Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 09. Juni 2016 - 4 B 1437/15
Tenor
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 1.12.2015 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers 9 K 5401/15 (VG Köln) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 3.9.2015 wird hinsichtlich der Ziffern 1 bis 3 angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.
1
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
2Der sinngemäß aufrechterhaltene Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage 9 K 5401/15 (VG Köln) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 3.9.2015 hinsichtlich der Ziffern 1 bis 3 anzuordnen, ist nach § 80 Abs. 5 i. V. m. Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i . V. m. § 9 Abs. 2 GlüStV statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere fehlt es dem Antragsteller nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis in Bezug auf Ziffer 2 der Verfügung.
3Das Rechtsschutzinteresse wäre nur dann zu verneinen, wenn die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nicht zu einer Verbesserung der Rechtsstellung des Antragstellers führen könnte.
4Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18.1.2000 – 5 B 1956/ 99 –, NVwZ 2001, 231 = juris, Rn. 2, und vom 20.4.2012 – 5 B 1305/11 –, DÖV 2012, 648 (Leitsatz) = juris, Rn. 12 und 15.
5Das ist hier nicht der Fall. Eine stattgebende Entscheidung kann die Rechtsposition des Antragstellers bereits im Laufe des Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schon deshalb verbessern, weil hierdurch die Möglichkeit einer zwangsweisen Durchsetzung des sofort vollziehbaren Werbeverbots selbst dann entfiele, wenn Streit darüber entstünde, ob im Einzelfall gegen die Auflage verstoßen worden ist. Abgesehen davon ist Ziffer 2 der streitigen Verfügung in entsprechender Anwendung von § 133 BGB dahingehend auszulegen, dass sie den Antragsteller nicht nur zur Entfernung bereits vorhandener Werbung verpflichtet, sondern auch dazu, keine Werbung für die untersagten Nullstandswetten – also Wetten, bei denen zum Zeitpunkt des Wettabschlusses ein Spielstand von 0 : 0 zwischen den Parteien angenommen und darauf gewettet wird, wie ausgehend davon das Spiel ausgeht – mehr anzubringen. Der Regelungsgehalt einer solchen Verfügung, die Einhaltung einer Norm konkret anzumahnen und die Voraussetzungen für die Vollstreckung zu schaffen, ist in der vom Verwaltungsgericht angeführten Rechtsprechung gesondert hervorgehoben.
6Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2.8.2012 – 1 S 618/12 –, VBlBW 2012, 473 = juris, Rn. 46.
7Mit seinem Vorbringen, er werbe nicht für die Nullstandswette und habe dies auch nicht getan, hat der Antragsteller lediglich die Rechtswidrigkeit eines seiner Ansicht nach anlasslosen und damit nicht erforderlichen Werbeverbots geltend gemacht. Er hat aber nicht auf vorläufigen Rechtsschutz freiwillig dauerhaft verzichtet. Gerade mit Blick auf dieses Vorbringen besteht ein Rechtsschutzinteresse, weil an der Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehbarkeit einer Regelung, die nicht nur mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig ist, sondern derer es zur Gefahrenabwehr gegenwärtig auch nicht bedarf, kein öffentliches Interesse besteht. Ob dies der Fall ist, ist im Rahmen der Begründetheitsprüfung zu beurteilen.
8Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 9.6.2005 – 11 CS 05.478 –, VRS 109, 141 = juris, Rn. 29 ff., 33.
9Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.
10Die gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung mit dem Interesse des Antragstellers, von deren Vollzug einstweilen verschont zu bleiben, geht zu Lasten der Antragsgegnerin aus. Denn die in Ziffern 1 bis 3 der angefochtenen Verfügungen getroffenen Regelungen erweisen sich bei der hier nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtswidrig und es sind keine Umstände vorgetragen oder sonst ersichtlich, die gleichwohl einen Vorrang des öffentlichen Vollziehungsinteresses begründen könnten.
11Die umstrittenen Aufforderungen an den Antragsteller, es zu unterlassen, (näher beschriebene) sogenannte Nullstandswetten als Live-Wetten, also während laufender Sportereignisse, in seinem (näher bezeichneten) Betriebslokal zu bewerben, zu vermitteln oder in sonstiger Weise – z.B. durch Bereitstellen von Onlinewettautomaten mit dem vorgenannten Wettangebot – die Teilnahme an solchen Wetten zu ermöglichen (Ziffer 1), in den Betriebsräumen Wetten dieser Art in Informationsunterlagen, Wettprogrammen, Wettscheinen oder über Einrichtungen/Geräte, die der Vermittlung von oder der Teilnahme an Sportwetten dienen, anzubieten sowie innerhalb oder außerhalb der Betriebsräume vorhandene Werbung für diese Wetten zu entfernen (Ziffer 2), sind auf § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV i. V. m. § 20 Abs. 3 AG GlüStV 2012 NRW gestützt. Nach diesen Vorschriften kann die örtliche Ordnungsbehörde die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen, um die Erfüllung der nach dem GlüStV bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Insbesondere kann sie die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Die Entscheidung hierüber ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen.
12Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.4.2015 – 4 B 1464/14 –, GewArch 2015, 324 = juris, Rn. 4.
13Die Antragsgegnerin hat ihre Entscheidung nicht ermessensfehlerfrei getroffen. Sie hat die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten (vgl. § 40 VwVfG NRW).
14Die Antragsgegnerin hat darauf abgestellt, dass die vom Antragsteller angebotenen sog. Nullstandswetten als Live-Wetten nicht erlaubnisfähig seien. Die fehlende Erlaubnisfähigkeit des Wettangebots allein kann die zuständige staatliche Stelle dem Antragsteller ohne Verstoß gegen Art. 56 AEUV aber nicht entgegenhalten, solange der Wettanbieter die erforderliche Erlaubnis nur theoretisch erhalten kann, weil das europarechtswidrige Sportwettmonopol in tatsächlicher Hinsicht unverändert fortbesteht.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9.6.2016 – 4 B 860/15 – unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 4.2.2016 – C-336/14, Ince –, ECLI:EU:C:2016:72, NVwZ 2016, 369 = juris, Rn. 29 f., 61 f., 64 f.; BVerwG, Urteil vom 20.6.2013 – 8 C 10.12 –, BVerwGE 147, 47 = juris, Rn. 62.
16Eine Untersagungsverfügung betreffend die Vermittlung von Sportwetten kann bei dieser Rechtslage allenfalls noch darauf gestützt werden, dass die Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen materiell-rechtlich nicht zulässig ist.
17Aber auch auf den Aspekt der – von einem gesetzlich an sich vorgesehenen Erlaubnisverfahren unabhängigen und für private sowie staatliche Veranstalter gleichermaßen geltenden – materiellen Unzulässigkeit von Ereigniswetten nach § 21 Abs. 4 Satz 3 Hs. 2 GlüStV hat die Antragsgegnerin angesichts dessen, dass eine kohärente Verwaltungspraxis nicht erkennbar ist, nicht ermessensfehlerfrei abgestellt. Auch hierin liegt eine Beschränkung des von Art. 56 Abs. 1 AEUV gewährleisteten freien Dienstleistungsverkehrs. Eine solche ist nur zulässig, wenn sie mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar ist, wenn sie des Weiteren aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sowie geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und wenn sie schließlich nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. Dabei ist eine nationale Regelung nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltenden Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Diese Anforderungen gelten nicht nur für die Rechtfertigung staatlicher Glücksspielmonopole, sondern für die Rechtfertigung von Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit allgemein.
18Vgl. BVerwG, Urteil vom 9.7.2014 – 8 C 36.12 –, NVwZ 2014, 1583 = juris, Rn. 21, m. w. N.
19Da der Mitgliedstaat legitime Ziele im nichtharmonisierten Glücksspielrecht kohärent und systematisch verfolgen muss, müssen verschiedene zuständige Behörden dabei die Ausübung ihrer jeweiligen Zuständigkeit koordinieren.
20Vgl. EuGH, Urteil vom 8.9.2010 – C-46/08, Carmen Media Group –, ECLI:EU:C:2010:505, NVwZ 2010, 1422 = juris, Rn. 69 f.
21Zwar verpflichten die unionsrechtlichen Grundfreiheiten den Mitgliedstaat nicht dazu, ein sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifendes, in seiner Gesamtheit stimmiges Schutzkonzept aufzustellen und umzusetzen.
22Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.10.2015 – 4 B 822/15 –, juris, Rn. 23 f., m. w. N.
23Jedoch führt es zur Inkohärenz einer begrenzenden Regelung, wenn – auch im Rahmen anderweitiger innerstaatlicher Zuständigkeiten – Umstände durch entsprechende Vorschriften herbei geführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.6.2013 – 8 C 39.12 –, NVwZ-RR 2014, 94 (Leitsatz) = juris, Rn. 66 f.; siehe auch EuGH, Urteil vom 12.6.2014 – C-156/13, Digibet und Albers –, ECLI:EU:C:2014:1756, NVwZ 2014, 1001 = juris, Rn. 28, 33 ff.
25Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein Umsetzungsdefizit bereits in der Norm angelegt ist oder zumindest gehäufte oder gar systematische Verstöße zuständigkeitsübergreifend nicht konsequent geahndet oder unterbunden werden, was auf strukturelle Vollzugsdefizite schließen lässt.
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 – 8 C 13.09 –, NVwZ 2011, 549 = juris, Rn. 48.
27Die Ermessensausübung der Antragsgegnerin lässt nicht erkennen, dass die angefochtene Entscheidung Teil einer den oben dargestellten Kohärenzanforderungen genügenden Vollzugspraxis zur Durchsetzung des Verbots von Ereigniswetten gemäß § 21 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GlüStV, soweit torbezogene Wetten betroffen sind, ist.
28Dies wäre allerdings erforderlich gewesen, weil die tatsächliche Situation des Sportwettenmarktes in keiner Weise der Konzeption des Glücksspielstaatsvertrags eines experimentellen regulierten Angebots einer beschränkten Zahl privater konzessionierter Wettanbieter in erlaubten Wettannahmestellen entspricht, sondern sich als unregulierter Markt des freien Wettbewerbs darstellt, ohne dass ein Ende dieses Zustands absehbar wäre.
29So OVG NRW, Urteil vom 13.4.2016 – 14 A 1599/ 15 –, juris, Rn. 123.
30Im Verfahren ist unstreitig geblieben, dass Nullstandswetten bundesweit in 10-15.000 Vermittlungsstellen unbeanstandet angeboten werden. Außerdem hat die Antragsgegnerin das Vorbringen des Antragstellers in der Antragsschrift nicht entkräftet, das staatliche Lotterieunternehmen ODDSET biete unbeanstandet der untersagten Nullstandswette strukturell gleichartige torbezogene Wettformen wie die sog. Handicap-Wette an, so wie auch die von der Bundesrepublik Deutschland beherrschte Deutsche Telekom über den tipp3.de-Betreiber Deutsche Sportwetten GmbH unbeanstandet verschiedene Ereigniswetten als Live-Wetten anbiete.
