Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 26. Nov. 2008 - 8 A 10933/08

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2008:1126.8A10933.08.0A
bei uns veröffentlicht am26.11.2008

Tenor

Die Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 23. Juli 2008 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier werden zurückgewiesen.

Der Beklagte und der Beigeladene haben die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte zu tragen. Die Zuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Sanierungsverantwortlichkeit des Heizöllieferanten für ein durch ausgelaufenes Heizöl verunreinigtes Grundstück.

2

Die Klägerin lieferte am 18. Juli 2007 an den Beigeladenen insgesamt 1.635 l Heizöl. Der Beigeladene ist Eigentümer des Hausgrundstücks … Straße in B.. Im Erdgeschoss des Hauses wird ein Döner-Restaurant betrieben. Hinter dem im Übrigen als Wohnhaus genutzten Gebäude befindet sich am Hang eine Terrasse, auf der zum Nachbargrundstück … Straße hin zwei Öltanks aus Glasfaserkunststoff (GfK) mit einem jeweiligen Fassungsvermögen von 2.000 l auf einer Betonfläche von ca. 3 x 4 m aufgestellt sind. Die Liefermenge wurde auf beide Tanks verteilt, so dass anschließend beide Tanks annähernd vollständig gefüllt waren. Der Beigeladene hatte das Anwesen im Jahr 2000 erworben und die beiden Tanks etwa einen Monat vor dem Schadensereignis in der Art eines Gartenhauses umbaut.

3

Am 19. Juli 2007 fiel nachts gegen 1:30 Uhr einer der beiden Heizöltanks um und lief fast vollständig aus. Das Heizöl sickerte in das Erdreich unterhalb des Aufstellungsortes und in die angrenzende Bruchsteinmauer ein. Über diese Bruchsteinmauer gelangte das Heizöl auf das benachbarte Anwesen und floss dort über den in einer Bodenplatte befindlichen Einlauf in die Kanalisation. Darüber hinaus wurde auch das unter dieser Bodenplatte gelegene Erdreich auf dem Nachbargrundstück durch Heizöl verunreinigt. Die Kosten der Kanalreinigung betrugen knapp 9.000,-- € und wurden dem Beigeladenen später in Rechnung gestellt.

4

Der TÜV Rheinland kam in seinem aufgrund der Ortsbesichtigung vom 19. Juli 2007 erstatteten Gutachten zu dem Ergebnis, dass das Umkippen des Behälters auf die defekten Behälterfüße zurückzuführen sei. Das Nachgeben der linken Behälterfüße sei durch das zusätzliche Gewicht des nachgefüllten Heizöls beschleunigt worden. Die beiden Behälterfüße seien aufgrund jahrelanger UV-Strahlung erheblich geschwächt gewesen. Die Behälter seien nur für eine Aufstellung innerhalb von Gebäuden zugelassen gewesen. Die Anlage sei darüber hinaus auch nicht entsprechend den Vorschriften der Anlagenverordnung errichtet worden (kein flüssigkeitsdichter Boden, Abläufe im Umkreis von 5 m, kommunizierende Behälter über die Entnahmeleitungen).

5

Nach dem vom Büro für Umweltplanung (BfU) im Juli 2007 im Auftrag des Beklagten erstellten Sanierungskonzept ergab sich die Notwendigkeit des Bodenaustauschs im Bereich des ehemaligen Standplatzes (geschätzte Kosten 10.000,00-- €) sowie einer „in-situ-Sanierung“ (Behandlung des verunreinigten Erdreichs auf dem Nachbargrundstück mittels Bakterien, geschätzte Kosten 37.000,00 €).

6

Gestützt hierauf forderte der Beklagte die Klägerin mit Ordnungsverfügung vom 8. August 2007 auf, innerhalb einer Woche ein qualifiziertes Gutachterbüro mit der Durchführung und Überwachung der in dem vorgenannten Sanierungskonzept aufgezeigten Sanierungsmöglichkeiten zu beauftragen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass neben dem Grundstückseigentümer als Zustandsstörer auch der Öllieferant sanierungsverantwortlich sei. Der Fahrer des Tankwagens sei seinen Pflichten nach § 19 k Wasserhaushaltsgesetz nicht nachgekommen. Er hätte erkennen müssen, dass die integrierten Standfüße der Tanks aufgrund ihrer offensichtlichen Abgängigkeit keine ausreichende Gewähr für die Standfestigkeit der Tanks boten. Mit dieser Pflichtverletzung sei die unmittelbare Ursache des Schadenseintritts gesetzt worden. Bei der Auswahl des Sanierungsverantwortlichen sei es im Interesse einer schnellen und effektiven Gefahrenbeseitigung geboten, die Klägerin in Anspruch zu nehmen, da der Beigeladene wirtschaftlich nicht in der Lage sei, die notwendigen Maßnahmen unverzüglich in die Wege zu leiten. Für den Fall der Nichterfüllung der Pflicht wurde die Ersatzvornahme angedroht.

