Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 08. März 2018 - 2 LB 97/17

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2018:0308.2LB97.17.00
bei uns veröffentlicht am08.03.2018

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer - vom 11. Oktober 2016 geändert:

Der Bescheid des Beklagten vom 28. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2015 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der in … lebende Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer für die Jahre 2013 und 2014 sowie gegen die Vorauszahlung für das Jahr 2015.

2

Der Kläger ist seit dem Jahre 2007 Eigentümer eines auf dem Stellplatz … - auf der Höhe … - auf dem Campingplatz … in der Gemeinde … stehenden Mobilheims. Allein auf dem Campingplatz … - einem von vier Campingplätzen im Gemeindegebiet - gibt es 220 Parzellen, auf denen 190 Mobilheime aufgestellt sind. Sein unbeheiztes Mobilheim hat eine Wohnfläche von 26,4 qm und ist mit einer Kochnische, einem Wohnbereich, einem Flur, einem Schlafplatz und einem Waschraum ausgestattet. Bei der Konstruktion handelt es sich um einen einachsigen Anhänger mit Holzrahmenaufbau und gummibereiften Rädern. Die Außenwände bestehen aus sog. Pressholzplatten.

3

Grundlage für die Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2013 ist die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Gemeinde … vom 18. Februar 2003 in der Fassung der I. Nachtragssatzung vom 30. Dezember 2004, der II. Nachtragssatzung vom 20. Dezember 2010 und der III. Nachtragssatzung vom 16. Juni 2011. Für die Jahre 2014 und 2015 ist Grundlage der Heranziehung die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Gemeinde … vom 12. Dezember 2013.

4

Die Regelungen zum Steuergegenstand und Steuermaßstab sind unverändert und lauten:

5

§ 2 (Steuergegenstand)

6

(1) Gegenstand der Steuer ist das Innehaben einer Zweitwohnung im Gemeindegebiet.

7

(2) Eine Zweitwohnung ist jede Wohnung, über die jemand neben seiner Hauptwohnung zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs oder dem seiner Familienmitglieder verfügen kann, dazu zählen auch Dritt-, Viert-, und alle weiteren Wohnungen.

8

9

(4) Eine Wohnung verliert die Eigenschaft einer Zweitwohnung nicht dadurch, dass sie vorübergehend anders oder nicht genutzt wird.

10

§ 4 (Steuermaßstab)

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(1) Die Steuer bemisst sich nach dem Mittelwert der Wohnung, multipliziert mit dem Verfügbarkeitsgrad gemäß § 5.

12

(2) Als Mittelwert gilt die Jahresrohmiete. Die Vorschriften des § 79 Absatz 1 des Bewertungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 01.02.1991 (BGBl. I S. 230) finden mit der Maßgabe Anwendung, dass die Jahresrohmieten, die gemäß Artikel 2 des Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes vom 13.08.1965 (BGBl. I S. 851) vom Finanzamt auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 01.01.1964 festgestellt wurden, jeweils für das Erhebungsjahr auf den September des Vorjahres hochgerechnet werden. Diese Hochrechnung erfolgt entsprechend der Steigerung der Wohnungsmieten nach dem Preisindex der Lebenshaltung aller privaten Haushalte im Bundesgebiet, der monatlich vom Statistischen Landesamt Schleswig-Holstein veröffentlicht wird.

13

Da dieser Preisindex seit dem 01.01.1999 nicht mehr fortgeschrieben wird, wird der Hochrechnungsfaktor ab dem Veranlagungsjahr 1999 auf den Stand September 1998 mit 443 % festgeschrieben.

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(3) Ist eine Jahresrohmiete nicht zu ermitteln, so tritt an die Stelle des Mietwertes nach Abs. 2 die übliche Miete im Sinne des § 79 Abs. 2 Satz 2 des Bewertungsgesetzes.

15

(4) Ist übliche Miete nicht zu ermitteln, so treten an deren Stelle sechs v.H. des gemeinen Wertes der Wohnung. Die Vorschrift des § 9 des Bewertungsgesetzes findet entsprechende Anwendung.

16

(5) Der Umfang der Verfügbarkeit der Zweitwohnung für den Inhaber (Verfügbarkeitsgrad) wird wie folgt bemessen:

17

Unterste Verfügbarkeitsstufe    25 % v.H.

18

(Eigennutzung 7 – 84 Tage)

19

Mittlere Verfügbarkeitsstufe      55 % v.H

20

(Eigennutzung 85 – 194 Tage)

21

Höchste Verfügbarkeitsstufe     100 % v.H.

22

(Eigennutzung 195 – 365 Tage)

23

Mit Bescheid vom 28. September 2015 setzte der Beklagte gegen den Kläger eine Zweitwohnungssteuer für die Kalenderjahre 2013 und 2014 in Höhe von jeweils 202,20 Euro und eine Vorauszahlung für das Kalenderjahr 2015 ebenfalls in Höhe von 202,20 Euro fest. Dieser Veranlagung war die erstmalige Feststellung des Einheitswertes des Mobilheims und Festsetzung des Grundsteuermeßbetrages mit Bescheid des Finanzamtes Ostholstein vom 12. November 2014 rückwirkend zum 1. Januar 2013 vorausgegangen. Diesem folgte der Bescheid des Finanzamtes Ostholstein vom 12. Januar 2015, der eine Änderung des Einheitswertes betraf. In dem dagegen erhobenen Einspruch hat sich der Kläger gegen die vom Finanzamt Ostholstein angenommene, indes nach seiner Ansicht bei seinem Mobilheim fehlende, aber für den Gebäudebegriff immanente Ortsfestigkeit, gewandt. Das Finanzamt Ostholstein hat über den Einspruch noch nicht entschieden.

24

Hiergegen legte der Kläger am 13. Oktober 2015 Widerspruch ein, da ein Mobilheim keine Wohnung im Sinne der Zweitwohnungssteuersatzung und eine Gleichstellung unzulässig sei. Ferner läge ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot vor. Zudem sei eine Besteuerung auf Basis der üblichen Miete unzulässig, da es im Gemeindegebiet keine vergleichbaren Objekte gebe. Weiterhin habe die Gemeinde einen Vertrauenstatbestand geschaffen, da sie Zweitwohnungssteuer für Wohnungen seit über 30 Jahren erhebe, ohne dass die Satzung auf Mobilheime angewendet worden sei. Schließlich sie die rückwirkende Erhebung der Zweitwohnungssteuer unzulässig.

25

Mit Bescheid vom 26. Oktober 2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er unter anderem aus: Eine Änderung könne nur erfolgen, wenn der für ihn bindende Grundlagenbescheid des Finanzamtes geändert würde. Dieser sei Grundlage für den Grundsteuermessbetrag und für die Erhebung der Zweitwohnungssteuer. Mobilheime gelten nach der Satzung als Wohnungen. Der Begriff umfasse jede Wohnmöglichkeit, die als abgeschlossene Einheit mit den dazugehörigen Kriterien (Kochgelegenheit und sanitäre Ausstattung) anzusehen sei. Es sei auch zulässig anstelle des Mietwertes die übliche Miete treten zu lassen. Da es in der Gemeinde … keinen eigenen Mietspiegel gebe, erfolge eine Ermittlung anhand des Mietspiegels im Lande Schleswig-Holstein. Zur rückwirkenden Festsetzung der Steuer werde auf die §§ 169 ff. der Abgabenordnung (AO) verwiesen.

26

Hiergegen hat der Kläger am 10. November 2015 Klage erhoben.

27

Zur Begründung hat der Kläger sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und unter anderem ergänzend vorgetragen, sein Mobilheim falle nicht unter den Wohnungsbegriff der Satzung. Es sei nicht ortsfest verbaut und ruhe allein auf der Achse. Zudem verfüge es über keine dauerhaften An- und/ oder Ausbauten. Eine anderweitige Verbringung des Mobilheims sei nach Ablauf des einjährigen Pachtvertrages jederzeit möglich.

28

Der Kläger hat beantragt,

29

den Bescheid des Beklagten vom 28. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2015 aufzuheben.

30

Der Beklagte hat beantragt,

31

die Klage abzuweisen.

32

Er hat unter anderem ergänzend vorgetragen: Eine Fortbewegungsmöglichkeit sei auf dem Campingplatz die absolute Ausnahme und als Schwertransport nach § 46 der Straßenverkehrsordnung (StVO) mit erheblichem Aufwand und Kosten verbunden. Der Kläger habe sein Mobilheim seit dem Erwerb zudem nicht bewegt.

33

Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - 2. Kammer - hat die Klage mit Urteil vom 11. Oktober 2016, auf dessen Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der Entscheidungsgründe verwiesen wird, abgewiesen.

34

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung des Klägers, mit der er weiterhin den in der Satzung geregelten Steuergegenstand und den Steuermaßstab als auf Mobilheime nicht anwendbar angreift sowie einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot rügt und dazu unter anderem ergänzend geltend macht: Es liege eine unzulässige Auslegung des Zweitwohnungsbegriffs vor. Denn in § 2 der Satzung seien die Unterkünfte gerade nicht einzeln aufgeführt worden. Zudem habe das Verwaltungsgericht bei der Auslegung den objektiven Willen des Ortsgesetzgebers, der sich aus einem Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde … an die Interessengemeinschaft Mobilheimplatz … vom 10. Juli 1995 ergebe, nicht berücksichtigt. Daraus werde deutlich, dass die Gemeinde sich bewusst gewesen sei, dass eine Besteuerung von Mobilheimen nicht über die seinerzeit geltende Satzung vorgenommen werden könne. Die Satzung sei nicht verändert worden, sodass der Begriff der „Zweitwohnung“ 20 Jahre danach auch nicht absichtsfremd ausgelegt werden könne.

35

Zudem sei der Steuermaßstab des § 4 der Satzung nicht anwendbar, weil keine Jahresrohmiete zu ermitteln sei. Die Vermietung sei den Pächtern aufgrund des Pachtvertrages untersagt, sodass der Aufwand nicht am Mietpreis angelehnt werden könne. Auch die Heranziehung des Mietspiegels der Landeshauptstadt … sei nicht interessengerecht. Denn der Aufwand für Mobilheime liege nicht im Innehaben des Mobilheims selbst, sondern in der Zahlung der Pacht für den Stellplatz. Der finanzielle Aufwand sei deshalb nicht mit dem einer echten Zweitwohnung vergleichbar, sodass sich eine steuerliche Gleichbehandlung verbiete. Es handle sich um eine Steuer eigener Art, und zwar um die sogenannte Stellplatzsteuer. Eine Veranlagung durch die Aufwandssteuer sei nur möglich, soweit eine Gleichstellung und damit ein abweichender Steuermaßstab vorliege. Ein unterschiedlich hoher Aufwand müsse auch unterschiedlich besteuert werden. Die vom Beklagten vorgenommene Typisierung und Pauschalisierung sei unzulässig, da die gewählte Erfassung des zu besteuernden besonderen Aufwands der Lebensführung den Sachverhalt in einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Art und Weise wiedergebe. Die Ermittlung des tatsächlichen Aufwandes anhand der Pacht oder die pauschalierte Bemessung nach anderen Kriterien (z.B. Bauart und typisierte Ausstattung, Größe der Parzelle, Nutzungszeiten) stelle keinen großen Verwaltungsaufwand dar.

36

Schließlich habe zum Zeitpunkt des Erlasses des Abgabenbescheides für das Steuerjahr 2013 bereits keine gültige Rechtsgrundlage vorgelegen, da die aktuelle Zweitwohnungssteuersatzung erst am 1. Januar 2014 in Kraft getreten sei.

37

Der Kläger beantragt,

38

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer - vom 11. Oktober 2016 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 28. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2015 aufzuheben.

39

Der Beklagte beantragt,

40

die Berufung zurückzuweisen.

41

Er wiederholt und vertieft seine bisherige Argumentation und macht ergänzend geltend: Es liege mit der Satzung des Beklagten eine Rechtsgrundlage vor. Der Steueranspruch habe auch nach Außerkrafttreten der Satzung durch einen festsetzenden Steuerbescheid vor Ablauf der Festsetzungsverjährung verwirklicht werden können.

42

Entgegen der Ansicht des Klägers sei Gegenstand der Zweitwohnungssteuer das Innehaben einer Zweitwohnung, nicht das eines Mobilheims. Insoweit handele es sich um eine bloße Auslegung des Wohnungsbegriffes. Deshalb sei in § 2 der Satzung auch keine Einzelnennung erforderlich. Der Aufwand, den das Innehaben einer Zweitwohnung erfordere, und zwar das Aufbringen finanzieller Mittel, bringe eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck und sei damit statthafter Steuergegenstand.

43

Das Mobilheim des Klägers sei zudem eine Wohnung im Sinne der Satzung. Zwar sei eine Satzungsregelung, die pauschal sämtliche Camping- und Wohnwagen sowie Mobilheime veranlage, unzulässig und diese müssten einer gesonderten Stellplatzsteuer unterworfen werden. Aus dem bloßen Nichterheben dieser Steuer folge jedoch nicht, dass der Aufwand für ein Mobilheim gar nicht besteuert werden könne. Vielmehr sei dann eine Veranlagung über die Zweitwohnungssteuer legitim. Es sei demgemäß im Einzelfall zu ermitteln, ob das konkrete Mobilheim die Voraussetzungen des Wohnungsbegriffs erfülle. Eine ganzjährige Bewohnbarkeit oder Beheizbarkeit sei nicht notwendiges Merkmal einer Wohnung. Auch die Äußerungen des Gemeindevorstands hinsichtlich der Zweitwohnungssteuer vom 10. Juli 1995 seien nur so zu verstehen, dass auch Mobilheime dieser Steuer unterlägen.

44

Weiterhin sei der der Berechnung zugrunde gelegte, an die Jahresrohmiete anknüpfender Steuermaßstab korrekt. Die Gemeinde habe, indem sie den Mietwert anhand der auch zur Bestimmung der Jahresrohmiete heranzuziehenden Faktoren, nämlich einer üblichen Miete für den Haupterstellungszeit 1. Januar 1964 errechnet habe, zulässig geschätzt. Die Bestimmung der ortsüblichen Miete auch für Mobilheime oder nur zeitweise genutzte Wohnungen könne durchaus anhand eines Mietspiegels für dauergenutzte Wohnungen erstellt werden.

45

Zudem liege der Aufwand, anders als der Kläger meint, nicht in der zu entrichtenden Pacht, sondern in dem Innehaben des Mobilheims. Die Aufwandssteuer setze demnach nicht an dem Stellplatz, sondern an dem Mobilheim an, also der Möglichkeit, die Räume zu nutzen. Die Zweitwohnungsteuer knüpfe deshalb an dem Raumnutzungsaufwand und gerade nicht an den für die Bodennutzung an.

Entscheidungsgründe

46

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der angegriffene Bescheid über die Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer für die Jahre 2013 und 2014 sowie über die Vorauszahlung für das Jahr 2015 in Höhe von jeweils 202,20 € vom 28. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2015 ist rechtswidrig und verletzt den Klägern in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Daher ist das angefochtene Urteil zu ändern und die genannten Bescheide sind aufzuheben.

47

Die am 1. Januar 2014 in Kraft getretene Satzung über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer in der Gemeinde … vom 12. Dezember 2013 für die Steuerjahre 2014 und 2015 enthält keine Rechtsgrundlage zur Erhebung einer Zweitwohnungssteuer für Mobilheime. Auch soweit der Kläger für das Jahr 2013 zur Zahlung einer Zweitwohnungssteuer herangezogen worden ist, stellt die dieser Satzung vorausgegangene, am 31. Dezember 2013 außer Kraft getretene Satzung über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer in der Gemeinde … vom 18. März 2003 in der Fassung der III. Nachtragssatzung vom 16. Juni 2011 hierfür keine Rechtsgrundlage dar. Denn das Mobilheim des Klägers ist keine Zweitwohnung und damit kein tauglicher Steuergegenstand im Sinne des § 2 der Zweitwohnungssteuersatzungen (I). Offen bleiben kann deshalb, ob der Beklagte den in § 4 seiner Zweitwohnungssteuersatzungen normierten Steuermaßstab auf die Veranlagung von Mobilheimen anwenden konnte (II).

48

I. Unerheblich ist, dass die Satzung der Gemeinde … über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer vom 18. Februar 2003 in der Fassung der I. Nachtragssatzung vom 30. Dezember 2004, der II. Nachtragssatzung vom 20. Dezember 2010 sowie der III. Nachtragssatzung vom 16. Juni 2011 am 31. Dezember 2013 und damit Eineindreiviertel Jahr nach Erlass des Abgabenbescheides für das Jahr 2013 außer Kraft getreten und von der am 1. Januar 2014 in Kraft getretenen Zweitwohnungssteuersatzung vom 13. Dezember 2013 ersetzt worden ist. Allein entscheidend war, dass der Steuertatbestand zu diesem Zeitpunkt bereits entstanden war (vgl. § 6 Abs. 1 ZwStS, wonach die Steuerpflicht jeweils am 1. Januar des Steuerjahres entsteht; § 11 KAG i.V.m. § 38 AO). Zudem hat die Gemeinde die Satzung lediglich mit Wirkung für die Zukunft ersetzt (§ 11 ZwStS; vgl. dazu auch VGH Kassel, Beschluss vom 1. März 2011 – 5 A 2928/09 – , juris; OVG Münster, Beschluss vom 2. Dezember 2010 – 14 A 2501/09 –, juris, Rn. 4). Deshalb wäre die lediglich durch die Festsetzungsverjährung von vier Jahren (vgl. § 15 KAG, § 11 Abs. 1 KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO) begrenzte rückwirkende Erhebung einer Zweitwohnungssteuer grundsätzlich zulässig.

49

Die Gemeinde … ist aber nicht berechtigt, das Mobilheim des Klägers nach ihren Satzungen für die Jahre 2013 bis 2015 einer Zweitwohnungssteuer zu unterwerfen. Denn die Auslegung der Satzungen nach Wortlaut (1) und Entstehungsgeschichte (2) ergibt schon nicht, dass unter dem Begriff der Zweitwohnung auch Mobilheime zu verstehen sind, so dass es einen Verstoß gegen das rechtsstaatlich verankerte Bestimmtheitsgebot darstellte, wollte man den Wortlaut als offen ansehen und sie dennoch darunter fassen (3).

50

Zwar sieht der Senat das Innehaben eines Mobilheims im Gemeindegebiet als einen grundsätzlich örtlich besteuerbaren Aufwand an. So hat er bereits in seinem Urteil vom 19. November 2003 (2 KN 1/03) ausgeführt:

51

Für die Steuer auf Zweitwohnungen ist höchstrichterlich geklärt, dass sie als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf sichtbar wird (BVerfGE 16, 64; 49, 343; 65, 325). Erfasst wird der besondere, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehende Aufwand für die persönliche Lebensführung (vgl. BVerwG Urt. v. 10.10.1995, - 8 C 40.93 -, E 99, 303). Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein Zustand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Voraussetzung für die Erhebung einer Aufwandsteuer ist dagegen nicht, dass ein luxuriöser Aufwand betrieben wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.11.1991 - 8 C 107.89 -, NVwZ 1992, 1098).

52

Gleiches gilt für das Innehaben eines Mobilheimes, Wohnmobils oder Wohn- und Campingwagens auf einem Dauerstandplatz. Entgegen der Ansicht des Antragstellers wird auch mit dem Innehaben eines Wohnwagens auf einem Dauerstandplatz ein Aufwand betrieben, der über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht. Während das Innehaben einer Hauptwohnung dem allgemeinen Grundbedarf des Wohnens dient, gilt dies für Wohnwagen, die nicht als Hauptwohnung dienen, nicht. Auch Zweitwohnungen dienen, wenn sie vom Eigentümer genutzt werden, in der Regel der Erholung und der Urlaubsgestaltung. Dennoch stellt das Innehaben einer weiteren Wohnmöglichkeit einen besonderen Aufwand dar. Das Vorhalten einer Wohnung oder eines Wohnwagens - sei es auch ausschließlich zu Urlaubs- und Erholungszwecken - dient nicht der Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs. Selbst wenn man davon ausginge, dass Urlaub und Erholung zum allgemeinen Lebensbedarf gehörten, ist dazu weder das Innehaben einer Zweitwohnung noch eines Wohnwagens erforderlich. Der Aufwand für einen Wohnwagen auf einem Campingplatz, als da sind Erwerbskosten für das Fahrzeug sowie die Standplatzkosten, ist damit einer Besteuerung nach § 3 Abs. 1 KAG i.V.m. Art. 105 Abs. 2a GG grundsätzlich fähig (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 06.10.1986, - 2 S 892/85 -, juris; VG Münster, Beschl. v. 06.10.1997, - 9 L 1126/97 -, juris; VG Trier, Urt. v. 14.01.2003, - 2 K 1277/02.TR -, juris; OVG Münster, Urt. v. 15.03.1999, - 22 A 391/98 -, juris; sowie die von der Antragsgegnerin eingereichten Entscheidungen des OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 23.11.2000, - A 2 S 334/99 -, und des VG Köln, Urt. v. 04.10.2001, - 20 K 8502/98 - sowie der dazu ergangene Nichtzulassungsbeschluss des OVG Münster vom 05.02.2002, - 14 A 4652/01 -).

53

Die in Art. 105 Abs. 2a GG vorausgesetzte örtliche Radizierung der Aufwandsteuer ergibt sich für Dauercamper aus ihrer Anknüpfung an die Belegenheit des Standplatzes im Gebiet der die Steuer erhebenden Gemeinde; dadurch ist sie auch in ihren unmittelbaren Wirkungen auf das Gemeindegebiet begrenzt.

54

Diese Aufwandsteuer ist auch keiner bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig. Ebenso wie bei der Zweitwohnungssteuer wird die Verwendung von Einkommen besteuert, so dass weder eine Gleichartigkeit mit der Einkommensteuer noch mit der Grundsteuer besteht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 06.12.1983, - 2 BvR 1275/79 -, E 65, 325); auch zur Kraftfahrzeugsteuer besteht keine Gleichartigkeit (VGH Mannheim, Urt. v. 31.07.1986, - 2 S 892/85 -, juris).

55

Der Senat hält es ebenso für zulässig, dass auch Mobilheime, wenn sie hinsichtlich ihrer Ausstattung dem Wohnungsbegriff des Steuerrechts genügen, auf der Grundlage einer Steuersatzung besteuert werden können. So kann nach der Rechtsprechung des Senats eine Zweitwohnung jede abgeschlossene Wohneinheit mit sanitärer Ausstattung und Kochgelegenheit sein (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 20. März 2002 – 2 L 136/00 – mit Hinweis auf ein Urteil des Senats vom 26. Juni 1991 – 2 L 57/91 –; Urteil vom 25. Januar 2006 – 2 KN 1/05 –, juris, Rn. 14; Thiem/ Böttcher, Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein, Kommentar, 21. Lieferung, Stand Januar 2017, Erl. § 3, Rn. 282; Riehl/ Elmenhorst, in: Habermann/ Arndt, KAG SH, 22. Aktualisierung 2016, § 3, Rn. 253). Allerdings muss die Satzung, um dem Bestimmtheitsgrundsatz zu genügen, klar und eindeutig regeln, unter welchen Voraussetzungen ein Mobilheim, bei dem es sich in Abgrenzung zu Immobilien um eine bewegliche Sache und deshalb nicht um eine Wohnung (Immobilie) im herkömmlichen Sinne und damit um eine solche im Sinne des Zweitwohnungssteuerrechts handelt, zweitwohnungssteuerpflichtig ist. Dies kann etwa in Form einer Gleichstellung der Mobilheime mit einer Wohnung im Wege der Fiktion geschehen, wenn die erfassten Mobilheime die oben genannten Ausstattungsmerkmale aufweisen und dies auch entsprechend eindeutig definiert ist.

56

Der Senat stellt klar, dass er auch in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urteile des Senats vom 19. November 2003 – 2 KN 1/03 – und vom 25. Januar 2006 – 2 KN 1/05 –) davon ausgegangen ist, dass in dem Vorhalten von Mobilheimen auf einem Dauerstandplatz grundsätzlich ein mit der Zweitwohnungssteuer besteuerbarer besonderer Aufwand für die persönliche Lebensführung zu sehen ist, der über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht und dass dieser Aufwand nicht etwa nur in Form einer Stellplatzsteuer erhoben werden kann. In dem Urteil des Senats vom 19. November 2003 ist es lediglich als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz angesehen worden, dass die streitgegenständliche Satzung „alle“ Mobilheime unabhängig von ihrer jeweiligen Ausstattung im Wege einer Fiktion Zweitwohnungen gleichstellt hat (vgl. auch OVG Münster, Beschluss vom 21. Mai 2010 – 14 A 794/07 – , juris, Leitsatz 1 und Rn. 10 f.; OVG Lüneburg, Urteil vom 11. Juli 2007 – 9 LB 5/07 –, juris, Rn. 9, 35 ff.; VGH München, Urteil vom 14. April 2011 – 4 B 10.2557 –, juris, Leitsatz 1 und Rn. 20; VGH Mannheim, Urteil vom 31. Juli 1986 – 2 S 892/85 –, juris bei Regelung einer fiktiven Behandlung von Mobilheimen u.ä. als Zweitwohnungen in der Satzung).

57

Gemessen daran hat die Gemeinde in den streitgegenständlichen Satzungen aber den Begriff der Zweitwohnung weder im Hinblick auf die Ausstattungsmerkmale einer Wohnung definiert noch geregelt unter welchen Voraussetzungen Inhaber von Mobilheimen zweitwohnungssteuerpflichtig sind. Zudem lässt es die Auslegung des Ortsrechts nicht zu, Mobilheime mit bestimmten Ausstattungsmerkmalen der Zweitwohnungssteuerpflicht zu unterwerfen. Deshalb ist es dem Beklagten verwehrt, Mobilheime als Zweitwohnung im Sinne des § 2 Abs. 2 ZwStS zu erfassen. Darauf, ob die Mobilheime im konkreten Fall die oben genannten Ausstattungsmerkmale aufweisen, kommt es danach nicht an.

58

1. Ausgehend von dieser Senatsrechtsprechung lässt sich dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 ZwStS, nach dem eine Zweitwohnung jede Wohnung ist, über die jemand neben seiner Hauptwohnung zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs oder dem seiner Familienmitglieder verfügen kann, eine Zweitwohnungssteuerpflicht für Mobilheime schon nicht, zumindest nicht eindeutig entnehmen.

59

Im Gegenteil: Der Wortlaut der Norm erwähnt nur den Begriff der Wohnung. Eine Wohnung aber ist nach herkömmlichem Sprachgebrauch eine Immobile (unbewegliche Sache), ein unbewegliches, fest mit dem Boden verbundenes Gebäude mit den genannten Mindestausstattungsmerkmalen. Das Gebäude, in dem sie sich befindet, stellt grundsätzlich einen wesentlichen Bestandteil des Grundstücks im Sinne des § 94 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) dar. Anderes gilt aber für Mobilheime auf fremden Grund und Boden. Diese werden grundsätzlich nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB als sogenannte „Scheinbestandteile“ eines Grundstücks behandelt und sind demgemäß als bewegliche Sache anzusehen.

60

Nicht anders verhält es sich beim klägerischen Mobilheim, das als ein Scheinbestandteil im Sinne des § 95 Abs. 1 BGB und damit als eine bewegliche Sache anzusehen ist. Eine feste Verbindung des mit einem Holzrahmenaufbau versehenen gummibereiften einachsigen und jederzeit wegzubewegenden Anhängers mit dem Grund und Boden ist nicht vorhanden. Hinzu kommt, dass auf der Grundlage eines Pachtvertrages aufgestellte Sachen in der Regel nur vorübergehend in dem fremden Grund und Boden eingebracht sind.

61

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 – III ZR 266/12 –, juris, Rn. 13) spricht, wenn Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen von einem Pächter auf dem von ihm genutzten Grundstück eingebracht und mit diesem fest verbunden werden, eine Vermutung dafür, dass dies mangels besonderer Vereinbarungen nur in seinem Interesse für die Dauer des Pachtverhältnisses und damit nur zu einem vorübergehenden Zweck im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB geschehen sollte, mit der Folge, dass diese eingebrachten Sachen als bloße „Scheinbestandteile" nicht gemäß §§ 93, 94 BGB in das Eigentum des Grundstückseigentümers übergehen, sondern im Eigentum des Pächters verbleiben (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 13. Februar 2003 – III ZR 176/02 –, VIZ 2003, 391, 392; vom 4. Juli 1984 – VIII ZR 270/83 –, BGHZ 92, 70, 73 f; vom 31. Oktober 1986 – V ZR 168/85 –, NJW 1987, 774; vom 20. Mai 1988 – V ZR 269/86 –, BGHZ 104, 298, 301 und vom 22. Dezember 1995 – V ZR 334/94 –, NJW 1996, 916, 917; MünchKommBGB/ Stresemann, 6. Aufl., § 95 Rn. 8, 10). Diese Vermutung wird nicht schon bei einer massiven Bauart des Gebäudes oder bei langer Dauer des Vertrags entkräftet (BGH, Urteile vom 13. Februar 2003 aaO; BGH, Urteile vom 4. Juli 1984 aaO S. 74 und vom 22. Dezember 1995 aaO mwN). Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass der Pächter bei der Einbringung den Willen hat, die Sache bei Beendigung des Vertragsverhältnisses in das Eigentum des Verpächters beziehungsweise eines dritten Grundstückseigentümers fallen zu lassen (BGH, Urteile vom 13. Februar 2003 aaO; vom 4. Juli 1984 aaO; vom 20. Mai 1988 aaO und vom 22. Dezember 1995 mwN; MünchKommBGB/ Stresemann aaO). Dementsprechend hat auch das Oberlandesgericht Koblenz bei einem auf dem Stellplatz eines Campingplatzes stehenden, als Ferienhaus genutzten Mobilheims entschieden, dass es sich bei dem Mobilheim um einen Scheinbestandteil des darunter liegenden Grundstücks handelt (Urteil vom 9. April 1999 – 10 U 58/98 –, juris, Leitsätze, Rn. 32 ff.). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes. Danach ist ein Gebäude, das ein Pächter nur zu einem vorübergehenden Zweck auf dem gepachteten Grundstück errichtet hat, lediglich ein Scheinbestandteil des Grundstücks im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. BFH, Beschluss vom 9. September 2010 – II B 53/10 –, juris, Rn. 3). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger das Mobilheim bei Beendigung des Vertragsverhältnisses in das Eigentum des Verpächters beziehungsweise eines dritten Grundstückseigentümers fallen lassen will, liegen nicht vor.

