahrens nicht zur Kenntnis gebracht habe.
14 
Mit Beschluss vom 15.2.2007 - Zustellung an den Kläger am 22.2.2007 - hat der Senat die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil zugelassen.
15 
Mit dem am 26.2.2007 eingegangenen Berufungsbegründungsschriftsatz trägt der Kläger vor, die Ausweisung sei aus mehreren Gründen rechtswidrig. Er sei jedenfalls als Dienstleistungsempfänger in Deutschland freizügigkeitsberechtigt gewesen. Daher habe er nach der Rechtsprechung des EuGH nur aufgrund einer Ermessensentscheidung ausgewiesen werden dürfen. Außerdem sei er sowohl als Kind eines freizügigkeitsberechtigten Arbeitnehmers als auch als Arbeitnehmer selbst freizügigkeitsberechtigt gewesen. Die Ausweisung habe auch deshalb gegen Art. 8 EMRK verstoßen, weil sie nicht befristet gewesen sei. Er sei auch nicht gehalten gewesen, der Beklagten mitzuteilen, dass er mit seiner gegenwärtigen Freundin und der damals geborenen Tochter Lisa zusammenlebe. Zu der Ausweisung sei er mit Schreiben vom 14.3.1995 angehört worden. Vor der mehr als eineinhalb Jahre später verfügten Ausweisung habe er erneut angehört werden müssen. Bei der Rücknahme eines gemeinschaftswidrigen, nicht letztinstanzlich bestätigten Verwaltungsakts komme der Behörde auch kein Ermessen zu.
16 
Der Kläger beantragt - sachdienlich - zuletzt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 5.7.2006 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihre Ausweisungsverfügung vom 21.11.1996 zurückzunehmen, hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, ihre Ausweisungsverfügung vom 21.11.1996 zurückzunehmen.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und nimmt auf dessen Begründung Bezug. Darüber hinaus führt sie aus, dass mangels Vollzugs der Ausweisung kein Rechtsschutzbedürfnis ersichtlich sei.
21 
Das Verfahren hat vom 21.5.2007 bis zum 21.1.2008 geruht. Nach der mündlichen Verhandlung am 28.5.2008 hat der Senat mit Beschluss vom 6.6.2008 die mündliche Verhandlung wegen der Frage der Passivlegitimation wiedereröffnet. Danach haben beide Beteiligte auf erneute mündliche Verhandlung verzichtet.
22 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Akten der Beklagten (3 Bände) vor. Auf diese Akten wird ebenso wie auf die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart und des Berufungsverfahrens wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
24 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Die Klage ist zwar zulässig, jedoch in ihrem Haupt- und Hilfsantrag unbegründet, weil die Beklagte bereits seit Klageerhebung nicht passivlegitimiert ist (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
25 
1. Der Zulässigkeit der Klage steht nicht ein mangelndes Rechtsschutzbedürfnis des Klägers entgegen. Zwar hat die Beklagte die Wirkungen der Ausweisung auf den 1.1.2005 befristet; ein Interesse an einer rückwirkenden Aufhebung einer Ausweisung seit ihrem Erlass ergibt sich jedoch daraus, dass zahlreiche Vorschriften an den ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt eines Ausländers positive Rechtsfolgen anknüpfen. Insoweit kann auf den in § 10 StAG geregelten Anspruch auf Einbürgerung oder auf die besonderen Ausweisungsweisungsschutz vermittelnde europarechtliche Bestimmung des Art. 28 Abs. 3a RL 2004/38/EG verwiesen werden (vgl. Urteile des Senats vom 7.12.2007 - 13 S 508/07 - und vom 28.6.2007 - 13 S 1045/07 -, VBlBW 2008, 68).
26 
2. Die Klage richtet sich jedoch nicht gegen den richtigen Beklagten. Nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist eine Klage gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft zu richten, deren Behörde den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat. Als Regelung der Passivlegitimation folgt aus dieser Vorschrift, dass eine Verpflichtungsklage gegen den zuständigen Rechtsträger zu richten ist, weil nur ihm gegenüber der geltend gemachte Anspruch bestehen kann (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 12. Auflage , § 78 Rn. 16). Die beklagte Stadt ist jedoch sachlich nicht für die begehrte Rücknahme einer Ausweisung zuständig.
27 
Eine ausdrückliche Regelung der sachlichen Zuständigkeit für die Rücknahme einer Ausweisung enthält weder das Aufenthaltsgesetz noch die Verordnung der Landesregierung und des Innenministeriums über Zuständigkeiten nach dem Aufenthaltsgesetz und dem Asylverfahrensgesetz sowie über die Verteilung unerlaubt eingereister Ausländer (Aufenthalts- und Asyl-Zuständigkeits-verordnung - AAZuVO) vom 11.01.2005 (GBl. S. 93), zuletzt geändert mit Verordnung vom 4.10.2005 (GBl. 678). § 3 LVwVfG regelt nur die örtliche Zuständigkeit (vgl. Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage 2008, § 3 Rn. 8ff). Daher ist nach allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen für die Rücknahme die Behörde zuständig, die zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung für den Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsaktes sachlich zuständig wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.12.1999 - 7 C 42/98 -, BVerwGE 110, 226).
28 
Zum Zeitpunkt der Stellung des Rücknahmeantrags am 25.1.2005 und der Klageerhebung am 27.4.2005 war die beklagte Stadt für die Ausweisung des Klägers jedoch nicht mehr zuständig. Denn während dieses Zeitraums befand sich der Kläger in Strafhaft; nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AAZuVO in der Fassung vom 11.1.2005 waren für die Ausweisung straffälliger Ausländer, die sich auf richterliche Anordnung in Strafhaft befinden, die Regierungspräsidien zuständig, wobei die Zuständigkeit auch nach Entlassung bis zu der Entscheidung über die Ausweisung bestehen blieb. Durch die Neuformulierung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AAZuVO mit Wirkung vom 22.10.2005 (Änderungsverordnung vom 4.10.2005 - GBl. S. 678), wonach die Regierungspräsidien für die Ausweisung straffälliger Ausländer zuständig sind, wenn sich diese auf richterliche Anordnung in Strafhaft befinden oder befunden haben, ist keine Zuständigkeitsänderung eingetreten.
