Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 13. Apr. 2015 - Au 3 E 15.251
Tenor
I.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vorläufig ab Entscheidung des Gerichts die Kosten für die Unterbringung von ... in der Jugendhilfeeinrichtung St. ... in ... zu tragen.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Gründe
I.
II.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 13. Apr. 2015 - Au 3 E 15.251
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(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.
(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.
(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere
- 1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen, - 2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen, - 3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält, - 4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen, - 5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge, - 6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.
(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.
(1) Das Jugendamt unterstützt das Familiengericht bei allen Maßnahmen, die die Sorge für die Person von Kindern und Jugendlichen betreffen. Es hat in folgenden Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mitzuwirken:
- 1.
Kindschaftssachen (§ 162 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), - 2.
Abstammungssachen (§ 176 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), - 3.
Adoptionssachen (§ 188 Absatz 2, §§ 189, 194, 195 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), - 4.
Ehewohnungssachen (§ 204 Absatz 2, § 205 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) und - 5.
Gewaltschutzsachen (§§ 212, 213 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit).
(2) Das Jugendamt unterrichtet insbesondere über angebotene und erbrachte Leistungen, bringt erzieherische und soziale Gesichtspunkte zur Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen ein und weist auf weitere Möglichkeiten der Hilfe hin. In Verfahren nach den §§ 1631b, 1632 Absatz 4, den §§ 1666, 1666a und 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie in Verfahren, die die Abänderung, Verlängerung oder Aufhebung von nach diesen Vorschriften getroffenen Maßnahmen betreffen, legt das Jugendamt dem Familiengericht den Hilfeplan nach § 36 Absatz 2 Satz 2 vor. Dieses Dokument beinhaltet ausschließlich das Ergebnis der Bedarfsfeststellung, die vereinbarte Art der Hilfegewährung einschließlich der hiervon umfassten Leistungen sowie das Ergebnis etwaiger Überprüfungen dieser Feststellungen. In anderen die Person des Kindes betreffenden Kindschaftssachen legt das Jugendamt den Hilfeplan auf Anforderung des Familiengerichts vor. Das Jugendamt informiert das Familiengericht in dem Termin nach § 155 Absatz 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit über den Stand des Beratungsprozesses. § 64 Absatz 2 und § 65 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 bleiben unberührt.
(3) Das Jugendamt, das in Verfahren zur Übertragung der gemeinsamen Sorge nach § 155a Absatz 4 Satz 1 und § 162 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit angehört wird, teilt
- 1.
rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen, aufgrund derer die Sorge gemäß § 1626a Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Eltern ganz oder zum Teil gemeinsam übertragen wird oder - 2.
rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen, die die elterliche Sorge ganz oder zum Teil der Mutter entziehen oder auf den Vater allein übertragen,
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
(1) Ist eine einstweilige Anordnung erlassen, hat das Gericht auf Antrag eines Beteiligten das Hauptsacheverfahren einzuleiten. Das Gericht kann mit Erlass der einstweiligen Anordnung eine Frist bestimmen, vor deren Ablauf der Antrag unzulässig ist. Die Frist darf drei Monate nicht überschreiten.
(2) In Verfahren, die nur auf Antrag eingeleitet werden, hat das Gericht auf Antrag anzuordnen, dass der Beteiligte, der die einstweilige Anordnung erwirkt hat, binnen einer zu bestimmenden Frist Antrag auf Einleitung des Hauptsacheverfahrens oder Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren stellt. Die Frist darf drei Monate nicht überschreiten. Wird dieser Anordnung nicht Folge geleistet, ist die einstweilige Anordnung aufzuheben.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
Steht die örtliche Zuständigkeit nicht fest oder wird der zuständige örtliche Träger nicht tätig, so ist der örtliche Träger vorläufig zum Tätigwerden verpflichtet, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche, der junge Volljährige oder bei Leistungen nach § 19 der Leistungsberechtigte vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
Für die Inobhutnahme eines Kindes oder eines Jugendlichen (§ 42) ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme tatsächlich aufhält. Die örtliche Zuständigkeit für die Inobhutnahme eines unbegleiteten ausländischen Kindes oder Jugendlichen richtet sich nach § 88a Absatz 2.
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
(1) Kosten, die ein örtlicher Träger aufwendet, sind vom Land zu erstatten, wenn
- 1.
innerhalb eines Monats nach der Einreise eines jungen Menschen oder eines Leistungsberechtigten nach § 19 Jugendhilfe gewährt wird und - 2.
sich die örtliche Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt dieser Person oder nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde richtet.
(2) Ist die Person im Inland geboren, so ist das Land erstattungspflichtig, in dessen Bereich die Person geboren ist.
(3) (weggefallen)
(4) Die Verpflichtung zur Erstattung der aufgewendeten Kosten entfällt, wenn inzwischen für einen zusammenhängenden Zeitraum von drei Monaten Jugendhilfe nicht zu gewähren war.
(5) Kostenerstattungsansprüche nach den Absätzen 1 bis 3 gehen Ansprüchen nach den §§ 89 bis 89c und § 89e vor.
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
Steht die örtliche Zuständigkeit nicht fest oder wird der zuständige örtliche Träger nicht tätig, so ist der örtliche Träger vorläufig zum Tätigwerden verpflichtet, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche, der junge Volljährige oder bei Leistungen nach § 19 der Leistungsberechtigte vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
Steht die örtliche Zuständigkeit nicht fest oder wird der zuständige örtliche Träger nicht tätig, so ist der örtliche Träger vorläufig zum Tätigwerden verpflichtet, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche, der junge Volljährige oder bei Leistungen nach § 19 der Leistungsberechtigte vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
Steht die örtliche Zuständigkeit nicht fest oder wird der zuständige örtliche Träger nicht tätig, so ist der örtliche Träger vorläufig zum Tätigwerden verpflichtet, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche, der junge Volljährige oder bei Leistungen nach § 19 der Leistungsberechtigte vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
Steht die örtliche Zuständigkeit nicht fest oder wird der zuständige örtliche Träger nicht tätig, so ist der örtliche Träger vorläufig zum Tätigwerden verpflichtet, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche, der junge Volljährige oder bei Leistungen nach § 19 der Leistungsberechtigte vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind
- 1.
natürliche und juristische Personen, - 2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann, - 3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Sieht eine Rechtsvorschrift vor, dass für die Feststellung der erheblichen Tatsachen deren Glaubhaftmachung genügt, kann auch die Versicherung an Eides statt zugelassen werden. Eine Tatsache ist dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.
(2) Die Behörde darf bei der Ermittlung des Sachverhalts eine Versicherung an Eides statt nur verlangen und abnehmen, wenn die Abnahme der Versicherung über den betreffenden Gegenstand und in dem betreffenden Verfahren durch Gesetz oder Rechtsverordnung vorgesehen und die Behörde durch Rechtsvorschrift für zuständig erklärt worden ist. Eine Versicherung an Eides statt soll nur gefordert werden, wenn andere Mittel zur Erforschung der Wahrheit nicht vorhanden sind, zu keinem Ergebnis geführt haben oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern. Von eidesunfähigen Personen im Sinne des § 393 der Zivilprozessordnung darf eine eidesstattliche Versicherung nicht verlangt werden.
(3) Wird die Versicherung an Eides statt von einer Behörde zur Niederschrift aufgenommen, sind zur Aufnahme nur der Behördenleiter, sein allgemeiner Vertreter sowie Angehörige des öffentlichen Dienstes befugt, welche die Befähigung zum Richteramt haben. Andere Angehörige des öffentlichen Dienstes kann der Behördenleiter oder sein allgemeiner Vertreter hierzu allgemein oder im Einzelfall schriftlich ermächtigen.
(4) Die Versicherung besteht darin, dass der Versichernde die Richtigkeit seiner Erklärung über den betreffenden Gegenstand bestätigt und erklärt: "Ich versichere an Eides statt, dass ich nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe." Bevollmächtigte und Beistände sind berechtigt, an der Aufnahme der Versicherung an Eides statt teilzunehmen.
(5) Vor der Aufnahme der Versicherung an Eides statt ist der Versichernde über die Bedeutung der eidesstattlichen Versicherung und die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen eidesstattlichen Versicherung zu belehren. Die Belehrung ist in der Niederschrift zu vermerken.
(6) Die Niederschrift hat ferner die Namen der anwesenden Personen sowie den Ort und den Tag der Niederschrift zu enthalten. Die Niederschrift ist demjenigen, der die eidesstattliche Versicherung abgibt, zur Genehmigung vorzulesen oder auf Verlangen zur Durchsicht vorzulegen. Die erteilte Genehmigung ist zu vermerken und von dem Versichernden zu unterschreiben. Die Niederschrift ist sodann von demjenigen, der die Versicherung an Eides statt aufgenommen hat, sowie von dem Schriftführer zu unterschreiben.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien.
(2) Leistungen der Jugendhilfe sind:
- 1.
Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14), - 2.
Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21), - 3.
Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§§ 22 bis 25), - 4.
Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40), - 5.
Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a bis 37, 39, 40), - 6.
Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (den §§ 41 und 41a).
(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind
- 1.
die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42), - 2.
die vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise (§ 42a), - 3.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis (§§ 43, 44), - 4.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung sowie die Erteilung nachträglicher Auflagen und die damit verbundenen Aufgaben (§§ 45 bis 47, 48a), - 5.
die Tätigkeitsuntersagung (§§ 48, 48a), - 6.
die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50), - 7.
die Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind (§ 51), - 8.
die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52), - 9.
die Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie von Pflegern und Vormündern (§§ 52a, 53a), - 10.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Anerkennung als Vormundschaftsverein (§ 54), - 11.
Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft des Jugendamts (§§ 55 bis 57), - 12.
Beurkundung (§ 59), - 13.
die Aufnahme von vollstreckbaren Urkunden (§ 60).
Tatbestand
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Der Kläger und der Beklagte sind Landkreise und örtliche Träger der Jugendhilfe. Als solcher begehrt der Kläger vom Beklagten die Erstattung von Kosten in Höhe von 264 672,68 €, die er in den Jahren 2004 und 2005 für die Heimerziehung von vier Kindern einer Familie aufgewandt hat.
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Die Familie lebte ursprünglich in einem gemeinsamen Haushalt in der beigeladenen Stadt. Im Verlauf des Jahres 2001 erhielt das Jugendamt der Beigeladenen davon Kenntnis, dass die Kinder nicht ausreichend versorgt wurden und die familiäre Situation durch starke Spannungen zwischen den Eltern geprägt war. Die Eltern lehnten es jedoch ab, einen Antrag auf Gewährung von Jugendhilfeleistungen zu stellen.
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Mit Schreiben vom 5. März 2002 beantragte das Jugendamt der Beigeladenen bei dem Amtsgericht, den Eltern im Wege einer einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Beantragung von Hilfe zur Erziehung zu entziehen und diese Befugnisse dem Jugendamt zu übertragen. Diesem Antrag entsprach das Amtsgericht mit Beschluss vom 8. März 2002.
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Am 11. März 2002 kam es wegen massiver Auseinandersetzungen der Eheleute in ihrer Wohnung zu einem Polizeieinsatz. Die Mutter der Kinder verließ die Ehewohnung und zog zu ihrem Freund nach M.
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Als gerichtlich bestellter Pfleger beantragte das Jugendamt der Beigeladenen am 25. März 2002, den vier Kindern Hilfe zur Erziehung in Form einer sozialpädagogischen Familienhilfe zu gewähren. Die Beigeladene erbrachte diese Hilfe in der Zeit vom 26. März 2002 bis zum 18. Juli 2002, ohne dass sich damit die familiäre Situation der Kinder, die weiter bei ihrem Vater wohnten, wesentlich verbessern ließ.
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Mit Beschluss vom 18. Juli 2002 entzog das Amtsgericht den Eltern das Sorgerecht für ihre vier Kinder. Am selben Tag brachte das Jugendamt der Beigeladenen die Kinder in einem Kinderheim in der benachbarten Stadt R. unter, wo sie fortan verblieben. Am 30. Juli 2002 wurde das Jugendamt der Beigeladenen zum Vormund der Kinder bestellt.
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Mitte März 2003 zog der Vater der Kinder in den Zuständigkeitsbereich des Klägers. Ab dem 24. September 2003 übernahm der Kläger den Hilfefall und gewährte für die vier Kinder Hilfe zur Erziehung in Form von vollstationärer Heimunterbringung.
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Im November 2003 zog der Vater der Kinder in den Zuständigkeitsbereich des beklagten Kreises.
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Nachdem der Kläger den Beklagten vergeblich zur Kostenerstattung aufgefordert hatte, verfolgte er dieses Begehren im Klagewege weiter. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Dem Kläger stehe für die von ihm in den Jahren 2004 und 2005 gemachten Aufwendungen ein Kostenerstattungsanspruch nach § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zu. Der Beklagte sei ab November 2003 gemäß § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII der örtlich zuständige Jugendhilfeträger gewesen, weil der gewöhnliche Aufenthalt des Vaters maßgeblich sei. Die Mutter habe bereits mit ihrem Auszug aus der Ehewohnung am 11. März 2002 einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in M. begründet, so dass die Eltern bereits vor Beginn der Leistung - dies sei hier die Beantragung der Leistung am 25. März 2002 gewesen - verschiedene gewöhnliche Aufenthalte gehabt hätten.
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Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nicht zu. Es fehle bereits an dem von der Vorschrift vorausgesetzten Wechsel der örtlichen Zuständigkeit. Der Kläger sei gemäß § 86 Abs. 5 SGB VIII selbst zuständig geblieben. Die Regelung des § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII greife nicht ein, weil der Beginn der Leistung bereits am 5. März 2002 gewesen sei und zu diesem Zeitpunkt noch beide Elternteile ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich der Beigeladenen gehabt hätten. Für den Leistungsbeginn sei es maßgeblich, wann ein konkretes Leistungsbegehren an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe herangetragen werde. "Beginn der Leistung" sei der Zeitpunkt, zu dem das zuständige Jugendamt die formellen und materiellen Leistungsvoraussetzungen prüfe, indem es zum Beispiel zur Klärung des individuellen Bedarfs Hilfeplangespräche aufnehme oder Anträge auf Sorgerechtsentzug stelle.
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Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren auf Kostenerstattung weiter. Er rügt eine Verletzung des § 86 SGB VIII im Hinblick auf den Begriff des Beginns der Leistung. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sei - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt habe - für den Beginn der Leistung allein der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem die Gewährung einer Leistung im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VIII beantragt werde. Mit dem Antrag beim Amtsgericht am 5. März 2002 sei hier lediglich ein anderes Verwaltungsverfahren abgeschlossen worden, das auf den teilweisen Entzug des Sorgerechts gerichtet gewesen sei und damit der Erfüllung einer anderen Aufgabe der Jugendhilfe im Sinne von § 2 Abs. 3 SGB VIII gedient habe.
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Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) entschieden, dass dem Kläger kein Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten zusteht. Soweit das Oberverwaltungsgericht den Beginn der Leistung im Sinne von § 86 SGB VIII mit dem Beginn des Verwaltungsverfahrens (im Sinne von § 18 SGB X) bzw. mit dem Zeitpunkt gleichsetzt, zu dem eine Prüfung der örtlichen Zuständigkeit erstmals stattfindet, ist dies zwar mit Bundesrecht nicht vereinbar. Dies wirkt sich aber im Ergebnis nicht aus, weil sich die Entscheidung aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO). Ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers folgt weder aus § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (1.) noch aus § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X (2.).
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1. Nach der Regelung des § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, die sowohl die Vorinstanzen wie auch die Beteiligten allein als Rechtsgrundlage in Erwägung gezogen haben, sind die Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen seiner Verpflichtung nach § 86c SGB VIII aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, der nach dem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit zuständig geworden ist. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
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Der Kläger hat zwar als örtlicher Träger der Jugendhilfe im maßgeblichen Zeitraum von 2004 bis 2005 für die vier Kinder der Familie Hilfe zur Erziehung in Form der vollstationären Heimerziehung (§§ 27, 34 SGB VIII) erbracht und dafür die Kosten getragen. Auch die Höhe der in dem genannten Zeitraum angefallenen Kosten steht nicht im Streit.
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Der Kläger ist aber nicht anspruchsberechtigt nach § 89c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, weil er die Kosten nicht im Rahmen einer Verpflichtung nach § 86c SGB VIII aufgewandt hat. § 86c Satz 1 SGB VIII verpflichtet den bisher zuständigen örtlichen Träger, die Leistung solange zu gewähren, bis der infolge des Wechsels der örtlichen Zuständigkeit nunmehr zuständige örtliche Träger die Leistung fortsetzt. Der Kläger ist jedoch nicht der bisher zuständige Träger, der trotz Wechsels der örtlichen Zuständigkeit (auf den Beklagten) weiter geleistet hat. Vielmehr ist weder der Kläger noch der Beklagte örtlich zuständig geworden, weil die Beigeladene bereits zu Beginn der Leistung der örtlich zuständige Jugendhilfeträger war (1.1) und dies auch in dem hier im Streit stehenden Zeitraum von 2004 bis 2005 geblieben ist (1.2).
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1.1 Beginn der Leistung im Sinne von § 86 SGB VIII war hier jedenfalls und spätestens das tatsächliche Einsetzen der Hilfe zur Erziehung in Form der sozialpädagogischen Familienhilfe am 26. März 2002 (a). Die Beigeladene war zu diesem Zeitpunkt nach § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII oder nach § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII örtlich zuständig (b).
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist "Beginn der Leistung" im Sinne von § 86 SGB VIII das Einsetzen der Hilfegewährung und damit grundsätzlich der Zeitpunkt, ab dem die konkrete Hilfeleistung tatsächlich gegenüber dem Hilfeempfänger erbracht wird (vgl. Urteile vom 29. Januar 2004 - BVerwG 5 C 9.03 - BVerwGE 120, 116 <119>, vom 7. Juli 2005 - BVerwG 5 C 9.04 - Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 3 und vom 25. März 2010 - BVerwG 5 C 12.09 - BVerwGE 136, 185 <192>; ebenso nunmehr OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. April 2010 - 4 LC 266/08 - FEVS 62, 110 ff. = juris Rn. 42; Kunkel, in: ders.
, SGB VIII, Lehr- und Praxiskommentar, 4. Aufl. 2011, § 86 Rn. 9; DIJuF-Rechtsgutachten, JAmt 2008, 582).
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Daran hält der Senat fest. Er vermag sich nicht der Rechtsansicht des Oberverwaltungsgerichts (UA S. 13 f.) anzuschließen, soweit es sich im Anschluss an eine in Rechtsprechung und Schrifttum verbreitete Auffassung dafür ausspricht, den Begriff des Beginns der Leistung auf das Vorfeld der tatsächlichen Leistungsgewährung auszudehnen und auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem ein Antrag auf Jugendhilfeleistungen gestellt bzw. die örtliche Zuständigkeit vom Leistungsträger erstmals geprüft wird (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 12 B 1717/09 - juris Rn. 6, Urteil vom 6. Juni 2008 - 12 A 576/07 - NDV-RD 2009, 51; VGH München, Urteil vom 20. Mai 2009 - 12 B 08.2007 - juris Rn. 29; Schindler, in: Münder/Meysen/Trenczek
, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 6. Aufl. 2009, § 86 Rn. 11 m.w.N. zum Streitstand).
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Ausgangspunkt für die Frage nach dem "Beginn" der Leistung ist der Begriff der Leistung (im Sinne von § 86 SGB VIII) selbst. Unter einer Leistung, an deren Beginn § 86 Abs. 2 Satz 2 bis 4 und Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB VIII für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit anknüpfen, sind unabhängig von der Hilfeart und -form im Rahmen einer Gesamtbetrachtung alle zur Deckung eines qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlichen Maßnahmen und Hilfen zu verstehen, sofern sie ohne Unterbrechung gewährt worden sind (stRspr, vgl. Urteile vom 29. Januar 2004 a.a.O. S. 116 und vom 25. März 2010 a.a.O. S. 192 Rn. 22). Das Abstellen auf die vom jugendhilferechtlichen Bedarf abhängigen Maßnahmen und Hilfen beim Leistungsbegriff ist auch bei der Bestimmung, was als Beginn der Leistung anzusehen ist, zu berücksichtigen. Bereits aus diesem Zusammenhang folgt, dass es auf das Beginnen bzw. tatsächliche Einsetzen der die Leistung ausmachenden Maßnahmen und Hilfen gegenüber dem Bedürftigen ankommt.
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Dieses Verständnis wird sowohl durch den Wortlaut als auch die mit dem Leistungsbeginn verbundene Zwecksetzung bestätigt. Der Begriff der Leistung und damit der ihres Beginns ist im Sinne einer zweckgerichteten Zuwendung auf die Erbringung einer Hilfe gegenüber einem Empfänger zugeschnitten. Hinsichtlich der Erbringung der Leistung ist maßgeblich auf den Leistungsempfänger, d.h. auf denjenigen abzustellen, der die Leistung erhält und dessen Interesse sie nach der Konzeption des Sozialgesetzbuches Achtes Buch zu dienen bestimmt ist. Leistungs- oder Hilfeempfänger ist danach das Kind oder der Jugendliche. Denn die Leistungserbringung ist - unabhängig von der Anspruchsinhaberschaft - stets auf das Kind oder den Jugendlichen ausgerichtet, dessen Wohl (vgl. § 1 Abs. 1 und 3 SGB VIII) Ausgangspunkt und Ziel jeder Jugendhilfemaßnahme ist (Urteil vom 12. Mai 2011 - BVerwG 5 C 4.10 - NVwZ-RR 2011, 768 Rn. 21).
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Mit der Beantragung einer Leistung beginnt diese - insbesondere aus der Sicht des (potenziellen) Leistungsempfängers - noch nicht. Vielmehr wird damit regelmäßig nur die Prüfung durch das Jugendamt in Gang oder fortgesetzt, ob eine solche und - wenn ja - welche konkrete Leistung der Jugendhilfe zu gewähren ist. Gleiches gilt, wenn ein Jugendhilfeträger davon Kenntnis erlangt, dass ein jugendhilferechtlicher Bedarf besteht und infolgedessen seine Zuständigkeit und Leistungsverpflichtung prüft. Auch in diesem Fall ist die Leistungsgewährung (oder -versagung) erst das Ergebnis der Prüfung durch das Jugendamt.
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Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts kann deshalb der Beginn der Leistung nicht mit dem Beginn des Verwaltungsverfahrens (im Sinne von § 18 SGB X) oder mit dem Zeitpunkt gleichgesetzt werden, zu dem eine Prüfung der örtlichen Zuständigkeit erstmals stattzufinden hat. Dem Argument für diese (und jede andere) "Vorverlagerung", ansonsten könne eine verzögerte Behandlung des Falles durch das Jugendamt dazu führen, dass sich der zuständigkeitsbestimmende Zeitpunkt (etwa bei einem bevorstehenden Umzug der maßgeblichen Personen) verschieben lasse (vgl. Schindler, a.a.O. m.w.N.), vermag der Senat nicht zu folgen. Die Möglichkeit des Missbrauchs im Einzelfall kann es jedenfalls nicht rechtfertigen, dem Begriff des Leistungsbeginns generell einen mit seinem Wortlaut nicht zu vereinbarenden Sinn zuzuschreiben, zumal es für die Notwendigkeit einer derartig weiten Vorverlagerung des Leistungsbeginns auch in den Gesetzesmaterialien keinen Anhalt gibt (vgl. BTDrucks 12/2866 S. 22 ff.).
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Ob für den Fall, dass eine objektive Verzögerung der Leistungsbewilligung bzw. eine im Anschluss an eine Bewilligung verzögerte tatsächliche Gewährung durch den Jugendhilfeträger feststellbar ist und dies zu einer anderen Zuständigkeit bzw. Kostenträgerschaft führen würde, von dem grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungsgewährung eine Ausnahme zu machen ist, bedarf hier keiner Klärung. Ebenso wenig ist abschließend zu prüfen, ob als Einsetzen der Hilfegewährung und damit als Beginn der Leistung die Bewilligung bzw. der Zugang des Bewilligungsbescheids oder stets die tatsächliche Erbringung der Hilfe maßgeblich ist. Denn hier liegt ein Fall einer (die Zuständigkeit beeinflussenden) Verzögerung nicht vor. Vielmehr ist die am 25. März 2002 beantragte Hilfe zur Erziehung in Form der sozialpädagogischen Familienhilfe bereits ab dem 26. März 2002 tatsächlich erbracht worden.
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b) Zu diesem Zeitpunkt des Beginns der Leistung war die Beigeladene der örtlich zuständige Jugendhilfeträger, ohne dass es auf die zwischen den Beteiligten umstrittene, aber vom Oberverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht nicht geklärte Frage ankommt, ob die Mutter der Kinder zu dieser Zeit noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Ehewohnung im Bereich der Beigeladenen hatte oder ob sie diesen - wovon das Verwaltungsgericht ausgegangen ist - bereits am 11. März 2002 durch einen Umzug nach M. aufgegeben und dort neu begründet hat.
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Sofern mit dem Beklagten davon auszugehen wäre, dass die Mutter der Kinder zu dieser Zeit noch keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet, sondern ihren bisherigen gewöhnlichen Aufenthalt (in der Ehewohnung) im Zuständigkeitsbereich der beigeladenen Stadt noch bis zum 26. März 2002 beibehalten hat, ergäbe sich die örtliche Zuständigkeit der Beigeladenen für die Leistungsgewährung aus § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII. Denn dann hätten zu Beginn der Leistung noch beide Elternteile ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich der Beigeladenen gehabt.
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Nimmt man dagegen an, dass die Mutter der Kinder bereits am 11. März 2002 oder jedenfalls noch vor dem 26. März 2002 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich der Beigeladenen aufgegeben und einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in M. begründet hat, so ergibt sich die örtliche Zuständigkeit der Beigeladenen für die ab 26. März 2002 gewährte Jugendhilfeleistung aus § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII. Danach richtet sich, wenn die Elternteile (bei Beginn der Leistung) verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben und ihnen - wie hier noch am 26. März 2002 - die Personensorge gemeinsam zusteht, die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Weil die vier Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt bei dem in der Familienwohnung verbliebenen Vater hatten, ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt für die örtliche Zuständigkeit maßgeblich und damit die Beigeladene örtlich zuständig.
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1.2 Auch in der Folgezeit ist die örtliche Zuständigkeit - jedenfalls bis zum Ablauf des hier streitbefangenen Leistungszeitraums von Anfang 2004 bis Ende 2005 - nicht auf den Kläger oder den Beklagten übergegangen. Vielmehr ist die Beigeladene gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII zuständig geblieben. Nach dieser Regelung bleibt im Falle verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte der Eltern nach Beginn der Leistung die bisherige Zuständigkeit bestehen, solange keinem Elternteil die elterliche Sorge zusteht. Ein Zuständigkeitswechsel ist hier weder dadurch eingetreten, dass den vier Kindern ab dem 18. Juli 2002 Hilfe zur Erziehung in Form der Heimunterbringung gewährt worden ist (a) und den Eltern an diesem Tag das Sorgerecht entzogen wurde (b), noch dadurch, dass der Vater der Kinder im Jahre 2003 seinen gewöhnlichen Aufenthalt zunächst in den Bereich des Klägers und dann in den des Beklagten verlegt hat (c).
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a) Die Umstellung der Hilfe auf die Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Form der Heimerziehung (§§ 27, 34 SGB VIII) hat als solche die Zuständigkeitsfrage nicht neu aufgeworfen. Denn dabei handelte es sich nicht um eine zuständigkeitsrechtlich andere oder neue Leistung.
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Für den Begriff der "Leistung" im Sinne von § 86 SGB VIII ist - wie bereits ausgeführt - eine Gesamtbetrachtung der verschiedenen Maßnahmen und Hilfen zugrunde zu legen, die zur Deckung eines qualitativ unveränderten jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlich sind. Dabei beginnt eine zuständigkeitsrechtlich "neue" Leistung bei einer geänderten Hilfegewährung im Rahmen eines einheitlichen, ununterbrochenen Hilfeprozesses nicht allein deswegen, weil die geänderte oder neu hinzutretende Jugendhilfemaßnahme oder ein Teil davon einer anderen Nummer des § 2 Abs. 2 SGB VIII zugeordnet ist (Urteile vom 29. Januar 2004 a.a.O. S. 116, 123 f. und vom 25. März 2010 a.a.O. Rn. 22). Das gilt erst recht, wenn sich der Wechsel der Hilfeform innerhalb derselben Ziffer des § 2 Abs. 2 SGB VIII vollzieht. So liegt es hier, weil sowohl die bis zum 18. Juli 2002 gewährte Hilfe zur Erziehung in Form der sozialpädagogischen Familienhilfe als auch die seither gewährte Hilfe zur Erziehung in Form der Heimerziehung von § 2 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII erfasst werden.
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Eine Gesamtbetrachtung ergibt, dass die Beigeladene mit der Umstellung auf die Heimerziehung ab dem 18. Juli 2002 keine neue Leistung im vorgenannten Sinne gewährt hat, weil die neue Hilfe nahtlos an die bisherige anknüpfte und ein unveränderter jugendhilferechtlicher Bedarf bestand. Dieser Bedarf war nicht qualitativ neu oder verändert. An der tatsächlichen Lebenssituation der Kinder, die bis dahin noch bei dem mit der Erziehung überforderten Vater gelebt hatten, und ihrem Hilfebedarf hatte sich nichts geändert. Vielmehr war das Jugendamt der Beigeladenen zu dem Ergebnis gelangt, dass die vorangehende Hilfe zur Erziehung in Form der sozialpädagogischen Familienhilfe nicht genügte, um diesen weiter bestehenden Bedarf zu decken.
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b) Ein Zuständigkeitswechsel ist auch nicht dadurch eingetreten, dass den Eltern am 18. Juli 2002 das Sorgerecht entzogen worden ist. Die Eltern der Kinder hatten jedenfalls zu diesem Zeitpunkt - und damit nach Beginn der Leistung - verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründet (aa), so dass sich an der Zuständigkeit der Beigeladenen durch den Sorgerechtsentzug gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII nichts geändert hat (bb).
- 33
-
aa) Die Mutter der Kinder hatte - wovon auch die Beteiligten, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, übereinstimmend ausgehen - jedenfalls noch vor dem Entzug des Sorgerechts am 18. Juli 2002 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich der Beigeladenen aufgegeben und einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in M. begründet, während der Vater der Kinder mit diesen im Bereich der Beigeladenen verblieben war. Ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 86 SGB VIII hat eine Person an dem Ort oder in dem Gebiet, an oder in dem sie sich bis auf Weiteres im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen hat (stRspr, vgl. etwa Urteil vom 25. März 2010 a.a.O. Rn. 25). Über vier Monate nach ihrem Auszug aus der Ehewohnung am 11. März 2002 sprach nichts mehr dafür, dass der Aufenthalt der Mutter bei ihrem Freund in M. nur in der Weise als vorübergehend angelegt war, dass sie noch vorhatte, in die Familienwohnung oder sonst in den Bereich der Beigeladenen zurückzukehren.
- 34
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bb) Der Entzug des elterlichen Sorgerechts nach Beginn der Leistung warf zwar die Zuständigkeitsfrage neu auf; er führte aber dazu, dass die Zuständigkeit der Beigeladenen gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII bestehen blieb.
- 35
-
Nach der Rechtsprechung des Senats erfasst § 86 Abs. 5 SGB VIII alle Fallgestaltungen, in denen die Eltern nach Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte besitzen (Urteile vom 30. September 2009 - BVerwG 5 C 18.08 - BVerwGE 135, 58
, vom 9. Dezember 2010 - BVerwG 5 C 17.09 - DVBl 2011, 236 ff. = NVwZ-RR 2011, 203 ff. Rn. 21 und vom 12. Mai 2011 a.a.O. Rn. 17). Der Anwendungsbereich des § 86 Abs. 5 SGB VIII ist dabei nicht auf Fälle beschränkt, in denen die Eltern erstmals nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen und gegebenenfalls im Anschluss daran ihren Aufenthalt unter Aufrechterhaltung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte erneut verändern. Vielmehr greift die Vorschrift des § 86 Abs. 5 SGB VIII entsprechend ihrem Charakter als umfassende Regelung für verschiedene gewöhnliche Aufenthalte der Eltern nach Leistungsbeginn auch ein, wenn die Eltern bereits vor bzw. bei Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben und solche während des Leistungsbezugs beibehalten. Satz 1 ist dabei anwendbar, wenn die elterliche Sorge einem Elternteil zusteht, Satz 2 regelt die Fälle gemeinsamer oder fehlender Personensorge. Die zeitliche Abfolge der zuständigkeitsrelevanten Kriterien ("Begründung verschiedener gewöhnlicher Aufenthalte" oder "gemeinsame oder fehlende Personensorge beider Elternteile") hat auf die Bestimmung der Zuständigkeit nach § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII keinen Einfluss.
- 36
-
Nach diesen Grundsätzen kommt es für die Anwendbarkeit des § 86 Abs. 5 SGB VIII hier nicht darauf an, ob die Eltern der vier Kinder bereits vor Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte hatten oder ob sie diese erst danach begründeten. Weil es sich bei dem Entzug des Sorgerechts am 18. Juli 2002 um eine Veränderung nach Beginn der Leistung handelt, ist nicht mehr die Regelung des § 86 Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII anzuwenden, bei der es auf die Zeit vor Beginn der Leistung ankommt, sondern die grundsätzlich für alle Fallgestaltungen nach Leistungsbeginn heranzuziehende Regelung des § 86 Abs. 5 SGB VIII. Da beiden Elternteilen das Sorgerecht entzogen wurde, greift Satz 2 dieser Vorschrift ein. Dies hat zur Folge, dass die bisherige Zuständigkeit der Beigeladenen, die sich bis zum Sorgerechtsentzug aus § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII ergab, bestehen geblieben ist.
- 37
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Nach der Rechtsprechung des Senats endet die durch den beiderseitigen Sorgerechtsentzug nach Beginn der Leistung bedingte Anwendbarkeit des § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII erst, wenn einem der Elternteile wieder die elterliche Sorge übertragen wird (dann wäre bei verschiedenen gewöhnlichen Aufenthalten der Eltern nach Leistungsbeginn § 86 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII anzuwenden), wenn die Leistung eingestellt oder eine zuständigkeitsrechtlich neue Leistung gewährt wird (und deshalb bei verschiedenen gewöhnlichen Aufenthalten der Eltern wiederum eine neue, auf die Zeit vor Beginn dieser Leistung abstellende Zuständigkeitsprüfung nach § 86 Abs. 2 bzw. Abs. 3 SGB VIII vorzunehmen ist) oder wenn die Eltern nach Leistungsbeginn (erneut) einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt begründen und damit § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII als Zuständigkeitsregelung, die sowohl für die Zeit vor als auch nach Beginn der Leistung einschlägig ist, zur Anwendung gelangt (vgl. Urteile vom 30. September 2009 a.a.O. Rn. 24, vom 9. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 22 ff. und vom 12. Mai 2011 a.a.O. Rn. 25 f.).
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An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest (vgl. ablehnend, aber maßgeblich zu anderen Fallgestaltungen Eschelbach, JAmt 2011, 233 und Jung, JAmt 2011, 383). Gerade in Fällen, in denen - wie hier - die Erziehungsverantwortung infolge des Entzugs der elterlichen Sorge nicht mehr bei den Eltern liegt (vgl. § 1626 Abs. 1, § 1631 Abs. 1 BGB), besteht keine Notwendigkeit mehr, die örtliche Zuständigkeit weiterhin an den (künftigen) gewöhnlichen Aufenthalt eines Elternteils zu binden und sie mit diesem "mitwandern" zu lassen. Für eine Festschreibung der Zuständigkeit am letzten Aufenthaltsort der Eltern bzw. des maßgeblichen Elternteils spricht in diesen Fällen auch, dass in der Praxis häufig - wie auch im vorliegenden Fall - das dortige Jugendamt nach Entzug des Sorgerechts zum Vormund bestellt wird. Im Übrigen ist, worauf der Senat ebenfalls bereits hingewiesen hat (Urteil vom 30. September 2009 a.a.O. Rn. 26) nach gegenwärtiger Gesetzeslage eine für alle Fallgestaltungen gleichermaßen gerecht erscheinende Zuständigkeits- und Kostenverteilung durch Auslegung des § 86 SGB VIII nicht zu erreichen.
- 39
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c) Der Umzug des Vaters der Kinder in den Zuständigkeitsbereich des Klägers am 15. März 2003 und die damit verbundene Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts hat nicht zu einem Wechsel der Zuständigkeit auf den Kläger geführt. Da die Personensorge zum Zeitpunkt des Umzugs des Vaters keinem Elternteil zustand, blieb nach § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII die bisherige Zuständigkeit bestehen. Mit der "bisherigen Zuständigkeit" im Sinne dieser Vorschrift ist die Zuständigkeit gemeint, die vor dem Zeitpunkt, zu dem eine Prüfung und gegebenenfalls Neubestimmung der örtlichen Zuständigkeit veranlasst ist, zuletzt bestanden hat.
- 40
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Auch der Umstand, dass der Vater im November 2003 im Zuständigkeitsbereich des Beklagten einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hat, ändert daran nichts. Als Folge der Festschreibung ("solange...") der bisherigen Zuständigkeit der Beigeladenen nach § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII ist auch diese zeitlich nachfolgende Aufenthaltsänderung des Vaters der Hilfeempfänger zuständigkeits- und damit auch kostenerstattungsrechtlich unbeachtlich.
- 41
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2. Ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten ergibt sich auch nicht aus § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
- 42
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Zwar hat der Kläger - wie es diese Vorschrift voraussetzt - als unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, weil im streitbefangenen Zeitraum nicht er, sondern die Beigeladene für die Erbringung der Jugendhilfeleistung örtlich zuständig war. Ein Erstattungsanspruch des Klägers aus § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X scheidet jedoch aus, weil der Beklagte - wie dargelegt - in diesem Zeitraum nicht für die Leistungserbringung zuständig gewesen ist.
- 43
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil dies nicht der Billigkeit gemäß § 162 Abs. 3 VwGO entspricht. Die Beigeladene hat keinen Sachantrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Gerichtskostenfreiheit besteht nach § 188 Satz 2 Halbs. 2 VwGO nicht.
Tatbestand
- 1
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Der Kläger begehrt vom Beklagten die Erstattung von Kosten, die er in der Zeit vom 23. November 1999 bis zum Ablauf des 21. Juni 2000 als Hilfe für junge Volljährige aufgewandt hat.
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Die am 23. November 1981 in Äthiopien geborene Hilfeempfängerin reiste Anfang Februar 1997 als Minderjährige ohne Begleitung ihrer Eltern oder eines gesetzlichen Vertreters auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein. Wenige Tage nach ihrer Einreise sprach sie beim Jugendamt der Stadt F. vor, das sie in unmittelbarem Anschluss daran in Obhut nahm. Nach einem kurzen Aufenthalt in einer Erstversorgungseinrichtung der Arbeiterwohlfahrt wurde die Hilfeempfängerin ab Mitte April 1997 in der im Nachbarkreis des Klägers gelegenen Jugendhilfeeinrichtung Haus O. untergebracht, in der sie bis zum 21. Juni 2000 blieb.
- 3
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Bereits am 21. Februar 1997 wurde der Beklagte durch das Bundesverwaltungsamt zum erstattungspflichtigen überörtlichen Träger nach § 89d Abs. 3 SGB VIII bestimmt.
- 4
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Mit Bescheid des Regierungspräsidiums vom 31. Oktober 1997 wurde die Hilfeempfängerin im Rahmen ihres Asylverfahrens dem Gebiet des Klägers zugewiesen, der seit diesem Zeitpunkt als örtlich zuständiger Jugendhilfeträger für die Kosten ihrer Unterbringung in der Jugendhilfeeinrichtung Haus O. aufkam. Er zahlte die Unterbringungskosten zunächst im Rahmen der Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII. Ab dem 20. Januar 1998 bis zum Eintritt der Volljährigkeit am 23. November 1999 gewährte er insoweit Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII, an die sich bis zum Ablauf des 21. Juni 2000 die Gewährung von Hilfe für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII anschloss.
- 5
-
Der Kläger wandte sich mit mehreren Schreiben an den Beklagten und beantragte Erstattung der von ihm aufgewandten Kosten. Er ist der Auffassung, der Anspruch auf Erstattung der im Rahmen der Hilfe für junge Volljährige gewährten Leistungen hätte nicht ausdrücklich bzw. gesondert innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des 21. Juni 2000 geltend gemacht werden müssen. Im Hinblick auf diesen Erstattungsanspruch werde die Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X bereits durch den nach der Inobhutnahme der Hilfeempfängerin erstmals unter dem 22. Oktober 1997 gestellten Antrag auf Erstattung der Kosten gewahrt. Der spätere Wechsel der Leistungsart sowie der Rechtsgrundlage änderten daran nichts.
- 6
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Der Beklagte lehnte die Erstattung ab, weil der Kläger seinen Anspruch auf Erstattung der im Rahmen der Hilfe für junge Volljährige aufgewandten Kosten nicht innerhalb von zwölf Monaten nach Leistungsende geltend gemacht habe. Er sei erst Ende Juni 2002 über ein im November 1999 geführtes Gespräch in Kenntnis gesetzt worden, nachdem die Selbstständigkeit der Hilfeempfängerin im Zeitpunkt der Volljährigkeit noch wenig ausgeprägt gewesen sei. Allein dieses Detail hätte die Schlussfolgerung zulassen können, dass (wahrscheinlich) über den Zeitpunkt der Volljährigkeit hinaus Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Achtes Buch erforderlich gewesen seien.
- 7
-
Mit Urteil vom 20. März 2006 hat das Verwaltungsgericht die am 29. April 2004 erhobene Klage auf Erstattung der im Rahmen der Hilfe für junge Volljährige aufgewandten Kosten in Höhe von 21 749,75 € abgewiesen.
- 8
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Mit Urteil vom 1. Juli 2008 hat der Verwaltungsgerichtshof die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger hätte den auf die Hilfe für junge Volljährige bezogenen Kostenerstattungsanspruch gesondert innerhalb der Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X geltend machen müssen. Mit dem Begriff der Leistung im Sinne des § 111 Satz 1 SGB X sei nicht die Sozialleistungsart "Jugendhilfe" im abstrakten Sinne, sondern die erbrachte (oder vorgesehene) Jugendhilfe in ihrer konkreten Ausgestaltung gemeint, d.h. die Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII, die Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII oder die Hilfe für junge Volljährige gemäß § 41 SGB VIII. Der Jugendhilfe liege kein "ganzheitlicher" Leistungsbegriff zugrunde, vielmehr umfasse die Jugendhilfe gemäß § 2 Abs. 1 SGB VIII die einzelnen in § 2 Abs. 2 SGB VIII aufgeführten Leistungen und die in § 2 Abs. 3 SGB VIII aufgezählten anderen Aufgaben. Für ein gesondertes Geltendmachen des die Hilfe für junge Volljährige betreffenden Kostenerstattungsanspruchs spreche zudem, dass sich andernfalls die Anmeldung des Kostenerstattungsanspruchs bezüglich der Inobhutnahme und der anschließend gewährten Hilfe zur Erziehung auf eine Zeitspanne von bis zu (weiteren) neun Jahren (18. bis 27. Lebensjahr) erstrecke. Das sei mit der durch die Ausschlussfrist bezweckten baldigen Abwicklung der Erstattungen schwerlich zu vereinbaren. Nach diesen rechtlichen Vorgaben sei ein fristgerechtes Geltendmachen nicht gegeben. Die Erstattung der im Rahmen der Hilfe für junge Volljährige aufgewandten Kosten sei erstmals mit Schreiben vom 6. November 2002 beantragt worden. Die vorangegangenen Schreiben des Klägers vom 22. Oktober 1997 sowie vom 26. März und 27. Juli 1998 bezögen sich nur auf die Inobhutnahme und die Hilfe zur Erziehung.
- 9
-
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er rügt eine Verletzung des § 89d SGB VIII sowie des § 111 Satz 1 SGB X.
- 10
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Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
- 11
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Die Revision des Klägers ist begründet. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass der Anspruch auf Erstattung nach § 89d Abs. 1 Satz 1 SGB VIII für die im Rahmen der Hilfe für junge Volljährige aufgewandten Kosten ausgeschlossen ist, weil der Kläger ihn nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X geltend gemacht hat, verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
- 12
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Zwischen den Beteiligten steht zu Recht nicht im Streit, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 89d Abs. 1 Satz 1 SGB VIII erfüllt sind und dem Kläger damit gegen den Beklagten ein Anspruch auf Erstattung der als Hilfe für junge Volljährige aufgewandten Unterbringungskosten dem Grunde nach zustehen kann. Auch die Höhe der danach zu erstattenden Kosten ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Zu entscheiden ist allein, ob der Anspruch gemäß § 111 Satz 1 SGB X ausgeschlossen ist. Dies ist nicht der Fall. Der Kostenerstattungsanspruch des § 89d SGB VIII unterfällt zwar der Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X (1.), die hier gemäß § 111 Satz 2 SGB X in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung frühestens mit der Entstehung des Erstattungsanspruchs begann; im Übrigen gilt § 111 Satz 1 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung (2.). Der Anspruch auf Erstattung der als Hilfe für junge Volljährige gewährten Leistungen wurde aber vom Kläger mit den Schreiben vom 26. März und 23. Juli 1998 fristwahrend geltend gemacht (3.)
- 13
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1. Der Anwendung des § 111 SGB X auf den Erstattungsanspruch nach § 89d SGB VIII steht die Rechtsprechung des Senats nicht entgegen. Demnach ist die Ausschlussfrist des § 111 SGB X auf die spezielle jugendhilferechtliche Situation einander gegenüberstehender Erstattungsansprüche örtlicher Jugendhilfeträger nicht anwendbar, was in besonderer Weise für eine Kollision mit einem Erstattungsanspruch nach § 89a SGB VIII gilt, dessen Ziel es ist, die Pflegestellenorte von den mit einem Zuständigkeitswechsel nach § 86 Abs. 6 SGB VIII verbundenen Kosten zu befreien (Urteil vom 30. September 2009 - BVerwG 5 C 18.08 - BVerwGE 135, 58 = Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 9 jeweils Rn. 33). Diese Rechtsprechung ist mangels Vergleichbarkeit der Sachverhalte auf den hier zu entscheidenden Fall nicht übertragbar. Im vorliegenden Verfahren kollidieren weder zwei Erstattungsansprüche noch stehen sich zwei örtliche Träger der Jugendhilfe gegenüber, von denen einer nach § 89a SGB VIII Erstattung der von ihm aufgrund einer Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII aufgewandten Kosten begehrt. Streitgegenstand ist vielmehr allein der dem örtlichen Träger der Jugendhilfe gegen den vom Bundesverwaltungsamt als erstattungspflichtig bestimmten überörtlichen Träger der Jugendhilfe nach § 89d Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zustehende Anspruch auf Kostenerstattung.
- 14
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Die Anwendung des § 111 SGB X auf diesen Anspruch bestimmt sich nach § 37 Satz 1 SGB I. Danach gelten das Erste und Zehnte Buch für alle Sozialleistungsbereiche des Sozialgesetzbuches, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt. Das Sozialgesetzbuch Achtes Buch enthält keine Vorschrift, welche die Ausschlussfrist des § 111 SGB X hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs nach § 89d SGB VIII ausdrücklich für nicht anwendbar erklärt oder anordnet, dass das Geltendmachen dieses Anspruchs keiner zeitlichen Begrenzung unterliegt. Dem Kinder- und Jugendhilferecht ist auch kein Strukturprinzip (vgl. insoweit Urteil vom 29. September 1994 - BVerwG 5 C 41.92 - Buchholz 436.7 § 27a BVG Nr. 16 S. 3 = Buchholz 435.11 § 58 SGB I Nr. 3) zu entnehmen, das es rechtfertigt, den Erstattungsanspruch nach § 89d SGB VIII aus dem Anwendungsbereich des § 111 SGB X herauszunehmen.
- 15
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2. Gemäß § 120 Abs. 2 SGB X findet auf ein - wie hier - am 1. Juni 2000 noch nicht abschließend entschiedenes Kostenerstattungsverfahren zwar grundsätzlich die Vorschrift des § 111 SGB X in der vom 1. Januar 2001 an geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl I S. 130) insgesamt Anwendung. Insbesondere war der Anspruch auf Erstattung bei Inkrafttreten der Neuregelung der Ausschlussfrist nicht bereits nach der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Regelung des § 111 SGB X in der Fassung des Gesetzes vom 4. November 1982 (BGBl I S. 1450) ausgeschlossen (vgl. insoweit Urteil vom 10. April 2003 - BVerwG 5 C 18.02 - Buchholz 435.12 § 111 SGB X Nr. 3 S. 2). Der Kläger hätte nämlich unter der Geltung dieser alten Gesetzesfassung seinen Erstattungsanspruch noch bis zum Ablauf des 21. Juni 2001 anzeigen können.
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Eine Ausnahme von der nach § 120 Abs. 2 SGB X angeordneten Anwendung des § 111 Satz 2 SGB X in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung ist hier jedoch deshalb zu machen, weil eine sachliche Entscheidung des erstattungspflichtigen Beklagten gegenüber der Hilfeempfängerin nicht in Betracht kam und demzufolge die Regelung des § 111 Satz 2 SGB X ins Leere gehen würde (vgl. BSG, Urteil vom 10. Mai 2005 - B 1 KR 20/04 R - SozR 4-1300 § 111 Nr. 3 Rn. 21 ff.). Denn zwischen dem Beklagten und der Hilfeempfängerin bestand keine unmittelbare Rechtsbeziehung. Die Hilfeempfängerin konnte den Beklagten nicht auf die Erbringung einer Sozialleistung in Anspruch nehmen. Ausschließlich der Kläger war als örtlich zuständiger Träger der Jugendhilfe gegenüber der Hilfeempfängerin zur Gewährung von Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII und Hilfe für junge Volljährige gemäß § 41 SGB VIII verpflichtet. Für die vorliegende Fallkonstellation ist daher § 111 Satz 2 SGB X in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung entsprechend anzuwenden. Danach beginnt die Ausschlussfrist im konkreten Fall frühestens in dem Zeitpunkt, in dem - bezogen auf die Leistung, deren Erstattung begehrt wird - die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 89d Abs. 1 Satz 1 SGB VIII erfüllt sind.
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3. Für den Kostenerstattungsanspruch nach § 89d SGB VIII ist die Leistung im Sinne von § 111 Satz 1 SGB X nach dem zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriff des Kinder- und Jugendhilferechts zu bestimmen (3.1). In Anwendung dieses Begriffes sind die vom Kläger gewährte Hilfe zur Erziehung und die von ihm im unmittelbaren Anschluss daran geleistete Hilfe für junge Volljährige als einheitliche jugendhilferechtliche Leistung zu werten (3.2). Für das fristgerechte Geltendmachen dieser (Gesamt-)Leistung genügt es, dass der Kläger den Antrag auf Erstattung der Kosten nach § 89d Abs. 1 Satz 1 SGB VIII während der laufenden Hilfe zur Erziehung (und damit lange vor der Zwölfmonatsfrist nach Ende der Leistung) gestellt hat (3.3). Dem Zweck der Ausschlussfrist wird damit hinreichend Rechnung getragen (3.4).
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3.1 Das Sozialgesetzbuch Erstes Buch und Zehntes Buch als die für alle Sozialleistungsbereiche geltenden Bücher enthalten keine eigenständige Definition des Begriffs der Leistung, auf den im Rahmen der Ausschlussfrist zurückgegriffen werden könnte. § 111 Satz 1 SGB X nimmt vielmehr Bezug auf die Leistung und den Leistungsbegriff des jeweiligen Sozialleistungsbereichs, in dem der geltend zu machende Anspruch auf Kostenerstattung im Einzelfall seine Rechtsgrundlage findet. Der Wortlaut des § 111 SGB X steht einer bereichsspezifischen Auslegung ebenso wenig entgegen wie der Zweck der Ausschlussfrist. Denn eine mit Rücksicht auf die spezifische Zielsetzung des Rechts der jeweiligen Sozialleistung erfolgende Bestimmung der Leistung führt nicht dazu, dass der erstattungspflichtige Leistungsträger nicht möglichst zeitnah zur Leistungserbringung die zu erwartende finanzielle Belastung erkennen und gegebenenfalls entsprechende Rückstellungen bilden kann.
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Für das fristgerechte Geltendmachen des Anspruchs auf Erstattung der Kosten nach § 89d Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ist demzufolge der Begriff der Leistung im Sinne der Zuständigkeitsregelungen der §§ 86 ff. SGB VIII maßgeblich. Der Rückgriff auf den zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriff im Rahmen des Erstattungsverhältnisses findet seine sachliche Rechtfertigung in der jugendhilferechtlichen Verknüpfung der örtlichen Zuständigkeit mit der Kostentragungspflicht und der sie ergänzenden Kostenerstattung. In der Regel hat der für die Gewährung von Leistungen und die Erfüllung anderer Aufgaben der Jugendhilfe nach §§ 86 ff. SGB VIII örtlich zuständige Träger der Jugendhilfe auch deren Kosten zu tragen. Insbesondere bei einer - wie hier in Rede stehenden - Leistungsgewährung in Einrichtungen kann dies aber zu einer unangemessenen finanziellen Belastung einzelner kommunaler Gebietskörperschaften führen. Entsprechendes gilt vor allem auch für die Fälle fortdauernder Vollzeitpflege sowie des vorläufigen Eintretens für den an sich (endgültig) örtlich zuständigen Träger der Jugendhilfe. Nach der Systematik des Gesetzes ist es Aufgabe der Kostenerstattung, durch die Zuständigkeitsregelungen nicht gerechtfertigte Kostenbelastungen nach Möglichkeit auszugleichen und auf diesem Weg für eine gleichmäßige Kostenverteilung zwischen den einzelnen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe zu sorgen. Dementsprechend folgt im Siebten Kapitel des Sozialgesetzbuches Achtes Buch unmittelbar auf die im Zweiten Abschnitt geregelte (vorrangige) örtliche Zuständigkeit der Dritte Abschnitt mit seinen Regelungen über die Kostenerstattung. Überdies knüpft auch der Wortlaut der einzelnen Erstattungsansprüche nach §§ 89 ff. SGB VIII zum Teil ausdrücklich an die örtliche Zuständigkeit nach §§ 86 ff. SGB VIII an (z.B. §§ 89, 89a Abs. 1 Satz 1, § 89a Abs. 2, § 89a Abs. 3, § 89b Abs. 1, § 89b Abs. 3, § 89c Abs. 1 Satz 1, § 89c Abs. 3, § 89e Abs. 1 Satz 1 und § 89e Abs. 2 SGB VIII).
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3.2 Nach Maßgabe des zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffs ist die (jugendhilferechtliche) Leistung anhand einer bedarfsorientierten Gesamtbetrachtung der verschiedenen Maßnahmen und Hilfen zu bestimmen. Demzufolge bilden alle zur Deckung eines qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlichen Maßnahmen und Hilfen eine einheitliche Leistung, zumal wenn sie im Einzelfall nahtlos aneinander anschließen, also ohne beachtliche (vgl. § 86a Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB VIII) zeitliche Unterbrechung gewährt werden. Dies gilt auch dann, wenn bei dem vielfach auf einen längeren Zeitraum angelegten Hilfeprozess sich die Schwerpunkte innerhalb des Hilfebedarfes verschieben und für die Ausgestaltung der Hilfe Modifikationen, Änderungen oder Ergänzungen bis hin zu einem Wechsel der Hilfeart erforderlich werden, die Hilfegewährung im Verlauf des ununterbrochenen Hilfeprozesses also einer anderen Nummer des § 2 Abs. 2 SGB VIII zuzuordnen oder innerhalb des Sozialgesetzbuches Achtes Buch nach einer anderen Rechtsgrundlage zu gewähren ist (stRspr, grundlegend Urteil vom 29. Januar 2004 - BVerwG 5 C 9.03 - BVerwGE 120, 116 <119> = Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 2
; vgl. zuletzt Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 5 C 12.09 - juris Rn. 22; s.a. Urteil vom 14. November 2002 - BVerwG 5 C 56.01 - BVerwGE 117, 194 S. 197 ff. = Buchholz 436.511 § 89a KJHG/SGB VIII Nr. 1 = Buchholz 436.511 § 86a KJHG/SGB VIII Nr. 2).
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Auf der Grundlage der nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatrichterlichen Feststellungen stellen die vom Kläger ab dem 20. Januar 1998 gewährte Hilfe zur Erziehung und die ab dem 23. November 1999 bis zum Ablauf des 21. Juni 2000 gewährte Hilfe für junge Volljährige eine (einheitliche) Leistung im vorgenannten Sinne dar. In beiden Fällen wurde die Jugendhilfe durch die Unterbringung der Hilfeempfängerin in ein und derselben Jugendhilfeeinrichtung erbracht. Der Kläger ging bei seiner Entscheidung, diese konkrete Maßnahme über den Eintritt der Volljährigkeit bis zum Ende des Schuljahres 1999/2000 hinaus in Form der Hilfe für junge Volljährige weiterhin auf seine Kosten durchzuführen, erkennbar von einem qualitativ unveränderten jugendhilferechtlichen Bedarf aus und brachte dies in seinem Bewilligungsbescheid vom 15. November 1999 auch unmissverständlich zum Ausdruck. Denn er hielt es danach aufgrund der Persönlichkeit, insbesondere des verzögerten Entwicklungsstandes, und der individuellen Situation der Hilfeempfängerin für erforderlich, die der Hilfeempfängerin "gewährte Erziehungshilfe über das vollendete achtzehnte Lebensjahr hinaus gemäß § 41 SGB VIII fortzusetzen". Der Beklagte ist dem nicht entgegengetreten.
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3.3 An das Geltendmachen im Sinne des § 111 Satz 1 SGB X dürfen keine überzogenen formalen oder inhaltlichen Anforderungen gestellt werden, zumal es sich bei den am Erstattungsverfahren Beteiligten um Körperschaften des öffentlichen Rechts oder Behörden handelt, deren Vertreter Kenntnis von den jeweils in Betracht kommenden Leistungen besitzen. Bei dem Geltendmachen handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit Zugang beim Empfänger wirksam wird. Ein konkludentes Geltendmachen ist zulässig und ausreichend. Die inhaltlichen Anforderungen bestimmen sich nach dem Zweck des § 111 SGB X, möglichst rasch klare Verhältnisse darüber zu schaffen, ob eine Erstattungspflicht besteht. Aus diesem Grund erfordert das Geltendmachen ein unbedingtes Einfordern der Leistung. Ein bloß vorsorgliches Anmelden genügt nicht. Der Wille des Erstattungsberechtigten, zumindest rechtssichernd tätig zu werden, muss unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles der Erklärung deutlich erkennbar zugrunde liegen. Der in Anspruch genommene Leistungsträger muss bereits beim Zugang der Anmeldung des Erstattungsanspruchs ohne weitere Nachforschungen beurteilen können, ob die gegen ihn erhobene Forderung ausgeschlossen ist oder er mit einer Erstattungspflicht zu rechnen hat. Hierfür ist in der Regel ein Darlegen in allen Einzelheiten nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, dass die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblich sind und insbesondere der Zeitraum, für den die Leistung erbracht wurde, hinreichend konkret mitgeteilt werden. Geringere inhaltliche Anforderungen gelten, wenn der Erstattungsanspruch, was grundsätzlich zulässig ist, vor seiner Entstehung geltend gemacht wird. In einem derartigen Fall ist es erforderlich, aber auch ausreichend, wenn die Angaben über Art und Umfang der künftigen Leistungen allgemein unter Verwendung der Kenntnisse gemacht werden, die im Zeitpunkt des Geltendmachens vorhanden sind (vgl. zu Vorstehendem insgesamt BSG, Urteil vom 22. August 2000 - B 2 U 24/99 R - SozR 3-1300 § 111 Nr. 9 Rn. 17 ff. mit zahlreichen weiteren Nachweisen sowie Urteil vom 4. März 1993 - BVerwG 5 C 6.91 - BVerwGE 92, 167 168 = Buchholz 435.12 § 111 SGB X Nr. 2
). Für das fristgerechte Geltendmachen eines Kostenerstattungsanspruchs für eine unter Bedarfsgesichtspunkten als eine Einheit zu wertende Jugendhilfemaßnahme ist eine bedarfsorientierte Gesamtbetrachtung zugrunde zu legen. Danach kommt es nicht darauf an, ob die Kosten für die Maßnahme von einem Dritten gegebenenfalls zeitabschnittsweise in Rechnung gestellt und beglichen werden. Vielmehr genügt zur Wahrung der Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X für einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für Maßnahmen und Hilfen, die jugendhilferechtlich als eine Leistung zu werten sind, jede innerhalb dieser Frist erfolgende Geltendmachung des Anspruchs nach Beginn der (Gesamt-)Leistung. Soweit der Senat in seinem Urteil vom 10. April 2003 - BVerwG 5 C 18.02 - (a.a.O. S. 3) eine andere Auffassung vertreten und für die Bestimmung der fristgerechten Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs auf die im Einzelfall erfolgte monatsweise Abrechnung abgestellt hat, hält er daran nicht mehr fest.
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Den dargelegten Anforderungen an das Geltendmachen hat der Kläger in Bezug auf die - sich aus der Hilfe zur Erziehung und der Hilfe für junge Volljährige zusammensetzende - (Gesamt-)Leistung innerhalb der mit Ablauf des 21. Juni 2001 endenden Ausschlussfrist erfüllt. Nach den bindenden tatrichterlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (§ 37 Abs. 2 VwGO), der sich insoweit die Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu Eigen gemacht hat, hat der Kläger den Anspruch auf Erstattung der Kosten nach § 89d SGB VIII bezüglich der ab dem 20. Januar 1998 gewährten Hilfe zur Erziehung mit Schreiben vom 26. März und 23. Juli 1998 geltend gemacht. Diese Anmeldung wirkt infolge der Annahme einer einheitlichen (Gesamt-)Leistung auch für die vom Kläger in Form der Hilfe für junge Volljährige aufgewandten Kosten fristwahrend.
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3.4 Der Zweck der Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X wird dadurch weder beeinträchtigt noch in Frage gestellt. Bereits das Geltendmachen des Erstattungsanspruchs in Bezug auf die Hilfe zur Erziehung erfüllt im konkreten Fall die mit der zeitnahen Anmeldung verfolgte Informations- und Warnfunktion. Vor und nach Eintritt der Volljährigkeit wurde aufgrund eines qualitativ unveränderten Hilfebedarfs der Sache nach immer dieselbe Leistung erbracht, die lediglich infolge des Eintritts der Volljährigkeit im Verhältnis der Hilfeempfängerin zum erstattungsberechtigten Kläger einer anderen Rechtsgrundlage zuzuordnen war, ohne dass dies jedoch zu einem Austausch des erstattungsverpflichteten Leistungsträgers oder Wechsel der Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs führte. Mit Rücksicht auf diesen konkreten Verfahrensablauf war für den Beklagten außerdem stets hinreichend erkennbar, welche finanzielle Belastung auf ihn zukommen konnte, zumal auch für ihn an seiner Erstattungspflicht infolge der Bestimmung des Bundesverwaltungsamts vom 21. Februar 1997 von Anfang an kein Zweifel bestand.
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-
4. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprechend (stRspr für den Bereich der Jugendhilfe z.B. Urteil vom 22. November 2001 - BVerwG 5 C 42.01 - BVerwGE 115, 251 256 = Buchholz 436.511 § 89e KJHG/SGB VIII Nr. 1 S. 5 m.w.N. = Buchholz 436.511 § 86a KJHG/SGB VIII Nr. 1).
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien.
(2) Leistungen der Jugendhilfe sind:
- 1.
Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14), - 2.
Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21), - 3.
Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§§ 22 bis 25), - 4.
Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40), - 5.
Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a bis 37, 39, 40), - 6.
Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (den §§ 41 und 41a).
(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind
- 1.
die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42), - 2.
die vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise (§ 42a), - 3.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis (§§ 43, 44), - 4.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung sowie die Erteilung nachträglicher Auflagen und die damit verbundenen Aufgaben (§§ 45 bis 47, 48a), - 5.
die Tätigkeitsuntersagung (§§ 48, 48a), - 6.
die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50), - 7.
die Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind (§ 51), - 8.
die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52), - 9.
die Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie von Pflegern und Vormündern (§§ 52a, 53a), - 10.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Anerkennung als Vormundschaftsverein (§ 54), - 11.
Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft des Jugendamts (§§ 55 bis 57), - 12.
Beurkundung (§ 59), - 13.
die Aufnahme von vollstreckbaren Urkunden (§ 60).
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien.
(2) Leistungen der Jugendhilfe sind:
- 1.
Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14), - 2.
Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21), - 3.
Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§§ 22 bis 25), - 4.
Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40), - 5.
Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a bis 37, 39, 40), - 6.
Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (den §§ 41 und 41a).