62

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Dieser hat zwar in der Rechtssache Meierhofer auf Vorlage des Bundesfinanzhofes (BFH, EuGH-Vorlage vom 25. Mai 2000 – VR 48/99 –, juris) zur Vermietung eines Grundstückes im Sinne von Art. 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer dagegen entschieden, dass die Vermietung eines Gebäudes, das aus Fertigteilen errichtet wird, die so in das Erdreich eingelassen werden, dass sie weder leicht demontiert noch leicht versetzt werden können, die Vermietung eines Grundstückes im Sinne von Art. 13 Teil B Buchstabe b der sechsten Richtlinie 77/388/EWG darstellt, auch wenn dieses Gebäude nach Beendigung des Mietvertrages entfernt und auf einem anderen Grundstück wieder verwendet werden soll. Dabei handelte es sich um Gebäude (Gemeinschaftsunterkünfte zur vorläufigen Unterbringung von Asylbewerbern im Freistaat Bayern), die auf Sockeln aus Beton standen, die auf einem in das Erdreich eingelassenen Betonfundament errichtet worden waren. Diese seien weder mobil noch leicht versetzbar (EuGH, Urteil vom 16. Januar 2003 – C-315/00 –, juris, Leitsatz, Rn. 13, 18, 32 bis 35). Allerdings seien im Gegensatz dazu Wohnanhänger und Mobilheime sowie Zelte und Freizeitunterkünfte als bewegliche Sachen anzusehen, weil es sich bei diesen entweder um mobile - so Wohnanhänger und Mobilheime - oder leicht versetzbare - so Zelte oder leichte Freizeitunterkünfte - Gegenstände handele (EuGH, a.a.O., juris, Rn. 31; EuGH, Urteil vom 3. Juli 1997 in der Rechtssache C-60/96, Kommission/Frankreich, Sig. 1997, I-3827, Rn. 16).

63

Eine Auslegung des Wohnungsbegriffs in den Satzungen je nach Art der bei den einzelnen Mobilheimen vorhandenen Ausstattungsmerkmale scheidet von vornherein aus, weil Mobilheime ungeachtet ihrer Ausstattung danach schon keine Wohnungen (Immobilen), sondern bewegliche Sachen (Mobilien) sind. Auch die übrigen Bestimmungen der Satzung erwähnen den Begriff der Mobilheime nicht.

64

2. Zwar folgt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Schweigen einer Zweitwohnungssteuersatzung zur Behandlung von Dauercampern nicht ohne weiteres deren Zweitwohnungssteuerfreiheit. Vielmehr ist es danach zunächst eine Frage der Auslegung des irreversiblen Ortsrechts, ob unter dem Begriff der Zweitwohnung auch gleichsam ortsfeste Campingwagen und Hausboote zu verstehen seien und ob – was bundesrechtlich nicht zu beanstanden sein dürfte – in diesem Sinne nicht „ortsfest“, also nur vorübergehend, abgestellte Campingwagen zweitwohnungssteuerrechtlich vernachlässigt werden dürfen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 1996 – 8 B 3.96 –, juris, Rn. 10).

65

Allerdings ergibt die Auslegung des Ortsrechts – nicht nur nach der unter Heranziehung der Senatsrechtsprechung dem Wortlaut zukommenden Bedeutung, sondern auch – nach deren Entstehungsgeschichte unter Heranziehung der Niederschriften über die Gemeinderatssitzungen und Gemeinderatsbeschlüsse im maßgeblichen Zeitraum und davor (ab dem Jahre 2003) nicht, dass die Gemeinde Inhaber von Mobilheimen oder Inhaber von Campingwagen, Wohnwagen bzw. Wohnmobilen als Zweitwohnungssteuerpflichtige erfassen wollte.

66

Dies lässt sich zunächst der geübten Praxis des Beklagten und seiner Argumentation im hiesigen Verfahren entnehmen. Das Mobilheim des Klägers steht wie das anderer Inhaber von Mobilheimen seit vielen Jahren auf dem Campingplatz …, der sich auf dem Gebiet der amtsangehörigen Gemeinde befindet. Die Heranziehung des Klägers zur Zahlung der Zweitwohnungssteuer und auch die anderer Inhaber von Mobilheimen erfolgte indes erst in den Jahren 2014 bis 2015 rückwirkend zum 1. Januar 2012 bzw. 2013, nachdem das Finanzamt Ostholstein in den Jahren 2013 und 2014 rückwirkend auf den 1. Januar 2012 bzw. 2013 die Einheitswerte der Mobilheime festgestellt und den Grundsteuermessbetrag festgesetzt hatte. Der Beklagte sah sich lediglich wegen der Grundlagenbescheide des Finanzamtes – der Bescheid des Klägers ist wegen des dagegen eingelegten Einspruchs bislang nicht bestandskräftig – gezwungen, den Kläger zur Zahlung der Zweitwohnungssteuer heranzuziehen. Diese Motivation hat der Beklagte sowohl im Ausgangs- als auch im Widerspruchsverfahren und schließlich im Berufungsverfahren zum Ausdruck gebracht. Bereits dies spräche gegen einen Willen des Satzungsgebers, Inhaber von Mobilheimen und ähnlicher „Wohnvehikel“ von der Zweitwohnungssteuerpflicht zu erfassen.

67

In den Satzungsvorgängen ab dem Jahre 2003 – die Gemeinde erhebt bereits seit dem Jahre 1984 Zweitwohnungssteuer – finden sich dementsprechend keine Anhaltspunkte für den Willen des Ortsgesetzgebers zur Besteuerung der Eigentümer von Mobilheimen. Im Gegenteil ist davon auszugehen, dass der Satzungsgeber – die Gemeindevertretung – von der Nichterhebung einer Zweitwohnungssteuer für Mobilheime wusste und hieran nichts ändern wollte.

68

Nichts anderes vermag der Senat dem Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde … an die Interessengemeinschaft Mobilheimplatz … vom 10. Juli 1995 (vgl. Anlage K5, Bl. 92 d.GA) zu entnehmen. Zwar sind danach die Gremien der Gemeinde grundsätzlich zu dem Ergebnis gelangt, Eigentümer von Mobilheimen wegen der ansonsten unterschiedlichen Behandlung im Vergleich zu Eigentümern von Wochenend- und Ferienhäuser zur Zahlung einer Zweitwohnungssteuer heranzuziehen. Allerdings herrschte Unsicherheit in Bezug auf den anzulegenden Steuermaßstab, die durch die Einholung eines Gutachtens beseitigt werden sollte. Dies ist indes nicht geschehen. Vielmehr sind die Eigentümer von Mobilheimen auch weiterhin nicht veranlagt worden. Anders als ein bewusstes Absehen von einer Besteuerung ist diese Vorgehensweise nicht zu werten.

69

Aus den vorgelegten Vorgängen zum Erlass der streitgegenständlichen Satzungen (Satzungsmaterialien) ist für den Senat zudem schon nicht erkennbar, dass der Gemeindevertretung als Ortsgesetzgeber die Schreiben aus dem Jahre 1995 (vgl. Anlagen K5 und K6, Bl. 92f. d. GA) vorgelegen haben. Es ergibt sich aus ihnen aber auch nicht, dass die Gemeindevertretung für den Fall der Bewertung von Mobilheimen als Gebäude auf fremdem Grund und Boden durch das Finanzamt Eigentümer von Mobilheimen zur Zweitwohnungssteuer heranziehen wollte – das Schreiben vom 10. Juli 1995 sah hierfür die Einholung eines Gutachtens als notwendig an – (vgl. zur Notwendigkeit entsprechender Erwägungen bei einer Fremdenverkehrsabgabesatzung: Senatsurteil vom 14. September 2017 – 2 KN 3/15 –, juris, Rn. 68; und bei einer Straßenreinigungsgebührensatzung: Senatsurteil vom 15. Mai 2017 – 2 KN 1/16 – Rn. 78 ff., juris). Die in den Bescheiden des Finanzamtes Ostholstein festgesetzten Einheitswerte, an die der Beklagte sich gebunden fühlt, können deshalb nicht die in dem Schreiben aus dem Jahre 1995 angesprochene Unsicherheit im Hinblick auf den Steuermaßstab beseitigen oder gemäß dem Schreiben nunmehr als Grundlage für die Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer nach in den Jahren 2003, 2005, 2010, 2011 sowie 2014 erlassenen und geänderten Satzungen angesehen werden. Der Senat merkt in diesem Zusammenhang lediglich ergänzend an, dass bewertungsrechtlich ein Gebäude im Sinne des § 70 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) jedes Bauwerk ist, das durch räumliche Umschließung Menschen, Tieren oder Sachen Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und standfest ist, so auch Garagen (vgl. BFH, Urteil vom 18. Juni 1986 – II R 222/83 –, juris, Rn. 7 m.w.N. aus der Rechtsprechung; zu einem Baustellencontainer, der seiner baulichen Gestaltung nach zur Verwendung auf stets wechselnden Einsatzstellen vorgesehen ist). Eine Aussage über die Qualifikation als Zweitwohnung wird damit indes nicht getroffen.

70

3. Da weder die Auslegung nach dem Wortlaut noch nach der Entstehungsgeschichte der Satzungen zu einer Erfassung der Inhaber von Mobilheimen als Zweitwohnungssteuerpflichtige führt, ist überdies für den Kläger als Normadressaten bereits nicht erkennbar, wieso er als Eigentümer eines Mobilheims der Zweitwohnungssteuerpflicht unterliegt. Soll er gleichwohl erfasst werden, stellte dies einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot dar. Nach dem auf dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) beruhenden und insbesondere im Abgabenrecht bedeutsamen verfassungsrechtlichen Gebot der Normenklarheit und des Grundsatzes der Bestimmtheit müssen Abgabenbegründende Tatbestände so geregelt sein, dass der Abgabenpflichtige die auf ihn entfallende Abgabenlast im Voraus bestimmen kann. Die Festlegung eines Abgabentatbestandes muss mit einem Mindestmaß an Bestimmtheit und Klarheit geschehen, und zwar in einer Weise, dass die Norm von dem Normunterworfenen ohne weiteres verstanden und von den Verwaltungsbehörden und Gerichten ohne Willkür gehandhabt werden kann. Der Norminhalt hat eine eindeutige, unmissverständliche und ohne weiteres nachvollziehbare Regelungsaussage zu treffen. Die bloße Auslegungsbedürftigkeit einer Vorschrift nimmt dieser zwar nicht die rechtsstaatlich notwendige Bestimmtheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 1967 – 1 BvR 334/64 –, BVerfGE 21, 209, 215; Beschluss vom 18. Mai 1988 – 2 BvR 579/84 –, BVerfGE 78, 205, 212; Beschluss vom 9. November 1988 – 1 BvR 243/86 –, BVerfGE 79, 106, 120; OVG Schleswig, Urteil vom 11. Januar 2018 – 2 LB 24/16 –, juris, Rn. 47). Indes dürfen die im konkreten Anwendungsfall verbleibenden Ungewissheiten nicht so weit gehen, dass Vorhersehbarkeit und Justiziabilität des Verwaltungshandelns gefährdet sind (vgl. dazu OVG Münster, Beschluss vom 2. August 2011 – 14 B 101/11 –, juris, Rn. 24, siehe auch OVG Schleswig, Urteil vom 11. Januar 2018 – 2 LB 24/16 –, juris, Rn. 27).

71

II. Offen bleiben kann, ob der Beklagte den in § 4 Abs. 3 der Zweitwohnungssteuersatzungen normierten Steuermaßstab auf die Veranlagung von Mobilheimen anwenden kann. Der Senat merkt dazu lediglich an, dass dies Bedenken begegnet.

72

Nach § 4 Abs. 3 ZwStS tritt, wenn eine Jahresrohmiete - wie hier - nicht zu ermitteln ist, an die Stelle des Mietwertes nach Abs. 2 die übliche Miete im Sinne des § 79 Abs. 2 Satz 2 BewG. Gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 BewG ist die übliche Miete in Anlehnung an die Jahresrohmiete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird.

73

Dabei ist ein an die Jahresrohmiete anknüpfender Steuermaßstab zwar, soweit er Zweitwohnungen betrifft, grundsätzlich nicht zu beanstanden. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats (vgl. dazu Beschluss vom 16. August 2016 – 2 LA 82/16 –), wonach der Maßstab einer nach der Mietpreisentwicklung indexierten Jahresrohmiete bundesrechtlich nicht zu beanstanden ist. Er ist grundsätzlich geeignet, den mit der Nutzung einer Wohnung typischerweise betriebenen Aufwand entsprechend ihrem Nutzwert generalisierend, aber dennoch hinreichend realitätsnah darzustellen. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unabhängig davon, ob die Jahresrohmiete gemäß § 79 Abs. 1 BewG nach der zum Hauptfeststellungszeitpunkt am 1. Januar 1964 (Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes vom 13. August 1965 ) konkret geschuldeten Miete oder gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BewG nach der zu jenem Zeitpunkt für das Objekt üblichen Miete ermittelt wird. Ziel ist in beiden Fällen eine realitätsgerechte Einschätzung des Mietwerts der Wohnung, die durch die Indexierung zudem dem aktuellen Preisstand angepasst werden soll. Der Normgeber ist bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu gestalten, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Dabei hat der Normgeber einfache, für die Betroffenen verständliche Regelungen zu wählen, die verlässlich und effizient vollzogen werden können. In diesem Rahmen ist auch eine pauschalierte Erfassung eines tatsächlichen Aufwands grundsätzlich zulässig (BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2003 – 9 C 3.02 –, BVerwGE 117, 345-350).

74

Allerdings lässt sich dieser Maßstab ungeachtet der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Berechnung des Einheitswertes zum Bewertungszeitpunkt 1. Januar 1964 (vgl. Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs vom 22. Oktober 2014 - II R 16/13 -, BFHE 247,150 zum Sachwertverfahren) und ungeachtet eines nach Auffassung des Klägers in § 4 der Satzung nicht dem Bestimmtheitsgebot genügenden geregelten Indexes nicht ohne weiteres auf Mobilheime übertragen. Denn ausgehend von der oben genannten Betrachtungsweise sind Mobilheime keine Wohnungen, sondern können diesen unter bestimmten Voraussetzungen (Ausstattungsmerkmale: Kochgelegenheit und sanitäre Einrichtungen) lediglich gleichgestellt werden (vgl. dazu auch Thiem/ Böttcher, Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein, Kommentar, 21. Lieferung, Stand Januar 2017, Erl. § 3, Rn. 283). Der für Wohnungen in Gebäuden gewählte Steuermaßstab der Jahresrohmiete (§ 79 BewG) ist als Maßstab einer pauschalierten Erfassung eines tatsächlichen Aufwandes bei Mobilheimen nicht geeignet, weil damit nicht gleichzeitig dem Umstand Rechnung getragen wird, dass der vom Inhaber eines Mobilheimes betriebene Aufwand regelmäßig hinter dem von Wohnungsinhabern zurückbleibt.

75

Anknüpfungspunkt für den Aufwand könnte aber die jährlich zu zahlende Nettostandplatzmiete sein. Dabei wäre jedoch zu beachten, dass der Zweitwohnungssteuer keine erdrosselnde Wirkung zukommt, sie also nicht unverhältnismäßig ist. Dies dürfte nicht der Fall sein, wenn sie sich in einem Bereich von bis zu 20 % der jährlichen Nettostellplatzmiete bewegt (vgl. VGH München, Urteil vom 14. April 2011 – 4 B 10.2557 –, juris, Rn. 21; Urteil des Senats vom 19. November 2003 – 2 KN 1/03 –, in welchem der Steuermaßstab einer Satzung: jährlicher Mietaufwand: die Standplatzmiete einschl. Mietnebenkosten entsprechend § 79 BewG nicht beanstandet worden ist; Thiem/ Böttcher, Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein, Kommentar, 21. Lieferung, Stand Januar 2017, Erl. § 3, Rn. 349 m.w.N. aus der Rechtsprechung anderer Obergerichte zur Steuerbemessung bei Wohnwagenstellplätzen: Jahresmiete bzw. Saisonmiete für den Stellplatz zzgl. der üblichen Nebenkosten).

76

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

77

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 Satz 1, § 711 ZPO.

78

Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.


Urteilsbesprechung zu Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 08. März 2018 - 2 LB 97/17

Urteilsbesprechungen zu Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 08. März 2018 - 2 LB 97/17

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 08. März 2018 - 2 LB 97/17 zitiert 22 §§.

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Abgabenordnung - AO 1977 | § 170 Beginn der Festsetzungsfrist


(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist. (2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn1.eine Steuererklärung od

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(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole. (2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen diese

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(1) Bei Bewertungen ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrunde zu legen. (2) Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Ve

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Bewertungsgesetz - BewG | § 79 Jahresrohmiete


(1) Jahresrohmiete ist das Gesamtentgelt, das die Mieter (Pächter) für die Benutzung des Grundstücks auf Grund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Feststellungszeitpunkt für ein Jahr zu entrichten haben. Umlagen und alle sonstigen Leistung

Bewertungsgesetz - BewG | § 70 Grundstück


(1) Jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens bildet ein Grundstück im Sinne dieses Gesetzes. (2) Ein Anteil des Eigentümers eines Grundstücks an anderem Grundvermögen (z. B. an gemeinschaftlichen Hofflächen oder Garagen) ist in das Grundstück

Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes - BewGÄndG | Art 2


(1) Für Grundbesitz findet die nächste Hauptfeststellung der Einheitswerte nach § 21 des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 8 auf den Beginn des Kalenderjahres 1964 statt (Hauptfeststellung 1964). Bei der Hauptfeststellung 1964 gilt

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(1) Jahresrohmiete ist das Gesamtentgelt, das die Mieter (Pächter) für die Benutzung des Grundstücks auf Grund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Feststellungszeitpunkt für ein Jahr zu entrichten haben. Umlagen und alle sonstigen Leistungen des Mieters sind einzubeziehen. Zur Jahresrohmiete gehören auch Betriebskosten (z. B. Gebühren der Gemeinde), die durch die Gemeinde von den Mietern unmittelbar erhoben werden. Nicht einzubeziehen sind Untermietzuschläge, Kosten des Betriebs der zentralen Heizungs-, Warmwasserversorgungs- und Brennstoffversorgungsanlage sowie des Fahrstuhls, ferner alle Vergütungen für außergewöhnliche Nebenleistungen des Vermieters, die nicht die Raumnutzung betreffen (z. B. Bereitstellung von Wasserkraft, Dampfkraft, Preßluft, Kraftstrom und dergleichen), sowie Nebenleistungen des Vermieters, die nur einzelnen Mietern zugute kommen.

(2) Statt des Betrags nach Absatz 1 gilt die übliche Miete als Jahresrohmiete für solche Grundstücke oder Grundstücksteile,

1.
die eigengenutzt, ungenutzt, zu vorübergehendem Gebrauch oder unentgeltlich überlassen sind,
2.
die der Eigentümer dem Mieter zu einer um mehr als zwanzig Prozent von der üblichen Miete abweichenden tatsächlichen Miete überlassen hat.
Die übliche Miete ist in Anlehnung an die Jahresrohmiete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird.

(3) (weggefallen)

(4) (weggefallen)

(5) Bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen gelten für die Höhe der Miete die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt.

(1) Bei Bewertungen ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrunde zu legen.

(2) Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

(3) Als persönliche Verhältnisse sind auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind. Das gilt insbesondere für Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilligen Anordnungen beruhen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entstehen, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Gründe

1

Nachdem die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden, und zwar nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes (§ 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO).

2

Die Kosten sind danach dem Antragsteller aufzuerlegen, denn sein Antrag, die Satzung über die Erhebung einer Stellplatzsteuer der Gemeinde … vom 10. Dezember 2003 in Form der 1. Änderungssatzung vom 03. März 2004 für nichtig zu erklären, wäre voraussichtlich abgelehnt worden. Gegenstand der Beurteilung ist nicht die genannte Satzung in Form der 2. Änderungssatzung vom 13. April 2005. Denn der Antragsteller hatte, wie sich aus seiner Antragsschrift ergibt, die Stellplatzsteuersatzung der Gemeinde … in Form der 1. Änderungssatzung zum Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung gemacht. Diesen Antrag hat er nicht nach Erlass der 2. Änderungssatzung umgestellt.

3

Soweit der Antragsteller die Satzung der Antragsgegnerin insgesamt zum Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung gemacht hatte, war sein Antrag nach § 47 Abs.1 Ziffer 2 VwGO i.V.m. § 5 AG VwGO teilweise unzulässig. Gemäß § 47 Abs. 1 VwGO ist der Normenkontrollantrag nur im Rahmen der Gerichtsbarkeit, d.h. der Rechtswegzuständigkeit (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO) des Oberverwaltungsgerichts zulässig. Für den Vollzug des § 8 der Satzung, der Ordnungswidrigkeitenbestimmungen enthält, ist wegen fehlender öffentlich-rechtlicher Streitigkeit der Verwaltungsrechtsweg und damit auch die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts nicht gegeben (Senatsurteil v. 20.03.2002 - 2 K 4/00 -, NordÖR 2002, 453 = SchIHA 2002, 161; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 47 Rdnrn. 17, 18).

4

Jedenfalls hätte der Antrag des Antragstellers hinsichtlich der in die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts fallenden Satzungsbestimmungen voraussichtlich auch in der Sache keinen Erfolg gehabt. Die nach § 65 LVwG erforderliche gesetzliche Grundlage für die Satzung ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG und Art. 105 Abs. 2 a GG. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG können die Gemeinden und Kreise örtliche Verbrauchs- und Aufwandsteuern erheben, soweit sie nicht dem Land vorbehalten sind. Art. 105 Abs. 2 a GG bestimmt, dass die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern haben, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind.

5

Bei der von der Antragsgegnerin erhobenen Steuer auf Mobilheime, Wohnmobile sowie Wohn- oder Campingwagen handelt es sich um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG (so auch § 1 der Satzung), die im Verhältnis zu bundesrechtlich geregelten Steuern nicht gleichartig ist. Aufwandsteuern sind Steuern auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BVerfG, Beschl. v. 06.12.1983 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, S. 325). Das ist nicht schon dann der Fall, wenn eine Steuer überhaupt an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anknüpft. Örtliche Aufwandsteuern erfassen vielmehr nur den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 10.10.1995 - 8 C 40/93 -, BVerwGE 99, S. 303).

6

In der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist inzwischen allgemein anerkannt, dass mit dem Innehaben von Mobilheimen, Wohnmobilen sowie Wohn- und Campingwagen auf einem Dauerstandplatz grundsätzlich ein besteuerbarer besonderer Aufwand für die persönliche Lebensführung betrieben wird, der über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 31.07.1986 - 2 S 892/85 -; OVG Magdeburg, Urt. v. 23.11.2000 - 2 S 334/99 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 15.03.1999 - 22 A 391/98 -; Urt. des Senats v. 19.11.2003 - 2 KN 1/03 -; VG Köln, Urt. v. 04.10.2001 - 20 K 8502/98 -; VG Münster, Beschl. v. 06.10.1997 - 9 L 1126/97 -; Urt. v. 10.12.2003 - 9 K 1775/00 -; VG Trier, Urt. v. 14.01.2003 - 2 K 1277/02 -). Das Innehaben eines Mobilheims, das nicht als Hauptwohnung genutzt wird, dient ebensowenig wie das Innehaben einer Zweitwohnung der Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs, selbst wenn man Urlaub und Erholung als dazugehörig ansieht. Der Aufwand für einen Wohnwagen auf einem Campingplatz, dazu gehören insbesondere die Erwerbskosten für das Fahrzeug sowie die Stellplatzkosten (hier: 680,00 Euro im Jahr), überschreitet die Bagatellgrenze und geht über die Deckung der Grundbedürfnisse des Lebens hinaus. Er stellt deshalb die persönliche Lebensführung dar und ist damit grundsätzlich einer Besteuerung nach § 3 Abs. 1 KAG i.V.m. Art. 105 Abs. 2 a GG fähig (Urt. des Senats, a.a.O.). Bei der von der Antragsgegnerin erhobenen Stellplatzsteuer handelt es sich auch um eine örtliche Steuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2 a GG, § 3 Abs. 1 Satz 1 G. Gemäß § 2 der Satzung ist Gegenstand der Steuer das Innehaben eines Stellplatzes auf einem Campingplatz im Gemeindegebiet. Damit knüpft die Steuer an die Belegenheit einer Sache im Gebiet der steuererhebenden Gemeinde an und ist in ihren unmittelbaren Wirkungen auf das Gemeindegebiet begrenzt (BVerfG, a.a.O.).

7

Die Stellplatzsteuer für Dauercamper ist auch keiner bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig.

8

Die Stellplatzsteuer und die Einkommensteuer schöpfen jeweils verschiedene Quellen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit aus: Durch die Einkommensteuer die Einkommenserzielung und durch die Stellplatzsteuer die Einkommensverwendung (vgl. zur Zweitwohnungssteuer BVerfG, a.a.O.).

9

Stellplatzsteuer und Grundsteuer sind ebenfalls nicht gleichartig. Die Steuergegenstände sind verschieden. Bei der Grundsteuer ist dieser die Ertragsfähigkeit des Grundbesitzes als einer möglichen Einnahmequelle. Die Stellplatzsteuer erfasst dagegen das Innehaben eines Mobilheimes o.ä. als Form einer Einkommensverwendung (BVerfG, a.a.O.).

10

Eine Gleichartigkeit im Hinblick auf die Kfz-Steuer scheitert daran, dass es sich bei der Kfz-Steuer nicht um eine Aufwandsteuer, sondern um eine Verkehrssteuer handelt. Sie knüpft nicht an den für den Betrieb des Fahrzeugs notwendigen Aufwand, sondern an die Zulassung eines Fahrzeugs zum öffentlichen Verkehr und damit an das Recht an, ein Fahrzeug auf öffentlichen Straßen in Betrieb setzen zu dürfen (BFH, Urt. v. 07.03.1984 - II R 40/80 -; vgl. auch VG Münster, Beschl. v. 06.10.1997 - 9 L 1126/97 -).

11

Der Einwand des Antragstellers, die Satzung der Gemeinde … vom 10. Dezember 2003 in Form der 1. Änderungssatzung vom 03. März 2004 sei rechtswidrig gewesen, weil sie gegen das Gebot der Normenklarheit verstoßen habe, ist nicht berechtigt. § 2 der Satzung regelt, an welchen Lebenssachverhalt die Stellplatzsteuer anknüpft, nämlich an das Innehaben eines Stellplatzes auf einem Campingplatz im Gemeindegebiet für einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum (Dauercamper). Dementsprechend knüpft auch § 5 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Satzung hinsichtlich des Beginns und des Endes der Steuerpflicht an den Beginn und das Ende des Innehabens des Dauerstellplatzes an. § 3 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Satzung bestimmt hingegen, wer - sofern die Voraussetzungen des § 2 erfüllt sind - steuerpflichtig ist. Das ist derjenige, der sein Mobilheim o.ä. an mindestens 51 Tagen im Jahr auf einem eigenen oder fremden Grundstück, und zwar einem Campingplatz im Gemeindegebiet (§ 2 der Satzung), zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs aufgestellt hat. Die Legaldefinition des nicht vorübergehenden Zeitraums in § 3 Abs. 1 Satz 2 der Satzung bezieht sich sowohl auf das Abstellen des Mobilheims o.ä. als auch auf das Innehaben eines Stellplatzes in § 2. Eine Steuerpflicht kann somit nur entstehen, wenn auf dem Stellplatz auch tatsächlich an mindestens 51 Tagen ein Mobilheim o.ä. abgestellt ist.

12

Die Erhebung einer Steuer auf das Abstellen von Mobilheimen verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Im Bereich des Steuerrechts ist der Gesetzgeber an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit gebunden. Bei der Erschließung von Steuerquellen hat er eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Diese endet dort, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also kein einleuchtender Grund mehr für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung besteht (BVerfG, a.a.O.).

13

In seinem Urteil vom 19. November 2003 (Az.: 2 KN 1/03) hatte der Senat die steuerliche Gleichstellung von Mobilheimen usw. mit Zweitwohnungen in der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer der Gemeinde ... in Form der 1. Änderungssatzung vom 11. Oktober 2001 beanstandet. Diesen rechtlichen Bedenken hat die Gemeinde ... dadurch Rechnung getragen, dass sie die Erhebung einer Stellplatzsteuer für Dauercamper nunmehr in einer besonderen Satzung regelt. Damit hat die Antragsgegnerin deutlich gemacht, dass sie die Stellplatzsteuer nicht als Sonderfall der Zweitwohnungssteuer, sondern als Steuer eigener Art ansieht. Eine Vergleichbarkeit mit Wohnungen liegt bei Mobilheimen o.ä. zwar darin, dass beide als Unterkunft dienen.

14

Während Wohnungen im üblichen Sinn und die darin befindlichen Aufenthaltsräume jedoch bestimmte, im Gesetz (vgl. etwa §§ 51 ff. LBO) niedergelegte Mindestanforderungen erfüllen müssen, gelten diese Mindeststandards für Mobilheime nicht, mögen einige mobile Unterkünfte hinsichtlich ihrer Ausstattung auch dem Wohnungsbegriff des Zweitwohnungssteuerrechts genügen. Ausreichend ist nach allgemeiner Meinung, wenn Einrichtungen wie Kochgelegenheit, Trinkwasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Stromversorgung und Heizung in vertretbarer Nähe zur Verfügung stehen (OVG Magdeburg, a.a.O., m.w.N.). Diese Voraussetzung ist in aller Regel beim Abstellen von Mobilheimen o.ä. für einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum, d.h. zum Zwecke des Dauercampens (§ 2 der Satzung) erfüllt. Gemäß § 36 Abs. 1 LNatSchG dürfen Zelte und sonstige bewegliche Unterkünfte (Wohnwagen) grundsätzlich nur auf einem Zelt- und Campingplatz aufgestellt und benutzt werden. Zelt- und Campingplätze müssen gemäß § 36 Abs. 5 Satz 1 LNatSchG in Verbindung mit der Zelt- und Campingplatzverordnung vom 15. Juni 2001 (GVOBI. 2001, S. 104) bestimmte Mindestanforderungen insbesondere hinsichtlich der Hygiene sowie der ordnungsgemäßen Ver- und Entsorgung erfüllen.