29 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger bei Erlass der Ausweisungsverfügung vom 21.11.1996 nicht inhaftiert war. Denn für die Bestimmung der für die Rücknahme einer Ausweisung zuständigen Behörde kommt es darauf an, welche Behörde zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung unter Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Sachlage für die Ausweisung zuständig wäre. Dies ergibt sich aus dem Zweck der Koppelung der Rücknahmezuständigkeit an die aktuelle Zuständigkeit für den Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsaktes. Dadurch soll eine Entscheidung durch die am besten geeignete Behörde gewährleistet werden; am besten geeignet für eine Rücknahmeentscheidung - bei der es maßgeblich um die Prüfung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes und die Ausübung des Rücknahmeermessens unter Beachtung aller im Einzelfall relevanten Umstände geht - ist im Regelfall aber die Behörde, die gegenwärtig für den Erlass dieses Verwaltungsaktes zuständig wäre (vgl. BVerwG, a.a.O.). Wenn der Tatbestand der Zuständigkeitsregelung für den aufzuhebenden Verwaltungsakt an bestimmte tatsächliche Voraussetzungen anknüpft (wie bei § 10 AAZuVO), ist daher konsequenterweise auch auf das Vorliegen dieser Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung abzustellen.
30 
Einer „gemischten“ Zuständigkeitsbestimmung (Berücksichtigung der gegenwärtigen Rechts- aber der früheren Sachlage) steht zudem die Systematik der Aufhebungstatbestände in §§ 48 ff. LVwVfG entgegen. Diese unterscheiden sich in erster Linie nach dem Aufhebungsgrund und können daher kumulativ in Anspruch genommen werden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Auflage 2008, § 48 Rn. 34). Das spricht für eine einheitliche Regelung der sachlichen Zuständigkeit. Für das Wiederaufgreifen des Verfahrens, das zu dem Erlass eines Zweitbescheids führen kann, muss sich nämlich die sachliche Zuständigkeit danach richten, ob die Behörde im Zeitpunkt des Wiederaufgreifens für Verwaltungsakte der in Frage stehenden Art sachlich zuständig ist (vgl. Kopp/ Ramsauer, a.a.O., § 51 Rn. 22); maßgeblich ist also sowohl die gegenwärtige Rechts- als auch die gegenwärtige Sachlage. Gleiches gilt für den Widerruf nicht begünstigender Verwaltungsakte, bei dem zu prüfen ist, ob ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste (§ 49 Abs. 1 LVwVfG, vgl. auch Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, 4. Auflage 1995, S. 628). Im Interesse einer einheitlichen Aufhebungszuständigkeit ist daher auch bei der Bestimmung der für die Rücknahme zuständigen Behörde auf die gegenwärtige Sachlage abzustellen.
31 
Da sich die Klage von vornherein gegen die falsche Beklagte gerichtet hat, stellt sich nicht das Problem, welche Folgen ein Wechsel der sachlichen Zuständigkeit während des Klageverfahrens hat. Dem hilfsweise gestellten Fortsetzungsfeststellungsantrag des Klägers, mit dem er auf einen eventuellen Wechsel der sachlichen Zuständigkeit reagiert (vgl. hierzu Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 23.11.1993 - 11 UE 3130/90 -, juris), steht ebenfalls die fehlende Passivlegitimation der Beklagten entgegen.
32 
3. Zur Vermeidung weiteren Rechtsstreits weist der Senat darauf hin, dass dem Kläger nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG ein Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung über die Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 21.11.1996, nicht jedoch ein Rücknahmeanspruch zustehen dürfte.
33 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme liegen vor. Denn die Ausweisung vom 21.11.1996 war zu dem maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, NVwZ 2008, 326) rechtswidrig. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sie entgegen der neuen Rechtsprechung des BVerwG (a.a.O.) als Regelausweisung ohne Ermessensausübung durch die Beklagte ergangen ist, obwohl hier durch Vorschriften der EMRK geschützte Belange des Klägers eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falls geboten hätten. Wie jede Rechtsprechungsänderung besitzt diese neue Auslegung des Aufenthaltsgesetzes in dem Sinne eine Rückwirkung, dass sie nunmehr auch der rechtlichen Beurteilung eines in der Vergangenheit liegenden Sachverhalts zugrunde zu legen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.8.2004 - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297).
34 
§ 48 Abs. 1 LVwVfG räumt dem Kläger aber lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich der Entscheidung über die Ausübung der Rücknahmebefugnis ein. Ein Rechtsanspruch auf Rücknahme kommt nur dann in Betracht, wenn das Ermessen der Behörde angesichts der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles auf Null reduziert wäre. Eine derartige Reduktion des Ermessens ist regelmäßig dann zu bejahen, wenn die Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes „schlechthin unerträglich“ erscheint, was von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte abhängt (vgl. hierzu ausführlich Urteil des Senats vom 28.6.2007 - 13 S 1045/07 -, VBlBW 2008, 68 m.w.N. sowie die Senatsurteile vom 24.1.2007 - 13 S 451/07 -, VBlBW 2007, 392 und vom 7.12.2007 - 13 S 508/07 -; zur Verfassungsmäßigkeit dieser eingeschränkten Rücknahmepflicht siehe BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 30.1.2008 - 1 BvR 943/07 -, NVwZ 2008, 550).
35 
Das Festhalten an dem Verwaltungsakt ist insbesondere dann „schlechthin unerträglich“, wenn die Behörde durch unterschiedliche Ausübung der Rücknahmebefugnis in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt oder wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder das Gebot von Treu und Glauben erscheinen lassen (BVerwG, Urteil vom 23.10.2007, a.a.O.). Dies ist hier weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Zudem wäre zu berücksichtigen, dass der Kläger die Ausweisung nicht angefochten hat und die Wirkungen der Ausweisung inzwischen auf den 1.1.2005 befristet worden sind.
