Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 30. Aug. 2016 - 9 K 1850/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Kläger sind Erbbauberechtigte an den Flurstücken Gemarkung Oer-F. , Flur , Flurstücke und (postalische Anschrift I.----straße , P. -F. ). Eigentümerin ist die Katholische Kirchengemeinde St. Josef (Pfarrfonds St. Peter und Paul), P. -F. . Nach Ausweisung des Gebietes als Bauland wurde das Flurstück im Jahr durch die Kläger mit einem Einfamilienhaus bebaut. Die Flurstücke und sind eine Verkehrsfläche, die im anteiligen Eigentum der Anwohner, u.a. der Kläger steht.
3Die Grundstücke befinden sich im Randbereich einer zwischen 1964 und 1975 durch die Stadt P. -F. betriebenen Mülldeponie, die im Jahr stillgelegt wurde. Die Rekultivierung der Fläche wurde im Mai 1985 abgeschlossen. Mitte der 80er Jahre stellten die Anwohner Veränderungen im Oberboden fest. Im Jahre 1988 verpflichtete der Beklagte die Stadt P. -F. , das Bau- und Gartengelände der Kläger und ihrer Nachbarn auf Schadstoffe untersuchen zu lassen. Es wurden Rammkernbohrungen vorgenommen. Ein Gutachten zur Gefährdungsabschätzung der Firma T. aus dem Jahr 1989 ergab, dass im Deponiekörper eine Methangaskonzentration von bis zu 69 Vol.-% in der Bodenluft auftrat. Daraufhin wurden zur (unmittelbaren) Sicherung der Anwohner Gasmesspegel und Gaswarngeräte installiert und die Anwohner zur entsprechenden Duldung verpflichtet. Der Stadtdirektor der Stadt P. -F. erteilte zudem der -Gesellschaft für und mbH, (), den Auftrag, eine Sanierungsuntersuchung vorzunehmen und Sanierungsvorschläge zu erarbeiten.
4Bei einer erneuten Messung im Jahr 1990 wurde festgestellt, dass in der Luft von fünf Kellern eine Methangaskonzentration von mehr als 5 Vol.-% gegeben war. Es wurden Notstandsmaßnahmen verfügt. Daraufhin verpflichtete der Beklagte die Stadt P. -F. mit Ordnungsverfügung vom 11. Dezember 1990 eine Gasdrainage durch ein Brunnensystem zu erstellen. Die Kläger wurden mit Duldungsverfügung vom 11. Dezember 1990 ihrerseits zur Duldung der Errichtung eines Gasbrunnens und einer Gasförderleitung auf ihrem Grundstück verpflichtet. Insgesamt wurde eine Gasbrunnenanlage bestehend aus 13 Brunnen DN 600 entlang der Grundstücksgrenzen rings um die Siedlung und zwei weiteren entsprechenden Brunnen im westlichen, zentralen Teil der Deponie sowie 9 Brunnen DN 125 in den Gärten der Anwohner vor den Häusern errichtet. Die endgültige Absauganlage ging im Jahr 1992 in Betrieb, sie lief zunächst im Dauerbetrieb mit einer Absaugleistung von 500 m³/h.
5Die Absauganlage wurde errichtet, um im Deponiekörper die Entstehung eines Überdrucks durch Methanentwicklung zu verhindern, das zu den Häusern strömen könnte. Sie wurde ergänzt durch die Errichtung von 34, der Dokumentation und Kontrolle des Betriebes der Gasabsauganlage dienenden Bodenluftmessstellen, von denen sich ursprünglich vier auf den Grundstücken der Kläger befanden. Sie wurden zunächst nur auf die Konzentrationen von Methan und Sauerstoff beprobt; im November 2013 wurde mit der zusätzlichen Untersuchung der Kohlendioxidkonzentration begonnen. Die Absauganlage ist bis zum heutigen Tage in Betrieb, allerdings nur noch im 14-tägigen Intervallbetrieb.
6Mit Schreiben vom 28. Mai 1992 versagte der Kläger den Mitarbeitern der E. das Betreten ihrer Grundstücke. Daraufhin verpflichtete der Beklagte die Kläger mit Duldungsverfügung vom 4. Juni 1992, das Betreten ihres Erbbaugrundstücks Flur , Flurstück sowie des (mit)gepachteten Teils des (damaligen) Flurstücks durch Mitarbeiter der E. zum Zwecke der Prüfung der auf den Grundstücken befindlichen Gasmesspegel 1, 2, 16, 17, 18, 43 und 44 zu dulden.
7Die Kläger erklärten zudem schriftlich, die Gasmessstellen nicht weiter auf ihrem Grundstück hinnehmen zu wollen, weshalb die Beklagte unter dem 15. Juli 1992 die Kläger zur Duldung der auf ihrem Grundstück errichteten Bodenluftmessstellen (Nr. 1, 2, 43 und 44) verpflichtete.
8Beide Verfügungen ergingen auf Grundlage von §§ 1, 12, 14, 15, 16 und 19 OBG NRW i.V.m. §§ 34 und 35 des Abfallgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen a.F. Die Inanspruchnahme der Kläger wurde – unter gleichzeitigem Verweis auf § 29 Abs. 1 OBG NRW – auf § 19 OBG NRW gestützt, diese also als Notstandspflichtige in Anspruch genommen. Zur Begründung der beiden Ordnungsverfügungen wurde ausgeführt: Im Deponiekörper werde sich noch über einen langen Zeitraum Methangas bilden, sodass eine Gefahr für die Rechtsgüter der Anwohner in Zukunft nicht auszuschließen sei. Deshalb müssten die bestehenden Sicherungsmaßnahmen aufrecht erhalten bleiben. Dazu gehöre insbesondere der Betrieb der Gasabsauganlage sowie der Gasmesspegel. Diese dienten der kontinuierlichen Erfolgskontrolle der Absaugmaßnahme und seien daher unmittelbarer Bestandteil der Sicherungsmaßnahme. Das Gebot sei zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich.
9Unter dem 31. August 1992 wurden die vorbenannten Duldungsverfügungen geändert und nunmehr unter Ziffer 1 die Duldung der auf dem Erbbaugrundstück der Kläger (Flur , Flurstück ) befindlichen Gasmesspegel Nr. 1, 2 und 44 sowie unter Ziffer 2 die Duldung des Betretens des Grundstücks durch Mitarbeiter der E. und durch Mitarbeiter des Stadtdirektors P. -F. oder von diesem beauftragte Dritte nach vorheriger, rechtzeitiger Anmeldung durch den Stadtdirektor P. -F. zum Zwecke der Prüfung der Gasmesspegel Nr. 1, 2 und 44 angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Gasmesspegel Nr. 43 sei nach gutachterlicher Bewertung für die Kontrolle der Wirksamkeit der Gasabsaugung sowie zur Überprüfung der Regulierungsmaßnahmen an den Gasbrunnen neben den Brunnen 1, 2 und 44 nicht mehr erforderlich, sodass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme auf Duldung nicht mehr vorlägen. Die Ausweitung des Duldungsgebotes auf den benannten Personenkreis sei erforderlich, da die Kläger erklärt hätten, auch den Mitarbeitern des Stadtdirektors ein Betreten des Grundstücks zum Zwecke der Durchführung von Gasmessungen zu verweigern.
10Beginnend im Jahr 1997 wurde im Auftrag des Beklagten auf Grundlage gutachterlicher Stellungnahmen der H. ein Konzept zum Rückbau der Absaugbrunnen in den Hausgärten sowie der Reduktion der Absaugleistung der Anlage erarbeitet. Die Brunnen in den Gärten der Anwohner sowie der Absaugbrunnen 5 wurden am 28. November 1997 von der Anlage abgekoppelt und außer Betrieb genommen; die entsprechenden Duldungsverfügungen wurden am 1. Dezember 1998 aufgehoben. Die Absauganlage wurde zunächst unverändert weiter betrieben.
11Durch ein Gutachten von H. vom 8. April 1999 wurde festgestellt: Die Werte der Förderbrunnen 14 und 15 sowie die – wenn auch geringen Konzentrationen – an Methan zeigten, dass die Deponie noch Methangas produziere. Solange dies der Fall sei, sei eine regelmäßige Überwachung der Bodenluftsituation erforderlich. Eine belastbare Prognose zur Dauer der erforderlichen Überwachung könne nicht getroffen werden. Allerdings sei es vertretbar – wenn auch nach dem Vorsorgeprinzip nicht wünschenswert – das vorhandene Messstellennetz deutlich zu reduzieren. Bei unveränderter Absaugleistung der Anlage würden 9 Messstellen außerhalb der Gärten reichen; eine Ausnahme bilde die Messstelle , da im Bereich dieser Messstelle und der Absaugbrunnen und Auffälligkeiten aufgetreten seien. Bei einem Übergang in Phase 2 des entwickelten Konzeptes mit Reduktion der Absaugleistung sei eine entsprechende Reduzierung des Messstellennetzes nicht ausreichend. Verzichtet werden könne dann allenfalls auf die Messstellen in unmittelbarer Nähe der Gebäude.
12Ab Oktober 1998 bis Jahresbeginn 2000 kam es zu einer deutlichen Veränderung der Gaszusammensetzung mit erhöhten Methanwerten. Insbesondere in den im Zentrum der Deponie befindlichen Absaugbrunnen 14 und 15 waren deutlich höhere Methankonzentrationen aufgetreten. Gleiches galt für die Absaugbrunnen und .
13Die H. schränkte daraufhin in ihrem Gutachten vom 25. Januar 2000 ihre im Gutachten aus dem Jahr 1999 abgegebene Einschätzung ein und erklärte, dass eine weitere Überwachung zwingend erforderlich sei. Sie schlug ein Minimum von 9 (teilweise neuen) Messstellen zur dauerhaften Überwachung vor, von denen 3 auf Privatgrund und keine auf dem Wohngrundstück der Kläger lag. Die Beibehaltung des monatlichen Überwachungsintervalls wurde empfohlen.
14In den Monaten März und April 2001 trat erneut Methan in den Pegeln auf. Der Beklagte stimmte daraufhin einer Reduktion der Absaugleistung zunächst nicht zu, sondern beließ es bei der unveränderten Messung für weitere zwei Monate.
15Unter dem 22. März 2001 beantragten die Kläger (erstmals), die Duldungsverfügungen vom 15. Juli 1992 betreffend die Messpegel sowie vom 4. Juni 1992 betreffend das Betretensrecht aufzuheben.
16In zwei Gutachten der H. vom 3. Mai 2001 und vom 11. Januar 2002 rückte diese von ihrer Einschätzung ab, das Messstellennetz könne reduziert werden. Aufgrund des Anstiegs der Methanwerte sei eine Reduktion des Messstellennetzes vielmehr derzeit nicht verantwortbar.
17Auf Grundlage einer Stellungnahme von H. zur fortbestehenden Erforderlichkeit der Messstellen 1, 2 und 44 vom 20. Februar 2002, in der diese bejaht wurde, da an den Messstellen 1 und 44 sowie der nahe gelegenen Messstelle 45 in unregelmäßigen Abständen Methan nachgewiesen wurde, teilte der Beklagte den Klägern unter dem 2. März 2002 mit, die Messstellen seien zur Gefahrenabwehr weiter erforderlich.
18Im gegen diese Entscheidung gerichteten Widerspruchsverfahren wurde eine Einigung dergestalt erzielt, dass für die Messstelle 2 eine Ersatzmessstelle 2N auf dem Bereich des Parkplatzes der Kläger geschaffen, sowie die Messstelle 44 durch die Messstelle 44N auf städtischer Pachtfläche westlich des klägerischen Grundstücks ersetzt wurde. Die „Altpegel“ gingen am 6. August 2002 außer Betrieb; sie wurden am 5. Juli 2009 entfernt.
19Unter dem 7. August 2002 wurden die Ordnungsverfügungen an die neuen tatsächlichen Gegebenheiten angepasst und den Klägern die Duldung der auf ihren Erbbaugrundstücken (Gemarkung P. -F. , Flur 63, Flurstück 158 und 236) befindlichen Gasmesspegel 1 und 2N sowie des Betretens der Grundstücke durch Mitarbeiter des Bürgermeisters P. -F. oder von diesem beauftragte Dritte nach vorheriger Anmeldung zum Zwecke der Prüfung der auf den genannten Grundstücken befindlichen Gasmesspegel 1 und 2N aufgegeben. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Duldungsverfügungen würden an die neuen Überwachungseinrichtungen angepasst. Die ausgewählten Ersatzstandorte für die Pegel 2 und 44 genügten der Gefahrenabwehr in gleicher Weise, belasteten die Kläger aber weniger.
20Unter dem 26. Februar 2003 nahm die H. gutachterlich zur Erforderlichkeit und dem Umfang weiterer Kontrollmessungen Stellung: Die Werte der zentralen Absaugbrunnen (bis zu 6 Vol.-% Methan) belegten, dass die Deponie nach wie vor Methangas produziere. Gerade im südwestlichen Teil des Geländes sei ausweislich der Ergebnisse noch Methan im Untergrund. Es werde lediglich eine Reduktion des Beprobungsrhythmus auf alle 2 Monate für vertretbar gehalten.
21Im Auftrag der Stadt P. -F. wurde unter dem 9. Januar 2004 zum Zwecke der Effektivitätssteigerung der Anlage ein gutachterliches Konzept zur Reduzierung der Absaugleistung entwickelt. Dieses wurde in den folgenden Jahren unter gutachterlicher Begleitung schrittweise umgesetzt. Es wurden phasenweise länger werdende Abschaltintervalle vor den Kontrollmessungen eingeführt. In Phase 1, beginnend mit dem 30. Januar 2004, wurde die Anlage 3 Tage vor den Kontrollmessungen abgeschaltet. In der am 29. April 2004 beginnenden Phase 2 wurde die Anlage vor den Kontrollmessungen jeweils für 5 Tage abgeschaltet. Im August 2004 wurde der Übergang in Phase 3 mit jeweils siebentägiger Pause vor den Messungen freigegeben. Ab Januar 2005 lief die Absauganlage im Intervallbetrieb und wurde jeweils für die Dauer von 11 Tagen im Monat, ab Juni 2005 für 14 Tage im Monat abgeschaltet.
22Im letzten Bericht der H. vom 9. Dezember 2005 wurde ausgeführt: Die vorliegenden Analysedaten der Absaugbrunnen belegten, dass die bisherigen Abschaltphasen keinen signifikanten Einfluss auf die Veränderung der Gaskonzentrationen in den Brunnen oder den Überwachungspegeln hätten. Vor diesem Hintergrund könne der 14-tägige Betrieb der Absauganlage wie in Phase 5 fortgesetzt werden.
23Beginnend im Jahr 2006 wurden Kontrollmessungen in den Überwachungspegeln nur noch alle zwei Monate vorgenommen; in den Absaugbrunnen wurden weiter monatlich Werte ermittelt. Die Methanwerte blieben im Wesentlichen stabil. In den Kontrollpegeln wurden – insbesondere in der zweiten Jahreshälfte – an unterschiedlichen Stellen immer wieder vereinzelt geringe Methanwerte festgestellt. In den Messpegeln 1 und 2N wurden Werte zwischen 0,0 und 0,3 Vol.-% ermittelt. Gelegentlich wurden darüber hinaus auffällig geringe Sauerstoffwerte gemessen. In den Brunnen wurden in den Jahren 2006 bis 2011 Maximalwerte erreicht, die zwischen 5,8 Vol.-% und 10,3 Vol.-% lagen.
24Die Kläger haben im Mai 2011 um die Übersendung der Messergebnisse für das Jahr 2010 gebeten.
25Unter dem 22 Juni 2011 stellten die Kläger (erneut) einen Antrag, die Duldungsverfügungen bezüglich des Betretensrechts und der Bodenluftmessstellen aufzuheben. Sie führten aus: Ihre Inanspruchnahme als Nichtstörer könne nur so lange aufrecht erhalten werden, wie dies wegen einer konkreten Gefahrenlage unabdingbar sei. Die Messergebnisse der letzten 10 Jahre wiesen lediglich einmal einen Methanwert von 0,4 % und zweimal von 0,3 % auf. Alle übrigen Messungen hätten bei Null gelegen. Der vom Gutachter festgesetzte kritische Wert von 1 % sei nie erreicht worden. Auch die zugesicherte regelmäßige gutachterliche Bewertung der messtechnischen Überwachung, mit dem Ziel, die Duldungsverfügungen nur solange aufrecht zu erhalten, wie ordnungsrechtlich geboten, sei letztmalig im Jahr 2005 erfolgt. Zudem sei der Verkauf des Grundstücks beabsichtigt und die Verfügungslage würde Kaufwillige abschrecken oder den Kaufpreis reduzieren. Es werde um einen rechtsmittelfähigen Bescheid betreffend die Aufrechterhaltung der Duldungsverfügungen gebeten.
26In einer Stellungnahme vom 20. Juli 2011 an die Beklagte führte die Stadt P. -F. aus: Die Messpegel dienten der Sicherung der Häuser. Eine Entfernung sei erst im Zeitpunkt der Abschaltung der Absauganlage möglich, also wenn die Gasbildung abgeschossen sei. Zudem müsse bei jeder Änderung des Betriebes, der letztlich irgendwann „auf Null“ gefahren werden solle, eine Kontrolle erfolgen. Zwei Pegel seien bereits verlegt, sodass die Belästigung der Kläger gering sei. Die regelmäßigen Gasmessungen seien seit der letzten gutachterlichen Bewertung 2005 mehr oder weniger unverändert. Ein neues Gutachten könne folglich zu keinem anderen Ergebnis führen.
27Unter dem 18. Oktober 2011, ergänzt durch Schreiben vom 24. November 2011, erwiderte der Beklagte: Er sei nach eingehender Prüfung des Antrags zum Ergebnis gekommen, dass die beiden Bodenluftmessstellen auf dem Grundstück verbleiben und für weitere Untersuchungen zur Verfügung stehen müssten. Die Untersuchungen der Bodenluft der Messstellen zeigten, wenn auch nur minimal, immer noch schwankende Deponiegaskonzentrationen und belegten zwar eine gewisse Stabilität der Sicherungsmaßnahme im Bereich der Altdeponie, zeigten aber auch, dass der Deponiekörper noch nicht „zur Ruhe“ gekommen sei. Die niedrigen Sauerstoffgehalte seien ebenfalls ein klares Indiz dafür, dass der Umsetzungsprozess noch nicht abgeschlossen sei. Als Endprodukt entstehe anstelle des Methans Kohlendioxid, das ebenfalls zum Erstickungstod führen könne. Eine hundertprozentige Sicherheit für die Wohnnutzung auf dem Grundstück der Kläger könne nicht belegt werden, da die künftige Gasentwicklung schwer abschätzbar sei. Die Messpegel seien so gewählt worden, dass zwei Kontrollebenen (in der Mitte der Gärten und unmittelbar an den Häusern) zur Verfügung stünden. Bei einer Verlegung der verbliebenen Pegel in den öffentlichen Verkehrsraum oder in den Privatweg würden diese ihre Aussagekraft in Bezug auf die Gefährdung des klägerischen Wohnhauses und des Grundstücks I.----straße und verlieren. Ohne die Pegel könne bis zum Zeitpunkt der Außerbetriebnahme der Absauganlage nicht für gesunde Wohn- und Lebensverhältnisse garantiert werden. Die Situation habe sich in den letzten Jahren nicht so zum Positiven verändert, dass auf die vorhandenen Kontrolleinrichtungen verzichtet werden könne, auch wenn das geringstmögliche Eingreifen in die Rechte Dritter ein zentraler Aspekt der laufenden Maßnahmen sei; eine Verlegung der Pegel auf öffentliche Flächen bzw. den privaten Gemeinschaftsweg sei gleichwohl nicht möglich.
28Auf einen erneuten Vorschlag des Klägers zur Verlegung der Messstellen im Januar 2012 erwiderte der Beklagte unter dem 10. Januar 2012, dass eine entsprechende Verlegung nicht in Betracht komme, da der Pegel sich sonst im Einflussbereich des Absaugbrunnens befände und die Messdaten nicht mehr verwertet werden könnten.
29Unter dem 5. April 2012 haben die Kläger Klage erhoben.
30Während des laufenden Klageverfahrens hat der Beklagte ein Gutachten zur Frage in Auftrag gegeben, ob die zwei im Bereich des klägerischen Grundstücks bestehenden Bodenluftmessstellen erhalten bleiben müssen. Das Gutachten des Ingenieurbüros für Geotechnik und Umweltplanung Dr. Gärtner und Partner GbR (GFP) kommt – unter Einbeziehung der Messstelle , die neben dem Grundstück der Kläger liegt – zu dem Ergebnis, dass die in den Messstellen auf den Grundstücken der Kläger ermittelten Werte (maximal 0,3 Vol.-% Methan, Kohlendioxid maximal 7 Vol.-%) typisch für die letzte Phase einer Deponieentwicklung (sogenannte Luftphase) seien. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass weiterhin eine Gasabsaugung im Intervallbetrieb stattfinde und die Messungen relativ bodennah stattfänden. Es könne nicht beurteilt werden, wie sich die Konzentrationen von Methan und Kohlendioxid ohne Betrieb der Absauganlage entwickeln würden. Die Konzentrationen an Deponiegas im Umfeld des betrachteten Grundstücks deuteten darauf hin, dass die Umsetzungsprozesse noch nicht zum Erliegen gekommen seien. Ein Risiko für den Bereich des Wohnhauses könne nicht ausgeschlossen werden. Die Notwendigkeit einer weiteren Überwachung sei solange gegeben, wie die Absaugung noch betrieben werde bzw. die Gasbildung des Deponiekörpers noch nicht abgeschlossen sei. Insbesondere die weitere Abschaltung der Absauganlage könne ohne Risiken für die Nutzer nur geschehen, wenn gleichzeitig Kontrollmöglichkeiten in Form von Beobachtungsmessstellen gegeben seien. Eine geringfügige Verschiebung der Messstellen in den nordöstlich des Grundstücks liegenden Privatweg der Eigentümer sei denkbar. Allerdings rücke dann die Messstelle, die Pegel 1 ersetze, recht nahe an die Messstelle . Eine Verlegung in den südlich des Privatweges verlaufenden Bereich der I.----straße sei aufgrund der Entfernung keine sinnvolle Alternative.
31Zur Begründung ihrer Klage führen die Kläger aus: Eine konkrete Gefahr bestehe seit Inbetriebnahme der Absauganlage auf der Hauptdeponie im Jahr 1992 nicht mehr. Die Gutachten des begleitenden Gutachters H. kämen bereits in den Jahren 1999 bzw. 2000 zu dem Ergebnis, dass eine akute Gefahr für die Grundstücke nicht mehr gegeben sei und die Messstellen auf den Hausgrundstücken bei Beibehaltung der Absaugintensität weitgehend verzichtbar seien. Die Beklagte verweise nur darauf, dass eine hundertprozentige Sicherheit aus der Sicherungsmaßnahme nicht abzuleiten sei. Die Messergebnisse aus den Jahren 2012 bis 2014 wiesen zu keinem Zeitpunkt einen kritischen Methanwert aus. Damit läge eine gegenwärtige erhebliche Gefahr, wie sie § 19 Abs. 1 OBG NRW voraussetze, seit langem nicht mehr vor. Selbst wenn noch eine Gefahrenabwehrmaßnahme vorliege, müsse eine weitere Inanspruchnahme nach § 19 Abs. 2 OBG NRW scheitern. Insofern müssten ggf. verstärkte Mittel eingesetzt werden, um die weitere Inanspruchnahme des Nichtstörers zu vermeiden. Demgegenüber habe es der Beklagte zugelassen, dass die Absaugintensität heruntergefahren werde und sie weiter für Kontrollmessungen in Anspruch genommen würden. Soweit die Gutachten ab dem Jahr 2005 eine Beibehaltung der Messstellen empfehlen würden, resultiere dies daraus, dass zu diesem Zeitpunkt bereits eine Reduktion der Absaugleistung stattgefunden habe. Notfalls müsse insofern die Absaugleistung wieder auf das ursprüngliche Niveau angehoben werden, um ihre Inanspruchnahme als amtlich festgestellte Nichtstörer zu beenden. Die Messstellen bestünden schon seit fast 20 Jahren und würden offensichtlich in erster Linie für erforderlich gehalten, um weitere Reduzierungen der Laufzeiten der Absauganlage riskieren und durch Messungen absichern zu können. Finanzielle Interessen der Stadt P. -F. könnten aber nicht zu einer zeitlich unbegrenzten Belastung von Nichtstörern führen. Es mute abstrus an, dass der Beklagte nunmehr auf Gefahrenabwehrmaßnahmen bestehe, während er in den 1990er Jahren bei Bestehen einer akuten Gefahrenlage durch sie zu einem Tätigwerden habe bewegt werden müssen. Es sei nicht nachvollziehbar, warum eine Verlegung der Messstellen in den Einzugsbereich der Gasabsaugbrunnen nicht möglich sei. Wenn schon im Einzugsbereich der Absaugbrunnen keine Deponiegase mehr feststellbar seien, könne dies logisch auch nicht im dahinter liegenden Gelände der Fall sein. Soweit auf Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalte abgestellt werde, seien die Duldungsverfügungen ausschließlich auf die von Methangas ausgehende Gefahr bezogen. Darüber hinaus seien die als kritisch benannten Werte lediglich in der Messstelle außerhalb ihres Grundstücks erreicht worden. Die im Boden gemessenen Werte seien zudem nicht besonders bedeutsam und häufig höher als in der Atmosphäre.
32Der Antrag zu 2. scheitere nicht an der Passivlegitimation des Beklagten, sondern sei als Folgenbeseitigung betreffend die vom Beklagten angeordnete Maßnahme gegenüber diesem zu verfolgen.
33Im Hinblick auf das seitens des Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Gutachten sei auf in ihm zu findende fehlerhafte Darstellungen des Tatbestandes hinzuweisen. Insbesondere sei nach dem Gutachten aus 1999 nicht – wie dargestellt – Messstelle 2 zu erhalten gewesen. Es könne nicht auf die Kohlendioxidwerte abgestellt werden, da sich die Duldungsverfügungen auf die durch Methan begründeten Gefahren beziehe. Schließlich sei die dargelegte Gefahrensituation nicht ausreichend, um sie als Nichtstörer in Anspruch zu nehmen.
34Die Kläger beantragen,
351. den Beklagten zu verpflichten, die Duldungsverfügungen vom 4. Juni 1992 und 15. Juli 1992, geändert durch die Verfügungen vom 31. August 1992 und 7. August 2002 aufzuheben.
362. den Beklagten zu verurteilen,die beiden Bodenluftmessstellen auf dem Grundstück I.----straße , P. -F. zu entfernen,hilfsweise,sie durch die Stadt P. -F. entfernen zu lassen.
37Der Beklagte beantragt,
38die Klage abzuweisen.
39Er trägt vor: Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Aufhebung der Duldungsverfügungen nach § 49 Abs. 1 VwVfG NRW. Es bestehe ausweislich des letzten Gutachtens der H. aus dem Jahr 2005 nach wie vor die Notwendigkeit, im Rahmen der laufenden Sanierungsmaßnahme durch die Stadt P. -F. den Erfolg der Maßnahme durch die Bodenmessstellen zu kontrollieren und auf diese Weise sicherzustellen, dass von der Deponie keine Gefahr für die Bewohner der angrenzenden Häuser ausgehe. Er sei zur Gefahrenabwehr verpflichtet und dies könne nur durch die Fortführung der Überwachung der Bodenluft gewährleistet werden. Eine Verlegung der Bodenmessstellen sei ebenfalls nicht möglich, da dann die Grundstücke nicht mehr hinreichend überwacht seien. Zudem würden neue Messstellen im Einflussbereich der Absaugbrunnen liegen und keine verwertbaren Ergebnisse bringen. Die von den Klägern behauptete Wertminderung resultiere bereits aus der Nachbarschaft zur Methangas produzierenden Deponie und bestehe damit unabhängig vom Vorhandensein der Messstellen. Selbst bei einem Dauerbetrieb der Absauganlage könne nicht auf die Messtellen verzichtet werden; zudem sei dieser nicht geeignet, die Sanierung zu verbessern. Die angeführte Schwelle von 1 Vol.-% Methankonzentration sei nicht als Gefahrenschwelle zu werten, sondern führe nur dazu, dass ein Rückschritt in eine frühere Sanierungsphase erfolgen müsse. Da nach wie vor Methangasgehalte gemessen würden und auch noch weiterhin damit gerechnet werden müsse, sei es aus Gründen der Gefahrenabwehr und Vorsorge nicht angezeigt, die Messstellen abzubauen oder zu versetzen. Ferner seien die im Zeitraum 2012 und 2013 ermittelten Kohlendioxid- und Sauerstoffgehalte in der Bodenluft zu berücksichtigen. Kritische Werte in der Atemluft seien insofern über 4,0 Vol.-% Kohlendioxid und unter 14,0 Vol.-% Sauerstoff. In der Bodenluft seien entsprechende Konzentrationen mehrfach erreicht worden. Bei einer Abwägung der Interessen der Kläger an einem Grundstück ohne Messstellen gegenüber seiner Pflicht, Gefahren für Leib und Leben soweit wie möglich auszuschließen, überwiege letztere. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass die Beeinträchtigung der Kläger relativ gering sei. Die Beprobungen fänden nur alle 2 Monate statt und dauerten wenige Minuten. Zudem befänden sich die Messstellen an Stellen, die keine Nutzungseinschränkungen mit sich brächten. Im Übrigen seien die Kläger gemäß § 3 Abs. 2 LBodSchG zur Duldung der Messstellen und der Beprobung verpflichtet. Im Hinblick auf den Klageantrag zu 2. sei der Beklagte nicht passivlegitimiert. Schließlich gehe der Vorwurf, keinen rechtsmittelfähigen Bescheid erhalten zu haben, aufgrund der vorliegenden Verpflichtungssituation ins Leere, da ein ablehnender Bescheid nicht zum begehrten Ziel habe führen können.
40Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von dem Beklagen vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
41Entscheidungsgründe
42Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg.
43Der Klageantrag zu 1. ist zwar zulässig, aber unbegründet.
44Das Begehren der Kläger ist als Verpflichtungsklage statthaft.
45Die Kläger begehren die Aufhebung der Duldungsverfügungen, mit denen sie zur Duldung der zwei auf ihrem Erbpachtgrundstück verbliebenen Messstellen sowie des Betretens ihres Grundstücks zum Zwecke der Beprobung verpflichtet werden. Zwar ist eine unmittelbare Anfechtung der Duldungsverfügungen aus dem Jahr 1992 in der Fassung, die sie durch die Änderungsverfügung aus dem Jahr 2002 gefunden haben, nicht mehr möglich, da sie bestandskräftig geworden sind. Durch das diese Verfügungen in der Sache bestätigende Schreiben des Beklagten vom 18. Oktober 2011 ist aber eine neue Klagemöglichkeit eröffnet worden. Der Beklagte hat mit seinem Schreiben vom 18. Oktober 2011, inhaltlich ergänzt durch das Schreiben vom 24. November 2011, auf den Antrag der Kläger, die Duldungsverfügungen in der Fassung, die sie durch die Änderungsverfügung aus dem Jahr 2002 erhalten haben, für die Zukunft aufzuheben, nach „eingehender“ materieller Prüfung mitgeteilt, dass er an den vorbenannten Duldungsverfügungen festhält. Er hat mithin über das Überprüfungs- und Aufhebungsbegehren der Kläger in der Sache entschieden und insofern eine neue Regelung getroffen. Es handelt sich um einen neuen Verwaltungsakt, der mit der sog. Versagungsgegenklage angefochten werden kann, bei der geprüft wird, ob der Kläger einen Anspruch auf den begehrten Verwaltungsakt bzw. auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung hat.
46Dem steht nicht entgegen, dass das Schreiben nicht förmlich als Bescheid gekennzeichnet und mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen ist. Denn maßgeblich ist, dass das Schreiben materiell als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist. Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 35 S. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Hier liegt insbesondere eine neue Regelung vor. Dies ist durch Auslegung des Inhalts analog §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu ermitteln. Vorliegend hat der Beklagte eine Aufhebung der Bescheide verbindlich abgelehnt. Da es sich um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung handelt, die die Behörde dauerhaft auf ihre Rechtmäßigkeit kontrollieren muss, liegt darin die Feststellung, dass die alte Regelung auch angesichts der geänderten Verhältnisse rechtmäßig ist und sie fortbestehen soll.
47Die Klage ist auch fristgerecht erhoben.
48Der die Aufhebung der Ordnungsverfügung aus dem Jahr 2002 ablehnende Bescheid vom 18. Oktober 2011 war nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, sodass an die Stelle der einmonatigen Klagefrist nach § 72 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO tritt, die vorliegend eingehalten wurde.
49Der Klageantrag zu 1. ist nicht begründet.
50Die Kläger haben keinen Anspruch auf Aufhebung der streitgegenständlichen Duldungsverfügungen vom 4. Juni 1992 und 15. Juli 1992 in der Fassung der Verfügungen vom 31. August 1992 und 7. August 2002 für die Zukunft, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die eine Aufhebung der Verfügungen ablehnende Entscheidung des Beklagten vom 18. Oktober 2011 ist rechtsmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die streitgegenständlichen Duldungsverfügungen sind zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung rechtmäßig.
51Die Kläger haben zwar einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens aus § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG NRW bzw. Bescheidung ihres Begehrens aufgrund der Pflicht der Behörde, einen den Bürger belastenden Dauerverwaltungsakt unter Kontrolle zu halten. Er führt aber nicht zum Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Duldungsverfügungen. Ein solcher ergibt sich auch nicht aus § 51 Abs. 5 VwVfG NRW i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG NRW.
52Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens lagen vor. Nach § 51 Abs. 1 VwVfG NRW hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes u.a. zu entscheiden, wenn nach Nr. 1 der Regelung sich die dem Verwaltungsakt zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat. Nach § 51 Abs. 2 VwVfG NRW ist dieser Antrag nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in einem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
53Schließlich muss der Antrag gemäß § 51 Abs. 3 VwVfG NRW binnen drei Monaten gestellt werden, wobei die Frist mit dem Tage beginnt, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
54Der Antrag der Kläger bezieht sich auf einen unanfechtbaren Verwaltungsakt. Mit Ablauf der Widerspruchsfrist gemäß § 70 VwGO sind die Bescheide über die Duldung der Messstellen aus dem Jahr 1992 sowie das Betreten des Grundstücks zum Zwecke der Beprobung ebenso wie die hierauf bezogenen Änderungsbescheide aus den Jahren 1992 und 2002 bestandskräftig geworden.
55Es ist weiterhin die Voraussetzung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 VwVfG NRW gegeben, dass sich die dem Verwaltungsakt zugrundeliegende Sachlage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert haben muss. Als Änderung der Sachlage sind dabei alle tatsächlichen Vorgänge anzusehen, die eine Änderung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes zur Folge haben. Die Änderung muss Faktoren betreffen, die im ursprünglichen Verfahren für den Inhalt des Verwaltungsaktes entscheidungserheblich waren und an deren Stelle nunmehr eine wesentlich neue, für den Betroffenen günstigere Sachlage getreten ist, die damals noch nicht gegeben war. Maßgeblich sind daher diejenigen Tatsachen, deren Subsumption unter die einschlägigen Rechtsnormen die Entscheidung tragen. Änderungen des Sachverhaltes können nur erheblich sein, wenn das materielle Recht die Rechtsfolgen an den Fortbestand des beim Erlass bestehenden Sachverhaltes knüpft. Änderungen des Sachverhaltes sind daher besonders für Verwaltungsakte mit Dauerwirkung erheblich. Ausreichend ist die konkrete Möglichkeit, dass eine wesentliche Änderung tatsächlich vorliegt, die für die Sachentscheidung von Bedeutung sein kann.
56Vgl. Peuker, in: Knack/Henneke, VwVfG Kommentar, 10 Auf. 2014, § 51 Rn. 32 ff.; Kopp/Ramsauer, VwVfG Kommentar, 16. Aufl. 2015, § 51 Rn. 25 f.; Obermayer, VwVfG Kommentar, 3. Aufl. 1999, § 51 Rn. 46.
57Die Kläger machen geltend, dass sich die von der Altdeponie ausgehende Gefahrenlage inzwischen verringert habe. Sie berufen sich dazu auf die seit langer Zeit stabilen Messwerte, die nie die Gefahrengrenze überschritten hätten.
58Da diese Änderung der tatsächlichen Verhältnisse erst im Laufe der Jahre eingetreten ist, waren die Kläger auch im Sinne des § 51 Abs. 2 VwVfG NRW ohne grobes Verschulden außerstande, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren geltend zu machen.
59Schließlich steht auch § 51 Abs. 3 VwVfG NRW dem Wideraufgreifen des Verfahrens nicht entgegen. Danach muss der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens binnen drei Monaten ab Kenntnis von dem Grund für das Wiederaufgreifen gestellt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 51 VwVfG NRW die Möglichkeit schaffen soll, unanfechtbare Dauerverwaltungsakte an veränderte Verhältnisse anzupassen. Soweit – wie vorliegend – die tatsächlichen Verhältnisse einer steten Veränderung unterworfen, also im Fluss sind, kann der Beginn der 3-Monatsfrist nicht an einem konkreten Ereignis festgemacht werden. Der Betroffene kann daher einen Antrag auf Aufhebung des ursprünglichen Verwaltungsaktes stellen, wenn er einen bestimmten Grad an Veränderung wahrnimmt und dieser ihn zu der Überzeugung gelangen lässt, einen Anspruch auf Aufhebung des ursprünglichen Verwaltungsaktes zu haben.
60Die Kläger haben – soweit ersichtlich – die von ihnen im Mai 2011 erbetene Übersendung der Messergebnisse für das Jahr 2010 zum Anlass genommen, im Juni 2011 eine Überprüfung der Duldungsverpflichtungen zu beantragen. Dies bewegt sich innerhalb der Dreimonatsfrist.
61Jedenfalls war die – vorliegend auch durch den Beklagten erfolgte – erneute inhaltliche Befassung mit der Rechtmäßigkeit der Duldungsverfügungen aufgrund der Pflicht der Behörde, einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung einer permanenten Kontrolle betreffend seine Rechtmäßigkeit zu unterziehen, geboten.
62Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 2015 – 16 A 1686/09 –, juris Rn. 75 m.w.N.
63Denn bei den in Streit stehenden Duldungsverfügungen handelt es sich um sogenannte Dauerverwaltungsakte. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass sie auf Dauer angelegte Rechtsverhältnisse zur Entstehung bringen und so wirken, als wenn sie immer zu jedem Zeitpunkt neu erlassen werden würden.
64Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 113 Rn. 43.
65Die Verwirklichung des dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Sachverhaltes tritt nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt sondern während eines bestimmten Zeitraumes ein.
66Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 1979 – 3 CC 103/79 –, juris Rn. 78.
67Entsprechend sind die Kläger bis zur Aufhebung der Duldungsverfügungen permanent daran gehindert, zivilrechtliche Ansprüche gegen den Vollzug geltend zu machen, da ihnen durch vollstreckungsrechtliche Anordnung eine Behinderung des Vollzuges untersagt ist. Die Duldungsverfügungen enthalten also eine Regelung, die sich nicht in der einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft, sondern auf unbestimmte Dauer angelegt ist und sich ständig aktualisiert.
68Die Beklagte konnte aber ohne Verletzung der Rechte der Kläger die Aufhebung der Duldungsverfügungen ablehnen. Denn die entsprechende Regelung stellt sich unter Zugrundelegung der aktuellen Rechtslage als rechtmäßig dar und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger sind (auch weiterhin) verpflichtet, die Messstellen und das Betreten des Grundstücks zu dulden. Ihre Inanspruchnahme erfolgt mittlerweile allerdings nicht (mehr) als Nichtstörer im Sinne des allgemeinen Ordnungsrechts, sondern aufgrund des Bodenschutzgesetzes. Insofern hat sich die Rechtslage zu ihren Lasten geändert.
69Für die im Falle des Wiederaufgreifens des Verfahrens zu treffende Sachentscheidung ist – jedenfalls im Falle des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG NRW – auf das zum Zeitpunkt der neuen Entscheidung in der Sache jeweils anzuwendende materielle Recht abzustellen. Demgemäß kommt es für die Frage, welche Entscheidung in der Sache, d.h. hinsichtlich des Schicksals des Verwaltungsaktes, zu treffen ist, oder bei einer Ermessensentscheidung getroffen werden kann, nach der zutreffenden herrschenden Meinung ausschließlich auf das in der Sache anzuwendende aktuelle materielle Recht im Zeitpunkt der nun zu treffenden Entscheidung an.
70Vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs VwVfG, Kommentar, § 51 Rn. 32 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 16. Aufl. 2015, § 51 Rn. 9, 18; Ziekow, VwVfG, Kommentar, 3. Aufl. 2014, § 51 Rn. 26; Engels, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG Großkommentar, § 51 Rn. 49 ff.; Peuker, in: Knack/Henneke, VwVfG, Kommentar, § 51 Rn. 24; a.A. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 61: Prüfung von §§ 48, 49 VwVfG.
71Dies ergibt sich schon aus § 51 Abs. 5 VwVfG NRW, wonach die Vorschriften der §§ 48 Abs. 1 Satz 1, 49 Abs. 1 VwVfG NRW unberührt bleiben, die Entscheidungswege nach den genannten Vorschriften und nach § 51 VwVfG NRW also nebeneinander und unabhängig voneinander gegeben sind.
72Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. August 1999 – 21 A 2945/96 –, juris Rn. 20 m.w.N.
73Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Ordnungsverfügung ist nach derzeit geltendem Recht § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG i.V.m. § 4 BBodSchG.