(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind
- 1.
die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42), - 2.
die vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise (§ 42a), - 3.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis (§§ 43, 44), - 4.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung sowie die Erteilung nachträglicher Auflagen und die damit verbundenen Aufgaben (§§ 45 bis 47, 48a), - 5.
die Tätigkeitsuntersagung (§§ 48, 48a), - 6.
die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50), - 7.
die Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind (§ 51), - 8.
die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52), - 9.
die Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie von Pflegern und Vormündern (§§ 52a, 53a), - 10.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Anerkennung als Vormundschaftsverein (§ 54), - 11.
Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft des Jugendamts (§§ 55 bis 57), - 12.
Beurkundung (§ 59), - 13.
die Aufnahme von vollstreckbaren Urkunden (§ 60).
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
Für die Inobhutnahme eines Kindes oder eines Jugendlichen (§ 42) ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme tatsächlich aufhält. Die örtliche Zuständigkeit für die Inobhutnahme eines unbegleiteten ausländischen Kindes oder Jugendlichen richtet sich nach § 88a Absatz 2.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin an Jugendhilfekosten, die sie für M. -N. T. im Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 31. Dezember 2009 mit Ausnahme des Zeitraums vom 18. September 2009 bis 15. November 2009 aufgewendet hat, 9.621,87 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 30. November 2011 zu erstatten.
Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen erstinstanzlich die Beteiligten je zur Hälfte, zweitinstanzlich die Klägerin zu 5/8 und der Beklagte zu 3/8. Die
außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig voll-streckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreck-ung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwen-den, wenn nicht der jeweils andere vor der Voll-streckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten, die die Klägerin in der Zeit vom 1. August 2009 bis zum 31. Dezember 2009 für die am 1995 geborene M. -N. T. aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe aufgewendet hat; daneben stand die Rückzahlung der Leistungen, die der Beklagte der Klägerin für M. -N. im Jahr 2007 gewährte Jugendhilfe erstattet hat, im Streit.
3Nach Auswertung der Unterlagen dürfte M. -N. T. in X. als Tochter serbischer Staatsangehöriger geboren und in den Niederlanden von den Ehe-leuten H. und E. T. adoptiert worden sein. Ende 1996 zogen die Eheleute T. von X. nach F. in den Niederlanden. Im Januar 2001 verstarb Frau E. T. . Ab Sommer 2001 besuchte M. -N. eine Grundschule in H1. , wohnte jedoch weiterhin bei Herrn H. T. in F. . Am 10. März 2003 wurde Herr H. T. aufgrund eines Haft-befehls in der Justizvollzugsanstalt D. untergebracht.
4Am 11. März 2003 meldete sich die Schwiegertochter des Herrn H. T. , Frau O. T. , beim Jugendamt der Klägerin und teilte u.a. mit, sie habe M. -N. zu sich und ihren Ehemann, Herrn S. T. , nach H1. genommen. Am 7. August 2003 ging beim Jugendamt der Klägerin ein von Herrn H. T. unterzeichnetes Antragsformular ein, mit dem er die Gewährung von Jugendhilfe für M. -N. ab dem 11. März 2003 beantragte. Mit Urteil vom 10. Oktober 2003 verurteilte ihn das Landgericht N1. zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren.
5Am 13. Oktober 2003 wurde Herr H. T. wegen einer schweren Erkrankung von der Justizvollzugsanstalt D. in das krankenhaus in G. verlegt.
6Mit Bescheid vom 23. Oktober 2003 gewährte die Klägerin Herrn H. T. für M. -N. Hilfe zur Erziehung in einer Pflegefamilie unter dem Vorbehalt, dass die Überprüfung der Adoption rechtlich unbedenklich sei. Unter dem 15. Januar 2004 lehnte die Stadt D. den Antrag der Klägerin auf Übernahme des Hilfefalles in ihre Zuständigkeit mit der Begründung ab, Herr H. T. habe keinen gewöhnlichen Aufenthalt in D. begründet, weil er sich nach den Angaben der Justizvollzugsanstalt in D. dort in Untersuchungshaft befinde und sich zudem seit dem 13. Oktober 2003 in G. aufhalte.
7Am 5. Februar 2004 verstarb Herr H. T. im krankenhaus in G. .
8Unter dem 19. April 2004 beantragte die Klägerin beim Beklagten Kostenerstat-tung für die Zeit vom 11. März 2003 bis zum Tode des Herrn H. T. gemäß § 89 i.V.m. § 89c Abs. 3 SGB VIII, und für die Zeit ab Februar 2004 Kostenerstattung durch den überörtlichen Träger der Jugendhilfe gemäß § 89e Abs. 3 SGB VIII. Unter dem 21. Februar 2005 erkannte der Beklagte seine Verpflichtung zur Kostenerstattung gemäß § 89 SGB VIII für die Zeit vom 5. Februar 2004 bis auf weiteres an und lehnte eine Kostenerstattung für die Zeit vom 11. März 2003 bis zum 4. Februar 2004 ab.
9Mit Schreiben vom 14. August 2005 beantragte die Klägerin beim Beklagten erneut die Kostenerstattung ab dem 11. März 2003 und teilte u.a. mit: Wie sich jetzt herausgestellt habe, sei Herr T. bis zu seinem Tode nicht rechtskräftig verurteilt gewesen. Da er Revision eingelegt gehabt habe, sei das Urteil des Landgerichts N1. vom 10. Oktober 2003 bis zu seinem Tode nicht rechtskräftig geworden. Folglich sei er bis zu seinem Tode in Untersuchungshaft gewesen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte unter dem 26. September 2005 u.a. mit der Begründung ab, die Hilfeleistung im Zeitraum vom 11. März 2003 bis zum 6. August 2003 sei rechtswidrig gewesen, weil es insoweit an einer vorherigen Antragstellung gefehlt habe.
10Am 29. April 2005 wurde M. -N. T. in der Pflegefamilie L. in O1. untergebracht. Mit Schreiben vom 16. März 2006 beantragte die Klä-gerin beim Beklagten nochmals die Anerkennung der Kostenerstattungspflicht ab dem Hilfebeginn. Zur Begründung verwies sie auf ein Gespräch mit Frau O. T. , die am 16. März 2006 erklärt habe: Die Wohnung des Herrn H. T. in F. sei 14 Tage nach seiner Inhaftierung aufgelöst worden, da allen Beteiligten klar gewesen sei, dass eine Rückkehr nicht erfolgen würde. Herr T. habe die Tat eingestanden gehabt und gewusst, dass es für seine Tat mehrere Jahre Haft geben würde. Mit Beschluss vom 9. Mai 2006 bestellte das Amtsgericht S1. die Klägerin zum Einzelvormund für M. -N. . Unter dem 9. Juni 2006 lehnte der Beklagte auch den Antrag auf Kostenerstattung vom 16. März 2006 ab.
11Am 6. Dezember 2007 wurde M. -N. nach mehreren Eskalationen in der Pflegefamilie L. in die Jugendschutzstelle in I. gebracht und wegen der dortigen ungünstigen Belegungssituation in die Übergangsgruppe der F1. K. Westmünsterland in I. verlegt.
12Mit Bescheid vom 1. Februar 2008 stellte die Klägerin die Hilfe zur Erziehung nach § 33 SGB VIII für M. N. zum 31. Januar 2008 ein, da trotz intensiver Bemühungen eine Rückführung in die Pflegefamilie nicht möglich sei, und gewährte bis zur weiteren Klärung des Lebensmittelpunkts von M. -N. Hilfe zur Erziehung nach § 34 SGB VIII in der Übergangsgruppe I. .
13Am 14. März 2008 wurde M. -N. T. im „T2. X3. “ der F3. Jugendhilfe N3. gGmbH in I. untergebracht.
14Mit Bescheid vom 21. September 2009 stellte die Klägerin die Jugendhilfe nach § 34 SGB VIII für M. N. T. zum 18. September 2009 mit der Begründung ein: „M. -N. befand sich bis zu diesem Zeitpunkt in der Erziehungs-stelle der F3. Jugendhilfe N3. . Die Eheleute X3. leisteten die Erziehung in ihrer Familie. Die Jugendliche verließ die Wohnung der Pflegeeltern und kehrte nicht mehr zurück. Sie wurde daraufhin in der Schule aufgegriffen und am 18. September 2009 in Obhut genommen.“ Hierzu heißt es im „Abschlussbericht 14.03.2008 bis 17.09.2009“ der F. Jugendhilfe N3. gGmbH vom 20. Oktober 2009 u.a.: „In den Sommerferien 2009 schloss sich M. einer Gruppe von Jugendlichen in I. -C. an. ... Wir wussten zu Beginn der Schulzeit nicht mehr, wo sie sich aufhielt. Sie war mehrere Tage bei ihrem Freund, dessen Mutter zu der Zeit im Krankenhaus lag. ... Nach einem Klärungsversuch meldete sie sich in der Jugendschutzstelle I. und gab an, wir hätten sie aus dem Haus geschmissen. Dies konnte jedoch durch die diensthabende Kollegin mit uns geklärt werden und M. wurde dort nicht aufgenommen. Daraufhin blieb sie erst einmal verschwunden. Am 12.09.09 wurde sie von der Polizei aus der Wohnung ihres Freundes geholt und in die Jugendschutzstelle gebracht."
15Am 16. November 2009 wurde M. N. T. in einer Wohngruppe in F4. untergebracht.
16Mit Bescheid vom 25. November 2009 gewährte die Klägerin auf Antrag des Amtsvormunds M. -N4. vom 17. November 2009 Hilfe zur Erziehung ab dem 17. November 2009 für die Dauer von sechs Monaten, wobei die Maßnahme durch die Evangelische Jugendhilfe N3. in der Wohngruppe in F4. durchgeführt werde.
17Unter dem 29. Januar 2010 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Kosten-erstattung für die "Inobhutnahme 18.9. bis 15.11.2009“ in Höhe von 9.660,58 Euro. Mit E-Mail vom 10. März 2010 erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten u.a., M. sei durch das Jugendamt H1. aus der Schule heraus in Obhut genommen und durch die F. Jugendhilfe, Herrn T3. , in die Einrichtung gebracht worden.
18Unter dem 21. April 2010 bat der Beklagte die Klägerin, eine neue, korrigierte Rechnung unter Absetzung des Betrages für die Inobhutnahme sowie eines nur 80-prozentigen Ansatzes des Leistungsentgelts für die Abwesenheitszeit von M. -N. im Projekt X3. zu übersenden. Die erfolgte Inobhutnahme sei rechtswidrig und daher nicht erstattungsfähig. Nach den vorliegenden Unterlagen und der Bestätigung vom 10. März 2010 habe das Jugendamt H1. M. -N. aus der Schule heraus in Obhut genommen. Da M. -N. eine Schule in I. besuche und sich somit vor Beginn der Inobhutnahme tatsächlich in I. aufgehalten habe, sei für die Maßnahme nach § 42 SGB VIII der Kreis T4. örtlich zuständig gewesen. Aufgrund der Abwesenheit Lisas vor der Inobhut-nahme im Projekt X3. ab dem 17. August 2009 sei vom ersten Tag der vollen Abwesenheit an ein auf 80 % gemindertes Leistungsentgelt zu berechnen. Dies sei in der Rechnung vom 29. Januar 2010 nicht berücksichtigt worden.
19Mit Schreiben vom 13. August 2010 bat die Klägerin erneut um Kostenerstattung und führte u.a. aus: M. -N. sei in der Zeit vom 14. März 2008 bis zum 17. September 2009 im T2. X3. untergebracht gewesen, das vom Regionalleiter der F3. Jugendhilfe, Herrn T3. , koordiniert worden sei. Diese Maßnahme sei gescheitert, weil M. -N. aus dem T2. entwichen und nicht wieder zurückgekehrt sei. Am 18. September 2009 habe Herr T3. mit M. -N. in der Schule gesprochen. Sie habe den Wunsch geäußert, nicht mehr im T2. X3. leben zu wollen. Aufgrund dieser Situation sei M. -N. nach Rücksprache mit dem fallzuständigen Sozialarbeiter und Herrn T3. innerhalb der Einrichtungen der F3. Jugendhilfe kurzzeitig untergebracht worden, bis eine Lösung gefunden worden sei, welche Einrichtung für M. N. am geeignetsten erscheine. Hierfür habe sich die trägerinterne Schutzstelle angeboten. Hierbei habe es sich weder inhaltlich noch nach der Vorgehensweise um eine Inobhutnahme im Sinne des § 42 SGB VIII gehandelt, sondern um eine Fortführung der Maßnahme gemäß § 34 SGB VIII. Da M. -N. keine volle drei Tage am Stück abwesend gewesen sei, könne keine Korrekturrechnung erfolgen. Nach der Mitteilung des Herrn T3. sei M. -N. am 7. September 2009 bei der Polizei als vermisst gemeldet und am 12. September 2009 von der Schule abgeholt worden, dort am selben Tag jedoch wieder weggelaufen und in die Jugendschutzstelle I. ausgelagert worden, weil sie nicht zur Familie X3. habe zurückkehren wollen. Am 17. September 2009 sei sie offiziell in der Schutzstelle aufgenommen worden.
20Mit Schreiben vom 18. August 2010 lehnte der Beklagte eine Kostenerstattung erneut ab.
21Mit Bescheid vom 22. Juni 2011 hob die Klägerin ihren Einstellungsbescheid vom 21. September 2009 rückwirkend zum 18. September 2009 auf. Zur Begründung gab sie an: Die Jugendhilfe für M. -N. T. in Form von Heimpflege gemäß § 34 SGB VIII sei nicht zum 18. September 2009 eingestellt worden, sondern durch die Bereitschaftsstelle der F3. Jugendhilfe bis zur Klärung der möglichen neuen Einrichtung fortgeführt worden. Eine Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII sei nicht veranlasst worden, eine Unterbrechung der Jugendhilfemaßnahme sei nicht eingetreten. Nach dem Aufenthalt in der Bereitschaftspflegestelle habe sich eine Vermittlung in eine Wohngruppe gemäß § 34 SGB VIII anschließen können. Unter dem 21. Juli 2011 übersandte die Klägerin dem Beklagten den Einstellungsbescheid und führte hierzu aus: Die Rücknahme des Verwaltungsakts sei erfolgt, da in diesem Bescheid der Wechsel der Hilfemaßnahme irrtümlich als Inobhutnahme bezeichnet worden sei, obwohl es sich in keiner Weise um eine Unterbrechung der Hilfe gehandelt habe. Die Unterbringung des Kindes in der Bereitschaftspflegestelle des bisherigen Jugendhilfeträgers habe dem Zweck der Klärung der Frage gedient, welche Wohngruppe die geeignetste für M. -N. sei. Da die Fortführung der Hilfe zu keinem Zeitpunkt unterbrochen gewesen sei, habe es keine Leistungspflicht des örtlichen Jugendhilfeträgers gegeben. Mit Schreiben vom 2. August 2011 teilte der Beklagte der Klägerin mit, er bleibe bei seiner im Schreiben vom 18. August 2010 dargelegten Rechtsauffassung.
22Die Klägerin hat am 30. November 2011 Klage erhoben.
23Sie hat dazu die Auffassung vertreten, ihr stehe gegenüber dem Beklagten ein Kostenerstattungsanspruch nach § 89 SGB VIII für den Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 31. Dezember 2009 in Höhe von 20.314,55 Euro zu. Der Beklagte habe seine Erstattungspflicht unter dem 21. Februar 2005 dem Grunde nach anerkannt. Bei der Unterbringung von M. -N. vom 18. September bis 15. November 2009 habe es sich nicht um eine Inobhutnahme im Sinne von § 42 SGB VIII gehandelt. Vielmehr sei M. -N. in der Jugendschutzstelle I. „geparkt“ worden, um in einer anderen Wohngruppe untergebracht zu werden. Es sei kein typischer Fall der Inobhutnahme gegeben, weil M. -N. nicht auf der Straße aufgegriffen worden sei. Zudem spreche der Zeitraum von 2 Monaten gegen eine Inobhutnahme, die eine zeitlich befristete Krisenintervention darstelle. Soweit im Zusammenhang mit der Unterbringung M. -N4. in der Jugendschutzstelle I. der Begriff Inobhutnahme gebraucht worden sei, handele es sich um eine unbeachtliche Falschbezeichnung.
24Die Klägerin hat beantragt,
25den Beklagten zu verurteilen, an sie 20.314,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
26Der Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Er hat sich auf den Standpunkt gestellt, der Klägerin stehe insgesamt keine Kostenerstattung durch den überörtlichen Träger der Jugendhilfe zu. Dass sich die Klägerin darauf berufe, in der Kinder- und Jugendschutzstelle sei die Fortführung der Hilfe gemäß § 34 SGB VIII erfolgt, ändere nichts daran, dass die entsprechende Rechnung selbst das erhöhte Entgelt einer Inobhutnahme ausweise. Des Weiteren sei für die Abwesenheitszeiten M. -N4. im T2. X3. das geminderte Leistungsentgelt von 80 % zu berechnen.
29Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
30Er hat im Wesentlichen vorgetragen: Die von der Klägerin geleistete Hilfe zur Erziehung für M. -N. T. sei durch die Unterbringung in der Jugend-schutzstelle I. in der Zeit vom 18. September 2009 bis 16. November 2009 nicht bzw. nicht relevant unterbrochen worden. Eine erneute Prüfung der örtlichen Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers sei deshalb nicht notwendig, er sei für die Fortführung der Hilfe zur Erziehung in der Wohngruppe nicht zuständig geworden. Die Klägerin habe nachvollziehbar erläutert, dass die Unterbringung in der Jugendschutzstelle im Rahmen der Hilfe zur Erziehung erfolgt sei. Die Unter-bringung sei lediglich erfolgt, um M. -N. T. nach dem plötzlichen Scheitern in der Erziehungsstelle während der Suche nach einer geeigneten Wohngruppe vorübergehend zu versorgen und zu erziehen. Ein Grund für eine Inobhutnahme sei nicht ersichtlich. Eine Gefährdungssituation habe nicht be-standen, ein Antrag auf Hilfe zur Erziehung sei gestellt gewesen und der Bedarf für eine solche Hilfe habe durchgehend bestanden. Wenn aber ein fortsetzungs-fähiger und -bedürftiger Hilfebedarf bestehe, sei trotz kurzzeitiger formaler Unterbrechung von einer einheitlichen kontinuierlichen Leistungsgewährung auszugehen.
31Der Beklagte hat am 29. Dezember 2011 Widerklage erhoben.
32Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht: Die Klägerin sei zur Rückzahlung der ihr bislang erstatteten Leistungen verpflichtet, weil diese zu Unrecht geleistet worden seien. Mit der Widerklage würden zunächst nur die für das Jahr 2007 geleisteten Erstattungen geltend gemacht. Der Klägerin habe insgesamt kein Kostenerstattungsanspruch zugestanden, weil sich ihre örtliche Zuständigkeit nicht nach dem tatsächlichen Aufenthalt M. -N4. gerichtet habe, sondern nach ihrem gewöhnlichen Aufenthalt in H1. . Dort habe sie mit ihrer Aufnahme in den Haushalt ihres Bruders und seiner Ehefrau am 10. März 2003 einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet, weil ihr Vater verhaftet worden und ihre Mutter bereits verstorben gewesen sei, so dass sie sich bis auf weiteres zukunftsoffen bei ihrem Bruder in H1. aufgehalten habe. Da Herr H. T. während der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt D. keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe, habe sich die örtliche Zuständigkeit für Leistungen gemäß § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes gerichtet. Da dieser in einer nicht vom Schutz der Einrichtungsorte gemäß § 89e SGB VIII erfassten anderen Familie begründet worden sei, stehe der Klägerin keine Kostenerstattung zu. Ein Erstattungsanspruch der Klägerin scheide auch deshalb aus, weil der Antrag auf Hilfe zur Erziehung von der Schwiegertochter des Herrn H. T. gestellt worden sei, die jedoch hierzu nicht berechtigt gewesen sei.
33Der Beklagte als Widerkläger hat beantragt,
34die Widerbeklagte zu verurteilen, an ihn 23.029,09 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz zu zahlen.
35Die Klägerin als Widerbeklagte hat beantragt,
36die Widerklage abzuweisen.
37Sie hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Die bisherigen Erstattungen seien nicht zu Unrecht erfolgt. Der Widerkläger sei nach wie vor gemäß §§ 86 Abs. 4 Satz 2, 89 SGB VIII kostenerstattungspflichtig. Hierfür sei der tatsächliche Aufenthalt des Kindes M. -N. T. vor Hilfebeginn maßgeblich. M. -N. habe vor Hilfebeginn zusammen mit ihrem Vater in den Niederlanden gelebt, also in Deutschland keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Anfangs sei es auch nicht klar gewesen, ob M. -N. in der Familie ihres Bruders verbleiben könne. Durch die unmittelbare Beantragung von Hilfe zur Erziehung sei deutlich geworden, dass die Familie des Bruders von M. -N. wie eine sonstige Institution im Sinne von § 89e SGB VIII tätig geworden sei. Im Übrigen sei der Widerkläger selbst von seiner Kostenerstattungspflicht ausgegangen.
38Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.685,02 Euro nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 30. November 2011 zu zahlen. Die Klage im Übrigen und die Widerklage sind abgewiesen worden.
39Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, der Klägerin stehe gegenüber dem Beklagten als überörtlichem Träger nach § 89 SGB VIII zwar ein Anspruch auf Erstattung der Kosten zu, die sie in der Zeit vom 1. August 2009 bis jedenfalls zum 17. September 2009 als nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII wegen des tatsächlichen Aufenthaltes des Mädchens zuständiger örtlicher Träger für M. -N. T. gemäß §§ 27, 33 SGB VIII in Form von Unterbringungs-kosten aufgewendet habe, von diesen seien aber - nach dem in § 89f Abs. 1 SGB VIII enthaltenen sog. „Grundsatz der Interessenwahrnehmung“ - Überzahlungen an das „T2. X3. “ wegen der Abwesenheitszeiten der Hilfeempfängerin, die nach Maßgabe des einschlägigen Rahmenvertrages nur i. H. v. 80 % des für den Pflegetag vereinbarten Leistungsentgeltes hätten übernommen werden dürfen, in Abzug zu bringen. Weil es für die Rechtmäßigkeit der Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 33, 34 SGB VIII ausreiche, dass der Personensorge-berechtigte mit der Hilfe einverstanden sei, sei vor dem Hintergrund des vom Adoptivvater H. T. nachträglich im August 2003 gestellten und ausdrücklich auf die Zeit ab dem 11. März 2003 bezogenen Jugendhilfeantrages hingegen unschädlich, dass die Hilfe anfänglich am 11. März 2003 durch die für M. -N. nicht sorgeberechtigte Frau O. T. beantragt worden sei.
40§ 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII, nach dem in den Fällen, in denen das Kind oder der Jugendliche während der letzten 6 Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe, der örtliche Träger zuständig sei, in dessen Bereich sich das Kind bzw. der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufgehalten habe, greife hier deswegen, weil Herr H. T. , der - da seine Ehefrau E. T. bereits verstorben war - für M. -N. nach überein-stimmender Auffassung der Beteiligten allein sorgeberechtigt und damit nach § 86 Abs. 1 bis 3 SGB VIII maßgeblicher Elternteil gewesen sei, im Sinne von § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt habe. Ausgehend von § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I sei durch seine Inhaftierung am 10. März 2003 in der JVA D. und seine Umverlegung ab dem 13. Oktober 2003 in das krankenhaus G. kein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland begründet worden, weil er sich wegen der gegen die Verurteilung zu einer Frei-heitsstrafe vom 10. Oktober 2003 eingelegten Revision bis zu seinem Tod am 5. Februar 2004 nur in Untersuchungshaft befunden habe und insoweit - trotz des angeblichen Geständnisses seiner Tat gegenüber seiner Schwiegertochter am 16. März 2006 und der Auflösung seiner Wohnung bereits 14 Tage nach seiner Inhaftierung - weder von einem „nicht nur vorübergehenden Verweilen“ noch von einem „Mittelpunkt der Lebensbeziehungen“ im Vollzug ausgegangen werden könne.
41Obwohl Herr H. T. keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt habe, richte sich die örtliche Zuständigkeit hier nicht nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, nämlich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung, weil auch M. -N. T. zu dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt keinen gewöhnlichen Aufenthalt (im Inland) besessen habe. Unter Berücksichtigung der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung sei als Beginn der Leistung nämlich der Zeitpunkt anzusehen, ab dem die Klägerin für das Mädchen Jugendhilfeleistungen erbracht und Herrn H. T. ausweislich des Bescheides vom 23. Oktober 2003 Hilfe zur Erziehung ab dem 11. März 2003 gewährt habe. Vor diesem Zeitpunkt habe M. -N. T. keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland begründet, weil sie diesen bis zum 10. März 2003 gemeinsam mit ihrem Adoptivvater im niederländischen F. gehabt habe und bei ihrer anschließenden Aufnahme in den Haushalt der Eheleute T. in H1. noch nicht festgestanden habe, dass sie dort ihren Lebensmittelpunkt begründen würde. Vor dem Hintergrund, dass Frau M. T. nicht sorgeberechtigt und damit auch gegenüber dem Jugendamt nicht antragsberechtigt gewesen sei und gegen Herrn H. T. gerade erst die Untersuchunghaft verhängt, aber noch keine Verurteilung erfolgt sei, habe sich das weitere Aufenthaltsschicksal des Mädchens vielmehr als völlig ungewiss dargestellt.
42Trotz mangelnden gewöhnlichen Aufenthaltes sei die Klägerin aber nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII örtlich zuständiger Träger der Jugendhilfe gewesen, weil M. -N. T. sich vor dem 11. März 2003 als Zeitpunkt des Beginns der Leistung jedenfalls tatsachlich bei den Eheleuten T. in H1. aufgehalten habe.
43Demgegenüber sei ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten gemäß § 89 SGB VIII sowohl hinsichtlich des Zeitraums vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 als auch hinsichtlich des Zeitraums vom 17. November 2009 bis zum 31. Dezember 2009 zu verneinen.
44Bezüglich der erstgenannten Phase sei die Klägerin für die M. -N. T. gewährte Jugendhilfe nicht die örtlich zuständige Jugendhilfeträgerin gewesen. Denn hinsichtlich der für das Mädchen in diesem Zeitraum gewährten Jugendhilfe sei die örtliche Zuständigkeit neu zu bestimmen. Hierfür spreche bereits, dass die Klägerin die für M. -N. bis dahin gewährte Hilfe zur Erziehung durch Be-scheid vom 21. September 2009 ausdrücklich zum 18. September 2009 einge-stellt und die Pflegestelle „T2. X3. “ die Maßnahme am 17. September lt. Abschlussbericht vom 20. Oktober 2009 beendet habe. An der Erforderlichkeit einer neuen Bestimmung der Zuständigkeit ändere es nichts, dass die Klägerin den Einstellungsbescheid vom 21. September 2009 mit Bescheid vom 22. Juni 2011 wieder zurückgenommen habe, weil der Annahme einer bloßen Fortsetzung der zuvor gewährten Hilfe zur Erziehung bereits entgegenstehe, dass für die Zeit vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 kein Bescheid der Klägerin über eine Gewährung von Hilfe zur Erziehung (in Form der Unterbringung nunmehr in der Jugendschutzstelle in I. ) ergangen sei. Auch habe insoweit kein Antrag auf Hilfe zur Erziehung des seinerzeit für M. - N. personensorgeberechtigten Amtsvormundes vorgelegen. Dieser sei vielmehr erst am 17. November 2009 gestellt worden, woraufhin die Klägerin durch Bescheid vom 25. November 2009 Hilfe zur Erziehung (in Form der Heimerziehung in einer Wohngruppe in F4. ) ausdrücklich erst wieder ab dem 17. November 2009 gewährt habe. Sei danach die örtliche Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers zum 18. September 2009 neu zu bestimmen, scheide ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 89 SGB VIII der Klägerin gegenüber dem Beklagten hinsichtlich des Zeitraums vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 aus, weil es sich bei der in diesem Zeitraum für M. -N. T. gewährten Jugendhilfe um eine Inobhutnahme i. S. v. § 42 SGB VIII gehandelt habe, für die nicht die Klägerin, sondern nach § 87 SGB VIII der Beigeladene örtlich zuständig gewesen sei. Nach der einschlägigen Vorschrift sei für die Inobhutnahme der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind bzw. der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme tatsächlich aufhalte. Dies sei hier - da sich M. -N. vor Beginn ihrer Aufnahme in der Jugendschutzstelle tatsächlich in I. aufgehalten habe, diese Stadt aber über kein eigenes Jugendamt verfüge - der beigeladene Kreis.
45Dafür, dass es sich bei der am 18. September 2009 erfolgten Unterbringung von M. -N. in der Jugendschutzstelle I. um eine Inobhutnahme gehandelt habe, spreche bereits, dass die Klägerin diese Maßnahme wiederholt selbst als Inobhutnahme bezeichnet habe. Aber auch unabhängig hiervon sei die Maß-nahme gemessen an Sinn und Zweck des Institutes sowie seinen Vorausset-zungen als Inobhutnahme zu qualifizieren. Insbesondere habe sich M. -N. T. - nachdem sie am 7. September 2009 als vermisst gemeldet, dann am 12. September aufgegriffen worden sei und dabei offenbar erklärt habe, nicht wieder in die Pflegefamilie zurückkehren zu wollen - in einer Gefährdungssitu-ation befunden, die eine vorläufige Schutzmaßnahme im Sinne einer Krisenin-tervention des Jugendamtes gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII habe erforderlich erscheinen lassen. Dass hier von einer Gefahr für das Wohl des Mädchens auszugehen gewesen sei, zeige, dass die damals 14 Jahre alte Jugendliche ohne die Intervention der Klägerin offensichtlich ohne feste Unterkunft und Erziehung geblieben wäre. Der Annahme einer Inobhutnahme stehe auch nicht entgegen, dass M. -N. in der Jugendschutzstelle angeblich nur „geparkt“ gewesen sein soll, um nach einer geeigneten anderweitigen Unterbringungsmöglichkeit zu suchen. Vielmehr ergebe sich bereits aus dem Charakter der Inob-hutnahme als bloß vorläufiger Maßnahme und lasse sich deshalb von vornherein nicht als Argument gegen die Annahme einer Inobhutnahme anführen, dass das Jugendamt verpflichtet sei, die Art des jugendhilferechtlichen Bedarfs zu klären und eine Entscheidung über die gebotene Anschlusshilfe herbeizuführen.
46Ebenso wenig greife vorliegend der Grundsatz, dass in Fällen, in denen ein fortsetzungsfähiger und -bedürftiger Hilfebedarf bestehe, trotz kurzzeitiger formaler Unterbrechung von einer einheitlichen kontinuierlichen Leistungsgewährung auszugehen sei. Abgesehen davon, dass die hier vorliegende Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII keine Leistung der Jugendhilfe im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VIII darstelle, hinsichtlich derer bei einem qualitativ unveränderten jugendhilferechtlichen Bedarf eine bloße Schwerpunktverlagerung mit der Folge einer Anpassung der Ausgestaltung der Hilfe für unschädlich erachtet werde, sondern zu den anderen Aufgaben der Jugendhilfe gehöre (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII), bedeute der auf eine Gesamtbetrachtung abstellende zuständigkeitsrechtliche Leistungsbegriff nämlich nicht, dass jede beliebige Maßnahme der Jugendhilfe den Beginn einer Leistung darstelle oder es allein auf die erstmalige Gewährung von Jugendhilfe im Sinne des Beginns einer „Jugendhilfekarriere“ ankomme. Der Rechtsgrundlage für eine bestimmte Hilfemaßnahme komme für sich allein zuständigkeitsrechtliche Bedeutung vielmehr unmittelbar insoweit zu, als die Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit - wie in § 86a Abs. 4, § 86b Abs. 1 SGB VIII - auf die Hilfegewährung gerade nach einer bestimmten Rechtsgrundlage Bezug nähmen. Dies sei ausweislich § 87 SGB VIII auch hinsichtlich der Inobhutnahme im Sinne von § 42 SGB VIII der Fall. Nehme § 87 SGB VII auf die spezielle Hilfegewährung nach § 42 SGB VIII Bezug, greife im vorliegenden Fall hinsichtlich des Zeitraums ab dem 18. September 2009 eine besondere Zuständigkeitsregelung ein, die das Fortbestehen der bisherigen örtlichen Zuständigkeit ausschließe.
47Dementsprechend stehe der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch gemäß § 89 SGB VIII der Klägerin auch hinsichtlich des Zeitraums vom 17. November 2009 bis zum 31. Dezember 2009 nicht zu, denn insoweit sei sie ebenfalls nicht im Sinne der genannten Vorschrift die örtlich zuständige Trägerin der Jugendhilfe gewesen. Da die örtliche Zuständigkeit der Klägerin für die M. -N. zu gewährende Jugendhilfe am 17. September 2009 geendet habe, sei die örtliche Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers gleichfalls für die Zeit ab dem 17. November 2009 neu zu bestimmen. Insoweit richte sich die örtliche Zuständigkeit nunmehr nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, also nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Jugendlichen vor Beginn der neu ansetzenden Leistung. Da zum Zeitpunkt des Beginns der Leistung am 17. November 2009 die Eltern von M. -N. T. bereits verstorben gewesen seien und das Mädchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt vor Leistungsbeginn in I. (Pflegefamilie X3. bzw. Jugendschutzstelle) gehabt habe, sei diesbezüglich ebenfalls der Beigeladene örtlich zuständig gewesen.
48Dem Beklagten als Widerkläger seinerseits stehe gegenüber der Klägerin als Widerbeklagten kein Anspruch auf Rückzahlung der von ihm der Klägerin erstatteten Beträge für die im Jahr 2007 geleistete Jugendhilfe für M. -N. T. aus § 112 SGB X zu. Habe der Widerbeklagten gegenüber dem Widerkläger für die Zeit vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 89 SGB VIII zugestanden, weil sie für die dem Mädchen vom 11. März 2003 bis zum 17. September 2009 in Anwendung von §§ 27, 33 SGB VIII gewährte Hilfe zur Erziehung nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII und damit aufgrund eines tatsächlichen Aufenthaltes M. -N4. örtlich zuständig gewesen ist, habe der Widerkläger auf Grund seiner Kostenerstattungszusage vom 21. Februar 2005 der Widerbeklagten die Kosten der aufgewendeten Jugendhilfe jedenfalls auch für das Jahr 2007 zu Recht erstattet.
49Hinsichtlich weiterer Einzelheiten in der Argumentation des Verwaltungsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
50Mit Beschluss vom 24 März 2014 hat der Senat die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil zugelassen, weil es besondere rechtliche Schwierigkeiten aufwerfe, inwieweit der Charakter einer - Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII nachfolgenden - Maßnahme als Inobhutnahme i. S. v. § 42 SGB VIII, die als solche keine „Leistung“ im Sinne der Zuständigkeitsregelungen des SGB VIII darstelle, maßgeblich durch das Etikett bestimmt werde, das ihr der tätig werdende Jugendhilfeträger förmlich aufdrücke, oder nicht vielmehr für die Änderung der Hilfe von einer Leistung i. S. v. § 2 Abs. 2 SGB VIII zur Aufgabenerfüllung i. S. v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII und damit für eine Unterbrechung entscheidend sei, ob sich bei gleichbleibender Art und Weise der Förderung die objektive Bedarfslage beim Kind oder Jugendlichen maßgeblich geändert habe. Zum anderen würden besondere Anforderungen an die Rechtsfindung aus der Beantwortung der Frage erwachsen, ob nicht auch dann, wenn vorliegend von einer weniger als 3 Monate dauernden Inobhutnahme i. S. v. § 42 SGB VIII auszugehen sei, die Hilfeleistung nach §§ 27, 34 SGB VIII dennoch zuständigkeitsrechtlich gesehen keine relevante Unterbrechung erfahren habe.
51Die Klägerin begründet ihre Berufung unter Bezugnahme auf ihre Zulassungsbegründung und den Zulassungsbeschluss des Senates im Wesentlichen wie folgt:
52Bezüglich des Zeitraums vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 gehe das Verwaltungsgericht zu Unrecht auf der Grundlage des Abschlussberichtes der Ev. Jugendhilfe N3. vom 20. Oktober 2009 davon aus, dass sich M. -N. ab dem 17. August 2009 nicht mehr in der Pflegefamilie X3. befunden habe und deshalb für den Zeitraum vom 17. August 2009 bis zum 17. September 2009 eine Kürzung des Pflegesatzes auf 80 % in Rechnung zu stellen sei. Soweit ein gegenläufiger Aktenvermerk von Frau I1. - Wirtschaftliche Jugendhilfe der Klägerin - vom 13. August 2010 als nicht überzeugend abgetan werde, stimme dieser indes mit den Angaben in der E-Mail des - ggfs. anzuhörenden - Herrn T3. , Regionalkoordinator der F3. Jugendhilfe für den Bereich I. , vom 29. Juli 2010 überein, derzufolge M. -N. im T2. X3. zu keinem Zeitpunkt länger als 3 Tage abwesend gewesen sein solle.
53Was den Zeitraum vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 angehe, gehe das Verwaltungsgericht auf der Grundlage einer fehlerhaften Sach-verhaltswürdigung in gleicher Weise zu Unrecht davon aus, dass mit der endgültigen Unterbringung von M. -N. in der Jugendschutzstelle I. die bis dahin gewährte Hilfeleistung in Form der Heimunterbringung nach §§ 27, 34 SGB VIII zugunsten einer Inobhutnahme geendet habe. Voraussetzung einer Inobhut-nahme sei nach § 42 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII nämlich unter anderem, dass einedringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Maßnahme erfordere. Eine Gefahr sei dringend, wenn eine Sachlage oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das Wohl des Kindes bzw. Jugendlichen gefährdet werde. Die Gefahrenlage müsse also eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes oder Jugendlichen erwarten lassen, wobei in der Praxis insbesondere die Fälle einer extremen Vernachlässigung des Kindes - beispielsweise durch Überforderung der Eltern - oder Fälle einer Kindesmisshandlung bzw. eines Kindesmissbrauchs sowie einer Eigengefährdung aufgrund exzessiven Alkohol- oder Drogenkonsums in Betracht kämen. Von einer derartigen Sachlage könne vorliegend jedoch schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil M. -N. nach Mitteilung von Herrn T3. keine vollen 3 Tage abwesend gewesen sei. Des Weiteren ergebe sich aus dem Abschlussbericht X3. lediglich, dass die Situation dort derart eskaliert sei, dass M. -N. den bloßen Wunsch gehabt habe, nicht mehr am T2. X3. zu verbleiben. Der Abschlussbericht habe aufgrund der festgestellten und aufgeführten Fakten aber dennoch eine weitere Unterbringung in einer Wohngruppe empfohlen. Daraus ergebe sich zwar, dass die Inobhutnahme M. -N4. der Beseitigung einer aktuellen Krisensituation gedient habe. Eine Kindeswohlgefährdung, wie sie die Beklagte vortrage und vom Verwaltungsgericht angenommen werde, habe hingegen zu keinem Zeitpunkt bestanden. In qualitativer Hinsicht habe der Hilfebedarf vielmehr im wesentlichen unverändert auch nach dem 17. September 2009 fortbestanden. Die Inobhutnahme in der Jugendschutzstelle I. habe gerade nicht diesen - kontinuierlich Hilfe erfordernden - Bedarf von M. -N. unterbrochen, sondern sei wegen der Eskalation der Situation bei der Pflegestelle X3. notwendig geworden, um mit dem Mädchen gemeinsam eine andere Lösung zu finden.
54Wenn das Verwaltungsgericht annehme, dass es sich bei der Unterbringung in der Jugendschutzstelle auch deshalb um eine Inobhutnahme i. S. v. § 42 SGB VIII handele, weil die Klägerin diese Maßnahme selbst als Inobhutnahme bezeichnet habe, könne dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Wie bereits in der vorgerichtlichen Korrespondenz mehrfach betont, sei M. -N. in der Jugendschutzstelle lediglich „geparkt“ worden, um von dort aus eine weitere Unterbringungsmöglichkeit in einer anderen Wohngruppe zu suchen. Die Bezeichnung „Inobhutnahme“ stelle in diesem Zusammenhang ein Fall der „falsa demonstratio non nocet“ dar. Dass die Tagessätze von der Jugendschutzstelle I. der Höhe nach wie für eine Maßnahme i. S. v. § 42 SGB VIII abgerechnet worden seien, sei insoweit irrelevant. Von der Jugendschutzstelle I. sei rein tatsächlich eine Hilfeleistung nach §§ 27, 34 SGB VIII erbracht worden, ohne dass eine Änderung der Hilfeform herbeigeführt worden sei, die eine Neubestimmung der örtlichen Zuständigkeit habe auslösen können.
55Die örtliche Zuständigkeit sei auch im Übrigen nicht ab dem 18. September 2009 neu zu bestimmen gewesen. Die Beendigung der Maßnahme X3. am 17. September 2009 habe nämlich keine Unterbrechung der nach wie vor erforderlichen Wohngruppenunterbringung für M. -N. dargestellt. Deshalb könne der Annahme, dass die am 22. Juni 2011 erfolgte Rücknahme des Einstellungs-bescheides vom 21. September 2009 an der Erforderlichkeit der Neubestimmung der Zuständigkeit nichts ändere, nicht gefolgt werden. Der Hilfebedarf in Form der Wohngruppenunterbringung i. S. d. §§ 27, 34 SGB VIII sei bei M. -N. nach wie vor vornehmlich deshalb gegeben gewesen, weil ihre Adoptiveltern verstor-ben seien. Zum Zeitpunkt der vermeintlichen „Inobhutnahme“ sei M. -N. erst 14 Jahre alt und Vollwaise gewesen, weshalb eine Beendigung der Jugendhilfe-leistung nicht habe erfolgen könnten und auch nie in Betracht gezogen worden sei.
56Ein Bescheid der Klägerin über eine Gewährung von Hilfe zur Erziehung in der Zeit vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 sei nicht erforderlich gewesen, da die Hilfe zur Erziehung kontinuierlich gewährt worden sei. Die Rücknahme der rechtswidrigen Einstellung vom 21. September 2009 habe lediglich der Klarstellung gedient, dass die ursprünglich gewährte Hilfe fortgesetzt worden sei. Insofern sei auch unschädlich gewesen, dass für diesen Zeitraum kein Antrag des Amtsvormundes vorgelegen habe. In Anbetracht der Kontinuität der bisherigen Leistung auf Grundlage des ursprünglichen Antrags vom 2. August 2003 sei kein erneuter Leistungsantrag erforderlich gewesen. Auch der in diesem Zusammenhang gestellte Antrag vom 17. November 2009 habe lediglich der Klarstellung gedient, dass die Wohnunterbringung ab dem gleichen Tage woanders - nämlich nunmehr bei einer Wohngruppe in F4. - fortgesetzt werde. In qualitativer Hinsicht habe sich an der Jugendhilfe für M. -N. dadurch nichts geändert.
57Selbstverständliche Konsequenz der vorstehenden Ausführungen sei, dass die örtliche Zuständigkeit ab dem 17. November 2009 ebenfalls nicht neu zu bestim-men gewesen sei.
58Selbst wenn man begrifflich von einer zwischenzeitlichen Inobhutnahme ausgeh-en wolle, könne - wenn nicht sogar zuständigkeitsrechtlich die Fortsetzung der gleichen Leistung anzunehmen sei - dem Urteil des Verwaltungsgerichts Ans-bach vom 14. Juni 2012 - AN 14 K 10.01808 - und einem DIJuF-Rechtsgutachten vom 1. September 2013 zumindest entnommen werden, dass eine zum 16. No-vember 2009 wiederaufgenommene Hilfeleistung jedenfalls nicht durch eine solche Inobhutnahme unterbrochen werde. Unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Hilfe in der Jugendschutzstelle in der Zeit vom 18. September bis zum 15. November 2009 bestehe zwischen der Hilfegewährung vom 11. März 2003 bis zum 17. September 2009 und der ab dem 16. November 2009 nämlich als Geringstes ein Fortsetzungszusammenhang. Vor dem Hintergrund eines zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffes, dem eine Gesamtbetrachtung der verschiedenen Maßnahmen und Hilfen im Hinblick darauf zugrundezulegen sei, ob sie zur Deckung eines unveränderten jugendhilferechtlichen Bedarfes erforderlich seien, komme es an sich von vornherein schon gar nicht darauf an, ob sich bei einem auf einen längeren Zeitraum angelegten Hilfeprozess bloß die Schwerpunkte innerhalb des Hilfebedarfes zwischenzeitlich verschieben und Modifikationen, Änderungen oder Ergänzungen bedingen würden. Stehe für den Begriff „Leistung“ die Sicherstellung der Kontinuität einer bedarfsgerechten Hilfegewährung im Vordergrund, hätte selbst eine kurzfristige Unterbrechung jeglicher Hilfeleistung von bis zu 3 Monaten nach den insoweit entsprechend anzuwendenden §§ 86 Abs. 7 Satz 4, 86a Abs. 4 Satz 2 und 86b Abs. 3 Satz 2 SGB VIII bei kontinuierlich fortbestehendem Hilfebedarf außer Betracht zu bleiben. Auch hier sei bei gleichbleibendem Bedarf mit einer alsbaldigen Wiederaufnahme der Unterbringung in Heimerziehung zu rechnen gewesen.
59Die Klägerin beantragt,
60den Beklagten unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils über die dort zugesprochenen 3.685,02 Euro hinaus zur Erstattung der vollen 20.314,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 30. November 2011 zu verurteilen.
61Der Beklagte beantragt,
62die Berufung zurückzuweisen.
63Der Beklagte verteidigt - bis auf eine im dort zugestandenen Erstattungsbetrag von 3.685,02 Euro enthaltene Weihnachtsbeihilfe über 35,- Euro - das erstin-stanzliche Urteil.
64In der Zeit vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 sei M. -N. T. ausweislich der Mitteilung an den personensorgeberechtigten Amtsvor-mund vom 21. September 2009 und den Angaben im Hilfeplan vom 6. Januar 2010 im Rahmen einer Inobhutnahme untergebracht gewesen. Von einer „falsa demonstratio“ könne angesichts des eindeutigen Wortlautes der Mitteilung nicht die Rede sein. Da M. -N. an der I2. -Schule in I. aufgegriffen worden sei, stelle sich die Inobhutnahme - weil nach § 87 SGB VIII der Beige-ladene als Träger der öffentlichen Jugendhilfe für diesen Bereich örtlich zuständig gewesen sei - im Übrigen zudem als rechtswidrig dar.
65Ebenso wenig könne nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverwal-tungsgerichtes zum Leistungsbegriff dann vom Vorliegen einer einheitlichen Hilfemaßnahme die Rede sein, wenn - wie hier - vom Katalog des § 2 Abs. 2 SGB VIII (Leistung i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII) zum Katalog des § 2 Abs. 3 SGB VIII (andere Aufgabe i. S. v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII) gewechselt werde. Im Zeitpunkt der neuerlichen Antragstellung des Vormundes am 17. November 2009 sei das Verwaltungsgericht vor diesem Hintergrund zu Recht von der Notwendigkeit einer erneuten Prüfung der örtlichen Zuständigkeit ausgegangen, da im Zeitpunkt der förmlichen Beendigung der vorherigen Hilfe zum 18. September 2009 keine „konkretisierte“ Wiederaufnahmeperspektive vorgelegen habe. Erst im Abschlussbericht des Standortprojektes X3. vom 20. Oktober 2009 sei eine weitere Unterbringung in einer Wohngruppe empfohlen worden.
66Der Beigeladene, der keinen Antrag stellt, schließt sich den Ausführungen der Klägerin zur Berufungsbegründung an.
67Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (2 Bände) und der zu dem Verfahren eingereichten Verwaltungsvorgänge (3 Hefte) verwiesen.
68E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
69Die Berufung hat - wie aus dem Tenor ersichtlich - jedenfalls teilweise Erfolg.
70Der Klägerin steht - über den vom Verwaltungsgericht in Anwendung des Grundsatzes der Interessenwahrnehmung zu Recht auf 3.685,02 Euro beschränkten Anspruch auf Erstattung des Kostenaufwandes für die Unterbringung von M. -N. T. in der Pflegefamilie X3. im Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 hinaus - ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 89 SGB VIII i. H. v. 5.936,85 Euro auch für den Leistungszeitraumzeitraum vom 16. November 2009 bis zum 31. Dezember 2009 zu, in dem Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII in Form der Unterbringung des Mädchens in einer Wohngruppe der F3. Jugendhilfe N3. in F4. erbracht worden ist. Hingegen kann die Klägerin vom Beklagten nicht die Erstattung der Kosten geltend machen, die ihr für die Unterbringung M. -N4. in der Phase vom 18. September 2009 bis zum 15. November 2009 in der Jugendschutzstelle entstanden sind.
71Soweit der Klägerin gegenüber dem Beklagten ein Erstattungsanspruch zusteht, folgt dieser aus § 89 SGB VIII. Danach sind in den Fällen, in denen für die örtliche Zuständigkeit nach den §§ 86, 86a oder 86b SGB VIII der tatsächliche Aufenthalt maßgeblich ist, die Kosten, die ein örtlicher Träger der Jugendhilfe aufgewendet hat, von dem überörtlichen Träger zu erstatten, zu dessen Bereich der örtliche Träger gehört. Ein derartiger Fall liegt hier sowohl für die Unterbringungszeit M. -N. T. vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 als auch für deren Unterbringungszeit vom 16. November 2009 bis 31. Dezember 2009 vor.
72Die Klägerin war zunächst einmal für die für M. -N. vom 11. März 2003 bis zum 17. September 2009 gem. §§ 27, 33 SGB VIII gewährte Hilfe zur Erziehung nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII und damit aufgrund eines tatsächlichen Aufenthalts des Mädchens örtlich zuständig.
73Nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII ist in den Fällen, in denen das Kind oder der Jugendliche während der letzten 6 Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat, der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält. Diese Regelung greift hier ein, weil weder Herr H. T. , der - da seine Ehefrau E. T. bereits verstorben war - für M. -N. nach übereinstimmender Annahme aller Beteiligten allein sorgeberechtigt und damit maßgeblicher Elternteil i. S. v. § 86 Abs. 1 - 3 SGB VIII gewesen ist, i. S. v. § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII vor Beginn der Leistung einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte noch das Mädchen selbst. Nach der letztgenannten Vorschrift richtet sich die Zuständigkeit in den Fällen, in denen die Eltern oder der maßgebliche Eltern-teil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder ein gewöhnlicher Auf-enthalt nicht feststellbar ist oder sie verstorben sind, nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
74Das Verwaltungsgericht ist insoweit zutreffend und mit überzeugenden Erwägungen, die sich der Senat zu eigen macht und die auch von den Beteiligten im Berufungsverfahren nicht mehr in Frage gestellt worden sind, zunächst davon ausgegangen, dass Herr H. T. weder zum Zeitpunkt des Hilfeantrags vom 11. März 2003 noch zu einem späteren Zeitpunkt einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland besessen hat.
75Obwohl Herr H. T. keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt hat, richtet sich die örtliche Zuständigkeit im vorliegenden Fall dennoch deshalb nicht nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, weil M. -N. T. zu dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt vor Beginn der Leistung ebenfalls keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt hat. Auch dies hat das Verwaltungsgericht mit zutreffenden und vor keiner Seite mehr bestrittenen Argumenten schlüssig dargelegt, so dass auf die entsprechenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil zur Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunktes und der mangelnden Festigung des seinerzeitigen Aufenthaltes M. -N4. im Haushalt der Eheleute T. in H1. verwiesen werden kann.
76Hatte M. -N. T. vor Beginn der Leistung am 11. März 2003 keinen gewöhnlichen Aufenthalt, bestimmt sich die örtlichen Zuständigkeit des Trägers der Jugendhilfe nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII nach ihrem tatsächlichen Aufenthalt vor Beginn der Leistung bei den Eheleuten T. in H1. .
77Dass die ab dem 11. März 2003 kontinuierlich gewährte Hilfe zur Erziehung und damit auch die Phase ab dem 1. August 2009 von dem erforderlichen Einver-ständnis des Adoptivvaters abgedeckt gewesen ist, hat das Verwaltungsgericht wiederum plausibel dargelegt und wird von keinem Beteiligten in Zweifel gezogen, so dass der Senat auch insoweit keinen Anlass sieht, diese rechtliche Würdigung zu hinterfragen.
78Der Senat folgt gleichermaßen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass zur Wahrung des in § 86f Abs. 1 SGB VIII enthaltenen Grundsatzes der Interessen-wahrung die zu erstattenden Pflegekosten für die 14 Tage vom 17. August 2009 bis zum 31. August 2009 und für die 17 Tage vom 1. September 2009 bis zum 17. September 2009 nach Maßgabe des einschlägigen „Rahmenvertrages I für die Übernahme von Leistungsentgelten in der Jugendhilfe nach §§ 78a - f SGB VIII“ auf 80 % zu kürzen sind. Der sorgefältigen Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts, der sich der Senat diesbezüglich anschließt, kann nicht entgegen gehalten werden, die Angaben im Aktenvermerk der Frau I1. von der wirtschaftlichen Jugendhilfe der Klägerin stimmten mit denen des Herrn T3. als Regionalkoordinator des F3. Jugendwerkes für den Bereich I. und Verfasser auch des Abschlussberichtes zum T2. X3. vom 20. Oktober 2009 überein, die dieser in seiner E-Mail vom 19. Juli 2010 gemacht habe. Abgesehen davon, dass diese Angaben - anders als der Abschlussbericht - erst 10 Monate nach den Ereignissen gemacht worden sind und sie offenbar vor dem Hintergrund einer durch den Beklagten initiierten entsprechenden Nachfrage der Klägerin und der Weigerung der Verwaltung der Ev. Jugendhilfe N3. zur Korrektur ihrer Rechnungsstellung erfolgten, verhält sich die Mitteilung - über die schlichte Behauptung hinaus, dass M. -N. T. keine volle 3 Tage abwesend gewesen sei - weder konkret zum Zeitraum zwischen dem 17. August 2009 bis zum 31. August 2009 noch lässt sich ihr eine substan-tiierte Aussage da-zu entnehmen, dass M. -N. zwischen dem 1. September 2009 und dem 17. September 2009 doch mit Unterbrechungen von unter 3 vollen Tagen in der abgerechneten Pflegestelle X3. anwesend gewesen ist. Der chronologischen Aufzählung in der E-Mail lässt sich vielmehr nur entnehmen, dass das Mädchen am 7. September 2009 bei der Polizei als vermisst gemeldet worden ist und sie nach ihrem Aufgreifen in der Schule am 12. September 2009 und einem erneuten Versuch, wegzulaufen, noch am gleichen Tage in die Jugendschutzstelle I. ausgelagert wurde, weil sie nicht wieder zur Familie X3. zurück wollte. Dass M. -N. T. am 12. September 2009 oder in der Zeit zwischen dem 1. und dem 7. September bzw. ab dem 12. September 2009 jemals wieder Aufenthalt im T2. X3. in einer Weise genommen hat, dass von einer Anwesenheit i. S. d. Rahmenvertrages gesprochen werden konnte, kommt nicht annähernd zum Ausdruck. Vor diesem Hintergrund drängt es sich dem Senat auch nicht auf, Herrn T3. als jemanden, der die Betreuung des Mädchens lediglich als Koordinator des freien Trägers der Jugendhilfe miterlebt hat, als Zeugen anzuhören.
79Nicht von dem hier gegenüber dem Beklagten allein in Betracht kommenden Erstattungsanspruch nach § 89 SGB VIII erfasst wird die Unterbringung von M. -N. T. in der Bereitschaftsstelle der F3. Jugendhilfe, soweit sie vom 18. September 2009 bis zum 15. November 2009 Kosten verursacht hat. Dabei handelt es sich nämlich weder materiell-rechtlich um die Fortsetzung der bis dahin geleisteten Hilfe zur Erziehung i. S. v. §§ 27, 34 SGB VIII, noch um den Teil einer einheitlichen Leistung i. S. d. zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbe-griffes.
80Die Klägerin muss sich zunächst daran festhalten lassen, dass sie selbst die Unterbringung M. -N4. im Rahmen der Einstellung der Jugendhilfe nach §§ 27, 34 SGB VIII zum 18. September 2009 mit Bescheid vom 21. September 2009 als Inobhutnahme gem. § 42 Abs. 1 Satz1 Nr. 2 SGB VIII gewertet hat. In der Information von Herrn I3. als dem zuständigen und als hinreichend sachkundig einzuschätzenden B. -Mitarbeiter an die wirtschaftliche Jugendhilfe der Klägerin vom 16. November 2009 wird für den Zeitraum vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 unmissverständlich von einer Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII ausgegangen. Auch im Hilfeplan vom 6. Januar 2010 hat Herr I3. unter der Rubrik „bisherige Hilfen“ eindeutig eine Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII angegeben. Dem Charakter einer Inobhutnahme entspricht es auch, wenn Herr I3. - nachdem die Vorhaltung des Platzes in der Pflegefamilie X3. zum 18. September 2009 beendet worden war - den Amtsvormund, Herrn V. vom Jugendamt der Klägerin, mit offiziellem, rechtmittelfähigem Bescheid von Montag, dem 21. September 2009, unverzüglich - nämlich inner-halb von 3 Werktagen -
81vgl. zu diesem Kriterium einer Inobhutnahme: BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1999 - 5 C 24.98 -, BVerwGE, 109, 155, juris,
82nicht nur über die Einstellung der Hilfe zur Erziehung, sondern auch über die Inobhutnahme, deren Beginn er auf den 18. September 2009 datiert, informiert hat. Im Gegensatz zur Hilfe zur Erziehung besteht auf eine Inobhutnahme nämlich kein individueller Anspruch, dessen Erfüllung das Einholen des Einverständnisses des Berechtigten voraussetzt, sondern handelt es sich bei dieser anderen Aufgabe der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII um eine hoheitliche Tätigkeit, die der Wahrnehmung des staatlichen Wächteramtes und damit der Abwehr von Gefahren für das Kindeswohl dient und nicht zur Disposition des Sorgeberechtigten steht.
83Vgl. Häußner, in: JurisPK-SGB VIII, 1. Aufl. 2014, § 2 Rn. 25 ff., m.w.N.
84Daran ändert nichts, dass die Inobhutnahme nicht nur eingriffsrechtliche, sondern durchaus auch leistungsrechtliche Komponenten enthält.
85Vgl. auch: Kunkel, in: LPK-SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 2 Rn. 3, 15 f.; Happe/Saurbier, in: Jans/Happe/Saurbier/Maas, Kinder- und Jugendhilferecht, Stand Juli 2013, Erl. 8.1 KJHG § 2 Rn. 10.
86Auch deshalb, weil nämlich eine Inobhutnahme nicht nur eine reine Verwahrung, sondern auch gezielt und geplant die Gewährung von Hilfe zur Erziehung beinhalten kann, kommt hier das Vorliegen einer unschädlichen falschen Begriffswahl - also ein Fall von „falsa demonstratio non nocet“ - nicht in Betracht.
87Die Qualifizierung der Maßnahme als Inobhutnahme trifft auch in der Sache zu.
88Wenn die Klägerin meint, schon der objektiv-rechtliche Tatbestand einer Inob-hutnahme nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII sei nicht erfüllt gewesen, weil keine dringende Gefahr für das Wohl der Jugendlichen bestanden habe, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Die Krisenintervention, die bereits am 12. September 2009 anlässlich des Aufgreifens des Mädchens, seines erneuten Fluchtversuches und seiner nachdrücklichen Weigerung zur Rückkehr in das T2. X3. parallel zu der zunächst noch aufrecht erhaltenen Vorhaltung eines Platzes in der Pflegefamilie X3. eingesetzt hat, diente nämlich insoweit der Abwendung einer dringenden - bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmenden - Gefahr der erheblichen Schädigung des körperlichen, geistigen und seelischen Wohls M. -N. T. ,
89vgl. zur Dringlichkeit einer Gefahr: BVerwG, Urteil vom 6. September 1974 - I C 17.73 -, BVerwGE 47, 31, juris,
90als der seinerzeit erst 14jährigen Jugendlichen angesichts ihrer den Umständen nach ernst zu nehmenden Weigerung, wieder in das T2. X3. zurückzukehren, nicht nur die bloße Obdachlosigkeit und Nichterfüllung anderer rein physischer Bedürfnisse drohte, sondern auch Schutzlosigkeit, mangels Er-ziehung und Betreuung Verwahrlosung und nicht zuletzt das - auch im Ab-schlussbericht vom 20. Oktober 2009 heraufbeschworene - Absinken in ein Alkoholmilieu.
91Vgl. insoweit zur für eine Inobhutnahme erforder-lichen Gefahrenlage: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. August 2003 - 9 S 2398/02 -, NDV-RD 2004, 68, juris.
92Ebenso wenig spielt es für die Rechtsnatur eine Rolle, dass die Maßnahme als Inobhutnahme rechtswidrig gewesen sein dürfte, weil die Klägerin nicht der zu ihrer Vornahme nach § 87 SGB VIII örtlich zuständige Träger war.
93Auch rein zuständigkeitsrechtlich bildet die Unterbringung M. -N. T. in der Bereitschaftspflegestelle der F3. Jugendhilfe N3. vom 18. September 2009 bis zum Morgen des 16. November 2009 keine Einheit mit der Hilfegewährung nach §§ 27, 34 SGB VIII in der Pflegefamilie X3. bis zum 17. September 2009. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
94vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2004 - 5 C 9.03 -, BVerwGE 120, 116, juris; Urteil vom 25. März 2010 - 5 C 12.09 -, BVerwGE 136, 185, juris; Urteil vom 19. Oktober 2011 - 5 C 25. 10 -, BVerwGE 141, 77, juris; Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 25.11 -, BVerwGE 145, 257, juris,
95sind „Leistung“, an deren Beginn hier auch § 86 Abs. 4 SGB VIII für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit anknüpft, unabhängig von der Hilfeart und Hilfeform alle im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zur Deckung eines qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlichen Maßnahmen und Hilfen, sofern sie ohne relevante Unterbrechung gewährt worden sind, und zwar auch dann, wenn sich bei einem auf einem längeren Zeitraum angelegten Hilfeprozess die Schwerpunkte innerhalb des Hilfebedarfs verschieben und für die Ausgestaltung der Hilfe Modifikationen, Änderungen oder Ergänzungen bis hin zu einem Wechsel der Hilfeart erforderlich werden. Es käme - da hier zweifellos von einem kontinuierlich Hilfe erfordernden unverändertem Bedarf von M. -N. auszugehen ist - insofern auch nicht darauf an, ob die neue - für notwendig erachtete - Jugendhilfeleistung einer anderen Nummer des § 2 Abs. 2 SGB VIII unterfällt oder innerhalb des SGB VIII nach einer anderen Rechtsgrundlage zu gewähren ist als die bisherige Leistung nach §§ 27, 34 SGB VIII, sondern allein darauf, ob sich die Hilfegewährung ungeachtet aller Modifikationen, Ergänzungen und Änderungen noch als Fortsetzung der ursprünglichen Leistung darstellt oder vielmehr der Deckung eines andersartigen, neu entstandenen Bedarfes dient. Wenn die Frage nach der zuständigkeitsrechtlichen Einheitlichkeit der Leistung aus dem Blickwinkel des zugrunde liegenden Hilfebedarfs betrachtet wird, liegt es zwar an sich nahe, in die Bewertung auch Zeiten einer Inobhutnahme einzubeziehen. Denn gerade in Fällen erzieherischer Defizite oder etwa bei einem - ggfs. kurzfristigen - Ausfall der Erziehungsperson tritt der dadurch entstehende und zu deckende jugendhilferechtliche Bedarf nicht selten in einer Weise auf, die zunächst ein sofortiges Einschreiten in Form einer Inobhutnahme gebietet, an die sich dann aber wiederum bereits absehbar mehr oder weniger nahtlos eine weitergehende Jugendhilfemaßnahme in Form einer Leistung namentlich aus dem Katalog des § 2 Abs. 2 SGB VIII anschließt.
96Vgl. Lange, in: JurisPK-SGB VIII, a.a.O., § 86 Rn. 61.
97Der Einbeziehung einer Inobhutnahme in die Bewertung steht aber entgegen, dass es sich dabei nach dem Maßnahmenkonzept des SGB VIII gerade nicht um eine Leistung, sondern um eine „andere Aufgabe der Jugendhilfe“ i. S. v. § 2 Abs. 3 SGB VIII handelt, für die im Gesetz auch zuständigkeitsrechtlich mit § 87 SGB VIII eine eigenständige Regelung geschaffen wurde.
98Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 5 C 12.09 -, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2013 - 12 A 1019/13 -, juris; Kunkel/Kippert, in: LPK-SGB VIII, a.a.O., § 86 Rn. 11.
99Trotz gleichgebliebenen Bedarfs hat der Wechsel von der Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht zur Inobhutnahme damit zu einer zuständigkeitsrechtlich beachtlichen Zäsur geführt.