36 
Darüber hinaus vermag die offensichtliche Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts, die sich zum Zeitpunkt des Erlasses beurteilt, die Annahme zu rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei schlechthin unerträglich (BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 6 C 32.06 -, NVwZ 2007, 709). Jedoch war die Ausweisungsverfügung wohl nicht offensichtlich rechtswidrig, da die Gesichtspunkte, die zur Rechtswidrigkeit führen oder führen könnten, jedenfalls bei Erlass der Ausweisung nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit erkennbar gewesen sein dürften (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 23.10.2007, a.a.O.).
37 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO als besondere Kostenregelung der Untätigkeitsklage kommt vorliegend nicht in Betracht, weil der Kläger das Verfahren fortgeführt hat, nachdem die Beklagte - auch ohne förmliche Bescheidung des Antrags -in der Klageerwiderung ihre für den Kläger negative Rechtsauffassung dargelegt hat (vgl. Urteil des Senats vom 18.1.2006 - 13 S 2220/05 -, VBlBW 2006, 200).
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen.
39 
Beschluss vom 28. Mai 2008
40 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
23 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
24 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Die Klage ist zwar zulässig, jedoch in ihrem Haupt- und Hilfsantrag unbegründet, weil die Beklagte bereits seit Klageerhebung nicht passivlegitimiert ist (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
25 
1. Der Zulässigkeit der Klage steht nicht ein mangelndes Rechtsschutzbedürfnis des Klägers entgegen. Zwar hat die Beklagte die Wirkungen der Ausweisung auf den 1.1.2005 befristet; ein Interesse an einer rückwirkenden Aufhebung einer Ausweisung seit ihrem Erlass ergibt sich jedoch daraus, dass zahlreiche Vorschriften an den ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt eines Ausländers positive Rechtsfolgen anknüpfen. Insoweit kann auf den in § 10 StAG geregelten Anspruch auf Einbürgerung oder auf die besonderen Ausweisungsweisungsschutz vermittelnde europarechtliche Bestimmung des Art. 28 Abs. 3a RL 2004/38/EG verwiesen werden (vgl. Urteile des Senats vom 7.12.2007 - 13 S 508/07 - und vom 28.6.2007 - 13 S 1045/07 -, VBlBW 2008, 68).
26 
2. Die Klage richtet sich jedoch nicht gegen den richtigen Beklagten. Nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist eine Klage gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft zu richten, deren Behörde den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat. Als Regelung der Passivlegitimation folgt aus dieser Vorschrift, dass eine Verpflichtungsklage gegen den zuständigen Rechtsträger zu richten ist, weil nur ihm gegenüber der geltend gemachte Anspruch bestehen kann (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 12. Auflage , § 78 Rn. 16). Die beklagte Stadt ist jedoch sachlich nicht für die begehrte Rücknahme einer Ausweisung zuständig.
27 
Eine ausdrückliche Regelung der sachlichen Zuständigkeit für die Rücknahme einer Ausweisung enthält weder das Aufenthaltsgesetz noch die Verordnung der Landesregierung und des Innenministeriums über Zuständigkeiten nach dem Aufenthaltsgesetz und dem Asylverfahrensgesetz sowie über die Verteilung unerlaubt eingereister Ausländer (Aufenthalts- und Asyl-Zuständigkeits-verordnung - AAZuVO) vom 11.01.2005 (GBl. S. 93), zuletzt geändert mit Verordnung vom 4.10.2005 (GBl. 678). § 3 LVwVfG regelt nur die örtliche Zuständigkeit (vgl. Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage 2008, § 3 Rn. 8ff). Daher ist nach allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen für die Rücknahme die Behörde zuständig, die zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung für den Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsaktes sachlich zuständig wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.12.1999 - 7 C 42/98 -, BVerwGE 110, 226).
28 
Zum Zeitpunkt der Stellung des Rücknahmeantrags am 25.1.2005 und der Klageerhebung am 27.4.2005 war die beklagte Stadt für die Ausweisung des Klägers jedoch nicht mehr zuständig. Denn während dieses Zeitraums befand sich der Kläger in Strafhaft; nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AAZuVO in der Fassung vom 11.1.2005 waren für die Ausweisung straffälliger Ausländer, die sich auf richterliche Anordnung in Strafhaft befinden, die Regierungspräsidien zuständig, wobei die Zuständigkeit auch nach Entlassung bis zu der Entscheidung über die Ausweisung bestehen blieb. Durch die Neuformulierung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AAZuVO mit Wirkung vom 22.10.2005 (Änderungsverordnung vom 4.10.2005 - GBl. S. 678), wonach die Regierungspräsidien für die Ausweisung straffälliger Ausländer zuständig sind, wenn sich diese auf richterliche Anordnung in Strafhaft befinden oder befunden haben, ist keine Zuständigkeitsänderung eingetreten.
29 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger bei Erlass der Ausweisungsverfügung vom 21.11.1996 nicht inhaftiert war. Denn für die Bestimmung der für die Rücknahme einer Ausweisung zuständigen Behörde kommt es darauf an, welche Behörde zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung unter Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Sachlage für die Ausweisung zuständig wäre. Dies ergibt sich aus dem Zweck der Koppelung der Rücknahmezuständigkeit an die aktuelle Zuständigkeit für den Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsaktes. Dadurch soll eine Entscheidung durch die am besten geeignete Behörde gewährleistet werden; am besten geeignet für eine Rücknahmeentscheidung - bei der es maßgeblich um die Prüfung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes und die Ausübung des Rücknahmeermessens unter Beachtung aller im Einzelfall relevanten Umstände geht - ist im Regelfall aber die Behörde, die gegenwärtig für den Erlass dieses Verwaltungsaktes zuständig wäre (vgl. BVerwG, a.a.O.). Wenn der Tatbestand der Zuständigkeitsregelung für den aufzuhebenden Verwaltungsakt an bestimmte tatsächliche Voraussetzungen anknüpft (wie bei § 10 AAZuVO), ist daher konsequenterweise auch auf das Vorliegen dieser Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung abzustellen.