74Die Anwendung des BBodSchG wird nicht durch die Regelungen im Abfallrecht verdrängt. Der Abgrenzung von Bodenschutzrecht zum Abfallrecht dient die Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 BBodSchG, wonach dieses Gesetz auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten Anwendung findet, „soweit […] die Vorschriften des Kreislaufwirtschaftgesetzes über die Zulassung und den Betrieb von Abfallbeseitigungsanlagen sowie über die Stilllegung von Deponien […] Einwirkungen auf den Boden nicht regeln“. Damit räumt das Bundesbodenschutzgesetz, bezogen auf die Stilllegung von Deponien, dem Abfallrecht einen Anwendungsvorrang ein, soweit dieses bodenschützende Vorschriften enthält.
75Vgl. nur Schink/Versteyl, KrWG, Kommentar, § 40 Rn. 19.
76§ 40 Abs. 2 Satz 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) enthält allerdings seinerseits eine „Rückausnahme“ zugunsten des Bundesbodenschutzgesetzes. Danach sind, wenn der Verdacht besteht, dass von einer gemäß § 40 Abs. 3 KrWG endgültig stillgelegten Deponie schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit ausgehen, für die Erfassung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung die Vorschriften des Bundesbodenschutzgesetzes anzuwenden. Der Anwendungsbereich ist erst recht eröffnet, wenn tatsächlich eine Altlast besteht.
77Vgl. im Einzelnen Schink/Versteyl, KrWG, Kommentar, § 40 Rn. 22 ff.; Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, Kommentar, 3. Aufl. 2012, § 40 Rn. 19 ff.; sowie ausführlich noch im Hinblick auf § 36 Abs. 2 Krw-/AbfG: OVG NRW, Urteil vom 16. November 2000 – 20 A 1774/99 –, zit. nach juris und OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. April 2015 – 2 L 53/13 –, juris Rn. 38 ff.
78Ebendiese Konstellation ist vorliegend gegeben. Es handelt sich um eine endgültig stillgelegte Deponie.
79Die stillgelegte Deponie ist eine Altlast im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG. Danach sind Altlasten im Sinne dieses Gesetzes stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen durch die schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den einzelnen oder für die Allgemeinheit hervorgerufen werden. Sie sind erst dann keine Altlasten mehr, wenn eine Sanierung durchgeführt ist und noch eine Restkontamination im Boden verbleibt, die Gefahr oder Bodenfunktionsbeeinträchtigung jedoch beseitigt ist.
80Vgl. Versteyl, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, 2. Aufl. 2005, § 2 Rdnr. 71.
81Die ehemalige Deponie der Stadt P1. -F1. ist eine solche stillgelegte Abfallbeseitigungsanlage. Durch sie wurden eine schädliche Bodenveränderung und damit einhergehende Gefahren für den Einzelnen und die Allgemeinheit hervorgerufen. Dieser Zustand hält noch an, da noch weiterhin Umwandlungsprozesse in der Deponie stattfinden, insbesondere Methan und Kohlendioxid gebildet werden und entsprechend die Sanierung in Form einer Bodenluftabsaugung bisher nicht abgeschlossen ist. Selbst die Kläger legen nicht (substantiiert) dar, dass sie längst abgeschaltet werden könnte.
82Die Anwendung des Bundesbodenschutzgesetzes auf die Sanierung von stillgelegten Deponien schließt die bodenschutzrechtlichen Regelungen zu den Ordnungspflichtigen im Sinne des Bodenschutzgesetzes mit ein; es erfolgt eine Lösung von der in § 10 Abs. 2 des Abfallgesetzes (AbfG) und in der Folge in § 36 Abs. 2 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) normierten Verantwortlichkeit lediglich des Inhabers der Deponie, ggf. unter Ergänzung durch das allgemeine Ordnungsrecht.
83Vgl. grundlegend BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 1998 – 7 B 211/98 –, juris Rn. 4, bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2000 – 3 C 2/00 –, juris Rn. 18; sowie OVG NRW, Urteil vom 16. November 2000 – 20 A 1774/99 –, juris Rn. 22 ff. m.w.N.; OVG Thüringen, Urteil vom 11. Juni 2001 – 4 KO 52/97 –, juris Rn. 34 ff.; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 9. Mai 2012 – 2 M 13/12 –, juris Rn. 40 in Abgrenzung zum Bergrecht.
84Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG kann die zuständige Behörde zur Erfüllung der sich aus den §§ 4 und 7 BBodSchG und aus den auf Grund von § 5 Satz 1 BBodSchG, §§ 6 und 8 BBodSchG erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten die notwendigen Maßnahmen treffen. Nach § 4 Abs. 3 BBodSchG sind der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen.
85Bei der stillgelegten Deponie handelt es sich – wie dargelegt – um eine Altlast.
86Die Kläger gehören als Erbbauberechtigte auch zum Kreis der nach § 4 Abs. 3 BBodSchG Pflichtigen. Zwar steht der Erbbauberechtigte dem Eigentümer i.S.d. § 4 Abs. 2 BBodSchG nicht gleich. Er kann aber als Inhaber der tatsächlichen Gewalt in Anspruch genommen werden.
87Vgl. Dombert, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band II, BBodSchG § 4 Rn. 23; Versteyl/Sondermann, BBodSchG, Kommentar, 2. Aufl. 2005, § 4 Rn. 19 jeweils m.w.N.
88Grundsätzlich kann mit Anordnungen nach § 10 Abs. 1 BBodSchG i.V.m. §§ 4, 7BBodSchG ein Handeln verlangt werden, sei es zur Gefahrenabwehr oder zur Sanierung. § 10 Abs. 1 BBodSchG schließt aber auch die Anordnung einer Duldung nicht aus. Der Begriff der Maßnahme wird in § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG nicht näher konkretisiert. Der Wortlaut der Bestimmung gibt für eine Beschränkung auf Maßnahmen, die die Gefahrenabwehr unmittelbar betreffen, indem sie das mit der Sanierung zu erreichende Ziel festlegen oder die Modalitäten der Durchführung der Gefahrenabwehrmaßnahme regeln, und - im Gegenschluss - den Ausschluss nur mittelbar wirkender Maßnahmen nichts her. Dies gilt insbesondere auch für Anordnungen, die die Durchsetzung der Sanierungsmaßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung flankieren sollen. Vielmehr ist nach allgemeinen ordnungsrechtlichen Grundsätzen für die Abgrenzung der in Betracht kommenden Maßnahmen allein maßgeblich, ob die Anordnung geeignet ist, zur Erreichung des Sanierungsziels beizutragen. Voraussetzung ist lediglich, dass die Maßnahme der Erfüllung von Pflichten zur Sanierung oder Vorsorge aus §§ 4, 7 BBodSchG dient. Der Erfüllung von Pflichten können sowohl Handlungen als auch Duldungen dienen.
89Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. April 2015 – 7 B 9/14 –, juris Rn. 16; OVG Sachen-Anhalt, Beschluss vom 9. Mai 2012 – 2 M 13/12 –, juris Rn. 42; VG Augsburg, Urteil vom 24. Mai 2011 – Au 3 K 10.2019 –, juris Rn. 64; Versteyl in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, München 2005, § 10 Rn. 14; ähnlich VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. November 2010 – 17 L 1384/10 -, juris Rn. 9 (Duldungsanordnung als „Wesensgleiches Minus“ betreffend Anordnungen nach § 9 und § 13 BBodschG unter Verweis auf Sondermann/Hejma, BBodSchG, 2. Aufl. § 9 Rn. 28); vgl. auch VG Wiesbaden, Beschluss vom 9. Dezember 2003 – 4 G 2952/03 –, juris Rn. 21.
90Die an die Kläger gerichteten Duldungsverfügungen dienen der Erfüllung von Pflichten zur Sanierung, indem sie ermöglichen sollen, dass die Stadt P1. -F1. ihrerseits ihrer (unmittelbaren) Sanierungspflicht durch Betrieb der Absauganlage und Kontrollbeprobung der Pegel nachkommen kann. Die Duldungsanordnung dient insoweit der Beseitigung eines eventuellen Vollstreckungshindernisses.
91Diese Auslegung zur Reichweite des § 10 Abs. 1 BBodSchG ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass § 3 Abs. 2 des Bodenschutzgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbodenschutzgesetz - LBodSchG NRW -) explizit bestimmte Duldungspflichten normiert und darüber hinausgehende der vorliegenden Art ausgeschlossen wären. Nach dieser Vorschrift ist der Eigentümer oder Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück u.a. verpflichtet, die Einrichtung und den Betrieb von Sicherungs- und Überwachungseinrichtungen einschließlich Messstellen und die Vornahme sonstiger technischer Ermittlungen und Prüfungen durch die in Abs. 1 genannten Bediensteten der Behörden und deren Beauftragte zu gestatten und zu dulden, soweit dies zur Aufgabenerfüllung nach dem Bundesbodenschutzgesetz erforderlich ist. Dazu sind gemäß § 3 Abs. 1 LBodSchG NRW (allein) die Bediensteten der für die Durchführung der Aufgaben des Bundes-Bodenschutzgesetzes, des Landes-Bodenschutzgesetzes und der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Verordnungen zuständigen Behörden berechtigt.
92Vgl. ausführlich VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. November 2010 – 17 L 1384/10 –, juris Rn. 4
93Vorliegend wurde den Klägern die Duldung der Errichtung von Messstellen durch die (sanierungspflichtige) Stadt P1. -F1. sowie das Betreten durch Mitarbeiter des Bürgermeisters der Stadt P1. -F1. oder von diesem beauftragte Dritte aufgegeben, so dass § 3 Abs. 2 LBodSchG NRW als Rechtsgrundlage für diese Form der Duldung ausscheidet.
94Daraus folgt aber nicht, dass eine Duldungspflicht gegenüber Maßnahmen Dritter nicht auf § 10 Abs. 1 BBodSchG gestützt werden kann. Nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes bleibt der Landesgesetzgeber im Falle der konkurrierenden Gesetzgebung zwar zur Regelung befugt, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -). Soweit die ergänzenden/konkretisierenden landesrechtlichen Vorschriften – wie vorliegend – nicht einschlägig sind, vermögen sie umgekehrt aber nicht, eine weitergehende Ableitung von Duldungspflichten unmittelbar aus dem Bundesrecht auszuschließen.
95Die Anordnung der Duldungspflichten ist eine notwendige Maßnahme im Sinne von § 10 Abs. 1 BBodSchG, die durch den Beklagten in ermessensfehlerfreier Weise verfügt werden konnte. Durch den Begriff der „Notwendigkeit“ werden die Handlungsmöglichkeiten der Behörde eingegrenzt, indem der Bezug zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hergestellt wird. Eine Maßnahme ist dann notwendig, wenn sie geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne ist.
96Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. April 2015 – 7 B 9/14 –, juris Rn. 18, Versteyl in Versteyl/Sondermann, BBodSchG, München 2005, § 10 Rn. 13.
97Die Duldungen sind wie dargelegt geeignet, um sicherzustellen, dass die Sanierung nicht an entgegenstehenden Rechten der Kläger scheitert.
98Die Duldungsverfügungen sind auch erforderlich. Einer Duldungsverfügung bedarf es in der Regel nur, wenn die Betroffenen zu erkennen gegeben haben, dass sie nicht bereit sind, die Maßnahmen hinzunehmen. So liegt es hier.
99Darüber hinaus ist grundsätzlich Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Duldungsverfügung, dass die mit ihrer Hilfe durchzusetzende Verfügung ihrerseits rechtmäßig ist. Denn das mit der Duldungsanordnung ausgesprochene Gebot, die Vollziehung bestimmter Maßnahmen zu dulden, besteht spiegelbildlich zu entsprechenden öffentlich-rechtlichen Handlungspflichten eines anderen Verantwortlichen: Nur was dieser an Maßnahmen vornehmen muss, muss jener hinnehmen. In der Regel muss daher eine inzidente Überprüfung der durchzusetzenden Verfügung erfolgen. Dies beruht auf dem Rechtsgedanken, dass der Duldungsverpflichtete in einem Verfahren gegen die durchzusetzende Verfügung nicht beteiligt ist und daher gegen diese auch keine Einwendungen vortragen kann.
100Vgl. OVG Sachen-Anhalt, Beschluss vom 9. Mai 2012 – 2 M 13/12 –, juris Rn. 41 m.w.N.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. November 2010 – 17 L 1384/10 –, juris Rn. 17 und grundsätzlich (betreffend eine Abbruchsverfügung) OVG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. August 1992 – 5 S 247/92 –, juris Rn. 28.
101Dass vorliegend (zunächst) eine Sanierung erforderlich war, ist aufgrund der in der Bodenluft vorgefundenen Methanwerte unzweifelhaft und zwischen den Beteiligten auch unstreitig – die Kläger haben das Ergreifen von Maßnahmen sogar maßgeblich initiiert. Fraglich ist also lediglich, ob die Sanierungsmaßnahme (noch) erforderlich ist bzw. weitergeführt werden muss und ob dafür (noch) die Messstellen bei den Klägern erforderlich sind. Beides ist zu bejahen.
102Rechtlicher Maßstab ist dabei nach § 4 Abs. 3 BBodSchG, dass die Sanierung so zu erfolgen hat, dass dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen, wobei gemäß § 4 Abs. 4 BBodSchG die planungsrechtlich zulässige Nutzung des Grundstücks und das sich daraus ergebende Schutzbedürfnis zu beachten sind. Grundsätzlich soll durch Dekontaminationsmaßnahmen nach § 2 Abs. 7 Nr. 1 BBodSchG zur Beseitigung oder Verminderung der Schadstoffe der status quo ante erreicht werden.
103Vgl. Versty/Sondermann, Bundesbodenschutzgesetz, Kommentar, 2. Aufl., § 4 Rn. 82.
104Jedenfalls müssen aber vor Einstellung einer Sanierungsmaßnahme negative Effekte mit hinreichender, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein.
105Vgl. Nies, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Band II, BBodSchG, § 2 Rn. 23.
106Aufgrund der Wohnnutzung im Gebiet der Deponie und des daher besonderen Schutzbedürfnisses setzt dies einen Betrieb der Absauganlage mit Überprüfung der Bodenluftwerte bis zum erkennbaren "zur Ruhe kommen" der Deponie (sog. Luftphase) voraus. Denn die Gasentwicklung lässt sich aufgrund der natürlichen Umsetzungsprozesse letztlich bis zuletzt nicht sicher prognostizieren.
107Es ist nicht erkennbar, dass dieses Stadium bereits erreicht wäre. Zuletzt wurde –noch vor Beginn der Absaugreduktion – im Gutachten vom 26. Februar 2003 ausführlich unter Auswertung der Messdaten dargelegt, dass die Deponie noch Methangas produziert. Gleichzeitig wurde auch bestätigt, dass die Messstellen zur Kontrolle des Betriebes der Absauganlage erforderlich seien. Seitdem sind durchweg – jedenfalls bis zum Jahr 2012 – immer wieder vergleichbare Werte (damals max. 6 Vol.-% Methan) in den Absaugbrunnen ermittelt worden. Ebenso wurden auch immer wieder an unterschiedlichen Stellen – wenn auch geringe zwischen 0,1 und 0,5 Vol-% liegende – Methangaswerte in den Kontrollpegeln festgestellt. In der Folge wurde gutachterlich lediglich aus der (relativen) Konstanz der Werte abgeleitet, dass die Reduktion der Absaugleistung (Intervallbetrieb) nicht rückgängig gemacht werden müsse. Hinweise auf eine Veränderung, die den Abschluss der Sanierungsmaßnahme rechtfertigen könnte, ergeben sich daraus nicht. So kommt auch das Gutachten der GFP vom 10. Dezember 2015 zu dem Ergebnis, die Werte deuteten darauf hin, dass die Umsetzungsprozesse in der Deponie noch nicht zum Erliegen gekommen seien. Insofern weist der Beklagte zu Recht auch auf das Risiko von erhöhten Kohlendioxidwerten hin, die nach dem Gutachten typisch für eine späte Phase der Deponieentwicklung sind. Dass auch entsprechende (neue) Gefahren in der Sanierungsphase zu beachten sind, ergibt sich schon daraus, dass es sich bei der Sanierung um einen nicht statischen, sondern kontinuierlichen Prozess der Gefahrenabwehr handelt, der den tatsächlichen Gegebenheiten Rechnung tragen muss.
108Die Überwachung durch Kontrollpegel ist dementsprechend weiterhin erforderlich. Die zeitliche Dauer des Kontrollerfordernisses knüpft gerade an die Dauer der Sanierung an. Es ist unumgänglich, Messungen (bis) zum Zeitpunkt der Beendigung der Sanierung – und in gewissen Maße wohl auch darüber hinaus – zum Zwecke des Ausschlusses von Gefahren durchzuführen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es dem Beklagten nicht nur gegenüber den Klägern, sondern auch gegenüber der Stadt P1. -F1. verwehrt ist, eine Dauersanierung anzuordnen. Er ist zu einer (geordneten) Rückführung der Sanierungsmaßnahme rechtlich verpflichtet. Gerade bei entsprechenden (künftigen) Schritten ist eine Überwachung der Auswirkungen auf die bewohnten Grundstücke zwingend erforderlich. Auch das Gutachten der vom 10. Dezember 2015 kommt zu der Einschätzung: Das Ziel, irgendwann die Absauganlage komplett abzuschalten, könne ohne Risiken für die Nutzer nur bei gleichzeitigem Bestehen von Kontrollmöglichkeiten angestrebt werden. Es sei nicht klar, wie sich die Konzentrationen an Methan und Kohlendioxid ohne Betrieb der Absauganlage entwickeln würden.
109Auch die zwischenzeitlich erfolgte Reduktion der Absaugintensität ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die entsprechende Anpassung der Sanierungsmaßnahme stellt sich insbesondere nicht deshalb als ermessensfehlerhaft dar, weil sie – wie die Kläger vortragen – im finanziellen Interesse der Stadt P1. -F1. ein Mehr an Beanspruchung der Anwohner mit sich brächte. Zum einen ist nicht ersichtlich, dass der Intervallbetrieb die Sanierungsmaßnahme verlängert und damit die Duldungspflichten der Kläger unnötig in die Länge zieht. Dies wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn die Ausgasungsprozesse im Deponiegut schon abgeschlossen wären und ein Dauerbetrieb zu einer schnelleren Entfernung des gesamten Gases führen würde. Dies lässt sich vorliegend allerdings nicht belegen. Vielmehr wurde der Intervallbetrieb gerade zur Effizienzsteigerung eingeführt. Mit ihm ist hinreichend gesichert, dass die sich neu bildenden Deponiegasmengen abgesaugt werden.
110Darüber hinaus trifft es nach Aktenlage nicht zu, wenn die Kläger unter Verweis auf die Gutachten aus den Jahren 1999 und 2000 vortragen, die (fortbestehende) Duldungspflicht resultiere nur aus der gewählten Reduktion des Absaugintervalls. Denn schon in den Jahren 2001 und 2002 – also noch vor Beginn der Reduktion der Absaugleistung – wurde die Einschätzung, das Messstellennetz könne maßgeblich reduziert und die Inanspruchnahme von Privatgrund (bis auf eine Ausnahme) beendet werden werden, gutachterlicherseits revidiert.
111Das Festhalten an den zwei Messstellen auf dem Grundstück der Kläger ist nicht zu beanstanden; dies gilt insbesondere in räumlicher Hinsicht.
112Der Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass durch die zwei Ebenen von Kontrollpegeln (einerseits in den Gärten, andererseits unmittelbar vor den Häusern) eine genauere Beobachtung der Entwicklung und zugleich ein effektiver Schutz der Anlieger gewährleistet ist. Die Reduktion auf eine Kontrollebene wäre im Hinblick auf das Ziel einer effektiven Gefahrenabwehr nicht gleich geeignet. Für die Fehlerhaftigkeit dieser Einschätzung ist nichts ersichtlich. Vielmehr wurde entsprechend von einer weiteren Reduktion des Messstellennetzes auch gutachterlich seit 2001 stets abgeraten.
113Eine Verlegung in den öffentlichen Bereich würde zu einer Lage außerhalb der Kontrollebenen und des vermuteten Deponiekörpers führen und wäre nach Aussage des Gutachtens aus dem Jahr 2015 aufgrund der Entfernung von den bisherigen Überwachungseinrichtungen keine sinnvolle Alternative. Es ist nachvollziehbar, dass die Beklagte eine Umlegung in den Einflussbereich der Absaugbrunnen ablehnt, da es entgegen der klägerischen Wertung durchaus plausibel erscheint, dass außerhalb und auch aus Sicht der Zentraldeponie hinter diesem Bereich die Werte höher sein könnten als innerhalb des Bereiches, in dem dem Boden aktiv Gase entzogen werden.
114Soweit schließlich das Gutachten aus dem Jahr 2015 eine Verlegung der Messstellen in den Privatweg für möglich hält, wird zum einen in ihm selbst schon einschränkend darauf hingewiesen, dass die Messstelle dann aber relativ nahe an die Messstelle 45 rücken würde. Zum anderen erscheint diese Alternative nicht als milderes Mittel. Denn insofern mag die Belastung der Kläger zwar abnehmen, es würden aber (zusätzlich) andere (Mit-)Berechtigte betroffen und die Kläger selbst haben zu dieser Alternative schriftsätzlich erklärt, dass sie ebenfalls auf Gegenwehr treffen würde.
115Aufgrund der relativ geringen Beeinträchtigung der Kläger durch die Messstellen –insbesondere in ihren in § 10 Abs. 1 Satz 2 BBodSchG besonders hervorgehobenen Nutzungsinteressen –, erscheint ihre Beibehaltung nicht unverhältnismäßig. Vielmehr erscheint die Überwachung des Erfolges der Sanierungsmaßnahme auch an den konkret gewählten Stellen notwendig und – auch angesichts der pekuniären Interessen der Kläger – ermessensgerecht. Die maßgebliche Wertminderung dürfte tatsächlich – wie von dem Beklagten vorgetragen – aus den mit der Lage des Grundbesitzes an oder auf einer Deponie verbundenen Risiken und nicht aus der angefochtenen Verfügungslage resultieren.
116Ein Anspruch auf Aufhebung der Duldungsbescheide folgt auch nicht aus § 51 Abs. 5 VwVfG NRW i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG NRW.
117Unabhängig davon, ob § 48 VwVfG NRW nur auf den bei Erlass rechtswidrigen oder bei Dauerverwaltungsakten ausnahmsweise auch auf den nachträglich rechtswidrig gewordenen Verwaltungsakt Anwendung findet, sind die Duldungsverfügungen wie dargelegt (auch) zum jetzigen Zeitpunkt rechtmäßig, sodass allein ein Widerruf nach § 49 Abs. 1 VwVfG NRW in Betracht käme.
118Danach kann die Behörde einen rechtmäßigen nicht begünstigenden Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste.
119Vorliegend spricht Vieles dafür, dass ein Widerruf der Duldungsverfügungen bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil Verwaltungsakte gleichen Inhalts erneut erlassen werden müssten. Denn die Duldungsverfügungen sind – wie dargelegt – erforderlich, um den Erfolg der insoweit rechtmäßigen Sanierungsmaßnahme zu kontrollieren und das Erkennen eventuell auftretender Gefahren sicherzustellen. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, dass die Behörde ein völlig neues Sanierungskonzept erarbeiten könnte, bei dem ggf. auch eine Inanspruchnahme der Kläger nicht mehr erforderlich wäre. Einen Anspruch auf Widerruf der gesamten angeordneten Sanierung der Deponie haben die Kläger aber nicht. Denn wie dargelegt stellt sich das derzeitige Sanierungskonzept gegenüber den Klägern, die nach § 10 BBodSchG Verantwortliche sind und herangezogen werden können, nicht als unverhältnismäßig dar.
120Jedenfalls hat der Beklagte aber zumindest in der Klageerwiderung unter expliziter Bezugnahme auf § 49 VwVfG NRW in ermessensfehlerfreier Weise dargelegt, dass er nach Abwägung der Interessen der Kläger an der Aufhebung der Duldungsverfügungen einerseits mit der Pflicht, Gefahren von Leib und Leben soweit wie möglich auszuschließen, andererseits, an den Duldungsverfügungen festhalte. Es ist dabei weder zu erkennen, dass der Beklagte maßgebliche Belange verkannt noch sie falsch gewichtet hätte. Insbesondere sind die Kläger wie dargelegt nicht mehr als Nichtstörer zu qualifizieren, als welche sie weiterhin nur bei Vorliegen einer qualifizierten Gefahrenlage hätten in Anspruch genommen werden dürfen.
121Nach alledem kann auch der auf Vollzugsfolgenbeseitigung gerichtete Antrag zu 2. keinen Erfolg haben.
122Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO.
123Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung des Urteils beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
124B e s c h l u s s:
125Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
126G r ü n d e:
127Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetz (GKG). Der Streitwert richtet sich gemäß § 52 Abs. 1 GKG nach der Bedeutung der Sache für den Rechtsschutzsuchenden. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte für die Bewertung des entsprechenden Interesses der Kläger an der Aufhebung der Duldungsverfügungen bzw. der Entfernung der Messstellen erscheint es dem Gericht ermessensgerecht, den Auffangstreitwert festzusetzen.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 30. Aug. 2016 - 9 K 1850/12
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 30. Aug. 2016 - 9 K 1850/12
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 30. Aug. 2016 - 9 K 1850/12 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.
(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2009 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der Kläger wendet sich gegen bodenschutzrechtliche Ordnungsverfügungen des Beklagten. Er war Geschäftsführer der H. -V. Verwaltungs-GmbH mit Sitz in C. und der U. W. Verwaltungs GmbH mit Sitz in C1. . Die
3H. -V. Verwaltungs-GmbH war alleinige Geschäftsführerin der H. -V. GmbH & Co. KG (im Folgenden: H. -V. ), die U. W. Verwaltungs GmbH alleinige Geschäftsführerin der U. W. GmbH & Co. KG (im Folgenden: U. W. ). Gegenstand der Ordnungsverfügungen ist die Sanierung PFT-belasteter Flächen im Hochsauerlandkreis.
4PFT (perfluorierte Tenside) sind synthetisch hergestellte Substanzen, die in der Natur nicht vorkommen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie gleichzeitig wasserabweisend (hydrophob), fettabweisend (lipophob) und schmutzabweisend wirken. Aufgrund dieser besonderen Eigenschaften werden sie in vielen Industriebereichen eingesetzt. Verwendung finden (oder fanden) PFT etwa bei der galvanischen Oberflächenbeschichtung und in der Fotoindustrie sowie bei der Herstellung von Antihaftbeschichtungen in Töpfen und Pfannen, von wasserabweisender Kleidung und von speziellen Feuerlöschschäumen. Zu den PFT gehören unter anderem die Verbindungen PFOS (Perfluoroctansulfonat) und PFOA (Perfluoroctansäure). Aufgrund ihrer hohen Stabilität werden die chemischen Verbindungen der PFT durch die in der Umwelt üblichen Abbauprozesse praktisch nicht zerstört. Dementsprechend lassen sie sich auch dem Abwasser durch die in Kläranlagen gängigen Abbauverfahren, die im Wesentlichen auf dem Einsatz von Mikroorganismen beruhen, nicht entziehen. Mittlerweile sind sie weltweit in der Umwelt nachweisbar. PFT sind für Menschen und Tiere toxisch und stehen im Verdacht, in hohen Dosen fortpflanzungsgefährdend und krebserregend zu sein. Im Körper reichern sie sich im Blut und im Organgewebe an und werden nur langsam ausgeschieden.
5PFT waren bis 2006 nicht Gegenstand der behördlichen Umweltüberwachung. Im Frühjahr 2006 stieß das Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit (IHÖG) der Universität Bonn im Rahmen einer Studie auf auffällig erhöhte PFT-Konzentrationen in der Ruhr und nachfolgend auch in der Möhne, die neben anderen Zuflüssen den gleichnamigen Stausee speist und bei Arnsberg-Neheim in die Ruhr mündet. Nach den Angaben in einer ersten Veröffentlichung ermittelte das IHÖG an der Mündung der Möhne in die Ruhr eine PFT-Belastung von 767 ng/l und in dem einige Kilometer flussaufwärts gelegenen Stausee eine Belastung von 822 ng/l. Bei der etwa 10 km nordwestlich von Brilon gelegenen Ansiedlung Heidberg betrug die PFT-Fracht des Flusses 4385 ng/l, während bei Brilon selbst lediglich 17 ng/l gemessen wurden. In diesem Abschnitt münden die Bäche Steinbecke und Bermecke in die Möhne; die Bermecke wird weiter oberhalb unter anderem von dem Bach Kloßsiepen gespeist. Die Steinbecke und das Kloßsiepen entspringen nordwestlich des Ortsteils Scharfenberg der Stadt Brilon und durchziehen ein land- und fortwirtschaftlich genutztes Gelände. Eine weitere erhebliche PFT-Belastung stellte das IHÖG darüber hinaus in der Elpe fest, die nordostwärts von Bestwig in die Ruhr mündet; dort betrug der gemessene PFT-Gehalt 4268 ng/l.
6Bei der Ermittlung der Emissionsquelle konzentrierten sich die zuständigen Fachbehörden zunächst auf Gewerbebetriebe und die Begutachtung von Altdeponien und Altlastenstandorten im Raum Scharfenberg. Nachdem die Beprobung von Abwässern insoweit jedoch negativ verlaufen war, wurde anschließend über das Flächenverzeichnis für die Aufbringung von Klärschlämmen oder Bioabfällen recherchiert. Anhand der topographischen Gegebenheiten konnte dabei ein Zusammenhang zwischen einer von der U. W. mit Bioabfall belieferten und nachfolgend mit dem Material beaufschlagten ehemaligen Weihnachtsbaumkultur in C2. -T. und den Verunreinigungen der Gewässer Steinbecke und Bermecke hergestellt werden. Bei der fraglichen Fläche handelt es sich um die Parzellen Gemarkung T. Flur 3 Flurstücke 21, 22, 24, 25, 46, 67, 70, 175 und 176, die verschiedenen Eigentümern gehören und (jedenfalls) seit 1998/99 an das Unternehmen Baumschule B. H1. und Sohn verpachtet waren. Die genannten Flurstücke bilden ein im Wesentlichen zusammenhängendes Gelände, das von einem von Südwesten nach Nordosten verlaufenden Weg in eine sog. Nordhälfte und eine sog. Südhälfte geteilt wird. Südostwärts dieses Wegs erstrecken sich die Parzellen 67 und 70, während die übrigen Flurstücke nördlich des Wegs liegen. Dort, zwischen den Flurstücken 22 und 24, befindet sich noch das Flurstück 23, das nicht von dem Baumschulbetrieb gepachtet war. Der Weg, der die in Rede stehenden Flächen teilt, verläuft ohne nennenswerte Neigungen auf einer Höhe von etwa 450 m über NN; von hier aus fällt das Gelände nach Nordwesten in Richtung Steinbecke und nach Südosten in Richtung L. ab.
7Die H. -V. betrieb in C. (Kreis Paderborn) auf einem vormals militärisch genutzten Gelände ein Bodenmischwerk, dessen Errichtung bzw. Änderung das Staatliche Umweltamt C3. mit Bescheid vom 15. April 1998 auf der Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes genehmigt hatte. Die ursprüngliche Genehmigung umfasste verschiedene, nach Abfallschlüsseln aufgelistete Einsatzstoffe, darunter unter anderem Klärschlämme aus der Behandlung von kommunalem Abwasser (Abfallschlüssel 19 08 05 gemäß Abfallverzeichnis-Verordnung ‑ AVV ‑). Später ergingen weitere Genehmigungen des Staatlichen Umweltamts C3. bzw. des Staatlichen Amts für V. und Arbeitsschutz Ostwestfalen-Lippe (im Folgenden: StAfUA OWL), die unter anderem eine Erweiterung des Abfallannahmekatalogs zum Gegenstand hatten. Insoweit genehmigte das Staatliche Umweltamt C3. unter dem 19. April 2000 die Annahme von Schlämmen aus der betriebseigenen Abwasserbehandlung aus Betrieben der Lebensmittelindustrie mit der Abfallschlüsselnummer 02 03 05.
8Seit Frühjahr 2002 bestanden geschäftliche Kontakte zwischen der H. -V. und der belgischen Aktiengesellschaft P. P1. Industrial Solutions NV in N. (im Folgenden: P. ). Die P. war im Bereich der Vermittlung und dem Handel von Abfällen tätig. In der Folge wurden in dem Zeitraum vom 6. November 2002 bis zum 8. Juni 2006 mehrere 10.000 t Abfall an die H. -V. geliefert. Diese Lieferungen waren im Rahmen von insgesamt fünf Notifizierungsverfahren genehmigt worden, an denen auf deutscher Seite die Bezirksregierung E. bzw. das StAfUA OWL beteiligt war. Ausweislich der eingereichten Notifizierungsunterlagen sollte es sich bei den Abfällen um Schlämme aus betriebseigener Abwasserbehandlung handeln, wobei zur Bezeichnung der Herkunft der Schlämme der Abfallschlüssel 02 03 05 verwendet wurde. Mit diesem Abfallschlüssel werden Schlämme aus der betriebseigenen Abwasserbehandlung bezeichnet, die bei der Zubereitung und Verarbeitung von Obst, Gemüse, Getreide, Speiseölen, Kakao, Kaffee, Tee und Tabak, der Konservenherstellung, der Herstellung von Hefe- und Hefeextrakten sowie der Zubereitung und Fermentierung von Melasse anfallen. In der Verfahrensbeschreibung der H. -V. war als Verwendungszweck der Abfälle die Herstellung organischer Bodenverbesserer gemäß dem Düngemittelgesetz oder der Einsatz als Mutterbodenersatzstoff im Landschaftsbau genannt.
9Mit dem in C. gemischten Material belieferten die H. -V. und die U. W. unter anderem unter der Bezeichnung "U. G. " seit 2002 Landwirte in verschiedenen Kreisen, darunter im Kreis Soest und im Hochsauerlandkreis, die dieses auf ihren Feldern ausbrachten und dafür sog. Einarbeitungsprämien erhielten. Nach Maßgabe der entsprechenden Lieferscheine gab die U. W. am 13. Mai 2004 486,30 t und am 10. und 11. Januar 2006 220,37 t des Produkts U. G. an den Baumschulbetrieb H1. ab. Dieses Material wurde nachfolgend unter anderem auf die oben näher bezeichnete, insgesamt 10,5628 ha große Fläche in C2. -T. aufgebracht.
10Im Zuge der weiteren Sachverhaltsaufklärung beauftrage die Bezirksregierung B1. mit Schreiben vom 18. Juli 2006 die Institut für Umweltanalyse Projekt-GmbH (im Folgenden: IFUA Projekt-GmbH) mit Bodenuntersuchungen im Rahmen eines Pilotverfahrens. Ausweislich des Zwischenberichts vom November 2006 wurden dabei zunächst von sieben Flächen im Kreis Soest und im Hochsauerlandkreis Bodenproben genommen. Auswahlkriterien waren vor allem die Ergebnisse eines vorangegangenen Screenings verschiedener Ausbringungsflächen, wobei sowohl hoch als auch weniger stark mit PFT belastete Flächen einbezogen wurden. Die vorgenommenen Pilotuntersuchungen führten auf allen sieben Flächen zu einem PFT-Nachweis. Mit Abstand am stärksten belastet war danach das Areal in C2. -T. . Im Oberboden wurde ein Gesamtgehalt von 6.310 µg/kg TS (Summe PFOA und PFOS) und in einer Materialprobe (Oberflächensammelprobe) von 9.250 µg/kg TS gemessen. Die noch im Boden vorhandene Gesamtmenge PFT schätzte die IFUA Projekt-GmbH auf 391 kg. Dem lag die Beprobung einer 1 ha großen, zentral gelegenen Teilfläche des nördlichen Geländeteils zugrunde. Dabei wurden in zwei Beprobungstiefen jeweils 20 Einzelproben gezogen und zu einer Mischprobe vereinigt. Die darin gemessene PFT-Konzentration rechnete die IFUA Projekt-GmbH sodann auf die Gesamtfläche hoch.
11Im Anschluss an die vorbezeichneten Pilotuntersuchungen wurden in den Folgejahren ergänzende Bodenuntersuchungen auf einer Vielzahl weiterer mit U. G. beaufschlagter Flächen durchgeführt, in deren Rahmen auf einem Maisacker in der Nähe der Ortschaft S. (Kreis Soest) eine Spitzenbelastung im Oberboden von bis zu 35.000 µg/kg TS und eine mittlere Belastung von etwa 9.000 µg/kg TS (überwiegend PFOS) gemessen wurde. Zur Sanierung dieser 2,4 ha großen Fläche ließ der Kreis Soest bis zu einer Tiefe von einem Meter insgesamt gut 32 t Erdreich ausheben und auf einer Deponie entsorgen. Die Kosten der Maßnahme beliefen sich auf 2,35 Mio. Euro. Nachdem der Kreis Soest den dortigen Pächter zunächst durch Ordnungsverfügung vom 20. Mai 2008 uneingeschränkt zur Sanierung herangezogen hatte, schlossen die dortigen Beteiligten am 14./16. Juni 2008 einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, in dem der betroffene Pächter sich zur Wiederverfüllung der ausgekofferten Ackerbereiche verpflichtete. Ausweislich des Vertrags beliefen sich die vorkalkulierten Kosten für die gesamte Sanierungsmaßnahme auf 2.699.113 Euro, von denen 350.681 Euro auf die Wiederverfüllung entfielen. Mit den PFT-Bodenbelastungen in C2. -T. und in S. annähernd vergleichbare Kontaminationen wurden in keinem anderen Fall gefunden.
12Parallel zu den Bodenuntersuchungen erfolgten umfangreiche Untersuchungen der Oberflächengewässer. Bereits im Juni 2006 hatte das Staatliche Umweltamt M. Wasserproben aus der Ruhr und ihren Nebenflüssen durch das Landesumweltamt untersuchen lassen. Dabei hatte das Amt im Bereich des Wasserwerks "Möhnebogen", das zahlreiche Haushalte der Stadt B1. namentlich in den Ortsteilen O. und I. mit Trinkwasser versorgt, im sog. Rohwasser einen PFOA-Gehalt von 570 ng/l, am Ausgang des Wasserwerks einen Gehalt von 560 ng/l sowie in der Möhne selbst einen Gehalt von 570 ng/l festgestellt. Diese Erkenntnisse veranlassten die Stadtwerke B1. , das Wasserwerk mit Aktivkohlefiltern auszustatten, wodurch die PFT-Last des Trinkwassers gesenkt werden konnte. Zur Klärung der Frage, welche Auswirkungen die PFT-Fracht im Trinkwasser bereits ausgelöst hatte, fand im Herbst 2006 eine "Querschnittstudie zur Untersuchung der inneren Belastung von Mutter-Kind-Paaren und Männern" der Abteilung für Hygiene, Sozial- und Umweltmedizin der Ruhr-Universität C4. statt, bei der sich herausstellte, dass die Belastung der Probanden insbesondere mit PFOA um ein Vielfaches höher war als der sog. Vergleichswert. Folgeuntersuchungen zeigten einen Rückgang der PFOA-Belastung, der zwischen 23 und 40 % im ersten Jahr sowie zwischen 15 und 24 % im Folgejahr lag.
13Eine von der beim Umweltbundesamt angesiedelten Trinkwasserkommission des Bundesministeriums für Gesundheit am 21. Juni 2006 erstellte vorläufige Bewertung von PFT im Trinkwasser kam zu der Einschätzung, dass derzeit zumindest ein sekundär gentoxisches Wirkungspotential von PFOA und ein daraus abzuleitendes karzinogenes Potential von PFOA und/oder PFOS für den Menschen in vorerst nicht quantifizierbarer Höhe nicht sicher auszuschließen sei. Ausgehend davon empfahl die Trinkwasserkommission unter anderem als Höchstwerte für die Summen aus PFOA und PFOS im Trinkwasser einen lebenslang duldbaren Vorsorgewert (GOW) von ≤ 0,1 µg/l und einen lebenslang gesundheitlich duldbaren Leitwert für alle Bevölkerungsgruppen ≤ 0,3 µg/l.
14Am 22. September 2006 fand eine Besprechung zwischen Bediensteten des Beklagten und dem Kläger statt mit dem Ziel, die Sanierung der PFT-belasteten Fläche in C2. -T. im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags zwischen der U. W. und dem Beklagten zu regeln. Unter dem 25. September 2006 fertigte ein Bediensteter des Beklagten einen Vermerk, in dem unter anderem Überlegungen zur Störerauswahl und zu den seinerzeit diskutierten unterschiedlichen Sanierungsverfahren festgehalten sind.
15Nachdem es zu dem beabsichtigten Vertragsschluss nicht gekommen war, gab der Beklagte der U. W. mit Verfügung vom 26. September 2006 auf, umgehend die Sanierung der oben genannten Flurstücke in C2. -T. zu veranlassen und eine weitere Belastung der Gewässer, des Grundwassers und der Trinkwasserversorgung zu unterbinden bzw. zu minimieren. Zu diesem Zweck bezeichnete der Beklagte zahlreiche Einzelmaßnahmen sowie Fristen, die zu beachten seien. Gegen diese Entscheidung erhob die U. W. Widerspruch, dem der Beklagte mit Bescheid vom 13. Oktober 2006 teilweise abhalf, indem er Fristen neu regelte. Auch gegen diesen Bescheid legte die U. W. Widerspruch ein, den die Bezirksregierung B1. mit Bescheid vom 30. Januar 2007 zurückwies. Klage wurde nicht erhoben; ein zuvor eingeleitetes Eilrechtsschutzverfahren war in beiden Rechtszügen im Wesentlichen erfolglos (VG Arnsberg, Beschluss vom 6. Oktober 2006 ‑ 14 L 943/06 ‑; OVG NRW, Beschluss vom 3. November 2006 ‑ 20 B 2273/06 ‑).