31Nachvollziehbar verweist der Antragsteller in diesem Zusammenhang ferner auf die „Leitlinien zum Vollzug im Bereich Sportwetten während des laufenden Konzessionsverfahrens“ des bundesweit für die Erteilung von Sportwettkonzessionen zuständigen hessischen Ministeriums des Innern und für Sport (HMdIS) vom 28.1.2016, die auf einer entsprechenden Einigung der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder beruhen. Darin wird im Abschnitt „III. Sachverhalte, die zunächst nicht aufgegriffen werden“ ausgeführt, dass wesentlich für die Abgrenzung unzulässiger Ereigniswetten von zulässigen Ergebniswetten der Ergebniszusammenhang/die Ergebnisbezogenheit sei. Der Antragsteller entnimmt dem, dass solche Wettarten, wie die „Handicap-Wette“, die Wettart „Über/Unter“ – gegen die im Übrigen offenbar auch die Antragsgegnerin nicht einschreitet – oder auch die „Nullstandswette“ einen Ergebniszusammenhang aufwiesen und daher nicht zu beanstanden seien. Die Antragsgegnerin ist dem allein damit entgegengetreten, dass sich die betroffenen Ausführungen des HMdIS nach ihrem Dafürhalten nicht auf Live-Wetten im Sinne des § 21 Abs. 4 GlüStV bezögen. Diese Betrachtungsweise erschließt sich dem Senat nicht. Denn der streitige Passus steht im engen Zusammenhang mit der Einschätzung am Ende des 3. Absatzes im Abschnitt III., dass Live-Wetten auf das Endergebnis und dessen Bestandteile möglich seien. Allerdings zeigt die in diesem Zusammenhang offenbar bestehende Unklarheit bezogen auf Wetten, deren Ergebnisbezug umstritten ist, deutlich, dass das Verhältnis von § 21 Abs. 1 zu Absatz 4 GlüStV Fragen aufwirft, die einem zuständigkeitsübergreifend konsistenten Vollzug in diesem Bereich im Wege stehen.
32Erschwerend kommt hinzu, dass es derzeit entgegen der Konzeption des GlüStV noch keine Inhalts- und Nebenbestimmungen gibt, die für die Wettveranstalter und Wettvermittler die Art und den Zuschnitt der zulässigen Sportwetten im Einzelnen verbindlich regeln, wie § 4c Abs. 2 GlüStV und § 21 Abs. 1 Satz 2 GlüStV dies vorsehen.
33Vgl. BayVGH, Beschluss vom 6.5.2015 – 10 CS 14. 2669 –, ZfWG 2015, 407 (Leitsatz) = juris, Rn. 45 und 71; siehe auch OVG Bremen, Beschluss vom 24.6.2015 – 2 B 12/15 –, ZfWG 2015, 469 = juris, Rn. 36.
34Der Antragsteller hat des Weiteren darauf hingewiesen, dass im Bereich der Sportwettenvermittlung im Internet derzeit unabhängig vom vorgehaltenen Wettangebot keine Maßnahmen erfolgen.
35Diesbezüglich hatte sich die Antragsgegnerin zunächst dahingehend eingelassen, dass in Nordrhein-Westfalen die zuständige Bezirksregierung E. unter Verweis auf ein Vollzugskonzept der Länder für ein gemeinsames Vorgehen, welches im Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17.9.2015,
3623 L 75/15, GewArch 2016, 87 = juris,
37dargestellt werde, mitgeteilt habe, sie sei gegen ihr bekannte Sportwettanbieter vorgegangen. Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers dem im Schriftsatz vom 6.11.2015 in Bezug auf das hier in Rede stehende Wettangebot substantiiert entgegengetreten war, hat die Antragsgegnerin zu diesem Gesichtspunkt nicht mehr vorgetragen. In Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Angaben der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers hatte im Übrigen ausweislich eines entsprechenden Telefonvermerks im Verwaltungsvorgang die Bezirksregierung E. mitgeteilt, dass keine Maßnahmen gegen unzulässige Ereigniswetten ergriffen würden. Jedenfalls gelten die Ausführungen zum Wettprogramm in den „Leitlinien zum Vollzug im Bereich Sportwetten während des laufenden Konzessionsverfahrens“ des bundesweit für die Erteilung von Sportwettkonzessionen zuständigen hessischen Ministeriums des Innern und für Sport (HMdIS) vom 28.1.2016 auch für den Internetbereich, so dass die diesbezüglich festgestellten Unklarheiten auch hier einem konsistenten Vollzug im Wege stehen.
38Auch das übrige Vorbringen der Antragsgegnerin zur Verneinung eines Vollzugsdefizits greift nicht durch. Die Antragsgegnerin verweist insoweit auf im Einzelnen angegebene gerichtliche Entscheidungen, die Untersagungsverfügungen verschiedener Behörden einzelner Bundesländer zum Gegenstand haben. Dem lässt sich indes nicht entnehmen, dass bezogen auf Wetten, deren Ergebnisbezug wie bei der streitgegenständlichen Nullstandswette vertretbar angenommen werden kann, von einem kohärenten und systematischen Eingreifen ausgegangen werden kann. Im Gegenteil, ihre Gesamtschau belegt die bestehenden erheblichen Unsicherheiten bei der Ein-ordnung bestimmter Sportwettformen als unzulässige Ereigniswetten. Jedenfalls räumen einzelne belegte Vollzugsbemühungen schon quantitativ nicht das jedenfalls im Grundsatz unbestrittene Vorbringen des Antragstellers zur praktisch flächendeckenden Verfügbarkeit der hier in Rede stehenden Wettform aus.
39Im Übrigen sind Nachforschungen der Antragsgegnerin bei diversen Kommunen auf Vorhalt des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers, dass die Antragsgegnerin die einzige Kommune in Nordrhein-Westfalen sei, die gegen unzulässige Ereigniswetten vorgehe, ausweislich des Verwaltungsvorgangs ohne zugunsten der Antragsgegnerin verwertbares Ergebnis geblieben.
40Nach Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ziffern 1 und 2 der Untersagungsverfügung war auch hinsichtlich der darauf bezogenen Zwangsgeldandrohungen in Ziffer 3 der Ordnungsverfügung die aufschiebende Wirkung anzuordnen, weil es insoweit entgegen § 55 Abs. 1 VwVG NRW an einer vollziehbaren Grundverfügung fehlt.
41Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
42Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
43Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m.§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 09. Juni 2016 - 4 B 1437/15
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Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 24. November 2011 - 3 K 641/11 - geändert, soweit die Klage abgewiesen wurde.
Es wird festgestellt, dass die an den Kläger gerichtete Auflage in Ziffer 7 der Verfügung der Beklagten vom 09.02.2011 rechtswidrig war, soweit diese verbietet, Gegenstände bei der Versammlung mitzuführen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern, wozu insbesondere Kapuzenpullover und Halstücher zählen.
Die Beklagte trägt die gesamten Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen Nr. 1-3 des Tenors der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 2. Juli 2014 in Gestalt der Ergänzung vom 7. August 2014 wird auch hinsichtlich der Betriebsstätte M. Straße 19 angeordnet.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen trägt die Antragsgegnerin.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 € festgesetzt.
Gründe:
1Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und begründet. Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht zu Unrecht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin hinsichtlich der Betriebsstätte M. Str. 19 abgelehnt.
2Das Verwaltungsgericht hat im Hinblick (auch) auf diese Betriebsstätte zunächst zu Recht und mit zutreffender Begründung erhebliche und jedenfalls im Eilverfahren durchgreifende Bedenken gegen die Annahme der Antragsgegnerin erhoben, § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW verbiete auch das Angebot von Sportwetten in einer Annahmestelle für Pferdewetten, in der zulässigerweise Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit aufgestellt sind. Den einschlägigen Ausführungen ist die Antragsgegnerin nicht entgegengetreten; sie hat auch von einer Beschwerde hinsichtlich der hierauf gestützten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin bezüglich der Betriebsstätte H.------wall 1a abgesehen. Die Auslegung der Antragsgegnerin dürfte vom Wortlaut der Regelung nicht gedeckt sein. Demgegenüber ist die – gegebenenfalls weiter bestehende – Aufstellung der Geldspielgeräte in der Vermittlungsstelle für Pferdewetten durch die 6. Verordnung zur Änderung der Spielverordnung vom 4. November 2014 (BGBl. I S. 1678) unzulässig geworden, so dass letztlich auch eine mögliche Rechtfertigung für eine erweiternde Auslegung des § 20 Abs. 1 Satz 2 GlüSpVO NRW entfallen ist. Es bleibt der Antragsgegnerin unbenommen, gegen die Aufstellung der Geldspielgeräte vorzugehen, solange und soweit an dem gleichzeitigen Angebot von Sportwetten und Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit in denselben Geschäftsräumen festgehalten wird. Ein Vorgehen gegen den Anbieter von Sportwetten kann hierauf jedenfalls nicht (mehr) gestützt werden. Im Hinblick auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zum Verhältnis der Änderung der Spielverordnung zu § 21 Abs. 2 GlüStV merkt der Senat lediglich an, dass die in Rede stehende Trennung eines Angebots von Sportwetten von einer Vermittlungsstelle für Pferdewetten, in der Geldspielgeräte aufgestellt sind, jedenfalls nicht nach § 21 Abs. 2 GlüStV geboten ist. Ein Buchmacherbetrieb wird ebenso wenig wie eine Schank- und Speisewirtschaft dadurch zu einer Spielhalle, dass dort Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit aufgestellt werden (vgl. auch § 16 Abs. 1 Halbsatz 2 AG GlüStV NRW).
3Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts erweist sich die angefochtene Verfügung im Hinblick auf die ergänzende Begründung, der Betrieb der Sportwettenvermittlung sei in der M. Str. 19 nicht erlaubnisfähig, weil sich in dem Gebäudekomplex seit dem 29. Juni 2012 eine Spielhalle befinde, als offensichtlich rechtswidrig.
4Als Ermächtigungsgrundlage für das ordnungsbehördliche Einschreiten der Antragsgegnerin kommt hier allein § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV 2012 in Betracht. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach dem Glücksspielstaatsvertrag bestehenden oder auf seiner Grundlage begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und Werbung hierfür unterbleiben. Die Antragsgegnerin als zuständige Behörde kann nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV die zur Erfüllung dieser Aufgabe erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen; insbesondere kann sie nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Die Entscheidung hierüber hat sie nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen.