30 
Einer „gemischten“ Zuständigkeitsbestimmung (Berücksichtigung der gegenwärtigen Rechts- aber der früheren Sachlage) steht zudem die Systematik der Aufhebungstatbestände in §§ 48 ff. LVwVfG entgegen. Diese unterscheiden sich in erster Linie nach dem Aufhebungsgrund und können daher kumulativ in Anspruch genommen werden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Auflage 2008, § 48 Rn. 34). Das spricht für eine einheitliche Regelung der sachlichen Zuständigkeit. Für das Wiederaufgreifen des Verfahrens, das zu dem Erlass eines Zweitbescheids führen kann, muss sich nämlich die sachliche Zuständigkeit danach richten, ob die Behörde im Zeitpunkt des Wiederaufgreifens für Verwaltungsakte der in Frage stehenden Art sachlich zuständig ist (vgl. Kopp/ Ramsauer, a.a.O., § 51 Rn. 22); maßgeblich ist also sowohl die gegenwärtige Rechts- als auch die gegenwärtige Sachlage. Gleiches gilt für den Widerruf nicht begünstigender Verwaltungsakte, bei dem zu prüfen ist, ob ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste (§ 49 Abs. 1 LVwVfG, vgl. auch Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, 4. Auflage 1995, S. 628). Im Interesse einer einheitlichen Aufhebungszuständigkeit ist daher auch bei der Bestimmung der für die Rücknahme zuständigen Behörde auf die gegenwärtige Sachlage abzustellen.
31 
Da sich die Klage von vornherein gegen die falsche Beklagte gerichtet hat, stellt sich nicht das Problem, welche Folgen ein Wechsel der sachlichen Zuständigkeit während des Klageverfahrens hat. Dem hilfsweise gestellten Fortsetzungsfeststellungsantrag des Klägers, mit dem er auf einen eventuellen Wechsel der sachlichen Zuständigkeit reagiert (vgl. hierzu Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 23.11.1993 - 11 UE 3130/90 -, juris), steht ebenfalls die fehlende Passivlegitimation der Beklagten entgegen.
32 
3. Zur Vermeidung weiteren Rechtsstreits weist der Senat darauf hin, dass dem Kläger nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG ein Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung über die Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 21.11.1996, nicht jedoch ein Rücknahmeanspruch zustehen dürfte.
33 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme liegen vor. Denn die Ausweisung vom 21.11.1996 war zu dem maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, NVwZ 2008, 326) rechtswidrig. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sie entgegen der neuen Rechtsprechung des BVerwG (a.a.O.) als Regelausweisung ohne Ermessensausübung durch die Beklagte ergangen ist, obwohl hier durch Vorschriften der EMRK geschützte Belange des Klägers eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falls geboten hätten. Wie jede Rechtsprechungsänderung besitzt diese neue Auslegung des Aufenthaltsgesetzes in dem Sinne eine Rückwirkung, dass sie nunmehr auch der rechtlichen Beurteilung eines in der Vergangenheit liegenden Sachverhalts zugrunde zu legen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.8.2004 - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297).
34 
§ 48 Abs. 1 LVwVfG räumt dem Kläger aber lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich der Entscheidung über die Ausübung der Rücknahmebefugnis ein. Ein Rechtsanspruch auf Rücknahme kommt nur dann in Betracht, wenn das Ermessen der Behörde angesichts der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles auf Null reduziert wäre. Eine derartige Reduktion des Ermessens ist regelmäßig dann zu bejahen, wenn die Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes „schlechthin unerträglich“ erscheint, was von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte abhängt (vgl. hierzu ausführlich Urteil des Senats vom 28.6.2007 - 13 S 1045/07 -, VBlBW 2008, 68 m.w.N. sowie die Senatsurteile vom 24.1.2007 - 13 S 451/07 -, VBlBW 2007, 392 und vom 7.12.2007 - 13 S 508/07 -; zur Verfassungsmäßigkeit dieser eingeschränkten Rücknahmepflicht siehe BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 30.1.2008 - 1 BvR 943/07 -, NVwZ 2008, 550).
35 
Das Festhalten an dem Verwaltungsakt ist insbesondere dann „schlechthin unerträglich“, wenn die Behörde durch unterschiedliche Ausübung der Rücknahmebefugnis in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt oder wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder das Gebot von Treu und Glauben erscheinen lassen (BVerwG, Urteil vom 23.10.2007, a.a.O.). Dies ist hier weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Zudem wäre zu berücksichtigen, dass der Kläger die Ausweisung nicht angefochten hat und die Wirkungen der Ausweisung inzwischen auf den 1.1.2005 befristet worden sind.
36 
Darüber hinaus vermag die offensichtliche Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts, die sich zum Zeitpunkt des Erlasses beurteilt, die Annahme zu rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei schlechthin unerträglich (BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 6 C 32.06 -, NVwZ 2007, 709). Jedoch war die Ausweisungsverfügung wohl nicht offensichtlich rechtswidrig, da die Gesichtspunkte, die zur Rechtswidrigkeit führen oder führen könnten, jedenfalls bei Erlass der Ausweisung nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit erkennbar gewesen sein dürften (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 23.10.2007, a.a.O.).
37 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO als besondere Kostenregelung der Untätigkeitsklage kommt vorliegend nicht in Betracht, weil der Kläger das Verfahren fortgeführt hat, nachdem die Beklagte - auch ohne förmliche Bescheidung des Antrags -in der Klageerwiderung ihre für den Kläger negative Rechtsauffassung dargelegt hat (vgl. Urteil des Senats vom 18.1.2006 - 13 S 2220/05 -, VBlBW 2006, 200).
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 VwGO nicht vorliegen.