16Nach Erlass der Verfügung vom 26. September 2006 stellte die U. W. einen Antrag auf Einleitung des Insolvenzverfahrens, woraufhin das Amtsgericht Mühlhausen mit Beschluss vom 19. Dezember 2006 die vorläufige Insolvenzverwaltung anordnete. Vor diesem Hintergrund untersuchte der Beklagte ausweislich eines Aktenvermerks vom 16. November 2006 die Möglichkeit der Inanspruchnahme weiterer Störer. Dort heißt es, angesichts des noch ungewissen Ausgangs des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei kein kompletter Störerwechsel geboten, jedoch die parallele Heranziehung weiterer Störer. In Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erscheine es angezeigt, neben der U. W. die H. -V. , die das PFT-belastete Material gemischt und in Verkehr gebracht habe, den Kläger persönlich, der als Geschäftsführer die Geschicke beider Firmen geleitet und damit letztlich auch das Inverkehrbringen des Materials gelenkt habe, sowie die Pflanzen-H1. GmbH als Pächterin der betroffenen Flächen in Anspruch zu nehmen. Zur finanziellen Leistungsfähigkeit dieser Störer lägen keine abschließenden Erkenntnisse vor. Gleichwohl dürfe zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon ausgegangen werden, dass diese gegeben sei, jedenfalls fehle es an entgegenstehenden Informationen. Dies gelte auch für den Kläger. Im Hinblick auf die diversen zur "Firmengruppe X. " gehörenden und als GmbH geführte Unternehmen seien möglicherweise Finanzmittel in Form von Gesellschaftereinlagen vorhanden. Daneben dürfte auch ein Einkommen aus den verschiedenen Geschäftsführertätigkeiten erzielt werden. Die ebenfalls denkbare Inanspruchnahme der Flächeneigentümer gestalte sich aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hingegen als problematisch, zumal der Verkehrswert der Grundstücke deutlich unter den Sanierungskosten liege. Unter Effektivitätsgesichtspunkten erscheine die Inanspruchnahme mehrerer Eigentümer für eine Maßnahme zudem eher hinderlich. Ferner seien die Flächen gänzlich verpachtet gewesen, sodass die Eigentümer auf die Ausbringung des fraglichen Bioabfalls keinen Einfluss gehabt hätten.
17Unter dem 17. November 2006 erließ der Beklagte eine an den Kläger gerichtete Ordnungsverfügung, mit der er diesem aufgab, umgehend die Sanierung der Grundstücke in C2. -T. zu veranlassen und eine weitere Belastung der Gewässer, des Grundwassers und der Trinkwasserversorgung zu unterbinden bzw. zu minimieren (Nr. 1). Er ordnete an, die Sanierung habe unter gutachterlicher Begleitung eines nach § 18 BBodSchG zugelassenen Büros zu erfolgen (Nr. 2). Die erforderlichen Anlagen seien unverzüglich zu errichten und in Betrieb zu nehmen, wobei sich die Sanierung in drei Arbeitsbereiche gliedere, nämlich Maßnahmen auf der Nordfläche, Maßnahmen auf der Südfläche sowie Bau und Betrieb einer Wasserbehandlungsanlage (Nr. 3). Mit den die Nordfläche betreffenden Arbeiten sei spätestens am 4. Dezember 2006 zu beginnen. Die dafür erforderliche Detailplanung werde derzeit erstellt und ihm ‑ dem Kläger ‑ kurzfristig zur Verfügung gestellt (Nr. 3.1). Auch die Detailplanungen für die Südfläche und die Wasserbehandlungsanlage würden kurzfristig zur Verfügung gestellt. Mit den Bau- und Installationsarbeiten für die Wasserbehandlungsanlage sei spätestens binnen sieben Tagen nach Bekanntgabe des konkretisierenden Bescheids, der die zugehörigen Planungsunterlagen enthalte, zu beginnen. Für die die Südfläche betreffenden Bau- und Installationsarbeiten gelte insoweit eine Frist von 14 Tagen nach Bekanntgabe des entsprechenden konkretisierenden Bescheids (Nr. 3.2). Weitere Einzelheiten seien jeweils mit ihm ‑ dem Beklagten ‑ und dem zu beauftragenden Gutachter abzustimmen. Als Sanierungszielwert für das unbehandelte Sickerwasser werde ein Wert von 0,1 µg/l PFT gesamt festgesetzt. Der Nachweis über eine erfolgreiche Sanierung sei erbracht, wenn die Belastung des unbehandelten Sickerwassers mindestens drei Monate lang unterhalb dieses Werts bleibe. Die Wirksamkeit der Anlage sei durch ein entsprechendes Anlagen- und Gewässermonitoring nachzuweisen. Einzelheiten seien mit ihm ‑ dem Beklagten ‑ und dem Gutachter abzustimmen (Nr. 4). Für den Fall, dass der Kläger den Anordnungen nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkomme, werde das Zwangsmittel der Ersatzvornahme angedroht (Nr. 5). Schließlich versah der Beklagte seine Entscheidung mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung (Nr. 6). Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Rechtsgrundlage des Bescheids seien §§ 10, 4 BBodSchG. Durch das Aufbringen PFT-haltiger Materialien sei eine schädliche Bodenveränderung im Sinne von § 2 Abs. 3 BBodSchG eingetreten. Die Bodenbelastung verursache nachweislich eine Gewässerverunreinigung, indem das Sickerwasser über die Steinbecke, die Bermecke und die Möhne in den Möhnesee fließe, der als Trinkwasserspeicher genutzt werde. Da die U. W. zwischenzeitlich einen Insolvenzantrag gestellt habe und ihre tatsächliche Leistungsfähigkeit somit fraglich sei, sei es aus Gründen der Effektivität der Gefahrenabwehr angezeigt, parallel auch den weiteren Handlungsstörern die Durchführung der Sanierung aufzuerlegen. Neben der H. -V. sei der Kläger als Geschäftsführer der Firmen, die die Bodenverunreinigung verursacht hätten, selbst ordnungspflichtig. Als handelnder Geschäftsführer sei er mit den aufgebrachten Stoffen vertraut und damit in der Lage, die bestehende Gefahr ebenso effektiv zu beseitigen wie die beiden von ihm vertretenen und ebenfalls als Handlungsstörer in Anspruch genommenen Firmen. Die getroffenen Anordnungen seien ermessengerecht und insbesondere verhältnismäßig. Ein Bodenaustausch erscheine zurzeit als zu aufwändig und wegen der Mobilität der Stoffe auch kaum sinnvoll. Eine Sanierung allein mittels Bakterieneinsatzes sei nach derzeitigem Erkenntnisstand ungeeignet. Über tatsächlich geeignete Verfahren lägen noch keine Informationen vor. Eine weitere Verzögerung zum Zweck der Durchführung entsprechender Versuchsreihen sei insbesondere im Hinblick auf die PFT-Belastungen in Möhne und Ruhr nicht tolerierbar.
18Nachdem die IFUA Projekt-GmbH eine Detailplanung für die nördliche Teilfläche des belasteten Geländes erstellt hatte, konkretisierte der Beklagte seine Verfügung vom 17. November 2006 mit Verfügung vom 21. November 2006, mit der er dem Kläger aufgab, die Sanierung der Nordfläche nach Maßgabe der Planung des Ingenieurbüros auszuführen.
19Gegen beide Entscheidungen legte der Kläger Widerspruch ein, zu dessen Begründung er insbesondere die Störerauswahl beanstandete. Gleichzeitig machte er ein Eilrechtsschutzverfahren anhängig, das in beiden Rechtszügen erfolglos war (VG Arnsberg, Beschluss vom 19. Dezember 2006 ‑ 14 L 1104/06 ‑; OVG NRW, Beschluss vom 26. März 2007 ‑ 20 B 61/07 ‑). Mit zwei Bescheiden vom 18. April 2008 und vom 21. April 2008 wies die Bezirksregierung B1. die Widersprüche des Klägers als unbegründet zurück.
20Ebenfalls unter dem 17. November 2006 ‑ wiederum konkretisiert durch Bescheid vom 21. November 2006 ‑ verfügte der Beklagte gegenüber der H. -V. inhaltsgleiche Sanierungsanordnungen. Ein dagegen gerichteter Eilantrag wurde in zweiter Instanz abgelehnt (OVG NRW, Beschluss vom 21. März 2007 ‑ 20 B 99/07 ‑). Durch Beschluss vom 19. Februar 2007 bestellte das Amtsgericht Paderborn einen vorläufigen Insolvenzverwalter. Am 25. Juli 2008 wurde über das Vermögen der H. -V. das Insolvenzverfahren eröffnet.
21Nachdem der Beklagte zunächst fälschlich die Pflanzen-H. GmbH als Pächterin der mit PFT belasteten Flächen in T. angesehen und dementsprechend mit Bescheid vom 23. November 2006 als zusätzliche Sanierungspflichtige herangezogen hatte, verpflichtete er mit Ordnungsverfügung vom 6. Februar 2007 auch die Baumschule B. H1. und Sohn bzw. deren Inhaber zur weiteren Sanierung. Diese Ordnungsverfügung wurde erstinstanzlich aufgehoben (VG Arnsberg, Urteil vom 22. Juni 2009 ‑ 14 K 2826/08). Über den Antrag auf Zulassung der Berufung des Beklagten ist noch nicht entschieden.
22Mitte 2006 im Nachgang zu den festgestellten PFT-Verunreinigungen aufgenommene staatsanwaltliche Ermittlungen führten Anfang 2010 zur Anklageerhebung unter anderen gegen den Kläger, den Betriebsleiter der H. -V. in
23C. , N1. B2. , sowie mehrere Verantwortliche der belgischen P. . Am 11. April 2013 stellte das Landgericht Paderborn das Strafverfahren (2 KLs 4/10) nach 15monatiger Verhandlung gegen Zahlung von Geldauflagen (insgesamt 440.000 Euro, davon 100.000 Euro auf den Kläger entfallend) ein.
24Der Kläger hat am 14. Mai 2008 Klage erhoben und zu deren Begründung im Kern vorgetragen:
25Es fehle bereits an seiner persönlichen Verantwortlichkeit für mögliche Bodenverunreinigungen. Er sei zwar Geschäftsführer beider Firmen gewesen, habe eine Umweltgefährdung jedoch nicht durch eigenes Handeln herbeigeführt. Im Übrigen seien die von der U. W. in T. aufgebrachten Materialien für die festgestellten PFT-Verunreinigungen nicht (allein) ursächlich. Die im Boden gemessenen PFT-Gehalte ließen sich durch die entsprechenden Lieferungen nicht erklären. Es fehle an Feststellungen dazu, dass das Gelände mit Material versehen worden sei, dessen PFT-Konzentration die tatsächlich festgestellte Belastung des Bodens habe herbeiführen können. Gleiches Material aus gleichen Chargen sei auch auf andere Flächen gelangt, ohne dass dort Belastungen festgestellt worden seien. Untersuchungen des Betriebsgeländes der H. -V. hätten nur eine geringfügige PFT-Belastung ergeben. Verschiedene Messungen hätten zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt, weil noch keine validierte Messmethode existiert habe. In T. sei zudem nur ein Hektar beprobt worden, um die dabei gefundenen Ergebnisse auf zehn Hektar hochzurechnen. Wären weitere Flächen beprobt worden, wäre man zudem auch dort fündig geworden. Soweit die PFT-Werte in Ruhr und Möhne deutlich höher seien als in anderen Flüssen, sei dies nicht allein auf das Areal in T. zurückzuführen. Ein ehemaliger Abteilungsleiter im Umweltministerium schließe dies vollständig aus. Das PFT-Vorkommen in der Ruhr gehe vielmehr zu einem beträchtlichen Prozentsatz (etwa 50 %) auf die vom Ruhrverband betriebenen Kläranlagen zurück. Diese seien nicht darauf ausgelegt, PFT oder andere biologisch nicht abbaubare Stoffe aus den Abwässern zu entfernen. PFT befinde sich jedoch in den Abwässern aus Haushalten sowie in Industrie- und Gewerbeabwässern. Im Weiteren habe der Beklagte zu Unrecht eine Gefahr angenommen. Die Trinkwasserverordnung sehe für PFT keine spezifischen Grenzwerte vor. PFOA sei jedoch nach Wasserrecht voll bewertet. Nach den Verwaltungsvorschriften für wassergefährdende Stoffe werde PFOA in die Wassergefährdungsklasse (WGK) 2 eingestuft. Vor diesem Hintergrund stelle sich die Bewertung von PFT durch die Trinkwasserkommission als fehlerhaft dar. Bedenken beständen auch gegen die Unbefangenheit der Mitglieder der Kommission. Prof. Dr. F. sei bereits für den Beklagten gutachterlich unterstützend tätig geworden. Prof. Dr. F1. unterliege als Direktor des Instituts, das die Belastung der Ruhr und der Möhne entdeckt habe, einem Interessenkonflikt. Im Ergebnis sei ein relevantes Risiko bis heute nicht festgestellt worden. Namentlich könne von keiner Krebsgefahr ausgegangen werden, weil in diesem Fall der fragliche Stoff in die WGK 3 einzustufen wäre. Die getroffenen Maßnahmen seien zudem unverhältnismäßig. Die vorgegebene Sanierung sei zur Zweckerreichung nicht geeignet. Die fragliche Fläche trage nur in geringem Maße zu der Verschmutzung der Ruhr bei. Die Steinbecke liefere lediglich 7 % der Wassermenge, die schließlich im Möhnesee lande. Die isolierte Sanierung der Ackerfläche ohne umfassendes Sanierungskonzept sei deshalb sinnlos. Der Einbau des Filters sei nutzlos und in seiner Wirkung höchst minimal. Während der Bauarbeiten sei das bis dahin im Boden gebundene PFT mobilisiert worden. Weil zum damaligen Zeitpunkt keine Filteranlage vorhanden gewesen sei, sei die mobilisierte Fracht ohne jede Klärung in das Gewässer abgegeben worden. Allein dass die PFT-Werte nach der Sanierung geringer seien als während der Sanierungsarbeiten, belege daher nicht die Wirksamkeit der Filterung. Die Maßnahme sei auch nicht erforderlich. Der festgesetzte Sanierungszielwert sei weder in der Bundesbodenschutzverordnung noch in der Trinkwasserverordnung vorgesehen. Der Ablauf müsse letztlich keine Trinkwasserqualität haben. Zum Schutz des Wasserwerks Möhnebogen habe es der Anlage nicht bedurft, weil dort ohnehin eine Aktivkohlefilteranlage eingebaut worden sei, die weiterhin in Funktion sei. Als gleich geeignetes, aber kostengünstigeres Mittel hätte die Sanierung im Wege der Evapotranspiration zur Verfügung gestanden. Darüber hinaus sei Maßnahme unangemessen. Die Störerauswahl sei fehlerhaft, weil er ‑ der Kläger ‑ als Privatperson gar nicht in der Lage sei, auch nur ansatzweise so effektiv zu handeln wie ein Unternehmen. Es fehlten ihm sowohl die finanziellen als auch die sachlichen Mittel. Schließlich werde rein vorsorglich die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gerügt, weil außer der Fläche bei S. keine weiteren Sanierungsmaßnahmen ‑ etwa im Bereich der Elpe ‑ erfolgt seien.
26Der Kläger hat beantragt,
27die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 17. November 2006 in der Gestalt der konkretisierenden Verfügung vom 21. November 2006 und die Widerspruchsbescheide der Bezirksregierung B1. vom 18. April 2008 und vom 21. April 2008 aufzuheben.
28Der Beklagte hat beantragt,
29die Klage abzuweisen.
30Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen. Es unterliege keinem vernünftigen Zweifel, dass die in Rede stehende PFT-Belastung durch die H. -V. und die U. W. verursacht worden sei. Auf die Fläche in T. sei noch 2006 das mit U. G. bezeichnete Material aufgebracht worden. Dabei habe es sich nicht um Bioabfall gehandelt, sondern um ein Gemisch unterschiedlichster Herkunftsarten, das von beiden Firmen unter anderem aus Belgien bezogen worden sei. Die Aufbringung habe eine schädliche Bodenveränderung hervorgerufen. Dem Wasserwerk Möhnebogen seien PFT-Frachten zugeleitet worden, die nach Lage der Dinge in ihrer Masse eindeutig aus der sog. Punkteinleitung in T. stammten. Fehle es bezüglich eines Stoffes, der typischerweise schädlich oder gefährlich sei, an einem Grenzwert, dürfe dieser abgesehen von extremen Kleinstmengen überhaupt nicht in ein Medium eingetragen werden, in welchem sich die Gefährlichkeit oder Schädlichkeit des Stoffes verwirklichen könne. Dies treffe auf PFT zu, die nach allen derzeit vorliegenden Erkenntnissen grundsätzlich geeignet seien, die menschliche Gesundheit zu schädigen. Für die schädliche Bodenveränderung sei der Kläger infolge seiner Geschäftsführertätigkeit in den Unternehmen persönlich verantwortlich. Auf der Rechtsfolgenseite habe der Beklagte sein Ermessen zutreffend ausgeübt. Die gewählte Sanierungsmaßnahme sei sowohl geeignet als auch erforderlich sowie angemessen. Der festgesetzte Sanierungszielwert lasse sich auf entsprechende wissenschaftliche Veröffentlichungen stützen. Ob auch an anderen Orten dringender Sanierungsbedarf bestanden habe, könne dahinstehen. Jedenfalls sei im November 2006 der Zusammenhang zwischen der PFT-Belastung in T. und der problematischen Trinkwasseraufbereitung im Wasserwerk Möhnebogen in jeder Hinsicht geklärt gewesen. Die dort installierten Filter seien schließlich nur eine Sekundärmaßnahme, die zwar das Trinkwasser reinigen, nicht aber die schädliche Bodenveränderung als solche beseitigen könne. Um diese auf längere Sicht beheben zu können, bedürfe es weiterhin der vom Beklagten angeordneten Maßnahmen.
31Nach Zulassung der Berufung gegen das Urteil hat der Kläger zu deren Begründung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen zunächst Folgendes vorgetragen:
32Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Verursachung der PFT-Belastungen in T. könnten keinen Bestand haben. Es sei bereits zweifelhaft, ob die in Rede stehenden Flächen in dem angenommenen Maße kontaminiert seien. Die vom Beklagten übernommene Schätzung beruhe auf der Auswertung von Stichproben, die angesichts der sehr heterogenen Belastungssituation auf dem Gesamtareal nicht hinreichend aussagekräftig seien. Im Übrigen fehle es an belastbaren Nachweisen, dass die festgestellte Belastung mit PFT auf das Aufbringen des Bodenverbesserers U. G. zurückzuführen sei. Eine Verunreinigung von U. G. durch PFT sei nicht belegt. Tatsächlich habe es sich um Bioabfall gehandelt, der im Wesentlichen aus Schlämmen von Betrieben der biologischen Lebensmittel- und Genussmittelherstellung und zu einem geringen Teil aus Gesteinsmehl bestanden habe. Die zur Herstellung verwendeten Eingangsstoffe seien im Auftrag der H. -V. von der Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt in Kiel, Institut für Tiergesundheit und Lebensmittelqualität (im Folgenden: LUFA-ITL), fortlaufend auf Schad- und Fremdstoffe analytisch untersucht worden. Dass die von der P. zwischen 2002 und 2006 auf der Grundlage bestehender Umweltverträge bezogenen Materialien Schlämme auch aus industriellen Herkunftsbereichen enthalten hätten oder es sonst zu einer Vermischung mit industriellen Abfällen gekommen sei, werde bestritten. Hierfür fehle es zumal mit Blick auf die zwischenzeitliche Einstellung des Strafverfahrens an stichhaltigen Beweisen. Diese ergäben sich insbesondere ‑ hierzu führt der Kläger jeweils im Einzelnen näher aus ‑ weder aus der Bezeichnung der bezogenen Schlämme noch aus den Angaben des belgischen Umweltinspektors E1. während des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, auf die sich das Verwaltungsgericht in seiner Beweiswürdigung maßgeblich gestützt habe. Soweit bei den behördlichen Untersuchungen des Betriebsgeländes der H. -V. in C. in Abwassertanks PFT-belastete Restschlammmengen gefunden worden seien, erlaube dies keine Rückschlüsse auf die Ursache der T. Bodenverunreinigung. Zum einen habe auf den fraglichen Lagerplatten, in deren Abwassertanks PFT festgestellt worden sei, lediglich kommunaler Klärschlamm gelagert. Zum anderen seien die gemessenen PFT-Gehalte viel zu niedrig, um die Belastung in T. damit begründen zu können. Hinzu komme, dass man PFT ebenfalls auf solchen Flächen nachgewiesen habe, die zu keinem Zeitpunkt mit U. G. beaufschlagt worden seien. Eine Charge der Januar 2006 erfolgten U. G. -Lieferung sei zudem auf andere Grundstücke des Baumschulbetriebs H1. in C2. -S1. aufgebracht worden. Diese hätten danach jedoch nur eine geringe PFT-Belastung aufgewiesen, die im Rahmen dessen gelegen habe, was bei landwirtschaftlich genutzten Böden üblich sei. Vor diesem Hintergrund müsse davon ausgegangen werden, dass die festgestellten PFT-Verunreinigungen des Areals in T. maßgeblich auf anderen Ursachen beruhten, etwa der langfristigen Verwendung von Dünge- und Spritzmitteln oder dem Aufbringen von Klärschlämmen. Düngemittel könnten ebenso wie spezifische Spritzmittel ‑ die Fläche sei bekanntermaßen längere Zeit für die Kultur von Weihnachtsbäumen genutzt worden ‑ PFT-haltige Einsatzstoffe enthalten; auch Klärschlämme aus kommunalen Kläranlagen seien teilweise erheblich mit PFT belastet.
33Ausgehend davon, dass den in T. ausgebrachten Mengen U. G. keine Schlämme aus industriellen Herkunftsbereichen beigemischt gewesen seien, unterfielen beide Lieferungen 2004 und 2006 ausschließlich den Vorschriften der Bioabfallverordnung und des Düngemittelrechts. Das Bundes-Bodenschutzgesetz gelte insoweit nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 4 BBodSchG nur subsidiär, was zusätzlich dadurch belegt werde, dass die Düngemittelverordnung in ihrer aktuellen Fassung nunmehr einen Grenzwert für PFT festlege. Das Bodenschutzrecht finde daher erst dann Anwendung, wenn Bioabfallabfall oder Dünger unter Missachtung der speziellen fachgesetzlichen Vorgaben aufgebracht werde. Dies sei indes nicht der Fall gewesen. Weil weder in der Bioabfallverordnung noch im Düngemittelrecht oder im Kreislaufwirtschafts(- und Abfall)gesetz den §§ 4 und 10 BBodSchG entsprechende Vorschriften enthalten seien, fehle es den angefochtenen Ordnungsverfügungen vor diesem Hintergrund an einer Ermächtigungsgrundlage.
34Unterstelle man, dass die U. G. -Lieferungen vom Mai 2004 und Januar 2006 mit PFT belastet gewesen seien, treffe ihn ‑ den Kläger ‑ dafür jedenfalls keine persönliche Handlungsverantwortlichkeit. Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung sei, wer die letzte, die Gefahrengrenze überschreitende Ursache gesetzt habe. Das gelte für ihn nicht. Im Jahr 2006 habe er als Geschäftsführer insgesamt sieben Unternehmen zu leiten gehabt, die jeweils arbeitsteilig organisiert gewesen seien. In das Tagesgeschäft sei er schon aus Zeitgründen in keinem Fall eingebunden gewesen. Angenommen, die P. habe sich vertragswidrig verhalten und gegen die geltenden Umweltverträge verstoßen, wäre ihm dies als Geschäftsführer der Firmen H. -V. und U. W. nur dann zuzurechnen, wenn er daran mit eigenen Handlungsbeiträgen (Tun oder Unterlassen) beteiligt gewesen wäre. Weder er noch seine Mitarbeiter hätten jedoch von einer eventuellen Mitlieferung industrieller Schlämme gewusst. Im Übrigen habe er 2002 lediglich den Geschäftskontakt mit der P. angebahnt. Für die Abwicklung der Verträge der H. -V. mit der P. habe der Betriebsleiter N1. B2. die betriebliche Verantwortung getragen. Ebenso seien die Herstellung von U. G. einschließlich der Beschaffung der Einsatzstoffe und des Bezugs der Schlammmaterialien, der Vertrieb und die Auslieferung allein Aufgabe des Betriebsleiters gewesen. Er ‑ der Kläger ‑ selbst habe darauf keinen Einfluss genommen. Von einer zentralen und umfassenden Steuerung der fraglichen, für die streitgegenständliche schädliche Bodenveränderung angeblich ursächlichen Vorgänge könne daher keine Rede sein. Bei ihm seien vielmehr nur Organisations-, Aufsichts- und Kontrollpflichten verblieben. Die habe er indes nicht verletzt. Er habe Herrn B2. regelmäßig überwacht, ohne dass sich dabei Beanstandungen ergeben hätten. Eine Verunreinigung angelieferter Schlämme sei nicht zu erkennen und auch durch entsprechende, von ihm beauftragte Analysen der LUFA-ITL nicht festzustellen gewesen, da eine Untersuchung auf PFT bis 2006 nicht stattgefunden habe. Die Idee, Schlämme und Bioabfälle für die Produktion von Bodenhilfsstoffen und Bodenverbessern zu nutzen, gehe schließlich nicht auf ihn, sondern auf seine älteren Brüder zurück, die dies schon ab 1990 praktiziert hätten.
35Die angefochtenen Ordnungsverfügungen litten unter Ermessensfehlern. Dies betreffe zunächst die Störerauswahl. Der Beklagte habe nicht nur ihn, sondern zuvor auch schon die Firmen H. -V. und U. W. als Verursacher für die Sanierung der Grundstücke in T. herangezogen. Daneben habe er den Inhaber der Baumschule H1. als Zustandsstörer in Anspruch genommen. Die gleichzeitige Heranziehung mehrerer Störer sei zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden, stelle sich hier aber als Übermaßregelung dar, weil nicht erkennbar sei, welcher Störer welche der festgelegten Sanierungsmaßnahmen zu erfüllen habe. Überdies habe der Beklagte nicht geprüft, ob er ‑ der Kläger ‑ überhaupt finanziell leistungsfähig sei. Für eine ermessensgerechte Auswahl zwischen mehreren Störern sei die Frage der Leistungsfähigkeit von wesentlicher Bedeutung. Da er infolge der Liquidation der H. -V. und der U. W. und des dadurch bedingten Verlusts seiner Anstellung als Geschäftsführer kein laufendes Einkommen mehr habe erzielen können und er auch über kein Geld- und Sachvermögen mehr verfüge, habe auf der Hand gelegen, dass ihm die finanziellen Mittel für die verlangte Sanierung fehlten. Zudem habe er im Rahmen des vom Beklagten betriebenen Zwangsvollstreckungsverfahrens eine eidesstattliche Versicherung abgegeben.
36Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen bedürfe es unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten jedenfalls der Festsetzung einer Obergrenze der Kostenlast. In Anlehnung an die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Grundsätze zur Begrenzung der Zustandsstörerhaftung müsse auch für die Verursacherhaftung gelten, dass eine Inanspruchnahme dann unzumutbar sei, wenn sie dem Betroffenen ‑ wie hier ‑ die Grundlage zur weiteren Lebensführung entziehe. Im Übrigen erscheine es sachgerecht, die Kostenlast des Verursachers auf das Vermögen zu begrenzen, das in einem funktionellen Zusammenhang mit der die schädliche Bodenveränderung verursachenden Tätigkeit stehe, hier also das Firmenvermögen und die Einkünfte aus der Geschäftsführertätigkeit.
37Es verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, dass er ‑ der Kläger ‑ anders behandelt werde als der im Kreis Soest zur Sanierung eines weiteren Belastungsschwerpunkts herangezogene Pächter I1. . In dem Verfahren VG Arnsberg 14 K 2826/08 habe das Verwaltungsgericht die an die Pächterin der T.
38Flächen, die Firma Baumschule B. H1. und Sohn, gerichtete Ordnungsverfügung mit der Begründung aufgehoben, es bestehe kein sachlicher Grund, beide Pächter in unterschiedlichem Maße in Anspruch zu nehmen. Für ihn könne im Ergebnis nichts anderes gelten. Der Pächter I1. müsse aufgrund des mit dem Kreis Soest geschlossenen Sanierungsvertrags aber nur für etwa 13 % der Sanierungskosten aufkommen.
39Schließlich sei die vom Beklagten angeordnete Sanierungsmaßnahme unverhältnismäßig. Da ihm ‑ dem Kläger ‑ mit den angefochtenen Ordnungsverfügungen über einen längeren Zeitraum fortdauernde Handlungspflichten im Sinne eines Dauerverwaltungsakts auferlegt worden seien, komme es maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an. Das berücksichtigend erweise sich die verlangte Sanierung als sinnlos und damit als ungeeignet, weil sie bis heute ohne messbaren Erfolg geblieben sei. Die aktuell von dem fraglichen Gelände ausgehende PFT-Belastung der Bäche Steinbecke und Bermecke unterscheide sich nicht von der vor Beginn der Maßnahme. Lediglich während der Installation der Drainageleitungen seien offenbar bedingt durch die damit verbundenen Erdbewegungen vorübergehend stark erhöhte PFT-Werte gemessen worden. Darüber hinaus sei die Risikobewertung von PFT nach wie vor nicht abgeschlossen. Gerade vor diesem Hintergrund sei es nicht verhältnismäßig, eine einzelne Fläche, deren Relevanz für die PFT-Belastung der Möhnetalsperre ohnehin fraglich sei, mit einem extrem hohen tatsächlichen und finanziellen Aufwand zu sanieren, statt bei der Trinkwassergewinnung selbst anzusetzen. Dort könne durch den Einsatz von Aktivkohlefiltern, wie er ja auch tatsächlich erfolge, bei wesentlich geringerem finanziellem Aufwand ein letztlich vergleichbares Resultat erzielt werden. Insoweit fehle es auch an jeder Rechtfertigung, an das von der Fläche in T. austretende Sickerwasser mit der Festschreibung eines Sanierungszielwerts von 0,1 µg/l PFT bereits die Anforderungen zu stellen, die hinsichtlich der PFT-Belastung von Trinkwasser gelten würden. Dessen ungeachtet sei ein Sanierungszielwert von 0,1 µg/l PFT auch für sich genommen nicht tragfähig. Die Sanierungszielwertfestsetzung beruhe auf der vorläufigen Bewertung von PFT im Trinkwasser durch die Trinkwasserkommission beim Umweltbundesamt. Die Trinkwasserkommission habe seinerzeit einen lebenslang duldbaren Vorsorgewert (GOW) von maximal 0,1 µg/l für die Summen aus PFOA und PFOS empfohlen. Die dem zugrunde liegenden Annahmen entsprächen jedoch nicht dem mehr aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand.
40Im Laufe des Berufungsverfahrens hat sich der Beklagte zur Überprüfung der Sanierungszielwertfestsetzung entschlossen und zu diesem Zweck die IFUA Projekt-GmbH mit der gutachtlichen Ableitung eines einzelfallbezogenen Sanierungszielwerts beauftragt. Nach Vorlage des Gutachtens vom Dezember 2014, wegen dessen Inhalts auf die Beiakte Heft 71 (dort Anlage 2) Bezug genommen wird, hat der Beklagte den Kläger zu einer Änderung der Ordnungsverfügung vom 17. November 2006 angehört. Es sei beabsichtigt, die unter Nr. 4 getroffene Anordnung mit Wirkung für die Zukunft zu widerrufen. Anstelle des bisherigen Sanierungszielwerts solle ein neuer vorläufiger Sanierungszielwert für das unbehandelte Sickerwasser von 0,1 µg/l für PFOS und von 0,5 µg/l für die Summe aus PFOS und PFOA festgesetzt werden. Zur Begründung hat der Beklagte dabei im Wesentlichen ausgeführt, die Neufestlegung stütze sich auf das IFUA-Gutachten vom Dezember 2014, in dem auf der Grundlage des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands und unter Skizzierung maßgeblicher Nutzungsszenarien einzelfallbezogen Zielwerte für die Sanierung der PFT-belasteten Fläche in C2. -T. abgeleitet würden. Bei der Betrachtung der für die Sanierung maßgebenden Wirkungspfade bilde der Wirkungspfad Oberflächengewässer - Fisch - Mensch (Fischverzehr) aufgrund der persistenten Eigenschaften der PFT sowie deren Anreicherung in der aquatischen Nahrungskette die sensibelsten Wirkungen für die menschliche Gesundheit ab. Als Hauptbelastungsparameter seien die Leitsubstanzen PFOS und PFOA anzusehen; als Maßstab für Oberflächengewässer dienten unter anderem die Umweltqualitätsnormen. Mit der Richtlinie 2013/39/EU sei PFOS in die EU-weite Liste der prioritären Stoffe nach der Richtlinie 2008/105/EG aufgenommen worden. Ziel der Umweltqualitätsnormen sei es, einen guten chemischen Zustand der Oberflächengewässer in Bezug auf die genannten Stoffe zu erreichen und eine Verschlechterung des chemischen Zustands der Oberflächengewässer in Bezug auf diese Stoffe zu verhindern. Speziell für PFOS gelte eine Umweltqualitätsnorm von 0,00065 µg/l (Jahresdurchschnitt), deren Umsetzung bis 2027 vorgegeben sei. Diese Vorgabe werde jedoch auch bei Betreiben der Reinigungsanlage in den betroffenen Gewässern Steinbecke und Möhne deutlich überschritten. Vorrangiges Ziel müsse es daher sein, eine Verschlechterung des chemischen Zustands beider Gewässer aufgrund der Sickerwassereinträge zu verhindern. Das werde mit einem Sanierungszielwert von 0,1 µg/l für PFOS erreicht, der für Steinbecke und Möhne keine Verschlechterung des Ist-Zustands aufgrund der Sickerwassereinträge erwarten lasse. Entsprechendes gelte für einen Sanierungszielwert von 0,5 µg/l für die Summe aus PFOS und PFOA. Die Festsetzung dieser Sanierungszielwerte sei daher erforderlich und angemessen, um das Wohl der Allgemeinheit in hinreichendem Maße zu schützen. Bei Zulassung höherer Werte seien sowohl die Schutzgüter aquatischer Lebensraum als auch Trinkwasser und menschliche Gesundheit gefährdet. Die Vertretbarkeit des wirtschaftlichen Sanierungsaufwands müsse sich an der Bedeutung des jeweiligen Schutzguts orientieren. Wichtige Schutzgüter wie die menschliche Gesundheit oder die aquatische Lebensgemeinschaft rechtfertigten deshalb einen höheren finanziellen Aufwand.
41Hierzu hat der Kläger wie folgt Stellung genommen: Das Erreichen der in Aussicht genommenen Sanierungszielwerte sei objektiv wie subjektiv unmöglich, was bereits zur Nichtigkeit führe. Das der Änderungsanhörung zugrunde liegende IUFA-Gutachten gehe selbst davon aus, dass der Wert der Summe von PFOS und PFOA bis zum Jahr 2027 nicht unter 20 µg/l sinke und auch der Jahresmittelwert von PFOA nicht auf den Wert von 0,1 µg/l falle. Werde die Anlage über diesen Zeitpunkt hinaus weiterbetrieben, würden die angestrebten Werte jedenfalls nicht innerhalb seiner ‑ des Klägers ‑ statistischen Lebenszeit erreicht. Das Gutachten beruhe zudem auf falschen Voraussetzungen. Dies betreffe zum einen die ‑ wie bereits früher dargelegt ‑ fehlerhafte Annahme eines ursprünglichen PFT-Inventars von 390 kg. Zum anderen werde nicht der aktuelle Kenntnisstand zur Toxikologie und Ökotoxikologie der PFT-Leitsubstanzen berücksichtigt. So werde in einer Abhandlung der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2009 für PFOA ein PNECaquatisch von 570 µg/l als zulässiger Grenzwert beschrieben. Dieser Wert (PNEC = Predicted No Effect Concentration) finde im Gutachten keine Erwähnung. Eine akute Toxizität von PFOS und PFOA sei im Übrigen nicht nachgewiesen, sondern werde lediglich als gering vermutet. Ob und gegebenenfalls in welcher Intensität eine Kanzerogenität bestehe, sei offen. Alle in dem Gutachten angeführten Grenzwerte seien daher als Vorsorgewerte zu verstehen. Als Sanierungszielwerte seien Vorsorgewerte jedoch unbrauchbar. Es könne nicht darum gehen, einen Zustand herzustellen, der bestände, wenn auf der fraglichen Fläche niemals PFT aufgetragen worden wäre, sondern es müsse (lediglich) ein Zustand herbeigeführt werden, der unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die möglichen Gefahren absenke, ohne sie völlig auszuschließen. Wenn in dem Gutachten für die im Wasser lebenden Tiere eine Konzentration von 0,0430 µg/l PFOS als Grenzwert angegeben werde, fehle es an einer Beurteilung des Jagdgebiets der in diesem Zusammenhang angeführten Vogelarten. Ferner werde übersehen, dass die dort genannten Vogelarten nicht vom Schutzgut Mensch verzehrt würden. Insoweit erfolge auch eine Verschiebung der beabsichtigten Schutzgüter, für die jedoch kein Ermessen ausgeübt worden sei. Während bislang der Trinkwasserschutz im Zentrum des Verwaltungshandelns gestanden habe, spiele jetzt der Wirkungspfad "Oberflächenwasser - Ökosystem" eine maßgebliche Rolle. Ferner arbeite das Gutachten zum Teil mit Messwerten, die wie die Umweltqualitätsnorm für Oberflächengewässer von 0,00065 µg/l PFOS gar nicht messbar seien. Die Tabelle 4 auf Seite 26 des Gutachtens enthalte in Bezug auf den Messwert "WH1" einen Fehler. Dabei handele es sich um einen Kontrollpunkt, der die Bezeichnung "Möhne oberhalb Bermecke" trage und mithin eine Messstelle bezeichne, bevor die Bermecke in die Möhne einleite. Die dortigen Werte für PFOS und PFOA lägen jedoch bereits seit Jahren unterhalb der Nachweisgrenze. Bei Durchsicht der Tabelle 4 falle überdies auf, dass die Möhne offenbar durch die Bermecke belastet werde. Insofern sei der Frage nachzugehen, ob die Belastung von der Kläranlage C2. -T. ausgehe und gegebenenfalls ob für diese Kläranlage vom Beklagten ein ähnlicher Sanierungsansatz wie bei ihm, dem Kläger, gewählt werde. Die Abbildung 6 auf Seite 30 des Gutachtens zeige, dass die Kläranlage C2. -T. die Möhne über die Bermecke im Mittel mit 0,028 µg/l PFOS belaste. Dieser Wert verbessere sich selbst bei Erreichen der angepeilten Sanierungszielwerte nicht. Davon abgesehen sei eine isolierte Betrachtung der Sanierungszielwerte, wie der Beklagte sie vornehme, nicht ausreichend. Nach den vorliegenden Erkenntnissen komme es bezogen auf PFOS alle 10,6 Jahre zu einer Halbierung, sodass bei einem Zielwert von 0,1 µg/l von einer Gesamtsanierungsdauer von etwa 100 Jahren ausgegangen werden müsse. Folge sei eine Vervielfachung der ursprünglich angenommenen Kosten, zumal während dieses Zeitraums mit einem zwei- bis dreimaligen Austausch der kompletten Anlage zu rechnen sei. Die enorme Kostensteigerung finde in den Erwägungen des Beklagten keine Berücksichtigung, was schon für sich genommen zu einem Ermessensausfall führe. Hinzutrete, dass die angesichts dieser Sachlage zwingende Prüfung eventuell kostengünstigerer Alternativlösungen (etwa Flächenversiegelung, Bodenaustausch) unterbleibe. Die Werte für PFOA wiederum halbierten sich alle 2,3 bis 4 Jahre. Demensprechend werde die PFOA-Konzentration "bereits" 2075 unterhalb der Nachweisgrenze liegen, sodass die Festsetzung eines Summenwerts aus PFOS und PFOA von 0,5 µg/l letztlich keine Relevanz habe. Faktisch bleibe es daher bei der Sanierungszielwertfestsetzung des Bescheids vom 17. November 2006. Schließlich beständen Bedenken hinsichtlich der Unbefangenheit der IFUA Projekt-GmbH.
