Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 29. Okt. 2015 - 18 K 7793/14

ECLI:ECLI:DE:VGD:2015:1029.18K7793.14.00
bei uns veröffentlicht am29.10.2015

Tenor

Der Bescheid des Landrates des Kreises L.     als Kreispolizeibehörde vom 20. Oktober 2014 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt das beklagte Land.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


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Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 29. Okt. 2015 - 18 K 7793/14

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 29. Okt. 2015 - 18 K 7793/14

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 29. Okt. 2015 - 18 K 7793/14 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1006 Eigentumsvermutung für Besitzer


(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 929 Einigung und Übergabe


Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigun

Strafprozeßordnung - StPO | § 111b Beschlagnahme zur Sicherung der Einziehung oder Unbrauchbarmachung


(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung oder Unbrauchbarmachung eines Gegenstandes vorliegen, so kann er zur Sicherung der Vollstreckung beschlagnahmt werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll die B

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Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 29. Okt. 2015 - 18 K 7793/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 14. Nov. 2014 - V ZR 90/13

bei uns veröffentlicht am 14.11.2014

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg - 4. Zivilsenat - vom 25. Februar 2013 aufgehoben.

Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 07. Nov. 2014 - 18 K 3377/14

bei uns veröffentlicht am 07.11.2014

Tenor Der Bescheid des Polizeipräsidiums E.        vom 16. April 2014 betreffend die Sicherstellung von 17.100,- Euro wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte. Das Urt

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(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung oder Unbrauchbarmachung eines Gegenstandes vorliegen, so kann er zur Sicherung der Vollstreckung beschlagnahmt werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll die Beschlagnahme angeordnet werden. § 94 Absatz 3 bleibt unberührt.

(2) Die §§ 102 bis 110 gelten entsprechend.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

(1) Zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.

(2) Zugunsten eines früheren Besitzers wird vermutet, dass er während der Dauer seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen sei.

(3) Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermutung für den mittelbaren Besitzer.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg - 4. Zivilsenat - vom 25. Februar 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin und ihr Ehemann sind bosnische Staatsangehörige, die in Deutschland leben. Im Januar 2007 ließ die Staatsanwaltschaft in einem gegen den Ehemann gerichteten Ermittlungsverfahren wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln die Wohnung der Eheleute durchsuchen. Dabei wurden in der Küche - versteckt in einer Kunststoffdose - 42.300 € in bar gefunden. Die Dose samt Geldscheinen wurde sichergestellt und anschließend durch das Amtsgericht beschlagnahmt; das Geld wurde auf ein Konto der Landesjustizkasse eingezahlt. Der Ehemann wurde zu einer Freiheitsstrafe von dreizehn Jahren verurteilt. Zugleich wurde der Wertersatzverfall in Höhe von 30.500 € angeordnet (§ 73a StGB). Die Staatsanwaltschaft erklärte hinsichtlich des sichergestellten Betrags die Aufrechnung mit den auf dem Wertersatzverfall und den Verfahrenskosten des Strafverfahrens beruhenden Ansprüchen des beklagten Freistaats Bayern.

2

Mit der Behauptung, sie sei Eigentümerin des Geldes gewesen, erstritt die Klägerin im Wege der Teilklage einen Zahlungstitel über 5.000 € gegen den Beklagten. Die verbleibenden 37.300 € waren zunächst Gegenstand der vorliegenden Klage. Über einen Anspruch in Höhe von 16.150 € ist in erster Instanz ein Anerkenntnisurteil ergangen. Im Übrigen hat die Klage in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren auf Zahlung der restlichen 21.150 € gerichteten Antrag weiter.

Entscheidungsgründe

I.

3

Das Berufungsgericht sieht das behauptete Alleineigentum der Klägerin an den Geldscheinen nicht als bewiesen an. Es sei offen geblieben, ob das Geld von ihr oder ihrem Ehemann stamme. Andererseits werde nicht das Eigentum des Ehemannes gemäß § 1362 BGB zugunsten des Beklagten vermutet, weil das anzuwendende bosnische Recht eine solche Vermutung nicht kenne.