39 
Beschluss vom 28. Mai 2008
40 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 153/99 Verkündet am:
9. Oktober 2001
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die
Richter Dr. Melullis, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den Richter
Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Unter Zurückweisung der Anschlußrevision des Beklagten wird auf die Revision des Klägers das am 30. Juni 1999 verkündete Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.
Die Anschlußberufung des Beklagten gegen das am 14. Januar 1999 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bayreuth wird insgesamt zurückgewiesen.
Im Umfang der Klage wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte beauftragte den Kläger im August 1990 mit der gärtnerischen Gestaltung der Auûenflächen der Universität B.. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag sieht die Geltung der VOB/B und der Zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen im Hochbau, Ausgabe 1976 (im folgenden: ZVH), vor. Zur Bewässerung der Anpflanzungen entnahm der Kläger Wasser aus Hydranten, die sich auf dem Universitätsgelände befanden. Nach Beendigung der Arbeiten erteilte der Kläger dem Beklagten unter dem 29. April 1993 Schluûrechnung mit einer Restsumme von 198.131,31 DM. Der von dem Beklagten mit der Rechnungsprüfung betraute Architekt kürzte die Rechnung um zahlreiche Positionen und versah sie mit dem Vermerk "in allen Teilen geprüft u. mit den aus der Rechnung ersichtlichen Änderungen für richtig befunden". Der Beklagte setzte daraufhin den restlichen Werklohn des Klägers auf 14.172,45 DM fest und teilte dem Kläger mit Schreiben vom 5. Juli 1993 mit, daû dieser Betrag "als Schluûzahlung" überwiesen werde. Das Schreiben enthält weiter den Satz: "Wir weisen darauf hin, daû die vorbehaltlose Annahme der Schluûzahlung Nachforderungen ausschlieût (§ 16 Nr. 3 VOB/B)." Mit Schreiben vom 14. Juli 1993 wandte sich der Kläger gegen die Schluûzahlungsfestsetzung und erklärte "ausdrücklich Vorbehalt zu sämtlichen fakturierten Restwerksvergütungsansprüchen gemäû Schluûrechnung vom 29.4.1993 in voller Höhe gemäû § 16 Nr. 3 Abs. 2". Mit Schreiben vom 9. August 1993 listete der Kläger die vom Architekten des Beklagten gekürzten Positionen auf und legte dem Schreiben verschiedene Aufstellungen und Aufmaûe bei. Das für den Beklagten handelnde Landbauamt B. wies mit Schreiben vom 6. September 1993 den Kläger darauf hin, daû die Prüfung der im Schreiben vom 9. August 1993 aufgelisteten Forderungen nur nach Vorliegen
weiterer Unterlagen möglich sei. Eine vom Kläger erbetene Schluûbesprechung lehnte das Landbauamt ab.
Mit seiner Klage hat der Kläger vom Beklagten Zahlung restlichen Werklohns in Höhe von 182.947,23 DM nebst Zinsen verlangt.
Der Beklagte hat sich unter anderem auf die Bestimmung des § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B berufen, die mangelnde Prüffähigkeit der Schluûrechnung eingewandt und im übrigen die sachliche Berechtigung der Klageforderung bestritten. Der Beklagte hat im Wege der Widerklage vom Kläger die Zahlung von 12.726,46 DM nebst Zinsen verlangt. Er meint, daû der Kläger das zur Bewässerung der Anpflanzungen von ihm aus den auf dem Universitätsgelände befindlichen Hydranten entnommene Wasser zu bezahlen habe.
Das Landgericht hat sowohl die Klage als auch die Widerklage abgewiesen. Die gegen die Abweisung der Klage gerichtete Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg. Auf die Anschluûberufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und den Kläger auf die Widerklage verurteilt , an den Beklagten 10.323,06 DM nebst Zinsen zu zahlen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter und begehrt die vollständige Abweisung der Widerklage. Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision und erstrebt mit der von ihm eingelegten Anschluûrevision die Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die Anschluûberufung in Höhe von 2.403,40 DM nebst Zinsen erfolglos geblieben ist. Der Kläger tritt der Anschluûrevision entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil des Klägers entschieden hat, und zur Zurückverweisung der Sache im Umfang der Klage. Die Anschluûrevision des Beklagten bleibt ohne Erfolg, da die Widerklage insgesamt abzuweisen ist.
A. Zur Klage:
I. 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, daû der Kläger mit seiner Nachforderung gemäû § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B ausgeschlossen sei, weil er seinen zur Annahme der Schluûzahlung erklärten Vorbehalt nicht ausreichend begründet habe. Es meint, daû § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B anzuwenden sei. Bei Vereinbarung von der VOB/B vorgehenden anderen Bestimmungen, hier der ZVH, sei zu prüfen, ob die neben der ZVH noch anwendbaren Bestimmungen der VOB noch einen Ausgleich der beiderseitigen Interessen enthielten, der Kläger also nicht durch diese entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt werde (§ 9 Abs. 1 AGBG). Die ZVH veränderten das Gesamtgefüge der VOB/B jedoch nicht in einem solchen Ausmaû. Nr. 2.2 ZVH greife zwar insoweit nicht unerheblich in die Regelung des § 2 Nr. 5 VOB/B ein, als nach letzterer ein Anspruch auf eine Vergütung von planänderungsbedingten oder aufgrund anderer Anordnungen des Auftraggebers erbrachten Mehrleistungen auch ohne vorherige Ankündigung entstünde. Der Unternehmer werde jedoch durch Nr. 2.2 ZVH lediglich angehalten, seinen insoweit erhöhten Vergütungsanspruch vorher schriftlich anzukündigen. Darin liege keine sachlich ungerechtfertigte, den Unternehmer nur formalistisch be-
nachteiligende isolierte Erschwernis. Die in Nr. 2.2 ZVH enthaltende Änderung der VOB/B greife weder in deren Kernbereich zu Lasten des Unternehmers ein, noch benachteilige sie ihn unangemessen, schon gar nicht entgegen Treu und Glauben (§ 9 Abs. 1 AGBG). Nr. 12.1 Satz 3 der ZVH hebe zwar die in § 12 Nr. 5 VOB/B enthaltenen Regelungen auf. Letztere beträfen jedoch nur Spezialfälle der Fiktion einer Abnahme, deren Eintritt der Auftragnehmer schon dadurch vermeiden könne, daû er die Abnahme seiner Leistung verlange. Nr. 16.3 der ZVH betreffe nur den in § 16 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/B angeführten Spezialfall und nicht § 16 Nr. 1 VOB/B insgesamt. Auch alle diese Abänderungen zusammen griffen nicht derart stark in das Interessenausgleichsgefüge der VOB/B ein, daû ihre übrigen durch die ZVH nicht geänderten Regelungen - und diese seien deren weitaus gröûter Teil - so sehr zu Lasten des Klägers als Unternehmer gingen, daû sie insgesamt ihn entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen würden (§ 9 Abs. 1 AGBG). Die neben den ZVH anwendbaren Bestimmungen der VOB/B seien deshalb wirksam, auch § 16 Nr. 3 VOB/B.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Einwand der vorbehaltlosen Annahme der Schluûzahlung greift nicht durch.