42Als Reaktion auf die Äußerungen des Klägers hat der Beklagte eine weitere Stellungnahme der IFUA Projekt-GmbH vom April 2015 eingeholt, wegen deren Inhalts auf die Beiakte Heft 59 (dort Anlage 2) verwiesen wird. Sodann hat er mit Bescheid vom 12. Mai 2015 den Sanierungszielwert entsprechend dem Gutachten aus Dezember 2014 geändert. Die Änderung folge den gutachtlichen Äußerungen der IFUA Projekt-GmbH, die Bestandteil des Bescheids seien. Die nun festgesetzten Sanierungszielwerte seien verhältnismäßig. Die Sanierungsanlage habe eine extrem wirksame Verbesserung für die belasteten Gewässer gebracht. Allerdings würden im unbehandelten Rohwasser auch heute noch PFT-Konzentrationen von bis zu 130 µg/l gemessen, deren im Prinzip dauerhafte Einbringung in die fraglichen Gewässer nur durch den weiteren Betrieb der Sanierungsanlage verhindert werden könne. Aus heutiger Sicht entsprächen die nunmehr gewählten Sanierungszielwerte dem Gebot der Gefahrenabwehr. Schutzziele seien die menschliche Gesundheit (Trinkwasser und Konsum von Fisch aus belasteten Gewässern) sowie die Ökotoxikologie (insbesondere Schutz vor Anreicherung in der Nahrungskette) und der Status Quo der betroffenen Gewässer (Verschlechterungsgebot). Zwar ermöglichten die neuen Sanierungszielwerte nicht die Einhaltung der Umweltqualitätsnorm nach der Richtlinie 2013/39/EU in Steinbecke und Möhne, jedoch könne damit einer weiteren Verschlechterung des Ist-Zustands im Sinne der Vorgaben der Richtlinie entgegengetreten werden. Ebenso könnten das langfristige Mindestqualitätsziel von ≤ 0,1 µg/l PFT (nur für die Möhne) und der Vorschlag der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) zur Umweltqualitätsnorm hinsichtlich der Anreicherung von PFOS in der Nahrungskette eingehalten werden. Die jetzt festgesetzten Werte seien daher zum Schutz der genannten Ziele geeignet. Sie seien in ihrer Höhe auch erforderlich. Die gutachtliche Stellungnahme der IFUA Projekt-GmbH aus Dezember 2014 lege ausführlich dar, dass bereits geringfügig höhere Werte zu wesentlichen Nachteilen für die in den Blick zu nehmenden Schutzgüter führten. Darüber hinaus seien sie auch angemessen. PFT reicherten sich in den Körpern von Menschen und Tieren langfristig an. Beim Menschen zeigten sich Effekte auf die Leber sowie den Lipidstoffwechsel, im Tierversuch seien Kanzerogenität und Reproduktionstoxizität festgestellt worden. Zudem bauten sich PFT in der Natur nicht ab und neigten dazu, in der Nahrungskette zu akkumulieren. Einmal in die V. eingebracht, seien daher sehr langfristig negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit zu erwarten. Ausgehend davon sei es aus Gründen der Gefahrenabwehr geboten, die vorhandene Sanierungsmöglichkeit durch den Weiterbetrieb der Reinigungsanlage so lange zu gewährleisten, wie es die jetzt festgesetzten Zielwerte erforderten. Dabei werde nicht verkannt, dass die angeordneten Sanierungsmaßnahmen langfristig mit hohen finanziellen Belastungen einhergingen. Diese würden aber maßgeblich durch die vom Kläger zu vertretende Aufbringung des vermeintlichen Bodenverbessers und dessen sowohl sanierungstechnisch als auch umweltschutztechnisch problematische Eigenschaften verursacht. Andere Stoffgruppen erforderten mitunter ebenfalls langjährige Sanierungen. Auch aus heutiger Sicht seien im Übrigen keine anderen Sanierungs- oder Sicherungsmethoden ersichtlich, mit denen sich bei geringeren Kosten eine gleichermaßen effektive Wirkung erzielen ließe. Ein Austausch des belasteten Bodens hätte nach ursprünglichen Schätzungen ca. 15 bis 20 Mio. Euro gekostet, ohne im Hinblick auf die Tiefenverlagerung der Schadstoffe und die geologische Situation vor Ort eine vollständige Sanierung sicherzustellen. Eine Versiegelung der Fläche hätte angesichts ihrer Größe hohe Aufwendungen verursacht und umfangreiche Maßnahmen erfordert, um einen seitlichen Wassereintritt auszuschließen. Eine Sanierung allein mittels Bakterieneinsatzes oder ähnlicher Methoden komme bei den in Rede stehenden Stoffen nach wie vor nicht in Betracht. Schließlich liege auch keine objektive Unmöglichkeit vor. Die geänderten Sanierungszielwerte könnten technisch erreicht werden. Dass dies voraussichtlich nicht bis zum Jahr 2027 geschehen werde, sei unerheblich. Die Richtlinie 2013/39/EU begrenze die Sanierungsziele in zeitlicher Hinsicht nicht. Auch ein Fall zu Nichtigkeit führender subjektiver Unmöglichkeit sei nicht gegeben, da die Sanierungspflicht nicht höchstpersönlich sei.
43Zu dem Änderungsbescheid hat der Kläger nachfolgend in zwei Schriftsätzen vom 18. Mai 2015 und vom 19. Mai 2015 Stellung genommen, mit denen er insbesondere sein Vorbringen zur Belastung der Bermecke mit PFOS über die Kläranlage C2. -T. vertieft.
44Der Kläger beantragt,
45das angegriffene Urteil zu ändern und die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 17. November 2006 in der Gestalt der konkretisierenden Verfügung vom 21. November 2006 sowie die Widerspruchsbescheide der Bezirksregierung B1. vom 18. April 2008 und vom 21. April 2008 sowie die Änderungsverfügung des Beklagten vom 12. Mai 2015 aufzuheben.
46Der Beklagte beantragt,
47die Berufung zurückzuweisen.
48Zur Begründung verteidigt er das erstinstanzliche Urteil. Vertiefend und ergänzend trägt er vor: Die angefochtenen Bescheide seien zutreffend auf §§ 10, 4 BBodSchG gestützt. Sowohl die Bioabfallverordnung als auch das Düngemittelrecht regelten lediglich, welche Stoffe unter welchen Einschränkungen auf den Boden aufgebracht werden dürften. Sie regelten indes nicht, wie eine schädliche Bodenverunreinigung zu beseitigen sei. Darüber hinaus handele es sich bei dem belasteten Erdreich auch nicht um Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschafts(- und Abfall)gesetzes oder um einen Stoff im Sinne des Düngemittelrechts oder der Bioabfallverordnung, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt nicht von einer vorrangigen Anwendbarkeit anderer Gesetze auszugehen sei.
49Nach den durchgeführten Untersuchungen stehe fest, dass die streitgegenständliche Fläche in T. erheblich mit PFT belastet gewesen sei. Entgegen der Berufungsbegründung sei nicht nur eine Teilfläche beprobt worden. Vielmehr seien im Rahmen vertiefender Untersuchungen insgesamt 27 Rammkernsondierungen niedergebracht worden, die rasterförmig über die gesamte Fläche verteilt gewesen seien. Letzte Zweifel am PFT-Gehalt des fraglichen Areals würden im Übrigen durch die Messergebnisse der vergangenen Jahre ausgeräumt.
50Die Kritik des Klägers an der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts und insbesondere an der Aussagekraft der Feststellungen des belgischen Beamten E1. werde nicht geteilt. Davon abgesehen unterliege es keinem Zweifel, dass auf dem Betriebsgelände der H. -V. in C. mit PFT-haltigen Stoffen umgegangen worden sei. Ausweislich einer Verfügung der Staatsanwaltschaft Paderborn vom 16. Januar 2007 sei das Betriebsgelände auch über die Abwassertanks hinaus großflächig mit PFT belastet gewesen.
51Die Ausführungen des Klägers zu anderen möglichen Kontaminationsursachen seien rein spekulativ. Alternative Eintragsquellen seien weder vom Kläger substantiiert geltend gemacht worden noch sonst erkennbar. Insoweit komme es letztlich auch nicht darauf an, woher die H. -V. das von ihr verarbeitete Material bezogen habe. Entscheidend sei vielmehr, dass kein vernünftiger Zweifel daran bestehen könne, dass die von ihr in T. aufgebrachten Materialien PFT-haltig gewesen seien.
52Der Kläger sei auch persönlich handlungsverantwortlich. Selbst ein an sich legales Verhalten schließe eine Inanspruchnahme als Verhaltensstörer nicht aus. Maßgeblich sei in Ergänzung des Unmittelbarkeitserfordernisses, in wessen Risiko- und Pflichtensphäre die Verantwortung für einen gefährlichen Zustand bei wertender Betrachtung falle. Dies sei hier der Kläger. Nach Lage der Dinge habe allein er und nicht der Betriebsleiter B2. die Geschicke der beiden Firmen H. -V. und U. W. gelenkt. Er könne sich daher nicht mit Erfolg darauf berufen, angeblich nichts Verbotenes getan zu haben. Seine behauptete Ahnungslosigkeit sei zudem unglaubhaft.
53Die Sanierungszielwertfestlegung sei nicht zu beanstanden. Der ursprüngliche Sanierungszielwert habe dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand im Jahr 2006 entsprochen. Zum damaligen Zeitpunkt habe es zu PFT so gut wie keine gesicherten Erkenntnisse gegeben, sodass ein möglichst geringer Sanierungszielwert festgelegt worden sei. Nachdem in den letzten Jahren weitere Erkenntnisse erlangt und neuere Anforderungen an den Schutz der menschlichen Gesundheit im Zusammenhang mit PFT formuliert worden seien, werde dem durch den Änderungsbescheid vom 12. Mai 2015 und die damit erfolgte Bestimmung einzelfallbezogener Sanierungszielwerte für PFOS einerseits und die Summe aus PFOS und PFOA andererseits Rechnung getragen.
54Im Bereich des Hochsauerlandkreises seien alle bekanntermaßen mit PFT verunreinigten Flächen systematisch untersucht worden. Eine Sanierung anderer als der hier streitigen Grundstücke sei im Anschluss daran nicht erfolgt, da in keinem Fall vergleichbare Belastungen festgestellt worden seien. Neben der Fläche in T. sei nur auf einer weiteren Fläche in C2. ("BH064") ein signifikant erhöhter PFT-Wert ermittelt worden. Allerdings habe auch die Belastung dieses Geländes nur rund ein Drittel der Belastung in T. betragen.
55Auch die Störerauswahl sei ermessensfehlerfrei. Eine Übermaßregelung liege nicht vor. Da Einzelheiten der den verschiedenen Verantwortlichen aufgegebenen Sanierung über die zu beauftragenden Ingenieurbüros jeweils mit ihm ‑ dem Beklagten ‑ hätten abgestimmt werden müssen, sei eine Koordination der Maßnahmen jederzeit gewährleistet gewesen. Angesichts des Umfangs und der finanziellen Auswirkungen der Sanierungsarbeiten habe er ein Zusammenwirken aller Verantwortlichen als vernünftiger und effektiver angesehen als die Heranziehung eines einzelnen. Unter dem Gesichtspunkt finanzieller Leistungsfähigkeit habe kein Anlass bestanden, andere Störer vorrangig heranzuziehen. Der Kläger sei Geschäftsführer und Gesellschafter mehrerer Firmen gewesen. Dass er für diese Tätigkeiten nach Mitteilung der Firmen kein Gehalt erhalten habe, sei für ihn ‑ den Beklagten ‑ nicht zu erkennen gewesen. Der Kläger habe zudem über Grundbesitz verfügt, den er unmittelbar nach Bekanntwerden der PFT-Funde an seine Lebensgefährtin und seinen Bruder übertragen habe. Für die Firmen H. -V. und U. W. habe überdies ein erhöhtes Insolvenzrisiko bestanden, das sich nachfolgend auch zeitnah realisiert habe. Der Pächter der Flächen in T. , Herr H1. , sei ebenfalls herangezogen worden, sodass eine Ungleichbehandlung schon deswegen nicht vorliege. Gegen die stattgebenden Urteile des Verwaltungsgerichts seien jeweils Anträge auf Zulassung der Berufung gestellt worden. Eine Gleichbehandlung mit dem Pächter der betroffenen Grundstücksflächen im Kreis Soest, Herrn I1. , komme schon im Ausgangspunkt nicht in Betracht, da dieser anders als der Kläger seine Ordnungspflicht anerkannt und so erst den Weg zu einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung mit dem Kreis Soest geebnet habe.
56Schließlich seien die angefochtenen Ordnungsverfügungen auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Für eine Haftungsbeschränkung in Anlehnung an die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung zur Zustandsstörerhaftung des Grundstückseigentümers sei kein Raum, da der Kläger als Handlungsstörer für eigenes, steuerbares Verhalten einzustehen habe.
57Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2015 Beweis erhoben durch die Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
58Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der dazu beigezogenen Vorgänge und Unterlagen Bezug genommen.
59Entscheidungsgründe
60Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Sanierungsverfügungen des Beklagten vom 17. November 2006 und vom 21. November 2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide der Bezirksregierung B1. vom 18. April 2008 und vom 21. April 2008 sowie der Änderungsverfügung des Beklagten vom 12. Mai 2015 sind rechtmäßig (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
61I. Die streitigen Sanierungsanordnungen haben ihre Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 4 BBodSchG.
621. Für die rechtliche Überprüfung der Sanierungsanordnungen ist im Grundsatz auf den Zeitpunkt des Erlasses der Widerspruchsbescheide abzustellen. Nach ständiger Rechtsprechung richtet sich der maßgebliche Zeitpunkt der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts nicht nach dem Prozessrecht, sondern nach dem jeweiligen materiellen Recht. Danach ergibt sich für die Anfechtungsklage im Allgemeinen, dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist, es sei denn, das materielle Recht regelt etwas Abweichendes.
63Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2011 ‑ 8 C 11.10 ‑, juris, Rn. 17 (= ZfWG 2013, 150).
64Das ist hier nicht der Fall. Das Bundes-Bodenschutzgesetz enthält keine Vorschriften, die dahin auszulegen wären, dass es für die rechtliche Beurteilung der auf sie gestützten Maßnahmen auf einen späteren Zeitpunkt als den der letzten Behördenentscheidung ankommen soll.
65So ausdrücklich Thür. OVG, Urteil vom 26. März 2012 ‑ 3 KO 843/07 ‑, juris, Rn. 46 (= DVBl 2013, 1055); für die Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung auch Bay. VGH, Beschluss vom 17. Februar 2005 ‑ 22 ZB 04.3472 ‑, juris, Rn. 13 (= NVwZ-RR 2005, 466); OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 8. November 2007 ‑ 11 B 14.05 ‑, juris, Rn. 47 (= UPR 2008, 154); VGH Bad.-Württ., Urteil vom 8. März 2013 ‑ 10 S 1190/09 ‑, juris, Rn. 47 (= NVwZ 2013, 1000).
66Es handelt sich vorliegend auch nicht um Dauerverwaltungsakte, bei deren Beurteilung die Gerichte die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung jedenfalls dann zu berücksichtigen haben, wenn das materielle Recht nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt.
67Vgl. auch dazu BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2011, a. a. O., Rn. 17.
68Allerdings ist unabhängig davon, dass die angefochtenen Sanierungsanordnungen im eigentlichen Sinne nicht auf Dauer angelegte Rechtsverhältnisse zur Entstehung bringen und so wirken, als wenn sie immer zu jedem Zeitpunkt neu erlassen werden würden,
69zu den Merkmalen eines Dauerverwaltungsakts vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 113 Rn. 43,
70nicht zu verkennen, dass die Herbeiführung der vorgegebenen Sanierungszielwerte für das unbehandelte Sickerwasser rein tatsächlich einen jahrzehntelangen Betrieb der Wasserbehandlungsanlage erfordert. Das zugrunde gelegt weist die Sanierungsverpflichtung bis zu ihrem endgültigen Vollzug zumindest eine (begrenzte) Dauerwirkung auf. Dies rechtfertigt es nach der Auffassung des Senats, die streitigen Ordnungsverfügungen losgelöst von ihrer rechtlichen Qualifikation insoweit einem Dauerverwaltungsakt gleichzusetzen.
71Vgl. in diesem Zusammenhang Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014,§ 35 Rn. 225.
72Daraus wiederum folgt, dass die erlassende Behörde während der "Laufzeit" der Verwaltungsakte verpflichtet bleibt, diese "unter Kontrolle" zu halten, und namentlich etwa neueren Erkenntnissen zur Schadens- bzw. Gefahrenbeurteilung ‑ wie hier mit der Änderung des ursprünglichen Sanierungszielwerts (dazu unten) ‑ fortlaufend Rechnung tragen muss.
73Vgl. dazu Kopp/Schenke, a. a. O., Rn. 45.
742. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG kann die zuständige Behörde die Maßnahmen treffen, die zur Erfüllung der sich unter anderem aus § 4 BBodSchG ergebenden Pflichten notwendig sind; nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG hat unter anderem der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung den Boden so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen.
75a) Die danach maßgeblichen tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten des Beklagten gegenüber dem Kläger waren und sind erfüllt.
76aa) Nach der Überzeugung des Senats steht fest, dass auf der fraglichen Fläche in C2. -T. eine schädliche Bodenveränderung vorliegt, für deren Sanierung der Kläger als (ein) Verursacher verantwortlich ist.
77Es begegnet keinem vernünftigen Zweifel, dass das zu sanierende Gelände ganz erheblich mit PFT belastet war und auch heute noch ist. Soweit zwischen den Beteiligten Streit über die ungefähre Gesamtmenge des im Zeitpunkt des Erlasses der Sanierungsverfügung im Boden befindlichen PFT besteht, kommt es darauf im Ergebnis nicht an. Die Bezirksregierung B1. hatte die IFUA Projekt-GmbH mit einer "Pilotuntersuchung zu Vorkommen und Auswirkungen von perfluorierten Tensiden (PFT) in Abfällen, die der BioAbfV unterliegen", beauftragt. In seinem Zwischenbericht vom November 2006 (Beiakte Heft 4) gelangte das Institut zu dem Ergebnis, die noch im Boden vorhandene Gesamtmenge PFT betrage geschätzt 391 kg (siehe S. 19 f., 28). Dem lag die Beprobung einer 1 ha großen, zentral gelegenen Teilfläche zugrunde. Dabei wurden in zwei Beprobungstiefen (0,0-0,3 m und 0,3-0,6 m; die Beprobung des Tiefenabschnitts 0,6-1,0 m war wegen eines Bohrkernverlusts nicht möglich) jeweils 20 Einzelproben gezogen und zu einer Mischprobe vereinigt. Die darin gemessene PFT-Konzentration hat das Institut sodann auf die Gesamtfläche hochgerechnet (siehe Anlage 1 sowie Anhang S. 5). Dieser Hochrechnung ist der Kläger mit dem Einwand entgegengetreten, ein derartiges Vorgehen sei angesichts einer sehr heterogenen Flächenbelastung unzulässig. Dem hat der Beklagte wiederholt widersprochen und sich dabei auf den von ihm bei der IFUA Projekt-GmbH beauftragten Bericht "Vertiefende Boden- und Wasseruntersuchungen" vom März 2007 (Beiakte Heft 22) bezogen, der ausschließlich die Sanierungsfläche betrifft. Nach insoweit zutreffender Darstellung des Beklagten ergibt sich aus dem Bericht, dass auf der Nord- und Südfläche ‑ rasterförmig verteilt ‑ insgesamt 27 Rammkernbohrungen niedergebracht wurden, aus denen die IFUA Projekt-GmbH 60 Einzelproben entnommen hat, von denen wiederum 45 zur Herstellung von acht Mischproben (je zwei für jede der vier Teilflächen) herangezogen worden sind. Nicht dokumentiert ist in dem Bericht allerdings, zu welchen Feststellungen das Labor des Landesumweltamts in Düsseldorf, dem die Proben zur weiteren Untersuchung auf PFT am 7. November 2006 übergeben wurden, gelangt ist (siehe S. 7 ff., insb. S. 10 ff. sowie Anlage 3: Lageplan Entnahmeflächen Boden). Die vom Beklagten in Bezug genommene Aussage des Berichts, die durchgeführten Untersuchungen des Oberbodens zeigten, dass in allen vier beprobten Teilflächen vergleichbar hohe Belastungen mit PFT vorlägen (siehe S. 25), bezieht sich demgemäß auch nicht auf die Analyse der acht Mischproben, sondern auf weitere Oberbodenuntersuchungen auf der Südfläche (3 Teilflächen zuzüglich des schon im Zuge der Pilotuntersuchung beprobten Areals auf der Nordfläche; siehe Tabelle S. 24). Betrachtet man die Ergebnisse der weiteren Oberbodenuntersuchungen, zeigt sich, dass die Südfläche ebenfalls stark belastet ist, die Werte insgesamt jedoch etwas niedriger ausfallen, als dies bei der Nordfläche der Fall war. So wurden auf der Nordfläche im Oberboden PFT-Gesamtgehalte (Summe PFOS und PFOA) von 1.910 und 6.310 µg/kg TS gemessen, während auf der Südfläche Werte zwischen 274 und 4.140 µg/kg TS ermittelt wurden. Vor diesem Hintergrund mag fraglich sein, wie genau die Schätzung der IFUA Projekt-GmbH von 391 kg das tatsächliche ursprüngliche PFT-Depot wiedergibt. Dies ist letztlich aber nicht entscheidungserheblich, da jedenfalls nicht bezweifelt werden kann, dass die Gesamtfläche in besonderem Maße kontaminiert war und ist. Die außerordentlich hohe Belastung der Grundstücke in C2. -T. wird nach der Überzeugung des Senats bereits durch die im Rahmen der vorgenannten Pilotuntersuchungen erfolgten Messungen zweifelsfrei belegt. C2. -T. wies danach die mit weitem Abstand höchsten PFT-Gehalte aus (siehe Abschlussbericht der IFUA Projekt-GmbH vom September 2007 [Beiakte Heft 11, S. 4459 ff.], Tabelle 3 und 8); noch höhere Belastungen wurden später lediglich auf der vom Kläger in anderem Zusammenhang angeführten Ackerfläche in S. im Kreis Soest festgestellt. Das ganz erhebliche Ausmaß der PFT-Belastung wird im Übrigen zusätzlich durch den Umstand bestätigt, dass das aus der Fläche austretende, noch unbehandelte Sickerwasser trotz inzwischen jahrelanger Sanierung nach wie vor sehr hohe PFT-Konzentrationen aufweist. Nach Angaben des Beklagten im Erörterungstermin vor dem Senat lagen diese gemessen ab Oktober 2012 in Abhängigkeit von der jeweiligen Witterung zwischen 60 und 120 µg/l; Entsprechendes hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 20. Mai 2015 nochmals bestätigt (siehe insoweit auch das vom Beklagten im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten der IFUA Projekt-GmbH "Einzelfallbezogene Sanierungszielwerte für die PFT-Sanierung in C2. -T. " vom Dezember 2014 [Beiakte Heft 71], Tabelle 4).
78Darüber hinaus ist gesichert, dass die PFT-Gehalte im Boden der Grundstücke in T. ganz wesentlich zu einer Belastung der Gewässer in dem fraglichen Bereich geführt haben. Die Ergebnisse der umfangreich durchgeführten Gewässeruntersuchungen lassen in der Gesamtschau keinen vernünftigen Zweifel daran zu, dass zwischen den Konzentrationen an PFT im Boden der Sanierungsfläche und in den Gewässern nahe und unterhalb dieses Areals ein ursächlicher Zusammenhang besteht:
79Hauptvorfluter des Geländes in T. (Nordteil) ist der Möhnezufluss Steinbecke, der seinen Ursprung unmittelbar am Nordwestrand der Fläche hat; zusätzlich entwässert das Gelände (Südteil) in den Bach L. , der in die Bermecke fließt, die ihrerseits wieder in die Möhne mündet. Von allen untersuchten Oberflächengewässern wies die Steinbecke die bei Weitem höchsten Konzentrationen an PFOA und PFOS aus. Hier wurden im Winter 2006/2007 Spitzenwerte von bis zu 150 µg/l PFOA und 11 µg/l PFOS gemessen (siehe den mit Verfügung des Senats vom 30. September 2014 in das Verfahren eingeführten Fachbericht 34 "Verbreitung von PFT in der V. " des Landesamts für Natur, V. und Verbraucherschutz NRW [im Folgenden: LANUV-Fachbericht 34], Seite 36 f.; vgl. auch die Darstellung der Untersuchungsergebnisse des Gewässermonitorings Möhne im Zwischenbericht der IFUA Projekt-GmbH vom November 2006, der in Tabelle 10 für Mitte 2006 PFT-Konzentrationen [Summe PFOA und PFOS] zwischen 13 und 51,4 µg/l ausweist). Nach Beginn der Sanierung sind diese Werte stark gesunken. So wurden bereits kurz nach Inbetriebnahme der mobilen Abwasserbehandlungsanlage Ende Januar 2007 nur noch Konzentrationen von 0,6 bis 3 µg/l (Summe PFOA und PFOS) ermittelt, die seit Inbetriebnahme der stationären Anlage Juli 2007 noch weiter zurückgegangen sind (siehe dazu im Einzelnen LANUV-Fachbericht 34, S. 42 f., insb. Abbildung 17, zugleich mit Erläuterung der Ursachen einzelner Spitzenbelastungen: Starkregenereignisse oder Zusammenhang mit betriebsbedingten Maßnahmen an der Sanierungsanlage). Im Ergebnis Entsprechendes ist, wenngleich bei deutlich geringerer Ausgangsbelastung, für die Bäche L. und Bermecke feststellbar (LANUV-Fachbericht 34, S. 43 f.). Auch in der Möhne selbst zeigte sich nach Beginn der Sanierung eine deutliche Konzentrationsabnahme. Wurden vor Sanierungsbeginn in der Möhne am Wasserwerk Möhnebogen (Messstelle WH3) zunächst PFT-Belastungen (Summe PFOA und PFOS) mit Spitzenwerten zwischen 0,6 und 1,0 µg/l nachgewiesen, sind diese im Jahr 2008 zunächst auf Werte unter 0,3 μg/l zurückgegangen; seit April 2009 liegen die Konzentrationen an PFOA und PFOS dort in der Regel unterhalb der Bestimmungsgrenze. Am Pegel Völlinghausen (Messstelle WS4) lagen die PFT-Konzentrationen der Möhne im Jahr 2006 im Messzeitraum Juni bis Dezember im Mittel bei 0,417 μg/l PFOA und 0,029 μg/l PFOS. Im Jahr 2007 lag der Mittelwert für PFOA bei 0,181 μg/l und für PFOS bei 0,016 μg/l. Im Jahr 2010 (Stand Anfang Dezember 2010) betrugen die Mittelwerte nur noch 0,041 μg/l für PFOA und 0,011 μg/l für PFOS. Schließlich hatte der starke Rückgang der PFT-Konzentrationen in der Möhne auch eine drastische Minderung der PFT-Konzentrationsbereiche in der Möhnetalsperre zur Folge, wobei insbesondere die Abnahme von PFOA deutlich nachweisbar war (siehe zum Vorstehenden jeweils LANUV-Fachbericht 34, S. 40 bis 42, dort insb. Abbildungen 14 bis 16).
80Angesichts dieser Sachlage ist kein anderer Schluss möglich, als dass die Bodenbelastungen der Fläche in C2. -T. maßgeblich zu der Gesamtbelastung der durch PFT-Verunreinigungen betroffenen Gewässer in ihrem Einflussbereich beigetragen haben. Gewerbebetriebe als mögliche Einleiter PFT-belasteter Abwässer scheiden aus, worauf bereits das Verwaltungsgericht (Urteilsabdruck S. 21) zutreffend abgestellt hat. Soweit im Einzugsbereich der Möhne unstreitig weitere grundstücksbezogene PFT-Quellen vorliegen oder vorlagen, darunter die "Hochbelastungsfläche" in S. , die über den Vorfluter Küttelbecke zur Möhne entwässert, wird allein dadurch der offensichtliche Zusammenhang zwischen der Sanierung in T. und der vorstehend beschriebenen Entwicklung der PFT-Konzentrationen in der Möhne nicht in Frage gestellt. Das gilt im Hinblick auf das Areal in S. schon deshalb, weil die Küttelbecke erst 2007 ansteigende PFT-Werte aufwies (siehe LANUV-Fachbericht 34, S. 32) und die Sanierung der Fläche im Übrigen erst im Laufe des Jahres 2008 erfolgte, also zu einem Zeitpunkt als die PFT-Belastung von Möhne und Möhnetalsperre bereits signifikant rückläufig war.
81Die erhebliche PFT-Belastung des Bodens der Sanierungsfläche in T. stellt eine schädliche Bodenveränderung im Sinne des § 2 Abs. 3 BBodSchG dar.
82Schädliche Bodenveränderungen sind danach Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen. Die natürlichen Funktionen des Bodens umfassen neben anderen die Funktion als Bestandteil des Naturhaushalts, insbesondere mit seinen Wasser- und Nährstoffkreisläufen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b BBodSchG). Bezogen auf den Wasserkreislauf besitzt der Boden unter anderem die Fähigkeit, Niederschlagswasser aufzunehmen und es als Sickerwasser nach der Bodenpassage an das Grundwasser und/oder die Oberflächengewässer abzugeben; er schützt zugleich das Grundwasser und die Oberflächengewässer vor Schadstoffeinträgen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c BBodSchG). Diese Funktion ist beeinträchtigt, wenn in den Boden Stoffe eingetragen worden sind, die in den Wasserkreislauf gelangen und geeignet sind, dort Gefahren oder erhebliche Nachteile zu bewirken. Die Eignung besteht, wenn im Hinblick auf den Wasserhaushalt nachteilige Auswirkungen einer gewissen Mindestintensität hinreichend wahrscheinlich sind. Der erforderliche Grad an Wahrscheinlichkeit bestimmt sich nach Art und Ausmaß des drohenden Schadens einerseits und des hohen Schutzes, den die Gewässer genießen, andererseits. Ein hinreichender Grad an Wahrscheinlichkeit ist insbesondere bei Substanzen im Boden gegeben, die mit durchsickerndem Niederschlagswasser in das Grundwasser oder die Oberflächengewässer transportiert werden und nach Art sowie Konzentration eine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften hervorrufen (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 WHG). Eine zum behördlichen Tätigwerden ermächtigende Beeinträchtigung der Wassergüte liegt insofern nicht erst dann vor, wenn feststeht, dass die bewirkten Veränderungen allgemein und/oder im Besonderen hinsichtlich der Trinkwasserversorgung den Ge- oder Verbrauchswert des Wassers aufheben oder wesentlich herabsetzen. Vielmehr reicht angesichts der zentralen Bedeutung der Erhaltung und des Schutzes der naturgegebenen Wasservorkommen, vor allem der als Ausgangsstoff für die Trinkwasserversorgung nutzbaren und genutzten Wasservorkommen, selbst ein nur geringer Grad an Wahrscheinlichkeit der nachteiligen Beeinflussung der Nutzbarkeit des Wassers zu diesen Zwecken aus. Nichts anderes gilt im Hinblick auf den Schutz der ökologischen Funktionen der Gewässer (vgl. § 1 WHG). Es ist gerade Sinn und Zweck des Schutzes des Bodens, soweit er für den Wasserhaushalt relevant ist, die Gewässer vor Stoffen zu bewahren, die sich nach den Maßstäben des Wasserrechts und den Vorgaben des Trinkwasserschutzes potenziell nachteilig auf den Ge- oder Verbrauchswert der Gewässer auswirken.
83Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. November 2006 ‑ 20 B 2273/06 ‑, juris, Rn. 6 (= AUR 2007, 204); allgemein dazu, dass die Wahrscheinlichkeit einer Funktionsstörung in Abhängigkeit von den betroffenen Rechtsgütern zu bestimmen ist: Frenz, BBodSchG, 2000, § 2 Rn. 58; Sanden, in: Sanden/Schoeneck, BBodSchG, 1998, § 2 Rn. 43.
84Letzteres ist mit Blick auf den Austrag von PFT aus den fraglichen Flächen der Fall. Zwar ist eine abschließende Risikobewertung zu PFT und den zu dieser Gruppe von chemischen Verbindungen gehörenden Einzelsubstanzen, darunter vor allem PFOS und PFOA, nach wie vor nicht möglich, weil insbesondere Langzeitfolgen der Aufnahme von PFT für die menschliche Gesundheit bislang nicht ausreichend erforscht sind. Jedoch kann kein Zweifel daran bestehen, dass PFT bzw. bestimmte Einzelsubstanzen dieser Gruppe nach dem derzeitigen Stand wissenschaftlicher Erkenntnis als Stoffe mit einem erheblichen gesundheitlichen Risikopotential einzustufen sind. Hier kann zunächst auf die vom Verwaltungsgericht ausgewerteten Stellungnahmen (Urteilsabdruck S. 23 bis 26) verwiesen werden. Die dort festgehaltenen Erkenntnisse werden namentlich sowohl durch die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegte Stellungnahme 004/2009 des Bundesinstituts für Risikobewertung vom 11. September 2008 als auch durch das ebenfalls vom Kläger (in englischer Sprache) zu den Akten gereichte Wissenschaftliche Gutachten des Gremiums für Kontaminanten in der Lebensmittelkette der European Food Safety Authority, The EFSA Journal 2008, 1-131 (jeweils Beiakte Heft 25), bestätigt. Danach ergibt zusammengefasst folgendes Bild:
85Als aus humantoxikologischer Sicht kritische Eigenschaften werden für PFOS wie für PFOA die lange Persistenz im menschlichen Organismus, die Toxizität nach subchronischer oder chronischer Aufnahme im Tierversuch sowie die Kanzerogenität und die Reproduktionstoxizität im Tierversuch beschrieben. PFOS und PFOA werden im Tierversuch nach oraler Aufnahme gut und schnell resorbiert. Beide Substanzen sind schlecht fettlöslich, gut wasserlöslich und binden an Serumproteine. Sie neigen deshalb dazu, in Blut und Leber zu akkumulieren. Bei Ratten wurde nachgewiesen, dass PFOA in die Muttermilch und über die Placenta in den Embryo übergeht. Auch in Humanmilch wurden PFOA und PFOS gefunden. Weder PFOS noch PFOA werden metabolisiert, sodass sie nach Aufnahme in den Körper im Wesentlichen nur durch Ausscheidung wieder unschädlich gemacht werden können. Die Ausscheidung verläuft insgesamt nur langsam, was für ihre toxikologische Bewertung als besonders kritisch angesehen wird. Die Halbwertszeiten für die Elimination perfluorierter Verbindungen sind substanz- und speziesabhängig, wobei PFOS allgemein langsamer ausgeschieden wird als PFOA. Sowohl PFOS als auch PFOA besitzen nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen eine Eliminationshalbwertszeit von mehreren Jahren. PFOS und PFOA zeigen im Tiermodell jeweils eine moderate akute Toxizität. In subakuten und chronischen Studien wurden bei längerfristiger Exposition meist Lebervergrößerungen und sonstige Leberschäden beobachtet. Daneben werden auch entwicklungstoxische Wirkungen berichtet. Bei Ratten führen PFOS und PFOA vorrangig zu einer Verminderung der Körpergewichtszunahme nach der Geburt sowie zu einer deutlichen Verringerung der Lebendgeburten und der Lebensfähigkeit der Nachkommen in den ersten Tagen nach der Geburt. PFOS förderte in einer chronischen Studie die Entstehung von Lebertumoren; auch bei PFOA zeigte sich eine erhöhte Tumorinzidenz hauptsächlich in der Leber. Die im menschlichen Blut gemessenen Konzentrationen liegen allerdings um mehrere Größenordnungen unter den im Tierversuch wirksamen Werten. Um verlässliche Aussagen zu einer möglichen Tumorentstehung durch PFOS und/oder PFOA beim Menschen machen zu können, reicht die gegebene (Human-)Datenlage nicht aus. Durch die wesentlich längere Verweildauer perfluorierter Tenside im menschlichen Organismus im Vergleich zum Tier wird die Risikobewertung erheblich erschwert. Die Aussagekraft vorhandener epidemiologischer Studien ist aufgrund methodischer Unwägbarkeiten begrenzt.
86Chemikalienrechtlich ist PFOS ein persistenter organischer Schadstoff (POP = Persistent P1. Pollutant). Herstellung, Verwendung und Inverkehrbringen von PFOS sind unionsweit durch die Verordnung 850/2004/EG, geändert durch die Verordnung 757/2010/EU, verboten oder unterliegen strengen Beschränkungen. Damit hat die Europäische Union internationale Vereinbarungen der Stockholmer Konvention umgesetzt, in deren Anhang B PFOS seit 2010 enthalten ist. PFOA befindet sich seit Juni 2013 als besonders besorgniserregender Stoff auf der Kandidatenliste nach Art. 59 der REACh-Verordnung 1907/2006/EG.
87Nimmt man all dies in den Blick, ist nach der Überzeugung des Senats davon auszugehen, dass PFT-Belastungen in Wasservorkommen, wie sie hier betroffen sind, jenseits einer weit entfernt liegenden Unbedenklichkeitsschwelle (dazu noch unten) ein erhebliches Risiko für die menschliche Gesundheit bedeuten. PFT werden primär über das Trinkwasser, sekundär aber auch über andere kontaminierte Lebensmittel aufgenommen. Dabei ist insbesondere der Konsum von Fischen von großer Bedeutung, die in ihrem Lebensraum dem PFT dauerhaft ausgesetzt sind. Vor allem PFOS weist ein hohes Bioakkumulationspotenzial auf und reichert sich in der aquatischen Nahrungskette an (vgl. LANUV-Fachbericht 34, S. 78 zur Blutuntersuchung von Anglern am Möhnesee, die deutlich erhöhte PFOS-Konzentrationen im Blutplasma aufwiesen). Das zugrunde gelegt steht mit dem ungehinderten Hineingelangen von PFT in die Gewässer unterhalb der nach der angefochtenen Ordnungsverfügung zu sanierenden Fläche eine gravierende Einschränkung ihres Gebrauchswerts für den Menschen (Trinkwassernutzung, Fischverzehr) in Rede. Gewässer mit einem dementsprechenden Risikopotential sind erheblich nachteilig verändert; Boden, der hierzu beiträgt, ist in seinen Funktionen erheblich beeinträchtigt.
88Vgl. in diesem Zusammenhang bereits OVG NRW, Beschluss vom 3. November 2006, a. a. O., Rn. 7.
89Anderes folgt nicht daraus, dass im Bereich des Wasserrechts bislang für PFOA, PFOS und andere PFT keine spezifischen Grenzwerte festgelegt sind. Namentlich das Fehlen eines Trinkwassergrenzwerts lässt sich nicht als Beleg gegen die Schädlichkeit der Bodenveränderung anführen, weil es nicht Ausdruck angenommener Unbedenklichkeit von PFT ist, sondern vielmehr der unvollständigen Datenlage geschuldet sein dürfte, die eine abschließende verbindlich Bewertung noch nicht erlaubt.
90Schließlich spricht gegen die Annahme einer schädlichen Bodenveränderung nicht, dass in der Düngemittelverordnung für PFT (Summe PFOA und PFOS) zwischenzeitlich ein Grenzwert von 100 µg/kg TS eingeführt wurde, eine Belastung landwirtschaftlich genutzter Böden mit PFT also in gewissem Umfang hingenommen wird. Dieser Grenzwert ist so bemessen, dass selbst bei Ausschöpfung der zulässigen Höchstausbringungsmengen eine Überschreitung des von der Trinkwasserkommission beim Umweltbundesamt empfohlenen Trinkwasserleitwerts im Sickerwasser mit ausreichender Sicherheit (Sicherheitsfaktor ≥ 10) vermieden werden kann. Hier müssen die aufgebrachten Materialien aber im Ergebnis ungleich höher mit PFT belastet gewesen sein, wie das vorgefundene Schadensbild (siehe oben) zwingend belegt.
91bb) Der Kläger ist als (Mit-)Verursacher der schädlichen Bodenveränderung verantwortlich im Sinne des Bundes-Bodenschutzgesetzes.
92Verursacher ist jede natürliche oder juristische Person, die an einer Bodenkontamination zumindest als Teilverantwortlicher mitgewirkt hat. Die Mitwirkung kann gleichermaßen in einem Handeln, Dulden oder Unterlassen bestehen. Allerdings reicht eine bloße Kausalität im naturwissenschaftlichen Sinne für eine Verhaltenshaftung nicht aus. Vielmehr bedarf es insbesondere bei mehreren möglichen Verursachern und unterschiedlichen Verursachungsbeiträgen einer wertenden Zurechnung der vorgefundenen Kontamination. Nach der Theorie der unmittelbaren Verursachung ist derjenige Störer, der bei wertender Betrachtung und unter Einbeziehung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls durch seinen Beitrag die Gefahrenschwelle überschritten und dadurch die unmittelbare Ursache für den Eintritt der Gefahr gesetzt hat. Dabei kommt es entscheidend auf das Vorliegen eines hinreichend engen Wirkungs- und Ursachenzusammenhangs zwischen dem Überschreiten der Gefahrengrenze und dem Verhalten einer Person an, der es gerechtfertigt erscheinen lässt, die Pflichtigkeit dieser Person zu bejahen.
93Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2008 ‑ 7 B 12.08 ‑, juris, Rn. 3 (= NVwZ 2008, 684); OVG NRW, Beschluss vom 26. März 2007 ‑ 20 B 61/07 ‑, juris, Rn. 17 (= NWVBl. 2007, 400), in dem den Kläger betreffenden Eilrechtsschutzverfahren; Schoeneck, in: Sanden/Schoeneck, a. a. O., § 4 Rn. 31; Versteyl, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, 2. Aufl. 2005, § 4 Rn. 42 f.
94Eine Inanspruchnahme als Verursacher setzt zunächst den Nachweis voraus, dass der pflichtige Handlungsstörer überhaupt einen Verursachungsbeitrag gesetzt hat. Die Verantwortlichkeit dem Grund nach muss feststehen. Insofern kann eine Verhaltensverantwortlichkeit nicht auf die bloße Möglichkeit eines bestimmten Geschehensablaufs gestützt werden. § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG begründet keine konturenlosen Gefährdungshaftung für jegliche Folgen gewerblicher oder sonstiger Tätigkeit allein wegen eines objektiv gefahrenträchtigen Verhaltens.
95Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 3. September 2002 ‑ 10 S 957/02 ‑, juris, Rn. 22 (= NVwZ-RR 2003, 103), m. w. N.; OVG S.-H., Beschluss vom 14. Juli 1995 ‑ 2 M 7/95 ‑, juris, Rn. 3 (= UPR 1996, 194).
96Auch und gerade im Bodenschutzrecht kann allerdings der Nachweis eines Verursacherbeitrags nicht immer unmittelbar ‑ etwa unter Rückgriff auf naturwissenschaftlich-technische Methoden ‑ geführt werden. Zum Ausschluss spekulativer Erwägungen und bloßer Mutmaßungen müssen deshalb jedenfalls objektive Faktoren als tragfähige Indizien vorhanden sein, die in ihrer Gesamtheit den Schluss rechtfertigen, dass zwischen dem Verhalten einer Person und der eingetretenen Gefahrenlage ein gesicherter Ursachenzusammenhang besteht.
97Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Januar 2014 ‑ 16 A 242/10 ‑, juris, Rn. 7 m. w. N.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 3. September 2002, a. a. O.
98Auch im Bodenschutzrecht gilt das Regelbeweismaß nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Ein Beweis ist erbracht, wenn er die volle Überzeugung des Richters von der Wahrheit einer Behauptung begründet und nicht lediglich von deren Wahrscheinlichkeit. Jedoch darf das Gericht keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine absolute Gewissheit verlangen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind.
99Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. April 1985 ‑ 9 C 109.84 ‑, juris, Rn. 16 (= BVerwGE 71, 180); Kopp/Schenke, a. a. O., § 108 Rn. 5.
100Danach greifen in einem ersten Schritt folgende Überlegungen:
101Die schädliche Bodenveränderung ist nach der Überzeugung des Senats darauf zurückzuführen, dass die U. W. auf den zu sanierenden Flächen in T. einen von der H. -V. durch Vermischen mehrerer Ausgangsstoffe hergestellten sog. Bodenverbesserer ("U. G. ") aufgebracht hat, der mit PFT hoch belastet war.
102Das Gelände in T. wurde nachweislich sowohl 2004 als auch 2006 mit dem als U. G. bezeichneten, im Bodenmischwerk der H. -V. gemischten Material beaufschlagt. Die U. W. lieferte am 13. Mai 2004 486,30 t und am 10. und 11. Januar 2006 220,37 t des Produkts an den Baumschulbetrieb H1. . Dieses Material wurde nachfolgend auf die fraglichen Grundstücke ausgebracht, wobei die Lieferung vom 10./11. Januar 2006 auch noch für eine weitere Fläche der Baumschule bestimmt war. Beide Lieferungen werden durch entsprechende Lieferscheine belegt. Begründete Anhaltspunkte dafür, dass die Lieferscheine nicht den tatsächlichen Vorgängen entsprechen, liegen nicht vor. Allein dass der Lieferschein vom 10. Januar 2006 lediglich die Unterschrift des abgebenden Unternehmens trägt, rechtfertigt keine vernünftigen Zweifel an der Lieferung oder dem Ausbringen des dort bezeichneten Gemischs. Hinzu kommen weitere Erkenntnisse, die diese Annahme bestätigen. Das hat bereits das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil (Urteilsabdruck S. 19) überzeugend dargestellt.
103Diese Feststellungen werden vom Kläger als solche auch nicht in Frage gestellt. Allerdings bestreitet der Kläger, dass der gelieferte "Bodenverbesserer" mit PFT verunreinigt war. Daran ist nach Lage der Dinge aber vernünftigerweise nicht zu zweifeln.
104Am 3. Juni 2006 wurde auf der beaufschlagten Fläche in T. im Rahmen eines ersten Screenings eine Oberflächensammelprobe entnommen. Das aufgebrachte Material war zum Probenahmezeitpunkt zwar bereits in den Boden eingearbeitet, jedoch konnten noch deutlich sichtbare, dem Boden anhaftende Materialreste eingesammelt werden. Diese wurden nachfolgend durch das Institut für Hygiene und öffentliche Gesundheit der Universität Bonn untersucht. Dabei ergab die Analyse einen PFT-Gehalt von mehreren Hundert µg/kg TS (siehe Band 1 der Ermittlungsakte 6 Js 1/07 der Staatsanwaltschaft C3. , Bl. 3 f. und 19 [Beiakte Heft 58]). Auch wenn die Untersuchung offenbar nicht nach analytischen Standards erfolgte, ist damit eine nicht unerhebliche PFT-Belastung des beprobten Materials belegt.
105Entsprechendes folgt aus der Auswertung einer weiteren Oberflächensammelprobe, die die IFUA Projekt-GmbH anlässlich der von ihr vorgenommenen Pilotuntersuchungen am 8. August 2006 auf dem Gelände in T. gewonnen hat. In dieser Probe wurde sogar eine PFT-Konzentration von 9.250 µg/kg TS gemessen (siehe Zwischenbericht vom November 2006, S. 7, 9 und 19 sowie Anlage 8 S. 1).
106Weder in dem einen noch in dem anderen Fall besteht Grund zu der Annahme, es könnte sich bei den untersuchten Oberflächenproben nicht um Materialreste der U. G. -Lieferung vom Januar 2006 handeln. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass die fragliche Fläche zu einem späteren Zeitraum nochmals mit anderen Substanzen beaufschlagt worden wäre. Auch der Kläger hat hierzu nichts vorgetragen.
107Darüber hinaus kann als gesichert angesehen werden, dass auch andere Chargen des von der U. W. unter dem Handelsnamen U. G. vertriebenen Produkts teils erheblich mit PFT kontaminiert waren. Zwar sind die von der H. -V. in dem hier maßgeblichen Zeitraum aus verschiedenen Quellen (namentlich aus Belgien und den Niederlanden) bezogenen und nachfolgend unter anderem zu U. G. verarbeiteten Schlämme und Abfallgemische unstreitig nicht auf PFT hin untersucht worden. Jedoch konnten bei einer staatsanwaltschaftlichen Durchsuchungsmaßnahme am 5. Oktober 2006 in einem Kellerraum der Mischanlage der U. W. in C1. insgesamt 225 beschriftete Briefumschläge mit Rückstellproben sichergestellt werden. Fünf dieser allerdings nicht exakt zu datierenden Proben, auf deren Briefumschlägen "U. G. " notiert war, wiesen deutlich erhöhte PFT-Werte zwischen 6.300 und 13.000 µg/kg auf (siehe Anklageschrift vom 1. Februar 2010, S. 75 f.).
108Fest steht zudem, dass im Bodenmischwerk der H. -V. in C. in der Vergangenheit PFT-belastete Abfälle gelagert wurden. In C. ist das von den befestigten Lagerflächen ablaufende Niederschlagswasser in unter den Lagerboxen liegenden Tanks gesammelt worden, um damit die in den Boxen lagernden Abfälle befeuchten zu können. Das StAfUA OWL hat die in den Tanks über eine lange Zeit abgesetzte Schlammphase als Mischprobe aus mehreren Tanks beprobt und auf PFT untersuchen lassen. Dabei zeigte sich eine hohe PFT-Belastung von 247.300 µg/kg TS (siehe Schreiben des StAfUA OWL vom 28. September 2006 u. a. an die Staatsanwaltschaft Paderborn u. a., S. 7 f. sowie Anlage 14 [Beiakte Heft 58 Bl. 2481 f., 2484]). Auch wenn sich daraus keine Rückschlüsse auf bestimmte Materialien, den genauen Zeitpunkt ihrer Lagerung oder ihre Herkunft ziehen lassen, kann angesichts der Erkenntnisse des StAfUA OWL zumindest als gesichert gelten, dass auf dem Betriebsgelände in C. über einen längeren Zeitraum PFT-haltige Stoffe vorhanden waren und somit dort zwangsläufig auch weiterverarbeitet wurden. Tragfähige Hinweise, dass diese Stoffe bei der Produktion von U. G. keine Rolle gespielt haben, sind nicht ersichtlich und ergeben sich namentlich nicht daraus, dass der Kläger ohne näheren Nachweis behauptet, auf den fraglichen Lagerplatten habe lediglich kommunaler Klärschlamm gelagert.
109Für eine generelle Verunreinigung von U. G. mit PFT und damit im Ergebnis auch für eine Ursächlichkeit von U. G. für die hier streitgegenständlichen Kontaminationen spricht ferner der Umstand, dass im Zuge systematischer Bodenuntersuchungen PFT-Belastungen auf einer Vielzahl von Flächen innerhalb und außerhalb des Hochsauerlandkreises nachgewiesen wurden, auf denen zuvor das fragliche Material aufgebracht worden war (vgl. dazu LANUV-Fachbericht 34, S. 30 ff., insb. Tabelle 8; siehe auch Anklageschrift vom 1. Februar 2010, S. 12 ff.). Selbst wenn man auch andere potentielle Ursachen wie etwa das Aufbringen kommunaler Klärschlämme in den Blick nimmt, drängt sich für den Senat vor diesem Hintergrund die Annahme eines Zusammenhangs auf. Dass die festgestellten PFT-Konzentrationen stark differieren und nicht alle nachweislich mit U. G. beaufschlagten Flächen von Verunreinigungen betroffen sind, steht dem nicht entgegen. Dies lässt sich zwanglos damit erklären, dass es sich bei U. G. um jahrelang vertriebene Gemische handelt, für deren Herstellung Abfallstoffe verschiedener Herkunft verwendet wurden, die jeweils ganz unterschiedlich oder zeitweilig auch gar nicht belastet gewesen sein können.
110Letzteres zugrunde gelegt kann das auf dem Areal in T. vorgefundene Schadensbild entgegen der Auffassung des Klägers auch schlüssig mit den beiden nachgewiesenen Beaufschlagungen mit U. G. in Einklang gebracht werden. Zwar erscheint fraglich, in welchem Umfang die festgestellten gravierenden Bodenverunreinigungen auf die letzte Flächenbeaufschlagung vom Januar 2006 zurückzuführen sind. Die Berufung weist in diesem Zusammenhang im Ausgangspunkt zu Recht darauf hin, dass 50 t der damaligen Lieferung auf einer anderen, gut 3 ha großen Fläche des Baumschulbetriebs Gockeln in C2. -S1. aufgebracht wurden. Dieses Grundstück wurde im Juni 2008 beprobt. Die Analyse der gezogenen Proben ergab eine PFOS-Konzentration von 90 µg/kg (Probennummer 468258) und 110 µg/kg (Probennummer 468259); die PFOA-Konzentration lag jeweils unterhalb der Nachweisgrenze von 10 µg/kg. Wenn auch die Schadstoffkonzentrationen 2006 noch deutlich größer gewesen und das (weitgehende) Fehlen von PFOA auf die im Vergleich zu PFOS wesentlich bessere Wasserlöslichkeit dieser Substanz zurückzuführen sein dürfte, legen diese Ergebnisse die Annahme nahe, dass das Anfang 2006 aufgebrachte Material nicht derart mit PFT belastet war, dass sich allein damit das Ausmaß der Bodenverunreinigung plausibel erklären ließe. In dieselbe Richtung deuten zudem Angaben des Instituts für Hygiene und öffentliche Gesundheit der Universität Bonn (Dr. G1. ) im Rahmen einer Besprechung mit Verantwortlichen des Hochsauerlandkreises am 8. Juni 2006, wonach mit Blick auf die PFT-Belastung der Möhnetalsperre von einem länger andauernden Ereignis auszugehen sei. Anders als die Berufung meint, ergibt sich daraus aber kein überzeugendes Argument gegen die Ursächlichkeit von U. G. für die Kontamination in T. . Denn wie eingangs dargestellt wurde die Fläche bereits im Jahr 2004 mit fast 500 t des Gemischs beschickt. Insoweit kann und muss davon ausgegangen werden, dass schon diese Lieferung ganz erheblich mit PFT belastet war. Für den Senat greift dabei letztlich der entscheidende Gedanke, dass anderweitige tatsächliche Ursachen für die in T. vorgefundenen Bodenverunreinigungen nicht ernsthaft in Betracht kommen. Ausgehend von den auf einer Auswertung der entsprechenden Klärschlammlieferscheine beruhenden Feststellungen des Beklagten, an deren Richtigkeit zu zweifeln für den Senat kein begründeter Anlass besteht, sind auf der hier maßgeblichen Fläche seit Inkrafttreten der Klärschlammverordnung am 1. Juli 1992 keine Klärschlämme aufgebracht worden. Mit PFT belastete Klärschlämme insbesondere aus den Anlagen des Ruhrverbands scheiden daher nach allem, was erkennbar ist, als mögliche Schadensquelle aus. Ist das aber der Fall, verbleibt vernünftigerweise nur der Auftrag von U. G. als Erklärung. Es ist nämlich weder vom Kläger substantiiert vorgetragen worden noch sonst erkennbar, aufgrund welcher sonstigen Umstände es zu der Kontamination des Bodens hätte kommen können. Die diesbezüglichen Überlegungen zur Verwendung spezieller, vermeintlich PFT-haltiger Dünge- und/oder Spritzmittel für Weihnachtsbaumkulturen gehen über bloße Spekulationen nicht hinaus und entbehren sämtlich eines nachvollziehbaren Tatsachenkerns. Der Senat hat insbesondere keinerlei Erkenntnisse darüber, dass in der Vergangenheit bei der Produktion bestimmter Dünge- bzw. Spritzmittel regulär PFT-haltige Inhaltsstoffe zum Einsatz gelangt sind. Solche trägt auch der Kläger nicht vor.
111Kann bereits nach alledem mit der nötigen Überzeugungsgewissheit darauf geschlossen werden, dass die von der U. W. auf der Fläche in T. aufgebrachten U. G. -Lieferungen mit PFT verunreinigt waren und in der Folge zu der dort ermittelten schädlichen Bodenveränderung geführt haben, ist schließlich nicht entscheidungserheblich, woher im Einzelnen die H. -V. die für die betreffenden Chargen verwendeten Ausgangsmaterialien bezogen hat. Auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichts, wonach die PFT-Kontamination des in T. aufgebrachten Abfallgemischs gerade aus den Schlämmen herrührt, die der H. -V. von der belgischen P. vermittelt wurden, kommt es daher im Ergebnis nicht an, sodass die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung schon deshalb nicht durchgreifen.
112Der Kläger ist für die durch die Beaufschlagung mit U. G. herbeigeführte schädliche Bodenverunreinigung in T. im Weiteren auch persönlich verhaltensverantwortlich. Dem steht zunächst seine Stellung als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bei den beiden Firmen U. W. und H. -V. nicht entgegen.
113Für das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht ist anerkannt, dass Leitungspersonen juristischer Personen des Privatrechts oder diesen aufgrund ihrer Struktur gleichgestellter Personengesellschaften persönlich als Verursacher einer Gefahr ordnungspflichtig sein können. Der für eine juristische Person oder ‑ wie hier ‑ eine Personengesellschaft maßgeblich Handelnde ist mithin nicht schon allein wegen dieser Stellung von jeder eigenen Verantwortlichkeit frei.
114Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. September 1987 ‑ 20 B 1490/87 ‑ und vom 15. Juli 1993 ‑ 20 B 4505/92 ‑; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. 1986, S. 294; Schlabach/Simon, Die Rechtsnachfolge beim Verhaltensstörer, NVwZ 1992, 143, 146.
115Anknüpfungspunkt für einen Zugriff auf ihn ist, dass er (auch) in seiner Person die Voraussetzungen der Verhaltensverantwortlichkeit erfüllt. Ist das der Fall, scheitert die persönliche Inanspruchnahme des Betreffenden nicht daran, dass sein Handeln auch der juristischen Person oder Personengesellschaft zugerechnet werden kann mit der Folge, dass diese ordnungsrechtlich für sein Handeln einzustehen hat. Eine derartige Zurechnung ist nicht ausschließlich in dem Sinne, dass sie den Handelnden von seiner eigenen Verantwortlichkeit befreit.
116Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. September 1993 ‑ 11 A 694/90 ‑, juris, Rn. 38 ff. (= OVGE 43, 152); VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 20. Oktober 1992 ‑ 10 S 2707/91 ‑, juris, Rn. 7 (= NVwZ 1993, 1014), und vom 25. März 2003 ‑ 1 S 190/03 ‑, juris, Rn. 58 (= NJW 2003, 2550).
117Diese Grundsätze gelten auch im Rahmen des § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG.
118Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. März 2007, a. a. O. Rn. 14 ff., sowie Urteil vom 21. November 2012 ‑ 16 A 85/09 ‑, juris, Rn. 37 (= W+B 2013, 102).
119Die Vorschrift knüpft an den überkommenen polizeirechtlichen Begriff des Verursachers an und greift die diesbezüglich entwickelten Kriterien auf.
120Vgl. BT-Drucks. 13/6701, S. 34; Frenz, a. a. O., § 4 Abs. 3 Rn. 4 f.; Versteyl, a. a. O., § 4 Rn. 39.
121Dagegen lässt sich § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG nicht entnehmen, dass ein an sich die persönliche Verhaltensverantwortlichkeit des Handelnden auslösendes Handeln dann, wenn hierfür die Einstandspflicht einer juristischen Person und/oder einer Personengesellschaft begründet ist, nur für die Letztgenannte relevant ist. Eine Übertragung von die persönliche Haftung einschränkenden zivilrechtlichen Grundsätzen auf das dem Bodenschutz dienende Ordnungsrecht war weder beabsichtigt und noch entspricht sie dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Insbesondere besagt die gegenständlich begrenzte Ausweitung der Verantwortlichkeit nach § 4 Abs. 3 Satz 4 BBodSchG nicht, dass bei der Beurteilung der Eigenschaft als Verursacher im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG handelsrechtliche oder gesellschaftsrechtliche Einstandspflichten eine nach ordnungsrechtlichen Maßstäben bestehende persönliche Verantwortlichkeit hindern. Auch daraus, dass § 4 Abs. 3 BBodSchG keine ausdrückliche Regelung hinsichtlich der Einstandspflicht für einen Verrichtungsgehilfen (vgl. § 17 Abs. 3 OBG) enthält, folgt nichts anderes, da nicht das Einstehenmüssen für eine fremde Verantwortlichkeit in Rede steht, sondern das Entfallen der eigenen Verantwortlichkeit wegen fremder Einstandspflicht.
122Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. März 2007, a. a. O., Rn. 16.
123Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Kläger Verursacher der schädlichen Bodenveränderung, weil er als Geschäftsführer der jeweiligen Komplementär-GmbH die wesentlichen Verursachungsbeiträge innerhalb der Unternehmen H. -V. und U. W. selbst gesetzt hat, indem er persönlich den Betrieb beider Firmen und damit im Ergebnis die für die Aufbringung des PFT-haltigen Materials auf den betroffenen Flächen maßgeblichen Vorgänge bestimmt hat. Hiervon ist aufgrund vorläufiger Einschätzung schon der 20. Senat in dem Eilbeschwerdebeschluss vom 26. März 2007 ‑ 20 B 61/07 ‑ ausgegangen (Beschlussabdruck S. 5 ff. = juris, Rn. 17 ff.). Den dortigen Erwägungen tritt der erkennende Senat vollumfänglich bei. Das Vorbringen des Klägers im Klage- und Berufungsverfahren sowie die hier gewonnenen Erkenntnisse rechtfertigen keine andere Beurteilung. Das gilt namentlich auch mit Blick auf das Ergebnis der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2015.
124Soweit der Kläger geltend macht, er sei in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht nur für die H. -V. und die U. W. tätig gewesen, sondern habe als Geschäftsführer von insgesamt sieben Firmen fungiert, deren Betrieb er jeweils in kaufmännischer Hinsicht zu leiten gehabt habe (vgl. insbesondere Schriftsatz vom 20. Dezember 2013, S. 4 ff.), stellt dies die Annahme seiner Verhaltensverantwortlichkeit bereits im Ansatz nicht in Frage. Der Kläger übersieht, dass es hierfür nicht entscheidend darauf ankommt, in welchem Umfang er selbst in das Tagesgeschäft der verschiedenen Unternehmen und mithin auch der H. -V. und der U. W. eingebunden war. Dementsprechend ist es unerheblich, wenn einzelne Arbeitsschritte von der Annahme des Ausgangsmaterials über dessen Weiterverarbeitung bis hin zum Vertrieb und dem Aufbringen des Endprodukts ‑ wie vom Kläger vorgetragen ‑ von einzelnen, dafür jeweils zuständigen Mitarbeitern erledigt wurden. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Kläger derjenige war, der innerhalb von H. -V. und U. W. die betrieblichen Vorgänge beim Umgang mit den Ausgangsstoffen und dem hieraus zusammengemischten Material sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht zentral und umfassend gesteuert und auf diese Weise die Geschäfte beider Unternehmen im eigentlichen Wortsinne geführt und miteinander auf den risikoträchtigen Erfolg hin verknüpft hat. Daran aber ist nicht zu zweifeln. Hierfür spricht bereits seine Stellung in den Unternehmen. Der Kläger war jeweils alleiniger Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. In beiden Firmen waren zudem nur wenige Mitarbeiter beschäftigt (nach den unwidersprochenen Angaben des Beklagten bei seiner Ablehnung des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs [Schreiben vom 24. November 2006]: U. W. : 4; H. -V. : 12-23; jeweils einschließlich Geschäftsführer). Angesichts dieser Ausgangslage ist es bei lebensnaher Betrachtung schon nicht ernsthaft vorstellbar, dass ein anderer als der Geschäftsführer dazu berufen gewesen sein könnte, den gemeinsamen Geschäftszweck der Unternehmen zu realisieren und die dazu erforderlichen betrieblichen Abläufe durch generelle Anordnungen und sonstige Vorgaben zu lenken. Dafür ist auch ansonsten nichts erkennbar. Der Kläger hat im Gegenteil selbst eingeräumt, es sei seine Aufgabe gewesen, "Strukturen zu schaffen", also ein wirtschaftlich erfolgreiches Agieren der Firmen durch Herstellung der dafür notwendigen Voraussetzungen zu ermöglichen. Das wiederum wird im Ergebnis auch durch die Beweisaufnahme belegt.
125Die Zeugen Q. -K. X. und I2. X. , die älteren Brüder des Klägers, haben übereinstimmend angegeben, dass die wirtschaftliche Verwertung von Klärschlämmen und Biokompostabfällen zwar bereits Teil des Geschäfts der Brüder X. GbR gewesen sei, nachfolgend aber auf die H. -V. übertragen und dort unter der Geschäftsführung des Klägers "intensiviert" bzw. "vergrößert" worden sei. Was die konkrete Rolle des Klägers im operativen Bereich angeht, waren die Aussagen der Zeugen zwar ausgesprochen vage und demgemäß weitestgehend unergiebig. Gleichwohl haben beide Zeugen, die neben dem Kläger jeweils Kommanditisten der H. -V. und der U. W. waren, bei verständiger Würdigung ihrer Ausführungen letztlich keinen Zweifel daran gelassen, dass die eigentliche Leitungsverantwortung dem Kläger oblag. So hat der Zeuge I2. X. erklärt, der Kläger sei als Geschäftsführer auch für die Strategien beider Firmen verantwortlich gewesen. Der Zeuge Q. -K. X. hat ausgesagt, er habe sich um die Ausrichtung der Geschäfte in den Unternehmen nicht gekümmert und seinen Bruder als Geschäftsführer seine Arbeit machen lassen. Insoweit hält der Senat die Aussagen der beiden Zeugen X. ohne Weiteres für glaubhaft. Die Beweisaufnahme hat keinerlei Anhaltspunkte dafür hervortreten lassen, dass die Zeugen ein Interesse daran haben könnten, den Kläger, was seine Funktion in den Firmen H. -V. und U. W. angeht, zu Unrecht zu "belasten". Ihr Aussageverhalten war vielmehr genau umgekehrt von dem offensichtlichen Bemühen getragen, dem Kläger unter Bezugnahme auf weitreichende Erinnerungslücken und Informationsdefizite nicht durch Angaben zu den Einzelheiten seiner Tätigkeiten in beiden Unternehmen zu schaden.
126Dass der Kläger die Geschicke von H. -V. und U. W. im eigentlichen Sinne gelenkt und geleitet hat, wird ferner auch durch die Aussage der Zeugin T. unter Mitberücksichtigung ihrer Bekundungen im Rahmen ihrer Vernehmung durch das Landeskriminalamt Düsseldorf am 5. Oktober 2006 bestätigt. Die Zeugin hat in der mündlichen Verhandlung am 20. Mai 2015 angegeben, in ihrer Funktion als Buchhalterin habe sie sich zunächst über das Geschäftsmodell der Firmen gewundert, soweit das darin bestanden habe, für den Bezug später weiter verarbeiteter Materialien Geld zu erhalten. Bei allen sich ihr in diesem Zusammenhang stellenden Fragen habe sie sich immer ausschließlich an den Kläger und nicht etwa an ihren damaligen Lebensgefährten, den Zeugen Q. -K. X. , oder an eine andere Person gewandt. Ansonsten hat die Zeugin allerdings erklärt, zu den Details der Tätigkeit des Klägers heute nichts mehr sagen zu können. Ihr ist deshalb die Aussage vorgehalten worden, die sie seinerzeit nach dem Inhalt des bei der Vernehmung durch das Landeskriminalamt vom 5. Oktober 2006 gefertigten Vernehmungsprotokolls in Bezug auf die Rolle des Klägers bei der H. -V. und der der U. W. gemacht hat. Danach hatte sie bei der Vernehmung angegeben, die ursprüngliche Idee, ins Klärschlammgeschäft einzusteigen, sei zwar von Q. -K. und I2. X. gekommen. Später habe jedoch der Kläger die Idee gehabt, das Klärschlammgeschäft im großen Stil zu betreiben. Da die Brüder X. GbR das sichere Standbein gewesen sei, habe man den Kläger mit seinen neuen Ideen daran nicht beteiligen wollen. Diese hätte vielmehr über die GmbH & Co. KG abgewickelt werden sollen, um die ursprüngliche Firma nicht wirtschaftlich zu gefährden. Weil der Kläger der Ideengeber gewesen sei, sei er auch Geschäftsführer geworden. Mit der Gründung der H. -V. sei das Klärschlammgeschäft komplett an diese übergegangen. Wie das Klärschlammgeschäft durch die H. -V. ausgeweitet worden sei, könne sie nicht sagen. Sie wisse nur, dass es immer mehr und mehr geworden und die Fäden dabei vom Kläger gezogen worden seien. Sie habe nur vom Kläger die buchhalterischen Belege der Kunden und von S. N. die Auflistung der Gutschriften für die Landwirte bekommen. Anhand der Belege der Spediteure habe sie sehen können, dass das Geschäft quasi von Gründung der H. -V. an deutschlandweit und auch nach Belgien und in die Niederlande ausgeweitet worden sei. Soweit es die U. W. betreffe, sei der Kläger der eingetragene und auch der faktische Geschäftsführer gewesen, von ihm sei alles unterschrieben worden. Auch aus den Gesprächen mit den Brüdern (d. h. den Zeugen Q. -K. und I2. X. ) habe sie gewusst, dass der Kläger die Geschäfte für die U. W. geführt habe. Auf den Vorhalt ihrer Aussage vom Oktober 2006 hat die Zeugin den Inhalt des Protokolls an sich nicht in Frage gestellt, sondern sich lediglich darauf zurückgezogen, dass sie sich nicht mehr erinnern könne. Damit ist die Zeugin von ihren damaligen Angaben inhaltlich nicht abgerückt. Es ist auch nichts dafür erkennbar, dass sie bei ihrer Vernehmung durch das Landeskriminalamt (bewusst) falsche Angaben gemacht haben könnte. Weder ihrer Aussage vor dem Senat noch der Vernehmungsniederschrift lassen sich Hinweise auf eine Belastungstendenz der Zeugin entnehmen. Gründe für eine solche Annahme ergeben sich auch nicht aus der Gestaltung der Vernehmung. Insofern hat die Zeugin gegenüber dem Senat zwar bekundet, sie sei nach ihrer seinerzeitigen Aussage "fix und fertig" gewesen. Dies lässt für sich genommen aber nicht den Schluss zu, sie könne unzulässig unter Druck gesetzt oder in anderer Weise rechtswidrigen Vernehmungsmethoden ausgesetzt worden sein, sondern bezieht sich offenbar in erster Linie auf die lange Dauer ihrer Einvernahme (14.40 bis 19.00 Uhr). Der Senat ist vor diesem Hintergrund davon überzeugt, dass die Zeugin im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung ihre seinerzeitigen Wahrnehmungen zu der tragenden Funktion und Rolle des Klägers in den Firmen H. -V. und U. W. wahrheitsgemäß wiedergegeben hat. Anzunehmen, dass diese nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprachen, besteht kein Anlass. Die Zeugin verfügte aufgrund ihrer Tätigkeit als Buchhalterin beider Firmen bis 2003 und als damaliges Mitglied der Familie X. ungeachtet ihres "Dienstorts" über entsprechende Erkenntnismöglichkeiten insbesondere hinsichtlich der Anfangsjahre der Geschäftstätigkeit der H. -V. und der U. W. . Soweit sie angegeben hat, ab etwa 2000 von allen drei Brüdern "dumm gehalten" worden zu sein, und sie sich im Mai 2004 von dem Zeugen Q. -K. X. getrennt habe, ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die hier interessierenden Verhältnisse danach entscheidend geändert haben. Schließlich fehlt es auch an jeglichem Hinweis darauf, dass die Angaben der Zeugin gegenüber dem Landeskriminalamt fehlerhaft protokolliert worden sein könnten.
127Anhaltspunkte, dass anstelle oder neben dem Kläger eine dritte Person die Geschäfte der H. -V. und/oder der U. W. geführt haben könnte, sind auch im Berufungsverfahren nicht hervorgetreten. Der Hinweis des Klägers auf die Bestellung von Betriebsleitern und die Delegation von Aufgaben auf diese geht fehl, weil die Funktion eines Betriebsleiters sich wesentlich von der eines Geschäftsführers in dem oben genannten Sinne unterscheidet. Dass etwa der Betriebsleiter der H. -V. , N1. B2. , zugleich Aufgaben der Geschäftsführung wahrgenommen hat und damit beauftragt war, die den wirtschaftlichen Zielsetzungen entsprechenden Betriebsabläufe umfassend und letztverantwortlich zu steuern, hat der Kläger selbst nicht vorgetragen (vgl. Schriftsätze vom 20. Dezember 2013, S. 9 f., und vom 18. Mai 2015, S. 8). Hierfür lässt sich auch weder den Zeugenaussagen noch dem sonstigen Akteninhalt Substantielles entnehmen. Der Beklagte weist ferner zu Recht darauf hin, dass die Tätigkeit der verschiedenen Betriebsleiter offenbar auf ihr jeweiliges Unternehmen beschränkt war, während allein der Kläger in beiden Firmen eine maßgebliche Funktion innehatte und damit in der Lage war, Produktion und Vertrieb der zu Dünger weiterverarbeiteten Abfallgemische zentral miteinander zu verknüpfen. Im Übrigen ist auch nichts dafür vorgetragen oder losgelöst davon erkennbar, dass einzelne Beschäftigte außerhalb des ihnen vom Kläger zugewiesenen Aufgabenbereichs gehandelt haben, nicht von dessen Weisungen abhängig waren und/oder diese Weisungen nicht befolgt haben.
128Vor diesem Hintergrund bestand für den Senat keine Veranlassung, den vorsorglich geladenen, aber krankheitsbedingt nicht erschienenen Zeugen B2. erneut zu laden und zu vernehmen. Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisantrag war bereits als unsubstantiiert abzulehnen, weil es ihm an der gebotenen konkreten Beweisbehauptung mangelte. Der Kläger hat weder mit der Formulierung des Beweisantrags noch mit seinem sonstigen Vorbringen eine hinreichend bestimmte Beweistatsache aufgezeigt, die der Zeuge hätte bekunden sollen (§ 98 VwGO i. V. m. § 373 ZPO).
129Unerheblich ist, ob der Kläger von dem Vorhandensein der PFT in den Ausgangsstoffen und/oder in den ausgebrachten Gemischen wusste oder zumindest hätte wissen können. Subjektive Komponenten sind für die im Rahmen wertender Betrachtung erfolgende Begründung der Verursacherverantwortlichkeit grundsätzlich irrelevant. Namentlich kommt es im Recht der Gefahrenabwehr auf ein Verschulden der handelnden Personen nicht an.
130Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. März 2007, a. a. O., Rn. 19; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 26. November 2008 ‑ 8 A 10933/08 ‑, juris, Rn. 27 (= NVwZ-RR 2009, 280); Frenz, a. a. O., § 4 Abs. 3 Rn. 28, unter anderem unter Hinweis darauf, dass § 4 Abs. 5 Satz 2 BBodSchG davon ausgeht, dass es auch einen "gutgläubigen" Verursacher gibt; Schoeneck, a. a. O., § 4 Rn. 31.
131Verantwortungsbereiche sind vielmehr objektiv zuzurechnen. Dabei ist in Ergänzung des Unmittelbarkeitserfordernisses ein anerkannter Gesichtspunkt, in wessen Risiko- und Pflichtensphäre die Verantwortung für einen gefährlichen Zustand fällt.
132Vgl. OVG Rh.-Pf., Urteil vom 26. November 2008, a. a. O.; Schoeneck, a. a. O.
133Hier war sowohl mit der Produktion als auch mit dem Vertrieb und dem Ausbringen von U. G. von vornherein ein erhebliches (latentes) Risiko verbunden. Dieses Risiko ist den Firmen H. -V. und U. W. und mithin nach den obigen Erwägungen auch dem Kläger zuzurechnen. Unabhängig von der Frage ihrer konkreten Herkunft handelte es sich bei den bei der Herstellung verwendeten Ausgangsmaterialien um Schlämme aus der Abwasserreinigung und sonstige Abfallstoffe. Die landbauliche Verwertung solcher Materialien ohne vorherige spezifische Behandlung ist, zumal wenn diese ‑ wie vorliegend wohl überwiegend der Fall ‑ aus dem Ausland bezogen werden, bereits aus sich heraus mit einem nicht unerheblichen Risikopotential behaftet. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass die Anlieferung und Aufbringung ‑ wie auch in T. ‑ für den Abnehmer typischerweise kostenfrei erfolgte oder jener sogar Geld dafür erhalten hat. Dieser Umstand kann zwanglos illustrieren, dass es im Ergebnis gerade nicht um die Lieferung eines biologisch wertvollen Stoffs ging, sondern um die Verwertung entsorgungsbedüftigen Abfalls, mag dieser Entsorgungsweg auch weit verbreitet sein.
134In diesem Sinne bereits OVG NRW, Beschluss vom 21. März 2007 ‑ 20 B 99/07 ‑.
135Schließlich kann sich der Kläger nicht auf eine seine Sanierungsverantwortlichkeit ausschließende Legalisierungswirkung der der H. -V. unter dem 15. April 1998 erteilten und später mehrfach erweiterten Betriebsgenehmigung berufen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat (Urteilsabdruck S. 27), war die H. -V. aufgrund der bestehenden Genehmigungen nicht befugt, in ihrem Werk in C. Schlämme aus der Nichtnahrungsmittelindustrie zu lagern und zu mischen. Stoffe dieser Herkunft müssen in den auf der Fläche in T. aufgebrachten U. G. -Lieferungen nach Lage der Dinge jedoch in erheblichem Umfang enthalten gewesen sein, da anderenfalls die im Hinblick auf die festgestellten und gemäß den obigen Erwägungen nur auf den Einsatz von U. G. zurückzuführenden Verunreinigungen notwendigen hohen PFT-Gehalte nicht zu erklären wären. Dass Schlämme oder sonstige Abfälle aus Betrieben der Lebensmittelindustrie, die als wesentliche Einsatzstoffe für die Produktion von U. G. verwendet worden sein sollen, PFT-belastet gewesen sein könnten, ist nach allen vorliegenden Erkenntnissen auszuschließen und wird auch vom Kläger nicht geltend gemacht.
136b) Aus dem gleichen Grund gehen letztlich auch die Ausführungen der Berufung zur Nichtanwendbarkeit von § 10 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG auf den vorliegenden Sachverhalt ins Leere. Nach seinem § 3 Abs. 1 findet das Bundes-Bodenschutzgesetz auf schädliche Bodenveränderungen nur dann (subsidiär) Anwendung, wenn die dort aufgeführten Fachgesetze Einwirkungen auf den Boden nicht regeln. Die Erwägungen zur Vorrangigkeit der Bioabfallverordnung ‑ BioAbfV ‑ bzw. der Klärschlammverordnung ‑ AbfKlärV ‑ (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 BBodSchG) und des Düngemittelrechts (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 BBodSchG) beruhen auf der ‑ unzutreffenden ‑ Prämisse, dass der "Bodenverbesserer" U. G. keine Schlämme aus sonstigen industriellen Herkunftsbereichen enthielt. Ist dies jedoch der Fall, unterliegt das ausgebrachte Material nicht den vorgenannten Bestimmungen. Die Bioabfallverordnung gilt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 für unbehandelte und behandelte Bioabfälle und Gemische, die zur Verwertung als Düngemittel auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden aufgebracht oder zum Zweck der Aufbringung abgegeben werden. Gemäß § 2 Nr. 1 BioAbfV sind Bioabfälle Abfälle tierischer oder pflanzlicher Herkunft zur Verwertung, die durch Mikroorganismen, bodenbürtige Lebewesen oder Enzyme abgebaut werden können. Dies trifft auf PFT-haltige Materialien nicht zu. Im Übrigen greift die Bioabfallverordnung nicht, soweit die Klärschlammverordnung Anwendung findet (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 BioAbfV). Die Klärschlammverordnung hat zu beachten, wer Klärschlamm auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden aufbringt oder aufbringen will (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 AbfKlärV). Nach § 2 Abs. 2 AbfKlärV ist Klärschlamm der bei der Behandlung von Abwasser in Abwasserbehandlungsanlagen einschließlich zugehöriger Anlagen zur weitergehenden Abwasserreinigung anfallende Schlamm, auch entwässert oder getrocknet oder in sonstiger Form behandelt; als Klärschlamm gelten auch Klärschlammkomposte und Klärschlammgemische; Klärschlammgemische sind Mischungen aus Klärschlamm mit anderen geeigneten Stoffen nach Anlage 2 Tabellen 11 und 12 der Düngemittelverordnung in der jeweils geltenden Fassung. § 4 Abs. 1 AbfKlärV verbietet das Aufbringen von Schlamm aus anderen Abwasserbehandlungsanlagen als zur Behandlung von Haushaltsabwässern, kommunalen Abwässern oder Abwässern mit ähnlich geringer Schadstoffbelastung auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden. Klärschlämme aus der Behandlung von sonstigem industriellem Abwasser gehören hierzu nicht. Da die Klärschlammverordnung (abgesehen von Ordnungswidrigkeitenbestimmungen) die Folgen eines objektiv verbotswidrigen Aufbringens von Klärschlämmen nicht regelt, gelangen die Regelungen des Bundes-Bodenschutzgesetzes zur Anwendung. Entsprechende Überlegungen gelten für das Düngemittelrecht. Soweit hier von Interesse, durften Ausgangsstoffe für die Herstellung von Düngemitteln und Bodenhilfsstoffen nach der bis Dezember 2008 geltenden Düngemittelverordnung 2003 nur Schlämme, Flotate und Fugate aus der Nahrungsmittelindustrie sowie Klärschlämme aus der Behandlung von Abwässern in kommunalen Kläranlagen sein (Anlage 2, Tabelle 11 Buchst. c, Nr. 45 und 46). Wie mit den Folgen des Aufbringens eines "Düngemittels" zu verfahren ist, das diesen Anforderungen nicht entspricht, regelt das Düngemittelrecht wiederum nicht.
137c) Lagen und liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten gegenüber dem Kläger damit vor, stellt sich dessen Inanspruchnahme weiterhin auch als ermessensfehlerfrei und insbesondere verhältnismäßig dar.
138aa) Die Frage der Verhältnismäßigkeit betrifft zunächst das festgelegte Sanierungsziel und die zu dessen Erreichung konkret verfügten Sanierungsmaßnahmen.
139Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG besteht unter anderem die Verpflichtung, den Boden so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. Hierzu kommen nach Satz 2 der Vorschrift bei Belastungen durch Schadstoffe neben Dekontaminations- auch Sicherungsmaßnahmen in Betracht, die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern. Soweit dies nicht möglich oder unzumutbar ist, sind sonstige Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen durchzuführen (Satz 3 der Vorschrift). Sind schädliche Bodenveränderungen nach dem 1. Januar 1999 eingetreten, sind Schadstoffe gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 BBodSchG aus dem Boden zu beseitigen, soweit dies im Hinblick auf die Vorbelastung des Bodens verhältnismäßig ist.
140Die hier streitigen Maßnahmen entsprechen Im Ergebnis einer Dekontamination der belasteten Fläche im Sinne einer Beseitigung bzw. (weitgehenden) Verminderung der Schadstoffe (§ 2 Abs. 7 Nr. 1 BBodSchG). Der Umfang der Sanierung ist am Sanierungsziel, an der aktuellen und zukünftigen Nutzung des zu sanierenden Areals (vgl. § 4 Abs. 4 BBodSchG) sowie allgemein am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auszurichten. Je größer die akute Gefahr für den Menschen ist, umso stärker rechtfertigen sich auch extrem aufwändige Sanierungs- bzw. Sicherungsmaßnahmen.
141Vgl. Versteyl, a. a. O., § 4 Rn. 86.
142Ergreift die Behörde Maßnahmen, um die sich aus § 4 Abs. 3 BBodSchG ergebende Pflicht zu konkretisieren, ergibt sich die Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zudem unmittelbar aus § 10 Abs. 1 Satz 4 BBodSchG.