15

Die Ausgestaltung des Steuermaßstabs (§ 4 der Satzung) ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Insoweit kommt dem Satzungsgeber eine weite Gestaltungsfreiheit zu (BVerfG, Beschl. v. 29.11.1989 - 1 BvR 1402/87-1528/87 -, BVerfGE 81, S. 108). Die Satzungsregelung, wonach die Steuer 10 v.H. der im Kalenderjahr zu zahlenden Standplatzmiete einschließlich der Mietnebenkosten entsprechend der Bestimmungen des § 79 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes beträgt (§ 4 Satz 1) bzw. bei Eigennutzung die in vergleichbaren Fällen zu zahlende Standplatzmiete einschließlich Nebenkosten im Sinne des Satzes 1 zugrunde zu legen ist (§ 4 Satz 2), war bereits Gegenstand des vor dem Oberverwaltungsgericht anhängigen Normenkontrollverfahrens (Az.: 2 KN 1/03) und ist von dem Senat in seinem Urteil vom 19. November 2003 rechtlich nicht beanstandet worden.

16

Der Einwand des Antragstellers, die Satzung differenziere nicht danach, wie intensiv die tatsächliche Nutzung des Stellplatzes erfolge, ist unberechtigt. Der Senat hat in seinem zitierten Urteil bereits darauf hingewiesen, dass bei einem nicht ganzjährig nutzbaren Standplatz die Miete und damit auch die Steuer entsprechend geringer ausfällt. Im Übrigen kommt es nicht auf den Umfang der tatsächlichen Nutzung an, sondern auf die Möglichkeit derselben. Der besondere Aufwand kommt bereits in dem Vorhalten des Mobilheims zum Ausdruck und nicht erst in einer tatsächlich ausgeübten Nutzung (BVerwG, Urt. v. 26.09.2001 - 9 C 1.01 -, BVerwGE 115, S. 165 zur Zweitwohnungssteuer).

17

Es verstößt schließlich nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip, dass sowohl die Satzung über die Erhebung einer Stellplatzsteuer für Dauercamper in der Gemeinde … vom 10. Dezember 2003 als auch die 1. Änderungssatzung vom 03. März 2004 rückwirkend in Kraft getreten sind. § 2 Abs. 2 KAG lässt den Erlass einer Satzung mit rückwirkender Kraft ausdrücklich zu. Zwar handelt es sich jeweils um sogenannte echte Rückwirkungen. Denn die Satzungen haben den Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs in § 9 bzw. Art. 2 (1. Änderungssatzung) jeweils auf den 01. Januar 2002 und damit auf einen Zeitpunkt festgelegt, zu dem die Satzungen noch nicht gemäß § 68 Satz 1 LVwG bekannt gemacht worden und damit rechtlich existent geworden sind (BVerwG, Urt. v. 26.02.2003 - 9 CN 2/02 -, NVwZ-RR 2003, 522). Zwar ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 KAG grundsätzlich auch der Erlass einer Satzung mit echter Rückwirkung möglich. Dabei sind jedoch die durch das Rechtsstaatsprinzip gebotenen Grenzen zu beachten. Zu den Grundlagen des Rechtsstaats zählt die Rechtssicherheit, die das Vertrauen der Bürger in die geltende Rechtsordnung schützt. Insbesondere Abgabengesetze, die in schon abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreifen, sind deswegen nur insoweit zulässig, als der Vertrauensschutz ausnahmsweise keinen Vorrang beansprucht. In dem Vertrauensschutz findet das Rückwirkungsverbot somit nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (BVerwG, Urt. v. 26.02.2003, a.a.O.).

18

Durch die den Gegenstand dieses Verfahrens bildende Satzung wurde in der Gemeinde … nicht erstmalig rückwirkend zum 01. Januar 2002 eine neue Abgabe eingeführt. Eine Stellplatzsteuer für Dauercamper erhob die Gemeinde bereits auf Grund ihrer Zweitwohnungssteuersatzung in Form der 1. Änderungssatzung vom 11. Oktober 2001, die ebenfalls am 01. Januar 2002 in Kraft getreten war. Von diesem Zeitpunkt an bestand somit für die nach der Satzung Steuerpflichtigen kein schutzwürdiges Vertrauen mehr darauf, diese Abgabe nicht entrichten zu müssen. Die den Gegenstand dieses Verfahrens bildende Satzung über die Erhebung einer Stellplatzsteuer entspricht inhaltlich auch im Wesentlichen den dazu in der genannten Zweitwohnungssteuersatzung getroffenen Regelungen. Die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin beschloss eine neue Satzung und anschließend eine Änderungssatzung, um den seinerzeit vom Senat in seinem Urteil vom 19. November 2003 geltend gemachten Bedenken Rechnung zu tragen und eventuelle Widersprüche und Ungenauigkeiten in der ursprünglichen Satzung zu beseitigen. Diese Gründe rechtfertigen regelmäßig den rückwirkenden Erlass einer Satzung (Thiem/Böttcher, KAG S-H, Erl. § 2 KAG Rdnrn. 65, 68). § 2 Abs. 2 Satz 3 KAG stellt im Übrigen sicher, dass Abgabenpflichtige durch die rückwirkend erlassene Satzung nicht ungünstiger gestellt werden als nach der bisherigen Satzung. Dies ist in § 9 Satz 3 der Satzung vom 10. Dezember 2003 und Art. 2 Satz 2 der 1. Änderungssatzung vom 03. März 2004 auch ausdrücklich geregelt.

19

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG n.F..

20

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG n.F.).


(1) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werk, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist.

(2) Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind, gehören nicht zu den Bestandteilen des Gebäudes.

13
(1) Werden Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen von einem Pächter auf dem von ihm genutzten Grundstück eingebracht und mit diesem fest verbunden, so spricht eine Vermutung dafür, dass dies mangels besonderer Vereinbarungen nur in seinem Interesse für die Dauer des Pachtverhältnisses und damit nur zu einem vorübergehenden Zweck im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB geschehen sollte, mit der Folge, dass diese eingebrachten Sachen als bloße "Scheinbestandteile" nicht gemäß §§ 93, 94 BGB in das Eigentum des Grundstückseigentümers übergehen, sondern im Eigentum des Pächters verbleiben (vgl. hierzu Senatsurteil vom 13. Februar 2003 - III ZR 176/02, VIZ 2003, 391, 392; BGH, Urteile vom 4. Juli 1984 - VIII ZR 270/83, BGHZ 92, 70, 73 f; vom 31. Oktober 1986 - V ZR 168/85, NJW 1987, 774; vom 20. Mai 1988 - V ZR 269/86, BGHZ 104, 298, 301 und vom 22. Dezember 1995 - V ZR 334/94, NJW 1996, 916, 917; MünchKommBGB/Stresemann, 6. Aufl., § 95 Rn. 8, 10). Diese Vermutung wird nicht schon bei einer massiven Bauart des Gebäudes oder bei langer Dauer des Vertrags entkräftet (Senatsurteil vom 13. Februar 2003 aaO; BGH, Urteile vom 4. Juli 1984 aaO S. 74 und vom 22. Dezember 1995 aaO mwN). Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass der Pächter bei der Einbringung den Willen hat, die Sache bei Beendigung des Vertragsverhältnisses in das Eigentum des Verpächters beziehungsweise eines dritten Grundstückseigentümers fallen zu lassen (Senatsurteil vom 13. Februar 2003 aaO; BGH, Urteile vom 4. Juli 1984 aaO; vom 20. Mai 1988 aaO und vom 22. Dezember 1995 mwN; MünchKommBGB/Stresemann aaO).

(1) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werk, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist.

(2) Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind, gehören nicht zu den Bestandteilen des Gebäudes.

Bestandteile einer Sache, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (wesentliche Bestandteile), können nicht Gegenstand besonderer Rechte sein.

(1) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.

(2) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
GRUNDURTEIL
III ZR 176/02
Verkündet am:
13. Februar 2003
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zum Begriff des Wohnungsgartens im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2

b) Darf eine auf der Kleingartenparzelle errichtete, im Eigentum des Pächters
stehende Baulichkeit von diesem nach der Überleitungsvorschrift
des § 20a Nr. 8 BKleingG weiterhin zu Wohnzwecken genutzt werden,
so handelt es sich bei dieser Parzelle auch dann nicht um einen Wohnungsgarten
im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BKleingG, wenn dem Pächter
im Zusammenhang mit dem Erwerb dieser Baulichkeit nach dem Wohnraumlenkungsrecht
der DDR eine Zustimmung zum Wohnungstausch
erteilt worden war.

c) Der Verpächter kann auch dann ein angemessenes Wohnlaubenentgelt
nach § 20a Nr. 8 Satz 2 BKleingG verlangen, wenn es sich bei der
zu Wohnzwecken genutzten Baulichkeit um ein Eigenheim im Sinne
des DDR-Rechts handelt, das nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. e
SachenRBerG der Sachenrechtsbereinigung unterliegt.
BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - III ZR 176/02 - LG Berlin
AG Pankow/Weißensee
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Februar 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die
Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick und Dörr

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil der Zivilkammer 61 des Landgerichts Berlin vom 8. April 2002 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 27. März 2001 teilweise abgeändert.
Die Klageansprüche sind im noch anhängigen Umfang dem Grunde nach gerechtfertigt.
Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung über den Betrag der Ansprüche und über die Kosten des Revisionsrechtszuges an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Am 1. März 1971 schloß der Kreisverband Nordost des Verbands der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (VKSK) mit dem Beklagten und seiner inzwischen verstorbenen Ehefrau einen Pachtvertrag über eine in der
Kleingartenanlage "R. " in Berlin-W. gelegene Parzelle. Die neuen Pächter erwarben von dem Vorpächter die auf der Kleingartenparzelle befindliche und zu Wohnzwecken genutzte Baulichkeit. Der frühere Pächter bezog im Gegenzuge die bisher von dem Beklagten und seiner Ehefrau genutzte Stadtwohnung. Bereits mit Bescheinigung vom 24. Februar 1971 hatte der Rat des Stadtbezirks Berlin-W. dem Beklagten die Zustimmung zu dem Wohnungstausch von Berlin-W. , C. Straße nach BerlinW. , Anlage R. , Parzelle erteilt.
Der Kläger verlangt aus abgetretenem Recht vom Beklagten Zahlung von Wohnlaubenentgelt für den Zeitraum von 1995 bis 1997 und anteilige Erstattung von öffentlich-rechtlichen Lasten für die Jahre 1995 bis 1997 sowie 1998 und 1999. Das Amtsgericht hat die Klage bis auf einen geringfügigen Betrag rückständiger Pachtzinsen, den der Kläger ebenfalls geltend gemacht hatte, abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt unter Aufhebung des Berufungsurteils und teilweiser Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zum Erlaß eines Grundurteils (§ 304 ZPO).

I.


Nach Auffassung der Vorinstanzen steht dem Kläger als Zessionar ein Anspruch auf Wohnlaubenentgelt nach § 20a Nr. 8 Satz 2 BKleingG und ein Anspruch auf (anteilige) Erstattung der öffentlich-rechtlichen Lasten nach § 5 Abs. 5 Satz 1 BKleingG nicht zu, weil das Bundeskleingartengesetz auf das bezüglich der vom Beklagten genutzten Parzelle bestehende Vertragsverhältnis nicht anwendbar sei: Der vom Beklagten genutzte Garten sei ein Wohnungsgarten im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BKleingG und mithin kein Kleingarten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes.
Dem ist nicht zu folgen.
1. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BKleingG ist ein Garten auch dann, wenn - wie hier - die äußeren Merkmale eines Kleingartens erfüllt sind (vgl. § 1 Abs. 1 BKleingG), kein Kleingarten, wenn der Garten dem zur Nutzung einer Wohnung Berechtigten im Zusammenhang mit der Wohnung überlassen ist (Wohnungsgarten ).

a) Die Bestimmung erfaßt die Fälle, in denen der Nutzer aus abgeleitetem Recht - in der Regel aufgrund eines Miet- oder Pachtvertrags - eine Wohnung nutzt und die Überlassung des Gartens in engem Zusammenhang mit der Überlassung der Wohnung erfolgt ist, und zwar dergestalt, daß sich die Überlassung des Gartens als Annex zur Überlassung der Wohnung darstellt. Dabei liegt der Sinn der gesetzlichen Regelung darin sicherzustellen, daß im Falle der Beendigung des über die Wohnung bestehenden Nutzungsverhältnisses auch der zur Wohnung gehörende Garten wieder zur freien Verfügung steht.
Der Gleichlauf von Wohnungs- und Gartennutzungsverhältnis wäre gefährdet, wenn für diese Nutzungsverhältnisse unterschiedliche Kündigungsmöglichkeiten bestünden, also etwa eine ausgesprochene Kündigung des Wohnungsmietvertrags nach den §§ 568 ff BGB n.F. (§§ 564a ff BGB a.F.), hingegen die Kündigung des Gartenpachtvertrags nach den §§ 8 ff BKleingG zur beurteilen wäre (vgl. Mainczyk, BKleingG, 8. Aufl., § 1 Rn. 27; Stang, BKleingG, 2. Aufl., § 1 Rn. 33 ff).

b) Vorliegend kann von der Überlassung einer Wohnung im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BKleingG, mit der die Überlassung des Gartens im Zusammenhang stehen könnte, schon deshalb nicht gesprochen werden, weil der Gebrauch der auf dem Gartengrundstück befindlichen Baulichkeit nicht durch den Verpächter des Grundstücks oder einen sonstigen Dritten gewährt wird, sondern aufgrund eigenen (Eigentums-)Rechts des Pächters erfolgt.
aa) Verbindet ein Pächter, Mieter oder in ähnlicher Weise schuldrechtlich Berechtigter Sachen mit dem Grund und Boden, so spricht nach feststehender Rechtsprechung regelmäßig eine Vermutung dafür, daß dies mangels besonderer Vereinbarungen nur in seinem Interesse für die Dauer des Vertragsverhältnisses und damit zu einem vorübergehenden Zweck geschieht (vgl. § 95 Abs. 1 BGB). Diese Vermutung wird nicht schon bei einer massiven Bauart des Bauwerks oder bei langer Dauer des Vertrags entkräftet; vielmehr ist erforderlich, daß der Erbauer bei der Errichtung des Baus den Willen hat, das Bauwerk bei Beendigung des Vertragsverhältnisses in das Eigentum seines Vertragspartners übergehen zu lassen (vgl. BGHZ 92, 70, 73 ff; BGH, Urteil vom 22. Dezember 1995 - V ZR 334/94 - NJW 1996, 916, 917, insoweit in BGHZ 131, 368 nicht abgedruckt; jeweils m.w.N.). Demzufolge ist im allgemei-
nen davon auszugehen, daß ein Bauwerk, das der Pächter oder Mieter eines Grundstücks auf dem pacht- oder mietgegenständlichen Grund und Boden errichtet , als bloßer Scheinbestandteil des Grundstücks anzusehen ist und mithin im Eigentum des Pächters oder Mieter steht.
bb) An dieser Rechtslage hat sich, soweit hier von Interesse, in der ehemaligen DDR auch nach Inkrafttreten des Zivilgesetzbuchs vom 19. Juni 1975 (GBl. I S. 465) nichts geändert. Nach § 296 Abs. 1 Satz 1 ZGB waren Wochenendhäuser und andere Baulichkeiten, die der Erholung, Freizeitgestaltung oder ähnlichen persönlichen Bedürfnissen der Bürger dienten und in Ausübung eines vertraglich vereinbarten Nutzungsrechts nach Maßgabe der §§ 312 bis 315 ZGB - Nutzung von Bodenflächen zur Erholung, wozu auch die Überlassung von Bodenflächen zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung gehörte, vgl. § 312 Abs. 1 Satz 1 ZGB - errichtet wurden, unabhängig vom Eigentum am Boden Eigentum des Nutzungsberechtigten (vgl. Senatsurteil BGHZ 139, 235, 238 ff sowie 242 f).
cc) Daß hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse an dem von dem Beklagten bewohnten, auf der gepachteten Parzelle befindlichen Bauwerk etwas anderes gelten könnte, ist nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Vielmehr ist es unter den Parteien unstreitig, daß der Beklagte und seine Ehefrau im Zusammenhang mit dem Abschluß des Grundstückspachtvertrags im Jahre 1971 dieses Bauwerk vom Vornutzer käuflich erworben haben.
2. Auch für eine analoge Anwendung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BKleingG ist kein Raum.

a) Es versteht sich, daß der Zusammenhang zwischen Nutzung zu Wohnzwecken und Nutzung zu kleingärtnerischen Zwecken besonders eng ist, wenn sich das als Wohnung benutzte Gebäude auf der Kleingartenparzelle selbst befindet. Diese Konstellation kann indes nach dem Regelungskonzept des Bundeskleingartengesetzes innerhalb einer Kleingartenanlage an sich nicht auftreten, so daß es insoweit bereits an einer Regelungslücke fehlt, die im Wege eines Analogieschlusses zu beseitigen wäre.
Nach § 3 Abs. 2 BKleingG darf in Kleingärten nur eine Laube in einfacher Ausführung errichtet werden, die nach ihrer Beschaffenheit, insbesondere nach ihrer Ausstattung und Einrichtung, nicht zum dauernden Wohnen geeignet sein darf. Abreden, die dem Pächter die Errichtung einer Laube mit einer größeren Grundfläche als 24 m² oder gar den Bau eines Wohnhauses erlauben , sind nach § 134 BGB nichtig. Rechtswidrig errichtete "Luxuslauben" oder eine gesetzwidrige Dauer-Wohnnutzung lösen grundsätzlich Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche des Verpächters aus (Mainczyk aaO § 3 Rn. 37 ff).

b) Allerdings hält das Bundeskleingartengesetz in seinem § 18 und seinem § 20a Nr. 7 und 8 Sonderregelungen für übergroße Lauben und solche Lauben bereit, die zu Wohnzwecken benutzt werden, sofern - wie hier - diese Nutzung zeitlich vor der Anwendbarkeit des Bundeskleingartengesetzes einsetzte - also in den alten Bundesländern (§ 18 BKleingG) vor Inkrafttreten des Bundeskleingartengesetzes am 1. April 1983 (§ 22 BKleingG) und in den neuen Bundesländern (§ 20a Nr. 7 und 8 BKleingG) vor dem Wirksamwerden des Beitritts am 3. Oktober 1990 - und der damaligen Rechtslage entsprach. Diese Überleitungsvorschriften, die dem Pächter der Kleingartenparzelle Bestandsschutz gewähren, stehen jedoch der Anwendbarkeit des Bundeskleingartenge-
setzes im übrigen nicht entgegen, sondern setzen diese vielmehr voraus: Danach hindert eine "altrechtliche", mit Bestandsschutz versehene Wohnnutzung nicht die Einstufung des Grundstücks als Kleingartenland. Dies gilt selbst dann noch, wenn die Wohnnutzung überwiegt (BGHZ 117, 394, 397; BGH, Urteil vom 21. Dezember 1965 - V ZR 45/63 - NJW 1966, 596; Mainczyk aaO § 18 Rn. 7).

c) Nicht zu folgen ist der Erwägung des Berufungsgerichts, die klagegegenständliche Parzelle sei deshalb als Wohnungsgarten im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BKleingG zu behandeln, weil der Pächterwechsel nicht lediglich durch Vereinbarungen der Beteiligten, also des VKSK, der neuen Pächter und des Vorpächters, zustande gekommen sei, sondern die Nutzung der Wohnlaube durch staatliche Stellen vorbestimmt worden sei und der Garten zwingend an den zugewiesenen Nutzer habe vergeben werden müssen.
aa) Die Frage, welche rechtlichen Konsequenzen sich daraus ergeben, daß sich bei Inkrafttreten des Bundeskleingartengesetzes oder bei Wirksamwerden des Beitritts auf der Kleingartenparzelle eine den Rahmen des § 3 Abs. 2 BKleingG sprengende Baulichkeit befindet, ist allein nach den zum maßgeblichen Zeitpunkt - 1. April 1983 oder 3. Oktober 1990 - herrschenden Gegebenheiten zu beantworten. Dabei macht es grundsätzlich keinen Unterschied , ob der Pächter die in seinem Eigentum stehende, übergroße oder zu Wohnzwecken genutzte Laube selbst errichtet oder von einem Vornutzer erworben hat (vgl. Mainczyk aaO § 18 Rn. 4, § 20a Rn. 28); die näheren Umstände des Eigentumserwerbs spielen keine Rolle. Es ist daher regelmäßig unerheblich, ob der Vertragsschluß über den Kauf der Baulichkeit dem Wechsel im Pachtverhältnis nachfolgte oder zeitlich voranging, ob für den neuen Ei-
gentümer und Pächter die Wohnnutzung der Baulichkeit oder die kleingärtnerische Nutzung der Bodenfläche im Vordergrund stand und für den Entschluß, die notwendigen rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen mit dem Vornutzer und dem Verpächter der Grundstücksparzelle zu treffen, maßgeblich war. Ebensowenig ist von Belang, ob und welchen Einfluß staatliche Organe auf das Zustandekommen dieser Abreden genommen haben.
bb) Dementsprechend kommt vorliegend, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, der dem Beklagten vom Rat des Stadtbezirks Berlin-W. erteilten Zustimmung zum Wohnungstausch für die rechtliche Beurteilung keine ausschlaggebende Bedeutung zu.
(1) In der DDR gründete die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum auf staatlicher Lenkung (vgl. die Verordnung über die Lenkung des Wohnraumes - WRLVO - vom 14. September 1967, GBl. II S. 733). Die für die Wohnraumlenkung zuständigen Organe trafen ihre Entscheidungen zur Wohnraumvergabe durch Zuweisung von Wohnraum und durch Förderung des Wohnungstausches , der der vorherigen Zustimmung der zuständigen staatlichen Organe bedurfte (§§ 9 ff, § 12 Abs. 1 Satz 3 WRLVO). Dessen ungeachtet gründete das Recht zur Wohnraumnutzung regelmäßig nicht unmittelbar auf der Entscheidung der staatlichen Lenkungsorgane, sondern auf dem Mietvertrag , den der jeweilige Hauseigentümer, Rechtsträger, Verwalter oder sonst Verfügungsberechtigte auf der Grundlage der Wohnraumzuweisung mit dem Wohnungssuchenden abzuschließen hatte (vgl. § 18 WRLVO sowie §§ 99, 100 Abs. 1 ZGB; siehe hierzu auch BGH, Urteil vom 10. Januar 2003 - V ZR 230/02 - zur Veröffentlichung bestimmt), oder der mit dem neuen Mieter auf-
grund des zwischen diesem und dem Vormieter zustande gekommenen Tauschvertrags (vgl. § 126 ZGB) fortgesetzt wurde.
(2) Der Kläger stellt bereits in Abrede, daß die auf der Kleingartenparzelle befindliche, im Eigentum des Vorpächters stehende Baulichkeit überhaupt der Wohnraumlenkung unterlag (vgl. § 13 Abs. 2 WRLVO, wonach Wohnraum in Eigenheimen nicht der Erfassung unterlag, wenn dieser von Eigentümern und deren Familienangehörigen bewohnt und für ihre Wohnraumversorgung benötigt wurde); er ist der Auffassung, daß die erteilte Zustimmung zum Wohnungstausch nur deshalb erforderlich war, damit der Vornutzer die frühere Stadtwohnung des Beklagten und seiner Ehefrau beziehen konnte.
Ob dies zutrifft, kann dahinstehen. Jedenfalls bietet die erteilte Genehmigung keinen Anhalt für die Annahme, daß der Beklagte und seine Ehefrau in Vollzug des genehmigten Wohnungstausches in einen zwischen dem Vorpächter und dem VKSK oder einem sonstigen Dritten bestehenden Wohnraummietvertrag eingetreten sind oder einen derartigen Mietvertrag neu abgeschlossen haben. Vielmehr ist aufgrund des Parteivorbringens - was auch das Berufungsgericht letztlich nicht anders sieht - davon auszugehen, daß der Beklagte die Baulichkeit vom Vormieter käuflich erworben hat, es also an einer - die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 2 Nr. 2 BKleingG allein rechtfertigenden - Überlassung von Wohnraum durch den VKSK oder einen Dritten fehlt.

II.


Das Berufungsurteil ist aufzuheben, da das Berufungsgericht zu Unrecht die Anwendbarkeit des Bundeskleingartengesetzes verneint und so Ansprüche nach § 5 Abs. 5 Satz 1 und § 20a Nr. 8 Satz 2 BKleingG von vornherein abgelehnt hat.
Der Senat kann bereits jetzt ein Grundurteil erlassen (§ 304 ZPO). Insbesondere kann der Kläger auch dann die (anteilige) Erstattung von öffentlichrechtlichen Lasten (§ 5 Abs. 5 Satz 1 BKleingG) und Wohnlaubenentgelt (§ 20a Nr. 8 Satz 2 BKleingG) verlangen, wenn - was nach dem Parteivorbringen in Frage kommen kann - es sich bei der vorhandenen Baulichkeit um ein Eigenheim im Sinne des DDR-Rechts handeln sollte, das nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. e SachenRBerG der Sachenrechtsbereinigung unterliegt (vgl. eingehend hierzu Senatsurteil BGHZ 139, 235).
1. Der Nutzer, der zum Zwecke der Bereinigung der an dem betreffenden Grundstück bestehenden Rechtsverhältnisse Ansprüche auf Bestellung von Erbbaurechten oder auf Ankauf geltend machen will (vgl. § 3 Abs. 1 SachenRBerG), hat bis zur Durchsetzung dieser Ansprüche das nach den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen - hier des Bundeskleingartengesetzes - für die vertragsgemäße Nutzung geschuldete Entgelt in voller Höhe zu entrichten; auch ist nicht etwa in Anrechnung des für zurückliegende Zeiten gezahlten Nutzungsentgelts ein geringerer Kaufpreis zu zahlen (vgl. BVerfGE 98, 17, 44).
2. Nach § 20a Nr. 8 Satz 2 BKleingG kann der Verpächter für die dauernde Nutzung einer Laube zu Wohnzwecken ein angemessenes Zusatzentgelt verlangen. Dieses Entgelt ist nicht etwa die Gegenleistung für die Überlassung
von Wohnraum - eine solche findet wie ausgeführt nicht statt -, sondern soll ungeachtet der an der Baulichkeit bestehenden Eigentumsverhältnisse den Sondervorteil abgelten, der für den Pächter der betreffenden Parzelle im Vergleich zu anderen Pächtern darin liegt, daß er die Pachtfläche ausnahmsweise in einer nach der Zielsetzung des Bundeskleingartengesetzes an sich nicht erlaubten Weise nutzen darf (vgl. BGHZ 117, 394, 398; Mainczyk aaO § 18 Rn. 7, § 20a Rn. 31; Stang aaO § 18 Rn. 7). Dieser Sondervorteil ist auch und gerade dann vorhanden, wenn sich die zu Wohnzwecken genutzte Baulichkeit nicht mehr als Laube, sondern als ein Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz auslösendes Eigenheim im Sinne des früheren DDR-Rechts darstellt (vgl. Stang aaO § 20a Rn. 44).

III.


Wegen der erforderlichen Feststellungen zur Höhe der Ansprüche wird die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Eine Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil dies von keiner Partei beantragt worden ist (§ 538 Abs. 2 Satz 1 ZPO; vgl. demgegenüber zur alten Rechtslage, bei der es entscheidend auf die Sachdienlichkeit ankam, Senatsurteil vom 9. Juni 1994 - III ZR 37/93 - NJW-RR 1994, 1171, 1173 zu §§ 538 Abs. 1 Nr. 3, 540 ZPO a.F.).
Rinne Wurm Streck Schlick Dörr

(1) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werk, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist.

(2) Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind, gehören nicht zu den Bestandteilen des Gebäudes.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet und wird zurückgewiesen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) kommt mangels Klärungsbedürftigkeit der von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) aufgeworfenen Rechtsfrage nicht in Betracht.

2

Die von den Klägern als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Rechtsfrage "ob ein Wochenend- und Ferienhaus mit stark eingeschränkter Nutzung durch naturschutzrechtliche Auflagen sowie Vorkaufsrecht des Verpächters" die Merkmale eines Gebäudes auf fremdem Boden i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) erfüllt und daher der Verkauf eines solchen Gebäudes der Grunderwerbsteuer unterliegt, ist bereits durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt. Dies gilt unabhängig von der vom Finanzgericht (FG) offen gelassenen Frage, ob das hier fragliche Ferienhaus zivilrechtlich als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (§ 94 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--) oder als Scheinbestandteil i.S. des § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB beurteilt wird.

3

a) Errichtet ein Pächter auf einem Grundstück ein Gebäude nur zu einem vorübergehenden Zweck, wird das Gebäude lediglich Scheinbestandteil des Grundstücks (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Veräußerung dieses Gebäudes durch den Pächter an einen Dritten erfüllt den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG (BFH-Urteil vom 9. April 1952 II 250/51 U, BFHE 56, 351, BStBl III 1952, 137). Dabei ist es grunderwerbsteuerrechtlich ohne Bedeutung, ob dem Eigentümer des Grundstücks insoweit ein Vorkaufsrecht zusteht. In der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 20. Dezember 2000 II R 13/99, BFH/NV 2001, 937) ist bereits geklärt, dass vor Ausübung des Vorkaufsrechts zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten keine rechtlichen Bindungen bestehen. Erst die Ausübung eines Vorkaufsrechts bringt einen Grundstückskaufvertrag zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten zustande.