7

Mit Bescheid vom 21. August 2007 setzte der Beklagte die Ersatzvornahme fest und verpflichtete die Klägerin, die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme in Höhe von 47.000,-- € vorab zu zahlen.

8

Die gegen beide Bescheide erhobenen Widersprüche wies der Kreisrechtsausschuss durch Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2008 im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dass die Klägerin zu Recht als Handlungsstörerin herangezogen worden sei. Durch das Befüllen der Tanks sei die unmittelbar letzte Ursache für das Versagen der Standfüße gesetzt worden. Der Tankwagenfahrer verfüge über die größere Fachkompetenz, um Zulassung und Geeignetheit von Öltanks für eine Befüllung zu prüfen.

9

Zur Begründung der gegen beide Bescheide erhobenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt: Der Tanklastwagenfahrer habe keineswegs die unmittelbare und letzte Ursache für den Ölaustritt gesetzt. Unfallursache sei vielmehr das Versagen der Standfüße des Öltanks. Für die Funktionsfähigkeit der Anlage sei allein der Anlagenbetreiber verantwortlich.

10

Das Verwaltungsgericht hat die beiden Bescheide vom 8. und 21. August 2007 mit dem aufgrund mündlicher Verhandlung vom 23. Juli 2008 ergangenen Urteil aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte sei aufgrund des Bundesbodenschutzgesetzes berechtigt gewesen, zum Zwecke der Sanierung des durch Heizöl verunreinigten Bodens einzuschreiten. Jedoch sei zu Unrecht die Klägerin als Sanierungsverantwortliche herangezogen worden. Der Unfall beruhe allein auf der fehlenden Standsicherheit der Anlage. Hierfür sei nach der gesetzlichen Wertung allein der Betreiber verantwortlich. Die Verantwortlichkeit des Heizöllieferers erstrecke sich lediglich auf den Vorgang des Befüllens einschließlich der Kontrolle der dafür vorgesehenen Sicherheitseinrichtungen. Der Zustand der Standfüße eines Heizöltanks gehöre nicht hierzu.

11

Zur Begründung der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung führt der Beklagte aus: Die polizeiliche Verantwortung der Klägerin ergebe sich ergänzend zu den im Ausgangs- und im Widerspruchsbescheid hierzu gemachten Ausführungen aus Folgendem: Der Tankwagenfahrer habe sich deshalb nicht sozialüblich verhalten, weil er bei der Befüllung der Heizöltanks einschlägige gesetzliche Regelungen missachtet habe. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 der Anlagenverordnung - VAwS – müssten Heizöltanks grundsätzlich mit einem dichten und beständigen Auffangraum ausgerüstet sein. Das Fehlen der gesetzlich geforderten Auffangwanne sei ein gravierender und offensichtlicher Sicherheitsmangel. Dabei sei es irrelevant, ob in Einzelfällen auf eine Auffangwanne verzichtet werden könne und welche Ausnahmevoraussetzungen dafür vorliegen müssten. Wenn man von einem Tankwagenfahrer auch nicht die Kenntnis jeder dieser Ausnahmeregelungen erwarten könne, so müsse dieser doch jedenfalls das Abweichen von der Regel (Auffangwanne) registrieren und gegebenenfalls bei seinem Arbeitgeber zusätzliche Informationen einholen.

12

Der Beklagte beantragt,

13

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 23. Juli 2008 die Klage abzuweisen.

14

Die Klägerin beantragt,

15

die Berufung zurückzuweisen sowie die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für erforderlich zu erklären.

