Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 10. Nov. 2015 - 6 K 6069/13
Tenor
Die Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 in der Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014 wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Gerichtskosten tragen der Kläger zur Hälfte und die Beklagte und die Beigeladene zu jeweils einem Viertel.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen zu jeweils einem Viertel die Beklagte und die Beigeladene. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen trägt jeweils zur Hälfte der Kläger. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Tatbestand:
2Der Kläger ist Eigentümer einer Wohnung im zweiten Obergeschoss (Dachgeschoss) des vor rund zehn Jahren errichteten Mehrfamilienhauses P. F.----------straße ° (Gemarkung P1. , Flur °, Flurstück °°°) in C. . Er wendet sich gegen die Errichtung und den Betrieb einer Autowaschstraße der Beigeladenen auf dem benachbarten Grundstück X. Straße °°° (Gemarkung P1. , Flur 2, Flurstück °°°).
3Beide Grundstücke liegen in einem „Keil“, der von der X. Straße und der in spitzem Winkel von ihr abzweigenden P2. F.----------straße gebildet wird. In diesem Bereich finden sich entlang der breit ausgebauten X. Straße (B °°) neben zwei Wohnhäusern (X. Straße °° und °°) vor allem Gewerbebetriebe, nämlich zwei Tankstellen (X. Straße °° und °°), ein Tierfachmarkt mit rund 500 qm Verkaufsfläche (ebenfalls X. Straße °°), ein Spielhallenkomplex mit insgesamt ca. 377 qm Spielfläche (X. Straße °°°), eine große Kfz-Werkstatt (X. Straße °°°) sowie ein Reifengeschäft mit Kfz-Service (X. Straße °°°). Auf dem südöstlich an die vorstehend beschriebene Reihe angrenzenden Grundstück X. Straße °°° (Flurstück °°°) befand sich bis Oktober 2013 die Gaststätte „A. N. “, die neben dem eigentlichen Gastraum über zwei kleinere Säle und einen großen Gesellschaftssaal mit bis zu 120 Sitzplätzen, einen Biergarten, eine Kegelbahn und einen großen Parkplatz verfügte. Entlang der P2. F.----------straße und an einem von dieser Straße nach Westen abzweigenden Stichweg finden sich in dem „Keil“ überwiegend Wohngebäude (P. F.----------straße °, °, °, °, °, °, °, °, °), aber auch ein Vermessungsbüro, die Räumlichkeiten eines seit längerem ruhenden Baubetriebes und ein Garagenhof (alle P. F.----------straße 3), eine °°°°-Naturheilpraxis (P. F.----------straße °) sowie ein Kfz-Verglasungsbetrieb und ein Standort der T. -Autovermietung (beide P. F.----------straße °). In den sich anschließenden Gebäuden B. T1. ° und ° befinden sich ebenfalls gewerbliche Nutzungen, nämlich ein Bauunternehmen und ein Betrieb für Elektro- und Medizintechnik.
4Die beschriebene Bebauung liegt teilweise im Bereich des Bebauungsplans OV °° „Gewerbegebiet P. F.----------straße “ der Beklagten. Der Geltungsbereich dieses Bebauungsplans, der hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung durchweg „Gewerbegebiet“ festsetzt, endet im Süden ungefähr mit den von dem Plan noch erfassten Gebäuden X. Straße °° und P. F.----------straße °°. Der südlich davon liegende Bereich des „Keils“ einschließlich der Grundstücke der Beteiligten liegt außerhalb des Bebauungsplangebietes. Der Flächennutzungsplan stellt hier eine „gemischte Baufläche“ (M) dar.
5Weitere Einzelheiten der Bebauung und der sonstigen Umgebung zeigt der nachfolgende Kartenausschnitt:
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7B. 13. Dezember 2012 beantragte die Beigeladene die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung einer Autowaschstraße auf dem Grundstück X. Straße °°, auf dem zu diesem Zeitpunkt noch die oben beschriebene Gaststätte „A. N. “ betrieben wurde. Im Laufe des Verwaltungsverfahrens legte die Beigeladene eine Immissionsprognose der A1. Ingenieurgesellschaft vom 14. März 2013 vor. Dieser Untersuchung zufolge hält der Beurteilungspegel an dem Haus P. F.----------straße 1 unter Zugrundelegung einer relevanten Vorbelastung von tags 57 dB(A) durch den Betrieb der Tankstelle auf dem Nachgrundstück X. Straße °°° den für ein Mischgebiet vorgesehenen Immissionsrichtwert von tags 60 dB(A) ein, wenn der Bereich der Einfahrt überdacht, eine Schallschutzwand in Verlängerung der Nordostfassade hergestellt und ein Schnelllauftor im Bereich der Ausfahrt eingebaut wird. Grundlage der Berechnung ist (bei theoretisch möglichen 720 Waschvorgängen) die Annahme einer „tatsächlichen mittleren Maximalauslastung“ von 250 PKW pro Tag und einer Betriebszeit von 8 bis 20 Uhr. Nachdem die Beigeladene den Lageplan und die Bauzeichnungen um die von dem Gutachter für erforderlich gehaltenen Lärmschutzeinrichtungen ergänzt und eine zunächst geplante zweite Zufahrt von der P2. F.----------straße auf Anregung der Behörde gestrichen hatte, wurde mit Datum vom 28. Mai 2013 der beantragte Bauvorbescheid (Az. 21200260) erteilt.
8B. 20. August 2013 stellte die Beigeladene den Bauantrag für die „Errichtung einer °°° Waschstraße mit SB-Staubsaugerplätzen“. Die Bauvorlagen stellen ein etwa 30 x 7 m großes und ca. 5 m hohes Gebäude mit Tonnendach dar, das parallel zur X. Straße errichtet werden und zu dieser einen Abstand von rund 15 Metern einhalten soll. Zu der südwestlichen Ecke des Grundstücks P. F.----------straße ° wahrt das zur Genehmigung gestellte Gebäude einen Abstand von drei Metern; an den Enden beträgt der Abstand des Gebäudes zu dem Grundstück P. F.----------straße ° rund neun Meter (Ausfahrt) bzw. rund 15 Meter (Einfahrt). Gegenüber der Bauvoranfrage ist das Waschstraßengebäude aus abstandrechtlichen Gründen um etwa einen Meter nach Süden und um etwa 20 cm nach Westen verschoben. Entlang der südwestlichen Fassade sowie südlich der Waschstraße sind zehn Staubsaugerplätze angeordnet. Nach der Betriebsbeschreibung soll die Autowaschstraße an Werktagen von 7 bis 22 Uhr betrieben werden. Dem Bauantrag waren die Schallprognose vom 14. März 2013 sowie ein Schreiben der A1. Ingenieurgesellschaft beigefügt, der zufolge die Verschiebung des Gebäudes keinen relevanten Einfluss auf die Ergebnisse der schalltechnischen Untersuchung hat.
9Unter dem 30. Oktober 2013 wurde der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung (Az. 21300202) erteilt. Mit Schreiben vom 15. November 2013 wurde sie auch dem Kläger, der sich (neben anderen Nachbarn) bereits im Verwaltungsverfahren gegen das Vorhaben gewandt hatte, unter Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung bekannt gegeben. Das entsprechende Schreiben trägt in der Verwaltungsakte einen „Ab-Vermerk“ vom 18. November 2013, wurde also offenbar an diesem Tag zur Post gegeben.
10B. 19. Dezember 2013 ist die Klage des Klägers bei Gericht eingegangen. Die maschinenschriftliche Klageschrift schließt mit einer Zeile für „Ort, Datum:“ und „Unterschrift:“ und entsprechenden Aussparungen, in denen jedoch keine Unterschrift angebracht ist. Der Klageschrift sind das Schreiben der Beklagten vom 15. November 2013 nebst der Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 und eine Fotokopie des Briefumschlags beigefügt gewesen, mit dem das Schreiben vom 15. November 2013 an den Kläger übersandt worden war; die Fotokopie enthält den – wohl durch den Kläger angebrachten – Zusatz „Zustellung Schriftstück Aktenzeichen 213000202 vom 15.11.2013 zum 19.11.2013“. In einer deutlich anderen Handschrift ist der Briefumschlag beschriftet, mit dem die Klage (per Einschreiben) an das Gericht übersandt worden ist. Ein unterschriebenes Exemplar der Klageschrift hat der Kläger am 8. Januar 2014 nachgereicht.
11Ebenfalls am 8. Januar 2014 hat der Kläger um vorläufigen Rechtsschutz gegen die Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 nachgesucht. Diesen Antrag hat die Kammer mit Beschluss vom 8. April 2014 (6 L 17/14) als unzulässig abgelehnt. A. Begründung hat sie ausgeführt, die am 19. Dezember 2013 eingegangene Klage sei wegen des Fehlens einer Unterschrift und sonstiger, die Unterschrift zuverlässig ersetzender Umstände unzulässig; die Baugenehmigung sei daher bestandskräftig geworden. Mit Beschluss vom 7. Juli 2014 (10 B 469/14) hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen den Eilbeschluss der Kammer aufgehoben und die Sache an die Kammer zurückverwiesen. A. Begründung hat der Senat ausgeführt, er habe trotz fehlender Unterschrift „in der Gesamtschau keine Zweifel“, dass die Klage mit dem Willen des Klägers in den Rechtsverkehr gelangt sei.
12Die Kammer hat daraufhin am 25. September 2014 durch den Berichterstatter einen ausführlichen Ortstermin durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll dieses Termins Bezug genommen.
13Anschließend hat die Beklagte auf Antrag der Beigeladenen eine „Nachtragsgenehmigung“ vom 30. September 2014 zur Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 erteilt. Gegenstand des Nachtrags ist die Verringerung der Betriebszeit von „7 bis 22 Uhr“ auf „8 bis 20 Uhr“ gewesen. Auf die Ausnutzung der Baugenehmigung in ihrer ursprünglichen Gestalt hat die Beigeladene in diesem Zusammenhang verzichtet.
14Mit Beschluss vom 27. Oktober 2014 hat die Kammer den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sodann abermals abgelehnt. A. Begründung hat sie angeführt, die Erfolgsaussichten der Klage seien trotz gewisser Bedenken hinsichtlich der Schallprognose als offen einzuschätzen. Mit Beschluss vom 27. Januar 2015 (10 B 1313/14) hat das OVG NRW den Beschluss der Kammer geändert und die aufschiebende Wirkung der Klage mit der Begründung angeordnet, die Baugenehmigung stelle nicht sicher, dass der Betrieb der Autowaschanlage nicht zu unzumutbaren Geräuschimmissionen auf dem Grundstück des Klägers führen werde.
15Im Juli 2015 hat die Beigeladene einen weiteren „Nachtragsantrag“ gestellt. Mit diesem Antrag ist das Vorhaben in mehrfacher Hinsicht modifiziert worden: Die Betriebszeit ist auf „8 bis 19 Uhr“ weiter verkürzt worden, das Gebäude ist in südöstlicher Richtung um drei Meter verlängert worden, im Einfahrtsbereich soll nunmehr eine fünf Meter lange und drei Meter hohe Schallschutzwand errichtet werden, im Ausfahrtsbereich soll eine 7,50 Meter lange und 4,10 hohe Schallschutzwand errichtet werden, es sollen Trocknungsgebläse der neuesten Bauart („Typ Nicotra Gebhardt o. glw.“) verwendet werden, die Mattenklopfrahmen sollen entfallen und die Überfahrmöglichkeit zur benachbarten Tankstelle soll durch Poller unterbunden werden. Darüber hinaus soll die Anzahl der zu waschenden PKW durch technische Maßnahmen auf maximal 495 pro Tag begrenzt werden. Dem „Nachtragsantrag“ ist eine neue Schallprognose der A1. Ingenieurgesellschaft vom 30. Juni 2015 beigefügt gewesen. In dieser Schallprognose wird für den Immissionspunkt an der Wohnung des Klägers (IP 04c) eine Vorbelastung durch die Tankstelle von 55,6 dB(A) und eine Zusatzbelastung durch den Betrieb der Waschstraße von 57,0 dB(A) ermittelt. Die Summe dieser beiden Beurteilungspegel liegt unterhalb des Immissionsrichtwertes von 60 dB(A), der für den hier allein maßgeblichen Tagbetrieb angesetzt ist.
16Unter dem 28. August 2015 ist die beantragte „Nachtragsgenehmigung“ erteilt worden. Die neue Schallprognose ist zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht worden. Zudem enthält die Baugenehmigung Nebenbestimmungen zur Verwendung des Schnelllauftores in der Ausfahrt, zum Verzicht auf Mattenklopfrahmen und der Verpflichtung, dem Ausklopfen von Fußmatten durch ein Hinweisschild entgegenzuwirken, sowie zu den maximal zulässigen Beurteilungspegeln an den einzelnen Immissionspunkten. Eine weitere Nebenbestimmung (Nr. 11) verpflichtet die Beigeladene, die Einhaltung der technischen Maßnahmen zur Begrenzung der maximalen Waschleistung alle drei Jahre durch Vorlage der Bescheinigung einer anerkannten Prüfstelle nachzuweisen. Die Nachtragsgenehmigung wurde dem Kläger mit Schreiben vom 1. September 2015 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) bekannt gegeben.
17B. 4. September 2015 hat die Beigeladene bei dem Verwaltungsgericht den Antrag gestellt, den Beschluss des OVG NRW vom 27. Januar 2015 wegen geänderter Umstände zu ändern und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen (6 L 1845/15).
18B. 23. September 2015 hat der Kläger die Nachtragsgenehmigung vom 28. August 2015 in das laufende Klageverfahren einbezogen.
19A. Begründung seiner Klage gegen die ursprüngliche Baugenehmigung hat der Kläger die mangelnde Gebietsverträglichkeit der genehmigten Anlage sowie zu erwartende Verkehrsprobleme gerügt; vor allem aber hat er zahlreiche Einwände gegen die Schallprognose vom 14. März 2013 geltend gemacht. Nach Erteilung der „Nachtragsgenehmigung“ vom 28. August 2015 trägt der Kläger vor, die Baugenehmigung sei wegen Verletzung des „Gebietswahrungsanspruchs“ rechtswidrig. Die Grundstücke der Beteiligten lägen in einem faktischen Mischgebiet. Zulässig seien dort nur solche Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich störten. Es gehe darum, eine Verfremdung des Gebietes zu verhindern. Durch die jüngste Nachtragsgenehmigung werde der untaugliche Versuch unternommen, eine überdimensionierte und für das Mischgebiet unpassende Autowaschanlage derart zurechtzustutzen, dass sie gebietsverträglich sei. Die Dimensionen seien indes sogar erweitert worden. Bei typisierender Betrachtung sei die Anlage mit den benachbarten Wohnnutzungen nicht vereinbar, weil sie nur mit erheblichen Schutzmaßnahmen sich überhaupt den einzuhaltenden Grenzwerten annähern kann. Dass die Kapazität der Anlage nunmehr auf 495 begrenzt sei, werde beschritten; die Veränderung der Zahnräder könne durch eine Erhöhung der Motorleistung kompensiert werden. Faktisch sei zu erwarten, dass trotz des verlangten Hinweisschildes die Matten ausgeklopft würden und dass die Autoradios regelmäßig bei entsprechenden Vorgängen laufen würden.
20Der Kläger beantragt,
21die Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 (Az. 21300202) in der Gestalt der Nachtragsgenehmigungen vom 30. September 2014 und vom 28. August 2015 aufzuheben.
22Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Sie ist der Auffassung, dass die Baugenehmigung dem Gebietswahrungsanspruch vollinhaltlich Rechnung trage. In der Umgebung befänden sich an der X. Straße nur gewerbliche Nutzungen. Dass das Wohnen durch die Waschstraße nicht wesentlich gestört werde, habe die Beigeladene durch die Schallprognose belegt.
25Die Beigeladene beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Sie trägt vor, ob bei der gebotenen typisierenden Betrachtung eine Waschstraße im Mischgebiet zulässig sei, hänge von ihrer jeweiligen Anlagen- und Betriebsstruktur sowie von der konkreten Gebietssituation ab. Da Tankstellen im Mischgebiet allgemein zulässig seien und Waschanlagen typische Nebenanlagen einer Tankstelle seien, sei auch eine selbständige Autowaschanlage im Mischgebiet grundsätzlich zulässig. Anders als bei sog. „SB-Waschboxen“ finde der Waschvorgang vorliegend innerhalb der Halle statt, wodurch das Störpotenzial der Anlage reduziert sei.
28Nachdem die Kammer in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass sie dazu neige, die „Nachtragsgenehmigung“ vom 28. August 2015 als eigenständige neue Baugenehmigung (sog. „aliud“) einzustufen, hat die Beigeladene ihren Abänderungsantrag (6 L 1845/15) zurückgenommen. Zugleich hat sie allerdings erklärt, sie wolle auf die Ausnutzung der Baugenehmigung von Oktober 2013 in der Fassung des ersten Nachtrags von September 2014 nicht verzichten und bitte das Gericht, über die Rechtmäßigkeit auch dieser Fassung der Baugenehmigung zu entscheiden.
29Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe:
31Die Klage hat teilweise Erfolg.
32Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag des Klägers, der die Aufhebung der Baugenehmigung und der beiden „Nachträge“ umfasst, ist dahingehend auszulegen, dass die Klage sich gegen zwei Baugenehmigungen richtet. Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei der Genehmigung vom 28. August 2015 nämlich nicht um eine bloße Nachtragsgenehmigung, sondern um eine Änderungsgenehmigung (sog. „aliud“), die als neue Baugenehmigung neben die Ursprungsbaugenehmigung in der Fassung des ersten (echten) Nachtrags getreten ist.
33Für die Abgrenzung zwischen einer unselbständigen Nachtragsgenehmigung und einer Änderungsgenehmigung kommt es nicht auf die von der Bauaufsichtsbehörde gewählte Bezeichnung an. Ebenfalls ohne Bedeutung ist, dass die hinzugetretene neue Genehmigung nur in Verbindung mit dem Text und den Bauvorlagen der Ausgangsbaugenehmigung zu verstehen ist. Entscheidend ist vielmehr der Inhalt der neuen Genehmigung. Bei den gegenüber der Ursprungsbaugenehmigung bestehenden Änderungen darf es sich, um von einer Nachtragsgenehmigung sprechen zu können, nur um geringfügige Modifikationen handeln, die die Identität des Vorhabens nicht in Frage stellen. Stellt sich für das abgewandelte Vorhaben die Frage der Genehmigungsfähigkeit wegen geänderter tatsächlicher oder rechtlicher Verhältnisse neu, so handelt es sich nicht mehr um einen bloßen Nachtrag. Ein solcher liegt überdies auch dann nicht mehr vor, wenn mit den zugelassenen Änderungen gerichtlich beanstandete Nachbarrechtsverletzungen ausgeräumt werden sollen.
34Vgl. zu alldem OVG NRW, Beschlüsse vom 4. Mai 2004 - 10 A 1476/04 -, vom 21. Februar 2007 - 10 A 27/07 -, vom 8. Juli 2008 - 10 B 999/08 - und vom 22. April 2013 - 2 A 1891/12 -, juris; Hellhammer-Hawig, in: Schönenbroicher/ Kamp, BauO NRW, Kommentar, 2012, § 75 Rdnr. 156 ff.
35Vorliegend ist das Bauvorhaben mit der Genehmigung vom 28. August 2015 entscheidend verändert worden. Schon die baulichen Änderungen haben ein beträchtliches Ausmaß. So ist der bislang nach Südwesten offene Einfahrtsbereich nunmehr Teil des geschlossenen Gebäudes, die Lärmschutzwand im nördlichen Bereich des Vorhabens ist erheblich erweitert worden, eine neue Lärmschutzwand ist am südlichen Ende des Gebäudes hinzugekommen, die Nachbehandlungsplätze sind um etliche Meter verschoben worden und die Mattenklopfrahmen sind entfallen. Zudem ist die Verwendung eines bestimmten Trocknungsgebläses nunmehr verbindlich vorgegeben, die Betriebszeit ist um eine Stunde pro Tag verkürzt und die Kapazität der Anlage ist durch technische Maßnahmen auf maximal 45 Fahrzeuge pro Stunde festgeschrieben worden. Die Summe dieser Änderungen geht über einen „Nachtrag“ deutlich hinaus, zumal die Änderungen vorrangig darauf abzielen, den vor allem durch das Oberverwaltungsgericht erhobenen Einwänden bezüglich der Nachbarrechte Rechnung zu tragen. Die Beigeladene verfügt somit seit der Erteilung der Baugenehmigung vom 28. August 2015 über zwei verschiedene Baugenehmigungen für ihr Vorhaben und sie hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bekundet, dass sie auf die Ausnutzung der ersten Baugenehmigung nicht förmlich zu verzichten bereit ist. Die Kammer hat daher auf der Grundlage des umfassenden Klageantrags über die Rechtmäßigkeit beider Baugenehmigungen zu entscheiden.