4

b) Ist das vom Pächter errichtete Ferienhaus wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (§ 94 BGB), kann bei Übertragung des Gebäudes auf einen Dritten der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG erfüllt sein. Dies ist der Fall, wenn der Pächter das von ihm auf dem Pachtgrundstück errichtete Gebäude wie ein Eigentümer nutzen und dessen Substanz bei Ende der Pachtzeit durch Übertragung auf den Eigentümer gegen eine Entschädigung verwerten kann (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 29. Juli 1998 II R 71/96, BStBl II 1999, 796, BFH/NV 1999, 517; vom 27. März 1985 II R 37/83, BFHE 143, 379, BStBl II 1985, 526). Eine Frage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung ist insoweit nicht aufgeworfen. Die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze, die das FG auch nicht verkannt hat, auf den konkreten Streitfall betrifft allein die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung und rechtfertigt nicht die Revisionszulassung. Das Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 27. März 2007 VIII B 152/05, BFH/NV 2007, 1335).

5

c) Eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Kläger, die Nutzungsmöglichkeiten des Ferienhauses seien aufgrund naturschutzrechtlicher Auflagen stark eingeschränkt. Das GrEStG besteuert, der Grundstruktur der Grunderwerbsteuer als Rechtsverkehrsteuer entsprechend, die im Einzelnen bestimmten Rechtsvorgänge als solche (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29. September 2004 II R 14/02, BFHE 207, 59, BStBl II 2005, 148). Schon deshalb ist es nicht klärungsbedürftig, dass die eingeschränkte Nutzbarkeit eines Gebäudes auf fremdem Boden nicht die Grunderwerbsteuerbarkeit eines Rechtsvorgangs nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG bzw. § 1 Abs. 2 GrEStG berührt.

6

d) Soweit die Kläger geltend machen, die Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des Ferienhauses verlange aus Gründen des Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes eine Entlastung "im Bereich der Steuern", ist den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO (dazu z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 31) nicht genügt. Insoweit haben die Kläger keine bestimmte grunderwerbsteuerrechtliche Frage von allgemeinem Interesse herausgestellt; überdies fehlt jeder konkrete und substantiierte Vortrag zur Klärungsbedürftigkeit.

Tenor

Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Satzung der Stadt Bad S... über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe in Gestalt der Beschlussfassung vom 9. September 2014, mit Ausnahme des § 8 Abs. 4 der Satzung, für unwirksam erklärt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller wendet sich mit dem Normenkontrollverfahren gegen die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe.

2

Er ist Apotheker und Eigentümer der im Stadtgebiet der Antragsgegnerin gelegenen …apotheke.

3

Die Stadtvertretung der Antragsgegnerin beschloss am 27. August 2013 erstmals für das Jahr 2014 die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe mit der „Satzung der Stadt Bad S... über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe vom 27. August 2013“. Die Satzung, die am 4. September 2013 ausgefertigt wurde, wurde am 9. September 2013 im Internet und am 19. September 2013 in der S...er Zeitung und den L...er Nachrichten bekannt gemacht. Am 22. Oktober 2013 wurde die Satzung dahingehend berichtigt, dass die richtige Bezeichnung der Satzung „Satzung der Stadt Bad S... über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe“ lautet.

4

Am 9. September 2014 beschloss die Antragsgegnerin eine Neufassung der Satzung, die zum 1. Januar 2014 rückwirkend in Kraft trat. Hintergrund der Neufassung war ein Rechtsgutachten, das zu dem Ergebnis kam, dass die ursprüngliche Satzung mangels fehlerhafter Bekanntmachung unwirksam sei. Die geänderte Satzung beinhaltet die Nennung des Abgabesatzes in § 5 und die veränderte Regelung zum Inkrafttreten in § 10. Des Weiteren wurde die Anlage der Satzung verändert. Die neugefasste Satzung wurde am 17. September 2014 im Internet und am 18. September 2014 in der S...er Zeitung sowie am 19. September 2014 in den L...er Nachrichten bekannt gemacht.

5

Die Satzung enthält u.a. folgende Regelungen:

6

§ 4 Abgabemaßstab

7

(1) Die Fremdenverkehrsabgabe wird nach dem geldwerten Vorteil bemessen, der dem Abgabepflichtigen aus der städtischen Fremdenverkehrsförderung erwächst. Der Vorteil errechnet sich aus dem fremdenverkehrsbedingten Teil der umsatzsteuerbereinigten jährlichen Einnahmen des Pflichtigen multipliziert mit dem durchschnittlichen Gewinnanteil (Abs. 3) an den Einnahmen der einzelnen Unternehmensart (Maßstabseinheiten).

8

(2) Als fremdenverkehrsbedingter Teil der Einnahmen gilt der in der Anlage zu dieser Satzung für die einzelne Unternehmensart festgesetzte Teil der Einnahmen (Vorteilssatz). Die Anlage ist Bestandteil dieser Satzung.

9

(3) Der durchschnittliche Gewinnanteil ist für die einzelnen Betriebsarten der Anlage zu dieser Satzung zu entnehmen. Wenn mehrere Tätigkeiten mit unterschiedlichen Gewinnanteilen ausgeübt werden, gilt der höchste durchschnittliche Gewinnanteil. Auf Antrag von Abgabepflichtigen wird eine gesonderte Berechnung für jede dieser Tätigkeiten vorgenommen. Die Abgabepflichtigen haben zusammen mit dem Antrag Nachweise über die auf den einzelnen Tätigkeiten entfallenden Einnahmenanteile vorzulegen.

10

(4) Lässt sich die abgabepflichtige Leistung im Sinne des § 2 keiner der in der Anlage aufgeführten Betriebsarten zuordnen oder ist ein durchschnittlicher Gewinnanteil nicht angegeben, so ist er anhand der Angaben des Abgabepflichtigen aus dem tatsächlichen durchschnittlichen Betriebsgewinn der letzten fünf Jahre zu ermitteln. Ist auch das nicht möglich, ist der durchschnittliche Gewinnanteil nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen.

11

(5) Bei der Berechnung der Abgabe für ein Jahr werden die Einnahmen des Vorjahres zu Grunde gelegt. Solange diese nicht feststehen oder festgestellt sind, sind die Einnahmen zu schätzen.

12

(6) Wird eine abgabepflichtige Tätigkeit zu Beginn eines Kalenderjahres aufgenommen, so sind abweichend von Absatz 5 im Jahr der Tätigkeitsaufnahme und im darauf folgenden Jahr die Einnahmen des Jahres der Tätigkeitsaufnahme maßgebend. Wird eine abgabepflichtige Tätigkeit im Laufe eines Kalenderjahres aufgenommen, so sind abweichend von Absatz 5 im Jahr der Tätigkeitsaufnahme die im Zeitraum der Tätigkeit und im darauf folgenden Jahr die in diesem Jahr bezogenen Einnahmen maßgebend.

13

§ 5 Abgabesatz

14

Der Abgabesatz wird ermittelt, indem die Summe aller Maßstabseinheiten durch den zu deckenden Aufwandsanteil nach § 1 Satz 2 dividiert wird.

15

Der Abgabesatz für 2014 beträgt: 0,7 v.H.

16

§ 10 Inkrafttreten

17

(1) Diese Satzung tritt rückwirkend zum 1. Januar 2014 in Kraft. Sie ersetzt die Satzung vom 4. September 2013, die gleichzeitig außer Kraft tritt.

18

(2) Fremdenverkehrsabgaben werden erstmals für das Jahr 2014 auf der Grundlage der Aufwendungen für das Jahr 2014 erhoben. § 4 Absätze 5 und 6 bleiben unberührt.

19

Nachdem sich der Antragsteller mit Antrag vom 5. September 2014 gegen die Satzung in Gestalt der Beschlussfassung vom 27. August 2013 gewandt hat, hat er am 12. März 2015 mitgeteilt, dass die Fremdenverkehrsabgabesatzung in Gestalt der Beschlussfassung der Stadtvertretung der Antragsgegnerin vom 9. September 2014 nunmehr Verfahrensgegenstand des Normenkontrollverfahrens sei.

20

Zur Begründung des Normenkontrollantrages führt er aus, dass die in der Anlage der Satzung festgesetzten Vorteilssätze jedenfalls in Bezug auf einzelne Berufsgruppen nicht mit höherem Recht und dem Gebot der Abgabengerechtigkeit vereinbar seien. Dies gelte zunächst für die Berufsgruppen der Zahnärzte und der selbständigen Fachärzte, welche nach der Anlage der angefochtenen Fremdenverkehrsabgabesatzung jeweils zur Vorteilsstufe 1 mit einem Vorteilsatz von 20 % gehörten. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass diese nur in geringerem Umfang fremdenverkehrsbedingte Umsätze erwirtschafteten. Der Vorteilsatz für Bäckereien und Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte von 40 % sei unter keinen Umständen zu rechtfertigen und genauso willkürlich wie Fahrschulen mit einem Vorteilsatz von 20 % zu belegen. Diese dürften überhaupt nicht abgabepflichtig sein, da ihnen keine Vorteile aus dem Fremdenverkehr erwüchsen. Dies gelte selbst dann, wen man einen mittelbaren Vorteil zugrunde legen wollte, was im Ansatz zweifelhaft sei. Insgesamt müsse es aus Gründen der Abgabengerechtigkeit mehr - mindestens zehn – Vorteilsstufen geben.

21

Auch die Regelung zum Gewinnsatz sei rechtswidrig. Dies ergebe sich daraus, dass bei bestimmten Betriebsarten in der Anlage kein fester Gewinnanteil im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 der Satzung definiert werde, sondern eine Einzelermittlung zugelassen werde.

22

Der in § 5 Satz 2 der Satzung festgelegte Abgabesatz beruhe auf einer rechtsfehlerhaften Kalkulation. Die Aufwendungen für die Rennkoppel, die Wanderwege, die Seepromenade und den Kalkberg seien in nicht nachvollziehbarer Weise mit einem großen Anteil bei der Kalkulation der Fremdenverkehrsabgabe berücksichtigt worden. Die Rennkoppel sei bereits keine Einrichtung im Sinne des § 10 Absatz 1 KAG, die Kur- und Erholungszwecken zu dienen bestimmt sei. Sie diene primär der allgemeinen Daseinsvorsorge. Der berechnete Anteil der Nutzung von Rennkoppel und Tribüne für touristische Zwecke von 35 % sei nicht nachvollziehbar und im Ergebnis zu hoch. Auch der fremdenverkehrsbezogene Prozentsatz von 30 % für die Wanderwege werde nicht nachvollziehbar begründet. Dasselbe gelte für die Seepromenade und den Kalkberg. Für diese sei ein prozentualer Anteil von 80 % weitaus zu hoch bemessen.

23

Schließlich verstoße die Satzung, soweit sie sich Rückwirkung zumesse, gegen das Schlechterstellungsverbot.

24

Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung den Normenkontrollantrag gegen die Satzung der Stadt Bad S... über die Erhebung der Fremdenverkehrsabgabe in Gestalt der Beschlussfassung vom 27. August 2013 übereinstimmend für erledigt erklärt.

25

Der Antragsteller beantragt,

26

die Satzung der Stadt Bad S... über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe in Gestalt der Beschlussfassung vom 9. September 2014 mit Ausnahme der Vorschrift des § 8 Abs. 4 der Satzung für unwirksam zu erklären.

27

Die Antragsgegnerin beantragt,

28

den Antrag abzulehnen.

29

Sie vertritt die Auffassung, dass die Satzung materiell rechtmäßig sei. Die allgemein geltenden Maßstäbe für die Gestaltung des umsatz- oder gewinnbezogenen Maßstabes bei der Erhebung der Fremdenverkehrsabgabe seien eingehalten worden.

30

Die Zuordnung zu den Vorteilsstufen sei ermessensfehlerfrei und auch ansonsten rechtmäßig. Es sei die zwangsläufige Folge der Entscheidung des Satzungsgebers, eine nach Gruppen differenzierte Vorteilssatzungsregelung mit einer nur überschaubaren Anzahl von Vorteilsstufen festzulegen, dass diejenigen Betriebstypen die zwar spürbar vom Tourismus profitierten, deren Umsatz aber nur zu einem geringen Anteil tourismusbedingt sei, sich in einer Vorteilsstufe wiederfänden, deren Vorteilsatz erheblich über dem tatsächlichen tourismusbedingten Umsatz des betreffenden Betriebes liege. Dies sei eine Folge der ermessensfehlerfrei typisierenden und pauschalierenden Regelung.

31

Die Einzelermittlungen des Gewinnsatzes seien ebenfalls rechtmäßig. Für keine der Betriebsarten enthalte die Richtsatzsammlung für das Kalenderjahr 2013 des Bundesministeriums der Finanzen Angaben zu mittleren Reingewinnsätzen proportional zum Umsatz. Für diese Betriebsarten statistische Gewinnsätze zu ermitteln sei ein erheblicher Aufwand oder sogar unmöglich.

32

Die Kalkulation der Fremdenverkehrsabgabe sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin habe vom insgesamt abgabefähigen Aufwand gewissermaßen zur Ermittlung des umlagefähigen Aufwands zweimal Gemeindeanteile abgezogen. Sie sei damit vorteilsgerechter vorgegangen, als dies gesetzlich gefordert sei. Die Rennsportveranstaltungen auf der Rennkoppel würden die touristische Attraktivität der Stadt steigern. Darüber hinaus werde die Rennkoppel auch als städtischer Festplatz genutzt. Bei dieser gemischten tourismusrelevanten Nutzung sei der Anteil von 35 % nicht zu hoch bemessen.

33

Es sei auch gerechtfertigt, dass für die Aufwendungen ein größerer Wert als der dem Prozentsatz der Gästeübernachtungen im Verhältnis zu den Einwohnerübernachtungen entsprechende, festgelegt werde. Nach allgemeiner Lebenserfahrung könne erwartet werden, dass Kur- und Erholungseinrichtungen von Touristen während des hypothetischen Zeitraums wesentlich häufiger genutzt würden als von Einwohnern.

34

Die Berücksichtigung der nicht anderweitig gedeckten Aufwendungen für die Seepromenade und den Kalkberg seien dementsprechend ermessensfehlerfrei festgesetzt worden. Der Kalkberg sei zwar keine klassische Kur- und Erholungseinrichtung. Durch seine Bekanntheit habe er jedoch erhebliche Bedeutung für den Fremdenverkehr. Durch seinen zum Gipfel führenden Weg und die sich dort bietenden Aussichtsmöglichkeiten sei er Ziel zahlreicher Tages- und Übernachtungsgäste. Allerdings liege den ermittelten 80 % für den Kalkberg ein Schreibfehler zugrunde. Gemeint seien – wie bei den in Bezug genommenen Wanderwegen – 30 %. Mit diesem fehlerhaften Wert sei der Kalkberg zwar auch in die Kalkulation eingegangen, dies wirke sich aber letztlich rechnerisch nicht aus.

35

Schließlich verstoße die rückwirkende Geltung der Satzung nicht gegen das Schlechterstellungsverbot, da die Neufassung der Anlage nur redaktioneller bzw. klarstellender Natur gewesen sei. Die Bezeichnung als Fremdenverkehrsabgabe sei zum einen der Rückwirkung geschuldet und im Übrigen unerheblich, weil sich die Tourismusabgabe von dieser nicht wesentlich unterscheide.

Entscheidungsgründe

36

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

37

Im Übrigen hat der Normenkontrollantrag des Antragstellers Erfolg.

38

A. Der Antrag ist zulässig.

39

Die auf der Grundlage von § 4 GO und §§ 1, 2 und 10 KAG erlassene Satzung der Stadt Bad S... über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe in Gestalt der Beschlussfassung vom 9. September 2014 unterliegt nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 5 SH-AG VwGO der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht.

40

Die Antragsfrist von einem Jahr nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) ist gewahrt. Die Satzung wurde am 18. September 2014 im Internet amtlich bekannt gemacht. Gemäß §§ 68, 329 LVwG iVm § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Nr. 3 BekanntmachungsVO erfolgt die Bekanntmachung dadurch, dass die Satzung im Internet veröffentlicht und in der Zeitung unter Angabe der Internetadresse hierauf hingewiesen wird. Die Bekanntmachung gilt mit dem Ablauf des Tages, an dem die Satzung im Internet verfügbar ist, als bewirkt. Die Neufassung der Satzung in Gestalt der Beschlussfassung vom 9. September 2014 wurde am 17. September 2014 auf der Internetseite der Stadt bekannt gemacht. Der Hinweis auf die Veröffentlichung stand in der Zeitung vom 18. September 2014. Der Normenkontrollantrag datiert vom 12. März 2015 und lag damit innerhalb der Jahresfrist seit der Bekanntmachung der Neufassung der Satzung.

41

Der Antragsteller ist auch antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO; denn er ist als Eigentümer einer in der Stadt Bad S... belegenden Apotheke von der Satzung betroffen. Die Apotheken sind in der Anlage der Satzung unter der Vorteilsstufe 2, lfd. Nr. 2 aufgeführt.

42

B. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die Satzung der Stadt Bad S... in der Gestalt der Beschlussfassung vom 9. September 2014 ist, soweit sie angegriffen ist, unwirksam.

43

§ 10 Abs. 1 Satz 1 der Satzung ist unwirksam (I.), mit der Folge, dass die Satzung nicht rückwirkend in Kraft tritt, sondern mit dem Tag nach Bekanntmachung der Satzung am 18. September 2014. Zu diesem Zeitpunkt mangelt es an einer Ermächtigung für die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe (II.). Unabhängig davon ist die Kalkulation des Abgabensatzes fehlerhaft (III.). Da die angegriffene Satzung nach den vorstehenden Ausführungen bereits unwirksam ist, bedarf es zur Rechtmäßigkeit des Vorteils- und Gewinnsatzes keiner weiteren Ausführungen (IV.).

44

I. § 10 Abs. 1 Satz 1 der Satzung verstößt gegen das Schlechterstellungsverbot des § 2 Abs. 2 Satz 3 KAG. Danach dürfen Abgabepflichtige durch eine rückwirkend erlassene Satzung nicht ungünstiger gestellt werden als nach der bisher geltenden Satzung. Bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung folgt, dass der Abgabepflichtige im Falle einer rückwirkend erlassenen Satzung durch die Satzung selbst vor einer Schlechterstellung gegenüber den Regelungen der bisherigen Satzung gesichert werden muss (vgl. Senatsurteil vom 20. März 2002 - 2 K 4/00 -, LS 2, Rn. 17, juris). Die Satzung der Antragsgegnerin enthält keine Regelungen zum Schlechterstellungsverbot.

45

Gegen eine Rückwirkung bestehen vor dem Hintergrund des Schlechterstellungsverbotes nur dann keine Bedenken, wenn sich keine Änderungen oder jedenfalls keine Verschlechterungen für die Abgabepflichtigen ergeben haben (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2009 – 2 LB 34/08 –, Rn. 40, juris). Vorliegend haben sich jedoch durch die veränderte Anlage Änderungen ergeben, die auch zu einer Schlechterstellung der Abgabepflichtigen führen. Der Kreis der Abgabepflichtigen ist mit der neuen Satzung erweitert worden.

46

In der Anlage der Satzung 2013 waren unter der Vorteilsstufe 1, lfd. Nr. 1 als Personengruppen bzw. Betriebsarten „Architekten und Ingenieure“ verzeichnet. In derselben Nummer heißt es in der Anlage zu der Satzung 2014 „Architekten, Ingenieure, Gutachter, Sachverständige, Bauplaner und Baubetreuer“. Gutachter, Sachverständige, Bauplaner und Baubetreuer wurden in der Anlage zur ersten Satzung auch nicht unter einer anderen Nummer genannt. Das Argument der Antragsgegnerin, dass diese Personengruppen und Betriebsarten auch bereits in der ersten Satzung unter die Architekten und Ingenieure fielen, kann nicht überzeugen. Es mag sein, dass die Antragsgegnerin einige Gutachter unter dem Begriff des Ingenieurs zusammengefasst hat. Dies kann jedoch dann nicht mehr zutreffend sein, wenn es sich z.B. um einen medizinischen oder biologischen (etwa Fledermauskundler) Gutachter handelt. Dieser war zuvor nicht von der Abgabepflicht erfasst und fällt nunmehr unter den Kreis der Abgabepflichtigen.

47

Ebenso verhält es sich in der Vorteilsstufe 1, lfd. Nr. 3, in der zu dem ursprünglichen Baustoff- und Holzhandel noch die Baumärkte hinzugekommen sind. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin handelt es sich nicht um dieselben Betriebe. Während ein Baustoff- und Holzhandel eben nur diese Stoffe anbietet, ist das Angebot eines Baumarktes vielseitiger, z.B. durch den Verkauf von Werkzeug, Farben, Putzmitteln und Pflanzen.

48

Es handelt sich hierbei nicht nur um sprachliche Klarstellungen. Denn weder der Baumarkt noch der Gutachter, der nicht Ingenieur ist, hätten aufgrund der Satzung 2013 zu einer Abgabe herangezogen werden können. Aus dieser Erweiterung des Kreises der Abgabepflichtigen ergibt sich zwar keine Verschlechterung für die bereits vorher benannten Abgabepflichtigen, da die Abgabenlast auf weitere Pflichtige verteilt werden kann. Jedoch liegt eine Schlechterstellung hinsichtlich der hinzukommenden Personengruppen und Betriebsarten vor, die neu von der Abgabepflicht betroffen sind.

49

Die Antragsgegnerin kann auch nicht mit dem Argument durchdringen, dass nur die Anlage eine Schlechterstellung beinhalte und nur diese unwirksam sei. Die Anlage bestimmt die Abgabepflichtigen und die Anteile des Vorteilssatzes und des Gewinnsatzes. Würde man allein die Anlage als unwirksam ansehen, fehlte es der Satzung an einer Definition des Kreises der Abgabepflichtigen und an den weiteren erforderlichen Maßstabseinheiten, um überhaupt einen Abgabesatz zu bestimmen. Die Satzung ergäbe ohne die Anlage keinen Sinn mehr.

50

Darüber hinaus ist der Senat nicht befugt, einzelne Teile der Satzung zu einer wirksamen Satzung zusammenzusetzen. Vielmehr ist die Satzung samt Anlage in der Gestalt der Beschlussfassung vom 9. September 2014 insgesamt zu überprüfen. Der Senat kann nicht einzelne Teile hieraus abtrennen und isoliert betrachten. Denn dann würde er sich in unzulässiger Weise an die Stelle des Satzungsgebers begeben.

51

Nach alledem war der das rückwirkende Inkrafttreten regelnde § 10 Satz 1 der Satzung wegen Verstoßes gegen das Schlechterstellungsverbot des § 2 Abs. 2 Satz 3 KAG für unwirksam zu erklären mit der Folge, dass sich mangels einer anderen wirksamen Bestimmung das Inkrafttreten nach der allgemeinen gesetzlichen Bestimmung des § 69 LVwG richtet. Die Satzung ist somit mit dem Tage nach der Bekanntmachung in Kraft getreten. Dies ist der 19. September 2014.

52

II. Die Neufassung der Satzung ist insgesamt unwirksam, da weder zum Zeitpunkt des Inkrafttretens noch zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 9. September 2014 eine Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe vorlag (1.) und die Satzung zudem gegen das Zitiergebot verstößt (2.).

53

1. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens am 18. September 2014 galt bereits das Kommunalabgabengesetz in der Fassung vom 15. Juli 2014, das ab dem 1. August 2014 in Kraft trat. Nach § 10 Abs. 6 KAG können Gemeinden laufende Tourismusabgaben erheben. Eine Ermächtigung für die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe besteht danach nicht mehr.

54

Zwar steht einer Fortgeltung der Satzung nicht entgegen, dass die im Zeitpunkt des Erlasses der Satzung gegebenen Voraussetzungen später entfallen sind. Es ist anerkannt, dass das nachträgliche Erlöschen oder auch die nachträgliche Änderung einer Ermächtigung ohne Einfluss auf den Rechtsbestand einer ordnungsgemäß erlassenen Rechtsverordnung ist. Für den Rechtsbestand einer ordnungsgemäß erlassenen kommunalen Satzung gilt nichts anderes, und zwar auch dann nicht, wenn die inhaltlichen Voraussetzungen der Ermächtigung später entfallen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. März 1977 – 2 BvR 812/74 – Rn. 26, juris m.w.N).

55

Dem Verhältnis von gesetzlicher Ermächtigung und darauf gestützter Normsetzung entspricht es, dass von einer Ermächtigung erst dann Gebrauch gemacht werden kann, wenn sie vorliegt, und zwar mit dem Inhalt, zu dem sie im Zeitpunkt der Normsetzung ermächtigt (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Juli 1972 – 2 BvF 1/71 – zum Erlass eines Gesetzes vor Übertragung der Gesetzgebungszuständigkeit; für Rechtsverordnungen vgl. BGH, Urteil vom 15. Februar 1979 – III ZR 172/77 – MDR 1979, 825; für kommunale Satzungen vgl. OVG Münster, Urteil vom 21. Juni 1979 – II A 2280/77 – DVBl 1980, 83 <84>; Hessischer VGH, Urteil vom 26. September 1996 – 5 UE 2338/94 – KStZ 1997, 154 <156>; Senatsurteil vom 21. Juni 2000 – 2 L 80/99 – SchlHA 2000, 257 <258>). Maßstab ist danach, ob der kommunale Normgeber im Zeitpunkt der Normsetzung zu diesem Akt der Rechtsetzung ermächtigt war (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. November 2005 – 8 C 14.04 –, Rn. 12, juris).

56

Aber auch zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Neufassung der Satzung am 9. September 2014 war die Antragsgegnerin bereits nicht mehr ermächtigt, eine Fremdenverkehrsabgabe zu erheben. Zwar handelt es sich bei der Änderung des § 10 KAG nicht nur um eine geänderte Bezeichnung der Abgabe, sondern auch der Kreis der zur Erhebung der Abgabe berechtigten Gemeinden und Städte und die Voraussetzung für deren Berechtigung zur Abgabeerhebung haben sich geändert. Entscheidend ist aber schon, dass sich der Name der Abgabe verändert hat. Es ist im Rechtsstaat von grundlegender Bedeutung, dass der Abgabepflichtige die Norm, aufgrund derer er zur Zahlung herangezogen wird, finden kann. Sucht er im geltenden Kommunalabgabengesetz nach einer Fremdenverkehrsabgabe, kann er eine solche nicht mehr finden. Die hinlängliche Publizität von allgemeinverbindlichen, mit Außenwirkung ausgestatteten Rechtsregeln ist ein für alle Normsetzungsakte geltendes rechtsstaatliches (Wirksamkeits-)Erfordernis (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. November 1983 – 2 BvL 25/81 – BVerfGE 65, 283 <291> m.w.N.). Dieses Publizitätserfordernis gilt ebenso für im Verweisungswege inkorporierte Regelungen; auch sie müssen für den Betroffenen verlässlich und ohne unzumutbare Erschwernis zugänglich sein. Dies verbietet irreführende Bezeichnungen durch Rückgriff auf eine vormalige, nicht mehr geltende Bezeichnung der Abgabe.

57

2. Hierin liegt zugleich ein Verstoß gegen das Zitiergebot. Nach § 66 Abs. 1 Nr. 2 LVwG müssen Satzungen die Rechtsvorschriften angeben, welche zum Erlass der Satzung berechtigen. Dies ist insbesondere bei belastenden Eingriffen wie der Abgabenerhebung erforderlich. Gegen dieses Zitiergebot verstößt die Fremdenverkehrsabgabesatzung der Stadt, da sie § 10 Abs. 6 KAG nicht als gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Abgabenerhebung aufführt. Sie ist bereits allein deshalb unwirksam und stellt keine gültige Rechtsgrundlage weder für die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe noch für eine Tourismusabgabe dar.

58

Die Satzung bezieht sich in § 1 auf die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe gemäß § 10 Abs. 5 KAG. Mit der Änderung des Kommunalabgabengesetzes ist jedoch der ehemalige Absatz 5 zu Absatz 6 geworden. Absatz 5 regelt das Recht zur Erhebung von Gebühren neben der Kurabgabe und enthält keine Ermächtigung für die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe oder einer Tourismusabgabe. § 10 Abs. 6 KAG hätte nach seiner Änderung in die Eingangsformel aufgenommen werden müssen (vgl. Senatsurteil vom 21. Juni 2000 – 2 L 80/99 –, Rn. 39, juris = Die Gemeinde, 2000, 231 mwN; Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 9. Mai 2007 – 4 B 8/07 –, Rn. 28, juris).

59

Die Exekutive muss durch Angabe ihrer Ermächtigungsgrundlage sich selbst des ihr aufgegebenen Normsetzungsprogramms vergewissern und hat sich auf dieses zu beschränken. Es kommt daher nicht nur darauf an, ob sie sich überhaupt im Rahmen der delegierten Rechtssetzungsgewalt bewegt, vielmehr muss sich die in Anspruch genommene Rechtssetzungsbefugnis gerade aus den von ihr selbst angeführten Vorschriften ergeben. Außerdem dient das Zitiergebot der Offenlegung des Ermächtigungsrahmens gegenüber dem Adressaten der Satzung. Das soll ihm die Kontrolle ermöglichen, ob die Satzung mit dem ermächtigenden Gesetz übereinstimmt (ebenso für Verordnungen: BVerfG, Beschluss vom 29. April 2010 – 2 BvR 871/04 –, Rn. 51, juris). Insofern gehört zur zutreffenden Angabe der zum Erlass der Satzung berechtigenden Rechtsvorschriften im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 2 LVwG nicht nur die genaue Angabe der zur Erhebung der Abgabe berechtigenden Norm des Kommunalabgabengesetzes, sondern bei kommunalen Abgaben auch deren nach dieser Norm namentlich zutreffende Bezeichnung. Berechtigt eine Norm zur Erhebung unterschiedlicher Abgaben – wie hier zur Erhebung der Kurabgabe und der Tourismusabgabe –, so gehört zur genauen Bezeichnung der zum Erlass der Satzung berechtigenden Rechtsvorschriften im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 2 LVwG auch die Nennung des zutreffenden Absatzes bzw. der zutreffenden Absätze der Norm, gegebenenfalls einschließlich des dazugehörenden Satzes oder der dazugehörenden Sätze, die zur Erhebung der gewählten Abgabe berechtigen.