16

Zur Begründung führt sie aus, dass das Verwaltungsgericht die Verantwortungsbereiche des Eigentümers der Öltanks und des Öllieferanten zutreffend abgegrenzt habe. Für Aufstellung und Instandhaltung der Tanks sei allein der Betreiber verantwortlich, der sich hierzu der Hilfe von Fachbetrieben und Sachverständigen bedienen müsse (§ 19 i WHG). Der Öllieferant habe lediglich die Risiken im Zusammenhang mit dem Befüllvorgang zu verantworten. Der Zustand der Anlage entziehe sich der Kenntnis des Tankwagenfahrers. Er dürfe darauf vertrauen, dass die Tanks ordnungsgemäß aufgestellt worden seien. Dies gelte auch für die Frage, ob im jeweiligen Fall eine Auffangwanne erforderlich sei oder nicht. Diese Frage sei im Gesetz kompliziert und differenziert geregelt.

17

Der Beigeladene beantragt,

18

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 23. Juli 2008 abzuweisen.

19

Zu Begründung führt er aus: Die Tankanlage sei von dem Voreigentümer im Jahr 1996 errichtet worden. Die Verantwortung des Rechtsnachfolgers beschränke sich auf die Kontrolle von Dichtigkeit und Funktionsfähigkeit der Sicherungseinrichtungen. Darüber hinaus habe der Öllieferant die Sicherheitseinrichtungen, d.h. auch das Vorhandensein einer Auffangwanne, zu kontrollieren. Hierzu müsse er sein Personal entsprechend schulen.

20

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen Dipl.-Ing. (FH) B.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die beigezogenen Behördenakten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

22

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

23

Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide zu Recht aufgehoben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Klägerin liegen nicht vor.

24

Rechtsgrundlage für die angefochtene Ordnungsverfügung vom 8. August 2007 ist § 10 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 3 Satz 1 Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG). Danach kann die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen zur Erfüllung der Pflichten u.a. aus § 4 BBodSchG treffen. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG sind der Verursacher und der Grundstückseigentümer verpflichtet, schädliche Bodenveränderungen zu sanieren. Eine solche Bodenveränderung ist hier durch das ausgetretene Heizöl einmal im Bereich des Aufstellungsorts der Öltanks auf dem Grundstück des Beigeladenen und zum anderen im Bereich des Nachbargrundstücks … Straße entstanden (vgl. hierzu das Gutachten des Büros für Umweltplanung vom Juli 2007, Anlagen 1 und 3 [Profilschnitt NE-SW]). Als Sanierungsmaßnahme kommt die Dekontamination durch Beseitigung oder Verminderung der Schadstoffe in Betracht (vgl. § 2 Abs. 7 Nr. 1 BBodSchG). Die Notwendigkeit der Maßnahmen ist durch das vorgenannte Gutachten belegt (vgl. a.a.O., S. 7 bis 9).

25

Die Klägerin war indes nicht der richtige Adressat der Ordnungsverfügung. Denn weder sie noch der für sie handelnde Tankwagenfahrer haben einen ordnungsrechtlich hinreichenden Verursachungsbeitrag für die Bodenverunreinigung geleistet.

26

Verursacher ist zunächst jeder, der an der Bodenkontamination - zumindest als Teilverantwortlicher - mitgewirkt hat (vgl. Versteyl/Sondermann, BBodSchG, 2. Aufl. 2005, § 4 Rn. 42). Zwar beruht das Umkippen des Öltanks unmittelbar auf dem Zerbrechen der Behälterfüße. Eine Mitwirkungshandlung der Klägerin liegt aber insofern vor, als das ausgelaufene und in den Erdboden eingedrungene Heizöl aus dem umgekippten Tank von der kurz zuvor erfolgten Nachlieferung herrührt und sich aus dem Gutachten des TÜV vom 26. Juli 2007, S. 14, ergibt, dass das zusätzliche Füllgewicht das Zerbrechen der Tankfüße und damit das Umkippen des Tanks beschleunigt hat. Dass eine - mengenmäßig kleinere - Ölverunreinigung eventuell auch ohne Befüllung hätte eintreten können, ändert nichts an dem Verursachungsbeitrag des Befüllvorgangs vom 18. Juli 2007 für den konkreten Schaden.