a) § 16 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B (1990), auf den sich der Beklagte stützt, bestimmt , daû die vorbehaltlose Annahme der Schluûzahlung Nachforderungen ausschlieût, wenn der Auftragnehmer über die Schluûzahlung schriftlich unterrichtet und auf die Ausschluûwirkung hingewiesen wurde.
Bei "isolierter" Würdigung verstöût diese Klausel gegen die Regelung des § 9 AGBG und ist insoweit unwirksam. Sie bewirkt, daû eine Werklohnforderung innerhalb kurzer Frist aus formalen Gründen undurchsetzbar werden
kann, und weicht damit erheblich von dem Grundgedanken des dispositiven Rechts ab, daû eine solche Forderung durch Leistung zu tilgen ist (§ 362 Abs. 1 BGB) und daû sie der Auftragnehmer nur dann nicht mehr realisieren kann, wenn sie verjährt oder verwirkt ist (BGHZ 138, 176, 178). Jedoch läût die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verwendung dieser Regelung weiterhin dann zu, wenn die Vertragsparteien die Anwendung der Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B insgesamt vereinbaren, weil deren Bestimmungen insgesamt einen auf die Besonderheiten des Bauvertragsrechts abgestimmten, im ganzen einigermaûen ausgewogenen Ausgleich der beteiligten Interessen darstellen (BGHZ 101, 357, 359 f.).

b) Anders verhält es sich, wenn im Einzelfall Vereinbarungen getroffen werden, die in den Kernbereich der Regelungen der VOB/B eingreifen und deren Ausgewogenheit empfindlich stören (st. Rspr., u.a. BGHZ 113, 315, 322 f.). Dies ist hier entgegen der Annahme des Berufungsgerichts dadurch der Fall, daû die Parteien zusätzlich und vorrangig die vom Beklagten gestellten ZVH in das Vertragsverhältnis einbezogen haben. Einzelne in diesem Regelungswerk enthaltene Klauseln beeinträchtigen in diesem Sinn die Ausgewogenheit der Regeln der VOB/B zum Nachteil des Auftragnehmers.
aa) Dies gilt zunächst für die Regelung in Nr. 16.3 ZVH, nach der Abschlagszahlungen in Höhe von 90 v.H. des Wertes der Stoffe und Bauteile gewährt werden. Nach § 16 Nr. 1 VOB/B hat der Auftragnehmer unter bestimmten Voraussetzungen demgegenüber einen Anspruch auf Abschlagszahlungen in Höhe des (vollen) Werts der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäûen Leistungen einschlieûlich der auf der Baustelle angelieferten Stoffe und Bauteile. Dieser Anspruch wird durch die Regelung der ZVH verkürzt. Wie der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden hat, liegt in einem Einbehalt von 10%
der eigentlich geschuldeten Abschlagszahlungen eine schwerwiegende Abweichung von der Regelung in § 16 VOB/B zu Lasten des Auftragnehmers (u.a. BGHZ 101, 357, 361; BGHZ 111, 394, 396). Das gilt auch im vorliegenden Fall; dabei spielt es keine Rolle, daû die Kürzung nicht über die gesamte Breite des Anspruchs wirken und möglicherweise sogar mit gewissen Erleichterungen für den Auftragnehmer verbunden sein mag.
bb) Nach Nr. 2.2 ZVH muû der Auftragnehmer, der wegen Änderung des Bauentwurfs oder anderer Anordnungen des Auftraggebers eine erhöhte Vergütung beansprucht, dies dem Auftraggeber vor der Ausführung schriftlich ankündigen. Demgegenüber sieht § 2 Nr. 5 VOB/B nur vor, daû eine Preisvereinbarung vor der Ausführung getroffen werden soll. Sofern dies nicht geschieht, ist der Auftragnehmer aber nicht gehindert, die angemessene ("neue") Vergütung zu verlangen (vgl. BGHZ 50, 25, 30; BGH, Urt. v. 20.12.1990 - VII ZR 248/89, BauR 1991, 210, 212). Nr. 2.2 ZVH schafft demgegenüber mit dem Erfordernis der schriftlichen Ankündigung eine weitere Anspruchsvoraussetzung , die das Entstehen des Vergütungsanspruchs hindern kann.
cc) Nach Nr. 12.1 Satz 3 ZVH ist abweichend von § 12 Nr. 5 VOB/B die Fiktion der Abnahme ausgeschlossen. Auch das kann sich zu Lasten des Auftragnehmers auswirken (BGHZ 111, 394, 397; BGHZ 131, 392, 397).

c) Durch die genannten Regelungen wird die Ausgewogenheit des Interessenausgleichs jedenfalls insgesamt so nachhaltig gestört, daû die Bestimmung der VOB/B nicht mehr "als Ganzes" vereinbart sind (BGHZ 111, 394, 397 m.w.N.).