60

Offen lässt der Senat, inwieweit die Antragsgegnerin noch die Möglichkeit hat, eine Satzung über die Tourismusabgabe in der jetzt geltenden Fassung rückwirkend für das gesamte Jahr 2014 zu erlassen oder ob auch ein rückwirkender Erlass einer Fremdenverkehrsabgabe noch möglich ist, obwohl es zum Zeitpunkt der künftigen Beschlussfassung keine Norm zur Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe mehr gibt.

61

III. Darüber hinaus ist die Kalkulation der Satzung unabhängig davon fehlerhaft, auf welche Fassung des Kommunalabgabengesetzes abstellt wird, weil die Antragsgegnerin den tourismusbedingten Anteil, jedenfalls hinsichtlich der Wanderwege und des Kalkbergs, nicht nachvollziehbar begründet hat (1.) und nicht dargelegt ist, dass die mit unter 50% in die Kalkulation eingestellten Einrichtungen überwiegend dem Tourismus dienen (2.). Maßstab der folgenden Prüfung ist das Kommunalabgabengesetz in der jetzigen Fassung (Tourismusabgabe).

62

Nach § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG kann die Tourismusabgabe für Zwecke der Tourismuswerbung und zur Deckung von Aufwendungen für Herstellung, Verwaltung und Unterhaltung der zu kulturellen und touristischen Zwecken bereitgestellten öffentlichen Einrichtungen erhoben werden. Nach § 5 der Satzung wird der Abgabesatz ermittelt, indem die Summe aller Maßstabseinheiten durch den zu deckenden Aufwandsanteil nach § 1 Satz 2 der Satzung dividiert wird. Nach § 1 Satz 2 der Satzung dient die Abgabe zur Deckung von 70 % der Aufwendungen der Stadt für die Fremdenverkehrsförderung im jeweiligen Kalenderjahr. Das bedeutet, dass zunächst einmal 30 % der Aufwendungen aus anderen Mitteln der Stadt getragen werden. Nach § 5 Satz 2 der Satzung beträgt der Abgabesatz für 2014 0,7 %.

63

Ermächtigt das Gesetz – wie hier § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG – zur Erhebung kostendeckender Abgaben, hat der Satzungsgeber durch Satzung die Bemessungsgrundlagen, insbesondere den Abgabesatz festzulegen (§ 2 Abs. 2 KAG). Die dafür erforderliche Kalkulation setzt vielfach Schätzungen, Prognosen und Wertungen voraus, die für die Höhe der durch die Abgabe zu deckenden Aufwendungen maßgeblich sind und daher allein der Gemeindevertretung überlassen bleiben müssen. Insoweit ist dem Satzungsgeber ein Einschätzungsermessen (Prognosespielraum) eingeräumt, das gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann, nämlich nur im Hinblick darauf, ob die vorgegebenen Grenzen überschritten sind. Da es auch allein der Entscheidung des Satzungsgebers obliegt, in welchem Umfang und welche Kosten durch die Tourismusabgabe zu decken sind (vgl. zum Gebührenrecht: BVerwG, Urteil vom 17.04.2002 – 9 CN 1.01 – juris), hat das Gericht auch diese Entscheidung zu respektieren und darf einzelne Kostenpositionen der Kalkulation nicht ohne oder gar gegen den Willen des Satzungsgebers verändern. Es würde Verwaltungstätigkeit ausüben und in das Ermessen des Satzungsgebers eingreifen (vgl. Senatsurteil vom 21. November 2007 – 2 LB 31/07 – Rn. 33, juris). Eine reine Ergebniskontrolle des Abgabesatzes durch das Gericht ist damit ausgeschlossen.

64

Schon die Ermittlung der Gesamtkosten der zu Kur- und Erholungszwecken bereitgestellten öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde ist von Ermessensentscheidungen, die der Bestimmung des Abgabesatzes in der Satzung vorausgehen müssen, abhängig. Der Senat kann sich aufgrund der vorstehend aufgezeigten Maßstäbe nicht an die Stelle der Antragsgegnerin setzen und eine eigene Begründung für die Errechnung des tourismusbedingten Anteils liefern. Er hat vielmehr die der Beschlussvorlage zugrundeliegende Begründung der Antragsgegnerin zu überprüfen. Ob der Satzungsgeber den zur Begründung der Kalkulation vorgelegten Vermerk der Kämmerei vom 16. April 2014 kannte, musste nicht abschließend ermittelt werden, da die darin enthaltende Begründung zumindest für die Wanderwege und den Kalkberg nicht nachvollziehbar ist.

65

1. Nach dem Vermerk der Kämmerei vom 16. April 2014 sind die Aufwendungen für die Wanderwege mit 30 % berechnet worden. Es wird zunächst von der Fremdenverkehrsquote (jährliche Übernachtungen der Einwohner im Verhältnis zu Übernachtungen von Fremdenverkehr: hier = 3,68 %) ausgegangen. Dann wird der Anteil mit der Begründung auf 30 % erhöht, dass Wanderwege von Gästen mehr in Anspruch genommen, von Laufgruppen genutzt und Nordic-Walking-Kurse angeboten werden. Es ist bereits nicht ersichtlich, ob die Laufgruppen und Nordic-Walking-Kurse von Gästen oder von Einwohnern besucht werden. Es bleibt somit unklar, ob dies ein Merkmal ist, dass den Anteil erhöht oder verringert. Für den Kalkberg wird der tourismusbedingte Anteil mit 80 % eingestellt. Hier wird auf die Übernachtungstage wie bei den Wanderwegen abgestellt. Wie dann allerdings der Anteil auf 80 % erhöht wird, ist nicht nachvollziehbar. Auch in der mündlichen Verhandlung konnte nicht geklärt werden, auf welcher Grundlage die tourismusbedingten Anteile für den Kalkberg und die Wanderwege bemessen wurden. Ob diesen Schätzungen irgendwelche stichprobenartigen Zählungen oder sonstige Erhebungen oder allgemeine Erfahrungsgrundsätze zugrunde liegen, möglicherweise auch solche, die auf der Grundlage der genannten Fremdenverkehrsquote eine Berechnung ermöglichen, bleibt unklar.

66

Soweit die Antragsgegnerin nunmehr vorträgt, die Einstellung des Kalkberges mit 80 % sei ein Schreibfehler, dieser hätte nur mit 30 % eingestellt werden sollen, kann dies auch kein anderes Ergebnis rechtfertigen. Zwar verändert sich auch bei einem tourismusbedingten Anteil von 30% der Abgabensatz im Ergebnis nicht. Jedoch kommt es nur auf die Nachvollziehbarkeit der Berechnung und auf die überprüfbare Ermessensentscheidung des Satzungsgebers an; eine Ergebnisprüfung findet nicht statt.

67

Beruht die Kalkulation einer kommunalen Abgabe nicht auf sachgerechten Annahmen, ist der durch die Satzung bestimmte Abgabesatz auch dann unwirksam, wenn sich das Ergebnis der Kalkulation durch nachfolgende Prüfung bestätigen lässt. Die Abgabepflichtigen sind im Rahmen der § 2 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 2 KAG nicht allein vor einer den beitragsfähigen Aufwand übersteigenden Abgabeerhebung geschützt, sondern auch davor, dass die auf sie – jeweils im Einzelfall – entfallende Abgabenlast in einer rechtswidrigen Weise ermittelt (kalkuliert) worden ist. Wird ein Abgabesatz ohne Berücksichtigung der zu stellenden Anforderungen bestimmt, ist er ungültig unabhängig davon, ob sich durch eine später erstellte Berechnung nachweisen lässt, dass die in der Satzung bestimmten Abgabesätze – gleichsam zufällig – nicht aufwandsüberschreitend sind (vgl. Senatsurteil vom 21. November 2007 – 2 LB 31/07 –, LS und Rn. 31 ff, juris).

68

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist eine Ermessensüberprüfung durch das Gericht bei Vorlage der Unterlagen zu der Satzung grundsätzlich möglich. Insoweit ist nicht entscheidend, dass jeder, der die Satzung beschlossen hat, dies auch aus denselben Ermessenserwägungen getan hat. Vielmehr ist es erforderlich, dass der Satzungsbeschluss auf Ermessenserwägungen gestützt wurde, die für jeden einsehbar und in einem gewissen Umfang auch belegbar sind. Die Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin müssen danach alle für die Bemessung der Höhe des Allgemeininteresses wesentlichen Aspekte berücksichtigen. Damit der Satzungsgeber sämtliche Erwägungen berücksichtigen kann, müssen sie sich aus den der Stadtvertretung vorgelegten Unterlagen – etwa der Sitzungsvorlage, der Kalkulation und deren Anlagen oder sonstigen Unterlagen und/oder dem Protokoll der Sitzung der Stadtvertretung – ergeben. Es muss deutlich werden, dass sich der Ortsgesetzgeber bei seiner Entscheidung an den örtlichen Gegebenheiten orientiert hat. Ausreichend ist es in diesem Zusammenhang auch, dass die wesentlichen Unterlagen in einem vorbereitenden Ausschuss, zum Beispiel dem Finanzausschuss, vorgelegen haben und dort als Entscheidungsgrundlage diskutiert wurden (vgl. ebenso zur Straßenreinigungsgebührensatzung: Senatsurteil vom 15. Mai 2017 – 2 KN 1/16 – Rn. 78 ff, juris).

69

2. Im Übrigen ist es widersprüchlich, dass Einrichtungen zum einen überwiegend dem Tourismus dienen sollen, zum anderen dann jedoch der touristische Anteil bei der Kalkulation nur unter 50 % liegen soll (so die Wanderwege mit 30%, die Rennkoppel mit 35%, die Grillplätze mit 30%, der Landratspark mit 30% und der Kalkberg mit 30%). Bedenkt man dann noch, dass bereits ein Gemeindeanteil von 30 % ohnehin abgezogen worden ist, spricht dies vielmehr für einen nicht überwiegend touristischen Anteil und stellt bereits die gesamte Kalkulation in Frage. Keine Einrichtungen im Sinne des § 10 Abs. 1 KAG sind die öffentlichen Einrichtungen, die zwar auch von Ortsfremden genutzt werden, die aber nicht mit der besonderen Zweckrichtung auf den Tourismus hin errichtet worden sind. Ist die Zweckbestimmung fraglich, richtet sich die Finanzierung danach, wo der Schwerpunkt der Zweckbestimmung liegt. Denkbar ist daher zwar, dass in einem ersten Schritt die Zweckbestimmung der öffentlichen Einrichtung im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG bestimmt und erst in einem zweiten Schritt dann die tatsächliche Nutzung anhand der Prozentsätze dargestellt wird. Jedoch sind auch hier die Überlegungen des Satzungsgebers, die der Kalkulation insoweit zugrunde liegen, nicht hinreichend dargelegt und dokumentiert worden. Auch insoweit gilt: Es steht dem Senat nicht zu, sich eigene Begründungen auszudenken, um Widersprüche und Fehler der Kalkulation zu beseitigen.

70

So verhält es sich auch bei der auf der Grundlage der Belegungstage mit 35 % tourismusbedingtem Anteil in die Kalkulation eingestellten Rennkoppel. Dient die Rennkoppel in erster Linie der Benutzung durch die Gemeindeeinwohner, dann ist eine Finanzierung über die Tourismusabgabe unzulässig und der Aufwand für die Rennkoppel damit dann auch nicht anteilig zu veranschlagen. Erst wenn die Einrichtung in erster Linie dem Tourismus dient, handelt es sich um eine Erholungseinrichtung und der Aufwand kann - zumindest teilweise - über die Abgabe finanziert werden. Ob dies der Fall ist, erschließt sich aus dem vorgelegten Vermerk der Kämmerei schon nicht. Allerdings spricht die Argumentation des Antragstellers, die Rennkoppel sei der Landesturnierplatz für den Pferderennsport, auf dem eigene Veranstaltungen des Landesreitverbandes durchgeführt würden, zu denen aus dem gesamten Bundesland Personen zu den Turnieren anreisten, eher für als gegen eine touristische Zweckbestimmung. Bei den angereisten Personen aus dem gesamten Bundesland wird es sich nicht nur um Teilnehmer, sondern auch um Zuschauer handeln, die - ebenso wie die Turnierteilnehmer – auch weitere touristische Aktivitäten in der Stadt wahrnehmen können. Insoweit wird die touristische Attraktivität der Stadt gesteigert. Ist die Rennkoppel in erster Linie für diesen Zweck (Landesturnierplatz) errichtet, dient sie dem Tourismus.

71

IV. Da die angegriffene Satzung nach den vorstehenden Ausführungen bereits unwirksam ist, bedarf es zur Rechtmäßigkeit des Vorteils- und Gewinnsatzes keiner weiteren Ausführungen.

72

Insoweit merkt der Senat jedoch an, dass entgegen der Ansicht des Antragstellers es rechtlich nicht zu beanstanden ist, bei der Bemessung des Vorteilssatzes Gruppen zu bilden, die Stufen in 20 %-Schritten vorsehen. Gewisse Typisierungen und Vereinheitlichungen sind bei der Festlegung der einzelnen Bemessungsmerkmale für die Abgabehöhe nicht nur zulässig, sondern praktisch unumgänglich (Thiem/Böttcher, Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein, Kommentar, 21. Lief, Stand Januar 2017, § 10 Rn. 184 d). So ist es rechtmäßig, eine Frauenärztin - ebenso wie hier Zahnärzte und Fachärzte - mit einem fremdenverkehrsbedingten Umsatz von 4,8 % in die 25 %-Stufe einzuteilen (vgl. Senatsbeschluss vom 15. November 2004 – 2 MB 147/04 –; Thiem/Böttcher, aaO, Rn. 202a). Die Bildung von vier Vorteilsstufen ist vom Senat bislang als ausreichend angesehen worden, weil der Satzungsgeber bei der Bildung der Beitragstypen und der Beitragssätze nicht jeder Verschiedenheit in der wirtschaftlichen Auswirkung des Tourismus auf die einzelnen Berufsgruppen oder Betriebsarten Rechnung zu tragen braucht (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2008 – 2 LB 40/07 – Rn. 30, juris). An dieser Rechtsprechung wird festgehalten.

73

Der Antragsteller hat auch keine durchgreifenden Argumente hiergegen vorgebracht. Soweit er meint, dass die Bäckereien und Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte falsch bemessen seien, kann dies ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Insoweit ist es dem pauschalierten Stufensystem immanent, dass die einzelnen Positionen nicht noch einmal einzeln bewertet werden. Nur eine Willkürprüfung steht dem Gericht zu. Dass hier eine Einteilung von bestimmten Betrieben in die jeweilige Gruppe willkürlich erfolgt sein soll, hat der Antragsteller weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich.

74

Soweit der Antragsteller die Einordnung der Fahrschulen für fehlerhaft hält, da sie nur mittelbare Vorteile erwirtschafteten und damit überhaupt nicht zum Kreis der Abgabepflichtigen gehören dürften, kann dies nicht durchgreifen. Vorteile können unmittelbar oder mittelbar vorhanden sein. Unmittelbare Vorteile haben Personen, Personenvereinigungen, Unternehmen und Betriebe, die am Tourismus im Anerkennungsgebiet unmittelbar beteiligt sind; mittelbare Vorteile haben diejenigen, die mit den am Tourismus unmittelbar Beteiligten im Rahmen der für den Tourismus notwendigen Bedarfsdeckung Geschäfte tätigen. Nach dem in Schleswig-Holstein geltenden Landesrecht wird die Tourismusabgabepflicht sowohl durch das Vorliegen eines unmittelbaren, als auch eines – nur – mittelbaren Vorteils ausgelöst (vgl. Senatsurteile vom 4. Oktober 1995 – 2 L 220/95 – Rn. 17, 19, juris und vom 24. September 2008 – 2 LB 16/08, LS 1, Rn. 10, juris). Bei den Fahrschulen ist jedenfalls von einem mittelbaren Vorteil durch den Tourismus auszugehen, da die Fahrschulen von Beförderungsunternehmen und im Tourismus Beschäftigten, die auf ihren Führerschein angewiesen sind, profitieren können. Es reicht die Möglichkeit eines Vorteils aus.

75

Offen lässt der Senat, ob die Festsetzungen des Gewinnsatzes anhand der Mittelwerte aus den Richtsatzsammlungen unterschiedlicher Jahre rechtmäßig sind. Insoweit merkt der Senat an, dass es im Sinne der Abgabengerechtigkeit erforderlich ist, dass möglichst alle Abgabepflichtigen nach demselben Verfahren beurteilt werden. Der Ersatzmaßstab muss daher eine auf den Einzelfall beschränkte Ausnahme bleiben.

76

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3, § 161 Abs. 2 VwGO. Für den für erledigt erklärten Teil hat die Antragsgegnerin die Kosten zu tragen, weil sie die Übernahme der Kosten erklärt hat; insoweit ist die Entscheidung unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

77

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

78

Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.


Tenor

Es wird festgestellt, dass § 9 Abs. 7 und § 10 Abs. 3 der Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung der Hansestadt Lübeck vom 1. Dezember 2014 unwirksam sind.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller wendet sich mit dem Normenkontrollverfahren gegen die Erhöhung der Gebühren für Straßenreinigung und Winterdienst zum 1. Januar 2015.

2

Er ist Eigentümer des im Stadtgebiet der Antragsgegnerin gelegenen Grundstücks „…“. Mit Bescheid vom 20. Januar 2015 zog die Antragsgegnerin den Antragsteller zu Straßenreinigungsgebühren für das Jahr 2015 in Höhe von 473,96 € nach ihrer Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung vom 1. Dezember 2014 heran. Die Gebühr wurde nach 41 Frontmetern mit 3,36 € pro Frontmeter als Reinigungsgebühr (in Höhe von 137,76 €) sowie mit 8,20 € pro Frontmeter als Wintergebühr (in Höhe von 338,20 €) bemessen. Dagegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 6. Februar 2015 Widerspruch ein, der noch nicht beschieden ist.

3

Die streitgegenständliche Satzung, die am 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist, war am 27. November 2014 von der Bürgerschaft beschlossen und am 9. Dezember 2014 in der Lübecker Stadtzeitung amtlich bekannt gemacht worden. Die Satzung enthält u.a. folgende Regelungen:

4

§ 9 Bemessungsgrundlage und Höhe der Reinigungsgebühr

5

(1) Die Reinigungsgebühr wird für die anliegenden und die durch die Straße erschlossenen Grundstücke (Hinterlieger) erhoben. Maßstab für die Gebühr ist die Straßenfrontlänge.

6

(2) bis (6) (…)

7

(7) Die jährliche Reinigungsgebühr beträgt für jeden Frontmeter eines Grundstücks in einer Straße der

8

Reinigungsklasse S 0

122,80 EUR

Reinigungsklasse S 1

 43,96 EUR

Reinigungsklasse S 2

 19,40 EUR

Reinigungsklasse S 3

 3,36 EUR

Reinigungsklasse S 4

1,40 EUR

Reinigungsklasse S 5

 91,84 EUR

Reinigungsklasse S 6

9,20 EUR

9

(8) (...)

10

§ 10 Bemessungsgrundlage und Höhe der Winterdienstgebühr

11

(1) Die Winterdienstgebühr wird für die anliegenden und die durch die Straße erschlossenen Grundstücke (Hinterlieger) erhoben. Maßstab für die Gebühr ist die Straßenfrontlänge. § 9 Abs. 2-4 und 6 gelten entsprechend.

12

(2) Maßstab ist außerdem Art und Umfang des vorgesehenen Winterdienstes gemäß der im Straßenverzeichnis aufgeführten Winterdienstklassen.

13

(3) Die jährliche Winterdienstgebühr beträgt für jeden Frontmeter eines Grundstücks in einer Straße der

14

Winterdienstklasse W 0

 18,96 EUR

Winterdienstklasse W 1

 8,20 EUR

15

(4) (…)

16

Bis zum 30. Dezember 2014 gab es zwei getrennte Satzungen, eine Straßenreinigungs- und eine Straßenreinigungsgebührensatzung. Die Regelungsgegenstände beider Satzungen wurden in der hier streitgegenständlichen Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung zusammengefasst und teilweise geändert.

17

Im Unterschied zum heutigen Satzungsrecht wurde früher eine einheitliche Straßenreinigungsgebühr für Straßenreinigung und Winterdienst erhoben, während heute zwei Gebühren festgesetzt werden, eine für die Straßenreinigung und eine separate für den Winterdienst. Zudem gab es nach der früheren Satzung eine Winterreinigung für alle Straßen, jetzt nur noch für rund ein Drittel der Straßen (ausgehend von den der Berechnung des Anteils des Allgemeininteresses zugrunde gelegten Straßenmetern: 340.520 Straßenreinigungsmeter und 219.234 Winterreinigungsmeter). Die Zahlen der vorherigen tatsächlichen Reinigungsmeter, insbesondere für den Winterreinigungsdienst, liegen dem Senat nicht vor.

18

Die Höhe der Gebühren bemisst sich heute - wie auch früher - nach dem sogenannten Frontmetermaßstab und danach, welcher Reinigungsklasse die Straße, an der das Grundstück des Gebührenschuldners anliegt, zugeordnet ist. Die Zuordnung der einzelnen Straßen zu den entsprechenden Reinigungsklassen folgt - damals wie heute - aus der Anlage zur jeweiligen Satzung. Die Reinigungsklasse gibt über Art und Anzahl der Reinigungen Auskunft. Vor Inkrafttreten der streitgegenständlichen Satzung gab es sieben Reinigungsklassen mit Gebühren in unterschiedlicher Höhe. Auch nach heutigem Satzungsrecht gibt es für die Straßenreinigungsgebühr weiterhin sieben Klassen, während sich die Winterdienstgebühr nach zwei Winterdienstklassen bemisst. Durch die Schaffung der getrennten Winterdienstklassen gibt es nunmehr Straßen, für die nur die Reinigungsgebühr zu entrichten ist, solche, für die ausschließlich für den Winterdienst Gebühren zu entrichten sind und diejenigen - wie im Falle des Antragstellers -, für die Gebühren sowohl für Reinigung als auch für Winterdienst verlangt werden.

19

Zuvor waren die Straßenreinigungsgebühren letztmalig zum 1. April 2007 angepasst worden; die Bürgerschaft hatte am 29. März 2007 für die Straßenreinigungsgebühren eine Kalkulationsperiode von drei Jahren festgelegt. Für die Kalkulation der Gebühren ab 2015 berücksichtigte die Antragsgegnerin aus der abgelaufenen Kalkulationsperiode 2007-2009 einen Übertrag in Form einer Überdeckung in Höhe von 238.000,00 Euro und aus der Kalkulationsperiode 2010-2012 die endgültige „Nachkalkulation“ mit einer Unterdeckung in Höhe von 3.342.00,00 Euro. Die Unterdeckung hatte ihre wesentliche Ursache in den Witterungsverhältnissen im Winter 2009/2010. Zudem wurde das den Kalkulationen zugrunde liegende Berechnungssystem ab dem Jahr 2015 so umstrukturiert, dass eine unmittelbare Vergleichbarkeit der Kostenstellen mit den entsprechenden Kostenstellen der vorherigen Kalkulationsperioden bzw. Vorkalkulationen nicht mehr gegeben ist.

20

Zum Zeitpunkt des Beschlusses der Bürgerschaft über die hier streitgegenständliche Satzung umfasste die seinerzeit laufende Kalkulationsperiode den Zeitraum 2013-2015. Um die Ergebnisse der „Nachkalkulationen“ zeitnah berücksichtigen zu können, wurde der damals laufende Kalkulationszeitraum vorzeitig zum 31. Dezember 2014 beendet, um eine Gebührenanpassung zum 1. Januar 2015 vornehmen zu können. Ab dem 1. Januar 2015 begann dann ein neuer dreijähriger Zeitraum, der noch bis zum 31. Dezember 2017 andauert.

21

In der Beschlussvorlage vom 20. November 2014 zur streitgegenständlichen Satzung heißt es insoweit:

22

„Ergebnisse Nachkalkulation

23

Während für den Zeitraum 2007 bis 2009 noch ein Überschuss von TEUR 238 erwirtschaftet werden konnte, ergab die Nachkalkulation der Kalkulationsperiode 2010 bis 2012 eine Unterdeckung von TEUR 3.342 oder durchschnittlich TEUR 1.114 je Jahr. (…)

24

Ergebnisse Vorkalkulation

25

Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Nachkalkulationen wurden die neuen Gebührensätze für die Kalkulationsperiode 2015 bis 2017 im Wege der Vorkalkulation ermittelt. (…) Der (…) notwendige Gebührenmehrbedarf von 4,1 Mio. EUR je Kalkulationsjahr hat verschiedene Ursachen. Zunächst ergibt sich dieser aus den mit der Nachkalkulation ermittelten Unterdeckungen aus Vorperioden. Darüber hinaus werden damit die Preissteigerungen seit 2007 ausgeglichen. Schließlich führen die deutlichen Ausweitungen der Leistungen im Rahmen der Straßenreinigung und beim Winterdienst zu entsprechenden Kostensteigerungen. Die Entsorgungsbetriebe … haben im Jahr 2010 erstmalig eine repräsentative Kundenbefragung durchgeführt. Gezielt wurde in dieser Befragung besonderer Wert auf Sauberkeit in der Wohngegend und in der Innenstadt sowie auf die Art der Verschmutzungen gelegt.Die Ergebnisse der Umfrage zeigten wesentliche Kernwünsche zur Verbesserung der Sauberkeit in einigen Wohngegenden und in der Innenstadt. Diesen Auftrag nahmen die EBL in Abstimmung mit dem Träger und den politischen Gremien zum Anlass, hier schrittweise gezielte Verbesserungen vorzunehmen und die Reinigungsleistung nochmals zu intensivieren. Auch die Erfahrungen der letzten Winter wurden bei der Vorkalkulation berücksichtigt. Von den mit 8,8 Mio. EUR kalkulierten jährlichen Gesamtkosten für Straßenreinigung und Winterdienst machen die Kosten für den Winterdienst mit 2,9 Mio. EUR etwa ein Drittel aus. (…)“

26

Am 20. März 2015 hat der Antragsteller beim Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht einen Normenkontrollantrag gestellt. Er vertritt die Auffassung, die Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung der Antragsgegnerin vom 1. Dezember 2014 verstoße gegen § 6 Abs. 2 Kommunalabgabengesetz (KAG) und sei deshalb unwirksam, weil die der Gebührenbemessung zugrundeliegende Kalkulation fehlerhaft sei. Er meint, die Ergebnisvorträge der Jahre 2007-2009 und 2010-2012 hätten zu Unrecht zu einer Gebührenanhebung ab dem Jahr 2015 geführt; denn es habe schon keine umlagefähige Unterdeckung vorgelegen.

27

Jedenfalls sei gegen den in § 6 Abs. 2 Satz 9 KAG normierten dreijährigen Ausgleichszeitraum verstoßen worden. Danach sei eine festgestellte Unterdeckung innerhalb der auf die Feststellung folgenden drei Jahre auszugleichen. Das heißt, die in 2013 festgestellte Unterdeckung des Kalkulationszeitraumes 2010-2012 hätte spätestens in den Jahren 2014, 2015 und 2016 ausgeglichen werden müssen.

28

Darüber hinaus sei der mit 15% berücksichtigte Öffentlichkeitsanteil zu gering bemessen. Insbesondere sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass es sich bei der Antragsgegnerin um eine Großstadt mit ganz erheblicher touristischer und kultureller Bedeutung handele. Zudem werde das Allgemeininteresse am Winterdienst zu niedrig angesetzt.

29

Ferner sei die Kalkulation auch deshalb fehlerhaft, weil nicht ersichtlich sei, wie die in der Periode 2010-2012 entstandenen Kosten, die eine Unterdeckung verursacht hätten, sich auf die Straßenreinigung und den Winterdienst verteilten und auf die kalkulierten Kosten der streitgegenständlichen Periode umgelegt würden.

30

Schließlich sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Kosten des Winterdienstes diejenigen der Straßenreinigung um ein Vielfaches überstiegen.

31

Der Antragsteller beantragt,

32

festzustellen, dass § 9 Abs. 7 und § 10 Abs. 3 der Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung der Antragsgegnerin vom 1. Dezember 2014 unwirksam sind.

33

Die Antragsgegnerin beantragt,

34

den Antrag abzulehnen.

35

Sie vertritt die Auffassung, dass kein Verstoß gegen § 6 Abs. 2 KAG bei der Berücksichtigung vorheriger Über- und Unterdeckungen vorliege. Die Überdeckung der Periode 2007 bis 2009 und die Unterdeckung der Periode 2010 bis 2012 seien ordnungsgemäß ermittelt worden. Sie, die Antragsgegnerin, habe unter Beachtung der Dreijahresvorgabe des § 6 Abs. 2 KAG die für die Periode 2010 bis 2012 ermittelte Unterdeckung in die Kalkulation der Periode 2015 bis 2017 eingestellt und durch den Erlass der streitgegenständlichen Satzung eine Kalkulationsperiode beginnen lassen, innerhalb derer die festgestellte Unterdeckung ausgeglichen werde.

36

Sie, die Antragsgegnerin, habe auch nicht gegen den Dreijahreszeitraum des § 6 Abs. 2 Satz 9 KAG verstoßen. Es genüge, dass innerhalb dieses Dreijahreszeitraums eine Kalkulationsperiode beginne, innerhalb derer eine festgestellte Kostenüber- oder -unterdeckung ausgeglichen werde. Im vorliegenden Fall sei innerhalb der Dreijahresfrist des § 6 Abs. 2 Satz 9 KAG nicht bloß eine den Ausgleich regelnde Satzung formal in Kraft getreten, sondern sei mit dem Ausgleich im Sinne der Auffassung des Antragstellers bereits wirtschaftlich-faktisch in den Jahren 2015 und 2016 begonnen worden. Die Vorschrift sei dahingehend auszulegen, dass innerhalb des Dreijahreszeitraums die Kalkulationsperiode beginnen müsse, innerhalb derer eine Über- oder Unterdeckung ausgeglichen werde. Es sei unschädlich, dass der Ausgleich erst im Jahre 2017 vollständig abgeschlossen sei.