27

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist in Rechtsprechung und Literatur jedoch anerkannt, dass die naturwissenschaftliche Kausalbeziehung allein keine hinreichende Bedingung für das Bejahen der Sanierungsverantwortlichkeit ist. Insbesondere beim Zusammentreffen mehrerer Verursachungsbeiträge (hier: dem Zerbrechen der Tankfüße und dem Befüllen des Tanks) muss die Verantwortlichkeit für die Gefahrenabwehr wertend zugeordnet werden; insofern unterscheidet sich das Bodenschutzrecht nicht vom allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht (vgl. Versteyl/Sondermann, a.a.O., Rn. 43; Denninger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, E Rn. 69 ff.). Nach der Theorie der unmittelbaren Verursachung ist Störer, wer bei wertender Betrachtung unter Einbeziehung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles die Gefahrengrenze überschritten und damit die unmittelbare Ursache für den Eintritt der Gefahr gesetzt hat (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Januar 1985, NVwZ 1985, 355 [356]; Denninger, a.a.O., Rn. 77). Als Bewertungskriterien ist auf die Rechtswidrigkeit der Verursachungshandlung und auf die Zuordnung von Risikosphären abzustellen (vgl. OVG NRW, a.a.O.; Denninger, a.a.O., Rn. 79 bis 82). Eine Handlung überschreitet dann die Gefahrengrenze, wenn sie nicht mehr denjenigen Anforderungen entspricht, die die Rechtsordnung im Interesse eines störungsfreien Gemeinschaftslebens verlangt. Umgekehrt kann derjenige nicht Störer sein, der sich den Forderungen der Rechtsordnung entsprechend verhält und lediglich die von der Rechtsordnung vorgesehene Möglichkeit der Rechtsausübung in sozialüblicher Weise wahrnimmt (vgl. OVG NRW, a.a.O.; Denninger, a.a.O., Rn. 81). Dabei kommt es im Recht der Gefahrenabwehr auf ein Verschulden der handelnden Personen nicht an, vielmehr gilt es Verantwortungsbereiche objektiv zuzurechnen.

28

Bei Würdigung der für das Befüllen von Öltanks in der Rechtsordnung aufgestellten Handlungsanforderungen und der tatsächlichen Umstände des vorliegenden Falles stellt sich das Betanken der Heizölbehälter des Beigeladenen am 18. Juli 2007 auch nach Auffassung des Senats noch nicht als ein riskantes Verhalten mit der Folge dar, dass schon darin bei wertender Betrachtung ein Überschreiten der Gefahrengrenze für das spätere Schadensereignis angenommen werden könnte.

29

Eine Verantwortlichkeit der Klägerin für die eingetretene Bodenverunreinigung lässt sich zunächst nicht daraus herleiten, dass der von ihr beauftragte Tankwagenfahrer gegen ausdrückliche Handlungsverbote verstoßen hätte. Als Quelle für solche ausdrücklichen und speziellen Handlungsverbote ist hier auf § 19 k Wasserhaushaltsgesetz (WHG) abzustellen. Die Vorschrift normiert besondere Pflichten beim Befüllen von Anlagen zum Lagern wassergefährdender Stoffe (wie zum Beispiel Öltanks, vgl. § 19 g Abs. 5 WHG). Danach hat die handelnde Person die zulässigen Belastungsgrenzen der Anlage einzuhalten, den Vorgang des Befüllens zu überwachen sowie vorher zu überprüfen, ob sich die dafür erforderlichen Sicherheitseinrichtungen in einem ordnungsgemäßen Zustand befinden. Diese Überwachungspflichten beziehen sich sämtlich auf den Befüllvorgang. Dies ergibt sich einmal daraus, dass nur die „dafür“, d.h. für den Vorgang des Befüllens erforderlichen Sicherheitseinrichtungen zu überprüfen sind. Zum anderen ergibt sich die Ausrichtung auf den Befüllvorgang auch aus der begrifflichen Unterscheidung zwischen Sicherheitsvorkehrungen für die Anlage (wie z.B. Doppelwand, Auffangraum etc.) und Sicherheitseinrichtungen als vom Behälter abgesetzte Schutzvorkehrungen (wie z.B. Leckanzeiger, Grenzwertgeber für Überfüllsicherungen, Füllstandsanzeiger; vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 19 k Rn. 4). Diese in § 19 k WHG ausdrücklich genannten Überwachungspflichten hat der Tankwagenfahrer der Klägerin nicht verletzt bzw. deren Verletzung (wie das Nichterkennen der Funktionsunfähigkeit des Grenzwertgebers) war für das Schadensereignis nicht kausal (vgl. hierzu das TÜV-Gutachten, a.a.O., S. 6).

