Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 12. Juni 2015 - 13a K 5918/12.A
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.
1
Tatbestand:
2Die am 20. August 1996 geborene Klägerin ist serbische Staatsangehörige und gehört der Volksgruppe der Roma an. Sie hat erstmals im Jahr 2010 gemeinsam mit ihrer Familie erfolglos Asyl in der Bundesrepublik Deutschland beantragt (Gz. 5450503-170). Den damaligen Antrag begründeten sie damit, dass sie als Roma in Serbien diskriminiert würden. Sie hätten keine Rechte. Wenn sie Sozialhilfe beantragten, werde ihnen gesagt, dass sie darauf kein Recht hätten. Auch gebe es für sie als „Zigeuner“ keine Arbeit. Der Vater der Klägerin sei vor dem Haus der Familie von vier Serben zusammengeschlagen worden. Auch die Mutter der Klägerin sei bei dem Vorfall verletzt worden. Der Bruder der Klägerin habe seitdem ständig Angst. Die Polizei habe nichts weiter unternommen. Ihre Eltern trugen vor, dass die damals 14-jährige Klägerin sexuell belästigt worden sei. Sie sei in der Schule, auf dem Weg zur Toilette, häufiger von Jungs „begrapscht“ und beschimpft worden. Sie habe in der Schule in der letzten Reihe sitzen müssen, andere Schüler hätten ihr die Hefte weggenommen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) lehnte den Asylantrag der Klägerin und ihrer Familie mit Bescheid vom 15. Dezember 2010 als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorlägen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) lägen ebenfalls nicht vor. Das Klageverfahren gegen den ablehnenden Bescheid vom 15. Dezember 2010 - 1a K 5902/10.A - wurde am 6. Mai 2011 gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eingestellt, nachdem die Familie das Bundesgebiet im März 2011 freiwillig verlassen hatte.Einen weiteren, im August 2011 gestellten Asylantrag der Klägerin und ihrer Familie (5498163-170), den sie mit der Krankheit des Bruders der Klägerin begründeten, lehnte das Bundesamt mit (unanfechtbar gewordenem) Bescheid vom 18. Januar 2012 ab.Die Klägerin reiste gemeinsam mit ihrer Familie, den Klägern in dem Verfahren 13a K 3844/13.A, nach eigenen Angaben im September 2012 über Ungarn erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 6. September 2012 einen weiteren Asylantrag. Zur Begründung gab die Klägerin an, dass sie mit ihren Eltern gekommen sei, um in Deutschland die Schule zu beenden. Sie wolle eine Ausbildung machen. Diese Möglichkeit habe sie als Roma in Serbien nicht. In Deutschland seien die Lebensbedingungen besser als in Serbien. Ihre Eltern gaben in deren Asylverfahren (Gz. 5570621-170) an, dass der Bruder der Klägerin erkrankt sei. Sie legten vier Dokumente serbischer Behörden vor, aus denen sich ergebe, dass sie in ihrer Heimat nicht angemeldet werden könnten und dass ihnen keine Sozialleistungen gewährt würden.Das Bundesamt lehnte den Antrag der Klägerin auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und den Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 15. Dezember 2010 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG mit Bescheid vom 26. November 2012 ab.Die Klägerin hat am 14. Dezember 2012 Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt sie vor, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) vorlägen. Die Beklagte habe es versäumt, die von ihren Eltern in deren Asylverfahren (Gz. 5570621-170; 13a K 3488/13.A) vorgelegten Bescheinigungen im Hinblick auf das Vorliegen von kumulativen Verfolgungshandlungen nach § 3a Nr. 2 AsylVfG zu würdigen.Daneben sei jedenfalls mit Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2013 mit den neu eingefügten §§ 3a - 3e AsylVfG eine relevante Änderung der Rechtslage eingetreten. Es sei offen, ob sich durch § 3a Nr. 2 AsylVfG im Umsetzung der Art. 9 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1a der Richtlinie 2004/83/EG die Rechtslage mit Blick auf die Verfolgung aufgrund Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe zu ihren Gunsten geändert habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts reiche jedoch der Zweifel über die Auslegung der unionsrechtlichen Vorgaben aus, um ein Asylverfahren wieder aufzugreifen, um diese Frage zu prüfen.Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lägen vor. Sie erfahre aufgrund ihrer Ethnie Diskriminierung in allen möglichen Lebensbereichen - im Einzelnen beim Zugang zum Arbeitsmarkt, Zugang zu Bildung, Zugang zur Gesundheitsvorsorge, Zugang zu Sozialleistungen sowie beim Entwickeln einer Lebensperspektive. Dass Roma in Serbien aufgrund ihrer Ethnie diverse Diskriminierungen erführen, sei unstreitig. Die Beklagte habe diese in ihren Bescheiden vom 15. Dezember 2010 und vom 2. August 2013 (im Verfahren der Eltern) zum Teil dargelegt, jedoch ohne diesen Diskriminierungen die erforderliche Intensität zuzuerkennen. Die einzelnen Diskriminierungen ließen sich der von Pro Asyl herausgegebenen Schrift „Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland? Eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation (2013)“ entnehmen. Ähnliche Informationen seien im World Report 2013 von Human Rights Watch zu finden.Die Klägerin trägt hierzu im Einzelnen vor, wie sie und ihre Familie in den genannten Lebensbereichen - Arbeitsmarkt, Bildung, Gesundheitsvorsorge, Sozialleistungen - diskriminiert würden. Sie selbst sei in ihrem Heimatland in der Schule ständigen Beschimpfungen und Demütigungen der anderen Schüler ausgesetzt gewesen. Die Lehrer hätten dies nicht unterbunden. Sie habe deshalb keine guten Leistungen erzielt. Sie besuche nun in C. eine Schule, spreche sehr gut Deutsch und könne bei Verständigungsproblemen mit den Heimbewohnern als Dolmetscherin fungieren. In Serbien werde ihr jede Bildungschance genommen. Sie hätte dort zwar theoretisch das Recht, eine Schule zu besuchen, die alltägliche Praxis sehe jedoch anders aus. Sie sei rassistischen Äußerungen ausgesetzt gewesen.Die Roma würden in jüngster Zeit durch den serbischen Staat in ihrem elementaren Recht auf Freizügigkeit beschnitten und kriminalisiert, weil sie von dem Menschenrecht der freien Ausreise Gebrauch machten. Nach den §§ 350, 350a des Serbischen Strafgesetzbuches seien der unerlaubte Grenzübertritt und der Menschenschmuggel sowie die Ermöglichung des Asylmissbrauchs im Ausland strafbar; davon seien nicht lediglich Dritte (Fluchthelfer) betroffen, sondern ausdrücklich auch der Asylbewerber selbst. Ziel der Vorschriften sei es, Roma an der Ausreise aus Serbien und der Einreise in die Europäische Union zu hindern, um die 2009 erlangte Visumsfreiheit nicht zu verlieren. Diese Absicht werde in der Verwaltungspraxis belegt. In den Jahren 2012 und 2013 sei „einer großen Zahl von Roma“ die Ausreise „wegen der neuen Bestimmungen“ verweigert worden. Ferner seien „zumindest sieben Strafverfahren nach § 350a des serbischen Strafgesetzbuches gegen acht Personen betrieben worden“. Hinsichtlich der beschriebenen Diskriminierungen, die die Roma in allen Bereichen ihres Alltags in Serbien erlebten, liege in dem Verstoß gegen die Ausreisefreiheit eine Menschenrechtsverletzung. Das Verwaltungsgericht Stuttgart habe den Klägern in dem dortigen Verfahren A 11 K 5036/13 mit Urteil vom 25. März 2014 die Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG zuerkannt, nachdem es zur Lage der Roma in Serbien Frau Dr. L. X.- als sachverständige Zeugin gehört habe.Die Diskriminierungen und Einschränkungen, die die Klägerin in Serbien erfahren habe, seien so gravierend, dass sie dadurch in ähnlicher Weise wie der unter § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG beschriebenen Weise betroffen sei. Eine Verfolgungshandlung nach § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG liege vor. Die kumulierte Verfolgungshandlung beruhe auch auf Verfolgungsgründen nach § 3b Nr. 1 und 3 AsylVfG.Die Klägerin beantragt,
3die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. November 2012 zu verpflichten, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfGsowie - hilfsweise - subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen,sowie - weiter hilfsweise - festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
4Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
5die Klage abzuweisen.
6Sie bezieht sich zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid.
7Das Gericht hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zu ihren Asylgründen informatorisch angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf das Terminsprotokoll Bezug genommen.Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte Hefte 1 und 2) sowie auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge (Beiakte Hefte 1 und 2) in dem Klageverfahren 13a K 3844/13.A, das von den Eltern und dem Bruder der Klägerin betrieben wird, Bezug genommen.
8Entscheidungsgründe:
9Die Entscheidung ergeht nach § 76 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin, da dieser der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 26. März 2013 zur Entscheidung übertragen worden ist.
10Das Gericht kann trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil diese ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).Die zulässige Klage ist sowohl mit dem Haupt- als auch mit den Hilfsanträgen unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. November 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.
11Offen bleiben kann, ob die für die Verfahrensrelevanz eines Folgeantrags nach § 71 Abs. 1 AsylVfG erforderlichen Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens vorliegen. Denn jedenfalls hat die Klägerin zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte im Sinne von Art. 16a Grundgesetz (GG), noch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG, Gewährung von subsidiärem Schutz im Sinne von § 4 AsylVfG oder Feststellung eines (nationalen) Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG.Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte scheidet bereits gemäß Art. 16a Abs. 2 GG i.V.m. § 26a AsylVfG aus. Danach kann sich ein Ausländer, der aus einem sicheren Drittstaat in das Bundesgebiet eingereist ist, nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen. Sichere Drittstaaten sind gemäß § 26a Abs. 2 AsylVfG unter anderem die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, und damit auch Ungarn, über das die Klägerin nach eigenen Angaben mit ihrer Familie eingereist ist.Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG. Danach ist einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. a AsylVfG) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. b AsylVfG).Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG gelten Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG), ferner Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG). § 3a Abs. 2 AsylVfG nennt als mögliche Verfolgungshandlungen beispielhaft u.a. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden sowie unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung.Dabei muss gemäß § 3a Abs. 3 AsylVfG zwischen den Verfolgungsgründen im Sinne von § 3 Abs. 1 und § 3b AsylVfG und der Verfolgungshandlung bzw. den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen.Gemäß § 3c AsylVfG kann eine Verfolgung im vorstehenden Sinne ausgehen von (1.) dem Staat, (2.) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen, oder (3.) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.Gemäß § 3e Abs. 1 AsylVfG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er (1.) in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylVfG hat und (2.) sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (interner Schutz).Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen.
12Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, Rdnr. 19, juris; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2014 - 9 A 2561/10.A -, Rdnr. 37, juris.
13Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Falle der Klägerin nicht vor. Die Klägerin wurde vor ihrer Ausreise in Serbien nicht politisch verfolgt und hat auch künftig keine Verfolgungsmaßnahmen zu erwarten.Soweit die Eltern der Klägerin in der mündlichen Verhandlung - wie bereits in dem Asylverfahren im Jahr 2010 - vorgetragen haben, dass die Klägerin in Serbien sexuell belästigt worden sei, hat die Klägerin auf entsprechende Nachfrage in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass es einmal vorgekommen sei, dass man in der Schule versucht habe, sie ausziehen und dabei ihre Kleider zerrissen worden seien. Dieser einmalige Vorfall überschreitet die Schwelle einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte im Sinne des § 3a Abs. 1 AsylVfG nicht.Die Klägerin hat im Fall ihrer Rückkehr nach Serbien auch wegen ihrer Zugehörigkeit zum Volk der Roma keine Verfolgung zu erwarten. Im Hinblick auf die allgemeine Lage der Roma in Serbien ist weder auf der Grundlage der aktuellen Erkenntnislage, noch der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichts und anderer Gerichte von einer drohenden schwerwiegenden Verletzung der Menschenrechte auszugehen.
14Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Serbien vom 18. Oktober 2013. Ständige Rechtsprechung des erkennenden Gerichts, vgl. VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. Mai 2014 - 17a K 2848/13.A -, abrufbar unter www.nrwe.de, vom 31. Oktober 2012 - 7a K 1507/12.A, juris, und vom 18. August 2010 - 7a K 2060/10.A -. Vgl. auch: OVG NRW, Beschlüsse vom 7. November 2012 - 5 A 1695/12.A -, vom 19. August 2011 - 5 A 416/11.A -, und vom 14. Dezember 2009 - 5 A 2716/09.A -, jeweils juris; VG Regensburg, Urteil vom 7. Mai 2014 - RO 6 K 14.30326 -, juris; VG Freiburg, Urteil vom 13. Mai 2013 - A 3 K 734/11 -, juris; VG Würzburg, Urteil vom 28. Dezember 2012 - W 1 K 11.30177 - juris.
15Zur Lage der Roma in Serbien hat das VG Sigmaringen jüngst in seinem Urteil vom 28. Mai 2014 - 1 K 234/14 -, ausgeführt:
16„Die Roma gehören zwar auch heute noch überwiegend den untersten sozialen Schichten der Bevölkerung an, ihre Lage ist durch Armut und schlechte Wohnverhältnisse gekennzeichnet (vgl. Auswärtiges Amt, Lageberichte Serbien vom 22.09.2008 (Stand: August 2008), vom 04.06.2010 (Stand: Mai 2010), vom 12.03.2012 (Stand: März 2012), vom 29.01.2013 (Stand: Januar 2013) und vom 18.10.2013 (Stand: August 2013)). Bereits in der Rechtsprechung zum früheren Jugoslawien bildete es aber eine gefestigte Erkenntnis, dass Angehörige des Volkes der Roma zwar mit Diskriminierungen, insbesondere mit erheblichen Benachteiligungen im beruflichen Bereich, zu rechnen hatten, dass diese aber nicht die Schwelle der politischen Verfolgung erreichten. (…) Eine wesentliche Änderung dieser Sachlage ist seither nicht zu verzeichnen. Bei den in vergangener Zeit dokumentierten Übergriffen aus der Bevölkerung gegen Minderheiten handelte es sich zwar um drastische Einzelfälle. Pogromartige Ausschreitungen werden in den einschlägigen Erkenntnismitteln aber nicht erwähnt. Im Übrigen fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der serbische Staat das rechtswidrige Vorgehen von Teilen der Bevölkerung gegen die Roma und andere Minoritäten duldet oder gar unterstützt. Erst recht fehlen Anhaltspunkte für ein staatliches Verfolgungsprogramm, das auf die gewaltsame Vertreibung oder gar Vernichtung der Roma in Serbien gerichtet war bzw. ist.
17Serbiens Politik ist seit Jahren auf eine konsequente Annäherung an die EU ausgerichtet. (…) Serbien ist auch die weitere Annäherung an die EU gelungen, so dass am 22.12.2009 ein Antrag auf Aufnahme gestellt worden ist und im Übrigen seit 19.12.2009 auch der Visumszwang für Reisen serbischer Bürger in den Schengen-Raum aufgehoben worden ist. Allerdings sind die internationalen und bilateralen Beziehungen Serbiens immer noch wegen des Verhältnisses zu Kosovo belastet. Serbien befindet sich nach wie vor im Transformationsprozess, macht nun aber deutliche Fortschritte. Auch die Stabilität der Regierung hat zugenommen. Die bürgerlichen und politischen Rechte der Bevölkerung werden weitgehend geachtet. Eine gezielte und systematische Unterdrückung bestimmter Gruppen wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Nationalität oder politischen Überzeugung findet nicht statt. Allerdings kommt es gelegentlich zu Verstößen gegen Menschenrechte (u.a. gegen das Recht auf Unversehrtheit der Person in Polizeigewahrsam und Strafvollzug). Allgemein werden Serbien aber deutliche Fortschritte hinsichtlich der Erfüllung der politischen Kriterien und der Verwirklichung der wichtigsten Prioritäten der Europäischen Partnerschaft attestiert.
18Im Übrigen sind seit einigen Jahren auch Bestrebungen der serbischen Regierung zu erkennen, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern (vgl. Auswärtiges Amt, Lageberichte Serbien vom 22.09.2008 (Stand: August 2008), vom 04.06.2010 (Stand: Mai 2010), vom 12.03.2012 (Stand: März 2012), vom 29.01.2013 (Stand: Januar 2013) und vom 18.10.2013 (Stand: August 2013)), auch wenn es an der praktischen Implementierung der neuen Regelungen zum Minderheitenschutz nach wie vor noch mangelt. Schon die damalige Bundesrepublik Jugoslawien hat im Frühjahr 2001 das Rahmenabkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten ratifiziert, und das jugoslawische Parlament hat am 26.02.2002 ein Gesetz zum Schutz der nationalen Minderheiten verabschiedet, das erstmals auch den Roma den Status einer nationalen Minderheit zuerkennt. Seit 2003 bestehen sog. Minderheitenräte. Nach langen und heftigen internen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Roma-Gruppen konnte im Frühjahr 2003 der Nationalrat der Roma gewählt werden. Zu den Aufgaben des Mitte 2007 erstmals gewählten Ombudsmannes gehört ausdrücklich auch das Eintreten für Minderheitenrechte. Im Juli 2008 wurde ein Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte geschaffen. Im März 2009 wurde ein Antidiskriminierungsgesetz verabschiedet. Im August 2009 wurde das Gesetz über die sog. Nationalen Minderheitenräte angenommen, das die Zuständigkeiten und die Wahlmodalitäten dieser Räte entsprechend internationaler Standards regelt. Darüber hinaus hatte Serbien vom 01.07.2008 bis 30.06.2009 den Vorsitz der sog. Romadekade inne, identifizierte die Wohn- und Bildungssituation als prioritäre Bereiche bei der Verbesserung der Lage der Roma-Minderheit und stellte hierfür deutlich mehr Mittel als in der Vergangenheit zur Verfügung. (…)
19Nach dem jüngsten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013 (Stand: August 2013) hat sich die Lage der Minderheiten (Sandžak-Bosniaken/Moslems, Kosovo-Albaner, Roma, Minderheiten in der Wojwodina) in Serbien deutlich verbessert. Gesetzliche Regelungen zum Minderheitenschutz entsprächen europäischen Standards. Allerdings sei die Umsetzung der Regelungen zum Minderheitenschutz bisweilen unbefriedigend. Insbesondere die wirtschaftliche und soziale Lage der Roma-Minderheit sei weiterhin schwierig und habe seit Aufhebung der Visapflicht zu einem massiven Anstieg der Asylanträge in der EU (auch in der Bundesrepublik Deutschland) durch Roma geführt. In der serbischen Öffentlichkeit seien Vorbehalte und Vorurteile gegen Angehörige bestimmter Minderheiten (Roma, Albaner, Bosniaken, LGBT) unverändert weit verbreitet. Allerdings seien in bestimmten Bereichen auch Fortschritte zu verzeichnen (z.B. höhere Einschulungsquote von Roma-Kindern, Einsatz pädagogischer Assistenten und Roma-Mediatorinnen oder Anerkennung von Schulbüchern in Minderheitensprachen). Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Roma gebe es nicht. Die Regierung bemühe sich, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern. Roma sollen zwar weiterhin von Übergriffen auf Personen im Polizeigewahrsam überproportional betroffen sein. Die serbische Regierung habe jedoch am 10.06.2013 einen Aktionsplan zur Verbesserung der Lage der Roma u.a. in den Bereichen Bildung, Krankenschutz, Arbeitsaufnahme, Wohnbedingungen, amtliche Registrierung und sozialen Schutz verabschiedet. Diesen Ausführungen entnimmt das Gericht, dass vom serbischen Staat weiterhin keine Gruppenverfolgung ausgeht.
20Gleiches gilt hinsichtlich einer mittelbaren Verfolgung (vgl. § 3c AsylVfG). Zwar ist es in der Vergangenheit zu einer Reihe zum Teil gewalttätiger Übergriffe auf Roma durch Privatpersonen gekommen, die die Polizei nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz verfolgt (vgl. Auswärtiges Amt, Lageberichte Serbien vom 22.09.2008 (Stand: August 2008), vom 04.06.2010 (Stand: Mai 2010), vom 12.03.2012 (Stand: März 2012), vom 29.01.2013 (Stand: Januar 2013) und vom 18.10.2013 (Stand: August 2013)). Für die Annahme einer - mittelbaren - Gruppenverfolgung fehlt es aber bereits an dem zentralen Merkmal der erforderlichen „Verfolgungsdichte“. Im Übrigen ließe sich aus etwaigen Übergriffen durch Angehörige der serbischen Mehrheitsbevölkerung oder einzelne Amtswalter auch weder ein Asylanspruch noch ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft herleiten. Nach § 3c Nr. 3 AsylVfG kann eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern die unter § 3c Nr. 1 und 2 AsylVfG bzw. in § 3d AsylVfG genannten Akteure - Staat oder Parteien bzw. Organisationen, die den Staat beherrschen - einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten. Hierzu bedarf es zumindest dann, wenn eine generelle, an die Ethnie anknüpfende Schutzverweigerung des Staates behauptet wird, konkreter und gesicherter Anhaltspunkte dafür, dass der Staat keine zureichenden Vorkehrungen zur Eindämmung privater Gewalt gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen getroffen hat bzw. seine Machtmittel zur Ahndung gewaltsamer Übergriffe nicht ausreichen (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 20.10.2005 - 7 UE 1365/05.A -). Der Umstand allein, dass die staatlichen Organe trotz prinzipieller Schutzbereitschaft nicht immer in der Lage sind, die Betroffenen vor derartigen Übergriffen wirkungsvoll zu schützen, reicht hierfür nicht aus (vgl. insoweit auch die Rechtsprechung zur früheren Rechtslage: BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 1.94 - NVwZ 1995, 391 und BVerwG, Urteil vom 23.07.1991 - 9 C 154.90 - InfAusIR 1991, 363). Kein Staat vermag einen schlechthin perfekten, lückenlosen Schutz zu gewähren und sicherzustellen, dass Fehlverhalten, Fehlentscheidungen einschließlich sog. Amtswalterexzesse oder bei der Erfüllung der ihm zukommenden Aufgabe der Wahrung des inneren Friedens nicht vorkommen. Deshalb lässt weder eine Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung überhaupt noch eine im Einzelfall von den Betroffenen erfahrene Schutzversagung als solche schon staatliche Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit entfallen. Umgekehrt ist eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates zu bejahen, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-)Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 1.94 - NVwZ 1995, 391). Dies ist in Serbien der Fall, auch wenn die Polizei nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013 (Stand: August 2013) nach wie vor nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz gegen Übergriffe auf Minderheiten (vor allem Roma und Homosexuelle) vorgeht. Jedoch führen Anzeigen von Roma wegen Körperverletzung auch in der Praxis zu Gerichtsprozessen. Nach den vorliegenden Erkenntnismitteln ist daher davon auszugehen, dass der serbische Staat willens und in der Lage ist, wirksamen Schutz vor Verfolgung zu bieten (§ 3d AsylVfG).“
21Dieser rechtlichen Bewertung der aktuellen Erkenntnislage schließt sich die Kammer an.
22Dem Beweisantrag, Frau Dr. X.- als sachverständige Zeugin zum Beweis der Tatsache zu hören, dass die Klägerin als Volkszugehörige der Roma in den Bereichen Zugang zum Arbeitsmarkt, Bildung, Gesundheitsversorgung sowie Zugang zu Sozialleistungen bei einer Rückkehr in ihr Heimatland in erheblichem Maße diskriminierenden Handlungen seitens des serbischen Staates ausgesetzt sein wird, war nicht nachzugehen. Das Gericht geht davon aus, dass die vorhandenen Erkenntnisse zu der Situation der Roma in Serbien eine ausreichende Entscheidungsgrundlage bilden; insbesondere liegt dem Gericht der von der Klägerin in Bezug genommene, von Frau Dr. X.- verfasste Bericht: „Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland? Eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation“ vor. Dass Frau Dr. X.- auf Grundlage der von ihr recherchierten und in diesem Bericht wiedergegebenen Erkenntnisse und der Bewertung derselben zu der Prognose gelangt, dass in ihr Heimatland zurückkehrende Serben vom Volk der Roma - und damit auch die Klägerin - erheblichen Diskriminierungshandlungen seitens des serbischen Staates ausgesetzt sein werden, wird vom Gericht als bekannt vorausgesetzt. Diese Erkenntnisse wurden und werden von der Kammer in Entscheidungen zu Asylanträgen serbischer Roma - und damit auch im vorliegenden Verfahren - berücksichtigt. Es ist nicht dargetan, dass Frau Dr. X.- dem Gericht bei einer Einvernahme als sachverständige Zeugin weitere, bislang nicht vorliegende Erkenntnisse vermitteln würde.Unabhängig davon handelt es sich bei der beantragten Vernehmung der Frau Dr. X.- als sachverständiger Zeugin um ein ungeeignetes Beweismittel. Denn die von der Klägerin als sachverständige Zeugin benannte Frau Dr. X.- hätte das Gericht im Rahmen eines Zeugenbeweises (§ 98 VwGO i.V.m. § 414 ZPO) nur zum Beweis vergangener Tatsachen oder Zustände vernehmen können. Der Beweisantrag betrifft mit der Frage, ob die Klägerin bei einer Rückkehr in ihr Heimatland in den genannten Bereichen erheblichen Diskriminierungshandlungen seitens des serbischen Staates ausgesetzt sein wird, jedoch eine Zukunftsprognose - die die benannte Zeugin nicht aus eigener Wahrnehmung bekunden kann.
23Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1985 - 8 C 15/84 -, juris, Rdnr. 17; OVG NRW, Beschluss vom 18. Juli 2007 - 8 A 1075/06.A, juris, Rdnr. 20; Beschluss vom 23. April 2014 - 13 A 602/13.A -, juris, Rdnr. 38.
24Soweit das Verwaltungsgericht Stuttgart in seinem Urteil vom 25. März 2014 - A 11 K 5036/13 - für aus Serbien stammende Roma im Wesentlichen wegen vermeintlich erheblicher Beschränkungen und Diskriminierungen von Angehörigen dieser Volksgruppe bei der Wahrnehmung deren elementaren Rechts auf Freizügigkeit/Ausreisefreiheit die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 3a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG bejaht, vermag dem die Kammer nicht zu folgen.Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes weder de iure noch de facto.
25Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Serbien vom 18. Oktober 2013, S. 23.
26Das Gericht vermag auch nicht zu erkennen, dass nach der Vorschrift des § 350a des serbischen Strafgesetzbuches bereits die bloße Stellung eines Asylantrages in der Bundesrepublik Deutschland unter Strafe gestellt werden soll. Die Regelung zielt nach ihrem Wortlaut (in der deutschen Übersetzung) vielmehr auf Schleuser, Schlepper oder sonstige Dritte ab, die einem Asylbewerber die Stellung eines Asylantrages beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland wollen, der zudem durch eine „falsche Darstellung der Gefährdung“ gekennzeichnet sein muss. Ein anderes, weitergehendes Verständnis des § 350a Abs. 1 serbisches StGB ist auch nicht aufgrund der Strafschärfungsregelungen in Absätzen 2 und 3 gerechtfertigt.
27Vgl. hierzu VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Mai 2014 - 17a K 2848/13.A - abrufbar unter www.nrwe.de, Rdnr. 41 ff., und Beschluss vom 22. Mai 2014 - 13a L 766/14.A -; VG Sigmaringen, Urteil vom 28. Mai 2014 - 1 K 234/14 -, juris, Rdnr. 39; VG Regensburg, Urteil vom 7. Mai 2014 - RO 6 K 14.30326 -, juris, Rdnr. 20.
28Im vorgenannten Sinne wird die Bestimmung, die nach den vorliegenden Erkenntnissen vor dem Hintergrund der Sorge Serbiens, dass die Ende Dezember 2009 eingeführte Visumfreiheit im Schengen-Raum „wegen des Fehlverhaltens einer Minorität („Wirtschaftsflüchtlinge“, über 90 % Roma)“ für alle serbischen Staatsangehörigen wieder suspendiert werden könnte, am 1. Januar 2013 in Kraft getreten ist, auch durch das Auswärtige Amt bewertet.
29Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Mai 2014 - 17a K 2848/13.A -, a.a.O., Rdnr. 45, unter Verweis auf den Lagebericht des Auswärtiges Amtes vom 18. Oktober 2013, S. 23 f., wonach es strafbar sei, durch Unterstützungsleistungen einem serbischen Staatsangehörigen zu ermöglichen, einen missbräuchlichen Asylantrag im Ausland zu stellen.
30Darüber, dass § 350 a Abs. 1 des serbischen StGB entgegen seines Wortlauts in der Praxis auf Asylbewerber allein wegen der bloßen Stellung eines Asylantrages tatsächlich Anwendung findet, liegen keine verifizierbaren Erkenntnisse vor. Es sind insbesondere keine Präzedenzfälle bekannt, in denen Asylantragsteller nach ihrer Rückkehr nach Serbien aufgrund dieser Vorschrift bestraft worden wären. Bei den von Frau Dr. X.- gegenüber dem Verwaltungsgericht Stuttgart angeführten sieben Fällen, in denen Strafverfahren betrieben worden seien, wird nicht differenziert, ob diese gerade Asylantragsteller betroffen haben. Auch ist unklar, ob diese Verfahren zu Verurteilungen geführt haben.
31Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Mai 2014 - 17a K 2848/13.A -, a.a.O., Rdnr. 48; VG Sigmaringen, Urteil vom 28. Mai 2014 - 1 K 234/14 -, juris, Rdnr. 39.
32Auch steht für die Klägerin zur Überzeugung des Gerichts nach einer Rückkehr in ihr Heimatland keine Bestrafung nach § 350 des serbischen Strafgesetzbuches zu befürchten. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit diese Vorschrift, die die unerlaubte Grenzüberquerung als solche unter Strafe stellt - nach dem Text dann, wenn dies bewaffnet oder unter Anwendung von Gewalt erfolgt - eine im Rahmen des § 3 AsylVfG relevante Maßnahme sein soll.
33Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Mai 2014 - 17a K 2848/13.A - a.a.O., Rdnr. 53, und Beschluss vom 22. Mai 2014 - 13a L 766/14.A -.
34Soweit das Verwaltungsgericht Stuttgart in seinem Urteil vom 25. März 2014 davon ausgeht, dass „Bestrafungen nach dem neuen serbischen Meldegesetz selektiv gegen Roma erfolgten“, werden die insoweit in Bezug genommene „aktuelle Auskunftslage“ sowie „Informationen des Regional Center for Minorities“ weder inhaltlich wiedergegeben noch sonst konkretisiert. Soweit Frau Dr. X.- diesbezüglich in ihrem Bericht : „Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland? Eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation“ auf Seite 41 ausführt, dass sich Personen, die länger als 90 Tage im Ausland bleiben, vor ihrer Abreise und bei ihrer Rückkehr bei den zuständigen Behörden melden müssen und Verstöße mit Geldstrafen geahndet werden können, stellt dies keinen Beleg für eine Beschränkung der Ausreisefreiheit dar. Vielmehr sind auch in den deutschen Meldegesetzen ähnliche Meldepflichten enthalten, vgl. beispielsweise §§ 13 Abs. 2, 37 Abs. 1 Nr. 2 des Meldegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen.
35Vgl. hierzu VG Regensburg, Urteil vom 7. Mai 2014 - RO 6 K 14.30326 -, juris, Rdnr. 20, das auf Art. 13 Abs. 2 und Art. 35 Nr. 3 des Bayerischen Meldegesetzes verweist.
36Die Klägerin hat des Weiteren auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass ihr Serbien die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG) drohen.Auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor. Danach darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Ein Abschiebungsverbot nach diesen Normen zu Gunsten von Angehörigen der Volksgruppe der Roma aus Serbien besteht regelmäßig nicht.
37Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Februar 2014 - 5 A 195/14.A -.
38Schließlich liegt auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens sechs Monate ausgesetzt wird. Eine derartige Abschiebestopp-Anordnung besteht für die serbische Staatsangehörige, die der Volksgruppe der Roma angehören, nicht. Die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG kann nur dann im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eingeschränkt werden, wenn für den Schutzsuchenden ansonsten eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht, d.h. nur zur Vermeidung einer extremen konkreten Gefahrenlage in dem Sinne, dass dem Ausländer sehenden Auges der sichere Tod droht oder er schwerste Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten hätte.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2010 - 10 C 10/09 -, juris, Rdnr. 12, und vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -, m.w.N.
40Individuelle Umstände, die eine solche extreme Gefahr begründen und damit eine Wiederaufnahme des Verfahrens insoweit rechtfertigen könnten, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Eine extreme Gefahr besteht auch nicht wegen der allgemeinen Versorgungslage in Serbien. Trotz der nach wie vor schlechten wirtschaftlichen Lage Serbiens ist die Versorgung mit Lebensmitteln gesichert. Es ist auch zu erwarten, dass die Klägerin in Serbien gemeinsam mit ihrer Familie - wie auch vor ihrer Ausreise - jedenfalls das Existenzminimum sicherstellen kann. Die Familie der Klägerin hat vor der Ausreise im Haus der Großeltern der Klägerin gewohnt. Gelingt es der Klägerin nicht, ihren Lebensunterhalt (mit Unterstützung ihrer Familie) zu sichern, kann sie auf staatliche Hilfe zurückgreifen. Rückkehrer erhalten nach Abschluss der Registrierung bei den Wohnortbehörden und Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bzw. Anmeldung als Arbeitssuchende kostenfreien Zugang zur Gesundheits- und Sozialversorgung. Die Registrierung erfolgt nicht automatisch, sondern muss von den Betreffenden selbst unter Vorlage der erforderlichen Dokumente, u.a. - wie von der Klägerin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorgelegt - einer Geburtsurkunde und eines Staatsangehörigkeitsnachweises, beantragt werden. Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten oder auf andere Art und Weise nicht sichern können.
41Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 18. Oktober 2013, S. 19 f.
42Soweit Frau Dr. X.- in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart in dem Verfahren A 11 K 5036/13 ausgesagt hat, dass Roma „überwiegend vom Bezug von Sozialleistungen ausgeschlossen würden“, hat sie diese Einschätzung nicht näher verifiziert. Die diesbezüglichen Ausführungen in dem Bericht „Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland? Eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation“ (S. 31) beruhen auf Erkenntnissen aus dem Jahr 2011. Insbesondere die danach kritisierte Verfahrensweise der serbischen Behörden, den Zugang zu Sozialleistungen von dem Besitz von Personaldokumenten abhängig zu machen, dürfte im Fall der Klägerin keine Schwierigkeiten bereiten, weil die Klägerin entsprechende Dokumente auch bei der Asylantragstellung in Deutschland vorgelegt hat. Dass der Klägerin bei einer Rückkehr nach Serbien staatliche Unterstützungsleistungen verwehrt werden würden, ist auch durch die Vorlage der beglaubigten Übersetzung des Schreibens der „Anstalt zur Sozialarbeit“ M. vom 14. September 2012, das bestätigen soll, dass ihr Vater, W. C1. , zum damaligen Zeitpunkt „kein Benutzer des Anspruchs auf Geldsozialhilfe“ war, nicht belegt. Diese „Bestätigung“ sagt weder etwas darüber aus, aus welchen Gründen der Vater der Klägerin keine Sozialleistungen erhalten hat, noch, ob die Klägerin oder andere Familienmitglieder einen Anspruch darauf hatten bzw. zukünftig haben werden.Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83 b AsylVfG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 12. Juni 2015 - 13a K 5918/12.A
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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 12. Juni 2015 - 13a K 5918/12.A zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 27. April 1980 geborene Kläger zu 1., die am 22. Mai 1980 geborene Klägerin zu 2. und ihr am 25. Oktober 2005 geborener Sohn, der Kläger zu 3., sind serbische Staatsangehörige und gehören der Volksgruppe der Roma an. Sie beantragten erstmals im Jahr 2010 erfolglos Asyl in der Bundesrepublik Deutschland (Gz.:°°°°°°°). Den damaligen Antrag begründeten sie damit, dass sie als Roma in Serbien diskriminiert würden. Sie hätten keine Rechte. Wenn sie Sozialhilfe beantragten, werde ihnen gesagt, dass sie darauf kein Recht hätten. Auch gebe es für sie als „Zigeuner“ keine Arbeit. Der Kläger zu 1. sei vor etwa drei Monaten dem Haus der Familie von vier Serben zusammengeschlagen worden. Auch Klägerin zu 2. sei bei dem Vorfall verletzt worden. Der Kläger zu 3. habe seitdem ständig Angst. Die Polizei habe nichts weiter unternommen. Ihre damals 14-jährige Tochter, die Klägerin im Verfahren 13a K 5918/12.A , sei sexuell belästigt worden. Sie sei in der Schule, auf dem Weg zur Toilette, häufiger von Jungs „begrapscht“ und beschimpft worden. Sie habe in der Schule in der letzten Reihe sitzen müssen, andere Schüler hätten ihr die Hefte weggenommen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) lehnte den Asylantrag mit Bescheid vom 15. Dezember 2010 als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorlägen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) lägen ebenfalls nicht vor. Das Klageverfahren gegen den ablehnenden Bescheid vom 15. Dezember 2010 - 1a K 5902/10.A - wurde am 6. Mai 2011 gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eingestellt, nachdem die Familie das Bundesgebiet im März 2011 freiwillig verlassen hatte.Einen weiteren, im August 2011 gestellten Asylantrag der Familie (°°°°°°°°°°°°°°°), den sie mit der Krankheit des Klägers zu 3. begründeten, lehnte das Bundesamt mit (unanfechtbar gewordenem) Bescheid vom 18. Januar 2012 ab.Die Kläger reisten nach eigenen Angaben im September 2012 über Ungarn erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 6. September 2012 einen weiteren Asylantrag. Zur Begründung gaben sie an, dass der Kläger zu 3. an Epilepsie erkrankt sei. Sie legten zum Beleg eine „Psychologische Bescheinigung zur Vorlage bei Behörden“ von Dipl.-Psychologin L. (Medizinische Flüchtlingshilfe C. ) vom 28. Februar 2012 sowie nervenärztliche Atteste von Dr. (YU) N. aus °°°°°°°°°° vom 23. November 2011 und vom 25. August 2012 vor.Die Kläger legten außerdem vier Dokumente serbischer Behörden vor, aus denen sich ergebe, dass sie in ihrer Heimat nicht angemeldet werden könnten und dass ihnen keine Sozialleistungen gewährt würden. Das Bundesamt lehnte den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und den Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 15. Dezember 2010 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG mit Bescheid vom 2. August 2013 ab.Die Kläger haben am 15. August 2013 Klage erhoben.Zu deren Begründung tragen sie vor, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) vorlägen. Die Beklagte habe es versäumt, die vorgelegten Bescheinigungen der serbischen Behörden im Hinblick auf das Vorliegen von kumulativen Verfolgungshandlungen nach § 3a Nr. 2 AsylVfG zu würdigen.Daneben sei jedenfalls mit Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2013 mit den neu eingefügten §§ 3a - 3e AsylVfG eine relevante Änderung der Rechtslage eingetreten. Es sei offen, ob sich durch § 3a Nr. 2 AsylVfG im Umsetzung der Art. 9 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1a der Richtlinie 2004/83/EG die Rechtslage mit Blick auf die Verfolgung aufgrund Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe zu ihren Gunsten geändert habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts reiche jedoch der Zweifel über die Auslegung der unionsrechtlichen Vorgaben aus, um ein Asylverfahren wieder aufzugreifen, um diese Frage zu prüfen.Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lägen vor. Sie erführen aufgrund ihrer Ethnie Diskriminierung in allen möglichen Lebensbereichen - im Einzelnen beim Zugang zum Arbeitsmarkt, Zugang zu Bildung, Zugang zur Gesundheitsvorsorge, Zugang zu Sozialleistungen sowie beim Entwickeln einer Lebensperspektive. Dass Roma in Serbien aufgrund ihrer Ethnie diverse Diskriminierungen erführen, sei unstreitig. Die Beklagte habe diese in ihren Bescheiden vom 15. Dezember 2010 und vom 2. August 2013 zum Teil dargelegt, jedoch ohne diesen Diskriminierungen die erforderliche Intensität zuzuerkennen. Die einzelnen Diskriminierungen ließen sich der von Pro Asyl herausgegebenen Schrift „Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland? Eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation (2013)“ entnehmen. Ähnliche Informationen seien im World Report 2013 von Human Rights Watch zu finden.Die Kläger tragen hierzu im Einzelnen vor, wie sie in den Lebensbereichen Arbeitsmarkt, Bildung, Gesundheitsvorsorge und Sozialleistungen diskriminiert würden. Der Kläger zu 1. habe acht Jahre die Schule besucht und eine Ausbildung als Maler/Lackierer abgeschlossen. Er finde nur Gelegenheitsjobs; teilweise sei er nicht einmal entlohnt worden. Die Klägerin zu 2. habe nur sechs Jahre die Schule besucht. Sie hätten sich bereits vor 17 Jahren als arbeitssuchend gemeldet. Alle drei Monate habe der Kläger zu 1. sich bei der Behörde gemeldet, ohne Aussicht auf Einstellung. Sie fänden keine Arbeit, weil sie Roma seien. Die Bildungschancen des Klägers zu 3. und der Tochter N1. lägen in Serbien nicht höher. Sie hätten zwar theoretisch die Möglichkeit, die Schule zu besuchen; die alltägliche Praxis sehe jedoch anders aus.Die Roma würden zudem in jüngster Zeit durch den serbischen Staat in ihrem elementaren Recht auf Freizügigkeit beschnitten und kriminalisiert, weil sie von dem Menschenrecht der freien Ausreise Gebrauch machten. Nach den §§ 350, 350a des Serbischen Strafgesetzbuches seien der unerlaubte Grenzübertritt und der Menschenschmuggel sowie die Ermöglichung des Asylmissbrauchs im Ausland strafbar; davon seien nicht lediglich Dritte (Fluchthelfer) betroffen, sondern ausdrücklich auch der Asylbewerber selbst. Ziel der Vorschriften sei es, Roma an der Ausreise aus Serbien und der Einreise in die Europäische Union zu hindern, um die 2009 erlangte Visumsfreiheit nicht zu verlieren. Diese Absicht werde in der Verwaltungspraxis belegt. In den Jahren 2012 und 2013 sei „einer großen Zahl von Roma“ die Ausreise „wegen der neuen Bestimmungen“ verweigert worden. Ferner seien „zumindest sieben Strafverfahren nach § 350a des serbischen Strafgesetzbuches gegen acht Personen betrieben worden“. Hinsichtlich der beschriebenen Diskriminierungen, die die Roma in allen Bereichen ihres Alltags in Serbien erlebten, liege in dem Verstoß gegen die Ausreisefreiheit eine Menschenrechtsverletzung. Das Verwaltungsgericht °°°°°°°°°°° habe den Klägern in dem dortigen Verfahren A 11 K 5036/13 mit Urteil vom 25. März 2014 die Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG zuerkannt, nachdem es zur Lage der Roma in Serbien Frau Dr. L1. X.- als sachverständige Zeugin gehört habe.Die Diskriminierungen und Einschränkungen, die sie in Serbien erfahren hätten, seien so gravierend, dass sie dadurch in ähnlicher Weise wie der unter § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG beschriebenen Weise betroffen seien. Eine Verfolgungshandlung nach § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG liege vor. Die kumulierte Verfolgungshandlung beruhe auch auf Verfolgungsgründen nach § 3b Nr. 1 und 3 AsylVfG.Die Kläger seien auch Opfer rassistischer Übergriffe geworden. Im Juni 2012 habe der Kläger bemerkt, dass drei Männer sich um ein Auto herum bewegten und möglicherweise einen Autoeinbruch vorbereiteten. Als den Männern der Kläger zu 1. aufgefallen sei, seien sie ihm hinterher gelaufen und hätten ihm gedroht. Sie wüssten schließlich, wo er lebe. Der Kläger zu 1. sei dann in sein Haus gelaufen, dabei hätten sie ihn beobachtet. Einen Tag später hätten sie ihm vor dem Haus aufgelauert und körperlich angegriffen. Die Klägerin zu 2. sei aus dem Haus gekommen und ebenfalls geschlagen worden. Die Polizei sei informiert worden und habe ein Protokoll gefertigt. Dabei sei es geblieben. Sie seien im Alltag ständig rassistischen Beschimpfungen ausgesetzt.Der Kläger zu 3. leide außerdem seit seinem ersten Lebensjahr an Epilepsie (zerebrales Anfallsleiden, ICD-10 G 40.9G) und unter nächtlichen Ängsten (Pavor nocturna, ICD-10 F 51.4 G). Er leide unter Krampfanfällen und nächtlichem Wasserlassen. In Serbien habe sich sein Zustand verschlechtert, wegen des Angriffs auf seine Eltern seien auch noch Albträume hinzugekommen. Bei der Klägerin zu 2. seien im Jahr 2011 eine ausgeprägte depressive Symptomatik und Kopfschmerzen diagnostiziert worden. Sie könnten in Serbien nicht ausreichend behandelt werden. Hinzu käme, dass der Kläger zu 3. nicht krankenversichert sei. Sämtliche Behandlungen seien von den Klägern zu 1. und 2. finanziert worden. Zu der Erkrankung des Klägers zu 3. wird ein Attest von Dr. (YU) N. aus °°°°°°°°°°°°°°° vom 28. August 2013 vorgelegt. In einem vergleichbaren Fall habe die Beklagte ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festgestellt (Bescheid vom 13. März 2013).
3Die Kläger beantragen,
4die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. August 2013 zu verpflichten, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen und die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfGsowie - hilfsweise - subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen,sowie - weiter hilfsweise - festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
5Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
6die Klage abzuweisen.
7Sie bezieht sich zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid.
8Das Gericht hat die Kläger in der mündlichen Verhandlung zu ihren Asylgründen informatorisch angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf das Terminsprotokoll Bezug genommen.Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte Hefte 1 und 2) sowie auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge (Beiakte Hefte 1 und 2) in dem Klageverfahren 13a K 5918/12.A, das von der Tochter der Kläger zu 1. und 2. betrieben wird, Bezug genommen.
9Entscheidungsgründe:
10Die Entscheidung ergeht nach § 76 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin, da dieser der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 2. September 2013 zur Entscheidung übertragen worden ist.
11Das Gericht kann trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil diese ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).Die zulässige Klage ist sowohl mit dem Haupt- als auch mit den Hilfsanträgen unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. August 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO. Den Klägern stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.Offen bleiben kann, ob die für die Verfahrensrelevanz eines Folgeantrags nach § 71 Abs. 1 AsylVfG erforderlichen Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens vorliegen. Denn jedenfalls haben die Kläger zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte im Sinne von Art. 16a Grundgesetz (GG), noch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG, Gewährung von subsidiärem Schutz im Sinne von § 4 AsylVfG oder Feststellung eines (nationalen) Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG.Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte scheidet bereits gemäß Art. 16a Abs. 2 GG i.V.m. § 26a AsylVfG aus. Danach kann sich ein Ausländer, der aus einem sicheren Drittstaat in das Bundesgebiet eingereist ist, nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen. Sichere Drittstaaten sind gemäß § 26a Abs. 2 AsylVfG unter anderem die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, und damit auch Ungarn, über das die Kläger nach eigenen Angaben eingereist sind.Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG. Danach ist einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. a AsylVfG) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. b AsylVfG).Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG gelten Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG), ferner Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG). § 3a Abs. 2 AsylVfG nennt als mögliche Verfolgungshandlungen beispielhaft u.a. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden sowie unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung.Dabei muss gemäß § 3a Abs. 3 AsylVfG zwischen den Verfolgungsgründen im Sinne von § 3 Abs. 1 und § 3b AsylVfG und der Verfolgungshandlung bzw. den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen.Gemäß § 3c AsylVfG kann eine Verfolgung im vorstehenden Sinne ausgehen von (1.) dem Staat, (2.) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen, oder (3.) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.Gemäß § 3e Abs. 1 AsylVfG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er (1.) in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylVfG hat und (2.) sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (interner Schutz).Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen.
12Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, Rdnr. 19, juris; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2014- 9 A 2561/10.A -, Rdnr. 37, juris.
13Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Falle der Kläger nicht vor. Die Kläger wurden vor ihrer Ausreise in Serbien nicht politisch verfolgt und haben auch künftig keine Verfolgungsmaßnahmen zu erwarten.Soweit der Kläger zu 1. vorträgt, dass ihm mehrere maskierte Männer vor seinem Haus aufgelauert und ihn geschlagen hätten, bestehen an der Glaubhaftigkeit des Vortrags erhebliche Zweifel, weil der Kläger zu 1. diesen Vorfall bereits zeitlich nicht einordnen kann. Er hat schon bei seiner Anhörung durch das Bundesamt im November 2010 von dem Überfall berichtet, der sich drei Monate zuvor zugetragen haben sollte. Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 30. Mai 2014 trugen die Kläger hingegen vor, dass sich der Überfall im Juni 2012 ereignet habe. Auf entsprechende Nachfrage in der mündlichen Verhandlung gab der Kläger zu 1. an, dass sich der Vorfall „Ende 2010, Anfang 2011“ zugetragen habe, es sei „auch noch einmal im Juni 2011“ gewesen. Es liegen im Übrigen bereits nach dem klägerischen Vortrag keine Anhaltspunkte für eine rassistisch motivierte Tat vor. Der Kläger hat in dem Schriftsatz vom 30. Mai 2014 angegeben, dass er die Männer, die ihn anschließend überfielen, beobachtet habe, wie sie „sich auffällig um ein Auto herumbewegten“, weil sie möglicherweise eine Straftat vorbereiteten. Kriminelles Unrecht bedeutet keine Verfolgung im Sinne des § 3a AsylVfG. Sollte es hier, was nicht erwiesen ist, zu Bedrohungen gekommen sein, handelte es sich ebenfalls um keine solche Verfolgung.Die Kläger haben im Fall ihrer Rückkehr nach Serbien auch wegen ihrer Zugehörigkeit zum Volk der Roma keine Verfolgung zu erwarten. Im Hinblick auf die allgemeine Lage der Roma in Serbien ist weder auf der Grundlage der aktuellen Erkenntnislage, noch der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichts und anderer Gerichte von einer drohenden schwerwiegenden Verletzung der Menschenrechte auszugehen.
14Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Serbien vom 18. Oktober 2013. Ständige Rechtsprechung des erkennenden Gerichts, vgl. VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. Mai 2014 - 17a K 2848/13.A -, abrufbar unter www.nrwe.de, vom 31. Oktober 2012 - 7a K 1507/12.A, juris, und vom 18. August 2010 - 7a K 2060/10.A -. Vgl. auch: OVG NRW, Beschlüsse vom 7. November 2012 - 5 A 1695/12.A -, vom 19. August 2011 - 5 A 416/11.A -, und vom 14. Dezember 2009 - 5 A 2716/09.A -, jeweils juris; VG Regensburg, Urteil vom 7. Mai 2014 - RO 6 K 14.30326 -, juris; VG Freiburg, Urteil vom 13. Mai 2013- A 3 K 734/11 -, juris; VG Würzburg, Urteil vom 28. Dezem-ber 2012 - W 1 K 11.30177 - juris.
15Zur Lage der Roma in Serbien hat das VG Sigmaringen jüngst in seinem Urteil vom 28. Mai 2014 - 1 K 234/14 -, ausgeführt:
16„Die Roma gehören zwar auch heute noch überwiegend den untersten sozialen Schichten der Bevölkerung an, ihre Lage ist durch Armut und schlechte Wohnverhältnisse gekennzeichnet (vgl. Auswärtiges Amt, Lageberichte Serbien vom 22.09.2008 (Stand: August 2008), vom 04.06.2010 (Stand: Mai 2010), vom 12.03.2012 (Stand: März 2012), vom 29.01.2013 (Stand: Januar 2013) und vom 18.10.2013 (Stand: August 2013)). Bereits in der Rechtsprechung zum früheren Jugoslawien bildete es aber eine gefestigte Erkenntnis, dass Angehörige des Volkes der Roma zwar mit Diskriminierungen, insbesondere mit erheblichen Benachteiligungen im beruflichen Bereich, zu rechnen hatten, dass diese aber nicht die Schwelle der politischen Verfolgung erreichten. (…) Eine wesentliche Änderung dieser Sachlage ist seither nicht zu verzeichnen. Bei den in vergangener Zeit dokumentierten Übergriffen aus der Bevölkerung gegen Minderheiten handelte es sich zwar um drastische Einzelfälle. Pogromartige Ausschreitungen werden in den einschlägigen Erkenntnismitteln aber nicht erwähnt. Im Übrigen fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der serbische Staat das rechtswidrige Vorgehen von Teilen der Bevölkerung gegen die Roma und andere Minoritäten duldet oder gar unterstützt. Erst recht fehlen Anhaltspunkte für ein staatliches Verfolgungsprogramm, das auf die gewaltsame Vertreibung oder gar Vernichtung der Roma in Serbien gerichtet war bzw. ist.
17Serbiens Politik ist seit Jahren auf eine konsequente Annäherung an die EU ausgerichtet. (…) Serbien ist auch die weitere Annäherung an die EU gelungen, so dass am 22.12.2009 ein Antrag auf Aufnahme gestellt worden ist und im Übrigen seit 19.12.2009 auch der Visumszwang für Reisen serbischer Bürger in den Schengen-Raum aufgehoben worden ist. Allerdings sind die internationalen und bilateralen Beziehungen Serbiens immer noch wegen des Verhältnisses zu Kosovo belastet. Serbien befindet sich nach wie vor im Transformationsprozess, macht nun aber deutliche Fortschritte. Auch die Stabilität der Regierung hat zugenommen. Die bürgerlichen und politischen Rechte der Bevölkerung werden weitgehend geachtet. Eine gezielte und systematische Unterdrückung bestimmter Gruppen wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Nationalität oder politischen Überzeugung findet nicht statt. Allerdings kommt es gelegentlich zu Verstößen gegen Menschenrechte (u.a. gegen das Recht auf Unversehrtheit der Person in Polizeigewahrsam und Strafvollzug). Allgemein werden Serbien aber deutliche Fortschritte hinsichtlich der Erfüllung der politischen Kriterien und der Verwirklichung der wichtigsten Prioritäten der Europäischen Partnerschaft attestiert.