d) Da nach alledem die Regelung in § 16 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B nicht angewandt werden kann, steht der Klageforderung eine Ausschluûwirkung der Schluûzahlung nicht entgegen.
3. Der Klageforderung stehen nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen auch nicht andere Gründe entgegen. Insbesondere hat das Berufungsgericht nicht fehlerfrei festgestellt, daû die Klageforderung wegen Fehlens der Prüffähigkeit der Abrechnung des Klägers nicht fällig sei (§ 14 VOB/B). Aus den Regelungen in Nr. 4.1 und Nr. 14.1 ZVH, auf die sich das Berufungsgericht insoweit stützt, die in mehr als einem Oberlandesgerichtsbezirk gelten und die der Senat deshalb selbst auslegen kann (vgl. u.a. BGHZ 141, 391, 394), kann nämlich zum einen nicht abgeleitet werden, daû durch sie auch die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs geregelt werden soll (BGH, Urt. v. 29.04.1999 - VII ZR 127/98, BauR 1999, 1185). Zum anderen vermag die hinsichtlich eines Groûteils der Rechnungspositionen gegebene pauschale Begründung , es fehle an der Prüffähigkeit, weil die Aufstellungen nicht entsprechend Nr. 4.1 oder 14.1 ZVH erfolgt seien, nicht zu tragen. Es ist nicht ersichtlich , daû sich ein Verstoû gegen diese Regelungen notwendigerweise auf die Prüffähigkeit auswirken müûte. Die weitere, an sich tragfähige Begründung des Berufungsgerichts, ein Teil der Aufstellungen sei keiner Rechnungsposition zuzuordnen, steht der Prüffähigkeit der anderen Teile nicht entgegen. Darüber hinaus kann nicht auûer Betracht bleiben, daû - worauf die Revision hinweist - eine Rechnungsprüfung tatsächlich stattgefunden hat.
II. 1. Das Berufungsgericht meint, daû die Klage überdies auch abzuweisen wäre, wenn § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B nicht anwendbar wäre. Für den Umfang der von ihm erbrachten Leistungen sei der Kläger beweispflichtig, er habe jedoch keine zulässigen Beweismittel angeboten. Aus den vertraglichen
Regelungen der Ziffern 4.1 und 14.1 ZVH sei zu entnehmen, daû der Kläger zum Umfang seiner nicht mehr objektiv feststellbaren Leistungen nicht Beweismittel anbieten könne, die entgegen dem Sinn dieser Regelung dem Beklagten keinerlei Gewähr hinsichtlich deren Zuverlässigkeit böten und ihm jede Möglichkeit zu einem Gegenbeweis nähmen. Der Kläger habe zum Beweis der streitgegenständlichen Leistungen lediglich seine Angestellten und seine Ehefrau als Zeugen sowie die von ihm selbst angefertigten "handschriftlichen Zusammenstellungen" angeboten. Nach dem Sinn und Zweck dieser vertraglichen Bestimmungen müsse der Beklagte jedoch solche Beweismittel nicht gegen sich gelten lassen, zumal das Architekturbüro ihn mit Schreiben mehrfach zu entsprechenden Anmeldungen aufgefordert habe.
2. Dies greift die Revision mit Erfolg an.
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts führt die Nichtvorlage von Bautageberichten nach Nr. 4.1 ZVH und die unterlassene Durchführung der gemeinsamen Feststellung der für die Abrechnung wesentlichen Daten gemäû Nr. 14.1 ZVH nicht dazu, daû der vom Kläger angebotene Beweis zu den angeblich von ihm erbrachten Leistungen nicht zu erheben wäre.
Nimmt der Auftragnehmer kein gemeinsames Aufmaû, begibt er sich der Vorteile, die ein vom beiderseitigen Einverständnis getragenes Aufmaû hat. Er hat dann vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen, daû die in der Rechnung geltend gemachten Leistungen tatsächlich erbracht worden sind; die Nichterweislichkeit geht zu seinen Lasten (BGH, Urt. v. 29.04.1999, aaO, 1186). Mit Recht beanstandet die Revision unter Hinweis auf § 286 ZPO die Annahme des Berufungsgerichts, daû der Kläger insoweit keine zulässigen Beweismittel angeboten habe. Der Tatrichter darf von der Erhebung zulässiger
und rechtzeitig angetretener Beweise nur absehen, wenn die Beweismittel völlig ungeeignet sind oder die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen bereits erwiesen oder zugunsten des Beweisführers zu unterstellen ist (BGH, Urt. v. 19.06.2000 - II ZR 319/98, NJW 2000, 3718, 3720). Es gibt keinen Erfahrungssatz des Inhalts, daû Zeugen, die einer Prozeûpartei nahestehen, von vornherein als parteiisch und unzuverlässig zu gelten haben und ihre Aussagen grundsätzlich unbrauchbar sind (BGH, Urt. v. 18.01.1995 - VIII ZR 23/94, NJW 1995, 955, 956, insoweit in BGHZ 128, 307 ff. nicht abgedruckt). Zwar sind bei der Würdigung von Zeugenaussagen Umstände wie die verwandtschaftliche oder auf einem Beschäftigungsverhältnis beruhende Verbundenheit mit einem Beteiligten jeweils gebührend zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 03.11.1987 - VI ZR 95/87, NJW 1988, 566, 567). Über die Glaubwürdigkeit eines Zeugen kann jedoch grundsätzlich erst befunden werden, wenn der Beweis erhoben ist (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 284 Rdn. 70). Die Annahme des Berufungsgerichts, daû der Kläger insoweit keine zulässigen Beweismittel angeboten habe, stellt letztlich eine unzulässige, mit § 286 Abs. 1 ZPO nicht zu vereinbarende vorweggenommene Beweiswürdigung dar (dazu BGH, Urt. v. 12.10.1998 - II ZR 164/97, NJW 1999, 143).