100Die nur zweimonatige Inobhutnahme ist als kurzfristiges „Intermezzo“ nicht geeignet, die Einheitlichkeit der Leistungsgewährung mit der sich ab dem 16. November 2009 anschließenden Hilfe zur Erziehung nach §§ 2 Abs. 2 Nr. 4, 27, 34 SGB VIII - diesmal in Form der Unterbringung in einer Wohngruppe der F3. Jugendhilfe N3. in F4. - in Frage zu stellen, die der Deckung des zumindest qualitativ einheitlich gebliebenen jugendhilferechtlichen Bedarfs diente.
101So auch Lange, in: JurisPK-SGB VIII, a.a.O., § 86 Rn. 62.
102Aus der weiten Auslegung des zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffs zugunsten der Sicherstellung der Hilfekontinuität folgt, dass trotz einer zwischenzeitlich erfolgten Inobhutnahme eine einheitliche Leistung vorliegt, soweit die Dauer der Inobhutnahme hier einen Zeitraum von 3 Monaten nicht überschreitet.
103Vgl. zu dieser Zeitgrenze auch: DIJuF-Rechtsgutachten vom 1. September 2013 - J8.110/J8.130AS -, JAmt 2009, 453 (454), m.w.N.
104Unter solchen Umständen stellt sich die Leistung von Hilfe zur Erziehung weiterhin als einheitliche Maßnahme im Sinne einer Gesamtbetrachtung dar.
105Vgl. VG Ansbach, Urteil vom 14. Juni 2012 - AN 14 K 10.01808 -, EuG 2013, 203, juris.
106Dabei kann hier offenbleiben, ob den Regeln in vergleichbaren Vorschriften (vgl. z.B. § 86a Abs. 4, § 86 Abs. 7, § 86b Abs. 3 SGB VIII) der allgemein gültige Rechtsgedanke entnommen werden kann, dass Unterbrechungen von bis zu 3 Monaten grundsätzlich und ohne weiteres außer Betracht bleiben sollen,
107so wohl im Ergebnis: OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. März 2012 - 4 LC 143/09 - , EuG 2012, 381, juris; VG Ansbach, Urteil vom 14. Juni 2012, a. a. O.,
108oder ob diese auf bestimmte Leistungen und Hilfeempfänger zugeschnittenen Vorschriften zur Relevanz von Unterbrechungen mangels ausdrücklicher Verankerung auch in § 86 Abs. 4 SGB VIII für den „Beginn der Leistung“ im vorliegenden Fall unmittelbar nichts hergeben.
109So schon: OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2013 - 12 A 2913/12 -.
110Die angeführten Vorschriften lassen nämlich zumindest erkennen, dass Hilfeleistungen nur dann als unterbrochen angesehen werden sollen, wenn sie während einer gewissen Zeit davor nicht erbracht wurden.
111Vgl. auch Sächs. OVG, Urteil vom 18. Januar 2010 - 1 A 753/08 -, juris, mit Hinweis auf VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. September 1997 - 9 S 174/96 -, FEVS 48, 131, juris.
112Auch wenn man das Vorliegen einer zuständigkeitsrelevanten Unterbrechung im Rahmen einer Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles maßgeblich danach bemisst, ob nach der Einstellung der Leistungen mit einer alsbaldigen Wiederaufnahme von Leistungen auf den gleichartigen Bedarf zu rechnen oder ein zukünftiger Hilfebedarf zumindest noch unklar war,
113so OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2013, a.a.O.; Urteil vom 21. März 2014 - 12 A 1211/12 -, juris, jeweils m.w.N.,
114stellt sich bei natürlicher Betrachtung die nur zweimonatige Inobhutnahme hier nicht als relevante Unterbrechung dar. Die bloße Einstellung der Hilfe führt - ungeachtet ihrer späteren Aufhebung durch Bescheid vom 22. Juni 2011 - für sich genommen nicht zur gegenteiligen Annahme, da sie nicht auf tragfähige Ge-sichtspunkte im Hinblick darauf gestützt worden ist, dass eine zukünftige Hilfegewährung nicht absehbar sei, d. h. nicht auf mangelnde Wiederaufnahmeperspektiven.
115So auch Sächs. OVG, Urteil vom 18. Januar 2010, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. September 1997, a.a.O.; VG Augsburg, Beschluss vom 13. April 2012 - Au 3 E 12.430 -, juris.
116Der Interpretation der höchstrichterlichen Rechtsprechung dahingehend, dass bei förmlicher Einstellung einer Jugendhilfeleistung immer auch eine Beendigung der Leistung vorliegt, sofern nicht im Zeitpunkt der Einstellung der Jugendhilfeleistung eine Anschlussleistung bereits bewilligt oder doch konkret geplant ist oder eine Zuständigkeitsvorschrift des SGB VIII ausnahmsweise Anderes anordnet,
117so OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. Februar 2014 - 7 A 11043/13 -, juris,
118folgt der Senat nicht.
119Vgl. im Einzelnen: OVG NRW, Urteil vom 21. März 2014 - 12 A 1211/12 -, a. a. O.
120Eine zwischenzeitliche (förmliche) Einstelllung der bisherigen Jugendhilfe muss nicht zwangsläufig den Fortsetzungszusammenhang unterbrechen. Insoweit ist vielmehr der Grund der Einstellung mit zu berücksichtigen. Eine Zäsur ergibt sich aus einer solchen Einstellung zwar dann ohne Weiteres, wenn diese auf einen Wegfall des der bisherigen Hilfe zugrunde liegenden Bedarfs beruht, nicht aber zwingend, wenn die Einstellung aus anderen Gründen erfolgt ist, etwa wegen mangelnder Mitwirkung der Betroffenen oder Ungeeignetheit der Maßnahme, obwohl der jugendhilferechtliche Bedarf - namentlich bei Erziehungsdefiziten wie hier - qualitativ unverändert weiter besteht. Das wird allerdings auch schon zu gelten haben, wenn im Zeitpunkt der Einstellung zumindest grob geplant ist, dass in Bezug auf denselben jugendhilferechtlichen Bedarf in absehbarer Zeit eine neue Jugendhilfemaßnahme installiert werden soll.
121So wohl auch: Lange, in: JurisPK-SGB VIII, a.a.O., § 86 Rn. 58, m.w.N.
122Gerade dies geht aber ausreichend aus dem Abschlussbericht zur Unterbringung im T2. X3. vom 20. Oktober 2009 für die Zeitspanne vom 13. März 2008 bis zum 17. September 2009 hervor und drängt sich vor dem Hintergrund der glaubhaften Angaben der Klägerin, M. -N. in der Jugendschutzstelle lediglich „geparkt“ zu haben, um von dort aus eine weitere Unterbringung in einer geeigneten Erziehungsstelle zu suchen, nach den konkreten Umständen des Einzelfalles, wie sie etwa aus dem Abschlussbericht vom 20. Oktober 2009 hervorgehen, auch als plausibel auf.
123Hat die fortsetzungsfähige Hilfeleistung zur Erziehung nach §§ 2 Abs. 2 Nr. 4, 27, 34 SGB VIII danach keine relevante Unterbrechung erfahren, stellt sich die Zuständigkeitsfrage mit Wiederaufnahme am 16. November 2009 auch nicht neu. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin einen neuen Antrag des Amtsvormunds eingeholt hat. Dass ein ausreichendes Einverständnis des Personensorgeberechtigten mit der Maßnahme vorliegt, berührt die zuständig-keitsrechtliche Einheitlichkeit der Maßnahme nämlich nicht.
124Zuständigkeitsrechtlicher Zeitpunkt des Beginns der Leistung ist mithin auch für die Hilfegewährung nach §§ 27, 34 SGB VIII im Zeitraum vom 16. November 2009 bis zum 31. Dezember 2009 in Form der Unterbringung M. -N. T. in der F. Wohngruppe der 11. März 2003, ab dem die Klägerin dem Adoptivvater H. T. ausweislich des Bescheides vom 23. Oktober 2003 erstmals Hilfe zur Erziehung gewährt hat. Für die Erstattung der ab dem 16. No-vember 2009 entstandenen Kosten gilt deshalb das zur Erstattung der Auf-wendungen des Zeitraums 1. August 2009 bis 17. September 2009 Ausgeführte entsprechend.
125Die Höhe des diesbezüglichen Erstattungsbetrages errechnet sich auf der Grund-lage der dem Beklagten von der Klägerin erteilten Rechnung vom 29. Januar 2010 dergestalt, dass für 45 Tage ein täglicher Pflegesatz von 131,93 Euro an-zusetzen ist. Abzüge wegen anteiligen Bettengeldes und den in der Rechnung aufgeführten Einnahmen aus der von M. -N. T. bezogenen Waisen-rente und im Hinblick auf Kindergeld sind nicht gerechtfertigt, weil das Verwal-tungsgericht die entsprechenden Beträge - ebenso wie das sachlich an sich dem zweiten Erstattungszeitraum zuzuordnende Weihnachtsgeld und das volle Taschengeld - bereits im Rahmen des Erstattungszeitraumes vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 berücksichtigt hat.
126Der Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen ab Rechtshängigkeit beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 291, 188 BGB. Diese Vorschriften gelten vorbehaltlich spezieller Regelungen in den Fachgesetzen auch für öffentlich-rechtliche Geldschulden.
127Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2010
128- 9 B 66.08 -, DVBl. 2010, 575, juris.
129Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 188 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO.
130Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
131Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Namentlich fehlt es einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i. S. v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil die streitentscheidenden Rechtsfragen, die nicht bereits durch die höchstrichterliche oder obergerichtliche Rechtsprechung hinreichend geklärt sind, aus der Einzelfallproblematik erwachsen.
Tenor
Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. April 2012 wird abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die in den Hilfefällen B. und E. V. in der Zeit vom 9. Oktober 2009 bis zum 31. August 2010 aufgewendeten Jugendhilfekosten - mit Ausnahme der auf die Inobhutnahmen vom 9. Oktober 2009 bis 10. November 2009 (B. ) und vom 19. November 2009 bis 12. Januar 2010 (E. ) entfallenden Kosten - nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. August 2010 zu erstatten.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger in dem Hilfefall B. V. die in der Zeit vom 1. September 2010 bis zum 22. April 2011 und in dem Hilfefall E. V. die in der Zeit vom 1. September 2010 bis zum 31. März 2012 aufgewendeten Jugendhilfekosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. April 2012 zu erstatten.
Die darüber hinausgehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger zu 2/5 und die Beklagte zu 3/5.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweils andere vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d:
2Der Kläger begehrt die Erstattung von Jugendhilfekosten, die er in den Jahren 2009 bis 2012 für die Geschwister B. und E. V. aufgewendet hat, und die Zahlung eines Pflichtwidrigkeitszuschlags.
3B. V. , geb. am 1993, und E. V. , geb. am 1995, sind Kinder der im Jahre 1976 geborenen - und ursprünglich allein personensorgeberechtigten - T. V. , die zwei weitere Töchter (geb. 1999 und 2002) hat.
4Mit Beschluss vom 20. Juni 2005 entzog das Amtsgericht T1. der Frau V. die elterliche Sorge für die Tochter E. , soweit es um die Befugnis zur Beantragung von Erziehungshilfe ging, und übertrug diese dem Jugendamt der Beklagten, in dessen Zuständigkeitsbereich die Familie seinerzeit wohnte. In der Zeit vom 14. Juli 2005 bis zum 4. November 2005 leistete die Beklagte Erziehungshilfe für E. in Gestalt einer sozialpädagogischen Familienhilfe.
5Durch Beschluss vom 15. Februar 2006 übertrug das Amtsgericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die vier Kinder dem Jugendamt der Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung. In den Gründen der Entscheidung verwies das Amtsgericht darauf, dass das Jugendamt bereits seit geraumer Zeit erhebliche Mängel bei der Versorgung der Kinder habe feststellen müssen. Alle in der Vergangenheit unternommenen Versuche, die Kinder in der Obhut der Mutter zu belassen und Gefährdungen der Kinder durch Hilfemaßnahmen von außen abzuwenden, müssten als gescheitert angesehen werden.
6Am 15. bzw. 17. Februar 2006 wurden alle vier Töchter durch das Jugendamt der Beklagten in Obhut genommen. B. und E. wurden in der Einrichtung Kin-der- und Jugendhilfe X. in X1. untergebracht. Auf die Anträge der Mutter bzw. des Amtsvormundes (im Falle E. ) gewährte die Beklagte für beide Kinder ab dem 4. April 2006 Erziehungshilfe in Gestalt von Heimerziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII, die in der Einrichtung in X1. fortgeführt wurde.
7Durch Beschluss vom 21. Januar 2008 übertrug das Amtsgericht T1. das Sorgerecht für alle vier Töchter von der Mutter (vollständig) auf das Jugendamt der Beklagten, das Herrn K. E9. als Amtsvormund (im Falle E. : weiterhin) mit der Ausübung der Vormundschaft betraute.
8Am 26. Februar 2009 verzog die Mutter von T1. nach C. . Unter dem 3. Juni 2009 wandte sich die Beklagte an das Jugendamt des klagenden Kreises und bat mit Hinweis auf den Wohnsitzwechsel der Mutter um „Übernahme der Hilfefälle zu nächstmöglichen Zeitpunkt und um Anerkennung Ihrer Kostenerstattungspflicht ab 26.02.09“. Dazu äußerte sich der Kläger mit Datum vom 8. Juni 2009 ablehnend; die Beklagte sei nach § 86 Abs. 5 SGB VIII zuständig. Diese Auffassung erkannte das Jugendamt der Beklagten - laut Aktenvermerk vom 18. Juni 2009 - als richtig an.
9Ende Juni 2009 verließ B. die Einrichtung in X1. aus eigenem Entschluss und wechselte in den Haushalt ihrer Mutter. In einem Fachgesprächsprotokoll des Jugendamtes der Beklagten vom 3. Juli 2009 hieß es hierzu u. a.:
10„B. ist nicht mehr zu einer Rückkehr in die Gruppe zu bewegen. … Es wurde deutlich, dass keinerlei Problembewusstsein besteht, sondern angeblich nun ‚alles in Ordnung‘ sei, ohne dass dies dargelegt wurde. In X1. wurde erlebt, dass B. noch in jüngst zurückliegender Zeit wiederholt wütend und frustriert im Hinblick auf ihre Mutter war … Es besteht keinerlei Austauschbereitschaft und keine Möglichkeit der Einflussnahme mehr. Die Jugendhilfe ist mit heutigem Datum - wenn auch mit großem Bedauern und prognostisch für B. bedenklich - zu beenden.“
11Mit an den Amtsvormund adressiertem Bescheid vom 3. Juli 2009 stellte die Beklagte die Hilfe für B. „nach umfassenden Bemühungen um Aufrechterhaltung der Hilfe“ zum 3. Juli 2009 ein.
12Aus einem an die Kinder- und Jugendhilfe X1. gerichteten Schreiben des Jugendamtes der Beklagten vom 15. bzw. 23. Juli 2009 geht hervor, dass sich E. , nachdem deren Schwester B. „gegen ausdrückliche fachliche Empfehlung“ die Einrichtung verlassen habe, nunmehr ebenfalls „schwankend hinsichtlich ihres Verbleibs in der Einrichtung“ zeige. E. hatte zu dieser Zeit bereits häufiger den Wunsch geäußert, ebenfalls wieder bei ihrer Mutter leben zu wollen. Sie verließ die Einrichtung am 18. Juli 2009 und nahm lediglich noch am 4. August 2009 an einer Ferienaktion teil (vgl. hierzu den Abschlussbericht der Kinder- und Jugendhilfe X1. vom 4. September 2009).
13In einer Nachricht an die Einrichtung in X1. (wohl vom 18. August 2009) führte die Sachbearbeiterin des Jugendamtes des Beklagten aus:
14„Bezgl. E. steht ja ganz aktuell die Frage im Raum, die Hilfe einzustellen. Versuche, an E. noch heranzukommen, scheiterten …. Heute fährt der Vormund noch mal hin und dann wird - nach langem Offenhalten der HzE - die Entscheidung über das Ende fallen müssen. Ein HPG mit allen wird wenig bringen: entweder zementiertes Bekunden, wie klasse alles ist … oder kein Erscheinen der Hauptpersonen. Wir halten die Lage für völlig unerquicklich für beide ‚Kinder‘, aber sehen wenig Möglichkeiten, etwas zu bewirken …“.
15Der Amtsvormund, Herr E9. , hielt in einer E-Mail an das Jugendamt der beklagten Stadt vom 19. August 2009 u. a. fest, er habe E. am Vortage in der Wohnung der Großmutter mütterlicherseits angetroffen. Sie habe seinen Vorschlag, solange in X1. zu bleiben, bis ihre Mutter akzeptable wohnliche Verhältnisse geschaffen habe, zurückgewiesen, aber nicht erklären können, was sie motiviere, aus X. weg und zur Mutter hin zu wollen. Sie habe mitgeteilt, sie fühle sich bei der Mutter wohl, die in Kürze Ordnung schaffen werde; bis dahin bleibe sie bei der Großmutter. Argumenten und Vernunftaspekten gegenüber sei E. nicht zugänglich gewesen; sie habe kein wirkliches Gespräch zugelassen, sondern immer wieder nur geäußert, bei der Mutter leben zu wollen.
16Mit Bescheid vom 19. August 2009 - wiederum adressiert an den Amtsvormund - stellte die Beklagte die Hilfe auch für E. „nach umfassenden, leider vergeblichen Bemühungen um Aufrechterhaltung der Hilfe mit heutigem Datum“ ein.
17B. ließ sich am 7. September 2009 in T4. und am 9. Oktober 2009 in C. als Selbstmelderin in Obhut nehmen und kehrte aus den Inobhutnahmen jeweils wieder zur Mutter zurück. Die zweite Inobhutnahme, die bis zum 10. November 2009 andauerte, fand auf Kosten des Klägers statt.
18Mit Datum vom 17. November 2009 stellte der Amtsvormund für B. und E. einen Antrag auf Hilfen nach den §§ 27 ff. SGB VIII bei dem Kläger. Dieser bewilligte mit Bescheid vom 6. Januar 2010 Erziehungshilfe in Form einer Erziehungsbeistandschaft für B. beginnend ab dem 21. Dezember 2009; vom 15. April 2010 an wurde die Hilfeleistung - bis zum 22. April 2011 - in Gestalt einer sozialpädagogischen Familienhilfe fortgesetzt. E. ließ sich am 19. November 2009 durch das Jugendamt des Klägers in Obhut nehmen; die Inobhutnahme dauerte bis zum 12. Januar 2010 an. Vom 13. Januar 2010 bis zum 14. April 2010 erhielt sie - ebenfalls auf Kosten des Klägers - Hilfe in Form der Heimerziehung. Anschließend hielt sie sich wieder bei ihrer Mutter auf und nahm die gleiche ambulante Erziehungshilfe wie ihre Schwester in Anspruch, die in ihrem - E. - Fall mit dem 31. Juli 2012 endete.
19Bereits unter dem 20. Januar 2010 stellte der Kläger in beiden Hilfefällen einen „Antrag auf Zuständigkeitswechsel und Kostenerstattung gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 und § 89c SGB VII“ bei der Beklagten und verwies auf ein eingeholtes Gutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht vom 7. Januar 2010. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 12. April 2010 ab und machte geltend, die Hilfegewährung sei im Juli bzw. August 2009 durch rechtskräftige Bescheide eingestellt worden, weil eine Mitwirkung der Jugendlichen oder der Mutter nicht mehr gegeben gewesen sei. Die erneute Hilfegewährung sei erst möglich gewesen, nachdem sich wieder eine Mitwirkungsbereitschaft entwickelt habe. Insofern handele es sich um eine neue Leistung, für die die örtliche Zuständigkeit neu zu prüfen gewesen sei.
20Mit seiner am 10. August 2010 erhobenen Klage hat der Kläger sein Erstattungsbegehren weiterverfolgt und vorgetragen, dass in den Hilfefällen ein durchgängiger Hilfebedarf bestanden habe, weshalb trotz kurzzeitiger formaler Unterbrechung von einer kontinuierlichen Leistungsgewährung und damit von der örtlichen Zuständigkeit der Beklagten auszugehen sei. Der Fortbestand des Hilfebedarfs habe sowohl dem Vormund als auch den Fachkräften des Sozialen Dienstes der Beklagten bekannt gewesen sein müssen. Die dennoch erfolgte Beendigung der Tätigkeit des Sozialen Dienstes der Beklagten sei gerade vor dem Hintergrund des Sorgerechtsentzugs nicht tragbar gewesen und habe eine Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 89c Abs. 2 SGB VIII dargestellt.
21Der Kläger hat beantragt,
22- 23
1. die Beklagte zu verurteilen, ihm die in den Hilfefällen B. und E. V. in der Zeit vom 1. November 2009 bis zum 31. August 2010 aufgewandten Jugendhilfekosten in Höhe von 25.591,72 EUR zuzüglich eines Pflichtwidrigkeitszuschlags gemäß § 89c Abs. 2 SGB VIII in Höhe von 8.530,57 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 31. August 2010 zu erstatten,
- 25
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die in dem Hilfefall B. V. in der Zeit vom 1. September 2010 bis zum 22. April 2011 und in dem Hilfefall E. V. in der Zeit vom 1. September 2010 bis zum 31. März 2012 aufgewendeten Jugendhilfekosten zuzüglich eines Pflichtwidrigkeitszuschlags gemäß § 89c Abs. 2 SGB VIll nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 1. April 2012 zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Sie hat vorgetragen, dass der Kläger für die erneut gewährte Hilfe zur Erziehung zuständig gewesen sei. Die Einstellung der stationären Hilfe zur Erziehung im Sommer 2009 sei erst nach Gesprächen mit der Kindesmutter, den Jugendlichen selbst sowie dem Amtsvormund und nach Durchführung eines Fachgesprächs erfolgt. Der Hilfebedarf sei damals tatsächlich weggefallen. Sei dann später erneut ein Bedarf entstanden, habe dies zum Beginn einer neuen Hilfe mit einer erneuten zuständigkeitsrechtlichen Beurteilung geführt. Dies sei auch in dem vom Kläger eingeholten Gutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht so klargestellt worden. Von einem pflichtwidrigen Verhalten im Sinne des § 89c Abs. 2 SGB VIII könne schon deswegen nicht die Rede sein, weil die Hilfeeinstellung aufgrund der Weigerung der Betroffenen erfolgt sei, noch Leistungsangebote der Jugendhilfe anzunehmen. Es habe seitens der Familie V. keine Bereitschaft mehr zur Zusammenarbeit mit dem Jugendamt bestanden. Das SGB VIII kenne keine Verpflichtung der Personensorgeberechtigten, eine Hilfe zur Erziehung in Anspruch zu nehmen.
29Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen und ausgeführt: Ein Erstattungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte bestehe nicht. Der Kläger habe die streitgegenständlichen Hilfen in eigener Zuständigkeit erbracht, weil es im Sommer 2009 zu einer Leistungsunterbrechung gekommen sei, infolge derer die örtlichen Zuständigkeit neu zu bestimmen gewesen sei. Im Rahmen der gebotenen Würdigung der Umstände des Einzelfalles komme es zunächst auf die Dauer der Leistungsunterbrechung an, die sich hier immerhin auf 4 bis 6 Monate belaufe. Entscheidend sei weiter, ob nach dem Geschehensablauf mit einer alsbaldigen Wiederaufnahme der Leistungen zu rechnen gewesen sei oder ob ein zukünftiger Hilfebedarf noch unklar gewesen sei. Ersteres sei vorliegend zu verneinen gewesen. Zwar habe weiterhin ein unabweisbarer Bedarf für eine Erziehungshilfe bestanden. Jedoch hätten seinerzeit B. und E. V. - und ihnen folgend deren Mutter - zum Ausdruck gebracht, jugendamtliche Hilfemaßnahmen nicht mehr in Anspruch nehmen zu wollen. Die weitere Entwicklung habe sich als offen dargestellt. Der Amtsvormund habe erst wieder Erziehungshilfe beantragt, als nach seiner fachlichen Einschätzung von einer Akzeptanz auszugehen gewesen sei. Dieses Vorgehen habe dem Grundsatz der Freiwilligkeit der Inanspruchnahme von Erziehungshilfen entsprochen.
30Zur Begründung der mit Beschluss des Senats vom 19. Februar 2013 zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend, eine Neubestimmung der örtlichen Zuständigkeit sei nicht geboten gewesen. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu den zeitlichen Abläufen seien unvollständig und ungenau. Wann genau die Erziehungshilfe für B. V. eingestellt worden sei, ergebe sich aus dem angefochtenen Urteil nicht. Der tatsächliche Zeitraum einer Leistungsunterbrechung sei, falls eine solche überhaupt vorgelegen habe, deutlich kürzer gewesen als vom Verwaltungsgericht angenommen. Maßgeblich sei in diesem Zusammenhang nicht der Zeitpunkt der Wiederaufnahme der Leistungsgewährung, sondern der der Antragstellung durch den Amtsvormund im September und November 2009. Dass die Leistungsgewährung wirksam förmlich beendet worden sei und zu welchem Zeitpunkt, werde mit Nichtwissen bestritten. Bei Einstellung der Jugendhilfeleistungen sei von vornherein mit einer alsbaldigen Wiederaufnahme von Leistungen zu rechnen gewesen. Dafür habe das Alter der Geschwister, die bekannte Erziehungsunfähigkeit der Mutter und der - nach Auffassung aller mit dem Fall vertrauten Fachkräfte - fortbestehende unabweisbare Hilfebedarf gesprochen; auch sei die angebliche Ablehnung einer Mitwirkung durch die Geschwister nicht belegt. Es sei seinerzeit lediglich eine Frage der Zeit gewesen, dass die Geschwister erkennen würden, sie könnten und sollten nicht länger bei ihrer Mutter bleiben, und wieder jugendamtliche Hilfe in Anspruch nehmen würden. Zumindest eine ambulante Erziehungshilfe sei durchgehend erforderlich gewesen. Es sei nicht nachvollziehbar gewesen, wenn der Amtsvormund angenommen habe, die Geschwister würden nicht nur kurzzeitig jegliche Hilfeleistung durch das Jugendamt ablehnen. Selbst wenn diese nicht mehr bereit gewesen seien, stationäre Leistungen in Anspruch zu nehmen, habe das nicht jegliche Leistungen im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB VIII ausgeschlossen. Der weitere Fortgang des Geschehens, so auch die wiederholten Inobhutnahmen, habe die anfängliche Wiederaufnahmeperspektive - zumindest mit Blick auf ambulante Hilfeleistungen - nachträglich bestätigt. Im Zusammenhang mit einer Hilfeablehnung könne von einer zuständigkeitsrelevanten Leistungsunterbrechung allenfalls die Rede sein, wenn der Amtsvormund ernsthafte Bemühungen unternommen hätte, die Jugendlichen zu einer Mitwirkung zu bewegen, und diese solche Bemühungen anhaltend ignoriert oder zurückgewiesen hätten. Daran fehle es hier aber. Hätte sich der Amtsvormund hinreichend bemüht und seine Verantwortlichkeit sachgerecht wahrgenommen, wäre es nie zu einer Einstellung von Jugendhilfeleistungen gekommen.
31Der Kläger beantragt,
32das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 16. April 2012 abzuändern und
33- 34
1. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die in den Hilfefällen B. und E. V. in der Zeit vom 9. Oktober 2009 bis zum 31. August 2010 aufgewandten Jugendhilfekosten in Höhe von 25.591,72 Euro zuzüglich eines Pflichtwidrigkeitszuschlags gemäß § 89c Abs. 2 SGB VIII in Höhe von 8.530,57 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. August 2010 zu erstatten,
- 36
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die in dem Hilfefall B. V. in der Zeit vom 1. September 2010 bis zum 22. April 2011 und in dem Hilfefall E. V. in der Zeit vom 1. September 2010 bis zum 31. März 2012 aufgewendeten Jugendhilfekosten zuzüglich eines Pflichtwidrigkeitszuschlags gemäß § 89c Abs. 2 SGB VIll nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. April 2012 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
38die Berufung zurückzuweisen.
39Sie vertritt den Standpunkt, dass sich die Frage der örtlichen Zuständigkeit neu gestellt habe. Es treffe nicht zu, dass das Verwaltungsgericht die zeitlichen Abläufe unvollständig festgestellt habe. Der Zeitpunkt der Leistungseinstellung habe sich aus den Bescheiden vom 3. Juli 2009 bzw. 19. August 2009 ergeben, die dem Vormund jeweils - wie üblich - am selben Tag persönlich übergeben worden seien. Entgegen der Auffassung des Klägers sei für die Ermittlung des Zeitraums der Leistungsunterbrechung nicht auf den Eingang des erneuten Antrags abzustellen, sondern vielmehr auf den nachfolgenden Beginn der konkreten Hilfeleistung. Insofern sei die Leistungserbringung hier für gut 5 ½ Monate (B. ) bzw. knapp 5 Monate (E. ) unterbrochen gewesen. Diese Zeiträume seien deutlich länger als die vom Bundesverwaltungsgericht für maßgeblich erachteten 3 Mo-nate. Mit einer baldigen Wiederaufnahme der Hilfen sei nicht zu rechnen gewesen. Aus dem Protokoll des Fachgesprächs vom 3. Juli 2009 ergebe sich, dass B. nicht zu einer Rückkehr in die Einrichtung in X1. zu bewegen gewesen sei. Die beteiligten Fachkräfte seien seinerzeit übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Hilfe für sie unter den gegebenen Umständen einzustellen sei. Diese fachliche Einschätzung habe der Kläger nicht in Zweifel ziehen können. Gegen den Willen des Kindes und ohne seine Bereitschaft zur Mitwirkung sei eine Leistungsbewilligung nicht möglich gewesen. Entsprechendes habe auch im Fall von E. gegolten. Die Erwägungen, die zur Einstellung der Hilfen geführt hätten, seien aktenkundig. Der Kläger verkenne, dass es sich bei der Hilfeplanung um einen komplexen partizipativen Entscheidungsprozess handele, dessen Ergebnis verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar sei und der durch eine nachträgliche Beurteilung nichtbeteiligter Stellen nicht ersetzt werden könne. Bei Einstellung der Hilfen sei nicht absehbar und schon gar nicht sicher gewesen, dass die Geschwister wieder eine Mitwirkungsbereitschaft zeigen würden. Ohne neuen Antrag des Amtsvormundes habe die Beklagte eine Hilfe auch gar nicht bewilligen können. Ob der Vormund hierzu verpflichtet gewesen wäre, wie der Kläger offenbar meine, sei nicht erheblich. Angesichts der relativen Weisungsfreiheit des Amtsvormundes sei eine unterstellte Pflichtverletzung seinerseits der Beklagten nicht zuzurechnen.
40Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 21. März 2014 verwiesen.
41Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
42E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
43Die zulässige Berufung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
44Die Leistungsklage ist statthaft und auch sonst zulässig. Soweit der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellte Antrag von dem in der 1. Instanz gestellten hinsichtlich des angegebenen Beginns des Leistungszeitraums abweicht (9. Oktober 2009 statt 1. November 2009), handelt es sich um eine Richtigstellung einer erkennbar irrtümlichen Falschbezeichnung, ohne dass damit das Klagebegehren der Sache nach erweitert worden wäre.
45Auch die Zulässigkeit der weiter erhobenen Feststellungsklage unterliegt nach § 43 VwGO keinen Bedenken.
46Vgl. zur Zulässigkeit eines Feststellungsantrags in einem sozialrechtlichen Kostenerstattungsstreit: OVG NRW, Urteile vom 25. Oktober 2005
47- 12 A 4342/03 -, juris, und vom 7. November 2003 - 12 A 3187/01 -, FEVS 55, 495, juris, m. w. N.
48Die Leistungs- und Feststellungsklagen sind jeweils teilweise begründet. Für die streitgegenständlichen Zeiträume der Hilfegewährung in den Hilfefällen B. und E. V. steht dem Kläger ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte nach § 89c Abs. 1 Satz 2 SGB VIII zu (dazu 1.). Den geltend gemachten Pflichtwidrigkeitszuschlag nach § 89c Abs. 2 SGB VIII (dazu 2.) kann der Kläger von der Beklagten indes ebenso wenig verlangen wie eine auf § 89b Abs. 1 SGB VIII zu stützende Erstattung der streitgegenständlichen Inobhutnahmekosten (dazu 3.).
491. Nach § 89c Abs. 1 Satz 2 SGB VIII sind Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen seiner Verpflichtung nach § 86d SGB VIII aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, dessen Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt nach §§ 86, 86a und 86b SGB VIII begründet wird.
50Der Kläger hat die streitgegenständlichen Kosten, soweit sie für Leistungen im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VIII angefallen sind, im Rahmen seiner Verpflichtung nach § 86d SGB VIII aufgewendet.
51Gemäß § 86d SGB VIII ist, wenn die örtliche Zuständigkeit nicht feststeht oder der zuständige örtliche Träger nicht tätig wird, der örtliche Träger vorläufig zum Tätigwerden verpflichtet, in dessen Bereich sich das Kind vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält. Demnach ist Voraussetzung für die Anwendung des § 86d SGB VIII, dass entweder die örtliche Zuständigkeit nicht feststeht (§ 86d Alt. 1 SGB VIII), was insbesondere der Fall sein kann, wenn Streit über die örtliche Zuständigkeit besteht oder ihre Klärung schwierig ist und längere Zeit erfordert,
52vgl. Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 86d Rn. 3; Kunkel, in: LPK-SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 86d Rn. 3, Reisch, in: Jens/Happe/Saurbier/Maas, Kinder- und Jugendhilferecht, Stand Juli 2013, Erl. Art. 1 § 86d KJHG Rn. 7,
53oder die örtliche Zuständigkeit zwar feststeht, aber der zuständige örtliche Träger nicht tätig wird (§ 86d Alt. 2 SGB VIII),
54vgl. Wiesner, a. a. O., § 86d Rn. 4; Kunkel, a. a. O., § 86d Rn. 4; Reisch, a. a. O., § 86d Rn. 8.
55Hier war ersteres der Fall, da sich die Beteiligten bereits im Zeitpunkt der erneuten Hilfegewährung uneins darüber waren, wer als örtlich zuständiger Träger einzustehen hatte. In Anbetracht dessen liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass § 86d SGB VIII nicht greifen könnte, weil der Kläger von einer vermeintlichen eigenen Zuständigkeit ausgegangen wäre und deshalb nicht aufgrund einer Pflicht zumvorläufigen Tätigwerden gehandelt hätte.
56Vgl. zu diesem Aspekt: VG Würzburg, Urteil vom 19. September 2013 - W 3 K 12.223 -, juris, unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 28. März 1984 - 9a RV 50/82 -, juris (zu § 102 SGB X).
57Die Beklagte ist erstattungspflichtig, weil ihre Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt nach § 86 SGB VIII begründet wurde.
58Gemäß § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII richtet sich bei verschiedenen gewöhnlichen Aufenthalten der Elternteile die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, das personensorgeberechtigt ist. Zuständigkeitsrechtlich hat die Leistungserbringung vorliegend bereits mit der Heimunterbringung der Hilfeempfänger nach §§ 27, 34 SGB VIII im April 2006 begonnen. Die streitbefangenen Leistungen, deren Kostenaufwand der Kläger erstattet verlangt, stellen sich lediglich als Fortsetzung der früheren Leistung der Beklagten dar. Bei Beginn der als einheitlich zu wertenden Leistungserbringung im Jahre 2006 hatte die Mutter von B. und E. V. ihren gewöhnlichen Aufenthalt unzweifelhaft im Zuständigkeitsbereich der Beklagten, während der (nicht sorgeberechtigte) Vater offenbar im Zuständigkeitsbereich des Klägers wohnte. Die Mutter war seinerzeit auch (noch) personensorgeberechtigt; auf den vorherigen partiellen Entzug des Sorgerechts für E. kam es nicht an (vgl. § 86 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB VIII). Abweichendes ergäbe sich auch dann nicht, wenn man im Falle von E. bereits auf den früheren Beginn der Hilfe zur Erziehung im Juli 2005 abstellte, weil die Aufenthaltsumstände seinerzeit identisch waren.
59Als somit entscheidungserheblicher Beginn der Leistung i. S. v. § 86 SGB VIII ist das Einsetzen der Hilfegewährung und damit grundsätzlich der Zeitpunkt anzusehen, ab dem die konkrete Hilfeleistung tatsächlich gegenüber dem Hilfeempfänger erbracht wird.
60Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 2011
61- 5 C 25.10 -, BVerwGE 141, 77; a. A. noch: OVG NRW, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 12 B 1717/09 -, juris, m. w. N.
62"Leistung", an deren Beginn § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII ausweislich § 86 Abs. 5 SGB VIII für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit anknüpft, sind unabhängig von der Hilfeart und Hilfeform alle im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zur Deckung eines qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlichen Maßnahmen und Hilfen, sofern sie ohne Unterbrechung gewährt worden sind, und zwar auch dann, wenn sich bei einem auf einen längeren Zeitraum angelegten Hilfeprozess die Schwerpunkte innerhalb des Hilfebedarfs verschieben und die Ausgestaltung der Hilfe Modifikationen, Änderungen oder Ergänzungen bis hin zu einem Wechsel der Hilfeart erforderlich werden.
63Vgl. NdsOVG, Beschluss vom 14. März 2012
64- 4 LC 143/09 -, EuG 2012, 381, mit Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2004 - 5 C 9.03 -, BVerwGE 120, 116, juris, bestätigt durch Urteile vom 23. März 2010 - 5 C 12.09 -, BVerwGE 136, 185, juris, und vom 19. Oktober 2011 - 5 C 25.10 -, BVerwGE 141, 77, juris.
65Im Vordergrund der Gesetzesauslegung steht dabei die Kontinuität einer bedarfsgerechten Hilfegewährung im Rahmen einer in aller Regel auf einen längeren Zeitraum angelegten Hilfegewährung. Der dementsprechend auf eine Gesamtbetrachtung des konkreten Hilfebedarfs abstellende zuständigkeitsrechtliche Leistungsbegriff bedeutet deshalb weder, dass jede neue Maßnahme der Jugendhilfe den Beginn einer neuen Leistung markiert, noch, dass es allein auf die erstmalige Gewährung von Jugendhilfe im Sinne eines Beginns einer „Jugendhilfekarriere“ ankommt.
66Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 28. Feb-ruar 2012 - 12 A 1263/11 -, juris, m. w. N.
67Der Interpretation der höchstrichterlichen Rechtsprechung dahingehend, dass bei förmlicher Einstellung einer Jugendhilfeleistung immer auch eine Beendigung der Leistung vorliegt, sofern nicht im Zeitpunkt der Einstellung der Jugendhilfeleistung eine Anschlussleistung bereits bewilligt oder doch konkret geplant ist oder eine Zuständigkeitsvorschrift des SGB VIII ausnahmsweise anderes anordnet,
68so OVG Rh.-Pf., Urteil vom 13. Februar 2014
69- 7 A 11043/13 -, juris,
70folgt der Senat nicht, weil damit - ohne exakte Vorgabe im Gesetz außerhalb der ausdrücklich geregelten Ausnahmefälle - die Zuständigkeit von der subjektiven Einschätzung des zunächst leistenden Jugendamtes und nicht objektiv vom Hilfebedarf des Kindes oder Jugendlichen abhängig gemacht würde. Eine solche Perspektivverschiebung, die möglichen Manipulationen Tür und Tor öffnen würde, ist in der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die maßgeblich auf den Aspekt der Kontinuität des jugendhilferechtlichen Bedarfs - soweit dieser qualitativ unverändert fortbesteht - abstellt, nicht angelegt.
71Ist hiernach vielmehr eine den objektiven Gegebenheiten Rechnung tragende Gesamtbetrachtung vorzunehmen, inwieweit die Hilfeleistung bezogen auf den Bedarf eine zuständigkeitsrelevante Unterbrechung erfahren hat, führt diese im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die erneute Hilfegewährung durch den Kläger in einem hinreichenden Fortsetzungszusammenhang mit der zuvor eingestellten Hilfe der Beklagten steht und sich daher nicht als „neue" Leistung darstellt.
72Dabei kommt es im Ansatz nicht entscheidend darauf an, ob die von der Beklagten verfügte Einstellung der Heimunterbringung bedarfsgerecht und damit rechtmäßig war. § 89f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII betrifft nur die tatsächlich aufgewendeten Kosten, während es hier um die Würdigung des Umstandes, dass tatsächlich über einen Zeitraum von ca. 5 ½ Monaten (B. ) bzw. knapp 5 Monaten (E. ) keine Leistungen mehr erbracht worden sind, unter dem Gesichtspunkt des Zusammenhanges der Leistungsabschnitte geht. Anhaltspunkte dafür, dass die Hilfe, deren Kosten erstattet verlangt werden, für sich gesehen nicht rechtmäßig erbracht worden sein könnte, bestehen nicht. Insbesondere ist sie mit dem notwendigen Einverständnis des sorgeberechtigten Amtsvormunds erbracht worden.
73Vgl. zum Antragserfordernis etwa: NdsOVG, Beschluss vom 2. August 2013 - 4 LA 112/12 -, juris, OVG NRW, Urteil vom 25. Oktober 2005
74- 12 A 606/05 -, juris, jeweils m. w. N.
75Unter welchen Voraussetzungen bei einer Wiederaufnahme von Leistungen von einem zuständigkeitsrelevanten (Neu-)Beginn oder einer Fortsetzung auszugehen ist, regelt der hier maßgebliche § 86 Abs. 2 SGB VIII nicht kraft Gesetzes. Das SGB VIII stellt lediglich in anderen Vorschriften - nämlich §§ 86 Abs. 7 Satz 4, 86a Abs. 4 Satz 3, 86b Abs. 3 Satz 2 und 88 Abs. 2 Halbsatz 2 SGB VIII - im Zusammenhang mit der Frage eines Zuständigkeitswechsels auf den Gesichtspunkt der „Unterbrechung der Jugendhilfeleistungen“ ab. Dort misst es für bestimmte Leistungen und Hilfeempfänger - die hier jedoch nicht einschlägig sind - einer Unterbrechung der Leistung von bis zu 3 Monaten keine die bisherige Zuständigkeit in Frage stellende Bedeutung zu. Daneben beschränkt die „Unterbrechung der Leistung" gemäß § 95 Abs. 3 SGB VIII den Zeitraum der Wirksamkeit einer rechtswahrenden Anzeige, wenn dieser mehr als 2 Monate beträgt. Für die Frage eines - neuen - „Beginns der Leistung“ dürften alle diese Regelungen jedoch unmittelbar nichts hergeben.
76So auch: SächsOVG, Urteil vom 18. Januar 2010 - 1 A 753/08 -, juris; a. A. VG Ansbach, Urteil vom 14. Juni 2012 - AN 14 K 10.00668 -, juris, und NdsOVG, Beschluss vom 14. März 2012
77- 4 LC 143/09 -, EUG 2012, 381, juris, wonach Unterbrechungen unter 3 Monaten grundsätzlich außer Betracht bleiben sollen.
78Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der grundlegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Januar 2004 - 5 C 9.03 -, a. a. O. Die angeführten Vorschriften lassen jedoch zumindest erkennen, dass Hilfeleistungen nur dann als unterbrochen angesehen werden sollen, wenn sie während einer gewissen Zeit davor nicht erbracht wurden.
79Vgl. SächsOVG, a. a. O., mit Hinweis auf VGH C2. .-Württ., Urteil vom 15. September 1997
80- 9 S 174/96 -, FEVS 48, 131, juris.
81Entscheidend bleibt mangels weitergehender konkreter gesetzlicher Vorgaben für die Frage einer zuständigkeitsrelevanten Unterbrechung im Rahmen der einer Würdigung der Gesamtumstände danach, ob nach der Einstellung der Leistungen zum 3. Juli 2009 bzw. 19. August 2009 mit einer alsbaldigen Wiederaufnahme von Leistungen auf den gleichartigen Bedarf zu rechnen oder ein zukünftiger Hilfebedarf zumindest noch nicht hinreichend klar auszuschließen war. Die bloße Einstellung der Hilfe vermag insoweit für sich genommen nicht genügen, sofern sie nicht durch tragfähige Gesichtspunkte im Hinblick auf eine nicht absehbare zukünftige Hilfegewährung gestützt ist, d. h. eine konkretisierte Wiederaufnahmeperspektive nicht besteht.
82Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2013 - 12 A 2913/12 -, juris; SächsOVG, a. a. O.; VGH C2. .-Württ., a.a.O., VG Augsburg, Beschluss vom 13. April 2012 - Au 3 E 12.434 -, juris; Funke, in: LPK-SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 86 Rn. 11, vgl. auch die Unterscheidung zwischen Abbruch und Unterbrechung bei: Kunkel, a. a. O., § 95 Rn. 29.
83Das bestimmt sich danach, wie sicher bei Einstellung der stationären Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII damit zu rechnen war, dass B. und E. Mutter dem Erziehungs- und Betreuungsbedarf der Jugendlichen ohne Inanspruchnahme zumindest ergänzender Hilfe zur Erziehung nach § 27 SGB VIII auf Dauer gerecht werden würde. Je mehr erwartet werden musste, dass sie diesen Bedarf nicht ohne professionelle Unterstützung würde abdecken können, umso konkreter zeichnete sich eine Wiederaufnahme der jugendamtlichen Hilfeleistung ab, wenn auch möglicherweise in weniger umfassender und intensiver Form.
84Daran orientiert ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass - nach objektiven Maßstäben - schon bei Einstellung der Hilfe im Juli bzw. August 2009 von einer solchen konkretisierten Wiederaufnahmeperspektive auszugehen war.
85Dieser Würdigung ist zunächst zugrundezulegen, dass der seit Jahren bekannte Erziehungshilfebedarf unverändert und unabweisbar fortbestand. Dass die manifest erziehungsunfähige und nicht mehr sorgeberechtigte Mutter während der mehrjährigen Heimunterbringung ihrer Kinder an erzieherischer Kompetenz gewonnen haben sollte, war nicht anzunehmen. Ihre Lebensumstände, soweit aus den Akten ersichtlich, vermittelten auch im Zeitpunkt der Hilfeeinstellung nach wie vor einen eher desolaten Eindruck: So hatte sie, wie aus jugendamtlichen Gesprächsprotokollen und den Abschlussberichten der Einrichtung in X1. hervorgeht, ihre frühere Wohnung in T1. offenbar im Januar 2009 zwangsweise räumen müssen, hatte sich wiederholt nicht an Vereinbarungen zu Besuchskontakten gehalten und war alkoholisiert zu einem Sommerfest erschienen. Wie dem Vermerk über einen - vom Allgemeinen Sozialen Dienst des Jugendamtes des Klägers durchgeführten - unangekündigten Hausbesuch am 17. August 2009 zu entnehmen ist, erwies sich die von der Mutter seinerzeit bezogene Wohnung in C. als „verwahrlost“, die Böden „verschmutzt und mit Gerümpel bedeckt“; der Umstand, dass sie für B. und E. zwei Zimmer in einer Pension angemietet hatte, ließ die Wohnsituation nicht unbedenklicher erscheinen.
86Zu der Problematik fehlender Mitwirkungsbereitschaft auf Seiten der beiden Hilfeempfängerinnen und deren Mutter ist festzuhalten, dass die Beklagte es aufgrund der Übertragung des Personensorgerechts selbst in der Hand hatte, auf die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens zur erneuten Gewährung von Jugendhilfeleistungen hinzuwirken; eines Antrags der - nicht sorgeberechtigten - Mutter bedurfte es insofern nicht, was das Verwaltungsgericht auch berücksichtigt hat.
87Hiervon zu trennen ist die - auf die Eignung in Betracht kommender Maßnahmen zielende - Frage, ob der Hilfebedürftige willens ist, eine seinem Bedarf entsprechende Hilfeleistung in Anspruch zu nehmen und sich in den Prozess der Hilfegewährung erfolgversprechend einzubringen. Dabei besteht keine Veranlassung, verallgemeinernd der Frage nachzugehen, unter welchen Umständen Erziehungshilfe auch gegen den erklärten Willen des Hilfebedürftigen zu leisten ist. Besteht nämlich, wie es hier der Fall war, nach Einstellung einer Hilfeleistung der Erziehungshilfebedarf unverändert fort, ist allenfalls unter sehr engen Voraussetzungen - die hier nicht vorlagen - darauf zu schließen, dass eine jegliche weitere Gewährung von gegebenenfalls auch andersartiger Erziehungshilfe absehbar ungeeignet erscheint, weil im Zeitpunkt der Beendigung der Hilfe anzunehmen ist, dem betroffenen Minderjährigen fehle es an der Mitwirkungsbereitschaft. Wenn selbst bei der Hilfe für junge Volljährige zu bedenken ist, dass eine mangelnde Mitwirkung des Hilfebedürftigen gerade auch durch Erziehungs- oder Entwicklungsdefizite, denen mit der Hilfe begegnet werden kann, bedingt sein mag,
88vgl. zu diesem Aspekt: OVG NRW, Beschluss vom 13. Januar 2012 - 12 B 1583/11 -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 16. Oktober 2003 - 19 L 2526/03 -, juris Rn. 10 ff.; Tammen, in: FK-SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 41 Rn. 7; Wiesner, a. a. O., § 41 Rn. 24,
89und insofern eine gewisse Zurückhaltung geboten ist, wenn ein Ausschluss der (weiteren) Hilfegewährung wegen Kooperationsunwilligkeit des Betroffenen in Rede steht, so gilt dies erst recht bei der auf Kinder und Jugendliche zugeschnittenen Erziehungshilfe. Dort muss typischerweise mit sprunghaftem Verhalten und unüberlegten Willensäußerungen der Minderjährigen gerechnet werden. Eine zum Ausdruck gebrachte Ablehnung der weiteren Inanspruchnahme von Jugendhilfe wird häufig - und so auch hier - nicht darauf schließen lassen können, dass sie Ausdruck einer deutlich gefestigten und absehbar nicht veränderlichen inneren Haltung ist.
90Die vorliegenden Vorgänge, insbesondere die Abschlussberichte der Kinder- und Jugendhilfe X1. vom 19. August 2009 (B. ) bzw. 4. September 2009 (E. ) sowie die zahlreichen Protokolle vorangegangener Hilfeplangespräche, vermitteln das Bild eines sehr wechselhaften Beziehungsgefüges zwischen den Schwestern B. und E. auf der einen und der Mutter der beiden Mädchen auf der anderen Seite. Die Frage der Dauerhaftigkeit des im Juni 2009 - offenbar nach außen hin überraschend gefassten - Entschlusses der seinerzeit 16-jähri-gen B. , die Einrichtung in X1. zu verlassen, zur Mutter nach C. zu ziehen und Leistungen der Erziehungshilfe nicht mehr in Anspruch nehmen zu wollen, war vor diesem Hintergrund entsprechend zu würdigen. Aus dem Protokoll eines am 3. Juli 2009 geführten Fachgesprächs und einer E-Mail des Amtsvormunds, Herrn E9. , vom 25. Juni 2009 geht hervor, dass bei B. seinerzeit „keinerlei Problembewusstein“ bestanden habe und ihrer - nicht weiter begründeten - Meinung nach im Verhältnis zur Mutter nunmehr „alles in Ordnung“ gewesen sei, obwohl man in X1. „B. noch in jüngst zurückliegender Zeit wiederholt wütend und frustriert im Hinblick auf ihre Mutter“ erlebt habe. Schon in Anbetracht der darin deutlich zum Ausdruck kommenden unreflektierten Wahrnehmung der Unbeständigkeit ihrer Beziehung zur Mutter musste sich aufdrängen, dass die Einschätzung, nun sei „alles in Ordnung“, absehbar ebenso ins Wanken geraten würde wie die damit zusammenhängende Auffassung, ohne Jugendhilfe auszukommen; retrospektiv hat sich das bestätigt. Ebenso naheliegend war, dass sich in diesem Fall ein gleichförmiger Prozess auch bei der jüngeren Schwester E. vollziehen würde, deren Verhältnis zur Mutter offenbar, wie der Abschlussbericht vom 4. September 2009 andeutet, auch erst im Gefolge des Wegzugs B. nach C. wieder enger geworden war.
91Vor diesem Hintergrund erscheint die Annahme des Amtsvormundes in seinem an das Jugendamt des Klägers adressierten Antragsschreiben vom 17. November 2009, eine zunächst artikulierte Ablehnung der Hilfegewährung durch die beiden Schwestern schließe die Hilfe selbst nicht aus, es müsse dann erst versucht werden, „einen Zugang zu finden“, ebenso zutreffend wie bezeichnend; das hätte entsprechend auch schon im Zeitpunkt der vorangegangenen Einstellung der Hilfen gegolten.
92Die seinerzeit gleichfalls ablehnende Haltung der Mutter stand einer Wiederaufnahmeperspektive im dargelegten Sinne ebenso wenig entgegen. Ungeachtet der Frage, inwieweit ihre Ablehnung als gefestigt und gereift einzuschätzen war, drängte sich auf, dass bei fortdauernder Verweigerung eigener Mitwirkung Maßnahmen unausweichlich sein würden, bei denen es ihrer Beteiligung nicht bedurft hätte, gegebenenfalls bis hin zu einer erneuten Heimunterbringung.
932. Der weiter geforderte Verwaltungskostenzuschlag nach § 89c Abs. 2 SGB VIII steht dem Kläger allerdings nicht zu. Nach dieser Vorschrift hat der zuständige örtliche Träger zusätzlich einen Betrag in Höhe eines Drittels der Kosten, mindestens jedoch 50 Euro, zu erstatten, wenn der unzuständige örtliche Träger die Kosten deshalb aufgewendet hat, weil ersterer pflichtwidrig gehandelt hat. Hier fehlt es an einem pflichtwidrigen Handeln der Beklagten als demjenigen Jugendhilfeträger, der für die erneute Leistungserbringung nach der Hilfeeinstellung im Sommer 2009 örtlich zuständig war.
94Pflichtwidrigkeit wird in der Regel angenommen, wenn der erstattungspflichtige Träger seine Zuständigkeit erkannt hat bzw. bei Anwendung der ihm obliegenden Sorgfalt hätte erkennen müssen und dennoch die Hilfeleistung ablehnt, verzögert oder unzureichend gewährt. Dabei ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dann, wenn der ersatzpflichtige Träger aufgrund einer schwierig zu beurteilenden rechtlichen Situation seine Ersatzpflicht ablehnt bzw. im Kompetenzkonflikt mit einem anderen Jugendhilfeträger seine Zuständigkeit aus rechtlichen Erwägungen heraus verneint, pflichtwidriges Verhalten ausscheiden kann; nicht jeder Rechtsirrtum ist pflichtwidrig.
95Vgl. zum Vorstehenden: OVG M.-V., Urteil vom 30. November 2011 - 1 L 71/09 -, juris, m. w. N.
96Davon ausgehend ist der Beklagten, auch wenn sie ihre (weitere) Zuständigkeit nach Einstellung der Hilfegewährung im Juli bzw. August 2009 zu Unrecht verneint hat, nicht der Vorwurf pflichtwidriger Untätigkeit zu machen. Denn die Prüfung der Zuständigkeit erforderte hier eine umfassende und keineswegs allein nach schematischen Kriterien zu bewältigende Würdigung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalles, bei der die gesamte „Jugendhilfekarriere“ der Schwestern, die Lebensumstände der Mutter und die Beziehung beider Seiten zueinander in den Blick zu nehmen waren. Vor diesem Hintergrund erwies sich die Beantwortung der Zuständigkeitsfrage jedenfalls als so schwierig, dass die Fehlerhaftigkeit des Ergebnisses der Beklagten nicht als sorgfaltswidrig angelastet werden kann. Die Komplexität der rechtlichen Prüfung wird dadurch unterstrichen, dass sich der Kläger zur Klärung der Zuständigkeit sowohl an das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht als auch an das Landesjugendamt gewandt, das Verwaltungsgericht seine angefochtene - einen Zuständigkeitswechsel bejahende - Entscheidung u. a. auf die Ergebnisse einer eingehenden Befragung des Amtsvormundes in der mündlichen Verhandlung gestützt und der Senat die Berufung aufgrund besonderer Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen hat.
973. Die geltend gemachten Kosten der Inobhutnahmen hat die Beklagte dem Kläger ebenfalls nicht zu erstatten. Die als Grundlage eines Erstattungsanspruchs allein in Betracht kommende Vorschrift des § 89b Abs. 1 SGB VIII greift nicht. Hiernach sind Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42 SGB VIII) aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, dessen Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt nach § 86 SGB VIII begründet wird. Letzterer war indes nicht die Beklagte, sondern vielmehr der Kläger.
98Für die Zuständigkeitsbestimmung entsprechend § 86 SGB VIII, die § 89b SGB VIII verlangt, ist in Abgrenzung zum einheitlichen Leistungsbegriff auf den Zeitpunkt des Beginns der Inobhutnahme abzustellen, auch wenn bereits eine Leistung der Jugendhilfe gewährt wurde oder wird.
99Vgl. Eschenbach/Schindler, in: FK-SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 89b Rn. 1; Reisch, a. a. O., Erl. § 89b Art. 1 KJHG Rn. 2.
100Dieser Ansatz folgt der in § 2 SGB VIII angelegten Differenzierung zwischen „Leistungen“ und „anderen Aufgaben“ der Jugendhilfe. Das Gesetz nennt die Inobhutnahme nicht im Katalog der Leistungen der Jugendhilfe (§ 2 Abs. 2 SGB VIII), sondern führt sie ausdrücklich in § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII unter der Kategorie der sonstigen Aufgaben der Jugendhilfe auf. Diese systematische und begriffliche Unterscheidung setzt sich in den Regelungen über die örtliche Zuständigkeit fort. Insofern ist der Übergang von einer Inobhutnahme zur Gewährung von Hilfe zur Erziehung - auch bei einem an sich nicht qualitativ veränderten Bedarf - nicht mit einem bloßen Wechsel innerhalb des Leistungskatalogs des § 2 Abs. 2 SGB VIII gleichzusetzen,
101vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2010
102- 5 C 12.09 -, BVerwGE 136, 185, juris,
103wobei Entsprechendes gleichermaßen im umgekehrten Verhältnis zu gelten hat.
104Auch die hinter der Regelung des § 89b SGB VIII stehende Zielsetzung, Großstädte und andere Zentralorte zu entlasten, in denen, weil es sich um typische Anziehungspunkte für schutzbedürftige Kinder und Jugendliche handelt, die Jugendhilfeträger in erhöhtem Maße vorläufige Schutzmaßnahmen ergreifen müssen,
105vgl. hierzu nur Reisch, a. a. O., Erl. § 89b Art. 1 KJHG Rn. 1; Kunkel, a. a. O, § 89b Rn. 1; Wiesner, a. a. O., § 89b Rn. 1,
106rechtfertigt es nicht, bei der durch den gewöhnlichen Aufenthalt begründeten Kostenverantwortlichkeit - abweichend vom Zeitpunkt des Maßnahmebeginns - auf weiter zurückliegende Aufenthaltsumstände abzustellen, wenn vor der Inob-hutnahme Leistungen der Jugendhilfe i. S. d. § 2 Abs. 2 SGB VIII erbracht wurden.
107Hiervon ausgehend lag bei Beginn der hier streitgegenständlichen Inobhutnah-men, die vom 9. Oktober 2009 bis zum 10. November 2009 (B. ) bzw. vom 19. November 2009 bis zum 12. Januar 2010 (E. ) andauerten, in beiden Fällen ein gewöhnlicher Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Klägers vor, wie aus einer entsprechenden Anwendung von § 86 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 SGB VIII folgt. Denn sowohl B. als auch E. hatten, bevor sie am 9. Oktober 2009 bzw. 19. November 2009 in Obhut genommen wurden, ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei der in C. wohnhaften Mutter.
108Der Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen ab Rechtshängigkeit folgt aus der entsprechenden Anwendung der §§ 291, 188 BGB stützen. Diese Vorschriften gelten vorbehaltlich spezieller Regelungen in den Fachgesetzen auch für öffentlich-rechtliche Geldschulden.
109Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2014 - 5 C 8.13 -, juris; Beschluss vom 21. Januar 2010
110- 9 B 66.08 -, DVBl. 2010, 575, juris; OVG NRW, Urteil vom 16. September 2011 - 12 A 2308/10 -, juris.
111Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 188 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO.
112Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
113Die Revision war nach § 132 Abs. 2 VwGO zuzulassen, weil die Frage, ob in der förmlichen Einstellung der Jugendhilfe regelmäßig die zuständigkeitsrechtliche Beendigung der Leistung liegt, von grundsätzlicher Bedeutung ist.
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien.
(2) Leistungen der Jugendhilfe sind:
- 1.
Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14), - 2.
Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21), - 3.
Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§§ 22 bis 25), - 4.
Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40), - 5.
Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a bis 37, 39, 40), - 6.
Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (den §§ 41 und 41a).
(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind
- 1.
die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42), - 2.
die vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise (§ 42a), - 3.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis (§§ 43, 44), - 4.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung sowie die Erteilung nachträglicher Auflagen und die damit verbundenen Aufgaben (§§ 45 bis 47, 48a), - 5.
die Tätigkeitsuntersagung (§§ 48, 48a), - 6.
die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50), - 7.
die Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind (§ 51), - 8.
die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52), - 9.
die Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie von Pflegern und Vormündern (§§ 52a, 53a), - 10.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Anerkennung als Vormundschaftsverein (§ 54), - 11.
Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft des Jugendamts (§§ 55 bis 57), - 12.
Beurkundung (§ 59), - 13.
die Aufnahme von vollstreckbaren Urkunden (§ 60).
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
Für die Inobhutnahme eines Kindes oder eines Jugendlichen (§ 42) ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme tatsächlich aufhält. Die örtliche Zuständigkeit für die Inobhutnahme eines unbegleiteten ausländischen Kindes oder Jugendlichen richtet sich nach § 88a Absatz 2.
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
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das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
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ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
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das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
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der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der Anordnung, ihn in Obhut zu nehmen und die Aufforderung, die Kosten seiner Inobhutnahme zu erstatten.
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Der Kläger reiste im November 2004 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Vor der Ausländerbehörde der beklagten Stadt gab er wahrheitswidrig an, er heiße Ali Halch, sei am 13. August 1988 in Darfur geboren und sudanesischer Staatsangehöriger. Daraufhin wurde er am 29. November 2004 dem Jugendamt der beklagten Stadt übergeben, das mit Rücksicht auf die nach den Angaben des Klägers bestehende Minderjährigkeit am selben Tag die Inobhutnahme des Klägers anordnete und ihn in einer Einrichtung der Arbeiterwohlfahrt unterbrachte. Dort hielt sich der Kläger vom 29. November bis zum 17. Dezember 2004 und vom 1. April bis zum 3. Mai 2005 auf.
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Nachdem das Jugendamt der beklagten Stadt davon Kenntnis erlangt hatte, dass der Kläger in Wahrheit aus Tunesien stammt und im Zeitpunkt der Einreise volljährig gewesen ist, nahm es mit Bescheid vom 20. April 2006 die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach § 42 Achtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VIII - für die Zeiträume vom 29. November bis 17. Dezember 2004 und vom 1. April bis 3. Mai 2005 zurück und forderte den Kläger auf, die zu Unrecht erbrachten Leistungen in Höhe von 9 253,37 € gemäß § 50 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - zu erstatten.
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Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage, die vom Kläger der Höhe nach auf das von der Beklagten aufgrund der Entgeltvereinbarung an den Einrichtungsträger für seine Unterbringung, Verpflegung und sozialpädagogische Betreuung gezahlte Entgelt von insgesamt 9 056,98 € beschränkt wurde, hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.
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Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung des Klägers stattgegeben und die angefochtenen Bescheide in dem beantragten Umfang aufgehoben. Die Inobhutnahme sei ein Verwaltungsakt. Dies gelte unabhängig davon, ob die aktenkundig am 29. November 2004 erfolgte Inobhutnahme dem Kläger selbst gegenüber schriftlich angeordnet worden sei, weil eine solche Maßnahme auch mündlich erlassen werden könne. Die Inobhutnahme sei objektiv rechtswidrig gewesen, weil der Kläger im November 2004 nicht mehr minderjährig gewesen sei. Ob die Inobhutnahme dem Kläger gegenüber als begünstigender oder als belastender (bzw. "sonstiger") Verwaltungsakt anzusehen sei, könne offenbleiben, da sowohl ein belastender ("sonstiger") Verwaltungsakt als auch ein sogenannter gemischter Verwaltungsakt beim Vorliegen der in § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X genannten Voraussetzungen wegen anfänglicher Rechtswidrigkeit rückwirkend aufgehoben werden dürfe. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil er die Inobhutnahme durch seine vorsätzlich falsche Altersangabe bewirkt habe. Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X sei gewahrt. Hinsichtlich des "Ob" der Rücknahme der Entscheidung, den Kläger in Obhut zu nehmen, habe es angesichts von dessen Bösgläubigkeit keiner vertieften Ermessenserwägungen bedurft.