18Im Übrigen sind seit einigen Jahren auch Bestrebungen der serbischen Regierung zu erkennen, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern (vgl. Auswärtiges Amt, Lageberichte Serbien vom 22.09.2008 (Stand: August 2008), vom 04.06.2010 (Stand: Mai 2010), vom 12.03.2012 (Stand: März 2012), vom 29.01.2013 (Stand: Januar 2013) und vom 18.10.2013 (Stand: August 2013)), auch wenn es an der praktischen Implementierung der neuen Regelungen zum Minderheitenschutz nach wie vor noch mangelt. Schon die damalige Bundesrepublik Jugoslawien hat im Frühjahr 2001 das Rahmenabkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten ratifiziert, und das jugoslawische Parlament hat am 26.02.2002 ein Gesetz zum Schutz der nationalen Minderheiten verabschiedet, das erstmals auch den Roma den Status einer nationalen Minderheit zuerkennt. Seit 2003 bestehen sog. Minderheitenräte. Nach langen und heftigen internen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Roma-Gruppen konnte im Frühjahr 2003 der Nationalrat der Roma gewählt werden. Zu den Aufgaben des Mitte 2007 erstmals gewählten Ombudsmannes gehört ausdrücklich auch das Eintreten für Minderheitenrechte. Im Juli 2008 wurde ein Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte geschaffen. Im März 2009 wurde ein Antidiskriminierungsgesetz verabschiedet. Im August 2009 wurde das Gesetz über die sog. Nationalen Minderheitenräte angenommen, das die Zuständigkeiten und die Wahlmodalitäten dieser Räte entsprechend internationaler Standards regelt. Darüber hinaus hatte Serbien vom 01.07.2008 bis 30.06.2009 den Vorsitz der sog. Romadekade inne, identifizierte die Wohn- und Bildungssituation als prioritäre Bereiche bei der Verbesserung der Lage der Roma-Minderheit und stellte hierfür deutlich mehr Mittel als in der Vergangenheit zur Verfügung. (…)
19Nach dem jüngsten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013 (Stand: August 2013) hat sich die Lage der Minderheiten (Sandžak-Bosniaken/Moslems, Kosovo-Albaner, Roma, Minderheiten in der Wojwodina) in Serbien deutlich verbessert. Gesetzliche Regelungen zum Minderheitenschutz entsprächen europäischen Standards. Allerdings sei die Umsetzung der Regelungen zum Minderheitenschutz bisweilen unbefriedigend. Insbesondere die wirtschaftliche und soziale Lage der Roma-Minderheit sei weiterhin schwierig und habe seit Aufhebung der Visapflicht zu einem massiven Anstieg der Asylanträge in der EU (auch in der Bundesrepublik Deutschland) durch Roma geführt. In der serbischen Öffentlichkeit seien Vorbehalte und Vorurteile gegen Angehörige bestimmter Minderheiten (Roma, Albaner, Bosniaken, LGBT) unverändert weit verbreitet. Allerdings seien in bestimmten Bereichen auch Fortschritte zu verzeichnen (z.B. höhere Einschulungsquote von Roma-Kindern, Einsatz pädagogischer Assistenten und Roma-Mediatorinnen oder Anerkennung von Schulbüchern in Minderheitensprachen). Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Roma gebe es nicht. Die Regierung bemühe sich, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern. Roma sollen zwar weiterhin von Übergriffen auf Personen im Polizeigewahrsam überproportional betroffen sein. Die serbische Regierung habe jedoch am 10.06.2013 einen Aktionsplan zur Verbesserung der Lage der Roma u.a. in den Bereichen Bildung, Krankenschutz, Arbeitsaufnahme, Wohnbedingungen, amtliche Registrierung und sozialen Schutz verabschiedet. Diesen Ausführungen entnimmt das Gericht, dass vom serbischen Staat weiterhin keine Gruppenverfolgung ausgeht.
20Gleiches gilt hinsichtlich einer mittelbaren Verfolgung (vgl. § 3c AsylVfG). Zwar ist es in der Vergangenheit zu einer Reihe zum Teil gewalttätiger Übergriffe auf Roma durch Privatpersonen gekommen, die die Polizei nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz verfolgt (vgl. Auswärtiges Amt, Lageberichte Serbien vom 22.09.2008 (Stand: August 2008), vom 04.06.2010 (Stand: Mai 2010), vom 12.03.2012 (Stand: März 2012), vom 29.01.2013 (Stand: Januar 2013) und vom 18.10.2013 (Stand: August 2013)). Für die Annahme einer - mittelbaren - Gruppenverfolgung fehlt es aber bereits an dem zentralen Merkmal der erforderlichen „Verfolgungsdichte“. Im Übrigen ließe sich aus etwaigen Übergriffen durch Angehörige der serbischen Mehrheitsbevölkerung oder einzelne Amtswalter auch weder ein Asylanspruch noch ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft herleiten. Nach § 3c Nr. 3 AsylVfG kann eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern die unter § 3c Nr. 1 und 2 AsylVfG bzw. in § 3d AsylVfG genannten Akteure - Staat oder Parteien bzw. Organisationen, die den Staat beherrschen - einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten. Hierzu bedarf es zumindest dann, wenn eine generelle, an die Ethnie anknüpfende Schutzverweigerung des Staates behauptet wird, konkreter und gesicherter Anhaltspunkte dafür, dass der Staat keine zureichenden Vorkehrungen zur Eindämmung privater Gewalt gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen getroffen hat bzw. seine Machtmittel zur Ahndung gewaltsamer Übergriffe nicht ausreichen (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 20.10.2005 - 7 UE 1365/05.A -). Der Umstand allein, dass die staatlichen Organe trotz prinzipieller Schutzbereitschaft nicht immer in der Lage sind, die Betroffenen vor derartigen Übergriffen wirkungsvoll zu schützen, reicht hierfür nicht aus (vgl. insoweit auch die Rechtsprechung zur früheren Rechtslage: BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 1.94 - NVwZ 1995, 391 und BVerwG, Urteil vom 23.07.1991 - 9 C 154.90 - InfAusIR 1991, 363). Kein Staat vermag einen schlechthin perfekten, lückenlosen Schutz zu gewähren und sicherzustellen, dass Fehlverhalten, Fehlentscheidungen einschließlich sog. Amtswalterexzesse oder bei der Erfüllung der ihm zukommenden Aufgabe der Wahrung des inneren Friedens nicht vorkommen. Deshalb lässt weder eine Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung überhaupt noch eine im Einzelfall von den Betroffenen erfahrene Schutzversagung als solche schon staatliche Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit entfallen. Umgekehrt ist eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates zu bejahen, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-)Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 1.94 - NVwZ 1995, 391). Dies ist in Serbien der Fall, auch wenn die Polizei nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013 (Stand: August 2013) nach wie vor nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz gegen Übergriffe auf Minderheiten (vor allem Roma und Homosexuelle) vorgeht. Jedoch führen Anzeigen von Roma wegen Körperverletzung auch in der Praxis zu Gerichtsprozessen. Nach den vorliegenden Erkenntnismitteln ist daher davon auszugehen, dass der serbische Staat willens und in der Lage ist, wirksamen Schutz vor Verfolgung zu bieten (§ 3d AsylVfG).“
21Dieser rechtlichen Bewertung der aktuellen Erkenntnislage schließt sich die Kammer an.Dem Beweisantrag, Frau Dr. X.-°°°°° als sachverständige Zeugin zum Beweis der Tatsache zu hören, dass die Kläger als Volkszugehörige der Roma in den Bereichen Zugang zum Arbeitsmarkt, Bildung, Gesundheitsversorgung sowie Zugang zu Sozialleistungen bei einer Rückkehr in ihr Heimatland in erheblichem Maße diskriminierenden Handlungen seitens des serbischen Staates ausgesetzt sein werden, war nicht nachzugehen. Das Gericht geht davon aus, dass die vorhandenen Erkenntnisse zu der Situation der Roma in Serbien eine ausreichende Entscheidungsgrundlage bilden; insbesondere liegt dem Gericht der von den Klägern in Bezug genommene, von Frau Dr. X.-°°°°° verfasste Bericht: „Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland? Eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation“ vor. Dass Frau Dr. X.-°°°°° auf Grundlage der von ihr recherchierten und in diesem Bericht wiedergegebenen Erkenntnisse und der Bewertung derselben zu der Prognose gelangt, dass in ihr Heimatland zurückkehrende Serben vom Volk der Roma - und damit auch die Kläger - erheblichen Diskriminierungshandlungen seitens des serbischen Staates ausgesetzt sein werden, wird vom Gericht als bekannt vorausgesetzt. Diese Erkenntnisse wurden und werden von der Kammer in Entscheidungen zu Asylanträgen serbischer Roma - und damit auch im vorliegenden Verfahren - berücksichtigt. Es ist nicht dargetan, dass Frau Dr. X.-°°°°° dem Gericht bei einer Einvernahme als sachverständige Zeugin weitere, bislang nicht vorliegende Erkenntnisse vermitteln würde.
22Unabhängig davon handelt es sich bei der beantragten Vernehmung der Frau Dr. X.-°°°°° als sachverständiger Zeugin um ein ungeeignetes Beweismittel. Denn das Gericht hätte Frau Dr. X.-°°°°° im Rahmen eines Zeugenbeweises (§ 98 VwGO i.V.m. § 414 ZPO) nur zum Beweis vergangener Tatsachen oder Zustände vernehmen können. Der Beweisantrag betrifft mit der Frage, ob die Klägerin bei einer Rückkehr in ihr Heimatland in den genannten Bereichen erheblichen Diskriminierungshandlungen seitens des serbischen Staates ausgesetzt sein wird, jedoch eine Zukunftsprognose - die die benannte Zeugin nicht aus eigener Wahrnehmung bekunden kann.
23Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Februar 1985 - 8 C 15/84 -, juris, Rdnr. 17; OVG NRW, Beschluss vom 18. Juli 2007- 8 A 1075/06.A, juris, Rdnr. 20; Beschluss vom 23. April 2014 - 13 A 602/13.A -, juris, Rdnr. 38.
24Soweit das Verwaltungsgericht °°°°°°° in seinem Urteil vom 25. März 2014 - A 11 K 5036/13 - für aus Serbien stammende Roma im Wesentlichen wegen vermeintlich erheblicher Beschränkungen und Diskriminierungen von Angehörigen dieser Volksgruppe bei der Wahrnehmung deren elementaren Rechts auf Freizügigkeit/Ausreise-freiheit die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 3a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG bejaht, vermag dem die Kammer nicht zu folgen.Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes weder de iure noch de facto.
25Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Serbien vom 18. Oktober 2013, S. 23.
26Das Gericht vermag auch nicht zu erkennen, dass nach der Vorschrift des § 350a des serbischen Strafgesetzbuches bereits die bloße Stellung eines Asylantrages in der Bundesrepublik Deutschland unter Strafe gestellt werden soll. Die Regelung zielt nach ihrem Wortlaut (in der deutschen Übersetzung) vielmehr auf Schleuser, Schlepper oder sonstige Dritte ab, die einem Asylbewerber die Stellung eines Asylantrages beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland wollen, der zudem durch eine „falsche Darstellung der Gefährdung“ gekennzeichnet sein muss. Ein anderes, weitergehendes Verständnis des § 350a Abs. 1 serbisches StGB ist auch nicht aufgrund der Strafschärfungsregelungen in Absätzen 2 und 3 gerechtfertigt.
27Vgl. hierzu VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Mai 2014 - 17a K 2848/13.A - abrufbar unter www.nrwe.de, Rdnr. 41 ff., und Beschluss vom 22. Mai 2014 - 13a L 766/14.A -; VG Sigmaringen, Urteil vom 28. Mai 2014 - 1 K 234/14 -, juris, Rdnr. 39; VG Regensburg, Urteil vom 7. Mai 2014 - RO 6 K 14.30326 -, juris, Rdnr. 20.
28Im vorgenannten Sinne wird die Bestimmung, die nach den vorliegenden Erkenntnissen vor dem Hintergrund der Sorge Serbiens, dass die Ende Dezember 2009 eingeführte Visumfreiheit im Schengen-Raum „wegen des Fehlverhaltens einer Minorität („Wirtschaftsflüchtlinge“, über 90 % Roma)“ für alle serbischen Staatsangehörigen wieder suspendiert werden könnte, am 1. Januar 2013 in Kraft getreten ist, auch durch das Auswärtige Amt bewertet.
29Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Mai 2014 - 17a K 2848/13.A -, a.a.O., Rdnr. 45, unter Verweis auf den Lagebericht des Auswärtiges Amtes vom 18. Oktober 2013, S. 23 f., wonach es strafbar sei, durch Unterstützungs-leistungen einem serbischen Staatsangehörigen zu ermöglichen, einen missbräuchlichen Asylantrag im Ausland zu stellen.
30Darüber, dass § 350 a Abs. 1 des serbischen StGB entgegen seines Wortlauts in der Praxis auf Asylbewerber allein wegen der bloßen Stellung eines Asylantrages tatsächlich Anwendung findet, liegen keine verifizierbaren Erkenntnisse vor. Es sind insbesondere keine Präzedenzfälle bekannt, in denen Asylantragsteller nach ihrer Rückkehr nach Serbien aufgrund dieser Vorschrift bestraft worden wären. Bei den von Frau Dr. X.-°°°°° gegenüber dem Verwaltungsgericht °°°°°°°° angeführten sieben Fällen, in denen Strafverfahren betrieben worden seien, wird nicht differenziert, ob diese gerade Asylantragsteller betroffen haben. Auch ist unklar, ob diese Verfahren zu Verurteilungen geführt haben.
31Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Mai 2014 - 17a K 2848/13.A -, a.a.O., Rdnr. 48; VG Sigmaringen, Urteil vom 28. Mai 2014 - 1 K 234/14 -, juris, Rdnr. 39.
32Auch steht für die Kläger zur Überzeugung des Gerichts nach einer Rückkehr in ihr Heimatland keine Bestrafung nach § 350 des serbischen Strafgesetzbuches zu befürchten. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit diese Vorschrift, die die unerlaubte Grenzüberquerung als solche unter Strafe stellt - nach dem Text dann, wenn dies bewaffnet oder unter Anwendung von Gewalt erfolgt - eine im Rahmen des § 3 AsylVfG relevante Maßnahme sein soll.
33Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Mai 2014 - 17a K 2848/13.A - a.a.O., Rdnr. 53, und Beschluss vom 22. Mai 2014 - 13a L 766/14.A -.
34Soweit das Verwaltungsgericht °°°°°°°° in seinem Urteil vom 25. März 2014 davon ausgeht, dass „Bestrafungen nach dem neuen serbischen Meldegesetz selektiv gegen Roma erfolgten“, werden die insoweit in Bezug genommene „aktuelle Auskunftslage“ sowie „Informationen des Regional Center for Minorities“ weder inhaltlich wiedergegeben noch sonst konkretisiert. Soweit Frau Dr. X.-°°°°° diesbezüglich in ihrem Bericht : „Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland? Eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation“ auf Seite 41 ausführt, dass sich Personen, die länger als 90 Tage im Ausland bleiben, vor ihrer Abreise und bei ihrer Rückkehr bei den zuständigen Behörden melden müssen und Verstöße mit Geldstrafen geahndet werden können, stellt dies keinen Beleg für eine Beschränkung der Ausreisefreiheit dar. Vielmehr sind auch in den deutschen Meldegesetzen ähnliche Meldepflichten enthalten, vgl. beispielsweise §§ 13 Abs. 2, 37 Abs. 1 Nr. 2 des Meldegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen.
35Vgl. hierzu VG Regensburg, Urteil vom 7. Mai 2014 - RO 6 K 14.30326 -, juris, Rdnr. 20, das auf Art. 13 Abs. 2 und Art. 35 Nr. 3 des Bayerischen Meldegesetzes verweist.
36Die Kläger haben des Weiteren auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass ihnen in Serbien die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG) drohen.Auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor. Danach darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Ein Abschiebungsverbot nach diesen Normen zu Gunsten von Angehörigen der Volksgruppe der Roma aus Serbien besteht regelmäßig nicht.
37Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Februar 2014 - 5 A 195/14.A -.
38Schließlich liegt auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens sechs Monate ausgesetzt wird. Eine derartige Abschiebestopp-Anordnung besteht für die serbische Staatsangehörige, die der Volksgruppe der Roma angehören, nicht. Die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG kann nur dann im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eingeschränkt werden, wenn für den Schutzsuchenden ansonsten eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht, d.h. nur zur Vermeidung einer extremen konkreten Gefahrenlage in dem Sinne, dass dem Ausländer sehenden Auges der sichere Tod droht oder er schwerste Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten hätte.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2010 - 10 C 10/09 -, juris, Rdnr. 12, und vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -, m.w.N.
40Eine extreme Gefahr besteht nicht wegen der allgemeinen Versorgungslage in Serbien. Trotz der nach wie vor schlechten wirtschaftlichen Lage Serbiens ist die Versorgung mit Lebensmitteln gesichert. Es ist auch zu erwarten, dass die Kläger in Serbien - wie auch vor ihrer Ausreise - jedenfalls das Existenzminimum sicherstellen können. Die Familie hat vor der Ausreise im Haus der Eltern des Klägers zu 1. gewohnt. Gelingt es den Klägern nicht, ihren Lebensunterhalt zu sichern, können sie auf staatliche Hilfe zurückgreifen. Rückkehrer erhalten nach Abschluss der Registrierung bei den Wohnortbehörden und Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bzw. Anmeldung als Arbeitssuchende kostenfreien Zugang zur Gesundheits- und Sozialversorgung. Die Registrierung erfolgt nicht automatisch, sondern muss von den Betreffenden selbst unter Vorlage der erforderlichen Dokumente, u.a. - wie von den Klägern beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorgelegt - einer Geburtsurkunde und eines Staatsangehörigkeitsnachweises, beantragt werden. Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten oder auf andere Art und Weise nicht sichern können.
41Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 18. Oktober 2013, S. 19 f.
42Soweit Frau Dr. X.-°°°°° in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht °°°°°°°°° in dem Verfahren A 11 K 5036/13 ausgesagt hat, dass Roma „überwiegend vom Bezug von Sozialleistungen ausgeschlossen würden“, hat sie diese Einschätzung nicht näher verifiziert. Die diesbezüglichen Ausführungen in dem Bericht „Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland? Eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation“ (S. 31) beruhen auf Erkenntnissen aus dem Jahr 2011. Insbesondere die danach kritisierte Verfahrensweise der serbischen Behörden, den Zugang zu Sozialleistungen von dem Besitz von Personaldokumenten abhängig zu machen, dürfte im Fall der Kläger keine Schwierigkeiten bereiten, weil sie entsprechende Dokumente auch bei der Asylantragstellung in Deutschland vorgelegt haben. Dass den Klägern bei einer Rückkehr nach Serbien staatliche Unterstützungsleistungen verwehrt werden würden, ist auch durch die Vorlage der beglaubigten Übersetzung des Schreibens der „Anstalt zur Sozialarbeit“ M. vom 14. September 2012, das bestätigen soll, dass der Kläger zu 1. zum damaligen Zeitpunkt „kein Benutzer des Anspruchs auf Geldsozialhilfe“ war, nicht belegt. Diese „Bestätigung“ sagt weder etwas darüber aus, aus welchen Gründen dem Kläger zu 1. keine Sozialleistungen erhalten hat, noch, ob die Klägerin zu 2. oder andere Familienmitglieder einen Anspruch darauf hatten bzw. zukünftig haben werden.Individuelle Umstände, die eine solche extreme Gefahr begründen und damit eine Wiederaufnahme des Verfahrens insoweit rechtfertigen könnten, haben die Kläger nicht vorgetragen. Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Klägers zu 3. liegen nicht vor.Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.Erhebliche konkrete Gefahren für Leib oder Leben im Sinne dieser Vorschrift drohen, wenn ernsthaft zu befürchten steht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers in seinem Heimatland wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, etwa weil er auf die dortigen unzureichenden Möglichkeiten zur Behandlung seines Leidens angewiesen wäre und auch anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte. Erforderlich ist, dass die drohende Gesundheitsgefahr von besonderer Intensität ist und die zu erwartende Gesundheitsverschlechterung alsbald nach Rückkehr in die Zielstaat einzutreten droht.
43Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom17. Oktober 2006 - 1 C 18.05 -, und vom 29. Oktober 2002 - 1 C 1.02 -, jeweils juris.
44Dementsprechend kann von einer abschiebungsschutzrelevanten Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht schon dann gesprochen werden, wenn „lediglich“ eine Heilung eines Krankheitszustandes des Ausländers im Abschiebungsfall nicht zu erwarten ist. Eine solche Gefahr ist auch nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes anzunehmen, sondern nur, wenn außergewöhnlich schwere körperliche oder psychische Schäden alsbald nach der Einreise des Betroffenen in den Zielstaat drohen.
45Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 30. Oktober 2006 - 13 A 2820/04.A - und vom 30. Dezember 2004 - 13 A 1250/04.A -, jeweils juris.
46Diese Befürchtung kann auch dann begründet sein, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation im Herkunftsland des Ausländers zwar allgemein zur Verfügung steht, sie dem betroffenen Ausländer im Einzelfall jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist. Die mögliche Unterstützung durch Angehörige ist dabei in die gerichtliche Prognose, ob eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes droht, einzubeziehen.
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2002 - 1 C 1.02 -, a.a.O.
48Es besteht keine beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass dem Kläger zu 3. bei einer Abschiebung nach Serbien Gefahren im vorstehenden Sinne drohen. Die diesbezüglich vorgelegten ärztlichen Unterlagen belegen die Gefahr eines alsbaldigen Eintritts außergewöhnlich schwerer körperlicher oder psychischer Schäden nicht. Aus diesen Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers zu 3. bei einer Rückkehr nach Serbien wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. In seinem jüngsten - bereits im August 2013 erstellten - Attest führt Dr. (YU) N. aus, dass die „erforderliche Therapie (…) wegen der beiden Krankheiten weiterhin zu leisten“ sei; „jegliche Veränderung des psychischen Zustandes - darunter versteht man auch den Druck einer möglichen Abschiebung - kann zu neuen Krampfanfällen führen und Verstärkung des nächtlichen Wasserlassens und somit das Kind viele Monate in seine Krankheit zurückbringen“. Dadurch werden weder die erforderliche besondere Intensität, noch die vorauszusetzende zeitliche Nähe drohender Gesundheitsgefahren bei einer Unterbrechung oder einem Abbruch der Behandlung hinreichend substantiiert dargetan. Die pauschale Feststellung, dass der Behandlungsverlauf, der sich aus den Attesten des Dr. (YU) N. nur unzureichend ergibt, unterbrochen und möglicherweise erzielte Behandlungserfolge „rückgängig“ gemacht werden könnten, ist mangels Substanz ohne Aussagekraft. Eine belastbare Prognose zum voraussichtlichen weiteren Krankheitsverlauf ist nicht möglich. Im Übrigen sind Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nicht entscheidungserheblich. Die Frage der Reisefähigkeit des Klägers zu 3. betrifft ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, welches in diesem Verfahren nicht Streitgegenstand ist, sondern gegenüber der Ausländerbehörde geltend zu machen ist. Schließlich verhält sich keines der vorgelegten Atteste zu den Folgen einer Unterbrechung oder eines Abbruchs der derzeitigen medikamentösen Behandlung des Klägers zu 3. sowie zu der Frage einer Behandelbarkeit mit möglicherweise geeigneten Substituten.Unabhängig davon geht das Gericht davon aus, dass die Krankheiten des Klägers zu 3. in Serbien behandelbar sind und ihm die Behandlung auch zugänglich ist.Epilepsie und psychische Erkrankungen sind in Serbien behandelbar. Es gibt nur sehr wenige Erkrankungen, die in Serbien nicht oder nur schlecht behandelt werden können. Die Grundversorgung mit häufig verwendeten, zunehmend auch mit selteneren Medikamenten ist gewährleistet.
49Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 18. Oktober 2013, S. 22 f.
50Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres werden grundsätzlich kostenfrei und ohne finanzielle Eigenbeteiligung behandelt, sofern sie registriert sind. Daneben wird das Krankheitsbild der Epilepsie, unabhängig vom Status des Patienten, kostenfrei behandelt.
51Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 18. Oktober 2013, S. 21.
52Der von den Klägern vergleichsweise herangezogene Fall, in dem das Bundesamt bei einem erkrankten serbischen Staatsangehörigen ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festgestellt hat, ist bereits im Tatsächlichen nicht mit dem vorliegenden Fall des Klägers zu 3. vergleichbar. Das betrifft schon die Schwere der Krankheit, die sich in der Anzahl der epileptischen Anfälle zeigt. Diese treten nach dem Attest von Dr. (YU) N. vom 28. August 2013 bei dem Kläger etwa ein- bis zweimal im Monat auf, während der Antragsteller in dem benannten Verfahren offenbar „4 bis 6 generalisierte epileptische Anfälle pro Tag“ erlitt. Darauf kommt es indes nicht an, denn es ist bereits nicht belegt, dass der Kläger zu 3. im Falle einer Rückkehr nach Serbien der konkreten Gefahr einer nachhaltigen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes ausgesetzt wäre. Dies belegen die vorgelegten ärztlichen Unterlagen zu seiner Erkrankung nicht.
53Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83 b AsylVfG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der am 10. September 2000 in Al Chithan, Provinz Ninive (Ninewa), geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit und gehört der Glaubensgemeinschaft der Yeziden an. Nach eigenen Angaben reiste er im September 2009 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein. Vertreten durch seinen Vormund, einen Onkel väterlicherseits, stellte er am 1. Oktober 2009 einen Asylantrag.
3Am 18. März 2010 hörte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) den Vormund des Klägers zu den Gründen des Asylbegehrens an. Er gab an, dass der Kläger mit seiner Familie im Irak zuletzt im Dorf Borik bei Shingal (Sindjar; auch: Sindschar) in der Provinz Ninive (auch: Niniveh, Ninawa) gelebt habe. Seine Eltern hätten aufgrund der Gefahren durch Anschläge und Überfälle auf Yeziden um seine Sicherheit gebangt. Wegen der Einzelheiten der Anhörung wird auf Blatt 35 bis 38 des Verwaltungsvorgangs des Bundesamtes (Beiakte Heft 1) verwiesen.
4Durch Bescheid vom 12. Mai 2010 lehnte das Bundesamt (1.) den Asylantrag des Klägers als unbegründet ab und stellte fest, dass (2.) die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und (3.) Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen. Ferner forderte es (4.) den Kläger zur Ausreise aus dem Bundesgebiet binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. - für den Fall der Klageerhebung - nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens auf und drohte ihm die Abschiebung in den Irak an.
5Der Kläger hat am 19. Mai 2010 Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, Yeziden seien in seinem Herkunftsgebiet, dem Sindjar, der Gefahr einer Gruppenverfolgung ausgesetzt.
6Der Kläger hat beantragt,
7den Bescheid des Bundesamtes vom 12. Mai 2010 bezüglich der Ziffern 2 bis 4 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
8hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG gegeben sind,
9hilfsweise für den Fall, dass er nicht als Flüchtling anerkannt wird, zum Beweis der Tatsache, dass Yeziden der Gefahr von Übergriffen seitens der muslimischen Bevölkerung ausgesetzt sind, ein Sachverständigengutachten einzuholen.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 2010 abgewiesen: Dem Kläger drohe bei einer Rückkehr in den Irak aufgrund seiner Zugehörigkeit zur yezidischen Glaubensgemeinschaft keine Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG durch nichtstaatliche Akteure. Die Annahme einer derartigen Gruppenverfolgung setze eine bestimmte Verfolgungsdichte voraus, die hier nicht vorliege. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG.
13Durch Beschluss vom 18. Mai 2011 hat der Senat die Berufung zugelassen, soweit der Kläger einen Anspruch auf die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich des Irak geltend macht. Im Übrigen ist der Zulassungsantrag abgelehnt worden.
14Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor: Unter Berücksichtigung der hohen Dunkelziffer von gewaltsamen Übergriffen auf Yeziden durch Muslime und der alltäglichen Diskriminierungen liege eine Verfolgungsdichte vor, die die Annahme einer Gruppenverfolgung rechtfertige. Zudem sei zu berücksichtigen, dass sich Yeziden durch Abschottung schützten, indem sie insbesondere ihre besonders gesicherten Dörfer kaum noch verließen; dadurch sei aber eine ausreichende Lebensgrundlage nicht mehr gewährleistet. Auch das religiöse Existenzminimum sei für Yeziden im Irak nicht gewährleistet. Er - der Kläger - könne sich im Irak unmöglich öffentlich zu seinem Glauben als Yezide bekennen, ohne mit Übergriffen auf sein Leben rechnen zu müssen. Selbst in Sheikhan, der für Yeziden vergleichsweise sichersten Region, würden diese seit Jahren ihr größtes religiöses Fest nicht feiern. Da es zwischen den einzelnen Siedlungsgebieten der Yeziden in jeglicher Hinsicht so gut wie gar keinen Verkehr bzw. Kommunikation gebe, müsse die Situation der Yeziden aus den unterschiedlichen Siedlungsgebieten unabhängig voneinander geprüft werden. Das Gutachten des Europäischen Zentrums für kurdische Studien (EZKS) vom 17. Februar 2010 stufe die Situation in Sindjar als immer noch extrem gefährlich ein. Für die Berichterstatter sei die Situation in Sindjar so gefährlich gewesen, dass sie sich selbst nicht in diese Siedlungsgebiete gewagt hätten und somit auch keine Erkenntnisse über die Lage der Yeziden hätten einholen können. Viele Berichte gingen davon aus, dass ca. 70 % aller Yeziden im Irak in dem Gebiet Sindjar angesiedelt seien. Verlässliche Quellen stünden hierzu aber nicht zur Verfügung. Die meisten der genannten Todesopfer stammten aus dem Sindjar. Der Grund hierfür liege wahrscheinlich darin, dass im Sindjar auch sehr viele Moslems angesiedelt seien und in jeglicher Hinsicht versuchten, die Yeziden aus ihrem angestammten Siedlungsgebiet zu vertreiben. Den Yeziden sei es in diesem Gebiet ebenso wie in den anderen Distrikten nicht möglich, sich in Dörfer, die ausschließlich von Yeziden bewohnt seien, zurückzuziehen. Danach sähen sich die Yeziden aus den Distrikten einer ungewollten Konfrontation mit den Moslems ausgesetzt, die vor allem in diesem Gebiet öffentlich zur Vertreibung der Yeziden aufriefen.