36Die so verstandene Klage ist teilweise begründet.
37Die Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 in der Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (dazu nachfolgend 1.). Die Baugenehmigung vom 28. August 2015 hingegen ist hinsichtlich nachbarschützender Vorschriften rechtmäßig (dazu nachfolgend 2.).
381.
39Die Kammer geht infolge der beiden Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts im zugehörigen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes trotz erheblicher Bedenken zur Wahrung der Rechtseinheitlichkeit davon aus, dass die Klage gegen die Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 in der Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014 form- und fristgerecht erhoben worden ist.
40Die Klage hat insoweit auch Erfolg, weil die Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 in der Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014 hinsichtlich einer drittschützenden Vorschrift rechtswidrig ist.
41Ein Nachbar kann dann erfolgreich gegen die einem Dritten erteilte Baugenehmigung vorgehen, wenn sie gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Bauplanungs- oder Bauordnungsrechts verstößt und eine Befreiung oder Abweichung von diesen Vorschriften nicht vorliegt oder unter Berücksichtigung nachbarlicher Belange nicht hätte erteilt werden dürfen. Ob das Vorhaben objektiv, d. h. hinsichtlich derjenigen Vorschriften, die nicht nachbarschützend sind, rechtmäßig ist, ist dagegen im Nachbarverfahren unerheblich. Die Kammer geht im Übrigen davon aus, dass der Kläger die Baugenehmigung umfassend angreifenden konnte, weil der der Beigeladenen erteilte Bauvorbescheid vom 28. Mai 2013 bei Eingang der Klage gegen die Baugenehmigung dem Kläger gegenüber noch nicht bestandskräftig war.
42Vgl. zu diesem Problem BVerwG, Urteil vom 17. März 1989 - 4 C 14/85 -, ZfBR 1989, 170; einschränkend Urteil vom 9. Februar 1995 - 4 C 23.94 -, juris; kritisch dazu Beschluss der Kammer vom 24. März 2011 - 6 L 115/11 -; siehe auch Hellhammer-Hawig, in: Schönenbroicher/Kamp, BauO NRW, Kommentar, 2012, § 71 Rdnr. 23.
43Ob das im August 2013 zur Genehmigung gestellte Bauvorhaben überhaupt mit dem Gegenstand der Bauvoranfrage identisch war und welche Fragen bereits von dem Bauvorbescheid erfasst waren, mag dahinstehen.
44Die Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 in der Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014 verstößt gegen § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB). Danach ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschießung gesichert ist. In der Vorschrift ist das (nachbarschützende) bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme enthalten. Dieses Gebot soll angesichts der gegenseitigen Verflechtungen der baulichen Situation benachbarter Grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen Ausgleich schaffen, der einerseits dem Bauherrn ermöglicht, was von seiner Interessenlage her verständlich und unabweisbar ist und andererseits dem Nachbarn erspart, was an Belästigungen und Nachteilen für ihn unzumutbar ist. Die Beachtung des Rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Die sich daraus ergebenden Anforderungen sind im Einzelfall festzustellen, wobei die konkreten Umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen Interessen des Bauherrn und des Nachbarn in Anwendung des Maßstabes der planungsrechtlichen Zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kann desto mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung dessen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, desto weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem Bauvorhaben verfolgten Interessen sind.
45Vgl. nur BVerwG, Urteile vom 18. Mai 1995 - 4 C 20.94 -, BVerwGE 98, 235 ff., vom 23. September 1999 ‑ 4 C 6.98 -, BVerwGE 109, 314 ff., und vom 29. November 2012 - 4 C 8.11 -, BVerwGE 145, 145 ff.
46Ob Geräuschimmissionen unzumutbar und im planungsrechtlichen Sinne rücksichtslos sind, ist bei Anlagen, die als genehmigungsbedürftige oder nicht genehmigungsbedürftige Anlagen den Anforderungen des Zweiten Teils des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) unterliegen, grundsätzlich anhand der auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassenen Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm – vom 26. August 1998) zu bestimmen. Denn das Bundes-Immissionsschutzgesetz und die TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang ihres Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest.
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 4 C 8.11 -, BVerwGE 145, 145 ff.
48Dass der Betrieb der Autowaschanlage die Vorgaben der TA Lärm einhält, ist auf der Grundlage der Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 in der Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014 nicht sichergestellt.
49Hinsichtlich des dem Kläger zustehenden Schutzniveaus ist festzustellen, dass die TA Lärm unter Ziffer 6.1 Buchstabe c) für Mischgebiete einen Immissionsrichtwert von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts vorsieht. Diese Richtwerte sind auch im vorliegenden Fall anzusetzen, obwohl es sich bei dem maßgeblichen Gebiet nicht um ein Mischgebiet, sondern um eine „Gemengelage“ handelt, wie unten noch näher auszuführen sein wird; angesichts der Prägung des Gebiets durch Gewerbebetriebe mit teilweise nicht ganz unerheblichem Störpotential ist auch in diesem Fall die Anlegung der für Kern-, Dorf- und Mischgebiete geltenden Immissionsrichtwerte geboten.
50Nach dem schalltechnischen Gutachten des Ingenieurbüros A1. vom 14. März 2013, ergänzt durch die Stellungnahme desselben Gutachterbüros vom 16. August 2013 sowie die Erläuterungen des Gutachters Dipl.-Q. . Ing. X1. im Ortstermin der Kammer vom 25. September 2014 und in dem nachfolgenden Schreiben vom 29. September 2014, würde der vorgenannte Tages-Immissionsrichtwert an dem Gebäude des Klägers und seiner Miteigentümer nicht überschritten. Das schalltechnische Gutachten und seine Umsetzung in der Baugenehmigung selbst begegnen indes erheblichen Bedenken und sind insgesamt nicht geeignet, die Einhaltung der Vorgaben der TA Lärm hinreichend sicherzustellen.
51Das Schallgutachten legt der Bestimmung der Beurteilungspegel nicht die maximal zu erwartende Zahl an Fahrzeugen, sondern nur eine „mittlere Maximalauslastung“ zugrunde. Dabei wird zwar wohl mehr als die durchschnittliche Belastung angesetzt; einige Tage mit außergewöhnlich hoher Auslastung sind jedoch – wie der Schriftwechsel und die Korrespondenz im Laufe des gerichtlichen Verfahrens ergeben haben – nicht berücksichtigt. Dies ist nach der TA Lärm nicht zulässig. Denn diese sieht eine Mittelung über längere Zeiträume – etwa alle Tage eines Jahres – nicht vor. Der (Tages-) Beurteilungspegel ist vielmehr für den Tag mit den größten Geräuschimmissionen bei bestimmungsgemäßem Betrieb der Anlage durch Mittelung über die Tagesbeurteilungszeit zu bestimmen. Der Gutachter hat sich ausweislich seiner Stellungnahme vom 29. September 2014 von der Überlegung leiten lassen, dass nur an wenigen Tagen des Jahres die von ihm angenommene „mittlere Maximalauslastung“ überschritten wird und dass diese Tage als „seltene Ereignisse“ außer Betracht bleiben können. Er hat damit die Regelung unter Ziffer 7.2 der TA Lärm angesprochen, der zufolge eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte an bis zu zehn Tagen pro Jahr infolge vorhersehbarer Besonderheiten beim Betrieb einer Anlage gestattet werden kann. Die Kammer hält es – entgegen dem Oberverwaltungsgericht – zwar nicht von vornherein für ausgeschlossen, Tage außergewöhnlicher Auslastung einer Autowaschanlage, die nur beim Zusammentreffen spezieller Tage des Jahres mit entsprechenden Straßen- und Wetterzuständen zu erwarten sind, als seltene Ereignisse im Sinne von Ziffer 7.2 der TA Lärm zu behandeln.
52So auch Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Kommentar, 2014, Kommentar zu Ziffer 7.2 Rdnr. 14.
53Keinesfalls steht es allerdings dem Gutachter zu, derartige Tage von vornherein außer Betracht zu lassen. Denn für die Entscheidung, ob und in welchem Umfang eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte an Tagen mit „seltenen Ereignissen“ unter Würdigung nachbarlicher Interessen zugelassen werden kann, ist nach Ziffer 7.2 der TA Lärm die Genehmigungsbehörde zuständig. Diese hat in der Baugenehmigung zudem Bestimmungen über zugelassene „seltene Ereignisse“ und ihre Eingrenzung zu treffen, wenn von Ziffer 7.2 der TA Lärm Gebrauch gemacht werden soll.
54Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2013 - 2 A 3010/11 -, DVBl. 2013, 1327 (1329), mit weiteren Nachweisen.
55Eine derartige Regelung der Behörde liegt hier nicht vor. Welche Lärmbelastung an dem somit maßgeblichen Tag mit der höchsten Auslastung zu erwarten wäre, lässt sich auf der Grundlage der Baugenehmigung und der Schallprognose vom 14. März 2013 nicht feststellen. Die Beigeladene hat zwar zum Vergleich statistische Zahlen über die Auslastung einer in der Nähe befindlichen Autowaschstraße vorgelegt, bei der in dem von den Aufstellungen erfassten Zeitraum eine Auslastung mit maximal 376 Fahrzeugen an einem Tag aufgetreten ist. Die Kammer ist jedoch – wie das Oberverwaltungsgericht – der Auffassung, dass die zum Vergleich herangezogene Waschstraße auf dem Grundstück X. Straße °°° kein taugliches Vergleichsobjekt ist, weil sie aufgrund ihrer Lage und ihrer konkreten Ausgestaltung nicht in demselben Maße auffallend und attraktiv ist wie die streitgegenständliche Anlage. Der Aufforderung des Gerichts, Nutzerzahlen für die zehn am nächsten gelegenen, von ihr betriebenen Waschstraßen und einen Zeitraum von drei Jahren vorzulegen (Verfügung des Berichterstatters vom 27. Februar 2015), ist die Beigeladene trotz entsprechender Erinnerung (Verfügung des Berichterstatters vom 7. August 2015) nicht nachgekommen. Mit welcher maximalen Auslastung auf der Grundlage der Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 in der Gestalt der Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014 realistischerweise zu rechnen wäre, ist demnach weder feststellbar, noch in der Baugenehmigung geregelt. Damit lassen sich auch die Beurteilungspegel an den maßgeblichen Immissionspunkten nicht bestimmen. Legt man die theoretisch mögliche Maximalauslastung von 720 Fahrzeugen pro Tag zugrunde, ist eine Überschreitung des maßgeblichen Immissionsrichtwerts von 60 dB(A) bei überschlägiger Betrachtung wahrscheinlich.
562.
57Die Baugenehmigung vom 28. August 2015 ist demgegenüber hinsichtlich nachbarschützender Vorschriften rechtmäßig.
58a)
59Ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts ist nicht erkennbar. Insbesondere werden die Vorschriften des Abstandflächenrechts durch das genehmigte Vorhaben nicht verletzt. Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 Bauordnung (BauO) NRW sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandflächen freizuhalten. Die Abstandflächen müssen nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BauO NRW auf dem Grundstück selbst liegen. Diese Anforderungen sind vorliegend gewahrt. Ob es korrekt ist, für die nordöstliche Längswand des Waschstraßengebäudes trotz des einheitlichen Erscheinungsbildes vier verschiedene Abstandflächen zu bilden (T2, T3, T4, T5), mag dahinstehen. Angesichts der begrenzten Höhe des Gebäudes und der dem Vorhaben auf einer Länge von 16 m zukommenden Privilegierung nach § 6 Abs. 6 BauO NRW sind die Vorgaben des Abstandflächenrechts jedenfalls im Ergebnis gewahrt.
60b)
61Die Baugenehmigung vom 28. August 2015 verletzt den Kläger auch nicht in seinem bauplanungsrechtlichen Gebietsgewährleistungsanspruch. Mit diesem Anspruch kann sich ein Nachbar in einem Baugebiet im Sinne von § 1 Abs. 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO) gegen die Zulassung einer mit dem Baugebietstyp unvereinbaren Nutzung wenden, und zwar selbst dann, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. Hauptanwendungsfall sind die Festsetzungen eines Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung. Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat grundsätzlich nachbarschützende Funktion zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Nutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen. Im Rahmen des durch eine Baugebietsfestsetzung begründeten nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindern können. Entsprechendes gilt aber auch innerhalb faktischer Baugebiete nach § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB. Der Gebietserhaltungsanspruch greift gegenüber Vorhaben ein, die in dem betreffenden Baugebiet weder planungsrechtlich regelhaft zulässig sind noch nach § 31 Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB im Wege einer Ausnahme oder Befreiung zugelassen werden können.
62Vgl. nur BVerwG, Urteile vom 16. September 1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151, und vom 23. August 1996 - 4 C 13.94 -, BVerwGE 101, 364, sowie Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 4 B 55.07 -, juris; OVG NRW, Urteile vom 17. Dezember 2008 - 10 A 3001/07 -, juris, und vom 9. März 2012 - 2 A 1626/10 -, DVBl. 2012, 847 ff.
63(1)
64Die Verletzung eines Gebietsgewährleistungsanspruchs des Klägers scheidet vorliegend schon deshalb aus, weil die für die bauplanungsrechtliche Prüfung nach § 34 BauGB maßgebliche nähere Umgebung sich keinem der in der Baunutzungsverordnung beschriebenen Gebietstypen zuordnen lässt; es handelt sich vielmehr um eine sog. „Gemengelage“.
65Die Kammer geht nach dem vorliegenden Karten- und Luftbildmaterial sowie nach dem Ergebnis des durch den Berichterstatter durchgeführten Ortstermins davon aus, dass es sich bei dem „Keil“ zwischen der X. Straße und der P2. F.----------straße um die für die planungsrechtliche Beurteilung des Vorhabens maßgebliche Umgebung handelt. Die X. Straße hat schon ihrer Breite und ihrer Verkehrsbelastung wegen trennende Wirkung zu den südwestlich angrenzenden Flächen. Aber auch die P. F.----------straße grenzt das in Rede stehende Gebiet von den östlich anschließenden Flächen ab. Denn die Bebauungsstruktur unterscheidet sich auf den beiden Seiten dieser Straße deutlich. Während auf der Ostseite praktisch ausschließlich Wohnbebauung zu finden ist, wechseln sich auf der Westseite Wohngebäude und gewerblich genutzte bauliche Anlagen ab. Die Kammer hat erwogen, ob es sich bei dem durch die Wohnhäuser P. F.----------straße °, °, °, °, °, °, ° und ° gebildeten Bereich um eine Fortsetzung des östlich der P2. F.----------straße befindlichen (zum Teil durch Bebauungsplan festgesetzten) Allgemeinen Wohngebiets handeln könnte, der von den ihn umgebenden gewerblich genutzten Bereichen des „Keils“ abzugrenzen ist. Eine solche Betrachtung ist deshalb nicht von vornherein abwegig, weil der recht schmal und als Wohnstraße ausgebauten P2. F.----------straße nicht zwangsläufig eine trennende Wirkung beizumessen ist. Eine solche Gebietsabgrenzung innerhalb des „Keils“ wäre aber letztlich nicht mit der gebotenen natürlichen Anschauung vereinbar. Aufgrund der Einbettung in die gewerblich dominierten Bereiche, der unmittelbaren Nähe zu dem Gewerbegrundstück P. F.----------straße °, des im Zentrum der genannten Wohnbebauung befindlichen Garagenhofs, der zumindest optischen Prägungswirkung der auf dem Grundstück P. F.----------straße ° vorhandenen Räumlichkeiten eines früheren Bauunternehmens und der für das vorliegende Verfahren noch nachwirkenden Prägung durch die allenfalls mischgebietsverträgliche Gaststätte „A. N. “ lässt sich die in Rede stehende Wohnbebauung letztlich nicht von der sie umgebenden gewerblichen Bebauung trennen. Auch die Annahme eines Aufeinandertreffens von Allgemeinem Wohngebiet und Gewerbegebiet oder Gemengelage innerhalb des Keils würde im Übrigen nicht zu einem Gebietsgewährleistungsanspruch des Klägers führen.
66Ist somit auf die Bebauung innerhalb des von der X. Straße und der P2. F.----------straße gebildeten „Keils“ abzustellen, so kann es sich angesichts der hier vorhandenen Gewerbebetriebe keinesfalls um ein Allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 4 BauNVO handeln. Aber auch ein Mischgebiet im Sinne von § 6 BauNVO liegt – entgegen der übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten im Verwaltungsverfahren und der vorläufigen Annahme der Kammer und des Oberverwaltungsgerichts im zugehörigen Eilverfahren – nicht vor. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die im Sinne von § 34 BauGB in die Betrachtung einzubeziehende nähere Umgebung die gesamte Bebauung entlang der X. Straße von dem Wohnhaus Nr. °° bis mindestens zu dem Gebäude X. Straße °°° umfasst. Denn insbesondere die Nutzungen von der K. -Tankstelle (X. Straße °°°) bis zu dem Reifenhandel mit Kfz-Service (X. Straße °°°) bilden eine recht homogene Reihe von größeren Gewerbebetrieben mit überwiegend automobilbezogenem Geschäftsgegenstand. Eine Zäsur lässt sich innerhalb dieser Reihe nicht erkennen. Dass ein Teil der vorgenannten Nutzungen im Geltungsbereich des Bebauungsplans OV °° liegt, steht der Einbeziehung auch dieser Nutzungen nicht entgegen. Denn der Maßstab für die Zulässigkeitsprüfung nach § 34 BauGB ist nach den rein äußerlich wahrnehmbaren Verhältnissen zu bestimmen; es ist also auf das abzustellen, was in der Umgebung des Vorhabens tatsächlich an Bebauung vorhanden ist. Zu der maßstabbildenden vorhandenen Bebauung kann daher ohne Weiteres auch qualifiziert beplantes Gebiet gehören.
67Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 2000 - 4 B 39.00 -, juris; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand: August 2015, § 34 Rdnr. 36.
68Ob die in dem Dreieck zwischen den Grundstücken X. Straße °°°, X. Straße °°° und P. F.----------straße °° vorhandene Bebauung schon deshalb nicht als Mischgebiet im Sinne von § 6 BauNVO eingestuft werden kann, weil es an dem erforderlichen einigermaßen ausgeglichenen quantitativen Verhältnis zwischen Wohnnutzungen und gewerblichen Nutzungen fehlt, mag dahinstehen. Einer Einstufung als Mischgebiet stehen jedenfalls die Nutzungen in den Gebäuden X. Straße °°° und X. Straße °°° entgegen, die nach den in der mündlichen Verhandlung getroffenen Feststellungen nicht mischgebietsverträglich sind.
69In dem Gebäude X. Straße °°° befindet sich (unter anderem) ein Spielhallenkomplex mit insgesamt etwa 377 qm Spielfläche. In einem Mischgebiet sind indes gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 8 i.V.m. § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur solche Vergnügungsstätten zulässig, die nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind. Ein Spielhallenkomplex mit rund 377 qm Spielfläche ist als „kerngebietstypische Vergnügungsstätte“ im Mischgebiet unzulässig.
70Vgl. zu den insoweit relevanten Kriterien nur OVG NRW, Beschluss vom 15. Juni 2012 - 2 A 2992/11 -, BauR 2013, 59 ff., mit weiteren Nachweisen.
71Dasselbe gilt für den Betrieb in dem Gebäude X. Straße °°°. Kfz-Werkstätten können im Mischgebiet zwar gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO zulässig sein. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn sie nach Umfang und Betriebsweise typischerweise das Wohnen nicht wesentlich stören.
72Vgl. dazu nur OVG NRW, Beschluss vom 18. Juni 2010 - 7 A 895/09 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
73Bei einem Betrieb der vorliegend in Rede stehenden Größenordnung mit – ausweislich des in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Grundrisses – neun Hebebühnen, großem Karosserie- und Lackierereibereich und insgesamt mehr als 1.800 qm Nutzfläche (allein innerhalb des Gebäudes) kann von einer Mischgebietsverträglichkeit nicht mehr ausgegangen werden.
74Die beiden vorgenannten Betriebe können auch nicht als „Ausreißer“ außer Betracht bleiben. Allerdings ist bei der Bestimmung der maßgeblichen Umgebungsbebauung die Betrachtung auf das Wesentliche zurückzuführen, was den charakteristischen Rahmen für das betreffende Merkmal abgibt. Demnach muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder als Fremdkörper erscheint. Auszusondern sind zum einen solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Zum anderen sind solche Anlagen bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszublenden, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen und wegen ihrer Andersartigkeit bzw. Einzigartigkeit den Charakter der Umgebung nicht zu beeinflussen vermögen.
75Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 23. April 2015 - 7 A 1237/13 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
76Gemessen an diesen Maßstäben kommt ein Außerachtlassen der Spielhalle oder der Kfz-Werkstatt nicht in Betracht. Beide Betriebe haben ein erhebliches Gewicht und fallen in der Reihe der entlang der X. Straße vorhandenen Gewerbebetriebe durchaus nicht aus dem Rahmen.
77(2)
78Selbst wenn man demgegenüber die für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit maßgebliche nähere Umgebung für ein Mischgebiet im Sinne von § 6 BauNVO hielte, wäre der Gebietsgewährleistungsanspruch des Klägers nicht verletzt. Nach Auffassung des Gerichts wäre die genehmigte Autowaschstraße dann gemäß § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO (noch) zulässig.
79Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO sind in einem Mischgebiet „sonstige Gewerbebetriebe“ allgemein zulässig. Mit Blick auf § 6 Abs. 1 BauNVO können hier allerdings nur solche Gewerbebetriebe zugelassen werden, die „das Wohnen nicht wesentlich stören“, wobei grundsätzlich eine typisierende Betrachtungsweise geboten ist; der konkret zu beurteilende Gewerbebetrieb ist unzulässig, wenn Anlagen seines Typs bei funktionsgerechter Nutzung üblicherweise für die Umgebung unzumutbare Störungen hervorrufen. Autowaschanlagen entziehen sich allerdings hinsichtlich ihrer Störwirkung einer generalisierenden Betrachtung dahingehend, dass bereits aufgrund der Betriebsart stets von einer für das Wohnen wesentlichen oder stets von einer nicht wesentlichen Störung ausgegangen werden könnte. Die Zulässigkeit hängt vielmehr von der konkreten Anlage und deren Betriebsgestaltung sowie von der konkreten Gebietssituation ab. Maßgeblich ist, ob sich die Störwirkungen, welche die konkrete Anlage bei funktionsgerechter Nutzung erwarten lässt, innerhalb des Rahmens halten, der durch die Gebietseigenart vorgegeben wird. Geboten ist dabei eine Einzelfallprüfung des Ausmaßes der zu erwartenden Störungen, wobei diese allerdings in der Regel nicht konkret und bezogen auf die gegebenen Grundstücksverhältnisse zu ermitteln sind. Vielmehr ist, vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls, in einer "typisierenden" Betrachtung abzuschätzen, ob die zugelassene Nutzung generell geeignet ist, eine Wohnnutzung wesentlich zu stören. Insbesondere gilt es, eine Verfremdung des Gebietes zu verhindern, die schon damit beginnen kann, dass eine in einem Mischgebiet generell unpassende – wohnunverträgliche – Nutzung zugelassen wird.
80Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. August 1998 - 4 B 82.98 -, BauR 1999, 31 f., sowie OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Juni 2010 - 7 A 896/09 -, juris, und vom 27. Januar 2015 - 10 B 1313/14 -, NVwZ-RR 2015, 485 ff.; VGH B.-W., Urteil vom 19. August 1992 - 5 S 403/91 -, juris.
81Eine strenge Betrachtung ist dabei indes nach Auffassung der Kammer schon deshalb nicht angezeigt, weil in einem Mischgebiet Tankstellen, zu denen regelmäßig auch (kleinere) Einrichtungen für die Wagenpflege und für Reparaturen gehören, uneingeschränkt zulässig sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO); die mit ihnen einhergehende Verkehrs- und Immissionsbelastung wird also als mit der Eigenart des Mischgebiets vereinbar angesehen. Hält der Verordnungsgeber eine Tankstelle trotz der mit ihr einhergehenden Belästigungen (Lärm, Abgase, Benzingeruch) für mit dem Charakter des Mischgebietes vereinbar, so spricht manches dafür, dass dies regelmäßig auch für die bis zu einem gewissen Grade verwandte Nutzung der Autowaschstraße gilt. Zwar gehen die Störwirkungen einer Waschstraße wohl in mancherlei Hinsichtlich über diejenigen einer reinen Tankstelle hinaus (Spritzgeräusche, Antriebsgeräusche, Geräusche der Staubsauger). Andererseits gehen die Auswirkungen einer Tankstelle teilweise auch über die der Waschstraße hinaus; dies gilt insbesondere für die Betriebszeiten: eine Tankstelle kann ganztägig – auch an Sonn- und Feiertagen – betrieben werden (§ 6 LadenschlussG, § 8 LadenöffnungsG NRW).
82Vgl. BayVGH, Urteil vom 11. August 2003 - 20 B 98.1103 -, juris; siehe auch OVG NRW, Urteil vom 9. Oktober 2003 - 10a D 55/01.NE -, Juris.
83Zu berücksichtigen ist zudem, dass der Verordnungsgeber Autowaschstraßen zum 1. Juni 1993 von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht befreit hat, der sie früher noch (durch Ziffer 10.13 des Anhangs zur 4. BImSchV) unterworfen waren. Zwar kann von dieser Änderung nicht unmittelbar auf die Zulässigkeit im Mischgebiet geschlossen werden (vgl. § 15 Abs. 3 BauNVO). Die Herausnahme aus der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht spiegelt aber die Erkenntnis wieder, dass Autowaschstraßen im Laufe der Zeit ausgereifter und damit immissionsärmer geworden sind. Insoweit ist sie Indiz dafür, dass eine Autowaschstraße nicht ohne Weiteres als „wesentlich störend“ eingestuft werden kann.
84Darauf hinweisend bereits VG Würzburg, Beschluss vom 13. März 2008 - W 5 S 08.697 -, juris, und Fickert/Fieseler, BauNVO, Kommentar, 12. Aufl. 2014, § 6 Rdnr. 9.2.
85Vorliegend handelt es sich um eine Waschstraße gewöhnlicher Dimensionierung, die nach heutigem Stand der Technik neu errichtet und betrieben werden soll. Dadurch, dass die ursprüngliche Absicht, eine Zufahrt auch von der P2. F.----------straße einzurichten, bereits im Verwaltungsverfahren auf Anregung der Beklagten aufgegeben worden ist, ist die Anlage verkehrsmäßig auf die X. Straße hin ausgerichtet, bei der es sich um eine viel befahrene Bundesstraße handelt. Die vorgesehenen „Staubsaugerplätze“ für die Innenreinigung der Fahrzeuge sind ebenfalls auf der der Bundesstraße zugewandten Seite der Anlage vorgesehen und überwiegend durch die Waschstraße selbst von der angrenzenden Wohnbebauung abgeschirmt. Die Betriebszeiten (8 bis 19 Uhr an Werktagen) bewegen sich in einem auch für Einzelhandelsgeschäfte üblichen Rahmen; die unter Ziffer 6.5 in der TA Lärm (für einige Gebietstypen) definierten „Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit“ sind vollständig aus den Betriebszeiten herausgenommen. Auf die besonders störenden „Mattenklopfrahmen“ wird bei der nunmehr genehmigten Variante des Vorhabens ebenfalls verzichtet.
86Entgegen der Ansicht des Klägers kann auch nicht von den durch den Schallgutachter festgestellten Beurteilungspegeln auf eine Mischgebietsunverträglichkeit geschlossen werden. Abgesehen davon, dass ein Abstellen auf diese Beurteilungspegel nicht der gebotenen „typisierenden“ Betrachtung entspräche, ist festzustellen, dass der durch die genehmigte Anlage erzeugte Beurteilungspegel an dem am stärksten betroffenen Immissionsort (X. Straße °°°) lediglich 57,1 dB(A) beträgt und damit erheblich unterhalb des für ein Mischgebiet anzusetzenden Richtwerts liegt. Erst die Summe des Lärms von Waschstraße und Tankstelle erzeugt an dem von dem Kläger bewohnten Mehrfamilienhaus einen Beurteilungspegel in der Nähe des Mischgebietsrichtwerts.
87In Bezug auf die Gebietsverträglichkeit ist im Übrigen aus Sicht der Kammer zu bedenken, dass die der Schallprognose (zu Recht) zugrunde gelegte Maximalauslastung (495 Fahrzeuge pro Tag) nicht ständig erreicht werden wird. Typisch für eine Autowaschanlage ist vielmehr eine starke Abhängigkeit der Nutzerfrequenz von der Jahreszeit, den Wetterverhältnissen, bevorstehenden Feiertagen etc. Auch insoweit hebt die Autowaschanlage sich von einer Tankstelle ab, bei der mit einer einigermaßen gleichmäßigen Auslastung zu rechnen ist.
88Zu berücksichtigen ist nach den oben wiedergegebenen Rechtsprechungsgrundsätzen schließlich die „konkrete Gebietssituation“. Im näheren Umfeld der genehmigten Anlage befindet sich bereits heute eine ganze Reihe von Gewerbebetrieben, die mit Kraftfahrzeugverkehr und entsprechenden Immissionen verbunden sind. Abgesehen von der T. -Autovermietung und dem Betrieb für (unter anderem) Kfz-Verglasungen an der P2. F.----------straße (Haus-Nr. °) sind dies insbesondere die beiden Tankstellen mit kleineren Räumlichkeiten für die Kfz-Reparatur und Einplatzwaschanlage (X. Straße °° und °°) sowie die große Kfz-Werkstatt (X. Straße °°) und der Reifenhandel mit Kfz-Service (X. Straße °°). Alle diese Nutzungen befinden sich in einem Radius von nur 250 Metern um das Baugrundstück herum, die K. -Tankstelle sogar auf dem unmittelbaren Nachbargrundstück. Auch das Baugrundstück selbst ist bereits seit längerem Quelle von nicht unerheblichen Lärmbelästigungen; die bis Ende 2013 hier betriebene Gaststätte mit ihrem Biergarten, ihrem großen Veranstaltungssaal und ihrem großen Parkplatz dürfte durchaus immissionsträchtig gewesen sein. Die Autowaschstraße rückt also nicht in einen bislang eher ruhigen, sondern in einen vorbelasteten Teil des Mischgebiets ein.
89c)
90Die Baugenehmigung vom 28. August 2015 verstößt auch nicht gegen § 34 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit dem bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot.
91(1)
92Ob Geräuschimmissionen unzumutbar und im bauplanungsrechtlichen Sinne rücksichtslos sind, ist bei der vorliegenden Anlage – wie oben bereits aufgezeigt worden ist – nach den Vorgaben der TA Lärm zu beurteilen; der durch die Anlage hervorgerufene Lärm darf den maßgeblichen Immissionsrichtwert von tagsüber 60 dB(A) nicht überschreiten.
93Die Einhaltung dieser Vorgabe ist durch die Baugenehmigung vom 28. August 2015 gewährleistet, wie die Schallprognose der A1. Ingenieurgesellschaft vom 30. Juni 2015 belegt. Das schalltechnische Gutachten geht entsprechend den Vorgaben unter Ziffern 2.4 und 3.2.1 der TA Lärm zunächst der Frage nach, ob bereits eine relevante Vorbelastung durch andere der TA Lärm unterfallende Anlagen besteht. Dies wird von dem Gutachter für die benachbarte K. -Tankstelle im Ergebnis angenommen, während alle anderen Betriebe mit nachvollziehbaren Überlegungen ausgeklammert werden. Für die K. -Tankstelle geht das Gutachten zu Gunsten des Klägers vom Betrieb (auch) einer PKW-Waschanlage und einer Servicewerkstatt im Rahmen des Tankstellenbetriebs aus. Ausgehend von diesen (konservativen) Annahmen ermittelt der Gutachter an der Wohnung des Klägers (IP 04c) einen Beurteilungspegel (Vorbelastung) von 55,6 dB(A). Folgerichtig geht der Gutachter davon aus, dass die Zusatzbelastung an den genannten Immissionspunkten durch die zu beurteilende Waschstraße maximal 58 dB(A) betragen darf („Zielwert“), damit die Gesamtbelastung an diesen Immissionspunkten bei (logarithmischer) Addition beider Beurteilungspegel den Immissionsrichtwert von 60 dB(A) einhält. Sodann wird der Beurteilungspegel der zur Genehmigung gestellten Waschstraße hinsichtlich der einzelnen Immissionspunkte ermittelt. Für den Immissionspunkt 04c ermittelt der Gutachter einen Beurteilungspegel von 57,0 dB(A), so dass die Gesamtbelastung den Immissionsrichtwert nicht übersteigt. Die (logarithmische) Summe von Vorbelastung und Zusatzbelastung an diesem Immissionspunkt beträgt 59,37 dB(A).
94Das schalltechnische Gutachten begegnet aus Sicht der Kammer keinen grundsätzlichen Bedenken. Die Methodik entspricht den Vorgaben der TA Lärm. Durchgreifende Einwände, die einer Zugrundelegung der gutachterlichen Bewertungen und Berechnungen entgegen stehen, liegen nicht vor. Insbesondere ist die Schallprognose nicht mehr den Einwänden ausgesetzt, welche die Kammer und das Oberverwaltungsgericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erhoben haben. Die Schallprognose geht nicht mehr von einer „durchschnittlichen Maximalauslastung“ unter Außerachtlassung der Tage mit der stärksten Nutzerfrequenz, sondern von der durch technische Maßnahmen festgelegten tatsächlichen Maximalauslastung (495, gerundet 500 Fahrzeuge pro Tag) aus. Damit stellt sich auch nicht mehr die Frage, ob die herangezogenen Vergleichszahlen im Hinblick auf die genehmigte Autowaschstraße repräsentativ sind.
95Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend macht, es sei nicht gewährleistet, dass die technischen Maßnahmen zur Begrenzung der maximalen Auslastung dauerhaft wirksam blieben, da das vorgesehene modifizierte Zahnrad wieder ausgewechselt oder die Förderbandgeschwindigkeit und damit der stündliche Durchsatz durch eine Erhöhung der Motordrehzahl wieder vergrößert werden könne, vermag die Kammer ihm nicht zu folgen. Die Vertreter der Beigeladenen haben in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass das verwendete Zahnrad durch „Schrumpfpassung“ eingesetzt wird und nur mit erheblichem Aufwand wieder entfernt werden kann. Die Motordrehzahl kann bei dem verwendeten Aggregat gar nicht verändert werden. Dadurch sind die von dem Kläger befürchteten Manipulationen aus Sicht der Kammer zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, aber doch so erschwert, dass weitere Vorkehrungen in der Baugenehmigung – zusätzlich zu dem bereits durch die Nebenbestimmung Nr. 11 verlangten regelmäßigen Nachweis durch eine anerkannte Prüfstelle – nicht erforderlich waren.
96Die Annahme des Klägers, trotz des durch Nebenbestimmung Nr. 4 zur Baugenehmigung geforderten Hinweisschildes sei damit zu rechnen, dass jedenfalls ein Teil der die Nachbehandlungsplätze nutzenden Kunden im Rahmen der Innenreinigung die Fußmatten ausklopfen werde, hält die Kammer für zutreffend. In Bezug auf das vorliegende Verfahren ist dies indes unproblematisch. Denn die Wohnung des Klägers ist gegen den Lärm der Nachbehandlungsplätze durch das Waschstraßengebäude und die Lärmschutzwände in erheblichem Maße abgeschirmt. Dies ist daran zu erkennen, dass der Lärm dieser (Flächenschall-) Quelle zu dem Beurteilungspegel IP 04c kaum beiträgt. Den für diesen Lärm in der den Immissionspunkt IP 04c betreffenden Tabelle (Anlage 4.3 Seite 7 des Anhangs zur Schallprognose) ausgewiesenen Teilpegel (39,4 dB(A)) könnte man der Summe aller Teilpegel (57,0 dB(A)) noch etliche Male (logarithmisch) hinzuaddieren, ohne dass sich eine Überschreitung des Zielwerts für die Zusatzbelastung (58 dB(A)) an diesem Ort ergäbe. Demnach kann eine gewisse Zunahme des Lärms in diesem Bereich durch das Ausklopfen von Fußmatten keine relevante Veränderung des Gesamtbeurteilungspegels bewirken, zumal die besonders lärmintensiven Mattenklopfrahmen nicht vorhanden sind.
97Bei Durchsicht der Schallprognose und ihrer Anlagen fällt auf, dass der Lärm der Waschstraße sich am Immissionspunkt IP 04c zu einem Beurteilungspegel von 57,0 dB(A) summiert, während am benachbarten, gerade einmal drei Meter entfernten Immissionspunkt IP 04b ein Beurteilungspegel von lediglich 50,4 dB(A) zu verzeichnen ist. Der Beurteilungspegel am Immissionspunkt IP 04c ist also mehr als vier Mal so hoch wie derjenige am Immissionspunkt IP 04b. Dies ist aber letztlich nicht geeignet, die Plausibilität der Schallprognose durchgreifend in Frage zu stellen. Denn zwischen den beiden Balkonen der Dachgeschosswohnungen und damit zwischen den Immissionspunkten IP 04b und IP 04c befindet sich eine massive Betonwand. Diese Betonwand hat auf beide Immissionspunkte erheblichen Einfluss, nämlich für den IP 04b als den Schall dämpfende Abschirmung (in der Tabelle 4.3 Seite 6 des Anhangs zur Schallprognose als Faktor Abar erkennbar) und für den IP 04c als den Pegel verstärkende Reflexionsfläche (in der Tabelle 4.3 Seite 7 des Anhangs zur Schallprognose als Faktor dLrefl erkennbar). Gerade für diejenigen Lärmquellen, die sich an dem Immissionspunkt 04c besonders bemerkbar machen (Waschbereich Dachlichtband, Technikraum Wand hinten) fallen diese Faktoren stark aus.
98Soweit der Kläger im Zusammenhang mit den Lärmfragen die Bestimmtheit der Baugenehmigung bemängelt hat, vermag die Kammer ihm nicht zu folgen. Hinsichtlich des verwendeten Industriestaubsaugers („Carrera“) ist durch die Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung nicht nur die Schallprognose konkret in Bezug genommen worden, sondern der von dem Gutachter zugrunde gelegte Schallleistungspegel des Saugers (79 dB(A)) ist auch ausdrücklich benannt und zum Gegenstand einer entsprechenden Nachweispflicht gemacht worden (Nebenbestimmung Nr. 7 zur Baugenehmigung). Auch im Übrigen sind die Annahmen und Vorgaben des Gutachtens in hinreichender Form zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht worden.
99Nicht restlos verständlich ist für die Kammer allerdings die in der Betriebsbeschreibung vorhandene, durch Grüneintragung in den Lageplan übernommene Erklärung „Für den Betreiber vor Ort wird ein Staubsaugerplatz am Vorwaschbereich als Stellplatz zur Verfügung gestellt“. Ob es sich insoweit noch um einen Staubsaugerplatz handelt oder um einen schlichten Stellplatz, wird nicht recht deutlich. Für die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung in Bezug auf den Kläger spielt dies aber keine Rolle, weil bei der Erstellung der Schallprognose mit einem Staubsaugerplatz gerechnet worden ist (Flächenschallquelle, siehe Anlage 3 zur Lärmprognose). Abgesehen davon spielt der Lärm der Nachbehandlungsplätze – wie bereits aufgezeigt – für den Beurteilungspegel am Immissionsort IP 04c ohnehin praktisch keine Rolle.
100(2)
101Soweit der Kläger eine Verschattung des Grundstücks P. F.----------straße °° durch das genehmigte Waschstraßengebäude anspricht, ist darauf hinzuweisen, dass von einer Verschattung nur der Gartenbereich des Mehrfamilienhauses betroffen sein dürfte und dass Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums regelmäßig nur die Wohnungseigentümergemeinschaft insgesamt, nicht aber der einzelne Wohnungseigentümer rügen kann.
102Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 24. August 2015 - 10 B 833/15 - und vom 15. Juli 2015 - 7 B 478/15 -, juris.
103Einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vermag das Gericht jedenfalls auch insoweit nicht zu erkennen. Eine gewisse Orientierung bei der insoweit erforderlichen Wertung bietet zunächst § 6 BauO NRW, der gerade den Zweck verfolgt, die Interessen von Grundstücksnachbarn im Falle einer grenzständigen oder grenznahen Bebauung zum Ausgleich zu bringen. Dass die bauliche Anlage – wie oben aufgezeigt – die Vorgaben des Abstandflächenrechts einhält, gibt insoweit einen gewissen Anhalt, wenngleich durch die (landesrechtlichen) Vorgaben des § 6 BauO NRW keine verbindliche Konkretisierung des (bundesrechtlichen) Rücksichtnahmegebots herbeigeführt werden kann und insbesondere nach der Zurücknahme der abstandflächenrechtlichen Anforderungen im Rahmen der Novellierung der Bauordnung NRW vom Dezember 2006 stets eine Betrachtung des Einzelfalls geboten ist.
104Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 9. Februar 2009- 10 B 1713/08 -, BauR 2009, 775.
105Auch eine solche Einzelfallbetrachtung führt vorliegend nicht zu einem von der Wertung des Abstandflächenrechts abweichenden Ergebnis. Zwar handelt es sich um einen vergleichsweise langen Baukörper. Da dieser Baukörper jedoch schräg zu dem Grundstück und dem Mehrfamilienhaus des Klägers und seiner Miteigentümer angeordnet ist, nähert er sich nur an einer Stelle bis auf 3,17 m diesem Nachbargrundstück, während er an den beiden Enden eine erhebliche Entfernung zu dem Nachbargrundstück von rund 17 m bzw. rund 9 m wahrt. Das Waschstraßengebäude ist zudem nicht sehr hoch; mit einer Oberkante des Tonnendachs von 78,232 üNN bleibt es um etliche Meter hinter der Firsthöhe des Hauses P. F.----------straße °° (84,55 üNN) zurück. Wenn einem nicht unerheblichen Teil des Gartenbereichs des Klägers und seiner Miteigentümer durch die Errichtung der Waschstraße zu bestimmten Tages- und Jahreszeiten die direkte Sonneneinstrahlung verloren gehen könnte, so liegt dies in erster Linie daran, dass es dem Grundstück P. F1.--------straße ° an Tiefe fehlt. Dass ein solcher Lagenachteil durch einen größeren Abstand oder eine geringere Höhe der Bebauung auf dem Nachbargrundstück kompensiert wird, kann ein Grundeigentümer regelmäßig nicht verlangen.
106(3)
107Die Bedenken des Klägers hinsichtlich etwaiger Verkehrsprobleme auf der X. Straße vermögen der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. An einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme ist in diesem Kontext erst dann zu denken, wenn sich die Erschließungssituation eines bestimmten Grundstücks durch eine vorhabenbedingte Überlastung einer das in Rede stehende Grundstück erschließenden Straße massiv verschlechtert.
108Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. März 2011 - 2 A 2579/09 -, juris.
109Davon kann vorliegend in Bezug auf das Grundstück P. F.----------straße °° keine Rede sein.
1103.
111Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 3, 155 S. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese einen Sachantrag gestellt und sich damit ihrerseits dem Risiko der Kostentragung ausgesetzt hat.
112Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 10. Nov. 2015 - 6 K 6069/13
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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 10. Nov. 2015 - 6 K 6069/13 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
2. Der Streitwert wird auf 3.750,00 € festgesetzt.
1
G r ü n d e:
2Der Antrag des Antragstellers,
3die aufschiebende Wirkung seiner Klage (6 K 6069/13) gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 (Az. 21300202) anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Die Kammer geht aufgrund des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 7. Juli 2014 (10 B 469/14), mit dem ihr eigener Beschluss vom 8. April 2014 aufgehoben und die Sache zurückverwiesen worden ist, nunmehr von der Zulässigkeit des Antrags aus. Sie weist allerdings mit Blick auf das noch zu entscheidende Hauptsacheverfahren darauf hin, dass sie die Zulässigkeit der Klage weiterhin für zweifelhaft hält. Ausgangspunkt der Überlegungen ist insoweit die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform der Klageerhebung, zu deren Erfüllung es nach allgemeiner Auffassung der Unterschrift des Klägers bedarf. Nur ausnahmsweise kann eine Klage trotz des Fehlens einer Unterschrift als wirksam erhoben gelten, nämlich dann, wenn andere Anhaltspunkte eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen des Klägers bieten, die Erklärung in den Rechtsverkehr zu bringen. Selbst wenn man demgegenüber – wie das Oberverwaltungsgericht – konkrete „Anhaltspunkte für ein nicht autorisiertes Inverkehrbringen der Klageschrift und einen fehlenden Rechtsbindungswillen“ verlangt, drängen sich diese im vorliegenden Fall auf. Der Antragsteller hat die Klageschrift nämlich eigens mit einer Zeile für „Ort, Datum“ und „Unterschrift“ versehen. Er war sich also erkennbar der Tatsache bewusst, dass es für eine bindende Erklärung im Rechtsverkehr der Unterschrift bedarf. Dass die Klage ohne das Anbringen der von ihm selbst als erforderlich erkannten Unterschrift bei Gericht eingegangen ist, warf in dem maßgeblichen Zeitpunkt des Fristablaufs die Frage auf, ob dies mit dem Willen des Antragstellers geschehen ist. Warum das Vortragen von „Bedenken“ durch den Antragsteller vor Erteilung der Baugenehmigung – wie das Oberverwaltungsgericht meint – hinreichendes Indiz für den Willen des Antragstellers sein soll, sich auch gerichtlich gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen zu wehren, leuchtet der Kammer nicht ein. Ebenso wenig vermag die Kammer nachzuvollziehen, warum von dem durch eine(n) Dritte(n) handschriftlich beschrifteten Briefumschlag – dass die Beschriftung von ihm stammt, hat der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren nicht behauptet – auf einen Rechtsbindungswillen des Antragstellers soll geschlossen werden können. Da der Antragsteller weder die Klage unterschrieben noch den Umschlag beschriftet hat, ist nach Auffassung der Kammer auch der Versendung als Einschreiben keine Bedeutung beizumessen, weil nicht erkennbar ist, dass der Antragsteller selbst die Wahl dieser Übersendungsform getroffen hat. Auch die beschließende Kammer ist im Übrigen nicht der Auffassung, dass die Unterschrift des Klägers „um ihrer selbst willen“ verlangt wird. Sie meint allerdings, dass nicht nur das Gebot der Rechtssicherheit, sondern – gerade in Fällen wie dem vorliegenden – vor allem auch der Schutz des von dem Klageverfahren betroffenen Dritten einer Aufweichung der Formvorgaben entgegensteht. Dem (verfassungskräftigen) Gebot eines effektiven, nicht durch übermäßige formale Anforderungen erschwerten Rechtsschutzes des Bürgers steht insoweit das Recht des Grundstückseigentümers oder -nutzers gegenüber, innerhalb einer vertretbaren Zeit Gewissheit darüber zu erlangen, ob die ihm erteilte Baugenehmigung Bestandskraft erlangt hat und er von ihr ohne Risiko Gebrauch machen kann.
6Der Antrag ist unbegründet.
7Hat die Klage gegen den einen Dritten begünstigenden Verwaltungsakt – wie hier nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 212a Baugesetzbuch (BauGB) – keine aufschiebende Wirkung, so kann das Gericht der Hauptsache ihre aufschiebende Wirkung gem. § 80 a Abs. 3 und Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen. In dem wegen der Eilbedürftigkeit nur summarischen Verfahren hat es dabei nicht unmittelbar die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts zu prüfen, sondern zu untersuchen, ob das Interesse an dessen sofortiger Vollziehung das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung überwiegt. Gegenstand dieser Abwägung sind das Interesse des Nachbarn an der Aussetzung der Vollziehung auf der einen Seite und das Interesse des begünstigten Bauherrn an der sofortigen Ausnutzung der ihm erteilten Baugenehmigung andererseits. Da sich beide Interessen im Grundsatz gleichwertig gegenüberstehen, orientiert sich die vorzunehmende Abwägung vornehmlich an den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache.
8Der Prüfungsumfang ist bei Rechtsbehelfen des Nachbarn allerdings stets begrenzt: Ein Nachbar kann nur dann erfolgreich gegen die einem Dritten erteilte Baugenehmigung vorgehen, wenn die Baugenehmigung gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Bauplanungs- oder Bauordnungsrechts verstößt und eine Befreiung oder Abweichung von diesen Vorschriften nicht vorliegt oder unter Berücksichtigung nachbarlicher Belange nicht hätte erteilt werden dürfen. Ob das Vorhaben objektiv, d. h. hinsichtlich derjenigen Vorschriften, die nicht nachbarschützend sind, rechtmäßig ist, ist dagegen im Nachbarverfahren unerheblich.
9Gemessen an diesen Maßstäben sind die Erfolgsaussichten der Klage gegen die Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 in der Fassung des Teilverzichts vom 26. September 2014 (klarstellend umgesetzt durch Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014) allenfalls als offen einzuschätzen; dass die Anfechtungsklage des Antragstellers Erfolg haben wird, ist jedenfalls nicht wahrscheinlicher als ihr Misserfolg. Damit lässt sich ein überwiegendes Aussetzungsinteresse nicht feststellen, zumal auch nicht zu erkennen ist, dass bei vorläufiger Ausnutzung der Baugenehmigung irreparable Schäden zu Lasten des Antragstellers entstehen könnten. Es muss somit bei der gesetzlichen Wertung verbleiben, dass eine Baugenehmigung, auch wenn sie noch Gegenstand anhängiger Nachbarrechtsbehelfe ist, vorläufig ausgenutzt werden darf (§ 212a BauGB).
10Vgl. nur OVG NRW, Beschlüsse vom 13. August 2013 - 7 B 314/13 -, juris, und vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 -, juris.
11Ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts ist nicht erkennbar. Insbesondere werden die Vorschriften des Abstandflächenrechts durch das genehmigte Vorhaben nicht verletzt. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Bauordnung (BauO) NRW sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandflächen freizuhalten. Die Abstandflächen müssen nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BauO NRW auf dem Grundstück selbst liegen. Diese Anforderungen sind vorliegend gewahrt. Ob es korrekt ist, für die nordöstliche Längswand des Waschstraßengebäudes, soweit sie der südlichen Grenze des Grundstücks P. F.----------straße 1 gegenüberliegt, einerseits und für die in Verlängerung dieser Wand an der Einfahrt zur Waschstraße geplante Schallschutzwand andererseits trotz des einheitlichen Erscheinungsbildes verschiedene Abstandflächen zu bilden (nämlich T4 und T5), mag dahinstehen. Die in den Bauvorlagen errechnete Abstandflächentiefe von drei Metern (Mindestabstandfläche nach § 6 Abs. 5 Satz 5 BauO NRW) trifft jedenfalls zu. Dem Vorhaben kommt insoweit die Privilegierung des § 6 Abs. 6 BauO NRW zugute, der zufolge auf einer Länge von 16 Metern gegenüber jeder Grundstücksgrenze ein Abstandsmaß von 0,4 genügt.
12Die Kammer kann bei summarischer Prüfung auch keinen Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts feststellen. Die Zulässigkeit des Bauvorhabens richtet sich, da ein Bebauungsplan nicht existiert und das Baugrundstück innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt, nach § 34 BauGB. Die Kammer geht nach dem vorliegenden Karten- und Luftbildmaterial sowie nach dem Ergebnis des durch den Berichterstatter durchgeführten Ortstermins davon aus, dass es sich bei dem „Keil“, der durch die X. Straße, die P. F.----------straße und die Südgrenze des Geltungsbereichs des Bebauungsplans OV-94 der Stadt C. gebildet wird, um die für die planungsrechtliche Beurteilung des Vorhabens maßgebliche Umgebung handelt. Die X. Straße hat schon ihrer Breite und ihrer Verkehrsbelastung wegen trennende Wirkung zu den südwestlich angrenzenden Flächen. Aber auch die P. F.----------straße grenzt das in Rede stehende Gebiet von den östlich anschließenden Flächen ab. Denn die Bebauungsstruktur unterscheidet sich auf den beiden Seiten dieser Straße deutlich. Während auf der Ostseite praktisch ausschließlich Wohnbebauung zu finden ist, wechseln sich auf der Westseite Wohngebäude und gewerblich genutzte bauliche Anlagen ab.
13Die Kammer geht des Weiteren davon aus, dass die Zulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich der „Art der baulichen Nutzung“ nach § 34 Abs. 2 BauGB zu beurteilen ist, weil es sich bei dem vorstehend abgegrenzten Gebiet um ein faktisches „Mischgebiet“ im Sinne von § 6 Baunutzungsverordnung (BauNVO) handelt. Dafür spricht, dass sich in dem umschriebenen Gebiet sowohl Wohnnutzungen als auch gewerbliche Nutzungen in nennenswertem Umfang finden. Zu Gunsten des Antragstellers unterstellt die Kammer, dass das Gebiet prägende gewerbliche Nutzungen, die mit dem Charakter eines Mischgebietes nicht zu vereinbaren sind, nicht existieren; andernfalls wäre von einer sog. „Gemengelage“ auszugehen, bei der die Abwehransprüche des Antragstellers (mangels Gebietserhaltungsanspruchs) noch weiter eingeschränkt wären.
14Der Antragsteller wird durch die angefochtene Baugenehmigung nicht in seinem Gebietserhaltungsanspruch verletzt. Mit diesem Anspruch kann sich ein Nachbar in einem (gegebenenfalls: faktischen) Baugebiet im Sinne von § 1 Abs. 3 und Abs. 2 BauNVO gegen die Zulassung einer mit dem Baugebietstyp unvereinbaren Nutzung wenden, und zwar selbst dann, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. Hauptanwendungsfall für diesen Grundsatz sind die Festsetzungen eines Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung. Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat grundsätzlich nachbarschützende Funktion zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Nutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen. Im Rahmen des durch eine Baugebietsfestsetzung begründeten nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindern können. Entsprechendes gilt aber auch innerhalb faktischer Baugebiete nach § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB. Der Gebietserhaltungsanspruch greift gegenüber Vorhaben ein, die in dem betreffenden Baugebiet weder planungsrechtlich regelhaft zulässig sind noch nach § 31 Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB im Wege einer Ausnahme oder Befreiung zugelassen werden können.
15Vgl. nur BVerwG, Urteile vom 16. September 1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151, und vom 23. August 1996 - 4 C 13.94 -, BVerwGE 101, 364, sowie Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 4 B 55.07 -, juris; OVG NRW, Urteile vom 17. Dezember 2008 - 10 A 3001/07 -, juris, und vom 9. März 2012 - 2 A 1626/10 -, DVBl. 2012, 847 ff.
16Die genehmigte Waschstraße ist indes in dem vorliegenden faktischen Mischgebiet ihrer Art nach genehmigungsfähig. Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO sind in einem Mischgebiet „sonstige Gewerbebetriebe“ allgemein zulässig. Mit Blick auf § 6 Abs. 1 BauNVO können hier allerdings nur solche Gewerbebetriebe zugelassen werden, die „das Wohnen nicht wesentlich stören“, wobei grundsätzlich eine typisierende Betrachtungsweise geboten ist; der konkret zu beurteilende Gewerbebetrieb ist unzulässig, wenn Anlagen seines Typs bei funktionsgerechter Nutzung üblicherweise für die Umgebung unzumutbare Störungen hervorrufen. Autowaschanlagen entziehen sich allerdings hinsichtlich ihrer Störwirkung einer generalisierenden Betrachtung dahingehend, dass bereits aufgrund der Betriebsart stets von einer für das Wohnen wesentlichen oder nicht wesentlichen Störung ausgegangen werden könnte. Die Zulässigkeit hängt vielmehr von der konkreten Anlage und deren Betriebsgestaltung sowie von der konkreten Gebietssituation ab.
17So BVerwG, Beschluss vom 18. August 1998 - 4 B 82.98 -, BauR 1999, 31 f.; OVG NRW, Beschluss vom 18. Juni 2010 - 7 A 896/09 -, juris.
18Eine übermäßig strenge Betrachtung ist dabei schon deshalb nicht angezeigt, weil in einem Mischgebiet Tankstellen, zu denen regelmäßig auch (kleinere) Einrichtungen für die Wagenpflege und für Reparaturen gehören, uneingeschränkt zulässig sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO); die mit ihnen einhergehende Verkehrs- und Immissionsbelastung wird also als mit der Eigenart des Mischgebiets vereinbar angesehen.
19Vgl. zu diesem Argument auch BayVGH, Urteil vom 11. August 2003 - 20 B 98.1103 -, juris.
20Zu berücksichtigen ist zudem, dass Waschstraßen im Laufe der Zeit ausgereifter und damit immissionsärmer geworden sind; diese Einschätzung kommt darin zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber diese Anlagen zum 1. Juni 1993 von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht befreit hat, der sie früher noch (durch Ziffer 10.13 des Anhangs zur 4. BImSchV) unterworfen waren.
21Darauf hinweisend bereits VG Würzburg, Beschluss vom 13. März 2008 - W 5 S 08.697 -, juris, und Fickert/Fieseler, BauNVO, Kommentar, 10. Aufl., § 6 Rdnr. 9.2.
22Vorliegend handelt es sich um eine Waschstraße gewöhnlicher Dimensionierung, die nach heutigem Stand der Technik neu errichtet und betrieben werden wird. Dadurch, dass die ursprüngliche Absicht, eine Zufahrt auch von der Oberen F.----------straße einzurichten, bereits im Verwaltungsverfahren auf Anregung der Antragsgegnerin aufgegeben worden ist, ist die Anlage verkehrsmäßig auf die X. Straße hin ausgerichtet, bei der es sich um eine viel befahrene Bundesstraße handelt. Die vorgesehenen „Staubsaugerplätze“ für die Innenreinigung der Fahrzeuge sind ebenfalls auf der der Bundesstraße zugewandten Seite der Anlage vorgesehen und überwiegend durch die Waschstraße selbst von der angrenzenden Wohnbebauung getrennt. Die Betriebszeiten bewegen sich – insbesondere nach dem zuletzt noch erklärten Teilverzicht – im üblichen Rahmen (8 bis 20 Uhr); die unter Ziffer 6.5 in der TA Lärm (für andere Gebietstypen) definierten „Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit“ sind nunmehr vollständig aus den Betriebszeiten herausgenommen. Zu berücksichtigen ist aber auch die konkrete Gebietssituation. Im näheren Umfeld der genehmigten Anlage befindet sich bereits heute eine ganze Reihe von Gewerbebetrieben, die mit Kraftfahrzeugverkehr und entsprechenden Immissionen verbunden sind. Abgesehen von der T. -Autovermietung und dem Betrieb für (unter anderem) Kfz-Verglasungen an der P1. F.----------straße (Haus-Nr. 9) sind dies insbesondere die beiden Tankstellen mit kleineren Räumlichkeiten für die Kfz-Reparatur und Einplatzwaschanlage (X. Straße 178 und 182) sowie die große Kfz-Werkstatt C1. (X. Straße 186). Alle diese Nutzungen befinden sich in einem Radius von nur 250 Metern um das Baugrundstück herum, die K. -Tankstelle sogar auf dem unmittelbaren Nachbargrundstück. Angesichts dieser Vorprägung durch Betriebe der Kfz-Service-Branche sowie durch die Bundesstraße lässt sich die Autowaschstraße der Beigeladenen nicht als Fremdkörper einordnen, der schon nach der Art der baulichen Nutzung unzulässig ist.
23Das genehmigte Vorhaben ist bei summarischer Prüfung auch nicht gemäß § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO unzulässig. Nach § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. In dieser Vorschrift kommt das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme zum Ausdruck. Dieses Gebot soll angesichts der gegenseitigen Verflechtungen der baulichen Situation benachbarter Grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen Ausgleich schaffen, der einerseits dem Bauherrn ermöglicht, was von seiner Interessenlage her verständlich und unabweisbar ist und andererseits dem Nachbarn erspart, was an Belästigungen und Nachteilen für ihn unzumutbar ist. Die Beachtung des Rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Die sich daraus ergebenden Anforderungen sind im Einzelfall festzustellen, wobei die konkreten Umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen Interessen des Bauherrn und des Nachbarn in Anwendung des Maßstabes der planungsrechtlichen Zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kann desto mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung dessen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, desto weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem Bauvorhaben verfolgten Interessen sind.
24Vgl. BVerwG, Urteile vom 21. Januar 1983 ‑ 4 C 59.79 ‑, BRS 40 Nr. 199, vom 28. Oktober 1993 - 4 C 5.93 -, DVBl 1994, 697, und vom 23. September 1999 ‑ 4 C 6.98 -, BVerwGE 109, 314; OVG NRW, Beschluss vom 3. September 1999 - 10 B 1283/99 -, NVwZ 1999, 1360.
25Ob Geräuschemissionen unzumutbar und im planungsrechtlichen Sinne rücksichtslos sind, ist bei Anlagen, die als genehmigungsbedürftige oder nicht genehmigungsbedürftige Anlagen den Anforderungen des Zweiten Teils des Bundes-Immissionsschutzgesetzes unterliegen, grundsätzlich anhand der auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassenen Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm – vom 26. August 1998) zu bestimmen. Denn das Bundes-Immissionsschutzgesetz und die TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang ihres Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest.