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Der Erstattungsanspruch finde seine Rechtsgrundlage in § 50 Abs. 1 SGB X. Da der Beklagten im Anwendungsbereich des § 50 Abs. 1 SGB X kein Ermessen zustehe, ob sie den Erstattungsanspruch geltend mache, habe sie bei der Aufhebung des Verwaltungsaktes eine Ermessensentscheidung über den Umfang der zu erstattenden Leistungen zu treffen. Dieser Ermessensentscheidung liege ein unzutreffender Maßstab zugrunde. Im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis seien die erbrachten Leistungen im Sinne des § 50 Abs. 1 SGB X nicht mit dem zwischen dem Jugendamt und dem Träger der Einrichtung vereinbarten Entgelt gleichzusetzen. Die Entgeltvereinbarung mit dem Einrichtungsträger bilde auch keine hinreichende Grundlage für eine schätzungsweise Ermittlung der beim Kläger eingetretenen Vermögensmehrung. Der festgestellte Ermessensfehler bei der Rücknahmeentscheidung wirke sich im Entscheidungsverbund mit § 50 Abs. 1 SGB X unmittelbar auf den festgesetzten Erstattungsbetrag aus.
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Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Sie rügt eine Verletzung des § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die an den Kläger erbrachten Leistungen entsprächen den Aufwendungen, die sich aus der zwischen ihr und dem Einrichtungsträger geschlossenen Entgeltvereinbarung ergäben.
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Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist begründet. Die entscheidungstragenden Annahmen des Oberverwaltungsgerichts, die Beklagte habe im Rahmen der Ermessensausübung nach § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl I S. 130) und der im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung geltenden Änderung durch Art. 11 Nr. 2 des Gesetzes vom 21. Juni 2002 (BGBl I S. 2167) - SGB X - eine Ermessensentscheidung über den Umfang der nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstattenden Leistungen zu treffen, deren Wert nicht anhand der Entgeltvereinbarung bemessen werden dürfe, die zwischen der Beklagten und dem Einrichtungsträger geschlossen worden sei, verstößt gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Weil der Senat mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht abschließend entscheiden kann, ist die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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Nach § 50 Abs. 1 SGB X sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten (Satz 1). Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten (Satz 2). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Inobhutnahme des Klägers nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Achtes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1998 (BGBl I S. 3546) und der im Zeitraum der streitgegenständlichen Inobhutnahme geltenden Änderung durch Art. 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2004 (BGBl I S. 3852) - stellt einen diesem gegenüber ergangenen Verwaltungsakt dar (1). Aufgrund dessen sind Leistungen erbracht worden (2.). Der Verwaltungsakt der Inobhutnahme wurde mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (3.). Die Erstattung der erbrachten Leistungen ist auf den Ersatz ihres Wertes gerichtet, der sich grundsätzlich nach dem Entgelt bestimmt, das die Träger der Jugendhilfe hierfür vereinbart haben (4.).
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1. Die Inobhutnahme ist ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X (a). Dieser ist dem Kläger gegenüber wirksam ergangen (b) und hatte bis zum Zeitpunkt der Rücknahme seine Wirksamkeit nicht verloren (c).
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a) Das Jugendamt der beklagten Stadt hat - was vom Kläger im Revisionsverfahren auch nicht mehr in Abrede gestellt wird - mit der auf § 42 SGB VIII gestützten Inobhutnahme des Klägers, die von dem Vollzugsakt seines tatsächlichen Verbringens und Betreuens in der Einrichtung zu unterscheiden ist, eine Entscheidung im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts getroffen. Denn die Inobhutnahme verschafft dem Jugendamt der beklagten Stadt im konkreten Hilfefall eine Position, die das (vermeintliche) elterliche Sorgerecht für die Dauer der Inobhutnahme überlagert. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme den notwendigen Unterhalt des Klägers und die Krankenhilfe sicherzustellen (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII). Es übt das Recht der Beaufsichtigung, Erziehung und Aufenthaltsbestimmung aus (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 4 Halbs. 1 SGB VIII) und hat für das Wohl des Klägers zu sorgen, ihn in seiner gegenwärtigen Lage zu beraten und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 5 SGB VIII). Die von der Inobhutnahme umfasste Befugnis des Jugendamtes, den Kläger in einer Einrichtung unterzubringen (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII), begründet für diesen die Verpflichtung, vorübergehend den Anweisungen des Jugendamtes im Hinblick auf seine Anwesenheit in der Einrichtung zu folgen. Zugleich verleiht die Inobhutnahme dem Kläger einen Anspruch darauf, in der Einrichtung aufgenommen, verpflegt und betreut zu werden. Da die Inobhutnahme ihrem objektiven Sinngehalt entsprechend verbindliche Wirkung gegenüber dem Kläger entfaltet, ist sie auch auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet.
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b) Die Inobhutnahme ist dem Kläger gegenüber wirksam bekanntgegeben worden.
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Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekanntgegeben wird. Hierfür reicht es aus, dass die Behörde - willentlich - dem Adressaten von dem Inhalt des Verwaltungsaktes Kenntnis verschafft (vgl. Beschluss vom 11. Februar 1994 - BVerwG 2 B 173.93 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 258 S. 1
). Dies kann, soweit - wie hier - nichts anders vorgeschrieben ist, auch mündlich geschehen. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, an die der Senat mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO), ist die aktenkundig am 29. November 2004 erfolgte Inobhutnahme dem Kläger gegenüber mündlich eröffnet worden.
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Ob eine Inobhutnahme Minderjährigen gegenüber - wie die Revision meint - nur wirksam bekanntgegeben werden kann, wenn sie ihren Eltern gegenüber eröffnet wird bzw. die Wirksamkeit der Bekanntgabe die Handlungsfähigkeit nach § 36 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch vom 11. Dezember 1975 (BGBl I S. 3015), im Zeitraum der streitgegenständlichen Inobhutnahme zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 21. März 2005 (BGBl I S. 818) - SGB I - bzw. § 11 SGB X voraussetzt, braucht hier nicht entschieden zu werden, da der Kläger nach den ebenfalls bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts im Zeitpunkt der Bekanntgabe 23 Jahre alt und damit sowohl nach bürgerlichem Recht geschäftsfähig als auch nach Maßgabe der vorgenannten Vorschriften handlungsfähig war.
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Dem steht auch § 33a Abs. 1 SGB I nicht entgegen. Danach ist, wenn Rechte oder Pflichten davon abhängig sind, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist, das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten gegenüber einem Sozialleistungsträger ergibt. Diese Vorschrift ist entgegen der Rechtsansicht der Revision jedenfalls deshalb auf die Bekanntgabe der Inobhutnahme nicht anwendbar, weil sie nur für Sozialleistungen im Sinne von § 11 SGB I gilt (vgl. BSG, Urteile vom 19. Oktober 2000 - B 8 KN 3/00 R - juris Rn. 35 und vom 31. März 1998 - B 8 KN 11/95 R - SozR 3-1200 § 33a Nr. 2). Zu diesen gehört die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII nicht.
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Nach § 11 Satz 1 SGB I sind Sozialleistungen die im Sozialgesetzbuch vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen, die Gegenstand sozialer Rechte sind. Die persönlichen und erzieherischen Hilfen werden zu den Dienstleistungen gezählt (§ 11 Satz 2 SGB I). Die nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch vorgesehenen Sozialleistungen werden in § 27 Abs. 1 SGB I aufgezählt. Die Inobhutnahme ist in dieser Aufzählung nicht enthalten. Ebenso wenig wird sie im Katalog der Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 2 SGB VIII genannt. Stattdessen führt sie das Gesetz ausdrücklich in § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII unter der Kategorie der sonstigen Aufgaben der Jugendhilfe auf. Diese systematische und begriffliche Unterscheidung im Achten Buch Sozialgesetzbuch setzt sich in den Regelungen über die örtliche Zuständigkeit fort. So hat der Gesetzgeber ausweislich der gesetzlichen Überschriften in § 86 SGB VIII die "örtliche Zuständigkeit für Leistungen" geregelt, während er in § 87 SGB VIII eine gesonderte Zuständigkeitsregelung für die Inobhutnahme getroffen und diese als "örtliche Zuständigkeit für andere Aufgaben" bzw. "für vorläufige Maßnahmen" gekennzeichnet hat. Dass die Inobhutnahme selbst keine Leistung im oben genannten Sinne ist, ergibt sich schließlich auch aus § 86 Abs. 7 Satz 1 Halbs. 2 SGB VIII, welcher (mit der Formulierung "geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus ...") die Inobhutnahme der Leistungsgewährung gegenüberstellt.
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c) Der Verwaltungsakt der Inobhutnahme war im Zeitpunkt der Rücknahme noch wirksam. Dadurch, dass die Inobhutnahme zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen und beendet war, ist keine Erledigung eingetreten.
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Ein Verwaltungsakt bleibt gemäß § 39 Abs. 2 SGB X wirksam, solange und soweit er nicht erledigt ist. Allein der Vollzug eines Handlungspflichten auferlegenden Verwaltungsaktes muss nicht bereits zu dessen Erledigung führen und zwar auch dann nicht, wenn hiermit irreversible Tatsachen geschaffen werden. Die Erledigung eines Verwaltungsaktes tritt vielmehr erst ein, wenn dieser nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (vgl. Urteil vom 25. September 2008 - BVerwG 7 C 5.08 - Buchholz 345 § 6 VwVG Nr. 1 Rn. 13 m.w.N.). Daran gemessen hatte sich der Verwaltungsakt der Inobhutnahme im Zeitpunkt der Rücknahme noch nicht erledigt.
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Zwar hatte sich die Verpflichtung des Klägers, sich der Obhut zu unterstellen, mit dem Vollzug und der Beendigung der Inobhutnahme verbraucht. Der Verwaltungsakt der Inobhutnahme entfaltet darüber hinaus aber auch eine Sperrwirkung. Solange er nicht aufgehoben worden ist, hindert er den Rückgriff auf den Hilfeempfänger im Wege eines möglichen Erstattungsanspruchs nach § 50 Abs. 1 SGB X. Diese Funktion des Verwaltungsaktes dauert bis zu seiner Aufhebung an.
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2. Aufgrund des Verwaltungsaktes der Inobhutnahme sind Leistungen im Sinne des § 50 Abs. 1 SGB X erbracht worden. Der Leistungsbegriff des § 50 Abs. 1 SGB X erfasst auch die Inobhutnahme (a). Die dem Kläger in Durchführung der Inobhutnahme gewährten geldwerten Sach- und Dienstleistungen wurden aufgrund eines Verwaltungsaktes erbracht (b). Dass sich die Beklagte dabei der Hilfe eines freien Trägers der Jugendhilfe bedient hat, hindert nicht, die Leistungen als von der Beklagten erbracht anzusehen (c).
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a) Leistungen im Sinne des § 50 SGB X sind alle durch Geld-, Sach- oder Dienstleistungen bewirkten Vermögensverschiebungen, die ein Leistungsträger in Wahrnehmung seiner öffentlich-rechtlichen Verwaltungsaufgaben nach dem Sozialgesetzbuch einem Bürger erbracht hat. Denn gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB X gilt auch § 50 SGB X für die gesamte öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden, die nach dem Sozialgesetzbuch ausgeübt wird. Der Leistungsbegriff des § 50 SGB X umfasst dementsprechend nicht nur die Sozialleistungen im Sinne von § 11 und §§ 18 bis 29 SGB I, bei denen ein Leistungsträger eine Vermögensverschiebung zugunsten eines Bürgers zur Erfüllung eines vermeintlich bestehenden sozialen Rechts vornimmt, und zu denen die Inobhutnahme als solche - wie dargelegt - nicht gehört. Vielmehr ist für die Annahme einer Leistung im Sinne des § 50 SGB X erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Leistungsträger einem Bürger eine Geld-, Sach- oder Dienstleistung in Ausführung einer ihm nach dem Sozialgesetzbuch zugewiesenen Aufgabe erbracht hat (vgl. BSG, Urteile vom 7. September 2006 - B 4 RA 43/05 R - BSGE 97, 94 und vom 1. Februar 1995 - 6 RKa 9/94 - SozR 3-2500 § 76 Nr. 2).
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Dieses weite Verständnis ist vom Wortlaut des § 50 Abs. 1 SGB X gedeckt und wird vom Sinn und Zweck der Norm, das ohne Rechtsgrundlage Erlangte abzuschöpfen, gefordert. Insbesondere wird dieses Auslegungsergebnis durch systematische Erwägungen getragen. So sind in § 50 Abs. 2a SGB X ausdrücklich auch "Leistungen zur Förderung von Einrichtungen" erwähnt, die ebenfalls keine Sozialleistungen im Sinne von § 11 SGB I sind. Zudem zeigt auch § 91 Abs. 1 Nr. 7 SGB VIII i.V.m. § 92 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII, wonach Kinder und Jugendliche zu den Kosten der Inobhutnahme (§ 42 SGB VIII) heranzuziehen sind, dass der Gesetzgeber dasjenige, was dem Hilfeempfänger auf der Grundlage einer Inobhutnahme zugewandt wird, der Sache nach als ausgleichsfähigen und ausgleichsbedürftigen geldwerten Vorteil ansieht. Das Argument des Klägers, dass es sich bei der Inobhutnahme nur um eine Eingriffsmaßnahme handelt, greift nicht durch.
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In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben handelt es sich bei der mit der Inobhutnahme verbundenen Unterkunft, Verpflegung und sozialpädagogischen Betreuung des Klägers um Leistungen im Sinne des § 50 Abs. 1 SGB X.
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b) Aus der systematischen Betrachtung der Vorschrift folgt, dass § 50 Abs. 1 SGB X eine Leistung aufgrund eines Verwaltungsaktes voraussetzt. Denn § 50 Abs. 2 SGB X erfasst ausdrücklich die Fälle der Leistungserbringung "ohne Verwaltungsakt" und bildet damit das Gegenstück zu § 50 Abs. 1 SGB X, der die Leistung "mit Verwaltungsakt" zum Gegenstand hat. Erbracht ist eine Leistung im Sinne von § 50 Abs. 1 SGB X, wenn sie dem Leistungsempfänger zur Erfüllung einer Leistungsverpflichtung bzw. eines Leistungsanspruchs in einem öffentlich-rechtlichen Leistungsverhältnis zwischen dem Leistungsberechtigten und dem Leistungsträger zugewandt worden ist (vgl. BSG, Urteile vom 30. Januar 2002 - B 5 RJ 26/01 R - SozR 3-1300 § 50 Nr. 25; vom 24. Juli 2001 - B 4 RA 102/00 R - SozR 3-1300 § 50 Nr. 24 und vom 28. Juni 1991 - 11 RAr 47/90 - SozR 3-1300 § 50 Nr. 10). In diesem Sinne sind dem Kläger aufgrund der Inobhutnahme Leistungen erbracht worden.
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Zwar ist kein ausdrücklicher Leistungsbescheid ergangen, wie es für die Fälle des § 50 Abs. 1 SGB X typisch ist. Allerdings ist mit der Inobhutnahme insoweit eine Leistungsverpflichtung des Jugendamtes der beklagten Stadt verbunden, als dieses gemäß § 42 Abs. 1 Satz 5 SGB VIII für das Wohl des Klägers zu sorgen hat. Die Beklagte hat von Gesetzes wegen die Unterbringung, Verpflegung und sozialpädagogische Betreuung des Klägers während der Zeit der Inobhutnahme zu gewährleisten (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII). Dass der Kläger entsprechende Zuwendungen in Form von Sach- und Dienstleistungen zur Erfüllung der zuvor genannten Verpflichtung tatsächlich erhalten hat, steht nicht im Streit.
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c) Die dem Kläger in Durchführung der Inobhutnahme in der Einrichtung eines freien Trägers der Jugendhilfe gewährte Unterkunft, Verpflegung und sozialpädagogische Betreuung sind als Leistungen der Beklagten anzusehen. Denn sie wurden im Auftrag der Beklagten zweckgerichtet zur Durchführung der Inobhutnahme erbracht.
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Ein Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat Leistungen im Sinne des § 50 Abs. 1 SGB X erbracht, wenn er diese - hier in Wahrnehmung einer ihm nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch obliegenden Aufgabe - entweder unmittelbar selbst erbracht hat oder mittelbar durch einen Dritten hat erbringen lassen. Zwar richtet sich die Berechtigung und Verpflichtung zur Inobhutnahme im Sinne des § 42 SGB VIII an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit der Folge, dass dieser im Verhältnis zum Hilfeempfänger in der Pflicht und Verantwortung steht. Aus der Organisations- und Personalhoheit folgt aber das Recht des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zu bestimmen, wie er die seiner Zuständigkeit unterliegenden Aufgaben im Einzelnen wahrnimmt und deren ordnungsgemäße und effektive Erledigung sicherstellt. Dies schließt grundsätzlich die Entscheidung darüber ein, ob eine bestimmte Sach- und Dienstleistung durch eigene Mitarbeiter erbracht oder ein Dritter mit der Durchführung einer Aufgabe beauftragt wird. Letzteres ist dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe verwehrt, wenn die Übertragung der Aufgabenwahrnehmung auf Dritte im Einzelfall gesetzlich ausdrücklich oder sie aus anderen Gründen ausgeschlossen ist, etwa weil eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nach der Natur der Aufgabe oder ihren inhaltlichen oder organisatorischen Anforderungen nur durch Mitarbeiter des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe gewährleistet ist (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2009 - BVerwG 5 C 16.08 - BVerwGE 135, 150 = Buchholz 436.511 § 37 KJHG/SGB VIII Nr. 1 Rn. 17). Beides ist hinsichtlich der hier in Rede stehenden Gewährung von Unterkunft, Verpflegung und sozialpädagogischer Betreuung des in Obhut genommenen Klägers nicht der Fall.
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Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass die Träger der öffentlichen Jugendhilfe anerkannte Träger der freien Jugendhilfe an der Durchführung der Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII als eine andere Aufgabe der Jugendhilfe beteiligen oder ihnen diese Aufgabe zur Ausführung übertragen können (vgl. § 76 Abs. 1 SGB VIII). Die Arbeiterwohlfahrt gehört zu den anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe. Die in Durchführung der Inobhutnahme zu gewährende Unterkunft, Verpflegung und Betreuung des in Obhut Genommenen sind weder in inhaltlicher noch in organisatorischer Hinsicht von solcher Art und Qualität, dass sie in der Regel nicht auch von einem Träger der freien Jugendhilfe mit entsprechend fachlich qualifiziertem Personal erfüllt werden können (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2009 a.a.O. Rn. 17).
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Dass ein Träger der öffentlichen Jugendhilfe grundsätzlich befugt ist, sich zur Erfüllung der ihm obliegenden Aufgabe der Inobhutnahme der Hilfe Dritter zu bedienen, entspricht auch dem Subsidiaritätsgrundsatz in § 4 Abs. 2 SGB VIII. Danach soll die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen, soweit geeignete Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können. Die Erfüllung dieser Verpflichtung setzt aber zwingend voraus, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe einem anerkannten Träger der freien Jugendhilfe die Durchführung von Aufgaben der Jugendhilfe überlässt. Der Vorrang des § 4 Abs. 2 SGB VIII erfasst grundsätzlich alle Handlungsfelder der Jugendhilfe, also auch die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII (vgl. vgl. Urteil vom 22. Oktober 2009 a.a.O. Rn. 18 m.w.N.).
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3. Der Verwaltungsakt der Inobhutnahme wurde mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Als ein sowohl belastende als auch begünstigende Wirkungen entfaltender Verwaltungsakt unterliegt die Rücknahme der Inobhutnahme den Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 bis 4 SGB X für die Rücknahme von begünstigenden Verwaltungsakten (a). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt (b). Die Beklagte hat im Ergebnis auch das ihr eingeräumte Ermessen bezüglich des "Ob" der Rücknahme fehlerfrei ausgeübt (c).
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a) Bei der Inobhutnahme handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit sowohl belastender als auch begünstigender Wirkung.
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Nach der Legaldefinition in § 45 Abs. 1 SGB X ist ein begünstigender Verwaltungsakt ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat. Ein belastender Verwaltungsakt ist demgegenüber ein Verwaltungsakt, mit dem in ein Recht eingegriffen oder eine Begünstigung verweigert wird. Ob es sich bei einem Verwaltungsakt in einem - wie hier - mehrpoligen Verwaltungsrechtsverhältnis um einen begünstigenden oder belastenden Verwaltungsakt handelt, ist allein nach der Wirkung beim Adressaten zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Mai 2012 - BVerwG 6 C 3.11 - BVerwGE 143, 87 = Bucholz 442.066 § 37 TKG Nr. 4 Rn. 46 m.w.N.). Für den Kläger als Adressaten der Inobhutnahme kommt dieser insoweit belastende Wirkung zu, als der Kläger - wie dargelegt - verpflichtet ist, sich der Obhut zu unterstellen und den Anweisungen des Jugendamtes im Hinblick auf seine Anwesenheit in der Einrichtung zu folgen. Begünstigend wirkt sich die Inobhutnahme aus, weil sie Voraussetzung dafür ist, dass der Kläger von der Einrichtung des freien Trägers aufgenommen wird und dort für die Dauer der Inobhutnahme Unterkunft, Verpflegung und sozialpädagogische Betreuung erhält.
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-
Verwaltungsakte mit einer derartigen Mischwirkung sind insgesamt als begünstigend zu behandeln und den strengeren Rücknahmevoraussetzungen des § 45 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 bis 4 SGB X zu unterstellen, sofern sich begünstigende und belastende Elemente - wie hier - nicht voneinander trennen lassen (vgl. Urteil vom 9. Mai 2012 a.a.O. Rn. 47 m.w.N.).
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b) Nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Abs. 4 SGB X kann der Leistungsträger einen rechtswidrigen (aa) Verwaltungsakt mit Mischwirkung ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen, wenn der Begünstigte deswegen nicht auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertrauen durfte, weil dieser auf Angaben beruht, die er vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat (bb). Die Rücknahme ist innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen auszusprechen (cc). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
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aa) Das Oberverwaltungsgericht hat - was auch zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht - zu Recht dahin erkannt, dass die auf § 42 SGB VIII gestützte Inobhutnahme des Klägers rechtswidrig war.
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Nach § 42 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII ist das Jugendamt verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Obhutnahme erfordert. Ein derartiger Fall kann vorliegen, wenn ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlichen unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten. Kind ist, wer noch nicht 14 Jahre alt ist (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII). Jugendlicher ist, wer 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII). Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts war der Kläger - wie dargelegt - im Zeitpunkt der Inobhutnahme bereits 23 Jahre alt und damit weder Kind noch Jugendlicher. Dem steht § 33a Abs. 1 SGB I nicht entgegen, weil diese Vorschrift - wie dargelegt - nur bei Sozialleistungen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB I anwendbar ist, zu denen die Inobhutnahme nicht gehört.
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bb) Das Oberverwaltungsgericht hat in revisionsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass das Vertrauen des Klägers nicht schutzwürdig ist und die Inobhutnahme mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X) zurückgenommen werden durfte, weil diese - auf der Grundlage der nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts - im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf einer vorsätzlich falschen Altersangabe des Klägers beruhte. Dies steht zwischen den Beteiligten gleichfalls nicht im Streit.
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cc) Zwischen den Beteiligten ist auch zu Recht nicht streitig, dass die Beklagte die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten hat.
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c) Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis auch zutreffend festgestellt, dass die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen bezüglich des "Ob" der Rücknahme fehlerfrei ausgeübt hat.
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Die auf § 45 Abs. 1 und 4 SGB X gestützte Rücknahme eines von Anfang an rechtswidrigen Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit steht im Ermessen des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe. Die Ermessensentscheidung erfordert eine sachgerechte Abwägung des öffentlichen Interesses an der Herstellung gesetzmäßiger Zustände mit dem privaten Interesse des Adressaten an der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes. Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen dabei gleichberechtigt nebeneinander. Dies gilt auch, wenn eine Berufung auf Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ausscheidet (vgl. Urteil vom 14. März 2013 - BVerwG 5 C 10.12 - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen = juris Rn. 29 m.w.N.). Maßgeblich sind insoweit die Erwägungen im Widerspruchsbescheid. Denn eine behördliche Entscheidung, deren Recht- und Zweckmäßigkeit - wie hier - durch die Widerspruchsbehörde nachgeprüft werden kann, erhält gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO erst durch den Widerspruchsbescheid ihre für das gerichtliche Verfahren maßgebliche Gestalt (vgl. zuletzt Urteil vom 14. März 2013 a.a.O. Rn. 39 m.w.N.).
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Zwar ist im Rahmen der Ermessensausübung nach § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X auch zu entscheiden, ob der Verwaltungsakt ganz oder teilweise zurückgenommen wird. Des Weiteren sind gegebenenfalls die Folgen, die sich aus der Rücknahme für den Betroffenen ergeben (hier: Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs in Höhe von 9 056,98 €) in den Blick zu nehmen. Beides führt aber nicht dazu, dass im Rahmen der Ermessensausübung nach § 45 Abs. 1 und 4 SGB X eine Ermessensentscheidung über den Umfang der nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstattenden Leistungen zu treffen ist. Die gegenteilige Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Sie vermischt die Rücknahme nach § 45 SGB X einerseits mit dem Erstattungsanspruch des § 50 Abs. 1 SGB X andererseits in einer nicht zulässigen Weise. Sobald der Verwaltungsakt zurückgenommen worden ist, steht dem Leistungsträger nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X ("... sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten.") kein Ermessen zu, ob und in welchem Umfang er den Erstattungsanspruch geltend macht (vgl. BSG, Urteil vom 22. April 1987 - 10 RKg 16/85 - SozR 1300 § 50 Nr. 16).
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In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist die Ausübung des Rücknahmeermessens durch die Beklagte im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagten war ausweislich des Widerspruchsbescheides bewusst, dass ihr Ermessen zusteht, und sie hat dieses erkennbar ausgeübt. Sie hat sich bei der Ausübung des Ermessens gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I am Zweck der Ermächtigung orientiert. Sie hat das Interesse des Klägers an der Bestandskraft der rechtswidrigen Inobhutnahme mit dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes abgewogen. Letzteres schließt die Einbeziehung fiskalischer Interessen nicht aus (vgl. zuletzt Urteil vom 14. März 2013 a.a.O. Rn. 40 m.w.N.). Daher ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Beklagte von dem Gedanken hat leiten lassen, das Interesse des Klägers an der Bestandskraft der rechtswidrigen Inobhutnahme habe hinter das öffentliche Interesse an einer wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung öffentlicher Haushaltsmittel zurückzutreten. Sonstige Gründe, aus denen die Rücknahme eine Härte bedeuten würde oder aus denen von einer Rücknahme abgesehen werden sollte, seien nicht ersichtlich. Da der Kläger bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens keine für die Ermessensausübung relevanten Gesichtspunkte vorgetragen hat, konnte sich die Beklagte auch auf diese knappe allgemeine Interessenabwägung beschränken.
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4. Der Erstattungsanspruch nach § 50 Abs. 1 SGB X ist ein Anspruch auf Wertersatz und bemisst sich grundsätzlich nach dem Entgelt, das die Beklagte aufgrund der zwischen ihr und dem Träger der freien Jugendhilfe geschlossenen Entgeltvereinbarung an diesen für die Sach- und Dienstleistungen gezahlt hat.
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Die zu erstattenden Leistungen sind in Geld festzusetzen (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Dies macht eine Bewertung der erbrachten Sach- und Dienstleistungen in Geld erforderlich. Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, wie eine Umrechnung der erbrachten Sach- und Dienstleistungen in einen Geldbetrag zu erfolgen hat. Hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe - wie hier - im Einklang mit dem Gesetz von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die ihm nach dem Gesetz obliegenden Sach- und Dienstleistungen gegen Entgelt durch einen Träger der freien Jugendhilfe erbringen zu lassen, bestimmt sich deren Wert grundsätzlich nach dem Entgelt, das die Träger der Jugendhilfe hierfür vereinbart haben. Denn das vereinbarte Entgelt spiegelt in der Regel den objektiven Wert wider, der den Leistungen bei ihrer Gewährung im maßgebenden Gebiet zukommt.
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Dafür spricht, dass sich die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe als gleichberechtigte und sachkundige Vertragspartner gegenüberstehen. Dies bietet die Gewähr dafür, dass das von ihnen ausgehandelte und vereinbarte Entgelt grundsätzlich den für die Leistungen während des Leistungszeitraums im maßgebenden Gebiet üblichen Wert abbildet. Hinzu kommt, dass das vereinbarte Entgelt von dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe unabhängig davon zu entrichten ist, ob ihm gegebenenfalls ein Erstattungsanspruch nach § 50 Abs. 1 SGB X zusteht. Daher ist zu erwarten, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe sich nicht zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet, das außerhalb der Bandbreite der Entgelte anderer Einrichtungsträger im maßgebenden Gebiet liegt. Diese Annahme wird dadurch bestätigt, dass das Achte Buch Sozialgesetzbuch den Entgeltvereinbarungen von Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe eine besondere Bedeutung zuweist. Das Gesetz verpflichtet die Träger der öffentlichen Jugendhilfe zum Abschluss von Entgeltvereinbarungen, wenn diese Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe für die Gewährung der in § 78a Abs. 1 SGB VIII aufgeführten Leistungen in Anspruch nehmen. Eine derartige Verpflichtung besteht nach § 78a Abs. 2 SGB VIII für andere Leistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch und die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Macht das Landesrecht von der Ermächtigung des § 78a Abs. 2 SGB VIII - wie hier - keinen Gebrauch, haben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach § 77 Satz 1 SGB VIII derartige Vereinbarungen zumindest anzustreben. Die Entgeltvereinbarungen sollen im Bereich der stationären und teilstationären Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe zu einer Kostendämpfung beitragen, eine stärkere Transparenz von Kosten und Leistungen schaffen und die Effizienz der eingesetzten Mittel verbessern (vgl. BTDrucks 13/10330 S. 16).
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Die gerichtliche Prüfung beschränkt sich auf eine Plausibilitäts- und Willkürkontrolle des vereinbarten Entgelts, d.h. das Gericht prüft, ob bei einer überschlägigen Betrachtung Anhaltspunkte bestehen, dass das vereinbarte Entgelt willkürlich gegriffen oder wirklichkeitsfremd ist und daher ausnahmsweise nicht den objektiven Wert der Leistungen darstellt. Indiz hierfür kann beispielweise ein überhöhter Rechnungsposten oder ein Entgelt sein, das erheblich über dem mit anderen Trägern Vereinbarten liegt. Die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ermöglichen dem Senat keine abschließende Beurteilung, ob das vereinbarte pauschale Entgelt, dessen Berechtigung der Kläger in Zweifel gezogen hat, im zu entscheidenden Rechtsstreit ausnahmsweise nicht dem im fraglichen Zeitraum für Unterkunft, Verpflegung und sozialpädagogische Betreuung in einer Einrichtung Üblichen entspricht. Der Rechtsstreit ist deshalb an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
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5. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
Für die Inobhutnahme eines Kindes oder eines Jugendlichen (§ 42) ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme tatsächlich aufhält. Die örtliche Zuständigkeit für die Inobhutnahme eines unbegleiteten ausländischen Kindes oder Jugendlichen richtet sich nach § 88a Absatz 2.
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin an Jugendhilfekosten, die sie für M. -N. T. im Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 31. Dezember 2009 mit Ausnahme des Zeitraums vom 18. September 2009 bis 15. November 2009 aufgewendet hat, 9.621,87 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 30. November 2011 zu erstatten.
Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen erstinstanzlich die Beteiligten je zur Hälfte, zweitinstanzlich die Klägerin zu 5/8 und der Beklagte zu 3/8. Die
außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig voll-streckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreck-ung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwen-den, wenn nicht der jeweils andere vor der Voll-streckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten, die die Klägerin in der Zeit vom 1. August 2009 bis zum 31. Dezember 2009 für die am 1995 geborene M. -N. T. aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe aufgewendet hat; daneben stand die Rückzahlung der Leistungen, die der Beklagte der Klägerin für M. -N. im Jahr 2007 gewährte Jugendhilfe erstattet hat, im Streit.
3Nach Auswertung der Unterlagen dürfte M. -N. T. in X. als Tochter serbischer Staatsangehöriger geboren und in den Niederlanden von den Ehe-leuten H. und E. T. adoptiert worden sein. Ende 1996 zogen die Eheleute T. von X. nach F. in den Niederlanden. Im Januar 2001 verstarb Frau E. T. . Ab Sommer 2001 besuchte M. -N. eine Grundschule in H1. , wohnte jedoch weiterhin bei Herrn H. T. in F. . Am 10. März 2003 wurde Herr H. T. aufgrund eines Haft-befehls in der Justizvollzugsanstalt D. untergebracht.
4Am 11. März 2003 meldete sich die Schwiegertochter des Herrn H. T. , Frau O. T. , beim Jugendamt der Klägerin und teilte u.a. mit, sie habe M. -N. zu sich und ihren Ehemann, Herrn S. T. , nach H1. genommen. Am 7. August 2003 ging beim Jugendamt der Klägerin ein von Herrn H. T. unterzeichnetes Antragsformular ein, mit dem er die Gewährung von Jugendhilfe für M. -N. ab dem 11. März 2003 beantragte. Mit Urteil vom 10. Oktober 2003 verurteilte ihn das Landgericht N1. zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren.
5Am 13. Oktober 2003 wurde Herr H. T. wegen einer schweren Erkrankung von der Justizvollzugsanstalt D. in das krankenhaus in G. verlegt.
6Mit Bescheid vom 23. Oktober 2003 gewährte die Klägerin Herrn H. T. für M. -N. Hilfe zur Erziehung in einer Pflegefamilie unter dem Vorbehalt, dass die Überprüfung der Adoption rechtlich unbedenklich sei. Unter dem 15. Januar 2004 lehnte die Stadt D. den Antrag der Klägerin auf Übernahme des Hilfefalles in ihre Zuständigkeit mit der Begründung ab, Herr H. T. habe keinen gewöhnlichen Aufenthalt in D. begründet, weil er sich nach den Angaben der Justizvollzugsanstalt in D. dort in Untersuchungshaft befinde und sich zudem seit dem 13. Oktober 2003 in G. aufhalte.
7Am 5. Februar 2004 verstarb Herr H. T. im krankenhaus in G. .
8Unter dem 19. April 2004 beantragte die Klägerin beim Beklagten Kostenerstat-tung für die Zeit vom 11. März 2003 bis zum Tode des Herrn H. T. gemäß § 89 i.V.m. § 89c Abs. 3 SGB VIII, und für die Zeit ab Februar 2004 Kostenerstattung durch den überörtlichen Träger der Jugendhilfe gemäß § 89e Abs. 3 SGB VIII. Unter dem 21. Februar 2005 erkannte der Beklagte seine Verpflichtung zur Kostenerstattung gemäß § 89 SGB VIII für die Zeit vom 5. Februar 2004 bis auf weiteres an und lehnte eine Kostenerstattung für die Zeit vom 11. März 2003 bis zum 4. Februar 2004 ab.
9Mit Schreiben vom 14. August 2005 beantragte die Klägerin beim Beklagten erneut die Kostenerstattung ab dem 11. März 2003 und teilte u.a. mit: Wie sich jetzt herausgestellt habe, sei Herr T. bis zu seinem Tode nicht rechtskräftig verurteilt gewesen. Da er Revision eingelegt gehabt habe, sei das Urteil des Landgerichts N1. vom 10. Oktober 2003 bis zu seinem Tode nicht rechtskräftig geworden. Folglich sei er bis zu seinem Tode in Untersuchungshaft gewesen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte unter dem 26. September 2005 u.a. mit der Begründung ab, die Hilfeleistung im Zeitraum vom 11. März 2003 bis zum 6. August 2003 sei rechtswidrig gewesen, weil es insoweit an einer vorherigen Antragstellung gefehlt habe.
10Am 29. April 2005 wurde M. -N. T. in der Pflegefamilie L. in O1. untergebracht. Mit Schreiben vom 16. März 2006 beantragte die Klä-gerin beim Beklagten nochmals die Anerkennung der Kostenerstattungspflicht ab dem Hilfebeginn. Zur Begründung verwies sie auf ein Gespräch mit Frau O. T. , die am 16. März 2006 erklärt habe: Die Wohnung des Herrn H. T. in F. sei 14 Tage nach seiner Inhaftierung aufgelöst worden, da allen Beteiligten klar gewesen sei, dass eine Rückkehr nicht erfolgen würde. Herr T. habe die Tat eingestanden gehabt und gewusst, dass es für seine Tat mehrere Jahre Haft geben würde. Mit Beschluss vom 9. Mai 2006 bestellte das Amtsgericht S1. die Klägerin zum Einzelvormund für M. -N. . Unter dem 9. Juni 2006 lehnte der Beklagte auch den Antrag auf Kostenerstattung vom 16. März 2006 ab.
11Am 6. Dezember 2007 wurde M. -N. nach mehreren Eskalationen in der Pflegefamilie L. in die Jugendschutzstelle in I. gebracht und wegen der dortigen ungünstigen Belegungssituation in die Übergangsgruppe der F1. K. Westmünsterland in I. verlegt.
12Mit Bescheid vom 1. Februar 2008 stellte die Klägerin die Hilfe zur Erziehung nach § 33 SGB VIII für M. N. zum 31. Januar 2008 ein, da trotz intensiver Bemühungen eine Rückführung in die Pflegefamilie nicht möglich sei, und gewährte bis zur weiteren Klärung des Lebensmittelpunkts von M. -N. Hilfe zur Erziehung nach § 34 SGB VIII in der Übergangsgruppe I. .
13Am 14. März 2008 wurde M. -N. T. im „T2. X3. “ der F3. Jugendhilfe N3. gGmbH in I. untergebracht.
14Mit Bescheid vom 21. September 2009 stellte die Klägerin die Jugendhilfe nach § 34 SGB VIII für M. N. T. zum 18. September 2009 mit der Begründung ein: „M. -N. befand sich bis zu diesem Zeitpunkt in der Erziehungs-stelle der F3. Jugendhilfe N3. . Die Eheleute X3. leisteten die Erziehung in ihrer Familie. Die Jugendliche verließ die Wohnung der Pflegeeltern und kehrte nicht mehr zurück. Sie wurde daraufhin in der Schule aufgegriffen und am 18. September 2009 in Obhut genommen.“ Hierzu heißt es im „Abschlussbericht 14.03.2008 bis 17.09.2009“ der F. Jugendhilfe N3. gGmbH vom 20. Oktober 2009 u.a.: „In den Sommerferien 2009 schloss sich M. einer Gruppe von Jugendlichen in I. -C. an. ... Wir wussten zu Beginn der Schulzeit nicht mehr, wo sie sich aufhielt. Sie war mehrere Tage bei ihrem Freund, dessen Mutter zu der Zeit im Krankenhaus lag. ... Nach einem Klärungsversuch meldete sie sich in der Jugendschutzstelle I. und gab an, wir hätten sie aus dem Haus geschmissen. Dies konnte jedoch durch die diensthabende Kollegin mit uns geklärt werden und M. wurde dort nicht aufgenommen. Daraufhin blieb sie erst einmal verschwunden. Am 12.09.09 wurde sie von der Polizei aus der Wohnung ihres Freundes geholt und in die Jugendschutzstelle gebracht."
15Am 16. November 2009 wurde M. N. T. in einer Wohngruppe in F4. untergebracht.
16Mit Bescheid vom 25. November 2009 gewährte die Klägerin auf Antrag des Amtsvormunds M. -N4. vom 17. November 2009 Hilfe zur Erziehung ab dem 17. November 2009 für die Dauer von sechs Monaten, wobei die Maßnahme durch die Evangelische Jugendhilfe N3. in der Wohngruppe in F4. durchgeführt werde.
17Unter dem 29. Januar 2010 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Kosten-erstattung für die "Inobhutnahme 18.9. bis 15.11.2009“ in Höhe von 9.660,58 Euro. Mit E-Mail vom 10. März 2010 erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten u.a., M. sei durch das Jugendamt H1. aus der Schule heraus in Obhut genommen und durch die F. Jugendhilfe, Herrn T3. , in die Einrichtung gebracht worden.
18Unter dem 21. April 2010 bat der Beklagte die Klägerin, eine neue, korrigierte Rechnung unter Absetzung des Betrages für die Inobhutnahme sowie eines nur 80-prozentigen Ansatzes des Leistungsentgelts für die Abwesenheitszeit von M. -N. im Projekt X3. zu übersenden. Die erfolgte Inobhutnahme sei rechtswidrig und daher nicht erstattungsfähig. Nach den vorliegenden Unterlagen und der Bestätigung vom 10. März 2010 habe das Jugendamt H1. M. -N. aus der Schule heraus in Obhut genommen. Da M. -N. eine Schule in I. besuche und sich somit vor Beginn der Inobhutnahme tatsächlich in I. aufgehalten habe, sei für die Maßnahme nach § 42 SGB VIII der Kreis T4. örtlich zuständig gewesen. Aufgrund der Abwesenheit Lisas vor der Inobhut-nahme im Projekt X3. ab dem 17. August 2009 sei vom ersten Tag der vollen Abwesenheit an ein auf 80 % gemindertes Leistungsentgelt zu berechnen. Dies sei in der Rechnung vom 29. Januar 2010 nicht berücksichtigt worden.
19Mit Schreiben vom 13. August 2010 bat die Klägerin erneut um Kostenerstattung und führte u.a. aus: M. -N. sei in der Zeit vom 14. März 2008 bis zum 17. September 2009 im T2. X3. untergebracht gewesen, das vom Regionalleiter der F3. Jugendhilfe, Herrn T3. , koordiniert worden sei. Diese Maßnahme sei gescheitert, weil M. -N. aus dem T2. entwichen und nicht wieder zurückgekehrt sei. Am 18. September 2009 habe Herr T3. mit M. -N. in der Schule gesprochen. Sie habe den Wunsch geäußert, nicht mehr im T2. X3. leben zu wollen. Aufgrund dieser Situation sei M. -N. nach Rücksprache mit dem fallzuständigen Sozialarbeiter und Herrn T3. innerhalb der Einrichtungen der F3. Jugendhilfe kurzzeitig untergebracht worden, bis eine Lösung gefunden worden sei, welche Einrichtung für M. N. am geeignetsten erscheine. Hierfür habe sich die trägerinterne Schutzstelle angeboten. Hierbei habe es sich weder inhaltlich noch nach der Vorgehensweise um eine Inobhutnahme im Sinne des § 42 SGB VIII gehandelt, sondern um eine Fortführung der Maßnahme gemäß § 34 SGB VIII. Da M. -N. keine volle drei Tage am Stück abwesend gewesen sei, könne keine Korrekturrechnung erfolgen. Nach der Mitteilung des Herrn T3. sei M. -N. am 7. September 2009 bei der Polizei als vermisst gemeldet und am 12. September 2009 von der Schule abgeholt worden, dort am selben Tag jedoch wieder weggelaufen und in die Jugendschutzstelle I. ausgelagert worden, weil sie nicht zur Familie X3. habe zurückkehren wollen. Am 17. September 2009 sei sie offiziell in der Schutzstelle aufgenommen worden.
20Mit Schreiben vom 18. August 2010 lehnte der Beklagte eine Kostenerstattung erneut ab.
21Mit Bescheid vom 22. Juni 2011 hob die Klägerin ihren Einstellungsbescheid vom 21. September 2009 rückwirkend zum 18. September 2009 auf. Zur Begründung gab sie an: Die Jugendhilfe für M. -N. T. in Form von Heimpflege gemäß § 34 SGB VIII sei nicht zum 18. September 2009 eingestellt worden, sondern durch die Bereitschaftsstelle der F3. Jugendhilfe bis zur Klärung der möglichen neuen Einrichtung fortgeführt worden. Eine Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII sei nicht veranlasst worden, eine Unterbrechung der Jugendhilfemaßnahme sei nicht eingetreten. Nach dem Aufenthalt in der Bereitschaftspflegestelle habe sich eine Vermittlung in eine Wohngruppe gemäß § 34 SGB VIII anschließen können. Unter dem 21. Juli 2011 übersandte die Klägerin dem Beklagten den Einstellungsbescheid und führte hierzu aus: Die Rücknahme des Verwaltungsakts sei erfolgt, da in diesem Bescheid der Wechsel der Hilfemaßnahme irrtümlich als Inobhutnahme bezeichnet worden sei, obwohl es sich in keiner Weise um eine Unterbrechung der Hilfe gehandelt habe. Die Unterbringung des Kindes in der Bereitschaftspflegestelle des bisherigen Jugendhilfeträgers habe dem Zweck der Klärung der Frage gedient, welche Wohngruppe die geeignetste für M. -N. sei. Da die Fortführung der Hilfe zu keinem Zeitpunkt unterbrochen gewesen sei, habe es keine Leistungspflicht des örtlichen Jugendhilfeträgers gegeben. Mit Schreiben vom 2. August 2011 teilte der Beklagte der Klägerin mit, er bleibe bei seiner im Schreiben vom 18. August 2010 dargelegten Rechtsauffassung.
22Die Klägerin hat am 30. November 2011 Klage erhoben.
23Sie hat dazu die Auffassung vertreten, ihr stehe gegenüber dem Beklagten ein Kostenerstattungsanspruch nach § 89 SGB VIII für den Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 31. Dezember 2009 in Höhe von 20.314,55 Euro zu. Der Beklagte habe seine Erstattungspflicht unter dem 21. Februar 2005 dem Grunde nach anerkannt. Bei der Unterbringung von M. -N. vom 18. September bis 15. November 2009 habe es sich nicht um eine Inobhutnahme im Sinne von § 42 SGB VIII gehandelt. Vielmehr sei M. -N. in der Jugendschutzstelle I. „geparkt“ worden, um in einer anderen Wohngruppe untergebracht zu werden. Es sei kein typischer Fall der Inobhutnahme gegeben, weil M. -N. nicht auf der Straße aufgegriffen worden sei. Zudem spreche der Zeitraum von 2 Monaten gegen eine Inobhutnahme, die eine zeitlich befristete Krisenintervention darstelle. Soweit im Zusammenhang mit der Unterbringung M. -N4. in der Jugendschutzstelle I. der Begriff Inobhutnahme gebraucht worden sei, handele es sich um eine unbeachtliche Falschbezeichnung.
24Die Klägerin hat beantragt,
25den Beklagten zu verurteilen, an sie 20.314,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
26Der Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Er hat sich auf den Standpunkt gestellt, der Klägerin stehe insgesamt keine Kostenerstattung durch den überörtlichen Träger der Jugendhilfe zu. Dass sich die Klägerin darauf berufe, in der Kinder- und Jugendschutzstelle sei die Fortführung der Hilfe gemäß § 34 SGB VIII erfolgt, ändere nichts daran, dass die entsprechende Rechnung selbst das erhöhte Entgelt einer Inobhutnahme ausweise. Des Weiteren sei für die Abwesenheitszeiten M. -N4. im T2. X3. das geminderte Leistungsentgelt von 80 % zu berechnen.
29Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
30Er hat im Wesentlichen vorgetragen: Die von der Klägerin geleistete Hilfe zur Erziehung für M. -N. T. sei durch die Unterbringung in der Jugend-schutzstelle I. in der Zeit vom 18. September 2009 bis 16. November 2009 nicht bzw. nicht relevant unterbrochen worden. Eine erneute Prüfung der örtlichen Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers sei deshalb nicht notwendig, er sei für die Fortführung der Hilfe zur Erziehung in der Wohngruppe nicht zuständig geworden. Die Klägerin habe nachvollziehbar erläutert, dass die Unterbringung in der Jugendschutzstelle im Rahmen der Hilfe zur Erziehung erfolgt sei. Die Unter-bringung sei lediglich erfolgt, um M. -N. T. nach dem plötzlichen Scheitern in der Erziehungsstelle während der Suche nach einer geeigneten Wohngruppe vorübergehend zu versorgen und zu erziehen. Ein Grund für eine Inobhutnahme sei nicht ersichtlich. Eine Gefährdungssituation habe nicht be-standen, ein Antrag auf Hilfe zur Erziehung sei gestellt gewesen und der Bedarf für eine solche Hilfe habe durchgehend bestanden. Wenn aber ein fortsetzungs-fähiger und -bedürftiger Hilfebedarf bestehe, sei trotz kurzzeitiger formaler Unterbrechung von einer einheitlichen kontinuierlichen Leistungsgewährung auszugehen.
31Der Beklagte hat am 29. Dezember 2011 Widerklage erhoben.
32Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht: Die Klägerin sei zur Rückzahlung der ihr bislang erstatteten Leistungen verpflichtet, weil diese zu Unrecht geleistet worden seien. Mit der Widerklage würden zunächst nur die für das Jahr 2007 geleisteten Erstattungen geltend gemacht. Der Klägerin habe insgesamt kein Kostenerstattungsanspruch zugestanden, weil sich ihre örtliche Zuständigkeit nicht nach dem tatsächlichen Aufenthalt M. -N4. gerichtet habe, sondern nach ihrem gewöhnlichen Aufenthalt in H1. . Dort habe sie mit ihrer Aufnahme in den Haushalt ihres Bruders und seiner Ehefrau am 10. März 2003 einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet, weil ihr Vater verhaftet worden und ihre Mutter bereits verstorben gewesen sei, so dass sie sich bis auf weiteres zukunftsoffen bei ihrem Bruder in H1. aufgehalten habe. Da Herr H. T. während der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt D. keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe, habe sich die örtliche Zuständigkeit für Leistungen gemäß § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes gerichtet. Da dieser in einer nicht vom Schutz der Einrichtungsorte gemäß § 89e SGB VIII erfassten anderen Familie begründet worden sei, stehe der Klägerin keine Kostenerstattung zu. Ein Erstattungsanspruch der Klägerin scheide auch deshalb aus, weil der Antrag auf Hilfe zur Erziehung von der Schwiegertochter des Herrn H. T. gestellt worden sei, die jedoch hierzu nicht berechtigt gewesen sei.
33Der Beklagte als Widerkläger hat beantragt,
34die Widerbeklagte zu verurteilen, an ihn 23.029,09 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz zu zahlen.
35Die Klägerin als Widerbeklagte hat beantragt,
36die Widerklage abzuweisen.
37Sie hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Die bisherigen Erstattungen seien nicht zu Unrecht erfolgt. Der Widerkläger sei nach wie vor gemäß §§ 86 Abs. 4 Satz 2, 89 SGB VIII kostenerstattungspflichtig. Hierfür sei der tatsächliche Aufenthalt des Kindes M. -N. T. vor Hilfebeginn maßgeblich. M. -N. habe vor Hilfebeginn zusammen mit ihrem Vater in den Niederlanden gelebt, also in Deutschland keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Anfangs sei es auch nicht klar gewesen, ob M. -N. in der Familie ihres Bruders verbleiben könne. Durch die unmittelbare Beantragung von Hilfe zur Erziehung sei deutlich geworden, dass die Familie des Bruders von M. -N. wie eine sonstige Institution im Sinne von § 89e SGB VIII tätig geworden sei. Im Übrigen sei der Widerkläger selbst von seiner Kostenerstattungspflicht ausgegangen.
38Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.685,02 Euro nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 30. November 2011 zu zahlen. Die Klage im Übrigen und die Widerklage sind abgewiesen worden.
39Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, der Klägerin stehe gegenüber dem Beklagten als überörtlichem Träger nach § 89 SGB VIII zwar ein Anspruch auf Erstattung der Kosten zu, die sie in der Zeit vom 1. August 2009 bis jedenfalls zum 17. September 2009 als nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII wegen des tatsächlichen Aufenthaltes des Mädchens zuständiger örtlicher Träger für M. -N. T. gemäß §§ 27, 33 SGB VIII in Form von Unterbringungs-kosten aufgewendet habe, von diesen seien aber - nach dem in § 89f Abs. 1 SGB VIII enthaltenen sog. „Grundsatz der Interessenwahrnehmung“ - Überzahlungen an das „T2. X3. “ wegen der Abwesenheitszeiten der Hilfeempfängerin, die nach Maßgabe des einschlägigen Rahmenvertrages nur i. H. v. 80 % des für den Pflegetag vereinbarten Leistungsentgeltes hätten übernommen werden dürfen, in Abzug zu bringen. Weil es für die Rechtmäßigkeit der Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 33, 34 SGB VIII ausreiche, dass der Personensorge-berechtigte mit der Hilfe einverstanden sei, sei vor dem Hintergrund des vom Adoptivvater H. T. nachträglich im August 2003 gestellten und ausdrücklich auf die Zeit ab dem 11. März 2003 bezogenen Jugendhilfeantrages hingegen unschädlich, dass die Hilfe anfänglich am 11. März 2003 durch die für M. -N. nicht sorgeberechtigte Frau O. T. beantragt worden sei.
40§ 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII, nach dem in den Fällen, in denen das Kind oder der Jugendliche während der letzten 6 Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe, der örtliche Träger zuständig sei, in dessen Bereich sich das Kind bzw. der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufgehalten habe, greife hier deswegen, weil Herr H. T. , der - da seine Ehefrau E. T. bereits verstorben war - für M. -N. nach überein-stimmender Auffassung der Beteiligten allein sorgeberechtigt und damit nach § 86 Abs. 1 bis 3 SGB VIII maßgeblicher Elternteil gewesen sei, im Sinne von § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt habe. Ausgehend von § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I sei durch seine Inhaftierung am 10. März 2003 in der JVA D. und seine Umverlegung ab dem 13. Oktober 2003 in das krankenhaus G. kein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland begründet worden, weil er sich wegen der gegen die Verurteilung zu einer Frei-heitsstrafe vom 10. Oktober 2003 eingelegten Revision bis zu seinem Tod am 5. Februar 2004 nur in Untersuchungshaft befunden habe und insoweit - trotz des angeblichen Geständnisses seiner Tat gegenüber seiner Schwiegertochter am 16. März 2006 und der Auflösung seiner Wohnung bereits 14 Tage nach seiner Inhaftierung - weder von einem „nicht nur vorübergehenden Verweilen“ noch von einem „Mittelpunkt der Lebensbeziehungen“ im Vollzug ausgegangen werden könne.
41Obwohl Herr H. T. keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt habe, richte sich die örtliche Zuständigkeit hier nicht nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, nämlich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung, weil auch M. -N. T. zu dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt keinen gewöhnlichen Aufenthalt (im Inland) besessen habe. Unter Berücksichtigung der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung sei als Beginn der Leistung nämlich der Zeitpunkt anzusehen, ab dem die Klägerin für das Mädchen Jugendhilfeleistungen erbracht und Herrn H. T. ausweislich des Bescheides vom 23. Oktober 2003 Hilfe zur Erziehung ab dem 11. März 2003 gewährt habe. Vor diesem Zeitpunkt habe M. -N. T. keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland begründet, weil sie diesen bis zum 10. März 2003 gemeinsam mit ihrem Adoptivvater im niederländischen F. gehabt habe und bei ihrer anschließenden Aufnahme in den Haushalt der Eheleute T. in H1. noch nicht festgestanden habe, dass sie dort ihren Lebensmittelpunkt begründen würde. Vor dem Hintergrund, dass Frau M. T. nicht sorgeberechtigt und damit auch gegenüber dem Jugendamt nicht antragsberechtigt gewesen sei und gegen Herrn H. T. gerade erst die Untersuchunghaft verhängt, aber noch keine Verurteilung erfolgt sei, habe sich das weitere Aufenthaltsschicksal des Mädchens vielmehr als völlig ungewiss dargestellt.
42Trotz mangelnden gewöhnlichen Aufenthaltes sei die Klägerin aber nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII örtlich zuständiger Träger der Jugendhilfe gewesen, weil M. -N. T. sich vor dem 11. März 2003 als Zeitpunkt des Beginns der Leistung jedenfalls tatsachlich bei den Eheleuten T. in H1. aufgehalten habe.
43Demgegenüber sei ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten gemäß § 89 SGB VIII sowohl hinsichtlich des Zeitraums vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 als auch hinsichtlich des Zeitraums vom 17. November 2009 bis zum 31. Dezember 2009 zu verneinen.
44Bezüglich der erstgenannten Phase sei die Klägerin für die M. -N. T. gewährte Jugendhilfe nicht die örtlich zuständige Jugendhilfeträgerin gewesen. Denn hinsichtlich der für das Mädchen in diesem Zeitraum gewährten Jugendhilfe sei die örtliche Zuständigkeit neu zu bestimmen. Hierfür spreche bereits, dass die Klägerin die für M. -N. bis dahin gewährte Hilfe zur Erziehung durch Be-scheid vom 21. September 2009 ausdrücklich zum 18. September 2009 einge-stellt und die Pflegestelle „T2. X3. “ die Maßnahme am 17. September lt. Abschlussbericht vom 20. Oktober 2009 beendet habe. An der Erforderlichkeit einer neuen Bestimmung der Zuständigkeit ändere es nichts, dass die Klägerin den Einstellungsbescheid vom 21. September 2009 mit Bescheid vom 22. Juni 2011 wieder zurückgenommen habe, weil der Annahme einer bloßen Fortsetzung der zuvor gewährten Hilfe zur Erziehung bereits entgegenstehe, dass für die Zeit vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 kein Bescheid der Klägerin über eine Gewährung von Hilfe zur Erziehung (in Form der Unterbringung nunmehr in der Jugendschutzstelle in I. ) ergangen sei. Auch habe insoweit kein Antrag auf Hilfe zur Erziehung des seinerzeit für M. - N. personensorgeberechtigten Amtsvormundes vorgelegen. Dieser sei vielmehr erst am 17. November 2009 gestellt worden, woraufhin die Klägerin durch Bescheid vom 25. November 2009 Hilfe zur Erziehung (in Form der Heimerziehung in einer Wohngruppe in F4. ) ausdrücklich erst wieder ab dem 17. November 2009 gewährt habe. Sei danach die örtliche Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers zum 18. September 2009 neu zu bestimmen, scheide ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 89 SGB VIII der Klägerin gegenüber dem Beklagten hinsichtlich des Zeitraums vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 aus, weil es sich bei der in diesem Zeitraum für M. -N. T. gewährten Jugendhilfe um eine Inobhutnahme i. S. v. § 42 SGB VIII gehandelt habe, für die nicht die Klägerin, sondern nach § 87 SGB VIII der Beigeladene örtlich zuständig gewesen sei. Nach der einschlägigen Vorschrift sei für die Inobhutnahme der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind bzw. der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme tatsächlich aufhalte. Dies sei hier - da sich M. -N. vor Beginn ihrer Aufnahme in der Jugendschutzstelle tatsächlich in I. aufgehalten habe, diese Stadt aber über kein eigenes Jugendamt verfüge - der beigeladene Kreis.
45Dafür, dass es sich bei der am 18. September 2009 erfolgten Unterbringung von M. -N. in der Jugendschutzstelle I. um eine Inobhutnahme gehandelt habe, spreche bereits, dass die Klägerin diese Maßnahme wiederholt selbst als Inobhutnahme bezeichnet habe. Aber auch unabhängig hiervon sei die Maß-nahme gemessen an Sinn und Zweck des Institutes sowie seinen Vorausset-zungen als Inobhutnahme zu qualifizieren. Insbesondere habe sich M. -N. T. - nachdem sie am 7. September 2009 als vermisst gemeldet, dann am 12. September aufgegriffen worden sei und dabei offenbar erklärt habe, nicht wieder in die Pflegefamilie zurückkehren zu wollen - in einer Gefährdungssitu-ation befunden, die eine vorläufige Schutzmaßnahme im Sinne einer Krisenin-tervention des Jugendamtes gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII habe erforderlich erscheinen lassen. Dass hier von einer Gefahr für das Wohl des Mädchens auszugehen gewesen sei, zeige, dass die damals 14 Jahre alte Jugendliche ohne die Intervention der Klägerin offensichtlich ohne feste Unterkunft und Erziehung geblieben wäre. Der Annahme einer Inobhutnahme stehe auch nicht entgegen, dass M. -N. in der Jugendschutzstelle angeblich nur „geparkt“ gewesen sein soll, um nach einer geeigneten anderweitigen Unterbringungsmöglichkeit zu suchen. Vielmehr ergebe sich bereits aus dem Charakter der Inob-hutnahme als bloß vorläufiger Maßnahme und lasse sich deshalb von vornherein nicht als Argument gegen die Annahme einer Inobhutnahme anführen, dass das Jugendamt verpflichtet sei, die Art des jugendhilferechtlichen Bedarfs zu klären und eine Entscheidung über die gebotene Anschlusshilfe herbeizuführen.
46Ebenso wenig greife vorliegend der Grundsatz, dass in Fällen, in denen ein fortsetzungsfähiger und -bedürftiger Hilfebedarf bestehe, trotz kurzzeitiger formaler Unterbrechung von einer einheitlichen kontinuierlichen Leistungsgewährung auszugehen sei. Abgesehen davon, dass die hier vorliegende Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII keine Leistung der Jugendhilfe im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VIII darstelle, hinsichtlich derer bei einem qualitativ unveränderten jugendhilferechtlichen Bedarf eine bloße Schwerpunktverlagerung mit der Folge einer Anpassung der Ausgestaltung der Hilfe für unschädlich erachtet werde, sondern zu den anderen Aufgaben der Jugendhilfe gehöre (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII), bedeute der auf eine Gesamtbetrachtung abstellende zuständigkeitsrechtliche Leistungsbegriff nämlich nicht, dass jede beliebige Maßnahme der Jugendhilfe den Beginn einer Leistung darstelle oder es allein auf die erstmalige Gewährung von Jugendhilfe im Sinne des Beginns einer „Jugendhilfekarriere“ ankomme. Der Rechtsgrundlage für eine bestimmte Hilfemaßnahme komme für sich allein zuständigkeitsrechtliche Bedeutung vielmehr unmittelbar insoweit zu, als die Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit - wie in § 86a Abs. 4, § 86b Abs. 1 SGB VIII - auf die Hilfegewährung gerade nach einer bestimmten Rechtsgrundlage Bezug nähmen. Dies sei ausweislich § 87 SGB VIII auch hinsichtlich der Inobhutnahme im Sinne von § 42 SGB VIII der Fall. Nehme § 87 SGB VII auf die spezielle Hilfegewährung nach § 42 SGB VIII Bezug, greife im vorliegenden Fall hinsichtlich des Zeitraums ab dem 18. September 2009 eine besondere Zuständigkeitsregelung ein, die das Fortbestehen der bisherigen örtlichen Zuständigkeit ausschließe.
47Dementsprechend stehe der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch gemäß § 89 SGB VIII der Klägerin auch hinsichtlich des Zeitraums vom 17. November 2009 bis zum 31. Dezember 2009 nicht zu, denn insoweit sei sie ebenfalls nicht im Sinne der genannten Vorschrift die örtlich zuständige Trägerin der Jugendhilfe gewesen. Da die örtliche Zuständigkeit der Klägerin für die M. -N. zu gewährende Jugendhilfe am 17. September 2009 geendet habe, sei die örtliche Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers gleichfalls für die Zeit ab dem 17. November 2009 neu zu bestimmen. Insoweit richte sich die örtliche Zuständigkeit nunmehr nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, also nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Jugendlichen vor Beginn der neu ansetzenden Leistung. Da zum Zeitpunkt des Beginns der Leistung am 17. November 2009 die Eltern von M. -N. T. bereits verstorben gewesen seien und das Mädchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt vor Leistungsbeginn in I. (Pflegefamilie X3. bzw. Jugendschutzstelle) gehabt habe, sei diesbezüglich ebenfalls der Beigeladene örtlich zuständig gewesen.
48Dem Beklagten als Widerkläger seinerseits stehe gegenüber der Klägerin als Widerbeklagten kein Anspruch auf Rückzahlung der von ihm der Klägerin erstatteten Beträge für die im Jahr 2007 geleistete Jugendhilfe für M. -N. T. aus § 112 SGB X zu. Habe der Widerbeklagten gegenüber dem Widerkläger für die Zeit vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 89 SGB VIII zugestanden, weil sie für die dem Mädchen vom 11. März 2003 bis zum 17. September 2009 in Anwendung von §§ 27, 33 SGB VIII gewährte Hilfe zur Erziehung nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII und damit aufgrund eines tatsächlichen Aufenthaltes M. -N4. örtlich zuständig gewesen ist, habe der Widerkläger auf Grund seiner Kostenerstattungszusage vom 21. Februar 2005 der Widerbeklagten die Kosten der aufgewendeten Jugendhilfe jedenfalls auch für das Jahr 2007 zu Recht erstattet.
49Hinsichtlich weiterer Einzelheiten in der Argumentation des Verwaltungsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
50Mit Beschluss vom 24 März 2014 hat der Senat die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil zugelassen, weil es besondere rechtliche Schwierigkeiten aufwerfe, inwieweit der Charakter einer - Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII nachfolgenden - Maßnahme als Inobhutnahme i. S. v. § 42 SGB VIII, die als solche keine „Leistung“ im Sinne der Zuständigkeitsregelungen des SGB VIII darstelle, maßgeblich durch das Etikett bestimmt werde, das ihr der tätig werdende Jugendhilfeträger förmlich aufdrücke, oder nicht vielmehr für die Änderung der Hilfe von einer Leistung i. S. v. § 2 Abs. 2 SGB VIII zur Aufgabenerfüllung i. S. v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII und damit für eine Unterbrechung entscheidend sei, ob sich bei gleichbleibender Art und Weise der Förderung die objektive Bedarfslage beim Kind oder Jugendlichen maßgeblich geändert habe. Zum anderen würden besondere Anforderungen an die Rechtsfindung aus der Beantwortung der Frage erwachsen, ob nicht auch dann, wenn vorliegend von einer weniger als 3 Monate dauernden Inobhutnahme i. S. v. § 42 SGB VIII auszugehen sei, die Hilfeleistung nach §§ 27, 34 SGB VIII dennoch zuständigkeitsrechtlich gesehen keine relevante Unterbrechung erfahren habe.