143Das vorausgeschickt erweisen sich die angeordneten Sanierungs- bzw. Sicherungsmaßnahmen nach Art und Umfang als geeignet. Soweit der Kläger die Effektivität der vom Beklagten gewählten Vorgehensweise, die im Kern darauf beruht, das von der kontaminierten Fläche oberflächennah abfließende Niederschlagswasser samt der darin gelösten PFT mittels Fangdränage zu sammeln und sodann durch Aktivkohlefilterung zu reinigen, in Abrede stellt, ist dem nicht zu folgen. Die Wirksamkeit der installierten Wasserbehandlungsanlage wird ‑ wie bereits oben ausgeführt ‑ durch die laufend durchgeführten Gewässeruntersuchungen, die einen signifikanten Rückgang der PFT-Belastungen der betroffenen Gewässer zeigen, nachdrücklich belegt. Zudem werden im Ablauf der Reinigungsanlage seit Jahren unkritische Werte gemessen, während die PFT-Belastung im Zulauf nach wie vor hoch ist. Dies zeigt die kontinuierliche Entfernung von PFT aus dem Sickerwasser und damit letztlich aus dem kontaminierten Boden selbst. Gegen die Geeignetheit der Sanierungsvorgaben spricht entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht, dass sich derzeit nicht verlässlich abschätzen lässt, wann die Sanierungszielwerte erreicht sein werden (vgl. dazu die Ausführungen des Herrn Dr. C. von der IFUA Projekt-GmbH in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat). Allein der Umstand, dass die Sanierung zur Zielwerterreichung allemal noch über Jahrzehnte fortgesetzt werden muss, bedeutet nicht, dass von dem Kläger in objektiver Hinsicht etwas tatsächlich und/oder rechtlich Unmögliches verlangt würde. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann insoweit auf die zutreffenden Erwägungen in dem Änderungsbescheid des Beklagten vom 12. Mai 2015 (dort S. 5) verwiesen werden, denen der Senat folgt. Anders als der Kläger meint, liegt auch keine zur Nichtigkeit der Sanierungsanordnung führende subjektive Unmöglichkeit vor, weil das Sanierungsendziel möglicherweise nicht innerhalb der Lebenszeit des Klägers erreicht werden wird. Die Nichtigkeitsregelung des § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW betrifft nur die tatsächliche objektive Unmöglichkeit. Das bloße Unvermögen des Betroffenen, die ihm durch Verwaltungsakt auferlegte Verpflichtung zu erfüllen, hat allenfalls nach Abs. 1 der Vorschrift ausnahmsweise dann Nichtigkeit zur Folge, wenn es sich um eine höchstpersönliche Pflicht handelt. Das ist bei einer Pflicht zur Gefahrenabwehr, die ‑ wie hier ‑ eine vertretbare Handlung beinhaltet, aber nicht der Fall.
144Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 ‑ 7 C 3.05 ‑, juris, Rn. 26 ff. (= BVerwGE 125, 325).
145Die dem Kläger aufgegebenen Maßnahmen sind darüber hinaus erforderlich. Dabei unterliegt zunächst die Erforderlichkeit der (weiteren) Reinigung des aus der Fläche austretenden Sickerwassers keinen durchgreifenden Bedenken. Solche ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass seitens der Wasserversorger an der Ruhr ebenfalls Maßnahmen ergriffen worden sind, um die PFT-Konzentrationen im Trinkwasser zu minimieren, und namentlich in dem am stärksten betroffenen Wasserwerk Möhnebogen bereits im Juli 2006 eine Aktivkohlefilteranlage in Betrieb gegangen ist. Während diese Maßnahmen erst bei der Trinkwassergewinnung selbst greifen, setzt die Bodensanierung deutlich früher an und zielt darauf, die PFT-Einträge bereits an der Quelle zu reduzieren, um so die Verunreinigung von Wasser, das (mittelbar) der Trinkwassergewinnung dient, von Anfang an zu vermeiden. Wie oben dargelegt, besteht mit Blick auf die Ergebnisse der Gewässeruntersuchungen kein vernünftiger Zweifel daran, dass wesentliche Teile der PFT-Belastungen der Möhne und damit auch des Trinkwassers aus dem Wasserwerk Möhnebogen, das überwiegend aus dem Möhnewasser gewonnen wird, auf die Bodenverunreinigungen in T. zurückzuführen sind. Ein derartiger Belastungsschwerpunkt ist regelmäßig ungeachtet nachgelagerter Sicherungsmaßnahmen zu sanieren. Nur durch die Sanierung einer erkannten punktuellen Schadstoffquelle lässt sich einer sonst drohenden Ausbreitung der Schadstoffe mit der Folge unter anderem zunehmend steigender Hintergrundbelastungen und einer dem Schutz der V. abträglichen Verlagerung oder Erstreckung der Schadstoffe auf andere Umweltmedien wirkungsvoll begegnen. Insofern entspricht es den Wertungen des Bodenschutzrechts, bei einem wasserlöslichen Schadstoff einem sukzessiven Schadstoffaustrag in die Gewässer effektiv entgegenzuwirken, und zwar auch dann, wenn sich als Folge des Zutritts großer Wassermengen letztlich "Verdünnungen" auf eher unkritischere Konzentrationen ergeben sollten. Nicht anders als etwa bei Deponien oder sonstigen Anlagen, in denen wassergefährdende Stoffe vorhanden sind oder mit solchen Stoffen umgegangen wird, gilt es prinzipiell und in erster Linie, die Schadstoffe an ihrem Entstehungs- oder Auffindungsort zurückzuhalten und dort Maßnahmen zur Gewährleistung eines insgesamt gefahrlosen Zustands der Umwelt zu ergreifen.
146Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. November 2006, a. a. O., Rn. 9.
147Hinzu kommt, dass nach den vom Beklagten zwischenzeitlich in das Verfahren eingeführten Erkenntnissen zusätzlich zum Trinkwasserschutz der menschliche Fischverzehr angesichts der Eigenschaft von PFOS, sich in der aquatischen Nahrungskette anzureichern, als besonders sensibles und damit primär schützenswertes Schutzgut anzusehen ist (dazu näher unten). Zu dessen Schutz kann der parallele Betrieb von Filteranlagen durch die Wasserversorger naturgemäß ohnehin nichts beitragen.
148Die vom Kläger mit der Zulassungsbegründung für vorzugswürdig gehaltene Sanierung im Wege der Evapotranspiration stellt kein gleichermaßen geeignetes Mittel dar. Nach den ‑ unwidersprochen gebliebenen ‑ Angaben des Beklagten lagen 2006 noch keine (gesicherten) Erkenntnisse dazu vor, ob und gegebenenfalls welche Pflanzen für ein solches Verfahren bei einer PFT-Verunreinigung überhaupt eingesetzt werden könnten. Für den Beklagten bestand auch keine begründete Veranlassung, anlässlich der Änderung der Sanierungszielwerte die Evapotranspiration erneut als eventuell kostengünstigere Sanierungsalternative in den Blick zu nehmen. In dem Änderungsbescheid vom 12. Mai 2015 ist hierzu, ohne dass der Kläger dem nachfolgend entgegengetreten wäre, ausgeführt, eine Sanierung allein mittels Bakterieneinsatzes oder ähnlicher Methoden sei bei den in Rede stehenden Stoffen nach wie vor nicht möglich. Schließlich würde ungeachtet der Frage ihrer grundsätzlichen Eignung die Evapotranspiration nach dem eigenen Vorbringen des Klägers (vgl. Schriftsatz vom 3. Juni 2009, S. 18) allenfalls mittelfristig zu einer Verringerung der fraglichen PFT-Emissionen beitragen können. Demgegenüber zielt die vom Beklagten gewählte Dränage-Lösung darauf ab, ein weiteres Abfließen von mit PFT belastetem Sickerwasser in die betroffenen Gewässer unmittelbar und umfassend zu unterbinden. Dies stellt sich angesichts des bereits oben beschriebenen Gefährdungspotentials einer fortgesetzten Auswaschung von PFT als legitimes Ziel dar, zu dessen Erreichung die Evapotranspiration nicht geeignet ist.
149Nicht zu beanstanden sind ferner die weiteren Annahmen des Beklagten in dem Änderungsbescheid vom 12. Mai 2015 dazu, dass auch aus heutiger Sicht keine ebenso effektiven, aber kostengünstigeren Sanierungs- oder Sicherungsmaßnahmen zur Verfügung stehen. Nach den Schätzungen des Beklagten hätte ein vollständiger Bodenaustausch einschließlich Deponierung oder Verbrennung des ausgekofferten Materials ursprünglich Kosten in Höhe von 15 bis 20 Mio. Euro verursacht. Heute dürften angesichts einer weiteren Tiefenverlagerung der Schadstoffe noch wesentlich höhere Aufwendungen zu veranschlagen sein, sollte ein Abtrag des belasteten Bodens vor diesem Hintergrund überhaupt noch als geeignete Sanierungsmaßnahme in Betracht kommen. Dass es hingegen ‑ wie der Kläger meint ‑ ausreichend (gewesen) sein könnte, zu geringeren Kosten lediglich einige "Hotspots" zu sanieren, erscheint letztlich spekulativ und kann nicht allein mit einer heterogenen Flächenbelastung begründet werden. Der Betrag von 15 bis 20 Mio. Euro übersteigt die bislang angefallenen Sanierungskosten in Höhe von etwa 2,1 Mio. Euro um ein Vielfaches und dürfte selbst unter Zugrundelegung einer weiteren Sanierungsdauer von gut 100 Jahren auch zukünftig bei voraussichtlichen jährlichen Zusatzkosten von 60.000 bis 80.000 Euro nicht erreicht werden (zu den bisherigen und zukünftigen Kosten der Sanierung siehe die Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 20. Mai 2015). Was eine Versiegelung oder Abdeckung der Fläche betrifft, geht der Beklagte nachvollziehbar davon aus, dass schon hinsichtlich der Flächengröße von gut 10 ha und der Notwendigkeit, einen seitlichen Wassereintritt zu verhindern, ganz erhebliche Auswendungen nötig würden. Zudem müsste eine Abdeckung unbefristet aufrechterhalten und kontrolliert werden, womit auf Dauer nicht unerhebliche weitere Kosten anfielen. Dass eine Abdeckung der betroffenen Fläche bei dieser Ausgangslage klar günstiger wäre, lässt sich nicht annehmen. Davon abgesehen widerspräche eine bloße Versiegelung auch dem Dekontaminationsgebot des § 4 Abs. 5 BBodSchG (dazu sogleich).
150Weiterhin sind auch die vom Beklagten mit der Verfügung vom 12. Mai 2015 geänderten Sanierungszielwerte von 0,1 μg/l PFOS und 0,5 μg/l PFOS + PFOA erforderlich. Ziel der Sanierung muss es sein, dass aus der schädlichen Bodenveränderung dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. Die Sanierung ist daher nicht zwangsläufig auf die weitestmögliche Wiederherstellung des Ursprungszustands, sondern (lediglich) auf die endgültige Beseitigung der Gefahr an der Quelle und im kontaminierten Boden gerichtet (vgl. § 2 Abs. 7 Nr. 1 BBodSchG, wonach Dekontaminationsmaßnahmen auch die Verminderung der Schadstoffe bezwecken können).
151Vgl. Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, a. a. O. § 2 Rn. 80.
152Allerdings gilt nach § 4 Abs. 5 Satz 1 BBodSchG das Dekontaminationsgebot aus § 2 Abs. 7 Nr. 1 BBodSchG für "Neulasten", die erstmals nach dem 1. März 1999 eingetreten sind, in der verschärften Form der (vollständigen) Beseitigung. Dem liegt die Absicht zugrunde, "Neulasten" nicht irgendwann doch noch zu Altlasten werden zu lassen, wenn Sanierungsziele später im Lichte neuerer Erkenntnisse über die Auswirkungen bestimmter Schadstoffe gegebenenfalls neu definiert werden müssen. Gleichwohl sind auch hier Übermaßverbot und Verhältnismäßigkeit im Einzelfall zu berücksichtigen.
153Vgl. Versteyl, a. a. O., § 4 Rn. 120 f.
154Eine Beseitigung von Schadstoffen über das hinaus, was absehbar zur dauerhaften Unterschreitung der Gefahrengrenze erforderlich ist, kann daher auch insoweit nicht verlangt werden.
155Nach der Rechtsprechung setzt die verbindliche Vorgabe von Sanierungszielwerten eine einzelfallbezogene Abwägung nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit voraus.
156Vgl. Nds. OVG, Urteil vom 19. April 2007 ‑ 7 LC 67/05 ‑, juris, Rn. 70 (= NVwZ-RR 2007, 666); VGH Bad.-Württ., Urteil vom 8. März 2013 ‑ 10 S 1190/09 ‑, a. a. O., Rn. 53; Versteyl, a. a. O., § 8 Rn. 15 f.
157Gemessen an diesen Maßstäben ist gegen die nunmehr festgesetzten Sanierungszielwerte rechtlich nichts zu erinnern. Sie beruhen auf einer hinreichend einzelfallbezogenen Ableitung. Dabei hat sich der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise im Ausgangspunkt an den Vorgaben der Richtlinie 2013/39/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. August 2013 zur Änderung der Richtlinien 2000/60/EG (Wasserrahmenrichtlinie - WRRL) und 2008/105/EG (Umweltqualitätsnorm-Richtlinie - UQN-RL) in Bezug auf prioritäre Stoffe im Bereich der Wasserpolitik orientiert. Die Wasserrahmenrichtlinie zielt unter anderem auf die Erreichung eines guten chemischen Zustands der Oberflächengewässer sowie die Vermeidung einer weiteren Verschlechterung (Art. 4 Abs. 1 WRRL). Zur Definition dieses guten chemischen Zustands wurde im Jahre 2001 in den Anhang X der Wasserrahmenrichtlinie eine Liste mit 33 prioritären und prioritär gefährlichen Stoffen aufgenommen, die für die aquatische Umwelt bzw. durch die aquatische Umwelt für den Menschen ein erhebliches Risiko begründen. Mit der Richtlinie 2008/105/EG wurden europaweit gültige Qualitätsziele, sog. Umweltqualitätsnormen, für diese 33 Schadstoffe aufgestellt. Um einen guten chemischen Zustand zu erreichen, dürfen die Oberflächenwasserkörper die unionsweit festgelegten Umweltqualitätsnormen nicht überschreiten (Art. 2 Nr. 24 WRRL). Die Mitgliedstaaten müssen die prioritären Stoffe in Oberflächenwasserkörpern überwachen und Überschreitungen der Umweltqualitätsnormen melden. Außerdem sollen für diese Stoffe gemäß Art. 16 WRRL spezifische Maßnahmen zur schrittweisen Verringerung (prioritäre Stoffe) bzw. Einstellung (prioritär gefährliche Stoffe, sog. "phasing-out") von Einleitungen, Emissionen und Verlusten verabschiedet werden. Die Richtlinie 2013/39/EU hat die Liste der prioritären Stoffe (Anhang X WRRL) um zwölf neue Stoffe erweitert, da diese ein erhebliches Risiko für bzw. durch die aquatische Umwelt auf Unionsebene darstellen (Erwägungsgrund Nr. 14). Für diese Stoffe wurden unter anderem EU-weit gültige Umweltqualitätsnormen für Oberflächengewässer festgelegt, die ab Dezember 2018 gelten. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen die Mitgliedstaaten für diese Stoffe zusätzliche Überwachungsprogramme und vorläufige Maßnahmenprogramme erstellt und an die Kommission übermittelt haben. Bis 2027 sollen sich die Oberflächengewässer bezüglich dieser Stoffe dann in einem guten chemischen Zustand befinden und keine Verschlechterung des chemischen Zustands eingetreten sein (vgl. Erwägungsgründe Nr. 9 ff., Art. 3 Richtlinie 2008/105/EG n. F.). Zu den neu aufgenommenen Stoffen gehört PFOS, das als prioritär gefährlicher Stoff (Art. 2 Nr. 29 WRRL) eingestuft wird und für das eine Umweltqualitätsnorm von 0,00065 μg/l als Jahresdurchschnitt (JD-UQN) für Binnenoberflächengewässer gilt (Anhang I und II Richtlinie 2013/39/EU).
158Dass die JD-UQN von 0,00065 μg/l PFOS als zulässige Höchstkonzentration für Oberflächengewässer auf der Basis "menschlicher Fischverzehr" festgelegt wurde, stellt vorliegend ihre Eignung als Ausgangspunkt für die Ableitung neuer einzelfallbezogener Sanierungszielwerte nicht in Frage. Auch wenn es dem Beklagten ursprünglich (vorrangig) um den Trinkwasserschutz ging, bleibt unverändertes Ziel seines Tätigwerdens der Schutz der menschlichen Gesundheit. Wie in dem bereits oben näher bezeichneten Gutachten der IFUA Projekt-GmbH vom Dezember 2014 nachvollziehbar dargelegt ist, bildet neueren Erkenntnissen zufolge nämlich nicht die Trinkwassernutzung, sondern der Wirkungspfad Oberflächengewässer - Fisch - Mensch (Fischverzehr) aufgrund der persistenten Eigenschaften insbesondere von PFOS sowie dessen Fähigkeit zur Anreicherung in der aquatischen Nahrungskette die sensibelsten Wirkungen für die menschliche Gesundheit in den Oberflächengewässern ab. Dem konnte und durfte der Beklagte sich nicht verschließen. Der Beklagte hat im Weiteren ‑ den eingehenden Feststellungen der IFUA Projekt-GmbH hierzu folgend ‑ zutreffend erkannt, dass die vorrangig betroffenen Gewässer Steinbecke und Möhne bereits ohne den Einfluss des mittels der Fangdränage ausgefangenen Sickerwassers der PFT-belasteten Fläche eine Vorbelastung an PFOS aufweisen, die ganz erheblich über der JD-UQN von 0,00065 μg/l liegt (Steinbecke: 0,043 μg/l PFOS; Möhne: 0,034 μg/l PFOS; jeweils Mittelwert aus 2011 bis 2013 [Gutachten vom Dezember 2014, S. 27 ff., 31]). Die Sanierungszielwertvorgabe für PFOS ist dementsprechend nicht im Sinne eines bloßen Vorsorgewerts darauf ausgerichtet, die JD-UQN einzuhalten. Vielmehr soll mit ihr einer konkreten Verschlechterung des Gewässerzustands im Sinne der Richtlinie 2013/39/EU entgegengewirkt werden, die jedenfalls in der Steinbecke schon bei Festlegung eines geringfügig höheren Sanierungszielwerts eintreten würde (vgl. Gutachten vom Dezember 2014, S. 32, 37). Das ist angesichts der so möglichen Vermeidung einer weiteren Beeinträchtigung eines besonders empfindlichen Schutzguts nicht zu beanstanden. Wegen der ‑ oben beschriebenen ‑ erheblichen Risiken und potentiell gravierenden nachteiligen Wirkungen von PFT und namentlich PFOS auf die menschliche Gesundheit konnte der Beklagte ermessensfehlerfrei von einem besonders hohen öffentlichen Interesse daran ausgehen, den Eintrag dieser Stoffe in die menschliche Nahrungskette weitgehend zu begrenzen. Anderes folgt insoweit auch nicht daraus, dass die Vorgaben der Richtlinie 2013/39/EU, was die Einhaltung der ‑ mit den bislang verfügbaren Analyseverfahren ohnehin noch nicht sicher nachweisbaren ‑ JD-UQN in Bezug auf PFOS betrifft, derzeit noch nicht gelten. Angesichts der sehr langfristigen Wirkungen des Sickerwasseraustritts aus den belasteten Flächen in C2. -T. erscheint es sachgerecht, sich bereits heute ‑ etwa vergleichbar der Genehmigung einer Abwassereinleitung ‑ namentlich mit Blick auf das Minimierungsgebot des Eintrags prioritärer Stoffe in Oberflächengewässer an den zukünftig geltenden Maßstäben zu orientieren.
159Was die zusätzliche Ableitung eines Summenwerts für PFOS und PFOA von 0,5 μg/l angeht, erübrigen sich dazu weitere Ausführungen. Diesem Wert kommt letztlich keine eigenständige Bedeutung (mehr) zu, wie vom Kläger bereits selbst zutreffend erkannt und vom Ersteller des Gutachtens, Herrn Dr. C. , in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt worden ist. Die Belastung des Sickerwassers mit PFOS und PFOA ist derzeit noch etwa gleich hoch; zukünftig wird der PFOA-Wert im Zulauf der Reinigungsanlage indes dauerhaft unter den PFOS-Wert sinken (siehe dazu auch Gutachten vom Dezember 2014, Abbildung 8). Dies hat zwangsläufig zur Folge, dass in dem Zeitpunkt, in dem der Sanierungszielwert für PFOS erreicht ist, auch der Sanierungszielwert für die Summe aus PFOS und PFOA eingehalten wird. Angesichts dessen muss auch dem Einwand des Klägers nicht näher nachgegangen werden, für die Bewertung von Oberflächengewässern werde ein sehr viel höherer PNECaquatisch für PFOA von 570 μg/l angesetzt (für PFOS ist ein deutlich strengerer vorläufiger PNECaquatisch von 0,05 μg/l vorgesehen [vgl. dazu ergänzende Stellungnahme der IFUA Projekt-GmbH vom April 2015, S. 3 ff. unter Bezugnahme auf vom Bayerischen Landesamt für Umwelt durchgeführte Untersuchungen]). Lediglich ergänzend sei daher darauf hingewiesen, dass dieser Wert primär der Bewertung von Oberflächengewässern im Hinblick auf den Schutz der aquatischen Lebensgemeinschaft dient und insofern die Konzentration eines Stoffs bezeichnet, bei der nach derzeitigem Erkenntnisstand keine nachteiligen Effekte auf Gewässerorganismen auftreten. Mit dieser Zielrichtung sind die PNEC-Werte hier nicht aussagekräftig. Denn dem Beklagten geht es nicht (vorrangig) um das Schutzgut "aquatische Lebensgemeinschaft", sondern um die Gefährdung der menschlichen Nahrungskette durch belastetes Trinkwasser und insbesondere den Konsum von Fisch aus belasteten Gewässern, wobei letzterer Gesichtspunkt ‑ wie eingangs ausgeführt ‑ die sensibelsten Wirkungen für die menschliche Gesundheit abbildet. Aus diesem Grunde kann im Weiteren auch dahingestellt bleiben, welche Sanierungszielwerte ‑ der ursprünglichen Intention des Beklagten entsprechend ‑ allein in Hinsicht auf den Trinkwasserschutz gerechtfertigt wären; die diesbezüglichen Erwägungen der Berufung bedürfen deshalb keiner näheren Betrachtung (mehr).
160Der Senat teilt ferner nicht die übrige Kritik des Klägers an dem für den Beklagten bei der Sanierungszielwertfestsetzung maßgeblichen Gutachten der IFUA Projekt-GmbH vom Dezember 2014. Soweit diese die Abschätzung des ursprünglichen PFT-Inventars der belasteten Fläche sowie die Bewertung der humantoxikologischen Wirkungen von PFOS und PFOA betrifft, kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Sonstige Ansatzpunkte für die Zugrundelegung einer unzureichenden bzw. fehlerhaften Datenbasis oder methodische Mängel im Übrigen sind nicht erkennbar (zu dem vom Kläger als ‑ vermeintlich ‑ fehlerhaft gerügten Messwert für die Messstelle "WH1" siehe die überzeugende und zutreffende Klarstellung in dem Schreiben des Beklagten an den Kläger vom 23. April 2015). Es besteht zudem ‑ anders als der Kläger meint ‑ kein tragfähiger Grund, an der Unbefangenheit namentlich des Gutachters Dr. C. zu zweifeln. Allein der Umstand, dass die IFUA Projekt-GmbH im vorliegenden Zusammenhang bereits wiederholt für den Beklagten gutachtlich tätig geworden ist und auch an der Erstellung des LANUV-Fachberichts 34 mitgewirkt hat, gibt keinen Anlass, Objektivität und Neutralität der dortigen Mitarbeiter in Frage zu stellen. Auch die ergänzenden Ausführungen des Herrn Dr. C. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat für eine mögliche Befangenheit nichts ergeben.
161Die Erforderlichkeit eines Sanierungszielwerts von 0,1 μg/l PFOS wird zuletzt auch nicht dadurch erfolgreich in Zweifel gezogen, dass die Kläranlage C2. -T. (derzeit) Wasser in die Bermecke einleitet, dessen PFOS-Belastung seit Jahren höher liegt und aktuell Anfang Januar 2015 0,24 μg/l betrug (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 19. Mai 2015). Die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung am 20. Mai 2015 aus Sicht des Senats überzeugend dargelegt, dass die Belastung nur von der Sanierungsfläche selbst herrühren kann, da es im Einzugsbereich der Kläranlage sowohl an PFT-emittierenden Industrieanlagen als auch an anderen Flächen fehlt, auf denen PFT nachgewiesen werden konnte. Danach ist als allein verbleibende Erklärung davon auszugehen, dass die auf der Südhälfte des Sanierungsareals herrschenden ‑ im Vergleich zur Nordhälfte ungünstigeren ‑ geologischen Verhältnisse es nicht erlauben, das belastete Sickerwasser mittels der dort installierten Dränage vollständig einzufangen, sodass ein kleiner Teil (nach den Schätzungen des Beklagten etwa 5 %) ungefiltert in die Bermecke abfließt. Von dort muss es sodann über nach wie vor ‑ wenn auch möglicherweise nur noch in geringem Umfang ‑ bestehende Undichtigkeiten in die Kanalisation und nachfolgend in die Kläranlage C2. -T. gelangen, die dem Abwasser das PFOS (und ebenso das PFOA) mangels dazu geeigneter Vorrichtungen nicht entziehen kann. Existiert aber ein solcher Ursachenzusammenhang, steht die Sinnhaftigkeit des festgesetzten Sanierungszielwerts nicht in Frage, weil sich mit dem PFOS-Gehalt des eingefangenen Sickerwassers, auf das sich der Sanierungszielwert bezieht, auch der (bereits heute sehr viel geringere) PFOS-Gehalt des restlichen Sickerwassers reduzieren wird. Auf Dauer erscheint deshalb eine das Sanierungsendziel von 0,1 μg/l PFOS übersteigende Kontamination der Bermecke über die Kläranlage C2. -T. als ausgeschlossen.
162Schließlich erweist sich die Sanierungszielwertfestsetzung entgegen der Ansicht des Klägers auch als verhältnismäßig im engeren Sinne. Der Beklagte hat die individuelle Zumutbarkeit der Sanierung bis zum Erreichen der festgelegten Zielwerte ausweislich der Begründung der Änderungsverfügung vom 12. Mai 2015 (nochmals) geprüft und hinreichend abgewogen. Dabei hat er die langfristigen und hohen, wenngleich im Endergebnis auch nicht verlässlich abzuschätzenden finanziellen Belastungen für den Kläger ausdrücklich anerkannt. Dass er diese für nicht durchschlagend erachtet hat, ist unter Ermessensgesichtspunkten im Hinblick auf das anzustrebende hohe Schutzniveau für die menschliche Gesundheit nicht zu beanstanden.
163Der Senat folgt insoweit auch nicht der Auffassung der Berufung, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit hätte es jedenfalls von vornherein der Festsetzung einer Obergrenze der Kostenlast bedurft. Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Februar 2000 (‑ 1 BvR 242/91, 1 BvR 315/99 ‑, juris = BVerfGE 102, 1), zur Begrenzung der Haftung des Grundstückseigentümers für die Sanierung einer Altlast. In dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht Kriterien festgelegt, wann und in welcher Höhe der Grundstückseigentümer zu den Sanierungskosten herangezogen werden darf. Danach ist die Belastung des Eigentümers mit den Kosten der Sanierungsmaßnahme nicht gerechtfertigt, soweit sie ihm nicht zumutbar ist. Als Anhaltspunkt zur Bestimmung der Grenze dessen, was einem Eigentümer an Belastungen zugemutet werden kann, dient der Verkehrswert des Grundstücks nach Durchführung der Sanierungsmaßnahme. Bei Überschreiten dieses Werts entfällt in der Regel das Interesse des Grundstückseigentümers an dem künftigen privatnützigen Gebrauch des Grundstücks. Die so gebildete Grenze kann unter bestimmten Voraussetzungen sowohl nach unten als nach oben zu verschieben sein. Die finanzielle Zumutbarkeit ist aber in jedem Fall nicht mehr gewahrt, wenn der Eigentümer für die Sanierung mit Vermögen einstehen muss, dass in keinem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück steht. Ist die Kostenbelastung von Verfassungs wegen begrenzt, ist darüber grundsätzlich bereits im Rahmen der Sanierungsanordnung zu entscheiden. Kann im Einzelfall über die Kostentragung zu diesem Zeitpunkt noch nicht entschieden werden, weil der Verwaltung die Gründe der Unzumutbarkeit noch nicht oder nicht vollständig bekannt sind, ist die Sanierungsverfügung mit dem Vorbehalt einer gesonderten Entscheidung über die Kostentragung zu verbinden (vgl. im Einzelnen juris, Rn. 54 ff.).
164Ob und gegebenenfalls inwiefern diese Rechtsprechung auf die Verursacherhaftung zu übertragen ist, ist bislang ‑ soweit ersichtlich ‑ nicht entschieden. In der Literatur werden verschiedene Auffassungen vertreten. Zum Teil wird eine Begrenzung der Kostenlast des Verursachers abgelehnt. Zwar erscheine auch die Verhaltenshaftung zuweilen unbillig, da sie nicht von Verschulden, Erkennbarkeit oder Vermeidbarkeit der Gefahr abhänge. Der "gutgläubige" Verursacher stehe der Gefahr jedoch näher als die Allgemeinheit der Steuerzahler. Die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Haftungsrestriktionen seien aus der Eigentumsgarantie abgeleitet und daher auf den Verursacher nicht anwendbar, dessen Verantwortlichkeit auf einem Verhalten beruhe, das nicht durch Art. 14 GG geschützt werde.
165So Steenbuck, Die Sanierungs- und Kostenverantwortlichkeit nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz, 2004, S. 198, 204; in diesem Sinne auch Schäling, Grenzen der Sanierungsverantwortlichkeit nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz, 2008, S. 180 f.; ebenso Schoeneck, a. a. O., § 24 Rn. 15 m. w. N., allerdings zu einem Zeitpunkt vor Ergehen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.
166Nach anderer Auffassung soll zwar grundsätzlich keine Begrenzung der Kostenlast auf den Verkehrswert des fraglichen Grundstücks nach der Sanierung oder auf das in einem funktionalen Zusammenhang stehende Vermögen erforderlich sein. Es erscheine aber angemessen, zumindest die vom Bundesverfassungsgericht für die Zustandsverantwortlichkeit festgelegten absoluten Obergrenzen auch bei der Verursacherhaftung gelten zu lassen. Eine Inanspruchnahme soll daher unzumutbar sein, wenn dem Einzelnen die Grundlage zur weiteren Lebensführung oder einem Unternehmen die Möglichkeit zur Fortführung des wirtschaftlichen Engagements entzogen wird.
167Vgl. Ginzky, Sanierungsverantwortlichkeit nach dem BBodSchG - Rechtsprechungsübersicht, DVBl 2003, 169, 174 f.; siehe dazu auch Frenz, a. a. O., § 4 Abs. 3 Rn. 10 unter Bezugnahme auf die Berufsfreiheit herangezogener Unternehmer aus Art. 12 Abs. 1 GG; zurückhaltend Versteyl, a. a. O., § 4 Rn. 132, 137: Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts gelten für den Verhaltensstörer nicht, Beschränkungen allenfalls im Einzelfall im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung.
168Die Frage bedarf hier aus der Sicht des Senats keiner weiteren Vertiefung und abschließenden Entscheidung. Wie bereits oben dargelegt, gingen mit der Produktion sowie dem Vertrieb und dem Ausbringen von U. G. von vornherein erhebliche (latente) Risiken einher, die sich der Kläger zurechnen lassen muss. Der eingetretene Schaden fällt damit eindeutig in die Risikosphäre des Klägers. Zumindest in einem solchen Fall kann unabhängig davon, ob dem Betroffenen das Gefährdungspotential seines Handelns bekannt war oder nicht, für eine bereits mit der Sanierungsanordnung zu treffende Begrenzung der Kostenpflicht des sachnäheren Verursachers zu Lasten der Allgemeinheit kein Raum sein. Das schließt es im Übrigen nicht aus, dass der Beklagte im Rahmen der Entscheidung, in welchem Umfang der Kläger mittels Leistungsbescheids tatsächlich zu den Kosten der Ersatzvornahme herangezogen wird, etwaigen (nachgewiesenen) unzumutbaren Härten unter Verhältnismäßigkeitserwägungen in geeigneter Weise (etwa durch Kostenstundungen oder Ratenzahlungen) Rechnung zu tragen hat.
169bb) Schließlich ist die Inanspruchnahme des Klägers auch ansonsten frei von Ermessensfehlern.
170Dass der Beklagte sich nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG zu einem Einschreiten entschlossen hat, ist unbedenklich. Wie oben dargelegt, hat die Flächenverunreinigung in T. (vor Beginn der Aktivkohlefilterung) maßgeblich zu der Belastung der Bäche Steinbecke und Bermecke sowie nachfolgend der Möhne beigetragen. Der Beklagte konnte und kann daher mit Recht davon ausgehen, mit der Reinigung des dort austretenden Sickerwassers einen ‑ inzwischen nachdrücklich belegten ‑ zentralen Effekt im Hinblick auf die Reduzierung der PFT-Belastung in den betroffenen Gewässern zu bewirken. Dass auch an anderer Stelle ‑ wenngleich in zumeist deutlich geringerem Ausmaߠ‑ Flächen mit PFT kontaminiert waren und sind, steht angesichts dessen einem Handeln hier nicht entgegen.
171Auch die Ausübung des Auswahlermessens des Beklagten ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Beklagte war sich des Umstands bewusst, dass die Maßnahme gegen mehrere Personen gerichtet werden konnte. Dies lässt der Bescheid vom 17. November 2006 erkennen. So heißt es auf Seite 4, weitere Handlungsstörer (neben der bereits in Anspruch genommenen U. W. ) seien die H. -V. sowie der Kläger. Auch ergibt sich aus den dortigen Ausführungen, warum über die U. W. hinaus auch die weiteren Handlungsstörer herangezogen werden sollen (Insolvenzantrag der U. W. und dadurch bedingte Fraglichkeit ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit). Allerdings sind die Darlegungen des Beklagten unvollständig, da weitere potenziell Pflichtige existierten. Dies weist jedoch nicht auf einen (partiellen) Ermessensausfall hin. Der Beklagte hat die im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des Klägers maßgeblichen Ermessenserwägungen in einem Aktenvermerk vom 16. November 2006 verschriftlicht. Dem ist zu entnehmen, dass auch die Sanierungspflicht der Flächeneigentümer und des Pächters gesehen worden ist, wenngleich der Beklagte damals ‑ unzutreffend ‑ noch die Pflanzen-H. GmbH für die Pächterin gehalten hat.
172Soweit der Beklagte danach von der Heranziehung der Eigentümer abgesehen hat, begegnet dies keinen rechtlich durchgreifenden Bedenken. § 4 Abs. 3 BBodSchG enthält keine Rang- oder Reihenfolge, in der die dort genannten Sanierungspflichtigen heranzuziehen sind. Ebenso wenig existiert eine generelle Regel, wonach der Verhaltens- grundsätzlich vor dem Zustandsstörer zu verpflichten wäre.
173Vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Februar 2000, a. a. O., Rn. 53 (= BVerfGE 102, 1).
174Die Störerauswahl hat sich vielmehr gemäß § 40 VwVfG NRW an dem Zweck der Ermessensermächtigung und an den vor allem durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gezogenen Grenzen des Ermessens auszurichten. § 10 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 4 Abs. 3 BBodSchG verfolgt mit der schnellen und effektiven Störungsbeseitigung und der Freihaltung der öffentlichen Hand von finanziellen Lasten insbesondere zwei Ziele. Entscheidend ist somit, dass im Einzelfall ein Privater die Sanierung vornimmt, der effektiv die aufgetretenen Schädigungen und Gefahren bannen kann.
175Vgl. Frenz, a. a. O., § 4 Abs. 3 Rn. 122 f.
176Daran gemessen ist die Nichtheranziehung der Eigentümer ermessensfehlerfrei. Der Beklagte hat neben der "Opferposition" der Eigentümer darauf abgestellt, dass deren Haftung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Regelfall auf den Verkehrswert des Grundstücks nach der Sanierung begrenzt sei, der hier aber deutlich unter den Sanierungskosten liege, und die Inanspruchnahme mehrerer Eigentümer für eine Maßnahme mit Blick auf eine schnelle Störungsbeseitigung zudem eher hinderlich sei. Diese sowohl an der Effektivität der Gefahrenabwehr als auch am finanziellen Interesse der Allgemeinheit orientierten Erwägungen erscheinen für sich genommen nachvollziehbar und sachgerecht.
177Unbedenklich ist entgegen der vom Kläger im Berufungszulassungsverfahren geäußerten Rechtsauffassung weiterhin, dass der Beklagte eine Inanspruchnahme der belgischen P. augenscheinlich nicht erwogen hat. Unabhängig davon, ob die P. überhaupt als Zweckveranlasser und damit als Handlungsstörer angesehen werden konnte, hätte die grenzüberschreitende Heranziehung eines EU-ausländischen Unternehmens unter Effektivitätsgesichtspunkten derart ferngelegen, dass diese nicht in den Blick genommen werden musste.
178Anders als der Kläger meint, besteht ein Ermessensfehler ferner nicht darin, dass der Beklagte mehrere Störer nebeneinander heranziehen wollte und sodann auch herangezogen hat. Dass die zuständige Behörde dann, wenn mehrere Personen für die Beseitigung einer Gefahr oder Störung verantwortlich sind, nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen einen von ihnen oder mehrere nebeneinander in Anspruch nehmen kann, ist allgemein anerkannt,
179vgl. Schl.-H. OVG, Urteil vom 16. August 1995 ‑ 2 L 4/94 ‑, juris, Rn. 45 (= ZfW 1996, 537), m. w. N. aus dem Schrifttum; Hess. VGH, Beschluss vom 19. November 1998 ‑ 7 TZ 3325/98 ‑, juris, Rn. 9 (= NuR 1999, 340),
180und wird im Grundsatz auch vom Kläger nicht in Abrede gestellt. Allerdings meint der Kläger, die Heranziehung mehrerer Störer sei hier als Übermaßregelung anzusehen. Dem ist indes nicht zu folgen. Da die zunächst in Anspruch genommene U. W. zwischenzeitlich einen Insolvenzantrag gestellt hatte und eine effektive Gefahrenabwehr durch diese daher fraglich geworden war, drängte sich die parallele Inanspruchnahme weiterer Störer geradezu auf, um so die Aussichten auf eine Sanierung (auf Kosten der Ordnungspflichtigen) insgesamt deutlich zu verbessern. Angesichts der ganz erheblichen finanziellen Auswirkungen der angeordneten Sanierungsmaßnahmen war es auch nicht erkennbar sachwidrig, den Kläger neben dem Pächter und der H. -V. zur Beseitigung der schädlichen Bodenveränderung zu verpflichten, zumal zumindest bei Letzterer nach den Erfahrungen mit der U. W. ebenfalls ein nicht unerhebliches Insolvenzrisiko in Rechnung zu stellen war, das sich später auch realisiert hat. Unerheblich ist, dass der Beklagte zunächst fälschlich die Pflanzen-H. GmbH als Pächterin angesehen und dementsprechend mit Ordnungsverfügung vom 23. November 2006 zur Sanierung verpflichtet hatte. Insoweit fehlt jeder begründete Anhaltspunkt dafür, dass er von der (zusätzlichen) Inanspruchnahme auch des Klägers abgesehen hätte, wäre ihm damals schon bewusst gewesen, dass Pächterin in Wahrheit die Baumschule B. H1. und Sohn war, die schließlich mit Bescheid vom 6. Februar 2007 ebenfalls zur weiteren Sanierung verpflichtet worden ist. Für den Beklagten war es vielmehr offensichtlich entscheidend, neben der U. W. sämtliche weiteren von ihm (auch) als Handlungsstörer betrachteten Personen in die Pflicht zu nehmen.
181Sonstige Gründe (tatsächlicher oder rechtlicher Art), warum es nicht möglich gewesen sein sollte, die ‑ bereits begonnenen ‑ Sanierungsmaßnahmen auch dem Kläger aufzugeben, sind nicht ersichtlich. Das Verwaltungsgericht hat in dem den Kläger betreffenden Eilbeschluss vom 19. Dezember 2006 (14 L 1104/06) zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger nach Erstellung der Detailplanung für die Nordfläche und deren Bekanntgabe durch die konkretisierende Ordnungsverfügung vom 21. November 2006 die vom Beklagten schon in Angriff genommenen Sanierungsmaßnahmen gleichsam hätte übernehmen können, um so seinen Verpflichtungen aus der Ordnungsverfügung vom 17. November 2006 nachzukommen. Koordinationsschwierigkeiten waren dabei, soweit es den Kläger und die beiden Firmen U. W. und H. -V. betrifft, bereits deshalb nicht zu befürchten, weil der Kläger hier zugleich als Geschäftsführer fungierte. Im Übrigen waren die weiteren Einzelheiten der Sanierung nach dem Inhalt der jeweiligen Ordnungsverfügungen zwischen der unteren Bodenschutzbehörde und dem zu beauftragenden Gutachter abzustimmen (siehe dort jeweils Nr. 3 a. E.), sodass auch auf diesem Wege eine ausreichende Koordination der einzelnen Maßnahmen gewährleistet gewesen wäre.