5Die angefochtene Verfügung leidet insoweit jedenfalls an einem durchgreifenden Ermessensfehler, weil die Antragsgegnerin - sofern sie überhaupt entsprechende Ermessenserwägungen angestellt hat, was sich der Ergänzungsverfügung vom
67. August 2014 allerdings so nicht entnehmen lässt - nicht berücksichtigt hat, dass die Sportwettenvermittlungsstelle der Antragstellerin bereits seit 2009 ununterbrochen - wie die Antragstellerin mit der Beschwerde glaubhaft gemacht hat - betrieben wird, während die Spielhalle erst seit dem 29. Juni 2012 existiert. Die Erlaubnis nach § 33i GewO soll ihr am 25. Juni 2012 erteilt worden sein. Insoweit hat die Antragstellerin zu Recht erhebliche Bedenken gegen die einseitige Anwendung des Trennungsgebots zulasten der älteren Sportwettenvermittlung erhoben. Eine hinreichende Rechtfertigung, auch in diesen Fällen dem Angebot mit dem größeren Risikopotential für Entstehung und Förderung der Spielsucht Vorrang einzuräumen, ist nicht zu erkennen. Ob in diesen Fällen eine verfassungskonforme Auslegung des § 21 Abs. 2 GlüStV dahingehend, dass er nur den zeitlich später aufgenommenen Betrieb der Sportwettenvermittlung untersagt, oder im Sinne einer adressatenneutralen objektiven Inkompatibilitätsregelung erfolgen kann oder muss,
7vgl. näher VG Regensburg, Urteil vom 22. Januar 2015 – RO 5 K 14.90 -, juris Rn. 33; Dietlein/Peters, ZfWG 2014, 357 ff; Hecker/Ruttig, in Dietlein/Hecker/ Ruttig, Glücksspielrecht - Kommentar, 2. Aufl. 2013,
8§ 21 GlüStV Rn. 42 f.,
9mag angesichts dessen auf sich beruhen.
10Diese Bedenken werden vorliegend dadurch verstärkt, dass die von der Antragsgegnerin angeführte Spielhalle - deren Betrieb der Senat zugrunde legt, obwohl die Angaben in der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 10. April 2015 nicht weiter konkretisiert wurden und nicht mit der Gewerbeanmeldung vom 3. Juni 2013 übereinstimmen - zum Zeitpunkt der Untersagungsverfügung und auch derzeit noch ohne die nach § 24 Abs. 1 GlüStV notwendige Erlaubnis betrieben wird. Eine solche Erlaubnis ist nach § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV seit dem 1. Dezember 2013 zu ihrem (legalen) Betrieb erforderlich, aber bisher nach Mitteilung der Antragsgegnerin vom 10. April 2015 nicht erteilt worden. Das hat die Antragsgegnerin nicht berücksichtigt. Sie ist vielmehr noch in der Antragserwiderung vom 24. September 2014 (dort S. 2) zu Unrecht davon ausgegangen, die Spielhalle verfüge über die erforderliche(n) Erlaubnis(se). Bei dieser Frage handelt es sich indes um einen für die ordnungsgemäße Ermessensausübung wesentlichen Gesichtspunkt. Auch der Hinweis der Antragsgegnerin darauf, dass schon vor Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages in den Betriebsräumen des Pferdewettanbieters Geldspielgeräte gestanden hätten, führt nicht auf eine materielle Illegalität der Sportwettvermittlung. Nach § 5 Abs. 3 AG GlüStV NRW a. F. bestand ein Trennungsgebot ausdrücklich nur für Spielhallen.
11Angesichts der schon aus diesem Grund gegebenen offensichtlichen Rechtswidrigkeit der angegriffenen Verfügung konnte der Senat wegen des vorläufigen Charakters des vorliegenden Verfahrens offen lassen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs. 2 GlüStV vorliegen. Dieses Trennungsgebot dürfte nämlich – wie die Antragstellerin zu Recht geltend macht – im Sinne der Intention des Gesetzgebers und aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht in allen Anwendungsfällen, die der
12§ 21 Abs. 2 GlüStV 2012 seinem zu weitem Wortlaut nach erfasst, anzunehmen sein, sondern nur dann, wenn tatsächlich beide Angebote im selben Geschäftslokal erfolgen oder ein vergleichbar enger örtlicher Zusammenhang vorliegt.
13Vgl. dazu im Einzelnen OVG NRW, Beschluss vom 21. April 2015 - 4 B 1376/14 -, juris Rn. 6, 18 ff.
14Ob ein solcher enger räumlicher Zusammenhang nach den in dieser Entscheidung angeführten Kriterien hier tatsächlich gegeben ist, ist zumindest zweifelhaft. Die Betriebe befinden sich zwar (jedenfalls) in einem Gebäudekomplex, grenzen aber nicht unmittelbar aneinander an; ein Wechsel zwischen beiden Betrieben setzt vielmehr das Betreten der Straße voraus. Ob beim Verlassen eines Betriebes ein zwangsläufiger Sichtkontakt zum jeweils anderen Betrieb besteht, ist angesichts des dazwischen angesiedelten Maklerbüros und der Lage des Eingangs der Spielhalle an der Eckseite des Gebäude(komplexe)s zumindest fraglich. Zudem ist - wie die Antragstellerin unwidersprochen geltend macht - der Abstand des Eingangs der Spielhalle zum Eingang der Antragstellerin größer als derjenige zum Eingang des gegenüber liegenden Sportwettbüros M. Straße 22. Dieses Sportwettbüro könnte im Übrigen für sich genommen der Erlaubnisfähigkeit einer - wie hier rechtlich als derzeit neu hinzutretend zu wertenden - Spielhalle nach §§ 1, 24 Abs. 2 GlüStV i. V. m. § 16 Abs. 2 Nr. 1 AG GlüStV NRW entgegenstehen.
15Die weiteren Einwände der Antragsgegnerin hinsichtlich der Gestaltung der Fensterflächen rechtfertigen jedenfalls unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten keine sofortige Untersagung.
16Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
17Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.
Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers 9 K 1808/15 (VG Köln) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 19.3.2015 durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 7.7.2015 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auf 7.500,00 EUR festgesetzt.
1
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist unbegründet.
2Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag des Antragstellers die aufschiebende Wirkung seiner Klage 9 K 1808/15 (VG Köln) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 19.3.2015 angeordnet. Es hat angenommen, die Ordnungsverfügung sei voraussichtlich rechtswidrig, weil die vollständige Untersagung der Vermittlung von Sportwetten, also auch solcher Sportwetten, die erlaubnisfähig seien, ermessensfehlerhaft, nämlich mangels Erforderlichkeit unverhältnismäßig, sei. Die diese Entscheidung tragenden Annahmen werden durch das Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, im Ergebnis nicht erschüttert.
3Die Antragsgegnerin hat zur Begründung ihrer Beschwerde ausgeführt, das Wettangebot des Antragstellers sei insgesamt nicht erlaubnisfähig, jedenfalls nicht in dem Sinne offensichtlich erlaubnisfähig, dass es einer weiteren Prüfung nicht bedürfe.
4Mit diesem Beschwerdevorbringen dringt die Antragsgegnerin nicht durch.
5Die Antragsgegnerin hat zunächst nicht die Annahme des Verwaltungsgerichts entkräftet, die Verfügung erfasse auch die Vermittlung erlaubnisfähiger Sportwetten. Sie hat lediglich pauschal behauptet, nicht aber nachvollziehbar dargelegt, das vom Antragsteller vermittelte Wettangebot der Beigeladenen sei ausnahmslos nicht mit den einschlägigen Vorschriften in Einklang zu bringen. Erlaubnisfähige Sportwetten sind von der Verbotsverfügung schon deshalb jedenfalls mitumfasst, weil sie ihrem Regelungsgehalt nach Ziffer 1.1 nach nicht nur das gegenwärtig vorgehaltene Wettangebot betrifft. Dem Antragsteller ist vielmehr untersagt worden, jede Art von Sportwetten zu bewerben, zu vermitteln oder in sonstiger Weise die Teilnahme an ihnen zu ermöglichen.
6Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin darauf, das Wettangebot des Antragstellers sei jedenfalls nicht offensichtlich erlaubnisfähig, weil die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen nicht offensichtlich erfüllt seien; ob diese vorlägen, sei nicht ohne weitere Prüfung erkennbar. Hierfür kann sie sich nicht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
7vgl. Urteile vom 16.5.2013 – 8 C 14.12 –, juris und vom 20.6.2013 – 8 C 39.12 –, juris,
8berufen, wonach die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten durch private Wirtschaftsteilnehmer präventiv verboten werden könne, wenn ihre Erlaubnisfähigkeit nicht offensichtlich sei.
9Es ist höchstrichterlich geklärt, dass diese Rechtsprechung für Nordrhein-Westfalen nicht maßgeblich ist, solange die Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettmonopols fortbesteht. In der dieses Bundesland betreffenden Entscheidung vom 20.6.2013 hat das Bundesverwaltungsgericht für die bis zum 30.11.2012 geltende Rechtslage bereits sinngemäß ausgeführt, das Fehlen einer Erlaubnis könne einem Wettvermittler nur nach Prüfung der unionsrechtskonformen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen entgegen gehalten werden. Diese Voraussetzung sei in Nordrhein-Westfalen aber schon deshalb nicht erfüllt, weil dort das Erlaubnisverfahren – anders als das Bundesverwaltungsgericht dies seinerzeit etwa für Bayern angenommen hat – nicht für Private geöffnet worden sei. Hier könne eine Untersagung nur darauf gestützt werden, dass die Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen materiell-rechtlich nicht erlaubnisfähig sei.
10Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.6.2013 – 8 C 10.12 –, BVerwGE 147, 47 = juris, Rn. 62, unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 24.1.2013 – C-186/11 u.a., Stanleybet Int. Ltd. u. a. –, ECLI:EU:C:2013:33, NVwZ 2013, 785 = juris, Rn. 38 f., 48.
11In dem dieser Entscheidung im Instanzenzug vorangegangenen Urteil hat der Senat vom Bundesverwaltungsgericht unbeanstandet – zur Wahrung der Rechtseinheitlichkeit den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 1.6.2011 – 8 C 11.10 –, Rn. 53, und – 8 C 2.10 –, Rn. 55, folgend – angenommen, dass der Erlaubnisvorbehalt eine vollständige Untersagung nur bei Fehlen der Erlaubnisfähigkeit rechtfertige; bei Zweifeln über die Beachtung von Vorschriften über die Art und Weise der Gewerbetätigkeit kämen zunächst Nebenbestimmungen in Betracht.
12Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29.9.2011 – 4 A 17.08 –, NWVBl. 2012, 60 = juris, Rn. 185 f.
13Der beschließende Senat geht in seiner Rechtsprechung davon aus, durch die Neuregelung im Glücksspielstaatsvertrag 2012 habe sich nichts daran geändert, dass das Fehlen einer Erlaubnis einem Wettvermittler in Nordrhein-Westfalen nicht entgegen gehalten werden kann, weil das europarechtswidrige Sportwettmonopol in tatsächlicher Hinsicht unverändert fortbesteht.
14Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 19.5.2016 – 4 A 302/09 –, juris, Rn. 24 f., und vom 20.12.2013 – 4 B 574/13 –, NWVBl. 2014, 190 = juris, Rn. 5.