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 4 C 8.11 -, BVerwGE 145, 145 ff.
27Dass das Grundstück des Antragstellers (und seiner Miteigentümer) durch die Errichtung und den Betrieb der genehmigten Waschstraße Geräuschimmissionen ausgesetzt wird, die über das nach der TA Lärm hinzunehmende Maß hinausgehen, lässt sich bei der im Eilverfahren gebotenen Prüfung nicht feststellen. Hinsichtlich des dem Antragsteller zustehenden Schutzniveaus ist festzustellen, dass die TA Lärm unter Ziffer 6.1 Buchstabe c) für Mischgebiete einen Immissionsrichtwert von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts vorsieht. Dieselben Richtwerte wären im Übrigen auch anzusetzen, wenn es sich bei dem oben abgegrenzten maßgeblichen Gebiet nicht um ein Mischgebiet, sondern um eine „Gemengelage“ handelte; angesichts der Prägung des Gebiets durch Gewerbebetriebe mit teilweise nicht ganz unerheblichem Störpotential läge auch in diesem Fall die Anlegung der für Kern-, Dorf- und Mischgebiete geltenden Immissionsrichtwerte nahe.
28Nach dem schalltechnischen Gutachten des Ingenieurbüros A. vom 14. März 2013, ergänzt durch die Stellungnahme desselben Gutachterbüros vom 16. August 2013 sowie die Erläuterungen des Gutachters Dipl.-Phys. Ing. X1. im Ortstermin der Kammer vom 25. September 2014 und in dem nachfolgenden Schreiben vom 29. September 2014, wird der vorgenannte Tages-Immissionsrichtwert an dem Gebäude des Antragstellers und seiner Miteigentümer nicht überschritten werden. Das schalltechnische Gutachten geht entsprechend den Vorgaben unter Ziffern 2.4 und 3.2.1 der TA Lärm zunächst der Frage nach, ob bereits eine relevante Vorbelastung durch andere der TA Lärm unterfallende Anlagen besteht. Dies wird von dem Gutachter für die benachbarte K. -Tankstelle im Ergebnis angenommen, während alle anderen Betriebe mit nachvollziehbaren Überlegungen ausgeklammert werden. Für die K. -Tankstelle geht das Gutachten zu Gunsten des Antragstellers vom Betrieb (auch) einer PKW-Waschanlage und einer Servicewerkstatt im Rahmen des Tankstellenbetriebs aus. Ausgehend von diesen (konservativen) Annahmen ermittelt der Gutachter an dem Gebäude P. F.----------straße 1 (IP 04a und IP 04b) einen Beurteilungspegel (Vorbelastung) von 56 dB(A) (genau: 56,3) bzw. 57 dB(A) (genau: 56,6). Folgerichtig geht der Gutachter davon aus, dass die Zusatzbelastung an den genannten Immissionspunkten durch die zu beurteilende Waschstraße maximal 58 dB(A) bzw. 57 dB(A) betragen darf („Zielwert“), damit die Gesamtbelastung an diesen Immissionspunkten bei (logarithmischer) Addition beider Beurteilungspegel den Immissionsrichtwert von 60 dB(A) einhält. Sodann wird der Beurteilungspegel der zur Genehmigung gestellten Waschstraße hinsichtlich der einzelnen Immissionspunkte ermittelt. Für den Immissionspunkt 4 („am stärksten beaufschlagte Fassadenseite“) ermittelt der Gutachter einen Beurteilungspegel von 56 dB(A), so dass die Gesamtbelastung den Immissionsrichtwert nicht übersteigt.
29Das schalltechnische Gutachten begegnet aus Sicht der Kammer keinen grundsätzlichen Bedenken. Die Methodik entspricht den Vorgaben der TA Lärm. Durchgreifende Einwände, die einer Zugrundelegung der gutachterlichen Bewertungen und Berechnungen entgegen stehen, liegen bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung nicht vor.
30Ein gravierender Mangel des Schallschutzgutachtens bzw. der Baugenehmigung bestand allerdings zunächst in dem Auseinanderfallen zwischen der von dem Gutachter angenommenen Betriebszeit (8 bis 20 Uhr) und der in der Baugenehmigung genehmigten Betriebszeit (7 bis 22 Uhr). Zwar dürfte dieser Unterschied sich – mangels Ruhezeitenzuschlägen im Mischgebiet – rechnerisch wohl nicht auf die Bestimmung des Beurteilungspegels auswirken, solange die Zahl der angesetzten Kunden pro Tag identisch ist. Die Kammer ist aber der Auffassung, dass eine im Baugenehmigungsverfahren (zu Recht) von der Bauaufsichtsbehörde geforderte Schallprognose jedenfalls hinsichtlich der wesentlichen Betriebsdetails dem gestellten Bauantrag korrespondieren muss, da sie eine zuverlässige Grundlage für die behördliche Entscheidung bilden soll. Zudem warf die Differenz von immerhin drei Stunden pro Tag die Frage auf, ob die der Schallprognose zugrunde liegende Zahl an Kunden (250 PKW/Tag) – eine erkennbar wichtige Eingabegröße der Berechnung – realistisch ist. Diesen Mangel hat die Beigeladene nunmehr dadurch beseitigt, dass sie auf die Baugenehmigung, soweit sie eine über den Zeitraum von 8 bis 20 Uhr hinausgehende Betriebszeit genehmigte, durch Erklärung vom 26. September 2014 wirksam verzichtet hat.
31Vgl. zur Wirksamkeit eines solchen Verzichts OVG NRW, Beschluss vom 29. März 2012 - 10 B 342/12 -.
32Zugleich hat die Beigeladene sinnvollerweise eine Aufstellung ihrer im Verhältnis zum streitgegenständlichen Vorhaben nächstgelegenen Waschstraße (X. Straße 124) vorgelegt, um Zweifeln an der von dem Schallgutachter angenommenen Zahl an Kunden („mittlere Maximalauslastung“) zu begegnen. Legt man das übersandte Zahlenwerk zugrunde, so erscheint die angesetzte Zahl von 250 Kunden pro Tag als „mittlere Maximalbelastung“ grundsätzlich plausibel. Allerdings sieht die TA Lärm eine Mittelung über längere Zeiträume – etwa alle Tage eines Jahres – nicht vor. Der (Tages-) Beurteilungspegel ist vielmehr für den Tag mit der höchsten Geräuschimmission bei bestimmungsgemäßem Betrieb der Anlage durch Mittelung über die Tagesbeurteilungszeit zu ermitteln. Der Gutachter hat in seiner Stellungnahme vom 29. September 2014 ausgeführt, dass nur an neun Tagen des von der übersandten Aufstellung erfassten Zeitraums mehr als 250 Kunden die Waschanlage genutzt hätten und dass diese Tage als „seltene Ereignisse“ außer Betracht bleiben könnten. Er hat damit die Regelung unter Ziffer 7.2 der TA Lärm angesprochen, der zufolge eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte an bis zu zehn Tagen pro Jahr infolge vorhersehbarer Besonderheiten beim Betrieb einer Anlage gestattet werden kann. Die Kammer hat grundsätzlich keine Bedenken, Tage außergewöhnlicher Auslastung einer Kfz-Waschanlage, die nur beim Zusammentreffen spezieller Tage des Jahres mit entsprechenden Straßen- und Wetterzuständen zu erwarten sind, als seltene Ereignisse im Sinne von Ziffer 7.2 der TA Lärm zu behandeln.
33So auch Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Kommentar, 2014, Kommentar zu Ziffer 7.2 Rdnr. 14.
34Fraglich ist allerdings, ob es dem Gutachter zusteht, derartige Tage von vornherein außer Betracht zu lassen, ohne dies in seinem Gutachten konkret deutlich zu machen. Denn für die Entscheidung, ob und in welchem Umfang eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte an Tagen mit „seltenen Ereignissen“ unter Würdigung nachbarlicher Interessen zugelassen werden kann, dürfte nach Ziffer 7.2 der TA Lärm die Genehmigungsbehörde zuständig sein. Diese hat in der Baugenehmigung zudem regelmäßig Bestimmungen über zugelassene „seltene Ereignisse“ und ihre Eingrenzung zu treffen.
35Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 2013 - 2 A 3010/11 -, DVBl. 2013, 1327 (1329), mit weiteren Nachweisen.
36Die Kammer braucht diesen Fragen indes vorliegend nicht näher nachzugehen. Denn der Gutachter hat in seinem Schreiben vom 29. September 2014 auch angegeben, dass selbst bei Zugrundelegung der aus der vorgelegten Aufstellung erkennbaren Maximalauslastung (376 Kfz an einem Tag) der Beurteilungspegel sich nur um maximal 2 dB(A) erhöht. Bei einer Erhöhung um weitere 2 dB(A) wäre der in der Schallprognose ermittelte Zielwert (58 dB(A)) für die der Waschstraße „zustehende“ Zusatzbelastung nach wie vor gewahrt, so dass es einer Anwendung der Regelung über „seltene Ereignisse“ gar nicht bedarf. Zwar hat der Gutachter seine Einschätzung durch den Zusatz „überschlägig“ relativiert. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Regelungen der TA Lärm der Beigeladenen vorliegend noch einen gewissen Spielraum verschaffen. Wird der Immissionsrichtwert nämlich – wie hier – aufgrund einer vorhandenen Vorbelastung überschritten, so soll die Genehmigung der die Zusatzbelastung verursachenden Anlage gemäß Ziffer 3.2.1 Absatz 3 der TA Lärm nicht versagt werden, wenn die Überschreitung nicht mehr als 1 dB(A) beträgt. Die Baugenehmigung wäre somit erst dann zu versagen, wenn der durch die Gesamtbelastung entstehende Beurteilungspegel an dem Mehrfamilienhaus des Antragstellers und seiner Miteigentümer 61 dB(A) überschritte. Legt man die ermittelte Vorbelastung am Immissionspunkt 04a – erstes Obergeschoss – von 56,3 dB(A) zugrunde (vgl. Anl. 2.3 zur Schallprognose), so könnte die hier entstehende Zusatzbelastung, die der Gutachter bislang auf 56 dB(A) bestimmt hatte, um weitere 3 dB(A) ansteigen. Denn bei logarithmischer Addition einer Vorbelastung von 56,3 dB(A) und einer Zusatzbelastung von 59 dB(A) ergäbe sich ein Gesamt-Beurteilungspegel von 60,87 dB(A); die aufgezeigte Grenze von 61 dB(A) bliebe also unterschritten. Dass die Zugrundelegung von 376 Fahrzeugen statt 250 Fahrzeugen pro Tag bei der Waschstraße zu einem Beurteilungspegel von 59 dB(A) – also zu einer Verdopplung des Lärms – führen könnte, hält die Kammer für extrem unwahrscheinlich.
37Der Einwand des Antragstellers, dass die als Referenz herangezogene Waschstraße an der X. Straße 124 mit der vorliegend geplanten Anlage wegen der Lage und verschiedener Betriebsdetails nicht vergleichbar sei, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Die Kammer wird diesem Einwand möglicherweise im Hauptsacheverfahren durch Anforderung von Nutzerzahlen anderer Waschanlagen der Beigeladenen nachgehen. Da die Heranziehung der nächstgelegenen Waschstraße jedoch zunächst einmal nahe liegt und die Beigeladene rechnerisch – wie vorstehend aufgezeigt – über einen gewissen Spielraum für eine weitere Erhöhung der Nutzerzahlen verfügt, vermag die Kammer nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass die Baugenehmigung wegen einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte rechtswidrig ist.
38Soweit der Antragsteller geltend macht, der Gutachter hätte – jedenfalls nach der während des Baugenehmigungsverfahrens beschlossenen Verschiebung des Baukörpers – (auch) einen Immissionspunkt an seiner eigenen Wohnung in den Blick nehmen müssen, vermag die Kammer ihm bei summarischer Prüfung nicht zu folgen. Maßgeblicher Immissionsort ist gemäß Ziffer 2.3 der TA Lärm der nach Nummer A.1.3 des Anhangs ermittelte Ort im Einwirkungsbereich einer Anlage, an dem eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte am ehesten zu erwarten ist; für ihn ist die Geräuschbeurteilung vorzunehmen. Nach Ziffer A.1.3 der TA Lärm liegt der maßgebliche Immissionsort 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes. Im Einzelfall kann es geboten sein, mehrere Immissionsorte zu betrachten.
39Vgl. Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Kommentar, 2014, Kommentar zu Ziffer 2.3 Rdnr. 28 und 34,
40Dies hat der Gutachter vorliegend auch getan. In der Schallprognose werden hinsichtlich des Gebäudes P. F.----------straße 1 allerdings nur Immissionspunkte an den in der Nordhälfte des Gebäudes gelegenen Wohnungen betrachtet (IP 04a und IP 04b). Der Gutachter hat im Ortstermin ausgeführt, dass es sich hier um die am stärksten betroffenen Fenster des Gebäudes handele. Auch für die Fenster der Wohnungen in der Südhälfte des Gebäudes, zu denen die Wohnung des Antragstellers gehört, seien jedoch entsprechende Berechnungen angestellt worden, die aber nicht in das schriftliche Gutachten aufgenommen worden seien. Anlässlich der Verschiebung des Baukörpers während des Genehmigungsverfahrens seien ebenfalls Berechnungen für beiden Seiten des Hauses angestellt worden mit dem Ergebnis, dass sich eine wesentliche Änderung nicht ergeben habe. Das Gericht sieht keinen Anlass, diese Ausführungen des Gutachters in Zweifel zu ziehen. Sie sind nicht von vornherein unplausibel. Zwar liegt das Wohnzimmerfenster des Antragstellers ein wenig näher an dem Waschstraßengebäude als die im Gutachten gewählten Immissionspunkte. Zu berücksichtigen ist aber, dass vorliegend die Summe der Immissionen aus dem Tankstellen- und dem Waschstraßenbetrieb maßgeblich ist. Den Immissionen der K. -Tankstelle jedoch sind die Fenster in der Nordhälfte des Mehrfamilienhauses etwas stärker ausgesetzt. Der Gutachter hat ferner erklärt, er könne die Berechnungsvarianten für die Wohnungen auf der Südseite nachreichen. Ungeachtet der Frage, ob eine Heranziehung dieser Berechnungen im Hauptsacheverfahren geboten ist, kann die Kammer derzeit jedenfalls nicht festzustellen, dass die Wahl der Immissionspunkte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unrichtig ist.
41Soweit der Antragsteller im Zusammenhang mit den Lärmfragen die Bestimmtheit der Baugenehmigung bemängelt, vermag die Kammer ihm nicht zu folgen. Hinsichtlich des verwendeten Industriestaubsaugers („Carrera“) ist durch die Nebenbestimmung Nr. 8 zur Baugenehmigung nicht nur die Schallprognose konkret in Bezug genommen worden, sondern der von dem Gutachter zugrunde gelegte Schallleistungspegel des Saugers (79 dB(A)) ist auch ausdrücklich benannt und zum Gegenstand einer entsprechenden Nachweispflicht gemacht worden. Auch im Übrigen sind die Annahmen und Vorgaben des Gutachtens in hinreichender Form zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht worden; hinsichtlich der besonders bedeutsamen Schallschutzwände ist dies sogar dadurch geschehen, dass die Beigeladene neue Pläne und Zeichnungen eingereicht hat, in denen die Schallschutzwände dargestellt sind. Dass die Betriebszeiten der Waschstraße in den Bauvorlagen ursprünglich uneinheitlich angegeben waren, hätte wohl nicht zu einem Bestimmtheitsmangel geführt, weil die in der Betriebsbeschreibung benannten Zeiten als allein maßgeblich hätten zugrunde gelegt werden müssen. Durch den von der Beigeladenen erklärten Teilverzicht auf die Baugenehmigung ist dieses Problem aber ohnehin entfallen.
42Soweit der Antragsteller auf eine Verschattung des Grundstücks P. F.----------straße 1 durch das genehmigte Waschstraßengebäude hinweist, vermag das Gericht einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht zu erkennen. Eine gewisse Orientierung bei der insoweit erforderlichen Wertung bietet zunächst § 6 BauO NRW, der gerade den Zweck verfolgt, die Interessen von Grundstücksnachbarn im Falle einer grenzständigen oder grenznahen Bebauung zum Ausgleich zu bringen. Dass die bauliche Anlage – wie oben aufgezeigt – die Vorgaben des Abstandflächenrechts einhält, gibt insoweit einen gewissen Anhalt, wenngleich durch die (landesrechtlichen) Vorgaben des § 6 BauO NRW keine verbindliche Konkretisierung des (bundesrechtlichen) Rücksichtnahmegebots herbeigeführt werden kann und insbesondere nach der Zurücknahme der abstandflächenrechtlichen Anforderungen im Rahmen der Novellierung der Bauordnung NRW vom Dezember 2006 stets eine Betrachtung des Einzelfalls geboten ist.
43Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 9. Februar 2009- 10 B 1713/08 -, BauR 2009, 775.
44Auch eine solche Einzelfallbetrachtung führt vorliegend nicht zu einem von der Wertung des Abstandflächenrechts abweichenden Ergebnis. Zwar handelt es sich um einen vergleichsweise langen Baukörper. Da dieser Baukörper jedoch schräg zu dem Grundstück und dem Mehrfamilienhaus des Antragstellers und seiner Miteigentümer angeordnet ist, nähert er sich nur an einer Stelle bis auf 3,17 m diesem Nachbargrundstück, während er an den beiden Enden eine erhebliche Entfernung zu dem Grundstück des Antragstellers von rund 17 m bzw. rund 9 m wahrt. Das Waschstraßengebäude ist zudem nicht sehr hoch; mit einer Oberkante des Tonnendachs von 78,232 üNN bleibt es um etliche Meter hinter der Firsthöhe des Hauses des Antragstellers (84,55 üNN) zurück. Dass einem nicht unerheblichen Teil des Gartenbereichs des Antragstellers und seiner Miteigentümer durch die Errichtung der Waschstraße zu bestimmten Tages- und Jahreszeiten die direkte Sonneneinstrahlung verloren gehen könnte, liegt in erster Linie daran, dass es dem Grundstück an Tiefe fehlt. Dass ein solcher Lagenachteil durch einen größeren Abstand oder eine geringere Höhe der Bebauung auf dem Nachbargrundstück kompensiert wird, kann ein Grundeigentümer regelmäßig nicht verlangen.
45Die Bedenken des Klägers hinsichtlich etwaiger Verkehrsprobleme auf der X. Straße vermögen dem Antrag ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. An einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme ist in diesem Kontext erst dann zu denken, wenn sich die Erschließungssituation eines bestimmten Grundstücks durch eine vorhabenbedingte Überlastung einer das in Rede stehende Grundstück erschließenden Straße massiv verschlechtert.
46Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. März 2011 - 2 A 2579/09 -, juris.
47Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich.
48Soweit der Antragsteller in seinen Schriftsätzen noch auf eine Reihe von Vorschriften über das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren Bezug nimmt, ist festzustellen, dass diese Vorschriften vorliegend keine Anwendung finden, weil das Vorhaben der Beigeladenen keiner Genehmigungspflicht nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz unterliegt. Ins Leere gehen mangels Anwendbarkeit im konkreten Fall auch die Ausführungen des Antragstellers zu §§ 1 und 35 BauGB sowie zu § 11 Abs. 3 BauNVO.
49Welche Konsequenzen sich aus dem Umstand ergeben, dass die Beigeladene über einen planungsrechtlichen Vorbescheid vom 28. Mai 2013 für die Errichtung einer Waschstraße auf dem Baugrundstück verfügt, kann die Kammer nach alledem offen lassen.
50Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Sachantrag gestellt und sich damit ihrerseits gemäß § 154 Abs. 3 VwGO einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
51Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich innerhalb eines Streitwertrahmens in Nachbarstreitigkeiten von 1.500,00 € bis 15.000,00 € angemessen an dem Interesse des Antragstellers an der begehrten vorläufigen Regelung.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage 6 K 6069/13 gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 30. Oktober 2013 in der Fassung der Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers jeweils zur Hälfte. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen sie jeweils selbst.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 3.750,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet.