15Der Kläger beantragt,
16das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes vom 12. Mai 2010 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Sie erwidert: Für die Annahme einer Gruppenverfolgung durch nichtstaatliche Akteure zu Lasten der yezidischen Bevölkerung in der Provinz Ninive im Distrikt Sindjar fehle es an der notwendigen Verfolgungsdichte. Die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten hohen Anforderungen seien nicht ansatzweise erfüllt. Die unbelegten und eher spekulativen Ausführungen des Klägers rechtfertigten keine andere Bewertung. Nach den Auszügen einer von ihr - der Beklagten - erstellten Ausarbeitung zur Entwicklung der Statistik der Gewalttaten im Irak, u.a. auch zur Provinz Ninive mit Stand vom 16. Juni 2011 sei auszuführen, dass in den Jahren 2009 bis Ende 2010 ein erheblicher Rückgang der (Todes-)Opferzahlen zu verzeichnen gewesen sei. Auch bei der Hochrechnung der gegenwärtig bis einschließlich April 2011 vorliegenden Werte bis Ende 2011 könne ein weiterer leichter Rückgang prognostiziert werden. Sie ‑ die Beklagte - verfüge über keine Erkenntnisse, wie hoch der Anteil der yezidischen Bevölkerung an den Opfern der Anschläge gewesen sei. Gleiches gelte für die Frage, wie sich die einzelnen Vorfälle auf die jeweiligen Distrikte verteilten. Es sei jedoch festzuhalten, dass selbst bei rein theoretischer Annahme, dass sämtliche Opfer yezidischen Glaubens gewesen seien und aus dem Distrikt Sindjar stammten, die Voraussetzung für die Annahme einer durch die entsprechende Verfolgungsdichte begründeten Gruppenverfolgung nicht gegeben sei. Dies gelte auch im Hinblick auf die Tatsache, dass die Dunkelziffer der bei den Vorfällen Verletzten nicht in der Statistik berücksichtigt sei.
20Der Senat hat Beweis erhoben über die Situation der Yeziden im Sindjar. Auf die Auskunft des EZKS vom 16. September 2013 wird Bezug genommen. Zudem ist die Gutachterin des EZKS, Frau T. , in der mündlichen Verhandlung am 22. Januar 2014 ergänzend befragt worden; insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe
23Die nur hinsichtlich des auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 2 des Bescheides des Bundesamtes) zugelassene und insoweit auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
24Maßgeblich ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende Sach- und Rechtslage. Das ist hier die seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl. I, S. 3474) am 1. Dezember 2013 maßgebliche Fassung des Aufenthalts- und des Asylverfahrensgesetzes.
25Die während des Berufungsverfahrens in Kraft getretenen Rechtsänderungen, die im Zusammenhang mit der am 21. Dezember 2013 abgelaufenen Umsetzungsfrist der Richtlinie 2011/95/EU,
26vgl. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung), ABl. L 337 vom 20. Dezember 2011, S. 9,
27stehen, haben nicht zur Folge, dass sich der infolge der nur auf die Flüchtlingsanerkennung beschränkten Zulassung der Berufung hier maßgebliche Streitgegenstand geändert oder erweitert hätte.
28Das Prüfprogramm ist sowohl hinsichtlich des im vorliegenden Berufungsverfahren allein streitbefangenen Flüchtlingsstatus, dessen Voraussetzungen nunmehr in den §§ 3 bis 3e AsylVfG geregelt sind, als auch - ungeachtet der geänderten Terminologie - hinsichtlich des jetzt in § 4 AsylVfG geregelten subsidiären Schutzes in der Sache im Wesentlichen unverändert geblieben.
29Vgl. im Einzelnen Münch, Zur Änderung der Qualifikationsrichtlinie, Beilage zum ASYLMAGAZIN 7-8/2013, 7 ff.
30Das gilt hinsichtlich der am 1. Dezember 2013 in Kraft getretenen Gesetzesänderung auch insoweit, als das bisherige Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG durch den nunmehr in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG geregelten Anspruch auf subsidiären Schutz wegen ernsthafter individueller Gefahren für die Zivilbevölkerung im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ersetzt worden ist. Die gesetzlichen Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG entsprachen - in der vom Bundesverwaltungsgericht in Anlehnung an die maßgeblichen unionsrechtlichen Grundlagen (vgl. Art. 15 Buchst. c) der Richtlinie 2004/83/EG und gleichlautend in der neugefassten Richtlinie 2011/95/EU) geklärten Auslegung -,
31vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -, juris Rn. 17 und 36, BVerwGE 131, 198, wonach insbesondere das Merkmal der Bedrohung "infolge willkürlicher Gewalt" sinngemäß auch bisher schon in der nationalen Umsetzungsvorschrift enthalten war,
32ohne materielle Änderungen der jetzigen Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG. Davon ausgehend stellt sich die Frage, ob ein neuer Streitgegenstand infolge einer Gesetzesänderung während des gerichtlichen Verfahrens angewachsen sein könnte,
33zur grundsätzlichen Möglichkeit eines solchen Anwachsens eines neuen Streitgegenstands vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, BVerwGE 136, 360,
34hier nicht. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass Flüchtlingsstatus und subsidiärer Schutz Teilelemente des internationalen Schutzes sind und im Verwaltungsverfahren nicht unabhängig voneinander beantragt werden können (§ 13 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG). Einer Einstufung als prozessual unabhängige Streitgegenstände steht das nicht entgegen.
35Dies vorausgeschickt hat das Verwaltungsgericht den hier noch streitbefangenen Teil der Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Nr. 2 des Bescheides des Bundesamtes vom 12. Mai 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG.
36I. Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - Genfer Flüchtlingskonvention (GK) -, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - zur Definition diese Begriffe vgl. § 3b Abs. 1 AsylVfG - außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, (a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder (b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
37Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG gelten zunächst Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG), ferner Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG). § 3a Abs. 2 AsylVfG nennt als mögliche Verfolgungshandlungen beispielhaft u.a. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, sowie gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden.
38Dabei muss gemäß § 3a Abs. 3 AsylVfG zwischen den Verfolgungsgründen im Sinne von §§ 3 Abs. 1 und 3b AsylVfG und der Verfolgungshandlung bzw. den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen.
39Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, NVwZ 2013, 936, juris Rn. 19.
41Wenn der Antragsteller frühere Verfolgungshandlungen oder Bedrohungen mit Verfolgung als Anhaltspunkt für die Begründetheit seiner Furcht geltend macht, dass sich die Verfolgung im Falle der Rückkehr in das Heimatland wiederholen werde, kommt ihm - auch wenn dies anders als nach bisheriger Gesetzeslage (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG a.F. i.V.m. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG) nicht mehr ausdrücklich geregelt ist - die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU zugute. Die solchen früheren Handlungen oder Bedrohungen nach dieser Vorschrift zukommende Beweiskraft ist von den zuständigen Behörden unter der sich aus Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2011/95/EU ergebenden Voraussetzung zu berücksichtigen, dass diese Handlungen oder Bedrohungen eine Verknüpfung mit dem Verfolgungsgrund aufweisen, den der Betreffende für seinen Antrag auf Schutz geltend macht.
42Zur gleichlautenden Regelung in Art. 4 Abs. 4, Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2004/83/EG vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Juli 2012 - 10 B 17.12 -, Buchholz 451.902 EurAuslR Nr. 62, juris Rn. 5, im Anschluss an EuGH, Urteil vom 2. März 2010 - Rs. C-175/08 u.a., Abdulla u.a. - Slg. 2010, I-1493 Rn. 93.
43Die Gefahr einer den Anspruch auf Zuerkennung des Flüchtlingsstatus begründenden Verfolgung kann sich nicht nur aus gegen den Betroffenen selbst gerichteten Maßnahmen (Einzelfallverfolgung), sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines flüchtlingsschutzrelevanten Merkmals verfolgt werden, das der Betreffende mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (sog. Gruppenverfolgung). Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt grundsätzlich eine bestimmte Verfolgungsdichte voraus. Der Feststellung dicht und eng gestreuter Verfolgungsschläge bedarf es allerdings nicht, wenn hinreichend sichere Anhaltspunkte für ein staatliches Verfolgungsprogramm bestehen, dessen Umsetzung bereits eingeleitet ist oder alsbald bevorsteht. Bei der Prüfung einer Gruppenverfolgung sind die zahlenmäßigen Grundlagen der gebotenen Relationsbetrachtung zur Verfolgungsdichte nicht mit quasi naturwissenschaftlicher Genauigkeit feststellen. Es genügt, die ungefähre Größenordnung der Verfolgungsschläge zu ermitteln und sie in Beziehung zur Gesamtgruppe der von Verfolgung Betroffenen zu setzen. Dabei darf bei unübersichtlicher Tatsachenlage und nur bruchstückhaften Informationen aus einem Krisengebiet auch aus einer Vielzahl vorliegender Einzelinformationen eine zusammenfassende Bewertung des ungefähren Umfangs der asylerheblichen Verfolgungsschläge und der Größe der verfolgten Gruppe vorgenommen werden, wobei gegebenenfalls auch eine Dunkelziffer nicht bekannter Übergriffe einzubeziehen ist.
44Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 -, BVerwGE 96, 200, 204, und vom 21. April 2009 - 10 C 11.08 -, Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 39.
45An diesen Anforderungen ist unter Geltung der unionsrechtlichen Vorgaben festzuhalten.
46Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Februar 2010 - 10 B 18.09 -, juris Rn. 2 f.
47Sie gelten auch für den Fall, dass die Verfolgung nicht von dem Staat, sondern von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht. Nach § 3c AsylVfG kann die Verfolgung ausgehen von (1.) dem Staat, (2.) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, oder (3.) von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
48II. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen.
491. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass staatliche irakische Behörden den Kläger vor seiner Ausreise verfolgt haben könnten oder nunmehr im Falle seiner Rückkehr verfolgen werden.
502. Auch für eine an individuelle, in der Person des Klägers liegende Umstände anknüpfende Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure ist nichts ersichtlich.
51Individuell ihn betreffende Verfolgungshandlungen, die sich in der Zeit vor seiner Ausreise zugetragen haben und Anlass für die Flucht waren, hat der Kläger nicht geschildert. Derartige Umstände sind derzeit auch für den Fall einer Rückkehr in den Irak nicht ersichtlich.
523. Der Kläger ist ferner nicht in Anknüpfung an seine yezidische Religionszugehörigkeit von einer Gruppenverfolgung bedroht.
53a) Die irakische Verfassung bestimmt zwar in ihrem Art. 2 den Islam zur Staatsreligion, garantiert aber zugleich die Religionsfreiheit insbesondere für Yeziden. Eine Diskriminierung oder Verfolgung religiöser Minderheiten durch staatliche Stellen findet generell nicht statt. Von einem staatlichen Verfolgungsprogramm kann keine Rede sein.
54Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 7. Oktober 2013, S. 11 f.
55Allerdings ist der Staat nicht in der Lage, den Schutz von Minderheiten vor Übergriffen und Anschlägen nichtstaatlicher Akteure zu gewährleisten.
56Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 7. Oktober 2013, S. 12.
57Daher ist die allgemeine Sicherheitslage im Irak - mit Ausnahme der Region Kurdistan-Irak und mit Einschränkungen des Südirak - ausweislich der dem Gericht vorliegenden Berichte immer noch schlecht. Sie hatte sich seit 2007 von Jahr zu Jahr verbessert; das Auswärtige Amt geht auf der Grundlage des von der Organisation "Iraq Body Count" erfassten Datenmaterials von einer Abnahme der sicherheitsrelevanten Vorfälle zwischen 2007 und 2012 um ca. 80 % aus. Im Zuge der sunnitisch-schiitischen Konflikte hat sich die Sicherheitslage aber seit 2013 wieder deutlich verschlechtert. Schwerpunkte terroristischer Aktivitäten, die sich seit dem Truppenabzug der USA Ende 2011 nicht mehr gegen Mitglieder der Koalition richten und von Aufständischen ausgehen, sondern überwiegend der sunnitischen Al-Qaida und der Organisation "Islamischer Staat Irak" zugerechnet werden, sind Bagdad, der Zentralirak sowie die Städte Kirkuk und Mosul, die Provinzhauptstadt von Ninive, der Herkunftsprovinz des Klägers. In den sog. umstrittenen Gebieten der Provinzen Diyala, Ta'mim, Salahaddin und Ninive, die infolge der Arabisierungspolitik des Baath-Regimes de jure nicht (mehr) zur Region Kurdistan-Irak gehören, von der Kurdischen Regionalregierung (KRG) aber als zu ihr gehörig beansprucht und von den kurdischen Sicherheitsorganisationen geschützt werden, ist die Lage von starken Spannungen der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, insbesondere Araber, Turkmenen und Kurden, zu denen regelmäßig auch die Yeziden gezählt werden, geprägt.
58Vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 7. Oktober 2013, S. 5 f.
59Insbesondere Angehörige der yezidischen Minderheit gehören zu den Personengruppen, deren religionsbezogene Schutzgesuche nach den Empfehlungen des UNHCR,
60UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs von Asylsuchenden aus dem Irak von Mai 2012,
61in Bezug auf den Anspruch auf internationalen Flüchtlingsschutz einzelfallbezogen sehr genau zu prüfen sind.
62Terroristische Anschläge der im Zusammenhang mit der allgemeinen Sicherheitslage erfassten Art können aber nicht ohne weiteres als gezielte Verfolgungsmaßnahmen auf Grund der Religionszugehörigkeit der betroffenen Opfer angesehen werden. Allgemeine Gefahren dieser Art sind vielmehr lediglich bei der Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG (vormals: § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG) bzw. im Rahmen des im nationalen Recht geregelten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG (bislang § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) zu berücksichtigen. Beides ist hier aber nicht Streitgegenstand.
63b) Die über die Gefährdungs- und Verfolgungssituation speziell der yezidischen Religionszugehörigen vorliegenden und in diesem Verfahren ergänzend ermittelten Erkenntnisse rechtfertigen nicht die Annahme, dass der Kläger vor seiner Ausreise oder nunmehr im Falle einer Rückkehr in den Irak allein wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe von einer Gruppenverfolgung durch nichtstaatliche Akteure bedroht war bzw. ist. Die nach den oben genannten Maßstäben für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte ist weder landesweit noch in Bezug auf die yezidischen Stammsiedlungsgebiete, darunter die Herkunftsregion des Klägers, Sindjar, gegeben. Das hat der Senat hinsichtlich des ebenfalls in der Provinz Ninive gelegenen Distrikts Scheichan,
64Beschlüsse vom 22. November 2010 - 9 A 3287/07.A -, juris Rn. 37, und vom 28. März 2011- 9 A 2563/10.A -, juris Rn. 7,
65und der zur Provinz Ninive gehörenden Subdistrikte Alqosh und Al Fayda des Disktrikts Til Kef,
66Beschluss vom 30. März 2011 - 9 A 567/11.A -, juris Rn. 8,
67bereits entschieden. Trotz der im Vergleich zu den genannten yezidischen Siedlungsgebieten schwierigeren Situation gilt für die Region Sindjar im Ergebnis ebenfalls, dass eine die Annahme einer Gruppenverfolgung rechtfertigende Verfolgungsdichte nicht vorliegt.
68So auch. OVG Saarl., Urteil vom 16. September 2011 - 3 A 446/09 -, juris Rn. 165; vgl. auch Nds. OVG, Urteil vom 8. Februar 2012 - 13 LB 50/09 -, juris Rn. 41, m.w.N.; Bay.VGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 13a ZB 10.30444 -, juris, und vom 12. September 2011 - 13a ZB 11.30280 -, juris.
69Die Anzahl der Verfolgungsmaßnahmen i.S.d. § 3a Abs. 1 AsylVfG ist im Verhältnis zur Gesamtgröße der betroffenen Bevölkerungsgruppe nicht so hoch, dass daraus eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit für jeden Gruppenzugehörigen folgt.
70aa) Yeziden siedeln im Irak vor allem im nördlichen Irak in der zwischen der KRG und der irakischen Zentralregierung umstrittenen Provinz Ninive um die Städte Sindjar und Scheichan sowie in der Provinz Dohuk (auch: Dahuk, kurdisch: Duhok). Die Zahl der Yeziden im Irak soll nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes von der Gruppe selbst mit 450.000 bis 500.000 angegeben werden,
71Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 7. Oktober 2013, vgl. auch die im vorliegenden Verfahren mit Schriftsatz der Klägervertreter vom 8. November 2013 eingereichte, im Internet abrufbare Stellungnahme des Herrn Ali Sido Rasho "Yezidis Face Danger in Iraq" (http:://rashoali.blogspot.de /2012/03/yezidis-face-danger-in-iraq.html),
72und wird - allerdings, ohne dass die dem zugrunde liegenden Erkenntnisse näher mitgeteilt werden - teils mit etwa 200.000 geschätzt.
73Vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 28. November 2010 unter II. 2.4. (5).
74Das Europäische Zentrum für kurdische Studien (EZKS) ging im Jahr 2011 von etwa 300.000 bis 400.000 Personen aus.
75Vgl. Auskunft des EZKS vom 20. November 2011 an das VG Düsseldorf.
76Diese Zahl erscheint aus derzeitiger Sicht plausibel, weil sie – zumindest teilweise – auf konkreten Bevölkerungsdaten beruht und sich im Zuge der Beantwortung der im vorliegenden Verfahren eingeholten weiteren Auskunft bestätigt hat. Danach geht das EZKS in seiner Auskunft vom 16. September 2013 an den Senat davon aus, dass sich die damals geschätzte Zahl unter Berücksichtigung einer Bevölkerungswachstumsrate von 2,5 % erhöht hat, und ermittelt nunmehr bei einer Auswertung der nach den Angaben der kurdischen Verwaltung ausgegebenen Lebensmittelkarten eine Zahl von etwas über 290.000 Yeziden allein im Sindjar. Diese Zahl lässt sich - wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich betont hat - mit der Anzahl der 13 Zentraldörfer, in denen die yezidische Bevölkerung des Sindjar fast ausschließlich lebt, und deren durchschnittlicher Einwohnerzahl von ca. 20.000 ohne weiteres in Einklang bringen. Auch das Auswärtige Amt geht in seiner Kurzstellungnahme vom 24. April 2013 an den Senat nunmehr von ca. 300.000 Yeziden im Sindjar aus.
77bb) Dieser Bevölkerungszahl sind die in Anknüpfung an ihre religiöse bzw. ethnische Zugehörigkeit zu dieser Bevölkerungsgruppe gegen Yeziden gerichteten Verfolgungsmaßnahmen gegenüberzustellen. Zu den relevanten Verfolgungsmaßnahmen können neben anschlagsbedingten Tötungen und Verletzungen sowie Entführungen, sofern sich eine Anknüpfung an die Religion feststellen lässt, auch sonstige, in ihrer Kumulation gleichgewichtige Maßnahmen i.S.d. § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG zählen. In Betracht kommen dabei grundsätzlich insbesondere auch Eingriffe in die Religionsfreiheit. Dies vorausgeschickt stellt sich die Lage der Yeziden im Sindjar wie folgt dar:
78(1) Yeziden sind wie alle Bewohner des Irak von der allgemein problematischen Sicherheitslage mit Entführungen, Plünderungen, Zerstörungen, Sprengstoff- und Bombenangriffen betroffen. Darüber hinaus sind sie - wie auch andere religiöse Minderheiten - seit dem Sturz des Saddam-Regimes gezielten Übergriffen von radikalen Islamisten ausgesetzt. Dabei wirkt sich zu Ungunsten der Sicherheitslage wie auch der ökonomischen Lage aus, dass der Distrikt - anders als etwa Scheichan und Alqosh - nicht direkt an die de jure kurdisch verwalteten - durchweg sichereren und ökonomisch besser aufgestellten - Gebiete angrenzt. Die 13 sog. Zentraldörfer wie auch das Heimatdorf des Klägers, Borik (arabisch: al-Irmuk), liegen vielmehr inmitten und in unmittelbarer Nähe arabischer Dörfer, in denen unter Saddam Hussein loyale arabische Stämme angesiedelt wurden. Zudem hat Al-Qaida in dem Bereich einen erheblichen Einfluss.
79Vgl. EZKS, Auskünfte vom 17. Februar 2010 an das VG München, S. 13, und vom 20. November 2011 an das VG Düsseldorf, S. 6.
80Im Jahr 2005 wurde über mehrere Dutzend Mordfälle an Yeziden vor allem in den Städten Tal Afar und Sindjar berichtet. Täter sollen Muslime gewesen sein, die Yeziden für ihr nicht den Regeln des Korans entsprechendes Verhalten hätten „bestrafen“ wollen. Am 15. Februar 2007 kam es in der Stadt Scheichan (Ain Sifni) zu gewaltsamen Ausschreitungen zwischen muslimischen Kurden und Yeziden, bei denen religiöse Zentren der Yeziden, Privathäuser und Geschäfte niedergebrannt wurden. In Mosul wurde am 24. April 2007 ein mit yezidischen Arbeitern besetzter Bus von islamistischen Terroristen überfallen und alle 24 Insassen wurden ermordet.
81Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 12. August 2009, S. 22.
82Zu dem bislang schlimmsten Angriff gegenüber Zivilisten kam es am 14. August 2007, als vier mit Sprengstoff beladene Lkw in den am Rande des Sindjar gelegenen Zentraldörfern Gir Azair (arabisch: al-Khataniya) und Siba Sheik Khidri (arabisch: al-Jazirah) im Subdistrikt al-Khataniya, der bis 1977 zum Sindjar gehörte, explodierten; über 320 yezidische Dorfbewohner starben, zwischen 530 und 700 weitere wurden verletzt, 400 Häuser wurden zerstört.
83Vgl. EZKS, Auskünfte vom 26. Mai 2008 an das Verwaltungsgericht Köln und vom 17. Februar 2010 an das VG München; mit leicht abweichenden Angaben (15. August statt 14. August 2007): Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 17. Januar 2013, Seite 19.
84Bei einem Anschlag auf ein Café/Teehaus in Sindjar kamen am 13. August 2009 mindestens 21 Personen - vor allem yezidische Jugendliche und junge Männer - ums Leben; 32 weitere wurden verletzt.
85Vgl. Auskunft des EZKS vom 17. Februar 2010 an das VG München und Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 28. November 2010, S. 27 (wonach sich der Vorfall am 18. August 2009 ereignet haben soll).
86Eine Fluchtwelle - sei es innerhalb des Irak in die de jure kurdischen Gebiete, sei es ins Ausland - haben diese und weitere Anschläge auf Yeziden nicht ausgelöst. Neben dem naheliegenden wirtschaftlichen Grund, dass sich viele Yeziden eine Flucht kaum leisten können, ist dies auch darauf zurückzuführen, dass die Regierung der kurdisch verwalteten Gebiete nach den Anschlägen vom 14. August 2007 zusätzliche Polizeikräfte eingesetzt hat, um die yezidische Bevölkerung zu schützen und logistische Hilfe zu leisten. Als Reaktion auf den Angriff vom 13. August 2009 veranlassten kurdische Peschmerga bzw. die jeweiligen Dorfbewohner die Sicherung einiger Zentraldörfer durch Sandbarrieren.
87EZKS, Auskunft vom 17. Februar 2010 an das VG München.
88Inzwischen sind alle yezidischen Zentraldörfer im Sindjar mit Mauern umgeben. Es gibt jeweils einen Eingang, der besonders kontrolliert wird. Seit 2009, als bei dem Anschlag auf ein Café in der Stadt Sindjar 21 Personen getötet und zahlreiche weitere verletzt wurden, ist es im Sindjar zu keinem großen Anschlag mehr gekommen. Die Straßen zwischen den Zentraldörfern und zu den größeren Städten werden auf Initiative der KRG von Peschmerga (kurdisch kontrollierte Armeeeinheiten), Asaisch (kurdischer Geheimdienst), Polizei und irakischer Armee durch ein engmaschiges Kontroll- und Sicherheitssystem, das beispielsweise auf der ca. 200 km langen Straßenverbindung zwischen den Städten Sindjar und Dohuk 127 Checkpoints umfasst, gesichert.
89Vgl. EZKS, Auskunft vom 20. November 2011 an das VG Düsseldorf.
90Auch wenn sich die Sicherheitslage insgesamt langsam, aber stetig verbessert, ist es auch in den vergangenen Jahren zu Gewalt gegen Yeziden gekommen. So berichtete das EZKS,
91Auskunft vom 20. November 2011 an das VG Düsseldorf,
92in Bezug auf den Zeitraum von Sommer 2009 bis August 2011 - ausdrücklich ohne Anspruch auf Vollständigkeit - von 11 getöteten Yeziden und diversen Entführungen, die sich vor allem an der Straße nach Mosul ereignet haben. Nach der im vorliegenden Verfahren eingeholten Auskunft des EZKS, die auf Befragungen örtlicher, kraft Amtes bzw. beruflicher oder gesellschaftlicher Stellung gut informierter Ansprechpartner (Behörden und Funktionäre der kurdischen Verwaltung sowie ein im Sindjar lebender Journalist) beruht, ist es auch in den vergangenen Jahren noch zu einigen Tötungen von im Sindjar ansässigen Yeziden gekommen. Von 2011 bis zum Abschluss des Berichts im Jahr 2013 kamen 28 Personen durch Erschießen oder Autobomben zu Tode, ganz überwiegend, nämlich 22, in Mosul, das von den Gutachtern als "No-Go-Area" für Yeziden eingeschätzt wird. Unter den Getöteten waren 22 yezidische Soldaten und 6 Zivilpersonen. Nur 3 (Zivil-)Personen kamen im Sindjar selbst bzw. in Orten zu Tode, die traditionell zum Sindjar gerechnet werden, auch wenn sie verwaltungsmäßig derzeit nicht dazu gehören.
93EZKS, Auskunft an das OVG NRW vom 16. September 2013.
94Die Befragung der Gutachterin des EZKS in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat ergeben, dass wenig für eine gravierende, das vorstehend beschriebene Gesamtbild der Gefährdungslage durchgreifend in Frage stellende Dunkelziffer spricht, wenngleich weder das vom EZKS auf der Grundlage von Angaben der kurdischen Verwaltung erstellte Zahlenmaterial noch die vom Kläger vorgelegte Auflistung des Herrn Ali Sido Rasho Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Bereinigt um unterschiedliche Erfassungskriterien - yezidische Religionszugehörigkeit bei Herrn Rasho bzw. Herkunft aus dem Sindjar in der Auskunft des EZKS - liegen die aufgelisteten Vorfälle hinsichtlich der absoluten Zahlen und erst recht in der Tendenz nicht auseinander, obwohl die Quellen - persönliche Kontakte zu yezidischen Großfamilien einerseits und Verwaltungsauskünfte andererseits - sehr unterschiedlich sind. Es bleibt die übereinstimmende Erkenntnis, dass aus dem Sindjar stammende Yeziden am häufigsten bei Fahrten nach Mosul Gefahren für Leib, Leben und Freiheit ausgesetzt sind.
95Anhaltspunkte für relevante Einschränkungen der Religionsfreiheit liegen hingegen nicht vor. Innerhalb der - wie beschrieben - geschützten Zentraldörfer, in denen die yezidische Bevölkerung unter sich lebt, ist die Religionsausübung im privaten und öffentlichen Bereich,
96zum nach Unionsrecht maßgeblichen Schutzbereich der Religionsfreiheit vgl. EuGH, Urteil vom 5. September 2012 - C-71/11 und C-99/11 -, NVwZ 2012, 1612; BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, NVwZ 2013, 936,
97ungestört möglich. Yezidische religiöse Stätten werden geschützt; während religiöser Zeremonien sind Sicherheitskräfte anwesend.