15Mittlerweile hat der Europäische Gerichtshof bestätigt, dass eine Legislativreform wie sie sich aus der Einführung der Experimentierklausel in § 10a GlüStV ergibt, die Unvereinbarkeit des staatlichen Sportwettmonopols mit Art. 56 AEUV nicht behebt, soweit das Monopol in der Praxis weiterhin Bestand hat, weil die Konzessionsstelle von der Konzessionsvergabe an private Wettveranstalter keinen Gebrauch macht, während staatliche Lotterieunternehmen bis ein Jahr nach der eventuellen Konzessionsvergabe Sportwetten ohne Konzession veranstalten und vertreiben dürfen.
16Vgl. EuGH, Urteil vom 4.2.2016 – C-336/14, Ince –, ECLI:EU:C:2016:72, NVwZ 2016, 369 = juris, Rn. 40, 60, 93.
17Von einer Behebung der Unionsrechtswidrigkeit innerstaatlicher Rechtsbestimmungen, mit denen ein staatliches Monopol eingeführt worden sei, könne auch bei einer an den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.5.2013 orientierten Praxis der Prüfung der Erlaubnisfähigkeit nicht ausgegangen werden.
18Vgl. EuGH, Urteil vom 4.2.2016 – C-336/14, Ince –, ECLI:EU:C:2016:72, NVwZ 2016, 369 = juris, Rn. 29 f., 61 f.
19Hieran hat sich allein durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 15.4.2016 – 5 K 1431/14 – nichts geändert, durch das das Land Hessen erstmals verpflichtet worden ist, einem Konzessionsbewerber, nämlich der Beigeladenen eine Konzession zur Veranstaltung von Sportwetten zu erteilen. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder die Beigeladene tatsächlich eine Konzession erhalten hat. Ungeachtet dessen würde selbst die Erteilung einer einzigen Konzession aufgrund einer rechtskräftigen Verurteilung nichts daran ändern, dass eine unionsrechtskonforme diskriminierungsfreie Konzessionsvergabe wegen der intransparenten und rechtlich jedenfalls zweifelhaften Verfahrensgestaltung unter Einbeziehung des Glücksspielkollegiums derzeit nicht zeitnah gewährleistet ist.
20Damit greift auch der weitere Vortrag der Antragsgegnerin, der beigeladene Wettveranstalter erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung einer Konzession, so dass in der Folge die Vermittlung seiner Sportwetten nicht erlaubnisfähig sei, nicht durch. Abgesehen davon, dass jedenfalls das Verwaltungsgericht Wiesbaden das Wettangebot der Beigeladenen für erlaubnisfähig gehalten hat, kann die zuständige staatliche Stelle die fehlende Erlaubnisfähigkeit des Wettangebots allein ohnehin dem Antragsteller ohne Verstoß gegen Art. 56 AEUV nicht entgegenhalten, solange der Wettanbieter die erforderliche Erlaubnis nur theoretisch erhalten kann, weil das europarechtswidrige Sportwettmonopol in tatsächlicher Hinsicht unverändert fortbesteht.
21Vgl. EuGH, Urteil vom 4.2.2016 – C-336/14, Ince –, ECLI:EU:C:2016:72, NVwZ 2016, 369 = juris, Rn. 29 f., 61 f., 64 f.; BVerwG, Urteil vom 20.6.2013 – 8 C 10.12 –, BVerwGE 147, 47 = juris, Rn. 62.
22Eine Untersagungsverfügung betreffend die Vermittlung von Sportwetten kann bei dieser Rechtslage nunmehr allenfalls noch darauf gestützt werden, dass die Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen materiell-rechtlich nicht zulässig ist.
23Selbst auf den Aspekt der – von einem gesetzlich an sich vorgesehenen Erlaubnisverfahren unabhängigen und für private sowie staatliche Veranstalter gleichermaßen geltenden – materiellen Unzulässigkeit von Ereigniswetten nach § 21 Abs. 4 Satz 3 Hs. 2 GlüStV hat die Antragsgegnerin nicht ermessensfehlerfrei abgestellt. Auch hierin liegt eine Beschränkung des von Art. 56 Abs. 1 AEUV gewährleisteten freien Dienstleistungsverkehrs. Eine solche ist nur zulässig, wenn sie mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar ist, wenn sie des Weiteren aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sowie geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und wenn sie schließlich nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. Dabei ist eine nationale Regelung nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltenden Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Diese Anforderungen gelten nicht nur für die Rechtfertigung staatlicher Glücksspielmonopole, sondern für die Rechtfertigung von Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit allgemein.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 9.7.2014 – 8 C 36.12 –, NVwZ 2014, 1583 = juris, Rn. 21, m. w. N.
25Da der Mitgliedstaat legitime Ziele im nichtharmonisierten Glücksspielrecht kohärent und systematisch verfolgen muss, müssen verschiedene zuständige Behörden dabei die Ausübung ihrer jeweiligen Zuständigkeit koordinieren.
26Vgl. EuGH, Urteil vom 8.9.2010 – C-46/08, Carmen Media Group –, ECLI:EU:C:2010:505, NVwZ 2010, 1422 = juris, Rn. 69 f.
27Zwar verpflichten die unionsrechtlichen Grundfreiheiten den Mitgliedstaat nicht dazu, ein sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifendes, in seiner Gesamtheit stimmiges Schutzkonzept aufzustellen und umzusetzen.
28Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.10.2015 – 4 B 822/ 15 –, juris, Rn. 23 f., m. w. N.
29Jedoch führt es zur Inkohärenz einer begrenzenden Regelung, wenn – auch im Rahmen anderweitiger innerstaatlicher Zuständigkeiten – Umstände durch entsprechende Vorschriften herbei geführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.6.2013 – 8 C 39.12 –, NVwZ-RR 2014, 94 (Leitsatz) = juris, Rn. 66 f.; siehe auch EuGH, Urteil vom 12.6.2014 – C-156/13, Digibet und Albers –, ECLI:EU:C:2014:1756, NVwZ 2014, 1001 = juris, Rn. 28, 33 ff.
31Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein Umsetzungsdefizit bereits in der Norm angelegt ist oder zumindest gehäufte oder gar systematische Verstöße zuständigkeitsübergreifend nicht konsequent geahndet oder unterbunden werden, was auf strukturelle Vollzugsdefizite schließen lässt.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 – 8 C 13.09 –, NVwZ 2011, 549 = juris, Rn. 48.
33Die Ermessensausübung der Antragsgegnerin lässt nicht erkennen, dass die angefochtene Entscheidung auch bezogen auf die nach ihrer Auffassung nicht erlaubnisfähigen torbezogenen Wetten, deren Ergebnisbezug vertretbar angenommen werden kann, Teil einer den oben dargestellten Kohärenzanforderungen genügenden Vollzugspraxis ist.
34Dies wäre allerdings erforderlich gewesen, weil die tatsächliche Situation des Sportwettenmarktes in keiner Weise der Konzeption des Glücksspielstaatsvertrags eines experimentellen regulierten Angebots einer beschränkten Zahl privater konzessionierter Wettanbieter in erlaubten Wettannahmestellen entspricht, sondern sich als unregulierter Markt des freien Wettbewerbs darstellt, ohne dass ein Ende dieses Zustands absehbar wäre.
35So OVG NRW, Urteil vom 13.4.2016 – 14 A 1599/ 15 –, juris, Rn. 123.
36Indes hat die Antragsgegnerin sich mit dem durch Tatsachen untermauerten Vorbringen des Antragstellers, bei der Durchsetzung des Verbots von Ereignissportwetten bestehe – in Köln, aber auch darüber hinaus – eine uneinheitliche diskriminierende Vollzugspraxis schon nicht substantiiert auseinandergesetzt. So hat der Antragsteller etwa darauf hingewiesen, dass dem staatlichen Lotterieunternehmen ODDSET die Wette auf das erste bzw. nächste Tor ausdrücklich gestattet sei, die in der Untersagungsverfügung der Antragsgegnerin beispielhaft als nicht genehmigungsfähig genannt sei. Außerdem biete die von der Bundesrepublik Deutschland beherrschte Deutsche Telekom über den tipp3.de-Betreiber Deutsche Sportwetten GmbH unbeanstandet verschiedene Ereigniswetten als Live-Wetten an. Schließlich gehe das bundesweit für die Erteilung von Sportwettkonzessionen zuständige hessische Ministerium des Innern und für Sport (HMdIS) in Schreiben an die Konzessionsantragsteller davon aus, der Ausgang eines Sportereignisses, auf das Wetten zugelassen werden könnten, erstrecke sich auf das Endergebnis sowie auf dessen Bestandteile (Teilendergebnisse, die sich im Endergebnis niederschlügen); Bestandteile des Endergebnisses seien beispielsweise beim Fußball die von den jeweiligen Mannschaften erzielten Tore, weil diese sich im Endergebnis niederschlügen.
37Gemessen daran besteht in der bundesweit wenigstens hinsichtlich der grundsätzlichen Zielrichtung zu koordinierenden Vollzugspraxis unter Geltung des Glücksspielstaatsvertrags offenbar erhebliche Unsicherheit darüber, inwieweit die von der Beigeladenen angebotenen und vom Antragsteller vermittelten torbezogenen Wetten materiell-rechtlich als von vornherein unzulässige Ereigniswetten im Sinne von § 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV zu werten sind oder als – sogar in Form von Live-Wetten – ausnahmsweise zulassungsfähige Endergebniswetten im Sinne von § 21 Abs. 4 Satz 3 Hs. 1 GlüStV angesehen werden können. Jedenfalls aber solange staatliche Lotterieunternehmen und staatlich beherrschte Anbieter strukturell gleichartige torbezogene Wetten flächendeckend überhaupt weiterhin anbieten, genügt eine Vollzugspraxis, die vergleichbare Wettangebote in einzelnen Gemeinden ausschließlich gegenüber bestimmten privaten Anbietern untersagt, nicht den Anforderungen des Unionsrechts. Sie stellt sich als inkohärent und damit jedenfalls als ermessensfehlerhaft dar.
38Solange allerdings nicht erkennbar ist, dass die Vollzugspraxis kohärent ist, kann die Antragsgegnerin auch nicht mit dem im Übrigen nur gänzlich pauschal behaupteten Einwand Erfolg haben, eine vollständige Untersagung sei deswegen nicht unverhältnismäßig, weil eingeschränkte Untersagungsverfügungen nur schwer und mit hohem Verwaltungsaufwand zu kontrollieren seien.
39Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), sind ihre außergerichtlichen Kosten nicht erstattungsfähig.
40Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
41Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster vom 25.6.2015 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen auf jeweils 2.500,00 EUR festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
3Sie richtet sich gegen die Anordnung unter 1. der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 12.3.2015, die unzulässige Werbung „Casino Star“ für ihre Spielhalle in D. , T.-----straße 26, an der T.-----straße sowie an der Rückseite zur L.--------straße zu entfernen, und ist unbegründet.
4Das Verwaltungsgericht hat den sinngemäßen Antrag der Antragstellerin,
5die aufschiebende Wirkung ihrer Klage 9 K 839/15 (VG Münster) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 12.3.2015 wiederherzustellen bzw. anzuordnen,
6zu Recht abgelehnt.
7Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO beschränkt ist, stellt die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht in Frage, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Anordnung, die Fassadenwerbung an der Spielhalle mit dem Begriff „Casino Star“ zu entfernen, das gegenläufige Aufschubinteresse der Antragstellerin überwiegt. Überwiegendes spricht dafür, dass sich die angefochtene Verfügung vom 12. März 2015 als rechtmäßig erweist.
8Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung unter weitgehender Wiedergabe einer früheren Entscheidung zu einem im Wesentlichen gleichliegenden Sachverhalt im Kern darauf gestützt, dass die Außenwerbung mit dem Begriff „Casino“ § 16 Abs. 5 AG GlüStV NRW widerspreche. Die Einwände der Antragstellerin greifen nicht durch.
9I. Es liegt nicht schon deshalb eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor, weil das Verwaltungsgericht nicht näher auf die besonderen tatsächlichen Gegebenheiten des Sachverhaltes eingegangen ist. Den Darlegungen des Verwaltungsgerichts ist unzweifelhaft zu entnehmen, dass es die Verfügung bereits für rechtmäßig hält, weil die Antragstellerin statt ihren Betrieb mit dem Begriff „Spielhalle“ zu bezeichnen, zu Unrecht den Begriff „Casino“ verwendet. Ausgehend von diesem rechtlichen Ansatz durfte sich das Verwaltungsgericht, ohne den Anspruch auf rechtliches Gehör zu verletzen, auf die aus seiner Sicht wesentlichen Ausführungen im Zusammenhang mit einem vergleichbaren Fall beschränken und abschließend darauf hinweisen, dass der konkrete Fall keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung biete. Damit ist hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass auch die Verwendung eines Firmennamens anstelle einer Dachmarke und die rückwärtige Anbringung des Namens in Ausrichtung zu einem Parkplatz nach Einschätzung des Verwaltungsgerichts nichts an der grundsätzlichen Vergleichbarkeit beider Fälle und der Einschlägigkeit des Verbotstatbestandes änderten. Im Übrigen würde allein eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragstellerin es nicht rechtfertigen, ihrer Beschwerde stattzugeben.
10II. Ohne Erfolg erhebt die Antragstellerin verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendbarkeit der §§ 26 GlüStV und 16 AG GlüStV. Weder sind diese Verbote zu unbestimmt, etwa weil verschiedene Ansichten dazu vertreten werden, wie diese im Einzelnen zu verstehen sind (dazu unten 1.), noch hat der Landesgesetzgeber seine Kompetenzen (dazu unten 2.) oder materiell-rechtliche Befugnisse (dazu unten 3.) überschritten.
111. Die Werberestriktionen in § 26 Abs. 1 GlüStV (Verbot der Werbung für den Spielbetrieb oder die in der Spielhalle angebotenen Spiele sowie der Schaffung eines zusätzlichen Anreizes für den Spielbetrieb durch eine besonders auffällige Gestaltung der Spielhalle) sind ebenso wie bereits die früheren Werbebeschränkungen des Glücksspielstaatsvertrags 2008 hinreichend bestimmt. Sie sind mit den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Normklarheit und Justitiabilität vereinbar. Aus dem Wortlaut der Regelung lassen sich unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Staatsvertrags ihr Zweck und Inhalt ausreichend ermitteln und objektive Kriterien gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden und Gerichte ausschließen. Dass hierbei eine Auslegung der verwendeten Begrifflichkeiten zu erfolgen hat, steht einer hinreichenden Bestimmtheit der genannten Vorschriften nicht entgegen.
12Vgl. Bay. VerfGH, Entscheidung vom 25.9.2015 – Vf. 9-VII-13 u. a. –, juris, Rn. 231 ff.; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 11.6.2015 – 1 B 5.13 –, juris, Rn. 189 f., unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008 – 1 BvR 928/08 –, NVwZ 2008, 1338 = juris, Rn. 26, m. w. N.
13Nichts anderes gilt für die Bestimmtheit der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen in § 16 Abs. 4 und 5 AG GlüStV.
142. Durchgreifende Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz des Landes zeigt die Antragstellerin nicht auf.
15a) Die in Rede stehenden Bestimmungen über die äußere Gestaltung von Spielhallen gehören zum „Recht der Spielhallen“, das bei der Überarbeitung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG im Rahmen der Föderalismusreform aus dem „Recht der Wirtschaft“ ausgenommen und dadurch den Ländern übertragen worden ist.
16Vgl. Bay. VerfGH, Entscheidung vom 25.9.2015 – Vf. 9-VII-13 u. a. –, juris, Rn. 227 ff., m. w. N.
17Die geregelte Frage der äußeren Gestaltung einer Spielhalle lässt das bundesrechtlich geregelte Recht zur Namensführung nach dem Namens-, Handels-, Wettbewerbs- und Markenrecht unberührt. Die glücksspielrechtlichen Werberestriktionen hindern den Betreiber einer Spielhalle nicht an der Verwendung seines Firmennamens im Geschäftsverkehr, sofern er dabei die rechtlichen Vorgaben für die äußere Gestaltung seiner Betriebsstätte einhält. Deshalb ist der Landesgesetzgeber auch nicht gehindert, aus Gründen des Spielerschutzes weiterreichende Beschränkungen an die Spielhallengestaltung einzuführen, die neben die allgemeinen bundesrechtlichen Regeln des Namens- und Firmenrechts treten, wie sie sich etwa aus § 18 Abs. 2 HGB (Verbot irreführender Angaben über wesentliche geschäftliche Verhältnisse) ergeben. So können Namenszusätze neben dem Wort „Spielhalle“ nur dann als auffällige Werbung außen an der Betriebsstätte angebracht werden, wenn sie keinen zusätzlichen Spielanreiz setzen und nicht andere unzulässige Bezeichnungen (wie z. B. Casino) enthalten.
18Hess. VGH, Beschluss vom 12.5.2015 – 8 B 718/14 –, juris, Rn. 20.
19Dementsprechend regelt § 16 Abs. 5 AG GlüStV wegen seiner Funktion, den Staatsvertrag auszuführen, ausschließlich die Bezeichnung des Unternehmens im Zusammenhang mit der äußeren Gestaltung einer Spielhalle, um die es in § 26 Abs. 1 GlüStV geht, nicht aber allgemein als Regelung zur Unternehmensbezeichnung, die allein dem Bundesgesetzgeber obliegt. Deshalb entstehen auch keine Konflikte mit den handelsrechtlichen Grundsätzen der Firmenwahrheit und Firmenklarheit, weil das Auftreten im Rechtsverkehr unter einer zulässigen Firma glücksspielrechtlich nicht verhindert wird.
20b) § 16 Abs. 5 AG GlüStV steht auch nicht in Widerspruch zu § 28 GlüStV. Die weitere Konkretisierung des § 26 Abs. 1 GlüStV durch § 16 Abs. 5 AG GlüStV NRW liegt im Rahmen des Auftrags an die Länder in § 28 GlüStV, die zur Ausführung dieses Staatsvertrages notwendigen Bestimmungen zu erlassen. Ein rechtliches Hindernis, diese Konkretisierung der allgemeinen staatsvertraglichen Werberestriktionen durch den zuständigen Landesgesetzgeber vorzunehmen, ist nicht ersichtlich.
21Vgl. bereits OVG NRW, Beschluss vom 20.7.2015 – 4 B 309/15 –, juris, Rn. 14.
22Für derartige ergänzende Regelungen, die die allgemeinen rechtlichen Bindungen des Staatsvertrags nicht in Frage stellen, bedarf es keiner „Ermächtigung“ durch den Glücksspielstaatsvertrag. Sie liegen im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz des Landes. Auch hat sich das Land durch Abschluss des Staatsvertrags nicht verpflichtet, derartige ergänzende Regelungen zu unterlassen, weil eine Bundeseinheitlichkeit insoweit staatsvertraglich nicht vereinbart ist. Die Notwendigkeit landesgesetzlicher Konkretisierung räumt die Antragstellerin mittelbar durch ihre Rüge ein, die Regelung in § 26 Abs. 1 GlüStV sei zu unbestimmt. Insofern erscheint der Einwand widersprüchlich, ein Landesausführungsgesetz dürfe für seinen Geltungsbereich nicht für die bessere Bestimmbarkeit des Gemeinten sorgen.
233. Die Werberestriktionen des § 26 Abs. 1 GlüStV verstoßen auch nicht gegen Grundrechte der Antragstellerin und das Kohärenzgebot.
24a) Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und das Kohärenzgebot liegt entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht darin, dass das Verbot der äußeren werblichen Gestaltung nur für Spielhallen, nicht aber für Spielbanken gilt. Der demokratisch legitimierte, mitgliedstaatliche Gesetzgeber ist im nicht harmonisierten Glücksspielrecht grundsätzlich frei, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen, die mit der Glücksspielpolitik verfolgten Ziele festzulegen und einzelne Glücksspielbereiche aufgrund seiner parlamentarischen Einschätzungsprärogative entsprechend auszugestalten. Das gilt im Rahmen der föderalen Kompetenzordnung des Grundgesetzes für jeden Landesgesetzgeber. Die Bundesrepublik Deutschland ist weder durch den Gleichheitssatz noch unionsrechtlich dazu verpflichtet, ein sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifendes, in seiner Gesamtheit stimmiges Schutzkonzept aufzustellen und umzusetzen.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.6.2013– 8 C 10.12 –, juris, Rn. 52.
26Soweit die glücksspielrechtlichen Werberestriktionen verhindern sollen, dass von der äußeren Gestaltung von Spielhallen ein übermäßiger werblicher Anreiz zum Spielen ausgeht, besteht keine sachlich ungerechtfertigte und inkohärente Bevorzugung von Spielbanken. Der Gesetzgeber durfte Spielbanken, von denen in Nordrhein-Westfalen insgesamt mittlerweile fünf zugelassen sind und die wegen ihres besonderen Gefährdungspotentials staatlichen Veranstaltern vorbehalten sind (§§ 2 und 3 SpielbG NRW, sowie LT NRW-Drs. 16/17, S. 48), anderen gesetzlichen Regelungen unterwerfen als Spielhallen, von denen es 2010 im Lande 2.522 Standorte mit 37.649 Geldgewinnspielgeräten gab. Er durfte für den Bereich der Spielhallen einen besonderen Handlungsbedarf sehen, weil dort die Zahl der Geldspielgeräte, bei denen das Suchtpotential unter allen Glücksspielen nach allen Studien am höchsten ist, in nur fünf Jahren um knapp 43 % signifikant zugenommen hat.
27Vgl. LT NRW-Drs. 16/17, S. 43.
28Bei Spielbanken, in denen Zugangskontrollen und Spielersperren unter staatlicher Aufsicht zur Suchtprävention vorgesehen sind (§§ 5, 6, 9 SpielbG NRW), ist hingegen die Verfügbarkeit des Spielangebots für Spielsüchtige stark begrenzt, so dass der Normgeber von mit § 26 Abs. 1 GlüStV vergleichbaren Anforderungen an die Außenwerbung unmittelbar an der Spielstätte absehen durfte.