4

Im Zeitpunkt der Beschlagnahme habe jedenfalls Mitbesitz der Eheleute an den Geldscheinen bestanden. Deshalb werde deren Miteigentum vermutet (§§ 1006, 1008 BGB), und zwar gemäß § 742 BGB zu gleichen Anteilen. Infolgedessen habe der Klägerin ursprünglich ein Anspruch auf Übergabe von 21.150 € in bar zugestanden. Die Geldschuld sei das typische Beispiel einer teilbaren Leistung; auch aus Rechtsgründen handele es sich nicht um eine unteilbare Leistung, weil weder eine entsprechende Parteiabrede noch eine gemeinsame Empfangszuständigkeit bestehe. Da die sichergestellten Geldscheine nicht mehr konkret vorhanden seien, habe die Klägerin gemäß § 285 BGB nunmehr einen Zahlungsanspruch in Höhe von 21.150 € erworben, der durch das Urteil in dem Vorprozess und das Anerkenntnisurteil bereits zuerkannt worden sei. Den Anspruch ihres Ehemannes auf Zahlung von 21.150 € könne sie nicht geltend machen, weil dieser durch Aufrechnung erloschen sei.

II.

5

Die Revision ist begründet. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht an, die (verbleibende) Hälfte des sichergestellten Betrags - bzw. der Anspruch auf Ersatz des Wertes - stehe gemäß § 742 BGB im Zweifel dem Ehemann der Klägerin zu, während der Klägerin selbst der ihr gebührende Anteil bereits zuerkannt worden sei.

6

1. Bei seiner Begründung lässt das Berufungsgericht schon im Ausgangspunkt außer Acht, dass es sich um die Rückabwicklung einer strafprozessualen Beschlagnahme handelt.

7

a) Die durch das Amtsgericht gemäß § 98 Abs. 2 StPO angeordnete Beschlagnahme endete mit dem Abschluss des Strafverfahrens (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 98 Rn. 29 mwN). Das Geld muss zurückgegeben bzw. Wertersatz geleistet werden, weil es (nur) als mögliches Beweismittel (§ 94, § 98 Abs. 2 StPO) vorläufig sichergestellt und sodann beschlagnahmt wurde; der Verfall (§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB) wurde in dem Strafurteil nicht angeordnet, sondern nur der Wertersatzverfall (§ 73a StGB). Durch letzteren entsteht zwar ein staatlicher Zahlungsanspruch, der auf einer Schätzung der aus den Straftaten erlangten Vorteile beruht und wie eine Geldstrafe beigetrieben wird (vgl. Fischer, StGB, 61. Aufl., § 73a Rn. 8); mit dem beschlagnahmten Geld steht dies aber nicht in Zusammenhang. Eine Pfändung des Geldes aufgrund eines dinglichen Arrests gemäß § 111b Abs. 2, § 111d StPO ist nicht erfolgt.

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b) Die Rückgabe nach dem Ende einer förmlichen Beschlagnahme zu Beweiszwecken stellt eine dem deutschen Recht unterliegende öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Strafverfolgungsbehörden dar. Da sie dem Restitutionsgedanken folgt, muss der Gegenstand - sofern nicht § 111k StPO eingreift - regelmäßig an den letzten Gewahrsamsinhaber zurückgegeben werden; es ist der Zustand wiederherzustellen, der vor der Beschlagnahme bestand (Nr. 75 Abs. 2 RiStBV; BGH, Urteile vom 9. November 1978 - III ZR 116/77, BGHZ 72, 302, 304 f.; vom 13. Juli 2000 - IX ZR 131/99, NJW 2000, 3218; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 94 Rn. 22; Pfeiffer, StPO, 5. Aufl., § 98 Rn. 8; Ernst, JZ 2014, 28, 30, jeweils mwN). Im Grundsatz ist es nicht die Aufgabe des Strafverfahrens, die Eigentums- und Besitzverhältnisse an Sachen, die für die Zwecke des Verfahrens vorübergehend in amtlichen Gewahrsam gebracht worden sind, unter den Beteiligten zu regeln (Ernst, JZ 2014, 28, 31; Malitz, NStZ 2003, 61, 63).