98Vgl. EZKS, Auskünfte vom 20. November 2011 an das VG Düsseldorf und vom 16. September 2013 an das OVG NRW.
99Die für viele Yeziden aus religiösen Gründen wichtige Pilgerfahrt nach Lalisch (auch: Lalesh) ist grundsätzlich möglich. Der Ort befindet sich im de facto kurdisch verwalteten Bereich des Nord-Irak und die dorthin führenden Straßen sind ‑ wie beschrieben - effektiv gesichert. Dass Yeziden sich dort in der letzten Zeit vorsichtshalber bei öffentlichkeitswirksamen Zeremonien zurückhalten, lässt keinen hinreichend gewichtigen Eingriff in die Religionsfreiheit erkennen. Der Pilgerort ist jedenfalls bislang nicht Ziel von Angriffen geworden; es fehlt angesichts der im kurdischen Verwaltungsbereich insgesamt deutlich besseren Sicherheitslage auch an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass Angriffe auf Pilger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Das macht auch der Kläger nicht geltend.
100Auch Kontakte zwischen der Bevölkerung der einzelnen Zentraldörfer sind - nicht nur, aber auch, soweit sie aus religiösen Gründen gesucht werden - möglich, da die Straßen durch massiven Einsatz von Sicherheitskräften gesichert werden. Die Sicherheitsmaßnahmen in Form zahlreicher Check-points bewaffneter Kräfte sind zwar effektiv, machen die Fahrten durch arabisches Gebiet aber zugleich zeitaufwändig und belastend.
101Vgl. EZKS, Auskünfte vom 20. November 2011 an das VG Düsseldorf und vom 16. September 2013 an das OVG NRW.
102Als problematisch stellt sich insbesondere die Erledigung behördlicher Angelegenheiten dar: Behördengänge in der de jure zuständigen Provinzhauptstadt Mosul sind - wie auch die vorstehend genannten Opferzahlen belegen - mit erheblichen Risiken verbunden. Im Zuge ihrer zahlreichen auf Schutz und Unterstützung der von ihr als kurdisch angesehenen yezidischen Bevölkerung gerichteten Maßnahmen hat die KRG es auch ermöglicht, dass etliche behördliche Angelegenheiten in der in Kurdistan-Irak gelegenen und deshalb vergleichsweise sicheren Provinzhauptstadt Dohuk erledigt werden konnten. Es war und ist auch weiterhin möglich, in bestimmten Verwaltungsangelegenheiten Unterlagen in der Stadt Sindjar abzugeben und die Angelegenheiten von Mittelsmännern erledigen zu lassen. Hiervon sind aufgrund einer inzwischen auch im Sindjar umgesetzten Rechtsänderung seit Mitte 2013 allerdings bestimmte Angelegenheiten ausgenommen: die Ausstellung von Pässen, die Registrierung von Kraftfahrzeugen und die Ausstellung von Führerscheinen. Hierfür ist nunmehr die persönliche Anwesenheit in Mosul erforderlich. Die Ausstellung von Staatsangehörigkeitsurkunden, die die Bewohner des Sindjar insbesondere für die Inanspruchnahme von Sozialleistungen benötigen, lässt sich hingegen weiterhin von Sindjar aus regeln.
103Vgl. EZKS, Auskunft vom 16. September 2013 an das OVG NRW.
104Unbefriedigend ist darüber hinaus vor allem auch die wirtschaftliche Lage in den yezidischen Zentraldörfern des Sindjar. Arbeitsplätze sind rar, wenngleich die Arbeitslosenquote in den zurückliegenden Jahren aufgrund hoher Investitionen der KRG in die Verwaltung und insbesondere in Schulen (von etwa 70 % auf 50 %) gesunken ist. Da die Landwirtschaft - sei es aufgrund in den letzten Jahren auftretender Trockenheit,
105so das Auswärtige Amt in seiner Kurzstellungnahme vom 24. April 2013 an das OVG NRW,
106sei es aufgrund der Sicherheitslage oder wegen der ohnehin durch die KRG sichergestellten Lebensmittelversorgung - als Erwerbsgrundlage keine nennenswerte Rolle spielt, arbeiten viele Yeziden in einfachen Beschäftigungsverhältnissen in der nahe gelegenen Provinz Dohuk, und zwar - wie die Gutachterin T. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt hat - vor allem in dem bei Muslimen wenig angesehenen Dienstleistungssektor und in der in den kurdischen Provinzen boomenden Baubranche. Tätigkeiten als Händler sind für Yeziden angesichts der Sicherheitslage nicht angezeigt. Immerhin erhalten behinderte Yeziden - aktuell rund 8.500 sind davon betroffen - eine von der KRG finanzierte monatliche Rente von 400 US-Dollar.
107Die KRG investiert auch erheblich in die bislang dürftige Infrastruktur: Wasser wird bislang noch mit Tankwagen in die Dörfer gebracht; bis 2016 plant die KRG allerdings, alle Zentraldörfer an die Wasserversorgung anzuschließen. Inzwischen gibt es in allen Zentraldörfern Schulen (bis zum Abitur) und Gesundheitsstationen. Sindjar-Stadt und Sinun verfügen über Krankenhäuser; spezialisierte Behandlungen sind aber nur in Dohuk und - für Yeziden wohl eher theoretisch - in Mosul möglich.
108Vgl. EZKS, Auskunft vom 16. September 2013 an das OVG NRW.
109Die trotz aller Verbesserungen nach wie vor insgesamt bedrückenden Lebensbedingungen dürften dazu beitragen, dass die Gutachter auch von einer im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland um den Faktor 2,5 erhöhten Selbstmordrate berichten.
110Vgl. EZKS, Auskunft vom 16. September 2013 an das OVG NRW.
111(2) Die vorstehend beschriebenen tatsächlichen Erkenntnisse über die Lage der Yeziden im Sindjar begründen nicht die Annahme einer die Voraussetzungen einer Gruppenverfolgung erfüllenden Verfolgungsdichte.
112Das gilt zunächst für die Anzahl der im Zusammenhang mit der yezidischen Gruppenzugehörigkeit stehenden gewaltsamen Übergriffe auf Yeziden. Anders als bei Bomben- oder vergleichbaren Anschlägen an Orten, an denen sich für gewöhnlich viele Yeziden aufhalten und bei denen sich deshalb aufdrängt, dass die Anschläge auf die Angehörigen der yezidischen Bevölkerungsgruppe als solche zielen, lassen sich die Motive für einzelne Anschläge, wie sie sich in den zurückliegenden Jahren ereignet haben, nicht sicher feststellen, zumal die Täter regelmäßig nicht ermittelt werden. Andererseits muss trotz der religionsbedingt relativ engen persönlichen Bindungen innerhalb der yezidischen Gemeinschaft und der deshalb mutmaßlich guten Informationslage der von den Mitarbeitern des EZKS für die Erstellung der vorliegenden Auskünfte befragten Persönlichkeiten (Journalist, Mitarbeiter des Lalisch-Zentrums und der yezidische Bürgermeister von Sindjar),
113vgl. EZKS, Auskünfte vom 20. November 2011 an das VG Düsseldorf und vom 16. September 2013 an das OVG NRW,
114eine gewisse Dunkelziffer von nicht bekannt gewordenen gewaltsamen Übergriffen gegen Yeziden in Rechnung gestellt werden.
115Selbst ausgehend von der vom Senat als plausibel erachteten - deutlich unter den Angaben des Auswärtigen Amtes liegenden - Bevölkerungszahl von etwa 290.000 Yeziden im Sindjar besteht für diese Gruppe keine beachtliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines „real risk“, allein wegen ihrer Religionszugehörigkeit Opfer eines gewaltsamen Übergriffs zu werden. Auch wenn man bei großzügigster Betrachtung alle in den vorliegenden Auskünften aufgeführten Tötungen von Yeziden (etwa 15 pro Jahr) als religionsbezogen wertet, obwohl das bei den in Mosul getöteten Soldaten, die in aller Regel nicht ohne weiteres aufgrund äußerlicher Merkmale als Yeziden zu erkennen gewesen sein dürften, eher fernliegt, und darüber hinaus - trotz fehlender Anhaltspunkte für die Annahme einer solch hohen Zahl - eine Dunkelziffer von 1:3 annimmt, lag die statistische Wahrscheinlichkeit, als Yezide im Sindjar aufgrund der Religionszugehörigkeit Opfer einer gewaltsamen Tötung oder Verletzung zu werden, in den zurückliegenden Jahren bei 1:5.000 oder 0,02 %.
116Vgl. zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG (a.F.): BVerwG, Urteil vom 17. November 2011 - 10 C 11.10 -, juris Rn. 20, wo sogar eine statistische Wahrscheinlichkeit von ca. 0,1 % oder 1:1.000 nicht als beachtliche Wahrscheinlichkeit angesehen wurde.
117Danach würde selbst eine Erhöhung der Opferzahlen, etwa im Hinblick auf unterstellte religiöse Anknüpfungspunkte für Entführungen, um den Faktor 5 bei statistischer Betrachtung - selbst bei einer etwaigen, sich nach derzeitigem Erkenntnisstand aber nicht abzeichnenden Korrektur der Bevölkerungszahl - keine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit für jeden einzelnen Gruppenzugehörigen begründen.
118Ausgehend davon kann auch für die Zeit vor der Ausreise des Klägers eine hinreichende Verfolgungsdichte nicht angenommen werden.
119Individuell gefahrerhöhende, die Person des Klägers betreffende Merkmale, wie sie nach der Erkenntnislage wohl für yezidische Soldaten und möglicherweise (aber statistisch nicht belegt) auch für Geistliche, die kraft ihrer Stellung häufiger reisen müssen, anzunehmen sein könnten, sind hier nicht ersichtlich.
120Im Rahmen der hier neben der Analyse des statistischen Zahlenmaterials gebotenen zusammenfassenden Bewertung ist zu berücksichtigen, dass die im Sindjar inzwischen bei statistischer Betrachtung erreichte Sicherheit mit einem erheblichen Verzicht der yezidischen Bevölkerung auf Mobilität und damit einhergehend einem teilweisen Verzicht auf Möglichkeiten zur Verbesserung des Lebensstandards einhergeht. Die vorliegenden Erkenntnisse lassen allerdings nicht die Würdigung zu, dass die Sicherheit in einem solchen Maße durch eine unter dem Druck der angespannten Sicherheitslage erfolgte Selbstbeschränkung „erkauft“ ist, dass die unerfreulichen Lebensbedingungen als eine einer Verfolgungshandlung i.S.d. § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG gleichkommende Rechtsgutverletzung anzusehen und als kumulierende Maßnahmen nach § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG als Verfolgungshandlung zu werten sind.
121In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass Yeziden aufgrund ihrer religiösen Vorschriften, die nähere private Beziehungen (Ehe/Familie) zu Andersgläubigen und auch zu Angehörigen anderer yezidischer Kasten grundsätzlich nicht zulassen, vorzugsweise unter sich oder jedenfalls in nahem Kontakt zu ihren jeweiligen Stämmen bzw. (Groß-)Familien leben. Die eingeschlossene Lebenssituation in den gut bewachten Zentraldörfern wird sicherlich als belastend empfunden. Aufgrund der Größe der sog. Zentraldörfer von um die 20.000 Einwohner kann aber von einem Ausschluss von gesellschaftlichen Kontakten oder einer völligen Isolation keine Rede sein, zumal auch eine Kommunikation nach außen per (Mobil-)Telefon, wie der Vormund des Klägers selbst vorgetragen hat, gewährleistet ist. Schulbesuch bis zum Abitur ist möglich. Sogar Stipendien für ein Studium in Irakisch-Kurdistan, das mit konkreten Aussichten auf eine anschließende berufliche Anstellung verbunden ist, werden finanziert. Die Belastungen durch ein - trotz des nachhaltigen Engagements der wirtschaftlich besser als die Zentralregierung dastehenden KRG - noch dürftiges infrastrukturelles Angebot in vielen Bereichen (wie Trinkwasser- und Krankenversorgung) und hohe Arbeitslosigkeit teilen die Bewohner yezidischer Zentraldörfer mit weiten Teilen der irakischen Bevölkerung. Sie treffen sie nicht allein oder auch nur maßgeblich aufgrund ihrer yezidischen Religionszugehörigkeit. Das gilt auch in Bezug auf die Krankenversorgung. Mit Ärzten angemessen ausgestattete Krankenhäuser sind für die irakische (Land-)Bevölkerung auch sonst nicht stets erreichbar. Dass die Finanzierung der Behandlung bei schweren Erkrankungen nicht durchweg sichergestellt ist, betrifft grundsätzlich auch Nicht-Yeziden. Deren Situation wird zwar dadurch erschwert, dass sie, anders als Yeziden im de jure kurdischen Bereich, nur eingeschränkt bzw. unter größeren Belastungen zu einem in Betracht kommenden Krankenhaus reisen können. Die Zahl der hiervon konkret Betroffenen ist aber wiederum nicht so groß, dass daraus, sofern es sich überhaupt um als kumulierende Verfolgungshandlungen zu wertende Maßnahmen handeln sollte, auf eine hinreichende Verfolgungsdichte zu schließen sein könnte.
122Im Falle der von der KRG als Kurden angesehenen Yeziden werden die Auswirkungen der schlechten ökonomischen Lage, anders als im Zentral- oder im Südirak, zudem teilweise durch Maßnahmen der KRG gemildert, die in den umstrittenen Gebieten ein Interesse daran hat, die Lebensbedingungen der kurdischen Bevölkerung so weit zu verbessern, dass diese dort wohnen bleibt und gerade nicht in die de jure kurdischen Gebiete zieht. Anhaltspunkte dafür, dass die KRG den Yeziden im Sindjar künftig den Schutz entziehen und die weitere Unterstützung versagen könnte, sind nicht ersichtlich.
123Die Selbstmordrate ist im internationalen Vergleich zwar hoch, erreicht aber noch keinen absoluten Spitzenwert. Zudem kann nicht angenommen werden, dass die schlechte ökonomische Lage und die Sicherheitslage die allein maßgebliche Ursache für die Selbstmorde darstellen. Vorbehaltlich dessen, dass die Gründe für einen Selbstmord naturgemäß nur selten sicher aufzuklären sind, spricht der Umstand, dass unter den so zu Tode gekommenen Yeziden zahlreiche junge Frauen zwischen 18 und 23 Jahren sind, nach Einschätzung örtlicher Stellen dafür, dass häufig persönliche, vor allem kulturell bedingte Konflikte in Zusammenhang mit Liebesbeziehungen bzw. Eheschließungen eine Rolle spielen.
124IOM-IRAQ Special Report "Increased Incidents of Suicide Among Yazidis in Sinjar, Ninewa" von Juli 2011.
125Auch in Ansehung der bezogen auf den Gesamtirak im Jahr 2013 wiederum verschlechterten Sicherheitslage liegen keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass sich die Lage in absehbarer Zeit in relevantem Ausmaß verschlechtern könnte. Konkrete Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch sonst aus Medienberichten ersichtlich; auch die in der mündlichen Verhandlung ergänzend befragte Gutachterin des EZKS hatte keine darauf weisenden Informationen. Insbesondere spricht derzeit nichts dafür, dass der Konflikt im benachbarten Syrien zu einer vermehrten Aktivität islamistischer Gruppen im Sindjar führt.
126Die Gefährdung bei der Erledigung von behördlichen Angelegenheiten in Mosul - statt wie bislang in Sindjar oder in Dohuk - ist allerdings grundsätzlich ernst zu nehmen. Das vorliegende Zahlenmaterial belegt aber schon nicht, dass Zivilisten, die zu diesem Zweck nach Mosul fahren, tatsächlich mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Schaden kommen. Unabhängig davon sind die Verwaltungsangelegenheiten, die eine persönliche Vorsprache in Mosul erfordern, auch begrenzt und betreffen keineswegs jeden yezidischen Dorfbewohner. Denn gerade in Anbetracht der Lebensumstände, die die Anschaffung eines eigenen Pkw häufig weder nötig noch finanzierbar erscheinen lassen, ist keineswegs ersichtlich, dass eine Vielzahl von Yeziden Führerscheine und Kfz-Zulassungen beantragen werden, zumal es Sammeltaxis und Minibusse gibt. Das für die Beantragung von Sozialleistungen, auf die weite Teile der yezidischen Bevölkerung angewiesen sind, erforderliche Dokument ist unstreitig nicht der Pass, sondern der Staatsangehörigkeitsausweis, zu dessen Beantragung und Verlängerung es aber keiner persönlichen Anwesenheit in Mosul bedarf.
127Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
128Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet
1
Tatbestand:
2Die im Jahre 1957 geborene Klägerin ist serbische Staatsangehörige und gehört dem Volk der Roma an.
3Seit mindestens dem Jahr 1995 betrieb sie zusammen mit ihrem Ehemann in der Bundesrepublik Deutschland mehrfach Asylverfahren, die sämtlich, zumeist nach Durchführung gerichtlicher Verfahren vor dem erkennenden Gericht, erfolglos blieben. Auf ihren 3. Asylfolgeantrag wurden mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 7. Januar 2011 die Anträge auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und die Anträge auf Abänderung des nach altem Recht ergangenen Bescheides vom 11. September 1998 (Az.: °°°°°°°) bezüglich der Feststellung zu § 51 Abs. 1 bis 6 des Ausländergesetzes (gemeint: § 53 AuslG) abgelehnt; die Voraussetzungen subsidiären Schutzes gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes – AufenthG – lägen nicht vor. Die dagegen erhobene Klage wurde nach Rücknahme mit Beschluss vom 4. April 2011 eingestellt (VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 4. April 2011 – 7a K 443/11.A -).
4Wegen der Einzelheiten der in den Verfahren ergangenen Bescheide des Bundesamtes (vormals Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) wird auf die einschlägigen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen (BA Hefte 1, 3, 4 und 5).
5Am 12. Oktober 2012 stellte die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann einen Asylfolgeantrag, nachdem diese auf dem Landweg erneut in das Bundesgebiet eingereist waren. Zur Begründung ihres Folgeantrages gaben sie im Wesentlichen an: Bis zum Jahr 2005 hätten sie 15 Jahre in der Bundesrepublik Deutschland gelebt, wo auch noch ein Sohn lebe. Sie seien dann einmal nach T. abgeschoben worden und einmal freiwillig zurückgekehrt. Zuletzt hätten sie sich von April 2011 bis Oktober 2012 in T. , wie zuvor in C. , aufgehalten. Dort habe der Ehemann der Klägerin trotz seines Diploms nur Gelegenheitsarbeiten verrichten können. Sie seien mit eigenen Pässen ausgereist, hätten diese aber beim Fahrer als „Garantie“ abgegeben. Hauptgrund für die erneute Wiedereinreise sei der schlechte Gesundheitszustand der Klägerin. Sie leide schon seit langer Zeit an Depressionen, zudem unter Schlaflosigkeit, Angststörungen, Panikattacken, an Herzschmerzen, Herzrasen mit hohem Blutdruck und einer Erkrankung der Schilddrüse. Sie sei in T. regelmäßig in ärztlicher Behandlung gewesen und u.a. einen Monat stationär behandelt worden. Ihre bis zu fünf Medikamente pro Tag hätten sie selbst bezahlen müssen; das sei schon eine große Summe gewesen. In den staatlichen Apotheken habe es die wenigsten Medikamente gegeben, dort zahle man weniger. Die Arztbesuche seien für Arbeitslose kostenfrei. Sie seien in der Krankenversicherung für Arbeitslose gewesen.
6Die Klägerin hat eine Bescheinigung des Dr. Med., Dipl.-Psych. X. X1. vom 25. Februar 2013 über ihre seit November 2012 andauernde ambulante nervenärztliche Behandlung in Deutschland sowie mehrere Belege über ihre Behandlung in T. vorgelegt, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird.
7Mit Bescheid vom 5. Juni 2013 lehnte das Bundesamt die Anträge der Klägerin und ihres Ehemannes auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens sowie auf Abänderung des Bescheides vom 7. Januar 2011 bezüglich der darin getroffenen Feststellungen zu § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG ab. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen.
8Die Klägerin hat am 14. Juni 2013 Klage erhoben, mit der sie zunächst ausschließlich das Bestehen zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse geltend gemacht hat.
9Zur Begründung vertieft sie im Wesentlichen ihre Lebenssituation als Zugehörige zur Volksgruppe der Roma im Anschluss an ihre Abschiebung aus Deutschland im Jahr 2005, deren Umstände für sie sehr belastend gewesen seien. Hauptgrund für ihre erste Rückkehr nach Deutschland im Dezember 2010 sei der Umstand, dass sie die Trennung von ihren Kindern nicht habe ertragen können und einen Suizidversuch unternommen gehabt habe. Nach ihrer Rückkehr nach T. hätten sie sich in C. eine Wohnung angemietet und ihr Ehemann habe nur unter großen Schwierigkeiten als Schwarzhändler etwas Geld verdienen können; dabei sei er von der Polizei erwischt und mehrere Tage inhaftiert worden. Ihre Lebenssituation habe sich weiter verschlechtert. Sie habe gelegentlich Tabletten genommen, je nachdem wie sie diese habe bezahlen können. Ihre Suizidgedanken seien immer schlimmer geworden.
10Die Klägerin hat eine weitere ärztliche Bescheinigung des Dr. X1. vom 30. Juli 2013 vorgelegt, in der eine gegenwärtig mittelgradig bis schwer ausgeprägte rezidivierende depressive Störung sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert werden. Weiter wird ausgeführt, dass selbst bei einer psychiatrischen – psychotherapeutischen Behandlung im Herkunftsland es zu einer gesundheitlichen Verschlechterung kommen werde, „da die Ursachen aus dem Herkunftsland stammen“; es bestehe voraussichtlich mehrere Monate psychiatrischer Behandlungsbedarf, um eine tragfähige Stabilisierung zu gewährleisten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bescheinigung Bezug genommen.
11Mit Schriftsatz vom 17. April 2014 wird bezugnehmend auf das neue serbische Strafrecht, aktuelle Erkenntnisse und eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. März 2014 geltend gemacht, dass Roma bei Inanspruchnahme ihres Menschenrechts auf Ausreisefreiheit und in Fällen der Asylantragstellung im Ausland im Rückkehrfall flüchtlingsschutzrelevante Bestrafung i.S.d. § 3a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG drohe. Sie selbst sei im Jahr 2012 unter Nutzung der Visa-Freiheit in das Bundesgebiet eingereist und daher von derartiger Verfolgung bedroht.
12Die Klägerin hat zunächst angekündigt zu beantragen,
13die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Juni 2013 zu verpflichten festzustellen, dass in der Person der Klägerin die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.
14Die Klägerin beantragt in letzter Fassung,
15die Beklagte unter Änderung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Juni 2013 zu verpflichten festzustellen,
16dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß §§ 3, 3a bis 3 e AsylVfG,
17hilfsweise des subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AsylVfG,
18weiter hilfsweise Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG in der Person der Klägerin vorliegen.
19Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
20die Klage abzuweisen.
21Sie nimmt Bezug auf den angefochtenen Bescheid.
22Mit Beschluss der Kammer vom 11. April 2014 ist der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes Bezug genommen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
25Die Klage hat keinen Erfolg.
26Die Klage ist wegen der Versäumung der zweiwöchigen Klagefrist gemäß § 74 Abs.1 AsylVfG bereits unzulässig, soweit mit dem Klageantrag letzten Standes die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG begehrt wird.
27Die Klägerin hat mit ihrem Klageschriftsatz vom 14. Juni 2013 ausdrücklich einen auf die Zuerkennung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG begrenzten Klageantrag formuliert und klagebegründend zudem unter Ankündigung der Übersendung weiterer ärztlicher Belege klargestellt, insoweit (ausschließlich) zunächst zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote geltend zu machen. Mit dieser Beschränkung in Einklang stehend, hat die Klägerin nachfolgend mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2013 lediglich eine weitere ärztliche Bescheinigung übersandt.
28Damit ist davon auszugehen, dass die anwaltlich vertretene Klägerin ihr Klagebegehren bewusst nicht auf die Zuerkennung der Asylberechtigung und auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i.S.d. § 3 AsylVfG erstrecken wollte und auch nicht erstreckt hat. Auch wenn die Ansprüche auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a GG und auf Feststellung der Voraussetzungen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG (vormals § 60 Abs.1 AufenthG bzw. § 51 Abs. 1 AuslG) sowie die Ansprüche auf Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG (vormals § 60 Abs. 2, 3, 7 Satz 2 AufenthG, bzw. § 53 Abs. 1, 2 AuslG) und die Zuerkennung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (vormals § 53 Abs. 4, Abs. 6 Satz 1 AuslG) regelmäßig in einem Asylprozess und im Verhältnis von Haupt- und Hilfsbegehren geltend gemacht werden, steht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts außer Frage, dass diese jedenfalls rechtlich abtrennbare Streitgegenstandsteile sind, die ausnahmsweise verfahrensrechtlich gesondert geltend gemacht werden können.
29Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 – 1 B 68/04 -, Urteil vom 24. Juni 2008 – 10 C 43.07 – und Beschluss vom 10. November 2011 – 10 B 24.11 -, jeweils juris.
30Letzteres ist hier der Fall. Eine solche bewusste Begrenzung des Klagegenstandes war vor dem Hintergrund der ursprünglichen Klagebegründung auch durchaus folgerichtig, weil insoweit allein Umstände in Gestalt gesundheitlicher Gründe vorgetragen worden waren, die ausschließlich im Rahmen der Gewährung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz1 AufenthG von Bedeutung sein können.
31Die Begrenzung des Klagebegehrens hat zur Folge, dass der bundesamtliche Bescheid vom 5. Juni 2013 in Bestandskraft erwachsen und folglich einer rechtlichen Überprüfung durch das Gericht entzogen ist, soweit darin (auch) die Wiederaufnahme des Verfahrens bzgl. der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgelehnt worden ist.
32Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nach Bekanntwerden des Urteils des VG T1. vom 25. März 2014 – A 11 K 5036/13 - erstmals auch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für die Klägerin reklamiert hat, ist dieses Begehren folglich nicht mehr zulässiger Gegenstand des vorstehenden Klageverfahrens. Eine Wiedereinsetzung in die insoweit versäumte Klagefrist gemäß § 60 VwGO ist weder beantragt worden, noch mangels ersichtlicher Wiedereinsetzungsgründe von Amts wegen zu gewähren.
33Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen ist selbständig tragend festzustellen, dass die Klage insoweit auch unbegründet wäre, weil die Voraussetzungen des § 3 AsylVfG in der Person der Klägerin nicht erfüllt sind.
34Der Bescheid des Bundesamtes vom 5. Juni 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche im gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung unabhängig davon nicht zu, ob die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 51 Abs. 1 bis 3 und 5, 48, 49 VwVfG vorliegen. Das gilt auch unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich in Kraft getretenen Asylverfahrensgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474) geändert worden ist.
35Danach ist einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Gemäß § 3c Nr. 1. bis 3. AsylVfG kann eine Verfolgung im vorstehenden Sinne ausgehen von dem Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen, oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 3e AsylVfG). Die relevanten Verfolgungshandlungen und Verfolgungsgründe ergeben sich aus § 3a und § 3b AsylVfG.
36Die Klägerin hat in T. eine Verfolgung als Roma in Gestalt schwerwiegender Verletzungen der grundlegenden Menschenrechte (§ 3a Abs. 1 AsylVfG) weder durch den Staat oder durch Parteien und Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen, noch eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Im Hinblick auf die allgemeine Lage der Roma ist weder auf der Grundlage der aktuellen Erkenntnislage noch der ständigen Rechtsprechung der Kammer und anderer Gerichte von einer drohenden schwerwiegenden Verletzung der Menschenrechte auszugehen.
37Vgl. Lagebericht T. des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013; OVG NRW, Beschlüsse vom 04. April 2011 - 5 A 427/11.A - und vom 15. Dezember 2011- 5 A 1295/11.A -; VG Gelsenkirchen, Urteile vom 17. April 2014 – 17a K 4588/13.A -, 18. Mai 2012 - 1a K 261/11.A - und 18. August 2010 - 7a K 2060/10.A -; Sächsisches OVG, Urteil vom 21. Juli 2009 - 4 B 554/07 -.