29Vgl. Bay. VerfGH, Entscheidung vom 25.9.2015 – Vf. 9-VII-13 u. a. –, juris, Rn. 244, zum Gleichheitssatz nach Art. 118 Abs. 1 BV.
30Abgesehen davon unterliegen auch Spielbanken den allgemeinen Werbebeschränkungen nach § 5 GlüStV. Der Senat hat bereits entschieden, dass bei der Prüfung, ob im Zusammenhang mit § 26 Abs. 1 GlüStV im Einzelfall ein zusätzlicher Anreiz zum Spielen geschaffen wird, auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu denjenigen Einschränkungen der Werbung für das Glücksspiel zurückgegriffen werden kann, die im Anwendungsbereich von § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV bestehen. Gemäß § 2 Abs. 3 GlüStV gilt § 5 GlüStV auch für Spielhallen, soweit sie Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bereithalten. Der Reichweite und den Grenzen zulässiger Werbung ist durch verfassungskonforme (Art. 12 Abs. 1 GG) und am Verhältnismäßigkeitsgebot orientierte Auslegung des Glücksspielstaatsvertrags Rechnung zu tragen; die sich hiernach ergebenden Grenzen zulässiger Werbung stimmen mit den unionsrechtlichen Anforderungen im Wesentlichen überein. Verfassungsrechtlich und unionsrechtlich zulässige Werbung darf (nur) den Verbraucher zum legalen Glücksspielangebot hinlenken, aber nicht auf die Förderung des natürlichen Spieltriebs abzielen. Werbung darf „die bereits zur Teilnahme am Glücksspiel Entschlossenen zum legalen Angebot hinlenken, aber nicht die noch Unentschlossenen zur Teilnahme motivieren“; sie darf nicht „zur aktiven Teilnahme am Spiel anregen“, sie darf aber „über die Existenz der Produkte informieren“.
31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20.7.2015 – 4 B 309/15 –, juris, Rn. 29 ff., m. w. N.; siehe insbesondere Bay. VGH, Beschluss vom 26.5.2014 – 22 CS 14.640 –, NVwZ-RR 2014, 684 = juris, Rn. 16, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 20.6.2013 – 8 C 17.12 –, Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 286 = juris, Rn. 45 ff.
32b) Bei dem dargelegten Verständnis der Werberestriktionen sind diese auch als verfassungsrechtlich unproblematische Berufsausübungsregelungen mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar.
33Vgl. OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 11.6.2015– 1 B 5.13 –, juris, Rn. 189 f.; Bay. VerfGH, Entscheidung vom 25.9.2015 – Vf. 9-VII-13 u. a. –, juris, Rn. 235, zu Art. 101 BV.
34Das gilt auch für die Ausführungsbestimmung in § 16 Abs. 5 AG GlüStV. Der Landesgesetzgeber war nicht daran gehindert, einer Fassadenwerbung an Spielhallen unter Verwendung insbesondere des Begriffs „Casino“ generell eine unzulässige Anreizwirkung beizumessen, die im Interesse des Spielerschutzes eine Berufsausübungsregelung rechtfertigt. Nach § 16 Abs. 5 AG GlüStV ist als Bezeichnung des (Spielhallen-)Unternehmens im Sinne des Absatzes 1 lediglich das Wort „Spielhalle“ zulässig. Aus der eindeutigen Vorgabe des § 16 Abs. 5 AG GlüStV NRW ergibt sich zugleich, dass das Führen anderer Bezeichnungen als „Spielhalle“ und damit auch des (ggf. zusätzlichen) Namens „Casino“ untersagt sein soll. Der Begriff „Casino“ ist nach Einschätzung des Gesetzgebers gemeinhin als Synonym für eine Spielbank gebräuchlich und verzerrt damit bei Verwendung durch eine Spielhalle die Art des dort angebotenen Glücksspiels in übermäßig werblich anreizender Weise.
35Vgl. auch Gesetzentwurf der Landesregierung, Gesetz zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag – Erster GlüÄndStV), LT NRW-Drs. 16/17 vom 1.6.2012, S. 44; ferner Begründung zu § 26 Abs. 1 GlüStV, z. B. Nds. LT-Drs. 16/4795, S. 92.
36Das AG GlüStV NRW stellt damit ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 16 Abs. 5 ebenso wie derjenigen zu § 26 Abs. 1 GlüStV, die beispielsweise in Bayern und Niedersachsen in die Gesetzgebungsmaterialen zu den jeweiligen Ausführungsgesetzen aufgenommen worden ist (Bay LT-Drs. 16/11995, S. 16 ff.; Nds. LT-Drs. 16/4795, S. 66 ff.), beispielhaft vor allem auf eine Abgrenzung zum Begriff des "Casinos" (Spielbank) ab. Es soll nicht der Eindruck erweckt werden, es handele sich bei der Spielhalle um eine staatliche Spielstätte. Zur Verhinderung irreführender und attraktivitätssteigernder Werbung fordert § 16 Abs. 5 AG GlüStV NRW eine eindeutige und zweifelsfreie Qualifizierung der Glücksspieleinrichtung als "Spielhalle". Dies gilt insbesondere für die Bezeichnung des Unternehmens an der Außenfläche der Spielhalle.
37Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20.7.2015 – 4 B 309/15 –, juris, Rn. 10 ff., m. w. N.
38Der Gesetzgeber durfte eine Verwechselungsgefahr mit staatlichen Spielbanken verhindern, zumal Spielbanken und Spielhallen unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen unterliegen.
39Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.2011– 9 B 52.11 – juris, Rn. 7; Hess. VGH, Beschluss vom 12.5.2015 – 8 B 718/14 –, juris, Rn. 21.
40Mit der Bezeichnung einer Spielhalle als „Casino“ wird nämlich suggeriert, die üblichen Beschränkungen für Spielhallen gälten hier nicht. Das gilt nach dem allgemeinen Sprachgebrauch unabhängig davon, in welchem Umfang sich Spielbanken tatsächlich aktuell noch als Casinos bezeichnen. Entsprechend missverständlichen Bezeichnungen, denen zahlreiche Betreiber von Spielhallen einen positiven Werbeeffekt beimessen, darf der Gesetzgeber aus Gründen des Spielerschutzes unabhängig davon entgegentreten, ob insoweit auch wettbewerbsrechtliche Beschränkungen bestehen. Insofern ist es auch unbeachtlich, dass in der Rechtsprechung zu § 5 UWG eine Irreführung durch die Bezeichnung „Casino“ für eine Spielhalle gerade mit der Begründung abgelehnt worden ist, dass diese Bezeichnung – zumindest inzwischen – auch im Zusammenhang mit Spielhallen gebräuchlich sei.
41Vgl. LG Frankfurt, Urteil vom 10.12.2007 – 3-11 O 149/07 u. a –, ZfWG 2008, 74 = juris, Rn. 27.
42Der zuständige Landesgesetzgeber durfte dieser durch häufigen Gebrauch entstandenen Begriffsverwirrung entgegen treten, weil er dem hiervon ausgehenden und von zahlreichen Spielhallenbetreibern geschätzten Werbeeffekt zur Suchtprävention Einhalt gebieten wollte.
43III. Die Werbung „Casino Star“ an der Spielhalle der Antragstellerin verstößt auch gegen § 16 Abs. 5 AG GlüStV. Da der Gesetzgeber ausschließlich die Bezeichnung „Spielhalle“ am Gebäude zulässt, weil er insbesondere der häufige Begriffsverwendung „Casino“ generell eine unzulässige Irreführung und Anreizwirkung beimisst, entfällt diese nicht dadurch, dass die großformatige Werbung mit Leuchtbuchstaben an der Außenfassade ergänzt wird durch einen deutlich kleineren einfachen weißen Schriftzug „Spielhalle“ an der Eingangstür. Es reicht nach § 16 Abs. 5 AG GlüStV gerade nicht aus, dassauch der Begriff „Spielhalle“ verwendet wird. Lediglich dieser Begriff darf herangezogen werden. Der Gesetzgeber hat damit verfassungsrechtlich zulässig eine abstrakte Regelung geschaffen, nach der gerade nicht in jedem Einzelfall Feststellungen darüber getroffen werden, ob von der Verwendung insbesondere des Begriffs „Casino“ bei der Außenwerbung an einem Spielhallengebäude eine Irreführung und ein übermäßiger Werbeanreiz ausgeht. Auch wenn den Kunden ganz überwiegend bewusst sein wird, dass sie sich in einer Spielhalle und nicht in einer der wenigen staatlichen Spielbanken befinden, ändert dies nichts an der zusätzlichen Werbewirkung des Begriffs „Casino“, der ein irgendwie besonderes Spielangebot verheißt. Dies toleriert das Gesetz auch dann nicht, wenn sich der Werbeeffekt nur gegenüber den Kunden entfaltet, die bereits den Firmenparkplatz angefahren haben. Auch diese sollen jederzeit vor Augen haben, dass nur eine Spielhalle dort angesiedelt ist, ohne dass Werbung irgendwelche besonderen Angebote suggerieren soll, was gerade suchtgefährdete Kunden besonders anspricht. Wie ausgeführt, darf die Werbung auch die bereits zur Teilnahme am Glücksspiel Entschlossenen nur zum legalen Angebot hinlenken, sie aber nicht durch attraktive Begrifflichkeiten zur aktiven Teilnahme am Spiel zusätzlich anregen.
44Die Antragstellerin ist durch § 16 Abs. 5 AG GlüStV auch nicht gehindert, unter ihrer Firma im Rechtsverkehr aufzutreten. Sofern sie den Begriff „Casino“ bzw. „Casino Star“ nicht zur Bezeichnung ihres Spielhallenbetriebs verwendet, sondern allein den Begriff „Spielhalle“ und ihren Firmennamen „Casino S. GmbH“ nur ergänzend etwa als Inhaberangabe in kleinen Lettern ohne werbliche Gestaltung am Eingang anbringt - wie bereits ihre bisherige Firmenbezeichnung „Star B. GmbH“ -, wäre § 16 Abs. 5 AG GlüStV nicht verletzt. Hierdurch bleibt auch die Unterscheidung von anderen Marktteilnehmern möglich.