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c) Danach wäre den Eheleuten der Mitgewahrsam - der im Zeitpunkt der Beschlagnahme bestand - wieder einzuräumen, wenn die in deren Wohnung beschlagnahmten Geldscheine noch vorhanden wären; für das Eigentum anderer Personen gibt es keine Anhaltspunkte. Weil allein die Gewahrsamsverhältnisse im Zeitpunkt der Beschlagnahme entscheidend sind, kommt es in diesem Zusammenhang weder auf die Eigentumsvermutung gemäß § 1006 BGB noch auf das eheliche Güterrecht und die von der Revision in diesem Zusammenhang aufgeworfenen internationalprivatrechtlichen Fragen an. Unanwendbar ist auch die in § 1362 Abs. 1 Satz 1 BGB enthaltene Vermutung. Danach wird bei Eheleuten zugunsten der Gläubiger vermutet, dass die im Besitz eines Ehegatten oder beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen dem Schuldner gehören, und zwar unter den Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 2 EGBGB auch bei ausländischem Ehewirkungsstatut. § 1362 BGB bezieht sich aber auf die Zwangsvollstreckung; die Norm dient dem Schutz der Gläubiger und soll im Zusammenwirken mit § 739 ZPO verhindern, dass diese bei der Vollstreckung in Beweisnot geraten (vgl. MünchKomm-BGB/Weber-Monecke, 6. Aufl., § 1362 Rn. 2). Die Bestimmung kann deshalb anwendbar sein, wenn ein im Ermittlungsverfahren angeordneter dinglicher Arrest durch Pfändung vollzogen wird (§ 111d Abs. 2 StPO, § 930 Abs. 1 und 2 ZPO). Eine strafprozessuale Beschlagnahme zu Beweiszwecken - bzw. deren Rückabwicklung - regelt die Norm jedoch nicht; insoweit bedarf es weder einer Eigentums- noch einer Gewahrsamsvermutung, wie sie § 739 ZPO enthält. Denn für die Rechtmäßigkeit einer Beschlagnahme ist es ohne Belang, ob die Sache im Eigentum oder Gewahrsam des Beschuldigten oder eines Dritten steht (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 94 Rn. 1; Pfeiffer, StPO, 5. Aufl., § 94 Rn. 1).

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d) Weil das beschlagnahmte Bargeld auf ein Konto eingezahlt worden ist, trat an die Stelle des ursprünglichen öffentlich-rechtlichen Herausgabeanspruchs ein entsprechender Zahlungsanspruch zugunsten der Eheleute als den letzten Gewahrsamsinhabern (§ 285 BGB analog).

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2. Die Aufrechnung mit den gegen den Ehemann gerichteten Ansprüchen des Beklagten aus dem Strafverfahren hat nicht zum Erlöschen des Zahlungsanspruchs geführt, weil die Eheleute Mitgläubiger gemäß § 432 BGB waren und es demzufolge an der gemäß § 387 BGB erforderlichen Gegenseitigkeit fehlt.

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a) Die Gegenseitigkeit wäre nur dann gegeben, wenn entweder eine Teilgläubigerschaft bestanden hätte, bei der der Schuldner gegenüber jedem Teilhaber den diesem zustehenden Anteil schuldet, oder aber eine Gesamtgläubigerschaft (§ 428 BGB), bei der der Schuldner nach seinem Belieben an einen der Gläubiger leisten kann. Dagegen fehlte sie, wenn eine Mitgläubigerschaft der Eheleute (§ 432 BGB) bestand. In diesem Fall kann eine wirksame Aufrechnung nur mit einer Forderung erfolgen, für deren Erfüllung sämtliche Mitgläubiger - hier also beide Ehegatten - dem Schuldner haften (vgl. Senat, Urteil vom 16. Juli 2010 - V ZR 215/09, NJW 2011, 451 Rn. 13). Eine Mitgläubigerschaft besteht auch dann, wenn die Forderung zwar auf eine im natürlichen Sinne teilbare Leistung gerichtet, aber rechtlich unteilbar ist. Voraussetzung hierfür ist die gemeinsame Empfangszuständigkeit der Gläubiger, die sich kraft Abrede oder kraft Gesetzes aus dem Innenverhältnis der Gläubiger ergeben kann (vgl. Senat, Urteil vom 23. Januar 1998 - V ZR 272/96, NJW 1998, 1482, 1483 unter 3.; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., vor § 420 Rn. 1, § 432 Rn. 3; Staudinger/Looschelders, BGB [2012], § 420 Rn. 16, § 432 Rn. 4).