38Soweit das Verwaltungsgericht T1. in dem Urteil vom 25. März 2014 – A 11 K 5036/13 – demgegenüber nach Einvernahme der sachverständigen Zeugin Dr. X2. für aus T. stammende Roma im Wesentlichen wegen vermeintlich erheblicher Beschränkungen und Diskriminierungen von Angehörigen dieser Volksgruppe bei der Wahrnehmung deren elementaren Rechts auf Freizügigkeit/Ausreisefreiheit die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 3a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG bejaht, vermag dem die Kammer aus folgenden Gründen nicht zu folgen:
39Das Verwaltungsgericht T1. stellt entscheidungstragend darauf ab, dass Angehörigen der Roma die Ausreise aus T. erschwert oder unmöglich gemacht werden soll sowie Bestrafungen nach dem neuen serbischen Meldegesetz selektiv gegen diese Volksgruppe erfolgen (S. 9 f des amtlichen Abdrucks) und verweist in diesem Zusammenhang „entscheidend“ auf den neu eingeführten § 350a des serbischen StGB (S. 11 des amtlichen Abdrucks). Die insoweit in Bezug genommene „aktuelle Auskunftslage“ sowie „Informationen des Regional Center for Minorities“ werden indessen weder inhaltlich wiedergegeben noch sonst konkretisiert.
40Auch die zudem in Bezug genommenen „Erklärungen der Zeugin Dr. X2. in der mündlichen Verhandlung“ belegen eine solch weitgehende Schlussfolgerung nicht. Soweit deren Aussage im Tatbestand des Urteils mit den Worten wiedergegeben wird, dass „die Stellung eines Asylantrags in der Bundesrepublik Deutschland …nach serbischem Recht strafbar (sei)“ (S. 4 des amtlichen Abdrucks), lässt sich eine solche einschränkungslose Aussage der Zeugenaussage gerade nicht entnehmen. Ausweislich des dem Einzelrichter vorliegenden Sitzungsprotokolls hat Dr. X2. auf die gerichtliche Frage, ob die Stellung eines Asylantrags in der Bundesrepublik Deutschland nach serbischem Recht strafbar sei, vielmehr geantwortet: „Ende 2012 wurde das serbische Strafgesetzbuch reformiert. Nach den nun geltenden §§ 350 und 350a ist der unerlaubte Grenzübertritt und Menschenschmuggel sowie die Ermöglichung des Asylmissbrauchs im Ausland strafbar.“
41Auf der Grundlage des Wortlauts der deutschen Übersetzung der §§ 350, 350 a serbisches StGB, wie sie ausweislich des Sitzungsprotokoll von Dr. X2. wiedergegeben worden ist, ist die rechtliche Bewertung im Urteil des VG T1. , wonach Asylbewerber gemäß § 350 a Abs. 1 StGB „allein wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland mit strafrechtlicher Verfolgung und Verurteilung zu rechnen (haben)“ (S. 11 des amtlichen Abdrucks), schwerlich tragfähig.
42§ 350 a serbisches StGB lautet hiernach wie folgt:
43(1) Wer versucht, in der Absicht, sich selbst oder jemand anderem einen Vorteil zu verschaffen, einen Transport, eine Verlegung, eine Aufnahme, eine Unterkunft, ein Versteck organisiert oder auf eine andere Weise ermöglicht, dass ein(e) Staatsbürger(in) Serbiens mittels einer falschen Darstellung der Gefährdung seiner/ihrer Menschenrechte und Grundfreiheiten im Ausland Asyl beantragt, erhält eine Haftstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren.
44Dem Wortlaut nach ist die bloße Stellung eines Asylantrages durch einen Asylbewerber für diesen nicht unter Strafe gestellt. Vielmehr ist nach näherer Maßgabe (schon) der Versuch strafbar, durch Unterstützungsleistungen (wie Transport, Schleusung etc.) einem serbischen Staatsbürger zu ermöglichen, einen missbräuchlichen Asylantrag im Ausland zu stellen. Die Regelung zielt damit ersichtlich auf Schleuser bzw. Schlepper oder sonstige Dritte ab, die einem Asylbewerber die Stellung eines Asylantrages bspw. in der Bundesrepublik Deutschland ermöglichen wollen; dieser Asylantrag muss zudem durch eine „falsche Darstellung der Gefährdung…“ gekennzeichnet sein.
45In diesem Sinne wird die Bestimmung, die nach den vorliegenden Erkenntnissen vor dem Hintergrund der Sorge Serbiens, dass die Ende Dezember 2009 eingeführte Visumfreiheit im Schengen-Raum „wegen des Fehlverhaltens einer Minorität („Wirtschaftsflüchtlinge“, über 90 % Roma)“ für alle serbischen Staatsangehörigen wieder suspendiert werden könnte, am 1. Januar 2013 in Kraft getreten ist, auch durch das Auswärtige Amt bewertet.
46Vgl. Lagebericht T. vom 18. Oktober 2013, S. 23, 24, wonach es strafbar sei, durch Unterstützungsleistungen einem serbischen Staatsangehörigen zu ermöglichen, einen missbräuchlichen Asylantrag im Ausland zu stellen.
47Ein anderes, weitergehendes Verständnis des § 350a Abs. 1 serbisches StGB ist auch nicht aufgrund der Strafschärfungsregelungen in Absätzen 2 und 3 gerechtfertigt.
48Darüber, dass § 350 a Abs. 1 serbisches StGB entgegen seines Wortlauts in der Praxis auf Asylbewerber allein wegen der bloßen Stellung eines Asylantrages tatsächlich Anwendung findet, liegen keine verifizierbaren Erkenntnisse vor. Das Auswärtige Amt hebt im vorzitierten Lagebericht im Gegenteil hervor, dass es Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrages im Ausland bisher „weder de jure noch de facto“ gebe. Angesichts dessen, dass seit 2013 zahlreiche serbische Staatsangehörige und darunter vornehmlich Roma nach erfolgloser Stellung eines Asylantrages im Ausland nach T. zurückgekehrt sind, wie gerichtsbekannt ist, wäre zu erwarten, dass eine solche etwaige Praxis zwischenzeitlich bekannt geworden wäre.
49Gegenteilige Erkenntnisse werden auch in dem Urteil des Verwaltungsgerichts T1. vom 25. März 2014 nicht benannt. Soweit in dem Tatbestand Frau Dr. X2. mit der Erklärung zitiert wird, dass nach dem Fortschrittsbericht der EU 2013 aufgrund der Vorschrift des § 350a sieben Strafverfahren gegen acht Personen betrieben worden seien (S. 4 des amtlichen Abdrucks), findet die unmittelbar anschließende, im Sitzungsprotokoll festgehaltene weitere Aussage der Zeugin, wonach nach ihrer Kenntnis „noch kein Urteil“ vorliege, keine Erwähnung. Gerade diese Aussage stützt indessen nachdrücklich die vom Auswärtigen Amt benannte Erkenntnislage.
50Die bereits zitierte weitere Erklärung bzw. Bewertung der Frau Dr. X2. , wonach (auch) der unerlaubte Grenzübertritt strafbar sei, trifft nach Maßgabe des Wortlauts des § 350 serbisches StGB in dieser Allgemeinheit ebenfalls nicht zu.
51§ 350 serbisches StGB lautet nach der im Sitzungsprotokoll zitierten Übersetzung:
52(1) Wer ohne vorschriftsmäßige Erlaubnis die Grenze Serbiens überquert oder versucht, diese zu überqueren, bewaffnet oder unter Anwendung von Gewalt, erhält eine Haftstrafe von bis zu einem Jahr.
53Es spricht alles dafür, dass hiernach nur der bewaffnete oder unter Anwendung von Gewalt erfolgte unerlaubte Grenzübertritt unter Strafe gestellt wird. Unabhängig davon ist nicht ohne weiteres ersichtlich, inwieweit eine Norm, die die unerlaubte Grenzüberquerung als solche unter Strafe stellt, erst Recht wenn dies bewaffnet oder unter Anwendung von Gewalt erfolgt, eine im Rahmen des § 3 AsylVfG (oder des subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG bzw. von § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) relevante Maßnahme beinhalten sollte.
54Nach allem steht für die Klägerin eine Bestrafung nach § 350a (und/oder nach § 350) serbisches StGB oder eine sonstige, nach Maßgabe von §§ 3 bis 3 c AsylVfG flüchtlingsschutzerhebliche Behandlung im Rückkehrfall prognostisch keinesfalls mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Neben den vorstehenden generellen Erwägungen folgt dies auch daraus, dass die Klägerin nach ihren eigenen Angaben unter Verwendung ihres gültigen serbischen Reisepasses, demnach also nicht „illegal“, ausgereist ist.
55Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Gewährung von subsidiärem Schutz gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AsylVfG (entsprechend § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG). Nach diesen Vorschriften ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn ihm in seinem Herkunftsland die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder ihm als Zivilperson eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3) droht. Derartige Gefahren drohen der Klägerin bei einer Rückkehr nach T. nicht.
56Auch ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG ist für die Klägerin nicht zu bestätigen. Nach dieser Vorschrift darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Es entspricht gesicherter (Kammer-)Rechtsprechung, dass ein Abschiebungsverbot nach diesen Normen zu Gunsten von Angehörigen der Volksgruppe der Roma aus T. regelmäßig nicht besteht.
57Vgl. die obigen Rechtsprechungszitate; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 18. Februar 2014 – 5 A 195/14.A -.
58Aus den Erwägungen des Verwaltungsgerichts T1. in der mehrfach zitierten Entscheidung vom 25. März 2014 folgt insoweit wiederum nichts anderes. Dies deshalb, weil den entscheidungstragenden Darlegungen, die u.a. einen angenommenen Verstoß gegen das Recht auf freie Ausreise und damit gegen ein grundlegendes Menschenrecht begründen sollen – auch wenn es nicht ausdrücklich in Art. 15 Abs. 2 der Konvention genannt ist (vgl. S. 8, 9 des amtlichen Abdrucks) –, zur Überzeugung des Einzelrichters weder vom Rechtlichen (Anwendungsbereich der §§ 350, 350a serbisches StGB), noch vom Tatsächlichen (selektive Anwendung/Diskriminierung/Bestrafung gegenüber den Angehörigen der Roma in der Praxis) zu folgen ist. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen in Zusammenhang mit der Zuerkennung von Flüchtlingsschutz verwiesen.
59Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob die von etwaigen Verstößen gegen die Reisefreiheit Betroffenen, die von ihrem Grundrecht auf Asyl bzw. auf Zuerkennung von Flüchtlingsschutz Gebrauch machen wollen bzw. gemacht haben, zumutbar auf die Inanspruchnahme von Rechtsschutz im Abschiebezielstaat bzw. durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu verweisen sind.
60Vgl. zu behaupteten staatlichen Maßnahmen zu Lasten ausreisewilliger bzw. zurückkehrender Asylbewerber (Roma) aus Mazedonien: OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2013 – 5 A 2439/12. A – unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 5.09 - und 7. Dezember 2004 – 1 C 14.04 -, juris.
61Insoweit ist lediglich anzumerken, dass (auch) T. Signaturstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention ist.
62Vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013, S. 17.
63Schließlich liegen in der Person der Klägerin auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vor.
64Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Unerheblich ist dabei, von wem die Gefahr ausgeht und auf welchen Ursachen sie beruht. Entscheidend ist allein, ob für den Ausländer eine konkrete individuelle Gefahr für die in der Vorschrift genannten Rechtsgüter besteht und die Gefahr dem Einzelnen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit landesweit droht.
65Vgl. BVerwG, Urteile vom 17.Oktober 1995 - 9 C 9.95 – und 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 -, jeweils juris.
66Ein Abschiebungsverbot nach dieser Vorschrift kann auch darin begründet sein, dass sich die individuelle Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers alsbald nach der Rückkehr in seinen Heimatstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlimmern würde, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind und er auch anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte.
67Vgl. dazu z. B. BVerwG, Urteil vom 29. Juli 1999- 9 C 2.99 - sowie Urteil vom 25.November 1997- 9 C 58.96 -, Beschluss vom 17. August 2011 – 10 B 13/11 -, jeweils zitiert nach juris.
68Hiernach sind indes regelmäßig nur solche Umstände relevant, die für den betreffenden Ausländer den Aufenthalt im Zielland der angedrohten Abschiebung unzumutbar machen und damit in Gefahren begründet liegen, welche diesem im Zielstaat drohen (zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote). Treten die befürchteten negativen Auswirkungen jedoch allein durch die Abschiebung als solche und nicht wegen der spezifischen Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung ein, so handelt es sich um ein sogenanntes inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis. Ein solches ist nicht durch das zuständige Bundesamt der Beklagten bei der Entscheidung über Abschiebungsverbote, sondern durch die zuständige Ausländerbehörde zu berücksichtigen.
69Vgl. BVerwG, Urteile vom 21.September 1999 - 9 C 8.99 - und vom 15.Oktober 1999 - 9 C 7.99 -, jeweils zitiert nach juris.
70Für die Prognose einer Gefährdung nach Rückkehr in das Herkunftsland im dargestellten Sinn ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit der so umschriebenen Gefahr erforderlich. Daraus folgt, dass die im konkreten Einzelfall für eine zu erwartende Rechtsgutverletzung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden Umstände überwiegen müssen. Dies erfordert die zusammenfassende verständige Würdigung aller objektiven Umstände unter Einbeziehung des Ranges des gefährdeten Rechtsgutes und der Zumutbarkeit des mit der Rückkehr verbundenen Risikos aus der Sicht eines vernünftig denkenden, besonnenen Dritten dahingehend, ob die Umstände die erhebliche Gefahr einer Rechtsgutverletzung alsbald erwarten lassen.
71Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2001 - 1 B 71.01 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 46
72Das Tatbestandsmerkmal der Erheblichkeit der zu erwartenden Gefährdungssituation ist dabei nur dann gegeben, wenn der Eintritt der Gefahr eine bedeutende Rechtsgutbeeinträchtigung nach sich zieht. Ausgehend von einer unzureichenden medizinischen Behandlungsmöglichkeit liegt das für die hieraus resultierende akute Lebensgefahr auf der Hand und heißt für den Fall der befürchteten Verschlimmerung einer bereits vorhandenen Erkrankung, dass sich der Gesundheitszustand nach Ankunft im Zielland der Abschiebung in absehbarer Zeit wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern wird. Der Begriff der wesentlichen Verschlechterung liegt nur dann vor, wenn die befürchtete ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustandes nach Rückkehr derart gravierend sein wird, dass außergewöhnlich schwere körperliche oder psychische Schäden oder existenzbedrohende Zustände zu erwarten sind.
73Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. September 2006- 13 A 1740/05.A -.
74Daraus leitet sich zugleich ab, dass eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht schon dann vorliegt, wenn von einer Heilung der Erkrankung im Zielland der Abschiebung wegen der dortigen Verhältnisse nicht auszugehen ist, die Erkrankung sich aber auch nicht gravierend zu verschlimmern droht. Das Abschiebungsverbot dient nämlich nicht dazu, dem ausreisepflichtigen erkrankten Ausländer die Heilung seiner Erkrankung im Rahmen des sozialen Systems der Bundesrepublik Deutschland zu eröffnen; vielmehr stellt es alleine den Schutz vor einer gravierenden Beeinträchtigung von Leib und Leben im Zielland einer Abschiebung oder Rückkehr sicher. Der Ausländer muss sich grundsätzlich auf den Behandlungsstandard, der in seinem Herkunftsland für die von ihm geltend gemachten Erkrankungen allgemein besteht, verweisen lassen, wenn damit keine grundlegende Gefährdung verbunden ist.
75Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. September 2003- 13 A 3253/03.A -.
76Zu berücksichtigen ist dabei ferner, ob der Ausländer voraussichtlich in der Lage sein wird, ohne Schädigung des Existenzminimums im Sinne der Gefahr drohender Verelendung, die erforderliche, eine Verschlimmerung der Erkrankung verhindernde, im Herkunftsland mögliche Behandlung zu finanzieren. Hierzu sind seine genannten voraussichtlichen Lebensumstände im Herkunftsland aber auch eventuelle finanzielle Unterstützungen, z. B. durch Inanspruchnahme von Sozialleistungen oder durch Verwandte im Ausland, in den Blick zu nehmen.
77Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. September 2011- 13 A 1660/11.A -.
78Hiervon ausgehend lässt sich nach Maßgabe der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer für die Klägerin ein Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht herleiten.
79In tatsächlicher Hinsicht geht die Kammer davon aus, dass die Klägerin unter den im Tatbestand benannten Erkrankungen leidet.
80Es ist indessen nicht beachtlich wahrscheinlich, dass sich ihr Gesundheitszustand im Falle ihrer Rückkehr nach T. wegen fehlender Behandlungsmöglichkeiten, ihrer ethnischen Herkunft oder aus finanziellen Gründen wesentlich verschlechtern wird.
81Die attestierten Erkrankungen können nach den der Kammer vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Erkenntnissen in T. behandelt werden, wobei ggfs. notwendige Medikamente ebenfalls zur Verfügung stehen.
82Vgl. Lageberichte des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik T. vom 29. Januar 2013 und 18. Oktober 2013, S. 22 f.; Auskünfte der deutschen Botschaft C. an das Verwaltungsgericht Bremen vom 10. und 7. Juni 2013.
83Hiernach können jedenfalls in den größeren medizinischen Zentren, wie bspw. in Nis, C. u.a. nicht nur Herzerkrankungen, sondern insbesondere auch Patienten, die an psychischen Erkrankungen, wie bspw. depressiven Störungen leiden, zureichend behandelt werden.
84Vgl. dazu auch VG Gelsenkirchen, Urteile vom 18. Mai 2012 – 17a K 5213/10.A – und 13. März 2013 – 7a K 5298/12.A -, juris.
85Auch insoweit ist eine hinreichende medikamentöse Versorgung regelmäßig gewährleistet. Es stehen insbesondere zahlreiche Psychopharmaka/Antidepressiva zur Verfügung. Vorliegend ist nichts für die Annahme substantiiert worden oder sonst ersichtlich, dass die von der Klägerin benötigten Medikamente oder jedenfalls gleichwertige Präparate für sie in T. nicht erhältlich sind.
86Mit dieser Erkenntnislage in Einklang stehend, haben die Klägerin und ihr Ehemann anlässlich ihrer informatorischen Befragung am 13. Februar 2013 gegenüber dem Bundesamt ausdrücklich angegeben, dass die Klägerin in C. regelmäßig, teilweise stationär, (auch) wegen ihrer psychischen Erkrankung behandelt und in diesem Zusammenhang auch mit Medikamenten versorgt worden sei - wenn auch möglicherweise auf einem anderen Niveau als in Deutschland.
87Ein Verweis auf eine grundsätzlich mögliche Behandlung in ihrem Heimatland ist für die Klägerin - gemessen an den Anforderungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG -auch nicht aufgrund der Aussagen in der ärztlichen Bescheinigung des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. X1. vom 30. Juli 2013 unzumutbar. Dabei legt die Kammer, wie erwähnt, die darin diagnostizierten Erkrankungen (gegenwärtig mittelgradig bis schwer ausgeprägte rezidivierende depressive Störung, somatoforme Schmerzstörung) der vorstehenden Entscheidung zu Grunde. Diese sind nach Maßgabe der obigen Ausführungen in T. indessen grundsätzlich zureichend behandelbar.
88Soweit darüber hinaus ausgeführt wird, dass es selbst bei einer psychiatrischen-psychotherapeutischen Behandlung im Herkunftsland zu einer gesundheitlichen Verschlechterung kommen werde, „da die Ursachen aus dem Herkunftsland stammen“, folgt auch hieraus nicht, dass in der Person der Klägerin mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot besteht.
89Dr. X1. erachtet einen psychiatrischen Behandlungsbedarf für einen Zeitraum von „voraussichtlich mehreren Monate(n)“ für erforderlich, um eine „tragfähige Stabilisierung“ zu gewährleisten. Ein solcher Zeitraum ist bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits deutlich verstrichen. Es ist weder vorgetragen, noch durch ärztliche Bescheinigungen belegt worden, dass eine derartige Stabilisierung des Gesundheitszustandes der Klägerin nicht eingetreten ist oder sich dieser gar verschlechtert haben könnte.
90Unabhängig davon ist mangels jeglicher weiterer Substantiierung weder aus der ärztlichen Bescheinigung ableitbar, noch sonst ersichtlich, dass die für den Fall einer Behandlung der Klägerin im Herkunftsland vage prognostizierte Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes die Schwelle der Erheblichkeit im oben aufgezeigten Sinne überschreiten würde.
91Schließlich vermag das Gericht nicht der für die prognostizierte Verschlechterung des Gesundheitszustandes angegebenen Begründung zu folgen. Dr. X1. hat insoweit angenommen, die Ursachen (der Erkrankung) stammten aus dem Herkunftsland. Für eine solche Annahme fehlt jegliche ärztliche Erklärung. Eine solche Annahme ist aufgrund des Inhalts der dem Gericht vorliegenden Akten, insbesondere der Angaben der Klägerin (und ihres Ehemannes) in dem aktuellen und den früheren Asyl(folge)verfahren, die dem behandelnden Arzt schwerlich bekannt waren, eher fernliegend. Hiernach liegen die wesentlichen Ursachen für die psychische Erkrankung der Klägerin in den Umständen ihrer Abschiebung aus der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2005 begründet, die sie als „traumatisch“ empfunden hat (Anhörung vom 13. Februar 2013: „Wir wollten eigentlich unseren Aufenthalt bei der Ausländerbehörde verlängern. Wir wurden dann festgehalten für eine Nacht und ich musste mich am Flughafen vor einer Frau komplett ausziehen und das kann ich alles einfach nicht vergessen, das ist für mich wie ein Trauma. Seither ist es so schlimm. Das ist eigentlich die Ursache für meine schlechte psychische Situation.“, Bl. 69 BA Heft 2). Entsprechendes wird in der Klagebegründung vertieft, mit dem ergänzenden Bemerken, dass die Klägerin, insbesondere die Trennung von ihren in Deutschland zurückgebliebenen Kindern nicht habe ertragen können und (deshalb) einen Suizidversuch unternommen habe.
92Diese Umstände liegen folglich nicht in den im Heimatland herrschenden Verhältnissen begründet und bilden keine taugliche Grundlage für die Annahme eines im vorliegenden Verfahren allein beachtlichen zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Für die Prüfung etwaiger aus der Durchführung der Abschiebung resultierender und sonstiger sog. inlandsbezogener und tatsächlicher Vollstreckungshindernisse ist demgegenüber, wie ausgeführt, allein die Ausländerbehörde zuständig.
93BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 10 B 39.12 -, juris, m.w.Nw.
94Das Gericht ist desweiteren davon überzeugt, dass für die Klägerin im Fall ihrer Rückkehr nach T. die erforderliche Behandlung ihrer Krankheiten tatsächlich erreichbar ist.
95Dabei ist der Zugang zu medizinischen Behandlungen des öffentlichen Gesundheitssystems für die Bevölkerung in T. unabhängig von der ethnischen Herkunft gewährleistet.
96Vgl. den zitierten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013, S. 21 sowie Auskünfte der deutschen Botschaft C. an das Verwaltungsgericht Bremen vom 10. und 7. Juni 2013.
97Die Kammer ist weiter davon überzeugt, dass die Klägerin auch nicht aus Mangel an finanziellen Mitteln an einer Inanspruchnahme der notwendigen medizinischen Behandlung gehindert sein wird. Das gilt selbst dann, wenn zugrunde gelegt wird, dass es ihr jedenfalls wegen der herrschenden prekären wirtschaftlichen Lage in T. nicht gelingen wird, ihren Lebensunterhalt selber sicherzustellen.
98Sollten Kosten der notwendigen medizinischen Behandlung der Klägerin von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht in voller Höhe übernommen werden (vgl. dazu den zitierten Lagebericht T. , S. 21 f.) und durch Sozialhilfeleistungen nicht oder nicht vollständig gedeckt werden können, muss sich die Klägerin auch hinsichtlich des im Übrigen notwendigen Lebensunterhalts nicht zuletzt mit Blick auf den bei Roma-Familien besonders ausgeprägten familiären Zusammenhalt auf die Unterstützung durch die Familie verweisen lassen. Die Klägerin hat insoweit – in Übereinstimmung mit der Auskunftslage – angegeben, in T. als Arbeitslose Mitglied der Krankenversicherung gewesen zu sein, sie aber diejenigen Medikamente, die nicht in staatlichen Apotheken erhältlich gewesen seien, in den privaten Apotheken habe bezahlen müssen.
99Für eine solche ergänzende Unterstützung kommen neben dem ausreisepflichtigen Ehemann der Klägerin und der nach eigenen Angaben in T. lebenden Großfamilie vor allem der in Deutschland aufhältige Sohn der Klägerin in Betracht, der sie nicht nur finanziell unterstützen, sondern ihr auch ggf. benötigte Medikamente besorgen und zusenden kann. Mit dieser Bewertung in Einklang stehend, hat die Klägerin in einem früheren Folgeverfahren im Januar 2010 gegenüber dem Bundesamt ausdrücklich angegeben, sie sei von ihren zwei seinerzeit in Deutschland lebenden Kindern in T. finanziell unterstützt worden (Bl. 49 BA Heft 3). Dass eine solche Möglichkeit zur - wenn auch im Einzelfall nur geringen - ergänzenden finanziellen Unterstützung der Klägerin auch durch (sonstige) nahe Verwandte nunmehr ausgeschlossen ist, etwa wegen eigener unzureichender Geldmittel, ist aufgrund des Hinweises auf die Arbeitslosigkeit ihres Sohnes nicht hinreichend substantiiert worden oder sonst ersichtlich.
100Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
101Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
102Eine, vom Prozessbevollmächtigen der Klägerin angeregte, Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht ist gemäß § 78 Abs. 2, Abs. 3 AsylVfG nicht eröffnet.
Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.
Insoweit zum Beweis vergangener Tatsachen oder Zustände, zu deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich war, sachkundige Personen zu vernehmen sind, kommen die Vorschriften über den Zeugenbeweis zur Anwendung.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet
1
Tatbestand:
2Die im Jahre 1957 geborene Klägerin ist serbische Staatsangehörige und gehört dem Volk der Roma an.
3Seit mindestens dem Jahr 1995 betrieb sie zusammen mit ihrem Ehemann in der Bundesrepublik Deutschland mehrfach Asylverfahren, die sämtlich, zumeist nach Durchführung gerichtlicher Verfahren vor dem erkennenden Gericht, erfolglos blieben. Auf ihren 3. Asylfolgeantrag wurden mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 7. Januar 2011 die Anträge auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und die Anträge auf Abänderung des nach altem Recht ergangenen Bescheides vom 11. September 1998 (Az.: °°°°°°°) bezüglich der Feststellung zu § 51 Abs. 1 bis 6 des Ausländergesetzes (gemeint: § 53 AuslG) abgelehnt; die Voraussetzungen subsidiären Schutzes gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes – AufenthG – lägen nicht vor. Die dagegen erhobene Klage wurde nach Rücknahme mit Beschluss vom 4. April 2011 eingestellt (VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 4. April 2011 – 7a K 443/11.A -).
4Wegen der Einzelheiten der in den Verfahren ergangenen Bescheide des Bundesamtes (vormals Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) wird auf die einschlägigen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen (BA Hefte 1, 3, 4 und 5).