37

Ferner sei der Öffentlichkeitsanteil mit 15 % nicht zu beanstanden. Insbesondere sei nicht ersichtlich, warum eine touristische und kulturelle Bedeutung zwingend zu einem erhöhten Allgemeininteresse führen sollte. Sachgerecht erscheine, die touristische und kulturelle Bedeutung dem Anliegerinteresse zuzuordnen. Denn der dadurch begründete Verkehr dürfte Ziel- und Quellverkehr und keinen Durchgangsverkehr darstellen. Es sei auch nicht erkennbar, warum das Allgemeininteresse im Bereich des Winterdienstes grundsätzlich höher zu bewerten sein sollte als dasjenige im Bereich der (normalen) Straßenreinigung.

38

Sie habe ferner eine fehlerfreie Kalkulation innerhalb der einzelnen Leistungsbereiche zugrunde gelegt. Schließlich gebe es nachvollziehbare Erklärungen, weshalb die Kosten der Einsätze im Winterdienst diejenigen im Sommerdienst überstiegen.

Entscheidungsgründe

39

Der Normenkontrollantrag des Antragstellers hat Erfolg.

40

A. Der Antrag ist zulässig.

41

Die auf Grundlage von § 45 Abs. 3 StrWG i.V.m. §§ 2 und 6 KAG erlasse Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung der Hansestadt Lübeck vom 1. Dezember 2014 unterliegt nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 5 SH-AG VwGO der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht. Die Antragsfrist von einem Jahr nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) ist gewahrt. Die streitgegenständliche Satzung wurde am 9. Dezember 2014 in der Lübecker Stadtzeitung amtlich bekannt gemacht; der Normenkontrollantrag ist am 19. März 2015 bei Gericht eingegangen.

42

Der Antragsteller ist auch antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO; denn er ist als Eigentümer eines Grundstücks, das an eine öffentliche Straße angrenzt, gebührenpflichtig (vgl. § 11 i.V.m. § 1 der Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung) und bereits mit Bescheid vom 20. Januar 2015 zu Straßenreinigungsgebühren herangezogen worden.

43

Da sich der Antragsteller lediglich gegen die der Gebühr zugrundeliegende Kalkulation wendet, sind die in § 9 Abs. 7 der Satzung normierte Straßenreinigungsgebühr und die in § 10 Abs. 3 der Satzung festgelegte Winterdienstgebühr Gegenstand der Normenkontrolle. Es genügt die Darlegung, durch die angegriffene Rechtsvorschrift - das sind hier Vorschriften der Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung der Antragsgegnerin - in einem bestimmten Aspekt rechtlich betroffen zu sein. Ist das Verfahren in dieser Weise zulässig angestrengt worden, muss das Gericht die Norm umfassend prüfen (vgl. Urteil des Senats vom 14. Juni 2006 - 2 KN 5/05 -, Juris Rn. 52). Es gilt ferner der Grundsatz, dass bei Normen, die unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 139 BGB teilbar sind, die verwaltungsgerichtliche Kontrolle nur auf den Teil des Normgefüges beschränkt ist, auf den sich die geltend gemachte Rechtsverletzung bezieht. Das hat zur Folge, dass ein dennoch auf den gesamten Normenbestand zielender Normenkontrollantrag jedenfalls insoweit unzulässig ist, als er den Antragsteller nicht berührende Normenteile erfasst, die schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und damit auch für den Antragsteller erkennbar unter Berücksichtigung der Ziele des Normgebers eigenständig lebensfähig und damit abtrennbar sind (vgl. Urteil des Senats vom 14. Juni 2006 - 2 KN 5/05 -, Juris Rn. 52 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 17. Februar 2005 - 7 CN 6.04 -). Die Antragsbegründung ergibt, dass der Antragsteller nur die abtrennbaren Regelungen zur Gebührenhöhe beanstandet, weshalb er seinen Antrag in der mündlichen Verhandlung den Darlegungen angepasst und präzisiert hat.

44

B. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. § 9 Abs. 7 und § 10 Abs. 3 der Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung der Hansestadt Lübeck vom 1. Dezember 2014 sind unwirksam.

45

Die der Gebührenbemessung zugrundeliegende Kalkulation für die Kalkulationsperiode 2015-2017 ist fehlerhaft. Zwar hat eine umlagefähige Unterdeckung aus der Kalkulationsperiode 2010-2012 im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 9 KAG vorgelegen (I.). Hinsichtlich der berücksichtigten Unterdeckungen der Kalkulationsperiode 2010-2012 liegt aber ein Verstoß gegen den dreijährigen Ausgleichszeitraum des § 6 Abs. 2 Satz 9 KAG vor (II.). Ferner ist der Öffentlichkeitsanteil zu gering bemessen (III.). Ob außerdem die Unterdeckungen fehlerhaft auf die Bereiche Winterdienst und Straßenreinigung verteilt worden und die Gebühren des Winterdienstes plausibel sind, lässt der Senat offen (IV.).

46

Nach § 45 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 3 StrWG sind Gemeinden, die reinigungspflichtig sind, berechtigt, durch Satzung die Eigentümerinnen und Eigentümer oder die zur Nutzung dinglich Berechtigten der anliegenden Grundstücke sowie der durch die Straße erschlossenen Grundstücke zu den entstehenden Kosten heranzuziehen; die Herangezogenen gelten als Benutzerinnen und Benutzer einer Einrichtung im Sinne von § 6 des Kommunalabgabengesetzes des Landes Schleswig-Holstein.

47

§ 6 Abs. 2 KAG enthält die wesentlichen Regelungen zur Gebührenhöhe: Danach sollen Benutzungsgebühren so bemessen werden, dass sie die erforderlichen Kosten der laufenden Verwaltung und Unterhaltung der öffentlichen Einrichtung decken (§ 6 Abs. 2 Satz 1 KAG). Die Kosten sind nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln (§ 6 Abs. 2 Satz 2 KAG). Der Gebührenbemessung kann ein Kalkulationszeitraum von bis zu drei Jahren zugrunde gelegt werden (§ 6 Abs. 2 Satz 8 KAG). Nach § 6 Abs. 2 Satz 9 KAG ist eine sich am Ende des Kalkulationszeitraums aus einer Abweichung der tatsächlichen von den kalkulierten Kosten ergebende Kostenüber- oder -unterdeckung innerhalb der auf die Feststellung der Über- oder Unterdeckung folgenden drei Jahre auszugleichen. Der Zeitraum für den Ausgleich kann unabhängig davon gewählt werden, welcher Zeitraum der Kalkulationsperiode zugrunde gelegt wurde, in der die Abweichung auftritt (§ 6 Abs. 2 Satz 10 KAG).

48

I. Im Jahr 2013 ist eine dem Grunde nach für eine nachfolgende Kalkulationsperiode umlagefähige Unterdeckung aus der Kalkulationsperiode 2010-2012 in Höhe von 3.342.000 Euro festgestellt worden.

49

1. Die Überdeckungen aus der Kalkulationsperiode 2007-2009 und die Unterdeckungen aus der Kalkulationsperiode 2010-2012 sind nicht anhand einer Nachkalkulation, sondern – zutreffend – anhand einer mit der Vorauskalkulation kongruenten Betriebsabrechnung ermittelt worden. Insoweit enthält die von der Antragsgegnerin vorgelegte, von … erstellte, betriebswirtschaftliche Gebührenkalkulation 2015-2017 (vgl. z.B. Bl. 33 Beiakte A) ebenso wie die darauf Bezug nehmende Beschlussvorlage an die Bürgerschaft nur eine falsche Begrifflichkeit, wenn von „Nachkalkulation“ die Rede ist.

50

Die Ermittlung der Kostenüber- bzw. -unterdeckung hat durch den Vergleich der tatsächlichen mit den kalkulierten Kosten bzw. Maßstabseinheiten zu erfolgen. Damit kommt nicht nur der Gebührenkalkulation, sondern insbesondere auch der Betriebsabrechnung für den Kalkulationszeitraum eine besondere Bedeutung zu. Nur eine Abweichung der in die Gebührenkalkulation eingestellten Kostenpositionen mit deren tatsächlichen Betriebsergebnis begründet eine Kostenüber- bzw. -unterdeckung (Belz in: Habermann/Arndt, KAG SH, § 6 Rn. 196). Einer Betriebsabrechnung müssen dieselben Grundsätze (Leitentscheidungen) zugrunde gelegt werden, wie dies bei der Vorauskalkulation der Fall war. Sinn und Zweck der gebührenrechtlichen Betriebsabrechnung ist es, die Prognoseabweichungen gegenüber der Gebührenvorauskalkulation festzustellen, und nicht eine „Gebührennachkalkulation“ zu erstellen (vgl. Belz, a.a.O., Rn. 196).

51

Kosten, die nicht in die Gebührenkalkulation eingestellt werden, können nicht erstmals in folgenden Rechnungsperioden als "Unterdeckung" berücksichtigt werden (vgl. Urteil des Senats vom 24. Juni 1998 - 2 L 22/96 -, Leitsatz 5, Juris). Das heißt, eine Übertragung ist nicht möglich bei Kosten, die in zurückliegenden Rechnungsperioden zwar durch die Leistungserbringung im Rahmen der öffentlichen Einrichtung verursacht, aber nicht in die jeweiligen Gebührenbedarfsberechnungen eingestellt worden sind. In solchen Fällen liegt eine dem Kostendeckungsgebot des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG und dem Einnahmebeschaffungsgrundsatz des § 76 GO (i.V.m. § 57 KrO) widersprechende Unterlassung vor, die zur Folge hat, dass der Vergleich von Kalkulation und Betriebsergebnis keine Unterdeckung ausweist, gleichwohl aber der Gebührensatz in der abgelaufenen Rechnungsperiode zu niedrig bemessen war. Dieser Fehler kann nicht durch Ansatz der ausschließlich durch frühere Leistungen verursachten Kosten in späteren Rechnungsperioden behoben werden. Das gilt sowohl bei bewusster Unterlassung und nachfolgende Änderung der Auffassung des Trägers der kostendeckenden Einrichtung, als auch hinsichtlich nur versehentlich oder irrtümlich nicht berücksichtigter Kosten. Es fehlt jeweils an einer durch das Rechnungsergebnis auszuweisenden Unterdeckung, die in die nächste Periode übertragen werden könnte; vielmehr würde in solchen Fällen an abgeschlossene Sachverhalte angeknüpft werden (Senatsurteil vom 24. Juni 1998, a.a.O., Juris Rn. 29). Der nach der Kostenrechnung für eine bestimmte Periode kalkulierte Gebührensatz muss grundsätzlich für diesen Zeitraum unverändert beibehalten bleiben. Ist der Gebührensatz für die Periode nach dem Grundsatz der Veranschlagungsmaxime ordnungsgemäß ermittelt worden, bleibt er rechtsgültig, auch wenn sich aufgrund der tatsächlichen Kostenentwicklung im weiteren Verlauf der Rechnungsperiode bei seiner Anwendung Abweichungen ergeben, solange der Gebührensatz sich nur im Rahmen des dem Normgeber der Gebührensatzung einzuräumenden Einschätzungsspielraums hält (Senatsurteil vom 24. Juni 1998, a.a.O., Juris Rn. 31; so auch Thiem/Böttcher § 6 KAG, Rn. 171).

52

Unter Gebührennachkalkulation wird demgegenüber eine Gebührenkalkulation verstanden, welche im Nachhinein, d.h. nach Ablauf einer Rechnungsperiode, auf Basis von Ist-Kosten erstellt wird. Der darin ausgewiesene Gebührensatz wird rückwirkend auf den Zeitpunkt zu Beginn der der Gebührennachkalkulation zugrundeliegenden Rechnungsperiode erlassen (vgl. Belz, a.a.O., Rn. 197). Im Rahmen einer solchen Nachkalkulation, anders als bei einer Betriebsabrechnung, steht es dem Einrichtungsträger frei, auch kalkulatorische Ansätze (Leitentscheidungen) der Vorauskalkulation zu ändern oder Kosten zu berücksichtigen, die bei der Vorauskalkulation „vergessen“ wurden. Unzulässig ist lediglich die Saldierung vergessener Kosten mit überhöhten Kostenansätzen in der Kalkulation, ohne dass sich das für die Gebührenbemessung zuständige Gremium dies zu eigen gemacht hat, und die Einstellung von in früheren Rechnungsperiode vergessenen Kosten – unter Verstoß gegen den Grundsatz der Periodengerechtigkeit – in nachfolgenden Kalkulationen für spätere Rechnungsperioden (Urteil des Senats vom 22. Oktober 2003 - 2 LB 148/02 unter Hinweis auf Urteil vom 24. Juni 1998 - 2 L 22/96 -).

53

Die Ermittlung der Kostenüber- bzw. Kostenunterdeckung hat danach durch eine Betriebsabrechnung zu erfolgen, der dieselben Grundsätze (Leitentscheidungen) zugrunde gelegt werden müssen, wie dies bei der Vorauskalkulation der Fall war. Das ist hier geschehen. Bei der von der Antragsgegnerin vorgelegten, von … erstellten, betriebswirtschaftlichen Gebührenkalkulation 2015-2017 (vgl. z.B. Bl. 33 Beiakte A), und ebenso bei der darauf Bezug nehmenden Beschlussvorlage an die Bürgerschaft, die irreführend als „Nachkalkulation“ bezeichnet wird, handelt es sich um Soll/Ist-Vergleiche der Jahre 2010-2012 (und 2007-2009) und damit um auf Soll-Gebühreneinnahmen bezogene Betriebsabrechnungen, die vorstehenden Grundsätzen der Ermittlung einer Über- bzw. Unterdeckung gerecht werden. Die vorgelegten Abrechnungen sind keine bloßen Abgleiche der Ist-Kosten mit den Ist-Einnahmen. Wie sich aus den „Nachkalkulationen Straßenreinigung / Winterdienst“ (Beiakte C) ergibt, hat die Antragsgegnerin zur Ermittlung der Über- bzw. Unterdeckungen der Vorperioden auf Soll-Gebühreneinnahmen bezogene Betriebsabrechnungen erstellt; denn in den vorgelegten Abrechnungen für die Kalkulationszeiträume 2007-2009 und 2010-2012 wird auf Soll-Gebühreneinnahmen Bezug genommen. Dadurch werden die Prognosen der (Vor-) Kalkulationen berücksichtigt. Bereits aus der Gegenüberstellung der „Gesamt Gebührenfähigen Kosten“ und „Gesamt Soll-Gebühreneinnahmen“ ergibt sich, dass es sich um Soll/Ist-Vergleiche handelt, durch die die Prognoseabweichungen gegenüber der Gebührenvorkalkulation festgestellt werden.

54

2. Der Einwand des Antragstellers, die Fehler der Kalkulation für die Periode 2010-2012 als „Unterdeckungen“ in die Folgeperiode 2015-2017 fortzuschreiben, sei unzulässig, es hätte vielmehr eine Neukalkulation durchgeführt werden müssen, greift nicht durch.

55

Es ist schon mehr als fraglich, ob der Gebührensatz der vorangegangenen Kalkulationsperiode 2010-2012 fehlerhaft gewesen ist. Die Antragsgegnerin hat insoweit geltend gemacht, die für die Jahre 2007-2009 erstellte Vorkalkulation sei bewusst für die Jahre 2010-2012 übernommen worden; damit seien die seinerzeit prognostizierten Zahlen für den Zeitraum 2010-2012 zugrunde gelegt worden. Die Gebührensätze seien im Vergleich zu der vorangegangenen Periode 2007-2009 unverändert geblieben. Dabei habe sie mit einem geringfügigen Überschuss aus den Jahren 2007-2009 gerechnet und sei davon ausgegangen, dass die Gebühren selbst bei – zwar nicht vorhersehbaren aber möglichen – Kostensteigerungen weiterhin kostendeckend seien. Eine Unterdeckung der Jahre 2010-2012 sei nicht bewusst in Kauf genommen worden. Dagegen ist dem Grunde nach nichts zu erinnern.

56

Insoweit hat der Senat bereits entschieden, dass ein in der Satzung bestimmter Gebührensatz nicht schon dann fehlerhaft ist, wenn sich einige der veranschlagten Kostenpositionen am Ende der Kalkulationsperiode als überhöht eingeschätzt er-weisen und sich eine - nicht beabsichtigte - Kostenüberdeckung herausstellt, sondern erst dann, wenn die Gebührenkalkulation von sachfremden Erwägungen, wie der Absicht einer Gewinnerzielung, getragen worden ist oder aber die Anwendung unrichtiger Kalkulationsmethoden oder Verwendung unzutreffender Daten zu einer erheblichen Kostenüberdeckung und damit zu einer Verletzung des Kostenüberschreitungsverbots führt (Urteil des Senats vom 16. Juni 2011 – 2 KN 3/10 – Leitsatz 1). Nichts anderes gilt, wenn sich einige der veranschlagten Kostenpositionen am Ende der Kalkulationsperiode als zu niedrig eingeschätzt erweisen und sich eine - nicht beabsichtigte – Kostenunterdeckung ergibt, solange diese nicht auf sachfremden Erwägungen beruht.

57

Selbst aber für den Fall, dass die Kalkulation für die Jahre 2010-2012 fehlerhaft gewesen sein sollte, hinderte das nicht, die auf dieser (fehlerhaften) Prognoseentscheidung ermittelten Über- bzw. Unterdeckungen in eine Betriebsabrechnung einzustellen. Denn es bestand trotz der hauptsächlich aus den Witterungsbedingungen im Winter 2009/2010 herrührenden erheblichen Fehlbeträge keine Pflicht zum Abbruch des Kalkulationszeitraums 2010-2012. Ein Gebührensatz, der für eine Rechnungsperiode ordnungsgemäß ermittelt worden ist, bleibt rechtsgültig, auch wenn sich bei seiner Anwendung aufgrund der tatsächlichen Kostenentwicklung im weiteren Verlauf der Rechnungsperiode eine Kostenüber- oder -unterdeckung ergibt (vgl. Thiem/Böttcher, § 6 KAG, Rn. 171). Nichts anderes ergibt sich aus dem Urteil des Senats vom 22. Oktober 2003 (- 2 LB 148/02 -); denn dieses befasst sich mit einer „Nachkalkulation“ im Sinne einer nach Abschluss der Rechnungsperiode aufgrund sogenannter harter Zahlen neu vorzunehmenden Kalkulation und nicht mit dem Abbruch einer Rechnungsperiode.

58

Aufgrund der Ausführungen und Erläuterungen der Antragsgegnerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestehen zwar keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der errechneten Unterdeckung. Der Senat merkt aber an, dass es bei Änderung des Berechnungssystems – wie vorliegend – sinnvoll wäre, von vornherein eine „Übersetzungshilfe“ mitzuliefern, um eine Vergleichbarkeit der Kostenstellen vorangegangener und nachfolgender Kalkulationsperioden zu erleichtern. Wäre es darauf noch entscheidungstragend angekommen, hätte dies nachgeholt werden müssen. Wegen nachfolgender Erwägungen kann die exakte Höhe der Unterdeckungen letztlich dahinstehen.

59

II. Die Berücksichtigung der Überdeckungen aus der Kalkulationsperiode 2007-2009 und der Unterdeckungen aus der Kalkulationsperiode 2010-2012 in der für die angegriffenen Gebührenregelungen maßgeblichen Kalkulationsperiode 2015-2017 verstößt gegen die Verpflichtung aus § 6 Abs. 2 Satz 9 KAG, eine sich am Ende des Kalkulationszeitraums aus einer Abweichung der tatsächlichen von den kalkulierten Kosten ergebende Kostenüber- oder -unterdeckung innerhalb der auf die Feststellung der Über- oder Unterdeckung folgenden drei Jahre auszugleichen.

60

Die Unterdeckung, die im Laufe des Kalenderjahres 2013 festgestellt worden ist, hätte in den darauffolgenden drei Jahren 2014-2016 ausgeglichen werden müssen (alternativ hätte der Ausgleich auch in einem kürzeren, etwa einem Zweijahreszeitraum 2015-2016 vorgenommen werden können, was eine höhere Gebühr bedeutet hätte). Entsprechendes gilt hinsichtlich der Überdeckung der Jahre 2007-2009; deren Ausgleich hätte nach Feststellung im Jahr 2010 in den Jahren 2011-2013 stattfinden müssen. Sie war daher bei der streitgegenständlichen Gebührenkalkulation nicht mehr zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Unterdeckung reicht es nicht aus, wenn – wie hier – innerhalb der Dreijahresfrist des § 6 Abs. 2 Satz 9 KAG eine den Ausgleich regelnde Satzung in Kraft getreten und mit dem Ausgleich begonnen worden ist.

61

Bereits der Wortlaut von § 6 Abs. 2 Satz 9 KAG, wonach eine sich am Ende des Kalkulationszeitraums ergebende Kostenüber- oder -unterdeckung innerhalb der auf die Feststellung der Über- oder Unterdeckung folgenden drei Jahre auszugleicheni s t , deutet darauf hin, dass der Ausgleich in dem vom Gesetzgeber durch diese Bestimmung vorgegebenen Zeitraum bewirkt sein muss. Dem ist nicht allein durch Erlass einer entsprechenden Gebührensatzung und Beginn des Ausgleichs innerhalb von drei Jahren Genüge getan. Bestätigt wird diese Auslegung durch die Entstehungsgeschichte und die Systematik des Gesetzes.

62

Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes sowie zur Änderung des Landesabfallwirtschaftsgesetzes vom 30. November 2013 (GVOBl S. 614) die Rechtsprechung des Senats aufgegriffen (vgl. Plenarprotokoll 15/98 Seite 7536; so auch Belz in: Habermann/Arndt, § 6 KAG Rn. 202 S. 68). Zur Frage, wann eine festgestellte Unterdeckung berücksichtigt werden kann, und zum Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für eine mehrperiodische Verrechnung von Gewinnen und Verlusten heißt es im Urteil des Senats vom 24. Oktober 2001 - 2 L 29/00 - (Juris Rn. 51):

63

„Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 13. Dezember 1993 (2 K 9/91, Die Gemeinde 1994, 134) ausgeführt, dass nach den Grundsätzen der Einnahmebeschaffung in § 76 GO und der Kostendeckung sowohl Gebührenüberdeckungen als auch Unterdeckungen bei der nächsten Gebührenkalkulation nach Entdeckung solcher Abweichungen zu berücksichtigen sind. Diese Rechtsprechung hat er mit Urteil vom 24. Juni 1998 (2 L 22/96, NordÖR 1998, 351) dahingehend modifiziert, dass Kosten, die nicht in die Gebührenkalkulation eingestellt wurden, nicht erstmals in folgenden Rechnungsperioden als Unterdeckung berücksichtigt werden können. Die nächste Gebührenkalkulation nach Entdeckung der Kostenabweichungen ist regelmäßig die für die übernächste Rechnungsperiode, weil das Betriebsergebnis einer Rechnungsperiode erst im Laufe des Folgejahres vorliegt.

64

Dieser zeitliche Ablauf klärt, warum der Senat unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 13. Dezember 1993 (a.a.O.) im Urteil vom 24. Juni 1998 (a.a.O.) unter Verwendung auch des Plurals ausgeführt hat, ungewollte Über- und Unterdeckungen seien - auch ohne dahingehende landesrechtliche Regelung - in die folgende(n) Rechnungsperiode(n) einzubeziehen. Mit Beschluss vom 3. März 2000 (2 M 59/99, Die Gemeinde 2000, 143) hat der Senat klargestellt, dass ohne gesetzliche Grundlage ein über mehrere Jahre verteilter Ausgleich nur bei Vorliegen besonderer Umstände überhaupt in Betracht kommen kann. Daran ist festzuhalten.“

65

Mit der Neuregelung in § 6 Abs. 2 Satz 9 KAG hat der Gesetzgeber die Möglichkeit eines über mehrere Jahre verteilten Ausgleichs dieser eigentlich periodenfremden Kosten und dessen Beginn nunmehr gesetzlich geregelt. Dass die Dreijahresfrist nach Ablauf des Jahres zu laufen beginnt, in dem die Kostenüber- bzw. -unterdeckung festgestellt worden ist, entspricht der bisherigen Rechtsprechung.

66

War es nach der bisherigen Senatsrechtsprechung möglich, ungewollte Über- und Unterdeckungen der abgelaufenen Rechnungsperiode in die Kalkulation des Gebührensatzes der folgenden Periode (übernächste Periode) einzubeziehen (vgl. auch Leitsatz 1 zum Urteil vom 24. Oktober 2001 a.a.O.), hat der Gesetzgeber hinsichtlich des Ausgleichszeitraums nicht auf die der Feststellung der Über- oder Unterdeckung folgende (übernächsten) Kalkulationsperiode abgestellt. Vielmehr verwendet er einen von der von der Kommune gewählten Kalkulationsperiode unabhängigen Drei-Jahreszeitraum, sogenannter Ausgleichszeitraum. Dies bedeutet: Nach heutiger Rechtslage muss der Ausgleich auch bei einer nur einjährigen Kalkulationsperiode maximal erst fünf Jahre nach Beginn der Kalkulationsperiode vollzogen sein; denn nach Feststellung der Unter- bzw. Überdeckung im Folgejahr nach Ende der Kalkulationsperiode besteht drei Jahre Zeit für den Ausgleich (vgl. auch Thiem/Böttcher, § 6 KAG Rn. 179a). Nach zwei dreijährigen Kalkulationsperioden muss zwingend eine einjährige Kalkulationsperiode folgen, weil sonst die gesetzliche Ausgleichsfrist nicht eingehalten werden kann. Die dreijährige Ausgleichsfrist beginnt im zweiten Kalenderjahr der nachfolgenden dreijährigen Kalkulationsperiode zu laufen und endet bereits ein Kalenderjahr nach Ablauf der zweiten/nachfolgenden Kalkulationsperiode (vgl. Belz in Habermann/Arndt KAG SH § 6 KAG Rn. 202 und Brüning in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 852, der deshalb einjährige Kalkulationszeiträume empfiehlt).

67

Ob der Gesetzgeber diese Folge abgesehen hat, ist nicht bekannt. Die Gesetzesmaterialien geben diesbezüglich keinen Aufschluss, weil sie sich lediglich mit den Kalkulations- und nicht den Ausgleichszeiträumen befassen. Aus den im Plenarprotokoll festgehaltenen Redebeiträgen ergibt sich zum einen, dass mit der Änderung des Kommunalabgabengesetzes Entscheidungen der Verwaltungsgerichte gesetzgeberisch nachvollzogen werden sollten (Plenarprotokoll 17/98, Redebeitrag von … H., Seite 7536). Zum anderen heißt es, man habe sich mit der Frage des Gebührenkalkulationszeitraumes auseinandergesetzt und es für sinnvoll erachtet – auch aus Gründen einer Kontinuität der Gebühr – den Zeitraum letztlich von einem auf drei Jahre zu verändern (Plenarprotokoll 17/98, Redebeitrag von … M., Seite 7539). Schließlich wird unter anderem erwähnt, dass durch die Vergrößerung der Kalkulationszeiträume bei der Gebührenkalkulation die Möglichkeit geschaffen werde, Kostenüberdeckung und Kostenunterdeckung über mehrere Kalkulationsperioden in den Gebührenhaushalt einzubringen (Plenarprotokoll 17/98, Redebeitrag von … F., Seite 7540).

68

Das hier vertretene Verständnis von § 6 Abs. 2 Satz 9 KAG wird bestätigt durch die Gesetzessystematik. Nach dem Wortlaut von § 6 Abs. 2 Satz 10 KAG kann „der Zeitraum für den Ausgleich“ unabhängig davon gewählt werden, welcher Zeitraum der Kalkulationsperiode zugrunde gelegt wurde, in der die Abweichung auftritt. Daraus folgt, dass der Ausgleich nur in einer maximal dreijährigen Zeitspanne und nicht durch ein Ereignis – weder durch das Inkraftsetzen der Satzung, noch durch den Beginn des Ausgleichs – bewirkt werden kann. Vom „Zeitraum für den Ausgleich“ ist der in § 6 Abs. 2 Satz 8 und 9 KAG genannte, ebenfalls maximal drei Jahre währende „Kalkulationszeitraum“ zu unterscheiden, der in § 6 Abs. 2 Satz 10 KAG mit „Zeitraum der Kalkulationsperiode“ bezeichnet wird.

69

Der Senat weist darauf hin, dass bei einem Ausgleich einer Kostenüber- oder -unterdeckung in der Gebührenkalkulation die unterschiedlichen Kostenträger, einerseits Straßenreinigung und andererseits Winterdienst, zu berücksichtigen sind. Da die Antragsgegnerin jetzt – im Vergleich zu vorherigen Kalkulationsperioden – getrennte Gebühren festsetzt, muss sie die auf die einzelnen Kostenträger bezogene jeweilige Unterdeckung auf die jeweilige Gebühr umlegen und nicht die Gesamtunterdeckung auf beide Kostenträger zusammen. Bei fehlender proportionaler Umlegung würde ansonsten gegen das Äquivalenzprinzip und den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen (vgl. Senatsurteil vom 5. September 1996 - 2 K 8/94 - und Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2000 - 2 L 105/00 -). Ob diesen Anforderungen vorliegend Genüge getan ist, nachdem sich die Unterdeckung der Jahre 2010-2012 bei Erhebung einer Einheitsgebühr ergeben hat, kann wegen der festgestellten Fehler offenbleiben. Dies gilt auch im Hinblick auf den Vortrag der Antragsgegnerin, es bestehe kein Unterschied zur vorherigen Kalkulation, da sie in ihrer Satzung nur diejenigen Straßen für den Winterdienst vorgesehen habe, die auch in der Vergangenheit vom Winterdienst betroffen worden seien, die übrigen Straßen hätten (zumeist) aus Kapazitätsgründen vernachlässigt werden müssen.

70

Unabhängig davon ist aber die Ausweisung getrennter Gebühren für Winterdienst und Straßenreinigung zulässig und ermöglicht es, bei der Gebührenbemessung die erforderlichen Differenzierungen je nach „Leistungsprofil“ vornehmen zu können (vgl. zum Erfordernis der differenzierten Gebührenstruktur bei unterschiedlichem „Leistungsprofil“ der Winterdienstarbeiten: Urteil des Senats vom 17. Juni 1998 - 2 L 88/97 -, Juris Rn. 37 m.w.N.).