3Das Verwaltungsgericht hat, weil der Klageschrift bis zum Ablauf der Klagefrist die Unterschrift fehlte, entgegen der im Beschluss des Senats vom 7. Juli 2014 im Verfahren 10 B 469/14 geäußerten gegenteiligen Rechtsauffassung weiterhin Zweifel an der Zulässigkeit der Klage, die der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Errichtung einer Autowaschanlage mit zehn Staubsaugerplätzen auf dem Grundstück X.‑Straße in C. erhoben hat und hinsichtlich derer er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung begehrt. Der Senat hält nach nochmaliger Erwägung der Argumente des Verwaltungsgerichts an seiner Rechtsauffassung fest. Vor dem Hintergrund der konkreten Umstände erscheint es ihm fernliegend, anzunehmen, dass ein Dritter anstelle des Antragstellers die Klageschrift verfasst und unter Beifügung des an den Antragsteller gerichteten Bekanntgabeschreibens der Antragsgegnerin dem Verwaltungsgericht übersandt haben könnte. Nicht weniger fernliegend erscheint ihm die Annahme, ein Dritter könnte die von dem Antragsteller stammende Klageschrift als Einschreiben zur Post gegeben haben, ohne dass der Antragsteller einen entsprechenden Rechtsbindungswillen gehabt hätte.
4Die nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers, von der sofortigen Vollziehung der Baugenehmigung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, und dem öffentlichen sowie dem privaten Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Vollziehung der Baugenehmigung fällt zu Gunsten des Antragstellers aus.
5Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes regelmäßig gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 in der Fassung der Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014 den Antragsteller in subjektiven öffentlichen Rechten verletzt.
6Dabei kann offenbleiben, ob dies bereits deshalb der Fall ist, weil der Genehmigung der Waschstraße der sich aus dem Bauplanungsrecht ergebende Gebietswahrungsanspruch des Antragstellers entgegensteht.
7Nach dem Inhalt der Akten und den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts anlässlich eines Ortstermins ist im Rahmen des Eilverfahrens davon auszugehen, dass das Vorhabengrundstück ebenso wie das im Miteigentum des Antragstellers stehende Wohngrundstück in einem faktischen Mischgebiet liegt, sodass der Antragsteller einen Anspruch darauf hat, dass dort nur solche Gewerbebetriebe zugelassen werden, die das Wohnen nicht wesentlich stören (§ 34 Abs. 1 und 2 BauGB, § 6 Abs. 1 und 2 Nr. 4 BauNVO).
8Ob bei der gebotenen „typisierenden" Betrachtung eine wesentliche Störung der im Mischgebiet gelegenen Wohnnutzung droht, hängt bei Autowaschanlagen von ihrer jeweiligen Anlagen- und Betriebsstruktur sowie von der konkreten Gebietssituation ab. Je nach Größe und Umfang des Betriebs sowie der Betriebsweise und der Gestaltung der Arbeitsabläufe kann sich eine unterschiedliche Bewertung ergeben. Maßgeblich ist, ob sich die Störwirkungen, welche die konkrete Anlage bei funktionsgerechter Nutzung erwarten lässt, innerhalb des Rahmens halten, der durch die Gebietseigenart vorgegeben wird. Geboten ist dabei eine Einzelfallprüfung des Ausmaßes der zu erwartenden Störungen, wobei diese allerdings in der Regel nicht konkret und bezogen auf die gegebenen Grundstücksverhältnisse zu ermitteln sind. Vielmehr ist, vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls, in einer „typisierenden“ Betrachtung abzuschätzen, ob die zugelassene Nutzung generell geeignet ist, eine Wohnnutzung wesentlich zu stören. Insbesondere gilt es, eine Verfremdung des Gebietes zu verhindern, die schon damit beginnen kann, dass eine im Grunde in einem Mischgebiet generell unpassende – wohnunverträgliche – Nutzung zugelassen wird.
9Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. November 2002– 4 B 72.02 –, juris, Rn. 4, und vom 28. Februar 2008– 4 B 60.07 –, juris, Rn. 11 f; OVG NRW, Beschluss vom 18. Juni 2010 – 7 A 896/09 –, juris; VGH BW, Beschluss vom 15. April 2014 – 8 S 2239/13 –.
10Danach ist es durchaus möglich, dass die genehmigte Nutzung der Autowaschanlage trotz der Beschränkung der Betriebszeiten auf die Zeit von montags bis samstags von 8 bis 20 Uhr und der vorgesehenen Lärmschutzmaßnahmen wegen ihrer rechne-rischen Kapazität und der zehn Staubsaugerplätze mit der Wohnnutzung im Mischgebiet nicht verträglich ist, zumal nach den Angaben der Beigeladenen in einer nahe gelegenen Autowaschanlage bis zu 376 Fahrzeuge an einem Tag gewaschen werden.
11Unabhängig davon ist eine Verletzung subjektiver Rechte des Antragstellers unter dem Gesichtspunkt mangelnder Rücksichtnahme jedenfalls deshalb überwiegend wahrscheinlich, weil die Baugenehmigung nicht sicherstellt, dass der Betrieb der Autowaschanlage nicht zu unzumutbaren Geräuschimmissionen auf dem Grundstück des Antragstellers führen wird.
12Nach Ziff. 6.1 Buchstabe c) TA Lärm gilt für Mischgebiete ein Immissionsrichtwert von 60 dB(A) tags, wobei die Genehmigung eines Vorhabens auch dann nicht versagt werden soll, wenn dauerhaft sichergestellt ist, dass dieser Wert um nicht mehr als 1 dB(A) überschritten wird (Ziff. 3.2.1 Absatz 3 TA Lärm).
13Entgegen der Annahme des Verwaltungsgericht, das einen Beurteilungspegel von 60,87 dB(A) als vorstellbares Maximum gesehen hat, ist nicht davon auszugehen, dass dauerhaft sichergestellt wäre, dass durch den Betrieb der Autowaschanlage der Immissionsrichtwert von 60 dB(A) auf dem Grundstück des Antragstellers um nicht mehr als 1 dB(A) überschritten wird. Wegen der günstigen Lage, der Kapazität und der Betriebszeiten der Waschanlage ist zu erwarten, dass dort an Spitzentagen deutlich mehr als die dem Schalltechnischen Bericht vom 14. März 2013 zugrunde gelegten 250 oder die in dem Schriftsatz des Sachverständigen vom 29. September 2014 angenommenen 376 Fahrzeuge am Tag gewaschen werden.
14Der Vorhabenstandort liegt mit seiner Zufahrt unmittelbar an der vielbefahrenen C. in der Nachbarschaft von zwei Tankstellen und lässt deshalb eine höhere Frequentierung vermuten als die in der Nähe vorhandene Autowaschanlage, die von der Bundesstraße zurückversetzt und nur über die Straße M. erreichbar ist. Trotz ihrer ungleich ungünstigeren Lage sind in dieser vorhandenen Autowaschanlage nach den Angaben der Beigeladenen am 8. März 2014 insgesamt 376 Waschvorgänge abgewickelt worden. Dass die Nähe des Vorhabens zu den zwei Tankstellen dessen Auslastung zu steigern vermag, zeigt auch der Internetauftritt der Beigeladenen, die auf ihrer Webseite Grundstücke sucht an Straßen, die eine Verkehrsfrequenz von mindestens 14.000 PKW aufweisen, die sich in der Nachbarschaft von Tankstellen, Einkaufszentren oder Gewerbegebieten mit großflächigem Einzelhandel befinden und über Wohngebiete im Umfeld verfügen. Während der Schalltechnische Bericht für das Vorhaben von einer theoretischen Waschleistung von 60 PKW pro Stunde ausgeht, wirbt die Beigeladene damit, dass mit ihrer Technologie bis zu vier Fahrzeuge gleichzeitig und ein Fahrzeug in weniger als zwei Minuten gewaschen werden kann. Die sich daraus für den einzelnen Kunden ergebende kurze Wartezeit erhöht die Attraktivität und damit die zu erwartende Frequentierung der geplanten Autowaschanlage ebenso wie die hohe Zahl der vorgesehenen Staubsaugerplätze und die Öffnungszeit am Samstag bis 20.00 Uhr. Die in der Nähe vorhandene Autowaschanlage verfügt demgegenüber nur über vier Staubsaugerplätze und ist samstags nur bis 18.00 Uhr geöffnet.
15Überdies lassen sich hier Tage, an denen künftig eine deutlich überdurchschnittlich oder außergewöhnlich hohe Zahl an Waschvorgängen zu verzeichnen ist, nicht als seltene Ereignisse im Sinne der Ziff. 7.2 TA Lärm bewerten. Eine überdurchschnittlich starke Auslastung einer Autowaschanlage ist kein außergewöhnlicher Zustand bei dem Betrieb einer Anlage, der als ein seltenes Ereignis angesehen werden kann. Davon abgesehen müsste die Baugenehmigung, um dem nachbarrechtlichen Rücksichtnah-megebot und dem Bestimmtheitsgebot zu genügen, näher regeln, welcher Betrieb des Vorhabens bis zu welcher Immissionsgrenze bei so genannten seltenen Ereignissen zulässig ist (vgl. Ziff. 7.2 TA Lärm „ … kann eine Überschreitung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für genehmigungsbedürftige Anlagen zugelassen werden. …“). Eine solche Regelung beinhaltet die Baugenehmigung nicht.
16Abgesehen davon enthält die ergänzende Stellungnahme vom 29. September 2014 nur die nicht anhand von Berechnungen nachvollziehbare Behauptung, dass sich bei einer Zahl von 376 Waschvorgängen die Beurteilungspegel in der Nachbarschaft der Autowaschanlage überschlägig um maximal 2 dB(A) gegenüber den in dem Schalltechnischen Bericht angegebenen Werten erhöhen würden. Auch vor diesem Hintergrund ist es nicht im Sinne der Ziff. 3.2.1 Absatz 3 TA Lärm dauerhaft sichergestellt, dass die Überschreitung des hier nach Ziff. 6 TA Lärm einschlägigen Immissionsrichtwerts von 60 dB(A) durch das Vorhaben und die vorhandene Vorbelastung nicht mehr als 1 dB(A) beträgt.
17Nach alledem kann offenbleiben, ob eine Überschreitung des Wertes von 61 dB(A) auch daraus folgen kann, dass die Entfernung des Vorhabens zu der Wohnung des Antragstellers geringer ist als die zu den von dem Gutachter gewählten Messpunkten IP 04a und 04b und dass das Vorhaben bei der Berücksichtigung der zu erwartenden Maximalauslastung eine höhere Immissionsbelastung verursacht, als die angrenzende Tankstelle, der die Messpunkte IP 04a und 04b näher liegen.
18Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3 VwGO.
19Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
20Der Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Die Bundesregierung erlässt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen des Bundes allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über
- 1.
Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen, - 2.
Emissionswerte, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist, - 3.
das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen und Immissionen, - 4.
die von der zuständigen Behörde zu treffenden Maßnahmen bei Anlagen, für die Regelungen in einer Rechtsverordnung nach § 7 Absatz 2 oder 3 vorgesehen werden können, unter Berücksichtigung insbesondere der dort genannten Voraussetzungen, - 5.
äquivalente Parameter oder äquivalente technische Maßnahmen zu Emissionswerten, - 6.
angemessene Sicherheitsabstände gemäß § 3 Absatz 5c.
(1a) Nach jeder Veröffentlichung einer BVT-Schlussfolgerung ist unverzüglich zu gewährleisten, dass für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie bei der Festlegung von Emissionswerten nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten. Im Hinblick auf bestehende Anlagen ist innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen zur Haupttätigkeit eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Verwaltungsvorschrift vorzunehmen.
(1b) Abweichend von Absatz 1a
- 1.
können in der Verwaltungsvorschrift weniger strenge Emissionswerte festgelegt werden, wenn - a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagenart die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und dies begründet wird oder - b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden, oder
- 2.
kann in der Verwaltungsvorschrift bestimmt werden, dass die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen kann, wenn - a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagen die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre oder - b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
(2) (weggefallen)
(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als
1. | Wohnbauflächen | (W) |
2. | gemischte Bauflächen | (M) |
3. | gewerbliche Bauflächen | (G) |
4. | Sonderbauflächen | (S). |
(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als
1. | Kleinsiedlungsgebiete | (WS) |
2. | reine Wohngebiete | (WR) |
3. | allgemeine Wohngebiete | (WA) |
4. | besondere Wohngebiete | (WB) |
5. | Dorfgebiete | (MD) |
6. | dörfliche Wohngebiete | (MDW) |
7. | Mischgebiete | (MI) |
8. | urbane Gebiete | (MU) |
9. | Kerngebiete | (MK) |
10. | Gewerbegebiete | (GE) |
11. | Industriegebiete | (GI) |
12. | Sondergebiete | (SO). |
(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.
(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet
- 1.
nach der Art der zulässigen Nutzung, - 2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.
(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,
- 1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder - 2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.
(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen
- 1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind, - 2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder - 3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.
(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.
(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.
(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.
(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
- 1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder - 2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder - 3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe, - 3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
Geschäfts- und Bürogebäude, - 3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 4.
sonstige Gewerbebetriebe, - 5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 6.
Gartenbaubetriebe, - 7.
Tankstellen, - 8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.
(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
Geschäfts- und Bürogebäude, - 3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 4.
sonstige Gewerbebetriebe, - 5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 6.
Gartenbaubetriebe, - 7.
Tankstellen, - 8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.
(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.
(1) Besondere Wohngebiete sind überwiegend bebaute Gebiete, die aufgrund ausgeübter Wohnnutzung und vorhandener sonstiger in Absatz 2 genannter Anlagen eine besondere Eigenart aufweisen und in denen unter Berücksichtigung dieser Eigenart die Wohnnutzung erhalten und fortentwickelt werden soll. Besondere Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen; sie dienen auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sonstigen Anlagen im Sinne der Absätze 2 und 3, soweit diese Betriebe und Anlagen nach der besonderen Eigenart des Gebiets mit der Wohnnutzung vereinbar sind.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
Läden, Betriebe des Beherbergungsgewerbes, Schank- und Speisewirtschaften, - 3.
sonstige Gewerbebetriebe, - 4.
Geschäfts- und Bürogebäude, - 5.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
- 1.
Anlagen für zentrale Einrichtungen der Verwaltung, - 2.
Vergnügungsstätten, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind, - 3.
Tankstellen.
(4) Für besondere Wohngebiete oder Teile solcher Gebiete kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass
(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
Geschäfts- und Bürogebäude, - 3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 4.
sonstige Gewerbebetriebe, - 5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 6.
Gartenbaubetriebe, - 7.
Tankstellen, - 8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.
(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i. H. v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Erteilung einer nachträglichen Baugenehmigung für die Verglasung straßenseitiger Balkone.
3Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung L. , Flur 34, Flurstück 2060/124 mit der postalischen Anschrift Q. Straße 22 in L. . Das Grundstück ist mit einem fünfgeschossigen Wohnhaus bebaut und verfügt im 1. bis 4. Obergeschoss über straßenseitige Balkone. Das Gebäude grenzt straßenseitig an die Verkehrsfläche der Q. Straße (Flurstück 576), die im Eigentum der Beklagten steht. Nach Norden grenzt es unmittelbar an das ebenfalls mehrgeschossig bebaute Grundstück Gemarkung L. Flur 34, Flurstück 1753/124 mit der Anschrift Q. Straße 24. Für das Gebäude des Klägers liegen Baugenehmigungen vom 10. Oktober 1961, 23. Dezember 1966 und 11. Dezember 1967 vor. Danach sind die Balkone mit einer Breite von 4,40 m und einer Tiefe (Auskragung) von 1,25 m sowie einem Abstand von 1,25 m zur Nachbargrenze zum Grundstück Q. Straße 24 genehmigt.
4Das Bauaufsichtsamt der Beklagten erklärte mit Schreiben vom 15. Mai 1990 gegenüber dem Voreigentümer des Grundstücks Q. Straße 22 auf dessen Anfrage vom 19. Februar 1990 hin, eine Verglasung der Balkone sei zulässig, bedürfe aber einer bauaufsichtlichen Genehmigung.
5Am 9. August 2010 beantragte der Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Verglasung straßenseitiger Balkone, für die Verbreiterung der straßenseitig vorhandenen Dachgaube bis zur Giebelwand, für das Herstellen eines Innenhofs im Erdgeschoss sowie für die Nutzungsänderung von einem Imbiss in ein Büro mit Wohnräumen im Erdgeschoss. In den beigefügten Bauvorlagen sind im 1. bis 4. Obergeschoss straßenseitige Balkone im Einzelnen dargestellt. Deren Tiefe (Auskragung) beträgt nach den Bauvorlagen 1,25 m, das tatsächliche Maß beträgt nach einer Messung der Beklagten vom 9. Dezember 2014 jedoch1,42 m. Der seitliche Abstand zum Haus Q. Straße 24 beträgt nach den Bauvorlagen 1,365 m, der tatsächliche Abstand beträgt nach der Messung der Beklagten vom 9. Dezember 2014 aber nur 0,915 m.
6Die Beklagte lehnte den Bauantrag mit Bescheid vom 30. September 2010 ab. Zur Begründung führte die Beklagte u. a. aus: Die vorhandenen Balkone überschritten die durch den Fluchtlinienplan Nr. 272 festgesetzte Baufluchtlinie. Durch die Änderung der Balkone in Wintergärten bzw. Erker werde der Bestandsschutz dieser baulichen Anlage aufgehoben. Die zu errichtenden Wintergärten fügten sich auch nicht in die Umgebung ein, sie seien deshalb planungsrechtlich unzulässig.
7Der Kläger hat am 8. November 2010 Klage erhoben und zunächst sinngemäß den Antrag angekündigt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30. September 2010 zu verpflichten, ihm die begehrte Baugenehmigung für das beantragte Vorhaben zu erteilen.
8Die Beklagte genehmigte mit Bescheid vom 23. Dezember 2010 das Bauvorhaben des Klägers, soweit es das Erdgeschoss betraf; die Beteiligten haben im Umfang der erteilten Genehmigung das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Beklagte stellte bei einer Ortsbesichtigung am 24. Januar 2011 fest, dass die straßenseitigen Balkone inzwischen verglast worden waren.
9Der Kläger hat zur Begründung der Klage vorgetragen: Der Fluchtlinienplan könne der Verglasung der Balkone nicht entgegengehalten werden. Die vorhandenen Balkone genössen Bestandsschutz, der zur Instandsetzung und auch zur Errichtung der in Rede stehenden Verglasung berechtige. Zudem wiesen verschiedene Gebäude in der Umgebung ebenfalls Erker bzw. Balkone auf, welche nicht weniger ins Auge fielen. Hierzu hat der Kläger Bildmaterial zu den Objekten Q. Straße 5, 7 und 36 vorgelegt.
10Der Kläger hat zunächst beantragt,
11die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 30. September 2010 zu verpflichten, ihm die begehrte Baugenehmigung zu erteilen, soweit der Bauantrag vom 9. August 2010 die Verglasung der straßenseitigen Balkone und die Erweiterung der straßenseitigen Glaube im Spitzboden bis zur Giebelwand betrifft.
12Die Beklagte hat sinngemäß zunächst beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie hat vorgetragen, sie sei mit der Überbauung ihres Eigentums an der Verkehrsfläche der Q. Straße durch die Balkone nicht einverstanden.
15Das Verwaltungsgericht hat nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 30. Januar 2013 das Verfahren, soweit die Beteiligten es für erledigt erklärt haben, eingestellt und im übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: In dem noch anhängigen Umfang sei die Klage zulässig, aber nicht begründet. Für den Bauantrag fehle es bereits an dem erforderlichen Sachbescheidungsinteresse. Das Vorhaben des Klägers rage im Hinblick auf die Balkonanlage, wie der Auszug aus dem Liegenschaftskataster zeige, in das Flurstück 576 (Q. Straße), das im Eigentum der Beklagten stehe. Die Beklagte habe die Zustimmung zu der Überbauung ihres Eigentums verweigert. Für ihre Bereitschaft, diesen Standpunkt aufzugeben, sei nichts ersichtlich. Das Bauvorhaben sei aber auch in der Sache nicht mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar. Die Beklagte habe im Ablehnungsbescheid zutreffend ausgeführt, dass der geplanten Erweiterung der Gaube § 6 BauO NRW entgegenstehe. Da der Kläger durch den Bauantrag die baulichen Veränderungen als ein Vorhaben zum Gegenstand der Beurteilung gemacht habe, sei das Vorhaben insgesamt nicht genehmigungsfähig.
16Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger mündliche Verhandlung beantragt und weiter vorgetragen: Er habe auch hinsichtlich des gestellten Bauantrags auf Verglasung der straßenseitigen Balkone ein Sachbescheidungsinteresse. Die Beklagte habe schon im Jahre 1990 erklärt, dass eine derart geplante Änderung der Balkone zulässig sei.
17Hinsichtlich der Erweiterung der straßenseitigen Gaube im Spitzboden des Gebäudes Q. Straße hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung den Bauantrag und die Klage zurückgenommen.