45Die gegenüber der Antragstellerin verfügte Entfernung der unzulässigen Werbung „Casino Star“ ist nicht deshalb unangemessen, weil sie nicht das mildeste Mittel zur Beseitigung des Rechtsverstoßes darstellt. Erweist sich die Bezeichnung „Casino“ als unzulässig, gilt dies auch für den Zusatz „Star“, weil er die missverständliche Bezeichnung noch verstärkt. Die Formulierung „Star“ erhöht die übermäßig werblich anreizende Wirkung des unzulässigen Begriffs „Casino“. Auch das beigefügte Wort „Star“ vermittelt durch Anspielung auf die Sterne den Eindruck, als verfüge das „Casino“ der Antragstellerin über ein besonderes Spielangebot. Abgesehen davon hat die Antragsgegnerin bereits im Verwaltungsverfahren in ihrem Anschreiben vom 2.9.2014 deutlich gemacht, ihr würde sogar genügen, den Schriftzug „Casino Star“ so zu verändern, dass der Begriff „Casino“ an der Außenfassade der Spielhalle nicht mehr auftaucht. Aus der anschließend ergangenen Ordnungsverfügung vom 12.3.2015 ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin eine entsprechende Veränderung nun nicht mehr als ausreichend betrachten würde, um dem Gebot nachzukommen, die unzulässige Werbung „Casino Star“ zu entfernen. Gleichfalls ist nicht ersichtlich, weshalb die Antragstellerin annimmt, sie würde dem Gebot nicht entsprechen, wenn sie den Werbeschriftzug lediglich bis zum Ende des Verfahrens unkenntlich machte, statt ihn gänzlich zu entfernen. Der Antragsgegnerin geht es ersichtlich nur darum, dass die Antragstellerin nicht mehr mit dem Schriftzug „Casino Star“ wirbt. Diese Werbung ist daher schon dann im Sinne der Verfügung als entfernt anzusehen, wenn die Werbung unkenntlich gemacht wird. Insofern ist die Antragstellerin nicht daran gehindert, während der Dauer des Hauptsacheverfahrens die unzulässige Werbung zunächst durch ein zulässiges Provisorium zu verdecken, bevor sie vor einer endgültigen Klärung der Rechtslage im Hauptsacheverfahren ihre aufwändige Werbung vollständig demontiert.
46Erweist sich die Anordnung, die Werbung „Casino Star“ zu entfernen, danach voraussichtlich als rechtmäßig, geht insoweit die Interessenabwägung im Übrigen zu Ungunsten der Antragstellerin aus. Es steht ihr frei, die voraussichtlich unzulässige Bezeichnung „Casino Star“ vorübergehend mit der Bezeichnung „Spielhalle“ zu überdecken, bis sie über den Ausgang des Klageverfahrens letzte Klarheit hat. Ein Überdecken dürfte trotz der beachtlichen Größe des Schriftzugs mit vertretbarem wirtschaftlichem Aufwand, etwa durch ein vorläufig anzubringendes Schild, zu erreichen sein. Angesichts einer solchen (noch) zumutbaren Übergangslösung einerseits und der aufgrund der auffälligen Werbung mit dem Schriftzug „Casino Star“ ausgehenden erheblichen Anreizwirkung andererseits überwiegt das Gewicht des durch §§ 26 Abs. 1 GlüStV, 16 Abs. 4 und 5 AG GlüStV NRW beabsichtigten Schutzes vor Spielsucht und des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 1 Nr. 1 und 3 GlüStV). Diese überragend wichtigen Gemeinwohlziele haben besonderes Gewicht, weil von Spielhallen eine besonders starke Suchtgefahr ausgeht. Das Suchtpotential bei Geldspielgeräten ist unter allen Glücksspielen am höchsten wie sämtliche Studien belegen. Bei der weit überwiegenden Zahl der pathologischen Glücksspieler (86,8 %) konnte eine Abhängigkeit aufgrund ihres Spiels an Geldspielautomaten in einer Spielhalle diagnostiziert werden. Aus zahlreichen Forschungsprojekten konnte die Erkenntnis gewonnen werden, dass pathologische Glücksspieler durchschnittlich jeden zweiten Tag zumeist bis zu fünf Stunden spielen und insgesamt hohe Geldbeträge verlieren.
47Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, Gesetz zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag – Erster GlüÄndStV), LT NRW-Drs. 16/17 vom 1. Juni 2012, S. 43 m. w. N.
48Das Spielen dieses Glücksspiels hat nach einer Untersuchung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung trotz rigiderer gesetzlicher Regelungen in letzter Zeit erneut zugenommen. Die Ergebnisse korrespondieren mit der Entwicklung der Umsatzzahlen auf dem Glücksspielmarkt. Danach hat der gewerbliche Geldspielautomatenmarkt weiter zugenommen. Automatenhersteller und -aufsteller haben offenbar Mittel und Wege gefunden, die Umsätze in den Gaststätten, Spielhallen und anderen Orten weiter zu steigern.
49Vgl. BZgA, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2013, Ergebnisbericht Februar 2014, S. 158, http://www.bzga.de/forschung/studien-untersuchungen/studien/gluecksspiel/?sub=81.
50Vor diesem Hintergrund erscheint die baldige wirksame Umsetzung der rechtlich wenig zweifelhaften Regelungen zum Spielerschutz und zur Verhinderung irreführender Werbung durchaus dringlich.
51Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
52Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG, legt zu Grunde, dass die streitgegenständliche Verfügung nur eine Spielhalle betrifft, und berücksichtigt die Vorläufigkeit der Entscheidung im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren.
53Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz vom 9. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2 367,84 € festgesetzt.
Gründe
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
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1. Der 1943 geborene Kläger stand zuletzt als Oberstudienrat im Dienst des Beklagten. Am 7. März 1995 erlitt er auf dem Weg zum Dienst mit seinem PKW einen Verkehrsunfall, den der Beklagte mit Bescheid vom 4. April 1995 als Dienstunfall mit den Verletzungsfolgen "HWS-Schleudertrauma, Prellungen, multiple Abschürfungen" anerkannte. Auf seinen Antrag vom 26. August 1997 wurde das Unterrichtsdeputat des Klägers wegen von ihm geltend gemachter (und nach seiner Ansicht unfallbedingter) weiterer gesundheitlicher Beeinträchtigungen mit Bescheid vom 30. Oktober 1997 reduziert. Mit Bescheid vom 5. März 1999 wurde der Kläger wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt; in dem Bescheid wird darauf hingewiesen, dass noch eine gesonderte Entscheidung zu der Frage ergehen werde, ob zwischen der festgestellten Dienstunfähigkeit und dem Dienstunfall ein Kausalzusammenhang bestehe. Eine solche Entscheidung gegenüber dem Kläger erging in der Folgezeit nicht.
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Am 12. März 2009 beantragte der Kläger festzustellen, dass er nicht nur wegen dauernder Dienstunfähigkeit, sondern auch infolge des Dienstunfalls in den Ruhestand versetzt worden sei. Der Beklagte wertete dies als Antrag auf Gewährung von Unfallruhegehalt und lehnte diesen mit Bescheid vom 7. Juni 2010 ab; zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, nach den amtsärztlichen Feststellungen bestehe kein Zusammenhang zwischen dem durch den Dienstunfall verursachten Körperschaden und der eingetreten Dienstunfähigkeit, vielmehr seien die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers durch eine entsprechende Veranlagung bedingt. Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg.
- 4
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Das Oberverwaltungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Unfallruhegehalt nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, weil es an dem dafür erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen den von ihm geklagten Beschwerden und dem Dienstunfall vom 7. März 1995 fehle. Dies ergebe sich aus den im gesamten Verlauf des Verwaltungsverfahrens eingeholten und vom Kläger vorgelegten ärztlichen Begutachtungen. Das Oberverwaltungsgericht selbst hat zwei Gutachten von medizinischen Sachverständigen eingeholt.
- 5
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2. Der von der Beschwerde allein geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor. Berücksichtigungsfähig sind dabei allein die innerhalb der zweimonatigen Beschwerdebegründungsfrist (§ 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) erhobenen Rügen.
- 6
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Die Beschwerde rügt, dass das Oberverwaltungsgericht den in der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2014 gestellten Beweisantrag des Klägers auf Einholung eines (weiteren) medizinischen Sachverständigengutachtens, ob der Verkehrsunfall des Klägers vom 7. März 1995 ursächlich für die von ihm geltend gemachten gesundheitlichen Beschwerden ist, hilfsweise auf Einholung eines interdisziplinären Zusammenhanggutachtens, zu Unrecht abgelehnt habe. Dasselbe gelte für den ebenfalls in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zu der Frage, ob beim Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung aus Anlass des Verkehrsunfalls vom 7. März 1995 vorliege.
- 7
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Beide Einwände greifen nicht durch.
- 8
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a) Gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Fehlt dem Gericht die hierfür erforderliche Sachkunde, muss es sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen. Kommt es maßgeblich auf den Gesundheitszustand einer Person an, ist daher regelmäßig die Inanspruchnahme ärztlicher Fachkunde erforderlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 11 und Beschluss vom 26. Mai 2014 - 2 B 69.12 - Buchholz 237.0 § 53 BaWüLBG Nr. 5 Rn. 10). Auf eine solche Sachaufklärung hinsichtlich medizinischer Fragen können die Beteiligten hinwirken, indem sie eine entsprechende Beweiserhebung beantragen. Ein Verfahrensfehler liegt daher vor, wenn die Ablehnung eines Beweisantrags zu einer unter Beweis gestellten und nach dem Rechtsstandpunkt des Tatsachengerichts erheblichen Tatsache im Prozessrecht keine Stütze findet (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 31. Juli 2014 - 2 B 20.14 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 381 Rn. 18 und vom 29. Mai 2009 - 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 Rn. 4)
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Demgemäß hat das Oberverwaltungsgericht seine Feststellungen zum gesundheitlichen Zustand des Klägers, insbesondere zu der im Mittelpunkt des Streitfalls stehenden Frage der Kausalität zwischen dem Dienstunfall vom 7. März 1995 und den weiteren vom Kläger geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen (jenseits der anerkannten Unfallfolgen) auf die Feststellungen der zahlreichen im Laufe der Jahre erstellten ärztlichen Gutachten und Stellungnahmen gestützt; darunter befinden sich amtsärztliche Gutachten mit hinzugezogenem fachmedizinischen Sachverstand sowie vom Kläger vorgelegte Gutachten und schließlich die beiden fachärztlichen Gutachten der vom Oberverwaltungsgericht bestellten Sachverständigen Dr. W. (Nervenarzt und Facharzt für Neurologie, UA S. 11 ff.) und Priv.-Doz. Dr. K. (Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie, UA S. 14 ff.), beide vom ...krankenhaus in K. Im angefochtenen Urteil ist das Oberverwaltungsgericht nach eingehender Würdigung aller gutachtlichen Stellungnahmen einschließlich der vom Kläger vorgebrachten Einwände zu dem Ergebnis gelangt, dass der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem Dienstunfall und den vom Kläger geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht gegeben ist.
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Über die Einholung eines weiteren Gutachtens entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO). Die unterlassene Einholung zusätzlicher Gutachten kann deshalb nur dann verfahrensfehlerhaft sein, wenn die vorliegenden Gutachten ihren Zweck nicht zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. Liegen dem Gericht bereits sachverständige Äußerungen zu einem Beweisthema vor, muss es ein zusätzliches Gutachten deshalb nur einholen, wenn die vorhandene Stellungnahme von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, inhaltliche Widersprüche oder fachliche Mängel aufweist oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht (BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1985 - 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <45>; Beschlüsse vom 29. Mai 2009 - 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 Rn. 7 und vom 26. September 2014 - 2 B 14.14 - Buchholz 235.1 § 57 BDG Nr. 5 Rn. 18 f. m.w.N.). Die Verpflichtung zur Einholung eines weiteren Gutachtens folgt nicht schon daraus, dass ein Beteiligter das vorliegende Gutachten als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2008 - 2 B 122.07 - NVwZ-RR 2008, 477 Rn. 29 m.w.N.).