51Die Klägerin begründet ihre Berufung unter Bezugnahme auf ihre Zulassungsbegründung und den Zulassungsbeschluss des Senates im Wesentlichen wie folgt:
52Bezüglich des Zeitraums vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 gehe das Verwaltungsgericht zu Unrecht auf der Grundlage des Abschlussberichtes der Ev. Jugendhilfe N3. vom 20. Oktober 2009 davon aus, dass sich M. -N. ab dem 17. August 2009 nicht mehr in der Pflegefamilie X3. befunden habe und deshalb für den Zeitraum vom 17. August 2009 bis zum 17. September 2009 eine Kürzung des Pflegesatzes auf 80 % in Rechnung zu stellen sei. Soweit ein gegenläufiger Aktenvermerk von Frau I1. - Wirtschaftliche Jugendhilfe der Klägerin - vom 13. August 2010 als nicht überzeugend abgetan werde, stimme dieser indes mit den Angaben in der E-Mail des - ggfs. anzuhörenden - Herrn T3. , Regionalkoordinator der F3. Jugendhilfe für den Bereich I. , vom 29. Juli 2010 überein, derzufolge M. -N. im T2. X3. zu keinem Zeitpunkt länger als 3 Tage abwesend gewesen sein solle.
53Was den Zeitraum vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 angehe, gehe das Verwaltungsgericht auf der Grundlage einer fehlerhaften Sach-verhaltswürdigung in gleicher Weise zu Unrecht davon aus, dass mit der endgültigen Unterbringung von M. -N. in der Jugendschutzstelle I. die bis dahin gewährte Hilfeleistung in Form der Heimunterbringung nach §§ 27, 34 SGB VIII zugunsten einer Inobhutnahme geendet habe. Voraussetzung einer Inobhut-nahme sei nach § 42 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII nämlich unter anderem, dass einedringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Maßnahme erfordere. Eine Gefahr sei dringend, wenn eine Sachlage oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das Wohl des Kindes bzw. Jugendlichen gefährdet werde. Die Gefahrenlage müsse also eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes oder Jugendlichen erwarten lassen, wobei in der Praxis insbesondere die Fälle einer extremen Vernachlässigung des Kindes - beispielsweise durch Überforderung der Eltern - oder Fälle einer Kindesmisshandlung bzw. eines Kindesmissbrauchs sowie einer Eigengefährdung aufgrund exzessiven Alkohol- oder Drogenkonsums in Betracht kämen. Von einer derartigen Sachlage könne vorliegend jedoch schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil M. -N. nach Mitteilung von Herrn T3. keine vollen 3 Tage abwesend gewesen sei. Des Weiteren ergebe sich aus dem Abschlussbericht X3. lediglich, dass die Situation dort derart eskaliert sei, dass M. -N. den bloßen Wunsch gehabt habe, nicht mehr am T2. X3. zu verbleiben. Der Abschlussbericht habe aufgrund der festgestellten und aufgeführten Fakten aber dennoch eine weitere Unterbringung in einer Wohngruppe empfohlen. Daraus ergebe sich zwar, dass die Inobhutnahme M. -N4. der Beseitigung einer aktuellen Krisensituation gedient habe. Eine Kindeswohlgefährdung, wie sie die Beklagte vortrage und vom Verwaltungsgericht angenommen werde, habe hingegen zu keinem Zeitpunkt bestanden. In qualitativer Hinsicht habe der Hilfebedarf vielmehr im wesentlichen unverändert auch nach dem 17. September 2009 fortbestanden. Die Inobhutnahme in der Jugendschutzstelle I. habe gerade nicht diesen - kontinuierlich Hilfe erfordernden - Bedarf von M. -N. unterbrochen, sondern sei wegen der Eskalation der Situation bei der Pflegestelle X3. notwendig geworden, um mit dem Mädchen gemeinsam eine andere Lösung zu finden.
54Wenn das Verwaltungsgericht annehme, dass es sich bei der Unterbringung in der Jugendschutzstelle auch deshalb um eine Inobhutnahme i. S. v. § 42 SGB VIII handele, weil die Klägerin diese Maßnahme selbst als Inobhutnahme bezeichnet habe, könne dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Wie bereits in der vorgerichtlichen Korrespondenz mehrfach betont, sei M. -N. in der Jugendschutzstelle lediglich „geparkt“ worden, um von dort aus eine weitere Unterbringungsmöglichkeit in einer anderen Wohngruppe zu suchen. Die Bezeichnung „Inobhutnahme“ stelle in diesem Zusammenhang ein Fall der „falsa demonstratio non nocet“ dar. Dass die Tagessätze von der Jugendschutzstelle I. der Höhe nach wie für eine Maßnahme i. S. v. § 42 SGB VIII abgerechnet worden seien, sei insoweit irrelevant. Von der Jugendschutzstelle I. sei rein tatsächlich eine Hilfeleistung nach §§ 27, 34 SGB VIII erbracht worden, ohne dass eine Änderung der Hilfeform herbeigeführt worden sei, die eine Neubestimmung der örtlichen Zuständigkeit habe auslösen können.
55Die örtliche Zuständigkeit sei auch im Übrigen nicht ab dem 18. September 2009 neu zu bestimmen gewesen. Die Beendigung der Maßnahme X3. am 17. September 2009 habe nämlich keine Unterbrechung der nach wie vor erforderlichen Wohngruppenunterbringung für M. -N. dargestellt. Deshalb könne der Annahme, dass die am 22. Juni 2011 erfolgte Rücknahme des Einstellungs-bescheides vom 21. September 2009 an der Erforderlichkeit der Neubestimmung der Zuständigkeit nichts ändere, nicht gefolgt werden. Der Hilfebedarf in Form der Wohngruppenunterbringung i. S. d. §§ 27, 34 SGB VIII sei bei M. -N. nach wie vor vornehmlich deshalb gegeben gewesen, weil ihre Adoptiveltern verstor-ben seien. Zum Zeitpunkt der vermeintlichen „Inobhutnahme“ sei M. -N. erst 14 Jahre alt und Vollwaise gewesen, weshalb eine Beendigung der Jugendhilfe-leistung nicht habe erfolgen könnten und auch nie in Betracht gezogen worden sei.
56Ein Bescheid der Klägerin über eine Gewährung von Hilfe zur Erziehung in der Zeit vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 sei nicht erforderlich gewesen, da die Hilfe zur Erziehung kontinuierlich gewährt worden sei. Die Rücknahme der rechtswidrigen Einstellung vom 21. September 2009 habe lediglich der Klarstellung gedient, dass die ursprünglich gewährte Hilfe fortgesetzt worden sei. Insofern sei auch unschädlich gewesen, dass für diesen Zeitraum kein Antrag des Amtsvormundes vorgelegen habe. In Anbetracht der Kontinuität der bisherigen Leistung auf Grundlage des ursprünglichen Antrags vom 2. August 2003 sei kein erneuter Leistungsantrag erforderlich gewesen. Auch der in diesem Zusammenhang gestellte Antrag vom 17. November 2009 habe lediglich der Klarstellung gedient, dass die Wohnunterbringung ab dem gleichen Tage woanders - nämlich nunmehr bei einer Wohngruppe in F4. - fortgesetzt werde. In qualitativer Hinsicht habe sich an der Jugendhilfe für M. -N. dadurch nichts geändert.
57Selbstverständliche Konsequenz der vorstehenden Ausführungen sei, dass die örtliche Zuständigkeit ab dem 17. November 2009 ebenfalls nicht neu zu bestim-men gewesen sei.
58Selbst wenn man begrifflich von einer zwischenzeitlichen Inobhutnahme ausgeh-en wolle, könne - wenn nicht sogar zuständigkeitsrechtlich die Fortsetzung der gleichen Leistung anzunehmen sei - dem Urteil des Verwaltungsgerichts Ans-bach vom 14. Juni 2012 - AN 14 K 10.01808 - und einem DIJuF-Rechtsgutachten vom 1. September 2013 zumindest entnommen werden, dass eine zum 16. No-vember 2009 wiederaufgenommene Hilfeleistung jedenfalls nicht durch eine solche Inobhutnahme unterbrochen werde. Unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Hilfe in der Jugendschutzstelle in der Zeit vom 18. September bis zum 15. November 2009 bestehe zwischen der Hilfegewährung vom 11. März 2003 bis zum 17. September 2009 und der ab dem 16. November 2009 nämlich als Geringstes ein Fortsetzungszusammenhang. Vor dem Hintergrund eines zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffes, dem eine Gesamtbetrachtung der verschiedenen Maßnahmen und Hilfen im Hinblick darauf zugrundezulegen sei, ob sie zur Deckung eines unveränderten jugendhilferechtlichen Bedarfes erforderlich seien, komme es an sich von vornherein schon gar nicht darauf an, ob sich bei einem auf einen längeren Zeitraum angelegten Hilfeprozess bloß die Schwerpunkte innerhalb des Hilfebedarfes zwischenzeitlich verschieben und Modifikationen, Änderungen oder Ergänzungen bedingen würden. Stehe für den Begriff „Leistung“ die Sicherstellung der Kontinuität einer bedarfsgerechten Hilfegewährung im Vordergrund, hätte selbst eine kurzfristige Unterbrechung jeglicher Hilfeleistung von bis zu 3 Monaten nach den insoweit entsprechend anzuwendenden §§ 86 Abs. 7 Satz 4, 86a Abs. 4 Satz 2 und 86b Abs. 3 Satz 2 SGB VIII bei kontinuierlich fortbestehendem Hilfebedarf außer Betracht zu bleiben. Auch hier sei bei gleichbleibendem Bedarf mit einer alsbaldigen Wiederaufnahme der Unterbringung in Heimerziehung zu rechnen gewesen.
59Die Klägerin beantragt,
60den Beklagten unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils über die dort zugesprochenen 3.685,02 Euro hinaus zur Erstattung der vollen 20.314,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 30. November 2011 zu verurteilen.
61Der Beklagte beantragt,
62die Berufung zurückzuweisen.
63Der Beklagte verteidigt - bis auf eine im dort zugestandenen Erstattungsbetrag von 3.685,02 Euro enthaltene Weihnachtsbeihilfe über 35,- Euro - das erstin-stanzliche Urteil.
64In der Zeit vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 sei M. -N. T. ausweislich der Mitteilung an den personensorgeberechtigten Amtsvor-mund vom 21. September 2009 und den Angaben im Hilfeplan vom 6. Januar 2010 im Rahmen einer Inobhutnahme untergebracht gewesen. Von einer „falsa demonstratio“ könne angesichts des eindeutigen Wortlautes der Mitteilung nicht die Rede sein. Da M. -N. an der I2. -Schule in I. aufgegriffen worden sei, stelle sich die Inobhutnahme - weil nach § 87 SGB VIII der Beige-ladene als Träger der öffentlichen Jugendhilfe für diesen Bereich örtlich zuständig gewesen sei - im Übrigen zudem als rechtswidrig dar.
65Ebenso wenig könne nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverwal-tungsgerichtes zum Leistungsbegriff dann vom Vorliegen einer einheitlichen Hilfemaßnahme die Rede sein, wenn - wie hier - vom Katalog des § 2 Abs. 2 SGB VIII (Leistung i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII) zum Katalog des § 2 Abs. 3 SGB VIII (andere Aufgabe i. S. v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII) gewechselt werde. Im Zeitpunkt der neuerlichen Antragstellung des Vormundes am 17. November 2009 sei das Verwaltungsgericht vor diesem Hintergrund zu Recht von der Notwendigkeit einer erneuten Prüfung der örtlichen Zuständigkeit ausgegangen, da im Zeitpunkt der förmlichen Beendigung der vorherigen Hilfe zum 18. September 2009 keine „konkretisierte“ Wiederaufnahmeperspektive vorgelegen habe. Erst im Abschlussbericht des Standortprojektes X3. vom 20. Oktober 2009 sei eine weitere Unterbringung in einer Wohngruppe empfohlen worden.
66Der Beigeladene, der keinen Antrag stellt, schließt sich den Ausführungen der Klägerin zur Berufungsbegründung an.
67Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (2 Bände) und der zu dem Verfahren eingereichten Verwaltungsvorgänge (3 Hefte) verwiesen.
68E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
69Die Berufung hat - wie aus dem Tenor ersichtlich - jedenfalls teilweise Erfolg.
70Der Klägerin steht - über den vom Verwaltungsgericht in Anwendung des Grundsatzes der Interessenwahrnehmung zu Recht auf 3.685,02 Euro beschränkten Anspruch auf Erstattung des Kostenaufwandes für die Unterbringung von M. -N. T. in der Pflegefamilie X3. im Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 hinaus - ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 89 SGB VIII i. H. v. 5.936,85 Euro auch für den Leistungszeitraumzeitraum vom 16. November 2009 bis zum 31. Dezember 2009 zu, in dem Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII in Form der Unterbringung des Mädchens in einer Wohngruppe der F3. Jugendhilfe N3. in F4. erbracht worden ist. Hingegen kann die Klägerin vom Beklagten nicht die Erstattung der Kosten geltend machen, die ihr für die Unterbringung M. -N4. in der Phase vom 18. September 2009 bis zum 15. November 2009 in der Jugendschutzstelle entstanden sind.
71Soweit der Klägerin gegenüber dem Beklagten ein Erstattungsanspruch zusteht, folgt dieser aus § 89 SGB VIII. Danach sind in den Fällen, in denen für die örtliche Zuständigkeit nach den §§ 86, 86a oder 86b SGB VIII der tatsächliche Aufenthalt maßgeblich ist, die Kosten, die ein örtlicher Träger der Jugendhilfe aufgewendet hat, von dem überörtlichen Träger zu erstatten, zu dessen Bereich der örtliche Träger gehört. Ein derartiger Fall liegt hier sowohl für die Unterbringungszeit M. -N. T. vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 als auch für deren Unterbringungszeit vom 16. November 2009 bis 31. Dezember 2009 vor.
72Die Klägerin war zunächst einmal für die für M. -N. vom 11. März 2003 bis zum 17. September 2009 gem. §§ 27, 33 SGB VIII gewährte Hilfe zur Erziehung nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII und damit aufgrund eines tatsächlichen Aufenthalts des Mädchens örtlich zuständig.
73Nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII ist in den Fällen, in denen das Kind oder der Jugendliche während der letzten 6 Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat, der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält. Diese Regelung greift hier ein, weil weder Herr H. T. , der - da seine Ehefrau E. T. bereits verstorben war - für M. -N. nach übereinstimmender Annahme aller Beteiligten allein sorgeberechtigt und damit maßgeblicher Elternteil i. S. v. § 86 Abs. 1 - 3 SGB VIII gewesen ist, i. S. v. § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII vor Beginn der Leistung einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte noch das Mädchen selbst. Nach der letztgenannten Vorschrift richtet sich die Zuständigkeit in den Fällen, in denen die Eltern oder der maßgebliche Eltern-teil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder ein gewöhnlicher Auf-enthalt nicht feststellbar ist oder sie verstorben sind, nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
74Das Verwaltungsgericht ist insoweit zutreffend und mit überzeugenden Erwägungen, die sich der Senat zu eigen macht und die auch von den Beteiligten im Berufungsverfahren nicht mehr in Frage gestellt worden sind, zunächst davon ausgegangen, dass Herr H. T. weder zum Zeitpunkt des Hilfeantrags vom 11. März 2003 noch zu einem späteren Zeitpunkt einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland besessen hat.
75Obwohl Herr H. T. keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt hat, richtet sich die örtliche Zuständigkeit im vorliegenden Fall dennoch deshalb nicht nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, weil M. -N. T. zu dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt vor Beginn der Leistung ebenfalls keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt hat. Auch dies hat das Verwaltungsgericht mit zutreffenden und vor keiner Seite mehr bestrittenen Argumenten schlüssig dargelegt, so dass auf die entsprechenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil zur Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunktes und der mangelnden Festigung des seinerzeitigen Aufenthaltes M. -N4. im Haushalt der Eheleute T. in H1. verwiesen werden kann.
76Hatte M. -N. T. vor Beginn der Leistung am 11. März 2003 keinen gewöhnlichen Aufenthalt, bestimmt sich die örtlichen Zuständigkeit des Trägers der Jugendhilfe nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII nach ihrem tatsächlichen Aufenthalt vor Beginn der Leistung bei den Eheleuten T. in H1. .
77Dass die ab dem 11. März 2003 kontinuierlich gewährte Hilfe zur Erziehung und damit auch die Phase ab dem 1. August 2009 von dem erforderlichen Einver-ständnis des Adoptivvaters abgedeckt gewesen ist, hat das Verwaltungsgericht wiederum plausibel dargelegt und wird von keinem Beteiligten in Zweifel gezogen, so dass der Senat auch insoweit keinen Anlass sieht, diese rechtliche Würdigung zu hinterfragen.
78Der Senat folgt gleichermaßen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass zur Wahrung des in § 86f Abs. 1 SGB VIII enthaltenen Grundsatzes der Interessen-wahrung die zu erstattenden Pflegekosten für die 14 Tage vom 17. August 2009 bis zum 31. August 2009 und für die 17 Tage vom 1. September 2009 bis zum 17. September 2009 nach Maßgabe des einschlägigen „Rahmenvertrages I für die Übernahme von Leistungsentgelten in der Jugendhilfe nach §§ 78a - f SGB VIII“ auf 80 % zu kürzen sind. Der sorgefältigen Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts, der sich der Senat diesbezüglich anschließt, kann nicht entgegen gehalten werden, die Angaben im Aktenvermerk der Frau I1. von der wirtschaftlichen Jugendhilfe der Klägerin stimmten mit denen des Herrn T3. als Regionalkoordinator des F3. Jugendwerkes für den Bereich I. und Verfasser auch des Abschlussberichtes zum T2. X3. vom 20. Oktober 2009 überein, die dieser in seiner E-Mail vom 19. Juli 2010 gemacht habe. Abgesehen davon, dass diese Angaben - anders als der Abschlussbericht - erst 10 Monate nach den Ereignissen gemacht worden sind und sie offenbar vor dem Hintergrund einer durch den Beklagten initiierten entsprechenden Nachfrage der Klägerin und der Weigerung der Verwaltung der Ev. Jugendhilfe N3. zur Korrektur ihrer Rechnungsstellung erfolgten, verhält sich die Mitteilung - über die schlichte Behauptung hinaus, dass M. -N. T. keine volle 3 Tage abwesend gewesen sei - weder konkret zum Zeitraum zwischen dem 17. August 2009 bis zum 31. August 2009 noch lässt sich ihr eine substan-tiierte Aussage da-zu entnehmen, dass M. -N. zwischen dem 1. September 2009 und dem 17. September 2009 doch mit Unterbrechungen von unter 3 vollen Tagen in der abgerechneten Pflegestelle X3. anwesend gewesen ist. Der chronologischen Aufzählung in der E-Mail lässt sich vielmehr nur entnehmen, dass das Mädchen am 7. September 2009 bei der Polizei als vermisst gemeldet worden ist und sie nach ihrem Aufgreifen in der Schule am 12. September 2009 und einem erneuten Versuch, wegzulaufen, noch am gleichen Tage in die Jugendschutzstelle I. ausgelagert wurde, weil sie nicht wieder zur Familie X3. zurück wollte. Dass M. -N. T. am 12. September 2009 oder in der Zeit zwischen dem 1. und dem 7. September bzw. ab dem 12. September 2009 jemals wieder Aufenthalt im T2. X3. in einer Weise genommen hat, dass von einer Anwesenheit i. S. d. Rahmenvertrages gesprochen werden konnte, kommt nicht annähernd zum Ausdruck. Vor diesem Hintergrund drängt es sich dem Senat auch nicht auf, Herrn T3. als jemanden, der die Betreuung des Mädchens lediglich als Koordinator des freien Trägers der Jugendhilfe miterlebt hat, als Zeugen anzuhören.
79Nicht von dem hier gegenüber dem Beklagten allein in Betracht kommenden Erstattungsanspruch nach § 89 SGB VIII erfasst wird die Unterbringung von M. -N. T. in der Bereitschaftsstelle der F3. Jugendhilfe, soweit sie vom 18. September 2009 bis zum 15. November 2009 Kosten verursacht hat. Dabei handelt es sich nämlich weder materiell-rechtlich um die Fortsetzung der bis dahin geleisteten Hilfe zur Erziehung i. S. v. §§ 27, 34 SGB VIII, noch um den Teil einer einheitlichen Leistung i. S. d. zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbe-griffes.
80Die Klägerin muss sich zunächst daran festhalten lassen, dass sie selbst die Unterbringung M. -N4. im Rahmen der Einstellung der Jugendhilfe nach §§ 27, 34 SGB VIII zum 18. September 2009 mit Bescheid vom 21. September 2009 als Inobhutnahme gem. § 42 Abs. 1 Satz1 Nr. 2 SGB VIII gewertet hat. In der Information von Herrn I3. als dem zuständigen und als hinreichend sachkundig einzuschätzenden B. -Mitarbeiter an die wirtschaftliche Jugendhilfe der Klägerin vom 16. November 2009 wird für den Zeitraum vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 unmissverständlich von einer Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII ausgegangen. Auch im Hilfeplan vom 6. Januar 2010 hat Herr I3. unter der Rubrik „bisherige Hilfen“ eindeutig eine Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII angegeben. Dem Charakter einer Inobhutnahme entspricht es auch, wenn Herr I3. - nachdem die Vorhaltung des Platzes in der Pflegefamilie X3. zum 18. September 2009 beendet worden war - den Amtsvormund, Herrn V. vom Jugendamt der Klägerin, mit offiziellem, rechtmittelfähigem Bescheid von Montag, dem 21. September 2009, unverzüglich - nämlich inner-halb von 3 Werktagen -
81vgl. zu diesem Kriterium einer Inobhutnahme: BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1999 - 5 C 24.98 -, BVerwGE, 109, 155, juris,
82nicht nur über die Einstellung der Hilfe zur Erziehung, sondern auch über die Inobhutnahme, deren Beginn er auf den 18. September 2009 datiert, informiert hat. Im Gegensatz zur Hilfe zur Erziehung besteht auf eine Inobhutnahme nämlich kein individueller Anspruch, dessen Erfüllung das Einholen des Einverständnisses des Berechtigten voraussetzt, sondern handelt es sich bei dieser anderen Aufgabe der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII um eine hoheitliche Tätigkeit, die der Wahrnehmung des staatlichen Wächteramtes und damit der Abwehr von Gefahren für das Kindeswohl dient und nicht zur Disposition des Sorgeberechtigten steht.
83Vgl. Häußner, in: JurisPK-SGB VIII, 1. Aufl. 2014, § 2 Rn. 25 ff., m.w.N.
84Daran ändert nichts, dass die Inobhutnahme nicht nur eingriffsrechtliche, sondern durchaus auch leistungsrechtliche Komponenten enthält.
85Vgl. auch: Kunkel, in: LPK-SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 2 Rn. 3, 15 f.; Happe/Saurbier, in: Jans/Happe/Saurbier/Maas, Kinder- und Jugendhilferecht, Stand Juli 2013, Erl. 8.1 KJHG § 2 Rn. 10.
86Auch deshalb, weil nämlich eine Inobhutnahme nicht nur eine reine Verwahrung, sondern auch gezielt und geplant die Gewährung von Hilfe zur Erziehung beinhalten kann, kommt hier das Vorliegen einer unschädlichen falschen Begriffswahl - also ein Fall von „falsa demonstratio non nocet“ - nicht in Betracht.
87Die Qualifizierung der Maßnahme als Inobhutnahme trifft auch in der Sache zu.
88Wenn die Klägerin meint, schon der objektiv-rechtliche Tatbestand einer Inob-hutnahme nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII sei nicht erfüllt gewesen, weil keine dringende Gefahr für das Wohl der Jugendlichen bestanden habe, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Die Krisenintervention, die bereits am 12. September 2009 anlässlich des Aufgreifens des Mädchens, seines erneuten Fluchtversuches und seiner nachdrücklichen Weigerung zur Rückkehr in das T2. X3. parallel zu der zunächst noch aufrecht erhaltenen Vorhaltung eines Platzes in der Pflegefamilie X3. eingesetzt hat, diente nämlich insoweit der Abwendung einer dringenden - bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmenden - Gefahr der erheblichen Schädigung des körperlichen, geistigen und seelischen Wohls M. -N. T. ,
89vgl. zur Dringlichkeit einer Gefahr: BVerwG, Urteil vom 6. September 1974 - I C 17.73 -, BVerwGE 47, 31, juris,
90als der seinerzeit erst 14jährigen Jugendlichen angesichts ihrer den Umständen nach ernst zu nehmenden Weigerung, wieder in das T2. X3. zurückzukehren, nicht nur die bloße Obdachlosigkeit und Nichterfüllung anderer rein physischer Bedürfnisse drohte, sondern auch Schutzlosigkeit, mangels Er-ziehung und Betreuung Verwahrlosung und nicht zuletzt das - auch im Ab-schlussbericht vom 20. Oktober 2009 heraufbeschworene - Absinken in ein Alkoholmilieu.
91Vgl. insoweit zur für eine Inobhutnahme erforder-lichen Gefahrenlage: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. August 2003 - 9 S 2398/02 -, NDV-RD 2004, 68, juris.
92Ebenso wenig spielt es für die Rechtsnatur eine Rolle, dass die Maßnahme als Inobhutnahme rechtswidrig gewesen sein dürfte, weil die Klägerin nicht der zu ihrer Vornahme nach § 87 SGB VIII örtlich zuständige Träger war.
93Auch rein zuständigkeitsrechtlich bildet die Unterbringung M. -N. T. in der Bereitschaftspflegestelle der F3. Jugendhilfe N3. vom 18. September 2009 bis zum Morgen des 16. November 2009 keine Einheit mit der Hilfegewährung nach §§ 27, 34 SGB VIII in der Pflegefamilie X3. bis zum 17. September 2009. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
94vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2004 - 5 C 9.03 -, BVerwGE 120, 116, juris; Urteil vom 25. März 2010 - 5 C 12.09 -, BVerwGE 136, 185, juris; Urteil vom 19. Oktober 2011 - 5 C 25. 10 -, BVerwGE 141, 77, juris; Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 25.11 -, BVerwGE 145, 257, juris,
95sind „Leistung“, an deren Beginn hier auch § 86 Abs. 4 SGB VIII für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit anknüpft, unabhängig von der Hilfeart und Hilfeform alle im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zur Deckung eines qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlichen Maßnahmen und Hilfen, sofern sie ohne relevante Unterbrechung gewährt worden sind, und zwar auch dann, wenn sich bei einem auf einem längeren Zeitraum angelegten Hilfeprozess die Schwerpunkte innerhalb des Hilfebedarfs verschieben und für die Ausgestaltung der Hilfe Modifikationen, Änderungen oder Ergänzungen bis hin zu einem Wechsel der Hilfeart erforderlich werden. Es käme - da hier zweifellos von einem kontinuierlich Hilfe erfordernden unverändertem Bedarf von M. -N. auszugehen ist - insofern auch nicht darauf an, ob die neue - für notwendig erachtete - Jugendhilfeleistung einer anderen Nummer des § 2 Abs. 2 SGB VIII unterfällt oder innerhalb des SGB VIII nach einer anderen Rechtsgrundlage zu gewähren ist als die bisherige Leistung nach §§ 27, 34 SGB VIII, sondern allein darauf, ob sich die Hilfegewährung ungeachtet aller Modifikationen, Ergänzungen und Änderungen noch als Fortsetzung der ursprünglichen Leistung darstellt oder vielmehr der Deckung eines andersartigen, neu entstandenen Bedarfes dient. Wenn die Frage nach der zuständigkeitsrechtlichen Einheitlichkeit der Leistung aus dem Blickwinkel des zugrunde liegenden Hilfebedarfs betrachtet wird, liegt es zwar an sich nahe, in die Bewertung auch Zeiten einer Inobhutnahme einzubeziehen. Denn gerade in Fällen erzieherischer Defizite oder etwa bei einem - ggfs. kurzfristigen - Ausfall der Erziehungsperson tritt der dadurch entstehende und zu deckende jugendhilferechtliche Bedarf nicht selten in einer Weise auf, die zunächst ein sofortiges Einschreiten in Form einer Inobhutnahme gebietet, an die sich dann aber wiederum bereits absehbar mehr oder weniger nahtlos eine weitergehende Jugendhilfemaßnahme in Form einer Leistung namentlich aus dem Katalog des § 2 Abs. 2 SGB VIII anschließt.
96Vgl. Lange, in: JurisPK-SGB VIII, a.a.O., § 86 Rn. 61.
97Der Einbeziehung einer Inobhutnahme in die Bewertung steht aber entgegen, dass es sich dabei nach dem Maßnahmenkonzept des SGB VIII gerade nicht um eine Leistung, sondern um eine „andere Aufgabe der Jugendhilfe“ i. S. v. § 2 Abs. 3 SGB VIII handelt, für die im Gesetz auch zuständigkeitsrechtlich mit § 87 SGB VIII eine eigenständige Regelung geschaffen wurde.
98Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 5 C 12.09 -, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2013 - 12 A 1019/13 -, juris; Kunkel/Kippert, in: LPK-SGB VIII, a.a.O., § 86 Rn. 11.
99Trotz gleichgebliebenen Bedarfs hat der Wechsel von der Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht zur Inobhutnahme damit zu einer zuständigkeitsrechtlich beachtlichen Zäsur geführt.
100Die nur zweimonatige Inobhutnahme ist als kurzfristiges „Intermezzo“ nicht geeignet, die Einheitlichkeit der Leistungsgewährung mit der sich ab dem 16. November 2009 anschließenden Hilfe zur Erziehung nach §§ 2 Abs. 2 Nr. 4, 27, 34 SGB VIII - diesmal in Form der Unterbringung in einer Wohngruppe der F3. Jugendhilfe N3. in F4. - in Frage zu stellen, die der Deckung des zumindest qualitativ einheitlich gebliebenen jugendhilferechtlichen Bedarfs diente.
101So auch Lange, in: JurisPK-SGB VIII, a.a.O., § 86 Rn. 62.
102Aus der weiten Auslegung des zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffs zugunsten der Sicherstellung der Hilfekontinuität folgt, dass trotz einer zwischenzeitlich erfolgten Inobhutnahme eine einheitliche Leistung vorliegt, soweit die Dauer der Inobhutnahme hier einen Zeitraum von 3 Monaten nicht überschreitet.
103Vgl. zu dieser Zeitgrenze auch: DIJuF-Rechtsgutachten vom 1. September 2013 - J8.110/J8.130AS -, JAmt 2009, 453 (454), m.w.N.
104Unter solchen Umständen stellt sich die Leistung von Hilfe zur Erziehung weiterhin als einheitliche Maßnahme im Sinne einer Gesamtbetrachtung dar.
105Vgl. VG Ansbach, Urteil vom 14. Juni 2012 - AN 14 K 10.01808 -, EuG 2013, 203, juris.
106Dabei kann hier offenbleiben, ob den Regeln in vergleichbaren Vorschriften (vgl. z.B. § 86a Abs. 4, § 86 Abs. 7, § 86b Abs. 3 SGB VIII) der allgemein gültige Rechtsgedanke entnommen werden kann, dass Unterbrechungen von bis zu 3 Monaten grundsätzlich und ohne weiteres außer Betracht bleiben sollen,
107so wohl im Ergebnis: OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. März 2012 - 4 LC 143/09 - , EuG 2012, 381, juris; VG Ansbach, Urteil vom 14. Juni 2012, a. a. O.,
108oder ob diese auf bestimmte Leistungen und Hilfeempfänger zugeschnittenen Vorschriften zur Relevanz von Unterbrechungen mangels ausdrücklicher Verankerung auch in § 86 Abs. 4 SGB VIII für den „Beginn der Leistung“ im vorliegenden Fall unmittelbar nichts hergeben.
109So schon: OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2013 - 12 A 2913/12 -.
110Die angeführten Vorschriften lassen nämlich zumindest erkennen, dass Hilfeleistungen nur dann als unterbrochen angesehen werden sollen, wenn sie während einer gewissen Zeit davor nicht erbracht wurden.
111Vgl. auch Sächs. OVG, Urteil vom 18. Januar 2010 - 1 A 753/08 -, juris, mit Hinweis auf VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. September 1997 - 9 S 174/96 -, FEVS 48, 131, juris.
112Auch wenn man das Vorliegen einer zuständigkeitsrelevanten Unterbrechung im Rahmen einer Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles maßgeblich danach bemisst, ob nach der Einstellung der Leistungen mit einer alsbaldigen Wiederaufnahme von Leistungen auf den gleichartigen Bedarf zu rechnen oder ein zukünftiger Hilfebedarf zumindest noch unklar war,
113so OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2013, a.a.O.; Urteil vom 21. März 2014 - 12 A 1211/12 -, juris, jeweils m.w.N.,
114stellt sich bei natürlicher Betrachtung die nur zweimonatige Inobhutnahme hier nicht als relevante Unterbrechung dar. Die bloße Einstellung der Hilfe führt - ungeachtet ihrer späteren Aufhebung durch Bescheid vom 22. Juni 2011 - für sich genommen nicht zur gegenteiligen Annahme, da sie nicht auf tragfähige Ge-sichtspunkte im Hinblick darauf gestützt worden ist, dass eine zukünftige Hilfegewährung nicht absehbar sei, d. h. nicht auf mangelnde Wiederaufnahmeperspektiven.
115So auch Sächs. OVG, Urteil vom 18. Januar 2010, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. September 1997, a.a.O.; VG Augsburg, Beschluss vom 13. April 2012 - Au 3 E 12.430 -, juris.
116Der Interpretation der höchstrichterlichen Rechtsprechung dahingehend, dass bei förmlicher Einstellung einer Jugendhilfeleistung immer auch eine Beendigung der Leistung vorliegt, sofern nicht im Zeitpunkt der Einstellung der Jugendhilfeleistung eine Anschlussleistung bereits bewilligt oder doch konkret geplant ist oder eine Zuständigkeitsvorschrift des SGB VIII ausnahmsweise Anderes anordnet,
117so OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. Februar 2014 - 7 A 11043/13 -, juris,
118folgt der Senat nicht.
119Vgl. im Einzelnen: OVG NRW, Urteil vom 21. März 2014 - 12 A 1211/12 -, a. a. O.
120Eine zwischenzeitliche (förmliche) Einstelllung der bisherigen Jugendhilfe muss nicht zwangsläufig den Fortsetzungszusammenhang unterbrechen. Insoweit ist vielmehr der Grund der Einstellung mit zu berücksichtigen. Eine Zäsur ergibt sich aus einer solchen Einstellung zwar dann ohne Weiteres, wenn diese auf einen Wegfall des der bisherigen Hilfe zugrunde liegenden Bedarfs beruht, nicht aber zwingend, wenn die Einstellung aus anderen Gründen erfolgt ist, etwa wegen mangelnder Mitwirkung der Betroffenen oder Ungeeignetheit der Maßnahme, obwohl der jugendhilferechtliche Bedarf - namentlich bei Erziehungsdefiziten wie hier - qualitativ unverändert weiter besteht. Das wird allerdings auch schon zu gelten haben, wenn im Zeitpunkt der Einstellung zumindest grob geplant ist, dass in Bezug auf denselben jugendhilferechtlichen Bedarf in absehbarer Zeit eine neue Jugendhilfemaßnahme installiert werden soll.
121So wohl auch: Lange, in: JurisPK-SGB VIII, a.a.O., § 86 Rn. 58, m.w.N.
122Gerade dies geht aber ausreichend aus dem Abschlussbericht zur Unterbringung im T2. X3. vom 20. Oktober 2009 für die Zeitspanne vom 13. März 2008 bis zum 17. September 2009 hervor und drängt sich vor dem Hintergrund der glaubhaften Angaben der Klägerin, M. -N. in der Jugendschutzstelle lediglich „geparkt“ zu haben, um von dort aus eine weitere Unterbringung in einer geeigneten Erziehungsstelle zu suchen, nach den konkreten Umständen des Einzelfalles, wie sie etwa aus dem Abschlussbericht vom 20. Oktober 2009 hervorgehen, auch als plausibel auf.
123Hat die fortsetzungsfähige Hilfeleistung zur Erziehung nach §§ 2 Abs. 2 Nr. 4, 27, 34 SGB VIII danach keine relevante Unterbrechung erfahren, stellt sich die Zuständigkeitsfrage mit Wiederaufnahme am 16. November 2009 auch nicht neu. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin einen neuen Antrag des Amtsvormunds eingeholt hat. Dass ein ausreichendes Einverständnis des Personensorgeberechtigten mit der Maßnahme vorliegt, berührt die zuständig-keitsrechtliche Einheitlichkeit der Maßnahme nämlich nicht.
124Zuständigkeitsrechtlicher Zeitpunkt des Beginns der Leistung ist mithin auch für die Hilfegewährung nach §§ 27, 34 SGB VIII im Zeitraum vom 16. November 2009 bis zum 31. Dezember 2009 in Form der Unterbringung M. -N. T. in der F. Wohngruppe der 11. März 2003, ab dem die Klägerin dem Adoptivvater H. T. ausweislich des Bescheides vom 23. Oktober 2003 erstmals Hilfe zur Erziehung gewährt hat. Für die Erstattung der ab dem 16. No-vember 2009 entstandenen Kosten gilt deshalb das zur Erstattung der Auf-wendungen des Zeitraums 1. August 2009 bis 17. September 2009 Ausgeführte entsprechend.
125Die Höhe des diesbezüglichen Erstattungsbetrages errechnet sich auf der Grund-lage der dem Beklagten von der Klägerin erteilten Rechnung vom 29. Januar 2010 dergestalt, dass für 45 Tage ein täglicher Pflegesatz von 131,93 Euro an-zusetzen ist. Abzüge wegen anteiligen Bettengeldes und den in der Rechnung aufgeführten Einnahmen aus der von M. -N. T. bezogenen Waisen-rente und im Hinblick auf Kindergeld sind nicht gerechtfertigt, weil das Verwal-tungsgericht die entsprechenden Beträge - ebenso wie das sachlich an sich dem zweiten Erstattungszeitraum zuzuordnende Weihnachtsgeld und das volle Taschengeld - bereits im Rahmen des Erstattungszeitraumes vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 berücksichtigt hat.
126Der Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen ab Rechtshängigkeit beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 291, 188 BGB. Diese Vorschriften gelten vorbehaltlich spezieller Regelungen in den Fachgesetzen auch für öffentlich-rechtliche Geldschulden.
127Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2010
128- 9 B 66.08 -, DVBl. 2010, 575, juris.
129Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 188 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO.
130Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
131Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Namentlich fehlt es einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i. S. v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil die streitentscheidenden Rechtsfragen, die nicht bereits durch die höchstrichterliche oder obergerichtliche Rechtsprechung hinreichend geklärt sind, aus der Einzelfallproblematik erwachsen.
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn
- 1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und - 2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
- 1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, - 2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder - 3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
- 1.
in ambulanter Form, - 2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, - 3.
durch geeignete Pflegepersonen und - 4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.
(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.
(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.
(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.
(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere
- 1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen, - 2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen, - 3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält, - 4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen, - 5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge, - 6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.
(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
Tenor
Soweit der Kläger seine Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.
Die Beklagte wird verurteilt, Kosten für Hilfemaßnahmen betreffend xxx xxx für die Zeit vom 01.10.2007 bis zum 07.06.2009 in Höhe von 83.356,07 EUR dem Kläger zu erstatten.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien.
(2) Leistungen der Jugendhilfe sind:
- 1.
Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14), - 2.
Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21), - 3.
Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§§ 22 bis 25), - 4.
Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40), - 5.
Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a bis 37, 39, 40), - 6.
Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (den §§ 41 und 41a).
(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind
- 1.
die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42), - 2.
die vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise (§ 42a), - 3.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis (§§ 43, 44), - 4.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung sowie die Erteilung nachträglicher Auflagen und die damit verbundenen Aufgaben (§§ 45 bis 47, 48a), - 5.
die Tätigkeitsuntersagung (§§ 48, 48a), - 6.
die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50), - 7.
die Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind (§ 51), - 8.
die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52), - 9.
die Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie von Pflegern und Vormündern (§§ 52a, 53a), - 10.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Anerkennung als Vormundschaftsverein (§ 54), - 11.
Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft des Jugendamts (§§ 55 bis 57), - 12.
Beurkundung (§ 59), - 13.
die Aufnahme von vollstreckbaren Urkunden (§ 60).
Tenor
Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin an Jugendhilfekosten, die sie für M. -N. T. im Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 31. Dezember 2009 mit Ausnahme des Zeitraums vom 18. September 2009 bis 15. November 2009 aufgewendet hat, 9.621,87 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 30. November 2011 zu erstatten.
Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen erstinstanzlich die Beteiligten je zur Hälfte, zweitinstanzlich die Klägerin zu 5/8 und der Beklagte zu 3/8. Die
außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig voll-streckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreck-ung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwen-den, wenn nicht der jeweils andere vor der Voll-streckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten, die die Klägerin in der Zeit vom 1. August 2009 bis zum 31. Dezember 2009 für die am 1995 geborene M. -N. T. aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe aufgewendet hat; daneben stand die Rückzahlung der Leistungen, die der Beklagte der Klägerin für M. -N. im Jahr 2007 gewährte Jugendhilfe erstattet hat, im Streit.
3Nach Auswertung der Unterlagen dürfte M. -N. T. in X. als Tochter serbischer Staatsangehöriger geboren und in den Niederlanden von den Ehe-leuten H. und E. T. adoptiert worden sein. Ende 1996 zogen die Eheleute T. von X. nach F. in den Niederlanden. Im Januar 2001 verstarb Frau E. T. . Ab Sommer 2001 besuchte M. -N. eine Grundschule in H1. , wohnte jedoch weiterhin bei Herrn H. T. in F. . Am 10. März 2003 wurde Herr H. T. aufgrund eines Haft-befehls in der Justizvollzugsanstalt D. untergebracht.
4Am 11. März 2003 meldete sich die Schwiegertochter des Herrn H. T. , Frau O. T. , beim Jugendamt der Klägerin und teilte u.a. mit, sie habe M. -N. zu sich und ihren Ehemann, Herrn S. T. , nach H1. genommen. Am 7. August 2003 ging beim Jugendamt der Klägerin ein von Herrn H. T. unterzeichnetes Antragsformular ein, mit dem er die Gewährung von Jugendhilfe für M. -N. ab dem 11. März 2003 beantragte. Mit Urteil vom 10. Oktober 2003 verurteilte ihn das Landgericht N1. zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren.
5Am 13. Oktober 2003 wurde Herr H. T. wegen einer schweren Erkrankung von der Justizvollzugsanstalt D. in das krankenhaus in G. verlegt.
6Mit Bescheid vom 23. Oktober 2003 gewährte die Klägerin Herrn H. T. für M. -N. Hilfe zur Erziehung in einer Pflegefamilie unter dem Vorbehalt, dass die Überprüfung der Adoption rechtlich unbedenklich sei. Unter dem 15. Januar 2004 lehnte die Stadt D. den Antrag der Klägerin auf Übernahme des Hilfefalles in ihre Zuständigkeit mit der Begründung ab, Herr H. T. habe keinen gewöhnlichen Aufenthalt in D. begründet, weil er sich nach den Angaben der Justizvollzugsanstalt in D. dort in Untersuchungshaft befinde und sich zudem seit dem 13. Oktober 2003 in G. aufhalte.
7Am 5. Februar 2004 verstarb Herr H. T. im krankenhaus in G. .
8Unter dem 19. April 2004 beantragte die Klägerin beim Beklagten Kostenerstat-tung für die Zeit vom 11. März 2003 bis zum Tode des Herrn H. T. gemäß § 89 i.V.m. § 89c Abs. 3 SGB VIII, und für die Zeit ab Februar 2004 Kostenerstattung durch den überörtlichen Träger der Jugendhilfe gemäß § 89e Abs. 3 SGB VIII. Unter dem 21. Februar 2005 erkannte der Beklagte seine Verpflichtung zur Kostenerstattung gemäß § 89 SGB VIII für die Zeit vom 5. Februar 2004 bis auf weiteres an und lehnte eine Kostenerstattung für die Zeit vom 11. März 2003 bis zum 4. Februar 2004 ab.
9Mit Schreiben vom 14. August 2005 beantragte die Klägerin beim Beklagten erneut die Kostenerstattung ab dem 11. März 2003 und teilte u.a. mit: Wie sich jetzt herausgestellt habe, sei Herr T. bis zu seinem Tode nicht rechtskräftig verurteilt gewesen. Da er Revision eingelegt gehabt habe, sei das Urteil des Landgerichts N1. vom 10. Oktober 2003 bis zu seinem Tode nicht rechtskräftig geworden. Folglich sei er bis zu seinem Tode in Untersuchungshaft gewesen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte unter dem 26. September 2005 u.a. mit der Begründung ab, die Hilfeleistung im Zeitraum vom 11. März 2003 bis zum 6. August 2003 sei rechtswidrig gewesen, weil es insoweit an einer vorherigen Antragstellung gefehlt habe.
10Am 29. April 2005 wurde M. -N. T. in der Pflegefamilie L. in O1. untergebracht. Mit Schreiben vom 16. März 2006 beantragte die Klä-gerin beim Beklagten nochmals die Anerkennung der Kostenerstattungspflicht ab dem Hilfebeginn. Zur Begründung verwies sie auf ein Gespräch mit Frau O. T. , die am 16. März 2006 erklärt habe: Die Wohnung des Herrn H. T. in F. sei 14 Tage nach seiner Inhaftierung aufgelöst worden, da allen Beteiligten klar gewesen sei, dass eine Rückkehr nicht erfolgen würde. Herr T. habe die Tat eingestanden gehabt und gewusst, dass es für seine Tat mehrere Jahre Haft geben würde. Mit Beschluss vom 9. Mai 2006 bestellte das Amtsgericht S1. die Klägerin zum Einzelvormund für M. -N. . Unter dem 9. Juni 2006 lehnte der Beklagte auch den Antrag auf Kostenerstattung vom 16. März 2006 ab.
11Am 6. Dezember 2007 wurde M. -N. nach mehreren Eskalationen in der Pflegefamilie L. in die Jugendschutzstelle in I. gebracht und wegen der dortigen ungünstigen Belegungssituation in die Übergangsgruppe der F1. K. Westmünsterland in I. verlegt.
12Mit Bescheid vom 1. Februar 2008 stellte die Klägerin die Hilfe zur Erziehung nach § 33 SGB VIII für M. N. zum 31. Januar 2008 ein, da trotz intensiver Bemühungen eine Rückführung in die Pflegefamilie nicht möglich sei, und gewährte bis zur weiteren Klärung des Lebensmittelpunkts von M. -N. Hilfe zur Erziehung nach § 34 SGB VIII in der Übergangsgruppe I. .
13Am 14. März 2008 wurde M. -N. T. im „T2. X3. “ der F3. Jugendhilfe N3. gGmbH in I. untergebracht.
14Mit Bescheid vom 21. September 2009 stellte die Klägerin die Jugendhilfe nach § 34 SGB VIII für M. N. T. zum 18. September 2009 mit der Begründung ein: „M. -N. befand sich bis zu diesem Zeitpunkt in der Erziehungs-stelle der F3. Jugendhilfe N3. . Die Eheleute X3. leisteten die Erziehung in ihrer Familie. Die Jugendliche verließ die Wohnung der Pflegeeltern und kehrte nicht mehr zurück. Sie wurde daraufhin in der Schule aufgegriffen und am 18. September 2009 in Obhut genommen.“ Hierzu heißt es im „Abschlussbericht 14.03.2008 bis 17.09.2009“ der F. Jugendhilfe N3. gGmbH vom 20. Oktober 2009 u.a.: „In den Sommerferien 2009 schloss sich M. einer Gruppe von Jugendlichen in I. -C. an. ... Wir wussten zu Beginn der Schulzeit nicht mehr, wo sie sich aufhielt. Sie war mehrere Tage bei ihrem Freund, dessen Mutter zu der Zeit im Krankenhaus lag. ... Nach einem Klärungsversuch meldete sie sich in der Jugendschutzstelle I. und gab an, wir hätten sie aus dem Haus geschmissen. Dies konnte jedoch durch die diensthabende Kollegin mit uns geklärt werden und M. wurde dort nicht aufgenommen. Daraufhin blieb sie erst einmal verschwunden. Am 12.09.09 wurde sie von der Polizei aus der Wohnung ihres Freundes geholt und in die Jugendschutzstelle gebracht."
15Am 16. November 2009 wurde M. N. T. in einer Wohngruppe in F4. untergebracht.
16Mit Bescheid vom 25. November 2009 gewährte die Klägerin auf Antrag des Amtsvormunds M. -N4. vom 17. November 2009 Hilfe zur Erziehung ab dem 17. November 2009 für die Dauer von sechs Monaten, wobei die Maßnahme durch die Evangelische Jugendhilfe N3. in der Wohngruppe in F4. durchgeführt werde.
17Unter dem 29. Januar 2010 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Kosten-erstattung für die "Inobhutnahme 18.9. bis 15.11.2009“ in Höhe von 9.660,58 Euro. Mit E-Mail vom 10. März 2010 erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten u.a., M. sei durch das Jugendamt H1. aus der Schule heraus in Obhut genommen und durch die F. Jugendhilfe, Herrn T3. , in die Einrichtung gebracht worden.
18Unter dem 21. April 2010 bat der Beklagte die Klägerin, eine neue, korrigierte Rechnung unter Absetzung des Betrages für die Inobhutnahme sowie eines nur 80-prozentigen Ansatzes des Leistungsentgelts für die Abwesenheitszeit von M. -N. im Projekt X3. zu übersenden. Die erfolgte Inobhutnahme sei rechtswidrig und daher nicht erstattungsfähig. Nach den vorliegenden Unterlagen und der Bestätigung vom 10. März 2010 habe das Jugendamt H1. M. -N. aus der Schule heraus in Obhut genommen. Da M. -N. eine Schule in I. besuche und sich somit vor Beginn der Inobhutnahme tatsächlich in I. aufgehalten habe, sei für die Maßnahme nach § 42 SGB VIII der Kreis T4. örtlich zuständig gewesen. Aufgrund der Abwesenheit Lisas vor der Inobhut-nahme im Projekt X3. ab dem 17. August 2009 sei vom ersten Tag der vollen Abwesenheit an ein auf 80 % gemindertes Leistungsentgelt zu berechnen. Dies sei in der Rechnung vom 29. Januar 2010 nicht berücksichtigt worden.
19Mit Schreiben vom 13. August 2010 bat die Klägerin erneut um Kostenerstattung und führte u.a. aus: M. -N. sei in der Zeit vom 14. März 2008 bis zum 17. September 2009 im T2. X3. untergebracht gewesen, das vom Regionalleiter der F3. Jugendhilfe, Herrn T3. , koordiniert worden sei. Diese Maßnahme sei gescheitert, weil M. -N. aus dem T2. entwichen und nicht wieder zurückgekehrt sei. Am 18. September 2009 habe Herr T3. mit M. -N. in der Schule gesprochen. Sie habe den Wunsch geäußert, nicht mehr im T2. X3. leben zu wollen. Aufgrund dieser Situation sei M. -N. nach Rücksprache mit dem fallzuständigen Sozialarbeiter und Herrn T3. innerhalb der Einrichtungen der F3. Jugendhilfe kurzzeitig untergebracht worden, bis eine Lösung gefunden worden sei, welche Einrichtung für M. N. am geeignetsten erscheine. Hierfür habe sich die trägerinterne Schutzstelle angeboten. Hierbei habe es sich weder inhaltlich noch nach der Vorgehensweise um eine Inobhutnahme im Sinne des § 42 SGB VIII gehandelt, sondern um eine Fortführung der Maßnahme gemäß § 34 SGB VIII. Da M. -N. keine volle drei Tage am Stück abwesend gewesen sei, könne keine Korrekturrechnung erfolgen. Nach der Mitteilung des Herrn T3. sei M. -N. am 7. September 2009 bei der Polizei als vermisst gemeldet und am 12. September 2009 von der Schule abgeholt worden, dort am selben Tag jedoch wieder weggelaufen und in die Jugendschutzstelle I. ausgelagert worden, weil sie nicht zur Familie X3. habe zurückkehren wollen. Am 17. September 2009 sei sie offiziell in der Schutzstelle aufgenommen worden.
20Mit Schreiben vom 18. August 2010 lehnte der Beklagte eine Kostenerstattung erneut ab.
21Mit Bescheid vom 22. Juni 2011 hob die Klägerin ihren Einstellungsbescheid vom 21. September 2009 rückwirkend zum 18. September 2009 auf. Zur Begründung gab sie an: Die Jugendhilfe für M. -N. T. in Form von Heimpflege gemäß § 34 SGB VIII sei nicht zum 18. September 2009 eingestellt worden, sondern durch die Bereitschaftsstelle der F3. Jugendhilfe bis zur Klärung der möglichen neuen Einrichtung fortgeführt worden. Eine Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII sei nicht veranlasst worden, eine Unterbrechung der Jugendhilfemaßnahme sei nicht eingetreten. Nach dem Aufenthalt in der Bereitschaftspflegestelle habe sich eine Vermittlung in eine Wohngruppe gemäß § 34 SGB VIII anschließen können. Unter dem 21. Juli 2011 übersandte die Klägerin dem Beklagten den Einstellungsbescheid und führte hierzu aus: Die Rücknahme des Verwaltungsakts sei erfolgt, da in diesem Bescheid der Wechsel der Hilfemaßnahme irrtümlich als Inobhutnahme bezeichnet worden sei, obwohl es sich in keiner Weise um eine Unterbrechung der Hilfe gehandelt habe. Die Unterbringung des Kindes in der Bereitschaftspflegestelle des bisherigen Jugendhilfeträgers habe dem Zweck der Klärung der Frage gedient, welche Wohngruppe die geeignetste für M. -N. sei. Da die Fortführung der Hilfe zu keinem Zeitpunkt unterbrochen gewesen sei, habe es keine Leistungspflicht des örtlichen Jugendhilfeträgers gegeben. Mit Schreiben vom 2. August 2011 teilte der Beklagte der Klägerin mit, er bleibe bei seiner im Schreiben vom 18. August 2010 dargelegten Rechtsauffassung.
22Die Klägerin hat am 30. November 2011 Klage erhoben.
23Sie hat dazu die Auffassung vertreten, ihr stehe gegenüber dem Beklagten ein Kostenerstattungsanspruch nach § 89 SGB VIII für den Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 31. Dezember 2009 in Höhe von 20.314,55 Euro zu. Der Beklagte habe seine Erstattungspflicht unter dem 21. Februar 2005 dem Grunde nach anerkannt. Bei der Unterbringung von M. -N. vom 18. September bis 15. November 2009 habe es sich nicht um eine Inobhutnahme im Sinne von § 42 SGB VIII gehandelt. Vielmehr sei M. -N. in der Jugendschutzstelle I. „geparkt“ worden, um in einer anderen Wohngruppe untergebracht zu werden. Es sei kein typischer Fall der Inobhutnahme gegeben, weil M. -N. nicht auf der Straße aufgegriffen worden sei. Zudem spreche der Zeitraum von 2 Monaten gegen eine Inobhutnahme, die eine zeitlich befristete Krisenintervention darstelle. Soweit im Zusammenhang mit der Unterbringung M. -N4. in der Jugendschutzstelle I. der Begriff Inobhutnahme gebraucht worden sei, handele es sich um eine unbeachtliche Falschbezeichnung.
24Die Klägerin hat beantragt,
25den Beklagten zu verurteilen, an sie 20.314,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
26Der Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Er hat sich auf den Standpunkt gestellt, der Klägerin stehe insgesamt keine Kostenerstattung durch den überörtlichen Träger der Jugendhilfe zu. Dass sich die Klägerin darauf berufe, in der Kinder- und Jugendschutzstelle sei die Fortführung der Hilfe gemäß § 34 SGB VIII erfolgt, ändere nichts daran, dass die entsprechende Rechnung selbst das erhöhte Entgelt einer Inobhutnahme ausweise. Des Weiteren sei für die Abwesenheitszeiten M. -N4. im T2. X3. das geminderte Leistungsentgelt von 80 % zu berechnen.
29Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
30Er hat im Wesentlichen vorgetragen: Die von der Klägerin geleistete Hilfe zur Erziehung für M. -N. T. sei durch die Unterbringung in der Jugend-schutzstelle I. in der Zeit vom 18. September 2009 bis 16. November 2009 nicht bzw. nicht relevant unterbrochen worden. Eine erneute Prüfung der örtlichen Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers sei deshalb nicht notwendig, er sei für die Fortführung der Hilfe zur Erziehung in der Wohngruppe nicht zuständig geworden. Die Klägerin habe nachvollziehbar erläutert, dass die Unterbringung in der Jugendschutzstelle im Rahmen der Hilfe zur Erziehung erfolgt sei. Die Unter-bringung sei lediglich erfolgt, um M. -N. T. nach dem plötzlichen Scheitern in der Erziehungsstelle während der Suche nach einer geeigneten Wohngruppe vorübergehend zu versorgen und zu erziehen. Ein Grund für eine Inobhutnahme sei nicht ersichtlich. Eine Gefährdungssituation habe nicht be-standen, ein Antrag auf Hilfe zur Erziehung sei gestellt gewesen und der Bedarf für eine solche Hilfe habe durchgehend bestanden. Wenn aber ein fortsetzungs-fähiger und -bedürftiger Hilfebedarf bestehe, sei trotz kurzzeitiger formaler Unterbrechung von einer einheitlichen kontinuierlichen Leistungsgewährung auszugehen.
31Der Beklagte hat am 29. Dezember 2011 Widerklage erhoben.
32Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht: Die Klägerin sei zur Rückzahlung der ihr bislang erstatteten Leistungen verpflichtet, weil diese zu Unrecht geleistet worden seien. Mit der Widerklage würden zunächst nur die für das Jahr 2007 geleisteten Erstattungen geltend gemacht. Der Klägerin habe insgesamt kein Kostenerstattungsanspruch zugestanden, weil sich ihre örtliche Zuständigkeit nicht nach dem tatsächlichen Aufenthalt M. -N4. gerichtet habe, sondern nach ihrem gewöhnlichen Aufenthalt in H1. . Dort habe sie mit ihrer Aufnahme in den Haushalt ihres Bruders und seiner Ehefrau am 10. März 2003 einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet, weil ihr Vater verhaftet worden und ihre Mutter bereits verstorben gewesen sei, so dass sie sich bis auf weiteres zukunftsoffen bei ihrem Bruder in H1. aufgehalten habe. Da Herr H. T. während der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt D. keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe, habe sich die örtliche Zuständigkeit für Leistungen gemäß § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes gerichtet. Da dieser in einer nicht vom Schutz der Einrichtungsorte gemäß § 89e SGB VIII erfassten anderen Familie begründet worden sei, stehe der Klägerin keine Kostenerstattung zu. Ein Erstattungsanspruch der Klägerin scheide auch deshalb aus, weil der Antrag auf Hilfe zur Erziehung von der Schwiegertochter des Herrn H. T. gestellt worden sei, die jedoch hierzu nicht berechtigt gewesen sei.
33Der Beklagte als Widerkläger hat beantragt,
34die Widerbeklagte zu verurteilen, an ihn 23.029,09 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz zu zahlen.
35Die Klägerin als Widerbeklagte hat beantragt,
36die Widerklage abzuweisen.
37Sie hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Die bisherigen Erstattungen seien nicht zu Unrecht erfolgt. Der Widerkläger sei nach wie vor gemäß §§ 86 Abs. 4 Satz 2, 89 SGB VIII kostenerstattungspflichtig. Hierfür sei der tatsächliche Aufenthalt des Kindes M. -N. T. vor Hilfebeginn maßgeblich. M. -N. habe vor Hilfebeginn zusammen mit ihrem Vater in den Niederlanden gelebt, also in Deutschland keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Anfangs sei es auch nicht klar gewesen, ob M. -N. in der Familie ihres Bruders verbleiben könne. Durch die unmittelbare Beantragung von Hilfe zur Erziehung sei deutlich geworden, dass die Familie des Bruders von M. -N. wie eine sonstige Institution im Sinne von § 89e SGB VIII tätig geworden sei. Im Übrigen sei der Widerkläger selbst von seiner Kostenerstattungspflicht ausgegangen.
38Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.685,02 Euro nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 30. November 2011 zu zahlen. Die Klage im Übrigen und die Widerklage sind abgewiesen worden.
39Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, der Klägerin stehe gegenüber dem Beklagten als überörtlichem Träger nach § 89 SGB VIII zwar ein Anspruch auf Erstattung der Kosten zu, die sie in der Zeit vom 1. August 2009 bis jedenfalls zum 17. September 2009 als nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII wegen des tatsächlichen Aufenthaltes des Mädchens zuständiger örtlicher Träger für M. -N. T. gemäß §§ 27, 33 SGB VIII in Form von Unterbringungs-kosten aufgewendet habe, von diesen seien aber - nach dem in § 89f Abs. 1 SGB VIII enthaltenen sog. „Grundsatz der Interessenwahrnehmung“ - Überzahlungen an das „T2. X3. “ wegen der Abwesenheitszeiten der Hilfeempfängerin, die nach Maßgabe des einschlägigen Rahmenvertrages nur i. H. v. 80 % des für den Pflegetag vereinbarten Leistungsentgeltes hätten übernommen werden dürfen, in Abzug zu bringen. Weil es für die Rechtmäßigkeit der Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 33, 34 SGB VIII ausreiche, dass der Personensorge-berechtigte mit der Hilfe einverstanden sei, sei vor dem Hintergrund des vom Adoptivvater H. T. nachträglich im August 2003 gestellten und ausdrücklich auf die Zeit ab dem 11. März 2003 bezogenen Jugendhilfeantrages hingegen unschädlich, dass die Hilfe anfänglich am 11. März 2003 durch die für M. -N. nicht sorgeberechtigte Frau O. T. beantragt worden sei.
40§ 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII, nach dem in den Fällen, in denen das Kind oder der Jugendliche während der letzten 6 Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe, der örtliche Träger zuständig sei, in dessen Bereich sich das Kind bzw. der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufgehalten habe, greife hier deswegen, weil Herr H. T. , der - da seine Ehefrau E. T. bereits verstorben war - für M. -N. nach überein-stimmender Auffassung der Beteiligten allein sorgeberechtigt und damit nach § 86 Abs. 1 bis 3 SGB VIII maßgeblicher Elternteil gewesen sei, im Sinne von § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt habe. Ausgehend von § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I sei durch seine Inhaftierung am 10. März 2003 in der JVA D. und seine Umverlegung ab dem 13. Oktober 2003 in das krankenhaus G. kein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland begründet worden, weil er sich wegen der gegen die Verurteilung zu einer Frei-heitsstrafe vom 10. Oktober 2003 eingelegten Revision bis zu seinem Tod am 5. Februar 2004 nur in Untersuchungshaft befunden habe und insoweit - trotz des angeblichen Geständnisses seiner Tat gegenüber seiner Schwiegertochter am 16. März 2006 und der Auflösung seiner Wohnung bereits 14 Tage nach seiner Inhaftierung - weder von einem „nicht nur vorübergehenden Verweilen“ noch von einem „Mittelpunkt der Lebensbeziehungen“ im Vollzug ausgegangen werden könne.
41Obwohl Herr H. T. keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt habe, richte sich die örtliche Zuständigkeit hier nicht nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, nämlich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung, weil auch M. -N. T. zu dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt keinen gewöhnlichen Aufenthalt (im Inland) besessen habe. Unter Berücksichtigung der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung sei als Beginn der Leistung nämlich der Zeitpunkt anzusehen, ab dem die Klägerin für das Mädchen Jugendhilfeleistungen erbracht und Herrn H. T. ausweislich des Bescheides vom 23. Oktober 2003 Hilfe zur Erziehung ab dem 11. März 2003 gewährt habe. Vor diesem Zeitpunkt habe M. -N. T. keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland begründet, weil sie diesen bis zum 10. März 2003 gemeinsam mit ihrem Adoptivvater im niederländischen F. gehabt habe und bei ihrer anschließenden Aufnahme in den Haushalt der Eheleute T. in H1. noch nicht festgestanden habe, dass sie dort ihren Lebensmittelpunkt begründen würde. Vor dem Hintergrund, dass Frau M. T. nicht sorgeberechtigt und damit auch gegenüber dem Jugendamt nicht antragsberechtigt gewesen sei und gegen Herrn H. T. gerade erst die Untersuchunghaft verhängt, aber noch keine Verurteilung erfolgt sei, habe sich das weitere Aufenthaltsschicksal des Mädchens vielmehr als völlig ungewiss dargestellt.