71

III. Die Antragsgegnerin hat zudem den Anteil des Allgemeininteresses fehlerhaft auf 15 % und damit unwirksam festgelegt. Es fehlt insoweit bereits an einer tragfähigen, alle wesentlichen Aspekte berücksichtigenden Ermessensentscheidung der Bürgerschaft (1). Darüber hinaus ist das Öffentlichkeitsinteresse am Winterdienst deutlich zu niedrig bemessen (2).

72

1. Das Schleswig-Holsteinische Landesrecht enthält keine Regelung, nach der bei der Bestimmung der Gebührensätze von den Kosten der Straßenreinigung ein Anteil für das Allgemeininteresse abzuziehen ist. Allerdings gebietet der Gleichheitssatz, Art. 3 Abs. 1 GG, Kosten, die die Befriedigung des Allgemeininteresses betreffen, nicht den Anliegern aufzubürden. Das ist dann der Fall, wenn die Straßenreinigung in einer Gemeinde nicht allein für Anliegerstraßen und damit ausschließlich im besonderen Interesse der Anlieger, sondern auch für Straßen, die nicht nur dem Anliegerverkehr dienen (z.B. Straßen mit innerörtlichem oder überörtlichem Durchgangsverkehr) und damit zugleich im Interesse der übrigen Straßenbenutzer und insoweit im Allgemeininteresse durchgeführt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. April 1989 - 8 C 90.87 -, Juris Rn. 16). Bei Festlegung der Höhe des Kostenanteils für das Allgemeininteresse hat der Ortsgesetzgeber eine weitgehende Einschätzungsfreiheit (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. April 1989, a.a.O., Juris Rn. 19). Er hat sich bei seiner Entscheidung an den örtlichen Verhältnissen, insbesondere an dem Verhältnis zwischen der Anzahl einerseits der Anliegerstraßen und andererseits der Straßen (Reinigungsfläche), die nicht nur dem Anliegerverkehr dienen, zu orientieren. Ob die Ermessensentscheidung des Satzungsgebers diesen Maßstäben entspricht, bedarf tatsächlicher Feststellungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. April 1989, a.a.O., Juris Rn. 20).

73

Die Ermessenserwägungen des Satzungsgebers, d.h. der Antragsgegnerin, müssen danach alle für die Bemessung der Höhe des Allgemeininteresses wesentlichen Aspekte berücksichtigen (so auch OVG Lüneburg, Urteil vom 16. Februar 2016 - 9 KN 288/13 -, Juris Rn. 17, 25). Damit der Satzungsgeber sämtliche Erwägungen berücksichtigen kann, müssen sie sich aus den dem Rat, bzw. hier der Bürgerschaft, vorgelegten Unterlagen – etwa der Sitzungsvorlage, der Gebührenkalkulation und deren Anlagen oder sonstigen Unterlagen und/oder dem Protokoll der Rats- bzw. Bürgerschaftssitzung – ergeben. Es muss deutlich werden, dass sich der Ortsgesetzgeber bei seiner Entscheidung an den örtlichen Gegebenheiten orientiert hat, insbesondere an dem Verhältnis zwischen der Anzahl einerseits der Straßen, die überwiegend von dem zur öffentlichen Einrichtung gehörenden Personenkreis genutzt werden, und andererseits derjenigen Straßen die in erheblichem Umfang auch einem einrichtungsfremden Benutzerkreis dienen (vgl. OVG Lüneburg, a.a.O.).

74

Diesen Anforderungen wird die Beschlussvorlage der Bürgerschaft vom 20. November 2014 nicht gerecht.

75

Darin heißt es:

76

„Allgemeininteresse

77

Die Straßenreinigung und der Winterdienst umfassen ein breites Spektrum an Leistungen, die durch ein Team von rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – beim Winterdienst in der Spitze bis zu 300 Arbeitskräften pro Einsatz – täglich per Hand oder mit modernen Maschinen ausgeführt werden. Für die Straßenreinigungs- und Winterdienstleistungen gemäß Satzung wird derzeit eine Einheitsgebühr (mit 7 Reinigungsklassen) erhoben. Die kommunale Straßenreinigung ist keine geschlossene Einrichtung in dem Sinne, dass die von ihr erbrachte Reinigungsleistung nur den Grundstückseigentümern zugutekommt, deren Grundstücke durch die von der Gemeinde gereinigten Straßen erschlossen werden; sie dient vielmehr einem nicht unbeachtlichen Maß allen Straßenbenutzern und damit der Allgemeinheit. Dieses Allgemeininteresse ist bei der Gebührenkalkulation entsprechend zu berücksichtigen. Diesem Umstand Rechnung tragend, werden 15 % der gesamten Aufwendungen für gebührenfinanzierte Leistungen durch die Hansestadt Lübeck getragen. Die Höhe des Anteils zur Abgeltung des allgemeinen Interesses an sicheren und sauberen Straßen ist vom Gesetzgeber nicht vorgegeben, sondern hängt jeweils von den örtlichen Gegebenheiten ab. Nach der einschlägigen Rechtsprechung darf dieser Anteil in Schleswig-Holstein jedoch nicht unter 15 % liegen. Soweit Reinigungs-/Winterdienstleistungen auf Brücken, an Wasserstraßen und Strecken außerhalb der geschlossenen Ortslage erbracht werden, fehlt es an einer Möglichkeit, hierfür Gebühren zu erheben. Auch diese Leistungen sind aus dem städtischen Haushalt zu finanzieren und dürfen nicht mit der Quote für das Allgemeininteresse verrechnet werden.“

78

Die Beschlussvorlage erweckt den Anschein, dass das Allgemeininteresse lediglich deshalb mit 15% angesetzt wurde, um der Rechtsprechung des Senats zu genügen. Nach dieser Rechtsprechung sind 15 % das Minimum, was als Allgemeininteresse an sauberen Straßen zu berücksichtigen ist (vgl. Urteil des Senats vom 23. Juni 1994 - 2 L 241/93 - Juris Rn. 38). Dies stellt eine - für sich genommen - nicht ausreichende Erwägung dar. Die von der Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen zum „Verfahren zur Ermittlung des Allgemeininteresses an der Straßenreinigung und dem Winterdienst in der Hansestadt Lübeck“ (Bl. 154 ff. GA), haben den Bürgerschaftsmitgliedern hingegen nicht zur Verfügung gestanden. Ob diese den Anforderungen an die vorzunehmenden Ermessenserwägungen entsprechen, ist daher unerheblich. Es genügt nicht, dass eine alle wesentlichen Aspekte berücksichtigende Verwaltungsunterlage zwar zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses existent war und im gerichtlichen Verfahren vorgelegt wird, diese aber dem Satzungsgeber bei der Beschlussfassung nicht vorgelegen hat.

79

2. Selbst aber wenn diese dem Senat vorgelegten Berechnungsunterlagen der Bürgerschaft bei der Beschlussfassung vorgelegen hätten, ist der danach errechnete Anteil des einheitlichen Allgemeininteresses von 15% jedenfalls für den Winterdienst nicht an den örtlichen Gegebenheiten ausgerichtet.

80

Es ist zwar rechtlich zulässig, aber nicht notwendig, dass der Gemeinde- bzw. Öffentlichkeitsanteil differenziert nach der Verkehrsbedeutung der jeweils gereinigten Straßen festgelegt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. April 1989, a.a.O., Juris Rn. 18; OVG Lüneburg, Urteil vom 16. Februar 2016, a.a.O., Juris Rn. 17).

81

Wenn aber – wie vorliegend – ein das Allgemeininteresse an der gesamten öffentlichen Einrichtung der Straßenreinigung einheitlich abdeckender Gemeindeanteil festgelegt wird, muss nachvollziehbar sein, wie dieser ermittelt worden ist. Erforderlich ist, dass der Ortsgesetzgeber zunächst die Höhe des Allgemeininteresses ermittelt, das bei den einzelnen Straßengruppen (beispielsweise Anliegerstraßen, Straßen mit starkem innerörtlichen Verkehr, Durchgangsstraßen) und sonstigen Anlagen (beispielsweise öffentlich zugängliche Park- und Grünanlagen) in seinem Gebiet jeweils an der Straßenreinigung besteht. Dabei wird er zu dem Ergebnis kommen müssen, dass das Allgemeininteresse umso höher ist, je intensiver einrichtungsfremde Nutzer die betreffende Straßengruppe der Anlage in Anspruch nehmen. In einem weiteren Schritt sind sodann die jeweils gebildeten Straßengruppen und sonstigen Anlagen hinsichtlich ihrer jeweiligen Reinigungsfläche zueinander ins Verhältnis zu setzen. Aus diesem Verhältnis der verschiedenen Gruppen zueinander und dem Ausmaß der einrichtungsfremden Nutzung innerhalb der Gruppen errechnet sich der einheitlich festgelegte Gemeindeanteil (so auch OVG Lüneburg, Urteil vom 16. Februar 2016, a.a.O., Juris Rn. 17).

82

Bei der dem Senat vorgelegten Aufstellung „Verfahren zur Ermittlung des Allgemeininteresses an der Straßenreinigung und dem Winterdienst in der Hansestadt Lübeck“ (Bl. 154 ff. GA) ist zwar eine entsprechende Vorgehensweise gewählt worden. Es ist für jede einzelne Straße unter Berücksichtigung der jeweiligen Länge für Sommer- und Winterdienst, der Verkehrsbelastung und der Einstufung als Anliegerstraße/Durchgangsstraße/Publikumsmagnet das jeweilige Allgemeininteresse bestimmt und schließlich eine gewichtete Quote von 15,2% errechnet worden.

83

Die ermittelten Anteile sind jedoch gemessen an den örtlichen Gegebenheiten widersprüchlich und schwerlich mit der Senatsrechtsprechung in Einklang zu bringen, nach der selbst in einer Konstellation, in der überwiegend Anliegerstraßen existierten, von einem Öffentlichkeitsanteil von 15 % ausgegangen werden müsste (vgl. Urteil des Senats vom 23. Juni 1994 - 2 L 241/93 -, Juris Rn. 38:„Minimum“).

84

Der der Beschlussvorlage für die Bürgerschaft beigefügten Synopse (Gegenüberstellung von alter und neuer Rechtslage einschließlich Straßenverzeichnis) sind die Umschreibungen der beiden Winterdienstklassen W 0 und W 1 zu entnehmen. Danach fallen unter die Winterdienstklasse W 0:

85

„Fußgängerzonen und ähnliche Verkehrsflächen, in denen man den Anliegern die Durchführung des Winterdienstes nicht zumuten kann, sowie sämtliche Verkehrsflächen der Reinigungsklasse S0 (12 x wöchentliche Reinigung aller Straßenteile)“

86

und unter die Winterdienstklasse W 1:

87

„Gefährliche und verkehrswichtige Fahrbahnen, insbesondere die verkehrsreichen Durchgangsstraßen der Ortsdurchfahrten von Bundestraßen sowie die Hauptverkehrsstraßen und die dazugehörenden Fußgängerüberwege und Radwege“.

88

Der Senat geht davon aus, dass jedenfalls hinsichtlich des Winterdienstes in Fußgängerzonen sowie auf allen gefährlichen und verkehrswichtigen Fahrbahnen ein hohes – mithin 15% übersteigendes – Allgemeininteresse bestehen müsste. Wie dennoch bezüglich etwa 40% der Straßenlänge, auf der Winterdienst durchgeführt wird – nämlich auf 90.199 m von 219.234 m (vgl. Ermittlungsergebnis Bl. 154 GA) –, lediglich von einem 5%igen Allgemeininteresse für Sammel- und Wohnstraßen/Anliegerstraßen („Einstufung 4“) ausgegangen werden kann, erschließt sich nicht. Schließlich ist der überwiegende Anteil von Anliegerstraßen vom Winterdienst ausgeschlossen (vgl. Straßenverzeichnis als Anlage zur Synopse bzw. der Satzung, gekennzeichnet mit „ohne“).

89

Die Argumentation der Antragsgegnerin, die touristische und kulturelle Bedeutung – etwa der Fußgängerzonen – sei dem Anliegerinteresse zuzuordnen, weil der dadurch begründete Verkehr „Ziel- und Quellverkehr“ und keinen „Durchgangsverkehr“ darstelle, greift nicht. Diese im Straßenausbaubeitragsrecht geltende Umschreibung, die besagt, dass in Anliegerstraßen vorwiegend Verkehr von und zu den Grundstücken stattfindet (vgl. Senatsurteil vom 26.04.2006 - 2 KN 7/05 -, Juris Rn. 145), ist auf das Straßenreinigungsgebührenrecht nicht übertragbar.

90

Da die öffentliche Einrichtung „Straßenreinigung“ nicht nur einzelne Straßen, sondern alle nach dem Satzungsrecht zu reinigenden in der geschlossenen Ortslage gelegenen öffentlichen Straßen umfasst (vgl. § 1 der streitgegenständlichen Satzung), sind Anliegerinteresse und Allgemeininteresse abweichend vom Straßenausbaubeitragsrecht zu definieren (so auch OVG Lüneburg, Urteil vom 16. Februar 2016, a.a.O., Juris Rn. 16). Bei letzterem bildet die jeweilige ausgebaute Straße die öffentliche Einrichtung, und das Anliegerinteresse bestimmt sich allein nach dem Umfang desjenigen Verkehrs, der von den an dieser Straße anliegenden Grundstücken ausgeht bzw. dorthin führt. Demgegenüber gibt im Straßenreinigungsgebührenrecht das Anliegerinteresse das Interesse wieder, das sämtliche Eigentümer von Grundstücken, die an gereinigte Straßen innerhalb der öffentlichen Einrichtung „Straßenreinigung“ angrenzen bzw. durch diese erschlossen werden, an der Reinigung der Straßen und sonstigen Anlagen innerhalb der öffentlichen Einrichtung haben. Das Allgemeininteresse wird dagegen begründet durch das Interesse der einrichtungsfremden Nutzer an gereinigten Straßen. Zu diesen gehören sowohl die ortsansässigen Eigentümer von Grundstücken an nicht zur öffentlichen Einrichtung gehörenden Straßen als auch die Ortsfremden, soweit diese beiden Personengruppen Durchgangsstraßen, Straßen mit starkem innerörtlichen Verkehr, Anliegerstraßen sowie sonstige gereinigte Einrichtungen der Gemeinde in Anspruch nehmen. Außerdem kann die Gemeinde selbst zusätzlich ein eigenes Interesse an der Reinigung ihrer Straßen, Wege und sonstigen Anlagen innerhalb der satzungsmäßig definierten öffentlichen Einrichtung haben (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 16. Februar 2016, a.a.O., Juris Rn. 17).

91

Aufgrund der kulturellen und touristischen Bedeutung der Altstadt der Antragsgegnerin ist davon auszugehen, dass nicht nur die Fußgängerzonen von vielen Ortsfremden genutzt werden, die – auch im Winter – ein Interesse an gereinigten Straßen haben. Die Antragsgegnerin kommt mit dem Winterdienst zudem ihrer gegenüber allen Straßennutzern bestehenden Verkehrssicherungspflicht nach.

92

IV. Da die angegriffenen Satzungsnormen nach den vorstehenden Ausführungen bereits unwirksam sind, bedarf es zur Verteilung der Unterdeckungen auf die Straßenreinigung und den Winterdienst (dazu siehe bereits oben II) und zur Plausibilität der Gebühren für den Winterdienst keiner weiteren Ausführungen. Insoweit merkt der Senat nur an, dass hinsichtlich der Gebührenkalkulation im Übrigen, auch zu den Kosten für den Winterdienst, durchgreifende Bedenken weder vom Antragsteller vorgetragen noch sonst ersichtlich sind.

93

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

94

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

95

Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.


(1) Jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens bildet ein Grundstück im Sinne dieses Gesetzes.

(2) Ein Anteil des Eigentümers eines Grundstücks an anderem Grundvermögen (z. B. an gemeinschaftlichen Hofflächen oder Garagen) ist in das Grundstück einzubeziehen, wenn alle Anteile an dem gemeinschaftlichen Grundvermögen Eigentümern von Grundstücken gehören, die ihren Anteil jeweils zusammen mit ihrem Grundstück nutzen. Das gilt nicht, wenn das gemeinschaftliche Grundvermögen nach den Anschauungen des Verkehrs als selbständige wirtschaftliche Einheit anzusehen ist (§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 4).

(3) Als Grundstück im Sinne dieses Gesetzes gilt auch ein Gebäude, das auf fremdem Grund und Boden errichtet oder in sonstigen Fällen einem anderen als dem Eigentümer des Grund und Bodens zuzurechnen ist, selbst wenn es wesentlicher Bestandteil des Grund und Bodens geworden ist.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 1. Kammer – vom 14. Dezember 2015 geändert:

Der Bescheid des Beklagten über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe für das Jahr 2012 für die Gemeinde … vom 2. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2012 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Fremdenverkehrsabgabe für das Jahr 2012.

2

Sie ist Eigentümerin des Grundstückes … in …, Ortsteil …, auf welchem sich die … Klinik … GmbH befindet. Die Klinik verfügt über 260 Betten und bietet in ihren drei Fachabteilungen Onkologie, onkologische Gynäkologie und onkologische Urologie speziell abgestimmte Rehabilitationsprogramme an. Sie wirbt mit dem heilfördernden Klima der Ostseeluft und dem maritimen Flair im Ostseebad … . Das Gebäude, in dem sich die Reha-Klinik befindet, verpachtete die Klägerin an die …, der die … Klinik … GmbH als Betreiberin angehört.

3

Grundlage für die Heranziehung zur Fremdenverkehrsabgabe ist die rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft getretene Satzung der im Amtsgebiet des Beklagten liegenden Gemeinde … über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe für den Ortsteil …, Kreis Rendsburg Eckernförde vom 19. Dezember 2017. Diese Satzung enthält keine inhaltlichen Veränderungen zur gleichzeitig außer Kraft getretenen Satzung vom 17. Dezember 2010, allerdings eine auf den Hinweis des Senats veränderte Eingangsformel, die nunmehr die genauen Absätze (5 und 6) des § 10 KAG zitiert. Die Satzung enthält u.a. folgende Regelungen:

§ 4

4

(1) Von der Abgabe sind befreit die Körperschaften des öffentlichen Rechts und die Stiftungen, Anstalten, Einrichtungen und Unternehmen, die nach ihrer Satzung oder nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienen und als gemeinnützig anerkannt sind, es sei denn, dass sie mit Privatbetrieben im Wettbewerb stehen, wie zum Beispiel Kinderheime, Erholungsheime, Sparkassen.

5

(2) Vereine, die als gemeinnützig anerkannt sind, zahlen keine Fremdenverkehrsabgabe.

§ 8

6

Vorteilsstufen

7

(1) Um die Bemessung der Abgabe nach § 7 dieser Satzung unterschiedlichen Vorteilsgraden anzupassen, die die Abgabepflichtigen aus ihrer Tätigkeit erlangen können, werden die Vorteilseinheiten nach Vorteilsstufen bemessen.

8

(2) Es werden vier Vorteilsstufen gebildet:

9

a) Vorteilsstufe 1:

10

Abgabepflichtige, die zwar mittelbar, aber nur in geringem Maße vom Fremdenverkehr Vorteile erlangen können.

11

b) Vorteilsstufe 2:

12

Abgabepflichtige, deren Angebote nicht auf den Fremdenverkehr ausgerichtet sind, die aber mittelbar durch ihre Geschäftsbeziehungen zu den Abgabepflichtigen gem. c) und d) Vorteile erlangen können.

13

c) Vorteilsstufe 3:

14

Abgabepflichtige, deren Angebote nicht ausschließlich auf den Fremdenverkehr ausgerichtet sind, die aber unmittelbare Vorteile erlangen können.

15

d) Vorteilsstufe 4:

16

Abgabepflichtige, deren Angebote typischerweise auf den Fremdenverkehr ausgerichtet sind und daraus unmittelbare Vorteile erlangen können.

17

(3) Die Zuordnung der Abgabepflichtigen zu den vier Vorteilstufen wird in den Anlagen 1 bis 4, die Bestandteil dieser Satzung sind, geregelt.

18

Nach der Anlage 3 zu § 8 Abs. 2 lit c der Satzung werden Vermieter und Verpächter an medizinische Einrichtungen in die Vorteilsstufe 3 eingeordnet. Dabei entsprechen einer Vorteilseinheit als von § 7 Abs. 2 der Satzung abweichender Bemessungsmaßstab vier Betten.

19

Mit Bescheid vom 2. August 2012 zog der Beklagte die Klägerin als Vermieterin bzw. Verpächterin an Betreiber medizinischer Einrichtungen zu einer Fremdenverkehrsabgabe für das Jahr 2012 in Höhe von 2.406,40 € heran.

20

Hiergegen legte die Klägerin am 3. September 2012 Widerspruch ein und führte zur Begründung unter anderem aus: Die Fremdenverkehrsabgabesatzung sei rechtswidrig. Denn die Maßstabsregelung sei vorteilswidrig und zu unbestimmt. Sie stufe undifferenziert Vermieter und Verpächter an medizinische Einrichtungen in derselben Vorteilsgruppe 3 ein wie beispielsweise Diskotheken, Segelschulen oder Planwagen- und Kutschenunternehmen, obwohl die letztgenannten Betriebe ersichtlich und typischerweise in stärkerem Maße auf den Fremdenverkehr ausgerichtet seien und weitaus stärker am Fremdenverkehr profitierten als Vermieter an medizinischen Einrichtungen.

21

Mit Bescheid vom 4. Dezember 2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er unter anderem aus: Die Überschriften der Vorteilsstufen seien nicht umfassend wörtlich zu nehmen. Die Zuordnung von Vermietern und Verpächtern an medizinische Einrichtungen sei in dem Bewusstsein erfolgt, dass entgegen der Überschrift der Anlage 3 kein unmittelbarer, sondern ein mittelbarer Vorteil bestehe.

22

Hiergegen hat die Klägerin am 3. Januar 2013 Klage erhoben.

23

Zur Begründung hat sie das Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft sowie ergänzend unter anderem ausgeführt: Ihre Heranziehung in der Vorteilstufe 3 gemäß § 8 Absatz 2 lit c der Fremdenverkehrssatzung sei bereits ausgeschlossen, weil diese voraussetze, dass „Abgabepflichtige, deren Angebote nicht ausschließlich auf den Fremdenverkehr ausgerichtet sind, (...) unmittelbare Vorteile erlangen können.“ Sie unterhalte aber keine direkten Geschäftsbeziehungen zu den Kur- und Erholungsgästen – dies sei allenfalls bei ihrer Mieterin der Fall – und könne demgemäß unmittelbare Vorteile nicht erzielen. Soweit die Satzung also auf der einen Seite in der Anlage 3 zu § 8 Abs. 2 lit c „Vermieter und Verpächter an medizinische Einrichtungen“ erfasse, auf der anderen Seite jedoch die Möglichkeit fordere, unmittelbare Vorteile zu erlangen, die bei der Vermietung an medizinische Einrichtungen in der Regel nicht gegeben seien, sei die Satzung widersprüchlich und auch insoweit rechtswidrig. Zudem befreie die Gemeinde durch die Regelung in § 4 der Satzung einen Teil der durch den Fremdenverkehr Bevorteilten ohne sachliche Rechtfertigung von der Abgabepflicht.

24

Die Klägerin hat beantragt,

25

den Bescheid des Beklagten über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe für 2012 für die Gemeinde … vom 2. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2012 aufzuheben.

26

Der Beklagte hat beantragt,

27

die Klage abzuweisen.

28

Er hat zur Begründung unter anderem ergänzend ausgeführt: Die Einstufung der Reha-Klinik in die Vorteilsstufe 4 und davon ausgehend die Einstufung der Klägerin in die niedrigere Vorteilsstufe 3 sei sachgerecht, auch wenn entgegen der Überschrift der Anlage 3 kein unmittelbarer, sondern ein mittelbarer Vorteil bestehe. Die Bewertung der Vorteile der selbständig Tätigen in der Gemeinde erfolge im Rahmen des erlaubten und gebotenen Typisierungs- und Pauschalierungsrahmens in vier Stufen erkennbar und stimmig vom geringsten ansteigend bis zum höchsten gebotenen Vorteil. Die Vermietung einer „medizinischen Einrichtung“ sei als Oberbegriff für den Fall gewählt worden, dass die Betreiberin der Reha-Klinik ihr Tätigkeitsfeld mit neu gegründeten Betrieben erweitere. Zudem gebe es zurzeit nur diese Reha-Klinik, die zweifelsfrei unter diesen Begriff falle. Ferner gebe es im Gemeindegebiet nur einen Träger der freien Jugendhilfe, der durch den Betrieb einer Ferienanlage vorrangig Schulklassen und Jugendlichen Aufenthaltsmöglichkeiten biete. Wegen der damit verbundenen Erfüllung von Aufgaben der Jugendhilfe werde eine Abgabepflicht dem Grunde nach nicht gesehen. Insoweit liege auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Abgabengleichheit vor und sei ein Kalkulationsfehler nicht erkennbar.

29

Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht – 1. Kammer – hat die Klage mit Urteil vom 14. Dezember 2015, auf dessen Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der Entscheidungsgründe verwiesen wird, abgewiesen.

30

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Klägerin, in der sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft sowie ergänzend unter anderem geltend macht: Soweit der Beklagte sie nunmehr als „Vermieterin von Geschäftsräumen“ der Vorteilsstufe 2 zuordnen wolle, sei dies zum einen nicht zulässig, weil die Anlage 3 der Satzung mit dem Tatbestand „Vermieter und Verpächter an medizinische Einrichtungen“ eine vorrangige Regelung enthalte, die der Beklagte zudem speziell für sie geschaffen habe. Zum anderen zeige die von dem Beklagten in der niedrigen Vorteilsstufe 2 errechnete deutlich höhere Abgabe die gesteigerte Vorteilswidrigkeit auf.

31

Die Klägerin beantragt,

32

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 1. Kammer – vom 14. Dezember 2015 zu ändern und den Bescheid des Beklagten über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe für 2012 für die Gemeinde … vom 2. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2012 aufzuheben.

33

Der Beklagte beantragt,

34

die Berufung zurückzuweisen.

35

Er wiederholt und vertieft seine bisherige Argumentation und macht u. a. ergänzend geltend: Die Zuordnung einer Gruppe von potenziell Beitragspflichtigen zu einer falschen Vorteilsstufe führe nicht zur Unbestimmtheit der Satzung. Im Übrigen sei eine scharfe Abgrenzung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Vorteilen nicht erforderlich, weil beide Tatbestände eine Abgabepflicht auslösten. Zudem könne man erwägen, dass ihm lediglich ein Fehler bei der Zuordnung des konkret veranlagten Unternehmens unterlaufen sei und das Unternehmen der Klägerin in die Vorteilsstufe 2 hätte eingeordnet werden müssen. Eine Vergleichsberechnung ergebe, dass die Klägerin bei der Einstufung in die Vorteilsstufe 2 eine Fremdenverkehrsabgabe in Höhe von 9579,90 € gegenüber bisher 2406,40 € basierend auf einer Vergrößerung der Reha-Klinik in den Jahren 2013-2014 abzuführen hätte (mit Verweis auf die Vergleichsberechnung in der Anlage B1, Bl. 353 bis 357 GA). Selbst wenn die Satzung in § 4 eine unzulässige Befreiungsregelung enthalte, dürfte diese im Ergebnis ohne Auswirkung bleiben. Denn auch die Berücksichtigung der im Gemeindegebiet einzigen vorhandenen Einrichtung, des Freizeitheimes des … Sportbundes, in der Kalkulation, hätte keinen Einfluss auf die zu zahlende Abgabe.

Entscheidungsgründe

36

Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Beklagten über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe für das Jahr 2012 für die Gemeinde … vom 2. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), so dass das entgegenstehende Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern war.

37

Die Einordnung der Klägerin in die Vorteilstufe 3 nach § 8 Abs. 2 lit c i.V.m. Anlage 3 der Satzung des Beklagten über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe in der Gemeinde … für den Ortsteil …, Kreis Rendsburg Eckernförde vom 19. Dezember 2017 (FVS) ist rechtswidrig (1). Zudem ist die in der Satzung geregelte Befreiung von gemeinnützigen und als gemeinnützig anerkannten Einrichtungen (§ 4) von der Zahlung einer Fremdenverkehrsabgabe unwirksam. Dies hat zur Folge, dass die Fremdenverkehrsabgabesatzung insoweit keine gültige Rechtsgrundlage zur Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe für den Abgabenbescheid darstellt (2). Auf weitere, zwischen den Beteiligten streitige Rechtsfragen gegen die Abgabenerhebung, kommt es nicht mehr an (3).

38

1. Die Einordnung der Klägerin in § 8 Abs. 2 lit c FVS in die Vorteilstufe 3 für auch unmittelbar Bevorteilte ist widersprüchlich, weil die Klägerin als Verpächterin an medizinische Einrichtungen lediglich mittelbare Vorteile aus dem Fremdenverkehr zieht. Eine wahlweise Einordnung entweder in die Vorteilsstufe 3 oder in die Vorteilsstufe 2 verstößt gegen den Bestimmtheitsgrundsatz.

39

Nach § 8 Abs. 2 lit c der Satzung werden Abgabepflichtige, deren Angebote nicht ausschließlich auf den Fremdenverkehr ausgerichtet sind, die aber unmittelbare Vorteile erlangen können, in die Vorteilstufe 3 eingeordnet, wobei gemäß § 8 Abs. 3 der Satzung die Zuordnung der Abgabepflichtigen zu den vier Vorteilstufen in den Anlagen 1 bis 4, die Bestandteil der Satzung sind, geregelt werden.

40

Unmittelbare Vorteile haben Personen, Personenvereinigungen, Unternehmen und Betriebe, die am Fremdenverkehr im Anerkennungsgebiet unmittelbar beteiligt sind; mittelbare Vorteile haben diejenigen, die mit den am Fremdenverkehr unmittelbar Beteiligten im Rahmen der für den Fremdenverkehr notwendigen Bedarfsdeckung Geschäfte tätigen (OVG Schleswig, Urteil vom 4. Oktober 1995 - 2 L 220/95 u.a. -, juris, Rn. 18).