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b) Daran gemessen sind beide Eheleute Mitgläubiger im Sinne von § 432 BGB. Bestünde - wie es das Berufungsgericht annimmt - zwischen den Ehegatten eine Bruchteilsgemeinschaft nach deutschem Recht, hätte dies ohne weiteres eine gemeinsame Empfangszuständigkeit zur Folge (vgl. nur Senat, Urteil vom 23. Januar 1998 - V ZR 272/96, NJW 1998, 1482, 1483 unter 3.; BGH, Urteil vom 19. Oktober 2000 - IX ZR 255/99, NJW 2001, 231, 233 unter III. [insoweit in BGHZ 145, 352 nicht abgedruckt], st. Rspr.; Staudinger/Looschelders, BGB [2012], § 432 Rn. 24 mwN). Dies kann jedoch dahinstehen. Eine gemeinsame Empfangszuständigkeit besteht schon aufgrund der erforderlichen Restitution. Weil der im Zeitpunkt der Beschlagnahme bestehende Zustand wiederherzustellen ist, kann der Schuldner nicht nach seinem Belieben an einen der Gläubiger leisten oder die Leistung aufteilen. Vielmehr setzt sich der (wiederherzustellende) Mitgewahrsam an den Geldscheinen bei dem Sekundäranspruch als gemeinsame Empfangszuständigkeit fort (vgl. für vertragliche Sekundäransprüche BGH, Urteil vom 5. März 2009 - III ZR 302/07, NJW-RR 2009, 687 Rn. 8 f. mwN; für die Erlösverteilung nach Zwangsversteigerung BGH, Urteil vom 20. Februar 2008 - XII ZR 58/04, BGHZ 175, 297 Rn. 23). Die Aufteilung im Innenverhältnis ist allein Sache der vormaligen Gewahrsamsinhaber.

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3. Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Selbst wenn ein Auseinandersetzungsanspruch des Ehemannes im Hinblick auf die Forderung bestehen sollte, fehlte es an der Gegenseitigkeit, solange dieser nicht durchgesetzt worden ist.

III.

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Das Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht selbst in der Sache entscheiden, weil die Klägerin bislang Zahlung an sich verlangt hat und das Berufungsgericht – von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig – auf eine Änderung des Klageantrags nicht hingewirkt hat. Die Klägerin muss daher Gelegenheit erhalten, ihren Klageantrag umzustellen. Zwar hat ihre Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf eine Erklärung des Ehemannes in dem Vorprozess verwiesen, wonach dieser keine Ansprüche an dem Geld erhebt. In diesem Fall könnte die Klägerin Zahlung an sich allein verlangen. Benennt der letzte Gewahrsamsinhaber einen Dritten als Empfangsberechtigten, ist an diesen herauszugeben (vgl. Nr. 75 Abs. 2 RiStBV; SK/Wohlers, StPO [2009], § 98 Rn. 57); folglich ist an den Mitgewahrsamsinhaber herauszugeben, den die früheren Gewahrsamsinhaber übereinstimmend benennen. Diesbezüglicher Tatsachenvortrag der Klägerin - der nach dem bisherigen Rechtsstandpunkt der Vorinstanzen nicht erheblich war - fehlt bislang jedoch. Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt grundsätzlich nur das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtliche Parteivorbringen (§ 559 Abs. 1 ZPO). Beide verhalten sich zu dem hier in Rede stehenden Punkt nicht. Wird eine Akte beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht, wird dadurch nicht ohne weiteres der gesamte Akteninhalt zum Bestandteil des Parteivorbringens (Senat, Urteil vom 4. April 2014- V ZR 110/13, NJW-RR 2014, 903 Rn. 14 f.).

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Darüber hinaus hat sich das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang nicht mit der Frage befasst, ob nach dem bosnischen Recht als dem Ehewirkungsstatut (Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB) eine Haftung der Klägerin für die Schulden ihres Ehemannes besteht; nach dem Gerichtsgutachten aus dem vorangegangenen Verfahren dürfte dies allerdings zu verneinen sein.

Stresemann                       Schmidt-Räntsch                        Brückner

                    Weinland                                    Kazele

Tenor

Der Bescheid des Polizeipräsidiums E.        vom 16. April 2014 betreffend die Sicherstellung von 17.100,- Euro wird aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.