30

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist damit der Verantwortungsbereich des Ölanlieferers jedoch noch nicht vollkommen erschöpft. Die ausdrückliche Umschreibung besonderer Pflichten beim Befüllen von Tanks ist nicht als abschließend zu verstehen (vgl. OVG Bremen, Urteil vom 13. August 1996, UPR 1997, 378 und juris, Rn. 27). Zwar entspricht es der gesetzlichen Regelung in §§ 19 g bis 19 i WHG, den Zustand eines Tankbehälters, insbesondere dessen Standsicherheit, und die Sicherheit des Aufstellortes dem Risikobereich des Betreibers (hier des Beigeladenen) zuzuordnen. Darüber hinaus war der Betreiber hier aufgrund der Bauartzulassung in den Bescheiden des hessischen Sozialministers vom 30. Juni 1978 und vom 14. November 1978 verpflichtet, die Tankbehälter nur in Räumen von Gebäuden aufzustellen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die vom Zustand des Tankbehälters herrührenden Gefahren den Verantwortungsbereich des Ölanlieferers überhaupt nicht berühren können. Trotz grundsätzlicher Abgrenzung der Verantwortungsbereiche zwischen dem Zustand der Anlage und dem Befüllvorgang, ist eine Verantwortung des Öllieferanten dann anzunehmen, wenn Sicherheitsmängel des Öltanks offen zutage liegen. Solche evidenten Mängel der Anlagensicherheit müssen von dem Ölanlieferer erkannt und zum Anlass genommen werden, dass Befüllen zwecks Risikominimierung zu unterlassen (vgl. OVG Bremen, a.a.O.; auch: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. Juni 1989, NuR 1990, 335).

31

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der Auswertung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten wiesen die Heizöltanks des Beigeladenen am 18. Juli 2007 indes keine derart offenkundigen Beschädigungen oder Sicherheitsmängel auf, dass den Ölanlieferer über die Beachtung der für den Befüllvorgang wesentlichen Anforderungen hinaus eine eigene Verantwortung an dem späteren Schadensereignis trifft.

32

Zunächst fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten für die Annahme, die Schadhaftigkeit der Standfüße der Tanks hätte offen zutage gelegen und von dem Tankwagenfahrer zum Anlass genommen werden müssen, das Hinzufüllen weiteren Heizöls als Risikoerhöhung zu erkennen. Der sachverständige Zeuge B. hat bekundet, dass der Zustand der Tankfüße selbst bei einer Betankung bei geöffneten Türen des „Gartenhauses“ - wie hier - nur mit geübtem Blick zu erkennen gewesen sei. Diese Einschätzung wird durch die Fotografien der Tankfüße des anderen, nicht umgefallenen Tanks im TÜV-Gutachten des Zeugen Dipl.-Ing. B. bestätigt. Erst die in den Bildern 10 und 11 des Gutachtens dokumentierten Nahaufnahmen lassen die Vorschädigungen auch dieser Tankfüße erkennen. Unterstellt man ähnliche Schäden auch bei den zerbrochenen Tankfüßen des umgekippten Tanks, so handelt es sich dabei noch nicht um einen offenkundigen, sofort „ins Auge springenden“ Mangel, der das Betanken als risikosteigerndes Verhalten darstellt.

33

Auch im Übrigen wiesen die Heizöltanks nach den Bekundungen des Zeugen keine Verwitterungsspuren oder andere Anhaltspunkte für eine Vorschädigung des Materials auf, die den Ölanlieferer zur Vorsicht hätten mahnen müssen. Diese Einschätzung stimmt mit derjenigen von Dipl.-Ing. G. überein, der im Auftrag der Versicherung der Klägerin ebenfalls bei der Bestandsaufnahme des Schadensereignisses am 19. Juli 2007 zugegen war (vgl. dessen Gutachten vom 28. August 2007, S. 7).