42Trotz mangelnden gewöhnlichen Aufenthaltes sei die Klägerin aber nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII örtlich zuständiger Träger der Jugendhilfe gewesen, weil M. -N. T. sich vor dem 11. März 2003 als Zeitpunkt des Beginns der Leistung jedenfalls tatsachlich bei den Eheleuten T. in H1. aufgehalten habe.
43Demgegenüber sei ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten gemäß § 89 SGB VIII sowohl hinsichtlich des Zeitraums vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 als auch hinsichtlich des Zeitraums vom 17. November 2009 bis zum 31. Dezember 2009 zu verneinen.
44Bezüglich der erstgenannten Phase sei die Klägerin für die M. -N. T. gewährte Jugendhilfe nicht die örtlich zuständige Jugendhilfeträgerin gewesen. Denn hinsichtlich der für das Mädchen in diesem Zeitraum gewährten Jugendhilfe sei die örtliche Zuständigkeit neu zu bestimmen. Hierfür spreche bereits, dass die Klägerin die für M. -N. bis dahin gewährte Hilfe zur Erziehung durch Be-scheid vom 21. September 2009 ausdrücklich zum 18. September 2009 einge-stellt und die Pflegestelle „T2. X3. “ die Maßnahme am 17. September lt. Abschlussbericht vom 20. Oktober 2009 beendet habe. An der Erforderlichkeit einer neuen Bestimmung der Zuständigkeit ändere es nichts, dass die Klägerin den Einstellungsbescheid vom 21. September 2009 mit Bescheid vom 22. Juni 2011 wieder zurückgenommen habe, weil der Annahme einer bloßen Fortsetzung der zuvor gewährten Hilfe zur Erziehung bereits entgegenstehe, dass für die Zeit vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 kein Bescheid der Klägerin über eine Gewährung von Hilfe zur Erziehung (in Form der Unterbringung nunmehr in der Jugendschutzstelle in I. ) ergangen sei. Auch habe insoweit kein Antrag auf Hilfe zur Erziehung des seinerzeit für M. - N. personensorgeberechtigten Amtsvormundes vorgelegen. Dieser sei vielmehr erst am 17. November 2009 gestellt worden, woraufhin die Klägerin durch Bescheid vom 25. November 2009 Hilfe zur Erziehung (in Form der Heimerziehung in einer Wohngruppe in F4. ) ausdrücklich erst wieder ab dem 17. November 2009 gewährt habe. Sei danach die örtliche Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers zum 18. September 2009 neu zu bestimmen, scheide ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 89 SGB VIII der Klägerin gegenüber dem Beklagten hinsichtlich des Zeitraums vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 aus, weil es sich bei der in diesem Zeitraum für M. -N. T. gewährten Jugendhilfe um eine Inobhutnahme i. S. v. § 42 SGB VIII gehandelt habe, für die nicht die Klägerin, sondern nach § 87 SGB VIII der Beigeladene örtlich zuständig gewesen sei. Nach der einschlägigen Vorschrift sei für die Inobhutnahme der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind bzw. der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme tatsächlich aufhalte. Dies sei hier - da sich M. -N. vor Beginn ihrer Aufnahme in der Jugendschutzstelle tatsächlich in I. aufgehalten habe, diese Stadt aber über kein eigenes Jugendamt verfüge - der beigeladene Kreis.
45Dafür, dass es sich bei der am 18. September 2009 erfolgten Unterbringung von M. -N. in der Jugendschutzstelle I. um eine Inobhutnahme gehandelt habe, spreche bereits, dass die Klägerin diese Maßnahme wiederholt selbst als Inobhutnahme bezeichnet habe. Aber auch unabhängig hiervon sei die Maß-nahme gemessen an Sinn und Zweck des Institutes sowie seinen Vorausset-zungen als Inobhutnahme zu qualifizieren. Insbesondere habe sich M. -N. T. - nachdem sie am 7. September 2009 als vermisst gemeldet, dann am 12. September aufgegriffen worden sei und dabei offenbar erklärt habe, nicht wieder in die Pflegefamilie zurückkehren zu wollen - in einer Gefährdungssitu-ation befunden, die eine vorläufige Schutzmaßnahme im Sinne einer Krisenin-tervention des Jugendamtes gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII habe erforderlich erscheinen lassen. Dass hier von einer Gefahr für das Wohl des Mädchens auszugehen gewesen sei, zeige, dass die damals 14 Jahre alte Jugendliche ohne die Intervention der Klägerin offensichtlich ohne feste Unterkunft und Erziehung geblieben wäre. Der Annahme einer Inobhutnahme stehe auch nicht entgegen, dass M. -N. in der Jugendschutzstelle angeblich nur „geparkt“ gewesen sein soll, um nach einer geeigneten anderweitigen Unterbringungsmöglichkeit zu suchen. Vielmehr ergebe sich bereits aus dem Charakter der Inob-hutnahme als bloß vorläufiger Maßnahme und lasse sich deshalb von vornherein nicht als Argument gegen die Annahme einer Inobhutnahme anführen, dass das Jugendamt verpflichtet sei, die Art des jugendhilferechtlichen Bedarfs zu klären und eine Entscheidung über die gebotene Anschlusshilfe herbeizuführen.
46Ebenso wenig greife vorliegend der Grundsatz, dass in Fällen, in denen ein fortsetzungsfähiger und -bedürftiger Hilfebedarf bestehe, trotz kurzzeitiger formaler Unterbrechung von einer einheitlichen kontinuierlichen Leistungsgewährung auszugehen sei. Abgesehen davon, dass die hier vorliegende Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII keine Leistung der Jugendhilfe im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VIII darstelle, hinsichtlich derer bei einem qualitativ unveränderten jugendhilferechtlichen Bedarf eine bloße Schwerpunktverlagerung mit der Folge einer Anpassung der Ausgestaltung der Hilfe für unschädlich erachtet werde, sondern zu den anderen Aufgaben der Jugendhilfe gehöre (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII), bedeute der auf eine Gesamtbetrachtung abstellende zuständigkeitsrechtliche Leistungsbegriff nämlich nicht, dass jede beliebige Maßnahme der Jugendhilfe den Beginn einer Leistung darstelle oder es allein auf die erstmalige Gewährung von Jugendhilfe im Sinne des Beginns einer „Jugendhilfekarriere“ ankomme. Der Rechtsgrundlage für eine bestimmte Hilfemaßnahme komme für sich allein zuständigkeitsrechtliche Bedeutung vielmehr unmittelbar insoweit zu, als die Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit - wie in § 86a Abs. 4, § 86b Abs. 1 SGB VIII - auf die Hilfegewährung gerade nach einer bestimmten Rechtsgrundlage Bezug nähmen. Dies sei ausweislich § 87 SGB VIII auch hinsichtlich der Inobhutnahme im Sinne von § 42 SGB VIII der Fall. Nehme § 87 SGB VII auf die spezielle Hilfegewährung nach § 42 SGB VIII Bezug, greife im vorliegenden Fall hinsichtlich des Zeitraums ab dem 18. September 2009 eine besondere Zuständigkeitsregelung ein, die das Fortbestehen der bisherigen örtlichen Zuständigkeit ausschließe.
47Dementsprechend stehe der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch gemäß § 89 SGB VIII der Klägerin auch hinsichtlich des Zeitraums vom 17. November 2009 bis zum 31. Dezember 2009 nicht zu, denn insoweit sei sie ebenfalls nicht im Sinne der genannten Vorschrift die örtlich zuständige Trägerin der Jugendhilfe gewesen. Da die örtliche Zuständigkeit der Klägerin für die M. -N. zu gewährende Jugendhilfe am 17. September 2009 geendet habe, sei die örtliche Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers gleichfalls für die Zeit ab dem 17. November 2009 neu zu bestimmen. Insoweit richte sich die örtliche Zuständigkeit nunmehr nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, also nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Jugendlichen vor Beginn der neu ansetzenden Leistung. Da zum Zeitpunkt des Beginns der Leistung am 17. November 2009 die Eltern von M. -N. T. bereits verstorben gewesen seien und das Mädchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt vor Leistungsbeginn in I. (Pflegefamilie X3. bzw. Jugendschutzstelle) gehabt habe, sei diesbezüglich ebenfalls der Beigeladene örtlich zuständig gewesen.
48Dem Beklagten als Widerkläger seinerseits stehe gegenüber der Klägerin als Widerbeklagten kein Anspruch auf Rückzahlung der von ihm der Klägerin erstatteten Beträge für die im Jahr 2007 geleistete Jugendhilfe für M. -N. T. aus § 112 SGB X zu. Habe der Widerbeklagten gegenüber dem Widerkläger für die Zeit vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 89 SGB VIII zugestanden, weil sie für die dem Mädchen vom 11. März 2003 bis zum 17. September 2009 in Anwendung von §§ 27, 33 SGB VIII gewährte Hilfe zur Erziehung nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII und damit aufgrund eines tatsächlichen Aufenthaltes M. -N4. örtlich zuständig gewesen ist, habe der Widerkläger auf Grund seiner Kostenerstattungszusage vom 21. Februar 2005 der Widerbeklagten die Kosten der aufgewendeten Jugendhilfe jedenfalls auch für das Jahr 2007 zu Recht erstattet.
49Hinsichtlich weiterer Einzelheiten in der Argumentation des Verwaltungsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
50Mit Beschluss vom 24 März 2014 hat der Senat die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil zugelassen, weil es besondere rechtliche Schwierigkeiten aufwerfe, inwieweit der Charakter einer - Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII nachfolgenden - Maßnahme als Inobhutnahme i. S. v. § 42 SGB VIII, die als solche keine „Leistung“ im Sinne der Zuständigkeitsregelungen des SGB VIII darstelle, maßgeblich durch das Etikett bestimmt werde, das ihr der tätig werdende Jugendhilfeträger förmlich aufdrücke, oder nicht vielmehr für die Änderung der Hilfe von einer Leistung i. S. v. § 2 Abs. 2 SGB VIII zur Aufgabenerfüllung i. S. v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII und damit für eine Unterbrechung entscheidend sei, ob sich bei gleichbleibender Art und Weise der Förderung die objektive Bedarfslage beim Kind oder Jugendlichen maßgeblich geändert habe. Zum anderen würden besondere Anforderungen an die Rechtsfindung aus der Beantwortung der Frage erwachsen, ob nicht auch dann, wenn vorliegend von einer weniger als 3 Monate dauernden Inobhutnahme i. S. v. § 42 SGB VIII auszugehen sei, die Hilfeleistung nach §§ 27, 34 SGB VIII dennoch zuständigkeitsrechtlich gesehen keine relevante Unterbrechung erfahren habe.
51Die Klägerin begründet ihre Berufung unter Bezugnahme auf ihre Zulassungsbegründung und den Zulassungsbeschluss des Senates im Wesentlichen wie folgt:
52Bezüglich des Zeitraums vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 gehe das Verwaltungsgericht zu Unrecht auf der Grundlage des Abschlussberichtes der Ev. Jugendhilfe N3. vom 20. Oktober 2009 davon aus, dass sich M. -N. ab dem 17. August 2009 nicht mehr in der Pflegefamilie X3. befunden habe und deshalb für den Zeitraum vom 17. August 2009 bis zum 17. September 2009 eine Kürzung des Pflegesatzes auf 80 % in Rechnung zu stellen sei. Soweit ein gegenläufiger Aktenvermerk von Frau I1. - Wirtschaftliche Jugendhilfe der Klägerin - vom 13. August 2010 als nicht überzeugend abgetan werde, stimme dieser indes mit den Angaben in der E-Mail des - ggfs. anzuhörenden - Herrn T3. , Regionalkoordinator der F3. Jugendhilfe für den Bereich I. , vom 29. Juli 2010 überein, derzufolge M. -N. im T2. X3. zu keinem Zeitpunkt länger als 3 Tage abwesend gewesen sein solle.
53Was den Zeitraum vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 angehe, gehe das Verwaltungsgericht auf der Grundlage einer fehlerhaften Sach-verhaltswürdigung in gleicher Weise zu Unrecht davon aus, dass mit der endgültigen Unterbringung von M. -N. in der Jugendschutzstelle I. die bis dahin gewährte Hilfeleistung in Form der Heimunterbringung nach §§ 27, 34 SGB VIII zugunsten einer Inobhutnahme geendet habe. Voraussetzung einer Inobhut-nahme sei nach § 42 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII nämlich unter anderem, dass einedringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Maßnahme erfordere. Eine Gefahr sei dringend, wenn eine Sachlage oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das Wohl des Kindes bzw. Jugendlichen gefährdet werde. Die Gefahrenlage müsse also eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes oder Jugendlichen erwarten lassen, wobei in der Praxis insbesondere die Fälle einer extremen Vernachlässigung des Kindes - beispielsweise durch Überforderung der Eltern - oder Fälle einer Kindesmisshandlung bzw. eines Kindesmissbrauchs sowie einer Eigengefährdung aufgrund exzessiven Alkohol- oder Drogenkonsums in Betracht kämen. Von einer derartigen Sachlage könne vorliegend jedoch schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil M. -N. nach Mitteilung von Herrn T3. keine vollen 3 Tage abwesend gewesen sei. Des Weiteren ergebe sich aus dem Abschlussbericht X3. lediglich, dass die Situation dort derart eskaliert sei, dass M. -N. den bloßen Wunsch gehabt habe, nicht mehr am T2. X3. zu verbleiben. Der Abschlussbericht habe aufgrund der festgestellten und aufgeführten Fakten aber dennoch eine weitere Unterbringung in einer Wohngruppe empfohlen. Daraus ergebe sich zwar, dass die Inobhutnahme M. -N4. der Beseitigung einer aktuellen Krisensituation gedient habe. Eine Kindeswohlgefährdung, wie sie die Beklagte vortrage und vom Verwaltungsgericht angenommen werde, habe hingegen zu keinem Zeitpunkt bestanden. In qualitativer Hinsicht habe der Hilfebedarf vielmehr im wesentlichen unverändert auch nach dem 17. September 2009 fortbestanden. Die Inobhutnahme in der Jugendschutzstelle I. habe gerade nicht diesen - kontinuierlich Hilfe erfordernden - Bedarf von M. -N. unterbrochen, sondern sei wegen der Eskalation der Situation bei der Pflegestelle X3. notwendig geworden, um mit dem Mädchen gemeinsam eine andere Lösung zu finden.
54Wenn das Verwaltungsgericht annehme, dass es sich bei der Unterbringung in der Jugendschutzstelle auch deshalb um eine Inobhutnahme i. S. v. § 42 SGB VIII handele, weil die Klägerin diese Maßnahme selbst als Inobhutnahme bezeichnet habe, könne dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Wie bereits in der vorgerichtlichen Korrespondenz mehrfach betont, sei M. -N. in der Jugendschutzstelle lediglich „geparkt“ worden, um von dort aus eine weitere Unterbringungsmöglichkeit in einer anderen Wohngruppe zu suchen. Die Bezeichnung „Inobhutnahme“ stelle in diesem Zusammenhang ein Fall der „falsa demonstratio non nocet“ dar. Dass die Tagessätze von der Jugendschutzstelle I. der Höhe nach wie für eine Maßnahme i. S. v. § 42 SGB VIII abgerechnet worden seien, sei insoweit irrelevant. Von der Jugendschutzstelle I. sei rein tatsächlich eine Hilfeleistung nach §§ 27, 34 SGB VIII erbracht worden, ohne dass eine Änderung der Hilfeform herbeigeführt worden sei, die eine Neubestimmung der örtlichen Zuständigkeit habe auslösen können.
55Die örtliche Zuständigkeit sei auch im Übrigen nicht ab dem 18. September 2009 neu zu bestimmen gewesen. Die Beendigung der Maßnahme X3. am 17. September 2009 habe nämlich keine Unterbrechung der nach wie vor erforderlichen Wohngruppenunterbringung für M. -N. dargestellt. Deshalb könne der Annahme, dass die am 22. Juni 2011 erfolgte Rücknahme des Einstellungs-bescheides vom 21. September 2009 an der Erforderlichkeit der Neubestimmung der Zuständigkeit nichts ändere, nicht gefolgt werden. Der Hilfebedarf in Form der Wohngruppenunterbringung i. S. d. §§ 27, 34 SGB VIII sei bei M. -N. nach wie vor vornehmlich deshalb gegeben gewesen, weil ihre Adoptiveltern verstor-ben seien. Zum Zeitpunkt der vermeintlichen „Inobhutnahme“ sei M. -N. erst 14 Jahre alt und Vollwaise gewesen, weshalb eine Beendigung der Jugendhilfe-leistung nicht habe erfolgen könnten und auch nie in Betracht gezogen worden sei.
56Ein Bescheid der Klägerin über eine Gewährung von Hilfe zur Erziehung in der Zeit vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 sei nicht erforderlich gewesen, da die Hilfe zur Erziehung kontinuierlich gewährt worden sei. Die Rücknahme der rechtswidrigen Einstellung vom 21. September 2009 habe lediglich der Klarstellung gedient, dass die ursprünglich gewährte Hilfe fortgesetzt worden sei. Insofern sei auch unschädlich gewesen, dass für diesen Zeitraum kein Antrag des Amtsvormundes vorgelegen habe. In Anbetracht der Kontinuität der bisherigen Leistung auf Grundlage des ursprünglichen Antrags vom 2. August 2003 sei kein erneuter Leistungsantrag erforderlich gewesen. Auch der in diesem Zusammenhang gestellte Antrag vom 17. November 2009 habe lediglich der Klarstellung gedient, dass die Wohnunterbringung ab dem gleichen Tage woanders - nämlich nunmehr bei einer Wohngruppe in F4. - fortgesetzt werde. In qualitativer Hinsicht habe sich an der Jugendhilfe für M. -N. dadurch nichts geändert.
57Selbstverständliche Konsequenz der vorstehenden Ausführungen sei, dass die örtliche Zuständigkeit ab dem 17. November 2009 ebenfalls nicht neu zu bestim-men gewesen sei.
58Selbst wenn man begrifflich von einer zwischenzeitlichen Inobhutnahme ausgeh-en wolle, könne - wenn nicht sogar zuständigkeitsrechtlich die Fortsetzung der gleichen Leistung anzunehmen sei - dem Urteil des Verwaltungsgerichts Ans-bach vom 14. Juni 2012 - AN 14 K 10.01808 - und einem DIJuF-Rechtsgutachten vom 1. September 2013 zumindest entnommen werden, dass eine zum 16. No-vember 2009 wiederaufgenommene Hilfeleistung jedenfalls nicht durch eine solche Inobhutnahme unterbrochen werde. Unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Hilfe in der Jugendschutzstelle in der Zeit vom 18. September bis zum 15. November 2009 bestehe zwischen der Hilfegewährung vom 11. März 2003 bis zum 17. September 2009 und der ab dem 16. November 2009 nämlich als Geringstes ein Fortsetzungszusammenhang. Vor dem Hintergrund eines zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffes, dem eine Gesamtbetrachtung der verschiedenen Maßnahmen und Hilfen im Hinblick darauf zugrundezulegen sei, ob sie zur Deckung eines unveränderten jugendhilferechtlichen Bedarfes erforderlich seien, komme es an sich von vornherein schon gar nicht darauf an, ob sich bei einem auf einen längeren Zeitraum angelegten Hilfeprozess bloß die Schwerpunkte innerhalb des Hilfebedarfes zwischenzeitlich verschieben und Modifikationen, Änderungen oder Ergänzungen bedingen würden. Stehe für den Begriff „Leistung“ die Sicherstellung der Kontinuität einer bedarfsgerechten Hilfegewährung im Vordergrund, hätte selbst eine kurzfristige Unterbrechung jeglicher Hilfeleistung von bis zu 3 Monaten nach den insoweit entsprechend anzuwendenden §§ 86 Abs. 7 Satz 4, 86a Abs. 4 Satz 2 und 86b Abs. 3 Satz 2 SGB VIII bei kontinuierlich fortbestehendem Hilfebedarf außer Betracht zu bleiben. Auch hier sei bei gleichbleibendem Bedarf mit einer alsbaldigen Wiederaufnahme der Unterbringung in Heimerziehung zu rechnen gewesen.
59Die Klägerin beantragt,
60den Beklagten unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils über die dort zugesprochenen 3.685,02 Euro hinaus zur Erstattung der vollen 20.314,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 30. November 2011 zu verurteilen.
61Der Beklagte beantragt,
62die Berufung zurückzuweisen.
63Der Beklagte verteidigt - bis auf eine im dort zugestandenen Erstattungsbetrag von 3.685,02 Euro enthaltene Weihnachtsbeihilfe über 35,- Euro - das erstin-stanzliche Urteil.
64In der Zeit vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 sei M. -N. T. ausweislich der Mitteilung an den personensorgeberechtigten Amtsvor-mund vom 21. September 2009 und den Angaben im Hilfeplan vom 6. Januar 2010 im Rahmen einer Inobhutnahme untergebracht gewesen. Von einer „falsa demonstratio“ könne angesichts des eindeutigen Wortlautes der Mitteilung nicht die Rede sein. Da M. -N. an der I2. -Schule in I. aufgegriffen worden sei, stelle sich die Inobhutnahme - weil nach § 87 SGB VIII der Beige-ladene als Träger der öffentlichen Jugendhilfe für diesen Bereich örtlich zuständig gewesen sei - im Übrigen zudem als rechtswidrig dar.
65Ebenso wenig könne nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverwal-tungsgerichtes zum Leistungsbegriff dann vom Vorliegen einer einheitlichen Hilfemaßnahme die Rede sein, wenn - wie hier - vom Katalog des § 2 Abs. 2 SGB VIII (Leistung i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII) zum Katalog des § 2 Abs. 3 SGB VIII (andere Aufgabe i. S. v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII) gewechselt werde. Im Zeitpunkt der neuerlichen Antragstellung des Vormundes am 17. November 2009 sei das Verwaltungsgericht vor diesem Hintergrund zu Recht von der Notwendigkeit einer erneuten Prüfung der örtlichen Zuständigkeit ausgegangen, da im Zeitpunkt der förmlichen Beendigung der vorherigen Hilfe zum 18. September 2009 keine „konkretisierte“ Wiederaufnahmeperspektive vorgelegen habe. Erst im Abschlussbericht des Standortprojektes X3. vom 20. Oktober 2009 sei eine weitere Unterbringung in einer Wohngruppe empfohlen worden.
66Der Beigeladene, der keinen Antrag stellt, schließt sich den Ausführungen der Klägerin zur Berufungsbegründung an.
67Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (2 Bände) und der zu dem Verfahren eingereichten Verwaltungsvorgänge (3 Hefte) verwiesen.
68E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
69Die Berufung hat - wie aus dem Tenor ersichtlich - jedenfalls teilweise Erfolg.
70Der Klägerin steht - über den vom Verwaltungsgericht in Anwendung des Grundsatzes der Interessenwahrnehmung zu Recht auf 3.685,02 Euro beschränkten Anspruch auf Erstattung des Kostenaufwandes für die Unterbringung von M. -N. T. in der Pflegefamilie X3. im Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 hinaus - ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 89 SGB VIII i. H. v. 5.936,85 Euro auch für den Leistungszeitraumzeitraum vom 16. November 2009 bis zum 31. Dezember 2009 zu, in dem Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII in Form der Unterbringung des Mädchens in einer Wohngruppe der F3. Jugendhilfe N3. in F4. erbracht worden ist. Hingegen kann die Klägerin vom Beklagten nicht die Erstattung der Kosten geltend machen, die ihr für die Unterbringung M. -N4. in der Phase vom 18. September 2009 bis zum 15. November 2009 in der Jugendschutzstelle entstanden sind.
71Soweit der Klägerin gegenüber dem Beklagten ein Erstattungsanspruch zusteht, folgt dieser aus § 89 SGB VIII. Danach sind in den Fällen, in denen für die örtliche Zuständigkeit nach den §§ 86, 86a oder 86b SGB VIII der tatsächliche Aufenthalt maßgeblich ist, die Kosten, die ein örtlicher Träger der Jugendhilfe aufgewendet hat, von dem überörtlichen Träger zu erstatten, zu dessen Bereich der örtliche Träger gehört. Ein derartiger Fall liegt hier sowohl für die Unterbringungszeit M. -N. T. vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 als auch für deren Unterbringungszeit vom 16. November 2009 bis 31. Dezember 2009 vor.
72Die Klägerin war zunächst einmal für die für M. -N. vom 11. März 2003 bis zum 17. September 2009 gem. §§ 27, 33 SGB VIII gewährte Hilfe zur Erziehung nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII und damit aufgrund eines tatsächlichen Aufenthalts des Mädchens örtlich zuständig.
73Nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII ist in den Fällen, in denen das Kind oder der Jugendliche während der letzten 6 Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat, der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält. Diese Regelung greift hier ein, weil weder Herr H. T. , der - da seine Ehefrau E. T. bereits verstorben war - für M. -N. nach übereinstimmender Annahme aller Beteiligten allein sorgeberechtigt und damit maßgeblicher Elternteil i. S. v. § 86 Abs. 1 - 3 SGB VIII gewesen ist, i. S. v. § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII vor Beginn der Leistung einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte noch das Mädchen selbst. Nach der letztgenannten Vorschrift richtet sich die Zuständigkeit in den Fällen, in denen die Eltern oder der maßgebliche Eltern-teil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder ein gewöhnlicher Auf-enthalt nicht feststellbar ist oder sie verstorben sind, nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
74Das Verwaltungsgericht ist insoweit zutreffend und mit überzeugenden Erwägungen, die sich der Senat zu eigen macht und die auch von den Beteiligten im Berufungsverfahren nicht mehr in Frage gestellt worden sind, zunächst davon ausgegangen, dass Herr H. T. weder zum Zeitpunkt des Hilfeantrags vom 11. März 2003 noch zu einem späteren Zeitpunkt einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland besessen hat.
75Obwohl Herr H. T. keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt hat, richtet sich die örtliche Zuständigkeit im vorliegenden Fall dennoch deshalb nicht nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, weil M. -N. T. zu dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt vor Beginn der Leistung ebenfalls keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt hat. Auch dies hat das Verwaltungsgericht mit zutreffenden und vor keiner Seite mehr bestrittenen Argumenten schlüssig dargelegt, so dass auf die entsprechenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil zur Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunktes und der mangelnden Festigung des seinerzeitigen Aufenthaltes M. -N4. im Haushalt der Eheleute T. in H1. verwiesen werden kann.
76Hatte M. -N. T. vor Beginn der Leistung am 11. März 2003 keinen gewöhnlichen Aufenthalt, bestimmt sich die örtlichen Zuständigkeit des Trägers der Jugendhilfe nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII nach ihrem tatsächlichen Aufenthalt vor Beginn der Leistung bei den Eheleuten T. in H1. .
77Dass die ab dem 11. März 2003 kontinuierlich gewährte Hilfe zur Erziehung und damit auch die Phase ab dem 1. August 2009 von dem erforderlichen Einver-ständnis des Adoptivvaters abgedeckt gewesen ist, hat das Verwaltungsgericht wiederum plausibel dargelegt und wird von keinem Beteiligten in Zweifel gezogen, so dass der Senat auch insoweit keinen Anlass sieht, diese rechtliche Würdigung zu hinterfragen.
78Der Senat folgt gleichermaßen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass zur Wahrung des in § 86f Abs. 1 SGB VIII enthaltenen Grundsatzes der Interessen-wahrung die zu erstattenden Pflegekosten für die 14 Tage vom 17. August 2009 bis zum 31. August 2009 und für die 17 Tage vom 1. September 2009 bis zum 17. September 2009 nach Maßgabe des einschlägigen „Rahmenvertrages I für die Übernahme von Leistungsentgelten in der Jugendhilfe nach §§ 78a - f SGB VIII“ auf 80 % zu kürzen sind. Der sorgefältigen Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts, der sich der Senat diesbezüglich anschließt, kann nicht entgegen gehalten werden, die Angaben im Aktenvermerk der Frau I1. von der wirtschaftlichen Jugendhilfe der Klägerin stimmten mit denen des Herrn T3. als Regionalkoordinator des F3. Jugendwerkes für den Bereich I. und Verfasser auch des Abschlussberichtes zum T2. X3. vom 20. Oktober 2009 überein, die dieser in seiner E-Mail vom 19. Juli 2010 gemacht habe. Abgesehen davon, dass diese Angaben - anders als der Abschlussbericht - erst 10 Monate nach den Ereignissen gemacht worden sind und sie offenbar vor dem Hintergrund einer durch den Beklagten initiierten entsprechenden Nachfrage der Klägerin und der Weigerung der Verwaltung der Ev. Jugendhilfe N3. zur Korrektur ihrer Rechnungsstellung erfolgten, verhält sich die Mitteilung - über die schlichte Behauptung hinaus, dass M. -N. T. keine volle 3 Tage abwesend gewesen sei - weder konkret zum Zeitraum zwischen dem 17. August 2009 bis zum 31. August 2009 noch lässt sich ihr eine substan-tiierte Aussage da-zu entnehmen, dass M. -N. zwischen dem 1. September 2009 und dem 17. September 2009 doch mit Unterbrechungen von unter 3 vollen Tagen in der abgerechneten Pflegestelle X3. anwesend gewesen ist. Der chronologischen Aufzählung in der E-Mail lässt sich vielmehr nur entnehmen, dass das Mädchen am 7. September 2009 bei der Polizei als vermisst gemeldet worden ist und sie nach ihrem Aufgreifen in der Schule am 12. September 2009 und einem erneuten Versuch, wegzulaufen, noch am gleichen Tage in die Jugendschutzstelle I. ausgelagert wurde, weil sie nicht wieder zur Familie X3. zurück wollte. Dass M. -N. T. am 12. September 2009 oder in der Zeit zwischen dem 1. und dem 7. September bzw. ab dem 12. September 2009 jemals wieder Aufenthalt im T2. X3. in einer Weise genommen hat, dass von einer Anwesenheit i. S. d. Rahmenvertrages gesprochen werden konnte, kommt nicht annähernd zum Ausdruck. Vor diesem Hintergrund drängt es sich dem Senat auch nicht auf, Herrn T3. als jemanden, der die Betreuung des Mädchens lediglich als Koordinator des freien Trägers der Jugendhilfe miterlebt hat, als Zeugen anzuhören.
79Nicht von dem hier gegenüber dem Beklagten allein in Betracht kommenden Erstattungsanspruch nach § 89 SGB VIII erfasst wird die Unterbringung von M. -N. T. in der Bereitschaftsstelle der F3. Jugendhilfe, soweit sie vom 18. September 2009 bis zum 15. November 2009 Kosten verursacht hat. Dabei handelt es sich nämlich weder materiell-rechtlich um die Fortsetzung der bis dahin geleisteten Hilfe zur Erziehung i. S. v. §§ 27, 34 SGB VIII, noch um den Teil einer einheitlichen Leistung i. S. d. zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbe-griffes.
80Die Klägerin muss sich zunächst daran festhalten lassen, dass sie selbst die Unterbringung M. -N4. im Rahmen der Einstellung der Jugendhilfe nach §§ 27, 34 SGB VIII zum 18. September 2009 mit Bescheid vom 21. September 2009 als Inobhutnahme gem. § 42 Abs. 1 Satz1 Nr. 2 SGB VIII gewertet hat. In der Information von Herrn I3. als dem zuständigen und als hinreichend sachkundig einzuschätzenden B. -Mitarbeiter an die wirtschaftliche Jugendhilfe der Klägerin vom 16. November 2009 wird für den Zeitraum vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 unmissverständlich von einer Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII ausgegangen. Auch im Hilfeplan vom 6. Januar 2010 hat Herr I3. unter der Rubrik „bisherige Hilfen“ eindeutig eine Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII angegeben. Dem Charakter einer Inobhutnahme entspricht es auch, wenn Herr I3. - nachdem die Vorhaltung des Platzes in der Pflegefamilie X3. zum 18. September 2009 beendet worden war - den Amtsvormund, Herrn V. vom Jugendamt der Klägerin, mit offiziellem, rechtmittelfähigem Bescheid von Montag, dem 21. September 2009, unverzüglich - nämlich inner-halb von 3 Werktagen -
81vgl. zu diesem Kriterium einer Inobhutnahme: BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1999 - 5 C 24.98 -, BVerwGE, 109, 155, juris,
82nicht nur über die Einstellung der Hilfe zur Erziehung, sondern auch über die Inobhutnahme, deren Beginn er auf den 18. September 2009 datiert, informiert hat. Im Gegensatz zur Hilfe zur Erziehung besteht auf eine Inobhutnahme nämlich kein individueller Anspruch, dessen Erfüllung das Einholen des Einverständnisses des Berechtigten voraussetzt, sondern handelt es sich bei dieser anderen Aufgabe der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII um eine hoheitliche Tätigkeit, die der Wahrnehmung des staatlichen Wächteramtes und damit der Abwehr von Gefahren für das Kindeswohl dient und nicht zur Disposition des Sorgeberechtigten steht.
83Vgl. Häußner, in: JurisPK-SGB VIII, 1. Aufl. 2014, § 2 Rn. 25 ff., m.w.N.
84Daran ändert nichts, dass die Inobhutnahme nicht nur eingriffsrechtliche, sondern durchaus auch leistungsrechtliche Komponenten enthält.
85Vgl. auch: Kunkel, in: LPK-SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 2 Rn. 3, 15 f.; Happe/Saurbier, in: Jans/Happe/Saurbier/Maas, Kinder- und Jugendhilferecht, Stand Juli 2013, Erl. 8.1 KJHG § 2 Rn. 10.
86Auch deshalb, weil nämlich eine Inobhutnahme nicht nur eine reine Verwahrung, sondern auch gezielt und geplant die Gewährung von Hilfe zur Erziehung beinhalten kann, kommt hier das Vorliegen einer unschädlichen falschen Begriffswahl - also ein Fall von „falsa demonstratio non nocet“ - nicht in Betracht.
87Die Qualifizierung der Maßnahme als Inobhutnahme trifft auch in der Sache zu.
88Wenn die Klägerin meint, schon der objektiv-rechtliche Tatbestand einer Inob-hutnahme nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII sei nicht erfüllt gewesen, weil keine dringende Gefahr für das Wohl der Jugendlichen bestanden habe, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Die Krisenintervention, die bereits am 12. September 2009 anlässlich des Aufgreifens des Mädchens, seines erneuten Fluchtversuches und seiner nachdrücklichen Weigerung zur Rückkehr in das T2. X3. parallel zu der zunächst noch aufrecht erhaltenen Vorhaltung eines Platzes in der Pflegefamilie X3. eingesetzt hat, diente nämlich insoweit der Abwendung einer dringenden - bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmenden - Gefahr der erheblichen Schädigung des körperlichen, geistigen und seelischen Wohls M. -N. T. ,
89vgl. zur Dringlichkeit einer Gefahr: BVerwG, Urteil vom 6. September 1974 - I C 17.73 -, BVerwGE 47, 31, juris,
90als der seinerzeit erst 14jährigen Jugendlichen angesichts ihrer den Umständen nach ernst zu nehmenden Weigerung, wieder in das T2. X3. zurückzukehren, nicht nur die bloße Obdachlosigkeit und Nichterfüllung anderer rein physischer Bedürfnisse drohte, sondern auch Schutzlosigkeit, mangels Er-ziehung und Betreuung Verwahrlosung und nicht zuletzt das - auch im Ab-schlussbericht vom 20. Oktober 2009 heraufbeschworene - Absinken in ein Alkoholmilieu.
91Vgl. insoweit zur für eine Inobhutnahme erforder-lichen Gefahrenlage: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. August 2003 - 9 S 2398/02 -, NDV-RD 2004, 68, juris.
92Ebenso wenig spielt es für die Rechtsnatur eine Rolle, dass die Maßnahme als Inobhutnahme rechtswidrig gewesen sein dürfte, weil die Klägerin nicht der zu ihrer Vornahme nach § 87 SGB VIII örtlich zuständige Träger war.
93Auch rein zuständigkeitsrechtlich bildet die Unterbringung M. -N. T. in der Bereitschaftspflegestelle der F3. Jugendhilfe N3. vom 18. September 2009 bis zum Morgen des 16. November 2009 keine Einheit mit der Hilfegewährung nach §§ 27, 34 SGB VIII in der Pflegefamilie X3. bis zum 17. September 2009. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
94vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2004 - 5 C 9.03 -, BVerwGE 120, 116, juris; Urteil vom 25. März 2010 - 5 C 12.09 -, BVerwGE 136, 185, juris; Urteil vom 19. Oktober 2011 - 5 C 25. 10 -, BVerwGE 141, 77, juris; Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 25.11 -, BVerwGE 145, 257, juris,
95sind „Leistung“, an deren Beginn hier auch § 86 Abs. 4 SGB VIII für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit anknüpft, unabhängig von der Hilfeart und Hilfeform alle im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zur Deckung eines qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlichen Maßnahmen und Hilfen, sofern sie ohne relevante Unterbrechung gewährt worden sind, und zwar auch dann, wenn sich bei einem auf einem längeren Zeitraum angelegten Hilfeprozess die Schwerpunkte innerhalb des Hilfebedarfs verschieben und für die Ausgestaltung der Hilfe Modifikationen, Änderungen oder Ergänzungen bis hin zu einem Wechsel der Hilfeart erforderlich werden. Es käme - da hier zweifellos von einem kontinuierlich Hilfe erfordernden unverändertem Bedarf von M. -N. auszugehen ist - insofern auch nicht darauf an, ob die neue - für notwendig erachtete - Jugendhilfeleistung einer anderen Nummer des § 2 Abs. 2 SGB VIII unterfällt oder innerhalb des SGB VIII nach einer anderen Rechtsgrundlage zu gewähren ist als die bisherige Leistung nach §§ 27, 34 SGB VIII, sondern allein darauf, ob sich die Hilfegewährung ungeachtet aller Modifikationen, Ergänzungen und Änderungen noch als Fortsetzung der ursprünglichen Leistung darstellt oder vielmehr der Deckung eines andersartigen, neu entstandenen Bedarfes dient. Wenn die Frage nach der zuständigkeitsrechtlichen Einheitlichkeit der Leistung aus dem Blickwinkel des zugrunde liegenden Hilfebedarfs betrachtet wird, liegt es zwar an sich nahe, in die Bewertung auch Zeiten einer Inobhutnahme einzubeziehen. Denn gerade in Fällen erzieherischer Defizite oder etwa bei einem - ggfs. kurzfristigen - Ausfall der Erziehungsperson tritt der dadurch entstehende und zu deckende jugendhilferechtliche Bedarf nicht selten in einer Weise auf, die zunächst ein sofortiges Einschreiten in Form einer Inobhutnahme gebietet, an die sich dann aber wiederum bereits absehbar mehr oder weniger nahtlos eine weitergehende Jugendhilfemaßnahme in Form einer Leistung namentlich aus dem Katalog des § 2 Abs. 2 SGB VIII anschließt.
96Vgl. Lange, in: JurisPK-SGB VIII, a.a.O., § 86 Rn. 61.
97Der Einbeziehung einer Inobhutnahme in die Bewertung steht aber entgegen, dass es sich dabei nach dem Maßnahmenkonzept des SGB VIII gerade nicht um eine Leistung, sondern um eine „andere Aufgabe der Jugendhilfe“ i. S. v. § 2 Abs. 3 SGB VIII handelt, für die im Gesetz auch zuständigkeitsrechtlich mit § 87 SGB VIII eine eigenständige Regelung geschaffen wurde.
98Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 5 C 12.09 -, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2013 - 12 A 1019/13 -, juris; Kunkel/Kippert, in: LPK-SGB VIII, a.a.O., § 86 Rn. 11.
99Trotz gleichgebliebenen Bedarfs hat der Wechsel von der Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht zur Inobhutnahme damit zu einer zuständigkeitsrechtlich beachtlichen Zäsur geführt.
100Die nur zweimonatige Inobhutnahme ist als kurzfristiges „Intermezzo“ nicht geeignet, die Einheitlichkeit der Leistungsgewährung mit der sich ab dem 16. November 2009 anschließenden Hilfe zur Erziehung nach §§ 2 Abs. 2 Nr. 4, 27, 34 SGB VIII - diesmal in Form der Unterbringung in einer Wohngruppe der F3. Jugendhilfe N3. in F4. - in Frage zu stellen, die der Deckung des zumindest qualitativ einheitlich gebliebenen jugendhilferechtlichen Bedarfs diente.
101So auch Lange, in: JurisPK-SGB VIII, a.a.O., § 86 Rn. 62.
102Aus der weiten Auslegung des zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffs zugunsten der Sicherstellung der Hilfekontinuität folgt, dass trotz einer zwischenzeitlich erfolgten Inobhutnahme eine einheitliche Leistung vorliegt, soweit die Dauer der Inobhutnahme hier einen Zeitraum von 3 Monaten nicht überschreitet.
103Vgl. zu dieser Zeitgrenze auch: DIJuF-Rechtsgutachten vom 1. September 2013 - J8.110/J8.130AS -, JAmt 2009, 453 (454), m.w.N.
104Unter solchen Umständen stellt sich die Leistung von Hilfe zur Erziehung weiterhin als einheitliche Maßnahme im Sinne einer Gesamtbetrachtung dar.
105Vgl. VG Ansbach, Urteil vom 14. Juni 2012 - AN 14 K 10.01808 -, EuG 2013, 203, juris.
106Dabei kann hier offenbleiben, ob den Regeln in vergleichbaren Vorschriften (vgl. z.B. § 86a Abs. 4, § 86 Abs. 7, § 86b Abs. 3 SGB VIII) der allgemein gültige Rechtsgedanke entnommen werden kann, dass Unterbrechungen von bis zu 3 Monaten grundsätzlich und ohne weiteres außer Betracht bleiben sollen,
107so wohl im Ergebnis: OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. März 2012 - 4 LC 143/09 - , EuG 2012, 381, juris; VG Ansbach, Urteil vom 14. Juni 2012, a. a. O.,
108oder ob diese auf bestimmte Leistungen und Hilfeempfänger zugeschnittenen Vorschriften zur Relevanz von Unterbrechungen mangels ausdrücklicher Verankerung auch in § 86 Abs. 4 SGB VIII für den „Beginn der Leistung“ im vorliegenden Fall unmittelbar nichts hergeben.
109So schon: OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2013 - 12 A 2913/12 -.
110Die angeführten Vorschriften lassen nämlich zumindest erkennen, dass Hilfeleistungen nur dann als unterbrochen angesehen werden sollen, wenn sie während einer gewissen Zeit davor nicht erbracht wurden.
111Vgl. auch Sächs. OVG, Urteil vom 18. Januar 2010 - 1 A 753/08 -, juris, mit Hinweis auf VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. September 1997 - 9 S 174/96 -, FEVS 48, 131, juris.
112Auch wenn man das Vorliegen einer zuständigkeitsrelevanten Unterbrechung im Rahmen einer Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles maßgeblich danach bemisst, ob nach der Einstellung der Leistungen mit einer alsbaldigen Wiederaufnahme von Leistungen auf den gleichartigen Bedarf zu rechnen oder ein zukünftiger Hilfebedarf zumindest noch unklar war,
113so OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2013, a.a.O.; Urteil vom 21. März 2014 - 12 A 1211/12 -, juris, jeweils m.w.N.,
114stellt sich bei natürlicher Betrachtung die nur zweimonatige Inobhutnahme hier nicht als relevante Unterbrechung dar. Die bloße Einstellung der Hilfe führt - ungeachtet ihrer späteren Aufhebung durch Bescheid vom 22. Juni 2011 - für sich genommen nicht zur gegenteiligen Annahme, da sie nicht auf tragfähige Ge-sichtspunkte im Hinblick darauf gestützt worden ist, dass eine zukünftige Hilfegewährung nicht absehbar sei, d. h. nicht auf mangelnde Wiederaufnahmeperspektiven.
115So auch Sächs. OVG, Urteil vom 18. Januar 2010, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. September 1997, a.a.O.; VG Augsburg, Beschluss vom 13. April 2012 - Au 3 E 12.430 -, juris.
116Der Interpretation der höchstrichterlichen Rechtsprechung dahingehend, dass bei förmlicher Einstellung einer Jugendhilfeleistung immer auch eine Beendigung der Leistung vorliegt, sofern nicht im Zeitpunkt der Einstellung der Jugendhilfeleistung eine Anschlussleistung bereits bewilligt oder doch konkret geplant ist oder eine Zuständigkeitsvorschrift des SGB VIII ausnahmsweise Anderes anordnet,
117so OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. Februar 2014 - 7 A 11043/13 -, juris,
118folgt der Senat nicht.
119Vgl. im Einzelnen: OVG NRW, Urteil vom 21. März 2014 - 12 A 1211/12 -, a. a. O.
120Eine zwischenzeitliche (förmliche) Einstelllung der bisherigen Jugendhilfe muss nicht zwangsläufig den Fortsetzungszusammenhang unterbrechen. Insoweit ist vielmehr der Grund der Einstellung mit zu berücksichtigen. Eine Zäsur ergibt sich aus einer solchen Einstellung zwar dann ohne Weiteres, wenn diese auf einen Wegfall des der bisherigen Hilfe zugrunde liegenden Bedarfs beruht, nicht aber zwingend, wenn die Einstellung aus anderen Gründen erfolgt ist, etwa wegen mangelnder Mitwirkung der Betroffenen oder Ungeeignetheit der Maßnahme, obwohl der jugendhilferechtliche Bedarf - namentlich bei Erziehungsdefiziten wie hier - qualitativ unverändert weiter besteht. Das wird allerdings auch schon zu gelten haben, wenn im Zeitpunkt der Einstellung zumindest grob geplant ist, dass in Bezug auf denselben jugendhilferechtlichen Bedarf in absehbarer Zeit eine neue Jugendhilfemaßnahme installiert werden soll.
121So wohl auch: Lange, in: JurisPK-SGB VIII, a.a.O., § 86 Rn. 58, m.w.N.
122Gerade dies geht aber ausreichend aus dem Abschlussbericht zur Unterbringung im T2. X3. vom 20. Oktober 2009 für die Zeitspanne vom 13. März 2008 bis zum 17. September 2009 hervor und drängt sich vor dem Hintergrund der glaubhaften Angaben der Klägerin, M. -N. in der Jugendschutzstelle lediglich „geparkt“ zu haben, um von dort aus eine weitere Unterbringung in einer geeigneten Erziehungsstelle zu suchen, nach den konkreten Umständen des Einzelfalles, wie sie etwa aus dem Abschlussbericht vom 20. Oktober 2009 hervorgehen, auch als plausibel auf.
123Hat die fortsetzungsfähige Hilfeleistung zur Erziehung nach §§ 2 Abs. 2 Nr. 4, 27, 34 SGB VIII danach keine relevante Unterbrechung erfahren, stellt sich die Zuständigkeitsfrage mit Wiederaufnahme am 16. November 2009 auch nicht neu. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin einen neuen Antrag des Amtsvormunds eingeholt hat. Dass ein ausreichendes Einverständnis des Personensorgeberechtigten mit der Maßnahme vorliegt, berührt die zuständig-keitsrechtliche Einheitlichkeit der Maßnahme nämlich nicht.
124Zuständigkeitsrechtlicher Zeitpunkt des Beginns der Leistung ist mithin auch für die Hilfegewährung nach §§ 27, 34 SGB VIII im Zeitraum vom 16. November 2009 bis zum 31. Dezember 2009 in Form der Unterbringung M. -N. T. in der F. Wohngruppe der 11. März 2003, ab dem die Klägerin dem Adoptivvater H. T. ausweislich des Bescheides vom 23. Oktober 2003 erstmals Hilfe zur Erziehung gewährt hat. Für die Erstattung der ab dem 16. No-vember 2009 entstandenen Kosten gilt deshalb das zur Erstattung der Auf-wendungen des Zeitraums 1. August 2009 bis 17. September 2009 Ausgeführte entsprechend.
125Die Höhe des diesbezüglichen Erstattungsbetrages errechnet sich auf der Grund-lage der dem Beklagten von der Klägerin erteilten Rechnung vom 29. Januar 2010 dergestalt, dass für 45 Tage ein täglicher Pflegesatz von 131,93 Euro an-zusetzen ist. Abzüge wegen anteiligen Bettengeldes und den in der Rechnung aufgeführten Einnahmen aus der von M. -N. T. bezogenen Waisen-rente und im Hinblick auf Kindergeld sind nicht gerechtfertigt, weil das Verwal-tungsgericht die entsprechenden Beträge - ebenso wie das sachlich an sich dem zweiten Erstattungszeitraum zuzuordnende Weihnachtsgeld und das volle Taschengeld - bereits im Rahmen des Erstattungszeitraumes vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 berücksichtigt hat.
126Der Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen ab Rechtshängigkeit beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 291, 188 BGB. Diese Vorschriften gelten vorbehaltlich spezieller Regelungen in den Fachgesetzen auch für öffentlich-rechtliche Geldschulden.
127Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2010
128- 9 B 66.08 -, DVBl. 2010, 575, juris.
129Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 188 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO.
130Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
131Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Namentlich fehlt es einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i. S. v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil die streitentscheidenden Rechtsfragen, die nicht bereits durch die höchstrichterliche oder obergerichtliche Rechtsprechung hinreichend geklärt sind, aus der Einzelfallproblematik erwachsen.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 6. September 2013 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von 100.528,29 €, die sie im Zeitraum 14. Januar 2011 bis 31. Mai 2013 als Jugendhilfeleistungen für die Kinder K. und P. aufgewendet hat, sowie die Übernahme dieses Jugendhilfefalles in die eigene Zuständigkeit.
- 2
Die beklagte Stadt Frankenthal (Pfalz) leistete ab Februar 2009 Herrn E. und seiner Ehefrau Hilfe zur Erziehung ihrer Kinder K., P. und A. durch eine sozialpädagogische Familienhilfe. Herr E. verzog Ende 2009 nach Ludwigshafen, die Ehe ist seit dem 16. Januar 2011 rechtskräftig geschieden. Frau E. sah sich nach einem "Zusammenbruch" am Pfingstwochenende im Mai 2010 zur Betreuung ihrer Kinder nicht mehr in der Lage. A. wurde – wie zeitweise schon früher – in einer Familie in Grünstadt untergebracht, K. und P. von ihrer Tante H. zunächst in der bisherigen Wohnung in Frankenthal (Pfalz) betreut und wohl noch Ende Mai 2010 in ihrer 2-Zimmer-Wohnung in Ludwigshafen untergebracht, die sie mit ihrem Lebensgefährten bewohnte. Frau E. hatte nur eine zweiwöchige "Auszeit" bei der Schwester ihres nunmehrigen Lebensgefährten in Pforzheim nehmen und danach ihre Kinder wieder in Frankenthal (Pfalz) betreuen wollen, sah sich dazu dann aber nicht in der Lage, sodass A. in Grünstadt sowie K. und P. bei ihrer Tante verblieben. Diese hatte indes im Juni 2010 eine von der Bundesanstalt für Arbeit bewilligte unfallbedingte Umschulung in Heidelberg begonnen, während ihr Lebensgefährte in Landau Schicht arbeitete. Am 30. Juli 2010 beantragte die Beklagte, die inzwischen eine Heimunterbringung der Kinder anstrebte, beim Amtsgericht Frankenthal (Pfalz), Herrn und Frau E. durch einstweilige Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht über ihre Kinder zu entziehen und auf das Jugendamt zu übertragen, bewilligte Herrn und Frau E. jedoch weiterhin sozialpädagogische Familienhilfe. Während dieses Verfahrens gab Frau E. an, sie habe die Wohnung in Frankenthal (Pfalz) zum 31. Oktober 2010 gekündigt, bleibe vorerst in Pforzheim und ziehe dann mit ihrem neuen Lebensgefährten nach S. (Landkreis Ludwigsburg). Herr E. erklärte, er lehne eine Heimunterbringung seiner Kinder ab. Das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) lehnte am 16. August 2010 den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung ab und beschloss stattdessen die Eröffnung des Hauptsacheverfahrens und die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Erziehungsfähigkeit von Herrn und Frau E. und zur gegebenenfalls zweckmäßigsten Fremdunterbringung ihrer Kinder. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 27. August 2010 die bewilligte sozialpädagogische Familienhilfe zum 31. August 2010 ein.
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K. besuchte ab dem 17. August 2010 eine Grundschule in Ludwigshafen, P. weiterhin eine Kindertagesstätte in Frankenthal (Pfalz). Rückwirkend zum 20. August 2010 wurden beide im September 2010 in die Wohnung ihrer Tante in Ludwigshafen umgemeldet. Beide Jungen waren stark verhaltensauffällig und koteten mehrmals täglich ein. K. war deswegen in psychotherapeutischer Behandlung; wenn er in der Schule eingekotet hatte, wurde der Lebensgefährte seiner Tante angerufen, der dann saubere Kleidung brachte und K. säuberte. Außerdem wurden K. von seiner Tante oder ihrem Lebensgefährten regelmäßig zur Logotherapie, zur Ergotherapie, zum Schwimmen, zum Fußballverein und zum Taekwondo-Club sowie P. zur Kindertagesstätte nach Frankenthal (Pfalz) gebracht.
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Dem am 3. November 2010 erstellten Erziehungsfähigkeitsgutachten folgend entzog das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) mit Beschluss vom 16. Dezember 2010 Herrn und Frau E. die elterliche Sorge für ihre Kinder und bestellte das Jugendamt der Klägerin zum Vormund, das seinem Mitarbeiter M. die Ausübung der Aufgaben des Amtsvormunds übertrug. Dieser beantragte mit Schreiben vom 13. Januar 2011 bei den Jugendämtern in Frankenthal (Pfalz), Ludwigsburg und Ludwigshafen "Hilfe zur Erziehung" der drei Kinder, wies dabei darauf hin, K. und P. befänden sich bereits seit Mai 2010 bei ihrer Tante und deren Lebensgefährten, die derzeit über "keinerlei finanzielle Mittel" verfügten, und bat um Mitteilung, "wie die derzeitige Situation für die Kinder und 'Pflegeeltern' verbessert werden" könne. Da die Beklagte den Vorgang in der Annahme ihrer örtlichen Unzuständigkeit zurückgesandt und der Landkreis Ludwigsburg die Anträge mit Bescheiden vom 7. Februar 2011 abgelehnt hatte, erklärte das Jugendamt der Klägerin, gemäß § 86d SGB VIII vorläufig Hilfe leisten zu wollen.
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Nachdem jugendamtsintern unter Hinweis darauf, dass K. und P. von ihrer Tante und deren Lebensgefährten "täglich durch die Gegend kutschiert" würden und "Kosten für den Lebensunterhalt" anfielen, um Prüfung gebeten worden war, ob "das über § 27 laufen" könne, teilte der Amtsvormund am 10. März 2011 der Klägerin die Bankverbindung von Frau H. "zur Auszahlung der Fahrtkosten … ab Antragstellung HZE" mit. Daraufhin wurden rückwirkend ab dem 14. Januar 2011 Frau H. monatlich 100,00 € überwiesen.
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Am 27. September 2011 wurden K. und P. durch ihren Vater, ihre Tante H. und deren Lebensgefährten der Klägerin übergeben, weil letzterer zu seinem kranken Vater nach Italien müsse und deshalb die Betreuung der Jungen durch deren Tante und ihn nicht mehr sichergestellt sei. K. wurde zunächst in einer Notaufnahmegruppe, später in einer Kurzzeit-Erziehungsstelle und danach in einer sozialpädagogischen Pflegefamilie, P. zunächst in einer Bereitschaftspflegefamilie und danach in einer sozialpädagogischen Pflegefamilie untergebracht.
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Mit Bescheid vom 7. Oktober 2011 bewilligte die Klägerin dem Amtsvormund K.s und P.s gemäß § 43 SGB I vorläufig Hilfe zu deren Erziehung durch Erziehung in einer Einrichtung bzw. in einer sonstigen betreuten Wohnform im Sinne von § 34 SGB VIII. Ferner bewilligte die Klägerin mit Bescheid vom 2. November 2011 gemäß § 43 SGB I vorläufig "Hilfe zur Erziehung gemäß § 27.2 SGB VIII … in Form von niederschwelliger Hilfe" für den Zeitraum 14. Januar bis 26. September 2011 in Höhe von 100,00 € monatlich.
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Mit E-Mail vom 22. November 2012 und Schreiben vom 13. Dezember 2012 forderte die Klägerin die Beklagte schließlich auf, ihre Kostenerstattungspflicht ab dem 14. Januar 2011 anzuerkennen und den Jugendhilfefall zu übernehmen. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 30. Januar 2013 ab.
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Daraufhin hat die Klägerin am 21. Mai 2013 Klage erhoben und geltend gemacht: Die Beklagte habe zum 31. August 2010 die Hilfeleistung zugunsten K.s und P.s eingestellt, ohne angesichts des fortbestehenden Hilfebedarfs zu prüfen, ob andere Hilfeleistungen möglich seien. Angesichts der Reaktion der Beklagten bzw. des Kreisjugendamtes Ludwigsburg habe sie selbst ab Januar 2011 Hilfe geleistet. Da sie dadurch einen qualitativ unveränderten, kontinuierlichen jugendhilferechtlichen Bedarf gedeckt habe, stelle sich ihre Hilfeleistung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als Teil einer einheitlichen Leistung dar. Daher sei die Beklagte gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII auch über den 31. August 2010 hinweg zuständig für die Hilfeleistung gewesen, so dass sie nunmehr zur Erstattung der Kosten verpflichtet sei.
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Die Klägerin hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 100.534,59 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 21. Mai 2013 zu zahlen, sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Leistung von Jugendhilfe zugunsten der beiden Kinder K. und P. in die eigene Zuständigkeit zu übernehmen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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und ausgeführt: Da sie zum 31. August 2010 die Hilfeleistung eingestellt habe, weil Herr E. eine Heimunterbringung seiner Kinder abgelehnt habe und deren Unterbringung bei ihrer Tante H. ihrem Wohl nicht dienlich gewesen sei, stelle die im Januar 2011 von der Klägerin eingeleitete Hilfe den Beginn einer neuen Hilfeleistung dar. Der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts habe eine Fallgestaltung ohne beachtliche zeitliche Unterbrechung der Leistung und damit eine anderer Sachverhalt zugrunde gelegen. Deshalb sei die örtliche Zuständigkeit für die neu begonnene Maßnahme im Januar 2011 nach § 86 Abs. 3 und Abs. 2 S. 2 und 4 SGB VIII zu beurteilen. Danach sei der Landkreis Ludwigsburg, andernfalls die Klägerin für die neu begonnene Hilfeleistung örtlich zuständig, sodass die Klägerin gegen sie weder einen Kostenerstattungsanspruch noch einen Fallübernahmeanspruch habe. Abgesehen davon habe die Klägerin einen Kostenerstattungsanspruch ihr gegenüber erstmals mit E-Mail vom 22. November 2012 geltend gemacht. Aufgrund der Ausschlussfrist des § 111 SGB X könnten deswegen allenfalls Ansprüche für die Zeit ab dem 22. November 2011 geltend gemacht werden.
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Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 6. September 2013 der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe als örtlich unzuständiger Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen erbracht, für die gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII die Beklagte zuständig gewesen sei. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, zum 31. August 2010 die Jugendhilfeleistung eingestellt zu haben. Bei gebotener Gesamtbetrachtung stelle sich die stationäre Unterbringung der Kinder K. und P. im Januar 2011 als Deckung ihres qualitativ unveränderten, über dem Zeitpunkt der Einstellung der Hilfeleistung durch die Beklagte hinaus fortdauernden Hilfebedarfs dar. Die zum 31. August 2010 erfolgte Einstellung der Hilfemaßnahmen habe letztlich darauf beruht, dass der bestehende Hilfebedarf nicht mehr durch eine sozialpädagogischen Familienhilfe habe gedeckt werden können, nachdem die Kinder nicht mehr bei ihren Eltern gewohnt hätten, und dass die von der Beklagten angestrebte stationäre Unterbringung der Kinder aber von deren Vater abgelehnt worden sei. Deshalb habe die Beklagte beim Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) beantragt, den Eltern durch einstweilige Anordnung das Sorgerecht zu entziehen. Da das Amtsgericht dies abgelehnt habe, habe die Beklagte die Hilfeleistung eingestellt, obwohl der Hilfebedarf fortbestanden habe. Davon sei auch die Beklagte ausgegangen, da sie das Hauptsacheverfahren beim Amtsgericht weiterbetrieben habe. Nachdem dann Herrn und Frau E. durch Beschluss vom 16. Dezember 2010 die Personensorge für ihre Kinder entzogen worden sei, habe im Januar 2011 die stationäre Unterbringung K.s und P.s nach entsprechender Antragstellung des Amtsvormundes erfolgen können. Die Klägerin habe also im Januar 2011 die von der Beklagten schon im Sommer 2010 geplante Hilfe geleistet, die sich deshalb bei Gesamtbetrachtung des Falles als Fortsetzung einer zur Deckung eines qualitativ unverändert fortbestehenden Hilfebedarfs dienenden Jugendhilfeleistung darstelle. Dem könne nicht entgegen gehalten werden, dass die Hilfeleistung mehr als vier Monate unterbrochen gewesen sei. Die Bestimmungen in §§ 86 Abs. 7 Satz 4, 86a Abs. 4 Satz 2 und § 86b Abs. 3 Satz 2 SGB VIII regelten besondere Fallgestaltungen und ließen sich zur Auslegung des Leistungsbegriffs nicht verallgemeinern. Allenfalls folge aus diesen Bestimmungen, dass Leistungsunterbrechungen von weniger als drei Monaten stets unbeachtlich seien, während bei längeren Unterbrechungen die Verhältnisse des Einzelfalles entscheidend seien. Im vorliegenden Fall gebiete die Kontinuität der bedarfsgerechten Hilfeleistung in dem von vorneherein auf einen längeren Zeitraum angelegten Hilfeprozess den Fortbestand der Zuständigkeit der Beklagten. Dem stehe auch nicht etwa § 111 SGB X entgegen, wonach ein Erstattungsanspruch ausgeschlossen sei, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens 12 Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend gemacht habe. Die Beklagte habe ihren Kostenerstattungsanspruch aber geltend gemacht, während die Leistung noch erbracht worden sei. In einem solchen Fall gelte die Ausschlussfrist des § 111 SGB X nicht.
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Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgericht gegen dieses Urteil zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihr bisheriges Vorbringen und macht insbesondere geltend, dass sie nach August 2010 keine geeignete Hilfe mehr habe leisten können, dass durch den Wechsel der Kinder in eine Familie in Grünstadt bzw. zu ihrer Tante H. nach Ludwigshafen zudem ein neuer, andersartiger Hilfebedarf entstanden sei und dass jedenfalls bei gebotener analoger Anwendung von §§ 86 Abs. 7 Satz 4, 86a Abs. 4 Satz 2 und § 86b Abs. 3 Satz 2 SGB VIII eine länger als drei Monate dauernde und damit beachtliche zeitliche Unterbrechung der Hilfeleistung erfolgt sei.