41

Der Senat (vgl. Urteil vom 24. September 2009 - 2 LB 16/08 -, juris, LS 2 Rn. 24) ist bisher stets davon ausgegangen, dass derjenige, der geschäftliche Beziehungen zu einem unmittelbar Bevorteilten - und zwar mit ihm in dieser Eigenschaft - unterhält, eben durch diesen vermittelt und deshalb (nur) mittelbar bevorteilt ist. Daraus folgt z.B., dass ein Notar, der einen Vertrag zu einem Gegenstand beurkundet, der ein den Fremdenverkehr berührendes Projekt betrifft, einen mittelbaren Vorteil erhält (vgl. Senatsurteil vom 4. Oktober 1995 - 2 L 220/95 u.a. -, juris Rn. 17, 19), ebenso derjenige, der Waren liefert oder Leistungen erbringt, die einem anderen dann die Leistung an einen Touristen ermöglichen (VGH München, Beschluss vom 12. Juni 2003 - 4 CS 02.1220 -, KommunalPraxis BY 2003, 26 = BayVBl. 2003, 727: Vermietung von Räumen zur Nutzung als Massagepraxis oder als Apotheke oder als Arztpraxis ; OVG Koblenz, Urteil vom 22. September 1998 - 6 A 10215/98 -, DÖV 1999, 215 = NVwZ-RR 1999, 270: Verpächter einer Kurklinik; vgl. zum Ganzen: Senatsurteil vom 24. September 2009 a.a.O.).

42

Gemessen daran erlangt die Klägerin, die nach der Anlage 3 zu § 8 Absatz 2 lit c als „Vermieter und Verpächter an medizinischen Einrichtungen“ erfasst wird, ungeachtet der Frage, ob sie überhaupt Vorteile aus dem Fremdenverkehr erlangt, allenfalls solche mittelbarer Art. Denn die Reha-Klinik … ist als Pächterin der Klägerin unmittelbar am Fremdenverkehr beteiligt und die Klägerin stellt dieser als Verpächterin das Objekt, in welchem die Klinik Dienstleistungen an ihre Patienten erbringt und demgemäß fremdenverkehrsbedingte Vorteile erzielen kann, lediglich entgeltlich zur Verfügung. Die Klägerin befriedigt mittelbar den für die Unterbringung der Klinikpatienten erforderlichen Raumbedarf (vgl. dazu auch OVG Koblenz, a.a.O. zum mittelbaren Vorteil der Verpächterin einer Kurklinik).

43

Daran ändern auch die Einwände des Beklagten nichts. Der Beklagte meint, eine scharfe Abgrenzung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Vorteilen sei nicht erforderlich, weil beide Tatbestände eine Abgabepflicht auslösten. Die Zuordnung einer Gruppe von potenziell Beitragspflichtigen zu einer falschen Vorteilsstufe führe nicht zur Unbestimmtheit der Satzung, da in der Satzung an keiner Stellte definiert sei, dass Verpächter grundsätzlich nur mittelbare Vorteile erzielen könnten. Im Übrigen definiere der Ortsgesetzgeber, welche Art der Vermietung er welcher Vorteilsstufe zuordne und habe dies auch zutreffend getan, indem er innerhalb der Vorteilsstufen vom allgemeinen zum spezielleren Abgabenpflichtigen vorgegangen sei. Schließlich kann der Beklagte auch nicht damit gehört werden, der Gemeinde sei lediglich ein Fehler bei der Zuordnung des klägerischen Unternehmens in die Vorteilsstufe 3 mit der Folge unterlaufen, dass diese in die Vorteilsstufe 2 mit einer sich nach der Fläche der Reha-Klinik berechnenden Abgabe von nunmehr 9579,90 € statt bisher 2406,40 € eingeordnet werden müsse.

44

Zwar ist dem Beklagten zuzugeben, dass die Gemeinde in der Satzung keine „scharfe Abgrenzung“ zwischen unmittelbaren und mittelbaren Abgabenpflichtigen regeln muss, etwa indem sie diese als solche bezeichnend einer Vorteilstufe zuordnet. Die Gemeinde muss lediglich im Rahmen der Einteilung zwischen den unterschiedlichen fremdenverkehrsbedingten Vorteilen der Abgabepflichtigen differenzieren, diese also vorteilsgerecht in die für sie zutreffende Stufe einordnen. Dabei sind nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 24. September 2009, a.a.O., juris, Rn. 27) an die Gestaltung der Vorteilstufen keine überzogenen rechtlichen Anforderungen zu stellen. Da es nicht um die Besteuerung des fremdenverkehrsbedingten Umsatzzuwachses geht, sondern lediglich eine den unterschiedlichen Vorteilen der Personengruppen und Betriebsarten entsprechende Verteilung der Aufwendungen der Gemeinde für den Fremdenverkehr erreicht werden soll, ist es nicht erforderlich, dass die auf den einzelnen Abgabepflichtigen entfallende Abgabe in einem genauen Verhältnis zu seinem wirklich aus dem Fremdenverkehr gezogenen Vorteil steht (vgl. Thiem/Böttcher, Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein, Kommentar, 21. Lieferung, Stand Januar 2017, Rdnr. 184c zu § 10 KAG). Vielmehr muss, weil die gebotenen Vorteile nicht exakt messbar sind (Senatsurteil vom 22. Dezember 1999 - 2 L 134/04 -, Die Gemeinde 2000, 198), auf einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zurückgegriffen werden, der hinreichende Gewähr dafür bietet, dass die Abgabepflichtigen in ihrem Verhältnis untereinander, entsprechend den gebotenen Vorteilen, anteilig an den Aufwendungen für die Fremdenverkehrsförderung beteiligt werden (Senatsbeschluss vom 15. November 2004 - 2 MB 147/04 -). Es genügt eine angenäherte Verhältnismäßigkeit, die einer sich aus der Lebenserfahrung ergebenden pauschalierten Wahrscheinlichkeit Rechnung trägt. Das Vorteilprinzips und die sich aus ihm ergebende Forderung, alle Pflichtigen ihren Vorteilen entsprechend gleichmäßig zu belasten, zwingen die Gemeinde nicht dazu, die Vorteile jedes einzelnen Abgabepflichtigen genau zu ermitteln.

45

Allerdings hat die Gemeinde in § 8 ihrer Satzung innerhalb der vier Vorteilsstufen nach Abgabenpflichtigen, die mittelbare und unmittelbare Vorteile aus dem Fremdenverkehr erlangen können, unterschieden. Verwendet die Gemeinde einen abgabenrechtlich feststehenden Begriff, der zudem auch vom Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der übrigen Oberverwaltungsgerichte definiert ist (vgl. Senatsurteil vom 24. September 2009, a.a.O., juris, Rn. 20 ff.), ist eine Regelung wie die des § 8 Abs. 2 lit c i.V.m. der Anlage 3 der FVS widersprüchlich. In dieser wird die Klägerin als „Vermieter und Verpächter von medizinischen Einrichtungen“ und damit allenfalls mittelbar Bevorteilte entgegen dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 lit c FVS als Abgabepflichtige, deren Angebote nicht auf den Fremdenverkehr ausgerichtet ist, die aber unmittelbare Vorteile erlangen kann, in die Vorteilstufe 3 einordnet.

46

Demnach wäre die Klägerin zwar nach dem Wortlaut des § 8 Absatz 2 lit b FVS in die Vorteilsstufe 2, in der Abgabepflichtige, deren Angebote nicht auf den Fremdenverkehr ausgerichtet sind, die aber mittelbar durch ihre Geschäftsbeziehung zu den Abgabepflichtigen gemäß lit c und d Vorteile erlangen können, einzustufen. Die Klägerin unterhält als Verpächterin eine Geschäftsbeziehung mit der in die Vorteilsstufe 4 (§ 8 Absatz 2 lit d i.V.m. Anlage 4 FVS) als Reha-oder Kurklinik eingeteilte Reha-Klinik … . Dies aber widerspricht dem Wortlaut der zu § 8 Absatz 2 lit b und § 8 Abs. 2 lit c der FVS geregelten Anlagen, die ebenfalls Bestandteil der Satzung sind (vgl. § 8 Abs. 3 FVS). Denn, wie der Beklagte ausgeführt hat, handelt es sich bei der Reha-Klinik … um die einzige Reha-Klinik im Gebiet der Gemeinde …, so dass die Klägerin als deren Verpächterin auch als „Vermieter oder Verpächter von medizinischen Einrichtungen“, bei der vier Betten (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1, § 8 Abs. 2 lit c i.V.m. Anlage 3 FVS) einer Vorteilseinheit entsprechen und nicht als „Vermieter und Verpächter von Geschäftsräumen“, bei der 20 qm einer Vorteilseinheit (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1, § 8 Abs. 2 lit b i.V.m. Anlage 2 FVS) entsprechen, erfasst ist.

47

Diese widersprüchliche Regelung stellt einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot dar. Nach dem auf dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) beruhenden und insbesondere im Abgabenrecht bedeutsamen verfassungsrechtlichen Gebot der Normenklarheit und des Grundsatzes der Bestimmtheit müssen Abgaben begründende Tatbestände so geregelt sein, dass der Abgabenpflichtige die auf ihn entfallende Abgabenlast im Voraus bestimmen kann. Die Festlegung eines Abgabentatbestandes muss mit einem Mindestmaß an Bestimmtheit und Klarheit geschehen, und zwar in einer Weise, dass die Norm von dem Normunterworfenen ohne weiteres verstanden und von den Verwaltungsbehörden und Gerichten ohne Willkür gehandhabt werden kann. Der Norminhalt hat eine eindeutige, unmissverständliche und ohne weiteres nachvollziehbare Regelungsaussage zu treffen, die insbesondere nicht in sich widersprüchlich ist (OVG Koblenz, Urteil vom 15. März 2004 – 12 A 11962/03 –, juris, Rn. 17). Die bloße Auslegungsbedürftigkeit einer Vorschrift nimmt dieser nicht die rechtsstaatlich notwendige Bestimmtheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 1967 – 1 BvR 334/64 –, BVerfGE 21, 209, 215; Beschluss vom 18. Mai 1988 – 2 BvR 579/84 –, BVerfGE 78, 205, 212; Beschluss vom 9. November 1988 – 1 BvR 243/86 –, BVerfGE 79, 106, 120). Eine solche Auslegung ist hier aber aufgrund des widersprüchlichen Wortlauts nicht möglich.

48

Gemessen daran ist für die Klägerin als Normadressatin aus den o.g. Erwägungen bereits nicht erkennbar, wieso sie als allenfalls mittelbar vom Fremdenverkehr Bevorteilte in die Vorteilstufe 3 eingeteilt wird und schon gar nicht, wieso sie als Verpächterin einer medizinischen Einrichtung nunmehr als Verpächterin von Geschäftsräumen der Vorteilsstufe 2 zugeordnet werden soll. Aber selbst wenn man dies nicht als widersprüchlich ansehe, sondern meint, damit eröffne die Satzung lediglich eine wahlweise Zuordnung der Klägerin (entweder entsprechend der Anlage 3 in die Vorteilsstufe 3 oder entsprechend der Anlage 2 in die Vorteilstufe 2), fehlt es an der hinreichenden Bestimmtheit. Die Klägerin als Abgabenpflichtige kann, da sie einerseits in der Anlage 3 der FVS genannt wird, andererseits aber nur mittelbare Vorteile zieht und damit auch der Anlage 2 der FVS unterfällt, die auf sie entfallende Abgabenlast nicht im Voraus bestimmen, wie dies verfassungsrechtlich geboten wäre.

49

Der Senat weist in diesem Zusammenhang noch darauf hin, dass auch die an anderer Stelle in den Anlagen der Satzung teilweise vorgenommene alternative Bemessung einer Vorteilseinheit als von § 7 Abs. 2 abweichender Bemessungsmaßstab wahlweise entweder nach Arbeitskräften oder nach Quadratmetern nicht hinreichend bestimmt ist, da auch damit der Bemessungsmaßstab für die davon betroffenen Abgabenpflichtigen nicht eindeutig festgelegt ist.

50

2. Die Befreiungsregelung in § 4 FVS ist rechtswidrig, weil das kommunale Abgabenrecht eine Ermächtigungsgrundlage dafür nicht vorsieht. Nach dieser Satzungsvorschrift sind von der Abgabe die Körperschaften des öffentlichen Rechts und die Stiftungen, Anstalten, Einrichtungen und Unternehmen, die nach ihrer Satzung oder nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienen und als gemeinnützig anerkannt sind, befreit, es sei denn, dass sie mit Privatbetrieben im Wettbewerb stehen, wie zum Beispiel Kinderheime, Erholungsheime, Sparkassen (Abs. 1). Ferner zahlen Vereine, die als gemeinnützig anerkannt sind, keine Fremdenverkehrsabgabe (Abs. 2).

51

Als für eine Befreiung von der Abgabepflicht ermächtigende Norm kommt auch nicht etwa § 11 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. §§ 51 f. AO in Betracht. Die Vorschriften in §§ 51 f. AO regeln keine Befreiungstatbestände, sondern die Voraussetzungen, unter denen Körperschaften ausschließlich und unmittelbar u.a. gemeinnützige und somit steuerbegünstigende Zwecke erfüllen.

52

Ungeachtet dessen kann die Anerkennung als gemeinnützig bereits deshalb nicht zur Abgabenfreiheit führen, weil die mit der Gemeinnützigkeit im allgemeinen Steuerrecht verbundenen Vergünstigungen, insbesondere die Befreiung von bestimmten, allein am Leistungsfähigkeitsprinzip orientierten Steuerarten, wie z. B. Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer, auf das Recht der Vorteilsentgelte, die ihrer Natur nach Vorzugslasten zum Ausgleich besonderer öffentlicher Leistungen sind, nicht anwendbar sind (VGH München, Urteil vom 14. März 2000 – 4 B 96.800 -, juris, Rn. 16). Die mangelnde Gewinnausrichtung der als gemeinnützig anerkannten Betriebe steht dem objektiven Vorteil nicht entgegen, weil dieser Vorteil auch in der vom Fremdenverkehr objektiv gebotenen Möglichkeit zur besseren Auslastung und somit zur Verlustverringerung bestehen kann (OVG Lüneburg, Urteil vom 11. Dezember 1990 - 9 L 161/89 -). Aus diesen Gründen ist es gleichheitswidrig, der Gemeinnützigkeit von Trägern von Jugendherbergen und ähnlichen Erholungsheimen durch befreiende Satzungsnormen Rechnung zu tragen, vielmehr darf sie allenfalls durch eine Billigkeitsentscheidung im Einzelfall etwa gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 KAG i.V.m. § 163 AO berücksichtigt werden (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 29. März 2000 – 6 A 10086/00 -, ZKF 2000 S. 256; Riehl/ Elmenhorst, in: Habermann/Arndt, KAG SH, 22. Aktualisierung 2016, § 10, Rn. 284).

53

Zwar hat der Senat in seinem Beschluss vom 19. März 2004 (2 LA 3/04) eine ähnliche Befreiungsregelung als entsprechend der geltenden Rechtslage nicht zu beanstanden angesehen. Daran hält er indes nicht mehr fest. Denn es handelt sich bei der Fremdenverkehrsabgabe nicht um eine Steuer, sondern um einen Beitrag, der als Vorzuglast für die konkrete Gegenleistung - hier: Zurverfügungstellung von Fremdenverkehrseinrichtungen - erhoben wird.

54

Soweit der Beklagte als sachlichen Grund für die Befreiung der … Sportjugend die Jugend- und Sportarbeit als Intentionen anführt, merkt der Senat an, dass bei Anwendung der Vorschriften des § 11 Abs. 1 Satz 1 KAG i.V.m. § 163 AO bzw. § 227 AO in den Blick zu nehmen ist, dass es nicht statthaft ist, im Rahmen der Ermessensausübung außer-abgabenrechtliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Die Billigkeitsregelungen dienen der Abgabengerechtigkeit im Einzelfall; sind aber nicht dazu bestimmt, dass die Verwaltung mit ihrer Hilfe wirtschafts-, sozial- oder sonstige politische Ziele verfolgt. Dem steht nicht entgegen, dass bei der Ausgestaltung der Bemessungsgrundlagen auch der Entgeltabgaben außerfiskalische Vorstellungen, zum Beispiel sozial-, kultur- oder ordnungspolitische Gesichtspunkte berücksichtigt werden dürfen oder sogar sollen. Die Anwendung und Anpassung finanzwirtschaftlicher Abgaben zur Unterstützung politischer Leitideen liegt jedoch in der Zuständigkeit des Gesetzgebers, sofern dieser von der Verfassung dazu ermächtigt worden ist, nicht aber in der Befugnis oder gar im Ermessen der Verwaltung (Thiem/Böttcher, Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein, Kommentar, 21. Lieferung, Stand Januar 2017, Rn. 158 zu § 11).

55

Dies hat die Gesamtnichtigkeit der Satzung zur Folge, so dass die Satzung keine gültige Rechtsgrundlage für den Abgabenbescheid darstellt. Denn die Nichterfassung von Abgabenschuldnern führt grundsätzlich zu einem höheren Abgabensatz und zieht eine höhere Belastung der übrigen, nicht begünstigten Abgabepflichtigen nach sich.

56

Dies ist auch hier der Fall. Die Veranlagung des im Gemeindegebiet nicht erfassten Trägers der freien Jugendhilfe, der … Sportjugend, einer Ferienanlage mit insgesamt 236 Betten, führt nach der Berechnung der Gemeinde und bei Berücksichtigung von Unter- und Überdeckungen zu einem Abgabensatz in Höhe von 16,60 € (Anlage B4, Bl. 360 der Akte) anstelle des in § 9 Abs. 2 FVS in Höhe von 18,80 € normierten Satzes und daher zu einer für die Klägerin um 281,60 € verminderten Abgabe (Abgabe nach dem Bescheid vom 2. August 2012 in Höhe von 2.406,40 € abzüglich der nach dem neuen Abgabensatz berechneten Abgabe in Höhe von 2.124,80 €).

57

3. Da die Satzung nach den vorstehenden Ausführungen bereits unwirksam mit der Folge ist, dass der ihr zugrunde liegende Abgabenbescheid rechtswidrig ist, bedarf es zur auch geltend gemachten fehlenden Erfassung aller Abgabepflichtigen, zur Vorteilswidrigkeit der Maßstabsvorschriften im Hinblick auf eine unzulässige Erhöhung der Fremdenverkehrsabgabe im Vermietungsfall sowie einer vorteilswidrigen Gleichbehandlung von Vermietern bzw. Verpächtern an medizinischen Einrichtungen und ihrer Mieter bzw. Pächter sowie Vermietern und Verpächtern von Hotels und Restaurants sowie ihrer Mieter bzw. Pächter, zum Fehlen unmittelbarer fremdenverkehrsbedingter Vorteile bei der Pächterin der Klägerin und damit einhergehender fehlender mittelbarer Vorteile bei ihr sowie zu Kalkulationsfehlern wegen der Nichtberücksichtigung von geringfügigen Über- und Unterdeckungen und deren Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Abgabensatzes keiner weiteren Ausführungen.

58

Offenlassen kann der Senat deshalb auch, ob die mit Beschluss der Gemeinde vom 19. Dezember 2017 rückwirkend zum 1. Januar 2011 geänderte Fremdenverkehrsabgabesatzung eine gültige Rechtsgrundlage für den das Jahr 2012 betreffenden Abgabenbescheid darstellt, nachdem das Kommunalabgabengesetz in der zum Zeitpunkt der Änderung geltenden Fassung vom 24. Februar 2017 in § 10 Abs. 6 KAG lediglich noch zur Erhebung von laufenden Tourismusabgaben, nicht aber mehr von Kurabgaben ermächtigt (vgl. dazu bereits, Urteil des Senats vom 14. September 2017 – 2 KN 3/15 -, juris, Rn. 59 f.) .

59

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

60

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. 708 Nr. 10 Satz 1, § 711 ZPO.

61

Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.


(1) Jahresrohmiete ist das Gesamtentgelt, das die Mieter (Pächter) für die Benutzung des Grundstücks auf Grund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Feststellungszeitpunkt für ein Jahr zu entrichten haben. Umlagen und alle sonstigen Leistungen des Mieters sind einzubeziehen. Zur Jahresrohmiete gehören auch Betriebskosten (z. B. Gebühren der Gemeinde), die durch die Gemeinde von den Mietern unmittelbar erhoben werden. Nicht einzubeziehen sind Untermietzuschläge, Kosten des Betriebs der zentralen Heizungs-, Warmwasserversorgungs- und Brennstoffversorgungsanlage sowie des Fahrstuhls, ferner alle Vergütungen für außergewöhnliche Nebenleistungen des Vermieters, die nicht die Raumnutzung betreffen (z. B. Bereitstellung von Wasserkraft, Dampfkraft, Preßluft, Kraftstrom und dergleichen), sowie Nebenleistungen des Vermieters, die nur einzelnen Mietern zugute kommen.

(2) Statt des Betrags nach Absatz 1 gilt die übliche Miete als Jahresrohmiete für solche Grundstücke oder Grundstücksteile,

1.
die eigengenutzt, ungenutzt, zu vorübergehendem Gebrauch oder unentgeltlich überlassen sind,
2.
die der Eigentümer dem Mieter zu einer um mehr als zwanzig Prozent von der üblichen Miete abweichenden tatsächlichen Miete überlassen hat.
Die übliche Miete ist in Anlehnung an die Jahresrohmiete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird.

(3) (weggefallen)

(4) (weggefallen)

(5) Bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen gelten für die Höhe der Miete die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt.

(1) Für Grundbesitz findet die nächste Hauptfeststellung der Einheitswerte nach § 21 des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 8 auf den Beginn des Kalenderjahres 1964 statt (Hauptfeststellung 1964). Bei der Hauptfeststellung 1964 gilt bei der Bewertung von Grundstücken im Wege des Ertragswertverfahrens, wenn die Jahresrohmiete auf Grund der Mietpreisfreigabe nach § 15 des Zweiten Bundesmietengesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung von Fristen des Gesetzes über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht vom 29. Juli 1963 (Bundesgesetzbl. I S. 524) in der Zeit bis zum 1. Januar 1964 erhöht worden ist, die vor dieser Erhöhung geltende Jahresrohmiete als Jahresrohmiete vom 1. Januar 1964. Der Zeitpunkt der auf die Hauptfeststellung 1964 folgenden nächsten Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes wird abweichend von § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes durch besonderes Gesetz bestimmt.

(2) Fortschreibungen der nach Absatz 1 festgestellten Einheitswerte, Nachfeststellungen und Aufhebungen von Einheitswerten des Grundbesitzes werden nach den §§ 22 bis 23a des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 9 bis 11 erstmals auf den Zeitpunkt vorgenommen, von dem an die Einheitswerte nach Artikel 3 Abs. 1 erstmals der Besteuerung zugrunde gelegt werden.

(3) Vorbehaltlich des Absatzes 4 sind erstmals anzuwenden

1.
§ 23b des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 11, die Vorschriften des Artikels 1 Nr. 17, 19 und 21 und § 79 des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 26 bei der Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes 1964,
2.
§ 24a des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 13 bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen der Einheitswerte des Grundbesitzes auf den in Absatz 2 bezeichneten Zeitpunkt.

(4) Für die Zwecke von Steuern, bei denen die nach Absatz 1 oder Absatz 2 festgestellten Einheitswerte noch nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden, werden weiterhin Fortschreibungen der bisherigen Einheitswerte des Grundbesitzes und Nachfeststellungen von Einheitswerten des Grundbesitzes nach den bisherigen Vorschriften des Bewertungsgesetzes und den zu ihnen ergangenen Durchführungsvorschriften vorgenommen. Wertfortschreibungen auf den 1. Januar 1970, 1. Januar 1971, 1. Januar 1972 und auf den 1. Januar 1973 werden abweichend von § 22 des Bewertungsgesetzes in der bisher geltenden Fassung nur vorgenommen, wenn der Wert entweder um mehr als ein Viertel oder um mehr als 200.000 Deutsche Mark von dem Einheitswert des letzten Feststellungszeitpunkts abweicht, der nach den bisherigen Vorschriften festgestellt worden ist. Wenn der Wert nach unten abweicht, muß die Wertabweichung mindestens 3.000 Deutsche Mark, wenn der Wert nach oben abweicht, mindestens 50.000 Deutsche Mark betragen. Wird bei einer wirtschaftlichen Einheit die Grundstücksfläche verkleinert oder vergrößert, so wird der Einheitswert ohne Rücksicht auf diese Grenzen neu festgestellt, wenn der neue Wert um mindestens 1.000 Deutsche Mark von dem Einheitswert des letzten Feststellungszeitpunkts abweicht. Die Fortschreibung auf Null Deutsche Mark bei Wegfall der wirtschaftlichen Einheit bleibt unberührt. Die Vorschriften des Artikels 3 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung bewertungsrechtlicher Vorschriften und des Einkommensteuergesetzes vom 22. Juli 1970 (Bundesgesetzbl. I S. 1118) sind auch bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen von Einheitswerten auf den 1. Januar 1972 und auf den 1. Januar 1973 anzuwenden.

(5) Bei der Feststellung von Einheitswerten nach geltendem Recht auf den 1. Januar 1965 oder einen späteren Zeitpunkt richtet sich die Zugehörigkeit der Tierbestände zum landwirtschaftlichen Vermögen nach § 28 Abs. 3 Nr. 4 in Verbindung mit § 39a des Bewertungsgesetzes in der Fassung dieses Gesetzes; § 29 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes in der vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung ist nicht mehr anzuwenden. Fortschreibungen aus diesem Grunde sind auf den 1. Januar 1965, 1. Januar 1966 und 1. Januar 1967 auf Antrag, auf den 1. Januar 1968 oder einen späteren Zeitpunkt von Amts wegen ohne Rücksicht auf Fortschreibungsgrenzen durchzuführen.

(6) Bei einer Stichtagsbewertung nach § 23 Abs. 4 des Erbschaftsteuergesetzes auf einen früheren Zeitpunkt als den Zeitpunkt, der in dem in Absatz 1 Satz 2 erwähnten Gesetz für die Erbschaftsteuer bestimmt wird, gilt Absatz 4 entsprechend.

(7) Bei der Einheitsbewertung von Mineralgewinnungsrechten und von gewerblichen Betrieben gilt für die Anwendung der Vorschriften des Bewertungsgesetzes folgendes:

1.
Es sind anzuwenden
a)
§ 21 des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 8 von dem Zeitpunkt an, auf den erstmals nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eine Hauptfeststellung der Einheitswerte von Mineralgewinnungsrechten oder von gewerblichen Betrieben vorgenommen wird,
b)
§ 22 des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 9 und § 23a des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 11 von dem Zeitpunkt an, auf den erstmals nach der in Buchstabe a bezeichneten Hauptfeststellung Fortschreibungen und Aufhebungen von Einheitswerten von Mineralgewinnungsrechten oder von gewerblichen Betrieben vorgenommen werden,
c)
§ 24a des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 13 von dem Zeitpunkt an, auf den erstmals nach der in Buchstabe a bezeichneten Hauptfeststellung Fortschreibungen und Nachfeststellungen von Einheitswerten von Mineralgewinnungsrechten vorgenommen werden.
2.
Die bisherigen Vorschriften des Bewertungsgesetzes und die zu ihnen ergangenen Durchführungsvorschriften sind weiterhin bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen der Einheitswerte von Mineralgewinnungsrechten und von gewerblichen Betrieben auf einen früheren als auf den in Nummer 1 Buchstabe a bezeichneten Zeitpunkt anzuwenden.

(8) Bei der Ermittlung des Gesamtvermögens und des Inlandsvermögens ist § 74 Abs. 1 Nr. 3 in der Fassung des Artikels 1 Nr. 24 von dem Zeitpunkt an anzuwenden, von dem an die nach Absatz 1 festgestellten Einheitswerte zugrunde gelegt werden.

(9) Bis zur Bildung des Bewertungsbeirates, längstens bis zum 31. Dezember 1966, werden seine Aufgaben durch den vorläufigen Bewertungsbeirat erledigt, der auf Grund des Gesetzes über die Bildung eines vorläufigen Bewertungsbeirates vom 28. September 1950 (Bundesgesetzbl. S. 682) gebildet worden ist. Bis zur Bildung der Gutachterausschüsse, längstens bis zum 31. Dezember 1966, werden ihre Aufgaben durch die Gutachterausschüsse erledigt, die nach dem bisherigen § 35 des Bewertungsgesetzes und nach § 8 der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz vom 2. Februar 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 81) in der zur Zeit geltenden Fassung gebildet worden sind.

(1) Jahresrohmiete ist das Gesamtentgelt, das die Mieter (Pächter) für die Benutzung des Grundstücks auf Grund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Feststellungszeitpunkt für ein Jahr zu entrichten haben. Umlagen und alle sonstigen Leistungen des Mieters sind einzubeziehen. Zur Jahresrohmiete gehören auch Betriebskosten (z. B. Gebühren der Gemeinde), die durch die Gemeinde von den Mietern unmittelbar erhoben werden. Nicht einzubeziehen sind Untermietzuschläge, Kosten des Betriebs der zentralen Heizungs-, Warmwasserversorgungs- und Brennstoffversorgungsanlage sowie des Fahrstuhls, ferner alle Vergütungen für außergewöhnliche Nebenleistungen des Vermieters, die nicht die Raumnutzung betreffen (z. B. Bereitstellung von Wasserkraft, Dampfkraft, Preßluft, Kraftstrom und dergleichen), sowie Nebenleistungen des Vermieters, die nur einzelnen Mietern zugute kommen.

(2) Statt des Betrags nach Absatz 1 gilt die übliche Miete als Jahresrohmiete für solche Grundstücke oder Grundstücksteile,

1.
die eigengenutzt, ungenutzt, zu vorübergehendem Gebrauch oder unentgeltlich überlassen sind,
2.
die der Eigentümer dem Mieter zu einer um mehr als zwanzig Prozent von der üblichen Miete abweichenden tatsächlichen Miete überlassen hat.
Die übliche Miete ist in Anlehnung an die Jahresrohmiete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird.

(3) (weggefallen)

(4) (weggefallen)

(5) Bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen gelten für die Höhe der Miete die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.