34

Soweit der Beklagte im Berufungsverfahren seine Verfügung ergänzend damit begründet, dass das Fehlen einer Auffangwanne Anlass zur Vorsicht, jedenfalls zu Erkundigungen über den fehlerfreien Zustand der Anlage gegeben hätte, vermag auch dieser Umstand nicht die Sanierungsverantwortlichkeit der Klägerin zu begründen. Zunächst ist der Beklagte zwar nach § 114 Satz 2 VwGO berechtigt, seine Ermessenserwägungen für die Inanspruchnahme der Klägerin auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu ergänzen. Darüber hinaus ist dem Beklagten zuzugestehen, dass Anlagen zum Lagern wassergefährdender Stoffe grundsätzlich mit einem dichten und beständigen Auffangraum ausgerüstet sein müssen. Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 3 der Landesverordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (Anlagenverordnung - VAwS) vom 1. Februar 1996, zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. November 2005 (GVBl. S. 491). Wie der Beklagte aber bereits selbst einräumt, gilt diese Grundsatzanforderung jedoch schon nach geltendem Recht nicht uneingeschränkt. So können nach § 13 Abs. 5 VAwS werksgefertigte Behälter aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GfK) bis zu 2 m³ Rauminhalt zur Lagerung von Heizöl - wie hier - unter näher aufgeführten Voraussetzungen (flüssigkeitsdichter Boden, kein Ablauf innerhalb von 5 m, einzelne und nicht kommunizierende Verwendung der Tankbehälter) auch ohne Auffangraum aufgestellt werden. Bereits nach aktueller Rechtslage musste der Ölanlieferer das Fehlen einer Auffangwanne also noch nicht zwingend als offensichtliche Sicherheitslücke wahrnehmen. Hinzu kommt, dass das Aufstellen von GfK-Tanks im Freien und ohne Auffangwanne nach den Erläuterungen des sachverständigen Zeugen Dipl.-Ing. B. durchaus nicht ungewöhnlich ist. Eine solche Verwendung von GfK-Behältern sei auch darauf zurückzuführen, dass Heizölverbraucheranlagen in der Zeit vor Inkrafttreten der Anlagenverordnung im Jahr 1996 einer Prüfpflicht durch Sachverständige erst ab einem Lagervolumen von 40.000 l (in Wasserschutzgebieten ab 5.000 l) unterlagen. Nach den Bekundungen des Zeugen ist selbst bei Fachbetrieben die Vorstellung verbreitet, dass GfK-Tanks ohne Auffangraum aufgestellt werden dürften, ohne dass man die näheren Bedingungen für eine solche Aufstellung der Tanks hinterfrage. Vor diesem Hintergrund handelte der Ölanlieferer bei der Befüllung der beiden Heizöltanks des Beigeladenen im Rahmen der ihm von der Rechtsordnung eingeräumten Handlungsmöglichkeiten. Der Tankwagenfahrer der Klägerin hatte keinen Anlass, wegen des Fehlens einer Auffangwanne von dem Befüllen abzusehen und zunächst einmal nähere Erkundigungen über die Beachtung der Aufstellvoraussetzungen einzuholen. Die Beachtung der Sicherheitsvorkehrungen für die Tankbehälter fällt in den Verantwortungsbereich des Betreibers (hier des Beigeladenen). Eine eigene Verantwortung des Ölanlieferers entsteht insofern nur bei offenkundigen Sicherheitsmängeln. Solche offenkundigen Mängel lagen aus den oben dargelegten Gründen nicht vor.

35

Erweist sich die Grundverfügung somit als rechtswidrig, kann auch der Vollstreckungsbescheid vom 21. August 2007 keinen Bestand haben.

36

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und Abs. 3 VwGO. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren war angesichts der Schwierigkeiten der Rechtssache in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären.

37

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

38

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

39

Beschluss

40

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 47.000,-- € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).

Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 26. Nov. 2008 - 8 A 10933/08

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 26. Nov. 2008 - 8 A 10933/08 zitiert 12 §§.

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Wasserhaushaltsgesetz - WHG

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(1) Jeder, der auf den Boden einwirkt, hat sich so zu verhalten, daß schädliche Bodenveränderungen nicht hervorgerufen werden. (2) Der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück sind verpflichtet, Maßnahmen zu

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(2) Der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück sind verpflichtet, Maßnahmen zur Abwehr der von ihrem Grundstück drohenden schädlichen Bodenveränderungen zu ergreifen.