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Die Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 6. September 2013 die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie meint, im vorliegenden Fall sei weder der Bedarf der Kinder entfallen noch die Hilfeleistung unterbrochen worden. Der Gesetzgeber habe außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 86 Abs. 7 Satz 4, 86a Abs. 4 Satz 2 und § 86b Abs. 3 Satz 2 SGB VIII auf die Bestimmung einer konkreten Frist verzichtet, ab der eine beachtliche Unterbrechung der Hilfeleistung anzunehmen sei. Für die Annahme einer kontinuierlichen Hilfeleistung sei allein das Fortbestehen eines Hilfebedarfs maßgeblich. Die Klägerin habe im vorliegenden Fall diejenige Hilfe geleistet, die schon die Beklagte habe leisten wollen. Nach der Rechtsauffassung der Beklagten sei im vorliegenden Fall letztlich entscheidend, wie lange der vom Familiengericht beauftragte Gutachter zur Erstellung seines Gutachtens gebraucht habe. Ein solches Ergebnis sei nicht wünschenswert.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die vorgelegten Verwaltungsakten der Klägerin und der Beklagten Bezug genommen, die allesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
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Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 89c Abs. 1 Satz 2 SGB VIII oder nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X noch einen Anspruch auf die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Leistung von Jugendhilfe zugunsten der beiden Kinder K. und P. in die eigene Zuständigkeit zu übernehmen. Die Beklagte war und ist für diese Leistung nämlich nicht mehr gemäß § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII örtlich zuständiger Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Denn bei den von der Klägerin erbrachten Leistungen zur Erziehung der Kinder K. und P. handelte es sich nicht um den Teil einer einheitlichen, von der Beklagten durch Bewilligung von sozialpädagogischer Familienhilfe begonnenen Leistung der Jugendhilfe, sondern um eine neue Leistung der Jugendhilfe, bezüglich der gemäß § 86 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 4 SGB VIII die Klägerin selbst örtlich zuständiger Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist. Im Einzelnen:
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1) Eine "Leistung" der Jugendhilfe, an welche die §§ 86 ff. SGB VIII für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe anknüpfen, stellen "unabhängig von der Hilfeart und -form im Rahmen einer Gesamtbetrachtung alle zur Deckung eines qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlichen Maßnahmen und Hilfen dar, sofern sie ohne Unterbrechung gewährt worden sind" (so im Anschluss an das Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 26. Februar 2003 – 12 A 11452/02.OVG – ESOVGRP das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Januar 2004 – 5 C 9.03 – BVerwGE 120, 116 und 124 und dessen seitdem ständige Rechtsprechung; vgl. etwa auch dessen Urteil vom 25. März 2010 – 5 C 12.09 – BVerwGE 136, 185 (192 Rn. 22). Zwar heißt es in den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010 – 5 C 14.09 – BVerwGE 137, 368 (373 Rn. 20) und vom 9. Dezember 2010 – 5 C 17.09 – NVwZ-RR 2011, 203 (204 Rn. 15), alle zur Deckung eines qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlichen Maßnahmen und Hilfen bildeten eine einheitliche Leistung, "zumal wenn sie im Einzelfall nahtlos aneinander anschließen, also ohne beachtliche (vgl. § 86a Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB VIII) zeitliche Unterbrechung gewährt werden". Jedoch finden sich in diesen beiden Urteilen keine Ausführungen dazu, dass und inwiefern dadurch die bisherige Rechtsprechung geändert oder doch modifiziert werde. Hingegen heißt es in diesen beiden Urteilen in unmittelbarem Anschluss an die eben wiedergegebene Passage jeweils weiter: "Dies gilt auch dann, wenn bei dem vielfach auf einen längeren Zeitraum angelegten Hilfeprozess sich die Schwerpunkte innerhalb des Hilfebedarfes verschieben und für die Ausgestaltung der Hilfe Modifikationen, Änderungen oder Ergänzungen bis hin zu einem Wechsel der Hilfeart erforderlich werden, die Hilfegewährung im Verlauf des ununterbrochenen Hilfeprozesses also einer anderen Nummer des § 2 Abs. 2 SGB VIII zuzuordnen oder innerhalb des Sozialgesetzbuches Achtes Buch nach einer anderen Rechtsgrundlage zu gewähren ist" (kursive Hervorhebung durch den Senat); auch merkt das Bundesverwaltungsgericht in beiden Urteilen jeweils an, diese Ausführungen entsprächen seiner ständigen Rechtsprechung, und zitiert diesbezüglich seine Urteile vom 29. Januar 2004 – 5 C 9.03 – und vom 25. März 2010 – 5 C 12.09 –. Überdies heißt es im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2011 – 5 C 25.10 – BVerwGE 141, 77 (80 f. Rn. 20) wieder, unter einer "Leistung" der Jugendhilfe, an welche die §§ 86 ff. SGB VIII für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe anknüpften, seien "unabhängig von der Hilfeart und -form im Rahmen einer Gesamtbetrachtung alle zur Deckung eines qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlichen Maßnahmen und Hilfen zu verstehen, sofern sie ohne Unterbrechung gewährt worden" seien. Folglich wollte das Bundesverwaltungsgericht in seinen beiden Urteilen vom 19. August 2010 – 5 C 14.09 – und vom 9. Dezember 2010 – 5 C 17.09 – lediglich ergänzend zu seiner bisherigen Rechtsprechung darauf hinweisen, dass eine "Unterbrechung" der Hilfeleistung ausnahmsweise dann unbeachtlich ist, wenn dies im Gesetz ausdrücklich angeordnet ist, also in den Fällen des § 86 Abs. 7 Satz 4, des § 86a Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 sowie des § 86b Abs. 3 Satz 2 SGB VIII, dass aber jede andere "Unterbrechung" der Hilfe bzw. Hilfeleistung "beachtlich" ist und zur Beendigung der bislang erbrachten "Leistung" führt. Dann aber stellen spätere Maßnahmen und Hilfen den Beginn einer neuen "Leistung" dar, für die nach Maßgabe der §§ 86 ff. SGB VIII unter Umständen ein anderer Träger der öffentlichen Jugendhilfe örtlich zuständig ist als für die vorangegangene, aber beendete "Leistung".
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Gleichzeitig ist indes zu sehen, dass die Maßnahmen und Hilfen, die zusammen eine solche "Leistung" darstellen, in tatsächlicher Hinsicht nicht stets jeden Tag 24 Stunden lang erbracht werden, sondern unter Umständen nur an wenigen Wochenstunden, ohne dass deshalb die Jugendhilfeleistung zwischenzeitlich im Sinne von § 86 Abs. 7 Satz 4, § 86a Abs. 4 Sätze 2 und 3 sowie § 86b Abs. 3 Satz 2 SGB VIII und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts "unterbrochen" wäre. Im Ergebnis Gleiches kann aber auch dann gelten, wenn entgegen der eigentlichen (Hilfe-)Planung und Bewilligung eine einzelne Hilfeleistung wie eine Therapieeinheit oder auch die tatsächliche Hilfeerbringung insgesamt etwa wegen ernstlicher Erkrankung des betroffenen jungen Menschen oder der hilfeerbringenden Person oder aus vergleichbaren Gründen wie Urlaub oder Ortsabwesenheit vorübergehend unterbleibt. Im Ergebnis Gleiches kann ferner dann gelten, wenn die hilfeerbringende Person plötzlich ganz ausfällt und deswegen die tatsächliche Hilfeerbringung unterbleibt, bis eine andere hilfeerbringende Person oder Anschlusshilfe gefunden ist (vgl. etwa den dem Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 15. September 1997 – 9 S 174/98 – FEVS 48, 131 ff. zugrundeliegenden Fall). Im Ergebnis Gleiches kann schließ-lich auch bei einem so genannten Zwischenaufenthalt im Zusammenhang mit einem Einrichtungswechsel insbesondere dann gelten, wenn bereits im Zeitpunkt des Verlassens der Einrichtung feststeht, wann und in welche Einrichtung der betreffende junge Mensch wechseln wird. In allen diesen Fällen stellt sich allerdings ein längerfristiges Unterbleiben der tatsächlichen Hilfeerbringung irgendwann zugleich als "Unterbrechung" der Jugendhilfeleistung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dar, die dann auch zu beachten ist und zur Beendigung der bisher erbrachten "Leistung" der Jugendhilfe führt, sofern nicht gemäß § 86 Abs. 7 Satz 4, § 86a Abs. 4 Sätze 2 und 3 oder § 86b Abs. 3 Satz 2 SGB VIII ausnahmsweise anderes gilt. Ab welcher Dauer das Unterbleiben einer tatsächlichen Hilfeerbringung zu einer solchen "Unterbrechung" der Jugendhilfeleistung führt, ist – selbst bei etwaiger Anlegung des in § 86 Abs. 7 Satz 4, in § 86a Abs. 4 Satz 2 und 3 sowie in § 86b Abs. 3 Satz 2 SGB VIII zugrunde gelegten Dreimonatszeitraums als gedanklicher Richtschnur – allein abhängig von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles, sodass eine "Unterbrechung" der Jugendhilfeleistung auch bereits dann vorliegen kann, wenn die tatsächliche Hilfeerbringung noch nicht drei Monate lang unterblieben ist.
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Sofern hingegen eine bewilligte Jugendhilfeleistung nicht nur vorübergehend tatsächlich nicht erbracht wird, sondern förmlich eingestellt worden ist, liegt eine Beendigung der "Leistung" der Jugendhilfe vor, sofern nicht im Zeitpunkt der Einstellung der Jugendhilfeleistung eine Anschlusshilfeleistung bereits bewilligt oder doch konkret geplant ist (ähnlich Sächsisches OVG, Urteil vom 18. Januar 2010 – 1 A 753/08 –, juris Rn. 23 und Kunkel in LPK-SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 86 Rn. 11) und sofern nicht § 86 Abs. 7 Satz 4, § 86a Abs. 4 Sätze 2 und 3 oder § 86b Abs. 3 Satz 2 SGB VIII ausnahmsweise anderes anordnen. Ansonsten kommt es in einem solchen Fall nicht darauf an, ob ein jugendhilferechtlicher Bedarf nicht mehr besteht oder aber weiterhin besteht, der örtlich zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe jedoch keine weitere Hilfeleistungen plant und bewilligt, etwa weil es an dem dafür erforderlichen Antrag fehlt. Ferner kommt es ansonsten nicht darauf an, wie lange es dauert, bis erneut Maßnahmen und Hilfen erbracht werden, die in einem solchen Fall vielmehr stets den Beginn einer neuen "Leistung" der Jugendhilfe darstellen, für die nach Maßgabe der §§ 86 ff. SGB VIII indes unter Umständen ein anderer Träger der öffentlichen Jugendhilfe örtlich zuständig ist als für die vorangegangene, aber beendete "Leistung".
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Im vorliegenden Fall hat die Beklagte mit Bescheid vom 27. August 2010 die den Eltern der Kinder K. und P. zuvor bewilligte Hilfe zur Erziehung in Form sozialpädagogischer Familienhilfe förmlich zum 31. August 2010 eingestellt, weil die Kinder nicht mehr im Haushalt ihrer Eltern, sondern bei ihrer für sie allerdings nicht personensorgeberechtigten und damit auch nicht nach § 27 Abs. 1 SGB VIII anspruchsberechtigten Tante H. in Ludwigshafen lebten, weil die Mutter der Kinder sich tatsächlich in Pforzheim aufhielt und ihren dauerhaften Umzug in die Nähe von Stuttgart zum 31. Oktober 2010 bereits angekündigt hatte, weil der Vater der Kinder in Ludwigshafen, nicht aber mit diesen zusammen wohnte und weil nach alledem die Eltern der Kinder keinen Anspruch mehr auf ambulante Erziehungshilfeleistungen hatten. Da das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) am 18. August 2010 den von der Beklagten gestellten Antrag, durch eine einstweilige Anordnung den Eltern der Kinder das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entziehen und auf ihr Jugendamt zu übertragen, abgelehnt und stattdessen die Eröffnung des Hauptsacheverfahrens und die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Erziehungsfähigkeit der Eltern und gegebenenfalls zur zweckmäßigsten Fremdunterbringung der Kinder beschlossen hatte, war zu diesem Zeitpunkt eine Anschlusshilfeleistung, insbesondere eine Heimunterbringung der Kinder weder bewilligt noch auch nur konkret geplant; zumindest der Vater der Kinder hatte zu diesem Zeitpunkt eine andere Jugendhilfeleistung noch nicht einmal beantragt und – anders als die Mutter der Kinder – deren Heimunterbringung sogar ausdrücklich abgelehnt. Folglich endete mit der förmlichen Einstellung der sozialpädagogischen Familienhilfe zum 31. August 2010 durch die Beklagte die bislang von ihr erbrachte "Leistung" der Jugendhilfe und begann mit den später von der Klägerin erbrachten Maßnahmen und Hilfen eine neue "Leistung" der Jugendhilfe, ohne dass es darauf ankommt, ob auch zwischenzeitlich ein jugendhilferechtlicher Bedarf bestanden hat, wieviel Zeit inzwischen vergangen war, aus welchen Gründen erst nunmehr erneut Jugendhilfeleistungen erbracht wurden und ob deswegen jemandem ein Vorwurf zu machen ist. Ferner kann deswegen offen bleiben, ob es sich bei der Mitte März 2011 tatsächlich begonnenen und erst mit Bescheid vom 2. November 2011 förmlich bewilligten "Hilfe zur Erziehung gemäß § 27.2 SGB VIII … in Form von niederschwelliger Hilfe" für den Zeitraum 14. Januar bis 26. September 2011 in Höhe von 100 €/M materiellrechtlich um Hilfe zur Erziehung gehandelt hat. Zwar wurden dadurch allerdings nicht näher berechnete Fahrtkosten – auch – zu Logotherapie-, Ergotherapie- und Psychotherapieeinheiten erstattet. Da sich therapeutische Leistungen gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII aber nur in Verbindung mit pädagogischen Leistungen als Hilfe zur Erziehung darstellen, bestehen deshalb erhebliche Zweifel, ob sich das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Februar 2007 – 5 C 32.05 – FEVS 58, 385 ff. auf den vorliegenden Fall übertragen lässt. Hilfe zur Erziehung in Form von stationärer Unterbringung K.s und P.s erfolgte entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts erst ab dem 27. September 2011.
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2) Für die neue "Leistung" der Jugendhilfe ab dem Jahr 2011 war und ist gemäß § 86 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 4 SGB VIII die Klägerin selbst örtlich zuständiger Träger der öffentlichen Jugendhilfe.
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Diesbezüglich gelten gemäß § 86 Abs. 3 SGB VIII dann, wenn die Eltern verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben und die Personensorge keinem Elternteil zusteht, § 86 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VIII entsprechend. Diese Voraussetzungen waren vor dem Beginn der neuen "Leistung" und sind noch immer erfüllt: Der Vater der Kinder wohnte damals in Ludwigshafen und zog später nach N. (Rhein-Pfalz-Kreis) um, wo er jetzt noch wohnt, die Mutter der Kinder wohnte und wohnt in S. (Landkreis Ludwigsburg), und beiden war mit Beschluss des Amtsgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 16. Dezember 2010 die elterliche Sorge vollständig entzogen worden und ist dies noch immer.
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Gemäß des somit entsprechend anzuwendenden § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor dem Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, wenn die Personensorge den Eltern gemeinsam oder – bei entsprechender Anwendung dieser Bestimmung über § 86 Abs. 3 SGB VIII – keinem Elternteil zusteht. Danach wäre der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter der Kinder für die örtliche Zuständigkeit im vorliegenden Fall maßgeblich, da K. und P. mit dieser zumindest bis Ende Mai 2010 in Frankenthal (Pfalz) zusammengelebt hatten, während ihr Vater bereits Ende 2009 nach Ludwigshafen gezogen war. Zwar haben K. und P. später ebenfalls in Ludwigshafen und damit ebenfalls im Zuständigkeitsbereich der Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet, nicht aber – worauf indes § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII abstellt (vgl. nur Kunkel a.a.O., § 86 Rn. 25 sowie Reisch in Jans/Happe/Saurbier/Maas, Jugendhilferecht, Loseblatt, Art. 1 § 86 KJHG Rn. 31 m.w.N. [Stand April 2012]; vgl. auch Bohnert in Hauck/Noftz, SGB VIII, Loseblatt, § 86 Rn. 49 [Stand März 2012]) – "bei" ihrem Vater, weil sie nicht mehr tatsächlich mit ihm zusammengelebt haben. Abweichend von § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII ist jedoch nach § 86 Abs. 2 Satz 4 Halbs. 1 SGB VIII derjenige örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, sofern das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Diese letztere Voraussetzung ist ebenfalls erfüllt, weil K. und P. ihren gewöhnlichen Aufenthalt spätestens seit Ende Juni 2010 nicht mehr bei ihrer Mutter hatten, und zwar unabhängig davon, wann letztere ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Frankenthal (Pfalz) aufgegeben hat.
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Gemäß § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I, zu dem sich aus dem Achten Buch Sozialgesetzbuch Abweichendes nicht ergibt (§ 37 Satz 1 SGB I), hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Danach ist zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts ein dauerhafter oder längerer Aufenthalt nicht erforderlich; es genügt vielmehr, dass der Betreffende an dem Ort oder in dem Gebiet tatsächlich seinen Aufenthalt genommen hat und sich dort "bis auf Weiteres" im Sinne eines zukunfts- offenen Verbleibs aufhält und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat (so die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts; vgl. nur dessen Urteil vom 29. September 2010 – 5 C 21.09 – BVerwGE 138, 48 [54 f. Rn. 21 m.w.N]).
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K.s und P.s Mutter erlitt am Pfingstwochenende 2010 (22. bis 24. Mai 2010) einen "Zusammenbruch" mit der Folge, dass sie ihre Kinder nicht mehr sehen wollte, sich jedenfalls zu deren Betreuung außer Stande sah. Allerdings glaubte sie, dazu würde sie zwei Wochen später wieder in der Lage sein (vgl. S. 22 des Gutachtens vom 3. November 2010 sowie die E-Mail von Frau W. an Frau N. vom 25. Mai 2010 in dem von der Klägerin vorgelegten Heft "Unterlagen StJA Frankenthal“, das nicht mit Seitenzahlen versehen ist). Angesichts dessen führte der Wechsel K.s und P.s nach Ludwigshafen zu ihrer Tante H. wohl noch Ende Mai 2010 dort anfangs nur zu einem vorübergehenden Verbleib, weil ihre baldige Rückkehr in die Wohnung ihrer Mutter nach Frankenthal (Pfalz) fest geplant war. Zufolge der weiteren Angaben von Frau H. hat sich K.s und P.s Mutter von ihnen jedoch "nach jenen zwei Wochen … am Kindergarten verabschiedet" und ist "endgültig gegangen" (vgl. erneut S. 22 des Gutachtens vom 3. November 2010). Zugleich war deren Versorgung durch Frau H. zunächst längstens bis zum Beginn ihrer unfallbedingten und von der Bundesagentur für Arbeit bezahlten Umschulung zur Eurokauffrau in Heidelberg Ende Juni 2010 vorgesehen gewesen (vgl. nochmals die E-Mail von Frau W. an Frau N. vom 25. Mai 2010), erfolgte dann aber trotz des offenbar vorgezogenen Beginns dieser Umschulungsmaßnahme auf Mitte Juni auch weiterhin. Zudem äußerte Frau H. bereits am 11. Juni 2010, sie wolle sich um eine Anerkennung als Pflegefamilie bemühen, falls K.s und P.s Mutter dauerhaft ausfalle. Diese nahm damals nämlich keine therapeutische Hilfe in Anspruch, wollte schon am 8. Juni 2010 K. und P. gegebenenfalls "auch in eine fremde Pflegefamilie geben" und ab dem 15. Juni 2010 das ihr bewilligte Kindergeld für K. und P. Frau H. zur Verfügung stellen und erklärte am 21. Juni 2010, "dass die Kinder zur Not in ein Heim müssen, wenn es bei der Tante nicht mehr machbar ist" (vgl. S. 4 des SPFH-Abschlussberichts von Frau W. sowie deren E-Mails vom 9., vom 11. und vom 23. Juni 2010 an Frau N., alle im Heft "Unterlagen StJA Frankenthal"). Spätestens zu diesem Zeitpunkt war mit der geplanten baldigen Rückkehr K.s und P.s in die Wohnung ihrer Mutter nach Frankenthal (Pfalz) nicht mehr zu rechnen, diese war vielmehr unabsehbar geworden und folglich K.s und P.s Aufenthalt bei ihrer Tante H. zwar nicht auf Dauer, aber doch "bis auf Weiteres" im Sinne eines "zukunftsoffenen Verbleibs" angelegt. Damit hatten sie noch vor Ende Juni 2010 in der Wohnung ihrer Tante H. in Ludwigshafen ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet.
- 34
Ist aber die Klägerin selbst für die seit dem Jahr 2011 zugunsten der Kinder K. und P. erbrachten Jugendhilfeleistungen der örtlich zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe, so hat sie gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Kostenerstattung und auf Fallübernahme.
- 35
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.
- 36
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.
- 37
Beschluss
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Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren in beiden Rechtszügen auf 139.978,29 € festgesetzt.
- 39
Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verbindung mit § 52 Abs. 1 und Abs. 3 GKG sowie mit § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Das bei der Streitwertfestsetzung ebenfalls zu berücksichtigende Interesse der Klägerin an ihrem Feststellungsbegehren bestimmt der Senat auf den Jahreswert der Kosten der Unterbringung der Kinder K. und P.. Diese betrugen zufolge der Verwaltungsakten der Klägerin zuletzt bei K. 1.653,00 € im Monat = 19.836,00 € im Jahr und bei P. 1.607,00 € im Monat = 19.284,00 € im Jahr. Diese Beträge rundet der Senat angesichts der Notwendigkeit einzelner Sachleistungen (nach Vollendung der Grundausstattung) auf 20.000,00 € bzw. auf 19.450,00 € auf.
- 40
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin an Jugendhilfekosten, die sie für M. -N. T. im Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 31. Dezember 2009 mit Ausnahme des Zeitraums vom 18. September 2009 bis 15. November 2009 aufgewendet hat, 9.621,87 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 30. November 2011 zu erstatten.
Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen erstinstanzlich die Beteiligten je zur Hälfte, zweitinstanzlich die Klägerin zu 5/8 und der Beklagte zu 3/8. Die
außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig voll-streckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreck-ung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwen-den, wenn nicht der jeweils andere vor der Voll-streckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten, die die Klägerin in der Zeit vom 1. August 2009 bis zum 31. Dezember 2009 für die am 1995 geborene M. -N. T. aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe aufgewendet hat; daneben stand die Rückzahlung der Leistungen, die der Beklagte der Klägerin für M. -N. im Jahr 2007 gewährte Jugendhilfe erstattet hat, im Streit.
3Nach Auswertung der Unterlagen dürfte M. -N. T. in X. als Tochter serbischer Staatsangehöriger geboren und in den Niederlanden von den Ehe-leuten H. und E. T. adoptiert worden sein. Ende 1996 zogen die Eheleute T. von X. nach F. in den Niederlanden. Im Januar 2001 verstarb Frau E. T. . Ab Sommer 2001 besuchte M. -N. eine Grundschule in H1. , wohnte jedoch weiterhin bei Herrn H. T. in F. . Am 10. März 2003 wurde Herr H. T. aufgrund eines Haft-befehls in der Justizvollzugsanstalt D. untergebracht.
4Am 11. März 2003 meldete sich die Schwiegertochter des Herrn H. T. , Frau O. T. , beim Jugendamt der Klägerin und teilte u.a. mit, sie habe M. -N. zu sich und ihren Ehemann, Herrn S. T. , nach H1. genommen. Am 7. August 2003 ging beim Jugendamt der Klägerin ein von Herrn H. T. unterzeichnetes Antragsformular ein, mit dem er die Gewährung von Jugendhilfe für M. -N. ab dem 11. März 2003 beantragte. Mit Urteil vom 10. Oktober 2003 verurteilte ihn das Landgericht N1. zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren.
5Am 13. Oktober 2003 wurde Herr H. T. wegen einer schweren Erkrankung von der Justizvollzugsanstalt D. in das krankenhaus in G. verlegt.
6Mit Bescheid vom 23. Oktober 2003 gewährte die Klägerin Herrn H. T. für M. -N. Hilfe zur Erziehung in einer Pflegefamilie unter dem Vorbehalt, dass die Überprüfung der Adoption rechtlich unbedenklich sei. Unter dem 15. Januar 2004 lehnte die Stadt D. den Antrag der Klägerin auf Übernahme des Hilfefalles in ihre Zuständigkeit mit der Begründung ab, Herr H. T. habe keinen gewöhnlichen Aufenthalt in D. begründet, weil er sich nach den Angaben der Justizvollzugsanstalt in D. dort in Untersuchungshaft befinde und sich zudem seit dem 13. Oktober 2003 in G. aufhalte.
7Am 5. Februar 2004 verstarb Herr H. T. im krankenhaus in G. .
8Unter dem 19. April 2004 beantragte die Klägerin beim Beklagten Kostenerstat-tung für die Zeit vom 11. März 2003 bis zum Tode des Herrn H. T. gemäß § 89 i.V.m. § 89c Abs. 3 SGB VIII, und für die Zeit ab Februar 2004 Kostenerstattung durch den überörtlichen Träger der Jugendhilfe gemäß § 89e Abs. 3 SGB VIII. Unter dem 21. Februar 2005 erkannte der Beklagte seine Verpflichtung zur Kostenerstattung gemäß § 89 SGB VIII für die Zeit vom 5. Februar 2004 bis auf weiteres an und lehnte eine Kostenerstattung für die Zeit vom 11. März 2003 bis zum 4. Februar 2004 ab.
9Mit Schreiben vom 14. August 2005 beantragte die Klägerin beim Beklagten erneut die Kostenerstattung ab dem 11. März 2003 und teilte u.a. mit: Wie sich jetzt herausgestellt habe, sei Herr T. bis zu seinem Tode nicht rechtskräftig verurteilt gewesen. Da er Revision eingelegt gehabt habe, sei das Urteil des Landgerichts N1. vom 10. Oktober 2003 bis zu seinem Tode nicht rechtskräftig geworden. Folglich sei er bis zu seinem Tode in Untersuchungshaft gewesen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte unter dem 26. September 2005 u.a. mit der Begründung ab, die Hilfeleistung im Zeitraum vom 11. März 2003 bis zum 6. August 2003 sei rechtswidrig gewesen, weil es insoweit an einer vorherigen Antragstellung gefehlt habe.
10Am 29. April 2005 wurde M. -N. T. in der Pflegefamilie L. in O1. untergebracht. Mit Schreiben vom 16. März 2006 beantragte die Klä-gerin beim Beklagten nochmals die Anerkennung der Kostenerstattungspflicht ab dem Hilfebeginn. Zur Begründung verwies sie auf ein Gespräch mit Frau O. T. , die am 16. März 2006 erklärt habe: Die Wohnung des Herrn H. T. in F. sei 14 Tage nach seiner Inhaftierung aufgelöst worden, da allen Beteiligten klar gewesen sei, dass eine Rückkehr nicht erfolgen würde. Herr T. habe die Tat eingestanden gehabt und gewusst, dass es für seine Tat mehrere Jahre Haft geben würde. Mit Beschluss vom 9. Mai 2006 bestellte das Amtsgericht S1. die Klägerin zum Einzelvormund für M. -N. . Unter dem 9. Juni 2006 lehnte der Beklagte auch den Antrag auf Kostenerstattung vom 16. März 2006 ab.
11Am 6. Dezember 2007 wurde M. -N. nach mehreren Eskalationen in der Pflegefamilie L. in die Jugendschutzstelle in I. gebracht und wegen der dortigen ungünstigen Belegungssituation in die Übergangsgruppe der F1. K. Westmünsterland in I. verlegt.
12Mit Bescheid vom 1. Februar 2008 stellte die Klägerin die Hilfe zur Erziehung nach § 33 SGB VIII für M. N. zum 31. Januar 2008 ein, da trotz intensiver Bemühungen eine Rückführung in die Pflegefamilie nicht möglich sei, und gewährte bis zur weiteren Klärung des Lebensmittelpunkts von M. -N. Hilfe zur Erziehung nach § 34 SGB VIII in der Übergangsgruppe I. .
13Am 14. März 2008 wurde M. -N. T. im „T2. X3. “ der F3. Jugendhilfe N3. gGmbH in I. untergebracht.
14Mit Bescheid vom 21. September 2009 stellte die Klägerin die Jugendhilfe nach § 34 SGB VIII für M. N. T. zum 18. September 2009 mit der Begründung ein: „M. -N. befand sich bis zu diesem Zeitpunkt in der Erziehungs-stelle der F3. Jugendhilfe N3. . Die Eheleute X3. leisteten die Erziehung in ihrer Familie. Die Jugendliche verließ die Wohnung der Pflegeeltern und kehrte nicht mehr zurück. Sie wurde daraufhin in der Schule aufgegriffen und am 18. September 2009 in Obhut genommen.“ Hierzu heißt es im „Abschlussbericht 14.03.2008 bis 17.09.2009“ der F. Jugendhilfe N3. gGmbH vom 20. Oktober 2009 u.a.: „In den Sommerferien 2009 schloss sich M. einer Gruppe von Jugendlichen in I. -C. an. ... Wir wussten zu Beginn der Schulzeit nicht mehr, wo sie sich aufhielt. Sie war mehrere Tage bei ihrem Freund, dessen Mutter zu der Zeit im Krankenhaus lag. ... Nach einem Klärungsversuch meldete sie sich in der Jugendschutzstelle I. und gab an, wir hätten sie aus dem Haus geschmissen. Dies konnte jedoch durch die diensthabende Kollegin mit uns geklärt werden und M. wurde dort nicht aufgenommen. Daraufhin blieb sie erst einmal verschwunden. Am 12.09.09 wurde sie von der Polizei aus der Wohnung ihres Freundes geholt und in die Jugendschutzstelle gebracht."
15Am 16. November 2009 wurde M. N. T. in einer Wohngruppe in F4. untergebracht.
16Mit Bescheid vom 25. November 2009 gewährte die Klägerin auf Antrag des Amtsvormunds M. -N4. vom 17. November 2009 Hilfe zur Erziehung ab dem 17. November 2009 für die Dauer von sechs Monaten, wobei die Maßnahme durch die Evangelische Jugendhilfe N3. in der Wohngruppe in F4. durchgeführt werde.
17Unter dem 29. Januar 2010 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Kosten-erstattung für die "Inobhutnahme 18.9. bis 15.11.2009“ in Höhe von 9.660,58 Euro. Mit E-Mail vom 10. März 2010 erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten u.a., M. sei durch das Jugendamt H1. aus der Schule heraus in Obhut genommen und durch die F. Jugendhilfe, Herrn T3. , in die Einrichtung gebracht worden.
18Unter dem 21. April 2010 bat der Beklagte die Klägerin, eine neue, korrigierte Rechnung unter Absetzung des Betrages für die Inobhutnahme sowie eines nur 80-prozentigen Ansatzes des Leistungsentgelts für die Abwesenheitszeit von M. -N. im Projekt X3. zu übersenden. Die erfolgte Inobhutnahme sei rechtswidrig und daher nicht erstattungsfähig. Nach den vorliegenden Unterlagen und der Bestätigung vom 10. März 2010 habe das Jugendamt H1. M. -N. aus der Schule heraus in Obhut genommen. Da M. -N. eine Schule in I. besuche und sich somit vor Beginn der Inobhutnahme tatsächlich in I. aufgehalten habe, sei für die Maßnahme nach § 42 SGB VIII der Kreis T4. örtlich zuständig gewesen. Aufgrund der Abwesenheit Lisas vor der Inobhut-nahme im Projekt X3. ab dem 17. August 2009 sei vom ersten Tag der vollen Abwesenheit an ein auf 80 % gemindertes Leistungsentgelt zu berechnen. Dies sei in der Rechnung vom 29. Januar 2010 nicht berücksichtigt worden.
19Mit Schreiben vom 13. August 2010 bat die Klägerin erneut um Kostenerstattung und führte u.a. aus: M. -N. sei in der Zeit vom 14. März 2008 bis zum 17. September 2009 im T2. X3. untergebracht gewesen, das vom Regionalleiter der F3. Jugendhilfe, Herrn T3. , koordiniert worden sei. Diese Maßnahme sei gescheitert, weil M. -N. aus dem T2. entwichen und nicht wieder zurückgekehrt sei. Am 18. September 2009 habe Herr T3. mit M. -N. in der Schule gesprochen. Sie habe den Wunsch geäußert, nicht mehr im T2. X3. leben zu wollen. Aufgrund dieser Situation sei M. -N. nach Rücksprache mit dem fallzuständigen Sozialarbeiter und Herrn T3. innerhalb der Einrichtungen der F3. Jugendhilfe kurzzeitig untergebracht worden, bis eine Lösung gefunden worden sei, welche Einrichtung für M. N. am geeignetsten erscheine. Hierfür habe sich die trägerinterne Schutzstelle angeboten. Hierbei habe es sich weder inhaltlich noch nach der Vorgehensweise um eine Inobhutnahme im Sinne des § 42 SGB VIII gehandelt, sondern um eine Fortführung der Maßnahme gemäß § 34 SGB VIII. Da M. -N. keine volle drei Tage am Stück abwesend gewesen sei, könne keine Korrekturrechnung erfolgen. Nach der Mitteilung des Herrn T3. sei M. -N. am 7. September 2009 bei der Polizei als vermisst gemeldet und am 12. September 2009 von der Schule abgeholt worden, dort am selben Tag jedoch wieder weggelaufen und in die Jugendschutzstelle I. ausgelagert worden, weil sie nicht zur Familie X3. habe zurückkehren wollen. Am 17. September 2009 sei sie offiziell in der Schutzstelle aufgenommen worden.
20Mit Schreiben vom 18. August 2010 lehnte der Beklagte eine Kostenerstattung erneut ab.
21Mit Bescheid vom 22. Juni 2011 hob die Klägerin ihren Einstellungsbescheid vom 21. September 2009 rückwirkend zum 18. September 2009 auf. Zur Begründung gab sie an: Die Jugendhilfe für M. -N. T. in Form von Heimpflege gemäß § 34 SGB VIII sei nicht zum 18. September 2009 eingestellt worden, sondern durch die Bereitschaftsstelle der F3. Jugendhilfe bis zur Klärung der möglichen neuen Einrichtung fortgeführt worden. Eine Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII sei nicht veranlasst worden, eine Unterbrechung der Jugendhilfemaßnahme sei nicht eingetreten. Nach dem Aufenthalt in der Bereitschaftspflegestelle habe sich eine Vermittlung in eine Wohngruppe gemäß § 34 SGB VIII anschließen können. Unter dem 21. Juli 2011 übersandte die Klägerin dem Beklagten den Einstellungsbescheid und führte hierzu aus: Die Rücknahme des Verwaltungsakts sei erfolgt, da in diesem Bescheid der Wechsel der Hilfemaßnahme irrtümlich als Inobhutnahme bezeichnet worden sei, obwohl es sich in keiner Weise um eine Unterbrechung der Hilfe gehandelt habe. Die Unterbringung des Kindes in der Bereitschaftspflegestelle des bisherigen Jugendhilfeträgers habe dem Zweck der Klärung der Frage gedient, welche Wohngruppe die geeignetste für M. -N. sei. Da die Fortführung der Hilfe zu keinem Zeitpunkt unterbrochen gewesen sei, habe es keine Leistungspflicht des örtlichen Jugendhilfeträgers gegeben. Mit Schreiben vom 2. August 2011 teilte der Beklagte der Klägerin mit, er bleibe bei seiner im Schreiben vom 18. August 2010 dargelegten Rechtsauffassung.
22Die Klägerin hat am 30. November 2011 Klage erhoben.
23Sie hat dazu die Auffassung vertreten, ihr stehe gegenüber dem Beklagten ein Kostenerstattungsanspruch nach § 89 SGB VIII für den Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 31. Dezember 2009 in Höhe von 20.314,55 Euro zu. Der Beklagte habe seine Erstattungspflicht unter dem 21. Februar 2005 dem Grunde nach anerkannt. Bei der Unterbringung von M. -N. vom 18. September bis 15. November 2009 habe es sich nicht um eine Inobhutnahme im Sinne von § 42 SGB VIII gehandelt. Vielmehr sei M. -N. in der Jugendschutzstelle I. „geparkt“ worden, um in einer anderen Wohngruppe untergebracht zu werden. Es sei kein typischer Fall der Inobhutnahme gegeben, weil M. -N. nicht auf der Straße aufgegriffen worden sei. Zudem spreche der Zeitraum von 2 Monaten gegen eine Inobhutnahme, die eine zeitlich befristete Krisenintervention darstelle. Soweit im Zusammenhang mit der Unterbringung M. -N4. in der Jugendschutzstelle I. der Begriff Inobhutnahme gebraucht worden sei, handele es sich um eine unbeachtliche Falschbezeichnung.
24Die Klägerin hat beantragt,
25den Beklagten zu verurteilen, an sie 20.314,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
26Der Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Er hat sich auf den Standpunkt gestellt, der Klägerin stehe insgesamt keine Kostenerstattung durch den überörtlichen Träger der Jugendhilfe zu. Dass sich die Klägerin darauf berufe, in der Kinder- und Jugendschutzstelle sei die Fortführung der Hilfe gemäß § 34 SGB VIII erfolgt, ändere nichts daran, dass die entsprechende Rechnung selbst das erhöhte Entgelt einer Inobhutnahme ausweise. Des Weiteren sei für die Abwesenheitszeiten M. -N4. im T2. X3. das geminderte Leistungsentgelt von 80 % zu berechnen.
29Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
30Er hat im Wesentlichen vorgetragen: Die von der Klägerin geleistete Hilfe zur Erziehung für M. -N. T. sei durch die Unterbringung in der Jugend-schutzstelle I. in der Zeit vom 18. September 2009 bis 16. November 2009 nicht bzw. nicht relevant unterbrochen worden. Eine erneute Prüfung der örtlichen Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers sei deshalb nicht notwendig, er sei für die Fortführung der Hilfe zur Erziehung in der Wohngruppe nicht zuständig geworden. Die Klägerin habe nachvollziehbar erläutert, dass die Unterbringung in der Jugendschutzstelle im Rahmen der Hilfe zur Erziehung erfolgt sei. Die Unter-bringung sei lediglich erfolgt, um M. -N. T. nach dem plötzlichen Scheitern in der Erziehungsstelle während der Suche nach einer geeigneten Wohngruppe vorübergehend zu versorgen und zu erziehen. Ein Grund für eine Inobhutnahme sei nicht ersichtlich. Eine Gefährdungssituation habe nicht be-standen, ein Antrag auf Hilfe zur Erziehung sei gestellt gewesen und der Bedarf für eine solche Hilfe habe durchgehend bestanden. Wenn aber ein fortsetzungs-fähiger und -bedürftiger Hilfebedarf bestehe, sei trotz kurzzeitiger formaler Unterbrechung von einer einheitlichen kontinuierlichen Leistungsgewährung auszugehen.
31Der Beklagte hat am 29. Dezember 2011 Widerklage erhoben.
32Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht: Die Klägerin sei zur Rückzahlung der ihr bislang erstatteten Leistungen verpflichtet, weil diese zu Unrecht geleistet worden seien. Mit der Widerklage würden zunächst nur die für das Jahr 2007 geleisteten Erstattungen geltend gemacht. Der Klägerin habe insgesamt kein Kostenerstattungsanspruch zugestanden, weil sich ihre örtliche Zuständigkeit nicht nach dem tatsächlichen Aufenthalt M. -N4. gerichtet habe, sondern nach ihrem gewöhnlichen Aufenthalt in H1. . Dort habe sie mit ihrer Aufnahme in den Haushalt ihres Bruders und seiner Ehefrau am 10. März 2003 einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet, weil ihr Vater verhaftet worden und ihre Mutter bereits verstorben gewesen sei, so dass sie sich bis auf weiteres zukunftsoffen bei ihrem Bruder in H1. aufgehalten habe. Da Herr H. T. während der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt D. keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe, habe sich die örtliche Zuständigkeit für Leistungen gemäß § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes gerichtet. Da dieser in einer nicht vom Schutz der Einrichtungsorte gemäß § 89e SGB VIII erfassten anderen Familie begründet worden sei, stehe der Klägerin keine Kostenerstattung zu. Ein Erstattungsanspruch der Klägerin scheide auch deshalb aus, weil der Antrag auf Hilfe zur Erziehung von der Schwiegertochter des Herrn H. T. gestellt worden sei, die jedoch hierzu nicht berechtigt gewesen sei.
33Der Beklagte als Widerkläger hat beantragt,
34die Widerbeklagte zu verurteilen, an ihn 23.029,09 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz zu zahlen.
35Die Klägerin als Widerbeklagte hat beantragt,
36die Widerklage abzuweisen.
37Sie hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Die bisherigen Erstattungen seien nicht zu Unrecht erfolgt. Der Widerkläger sei nach wie vor gemäß §§ 86 Abs. 4 Satz 2, 89 SGB VIII kostenerstattungspflichtig. Hierfür sei der tatsächliche Aufenthalt des Kindes M. -N. T. vor Hilfebeginn maßgeblich. M. -N. habe vor Hilfebeginn zusammen mit ihrem Vater in den Niederlanden gelebt, also in Deutschland keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Anfangs sei es auch nicht klar gewesen, ob M. -N. in der Familie ihres Bruders verbleiben könne. Durch die unmittelbare Beantragung von Hilfe zur Erziehung sei deutlich geworden, dass die Familie des Bruders von M. -N. wie eine sonstige Institution im Sinne von § 89e SGB VIII tätig geworden sei. Im Übrigen sei der Widerkläger selbst von seiner Kostenerstattungspflicht ausgegangen.
38Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.685,02 Euro nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 30. November 2011 zu zahlen. Die Klage im Übrigen und die Widerklage sind abgewiesen worden.
39Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, der Klägerin stehe gegenüber dem Beklagten als überörtlichem Träger nach § 89 SGB VIII zwar ein Anspruch auf Erstattung der Kosten zu, die sie in der Zeit vom 1. August 2009 bis jedenfalls zum 17. September 2009 als nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII wegen des tatsächlichen Aufenthaltes des Mädchens zuständiger örtlicher Träger für M. -N. T. gemäß §§ 27, 33 SGB VIII in Form von Unterbringungs-kosten aufgewendet habe, von diesen seien aber - nach dem in § 89f Abs. 1 SGB VIII enthaltenen sog. „Grundsatz der Interessenwahrnehmung“ - Überzahlungen an das „T2. X3. “ wegen der Abwesenheitszeiten der Hilfeempfängerin, die nach Maßgabe des einschlägigen Rahmenvertrages nur i. H. v. 80 % des für den Pflegetag vereinbarten Leistungsentgeltes hätten übernommen werden dürfen, in Abzug zu bringen. Weil es für die Rechtmäßigkeit der Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 33, 34 SGB VIII ausreiche, dass der Personensorge-berechtigte mit der Hilfe einverstanden sei, sei vor dem Hintergrund des vom Adoptivvater H. T. nachträglich im August 2003 gestellten und ausdrücklich auf die Zeit ab dem 11. März 2003 bezogenen Jugendhilfeantrages hingegen unschädlich, dass die Hilfe anfänglich am 11. März 2003 durch die für M. -N. nicht sorgeberechtigte Frau O. T. beantragt worden sei.
40§ 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII, nach dem in den Fällen, in denen das Kind oder der Jugendliche während der letzten 6 Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe, der örtliche Träger zuständig sei, in dessen Bereich sich das Kind bzw. der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufgehalten habe, greife hier deswegen, weil Herr H. T. , der - da seine Ehefrau E. T. bereits verstorben war - für M. -N. nach überein-stimmender Auffassung der Beteiligten allein sorgeberechtigt und damit nach § 86 Abs. 1 bis 3 SGB VIII maßgeblicher Elternteil gewesen sei, im Sinne von § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt habe. Ausgehend von § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I sei durch seine Inhaftierung am 10. März 2003 in der JVA D. und seine Umverlegung ab dem 13. Oktober 2003 in das krankenhaus G. kein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland begründet worden, weil er sich wegen der gegen die Verurteilung zu einer Frei-heitsstrafe vom 10. Oktober 2003 eingelegten Revision bis zu seinem Tod am 5. Februar 2004 nur in Untersuchungshaft befunden habe und insoweit - trotz des angeblichen Geständnisses seiner Tat gegenüber seiner Schwiegertochter am 16. März 2006 und der Auflösung seiner Wohnung bereits 14 Tage nach seiner Inhaftierung - weder von einem „nicht nur vorübergehenden Verweilen“ noch von einem „Mittelpunkt der Lebensbeziehungen“ im Vollzug ausgegangen werden könne.
41Obwohl Herr H. T. keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt habe, richte sich die örtliche Zuständigkeit hier nicht nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, nämlich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung, weil auch M. -N. T. zu dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt keinen gewöhnlichen Aufenthalt (im Inland) besessen habe. Unter Berücksichtigung der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung sei als Beginn der Leistung nämlich der Zeitpunkt anzusehen, ab dem die Klägerin für das Mädchen Jugendhilfeleistungen erbracht und Herrn H. T. ausweislich des Bescheides vom 23. Oktober 2003 Hilfe zur Erziehung ab dem 11. März 2003 gewährt habe. Vor diesem Zeitpunkt habe M. -N. T. keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland begründet, weil sie diesen bis zum 10. März 2003 gemeinsam mit ihrem Adoptivvater im niederländischen F. gehabt habe und bei ihrer anschließenden Aufnahme in den Haushalt der Eheleute T. in H1. noch nicht festgestanden habe, dass sie dort ihren Lebensmittelpunkt begründen würde. Vor dem Hintergrund, dass Frau M. T. nicht sorgeberechtigt und damit auch gegenüber dem Jugendamt nicht antragsberechtigt gewesen sei und gegen Herrn H. T. gerade erst die Untersuchunghaft verhängt, aber noch keine Verurteilung erfolgt sei, habe sich das weitere Aufenthaltsschicksal des Mädchens vielmehr als völlig ungewiss dargestellt.
42Trotz mangelnden gewöhnlichen Aufenthaltes sei die Klägerin aber nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII örtlich zuständiger Träger der Jugendhilfe gewesen, weil M. -N. T. sich vor dem 11. März 2003 als Zeitpunkt des Beginns der Leistung jedenfalls tatsachlich bei den Eheleuten T. in H1. aufgehalten habe.
43Demgegenüber sei ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten gemäß § 89 SGB VIII sowohl hinsichtlich des Zeitraums vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 als auch hinsichtlich des Zeitraums vom 17. November 2009 bis zum 31. Dezember 2009 zu verneinen.
44Bezüglich der erstgenannten Phase sei die Klägerin für die M. -N. T. gewährte Jugendhilfe nicht die örtlich zuständige Jugendhilfeträgerin gewesen. Denn hinsichtlich der für das Mädchen in diesem Zeitraum gewährten Jugendhilfe sei die örtliche Zuständigkeit neu zu bestimmen. Hierfür spreche bereits, dass die Klägerin die für M. -N. bis dahin gewährte Hilfe zur Erziehung durch Be-scheid vom 21. September 2009 ausdrücklich zum 18. September 2009 einge-stellt und die Pflegestelle „T2. X3. “ die Maßnahme am 17. September lt. Abschlussbericht vom 20. Oktober 2009 beendet habe. An der Erforderlichkeit einer neuen Bestimmung der Zuständigkeit ändere es nichts, dass die Klägerin den Einstellungsbescheid vom 21. September 2009 mit Bescheid vom 22. Juni 2011 wieder zurückgenommen habe, weil der Annahme einer bloßen Fortsetzung der zuvor gewährten Hilfe zur Erziehung bereits entgegenstehe, dass für die Zeit vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 kein Bescheid der Klägerin über eine Gewährung von Hilfe zur Erziehung (in Form der Unterbringung nunmehr in der Jugendschutzstelle in I. ) ergangen sei. Auch habe insoweit kein Antrag auf Hilfe zur Erziehung des seinerzeit für M. - N. personensorgeberechtigten Amtsvormundes vorgelegen. Dieser sei vielmehr erst am 17. November 2009 gestellt worden, woraufhin die Klägerin durch Bescheid vom 25. November 2009 Hilfe zur Erziehung (in Form der Heimerziehung in einer Wohngruppe in F4. ) ausdrücklich erst wieder ab dem 17. November 2009 gewährt habe. Sei danach die örtliche Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers zum 18. September 2009 neu zu bestimmen, scheide ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 89 SGB VIII der Klägerin gegenüber dem Beklagten hinsichtlich des Zeitraums vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 aus, weil es sich bei der in diesem Zeitraum für M. -N. T. gewährten Jugendhilfe um eine Inobhutnahme i. S. v. § 42 SGB VIII gehandelt habe, für die nicht die Klägerin, sondern nach § 87 SGB VIII der Beigeladene örtlich zuständig gewesen sei. Nach der einschlägigen Vorschrift sei für die Inobhutnahme der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind bzw. der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme tatsächlich aufhalte. Dies sei hier - da sich M. -N. vor Beginn ihrer Aufnahme in der Jugendschutzstelle tatsächlich in I. aufgehalten habe, diese Stadt aber über kein eigenes Jugendamt verfüge - der beigeladene Kreis.
45Dafür, dass es sich bei der am 18. September 2009 erfolgten Unterbringung von M. -N. in der Jugendschutzstelle I. um eine Inobhutnahme gehandelt habe, spreche bereits, dass die Klägerin diese Maßnahme wiederholt selbst als Inobhutnahme bezeichnet habe. Aber auch unabhängig hiervon sei die Maß-nahme gemessen an Sinn und Zweck des Institutes sowie seinen Vorausset-zungen als Inobhutnahme zu qualifizieren. Insbesondere habe sich M. -N. T. - nachdem sie am 7. September 2009 als vermisst gemeldet, dann am 12. September aufgegriffen worden sei und dabei offenbar erklärt habe, nicht wieder in die Pflegefamilie zurückkehren zu wollen - in einer Gefährdungssitu-ation befunden, die eine vorläufige Schutzmaßnahme im Sinne einer Krisenin-tervention des Jugendamtes gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII habe erforderlich erscheinen lassen. Dass hier von einer Gefahr für das Wohl des Mädchens auszugehen gewesen sei, zeige, dass die damals 14 Jahre alte Jugendliche ohne die Intervention der Klägerin offensichtlich ohne feste Unterkunft und Erziehung geblieben wäre. Der Annahme einer Inobhutnahme stehe auch nicht entgegen, dass M. -N. in der Jugendschutzstelle angeblich nur „geparkt“ gewesen sein soll, um nach einer geeigneten anderweitigen Unterbringungsmöglichkeit zu suchen. Vielmehr ergebe sich bereits aus dem Charakter der Inob-hutnahme als bloß vorläufiger Maßnahme und lasse sich deshalb von vornherein nicht als Argument gegen die Annahme einer Inobhutnahme anführen, dass das Jugendamt verpflichtet sei, die Art des jugendhilferechtlichen Bedarfs zu klären und eine Entscheidung über die gebotene Anschlusshilfe herbeizuführen.
46Ebenso wenig greife vorliegend der Grundsatz, dass in Fällen, in denen ein fortsetzungsfähiger und -bedürftiger Hilfebedarf bestehe, trotz kurzzeitiger formaler Unterbrechung von einer einheitlichen kontinuierlichen Leistungsgewährung auszugehen sei. Abgesehen davon, dass die hier vorliegende Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII keine Leistung der Jugendhilfe im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VIII darstelle, hinsichtlich derer bei einem qualitativ unveränderten jugendhilferechtlichen Bedarf eine bloße Schwerpunktverlagerung mit der Folge einer Anpassung der Ausgestaltung der Hilfe für unschädlich erachtet werde, sondern zu den anderen Aufgaben der Jugendhilfe gehöre (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII), bedeute der auf eine Gesamtbetrachtung abstellende zuständigkeitsrechtliche Leistungsbegriff nämlich nicht, dass jede beliebige Maßnahme der Jugendhilfe den Beginn einer Leistung darstelle oder es allein auf die erstmalige Gewährung von Jugendhilfe im Sinne des Beginns einer „Jugendhilfekarriere“ ankomme. Der Rechtsgrundlage für eine bestimmte Hilfemaßnahme komme für sich allein zuständigkeitsrechtliche Bedeutung vielmehr unmittelbar insoweit zu, als die Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit - wie in § 86a Abs. 4, § 86b Abs. 1 SGB VIII - auf die Hilfegewährung gerade nach einer bestimmten Rechtsgrundlage Bezug nähmen. Dies sei ausweislich § 87 SGB VIII auch hinsichtlich der Inobhutnahme im Sinne von § 42 SGB VIII der Fall. Nehme § 87 SGB VII auf die spezielle Hilfegewährung nach § 42 SGB VIII Bezug, greife im vorliegenden Fall hinsichtlich des Zeitraums ab dem 18. September 2009 eine besondere Zuständigkeitsregelung ein, die das Fortbestehen der bisherigen örtlichen Zuständigkeit ausschließe.
47Dementsprechend stehe der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch gemäß § 89 SGB VIII der Klägerin auch hinsichtlich des Zeitraums vom 17. November 2009 bis zum 31. Dezember 2009 nicht zu, denn insoweit sei sie ebenfalls nicht im Sinne der genannten Vorschrift die örtlich zuständige Trägerin der Jugendhilfe gewesen. Da die örtliche Zuständigkeit der Klägerin für die M. -N. zu gewährende Jugendhilfe am 17. September 2009 geendet habe, sei die örtliche Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers gleichfalls für die Zeit ab dem 17. November 2009 neu zu bestimmen. Insoweit richte sich die örtliche Zuständigkeit nunmehr nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, also nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Jugendlichen vor Beginn der neu ansetzenden Leistung. Da zum Zeitpunkt des Beginns der Leistung am 17. November 2009 die Eltern von M. -N. T. bereits verstorben gewesen seien und das Mädchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt vor Leistungsbeginn in I. (Pflegefamilie X3. bzw. Jugendschutzstelle) gehabt habe, sei diesbezüglich ebenfalls der Beigeladene örtlich zuständig gewesen.
48Dem Beklagten als Widerkläger seinerseits stehe gegenüber der Klägerin als Widerbeklagten kein Anspruch auf Rückzahlung der von ihm der Klägerin erstatteten Beträge für die im Jahr 2007 geleistete Jugendhilfe für M. -N. T. aus § 112 SGB X zu. Habe der Widerbeklagten gegenüber dem Widerkläger für die Zeit vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 89 SGB VIII zugestanden, weil sie für die dem Mädchen vom 11. März 2003 bis zum 17. September 2009 in Anwendung von §§ 27, 33 SGB VIII gewährte Hilfe zur Erziehung nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII und damit aufgrund eines tatsächlichen Aufenthaltes M. -N4. örtlich zuständig gewesen ist, habe der Widerkläger auf Grund seiner Kostenerstattungszusage vom 21. Februar 2005 der Widerbeklagten die Kosten der aufgewendeten Jugendhilfe jedenfalls auch für das Jahr 2007 zu Recht erstattet.
49Hinsichtlich weiterer Einzelheiten in der Argumentation des Verwaltungsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
50Mit Beschluss vom 24 März 2014 hat der Senat die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil zugelassen, weil es besondere rechtliche Schwierigkeiten aufwerfe, inwieweit der Charakter einer - Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII nachfolgenden - Maßnahme als Inobhutnahme i. S. v. § 42 SGB VIII, die als solche keine „Leistung“ im Sinne der Zuständigkeitsregelungen des SGB VIII darstelle, maßgeblich durch das Etikett bestimmt werde, das ihr der tätig werdende Jugendhilfeträger förmlich aufdrücke, oder nicht vielmehr für die Änderung der Hilfe von einer Leistung i. S. v. § 2 Abs. 2 SGB VIII zur Aufgabenerfüllung i. S. v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII und damit für eine Unterbrechung entscheidend sei, ob sich bei gleichbleibender Art und Weise der Förderung die objektive Bedarfslage beim Kind oder Jugendlichen maßgeblich geändert habe. Zum anderen würden besondere Anforderungen an die Rechtsfindung aus der Beantwortung der Frage erwachsen, ob nicht auch dann, wenn vorliegend von einer weniger als 3 Monate dauernden Inobhutnahme i. S. v. § 42 SGB VIII auszugehen sei, die Hilfeleistung nach §§ 27, 34 SGB VIII dennoch zuständigkeitsrechtlich gesehen keine relevante Unterbrechung erfahren habe.
51Die Klägerin begründet ihre Berufung unter Bezugnahme auf ihre Zulassungsbegründung und den Zulassungsbeschluss des Senates im Wesentlichen wie folgt:
52Bezüglich des Zeitraums vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 gehe das Verwaltungsgericht zu Unrecht auf der Grundlage des Abschlussberichtes der Ev. Jugendhilfe N3. vom 20. Oktober 2009 davon aus, dass sich M. -N. ab dem 17. August 2009 nicht mehr in der Pflegefamilie X3. befunden habe und deshalb für den Zeitraum vom 17. August 2009 bis zum 17. September 2009 eine Kürzung des Pflegesatzes auf 80 % in Rechnung zu stellen sei. Soweit ein gegenläufiger Aktenvermerk von Frau I1. - Wirtschaftliche Jugendhilfe der Klägerin - vom 13. August 2010 als nicht überzeugend abgetan werde, stimme dieser indes mit den Angaben in der E-Mail des - ggfs. anzuhörenden - Herrn T3. , Regionalkoordinator der F3. Jugendhilfe für den Bereich I. , vom 29. Juli 2010 überein, derzufolge M. -N. im T2. X3. zu keinem Zeitpunkt länger als 3 Tage abwesend gewesen sein solle.
53Was den Zeitraum vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 angehe, gehe das Verwaltungsgericht auf der Grundlage einer fehlerhaften Sach-verhaltswürdigung in gleicher Weise zu Unrecht davon aus, dass mit der endgültigen Unterbringung von M. -N. in der Jugendschutzstelle I. die bis dahin gewährte Hilfeleistung in Form der Heimunterbringung nach §§ 27, 34 SGB VIII zugunsten einer Inobhutnahme geendet habe. Voraussetzung einer Inobhut-nahme sei nach § 42 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII nämlich unter anderem, dass einedringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Maßnahme erfordere. Eine Gefahr sei dringend, wenn eine Sachlage oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das Wohl des Kindes bzw. Jugendlichen gefährdet werde. Die Gefahrenlage müsse also eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes oder Jugendlichen erwarten lassen, wobei in der Praxis insbesondere die Fälle einer extremen Vernachlässigung des Kindes - beispielsweise durch Überforderung der Eltern - oder Fälle einer Kindesmisshandlung bzw. eines Kindesmissbrauchs sowie einer Eigengefährdung aufgrund exzessiven Alkohol- oder Drogenkonsums in Betracht kämen. Von einer derartigen Sachlage könne vorliegend jedoch schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil M. -N. nach Mitteilung von Herrn T3. keine vollen 3 Tage abwesend gewesen sei. Des Weiteren ergebe sich aus dem Abschlussbericht X3. lediglich, dass die Situation dort derart eskaliert sei, dass M. -N. den bloßen Wunsch gehabt habe, nicht mehr am T2. X3. zu verbleiben. Der Abschlussbericht habe aufgrund der festgestellten und aufgeführten Fakten aber dennoch eine weitere Unterbringung in einer Wohngruppe empfohlen. Daraus ergebe sich zwar, dass die Inobhutnahme M. -N4. der Beseitigung einer aktuellen Krisensituation gedient habe. Eine Kindeswohlgefährdung, wie sie die Beklagte vortrage und vom Verwaltungsgericht angenommen werde, habe hingegen zu keinem Zeitpunkt bestanden. In qualitativer Hinsicht habe der Hilfebedarf vielmehr im wesentlichen unverändert auch nach dem 17. September 2009 fortbestanden. Die Inobhutnahme in der Jugendschutzstelle I. habe gerade nicht diesen - kontinuierlich Hilfe erfordernden - Bedarf von M. -N. unterbrochen, sondern sei wegen der Eskalation der Situation bei der Pflegestelle X3. notwendig geworden, um mit dem Mädchen gemeinsam eine andere Lösung zu finden.
54Wenn das Verwaltungsgericht annehme, dass es sich bei der Unterbringung in der Jugendschutzstelle auch deshalb um eine Inobhutnahme i. S. v. § 42 SGB VIII handele, weil die Klägerin diese Maßnahme selbst als Inobhutnahme bezeichnet habe, könne dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Wie bereits in der vorgerichtlichen Korrespondenz mehrfach betont, sei M. -N. in der Jugendschutzstelle lediglich „geparkt“ worden, um von dort aus eine weitere Unterbringungsmöglichkeit in einer anderen Wohngruppe zu suchen. Die Bezeichnung „Inobhutnahme“ stelle in diesem Zusammenhang ein Fall der „falsa demonstratio non nocet“ dar. Dass die Tagessätze von der Jugendschutzstelle I. der Höhe nach wie für eine Maßnahme i. S. v. § 42 SGB VIII abgerechnet worden seien, sei insoweit irrelevant. Von der Jugendschutzstelle I. sei rein tatsächlich eine Hilfeleistung nach §§ 27, 34 SGB VIII erbracht worden, ohne dass eine Änderung der Hilfeform herbeigeführt worden sei, die eine Neubestimmung der örtlichen Zuständigkeit habe auslösen können.
55Die örtliche Zuständigkeit sei auch im Übrigen nicht ab dem 18. September 2009 neu zu bestimmen gewesen. Die Beendigung der Maßnahme X3. am 17. September 2009 habe nämlich keine Unterbrechung der nach wie vor erforderlichen Wohngruppenunterbringung für M. -N. dargestellt. Deshalb könne der Annahme, dass die am 22. Juni 2011 erfolgte Rücknahme des Einstellungs-bescheides vom 21. September 2009 an der Erforderlichkeit der Neubestimmung der Zuständigkeit nichts ändere, nicht gefolgt werden. Der Hilfebedarf in Form der Wohngruppenunterbringung i. S. d. §§ 27, 34 SGB VIII sei bei M. -N. nach wie vor vornehmlich deshalb gegeben gewesen, weil ihre Adoptiveltern verstor-ben seien. Zum Zeitpunkt der vermeintlichen „Inobhutnahme“ sei M. -N. erst 14 Jahre alt und Vollwaise gewesen, weshalb eine Beendigung der Jugendhilfe-leistung nicht habe erfolgen könnten und auch nie in Betracht gezogen worden sei.
56Ein Bescheid der Klägerin über eine Gewährung von Hilfe zur Erziehung in der Zeit vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 sei nicht erforderlich gewesen, da die Hilfe zur Erziehung kontinuierlich gewährt worden sei. Die Rücknahme der rechtswidrigen Einstellung vom 21. September 2009 habe lediglich der Klarstellung gedient, dass die ursprünglich gewährte Hilfe fortgesetzt worden sei. Insofern sei auch unschädlich gewesen, dass für diesen Zeitraum kein Antrag des Amtsvormundes vorgelegen habe. In Anbetracht der Kontinuität der bisherigen Leistung auf Grundlage des ursprünglichen Antrags vom 2. August 2003 sei kein erneuter Leistungsantrag erforderlich gewesen. Auch der in diesem Zusammenhang gestellte Antrag vom 17. November 2009 habe lediglich der Klarstellung gedient, dass die Wohnunterbringung ab dem gleichen Tage woanders - nämlich nunmehr bei einer Wohngruppe in F4. - fortgesetzt werde. In qualitativer Hinsicht habe sich an der Jugendhilfe für M. -N. dadurch nichts geändert.
57Selbstverständliche Konsequenz der vorstehenden Ausführungen sei, dass die örtliche Zuständigkeit ab dem 17. November 2009 ebenfalls nicht neu zu bestim-men gewesen sei.
58Selbst wenn man begrifflich von einer zwischenzeitlichen Inobhutnahme ausgeh-en wolle, könne - wenn nicht sogar zuständigkeitsrechtlich die Fortsetzung der gleichen Leistung anzunehmen sei - dem Urteil des Verwaltungsgerichts Ans-bach vom 14. Juni 2012 - AN 14 K 10.01808 - und einem DIJuF-Rechtsgutachten vom 1. September 2013 zumindest entnommen werden, dass eine zum 16. No-vember 2009 wiederaufgenommene Hilfeleistung jedenfalls nicht durch eine solche Inobhutnahme unterbrochen werde. Unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Hilfe in der Jugendschutzstelle in der Zeit vom 18. September bis zum 15. November 2009 bestehe zwischen der Hilfegewährung vom 11. März 2003 bis zum 17. September 2009 und der ab dem 16. November 2009 nämlich als Geringstes ein Fortsetzungszusammenhang. Vor dem Hintergrund eines zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffes, dem eine Gesamtbetrachtung der verschiedenen Maßnahmen und Hilfen im Hinblick darauf zugrundezulegen sei, ob sie zur Deckung eines unveränderten jugendhilferechtlichen Bedarfes erforderlich seien, komme es an sich von vornherein schon gar nicht darauf an, ob sich bei einem auf einen längeren Zeitraum angelegten Hilfeprozess bloß die Schwerpunkte innerhalb des Hilfebedarfes zwischenzeitlich verschieben und Modifikationen, Änderungen oder Ergänzungen bedingen würden. Stehe für den Begriff „Leistung“ die Sicherstellung der Kontinuität einer bedarfsgerechten Hilfegewährung im Vordergrund, hätte selbst eine kurzfristige Unterbrechung jeglicher Hilfeleistung von bis zu 3 Monaten nach den insoweit entsprechend anzuwendenden §§ 86 Abs. 7 Satz 4, 86a Abs. 4 Satz 2 und 86b Abs. 3 Satz 2 SGB VIII bei kontinuierlich fortbestehendem Hilfebedarf außer Betracht zu bleiben. Auch hier sei bei gleichbleibendem Bedarf mit einer alsbaldigen Wiederaufnahme der Unterbringung in Heimerziehung zu rechnen gewesen.
59Die Klägerin beantragt,
60den Beklagten unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils über die dort zugesprochenen 3.685,02 Euro hinaus zur Erstattung der vollen 20.314,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 30. November 2011 zu verurteilen.
61Der Beklagte beantragt,
62die Berufung zurückzuweisen.
63Der Beklagte verteidigt - bis auf eine im dort zugestandenen Erstattungsbetrag von 3.685,02 Euro enthaltene Weihnachtsbeihilfe über 35,- Euro - das erstin-stanzliche Urteil.