18Der Kläger hat beantragt,
19die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 30. September 2010 zu verpflichten, ihm auf seinen Bauantrag vom 9. August 2010 die Baugenehmigung für die Verglasung der straßenseitigen Balkone am Objekt Q. Straße 22 in L. zu erteilen.
20Die Beklagte hat beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Sie hat weiterhin geltend gemacht, sie sei mit der baulichen Änderung der straßenseitigen Balkone nicht einverstanden und verweigere deshalb die Zustimmung zu Überbauung der in ihrem Eigentum stehenden Verkehrsfläche der Q. Straße.
23Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat und die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, eingestellt und im übrigen mit Urteil vom 12. April 2013 die Klage abgewiesen; zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Aus den Gründen des Gerichtsbescheids vom 30. Januar 2013 fehle es für den Bauantrag an dem erforderlichen Sachbescheidungsinteresse. Das Vorbringen des Klägers und das in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Schreiben ihres Bauaufsichtsamts vom 15. Mai 1990 an den Voreigentümer ändere nichts an dieser Bewertung. Die Duldungspflicht nach § 912 BGB erstrecke sich nicht auf eine Erweiterung bzw. Umgestaltung des vorhandenen Überbaus. Die Beklagte sei berechtigt, die Zustimmung zu der Überbauung ihres Eigentums zu versagen.
24Der Kläger trägt zur Begründung der vom Senat - wegen besonderer Schwierigkeiten der Rechtssache - zugelassenen Berufung vor: Die vom Gericht angenommene zivilrechtliche Zustimmungsverweigerung der Beklagten liege überhaupt nicht vor bzw. sei irrelevant. Bereits im Jahre 1990 sei die erforderliche Zustimmung betreffend den durch die Balkone geschaffenen Zustand gegenüber seinem Rechtsvorgänger unstreitig rechtswirksam erteilt worden. Eine neue Zustimmung gegenüber dem Rechtsnachfolger sei entbehrlich, da die bereits erteilte Zustimmung dem Gebäude anhafte und damit auch ihm als Rechtsnachfolger zuzurechnen sei. Das Verwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass sich aufgrund der Verglasung kein neuerliches Zustimmungserfordernis ergebe. Die im Luftraum überbaute Fläche habe sich durch die Verglasung der Balkone nicht verändert. Lediglich die Nutzung der in Rede stehenden Gebäudeteile habe sich leicht verändert.
25Das Verwaltungsgericht habe es zudem vollständig versäumt, über die Baugenehmigung selbst zu entscheiden. Unabhängig von der Frage der Wirksamkeit des Fluchtlinienplans 272 bestehe für die Balkonanlage Bestandsschutz, welcher nicht durch die Verglasung der Balkone erloschen sei, sondern diese ebenfalls mit umfasse. Die im Zuge einer Instandhaltung zwingend erforderliche Balkonsanierung einschließlich einer Verglasung führe nicht zu einer wesentlichen und relevanten Veränderung des bestandsgeschützten Baukörpers. Das Vorhaben füge sich des Weiteren in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Die Verglasung führe nicht zu einer optischen Andersartigkeit. Zudem sei das insgesamt für die Beurteilung der Frage des Einfügens im Sinne von § 34 BauGB relevante Geviert, in welchem sich das Objekt befinde, vollständig neu bebaut worden. Auf der anderen Seite der Straße sei ein moderner Gebäudekomplex errichtet, welcher nunmehr das Bild des gesamten Straßenzugs dominiere. Das Gebäude des Klägers füge sich heute unproblematisch in die Umgebung ein, diese sei städteplanerisch bewusst modernisiert und aufgelockert worden.
26Der Kläger beantragt,
27unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Köln vom 12. April 2013 nach dem in erster Instanz gestellten Antrag zu erkennen.
28Die Beklagte beantragt,
29die Berufung zurückzuweisen
30Sie trägt zur Begründung vor: Es fehle an einem Sachbescheidungsinteresse. Habe - wie vorliegend - der zivilrechtlich Berechtigte seine Zustimmung verweigert, stehe der Verwertung einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung ein schlechthin nicht ausräumbares Hindernis jedenfalls dann entgegen, wenn nichts auf die Bereitschaft hindeute, den von ihm nach außen hin dokumentierten Standpunkt aufzugeben. Ein Sachbescheidungsinteresse liege auch nicht deshalb vor, weil sie zur Duldung der Überbauung gemäß § 912 BGB analog verpflichtet wäre. Zu einer solchen Duldung sei der Eigentümer nicht verpflichtet, wenn der Überbau wie dargestellt optisch und funktional erweitert werde. Nach dem Sinn und Zweck der Norm seien allenfalls solche Maßnahmen zu dulden, die den bereits vorhandenen Überbau in seiner konkreten Gestalt nicht veränderten, sondern nur instandsetzten. Von einer solchen Instandsetzung könne aber gerade nicht die Rede sein, wenn etwas völlig Neues geschaffen werde. So verhalte es sich aber gerade hier: Die Balkone seien durch die Verglasung in Wintergärten ausgebaut worden. Selbst bei einer großzügigen Auslegung könne jedoch aus den oben genannten Gründen nicht davon ausgegangen werden, dass ein Wintergarten einen verbesserten, also instandgesetzten Balkon darstelle. Ungeachtet dessen sei die Klage aber auch in der Sache unbegründet, da die Verglasung nicht genehmigungsfähig sei. Aus einem Bestandsschutz lasse sich hier kein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für die Verglasung herleiten. Das Vorhaben stehe auch nicht im Einklang mit dem Bauplanungsrecht. Es verstoße zunächst gegen den Fluchtlinienplan Nr. 272, der eine straßenseitige Fluchtlinie festsetzte. Das Vorhaben erfülle auch nicht die Anforderungen des § 34 Abs. 1 BauGB, da es sich nicht in den maßgeblichen Umgebungsbereich einfüge. Nach den maßgeblichen Grundsätzen sei davon auszugehen, dass die Q. Straße im Abschnitt zwischen den Hausnummern 2 bis 26 die nähere Umgebung des Grundstücks darstelle. Dieser Bereich der Q. Straße sei durch eine weit gehend homogene, die Fluchtlinien nicht überschreitende Bebauung geprägt. Soweit sich der Kläger auf die Bebauung auf der anderen Straßenseite der Q. Straße berufe, sei dem entgegenzuhalten, dass die dortige Bebauung ein eigenständiges, durch die Festsetzungen eines Bebauungsplans geregeltes Baugebiet bilde. Es könne daher nicht als Vergleichsfall im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB herangezogen werden.
31Der Berichterstatter des Senats hat die Örtlichkeit am 6. November 2014 in Augenschein genommen. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die hierzu gefertigte Niederschrift Bezug genommen.
32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der Dokumentation ihrer Messungen vom 9. Dezember 2014 am Gebäude Q. Straße 22 Bezug genommen.
33E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
34Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
35I. Für die Klage kann allerdings nicht mit Blick auf die zivilrechtliche Erklärung der Beklagten, sie erteile für die zur Genehmigung gestellte Überbauung ihres Grundeigentums im Bereich der Q. Straße keine Zustimmung, das Rechtsschutzbedürfnis verneint werden.
36Voraussetzung der Zulässigkeit jeder Klage ist, dass der Kläger ein schutzwürdiges Interesse an der begehrten Entscheidung des Gerichts hat. Hieran fehlt es, wenn der Rechtsschutz unnütz in Anspruch genommen wird. Dies ist der Fall, wenn er nicht geeignet ist, zur Verbesserung der subjektiven Rechtsstellung des Klägers beizutragen. In diesem Sinne nutzlos ist eine Rechtsverfolgung auch dann, wenn ihr Ziel die Erteilung einer Genehmigung ist, die sich mit Rücksicht auf die privatrechtlichen Verhältnisse nicht verwirklichen lässt. Hat der zivilrechtlich Berechtigte seine Zustimmung verweigert, so steht der Verwertung einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung ein schlechthin nicht ausräumbares Hindernis entgegen, solange nichts auf seine Bereitschaft hindeutet, den von ihm nach außen hin dokumentierten Standpunkt aufzugeben. Maßgeblich sind jeweils die Umstände des Einzelfalls.
37Vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 1992 - 4 B 140.92 -, juris.
38Insoweit gelten keine strengeren Anforderungen als in Bezug auf das im Rahmen der Begründetheit einer Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung zu prüfende Sachbescheidungsinteresse. Hierfür ist anerkannt, dass das Sachbescheidungsinteresse mit Blick auf ein entsprechendes zivilrechtliches Hindernis nur dann fehlt, wenn das Bestehen dieses Hindernisses rechtskräftig festgestellt oder offensichtlich ist.
39Vgl. Johlen, in Gädtke u. a., BauO NRW, 12. Auflage, § 75, Rn. 166 f.
40Beides ist hier nicht der Fall. Dass eine - als erforderlich unterstellte - zivilrechtliche Zustimmung fehlt, ist schon deshalb nicht offensichtlich, weil es aus der maßgeblichen Perspektive eines objektiven Empfängers durchaus in Betracht kam, das Schreiben des Bauaufsichtsamts der Beklagten vom 15. Mai 1990 als zivilrechtliche Zustimmung zu werten und es gegebenenfalls der weiteren Überprüfung in der Sache bedürfte, ob die Beklagte eine solche Zustimmung in wirksamer Weise widerrufen hat.
41II. Die Klage ist aber jedenfalls nicht begründet.
42Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung. Deren Erteilung setzt nicht nur nach § 75 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW voraus, dass dem zur Genehmigung gestellten Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen, es bedarf für die Baugenehmigung auch eines Antrags im Sinne von § 69 BauO NRW. Es fehlt hier schon an einem solchen Bauantrag (dazu 1.); die Voraussetzungen für die begehrte Baugenehmigung liegen zudem auch deshalb nicht vor, weil die im Berufungsverfahren noch zur Genehmigung gestellte bauliche Änderung planungsrechtlich unzulässig ist (dazu 2.).
431. Die begehrte Baugenehmigung kann nicht erteilt werden, weil es bereits an einem ordnungsgemäßen Bauantrag im Sinne des § 69 BauO NRW fehlt.
44Der Senat geht in Anwendung des § 88 VwGO davon aus, dass sich der Klageantrag auf die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung für die Umgestaltung der Balkone durch Verglasung in der Weise richtet, wie sie tatsächlich erfolgt und heute am Gebäudebestand ablesbar ist. Dies hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Senats auf ausdrückliche Nachfrage auch bestätigt.
45Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW ist der Bauantrag schriftlich mit allen für seine Bearbeitung sowie für die Beurteilung des Bauvorhabens erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) bei der Bauaufsichtsbehörde einzureichen. Der Bauantrag muss nach Sinn und Zweck dieser Regelung bescheidungsfähig sein. Er muss so klar sein, dass auf ihn, wird ihm stattgegeben, ein hinreichend bestimmter Verwaltungsakt ergehen kann, der Umfang und Bindungswirkung der Baugenehmigung regelt.
46Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Januar 2009 ‑ 10 A 1075/08 -, BRS 74 Nr. 156, und Urteil vom 12. September 2006 - 10 A 2980/05 -, BRS 70 Nr. 128 = BauR 2007, 350.
47An einem solchen Antrag fehlt es für die begehrte Baugenehmigung, weil der im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats über das Verpflichtungsbegehren vorliegende Bauantrag ein in wesentlicher Hinsicht anderes Vorhaben betrifft.
48Dies ergibt sich aus den - auf der Grundlage einer Messung der Beklagten vor Ort, deren Richtigkeit der Kläger nicht bezweifelt hat und für deren Unrichtigkeit auch der Senat keine Anhaltspunkte sieht - festzustellenden Abweichungen zwischen dem Baubestand, um dessen Legalisierung es dem Kläger geht, und dem Inhalt des Bauantrags in Bezug auf die Tiefe (Auskragung) der Balkone und ihren Abstand zum Grundstück Q. Straße 24. Diese Abweichungen - die Auskragung der Balkone beträgt nicht 1,25 m sondern 1,42 m, der Abstand zur Grenze beträgt nicht 1,365 m, sondern 0,915 m, sind rechtlich erheblich. Das resultiert bereits aus der Relevanz dieser Maße für brandschutzrechtliche Fragen unter dem Aspekt des § 31 Abs. 1 bzw. 3 BauO NRW; für die bestehende Gestaltung ist eine Gebäudeabschlusswand zum Gebäude Q. Straße 24 hin erforderlich.
49Vgl. zu diesem Erfordernis näher Radeisen in Boeddinghaus/Hahn/Schulte/Radeisen, BauO NRW, Stand: November 2014, § 31, Rn. 10.
502. Die zur Genehmigung gestellte Änderung ist nicht mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW vereinbar, weil sie planungsrechtlich unzulässig ist.
51Die Genehmigungsfrage ist auch in Bezug auf das Planungsrecht aufgeworfen (dazu a); sie ist negativ zu beantworten, weil auch bei Fehlen einer wirksamen Baugrenzenfestsetzung im von der Beklagten vorgelegten Fluchtlinienplan Nr. 272 jedenfalls § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB unter dem Aspekt des Einfügens nach der überbaubaren Grundstücksfläche einer positiven planungsrechtlichen Beurteilung entgegen steht (dazu b).
52a) Die planungsrechtliche Zulässigkeit ist vorliegend unabhängig davon zu prüfen, dass eine Baugenehmigung für das Gebäude mit straßenseitigen Balkonen von 4,40 m Breite vorliegt.
53Es kommt nicht darauf an, ob dies - wie die Beklagte geltend macht - schon daraus folgt, dass wegen einer in wesentlicher Hinsicht abweichenden Bauausführung der Balkone von einer Bindungswirkung der erteilten Baugenehmigung nicht mehr auszugehen ist. Denn jedenfalls stellt die zur Beurteilung gestellte bauliche Änderung - durch Verglasung der Balkone i. V. m. der damit ermöglichten Nutzung als abgeschlossene Räumlichkeit, mithin nicht nur als Balkon zum offenen Austritt und gelegentlichen Aufenthalt - ein Vorhaben im Sinne des Bauplanungsrechts (§ 29 BauGB) dar, was dazu führt, dass die Genehmigungsfrage insgesamt erneut aufgeworfen wird.
54Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 -, BRS 55 Nr. 72 = BauR 1994, 81.
55Deshalb kann sich der Kläger auch nicht auf einen Bestandsschutz berufen, der die beabsichtigten Änderungen „umfassen“ könnte. Jenseits der gesetzlichen Regelungen gibt es keinen aktiven Bestandschutz, der aus Art. 14 GG hergeleitet werden könnte.
56Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. November 2005 ‑ 10 A 1166/04 -, BRS 69 Nr. 100 = BauR 2006, 959.
57Durch die mit der Errichtung der Verglasung bewirkte Schließung der Balkone und die so ermöglichte Nutzung als Teil der jeweiligen Wohneinheiten stellen sich neue Fragen, die für die Genehmigungsfähigkeit erheblich sind. So wird etwa die Geschossfläche des Hauses nicht nur tatsächlich, sondern auch in rechtlich nicht unerheblicher Weise vergrößert. Nach § 20 Abs. 4 BauNVO bleiben zwar Balkone bei der Berechnung der Geschossflächenzahl, die ihrerseits für das Maß der baulichen Nutzung von Belang ist (vgl. § 16 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, § 17 BauNVO), außer Betracht. Anderes gilt aber für die durch die Verglasung hier hergestellten Bestandteile des Gebäudes in Gestalt der Balkone mit Verglasung. Solche Bestandteile sind - unabhängig davon, ob es sich im Rechtssinne um Wintergärten oder Erker handelt, wie die Beklagte meint - weder in § 20 Abs. 4 BauNVO ausdrücklich genannt noch nach Landesrecht in den Abstandflächen zulässig oder zulassungsfähig. Aus der abstandsrechtlichen Privilegierungsregelung des § 6 Abs. 7 BauO NRW, der auch „Erker“ erwähnt, folgt nichts anderes. Denn die Voraussetzungen für eine Privilegierung nach dieser Regelung des § 6 Abs. 7 BauO NRW liegen hier nicht vor. Bei einer Breite von tatsächlich etwa 4,50 m sind die Balkone im Verhältnis zur Breite des Gebäudes von knapp 8,50 m zu breit, um nach dieser Bestimmung privilegiert zu sein.
58b) Es bedarf keiner abschließenden Klärung, ob der Fluchtlinienplan Nr. 272 der Beklagten als einfacher Bebauungsplan im Sinne von § 30 Abs. 3 BauGB kraft Überleitung nach den Bestimmungen des § 233 Abs. 2 und 3 BauGB zu werten,
59vgl. hierzu allg.: OVG NRW, Beschluss vom 21. Januar 2014 - 10 A 2500/12 -, BauR 2014, 817, m. w. N.,
60und noch wirksam ist und ob er eine Baugrenze festsetzt, die die zur Genehmigung gestellten Bestandteile überschreiten. Denn die zur Genehmigung gestellte Bebauung fügt sich jedenfalls nach der überbauten Grundstücksfläche nicht im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
61Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.
62Die Anforderungen des § 34 Abs. 1 BauGB sind im Hinblick auf das Merkmal des Einfügens nach der überbaubaren Grundstücksfläche nicht erfüllt; die im Hinblick auf dieses Merkmal der überbaubaren Grundstücksfläche maßgebliche nähere Umgebung (dazu aa) gibt einen Rahmen vor, den das Vorhaben mit der vorgesehenen Bautiefe überschreitet, weil sich dort keine entsprechenden prägenden Vorbilder finden (dazu bb); das Vorhaben fügt sich auch nicht ausnahmsweise ohne entsprechendes Vorbild nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein (dazu cc).
63aa) Das Merkmal der überbaubaren Grundstücksfläche umfasst neben der konkreten Größe der Grundfläche der baulichen Anlage ihre räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung, d. h. den Standpunkt des Vorhabens innerhalb der prägenden Bebauung.
64Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Juni 2009 - 4 B 50.08 -, BRS 74 Nr. 95 = BauR 2009, 1564.
65Die für die Beurteilung des Einfügens nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgebliche nähere Umgebung wird dadurch ermittelt, dass in zwei Richtungen, nämlich in Richtung vom Vorhaben auf die Umgebung und in Richtung von der Umgebung auf das Vorhaben geprüft wird, wie weit die jeweiligen Auswirkungen reichen. Zu berücksichtigen ist die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann und zweitens insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst.
66Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 ‑, BVerwGE 55, 369 = BauR 1978, 276.
67Die nähere Umgebung ist für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten Merkmale gesondert zu ermitteln, weil diese jeweils eine Prägung mit ganz unterschiedlicher Reichweite und Gewichtung entfalten können. Bezüglich des Merkmals der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, wird die nähere Umgebung im Regelfall enger als z. B. bei dem Merkmal der Art der baulichen Nutzung zu bemessen sein. Die von den überbauten Grundstücksflächen ausgehende Prägung bleibt in ihrer Reichweite im Allgemeinen hinter den von der Art der baulichen Nutzung ausgehenden Wirkungen zurück. Maßgeblich ist, wie weit die wechselseitigen Auswirkungen im Verhältnis von Vorhaben und Umgebung im Einzelfall reichen. Bei der Bestimmung des Rahmens der näheren Umgebung ist zunächst die vorhandene Bebauung in den Blick zu nehmen. Sodann muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden, was den charakteristischen Rahmen für das betreffende Merkmal abgibt. Danach muss also alles außer Acht gelassen werden, das die vorhandene Bebauung nicht prägt oder als Fremdkörper erscheint. Auszusondern sind zum einen solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Zum anderen sind solche Anlagen bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszublenden, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen und wegen ihrer Andersartigkeit bzw. Einzigartigkeit den Charakter der Umgebung nicht zu beeinflussen vermögen. Dies ist bei wertender Betrachtung der Gegebenheiten des Einzelfalls zu ermitteln.
68Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 23.86 -, BRS 50 Nr. 75 = BauR 1990, 328.
69Nach den vorliegenden Karten, Plänen und Fotos sowie dem bei der Ortsbesichtigung gewonnenen Eindruck des Berichterstatters, den er dem Senat in der Beratung vermittelt hat, erstreckt sich die nähere Umgebung hier auf den vom Verwaltungsgericht in seinem Ortstermin in den Blick genommenen Bereich, der die Bebauung an der Q. Straße zwischen der T.---straße und dem F.----platz erfasst. Maßgeblich für diese Abgrenzung sind die Baustrukturen und die Sichtbeziehungen. Der Bebauungsplan für das auf der gegenüber liegenden Straßenseite liegende Baugebiet ist hingegen - anders als die Beklagte meint - nicht für die Abgrenzung maßgeblich.
70Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 31. Oktober 1975 ‑ 4 C 16.73 -, BauR 1976, 185.
71Die gegen diese Abgrenzung erhobenen Einwände des Klägers greifen nicht durch. Entgegen seiner Auffassung ist die Bebauung entlang der Q. Straße nördlich der Einmündung der T.---straße - dort befinden sich die erstinstanzlich benannten Bezugsobjekte Q. Straße Nr. 5, 7, 36 - nicht mehr der näheren Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zuzurechnen.
72Die Grenze zwischen näherer und fernerer Umgebung kann dort zu ziehen sein, wo jeweils einheitlich geprägte Komplexe mit voneinander verschiedenen Bebauungs- und Nutzungsstrukturen aneinander stoßen.
73Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. August 2003 ‑ 4 B 74.03 -, juris.
74Eine solche Grenze verläuft hier im Bereich der Einmündung der T.---straße , hinter der der nördliche Abschnitt der Q. Straße abknickt. Der südliche Bereich, in dem sich das Haus Q. Straße 22 befindet, ist maßgeblich geprägt durch den dominierenden, mit Baumbestand ausgestatteten Grünstreifen, der die beiden Richtungsfahrbahnen der Q. Straße hier trennt und diesem Teil der Straße auf beiden Seiten den Charakter einer aufgelockerten parkähnlichen Wohnoase vermittelt. Dies ergibt sich aus den vorliegenden Karten und Luftbildern und entspricht dem Eindruck des Berichterstatters, den er bei der Ortsbesichtigung gewonnen und dem Senat in der Beratung vermittelt hat. Davon unterscheidet sich der weiter nördlich gelegene Teil der Q. Straße, der wesentlich enger bebaut ist und über keinen prägenden Mittelstreifen mit Baumbestand verfügt, in erheblicher Weise. Das Gleiche gilt für die Bereiche im weiteren Verlauf der T.---straße . Im Süden markiert der F.----platz eine städtebauliche Zäsur, die die maßgebliche Umgebung abschließt.
75Maßgeblich für diese Abgrenzung ist ferner das Vorhandensein bzw. Fehlen von gegenseitigen Sichtbeziehungen. Der nördlich angrenzende Bereich des abknickenden Verlaufs der Q. Straße ist vom Bereich des Vorhabengrundstücks aus ebenso wenig sichtbar, wie die Bereiche an der T.---straße oder die vom F.----platz in verschiedene Richtungen verlaufenden Straßen. Das Bestehen von Sichtbeziehungen für die gegenseitige Prägung als Aspekt der Abgrenzung von näherer und fernerer Umgebung ist grundsätzlich ein berücksichtigungsfähiger Aspekt.
76Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2008 ‑ 7 A 2053/07 -, BRS 73 Nr. 132 = BauR 2008, 1853.
77bb) In dem so beschriebenen Bereich fehlt es an prägenden Vorbildern für die zur Genehmigung gestellte Bebauung in Bezug auf das Merkmal der überbaubaren Grundstücksfläche.
78Die genannten Bezugsobjekte an der Q. Straße Nr. 5 und 7 bzw. Nr. 36, die im Ortstermin aufgesucht worden sind, liegen außerhalb des genannten Bereichs und sind deshalb nach diesen Grundsätzen nicht als Vorbild zu berücksichtigen. Andere Vorbilder für eine vergleichbar tiefe Bebauung zur Straßenseite hin konnten im Ortstermin, wie dem Senat in der Beratung vermittelt worden ist, auch auf der gegenüber liegenden Straßenseite der Q. Straße im genannten Bereich nicht festgestellt werden.
79cc) Das Vorhaben ist nicht ausnahmsweise ohne entsprechendes Vorbild in der maßgeblichen näheren Umgebung bauplanungsrechtlich zulässig.
80Das Erfordernis des Einfügens im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB hindert nicht schlechthin daran, den durch die Eigenart der näheren Umgebung vorgegebenen Rahmen zu überschreiten; es hindert nur, dies in einer Weise zu tun, die ‑ sei es durch das Vorhaben selbst, sei es infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung - geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen auszulösen oder zu erhöhen. Das sind Spannungen, die potenziell ein Bedürfnis für eine ausgleichende städtebauliche Planung nach sich ziehen können.
81Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 -, BRS 55 Nr. 72 = BauR 1994, 81.
82Solche Spannungen sind hier aber schon aufgrund der von dem Vorhaben ausgehenden Vorbildwirkung zu bejahen, die es für die angrenzenden Grundstücke entfaltet.
83Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
84Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO und §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
85Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision ergibt sich aus § 132 Abs. 2 VwGO; Zulassungsgründe sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
Geschäfts- und Bürogebäude, - 3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 4.
sonstige Gewerbebetriebe, - 5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 6.
Gartenbaubetriebe, - 7.
Tankstellen, - 8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.
(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
Geschäfts- und Bürogebäude, - 3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 4.
sonstige Gewerbebetriebe, - 5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 6.
Gartenbaubetriebe, - 7.
Tankstellen, - 8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.
(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage 6 K 6069/13 gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 30. Oktober 2013 in der Fassung der Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers jeweils zur Hälfte. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen sie jeweils selbst.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 3.750,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet.
3Das Verwaltungsgericht hat, weil der Klageschrift bis zum Ablauf der Klagefrist die Unterschrift fehlte, entgegen der im Beschluss des Senats vom 7. Juli 2014 im Verfahren 10 B 469/14 geäußerten gegenteiligen Rechtsauffassung weiterhin Zweifel an der Zulässigkeit der Klage, die der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Errichtung einer Autowaschanlage mit zehn Staubsaugerplätzen auf dem Grundstück X.‑Straße in C. erhoben hat und hinsichtlich derer er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung begehrt. Der Senat hält nach nochmaliger Erwägung der Argumente des Verwaltungsgerichts an seiner Rechtsauffassung fest. Vor dem Hintergrund der konkreten Umstände erscheint es ihm fernliegend, anzunehmen, dass ein Dritter anstelle des Antragstellers die Klageschrift verfasst und unter Beifügung des an den Antragsteller gerichteten Bekanntgabeschreibens der Antragsgegnerin dem Verwaltungsgericht übersandt haben könnte. Nicht weniger fernliegend erscheint ihm die Annahme, ein Dritter könnte die von dem Antragsteller stammende Klageschrift als Einschreiben zur Post gegeben haben, ohne dass der Antragsteller einen entsprechenden Rechtsbindungswillen gehabt hätte.
4Die nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers, von der sofortigen Vollziehung der Baugenehmigung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben, und dem öffentlichen sowie dem privaten Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Vollziehung der Baugenehmigung fällt zu Gunsten des Antragstellers aus.
5Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes regelmäßig gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 30. Oktober 2013 in der Fassung der Nachtragsgenehmigung vom 30. September 2014 den Antragsteller in subjektiven öffentlichen Rechten verletzt.
6Dabei kann offenbleiben, ob dies bereits deshalb der Fall ist, weil der Genehmigung der Waschstraße der sich aus dem Bauplanungsrecht ergebende Gebietswahrungsanspruch des Antragstellers entgegensteht.
7Nach dem Inhalt der Akten und den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts anlässlich eines Ortstermins ist im Rahmen des Eilverfahrens davon auszugehen, dass das Vorhabengrundstück ebenso wie das im Miteigentum des Antragstellers stehende Wohngrundstück in einem faktischen Mischgebiet liegt, sodass der Antragsteller einen Anspruch darauf hat, dass dort nur solche Gewerbebetriebe zugelassen werden, die das Wohnen nicht wesentlich stören (§ 34 Abs. 1 und 2 BauGB, § 6 Abs. 1 und 2 Nr. 4 BauNVO).
8Ob bei der gebotenen „typisierenden" Betrachtung eine wesentliche Störung der im Mischgebiet gelegenen Wohnnutzung droht, hängt bei Autowaschanlagen von ihrer jeweiligen Anlagen- und Betriebsstruktur sowie von der konkreten Gebietssituation ab. Je nach Größe und Umfang des Betriebs sowie der Betriebsweise und der Gestaltung der Arbeitsabläufe kann sich eine unterschiedliche Bewertung ergeben. Maßgeblich ist, ob sich die Störwirkungen, welche die konkrete Anlage bei funktionsgerechter Nutzung erwarten lässt, innerhalb des Rahmens halten, der durch die Gebietseigenart vorgegeben wird. Geboten ist dabei eine Einzelfallprüfung des Ausmaßes der zu erwartenden Störungen, wobei diese allerdings in der Regel nicht konkret und bezogen auf die gegebenen Grundstücksverhältnisse zu ermitteln sind. Vielmehr ist, vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls, in einer „typisierenden“ Betrachtung abzuschätzen, ob die zugelassene Nutzung generell geeignet ist, eine Wohnnutzung wesentlich zu stören. Insbesondere gilt es, eine Verfremdung des Gebietes zu verhindern, die schon damit beginnen kann, dass eine im Grunde in einem Mischgebiet generell unpassende – wohnunverträgliche – Nutzung zugelassen wird.
9Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. November 2002– 4 B 72.02 –, juris, Rn. 4, und vom 28. Februar 2008– 4 B 60.07 –, juris, Rn. 11 f; OVG NRW, Beschluss vom 18. Juni 2010 – 7 A 896/09 –, juris; VGH BW, Beschluss vom 15. April 2014 – 8 S 2239/13 –.
10Danach ist es durchaus möglich, dass die genehmigte Nutzung der Autowaschanlage trotz der Beschränkung der Betriebszeiten auf die Zeit von montags bis samstags von 8 bis 20 Uhr und der vorgesehenen Lärmschutzmaßnahmen wegen ihrer rechne-rischen Kapazität und der zehn Staubsaugerplätze mit der Wohnnutzung im Mischgebiet nicht verträglich ist, zumal nach den Angaben der Beigeladenen in einer nahe gelegenen Autowaschanlage bis zu 376 Fahrzeuge an einem Tag gewaschen werden.
11Unabhängig davon ist eine Verletzung subjektiver Rechte des Antragstellers unter dem Gesichtspunkt mangelnder Rücksichtnahme jedenfalls deshalb überwiegend wahrscheinlich, weil die Baugenehmigung nicht sicherstellt, dass der Betrieb der Autowaschanlage nicht zu unzumutbaren Geräuschimmissionen auf dem Grundstück des Antragstellers führen wird.
12Nach Ziff. 6.1 Buchstabe c) TA Lärm gilt für Mischgebiete ein Immissionsrichtwert von 60 dB(A) tags, wobei die Genehmigung eines Vorhabens auch dann nicht versagt werden soll, wenn dauerhaft sichergestellt ist, dass dieser Wert um nicht mehr als 1 dB(A) überschritten wird (Ziff. 3.2.1 Absatz 3 TA Lärm).
13Entgegen der Annahme des Verwaltungsgericht, das einen Beurteilungspegel von 60,87 dB(A) als vorstellbares Maximum gesehen hat, ist nicht davon auszugehen, dass dauerhaft sichergestellt wäre, dass durch den Betrieb der Autowaschanlage der Immissionsrichtwert von 60 dB(A) auf dem Grundstück des Antragstellers um nicht mehr als 1 dB(A) überschritten wird. Wegen der günstigen Lage, der Kapazität und der Betriebszeiten der Waschanlage ist zu erwarten, dass dort an Spitzentagen deutlich mehr als die dem Schalltechnischen Bericht vom 14. März 2013 zugrunde gelegten 250 oder die in dem Schriftsatz des Sachverständigen vom 29. September 2014 angenommenen 376 Fahrzeuge am Tag gewaschen werden.
14Der Vorhabenstandort liegt mit seiner Zufahrt unmittelbar an der vielbefahrenen C. in der Nachbarschaft von zwei Tankstellen und lässt deshalb eine höhere Frequentierung vermuten als die in der Nähe vorhandene Autowaschanlage, die von der Bundesstraße zurückversetzt und nur über die Straße M. erreichbar ist. Trotz ihrer ungleich ungünstigeren Lage sind in dieser vorhandenen Autowaschanlage nach den Angaben der Beigeladenen am 8. März 2014 insgesamt 376 Waschvorgänge abgewickelt worden. Dass die Nähe des Vorhabens zu den zwei Tankstellen dessen Auslastung zu steigern vermag, zeigt auch der Internetauftritt der Beigeladenen, die auf ihrer Webseite Grundstücke sucht an Straßen, die eine Verkehrsfrequenz von mindestens 14.000 PKW aufweisen, die sich in der Nachbarschaft von Tankstellen, Einkaufszentren oder Gewerbegebieten mit großflächigem Einzelhandel befinden und über Wohngebiete im Umfeld verfügen. Während der Schalltechnische Bericht für das Vorhaben von einer theoretischen Waschleistung von 60 PKW pro Stunde ausgeht, wirbt die Beigeladene damit, dass mit ihrer Technologie bis zu vier Fahrzeuge gleichzeitig und ein Fahrzeug in weniger als zwei Minuten gewaschen werden kann. Die sich daraus für den einzelnen Kunden ergebende kurze Wartezeit erhöht die Attraktivität und damit die zu erwartende Frequentierung der geplanten Autowaschanlage ebenso wie die hohe Zahl der vorgesehenen Staubsaugerplätze und die Öffnungszeit am Samstag bis 20.00 Uhr. Die in der Nähe vorhandene Autowaschanlage verfügt demgegenüber nur über vier Staubsaugerplätze und ist samstags nur bis 18.00 Uhr geöffnet.
15Überdies lassen sich hier Tage, an denen künftig eine deutlich überdurchschnittlich oder außergewöhnlich hohe Zahl an Waschvorgängen zu verzeichnen ist, nicht als seltene Ereignisse im Sinne der Ziff. 7.2 TA Lärm bewerten. Eine überdurchschnittlich starke Auslastung einer Autowaschanlage ist kein außergewöhnlicher Zustand bei dem Betrieb einer Anlage, der als ein seltenes Ereignis angesehen werden kann. Davon abgesehen müsste die Baugenehmigung, um dem nachbarrechtlichen Rücksichtnah-megebot und dem Bestimmtheitsgebot zu genügen, näher regeln, welcher Betrieb des Vorhabens bis zu welcher Immissionsgrenze bei so genannten seltenen Ereignissen zulässig ist (vgl. Ziff. 7.2 TA Lärm „ … kann eine Überschreitung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für genehmigungsbedürftige Anlagen zugelassen werden. …“). Eine solche Regelung beinhaltet die Baugenehmigung nicht.
16Abgesehen davon enthält die ergänzende Stellungnahme vom 29. September 2014 nur die nicht anhand von Berechnungen nachvollziehbare Behauptung, dass sich bei einer Zahl von 376 Waschvorgängen die Beurteilungspegel in der Nachbarschaft der Autowaschanlage überschlägig um maximal 2 dB(A) gegenüber den in dem Schalltechnischen Bericht angegebenen Werten erhöhen würden. Auch vor diesem Hintergrund ist es nicht im Sinne der Ziff. 3.2.1 Absatz 3 TA Lärm dauerhaft sichergestellt, dass die Überschreitung des hier nach Ziff. 6 TA Lärm einschlägigen Immissionsrichtwerts von 60 dB(A) durch das Vorhaben und die vorhandene Vorbelastung nicht mehr als 1 dB(A) beträgt.
17Nach alledem kann offenbleiben, ob eine Überschreitung des Wertes von 61 dB(A) auch daraus folgen kann, dass die Entfernung des Vorhabens zu der Wohnung des Antragstellers geringer ist als die zu den von dem Gutachter gewählten Messpunkten IP 04a und 04b und dass das Vorhaben bei der Berücksichtigung der zu erwartenden Maximalauslastung eine höhere Immissionsbelastung verursacht, als die angrenzende Tankstelle, der die Messpunkte IP 04a und 04b näher liegen.
18Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3 VwGO.
19Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
20Der Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.
(2) Zulässig sind
- 1.
Wohngebäude, - 2.
Geschäfts- und Bürogebäude, - 3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 4.
sonstige Gewerbebetriebe, - 5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 6.
Gartenbaubetriebe, - 7.
Tankstellen, - 8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.
(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.
(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.
(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.
(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e:
2Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 11. Dezember 2014 für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit Garagen auf dem Grundstück L.-----straße 18 abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Baugenehmigung verstoße mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gegen Vorschriften des Bauordnungsrechts oder des Bauplanungsrechts, die auch dem Schutz der Rechte der Antragstellerin zu dienen bestimmt seien. Zwar verletze die angefochtene Baugenehmigung aus den Gründen des Beschlusses im Parallelverfahren - 2 L 119/15 - die nachbarschützende Bestimmung des § 6 BauO NRW. Die Antragstellerin könne jedoch nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW, Urteil vom 20. November 2013 - 7 A 2341/11 -) als Sondereigentümerin lediglich die Zulassung eines Vorhabens mit Blick auf § 6 BauO NRW abwehren, die gerade auch ihr Sondereigentum betreffe. Die in Rede stehende Abstandflächenverletzung der Abstandflächen T 7 und T 8 betreffe jedoch unzweifelhaft lediglich das Gemeinschaftseigentum am Grundstück X.-----straße 7, nicht jedoch das Sondereigentum an der Wohnung der Antragstellerin. Die Baugenehmigung verletze auch nicht subjektive Rechte der Antragstellerin aus dem Bauplanungsrecht.
4Die dagegen gerichteten Ausführungen der Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung, auf deren Überprüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO grundsätzlich beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des angegriffenen Beschlusses.
5Die Antragstellerin macht im Wesentlichen geltend, sie könne sich als Sondereigentümerin mit Blick auf § 1 Abs. 2 WEG auch darauf berufen, dass ihr Miteigentumsanteil durch das Vorhaben der Beigeladenen rechtswidrig beeinträchtigt werde.
6Hierzu verweist sie allerdings ohne Erfolg auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. August 1992 - 4 B 92.92 -, juris. Darin lässt das Bundesverwaltungsgericht die der Sache nach angesprochene Frage, ob die nachbarliche Abwehrklage eines Wohnungseigentümers auf den Miteigentumsanteil gestützt werden kann, vielmehr ausdrücklich offen (vgl. den Entscheidungsabdruck in juris, Rn. 7 a. E.). Es stellt stattdessen tragend darauf ab, dass sich im zu beurteilenden Fall der Sondereigentümer hinsichtlich einer eigenen Rechtsbeeinträchtigung auf sein Sondereigentum berufen konnte.
7Soweit die Antragstellerin ferner geltend macht, da das Sondereigentum nach dem WEG nach zivilrechtlichen Grundsätzen untrennbar mit einem Miteigentumsanteil verbunden sei, könne sie sich als Sondereigentümerin auch auf dessen Beeinträchtigung berufen, folgt daraus nach der vorliegend allein gebotenen summarischen Prüfung keine andere Beurteilung. Der Senat vermag auch der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. Dezember 2014 - V ZR 5/14 -, NJW, 2015, 1020, auf die sich die Antragstellerin in diesem Zusammenhang bezieht, keine Gründe für eine Änderung seiner Rechtsprechung zu entnehmen, auf die sich das Verwaltungsgericht im angegriffenen Beschluss gestützt hat. Nach dieser Entscheidung,
8vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. November 2013 - 7 A 2341/11 - , BauR 2014, 252 = BRS 81 Nr. 198 = NWVBl. 2014, 183, ebenso etwa OVG Rheinland - Pfalz, Beschluss vom 27. April 2015 - 8 B 10304/15 -, juris, m. w. N.
9ist die Wohnungseigentümergemeinschaft und nicht der einzelne Wohnungseigentümer aufgrund seines Anteils am gemeinschaftlichen Eigentum berechtigt, Beeinträchtigungen des gemeinschaftlichen Eigentums im Wege von Abwehrrechten gegen ein Bauvorhaben auf einem Nachbargrundstück geltend zu machen.
10Anhaltspunkte dafür, dass hier eine Verletzung des Sondereigentums der Antragstellerin gegeben sein könnte, die das Verwaltungsgericht mit näherer Begründung abgelehnt hat, hat die Antragstellerin auch im Beschwerdeverfahren nicht hinreichend aufgezeigt. Schließlich vermag der Senat auch nicht zu erkennen, dass das Fehlen einer Nachbarzustimmung der Antragstellerin oder hypothetische Erwägungen zur Mehrheitsbildung in Wohnungseigentümergemeinschaften für die Beurteilung im Beschwerdeverfahren maßgeblich sein könnten.
11Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Antragstellerin die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt, denn diese hat im Beschwerdeverfahren einen Sachantrag gestellt und sich damit selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
12Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
13Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.