5Am 12. Oktober 2012 stellte die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann einen Asylfolgeantrag, nachdem diese auf dem Landweg erneut in das Bundesgebiet eingereist waren. Zur Begründung ihres Folgeantrages gaben sie im Wesentlichen an: Bis zum Jahr 2005 hätten sie 15 Jahre in der Bundesrepublik Deutschland gelebt, wo auch noch ein Sohn lebe. Sie seien dann einmal nach T. abgeschoben worden und einmal freiwillig zurückgekehrt. Zuletzt hätten sie sich von April 2011 bis Oktober 2012 in T. , wie zuvor in C. , aufgehalten. Dort habe der Ehemann der Klägerin trotz seines Diploms nur Gelegenheitsarbeiten verrichten können. Sie seien mit eigenen Pässen ausgereist, hätten diese aber beim Fahrer als „Garantie“ abgegeben. Hauptgrund für die erneute Wiedereinreise sei der schlechte Gesundheitszustand der Klägerin. Sie leide schon seit langer Zeit an Depressionen, zudem unter Schlaflosigkeit, Angststörungen, Panikattacken, an Herzschmerzen, Herzrasen mit hohem Blutdruck und einer Erkrankung der Schilddrüse. Sie sei in T. regelmäßig in ärztlicher Behandlung gewesen und u.a. einen Monat stationär behandelt worden. Ihre bis zu fünf Medikamente pro Tag hätten sie selbst bezahlen müssen; das sei schon eine große Summe gewesen. In den staatlichen Apotheken habe es die wenigsten Medikamente gegeben, dort zahle man weniger. Die Arztbesuche seien für Arbeitslose kostenfrei. Sie seien in der Krankenversicherung für Arbeitslose gewesen.
6Die Klägerin hat eine Bescheinigung des Dr. Med., Dipl.-Psych. X. X1. vom 25. Februar 2013 über ihre seit November 2012 andauernde ambulante nervenärztliche Behandlung in Deutschland sowie mehrere Belege über ihre Behandlung in T. vorgelegt, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird.
7Mit Bescheid vom 5. Juni 2013 lehnte das Bundesamt die Anträge der Klägerin und ihres Ehemannes auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens sowie auf Abänderung des Bescheides vom 7. Januar 2011 bezüglich der darin getroffenen Feststellungen zu § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG ab. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen.
8Die Klägerin hat am 14. Juni 2013 Klage erhoben, mit der sie zunächst ausschließlich das Bestehen zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse geltend gemacht hat.
9Zur Begründung vertieft sie im Wesentlichen ihre Lebenssituation als Zugehörige zur Volksgruppe der Roma im Anschluss an ihre Abschiebung aus Deutschland im Jahr 2005, deren Umstände für sie sehr belastend gewesen seien. Hauptgrund für ihre erste Rückkehr nach Deutschland im Dezember 2010 sei der Umstand, dass sie die Trennung von ihren Kindern nicht habe ertragen können und einen Suizidversuch unternommen gehabt habe. Nach ihrer Rückkehr nach T. hätten sie sich in C. eine Wohnung angemietet und ihr Ehemann habe nur unter großen Schwierigkeiten als Schwarzhändler etwas Geld verdienen können; dabei sei er von der Polizei erwischt und mehrere Tage inhaftiert worden. Ihre Lebenssituation habe sich weiter verschlechtert. Sie habe gelegentlich Tabletten genommen, je nachdem wie sie diese habe bezahlen können. Ihre Suizidgedanken seien immer schlimmer geworden.
10Die Klägerin hat eine weitere ärztliche Bescheinigung des Dr. X1. vom 30. Juli 2013 vorgelegt, in der eine gegenwärtig mittelgradig bis schwer ausgeprägte rezidivierende depressive Störung sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert werden. Weiter wird ausgeführt, dass selbst bei einer psychiatrischen – psychotherapeutischen Behandlung im Herkunftsland es zu einer gesundheitlichen Verschlechterung kommen werde, „da die Ursachen aus dem Herkunftsland stammen“; es bestehe voraussichtlich mehrere Monate psychiatrischer Behandlungsbedarf, um eine tragfähige Stabilisierung zu gewährleisten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bescheinigung Bezug genommen.
11Mit Schriftsatz vom 17. April 2014 wird bezugnehmend auf das neue serbische Strafrecht, aktuelle Erkenntnisse und eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. März 2014 geltend gemacht, dass Roma bei Inanspruchnahme ihres Menschenrechts auf Ausreisefreiheit und in Fällen der Asylantragstellung im Ausland im Rückkehrfall flüchtlingsschutzrelevante Bestrafung i.S.d. § 3a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG drohe. Sie selbst sei im Jahr 2012 unter Nutzung der Visa-Freiheit in das Bundesgebiet eingereist und daher von derartiger Verfolgung bedroht.
12Die Klägerin hat zunächst angekündigt zu beantragen,
13die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Juni 2013 zu verpflichten festzustellen, dass in der Person der Klägerin die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.
14Die Klägerin beantragt in letzter Fassung,
15die Beklagte unter Änderung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Juni 2013 zu verpflichten festzustellen,
16dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß §§ 3, 3a bis 3 e AsylVfG,
17hilfsweise des subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AsylVfG,
18weiter hilfsweise Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG in der Person der Klägerin vorliegen.
19Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
20die Klage abzuweisen.
21Sie nimmt Bezug auf den angefochtenen Bescheid.
22Mit Beschluss der Kammer vom 11. April 2014 ist der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes Bezug genommen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
25Die Klage hat keinen Erfolg.
26Die Klage ist wegen der Versäumung der zweiwöchigen Klagefrist gemäß § 74 Abs.1 AsylVfG bereits unzulässig, soweit mit dem Klageantrag letzten Standes die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG begehrt wird.
27Die Klägerin hat mit ihrem Klageschriftsatz vom 14. Juni 2013 ausdrücklich einen auf die Zuerkennung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG begrenzten Klageantrag formuliert und klagebegründend zudem unter Ankündigung der Übersendung weiterer ärztlicher Belege klargestellt, insoweit (ausschließlich) zunächst zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote geltend zu machen. Mit dieser Beschränkung in Einklang stehend, hat die Klägerin nachfolgend mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2013 lediglich eine weitere ärztliche Bescheinigung übersandt.
28Damit ist davon auszugehen, dass die anwaltlich vertretene Klägerin ihr Klagebegehren bewusst nicht auf die Zuerkennung der Asylberechtigung und auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i.S.d. § 3 AsylVfG erstrecken wollte und auch nicht erstreckt hat. Auch wenn die Ansprüche auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a GG und auf Feststellung der Voraussetzungen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG (vormals § 60 Abs.1 AufenthG bzw. § 51 Abs. 1 AuslG) sowie die Ansprüche auf Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG (vormals § 60 Abs. 2, 3, 7 Satz 2 AufenthG, bzw. § 53 Abs. 1, 2 AuslG) und die Zuerkennung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (vormals § 53 Abs. 4, Abs. 6 Satz 1 AuslG) regelmäßig in einem Asylprozess und im Verhältnis von Haupt- und Hilfsbegehren geltend gemacht werden, steht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts außer Frage, dass diese jedenfalls rechtlich abtrennbare Streitgegenstandsteile sind, die ausnahmsweise verfahrensrechtlich gesondert geltend gemacht werden können.
29Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2004 – 1 B 68/04 -, Urteil vom 24. Juni 2008 – 10 C 43.07 – und Beschluss vom 10. November 2011 – 10 B 24.11 -, jeweils juris.
30Letzteres ist hier der Fall. Eine solche bewusste Begrenzung des Klagegenstandes war vor dem Hintergrund der ursprünglichen Klagebegründung auch durchaus folgerichtig, weil insoweit allein Umstände in Gestalt gesundheitlicher Gründe vorgetragen worden waren, die ausschließlich im Rahmen der Gewährung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz1 AufenthG von Bedeutung sein können.
31Die Begrenzung des Klagebegehrens hat zur Folge, dass der bundesamtliche Bescheid vom 5. Juni 2013 in Bestandskraft erwachsen und folglich einer rechtlichen Überprüfung durch das Gericht entzogen ist, soweit darin (auch) die Wiederaufnahme des Verfahrens bzgl. der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgelehnt worden ist.
32Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nach Bekanntwerden des Urteils des VG T1. vom 25. März 2014 – A 11 K 5036/13 - erstmals auch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für die Klägerin reklamiert hat, ist dieses Begehren folglich nicht mehr zulässiger Gegenstand des vorstehenden Klageverfahrens. Eine Wiedereinsetzung in die insoweit versäumte Klagefrist gemäß § 60 VwGO ist weder beantragt worden, noch mangels ersichtlicher Wiedereinsetzungsgründe von Amts wegen zu gewähren.
33Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen ist selbständig tragend festzustellen, dass die Klage insoweit auch unbegründet wäre, weil die Voraussetzungen des § 3 AsylVfG in der Person der Klägerin nicht erfüllt sind.
34Der Bescheid des Bundesamtes vom 5. Juni 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche im gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung unabhängig davon nicht zu, ob die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 51 Abs. 1 bis 3 und 5, 48, 49 VwVfG vorliegen. Das gilt auch unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich in Kraft getretenen Asylverfahrensgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474) geändert worden ist.
35Danach ist einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Gemäß § 3c Nr. 1. bis 3. AsylVfG kann eine Verfolgung im vorstehenden Sinne ausgehen von dem Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen, oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 3e AsylVfG). Die relevanten Verfolgungshandlungen und Verfolgungsgründe ergeben sich aus § 3a und § 3b AsylVfG.
36Die Klägerin hat in T. eine Verfolgung als Roma in Gestalt schwerwiegender Verletzungen der grundlegenden Menschenrechte (§ 3a Abs. 1 AsylVfG) weder durch den Staat oder durch Parteien und Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen, noch eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Im Hinblick auf die allgemeine Lage der Roma ist weder auf der Grundlage der aktuellen Erkenntnislage noch der ständigen Rechtsprechung der Kammer und anderer Gerichte von einer drohenden schwerwiegenden Verletzung der Menschenrechte auszugehen.
37Vgl. Lagebericht T. des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013; OVG NRW, Beschlüsse vom 04. April 2011 - 5 A 427/11.A - und vom 15. Dezember 2011- 5 A 1295/11.A -; VG Gelsenkirchen, Urteile vom 17. April 2014 – 17a K 4588/13.A -, 18. Mai 2012 - 1a K 261/11.A - und 18. August 2010 - 7a K 2060/10.A -; Sächsisches OVG, Urteil vom 21. Juli 2009 - 4 B 554/07 -.
38Soweit das Verwaltungsgericht T1. in dem Urteil vom 25. März 2014 – A 11 K 5036/13 – demgegenüber nach Einvernahme der sachverständigen Zeugin Dr. X2. für aus T. stammende Roma im Wesentlichen wegen vermeintlich erheblicher Beschränkungen und Diskriminierungen von Angehörigen dieser Volksgruppe bei der Wahrnehmung deren elementaren Rechts auf Freizügigkeit/Ausreisefreiheit die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 3a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG bejaht, vermag dem die Kammer aus folgenden Gründen nicht zu folgen:
39Das Verwaltungsgericht T1. stellt entscheidungstragend darauf ab, dass Angehörigen der Roma die Ausreise aus T. erschwert oder unmöglich gemacht werden soll sowie Bestrafungen nach dem neuen serbischen Meldegesetz selektiv gegen diese Volksgruppe erfolgen (S. 9 f des amtlichen Abdrucks) und verweist in diesem Zusammenhang „entscheidend“ auf den neu eingeführten § 350a des serbischen StGB (S. 11 des amtlichen Abdrucks). Die insoweit in Bezug genommene „aktuelle Auskunftslage“ sowie „Informationen des Regional Center for Minorities“ werden indessen weder inhaltlich wiedergegeben noch sonst konkretisiert.
40Auch die zudem in Bezug genommenen „Erklärungen der Zeugin Dr. X2. in der mündlichen Verhandlung“ belegen eine solch weitgehende Schlussfolgerung nicht. Soweit deren Aussage im Tatbestand des Urteils mit den Worten wiedergegeben wird, dass „die Stellung eines Asylantrags in der Bundesrepublik Deutschland …nach serbischem Recht strafbar (sei)“ (S. 4 des amtlichen Abdrucks), lässt sich eine solche einschränkungslose Aussage der Zeugenaussage gerade nicht entnehmen. Ausweislich des dem Einzelrichter vorliegenden Sitzungsprotokolls hat Dr. X2. auf die gerichtliche Frage, ob die Stellung eines Asylantrags in der Bundesrepublik Deutschland nach serbischem Recht strafbar sei, vielmehr geantwortet: „Ende 2012 wurde das serbische Strafgesetzbuch reformiert. Nach den nun geltenden §§ 350 und 350a ist der unerlaubte Grenzübertritt und Menschenschmuggel sowie die Ermöglichung des Asylmissbrauchs im Ausland strafbar.“
41Auf der Grundlage des Wortlauts der deutschen Übersetzung der §§ 350, 350 a serbisches StGB, wie sie ausweislich des Sitzungsprotokoll von Dr. X2. wiedergegeben worden ist, ist die rechtliche Bewertung im Urteil des VG T1. , wonach Asylbewerber gemäß § 350 a Abs. 1 StGB „allein wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland mit strafrechtlicher Verfolgung und Verurteilung zu rechnen (haben)“ (S. 11 des amtlichen Abdrucks), schwerlich tragfähig.
42§ 350 a serbisches StGB lautet hiernach wie folgt:
43(1) Wer versucht, in der Absicht, sich selbst oder jemand anderem einen Vorteil zu verschaffen, einen Transport, eine Verlegung, eine Aufnahme, eine Unterkunft, ein Versteck organisiert oder auf eine andere Weise ermöglicht, dass ein(e) Staatsbürger(in) Serbiens mittels einer falschen Darstellung der Gefährdung seiner/ihrer Menschenrechte und Grundfreiheiten im Ausland Asyl beantragt, erhält eine Haftstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren.
44Dem Wortlaut nach ist die bloße Stellung eines Asylantrages durch einen Asylbewerber für diesen nicht unter Strafe gestellt. Vielmehr ist nach näherer Maßgabe (schon) der Versuch strafbar, durch Unterstützungsleistungen (wie Transport, Schleusung etc.) einem serbischen Staatsbürger zu ermöglichen, einen missbräuchlichen Asylantrag im Ausland zu stellen. Die Regelung zielt damit ersichtlich auf Schleuser bzw. Schlepper oder sonstige Dritte ab, die einem Asylbewerber die Stellung eines Asylantrages bspw. in der Bundesrepublik Deutschland ermöglichen wollen; dieser Asylantrag muss zudem durch eine „falsche Darstellung der Gefährdung…“ gekennzeichnet sein.
45In diesem Sinne wird die Bestimmung, die nach den vorliegenden Erkenntnissen vor dem Hintergrund der Sorge Serbiens, dass die Ende Dezember 2009 eingeführte Visumfreiheit im Schengen-Raum „wegen des Fehlverhaltens einer Minorität („Wirtschaftsflüchtlinge“, über 90 % Roma)“ für alle serbischen Staatsangehörigen wieder suspendiert werden könnte, am 1. Januar 2013 in Kraft getreten ist, auch durch das Auswärtige Amt bewertet.
46Vgl. Lagebericht T. vom 18. Oktober 2013, S. 23, 24, wonach es strafbar sei, durch Unterstützungsleistungen einem serbischen Staatsangehörigen zu ermöglichen, einen missbräuchlichen Asylantrag im Ausland zu stellen.
47Ein anderes, weitergehendes Verständnis des § 350a Abs. 1 serbisches StGB ist auch nicht aufgrund der Strafschärfungsregelungen in Absätzen 2 und 3 gerechtfertigt.
48Darüber, dass § 350 a Abs. 1 serbisches StGB entgegen seines Wortlauts in der Praxis auf Asylbewerber allein wegen der bloßen Stellung eines Asylantrages tatsächlich Anwendung findet, liegen keine verifizierbaren Erkenntnisse vor. Das Auswärtige Amt hebt im vorzitierten Lagebericht im Gegenteil hervor, dass es Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrages im Ausland bisher „weder de jure noch de facto“ gebe. Angesichts dessen, dass seit 2013 zahlreiche serbische Staatsangehörige und darunter vornehmlich Roma nach erfolgloser Stellung eines Asylantrages im Ausland nach T. zurückgekehrt sind, wie gerichtsbekannt ist, wäre zu erwarten, dass eine solche etwaige Praxis zwischenzeitlich bekannt geworden wäre.
49Gegenteilige Erkenntnisse werden auch in dem Urteil des Verwaltungsgerichts T1. vom 25. März 2014 nicht benannt. Soweit in dem Tatbestand Frau Dr. X2. mit der Erklärung zitiert wird, dass nach dem Fortschrittsbericht der EU 2013 aufgrund der Vorschrift des § 350a sieben Strafverfahren gegen acht Personen betrieben worden seien (S. 4 des amtlichen Abdrucks), findet die unmittelbar anschließende, im Sitzungsprotokoll festgehaltene weitere Aussage der Zeugin, wonach nach ihrer Kenntnis „noch kein Urteil“ vorliege, keine Erwähnung. Gerade diese Aussage stützt indessen nachdrücklich die vom Auswärtigen Amt benannte Erkenntnislage.
50Die bereits zitierte weitere Erklärung bzw. Bewertung der Frau Dr. X2. , wonach (auch) der unerlaubte Grenzübertritt strafbar sei, trifft nach Maßgabe des Wortlauts des § 350 serbisches StGB in dieser Allgemeinheit ebenfalls nicht zu.
51§ 350 serbisches StGB lautet nach der im Sitzungsprotokoll zitierten Übersetzung:
52(1) Wer ohne vorschriftsmäßige Erlaubnis die Grenze Serbiens überquert oder versucht, diese zu überqueren, bewaffnet oder unter Anwendung von Gewalt, erhält eine Haftstrafe von bis zu einem Jahr.
53Es spricht alles dafür, dass hiernach nur der bewaffnete oder unter Anwendung von Gewalt erfolgte unerlaubte Grenzübertritt unter Strafe gestellt wird. Unabhängig davon ist nicht ohne weiteres ersichtlich, inwieweit eine Norm, die die unerlaubte Grenzüberquerung als solche unter Strafe stellt, erst Recht wenn dies bewaffnet oder unter Anwendung von Gewalt erfolgt, eine im Rahmen des § 3 AsylVfG (oder des subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG bzw. von § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) relevante Maßnahme beinhalten sollte.
54Nach allem steht für die Klägerin eine Bestrafung nach § 350a (und/oder nach § 350) serbisches StGB oder eine sonstige, nach Maßgabe von §§ 3 bis 3 c AsylVfG flüchtlingsschutzerhebliche Behandlung im Rückkehrfall prognostisch keinesfalls mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Neben den vorstehenden generellen Erwägungen folgt dies auch daraus, dass die Klägerin nach ihren eigenen Angaben unter Verwendung ihres gültigen serbischen Reisepasses, demnach also nicht „illegal“, ausgereist ist.
55Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Gewährung von subsidiärem Schutz gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AsylVfG (entsprechend § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG). Nach diesen Vorschriften ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn ihm in seinem Herkunftsland die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder ihm als Zivilperson eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3) droht. Derartige Gefahren drohen der Klägerin bei einer Rückkehr nach T. nicht.
56Auch ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG ist für die Klägerin nicht zu bestätigen. Nach dieser Vorschrift darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Es entspricht gesicherter (Kammer-)Rechtsprechung, dass ein Abschiebungsverbot nach diesen Normen zu Gunsten von Angehörigen der Volksgruppe der Roma aus T. regelmäßig nicht besteht.
57Vgl. die obigen Rechtsprechungszitate; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 18. Februar 2014 – 5 A 195/14.A -.
58Aus den Erwägungen des Verwaltungsgerichts T1. in der mehrfach zitierten Entscheidung vom 25. März 2014 folgt insoweit wiederum nichts anderes. Dies deshalb, weil den entscheidungstragenden Darlegungen, die u.a. einen angenommenen Verstoß gegen das Recht auf freie Ausreise und damit gegen ein grundlegendes Menschenrecht begründen sollen – auch wenn es nicht ausdrücklich in Art. 15 Abs. 2 der Konvention genannt ist (vgl. S. 8, 9 des amtlichen Abdrucks) –, zur Überzeugung des Einzelrichters weder vom Rechtlichen (Anwendungsbereich der §§ 350, 350a serbisches StGB), noch vom Tatsächlichen (selektive Anwendung/Diskriminierung/Bestrafung gegenüber den Angehörigen der Roma in der Praxis) zu folgen ist. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen in Zusammenhang mit der Zuerkennung von Flüchtlingsschutz verwiesen.
59Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob die von etwaigen Verstößen gegen die Reisefreiheit Betroffenen, die von ihrem Grundrecht auf Asyl bzw. auf Zuerkennung von Flüchtlingsschutz Gebrauch machen wollen bzw. gemacht haben, zumutbar auf die Inanspruchnahme von Rechtsschutz im Abschiebezielstaat bzw. durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu verweisen sind.
60Vgl. zu behaupteten staatlichen Maßnahmen zu Lasten ausreisewilliger bzw. zurückkehrender Asylbewerber (Roma) aus Mazedonien: OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2013 – 5 A 2439/12. A – unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 5.09 - und 7. Dezember 2004 – 1 C 14.04 -, juris.
61Insoweit ist lediglich anzumerken, dass (auch) T. Signaturstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention ist.
62Vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013, S. 17.
63Schließlich liegen in der Person der Klägerin auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vor.
64Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Unerheblich ist dabei, von wem die Gefahr ausgeht und auf welchen Ursachen sie beruht. Entscheidend ist allein, ob für den Ausländer eine konkrete individuelle Gefahr für die in der Vorschrift genannten Rechtsgüter besteht und die Gefahr dem Einzelnen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit landesweit droht.
65Vgl. BVerwG, Urteile vom 17.Oktober 1995 - 9 C 9.95 – und 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 -, jeweils juris.
66Ein Abschiebungsverbot nach dieser Vorschrift kann auch darin begründet sein, dass sich die individuelle Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers alsbald nach der Rückkehr in seinen Heimatstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlimmern würde, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind und er auch anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte.
67Vgl. dazu z. B. BVerwG, Urteil vom 29. Juli 1999- 9 C 2.99 - sowie Urteil vom 25.November 1997- 9 C 58.96 -, Beschluss vom 17. August 2011 – 10 B 13/11 -, jeweils zitiert nach juris.
68Hiernach sind indes regelmäßig nur solche Umstände relevant, die für den betreffenden Ausländer den Aufenthalt im Zielland der angedrohten Abschiebung unzumutbar machen und damit in Gefahren begründet liegen, welche diesem im Zielstaat drohen (zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote). Treten die befürchteten negativen Auswirkungen jedoch allein durch die Abschiebung als solche und nicht wegen der spezifischen Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung ein, so handelt es sich um ein sogenanntes inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis. Ein solches ist nicht durch das zuständige Bundesamt der Beklagten bei der Entscheidung über Abschiebungsverbote, sondern durch die zuständige Ausländerbehörde zu berücksichtigen.
69Vgl. BVerwG, Urteile vom 21.September 1999 - 9 C 8.99 - und vom 15.Oktober 1999 - 9 C 7.99 -, jeweils zitiert nach juris.
70Für die Prognose einer Gefährdung nach Rückkehr in das Herkunftsland im dargestellten Sinn ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit der so umschriebenen Gefahr erforderlich. Daraus folgt, dass die im konkreten Einzelfall für eine zu erwartende Rechtsgutverletzung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden Umstände überwiegen müssen. Dies erfordert die zusammenfassende verständige Würdigung aller objektiven Umstände unter Einbeziehung des Ranges des gefährdeten Rechtsgutes und der Zumutbarkeit des mit der Rückkehr verbundenen Risikos aus der Sicht eines vernünftig denkenden, besonnenen Dritten dahingehend, ob die Umstände die erhebliche Gefahr einer Rechtsgutverletzung alsbald erwarten lassen.
71Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2001 - 1 B 71.01 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 46
72Das Tatbestandsmerkmal der Erheblichkeit der zu erwartenden Gefährdungssituation ist dabei nur dann gegeben, wenn der Eintritt der Gefahr eine bedeutende Rechtsgutbeeinträchtigung nach sich zieht. Ausgehend von einer unzureichenden medizinischen Behandlungsmöglichkeit liegt das für die hieraus resultierende akute Lebensgefahr auf der Hand und heißt für den Fall der befürchteten Verschlimmerung einer bereits vorhandenen Erkrankung, dass sich der Gesundheitszustand nach Ankunft im Zielland der Abschiebung in absehbarer Zeit wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern wird. Der Begriff der wesentlichen Verschlechterung liegt nur dann vor, wenn die befürchtete ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustandes nach Rückkehr derart gravierend sein wird, dass außergewöhnlich schwere körperliche oder psychische Schäden oder existenzbedrohende Zustände zu erwarten sind.
73Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. September 2006- 13 A 1740/05.A -.
74Daraus leitet sich zugleich ab, dass eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht schon dann vorliegt, wenn von einer Heilung der Erkrankung im Zielland der Abschiebung wegen der dortigen Verhältnisse nicht auszugehen ist, die Erkrankung sich aber auch nicht gravierend zu verschlimmern droht. Das Abschiebungsverbot dient nämlich nicht dazu, dem ausreisepflichtigen erkrankten Ausländer die Heilung seiner Erkrankung im Rahmen des sozialen Systems der Bundesrepublik Deutschland zu eröffnen; vielmehr stellt es alleine den Schutz vor einer gravierenden Beeinträchtigung von Leib und Leben im Zielland einer Abschiebung oder Rückkehr sicher. Der Ausländer muss sich grundsätzlich auf den Behandlungsstandard, der in seinem Herkunftsland für die von ihm geltend gemachten Erkrankungen allgemein besteht, verweisen lassen, wenn damit keine grundlegende Gefährdung verbunden ist.
75Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. September 2003- 13 A 3253/03.A -.
76Zu berücksichtigen ist dabei ferner, ob der Ausländer voraussichtlich in der Lage sein wird, ohne Schädigung des Existenzminimums im Sinne der Gefahr drohender Verelendung, die erforderliche, eine Verschlimmerung der Erkrankung verhindernde, im Herkunftsland mögliche Behandlung zu finanzieren. Hierzu sind seine genannten voraussichtlichen Lebensumstände im Herkunftsland aber auch eventuelle finanzielle Unterstützungen, z. B. durch Inanspruchnahme von Sozialleistungen oder durch Verwandte im Ausland, in den Blick zu nehmen.
77Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. September 2011- 13 A 1660/11.A -.
78Hiervon ausgehend lässt sich nach Maßgabe der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer für die Klägerin ein Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht herleiten.
79In tatsächlicher Hinsicht geht die Kammer davon aus, dass die Klägerin unter den im Tatbestand benannten Erkrankungen leidet.
80Es ist indessen nicht beachtlich wahrscheinlich, dass sich ihr Gesundheitszustand im Falle ihrer Rückkehr nach T. wegen fehlender Behandlungsmöglichkeiten, ihrer ethnischen Herkunft oder aus finanziellen Gründen wesentlich verschlechtern wird.
81Die attestierten Erkrankungen können nach den der Kammer vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Erkenntnissen in T. behandelt werden, wobei ggfs. notwendige Medikamente ebenfalls zur Verfügung stehen.
82Vgl. Lageberichte des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik T. vom 29. Januar 2013 und 18. Oktober 2013, S. 22 f.; Auskünfte der deutschen Botschaft C. an das Verwaltungsgericht Bremen vom 10. und 7. Juni 2013.
83Hiernach können jedenfalls in den größeren medizinischen Zentren, wie bspw. in Nis, C. u.a. nicht nur Herzerkrankungen, sondern insbesondere auch Patienten, die an psychischen Erkrankungen, wie bspw. depressiven Störungen leiden, zureichend behandelt werden.
84Vgl. dazu auch VG Gelsenkirchen, Urteile vom 18. Mai 2012 – 17a K 5213/10.A – und 13. März 2013 – 7a K 5298/12.A -, juris.
85Auch insoweit ist eine hinreichende medikamentöse Versorgung regelmäßig gewährleistet. Es stehen insbesondere zahlreiche Psychopharmaka/Antidepressiva zur Verfügung. Vorliegend ist nichts für die Annahme substantiiert worden oder sonst ersichtlich, dass die von der Klägerin benötigten Medikamente oder jedenfalls gleichwertige Präparate für sie in T. nicht erhältlich sind.