Den Regelungen in Nr. 4.1 und 14.1 ZVH hat das Berufungsgericht weiter entnommen, der Kläger könne sich nicht auf Beweismittel stützen, die ihm keinerlei Gewähr für ihre Zuverlässigkeit böten. Der Beklagte hat aus diesen Regelungen darüber hinaus abgeleitet, die Parteien hätten einen Beweismittelvertrag abgeschlossen, der dem Kläger die Möglichkeit nehme, sich auf andere Beweismittel als Bautageberichte und gemeinsam getroffene Feststellungen zu stützen. Dem kann nicht beigetreten werden. Die genannten Bestimmungen der ZVH tragen die Annahme einer derart weitgehenden Vereinbarung nicht. Aus einer Vereinbarung, Bautageberichte zu erstellen und gemein-
same Feststellungen zu treffen, ergibt sich schon objektiv kein Regelungsgehalt dahin, daû ein Beteiligter mit anderen Beweismitteln ausgeschlossen sein solle.
B. Zur Widerklage:
I. Das Berufungsgericht hat den von dem Beklagten im Wege der Widerklage geltend gemachten Anspruch auf Bezahlung des vom Kläger entnommenen Wassers überwiegend für begründet erachtet. Es hat hierzu im wesentlichen ausgeführt, daû der Kläger gemäû der zum Inhalt des Vertrages gehörenden Leistungsbeschreibung das zum Bewässern der Pflanzungen benötigte Wasser auf seine Kosten habe beschaffen müssen. Der Kläger habe jedoch das Wasser unstreitig den Hydranten der Universität entnommen und dafür nichts bezahlt. Der Beklagte habe deshalb gemäû § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB Anspruch auf Bezahlung dieses Wassers, selbst wenn die Verwaltung der Universität dem Kläger eine unentgeltliche Entnahme dieses Wassers gestattet haben sollte, denn diese sei - auch für den Kläger erkennbar - nicht bevollmächtigt gewesen, den Vertrag insoweit zu ändern. § 814 BGB sei nicht anzuwenden.
II. Auch diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag dahingehend ausgelegt, daû der Kläger das zur Bewässerung der Pflanzen benötigte Wasser auf eigene Kosten zu beschaffen hatte. Dies wird von der Revision nicht angegriffen. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.
2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiter angenommen, daû der Bereicherungsanspruch, den der Beklagte geltend macht, seine rechtliche Grundlage in § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB findet. Nachdem der Kläger das Wasser aus den auf dem Universitätsgelände befindlichen Hydranten entnommen hat, kann er Bereicherungsschuldner sein, wenn er "in sonstiger Weise" (sogenannte Nichtleistungs- oder Eingriffskondiktion) etwas auf Kosten des Beklagten erlangt hat. Etwas erlangt hat derjenige, der einen Vermögensvorteil erworben hat. Ein solcher Vorteil kann in dem Verbrauch einer fremden Sache - wie hier dem Wasser - liegen, wenn der Verbraucher dadurch eigene Aufwendungen erspart (BGHZ 14, 7, 9).
3. Die Revision beanstandet aber mit Recht, daû ein Bereicherungsausgleich nur im Verhältnis zu dem, von dem das Wasser entnommen worden ist, nicht aber im Verhältnis zum Beklagten des vorliegenden Rechtsstreits möglich sei.
Der Kläger hat den in dem Wasserverbrauch liegenden Vermögensvorteil nicht "auf Kosten" (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) des Beklagten erlangt. Für einen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Variante BGB fehlt es vorliegend an der Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung zwischen dem Beklagten und dem Kläger. Bei der Nichtleistungskondiktion darf der Kondiktionsgegenstand dem Bereicherungsschuldner nicht auf dem Umweg über das Vermögen eines Dritten zugeflossen sein, sondern muû sich bis zum kondiktionsauslösenden Vorgang im Vermögen des Bereicherungsgläubigers befunden haben (Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. II/2, 13. Aufl., § 67 II 2 b, S. 135). Insoweit dient nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 94, 160, 165; vgl. auch BGHZ 68, 276, 277; BGHZ 99, 385, 390) das Kriterium der Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung unter an-
derem dazu, die Parteien der Nichtleistungskondiktion festzulegen (vgl. auch MünchKomm. z. BGB/Lieb, 3. Aufl., § 812 Rdn. 18 a). Daran ist festzuhalten.
Das vom Kläger entnommene Wasser befand sich vorliegend vor der Entnahme jedenfalls nicht im Vermögen des Beklagten. Daraus folgt, daû der dem Kläger durch den Wasserbezug zugeflossene Vermögensvorteil jedenfalls nicht aus dem Vermögen des Beklagten stammte. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, daû nach der von dem Beklagten vorgelegten Erklärung vom 7. Juni 1999 die Wasser- und Abwassergebühren der Universität B. aus den Haushaltsmitteln des Beklagten bestritten werden. Die Erstattung der Aufwendungen für den Bezug des Wassers ändert nichts an der für den Bereicherungsausgleich maûgeblichen Vermögenszuordnung.
C. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit zum Nachteil des Klägers entschieden wurde. Im Umfang der Klage ist die Sache an das Berufungsgericht, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird, zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Da die Sache hinsichtlich der Widerklage aufgrund des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts entscheidungsreif ist, kommt insoweit eine Zurückverweisung nicht in Betracht (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Es bleibt bei der vom Landgericht ausgesprochenen Abweisung der Widerklage. Demgemäû sind die Anschluûberufung des Beklagten gegen das landgerichtl iche Urteil und seine Anschluûrevision zurückzuweisen.
Rogge Melullis Keukenschrijver
Mühlens Meier-Beck

(1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe werden durch Landesrecht bestimmt.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Wahrnehmung der Aufgaben nach diesem Buch errichtet jeder örtliche Träger ein Jugendamt, jeder überörtliche Träger ein Landesjugendamt.

(4) Mehrere örtliche Träger und mehrere überörtliche Träger können, auch wenn sie verschiedenen Ländern angehören, zur Durchführung einzelner Aufgaben gemeinsame Einrichtungen und Dienste errichten.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.

(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.