64In der Zeit vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 sei M. -N. T. ausweislich der Mitteilung an den personensorgeberechtigten Amtsvor-mund vom 21. September 2009 und den Angaben im Hilfeplan vom 6. Januar 2010 im Rahmen einer Inobhutnahme untergebracht gewesen. Von einer „falsa demonstratio“ könne angesichts des eindeutigen Wortlautes der Mitteilung nicht die Rede sein. Da M. -N. an der I2. -Schule in I. aufgegriffen worden sei, stelle sich die Inobhutnahme - weil nach § 87 SGB VIII der Beige-ladene als Träger der öffentlichen Jugendhilfe für diesen Bereich örtlich zuständig gewesen sei - im Übrigen zudem als rechtswidrig dar.
65Ebenso wenig könne nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverwal-tungsgerichtes zum Leistungsbegriff dann vom Vorliegen einer einheitlichen Hilfemaßnahme die Rede sein, wenn - wie hier - vom Katalog des § 2 Abs. 2 SGB VIII (Leistung i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII) zum Katalog des § 2 Abs. 3 SGB VIII (andere Aufgabe i. S. v. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII) gewechselt werde. Im Zeitpunkt der neuerlichen Antragstellung des Vormundes am 17. November 2009 sei das Verwaltungsgericht vor diesem Hintergrund zu Recht von der Notwendigkeit einer erneuten Prüfung der örtlichen Zuständigkeit ausgegangen, da im Zeitpunkt der förmlichen Beendigung der vorherigen Hilfe zum 18. September 2009 keine „konkretisierte“ Wiederaufnahmeperspektive vorgelegen habe. Erst im Abschlussbericht des Standortprojektes X3. vom 20. Oktober 2009 sei eine weitere Unterbringung in einer Wohngruppe empfohlen worden.
66Der Beigeladene, der keinen Antrag stellt, schließt sich den Ausführungen der Klägerin zur Berufungsbegründung an.
67Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (2 Bände) und der zu dem Verfahren eingereichten Verwaltungsvorgänge (3 Hefte) verwiesen.
68E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
69Die Berufung hat - wie aus dem Tenor ersichtlich - jedenfalls teilweise Erfolg.
70Der Klägerin steht - über den vom Verwaltungsgericht in Anwendung des Grundsatzes der Interessenwahrnehmung zu Recht auf 3.685,02 Euro beschränkten Anspruch auf Erstattung des Kostenaufwandes für die Unterbringung von M. -N. T. in der Pflegefamilie X3. im Zeitraum vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 hinaus - ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 89 SGB VIII i. H. v. 5.936,85 Euro auch für den Leistungszeitraumzeitraum vom 16. November 2009 bis zum 31. Dezember 2009 zu, in dem Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII in Form der Unterbringung des Mädchens in einer Wohngruppe der F3. Jugendhilfe N3. in F4. erbracht worden ist. Hingegen kann die Klägerin vom Beklagten nicht die Erstattung der Kosten geltend machen, die ihr für die Unterbringung M. -N4. in der Phase vom 18. September 2009 bis zum 15. November 2009 in der Jugendschutzstelle entstanden sind.
71Soweit der Klägerin gegenüber dem Beklagten ein Erstattungsanspruch zusteht, folgt dieser aus § 89 SGB VIII. Danach sind in den Fällen, in denen für die örtliche Zuständigkeit nach den §§ 86, 86a oder 86b SGB VIII der tatsächliche Aufenthalt maßgeblich ist, die Kosten, die ein örtlicher Träger der Jugendhilfe aufgewendet hat, von dem überörtlichen Träger zu erstatten, zu dessen Bereich der örtliche Träger gehört. Ein derartiger Fall liegt hier sowohl für die Unterbringungszeit M. -N. T. vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 als auch für deren Unterbringungszeit vom 16. November 2009 bis 31. Dezember 2009 vor.
72Die Klägerin war zunächst einmal für die für M. -N. vom 11. März 2003 bis zum 17. September 2009 gem. §§ 27, 33 SGB VIII gewährte Hilfe zur Erziehung nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII und damit aufgrund eines tatsächlichen Aufenthalts des Mädchens örtlich zuständig.
73Nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII ist in den Fällen, in denen das Kind oder der Jugendliche während der letzten 6 Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat, der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält. Diese Regelung greift hier ein, weil weder Herr H. T. , der - da seine Ehefrau E. T. bereits verstorben war - für M. -N. nach übereinstimmender Annahme aller Beteiligten allein sorgeberechtigt und damit maßgeblicher Elternteil i. S. v. § 86 Abs. 1 - 3 SGB VIII gewesen ist, i. S. v. § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII vor Beginn der Leistung einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte noch das Mädchen selbst. Nach der letztgenannten Vorschrift richtet sich die Zuständigkeit in den Fällen, in denen die Eltern oder der maßgebliche Eltern-teil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder ein gewöhnlicher Auf-enthalt nicht feststellbar ist oder sie verstorben sind, nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
74Das Verwaltungsgericht ist insoweit zutreffend und mit überzeugenden Erwägungen, die sich der Senat zu eigen macht und die auch von den Beteiligten im Berufungsverfahren nicht mehr in Frage gestellt worden sind, zunächst davon ausgegangen, dass Herr H. T. weder zum Zeitpunkt des Hilfeantrags vom 11. März 2003 noch zu einem späteren Zeitpunkt einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland besessen hat.
75Obwohl Herr H. T. keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt hat, richtet sich die örtliche Zuständigkeit im vorliegenden Fall dennoch deshalb nicht nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, weil M. -N. T. zu dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt vor Beginn der Leistung ebenfalls keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt hat. Auch dies hat das Verwaltungsgericht mit zutreffenden und vor keiner Seite mehr bestrittenen Argumenten schlüssig dargelegt, so dass auf die entsprechenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil zur Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunktes und der mangelnden Festigung des seinerzeitigen Aufenthaltes M. -N4. im Haushalt der Eheleute T. in H1. verwiesen werden kann.
76Hatte M. -N. T. vor Beginn der Leistung am 11. März 2003 keinen gewöhnlichen Aufenthalt, bestimmt sich die örtlichen Zuständigkeit des Trägers der Jugendhilfe nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII nach ihrem tatsächlichen Aufenthalt vor Beginn der Leistung bei den Eheleuten T. in H1. .
77Dass die ab dem 11. März 2003 kontinuierlich gewährte Hilfe zur Erziehung und damit auch die Phase ab dem 1. August 2009 von dem erforderlichen Einver-ständnis des Adoptivvaters abgedeckt gewesen ist, hat das Verwaltungsgericht wiederum plausibel dargelegt und wird von keinem Beteiligten in Zweifel gezogen, so dass der Senat auch insoweit keinen Anlass sieht, diese rechtliche Würdigung zu hinterfragen.
78Der Senat folgt gleichermaßen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass zur Wahrung des in § 86f Abs. 1 SGB VIII enthaltenen Grundsatzes der Interessen-wahrung die zu erstattenden Pflegekosten für die 14 Tage vom 17. August 2009 bis zum 31. August 2009 und für die 17 Tage vom 1. September 2009 bis zum 17. September 2009 nach Maßgabe des einschlägigen „Rahmenvertrages I für die Übernahme von Leistungsentgelten in der Jugendhilfe nach §§ 78a - f SGB VIII“ auf 80 % zu kürzen sind. Der sorgefältigen Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts, der sich der Senat diesbezüglich anschließt, kann nicht entgegen gehalten werden, die Angaben im Aktenvermerk der Frau I1. von der wirtschaftlichen Jugendhilfe der Klägerin stimmten mit denen des Herrn T3. als Regionalkoordinator des F3. Jugendwerkes für den Bereich I. und Verfasser auch des Abschlussberichtes zum T2. X3. vom 20. Oktober 2009 überein, die dieser in seiner E-Mail vom 19. Juli 2010 gemacht habe. Abgesehen davon, dass diese Angaben - anders als der Abschlussbericht - erst 10 Monate nach den Ereignissen gemacht worden sind und sie offenbar vor dem Hintergrund einer durch den Beklagten initiierten entsprechenden Nachfrage der Klägerin und der Weigerung der Verwaltung der Ev. Jugendhilfe N3. zur Korrektur ihrer Rechnungsstellung erfolgten, verhält sich die Mitteilung - über die schlichte Behauptung hinaus, dass M. -N. T. keine volle 3 Tage abwesend gewesen sei - weder konkret zum Zeitraum zwischen dem 17. August 2009 bis zum 31. August 2009 noch lässt sich ihr eine substan-tiierte Aussage da-zu entnehmen, dass M. -N. zwischen dem 1. September 2009 und dem 17. September 2009 doch mit Unterbrechungen von unter 3 vollen Tagen in der abgerechneten Pflegestelle X3. anwesend gewesen ist. Der chronologischen Aufzählung in der E-Mail lässt sich vielmehr nur entnehmen, dass das Mädchen am 7. September 2009 bei der Polizei als vermisst gemeldet worden ist und sie nach ihrem Aufgreifen in der Schule am 12. September 2009 und einem erneuten Versuch, wegzulaufen, noch am gleichen Tage in die Jugendschutzstelle I. ausgelagert wurde, weil sie nicht wieder zur Familie X3. zurück wollte. Dass M. -N. T. am 12. September 2009 oder in der Zeit zwischen dem 1. und dem 7. September bzw. ab dem 12. September 2009 jemals wieder Aufenthalt im T2. X3. in einer Weise genommen hat, dass von einer Anwesenheit i. S. d. Rahmenvertrages gesprochen werden konnte, kommt nicht annähernd zum Ausdruck. Vor diesem Hintergrund drängt es sich dem Senat auch nicht auf, Herrn T3. als jemanden, der die Betreuung des Mädchens lediglich als Koordinator des freien Trägers der Jugendhilfe miterlebt hat, als Zeugen anzuhören.
79Nicht von dem hier gegenüber dem Beklagten allein in Betracht kommenden Erstattungsanspruch nach § 89 SGB VIII erfasst wird die Unterbringung von M. -N. T. in der Bereitschaftsstelle der F3. Jugendhilfe, soweit sie vom 18. September 2009 bis zum 15. November 2009 Kosten verursacht hat. Dabei handelt es sich nämlich weder materiell-rechtlich um die Fortsetzung der bis dahin geleisteten Hilfe zur Erziehung i. S. v. §§ 27, 34 SGB VIII, noch um den Teil einer einheitlichen Leistung i. S. d. zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbe-griffes.
80Die Klägerin muss sich zunächst daran festhalten lassen, dass sie selbst die Unterbringung M. -N4. im Rahmen der Einstellung der Jugendhilfe nach §§ 27, 34 SGB VIII zum 18. September 2009 mit Bescheid vom 21. September 2009 als Inobhutnahme gem. § 42 Abs. 1 Satz1 Nr. 2 SGB VIII gewertet hat. In der Information von Herrn I3. als dem zuständigen und als hinreichend sachkundig einzuschätzenden B. -Mitarbeiter an die wirtschaftliche Jugendhilfe der Klägerin vom 16. November 2009 wird für den Zeitraum vom 18. September 2009 bis zum 16. November 2009 unmissverständlich von einer Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII ausgegangen. Auch im Hilfeplan vom 6. Januar 2010 hat Herr I3. unter der Rubrik „bisherige Hilfen“ eindeutig eine Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII angegeben. Dem Charakter einer Inobhutnahme entspricht es auch, wenn Herr I3. - nachdem die Vorhaltung des Platzes in der Pflegefamilie X3. zum 18. September 2009 beendet worden war - den Amtsvormund, Herrn V. vom Jugendamt der Klägerin, mit offiziellem, rechtmittelfähigem Bescheid von Montag, dem 21. September 2009, unverzüglich - nämlich inner-halb von 3 Werktagen -
81vgl. zu diesem Kriterium einer Inobhutnahme: BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1999 - 5 C 24.98 -, BVerwGE, 109, 155, juris,
82nicht nur über die Einstellung der Hilfe zur Erziehung, sondern auch über die Inobhutnahme, deren Beginn er auf den 18. September 2009 datiert, informiert hat. Im Gegensatz zur Hilfe zur Erziehung besteht auf eine Inobhutnahme nämlich kein individueller Anspruch, dessen Erfüllung das Einholen des Einverständnisses des Berechtigten voraussetzt, sondern handelt es sich bei dieser anderen Aufgabe der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII um eine hoheitliche Tätigkeit, die der Wahrnehmung des staatlichen Wächteramtes und damit der Abwehr von Gefahren für das Kindeswohl dient und nicht zur Disposition des Sorgeberechtigten steht.
83Vgl. Häußner, in: JurisPK-SGB VIII, 1. Aufl. 2014, § 2 Rn. 25 ff., m.w.N.
84Daran ändert nichts, dass die Inobhutnahme nicht nur eingriffsrechtliche, sondern durchaus auch leistungsrechtliche Komponenten enthält.
85Vgl. auch: Kunkel, in: LPK-SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 2 Rn. 3, 15 f.; Happe/Saurbier, in: Jans/Happe/Saurbier/Maas, Kinder- und Jugendhilferecht, Stand Juli 2013, Erl. 8.1 KJHG § 2 Rn. 10.
86Auch deshalb, weil nämlich eine Inobhutnahme nicht nur eine reine Verwahrung, sondern auch gezielt und geplant die Gewährung von Hilfe zur Erziehung beinhalten kann, kommt hier das Vorliegen einer unschädlichen falschen Begriffswahl - also ein Fall von „falsa demonstratio non nocet“ - nicht in Betracht.
87Die Qualifizierung der Maßnahme als Inobhutnahme trifft auch in der Sache zu.
88Wenn die Klägerin meint, schon der objektiv-rechtliche Tatbestand einer Inob-hutnahme nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII sei nicht erfüllt gewesen, weil keine dringende Gefahr für das Wohl der Jugendlichen bestanden habe, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Die Krisenintervention, die bereits am 12. September 2009 anlässlich des Aufgreifens des Mädchens, seines erneuten Fluchtversuches und seiner nachdrücklichen Weigerung zur Rückkehr in das T2. X3. parallel zu der zunächst noch aufrecht erhaltenen Vorhaltung eines Platzes in der Pflegefamilie X3. eingesetzt hat, diente nämlich insoweit der Abwendung einer dringenden - bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmenden - Gefahr der erheblichen Schädigung des körperlichen, geistigen und seelischen Wohls M. -N. T. ,
89vgl. zur Dringlichkeit einer Gefahr: BVerwG, Urteil vom 6. September 1974 - I C 17.73 -, BVerwGE 47, 31, juris,
90als der seinerzeit erst 14jährigen Jugendlichen angesichts ihrer den Umständen nach ernst zu nehmenden Weigerung, wieder in das T2. X3. zurückzukehren, nicht nur die bloße Obdachlosigkeit und Nichterfüllung anderer rein physischer Bedürfnisse drohte, sondern auch Schutzlosigkeit, mangels Er-ziehung und Betreuung Verwahrlosung und nicht zuletzt das - auch im Ab-schlussbericht vom 20. Oktober 2009 heraufbeschworene - Absinken in ein Alkoholmilieu.
91Vgl. insoweit zur für eine Inobhutnahme erforder-lichen Gefahrenlage: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. August 2003 - 9 S 2398/02 -, NDV-RD 2004, 68, juris.
92Ebenso wenig spielt es für die Rechtsnatur eine Rolle, dass die Maßnahme als Inobhutnahme rechtswidrig gewesen sein dürfte, weil die Klägerin nicht der zu ihrer Vornahme nach § 87 SGB VIII örtlich zuständige Träger war.
93Auch rein zuständigkeitsrechtlich bildet die Unterbringung M. -N. T. in der Bereitschaftspflegestelle der F3. Jugendhilfe N3. vom 18. September 2009 bis zum Morgen des 16. November 2009 keine Einheit mit der Hilfegewährung nach §§ 27, 34 SGB VIII in der Pflegefamilie X3. bis zum 17. September 2009. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
94vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2004 - 5 C 9.03 -, BVerwGE 120, 116, juris; Urteil vom 25. März 2010 - 5 C 12.09 -, BVerwGE 136, 185, juris; Urteil vom 19. Oktober 2011 - 5 C 25. 10 -, BVerwGE 141, 77, juris; Urteil vom 13. Dezember 2012 - 5 C 25.11 -, BVerwGE 145, 257, juris,
95sind „Leistung“, an deren Beginn hier auch § 86 Abs. 4 SGB VIII für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit anknüpft, unabhängig von der Hilfeart und Hilfeform alle im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zur Deckung eines qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlichen Maßnahmen und Hilfen, sofern sie ohne relevante Unterbrechung gewährt worden sind, und zwar auch dann, wenn sich bei einem auf einem längeren Zeitraum angelegten Hilfeprozess die Schwerpunkte innerhalb des Hilfebedarfs verschieben und für die Ausgestaltung der Hilfe Modifikationen, Änderungen oder Ergänzungen bis hin zu einem Wechsel der Hilfeart erforderlich werden. Es käme - da hier zweifellos von einem kontinuierlich Hilfe erfordernden unverändertem Bedarf von M. -N. auszugehen ist - insofern auch nicht darauf an, ob die neue - für notwendig erachtete - Jugendhilfeleistung einer anderen Nummer des § 2 Abs. 2 SGB VIII unterfällt oder innerhalb des SGB VIII nach einer anderen Rechtsgrundlage zu gewähren ist als die bisherige Leistung nach §§ 27, 34 SGB VIII, sondern allein darauf, ob sich die Hilfegewährung ungeachtet aller Modifikationen, Ergänzungen und Änderungen noch als Fortsetzung der ursprünglichen Leistung darstellt oder vielmehr der Deckung eines andersartigen, neu entstandenen Bedarfes dient. Wenn die Frage nach der zuständigkeitsrechtlichen Einheitlichkeit der Leistung aus dem Blickwinkel des zugrunde liegenden Hilfebedarfs betrachtet wird, liegt es zwar an sich nahe, in die Bewertung auch Zeiten einer Inobhutnahme einzubeziehen. Denn gerade in Fällen erzieherischer Defizite oder etwa bei einem - ggfs. kurzfristigen - Ausfall der Erziehungsperson tritt der dadurch entstehende und zu deckende jugendhilferechtliche Bedarf nicht selten in einer Weise auf, die zunächst ein sofortiges Einschreiten in Form einer Inobhutnahme gebietet, an die sich dann aber wiederum bereits absehbar mehr oder weniger nahtlos eine weitergehende Jugendhilfemaßnahme in Form einer Leistung namentlich aus dem Katalog des § 2 Abs. 2 SGB VIII anschließt.
96Vgl. Lange, in: JurisPK-SGB VIII, a.a.O., § 86 Rn. 61.
97Der Einbeziehung einer Inobhutnahme in die Bewertung steht aber entgegen, dass es sich dabei nach dem Maßnahmenkonzept des SGB VIII gerade nicht um eine Leistung, sondern um eine „andere Aufgabe der Jugendhilfe“ i. S. v. § 2 Abs. 3 SGB VIII handelt, für die im Gesetz auch zuständigkeitsrechtlich mit § 87 SGB VIII eine eigenständige Regelung geschaffen wurde.
98Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 5 C 12.09 -, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2013 - 12 A 1019/13 -, juris; Kunkel/Kippert, in: LPK-SGB VIII, a.a.O., § 86 Rn. 11.
99Trotz gleichgebliebenen Bedarfs hat der Wechsel von der Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht zur Inobhutnahme damit zu einer zuständigkeitsrechtlich beachtlichen Zäsur geführt.
100Die nur zweimonatige Inobhutnahme ist als kurzfristiges „Intermezzo“ nicht geeignet, die Einheitlichkeit der Leistungsgewährung mit der sich ab dem 16. November 2009 anschließenden Hilfe zur Erziehung nach §§ 2 Abs. 2 Nr. 4, 27, 34 SGB VIII - diesmal in Form der Unterbringung in einer Wohngruppe der F3. Jugendhilfe N3. in F4. - in Frage zu stellen, die der Deckung des zumindest qualitativ einheitlich gebliebenen jugendhilferechtlichen Bedarfs diente.
101So auch Lange, in: JurisPK-SGB VIII, a.a.O., § 86 Rn. 62.
102Aus der weiten Auslegung des zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffs zugunsten der Sicherstellung der Hilfekontinuität folgt, dass trotz einer zwischenzeitlich erfolgten Inobhutnahme eine einheitliche Leistung vorliegt, soweit die Dauer der Inobhutnahme hier einen Zeitraum von 3 Monaten nicht überschreitet.
103Vgl. zu dieser Zeitgrenze auch: DIJuF-Rechtsgutachten vom 1. September 2013 - J8.110/J8.130AS -, JAmt 2009, 453 (454), m.w.N.
104Unter solchen Umständen stellt sich die Leistung von Hilfe zur Erziehung weiterhin als einheitliche Maßnahme im Sinne einer Gesamtbetrachtung dar.
105Vgl. VG Ansbach, Urteil vom 14. Juni 2012 - AN 14 K 10.01808 -, EuG 2013, 203, juris.
106Dabei kann hier offenbleiben, ob den Regeln in vergleichbaren Vorschriften (vgl. z.B. § 86a Abs. 4, § 86 Abs. 7, § 86b Abs. 3 SGB VIII) der allgemein gültige Rechtsgedanke entnommen werden kann, dass Unterbrechungen von bis zu 3 Monaten grundsätzlich und ohne weiteres außer Betracht bleiben sollen,
107so wohl im Ergebnis: OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. März 2012 - 4 LC 143/09 - , EuG 2012, 381, juris; VG Ansbach, Urteil vom 14. Juni 2012, a. a. O.,
108oder ob diese auf bestimmte Leistungen und Hilfeempfänger zugeschnittenen Vorschriften zur Relevanz von Unterbrechungen mangels ausdrücklicher Verankerung auch in § 86 Abs. 4 SGB VIII für den „Beginn der Leistung“ im vorliegenden Fall unmittelbar nichts hergeben.
109So schon: OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2013 - 12 A 2913/12 -.
110Die angeführten Vorschriften lassen nämlich zumindest erkennen, dass Hilfeleistungen nur dann als unterbrochen angesehen werden sollen, wenn sie während einer gewissen Zeit davor nicht erbracht wurden.
111Vgl. auch Sächs. OVG, Urteil vom 18. Januar 2010 - 1 A 753/08 -, juris, mit Hinweis auf VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. September 1997 - 9 S 174/96 -, FEVS 48, 131, juris.
112Auch wenn man das Vorliegen einer zuständigkeitsrelevanten Unterbrechung im Rahmen einer Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles maßgeblich danach bemisst, ob nach der Einstellung der Leistungen mit einer alsbaldigen Wiederaufnahme von Leistungen auf den gleichartigen Bedarf zu rechnen oder ein zukünftiger Hilfebedarf zumindest noch unklar war,
113so OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2013, a.a.O.; Urteil vom 21. März 2014 - 12 A 1211/12 -, juris, jeweils m.w.N.,
114stellt sich bei natürlicher Betrachtung die nur zweimonatige Inobhutnahme hier nicht als relevante Unterbrechung dar. Die bloße Einstellung der Hilfe führt - ungeachtet ihrer späteren Aufhebung durch Bescheid vom 22. Juni 2011 - für sich genommen nicht zur gegenteiligen Annahme, da sie nicht auf tragfähige Ge-sichtspunkte im Hinblick darauf gestützt worden ist, dass eine zukünftige Hilfegewährung nicht absehbar sei, d. h. nicht auf mangelnde Wiederaufnahmeperspektiven.
115So auch Sächs. OVG, Urteil vom 18. Januar 2010, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. September 1997, a.a.O.; VG Augsburg, Beschluss vom 13. April 2012 - Au 3 E 12.430 -, juris.
116Der Interpretation der höchstrichterlichen Rechtsprechung dahingehend, dass bei förmlicher Einstellung einer Jugendhilfeleistung immer auch eine Beendigung der Leistung vorliegt, sofern nicht im Zeitpunkt der Einstellung der Jugendhilfeleistung eine Anschlussleistung bereits bewilligt oder doch konkret geplant ist oder eine Zuständigkeitsvorschrift des SGB VIII ausnahmsweise Anderes anordnet,
117so OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. Februar 2014 - 7 A 11043/13 -, juris,
118folgt der Senat nicht.
119Vgl. im Einzelnen: OVG NRW, Urteil vom 21. März 2014 - 12 A 1211/12 -, a. a. O.
120Eine zwischenzeitliche (förmliche) Einstelllung der bisherigen Jugendhilfe muss nicht zwangsläufig den Fortsetzungszusammenhang unterbrechen. Insoweit ist vielmehr der Grund der Einstellung mit zu berücksichtigen. Eine Zäsur ergibt sich aus einer solchen Einstellung zwar dann ohne Weiteres, wenn diese auf einen Wegfall des der bisherigen Hilfe zugrunde liegenden Bedarfs beruht, nicht aber zwingend, wenn die Einstellung aus anderen Gründen erfolgt ist, etwa wegen mangelnder Mitwirkung der Betroffenen oder Ungeeignetheit der Maßnahme, obwohl der jugendhilferechtliche Bedarf - namentlich bei Erziehungsdefiziten wie hier - qualitativ unverändert weiter besteht. Das wird allerdings auch schon zu gelten haben, wenn im Zeitpunkt der Einstellung zumindest grob geplant ist, dass in Bezug auf denselben jugendhilferechtlichen Bedarf in absehbarer Zeit eine neue Jugendhilfemaßnahme installiert werden soll.
121So wohl auch: Lange, in: JurisPK-SGB VIII, a.a.O., § 86 Rn. 58, m.w.N.
122Gerade dies geht aber ausreichend aus dem Abschlussbericht zur Unterbringung im T2. X3. vom 20. Oktober 2009 für die Zeitspanne vom 13. März 2008 bis zum 17. September 2009 hervor und drängt sich vor dem Hintergrund der glaubhaften Angaben der Klägerin, M. -N. in der Jugendschutzstelle lediglich „geparkt“ zu haben, um von dort aus eine weitere Unterbringung in einer geeigneten Erziehungsstelle zu suchen, nach den konkreten Umständen des Einzelfalles, wie sie etwa aus dem Abschlussbericht vom 20. Oktober 2009 hervorgehen, auch als plausibel auf.
123Hat die fortsetzungsfähige Hilfeleistung zur Erziehung nach §§ 2 Abs. 2 Nr. 4, 27, 34 SGB VIII danach keine relevante Unterbrechung erfahren, stellt sich die Zuständigkeitsfrage mit Wiederaufnahme am 16. November 2009 auch nicht neu. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin einen neuen Antrag des Amtsvormunds eingeholt hat. Dass ein ausreichendes Einverständnis des Personensorgeberechtigten mit der Maßnahme vorliegt, berührt die zuständig-keitsrechtliche Einheitlichkeit der Maßnahme nämlich nicht.
124Zuständigkeitsrechtlicher Zeitpunkt des Beginns der Leistung ist mithin auch für die Hilfegewährung nach §§ 27, 34 SGB VIII im Zeitraum vom 16. November 2009 bis zum 31. Dezember 2009 in Form der Unterbringung M. -N. T. in der F. Wohngruppe der 11. März 2003, ab dem die Klägerin dem Adoptivvater H. T. ausweislich des Bescheides vom 23. Oktober 2003 erstmals Hilfe zur Erziehung gewährt hat. Für die Erstattung der ab dem 16. No-vember 2009 entstandenen Kosten gilt deshalb das zur Erstattung der Auf-wendungen des Zeitraums 1. August 2009 bis 17. September 2009 Ausgeführte entsprechend.
125Die Höhe des diesbezüglichen Erstattungsbetrages errechnet sich auf der Grund-lage der dem Beklagten von der Klägerin erteilten Rechnung vom 29. Januar 2010 dergestalt, dass für 45 Tage ein täglicher Pflegesatz von 131,93 Euro an-zusetzen ist. Abzüge wegen anteiligen Bettengeldes und den in der Rechnung aufgeführten Einnahmen aus der von M. -N. T. bezogenen Waisen-rente und im Hinblick auf Kindergeld sind nicht gerechtfertigt, weil das Verwal-tungsgericht die entsprechenden Beträge - ebenso wie das sachlich an sich dem zweiten Erstattungszeitraum zuzuordnende Weihnachtsgeld und das volle Taschengeld - bereits im Rahmen des Erstattungszeitraumes vom 1. August 2009 bis zum 17. September 2009 berücksichtigt hat.
126Der Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen ab Rechtshängigkeit beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 291, 188 BGB. Diese Vorschriften gelten vorbehaltlich spezieller Regelungen in den Fachgesetzen auch für öffentlich-rechtliche Geldschulden.
127Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2010
128- 9 B 66.08 -, DVBl. 2010, 575, juris.
129Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 188 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO.
130Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
131Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Namentlich fehlt es einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i. S. v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil die streitentscheidenden Rechtsfragen, die nicht bereits durch die höchstrichterliche oder obergerichtliche Rechtsprechung hinreichend geklärt sind, aus der Einzelfallproblematik erwachsen.
Steht die örtliche Zuständigkeit nicht fest oder wird der zuständige örtliche Träger nicht tätig, so ist der örtliche Träger vorläufig zum Tätigwerden verpflichtet, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche, der junge Volljährige oder bei Leistungen nach § 19 der Leistungsberechtigte vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.
(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.
(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn
- 1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat, - 2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und - 3.
die Deckung des Bedarfs - a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder - b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien.
(2) Leistungen der Jugendhilfe sind:
- 1.
Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14), - 2.
Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21), - 3.
Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§§ 22 bis 25), - 4.
Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40), - 5.
Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a bis 37, 39, 40), - 6.
Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (den §§ 41 und 41a).
(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind
- 1.
die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42), - 2.
die vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise (§ 42a), - 3.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis (§§ 43, 44), - 4.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung sowie die Erteilung nachträglicher Auflagen und die damit verbundenen Aufgaben (§§ 45 bis 47, 48a), - 5.
die Tätigkeitsuntersagung (§§ 48, 48a), - 6.
die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50), - 7.
die Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind (§ 51), - 8.
die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52), - 9.
die Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie von Pflegern und Vormündern (§§ 52a, 53a), - 10.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Anerkennung als Vormundschaftsverein (§ 54), - 11.
Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft des Jugendamts (§§ 55 bis 57), - 12.
Beurkundung (§ 59), - 13.
die Aufnahme von vollstreckbaren Urkunden (§ 60).
(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.
(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.
(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.
(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.
(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
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das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
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der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
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eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.
(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.
(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Rückerstattung eines Betrages von 33 313,11 €, den er an die Beklagte für die einem Kind gewährte Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege in der Zeit vom 23. Oktober 2003 bis zum 22. Mai 2008 gezahlt hat.
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Das Kind, dessen Mutter drogenabhängig war, wurde am 16. November 1995 in einem Krankenhaus in M. geboren. Wegen Entzugserscheinungen wurde es dort bis zum 19. Februar 1996 stationär behandelt. Am 20. Februar 1996 brachte es die Beklagte in einer in seinem Bereich lebenden Pflegefamilie unter. Hierfür leistete sie bis zum 16. September 2008 Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege.
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Die allein personensorgeberechtigte Mutter hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Beklagten. Vom 23. Oktober 2003 bis zum 29. August 2007 war sie unbekannten Aufenthalts mit Ausnahme des Zeitraums vom 13. August 2004 bis zum 28. Dezember 2004, wo sie sich wieder im Gebiet der Beklagten aufhielt. Ab dem 30. August 2007 war sie dort erneut gemeldet. Sie starb am 23. Mai 2008. Der Vater des Kindes, dessen Vaterschaft mit Urteil vom 22. Mai 1997 gerichtlich festgestellt wurde, wohnte während der gesamten Zeit in M.
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Mit Beschluss vom 19. Mai 2004 stellte das Amtsgericht das Ruhen der elterlichen Sorge gemäß § 1674 Bürgerliches Gesetzbuch fest. Die Vormundschaft wurde zuerst auf das Jugendamt der Beklagten und dann auf die Pflegemutter übertragen.
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Auf Verlangen der Beklagten erstattete ihr der Kläger die im Zeitraum vom 23. Oktober 2003 bis zum 22. Mai 2008 für die Unterbringung des Kindes aufgewendeten Kosten.
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Später zog er sein Anerkenntnis zurück und machte einen Rückerstattungsanspruch nach § 112 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - geltend. Zur Begründung führte er aus, die Beklagte habe weder einen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 89 SGB VIII noch nach § 89a SGB VIII. Die Beklagte trat dem Rückerstattungsbegehren entgegen. Der Durchgriff auf den Kläger als überörtlicher Träger nach § 89a Abs. 2 SGB VIII setze nicht notwendig voraus, dass ihr ein Kostenerstattungsanspruch nach § 89a Abs. 1 SGB VIII gegen einen anderen örtlichen Träger zustehe. Für den Durchgriff auf den überörtlichen Träger sei allein entscheidend, dass der die Erstattung begehrende örtliche Träger - so wie sie - Aufwendungen nach § 86 Abs. 6 SGB VIII erbracht habe. § 89a Abs. 2 SGB VIII diene dazu, dass Erstattungsansprüche, die ohne die Anwendung der Sonderregelung nach § 86 Abs. 6 SGB VIII bei einer Hilfegewährung aufgrund einer bestehenden bzw. fiktiv gegebenen Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII bestünden, erhalten blieben und unmittelbar gegen den insoweit erstattungspflichtigen Träger geltend gemacht werden könnten, nachdem die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII begründet worden sei. Dementsprechend müsse der Durchgriff entsprechend § 89a Abs. 2 SGB VIII auch in den Fällen möglich sein, in denen der Pflegestellenort mit dem zuvor nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII zuständigen örtlichen Träger identisch sei und als solcher vor dem Wechsel der für seine Zuständigkeit maßgeblichen Rechtsgrundlage gegen den überörtlichen Träger einen Erstattungsanspruch gehabt habe. Ferner sei der Durchgriff auf den überörtlichen Träger entsprechend § 89a Abs. 2 SGB VIII zulässig, wenn während der Leistungsgewährung des Pflegestellenortes bei Anwendung des § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII ein anderer örtlicher Träger fiktiv zuständig geworden wäre und seinerseits gegen den überörtlichen Träger einen Anspruch gehabt hätte.
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Das Verwaltungsgericht hat der auf Rückerstattung gerichteten Klage in der beantragten Höhe stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Der Kläger habe der Beklagten die Kosten zu Unrecht erstattet. Der Beklagten stehe kein Erstattungsanspruch analog § 89a Abs. 2 SGB VIII zu.
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Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Sie rügt eine Verletzung des § 89a Abs. 2 SGB VIII sowie des § 86 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 SGB VIII.
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Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit es eine Erstattungspflicht des Klägers gegenüber der Beklagten in analoger Anwendung des § 89a Abs. 2 Achtes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachungen vom 8. Dezember 1998 (BGBl I S. 3546) bzw. vom 14. Dezember 2006 (BGBl I S. 3134) - SGB VIII - verneint. Auf dieser Rechtsverletzung beruht die Entscheidung.
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Der Kläger hat gegen die Beklagte nach § 112 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl I S. 130) - SGB X - keinen Anspruch auf Rückzahlung des geltend gemachten Betrages. Nach dieser Vorschrift sind die gezahlten Beträge zurückzuerstatten, soweit eine Erstattung zu Unrecht erfolgt ist. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass der Kläger der Beklagten die von ihr in der Zeit vom 23. Oktober 2003 bis zum 22. Mai 2008 für die Vollzeitpflege des Kindes aufgewendeten Kosten in Höhe von 33 313,11 € erstattet hat. Diese Kostenerstattung ist indessen nicht zu Unrecht erfolgt. Der Kläger ist der Beklagten insoweit zwar nicht nach § 89 SGB VIII kostenerstattungspflichtig gewesen (1.). Ebenso wenig ist eine Erstattungspflicht des Klägers in unmittelbarer (2.) oder analoger (3.) Anwendung des § 89a Abs. 2 i.V.m. § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII anzunehmen. Der Kläger ist aber nach § 89a Abs. 2 analog i.V.m. § 89a Abs. 3 SGB VIII verpflichtet gewesen, der Beklagten die aufgewendeten Kosten zu erstatten (4.).
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1. Nach § 89 SGB VIII steht dem örtlichen Träger der Jugendhilfe gegen den überörtlichen Träger, zu dessen Bereich er gehört, ein Anspruch auf Erstattung der aufgewendeten Kosten zu, wenn für seine Zuständigkeit nach den §§ 86, 86a oder 86b SGB VIII der tatsächliche Aufenthalt maßgeblich ist. Diese Voraussetzungen sind im streitgegenständlichen Zeitraum nicht erfüllt gewesen.
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Die örtliche Zuständigkeit der Beklagten bestimmte sich vom 23. Oktober 2003 bis zum 22. Mai 2008 nicht nach dem tatsächlichen Aufenthalt, sondern gemäß § 86 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Pflegeperson. Das Oberverwaltungsgericht ist auf der Grundlage seiner gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die Beklagte vom 20. Februar 1998 bis zum 16. September 2008 nach § 86 Abs. 6 SGB VIII für die Gewährung der Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege gemäß §§ 27, 33 SGB VIII örtlich zuständig war. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
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2. Ebenso wenig ist der Kläger der Beklagten in unmittelbarer Anwendung des § 89a Abs. 2 i.V.m. § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zur Erstattung der aufgewendeten Kosten verpflichtet gewesen.
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§ 89a Abs. 2 SGB VIII räumt dem nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordenen örtlichen Träger der Jugendhilfe einen (Durchgriffs-)Anspruch gegen u.a. den überörtlichen Träger ein, wenn ein nach § 89a Abs. 1 SGB VIII kostenerstattungspflichtig werdender örtlicher Träger vorhanden ist und dieser Träger während der Gewährung einer Leistung selbst einen Kostenerstattungsanspruch gegen den überörtlichen Träger hat oder hätte. Hier fehlt es bereits an der ersten Voraussetzung. Der nach § 89a Abs. 1 SGB VIII kostenerstattungspflichtig werdende örtliche Träger muss - entgegen der Auffassung der Beklagten - ein anderer Leistungsträger (vgl. § 12 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung vom 4. November 1982
- SGB I -) sein als der nunmehr nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordene örtliche Träger (a). Hier hatte die Beklagte keinen Kostenerstattungsanspruch gegen einen anderen örtlichen Träger (b).
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a) Die Durchgriffserstattung nach § 89a Abs. 2 SGB VIII setzt ein Kostenerstattungsverhältnis im Sinne des § 89a Abs. 1 SGB VIII voraus. Dies ergibt sich bereits klar aus dem Wortlaut der Bestimmung. Nur ein örtlicher Träger, gegen den nach § 89a Abs. 1 SGB VIII ein Anspruch besteht, kann im Sinne des § 89a Abs. 2 SGB VIII nach Absatz 1 kostenerstattungspflichtig werden. Nach allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen, die auch im öffentlichen Recht Geltung beanspruchen, kann ein Anspruch nicht gegen sich selbst entstehen oder bestehen. Insoweit ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz in § 194 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - enthalten, der den Anspruch definiert als das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen. Ein Schuldverhältnis setzt also voraus, dass Gläubiger und Schuldner verschiedene Personen sind. Ist dies nicht der Fall, entsteht kein Anspruch. Treffen Gläubiger und Schuldner einer Forderung nach der Entstehung eines Anspruchs zusammen, führt dies in der Regel zum Erlöschen der Forderung (vgl. etwa Grüneberg, in: Palandt, BGB, 71. Aufl. 2012, Überbl. vor § 362 Rn. 4 m.w.N.).
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Auch die systematische Stellung des § 89a Abs. 2 SGB VIII weist deutlich in diese Richtung. Der Durchgriff nach § 89a Abs. 2 SGB VIII baut auf dem in Absatz 1 geregelten Erstattungsanspruch auf. Bezogen auf § 89a Abs. 1 SGB VIII ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass dieser Erstattungsanspruch einen Wechsel des örtlich zuständigen Trägers im Zeitpunkt der Aufnahme der Leistungsgewährung nach § 86 Abs. 6 SGB VIII erfordert (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 25.11 - BVerwGE 145, 257 Rn. 22 m.w.N.).
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Die mit § 89a Abs. 2 SGB VIII verfolgte Zielsetzung spricht ebenfalls dafür, dass die Vorschrift das Bestehen eines durch eine Trägerverschiedenheit gekennzeichneten Kostenerstattungsverhältnisses im Sinne von § 89a Abs. 1 SGB VIII voraussetzt. § 89a Abs. 2 SGB VIII soll bei Erstattungsketten unter Beteiligung eines nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordenen örtlichen Trägers Erstattungen in Folge verhindern. Solche stehen nur zu erwarten, wenn der nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordene örtliche Träger nach § 89a Abs. 1 SGB VIII einen Anspruch gegen einen anderen örtlichen Träger hat, der seinerseits einen Erstattungsanspruch gegen einen anderen örtlichen oder den überörtlichen Träger besitzt. Für diesen Fall wird dem nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordenen Träger unter Verkürzung der Erstattungskette ein unmittelbarer Anspruch gegen den dritten Jugendhilfeträger eingeräumt (vgl. Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 5 C 12.09 - BVerwGE 136, 185 = Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 10 jeweils Rn. 33). An einer solchen Erstattungskette fehlt es jedoch, wenn der nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordene örtliche Träger und der örtliche Träger, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre, identisch sind.
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b) In Anwendung der dargelegten rechtlichen Vorgaben hat das Oberverwaltungsgericht die Erstattungspflicht des Klägers nach § 89a Abs. 2 i.V.m. § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zu Recht verneint, weil die Beklagte bereits vor Eintritt der Voraussetzungen des § 86 Abs. 6 SGB VIII für die Gewährung der Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege örtlich zuständig gewesen ist.
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Beginn der Leistung im Sinne des § 86 SGB VIII war hier das tatsächliche Einsetzen der Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege am 20. Februar 1996. Die Beklagte war zu diesem Zeitpunkt nach § 86 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 SGB VIII örtlich zuständig. Denn die Vaterschaft war zu diesem Zeitpunkt weder anerkannt noch gerichtlich festgestellt, sodass es allein auf die Mutter ankam, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich der Beklagten hatte.
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Die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft am 22. Mai 1997 warf zwar die Zuständigkeitsfrage neu auf, führte aber nicht zu einem Trägerwechsel. Auf die zwischen den Beteiligten umstrittene und vom Oberverwaltungsgericht offengelassene Frage, ob der Anwendungsbereich des § 86 Abs. 5 SGB VIII eröffnet ist, wenn die Elternteile - wie hier - bereits vor Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte hatten, der Aufenthalt des Vaters aber durch die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft nach Leistungsbeginn erstmals zuständigkeitsrechtlich zu berücksichtigen ist, kommt es nicht an. Wäre die Anwendung des § 86 Abs. 5 SGB VIII zu bejahen, ergibt sich die örtliche Zuständigkeit der Beklagten aus dessen Satz 1. Denn hier war allein die Mutter personensorgeberechtigt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft und darüber hinaus im Bereich der Beklagten hatte. Wäre § 86 Abs. 5 SGB VIII nicht anwendbar, ist die örtliche Zuständigkeit der Beklagten nach § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII begründet, wonach ebenfalls der gewöhnliche Aufenthalt des personensorgeberechtigten Elternteils maßgeblich ist.
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3. Die Erstattungspflicht des Klägers gegenüber der Beklagten folgt auch nicht aus § 89a Abs. 2 i.V.m. § 89a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII analog.
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Eine analoge Anwendung des § 89a Abs. 1 SGB VIII auf Fälle, in denen der Träger, der nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig wird, mit dem Träger, der zuvor nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII zuständig war, identisch ist, scheidet aus. Die Analogie setzt eine Gesetzeslücke, also eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes voraus, die plangemäß durch die herangezogene Norm geschlossen werden kann (vgl. Urteile vom 12. September 2013 - BVerwG 5 C 35.12 - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen Rn. 27 m.w.N. und vom 15. November 2012 - BVerwG 3 C 12.12 - LKV 2013, 78 Rn. 19). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
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Es fehlt bereits an der Planwidrigkeit der Regelungslücke. Die von § 89a Abs. 2 SGB VIII in Bezug genommene Regelung des § 89a Abs. 1 SGB VIII dient nicht dem Ausgleich zwischen Pflegestellenorten und überörtlichen Trägern, sondern dem Ausgleich zwischen örtlichen Trägern. Die Vorschrift bezweckt den Schutz der Pflegestellenorte, die Kinder oder Jugendliche aus dem Zuständigkeitsbereich anderer Jugendhilfeträger aufnehmen. Es ging dem Gesetzgeber insbesondere darum, dass die Bereitschaft von Landkreisen im Umfeld großer Städte, Pflegefamilien zu finden und zu vermitteln, nicht wegen drohender Kostennachteile verloren geht (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 25.11 - BVerwGE 145, 257 Rn. 21 unter Bezugnahme auf BTDrucks 12/2866 S. 24). Demzufolge erkennt § 89a Abs. 1 SGB VIII nur denjenigen als Pflegestellenorte nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig werdenden Trägern, die nicht ohnehin nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII örtlich zuständig wären, einen Erstattungsanspruch gegen einen anderen örtlichen Träger zu. § 89a Abs. 2 SGB VIII dient in Ergänzung dieser Regelung dazu, aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung Erstattungsketten abzukürzen. Beide Vorschriften bezwecken mithin nicht den Schutz der Pflegestellenorte, die - wie hier - Kinder oder Jugendliche aus dem eigenen Zuständigkeitsbereich betreuen.
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Entgegen der Ansicht der Beklagten geht der Zweck des § 89a SGB VIII nicht dahin, die Pflegestellenorte in allen Fällen von den Kosten freizustellen. Anderes könnte nur angenommen werden, wenn der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung getroffen hätte, wonach sich der Pflegestellenort, sofern kein (anderer) örtlicher Träger kostenerstattungspflichtig ist, immer an den überörtlichen Träger halten kann. Eine solche Regelung hat der Gesetzgeber jedoch in § 89a SGB VIII gerade nicht vorgesehen, während er in § 89b Abs. 2, § 89c Abs. 3 und § 89e Abs. 2 SGB VIII ausdrücklich normiert hat, dass in den dortigen Fällen die Kosten vom überörtlichen Träger zu erstatten sind, wenn ein kostenerstattungspflichtiger örtlicher Träger nicht vorhanden ist. Daraus ist zu schließen, dass der Gesetzgeber die Problematik der (hilfsweisen) Inanspruchnahme des überörtlichen Trägers auch im Bereich der Pflegestellenorte gesehen, dort aber eine andere, diese nicht umfassend absichernde (bzw. von Kosten freistellende) Regelung getroffen hat.
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Dies mag zwar vor dem Hintergrund der Befürchtung der Beklagten, dass es in bestimmten Konstellationen für einen örtlichen Träger finanziell günstiger sein könnte, den Sorgeberechtigten eines Kindes oder Jugendlichen im eigenen Zuständigkeitsbereich Hilfe zur Erziehung in Form der Heimerziehung anstatt der Vollzeitpflege zu gewähren, zu bemängeln sein. Diese rechtspolitische Erwägung rechtfertigt jedoch angesichts der geltenden Rechtslage keine andere Beurteilung. Entsprechende Änderungen vorzunehmen, obliegt nicht der Rechtsprechung, sondern ist dem Gesetzgeber vorbehalten.
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4. Der Kläger war der Beklagten allerdings in analoger Anwendung des § 89a Abs. 2 i.V.m. § 89a Abs. 3 SGB VIII erstattungspflichtig.
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Der Anwendungsbereich des § 89a Abs. 2 SGB VIII ist im Wege der Analogie auf die Fälle zu erstrecken, in denen dem nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig gewordenen örtlichen Träger gegen einen anderen örtlichen Träger ein Kostenerstattungsanspruch nach § 89a Abs. 3 SGB VIII zusteht (a). Die Beklagte hat für die streitgegenständliche Zeit nach § 89a Abs. 3 SGB VIII gegen die Stadt M. einen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die sie aufgrund ihrer Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII für die Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege aufgewendet hat (b). Die Stadt M. hätte während der Gewährung der Leistung selbst einen Kostenerstattungsanspruch nach § 89 SGB VIII gegen den Kläger gehabt (c).
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a) Die für eine analoge Anwendung des § 89a Abs. 2 SGB VIII erforderliche Gesetzeslücke liegt vor (aa). Die Fälle des Kostenerstattungsanspruchs nach § 89a Abs. 3 SGB VIII sind auch mit dem von § 89a Abs. 2 SGB VIII erfassten Fall des § 89a Abs. 1 SGB VIII sachlich vergleichbar (bb).
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(aa) Die Regelung des § 89a Abs. 2 SGB VIII erweist sich insoweit als lückenhaft, als sie nicht auf die Vorschrift des § 89a Abs. 3 SGB VIII Bezug nimmt. Mit der Bestimmung des § 89a SGB VIII verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, die Pflegestellenorte von den Kosten zu entlasten, die durch die Aufnahme von Kindern oder Jugendlichen aus dem Zuständigkeitsbereich eines anderen örtlichen Trägers verursacht werden, und hierdurch die finanziellen Rahmenbedingungen für die Sicherstellung eines ausreichenden Angebotes an Pflegestellen zu schaffen sowie im Falle einer möglichen Erstattungskette einen Durchgriff zu ermöglichen. Diesem Ziel liefe es zuwider, örtliche Träger, die zunächst nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII leistungspflichtig waren und infolge der Vermittlung eines Kindes oder Jugendlichen in eine Pflegestelle innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereiches nach § 86 Abs. 6 SGB VIII leistungspflichtig blieben, bei einem bestehenden Kostenerstattungsanspruch nach § 89a Abs. 3 SGB VIII von dem Anwendungsbereich des § 89a Abs. 2 SGB VIII auszunehmen und ihnen damit die Finanzierungslast für einen Zeitraum aufzubürden, in dem sie - ohne Anwendung des § 86 Abs. 6 SGB VIII - wegen der Änderung des nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII maßgeblichen gewöhnlichen Aufenthalts nicht mehr zur Leistung verpflichtet wären (vgl. zu § 89a Abs. 3 SGB VIII bereits Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 25.11 - BVerwGE 145, 257 Rn. 21).
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(bb) In Anbetracht des angestrebten weitreichenden Schutzes der Pflegestellenorte (für die Fälle der Trägerverschiedenheit) entspricht es dem Plan des Gesetzgebers, die von ihm in § 89a Abs. 2 SGB VIII angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt zu erstrecken. Vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Wertung, die Pflegestellenorte vor einer unangemessenen Kostenbelastung zu schützen, besteht kein sachlicher Unterschied, ob im Zeitpunkt der Begründung der Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII ein Kostenerstattungsanspruch nach § 89a Abs. 1 SGB VIII entsteht, oder ob ein Erstattungsanspruch nach § 89a Abs. 3 SGB VIII während der Leistungsgewährung nach § 86 Abs. 6 SGB VIII begründet wird. In beiden Fällen rechtfertigt der Grundgedanke, dass der nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständige Träger nach der Vorstellung des Gesetzgebers von den Kosten zu befreien ist, die er - ohne Anwendung des § 86 Abs. 6 SGB VIII - in Anknüpfung an den nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII maßgeblichen gewöhnlichen Aufenthalt nicht zu tragen hätte, den Erstattungsdurchgriff nach § 89a Abs. 2 SGB VIII.
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b) Nach § 89a Abs. 3 SGB VIII wird, wenn sich während der Gewährung der Leistung nach Absatz 1 der für die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt ändert, der örtliche Träger kostenerstattungspflichtig, der ohne Anwendung des § 86 Abs. 6 SGB VIII örtlich zuständig geworden wäre. Die Vorschrift setzt daher - vergleichbar mit § 89a Abs. 1 SGB VIII - ebenfalls voraus, dass es sich bei dem nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständigen Pflegestellenort und einem später fiktiv nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII zuständig werdenden Träger um verschiedene Träger handelt. Das ist hier der Fall. Die Stadt M. wurde am 23. Oktober 2003 der nach § 86 Abs. 6 SGB VIII weiterhin leistungsverpflichteten Beklagten kostenerstattungspflichtig (aa). Die Kostenerstattungspflicht der Stadt M. ist bis zum 22. Mai 2008 nicht entfallen (bb).
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(aa) Maßgeblich für die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII war bis zum Eintritt der Voraussetzungen des § 86 Abs. 6 SGB VIII - unabhängig von der hier nicht zu entscheidenden Frage, ob die Zuständigkeit der Beklagten mit der gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft am 22. Mai 1997 ihre Rechtsgrundlage in § 86 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII oder § 86 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII fand - der gewöhnliche Aufenthalt der allein personensorgeberechtigten Mutter. Als diese am 23. Oktober 2003 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich der Beklagten aufgab, ohne nachweislich andernorts einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen, wäre ohne Anwendung des § 86 Abs. 6 SGB VIII die Stadt M. örtlich zuständig geworden. Es kann dahinstehen, ob die (fiktive) Zuständigkeit der Stadt M. zu diesem Zeitpunkt nach § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII oder nach § 86 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 2 SGB VIII zu bestimmen gewesen wäre. Tatbestandlich greift die Zuständigkeitsregelung des § 86 Abs. 4 SGB VIII ein, wenn die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder hat, oder ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar ist, oder sie verstorben sind. In diesen Fällen richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder Jugendlichen vor Beginn der Leistung (Satz 1). Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält (Satz 2).
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Das Oberverwaltungsgericht hat unter Verletzung von Bundesrecht angenommen, dass nach § 86 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 SGB VIII die örtliche Zuständigkeit nach dem (gewöhnlichen oder tatsächlichen) Aufenthalt zu bestimmen ist, den das Kind oder der Jugendliche bei Eintritt eines der in Absatz 4 erfassten Sachverhalte hat. Denn auch bei der in § 86 Abs. 5 Satz 3 SGB VIII angeordneten entsprechenden Geltung des § 86 Abs. 4 SGB VIII ist - wie die Beklagte zu Recht geltend macht - auf die Aufenthaltsverhältnisse des Kindes oder Jugendlichen vor Beginn der Leistung abzustellen ((1)). Das Kind hatte vor Beginn der Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege nur einen tatsächlichen Aufenthalt im Krankenhaus in M. ((2)).
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(1) Für eine unveränderte Übertragung der in § 86 Abs. 4 SGB VIII angeordneten Rechtsfolge im Anwendungsbereich des § 86 Abs. 5 Satz 3 SGB VIII spricht in gewichtiger Weise bereits der Gesetzeswortlaut. Entsprechende Geltung bedeutet, dass die örtliche Zuständigkeit nach dem Maßstab der herangezogenen Norm zu bestimmen ist. Nach § 86 Abs. 4 SGB VIII ist dies der Ort des gewöhnlichen oder tatsächlichen Aufenthalts des Kindes oder Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
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Die klare Tendenz der Wortlautauslegung wird durch gesetzessystematische und teleologische Erwägungen gestützt. § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII knüpft die örtliche Zuständigkeit, ausgehend davon, dass ein Kind oder Jugendlicher aus rechtlicher und pädagogischer Sicht im Zusammenhang mit den Personen zu sehen ist, die für es oder ihn die Erziehungsverantwortung innehaben, grundsätzlich an den gewöhnlichen Aufenthalt(sort) der Eltern bzw. des maßgeblichen Elternteils (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII, Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG). § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII lässt darüber hinaus die örtliche Zuständigkeit dem Grundsatz der dynamischen Verweisung entsprechend im Regelfall mit den Eltern bzw. dem maßgeblichen Elternteil "mitwandern", wenn diese bzw. dieser ihren bzw. seinen gewöhnlichen Aufenthalt wechseln bzw. wechselt. Denn die Eltern bzw. der maßgebliche Elternteil vermitteln bzw. vermittelt im Regelfall auch die Nähe zur Lebenswelt des Kindes oder Jugendlichen. Die Vorschrift des § 86 Abs. 6 SGB VIII unterstreicht dieses Regelungskonzept, indem sie anerkennt, dass sich bei einer fortdauernden Vollzeitpflege ab einem bestimmten Zeitpunkt die psychosoziale Realität ändert und nicht mehr die Eltern oder der maßgebliche Elternteil die Nähe zur Lebenswelt des Kindes oder Jugendlichen vermitteln, sondern die Pflegeperson, und infolgedessen die örtliche Zuständigkeit an den gewöhnlichen Aufenthalt der Pflegeperson und dessen Veränderungen knüpft (vgl. Urteil vom 1. September 2011 - BVerwG 5 C 20.10 - BVerwGE 140, 305 = Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 14 jeweils Rn. 14 m.w.N.). Ist eine Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern bzw. des maßgeblichen Elternteils oder einer etwaigen Pflegeperson nicht möglich, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Aufenthalt des Kindes oder Jugendlichen vor Leistungsbeginn (vgl. § 86 Abs. 2 Satz 4, § 86 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 4 SGB VIII). Dementsprechend ist auch für den Fall, dass die Eltern oder der nach § 86 Abs. 1 bis 3 SGB VIII maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder hat oder ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar ist oder sie verstorben sind, für die örtliche Zuständigkeit der gewöhnliche oder tatsächliche Aufenthalt des Kindes oder Jugendlichen vor Beginn der Leistung maßgeblich (§ 86 Abs. 4 SGB VIII). Nach der gesetzgeberischen Konzeption des § 86 SGB VIII kommt somit dem (gewöhnlichen oder tatsächlichen) Aufenthalt des Kindes oder Jugendlichen nach Beginn der Leistung für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit keine Bedeutung zu.
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Dem widerspricht die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, bei § 86 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 SGB VIII auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes im Zeitpunkt der Veränderung (hier der Nichtfeststellung des gewöhnlichen Aufenthalts der Mutter im Inland) abzustellen. Sie führt der Sache nach dazu, dass § 86 Abs. 4 SGB VIII entgegen dem ausdrücklichen Gesetzesbefehl in § 86 Abs. 5 Satz 3 SGB VIII nicht entsprechend angewandt wird. Denn sie misst dem nach Leistungsbeginn durch die Hilfeleistung des Jugendhilfeträgers bedingten Ortswechsel des Kindes oder Jugendlichen im Anwendungsbereich des § 86 Abs. 5 Satz 3 SGB VIII eine zuständigkeitsbestimmende Wirkung bei. Gewichtige Gründe, die dies rechtfertigten, bestehen nicht. Vielmehr ist die gesetzgeberische Entscheidung, auf den Aufenthalt vor Beginn der Leistung abzustellen, auch wenn sie nicht allen Anliegen gerecht zu werden vermag, als solche zu respektieren.
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(2) Das Kind hat vor Beginn der Leistung lediglich einen tatsächlichen Aufenthalt in M. gehabt.
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Nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Ob und wo danach eine Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist für jede Person einzeln zu bestimmen. Dies gilt auch für Kinder und Jugendliche, die einen von ihren Eltern oder einem Elternteil abweichenden gewöhnlichen Aufenthalt haben können. Zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts ist ein dauerhafter oder längerer Aufenthalt nicht erforderlich. Es genügt, dass der Betreffende sich an dem Ort oder in dem Gebiet bis auf Weiteres im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat. Die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts setzt nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I zudem voraus, dass der Betreffende an dem Ort, an dem er einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen will, zumindest kurzfristig auch tatsächlich Aufenthalt genommen hat. Der tatsächliche Aufenthalt ist zwar nicht hinreichende, aber notwendige Bedingung für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts. Dies gilt auch für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts bei minderjährigen Kindern, der rechtlich selbstständig und gegebenenfalls unabhängig von dem der Eltern zu bestimmen ist. Der physische Aufenthalt am Ort des (zu begründenden) gewöhnlichen Aufenthalts kann nicht durch den bloßen Willen der Eltern bzw. des personensorgeberechtigten Elternteils, an diesem Ort einen gewöhnlichen Aufenthalt für das Kind zu begründen, oder entsprechende objektive Vorbereitungshandlungen (etwa Anmietung und Einrichtung einer Wohnung; melderechtliche Anmeldung) ersetzt werden. Durch die Eltern bzw. den maßgeblichen Elternteil kann allenfalls der Wille ersetzt werden, an einem bestimmten Ort einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen, den selbstständig zu bilden zumindest ein Kleinkind auch tatsächlich nicht in der Lage ist. Die tatsächliche Aufenthaltsnahme ist daher unabhängig von allen weiteren Indizien und dem Willen, an einem bestimmten Ort einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen, der frühest denkbare Zeitpunkt der Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts (vgl. Urteile vom 26. September 2002 - BVerwG 5 C 46.01 - Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 1 S. 2 f. und vom 7. Juli 2005 - BVerwG 5 C 9.04 - Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 3 Rn. 16).
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Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat sich das Kind hier in Anwendung dieser Rechtsgrundsätze vor Beginn der Leistung in M. tatsächlich aufgehalten. Ein gewöhnlicher Aufenthalt im Haushalt ihrer allein personensorgeberechtigten Mutter im Bereich der Beklagten scheitert daran, dass das Kind dort zu keinem Zeitpunkt gewesen ist. Der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Krankenhaus in M. steht entgegen, dass ihre stationäre Behandlung nur vorübergehend bis zum Abklingen ihrer Entzugserscheinungen angelegt war.
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bb) Die gerichtliche Feststellung vom 19. Mai 2004, dass die elterliche Sorge nach § 1674 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - ruht, hat die Kostenerstattungspflicht der Stadt M. gemäß § 89a Abs. 3 SGB VIII nicht entfallen lassen. Denn damit wäre kein Wechsel der (fiktiven) örtlichen Zuständigkeit verbunden gewesen. Unabhängig davon, ob zu diesem Zeitpunkt für die Bestimmung der (fiktiven) örtlichen Zuständigkeit auf § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII, § 86 Abs. 3 i.V.m. § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII oder auf § 86 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 86 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. § 86 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII abzustellen ist, wäre die Stadt M. örtlich zuständig geblieben. Denn alle Rechtsgrundlagen schreiben im Ergebnis die örtliche Zuständigkeit am Ort des tatsächlichen Aufenthalts des Kindes vor Beginn der Leistung fest.
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c) Der Kläger wäre der Stadt M. während der Gewährung der Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege aufgrund der Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII nach § 89 SGB VIII kostenerstattungspflichtig gewesen. Denn für die (fiktive) Zuständigkeit der Stadt M. im streitgegenständlichen Zeitraum wäre nach allen insoweit in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen stets der tatsächliche Aufenthalt maßgeblich gewesen.
(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.
(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.
(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
Zuständig für die Erteilung der Zustimmung zu einer Unterbringung eines Kindes nach Artikel 82 der Verordnung (EU) 2019/1111 oder nach Artikel 33 des Haager Kinderschutzübereinkommens im Inland ist der überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe, in dessen Bereich das Kind nach dem Vorschlag der ersuchenden Stelle untergebracht werden soll, andernfalls der überörtliche Träger, zu dessen Bereich die Zentrale Behörde den engsten Bezug festgestellt hat. Hilfsweise ist das Land Berlin zuständig.
(1) Dem Ersuchen soll in der Regel zugestimmt werden, wenn
- 1.
die Durchführung der beabsichtigten Unterbringung im Inland dem Wohl des Kindes entspricht, insbesondere weil es eine besondere Bindung zum Inland hat, - 2.
die ausländische Stelle einen Bericht und, soweit erforderlich, ärztliche Zeugnisse oder Gutachten vorgelegt hat, aus denen sich die Gründe der beabsichtigten Unterbringung ergeben, - 3.
das Kind im ausländischen Verfahren angehört wurde, sofern eine Anhörung nicht auf Grund des Alters oder des Reifegrades des Kindes unangebracht erschien, - 4.
die Zustimmung der geeigneten Einrichtung oder Pflegefamilie vorliegt und der Vermittlung des Kindes dorthin keine Gründe entgegenstehen, - 5.
eine erforderliche ausländerrechtliche Genehmigung erteilt oder zugesagt wurde, - 6.
die Übernahme der Kosten geregelt ist.
(2) Im Falle einer Unterbringung, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist das Ersuchen ungeachtet der Voraussetzungen des Absatzes 1 abzulehnen, wenn
- 1.
im ersuchenden Staat über die Unterbringung kein Gericht entscheidet oder - 2.
bei Zugrundelegung des mitgeteilten Sachverhalts nach innerstaatlichem Recht eine Unterbringung, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, nicht zulässig wäre.
(3) Die ausländische Stelle kann um ergänzende Informationen ersucht werden.
(4) Wird um die Unterbringung eines ausländischen Kindes ersucht, ist die Stellungnahme der Ausländerbehörde einzuholen.
(5) Die zu begründende Entscheidung ist auch der Zentralen Behörde und der Einrichtung oder der Pflegefamilie, in der das Kind untergebracht werden soll, mitzuteilen. Sie ist unanfechtbar.
Zuständig für die Erteilung der Zustimmung zu einer Unterbringung eines Kindes nach Artikel 82 der Verordnung (EU) 2019/1111 oder nach Artikel 33 des Haager Kinderschutzübereinkommens im Inland ist der überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe, in dessen Bereich das Kind nach dem Vorschlag der ersuchenden Stelle untergebracht werden soll, andernfalls der überörtliche Träger, zu dessen Bereich die Zentrale Behörde den engsten Bezug festgestellt hat. Hilfsweise ist das Land Berlin zuständig.
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.
(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.
(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn
- 1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat, - 2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und - 3.
die Deckung des Bedarfs - a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder - b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.