86Mit dieser Erkenntnislage in Einklang stehend, haben die Klägerin und ihr Ehemann anlässlich ihrer informatorischen Befragung am 13. Februar 2013 gegenüber dem Bundesamt ausdrücklich angegeben, dass die Klägerin in C. regelmäßig, teilweise stationär, (auch) wegen ihrer psychischen Erkrankung behandelt und in diesem Zusammenhang auch mit Medikamenten versorgt worden sei - wenn auch möglicherweise auf einem anderen Niveau als in Deutschland.
87Ein Verweis auf eine grundsätzlich mögliche Behandlung in ihrem Heimatland ist für die Klägerin - gemessen an den Anforderungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG -auch nicht aufgrund der Aussagen in der ärztlichen Bescheinigung des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. X1. vom 30. Juli 2013 unzumutbar. Dabei legt die Kammer, wie erwähnt, die darin diagnostizierten Erkrankungen (gegenwärtig mittelgradig bis schwer ausgeprägte rezidivierende depressive Störung, somatoforme Schmerzstörung) der vorstehenden Entscheidung zu Grunde. Diese sind nach Maßgabe der obigen Ausführungen in T. indessen grundsätzlich zureichend behandelbar.
88Soweit darüber hinaus ausgeführt wird, dass es selbst bei einer psychiatrischen-psychotherapeutischen Behandlung im Herkunftsland zu einer gesundheitlichen Verschlechterung kommen werde, „da die Ursachen aus dem Herkunftsland stammen“, folgt auch hieraus nicht, dass in der Person der Klägerin mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot besteht.
89Dr. X1. erachtet einen psychiatrischen Behandlungsbedarf für einen Zeitraum von „voraussichtlich mehreren Monate(n)“ für erforderlich, um eine „tragfähige Stabilisierung“ zu gewährleisten. Ein solcher Zeitraum ist bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits deutlich verstrichen. Es ist weder vorgetragen, noch durch ärztliche Bescheinigungen belegt worden, dass eine derartige Stabilisierung des Gesundheitszustandes der Klägerin nicht eingetreten ist oder sich dieser gar verschlechtert haben könnte.
90Unabhängig davon ist mangels jeglicher weiterer Substantiierung weder aus der ärztlichen Bescheinigung ableitbar, noch sonst ersichtlich, dass die für den Fall einer Behandlung der Klägerin im Herkunftsland vage prognostizierte Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes die Schwelle der Erheblichkeit im oben aufgezeigten Sinne überschreiten würde.
91Schließlich vermag das Gericht nicht der für die prognostizierte Verschlechterung des Gesundheitszustandes angegebenen Begründung zu folgen. Dr. X1. hat insoweit angenommen, die Ursachen (der Erkrankung) stammten aus dem Herkunftsland. Für eine solche Annahme fehlt jegliche ärztliche Erklärung. Eine solche Annahme ist aufgrund des Inhalts der dem Gericht vorliegenden Akten, insbesondere der Angaben der Klägerin (und ihres Ehemannes) in dem aktuellen und den früheren Asyl(folge)verfahren, die dem behandelnden Arzt schwerlich bekannt waren, eher fernliegend. Hiernach liegen die wesentlichen Ursachen für die psychische Erkrankung der Klägerin in den Umständen ihrer Abschiebung aus der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2005 begründet, die sie als „traumatisch“ empfunden hat (Anhörung vom 13. Februar 2013: „Wir wollten eigentlich unseren Aufenthalt bei der Ausländerbehörde verlängern. Wir wurden dann festgehalten für eine Nacht und ich musste mich am Flughafen vor einer Frau komplett ausziehen und das kann ich alles einfach nicht vergessen, das ist für mich wie ein Trauma. Seither ist es so schlimm. Das ist eigentlich die Ursache für meine schlechte psychische Situation.“, Bl. 69 BA Heft 2). Entsprechendes wird in der Klagebegründung vertieft, mit dem ergänzenden Bemerken, dass die Klägerin, insbesondere die Trennung von ihren in Deutschland zurückgebliebenen Kindern nicht habe ertragen können und (deshalb) einen Suizidversuch unternommen habe.
92Diese Umstände liegen folglich nicht in den im Heimatland herrschenden Verhältnissen begründet und bilden keine taugliche Grundlage für die Annahme eines im vorliegenden Verfahren allein beachtlichen zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Für die Prüfung etwaiger aus der Durchführung der Abschiebung resultierender und sonstiger sog. inlandsbezogener und tatsächlicher Vollstreckungshindernisse ist demgegenüber, wie ausgeführt, allein die Ausländerbehörde zuständig.
93BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 10 B 39.12 -, juris, m.w.Nw.
94Das Gericht ist desweiteren davon überzeugt, dass für die Klägerin im Fall ihrer Rückkehr nach T. die erforderliche Behandlung ihrer Krankheiten tatsächlich erreichbar ist.
95Dabei ist der Zugang zu medizinischen Behandlungen des öffentlichen Gesundheitssystems für die Bevölkerung in T. unabhängig von der ethnischen Herkunft gewährleistet.
96Vgl. den zitierten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013, S. 21 sowie Auskünfte der deutschen Botschaft C. an das Verwaltungsgericht Bremen vom 10. und 7. Juni 2013.
97Die Kammer ist weiter davon überzeugt, dass die Klägerin auch nicht aus Mangel an finanziellen Mitteln an einer Inanspruchnahme der notwendigen medizinischen Behandlung gehindert sein wird. Das gilt selbst dann, wenn zugrunde gelegt wird, dass es ihr jedenfalls wegen der herrschenden prekären wirtschaftlichen Lage in T. nicht gelingen wird, ihren Lebensunterhalt selber sicherzustellen.
98Sollten Kosten der notwendigen medizinischen Behandlung der Klägerin von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht in voller Höhe übernommen werden (vgl. dazu den zitierten Lagebericht T. , S. 21 f.) und durch Sozialhilfeleistungen nicht oder nicht vollständig gedeckt werden können, muss sich die Klägerin auch hinsichtlich des im Übrigen notwendigen Lebensunterhalts nicht zuletzt mit Blick auf den bei Roma-Familien besonders ausgeprägten familiären Zusammenhalt auf die Unterstützung durch die Familie verweisen lassen. Die Klägerin hat insoweit – in Übereinstimmung mit der Auskunftslage – angegeben, in T. als Arbeitslose Mitglied der Krankenversicherung gewesen zu sein, sie aber diejenigen Medikamente, die nicht in staatlichen Apotheken erhältlich gewesen seien, in den privaten Apotheken habe bezahlen müssen.
99Für eine solche ergänzende Unterstützung kommen neben dem ausreisepflichtigen Ehemann der Klägerin und der nach eigenen Angaben in T. lebenden Großfamilie vor allem der in Deutschland aufhältige Sohn der Klägerin in Betracht, der sie nicht nur finanziell unterstützen, sondern ihr auch ggf. benötigte Medikamente besorgen und zusenden kann. Mit dieser Bewertung in Einklang stehend, hat die Klägerin in einem früheren Folgeverfahren im Januar 2010 gegenüber dem Bundesamt ausdrücklich angegeben, sie sei von ihren zwei seinerzeit in Deutschland lebenden Kindern in T. finanziell unterstützt worden (Bl. 49 BA Heft 3). Dass eine solche Möglichkeit zur - wenn auch im Einzelfall nur geringen - ergänzenden finanziellen Unterstützung der Klägerin auch durch (sonstige) nahe Verwandte nunmehr ausgeschlossen ist, etwa wegen eigener unzureichender Geldmittel, ist aufgrund des Hinweises auf die Arbeitslosigkeit ihres Sohnes nicht hinreichend substantiiert worden oder sonst ersichtlich.
100Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
101Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
102Eine, vom Prozessbevollmächtigen der Klägerin angeregte, Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht ist gemäß § 78 Abs. 2, Abs. 3 AsylVfG nicht eröffnet.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger erstrebt unionsrechtlich begründeten Abschiebungsschutz wegen Gefahren aufgrund eines bewaffneten innerstaatlichen Konflikts, hilfsweise nationalen Abschiebungsschutz wegen ihm drohender (extremer) Gefahr für Leib und Leben vor allem durch Mangelernährung.
- 2
-
Der 1981 geborene, ledige Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört zur Volksgruppe der Hazara und stammt aus der Provinz Ghazni. Er reiste im Februar 2003 nach Deutschland ein und betrieb hier erfolglos ein Asylverfahren. Im November 2006 stellte er einen Asylfolgeantrag. Mit Bescheid vom 21. Dezember 2006 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und eine Änderung seiner Feststellung zum Nichtvorliegen eines Abschiebungshindernisses ab. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht beschränkte der Kläger seine Klage auf die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im April 2007 stattgegeben.
- 3
-
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat der Kläger geltend gemacht, dass auch die Voraussetzungen des Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG vorlägen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten im Mai 2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger sei in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG Abschiebungsschutz zu gewähren. Er sei zwar jung und gesund, verfüge aber nicht über eine Berufsausbildung. Angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt in Afghanistan sei die Wahrscheinlichkeit gering, dass der Kläger auf Dauer eine Arbeit finden und damit seinen eigenen Lebensunterhalt sichern könne. Auf familiäre Unterstützung könne er nicht rechnen. Unter diesen Umständen würden dem Kläger ausschließlich Tee und Brot als Nahrungsmittel zur Verfügung stehen. Diese Versorgungssituation werde durch Unterstützungsmaßnahmen der afghanischen Regierung oder internationaler Organisationen nicht wesentlich verbessert. Die Möglichkeit, eine winterfeste Unterkunft zu erlangen, sei für einen mittellosen Rückkehrer, der - wie der Kläger - nicht auf familiäre Hilfe zurückgreifen könne, minimal. Die medizinische Versorgung sei selbst in Kabul völlig unzureichend. Auch die hygienischen Verhältnisse, unter denen der Kläger als mittelloser Rückkehrer leben müsse, seien völlig unzulänglich. Angesichts dieser Lebensbedingungen bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger zwangsläufig in einen fortschreitenden Prozess körperlichen Verfalls mit lebensbedrohlichen Folgen geraten würde. Insbesondere die durch die Mangelernährung erhöhte Infektanfälligkeit werde in Verbindung mit dem ebenfalls ernährungsbedingten Eisenmangel zu schwerwiegenden Infektionen der Atmungs- und Verdauungsorgane führen. Den anderen Oberverwaltungsgerichten, die dies gegenteilig beurteilten, hätten die vom Berufungsgericht eingeholten Gutachten nicht vorgelegen. Angesichts dieser Einschätzung erübrige sich eine Entscheidung darüber, ob auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG vorlägen und dem Kläger deshalb gemeinschaftsrechtlicher subsidiärer Schutz zu gewähren sei.
- 4
-
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision beanstandet die Beklagte vor allem, dass sich das Berufungsgericht im Hinblick auf die vom Kläger befürchteten allgemeinen Gefahren auf zu schmaler Tatsachengrundlage über die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG hinweggesetzt habe.
Entscheidungsgründe
- 5
-
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt in mehrfacher Hinsicht Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Da der Senat mangels ausreichender Feststellungen im Berufungsurteil in der Sache nicht abschließend entscheiden kann, ist das Verfahren an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
- 6
-
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zunächst das Verpflichtungsbegehren des Klägers auf Feststellung eines - unionsrechtlich begründeten - Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Dieses Begehren ist mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (BGBl I 2007, 1970) - Richtlinienumsetzungsgesetz - im August 2007 Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Nach der Rechtsprechung des Senats gilt dies jedenfalls dann, wenn - wie hier - das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - in seinem Ablehnungsbescheid über sämtliche zielstaatsbezogenen ausländerrechtlichen Abschiebungsverbote sachlich entschieden und der Kläger die neuen, auf Unionsrecht beruhenden subsidiären Abschiebungsverbote in das anhängige gerichtliche Verfahren einbezogen hat (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 4.09 -, zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE vorgesehen). Gegenstand des Revisionsverfahrens ist ferner das Verpflichtungsbegehren des Klägers auf Feststellung eines (nationalen) Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist die Frage eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG, nachdem der Kläger seine Klage insoweit - vor der gesetzlichen Neuordnung der Streitgegenstände durch das Richtlinienumsetzungsgesetz - zurückgenommen und den Ablehnungsbescheid des Bundesamts damit hat bestandskräftig werden lassen. Eine Abschiebungsandrohung ist ebenfalls nicht Gegenstand des Verfahrens. Auch insoweit hat der Kläger seine Klage zurückgenommen.
- 7
-
Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht, weil es den Vorrang des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes vor dem nationalen Abschiebungsschutz nicht berücksichtigt hat (1.). Es verletzt ferner Bundesrecht, weil es beim nationalen Abschiebungsschutz den Anforderungen an die verfassungskonforme Auslegung und Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG im Fall allgemeiner Gefahren nicht hinreichend Rechnung getragen hat (2.). Schließlich verletzt es Bundesrecht, weil seine Feststellungen zur Gefahrenprognose bei verfassungskonformer Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht standhalten (3.).
- 8
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1. Das Berufungsgericht hätte nicht offenlassen dürfen, ob der Kläger die Voraussetzungen für die Feststellung eines unionsrechtlich begründeten Abschiebungsverbots erfüllt. Im Entscheidungsfall kommt in diesem Zusammenhang allein ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in Betracht. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 oder 3 AufenthG scheiden auch nach Auffassung des Klägers von vornherein aus.
- 9
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Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG, der die Regelung des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG vom 29. April 2004 - sog. Qualifikationsrichtlinie - umgesetzt hat, ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Nach der Rechtsprechung des Senats bildet dieser unionsrechtlich begründete Abschiebungsschutz gegenüber dem sonstigen (nationalen) Abschiebungsschutz einen selbstständigen Streitgegenstand. Die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG wird nach der typischen Interessenlage des Schutzsuchenden vorrangig vor der Feststellung eines sonstigen zielstaatsbezogenen ausländerrechtlichen Abschiebungsverbots begehrt (vgl. Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 22, jeweils Rn. 10 ff.).
- 10
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Dieses Rangverhältnis zwischen dem unionsrechtlichen und dem nationalen Abschiebungsschutz hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt. Es hätte das Verpflichtungsbegehren des Klägers auf Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG der Sache nach nicht als Hilfsantrag behandeln dürfen, sondern darüber vor dem Begehren auf nationalen Abschiebungsschutz befinden müssen. Zwar hat der Kläger bei seiner Antragstellung im Berufungsverfahren kein bestimmtes Rangverhältnis kenntlich gemacht. Er hat aber auch nicht erkennen lassen, dass der unionsrechtliche Abschiebungsschutz nicht oder erst nach dem nationalen Abschiebungsschutz geprüft werden soll. Bei dieser Verfahrenskonstellation hätte das Berufungsgericht - entsprechend der typischen Interessenlage des Schutzsuchenden - das Begehren des Klägers dahingehend auslegen müssen, dass primär über dessen Hauptantrag auf Verpflichtung zur Feststellung eines Abschiebungsverbots in Bezug auf Afghanistan gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG entschieden werden soll. Auf dieser rechtsfehlerhaften Behandlung der Anträge des Klägers beruht die Entscheidung des Berufungsgerichts. Daran ändert auch die hilfsweise angeführte Begründung des Berufungsgerichts nichts, dass die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG im Übrigen auch nicht erfüllt seien. Denn in dieser Begründung stellt das Berufungsgericht darauf ab, dass selbst bei Annahme eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts in Afghanistan ein Abschiebungsverbot nach dieser Vorschrift wegen der auch in diesem Fall geltenden Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nur bei einer - hier offenbar nicht gegebenen - extremen Gefahr in Betracht komme. Diese Rechtsansicht ist nach dem inzwischen ergangenen Urteil des Senats vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - (a.a.O. Rn. 30 ff.) nicht mit Bundesrecht vereinbar, da § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG richtlinienkonform dahingehend auszulegen ist, dass er bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 15 Buchst. c der Qualifikationsrichtlinie bzw. des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG keine Sperrwirkung entfaltet. Mangels hinreichender Feststellungen im Berufungsurteil zum Vorliegen eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ist es dem Senat verwehrt, sich selbst näher mit den Voraussetzungen eines derartigen Abschiebungsverbots zu befassen. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Oberverwaltungsgericht vorrangig über diesen Hauptantrag zu entscheiden haben.
- 11
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2. Indem das Berufungsgericht dem Kläger Abschiebungsschutz nach nationalem Recht in verfassungskonformer Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG zugesprochen hat, ohne das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG rechtsfehlerfrei zu prüfen und auszuschließen, hat es auch die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Voraussetzungen für die verfassungskonforme Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG in Fällen einer allgemeinen Gefahr verkannt. Auch insofern ist das Berufungsurteil nicht mit Bundesrecht vereinbar.
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Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens sechs Monate ausgesetzt wird. Eine derartige Abschiebestopp-Anordnung besteht für die Personengruppe, der der Kläger angehört, nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht (mehr). Mit seinem Hinweis auf die unzureichende Versorgungslage in Afghanistan, die für Rückkehrer ohne Berufsausbildung und familiäre Unterstützung besteht, macht der Kläger allgemeine Gefahren geltend, die aufgrund der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG grundsätzlich nicht rechtfertigen können. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann diese Sperrwirkung nur dann im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eingeschränkt werden, wenn für den Schutzsuchenden ansonsten eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht (vgl. Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - a.a.O. Rn. 32 m.w.N.). Eine Schutzlücke besteht für den Kläger indes nicht, falls er die Feststellung eines unionsrechtlichen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG beanspruchen kann (vgl. hierzu nochmals Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - a.a.O. Rn. 32 m.w.N.). Das Berufungsgericht hätte sich daher auch aus diesem Grund mit der Frage des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes befassen müssen, ehe es sich mittels verfassungskonformer Auslegung über die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG hinwegsetzt.
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3. Schließlich ist die Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG durch das Berufungsgericht auch deshalb mit Bundesrecht nicht vereinbar, weil seine Feststellungen zum Vorliegen einer extremen Gefahr im Falle einer Rückkehr des Klägers nach Afghanistan einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht standhalten. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass eine unmittelbare Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausscheidet, weil der Kläger keine individuellen, nur ihm drohenden Gefahren, sondern allgemeine Gefahren geltend macht. Es ist aber bei der verfassungskonformen Anwendung der Vorschrift in mehrfacher Hinsicht hinter den maßgeblichen rechtlichen Anforderungen zurückgeblieben. So hat es die vom Senat zum Vorliegen einer extremen Gefahrenlage entwickelten rechtlichen Maßstäbe verfehlt. Es ist in diesem Zusammenhang auch den Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung nicht gerecht geworden und hat seine Entscheidung auf eine zu schmale Tatsachengrundlage gestützt.
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Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die den Kläger in Afghanistan erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, kann er Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren.
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Wann danach allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Dieser hohe Wahrscheinlichkeitsgrad ist ohne Unterschied in der Sache in der Formulierung mit umschrieben, dass die Abschiebung dann ausgesetzt werden müsse, wenn der Ausländer ansonsten "gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde" (vgl. Urteil vom 12. Juli 2001 - BVerwG 1 C 5.01 - BVerwGE 115, 1 <9 f.> m.w.N.). Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. etwa Urteil vom 12. Juli 2001 - BVerwG 1 C 5.01 - a.a.O.).
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Das Berufungsgericht hat diese rechtlichen Maßstäbe für die verfassungskonforme Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zwar im Wesentlichen zutreffend wiedergegeben. Seine rechtliche Subsumtion wird jedoch nicht von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen. Vor allem fehlt eine tatrichterliche Gesamtwürdigung der den Kläger betreffenden Lebensbedingungen in Afghanistan insbesondere im Hinblick auf die bei der verfassungskonformen Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gebotene erhöhte Wahrscheinlichkeit des Eintritts der extremen Gefahren.
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Das Berufungsgericht hat sich zwar ausdrücklich auf diesen hohen Wahrscheinlichkeitsmaßstab bezogen und in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung des Senats zitiert (UA S. 7). Auch spricht es am Ende seiner Entscheidung zusammenfassend von der "hohen Wahrscheinlichkeit", dass der Kläger durch seine Abschiebung nach Afghanistan zwangsläufig in einen fortschreitenden Prozess körperlichen Verfalls mit lebensbedrohlichen Folgen geraten würde (UA S. 15). Diese rechtliche Schlussfolgerung ist durch die getroffenen tatsächlichen Feststellungen und deren Würdigung aber nicht gedeckt. So ist das Berufungsgericht maßgeblich davon ausgegangen, dass der Kläger sich ausschließlich von Tee und Brot ernähren müsste. Auf der Grundlage dieser Prämisse hat sich das Berufungsgericht von einer Ernährungsmedizinerin die gesundheitlichen Risiken dieser Mangelernährung schildern lassen. Gleichzeitig hat es sich auf Erkenntnisquellen bezogen, nach denen sich jeder zweite Einwohner von Kabul nur von Tee und Brot ernähren kann, 8,9 % der Bevölkerung von Kabul unter akuter Unterernährung leiden und "fast ein Viertel aller Haushalte" in Afghanistan die Grundversorgung an Nahrungsmitteln nicht selbstständig sichern kann (UA S. 11). Das Berufungsgericht hat weiter erwähnt, dass dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 7. März 2008 zufolge internationale Hilfsorganisationen Millionen von Afghanen mit Nahrungsmitteln und Hilfsgütern versorgen und sich die Versorgungslage in Kabul grundsätzlich verbessert hat. Es ist dem aber nicht hinreichend nachgegangen, sondern hat ohne nähere Prüfung gefolgert, dass die Versorgungssituation durch Unterstützungsmaßnahmen der afghanischen Regierung oder internationaler Organisationen nicht wesentlich verbessert werde (UA S. 11 und 12). All dies macht deutlich, dass sich das Berufungsgericht schon bei der Würdigung dieses zentralen Teilkomplexes auf eine zu schmale Tatsachengrundlage gestützt und den erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeitsmaßstab verfehlt hat.
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Dies gilt auch für die Würdigung der anderen Teilkomplexe. Bei der Möglichkeit, sich eine wirtschaftliche Existenz aus eigener Kraft zu sichern, spricht das Berufungsgericht zwar von einer "hohen Wahrscheinlichkeit", dass dem Kläger diese Sicherung nicht gelingen werde. Es stützt sich dabei aber zum Teil auf Erkenntnisquellen, die sich mit den Chancen befassen, "auf Dauer" eine Arbeit zu finden bzw. eine berufliche "Wiedereingliederung" zu erreichen (UA S. 9).
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Das Berufungsgericht hat seine Prognose, dass dem Kläger extreme Gefahren drohen, zudem in der Weise gewonnen, dass es bei der Beurteilung der Lebensbedingungen in Afghanistan die erwähnten und weitere sachliche Teilkomplexe u.a. zur Problematik einer winterfesten Unterkunft, medizinischer Versorgung und hygienischer Verhältnisse gebildet hat. Es hat damit die Gefahrenprognose in mehrere hintereinander geschaltete Teilprognosen aufgespalten, deren Schlussfolgerungen aufeinander aufbauen. Die bei dieser Vorgehensweise erforderliche Gesamtprognose, mit der die Lebensbedingungen und die sich daraus für den Kläger ergebenden Risiken anhand des hohen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs insgesamt gewürdigt werden, ist nicht erfolgt. Der vom Berufungsgericht gezogene Gesamtschluss wäre selbst dann rechtsfehlerhaft, wenn dieses bei jedem der von ihm untersuchten Teilbereiche eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit festgestellt hätte. Denn eine hohe Wahrscheinlichkeit hinsichtlich der Verwirklichung jedes Einzelglieds einer Kausalkette rechtfertigt ohne wertende Gesamtbetrachtung nicht zwingend den Schluss, dass das am Ende stehende Ergebnis ebenfalls mit dem gleichen hohen Wahrscheinlichkeitsgrad eintritt. Unverzichtbar ist vielmehr eine Gesamtwürdigung dahingehend, dass die von der Ernährungsmedizinerin beschriebenen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr des Klägers eintreten würden.
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Dadurch, dass das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung den erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeitsmaßstab verfehlt hat, ist auch seine Aussage nicht tragfähig, dass der Kläger "alsbald" in eine extreme Gefahrenlage geraten würde. Im Übrigen spricht viel dafür, dass das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang einen zu weiten Maßstab angewendet hat. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts droht dem Kläger nicht der Hungertod, sondern ein körperlicher Verfallsprozess, der durch Mangelernährung und eine dadurch erhöhte Infektanfälligkeit ausgelöst werden kann. Dass die extreme Gefahr unter diesen Umständen mit hoher Wahrscheinlichkeit "alsbald" eintritt, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
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Dadurch, dass das Berufungsgericht die rechtlichen Maßstäbe fehlerhaft angewendet hat, hat es auch seine tatrichterliche Überzeugung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) fehlerhaft gebildet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Überzeugungsgrundsatz dann verletzt, wenn die Überzeugungsbildung - wie hier - an inneren Mängeln leidet (vgl. etwa Beschluss vom 14. August 1998 - BVerwG 4 B 81.98 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 280). Ein Mangel bei der Überzeugungsbildung liegt zusätzlich auch insoweit vor, als das Berufungsgericht von fehlender familiärer Unterstützung für den Kläger in Afghanistan ausgegangen ist. Der Umstand, ob ein Rückkehrer auf eine derartige Unterstützung rechnen kann, ist für das Berufungsgericht von wesentlicher Bedeutung gewesen. So führt es beispielsweise aus, da in Afghanistan staatliche soziale Sicherungssysteme nicht vorhanden seien, werde die "soziale Absicherung ... (von) Familien und Stammesverbänden" übernommen (UA S. 11). Das Berufungsurteil lässt jedoch nicht erkennen, worauf sich die Überzeugung gründen lässt, dass im Entscheidungsfall eine familiäre Unterstützung fehlt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat der Kläger ausweislich des Sitzungsprotokolls erklärt, er habe in Afghanistan keine Verwandten und auch keine Bekannten mehr. Jedenfalls habe er "insoweit keinerlei Kontakte mehr". Der Bedeutung dieser Äußerung ist das Berufungsgericht nicht weiter nachgegangen. Das Berufungsgericht hat sich auch nicht damit befasst, von wem der Kläger als Minderjähriger nach dem Tod seiner Eltern bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan unterstützt worden ist. Auch zu denkbaren Unterstützungsmaßnahmen seitens seines Stammes verhält sich das Berufungsurteil nicht.
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Bei der Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts und der Darstellung der Gründe, die für seine Überzeugungsbildung leitend gewesen sind, ist schließlich zu beanstanden, dass sich das Berufungsgericht mit der gegenteiligen Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte nur unzureichend auseinandergesetzt hat. Vier - vom Berufungsgericht zitierte - Oberverwaltungsgerichte haben verneint, dass Rückkehrern wie dem Kläger extreme Gefahren in Afghanistan drohen. Sie haben insbesondere die Hilfsmaßnahmen internationaler Organisationen und auch die Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt in Afghanistan abweichend beurteilt. Zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung hat kein anderes Oberverwaltungsgericht die Einschätzung des Berufungsgerichts geteilt. Das Argument des Berufungsgerichts, den anderen Oberverwaltungsgerichten hätten die von ihm eingeholten Erkenntnismittel nicht vorgelegen, trägt jedenfalls insoweit nicht, als es um die für das Berufungsgericht zentralen Ausführungen der Ernährungsmedizinerin geht. Denn diese ist auf der Grundlage einer vom Berufungsgericht aus dem Gesamtzusammenhang herausgelösten (hypothetischen) Einzelprämisse gehört worden.
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Bei der verfassungskonformen Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist ein Gericht gehalten, den Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung und die gebotene Auseinandersetzung mit abweichender Tatsachen- und Lagebeurteilung anderer (Ober-)Verwaltungsgerichte in besonderer Weise gerecht zu werden. Dies ist dem Berufungsgericht, wie ausgeführt, in mehrfacher Hinsicht nicht gelungen.
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Für das erneute Berufungsverfahren weist der Senat darauf hin, dass es sich vorliegend um ein Asylfolgeverfahren handelt und deshalb zunächst die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens zu prüfen sind (vgl. Urteil vom 20. Oktober 2004 - BVerwG 1 C 15.03 - BVerwGE 122, 103 <105 ff.> m.w.N.). Diese Prüfung hat das Berufungsgericht bisher nicht durchgeführt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.