(3) Der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück sind verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, daß dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. Hierzu kommen bei Belastungen durch Schadstoffe neben Dekontaminations- auch Sicherungsmaßnahmen in Betracht, die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern. Soweit dies nicht möglich oder unzumutbar ist, sind sonstige Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen durchzuführen. Zur Sanierung ist auch verpflichtet, wer aus handelsrechtlichem oder gesellschaftsrechtlichem Rechtsgrund für eine juristische Person einzustehen hat, der ein Grundstück, das mit einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast belastet ist, gehört, und wer das Eigentum an einem solchen Grundstück aufgibt.

(4) Bei der Erfüllung der boden- und altlastenbezogenen Pflichten nach den Absätzen 1 bis 3 ist die planungsrechtlich zulässige Nutzung des Grundstücks und das sich daraus ergebende Schutzbedürfnis zu beachten, soweit dies mit dem Schutz der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 genannten Bodenfunktionen zu vereinbaren ist. Fehlen planungsrechtliche Festsetzungen, bestimmt die Prägung des Gebiets unter Berücksichtigung der absehbaren Entwicklung das Schutzbedürfnis. Die bei der Sanierung von Gewässern zu erfüllenden Anforderungen bestimmen sich nach dem Wasserrecht.

(5) Sind schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten nach dem 1. März 1999 eingetreten, sind Schadstoffe zu beseitigen, soweit dies im Hinblick auf die Vorbelastung des Bodens verhältnismäßig ist. Dies gilt für denjenigen nicht, der zum Zeitpunkt der Verursachung auf Grund der Erfüllung der für ihn geltenden gesetzlichen Anforderungen darauf vertraut hat, daß solche Beeinträchtigungen nicht entstehen werden, und sein Vertrauen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles schutzwürdig ist.

(6) Der frühere Eigentümer eines Grundstücks ist zur Sanierung verpflichtet, wenn er sein Eigentum nach dem 1. März 1999 übertragen hat und die schädliche Bodenveränderung oder Altlast hierbei kannte oder kennen mußte. Dies gilt für denjenigen nicht, der beim Erwerb des Grundstücks darauf vertraut hat, daß schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten nicht vorhanden sind, und sein Vertrauen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles schutzwürdig ist.

(1) Boden im Sinne dieses Gesetzes ist die obere Schicht der Erdkruste, soweit sie Träger der in Absatz 2 genannten Bodenfunktionen ist, einschließlich der flüssigen Bestandteile (Bodenlösung) und der gasförmigen Bestandteile (Bodenluft), ohne Grundwasser und Gewässerbetten.

(2) Der Boden erfüllt im Sinne dieses Gesetzes

1.
natürliche Funktionen als
a)
Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen,
b)
Bestandteil des Naturhaushalts, insbesondere mit seinen Wasser- und Nährstoffkreisläufen,
c)
Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen auf Grund der Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungseigenschaften, insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers,
2.
Funktionen als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte sowie
3.
Nutzungsfunktionen als
a)
Rohstofflagerstätte,
b)
Fläche für Siedlung und Erholung,
c)
Standort für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung,
d)
Standort für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung.

(3) Schädliche Bodenveränderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen.

(4) Verdachtsflächen im Sinne dieses Gesetzes sind Grundstücke, bei denen der Verdacht schädlicher Bodenveränderungen besteht.

(5) Altlasten im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind (Altablagerungen), und
2.
Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist, ausgenommen Anlagen, deren Stillegung einer Genehmigung nach dem Atomgesetz bedarf (Altstandorte),
durch die schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit hervorgerufen werden.

(6) Altlastverdächtige Flächen im Sinne dieses Gesetzes sind Altablagerungen und Altstandorte, bei denen der Verdacht schädlicher Bodenveränderungen oder sonstiger Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit besteht.

(7) Sanierung im Sinne dieses Gesetzes sind Maßnahmen

1.
zur Beseitigung oder Verminderung der Schadstoffe (Dekontaminationsmaßnahmen),
2.
die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern oder vermindern, ohne die Schadstoffe zu beseitigen (Sicherungsmaßnahmen),
3.
zur Beseitigung oder Verminderung schädlicher Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Bodens.

(8) Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen im Sinne dieses Gesetzes sind sonstige Maßnahmen, die Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit verhindern oder vermindern, insbesondere Nutzungsbeschränkungen.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.