182Die Störerauswahl zu Lasten des Klägers leidet auch nicht mit Blick auf die Annahmen des Beklagten zu dessen grundsätzlicher finanzieller Leistungsfähigkeit an einem Ermessensfehler. Die hierzu in dem Vermerk vom 16. November 2006 niedergelegten Erwägungen halten zunächst einer rechtlichen Überprüfung stand. Der Beklagte ist davon ausgegangen, die parallele Inanspruchnahme des Klägers neben weiteren Störern liege ‑ zumal angesichts der Höhe der zu erwartenden Kosten ‑ im Interesse einer schnellen und effektiven Durchführung der Sanierungsmaßnahme. Die dazu angestellten Überlegungen sind nachvollziehbar. Der Umstand, dass der Kläger ‑ unstreitig ‑ Gesellschafter einer Vielzahl von Firmen und in einigen von diesen zudem als Geschäftsführer tätig war, sprach dafür, dass er in der Lage sein würde, zu den geforderten Sanierungsmaßnahmen zumindest einen substantiellen finanziellen Beitrag zu leisten. Zum damaligen Zeitpunkt hatte lediglich die U. W. einen Insolvenzantrag gestellt. Dass der Kläger aus der Geschäftsführung anderer Firmen ‑ nach seinen Angaben ‑ kein (nennenswertes) Einkommen erzielte, war für den Beklagten nicht erkennbar. Insofern ist im Ergebnis auch unschädlich, dass der Kläger vor Erlass der Sanierungsverfügung jedenfalls zu der Möglichkeit einer persönlichen Inanspruchnahme nicht angehört worden ist, da er auch im nachfolgenden Widerspruchsverfahren nicht (substantiiert) auf eine Mittellosigkeit bereits bei Erlass der angefochtenen Verfügung hingewiesen hat. So wird in der Begründung des Widerspruchs vom 22. November 2006 lediglich ausgeführt, eine Umsetzung der Ordnungsverfügung hätte zu Folge, dass das persönliche Vermögen des Klägers völlig unabhängig von der Frage, ob ein Verschulden vorliege, herangezogen würde. Erst auf den Leistungsbescheid vom 19. April 2007 hin hat der Kläger durch Schreiben vom 6. Juni 2007 ohne nähere Begründung mitteilen lassen, er könne und werde den geforderten Betrag nicht zahlen.
183Insoweit musste der Beklagte die Frage einer prinzipiellen finanziellen Leistungsfähigkeit des Klägers schließlich auch im Rahmen der Änderungsverfügung vom 12. Mai 2015 nicht grundlegend neu bewerten. Zwar hatte der Kläger im Zulassungsverfahren Einkommensbescheide für die Jahre 2005 und 2006 vorgelegt, die für diesen Zeitraum kein steuerpflichtiges Einkommen ausweisen. Daraus ist jedoch nicht zu schließen, dass er auch heute noch über kein nennenswertes Einkommen verfügt, mit dem er zu der angeordneten Sanierung bzw. deren Kosten zumindest beitragen kann. Dafür spricht auch sonst nichts. Der Kläger hat keinerlei belastbare Angaben dazu gemacht, wie er aktuell seinen Lebensunterhalt bestreitet. Dass er nach wie vor gleichsam mittellos ist, kann vor diesem Hintergrund nicht unterstellt werden, zumal er trotz der nicht unerheblichen Verfahrenskosten weder erst- noch zweitinstanzlich einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt hat.
184Entgegen der Auffassung der Berufung verstößt die (haftungsmäßig unbegrenzte) Inanspruchnahme des Klägers letztlich nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Was die Pächterin der zu sanierenden Flächen in T. angeht, folgt dies schon daraus, dass der Beklagte die Baumschule B. H1. und Sohn mit Bescheid vom 6. Februar 2007 ebenfalls ohne eine Begrenzung ihrer Haftung zur weiteren Sanierung herangezogen hat. Allein dass das Verwaltungsgericht diesen Bescheid nachfolgend mit (noch nicht rechtskräftigem) Urteil vom 22. Juni 2009 aufgehoben hat (siehe 16 A 1920/09), ist insoweit unerheblich. Was den Fall des Pächters I1. im Kreis Soest angeht, erscheint es im Ausgangspunkt fraglich, ob und inwiefern beim Tätigwerden verschiedener Ordnungsbehörden, die jeweils Ermessen auszuüben haben, überhaupt eine Gleichbehandlung an sich vergleichbarer Fälle verlangt werden kann. Dass eine Vorschrift die Setzung der Rechtsfolge dem pflichtgemäßen Ermessen des Rechtsanwenders überlässt, bringt es zwangsläufig mit sich, dass verschiedene Rechtsanwender je nach den Umständen des Falles auch bei im Wesentlichen gleichen Sachverhalten zu unterschiedlichen Rechtsfolgen gelangen können. Jedenfalls aber fehlt es hier an der Vergleichbarkeit. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass auch der Pächter I1. zunächst durch Ordnungsverfügung der Landrätin des Kreises Soest vom 20. Mai 2008 uneingeschränkt zur Sanierung der dort betroffenen Fläche verpflichtet worden ist. Der Weg zum Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrags vom 14./16. Juni 2008, der Herrn I1. im Ergebnis mit lediglich etwa 13 % der Sanierungskosten belastet, ist nachfolgend erst dadurch geebnet worden, dass dieser seine grundsätzliche Ordnungspflicht anerkannt hat (vgl. die Präambel des Sanierungsvertrags). Das ist hier nicht der Fall, da der Kläger seine Verantwortung nach wie vor bestreitet.
185II. Der Bescheid des Beklagten vom 21. November 2006 ist auch ansonsten rechtmäßig. Die Androhung des Zwangsmittels der Ersatzvornahme beruht auf den § 55 Abs. 1, § 57 Abs. 1 Nr. 1, § 58, § 59 und § 63 VwVG NRW.
186Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO.
187Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
Tenor
1
Tatbestand:
2Die Klägerin betreibt eine Anlage zur Aufarbeitung von stabförmigen Leuchtstoffröhren mit einer "Zerlegemaschine", die einen Durchsatz von bis zu 4.000 Röhren je Stunde ermöglicht.
3Auf den im Juli 1991 gestellten Antrag erteilte die Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 17. Januar 1992 nach § 7 Abs. 2 des Abfallgesetzes (AbfG) die Genehmigung für die Errichtung und den bis zum 31. Dezember 2002 befristeten Betrieb der Anlage. Der Genehmigung ist folgende Nebenbestimmung beigefügt:
4III.4 Als Sicherheitsleistung wird für Rekultivierungsmaßnahmen sowie zur Verhinderung oder Beseitigung von Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit eine Bankbürgschaft in Höhe von 100.000,00 DM zugunsten des Landes Nordrhein-Westfalen gefordert.
5Hierzu ist seitens der Beklagten im Rahmen der Prüfung des Genehmigungsantrags vermerkt worden: Die bei der Zerlegung der Leuchtstoffröhren anfallenden Komponenten (Sockel bzw. Kappen, Leuchtstoff und Glasbruch), die mit Quecksilber verunreinigt seien, seien besonders überwachungsbedürftige Abfälle, die ohne Weiterbehandlung auf einer Untertagedeponie entsorgt werden müßten. Die weitere Aufbereitung bzw. eine Entsorgung als Abfälle sei ungewiß. Auch die Klägerin habe bestätigt, daß Verwertungs- und Entsorgungsnachweise noch nicht vorlägen. Daher sei erforderlich, daß vor Inbetriebnahme der Anlage eine Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,00 DM und entsprechende Verwertungs- und Entsorgungsnachweise vorgelegt würden.
6Nachdem bei der Abnahme der Anlage festgestellt worden war, daß die Sicherheitsleistung nicht vorlag, forderte die Beklagte die Klägerin zur Beibringung der Sicherheitsleistung auf. Diese wandte ein, die Sicherheitsleistung bedeute eine hohe finanzielle Belastung, zumindest von 2.500,00 DM je Jahr, und eine Einschränkung des Kreditrahmens. Mit Schreiben vom 3. November 1994 beantragte sie, die Nebenbestimmung III.4 nach § 49 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) zu widerrufen. Zur Begründung führte sie aus: Durch das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz sei die Rechtslage dahin geändert worden, daß gemäß § 8 Abs. 2 AbfG eine Sicherheitsleistung bei Anlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen nicht mehr verlangt werden könne; auch das Bundes-Immissionsschutzgesetz enthalte dafür keine Rechtsgrundlage. Da sich die der auf Dauer wirkenden Nebenbestimmung zugrunde liegende Rechtslage in einer Weise geändert habe, daß die Nebenbestimmung nicht mehr erlassen werden dürfe, sei die Beklagte zum Widerruf verpflichtet.
7Die Beklage wertete diesen Antrag als auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gerichtet und lehnte ihn mit Bescheid vom 11. November 1994 ab. Zur Begründung ist ausgeführt: Der Antrag sei unzulässig, weil die Drei-Monats-Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG nicht eingehalten sei. Als Grund für ein Wiederaufgreifen sei allein in Betracht zu ziehen, daß mit dem Inkrafttreten des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes gemäß § 67 Abs. 7 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) abfallrechtliche Genehmigungen als Genehmigungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz fortgelten und daß nach diesem Gesetz eine Sicherheitsleistung nicht verlangt werden könne. Sollte darin eine nachträgliche Änderung der Rechtslage zu Gunsten der Klägerin gesehen werden können, wäre die Änderung bereits 1993 eingetreten, was der Klägerin bekannt gewesen sei. Der Antrag sei auch unbegründet. Aus § 67 Abs. 7 BImSchG folge, daß die nach dem Abfallbeseitigungsgesetz erteilten Genehmigungen mit dem Inhalt fortgelten, mit dem sie erlassen seien. Damit bestehe ein materieller Rechtsgrund für das Behaltendürfen oder Erbringenmüssen der Sicherheitsleistung nach Maßgabe der bestandskräftigen Regelung; deren Aufhebung komme für ein Vorhaben, das nunmehr dem Bundes-Immissionsschutzgesetz unterfalle, grundsätzlich nicht in Betracht. Eine Wille des Gesetzgebers, die materielle Rechtslage für nach Abfallrecht entschiedene Fälle rückwirkend zu ändern, sei nicht zum Ausdruck gelangt.
8Den hiergegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin wie folgt: Rechtsgrundlage für die begehrte Aufhebung der belastenden Nebenbestimmung sei jedenfalls § 49 Abs. 1 VwVfG. Da die Voraussetzungen für einen Widerruf vorlägen, bestünden erst Recht keine Bedenken gegen eine Rücknahme für den Fall, daß die Anordnung einer Sicherheitsleistung von Anfang an - etwa wegen Fehlens der Abfalleigenschaft der aufzubereitenden Leuchtstoffröhren - rechtswidrig gewesen sei oder nachträglich durch die in Rede stehende Gesetzesänderung rechtswidrig geworden sei. Gründe, die einem Widerruf entgegenstünden, seien nicht ersichtlich. Eine inhaltsgleiche Regelung müßte nicht erneut erlassen werden, da mit der Überführung von Abfallentsorgungsanlagen in das Immissionsschutzrecht die früher maßgebliche Bestimmung des § 8 Abs. 2 AbfG nicht mehr einschlägig sei und das jetzt eingreifende Bundes-Immissionsschutzgesetz eine Ermächtigungsgrundlage nicht biete. Ein Widerruf sei auch nicht aus anderen Gründen unzulässig; insbesondere gebe es keine Selbstbindung der Behörden durch Weisung oder einheitliche Verwaltungspraxis, wie die Aufhebung einer entsprechenden Nebenbestimmung in einem anderen Fall durch die Bezirksregierung M. zeige. Das grundsätzlich eröffnete Ermessen der Beklagten verdichte sich hier zu einem Anspruch auf den Widerruf der Regelung, weil sich die ihr zugrundeliegende Rechtslage geändert habe, eine entsprechende Regelung nicht mehr getroffen werden dürfe und daher durch die nachträgliche Änderung der Rechtslage die Ermächtigungsgrundlage für den Grundrechtseingriff entfallen sei. Auch der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gebiete die Aufhebung der belastenden Regelung. § 67 Abs. 7 Satz 1 BImSchG stehe dem nicht entgegen. Die Vorschrift solle lediglich im Hinblick auf die Zulassung den Bestandsschutz abfallrechtlich zugelassener Anlagen sicherstellen, diese im übrigen aber den Bestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes unterstellen; sie rechtfertige insbesondere nicht die Aufrechterhaltung einer belastenden Regelung wie die nach dem neuen Recht nicht mehr vorgesehene Forderung einer Sicherheitsleistung. Ziel der Gesetzesänderung, bei der eine entsprechende Rechtsgrundlage nicht in das Bundes-Immissionsschutzgesetz übernommen worden sei, sei es gewesen, die Anlagenbetreiber solcher Entsorgungsanlagen, die sich hinsichtlich der Nachsorge nicht wesentlich von Produktionsanlagen unterschieden, durch die Abschaffung der Sicherheitsleistung wirtschaftlich zu entlasten. Daher sei kein sachlicher Grund erkennbar, Betreiber von Altanlagen von dieser Vergünstigung auszunehmen. Der Antrag sei aber auch gemäß § 51 VwVfG zulässig, weil es für die Berechnung der Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG nicht auf das Kennenmüssen, sondern auf die tatsächliche Kenntnis von der geänderten Rechtslage ankomme, die sie, die Klägerin, erst in einem anwaltlichen Beratungsgespräch am 31. August 1994 erlangt habe.
9Mit Bescheid vom 20. Dezember 1994, der Klägerin zugestellt am 23. Dezember 1994, wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
10Daraufhin hat die Klägerin am 23. Januar 1995 Klage erhoben, zu deren Begründung sie ergänzend geltend gemacht hat: § 67 Abs. 7 Satz 1 BImSchG biete keinen materiellen Rechtsgrund für das Festhalten an der nach altem Recht auferlegten Sicherheitsleistung. Es sei nicht Anliegen des Gesetzgebers gewesen, die Altanlagenbetreiber insoweit schlechter zu stellen und Wettbewerbsnachteilen auszusetzen. Hiergegen spreche auch, daß Betreiber von Altanlagen jederzeit auf die erteilte abfallrechtliche Genehmigung verzichten und statt dessen eine neue immissionsschutzrechtliche Genehmigung beantragen könnten.
11Die Klägerin hat beantragt,
12die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 11. November 1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 1994 zu verpflichten, die Nebenbestimmung unter III.4 des Genehmigungsbescheides vom 17. Januar 1992 aufzuheben, hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. November 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 1994 zu verpflichten, über den Antrag vom 3. November 1994 auf Aufhebung der Nebenbestimmung unter III.4 des Genehmigungsbescheides vom 17. Januar 1992 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
13Die Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen,
15und sich im wesentlichen auf die Begründung der erlassenen Bescheide bezogen.
16Durch das angefochtene Urteil hat das Verwaltungsgericht die Beklagte gemäß dem Hilfsantrag verpflichtet und im übrigen die Klage abgewiesen.
17Nach Zustellung des Urteils am 8. Mai 1996 hat die Beklagte am 3. Juni 1996 hiergegen Berufung eingelegt. Die Klägerin hat am 26. Februar 1997 Anschlußberufung eingelegt.
18Die Beklagte macht geltend: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf erneute Bescheidung, weil ihr, der Beklagten, kein Ermessen eröffnet sei, über den Widerruf zu entscheiden. Ein Widerruf der streitigen Nebenbestimmung wäre nämlich unzulässig. Zwar sei § 8 Abs. 2 AbfG für eine heute nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz zuzulassende Abfallentsorgungsanlage keine taugliche Rechtsgrundlage für die Anordnung einer Sicherheitsleistung. Für Altanlagen enthalte aber § 67 Abs. 7 BImSchG eine materielle Regelung, nach der die in einem abfallrechtlichen Zulassungsbescheid getroffenen Regelungen auch dann fortgelten, wenn die Abfallentsorgungsanlage nunmehr dem Regime des Bundes-Immissionsschutzgesetzes unterstehe. Zweck dieser Vorschrift sei es, wie sich auch aus den Gesetzesmaterialien ergebe, eine durch den Wechsel vom Abfall- ins Immissionsschutzrecht bedingte Schlechterstellung der Betreiber von Altanlagen zu verhindern und den betreffenden Anlagen Bestandsschutz zu gewähren, aber nicht, die Betreiber von Altanlagen, die nun dem Bundes-Immissionsschutzgesetz unterlägen, von der Verpflichtung zur Erbringung einer Sicherheitsleistung freizustellen und sie so über das gesetzgeberische Ziel der Bestandssicherung hinaus rechtlich besserzustellen. Dies würde aber ermöglicht, könnte sich der Anlagenbetreiber im Wege einer erneuten Sachentscheidung der Pflicht zur Erbringung einer Sicherheitsleistung entledigen. Daher sei auch kein Raum für Ermessenserwägungen hinsichtlich etwaiger Wettbewerbsnachteile; der Gesetzgeber habe in Kenntnis möglicher Nachteile die abschließende Regelung geschaffen. Aus dem Vorstehenden folge auch, daß ein - weitgehender - Anspruch auf Aufhebung der Nebenbestimmung sich insbesondere nicht aus § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ergebe, weil eine nachträgliche Änderung der Rechtslage zu Gunsten der Klägerin nicht eingetreten sei.
19Die Beklagte beantragt,
20das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen, sowie die Anschlußberufung zurückzuweisen.
21Die Klägerin beantragt,
22die Berufung zurückzuweisen und - im Wege der Anschlußberufung - unter entsprechender Änderung des erstinstanzlichen Urteils nach dem erstinstanzlichen Hauptantrag zu erkennen.
23Zur Begründung macht sie geltend: Der Anspruch auf Aufhebung der belastenden Regelung zur Erbringung einer Sicherheitsleistung ergebe sich bereits aus § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG. § 67 Abs. 7 BImSchG stehe der Annahme einer nachträglichen Änderung der Rechtslage zu ihren Gunsten nicht entgegen; aus der Vorschrift folge nur, daß die genehmigte Anlage gemäß der abfallrechtlich erteilten Genehmigung einschließlich ihrer Nebenbestimmungen Bestandsschutz genieße. Ein solcher Fortbestand der Zulassungsentscheidung mit dem bisherigen Gehalt trotz eingetretener Rechtsänderung werde in § 51 Abs. 1 VwVfG gerade vorausgesetzt und könne daher nicht gegen das Eingreifen dieser Regelung angeführt werden. Da die sonstigen Voraussetzungen für das Wiederaufgreifen des Verfahrens vorlägen und eine Ermächtigungsgrundlage für die streitige Anordnung nicht mehr bestehe, könne sie, die Klägerin, die Aufhebung beanspruchen. Dies gelte auch unabhängig von § 51 VwVfG bei Anwendung der §§ 48, 49 VwVfG. Die Beklagte sei unter Ermessensreduzierung zum Widerruf verpflichtet, da sich bei der streitigen auf Dauer wirkenden Regelung die ihr zugrundeliegenden rechtlichen Verhältnisse geändert hätten und die Anordnung nicht mehr erlassen werden dürfe. Der mit § 67 Abs. 7 BImSchG bezweckte Bestandsschutz schließe eine Besserstellung dadurch, daß Altanlagen dem Regime des Bundes-Immissionsschutzgesetzes unterstellt werden sollten, nicht aus. Diese Besserstellung werde durch die allgemeinen Vorschriften über die Aufhebung bestandskräftiger Verwaltungsakte bewirkt. Jedenfalls habe die Beklagte nach Ermessen neu zu entscheiden. Ein Widerruf sei nicht unzulässig. Dafür könne § 67 Abs. 7 BImSchG nicht herangezogen werden, da diese Vorschrift nicht materiell regele, daß auf die erfaßten Anlagen nach wie vor § 8 Abs. 2 AbfG anzuwenden sei.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe:
26Die Berufung ist unbegründet. Die Beklagte kann das mit der Berufung verfolgte Ziel der Klageabweisung in vollem Umfang nicht erreichen, da ihre Verpflichtung zur Neubescheidung nicht zu ihren Lasten rechtswidrig ist. Die gemäß § 127 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Anschlußberufung der Klägerin ist begründet; denn sie kann nicht nur eine Ermessensentscheidung über die Aufhebung der Nebenbestimmung verlangen, sondern weitergehend deren Aufhebung. Die Beklagte ist daher unter Zurückweisung ihrer Berufung auf die Anschlußberufung der Klägerin gemäß dem erstinstanzlichen Hauptantrag zu verpflichten (§§ 113 Abs. 5 Satz 1, 129 VwGO).
27Die Klägerin kann ihr Begehren auf Aufhebung der Nebenbestimmung III.4 zur Genehmigung vom 17. Januar 1992, die bestandskräftig geworden ist, auf § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG stützen.
28Die Beklagte ist für dieses Verwaltungshandeln zuständig. Aus § 51 Abs. 4 VwVfG folgt der Rechtsgedanke, daß zur Entscheidung über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsakts die jetzt zur Entscheidung in der Sache, d.h. zum Erlaß des betroffenen Verwaltungsakts berufene Behörde zuständig ist. Zuständig zur Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, also zur Entscheidung über den Genehmigungsantrag in bezug auf eine Anlage der von der Klägerin betriebenen Art ist die Beklagte. Dies folgt aus § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des technischen Umweltschutzes (ZustVOtU) vom 14. Juni 1994 in der zur Zeit maßgeblichen Fassung (SGV 282) in Verbindung mit Nr. 10.1.1 Unterziffer 1. der Anlage. Die Anlage der Klägerin ist eine nach der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) in der jetzt maßgeblichen Fassung genehmigungsbedürftige Anlage, die ganz oder teilweise einer Umweltsverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) zu unterwerfen ist. Nach Nr. 1 der Anlage zu § 3 UVPG in Verbindung mit Nr. 27 des Anhangs zu dieser Anlage gilt dies für die Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen, wenn für sie ein Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen ist; dies betrifft nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 4. BImSchV solche Anlagen, die in Spalte 1 des Anhangs aufgeführt sind. Die Anlage der Klägerin unterfällt Nr. 8.10 a) Spalte 1 des Anhangs. Sie ist eine Anlage zur Behandlung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen, auf die die Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) Anwendung finden. Die in der Anlage der Klägerin aufbereiteten Leuchtstoffröhren sind besonders überwachungsbedürftige Abfälle im Sinne von § 41 Abs. 1 KrW-/AbfG in Verbindung mit § 1 Nr. 1 der Bestimmungsverordnung besonders überwachungsbedürftige Abfälle - BestbüAbfV - vom 10. September 1996, BGBl. I 1366, weil sie unter Ziffer 20 der Anlage 1 zu dieser Verordnung mit dem Abfallschlüssel 20 01 21 aufgeführt sind. Es steht auch zur Überzeugung des Gerichts fest, daß die Anlage der Klägerin eine Anlage mit einem Durchsatz von 10 Tonnen je Tag oder mehr ist. Maßgebend für die Beurteilung ist der durch die erteilte Genehmigung zugelassene Betriebsumfang. Dieser ist nicht ausdrücklich auf eine bestimmte tägliche Durchsatzleistung beschränkt. Eine Beschränkung auf einen Durchsatz von weniger als 10 Tonnen je Tag ergibt sich auch nicht aus der Kapazität der genehmigten Anlage. Nach Angaben in den vorliegenden Verwaltungsvorgängen und den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist zugrunde zu legen, daß die "Zerlegemaschine" eine Durchsatzkapazität von 4.000 Leuchtstoffröhren entsprechend 1 Tonne je Stunde hat. Eine Beschränkung der Betriebszeiten regelt die erteilte Genehmigung nicht, und auch sonst fehlen Anhaltspunkte dafür, daß der bestimmungsgemäße Betrieb einen Vollastbetrieb von 10 Stunden nicht zuläßt. Angesichts dessen ist auch unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben zum tatsächlichen Betriebsumfang davon auszugehen, daß der zugelassene Betrieb die zuständigkeitsbestimmende Durchsatzmenge erreicht.
29Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG liegen vor. Die der Genehmigung vom 17. Januar 1992 zugrundeliegende Rechtslage hat sich in bezug auf die streitige Nebenbestimmung nachträglich zu Gunsten der Klägerin geändert. Eine Änderung der Rechtslage liegt vor, wenn eine nachträglich ergangene Rechtsvorschrift die für den Erlaß des Verwaltungsakts maßgeblichen Rechtsnormen mit Wirkung für den erlassenen Verwaltungsakt, also dessen entscheidungserhebliche Voraussetzungen betreffend ändert; das ist, wenn die ändernde Rechtsvorschrift nicht rückwirkend in Kraft tritt, der Fall, wenn sie einen Sachverhalt betrifft, der in einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung geregelt worden ist.
30Vgl. BVerwG, Beschluß vom 13. Juni 1995 - 6 B 15.95 -, Buchholz 421.0 (Prüfungswesen), Nr. 351; Klappstein in Knack (Hrsg.), VwVfG, 4. A., § 51 Rdnr. 5.2; Sachs in Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 5. A., § 51 Rdnr. 94.
31Rechtsgrundlage der Nebenbestimmung III.4, die der auf der Grundlage des § 7 Abs. 2 des Abfallgesetzes (AbfG) vom 27. August 1986, BGBl. I, 1410 in der bis zum Inkrafttreten des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes vom 22. April 1993, BGBl. I, 466 zum 1. Mai 1993 geltenden Fassung für die Errichtung und den Betrieb der als ortsfeste Abfallentsorgungsanlage aufgefaßten Anlage der Klägerin erteilten Plangenehmigung beigefügt worden war, war § 8 Abs. 2 AbfG. Nach dieser Vorschrift konnte die zuständige Behörde in der Planfeststellung oder in der Genehmigung verlangen, daß der Inhaber einer Abfallentsorgungsanlage für die Rekultivierung sowie zur Verhinderung oder Beseitigung von Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nach Stillegung der Anlage Sicherheit leistet. Durch Art. 6 Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz ist § 7 AbfG dahin geändert worden, daß die Errichtung und der Betrieb von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen der Genehmigung nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, nicht aber einer weiteren abfallrechtlichen Zulassung bedürfen (Abs. 1). Ferner ist § 8 Abs. 2 AbfG dahin gefaßt worden, daß eine Sicherheitsleistung nur noch vom Inhaber einer Anlage zur Ablagerung von Abfällen (Deponie) verlangt werden kann. Entsprechende Bestimmungen finden sich nun in § 31 Abs. 2, § 32 Abs. 3 KrW-/AbfG. Schließlich ist durch Art. 8 Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz in § 67 BImSchG ein Absatz 7 angefügt worden, nach dessen Satz 1 eine Planfeststellung oder Genehmigung nach dem Abfallgesetz als Genehmigung nach dem Bundes- Immissionsschutzgesetz fortgilt. Folge dieser Rechtsänderung ist, daß die für eine Aufnahme der streitigen Nebenbestimmung geltende und in Bezug genommene Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung einer Sicherheitsleistung für Anlagen der hier in Rede stehenden Art weggefallen ist.
32Der nachträgliche Wegfall der Ermächtigungsgrundlage berührt die streitige Nebenbestimmung unmittelbar, weil diese eine Regelung mit Dauerwirkung ist. Eine solche ist dadurch geprägt, daß der Sachverhalt, der ihr zugrundeliegt und für den sie Rechtsfolgen begründet, nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt fixiert ist, sondern für einen bestimmten Zeitraum zugrundegelegt wird, sie mithin ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis begründet oder inhaltlich ändert.
33Vgl. BVerwG, Beschluß vom 13. Juni 1995, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Juli 1983 - 2 S 299/81 -, NuR 1984, 102, 104, zu einer naturschutzrechtlichen Sicherheitsleistung.
34Die Nebenbestimmung III.4 ist auf Rechtswirkungen jedenfalls für die Dauer des genehmigten Anlagenbetriebs angelegt. Sie erschöpft sich nicht in der einmaligen Handlungspflicht, die Bankbürgschaft beizubringen, sondern begründet für die Dauer des Betriebes und gegebenenfalls darüber hinaus auch die Verpflichtung der Klägerin, eine Vertragsgestaltung mit einer Bank beizubehalten, der ein Dauerrechtsverhältnis in Gestalt eines Bürgschaftsverhältnisses zwischen der Bank und dem Land Nordrhein-Westfalen als Sicherungsnehmer entspricht. Diese auf Dauer angelegte Rechtswirkung der streitigen Anordnung entspricht Sinn und Zweck der Befugnis aus § 8 Abs. 2 AbfG und der abfallrechtlichen Sicherheitsleistung. Diese zielt auf die Pflichten des Betreibers einer Abfallentsorgungsanlage, auch nach deren Stillegung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit, die beispielsweise von abgelagerten oder entsorgten Abfällen bzw. von Rückständen der Abfallbehandlung oder von in der Anlage zurückgelassenen, noch nicht behandelten Abfällen ausgehen können, zu verhindern oder zu beseitigen. Die Sicherheitsleistung soll sicherstellen, daß der Verpflichtete die notwendigen Schutzvorkehrungen nach Einstellung des Betriebes auch wirklich auf seine Kosten trifft und das Risiko einer etwaigen Zahlungsunfähigkeit im Hinblick auf nach Stillegung erforderliche, oft erheblich kostenaufwendige Abwehrmaßnahmen den Verursacher trifft und nicht zu Lasten der Allgemeinheit geht.
35Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 1991 - 7 C 6.91 -, BVerwGE 89, 215, 218; Kunig/Schwermer/Versteyl, AbfG, 2.A., 1992, § 8 Rdnr. 32; Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, 1998, § 32 Rdnr. 77 f.
36Sie erfüllt ihren Sinn daher nur, wenn der Zeitraum bis zum möglichen Zeitpunkt der Realisierung der abzusichernden Pflichten abgedeckt wird.
37Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts (NVwZ 1997, 820 ff.) steht § 67 Abs. 7 Satz 1 BImSchG einer Wirkung des Wegfalls der Ermächtigungsgrundlage für die streitige Nebenbestimmung nicht entgegen. Mit dieser Vorschrift werden die genehmigungsrechtlichen Konsequenzen aus dem Wegfall des abfallrechtlichen Zulassungserfordernisses für die von der Rechtsänderung betroffenen Anlagen und aus der Unterstellung dieser Anlagen nur unter das immissionsschutzrechtliche Genehmigungserfordernis gezogen. Sinn und Zweck der Übergangsbestimmung ist, wie auch im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gelangt ist
38- vgl. BT-Drucks. 12/4208 S. 27 und 12/4340 S. 28 -,
39"sicherzustellen, daß Anlagen, die künftig zulassungsrechtlich dem Bundes- Immissionsschutzgesetz unterfallen, aber noch nach dem Abfallgesetz genehmigt oder planfestgestellt wurden, insoweit Bestandsschutz genießen, im übrigen aber dem Regime des Bundes-Immissionsschutzgesetzes unterstellt werden." Der bezweckte Bestandsschutz ist auf das Zulassungsrecht bezogen; er bedeutet, daß der Betreiber einer genehmigten Anlage keiner neuen Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz bedarf, die Anlage vielmehr als danach zugelassen gilt. Mangels einer abweichenden ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung zum fortgeltenden Genehmigungsinhalt erfaßt die Fortgeltung die Altgenehmigung unverändert, also mit dem zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung gegebenen Inhalt einschließlich beigefügter Nebenbestimmungen; dies gilt auch für die Festsetzung einer Sicherheitsleistung nach § 8 Abs. 2 AbfG oder für eine Befristung.
40Vgl. Czajka in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht Band I, § 67 BImSchG Anmerkung 11; Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht Band I, Stand: 15.3.1999, § 67 BImSchG Rdnrn. 10 und 44; Jarass, BImSchG, 2.A., § 67 Rdnr. 30.
41Die durch die gesetzliche Übergangsbestimmung bewirkte Fortgeltung auch der die Sicherheitsleistung anordnenden Nebenbestimmung hat aber nicht gleichsam aus sich selbst zur Folge, daß die belastende auf Dauer angelegte Nebenbestimmung einer fortdauernden materiell-rechtlichen Grundlage nicht mehr bedarf oder die Ermächtigungsgrundlage für die von § 67 Abs. 7 Satz 1 BImSchG erfaßten Anlagen in das nunmehr einschlägige Immissionsschutzrecht gleichsam hinübergezogen wurde. Ersteres würde die allgemeinen Grundsätze für die Betrachtung und zu den rechtlichen Voraussetzungen von Dauerverwaltungsakten in einer Weise durchbrechen, daß es insofern einer - fehlenden - ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedürfte. Gegen ein Hinüberziehen der Ermächtigungsgrundlage, die für die abfallrechtlich geprägte Nebenbestimmung maßgeblich war, spricht schon deren mit der Rechtsänderung einhergehende Beschränkung auf Deponien und damit das Fehlen einer - ansonsten in der Technik der Gesetzgebung bei Übergangsbestimmungen gegebenenfalls praktizierten - ausdrücklichen Anordnung der Fortgeltung alten Rechts. Die Unterstellung der nach dem Abfallgesetz zugelassenen Anlagen unter das "Regime" des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bewirkt, daß für diese Anlagen nunmehr nur die materiell-rechtlichen Vorschriften des Immissionsschutzrechts maßgeblich sind.
42Der vorbezeichnete Wegfall der Ermächtigungsgrundlage des § 8 Abs. 2 AbfG würde sich auf die streitige Nebenbestimmung nur dann nicht auswirken, wenn diese in einer Vorschrift des Bundes-Immissionsschutzgesetzes eine Entsprechung fände. Das ist aber nicht der Fall. Eine Ermächtigungsgrundlage dafür, daß - was in Bezug auf die streitige Nebenbestimmung allein in Betracht zu ziehen ist - zur Gewährleistung der Pflichten zur Nachsorge nach § 5 Abs. 3 BImSchG eine Sicherheitsleistung gefordert werden kann, gibt es nicht. § 5 Abs. 3 BImSchG trifft hier zu keine Aussage. Auch § 12 Abs. 1 BImSchG, wonach die Genehmigung unter Bedingungen erteilt oder mit Auflagen verbunden werden kann, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 des Gesetzes genannten Genehmigungsvoraussetzungen, wozu auch die Erfüllung der sich aus § 5 Abs. 3 des Gesetzes ergebenden Nachsorgepflichten gehört, sicherzustellen, bietet, obschon der Wortlaut nicht entgegensteht, für die Forderung einer Sicherheitsleistung keine Ermächtigungsgrundlage. Die Unzulässigkeit dieses Instruments zur Sicherstellung der Nachsorgepflichten folgt im Umkehrschluß zu § 15 a Abs. 3 BImSchG, § 56 Abs. 2 Bundesberggesetz und § 8 Abs. 2 AbfG; nach diesen Vorschriften ist die zuständige Behörde ausdrücklich ermächtigt, zur Sicherstellung von Betreiberpflichten eine Sicherheitsleistung zu fordern. Dies zeigt, daß der Gesetzgeber diesem Instrument ein erheblich belastendes Gewicht beimißt und es lediglich nach seiner Entscheidung besonders bedeutsamen Fallgestaltungen zuweisen will. Aus dem Fehlen einer entsprechenden Vorschrift zur Pflicht aus § 5 Abs. 3 BImSchG ist zu schließen, daß für den Bereich der immissionsschutzrechtlichen Nachsorgepflichten dieses Instrument nicht zugelassen ist. Dies bestätigt die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Der Gesetzgeber hat bewußt davon Abstand genommen, der Behörde die Befugnis zu geben, die Genehmigungserteilung mit der Forderung einer Sicherheitsleistung zu verknüpfen, nachdem zu einem entsprechenden Vorschlag im Referentenentwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gemäß der inhaltlichen Wiedergabe bei Vallendar in UPR 1991, 91, 93 im Rahmen einer Sachverständigenanhörung Zweifel an der Praktikabilität und Kritik daran vorgebracht worden waren, daß den Unternehmen durch eine Sicherheitsleistung Geldmittel in beträchtlichem Umfang und für lange Zeit entzogen würden und sich dies vor allem für kleine und mittlere Unternehmen sehr belastend auswirke.
43Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, daß aus der in § 67 Abs. 7 Satz 1 BImSchG angeordneten Fortgeltung einer Genehmigung nach Abfallrecht als Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz kein Grund herzuleiten ist, der dem Wegfall der Ermächtigungsgrundlage für die streitige Nebenbestimmung durch die mit dem Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz in Kraft getretenen Rechtsänderungen entgegengehalten werden kann. Damit steht fest, daß sich die Änderungen zu Gunsten der Klägerin auswirken. Nach Wegfall der Ermächtigungsgrundlage für die streitige, auf Dauer angelegte Nebenbestimmung ist die Beklagte entgegen ihrer Auffassung auch nicht aus sonstigen Rechtsgründen an der Änderung der Genehmigung durch Aufhebung der Nebenbestimmung III.4 gehindert; insbesondere folgt aus § 67 Abs. 7 Satz 1 BImSchG nicht, daß eine nach dieser Vorschrift fortgeltende Nebenbestimmung von vornherein einer Aufhebung oder Änderung entzogen wäre. Die auch durch sonstige Bestimmungen des nunmehr maßgeblichen Immissionsschutzrechts nicht ausgeschlossene Aufhebung beurteilt sich allein nach den allgemeinen Regeln des Verwaltungsrechts.
44Liegen somit die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG vor, hat die Beklagte auf den Antrag der Klägerin vom 3. November 1994 unter Durchbrechung der Bestandskraft über die Änderung der Genehmigung vom 17. Januar 1992 durch Aufhebung der Nebenbestimmung III.4 zu entscheiden. Denn der Antrag der Klägerin ist zulässig. Insbesondere ist die Antragsfrist von drei Monaten ab Kenntniserlangung von dem Grund für das Wiederaufgreifen, § 51 Abs. 3 VwVfG, gewahrt. Es spricht nichts dafür, daß die Klägerin früher als drei Monate vor der Antragstellung Anfang November 1994 von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erlangt hat; vielmehr ist das Vorbringen, erst aus Anlaß eines umfassenden Beratungsgesprächs mit einem Rechtsanwalt am 31. August 1994 von der für die streitige Nebenbestimmung erheblichen Änderung der Rechtslage erfahren zu haben, nachvollziehbar. Denn der Grund für das Wiederaufgreifen schließt über die Kenntnis vom Inkrafttreten des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes und der rechtlichen Folgen für das Zulassungsverfahren hinaus auch ein, daß mit dem Eingreifen allein des Immissionsschutzrechts keine Ermächtigungsgrundlage für die streitige Nebenbestimmung mehr besteht. Daß die Klägerin jedenfalls auch darauf bezogene Rechtskenntnisse bereits vor dem anwaltlichem Beratungsgespräch erlangte, ist angesichts der Komplexität der Zusammenhänge nicht anzunehmen.
45Für die im danach wiederaufzugreifenden Verfahren zu treffende Sachentscheidung ist nicht auf §§ 48, 49 VwVfG zurückzugreifen, vielmehr ist - schon im Hinblick auf § 51 Abs. 5 VwVfG, wonach die Vorschriften der §§ 48 Abs. 1 Satz 1, 49 Abs. 1 VwVfG unberührt bleiben, die Entscheidungswege nach den genannten Vorschriften und nach § 51 VwVfG also nebeneinander und unabhängig voneinander gegeben sind - allein die für den Verwaltungsakt jetzt geltende materielle Rechtslage maßgebend.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. April 1982 - 8 C 75.80 -, NJW 1982, 2204, 2205 sowie Klappstein, a.a.O. § 51 Rdnr. 4.3; Sachs, a.a.O. § 51 Rdnr. 29 ff.; Kopp, VwVfG, 6.A., § 51 Rdnr. 10; Schwabe, JZ 1985, 545, 552.
47Nach dieser ist, wie sich aus den vorstehenden Erörterungen ergibt, eine Ermächtigungsgrundlage für die streitige, eine belastende Regelung darstellende Nebenbestimmung nicht mehr gegeben. Schon aus diesem Grund hat die Beklagte die Nebenbestimmung aufzuheben.
48Ob darüber hinaus ein Anspruch auf Aufhebung der Nebenbestimmung unmittelbar aus § 49 Abs. 1 VwVfG oder aus § 48 Abs. 1 VwVfG unabhängig von und neben dem durch § 51 VwVfG eröffneten Weg begründet ist, bedarf keiner Entscheidung.
49Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
50Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.
51
(1) Zur Erfüllung der sich aus §§ 4 und 7 und den auf Grund von § 5 Satz 1, §§ 6 und 8 erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten kann die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen treffen. Werden zur Erfüllung der Verpflichtung aus § 4 Abs. 3 und 6 Sicherungsmaßnahmen angeordnet, kann die zuständige Behörde verlangen, daß der Verpflichtete für die Aufrechterhaltung der Sicherungs- und Überwachungsmaßnahmen in der Zukunft Sicherheit leistet. Anordnungen zur Erfüllung der Pflichten nach § 7 dürfen getroffen werden, soweit Anforderungen in einer Rechtsverordnung festgelegt sind. Die zuständige Behörde darf eine Anordnung nicht treffen, wenn sie auch im Hinblick auf die berechtigten Nutzungsinteressen einzelner unverhältnismäßig wäre.
(2) Trifft die zuständige Behörde gegenüber dem Grundstückseigentümer oder dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt zur Erfüllung der Pflichten nach § 4 Anordnungen zur Beschränkung der land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung sowie zur Bewirtschaftung von Böden, so hat sie, wenn diese nicht Verursacher der schädlichen Bodenveränderungen sind, für die nach zumutbaren innerbetrieblichen Anpassungsmaßnahmen verbliebenen wirtschaftlichen Nachteile nach Maßgabe des Landesrechts einen angemessenen Ausgleich zu gewähren, wenn die Nutzungsbeschränkung andernfalls zu einer über die damit verbundene allgemeine Belastung erheblich hinausgehenden besonderen Härte führen würde.
(1) Jeder, der auf den Boden einwirkt, hat sich so zu verhalten, daß schädliche Bodenveränderungen nicht hervorgerufen werden.
(2) Der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück sind verpflichtet, Maßnahmen zur Abwehr der von ihrem Grundstück drohenden schädlichen Bodenveränderungen zu ergreifen.
(3) Der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück sind verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, daß dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. Hierzu kommen bei Belastungen durch Schadstoffe neben Dekontaminations- auch Sicherungsmaßnahmen in Betracht, die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern. Soweit dies nicht möglich oder unzumutbar ist, sind sonstige Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen durchzuführen. Zur Sanierung ist auch verpflichtet, wer aus handelsrechtlichem oder gesellschaftsrechtlichem Rechtsgrund für eine juristische Person einzustehen hat, der ein Grundstück, das mit einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast belastet ist, gehört, und wer das Eigentum an einem solchen Grundstück aufgibt.