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Nach diesen Maßstäben zeigt die Beschwerde einen Mangel der Beweiserhebung nicht auf, und zwar weder mit ihrem gegen das Gutachten des Sachverständigen Dr. K. gerichteten (haupt- und hilfsweise gestellten) Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den unfallbedingten biomechanischen Belastungswirkungen des Dienstunfalls (b) noch mit ihrem gegen das Gutachten des Sachverständigen Dr. W. gerichteten Beweisantrag auf Einholung eines (sei es erstmaligen, sei es zusätzlichen) Sachverständigengutachtens zum Vorliegen einer behaupteten unfallbedingten posttraumatischen Belastungsstörung des Klägers (c).
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b) Die Beschwerde macht zum einen geltend, das Gutachten des Sachverständigen Dr. K. sei unbrauchbar, weil der Gutachter vor Erstattung seines Gutachtens darauf hätte bestehen müssen, dass der Unfallhergang und die biomechanischen Belastungen, die unfallbedingt auf den Kläger eingewirkt hätten, zuvor durch ein unfallanalytisches und/oder biomechanisches Gutachten hätten geklärt werden müssen, oder das Gericht hätte dem Gutachter entsprechende Vorgaben machen müssen; zumindest hätte der Gutachter von den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. B. ausgehen müssen.
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Damit ist eine Pflicht des Oberverwaltungsgerichts zur Einholung eines weiteren medizinischen Sachverständigengutachtens (auch eines interdisziplinären Zusammenhanggutachtens) nicht aufgezeigt. Einen in dieselbe Richtung zielenden Einwand hat der Kläger ausweislich des Berufungsurteils (UA S. 26 oben) bereits im Berufungsverfahren in seiner Stellungnahme vom 30. November 2014 (dort S. 15) vorgebracht. Der Sachverständige hat daraufhin in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 auf den Einwand des Klägers erwidert (dort S. 12), das Oberverwaltungsgericht hat sich mit dem Einwand des Klägers - wie mit seinen zahlreichen weiteren Kritikpunkten - im Berufungsurteil auseinander gesetzt und ihn dahin beschieden, dass der Kläger damit lediglich seine eigene Bewertung an die Stelle des Sachverständigen setze (UA S. 26 Mitte). Der Einwand der Beschwerde, der Sachverständige Dr. K. "ignoriere" den im Gutachten von Prof. Dr. B. geschilderten Unfallablauf, ist unberechtigt; vielmehr bekräftigt der Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 8. Dezember 2014, dass er bei seiner Begutachtung sehr wohl - neben dem Zusammenprall mit dem unfallverursachenden Fremd-PKW - von einer zweiten Kollision mit einem Grenz-/Begrenzungsstein ausgegangen sei, dass es sich nichts desto weniger auch bei einem sekundären Aufprall um eine Akzeleration/Dezeleration handele und dass er die entsprechenden Passagen des biomechanisch/technischen Gutachtens voll umfänglich wahrgenommen, ausgewertet und gutachtlich integriert habe (dort S. 7
). Ebenfalls unzutreffend ist daher die Behauptung der Beschwerde, das Gutachten von Prof. Dr. B. sei "ebenfalls ohne Berücksichtigung der unfallanalytischen oder biomechanischen Grundlagen verfasst" worden; aus dem Gutachten von Dr. K. ergibt sich das Gegenteil (dort S. 16 unter Zusammenfassung des Gutachtens von Prof. Dr. B. mit Hinweis auf die in diesem Gutachten in Bezug genommenen technischen Gutachten von Dipl. Ing. B. und die gutachtliche Stellungnahme zur Unfallmechanik von Dipl. Ing. Sch.).
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c) Die Beschwerde macht zum anderen geltend, das Oberverwaltungsgericht hätte den weiteren Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht ablehnen dürfen. Auch diese Rüge ist unbegründet. Dass das Oberverwaltungsgericht diesen Beweisantrag als unzulässiges sog. Ausforschungsbegehren abgelehnt hat, lässt keinen Verfahrensfehler erkennen.
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Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei diesem Beweisantrag um einen solchen auf erstmalige Einholung eines Sachverständigengutachtens zu einem neuen Beweisthema handelte oder - wie bei dem zuvor behandelten Beweisantrag - um einen solchen auf Einholung eines zusätzlichen (ergänzenden) Sachverständigengutachtens; für die zweitgenannte Sichtweise könnte die Begründung dieses Beweisantrags deuten, in der sich der Kläger gegen die Aussage des Sachverständigen Dr. W. wendet, wonach "eine in das psychiatrische Fachgebiet fallende Störung ausgeschlossen" sei, und er dem Sachverständigen eine unvollständige Auswertung einer anderen bereits vorliegenden gutachtlichen Aussage vorwirft (vgl. S. 2 des Schriftsatzes vom 9. Dezember 2014, GA Bd. III Bl. 562). Denn in beiden Fällen ist ein Verfahrensmangel nicht festzustellen.
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Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 9. Dezember 2014 (GA Bd. III Bl. 557 ff.) hat das Oberverwaltungsgericht den hier in Rede stehenden, im Schriftsatz vom selben Tage formulierten Beweisantrag (GA Bd. III Bl. 561 f.) nach einer Sitzungsunterbrechung mit einem sodann verkündeten Beschluss abgelehnt, den der Vorsitzende kurz begründete; der Prozessbevollmächtigte des Klägers erhielt Gelegenheit, zu dem Beschluss Stellung zu nehmen. Mangels entsprechender Verfahrensrügen hat der Senat davon auszugehen, dass diese mündlich mitgeteilte Begründung - jedenfalls im Kern - derjenigen entspricht, die das Gericht später in den schriftlichen Entscheidungsgründen (ggf. ausführlicher) niedergelegt hat, nämlich dass es sich um ein unzulässiges Ausforschungsbegehren handelte (UA S. 30).
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Ein sog. Ausforschungsbegehren, das bereits nicht dem Vorabbescheidungsgebot des § 86 Abs. 2 VwGO unterfällt (vgl. Eyermann/Geiger, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 86 Rn. 27; Rixen, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 86 Rn. 87 m.w.N.), liegt vor, wenn "aus der Luft gegriffene” Behauptungen, für deren Wahrheitsgehalt nicht einmal eine gewisse Mindestwahrscheinlichkeit besteht oder jeder Anhaltspunkt fehlt, zumal bei bereits vorliegenden fachärztlichen Stellungnahmen zu dem in Frage stehenden (medizinischen) Themenkreis (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 27. Juni 2014 - 2 B 76.13 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 75 Rn. 17, vom 29. April 2002 - 1 B 59.02 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 60 S. 100, vom 14. Januar 1998 - 3 B 214.97 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 286 S. 34, vom 29. März 1995 - 11 B 21.95 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266 S. 10 f. und vom 25. Januar 1988 - 7 CB 81.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 Nr. 196 S. 14 m.w.N.; ebenso BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Juni 1993 - 2 BvR 1815/92 - DVBl 1993, 1002 <1003>. Ein solcher Antrag ist aber an den Anforderungen der gerichtlichen Pflicht zur Sachaufklärung von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 VwGO) zu messen.
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Hiernach traf den anwaltlich vertretenen Kläger allerdings die Obliegenheit, bereits in der Berufungsinstanz seine prozessualen Möglichkeiten auszuschöpfen und in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht zu rügen, dass und warum die beantragte Beweiserhebung - nach seiner Ansicht - kein unzulässiger Ausforschungsbeweis sei. Denn die Vorabbescheidung eines Beweisantrags in der mündlichen Verhandlung dient gerade dazu, dass die Prozessbeteiligten sich in der Verfolgung ihrer Rechte auf die Erwägungen des Gerichts einstellen und in ihrem weiteren prozessualen Verhalten darauf reagieren können (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1961 - 4 C 308.60 - BVerwGE 12, 268 <269> und vom 26. Juni 1968 - 5 C 111.67 - BVerwGE 30, 57 <58>; Rixen, a.a.O. § 86 Rn. 83 m.w.N.). Dass der Kläger diese Möglichkeit ausgeschöpft hätte, ist weder dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht noch der Beschwerdebegründung zu entnehmen. Die Verfahrensrüge nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO dient nicht dazu, Versäumnisse in der Tatsacheninstanz wettzumachen oder nachzuholen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 24. Juli 2014 - 2 B 85.13 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 382 Rn. 7 m.w.N.)
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Ungeachtet dessen trifft die Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts, bei der hier in Rede stehenden Beweiserhebung handele es sich um ein Ausforschungsbegehren, nach den dargestellten Grundsätzen auch in der Sache zu: Das Oberverwaltungsgericht hat - gestützt auf die ihm bereits vorliegenden Sachverständigengutachten - die Voraussetzungen einer posttraumatischen Belastungsstörung nach Klassifikation (ICD 10 F 43.1) und Erscheinungsbild ausführlich dargestellt (UA S. 30) und den Beweisantrag abgelehnt, weil nicht ein einziges dieser Symptome beim Kläger festgestellt worden sei, und zwar durch keinen der mit der Beurteilung der von ihm geltend gemachten gesundheitlichen Beschwerden befassten Ärzte. Soweit die Beschwerde (S. 7 ff.) auf das Gutachten von Frau Dipl.-Psychologin Sch. (K. & M.) vom 12. November 2007 verweist (dort S. 19), stützt sich diese Passage des Gutachtens im Wesentlichen auf eine allgemein gehaltene statistische Aussage aus wissenschaftlichen Publikationen (nämlich dass bei einer kleinen Gruppe von rund 20 % der Patienten die psychophysischen Beschwerden längere Zeit anhielten und daher als chronisch zu bezeichnen seien), die zudem noch durch den Zusatz eingeschränkt wird, dass dabei die Pathogenese unklar sei. Zudem hat der vom Oberverwaltungsgericht beauftragte Sachverständige Dr. W. in seinem Gutachten vom 1. April 2014 (dort S. 21) an dem von der Beschwerde angeführten Gutachten beanstandet, dass es den Vortrag des Klägers als Befund zugrunde gelegt habe, die erhobenen Befunde aber nicht ausreichend durch Validitätsskalen kontrolliert worden seien.
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Dass die Sachverhaltsaufklärung des Oberverwaltungsgerichts hiernach verfahrensrechtlich fehlerhaft gewesen wäre, weil es der Einholung des von der Beschwerde vermissten Sachverständigengutachtens bedurft hätte, kann hiernach nicht festgestellt werden.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG und Ziff. 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 <61>).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.
(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.