(4) Bei der Erfüllung der boden- und altlastenbezogenen Pflichten nach den Absätzen 1 bis 3 ist die planungsrechtlich zulässige Nutzung des Grundstücks und das sich daraus ergebende Schutzbedürfnis zu beachten, soweit dies mit dem Schutz der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 genannten Bodenfunktionen zu vereinbaren ist. Fehlen planungsrechtliche Festsetzungen, bestimmt die Prägung des Gebiets unter Berücksichtigung der absehbaren Entwicklung das Schutzbedürfnis. Die bei der Sanierung von Gewässern zu erfüllenden Anforderungen bestimmen sich nach dem Wasserrecht.
(5) Sind schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten nach dem 1. März 1999 eingetreten, sind Schadstoffe zu beseitigen, soweit dies im Hinblick auf die Vorbelastung des Bodens verhältnismäßig ist. Dies gilt für denjenigen nicht, der zum Zeitpunkt der Verursachung auf Grund der Erfüllung der für ihn geltenden gesetzlichen Anforderungen darauf vertraut hat, daß solche Beeinträchtigungen nicht entstehen werden, und sein Vertrauen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles schutzwürdig ist.
(6) Der frühere Eigentümer eines Grundstücks ist zur Sanierung verpflichtet, wenn er sein Eigentum nach dem 1. März 1999 übertragen hat und die schädliche Bodenveränderung oder Altlast hierbei kannte oder kennen mußte. Dies gilt für denjenigen nicht, der beim Erwerb des Grundstücks darauf vertraut hat, daß schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten nicht vorhanden sind, und sein Vertrauen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles schutzwürdig ist.
(1) Dieses Gesetz findet auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten Anwendung, soweit
- 1.
Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes über das Aufbringen von Abfällen zur Verwertung als Düngemittel im Sinne des § 2 des Düngegesetzes und der hierzu auf Grund des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und des bis zum 1. Juni 2012 geltenden Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen, - 2.
Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes über die Zulassung und den Betrieb von Abfallbeseitigungsanlagen zur Beseitigung von Abfällen sowie über die Stillegung von Deponien, - 3.
Vorschriften über die Beförderung gefährlicher Güter, - 4.
Vorschriften des Düngemittel- und Pflanzenschutzrechts, - 5.
Vorschriften des Gentechnikgesetzes, - 6.
Vorschriften des Zweiten Kapitels des Bundeswaldgesetzes und der Forst- und Waldgesetze der Länder, - 7.
Vorschriften des Flurbereinigungsgesetzes über das Flurbereinigungsgebiet, auch in Verbindung mit dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz, - 8.
Vorschriften über Bau, Änderung, Unterhaltung und Betrieb von Verkehrswegen oder Vorschriften, die den Verkehr regeln, - 9.
Vorschriften des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts, - 10.
Vorschriften des Bundesberggesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen über die Errichtung, Führung oder Einstellung eines Betriebes sowie - 11.
Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen über die Errichtung und den Betrieb von Anlagen unter Berücksichtigung von Absatz 3
(2) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Anlagen, Tätigkeiten, Geräte oder Vorrichtungen, Kernbrennstoffe und sonstige radioaktive Stoffe, Grundstücke, Teile von Grundstücken, Gewässer und Grubenbaue, soweit Rechtsvorschriften den Schutz vor den Gefahren der Kernenergie oder der Wirkung ionisierender Strahlen regeln. Dieses Gesetz gilt ferner nicht für das Aufsuchen, Bergen, Befördern, Lagern, Behandeln und Vernichten von Kampfmitteln.
(3) Im Hinblick auf das Schutzgut Boden gelten schädliche Bodenveränderungen im Sinne des § 2 Abs. 3 dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen, soweit sie durch Immissionen verursacht werden, als schädliche Umwelteinwirkungen nach § 3 Abs. 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, im übrigen als sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Zur näheren Bestimmung der immissionsschutzrechtlichen Vorsorgepflichten sind die in einer Rechtsverordnung nach § 8 Abs. 2 festgelegten Werte heranzuziehen, sobald in einer Rechtsverordnung oder in einer Verwaltungsvorschrift des Bundes bestimmt worden ist, welche Zusatzbelastungen durch den Betrieb einer Anlage nicht als ursächlicher Beitrag zum Entstehen schädlicher Bodenveränderungen anzusehen sind. In der Rechtsverordnung oder der Verwaltungsvorschrift soll gleichzeitig geregelt werden, daß bei Unterschreitung bestimmter Emissionsmassenströme auch ohne Ermittlung der Zusatzbelastung davon auszugehen ist, daß die Anlage nicht zu schädlichen Bodenveränderungen beiträgt.
(1) Der Betreiber einer Deponie hat ihre beabsichtigte Stilllegung der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen. Der Anzeige sind Unterlagen über Art, Umfang und Betriebsweise sowie die beabsichtigte Rekultivierung und sonstige Vorkehrungen zum Schutz des Wohls der Allgemeinheit beizufügen.
(2) Soweit entsprechende Regelungen noch nicht in dem Planfeststellungsbeschluss nach § 35 Absatz 2, der Plangenehmigung nach § 35 Absatz 3, in Bedingungen und Auflagen nach § 39 oder den für die Deponie geltenden umweltrechtlichen Vorschriften enthalten sind, hat die zuständige Behörde den Betreiber der Deponie zu verpflichten,
- 1.
auf seine Kosten das Gelände, das für eine Deponie nach Absatz 1 verwendet worden ist, zu rekultivieren, - 2.
auf seine Kosten alle sonstigen erforderlichen Vorkehrungen, einschließlich der Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen während der Nachsorgephase, zu treffen, um die in § 36 Absatz 1 bis 3 genannten Anforderungen auch nach der Stilllegung zu erfüllen, und - 3.
der zuständigen Behörde alle Überwachungsergebnisse zu melden, aus denen sich Anhaltspunkte für erhebliche nachteilige Auswirkungen auf Mensch und Umwelt ergeben.
(3) Die zuständige Behörde hat den Abschluss der Stilllegung (endgültige Stilllegung) festzustellen.
(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 besteht auch für Betreiber von Anlagen, in denen gefährliche Abfälle anfallen.
(5) Die zuständige Behörde hat auf Antrag den Abschluss der Nachsorgephase festzustellen.
Tatbestand
- 1
Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung von Wasserhaltungen im Tontagebau E..
- 2
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der (im Folgenden: Gemeinschuldnerin). Die Gemeinschuldnerin betrieb in den 1990er Jahren auf der Grundlage bergrechtlicher Betriebsplanzulassungen u.a. den Tontagebau E.. Seit September 2005 führte sie auf der Grundlage des mit Bescheid des Beklagten vom 05.03.2004 zugelassenen Sonderbetriebsplans "Verfüllung/Rekultivierung – Teilfeld II – für den Tontagebau E." Arbeiten zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche durch. Hierbei verfüllte sie die Tongrube u.a. mit Abfällen mit einem hohen Anteil an klein geschreddertem Hausmüll und hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen. Die Gemeinschuldnerin ist inzwischen insolvent. Mit Beschluss des Amtsgerichts Stendal vom 11.02.2009 wurde der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Den Tontagebaubetrieb führte er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht weiter.
- 3
Mit Bescheid vom 31.08.2011 gab der Beklagte dem Kläger auf, im Tontagebau E. drei Wasserhaltungen herzustellen, d.h. Wasser in einer Vertiefung (Pumpensumpf) zu sammeln, mittels einer Pumpe zu heben und über eine Rohrleitung in eine Einleitstelle abzuleiten. Die drei Wasserhaltungen seien ab dem 01.01.2011 bis zunächst 31.12.2014 zu betreiben:
- 4
• Die Wasserhaltung Ostgraben sei in einem Feldgraben südöstlich der Tonhalde über dem Teilfeld II Nord herzustellen. Das gehobene Wasser sei über eine Rohrleitung dem Südgraben zuzuführen. Es sei ein Höhenunterschied von mind. 2 m zu überwinden und der Wasserstand auf 57,5 m NHN zu halten.
- 5
• Die Wasserhaltung Teilfeld II Süd sei in einem Speicherbecken, dem sog. Westbecken, herzustellen. Das dort gehobene Wasser sei über eine Rohrleitung ebenfalls dem Südgraben zuzuführen. Die Pumpe sei für die Überwindung eines Höhenunterschiedes von mind. 13 m auszulegen. Im Westbecken sei ein Wasserstand von 48 m NHN zu halten.
- 6
• Die Wasserhaltung "Schwarz" sei in einem Pumpensumpf östlich der Kleyteiche, nordwestlich der Tonhalde Teilfeld II Nord, herzustellen. Das hier gehobene Wasser sei über eine Rohrleitung ebenfalls dem Südgraben zuzuführen. Der Wasserstand im Pumpensumpf dürfe 56,5 m NHN nicht übersteigen.
- 7
Wegen der Lage der herzustellenden Wasserhaltungen wurde auf den beigefügten Lageplan verwiesen. Alle drei Wasserhaltungen sollten in den Südgraben an einem Einleitpunkt entwässern. Der Einleitpunkt sei im Lageplan dargestellt. Der Lageplan sei Bestandteil des Bescheides. Alle Wasserhaltungen seien ganzjährig inkl. Winterbetrieb zu betreiben. Darüber hinaus ordnete der Beklagte u.a. die regelmäßige Kontrolle der Wasserhaltungen, Beprobungen und Analysen der Einleitqualität der abgepumpten Wässer sowie die Anfertigung regelmäßiger Jahresberichte an. Dem Kläger wurde darüber hinaus aufgegeben, mit der Herstellung der Wasserhaltungen spätestens am 16.09.2011 durch Beauftragung eines geeigneten Unternehmens zu beginnen. Die Beauftragten seien zu verpflichten, mit der Umsetzung der Maßnahme sofort nach ihrer Beauftragung zu beginnen. Die Auftragsvergabe sei ihm bis zum 19.09.2011 anzuzeigen. Die Herstellung der Wasserhaltungen müsse spätestens am 30.09.2011 abgeschlossen und nachgewiesen sein. Die Wasserhaltungen seien ab dem 01.10.2011 in Betrieb zu nehmen und wirksam und funktionstüchtig zunächst bis zum 31.12.2014 zu betreiben. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet und die Ersatzvornahme angedroht. Die Kosten der Ersatzvornahme wurden auf ca. 185.000,00 € geschätzt.
- 8
Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Gemeinschuldnerin habe im Tontagebau E. Abfälle mit einem hohen Anteil an klein geschreddertem Hausmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle in die Grube eingebracht. Hieraus resultierten folgende Gefahren:
- 9
• Aufgrund der intensiven mikrobiologischen Abbaubarkeit und den nicht unerheblichen Abfallmengen entstünden beträchtliche Mengen an humantoxischen, brennbaren und klimaschädlichen Gasen. Aufgrund der ständigen Gasneubildung und des stattfindenden Setzungsprozesses komme es immer wieder zu unkontrollierten Gasaustritten auf dem Betriebsgelände, insbesondere im südlichen Bereich des Teilfelds II. Die Rotteprozesse und damit die Gasbildung würden durch den Zutritt von Wasser unkontrolliert beeinflusst, was die zuvor geschilderte Gefahrenlage verschärfe. Daher sei der Zutritt von Oberflächenwasser zum Versatzkörper zu minimieren.
- 10
• In das Teilfeld II Süd fließende Oberflächenwässer könnten durch Erosion den Abfall freilegen, mit dem Material in Kontakt gelangen und Schadstoffe aufnehmen. Abfälle würden fortgetragen und verteilt. Die befrachteten Wässer einerseits und fortgespülte Abfälle andererseits seien potenziell geeignet, eine Kontamination der Oberflächengewässer zu verursachen.
- 11
• Durch zulaufende Niederschlagswässer steige der Sickerwasserspiegel im Verfüllkörper weiter an. Eine Mobilisierung von Schadstoffen sei die Folge, die sich in gelöster Form leicht über Transferpfade ausbreiten könnten.
- 12
• Darüber hinaus bestehe die Gefahr, dass ein Wasserrückstau auf die umliegenden Landwirtschaftsflächen erfolge, was bereits mehrfach stattgefunden habe, der zur Beeinträchtigung der Nutzung durch Dritte führe, was wiederum Schadensersatzforderungen nach sich ziehe.
- 13
• Ohne Wasserhaltung im Bereich "Schwarz" werde der Zufahrtsbereich zum Tagebau überschwemmt und weiteres Wasser unkontrolliert dem Tagebau zugeführt. Durch die überschwemmte Zufahrt (bereits mehrfach verzeichnet) würden Gefahrenabwehrmaßnahmen erschwert.
- 14
• Einstauende Wässer destabilisierten generell die verbliebenen Abbauböschungen und führten zu Standsicherheitsgefahren, hier konkret der Südböschung im Teilfeld II, der Böschung des sog. Ostsees durch Rückstau im Ostgraben und der Böschungen des Teilfelds II Nord im Bereich der Zufahrt.
- 15
Die Anordnungen ergingen auf der Grundlage der §§ 10 Abs. 1 Satz 1, 4 Abs. 2 und 3 BBodSchG sowie § 5 BodSchAG LSA i.V.m. § 15 Abs. 2 BBodschG. Er sei gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 BodSchAG LSA für den Erlass dieser Entscheidung zuständig. Das BBodSchG sei anwendbar. Der Vorrang des Bergrechts gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG stehe nicht entgegen. Zwar unterliege der ehemalige Tagebau weiterhin gemäß § 69 BBergG der Bergaufsicht. Die Folgen der Schadstoffhaltigkeit eingebauter bergbaufremder Abfälle für Boden und Grundwasser sowie für nicht zu Bergzwecken in Anspruch genommene Grundstücke ließen sich mit den bergrechtlichen Vorschriften jedoch nicht erfassen. Der Kläger könne gemäß § 4 Abs. 3 BBodSchG als Insolvenzverwalter und damit als Inhaber der tatsächlichen Gewalt über die Grundstücke des ehemaligen Tontagebaus E. in Anspruch genommen werden. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 BBodschG lägen vor. Im Tontagebau E. liege eine schädliche Bodenveränderung vor. Bei dem Verfüllmaterial handele es sich nach Einbringung in den Tontagebau um eine Beeinträchtigung von Bodenfunktionen. Durch die hohen Anteile an Schadstoffen wie Cadmium u.a. würden insbesondere die natürlichen Bodenfunktionen beeinträchtigt. Hiervon gingen Gefahren für den Einzelnen oder die Allgemeinheit aus. Aufgrund der schadstoffbedingten Beeinträchtigungen des Bodens bestehe die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass in absehbarer Zeit u.a. die menschliche Gesundheit und Oberflächen- und Grundwasser durch entsprechenden Boden- und Wasserverschmutzungen geschädigt würden. Die dem Kläger aufgegebenen Maßnahmen seien geeignet und erforderlich, die Gefahr der Entstehung weiterer schädlicher Veränderungen, insbesondere die Gefahr des Austritts kontaminierten Wassers, zu beseitigen, zumindest zu verringern. Der Tontagebau E. liege in einer Senke. Dies habe zur Folge, dass die von den umgebenden Äckern ablaufenden Niederschlagswässer in den Tagebau liefen. Des Weiteren fielen im Tagebau selbst einregnende Niederschlagswässer an. Wenn das Wasser ungehindert in den Tontagebau E. eindringe, führe dies zu einem Anstieg des Sickerwassers. Das ansteigende schadstoffbelastete Sickerwasser verunreinige das Oberflächenwasser erheblich mit der Folge, dass das anschließend ebenfalls kontaminierte Oberflächenwasser auf die angrenzenden Äcker zurückgestaut bzw. in den Vorfluter (z.B. die Ehle) gelangen könne. Des Weiteren führe die zunehmende Verwässerung des Verfüllkörpers zur unkontrollierten Beeinflussung der Gasproduktion. Das begründe die Gefahr unkontrollierter Gasaustritte, insbesondere im südlichen Bereich des Teilfelds II. Darüber hinaus bestehe konkret in diesem – nur teilweise verfüllten und am tiefsten gelegenen – Bereich die Gefahr, dass die ohnehin nicht ausreichend stabile Südböschung weiter in ihrer Standsicherheit beeinträchtigt werde. Um den Anstieg des Sickerwassers im Verfüllkörper, eine zunehmende Vernässung des Teilfeldes II Süd und die Ausbreitung der Schadstoffe in den Wasserkreislauf außerhalb des Tagebaugeländes, insbesondere über das Oberflächenwasser, zu verhindern, sei zwingend die Errichtung und der Betrieb von drei Wasserhaltungen notwendig. Die Wasserhaltungen seien geeignet, das in den Tagebau eindringende Wasser sofort abzuleiten, bevor es mit dem Verfüllkörper in Kontakt komme. Die Einleitung des Wassers aus den drei Wasserhaltungen in den Südgraben sei rechtlich zulässig. Die zuständige Wasserbehörde habe dem bis zur Herstellung einer regelgerechten Abdeckung des Verfüllkörpers zugestimmt. Die Maßnahmen seien auch erforderlich. Ohne die Wasserhaltungen könne ein rechtzeitiges Ableiten des Niederschlagswassers nicht sichergestellt werden. Der Betrieb der Wasserhaltungen müsse so lange erfolgen, bis die Sanierungsmaßnahmen im Tontagebau E. abgeschlossen seien. Die Maßnahmen würden voraussichtlich am 31.12.2014 abgeschlossen sein. Soweit erforderlich, werde die Anordnung zu gegebener Zeit verlängert. Die Anordnung der drei Wasserhaltungen sei auch angemessen. Sie stehe zu dem angestrebten Zweck nicht außer Verhältnis.
- 16
Für die Störerauswahl sei entscheidend gewesen, dass dem Kläger gegenwärtig allein die Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse zustehe. Die Inanspruchnahme der Gemeinschuldnerin scheide aus, da sie aufgrund der bestehenden Insolvenz nicht über die zur Durchführung der Gefahrenabwehr- und Sanierungsmaßnahmen erforderlichen Mittel verfüge. Eine Heranziehung des Herrn (...) als Eigentümer des Grundstücks, auf dem die Wasserhaltung "Westbecken" zu betreiben sei, sei wegen der Kosten der Gefahrenabwehr unzumutbar. Die Heranziehung des Klägers als Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das gesamte Tagebaugrundstück erfolge auch deshalb, weil die drei Wasserhaltungen aus Gründen der Effektivität der Gefahrenabwehr einheitlich betrieben werden sollten. Diese Anordnung könne nur gegenüber dem Kläger ergehen. Die Grundstücke der Eheleute (...) sowie der (...)produktion E. GmbH & Co. KG lägen außerhalb der Flächen der herzustellenden und zu betreibenden Wasserhaltungsanlagen.
- 17
Die Fristsetzung sei angemessen. Dem Kläger werde eine Leistungsbeschreibung für die Maßnahme zur Verfügung gestellt, so dass lediglich die Auftragsvergabe erfolgen müsse. Die Maßnahme werde teilweise bereits im Wege der Ersatzvornahme durchgeführt und müsse unverzüglich fortgeführt werden. Das Erfordernis der sofortigen Fortführung bestehe auch für die Wasserhaltung "Schwarz", deren Betrieb der Kläger eingestellt habe.
- 18
Hiergegen hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, der Bescheid vom 31.08.2011 sei formell rechtswidrig, weil der Beklagte für bodenschutzrechtliche Anordnungen gegenüber ihm nicht zuständig sei. Er sei kein der Bergaufsicht unterliegender Betrieb i.S.d. § 18 Abs. 3 Satz 1 BodSchAG LSA, sondern ein Insolvenzverwalter, der das Vermögen eines Betriebes verwalte, der vor Eintritt der Insolvenz bergbaulich tätig gewesen sei. Der Bescheid vom 31.08.2011 sei auch materiell rechtswidrig. Die Anordnung der Wasserhaltungen könne nicht auf Bodenschutzrecht gestützt werden, da es nicht um die Abwehr von Gefahren gehe, die durch schädliche Bodenveränderungen im Sinne von § 2 Abs. 3 BBodschG hervorgerufen würden. Vielmehr solle vor Gefahren für den Wasserhaushalt und die Luftqualität (Ausgasungen) geschützt werden, die durch Wasserzuflüsse in einen Verfüllkörper aus Abfällen entstehen sollten. Bei dem Verfüllkörper handele es sich nicht um Boden im Sinne des BBodSchG. Die angeordneten Maßnahmen bezweckten damit in erster Linie nicht den Schutz des Bodens, sondern den Schutz anderer Rechtsgüter. Sie bezögen sich auch nicht auf den Schutz des Grundwassers vor schädlichen Bodenveränderungen, sondern auf den Schutz des Wasserhaushalts vor den angeblichen Gefahren eines Verfüllkörpers aus Abfällen in einem Tagebau. Dass beim Umgang mit Abfällen, sei es in einer Deponie, sei es in einem Tagebau, immer auch der Boden mittelbar betroffen sein könne, rechtsfertige nicht, die angeordneten Maßnahmen auf die genannten bodenschutzrechtliche Ermächtigungsgrundlagen zu stützen. Bei dem Schutz eines Tagebaus vor dem Gefahren verursachenden Eindringen von Oberflächen- und Niederschlagswasser handele es sich um eine klassische bergrechtliche Gefahrenabwehrmaßnahme. Die bodenschutzrechtlichen Ermächtigungsgrundlagen seien daher nach § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG nicht anwendbar. Der Beklagte gehe nur deswegen auf bodenschutzrechtlicher Grundlage vor, um die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur bergrechtlichen Verantwortlichkeit des Insolvenzverwalters zu umgehen. Der Bescheid vom 31.08.2011 sei selbst dann rechtswidrig, wenn die Regelungen des BBodSchG anwendbar wären. Seine Auswahl als Adressat des angefochtenen Bescheides sei gerade unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Effektivität der Gefahrenabwehr fehlerhaft, denn er sei nicht leistungsfähig. Es hätte nahe gelegen, die Abfalllieferanten als Verhaltensstörer in Anspruch zu nehmen, da diese leistungsfähig seien. Auch seien die Pflichten des Grundstückseigentümers (...) als Verpächter sowie dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht ausreichend berücksichtigt worden. Jedenfalls seien die ihm gesetzten Fristen nicht angemessen.
- 19
Der Kläger hat beantragt,
- 20
den Bescheid des Beklagten vom 31.08.2011 über die Anordnung der Herstellung und den Betrieb von drei Wasserhaltungen im Tontagebau E. aufzuheben.
- 21
Der Beklagte hat beantragt,
- 22
die Klage abzuweisen.
- 23
Er hat den angefochtenen Bescheid verteidigt.
- 24
Mit Urteil vom 04.03.2013 – 1 A 328/11 MD – hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Beklagten vom 31.08.2011 aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, der Bescheid sei rechtswidrig, da er nicht auf das BBodSchG gestützt werden könne. Die in dem Tontagebau abgelagerten Abfälle unterlägen mangels Verlusts ihrer Abfalleigenschaft weiterhin dem Abfallrecht. Die Verwendung von hausmüllähnlichen Abfällen bei der Verfüllung des Tontagebaus E. sei keine Verwertung, sondern eine Maßnahme der Abfallbeseitigung gewesen. Eine Anwendung des BBodSchG komme erst dann in Betracht, wenn die in den Tagebau eingebrachten Stoffe, etwa durch "Verwachsung", ihre Abfalleigenschaft verloren hätten. Für eine derartige Verwachsung der von der Gemeinschuldnerin in den Tontagebau E. eingebrachten Massen mit dem Erdboden sei bisher nichts ersichtlich. Der Beklagte könne sich daher hinsichtlich seiner Verfügung vom 31.08.2011 nicht auf das BBodSchG mit der Zuständigkeit nach § 18 Abs. 3 Satz 1 BodSchAG LSA stützen. Zwar bewirke jede "wilde Mülldeponie" durch Sickerwasser pp. schädliche Bodenveränderungen. Gleichwohl unterfalle die Beseitigung zur Gefahrenabwehr wegen der Beweglichkeit des Abfalls dem Abfallregime und nicht dem Bodenschutzrecht. Eine "frisch" betriebene "wilde Mülldeponie" sei gerade keine Altlast und begründe wegen der technisch noch möglichen Beseitigung des Abfalls rechtlich keine schädliche Bodenveränderung, die nach Bodenschutzrecht zu behandeln wäre. Der Kläger könne auch nicht nach § 4 Abs. 3 BBodSchG als Zustandsstörer in Anspruch genommen werden. Das BBodSchG sei auf den Tontagebau E. nicht unmittelbar anwendbar. Zwar seien die einschlägigen bodenschutzrechtlichen Vorschriften über § 48 Abs. 2 BBergG in bergrechtlichen Betriebsplanzulassungsverfahren zu berücksichtigen. Eine unmittelbare Anwendung des BBodSchG auf dem Bergrecht unterliegende Tagebaue sei jedoch ausgeschlossen. Darüber hinaus lasse die Legalisierungswirkung des genehmigten Sonderbetriebsplans die Störereigenschaft des Klägers entfallen. Nach der Sonderbetriebsplanzulassung vom 05.03.2004 sei die Verwendung von Abfällen mit der ASNAVV 19 12 12 als Verfüllmaterial legal gewesen. Die Sonderbetriebsplanzulassung habe den organischen Anteil der Abfälle nicht begrenzt. Sie habe sich vielmehr auf die Z 2-Werte der LAGA-Mitteilung 20 vom November 1997 gestützt. Hiernach seien Verstöße gegen die bodenschutzrechtlichen Vorsorgeanforderungen von Anfang an in der Sonderbetriebsplanzulassung angelegt gewesen. Dies habe vom Adressaten dieser Zulassung auch ausgenutzt werden können. Ein Verstoß der Gemeinschuldnerin gegen den Sonderbetriebsplan bei der Einbringung der Abfälle in den Tontagebau sei nicht ersichtlich. Zwar möge die Gemeinschuldnerin einen von Anfang an rechtswidrigen Sonderbetriebsplan ausgenutzt haben. Ihr könnten jedoch keine diesbezüglichen Störereigenschaften angelastet werden, da der Sonderbetriebsplan nicht rechtswidrig durch sie bewirkt, sondern wegen objektiv fehlender Berücksichtigung aktueller Rechtsvorschriften seitens des Beklagten genehmigt worden sei. Die damit verbundene Legalisierungswirkung erfasse auch die Widrigkeiten, die mit der Ausnutzung des Sonderbetriebsplans zwangsläufig, weil objektiv durch die Genehmigungsbehörde vorgegeben, mit einer unzulässigen Verunreinigung von Grund und Boden verbunden gewesen seien. Da es an einer Störereigenschaft der Gemeinschuldnerin fehle, könne auch der Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter nicht zur Gefahrenbeseitigung herangezogen werden. Die in der Rechtsprechung zur fehlenden Legalisierungswirkung bergrechtlicher Betriebsplanzulassungen entwickelten Grundsätze erfassten den hier zu entscheidenden Fall nicht. Diese Rechtsprechung erfasse nur rechtmäßige Betriebsplanzulassungen, wenn durch die zugelassenen Betriebshandlungen nicht vorhersehbare Gefahren für die öffentliche Sicherheit herbeigeführt würden. Dies setze einen rechtmäßigen Betriebsplan voraus. Ein solcher liege hier nicht vor. Der Gemeinschuldnerin sei eine Abfallverwertung genehmigt worden, die wegen des bereits in Kraft getretenen BBodSchG und der BBodSchV nicht mehr zulässig gewesen sei. Die Fachbehörde hätte erkennen müssen, dass die zugelassenen Abfälle mit der ASNAVV 19 12 12 zur Abfallverwertung in dem Tontagebau E. nicht mehr hätten eingesetzt werden dürfen. Der Regelungsinhalt des Sonderbetriebsplans habe somit eine Gefahrenlage geschaffen, die sich nicht erst im Nachhinein offenbart habe. Wenn mit dem Betrieb durch die Genehmigung in der konkreten Art und Weise zwangsläufig und damit bereits durch die Genehmigungserteilung absehbar eine Verunreinigung von Grund und Boden verbunden sei, könne dem Bergwerksbetreiber, der die Genehmigung des Sonderbetriebsplans nicht durch Täuschung oder Drohung erhalten habe, die fehlende Legalisierungswirkung nicht vorgehalten werden. Selbst wenn das BBodSchG unmittelbar Anwendung finden würde, wäre der Kläger nicht Zustandsstörer nach § 4 Abs. 3 BBodSchG, da sich die Ordnungspflicht nach dieser Vorschrift nicht aus der Verantwortlichkeit für den aktuellen Zustand von Massegegenständen ergebe, sondern an ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten der Gemeinschuldnerin anknüpfe.
- 25
Der Beklagte trägt zur Begründung der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung vor, er sei für den Erlass des Bescheides vom 31.08.2011 gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 BodSchAG LSA sachlich zuständig gewesen. Im vorliegenden Fall sei das Bodenschutzrecht neben dem Abfallrecht anwendbar. Die Voraussetzungen des Vorrangs des Abfallrechts nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BBodSchG lägen nicht vor. Auch dem Abfallrecht lasse sich keine Sperrwirkung entnehmen. Warum die Beweglichkeit des Abfalls die Anwendung des BBodschG ausschließen solle, sei nicht ersichtlich. Es lägen schädliche Bodenveränderung im Sinne des § 2 Abs. 3 BBodSchG vor. Insoweit wiederholt und vertieft er die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid. Es liege auch eine Altlast im Sinne des § 2 Abs. 5 BBodschG vor, da bei der Verfüllung des Tagebaus Abfälle abgelagert worden seien. Weshalb eine "frisch" betriebene "wilde Mülldeponie" keine Altlast sein solle, sei nicht ersichtlich. Es handele sich auch nicht um Abfälle zur Beseitigung. Allein die Nutzung des Volumens der Abfälle sei für eine stoffliche Verwertung ausreichend. Ein Abfallgemisch sei zum Zweck der Stabilisierung des Verfüllkörpers, zur Oberflächenabdichtung und zur seitlichen Abdichtung grundsätzlich geeignet. Eine "fehlgeschlagene Verwertung" führe nicht dazu, dass die eingebrachten bzw. verwendeten Abfälle als Abfälle zur Beseitigung zu qualifizieren seien. Selbst wenn es sich um Abfälle zur Beseitigung handeln sollte, müssten diese nicht zwingend auf einer Deponie entsorgt werden. Vielmehr seien Sicherungsmaßnahmen auch nach Abfallrecht zulässig. Es bestehe auch kein Vorrang des Bergrechts gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG, da das BBergG keine Anforderungen an die Verwendung bergbaufremder Abfälle enthalte, durch die schädliche Einwirkungen auf den Boden hervorgerufen würden. Etwas anderes ergebe sich weder aus der Entstehungsgeschichte des BBodSchG noch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Kläger sei als Inhaber der tatsächlichen Gewalt Zustandsstörer im Sinne des § 4 Abs. 3 BBodschG. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu dieser Frage seien schlicht falsch. Die Heranziehbarkeit des Klägers sei auch nicht wegen einer Legalisierungswirkung der Betriebsplanzulassung vom 05.03.2004 ausgeschlossen. Die Gemeinschuldnerin habe selbst gegen die – wegen der fehlenden Orientierung an den Vorsorgewerten des Anhangs 2 Nr. 4 BBodSchV rechtswidrige – Sonderbetriebsplanzulassung verstoßen, indem sie Abfälle eingebracht habe, die teilweise sogar die Z 2-Werte der LAGA M 20 1997 deutlich überschritten hätten. Darüber hinaus habe die Sonderbetriebsplanzulassung nicht dazu berechtigt, Abfälle mit relevantem bzw. ins Gewicht fallenden Organik-Anteil einzubringen. Auch die Abfälle mit den ASNAVV 19 02 03 und 19 12 12 hätten ausschließlich aus mineralischen Stoffen bestehen dürfen. Hiervon abweichend habe die Antragstellerin Abfälle mit hohen organischen Anteilen in den Tontagebau E. eingebracht. Hinzu komme, dass die Gemeinschuldnerin zerkleinerten Hausmüll und hausmüllartige Gewerbeabfälle in die Grube eingebracht habe. Deren Vermischung mit anderen Abfällen führe nicht dazu, dass sie als Abfallvormischungen im Sinne der ASNAVV 19 02 03 oder als Sortierreste im Sinne der ASNAVV 19 12 12 qualifiziert werden könnten. Hausmüllartige Abfälle blieben auch nach Zerkleinerung und Vermischung hausmüllartige Abfälle. Sie hätten nach der Sonderbetriebsplanzulassung nicht in den Tontagebau E. eingebracht werden dürfen. Schon diese Verstöße gegen die Sonderbetriebsplanzulassung hätten schädliche Bodenveränderungen hervorgerufen und begründeten die Störereigenschaft der Gemeinschuldnerin und des Klägers in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter. Die Rechtswidrigkeit der Betriebsplanzulassung sowie deren Rücknahme nur mit Wirkung "ex nunc" sei daher ohne Belang. Auch setze der Ausschluss der Legalisierungswirkung einer bergrechtlichen Betriebsplanzulassung – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts – keine rechtmäßige Betriebsplanzulassung voraus. Im Gegenteil könne eine rechtswidrige Betriebsplanzulassung erst recht keine Legalisierungswirkung entfalten, weil sie potentiell geeignet sei, Gefahren für die öffentliche Sicherheit herbeizuführen, die beseitigt werden müssten. Auch resultiere die Gefahrenlage hier nicht aus der Sonderbetriebsplanzulassung, sondern erst aus dem Verstoß hiergegen. Dies sei der Gemeinschuldnerin auch bewusst gewesen. Schließlich könne sich jemand, der – wie der Kläger als Zustandsstörer – nicht Genehmigungsinhaber sei, nicht auf die Legalisierungswirkung berufen.
- 26
Der Beklagte beantragt,
- 27
das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 4. März 2013 – 1 A 328/11 MD – zu ändern und die Klage abzuweisen.
- 28
Der Kläger beantragt,
- 29
die Berufung zurückzuweisen.
- 30
Zur Begründung trägt er vor, das Verwaltungsgericht habe den Bescheid vom 31.08.2011 zu Recht aufgehoben. Der Beklagte habe eine bodenschutzrechtliche Anordnung nicht erlassen können, weil nur eine abfallrechtliche Anordnung durch die zuständige Behörde hätte erlassen werden dürfen, wenn es sich bei den in den Tontagebau E. eingebrachten Verfüllmaterialien um Abfälle zur Beseitigung gehandelt haben sollte. Ob dies der Fall sei, könne er mangels Kenntnis der hierfür entscheidenden Umstände nicht selbst beurteilen. Die Frage müsse durch den Senat im Berufungsverfahren geklärt werden. Soweit es sich bei den Verfüllmaterialien um Abfälle zur Beseitigung handele, sei zwingend eine Anordnung zur Beräumung des Tagebaus und zur ordnungsmäßigen Beseitigung der ausgeräumten Abfälle erforderlich, da ein Verbleib der Abfälle in der Tongrube unzulässig sei. Eine derartige Räumungsanordnung müsse auf abfallrechtlicher Grundlage erfolgen und lasse sich nicht auf die bodenschutzrechtlichen Ermächtigungsgrundlagen stützen. Auf die Frage der parallelen Anwendbarkeit von Abfallrecht und Bodenschutzrecht komme es gar nicht an. Eine bodenschutzrechtliche Anordnung sei von vornherein unzulässig, da sie den Verbleib der Abfälle in der Tongrube manifestiere. Falls es sich bei dem Verfüllmaterial um Abfälle zur Beseitigung handele, liege auch keine schädliche Bodenveränderung oder Altlast vor. Das Verfüllmaterial stelle keine schädliche Bodenveränderung dar, da es sich nicht um Boden im Sinne des § 2 Abs. 1 BBodSchG handele. Sollte das Verfüllmaterial bereits zu einer schädlichen Veränderung des das Material umgebenden Bodens geführt haben, so gehe von dieser bereits – durch Schadstoffeintrag in den Ton – verursachten schädlichen Bodenveränderung jedenfalls keine Gefahr aus, die durch die angeordneten Wasserhaltungsmaßnahmen bekämpft werden müsse. Es liege auch keine Altlast, insbesondere keine Altablagerung im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG vor. Eine "frische" Ablagerung sei keine Altablagerung. Es handele sich auch nicht um eine stillgelegte Anlage. Eine weitere Verfüllung des Tontagebaus E. nach Abschluss der rechtlichen Streitigkeiten – mit welchem Material auch immer – sei nicht ausgeschlossen. Der Betrieb der Anlage sei lediglich unterbrochen. Bei der Tongrube E. handele es sich zudem um eine illegale Deponie, die § 36 Abs. 2 KrW-/AbfG (§ 40 KrWG) unterfalle. Es finde daher Deponierecht Anwendung, da eine endgültige Stillegung im Sinne des § 40 Abs. 2 Satz 2 KrWG noch nicht stattgefunden habe. Es kämen demnach nur abfallrechtliche Anordnungen in Betracht. Soweit der Beklagte der Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach es sich bei dem Verfüllmaterial um Abfälle zur Beseitigung handele, widerspreche, setze er sich in Widerspruch zu seinem eigenen Vorbringen. Er habe stets vorgetragen, dass das eingebrachte Verfüllmaterial zur Rekultivierung bzw. Wiederherrichtung des Geländes nicht geeignet sei, da durch den viel zu hohen organischen Anteil der Abfälle bergtechnische Gefahren wie Böschungsrutschungen und sonstige erhebliche Umweltgefahren verursacht würden. Der Hauptzweck der Verfüllung sei in diesem Fall offenkundig darauf gerichtet gewesen, Abfälle mit einem hohen Schadstoffpotential dem Wirtschaftskreislauf zu entziehen, um die wesentlich höheren Kosten einer ordnungsgemäßen Beseitigung in einer Müllverbrennungsanlage oder Deponie einzusparen. Weiterhin sei die Störerauswahl fehlerhaft. Mit der Veolia Umweltservice West GmbH existiere ein leistungsfähiger Störer, der für sämtliche Maßnahmen im Zusammenhang mit den – nach dem Vortrag des Beklagten – im Tontagebau E. illegal abgelagerten Abfällen zur Beseitigung unproblematisch hätte in Anspruch genommen werden können. Seine Inanspruchnahme stelle sich vor diesem Hintergrund als offenkundig ermessensfehlerhaft dar. Es spreche nichts dagegen, einen Abfallerzeuger als Verhaltensstörer im Sinne des § 4 Abs. 3 BBodSchG in Anspruch zu nehmen, wenn dieser von vornherein gemeinsam mit dem Grundstückseigentümer bzw. Anlagenbetreiber vereinbart habe, Abfälle zur Beseitigung ohne die hierfür erforderliche abfallrechtliche Zulassung abzulagern, was nach dem Vorbringen des Beklagten hier der Fall sei. Der Bescheid vom 31.08.2011 habe auch wegen des Vorrangs des Bergrechts nach § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG nicht auf § 10 BBodSchG gestützt werden können. Die Anordnung zur Herstellung von drei Wasserhaltungen im Tontagebau E. habe auch auf § 71 Abs. 1 Satz 1 BBergG gestützt werden können. Schließlich lasse auch die Legalisierungswirkung der Zulassung des Sonderbetriebsplans vom 05.03.2004 seine Störereigenschaft entfallen. Einzelne Überschreitungen der Z 2-Werte nach LAGA M 20 1997 stünden dem nicht entgegen. Die Legalisierungswirkung entfalle auch nicht deshalb, weil das Verfüllmaterial einen relativ hohen Organikanteil aufweise. In der Sonderbetriebsplanzulassung vom 05.03.2004 sei keine Begrenzung des organischen Anteils der Verfüllmaterialien geregelt. Für seine Behauptung, die Gemeinschuldnerin habe "zerkleinerten Hausmüll und hausmüllartige Gewerbeabfälle" in die Grube eingebracht, habe der Beklagte keinen Beweis angetreten. Angesichte des fehlenden konkreten Vortrags des Beklagten zur Herkunft und zu den Mengen dieser Abfallarten könne dem vorliegenden Rechtsstreit nicht die Annahme zu Grunde gelegt werden, die Gemeinschuldnerin habe tatsächlich zerkleinerten Hausmüll und hausmüllartige Gewerbeabfälle in den Tontagebau eingebracht. Der Beklagte habe selbst durch die Zulassung der Abfälle mit der ASNAVV 19 12 12 eine Gefahrenlage geschaffen. Die Zulassung dieser Abfälle für die Verfüllung des Tontagebaus E. sei unstreitig überraschend weit gegangen. Es habe aber damals eine erhebliche Unsicherheit hinsichtlich der Anforderungen an die Verfüllung bestanden. Das Ausnutzen der Möglichkeit zur Verfüllung von Materialien mit einem relativ hohen organischen Anteil sei durch die Sonderbetriebsplanzulassung vom 05.03.2004 legalisiert gewesen.
- 31
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des vorgelegten Verwaltungsvorgangs verwiesen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
- 32
Die zulässige Berufung ist begründet.
- 33
Die Klage ist abzuweisen. Es kann offen bleiben, ob die Klage mit Ablauf des 31.12.2014 unzulässig geworden ist, weil die in dem Bescheid des Beklagten vom 31.08.2011 enthaltene Anordnung des Betriebs der Wasserhaltung bis zum 31.12.2014 befristet war. Selbst wenn mit Ablauf des 31.12.2014 keine Erledigung des Bescheides vom 31.08.2011 eingetreten sein sollte, wäre die Klage abzuweisen, da der Bescheid rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
- 34
A. Rechtsgrundlage des Bescheides ist § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde zur Erfüllung der sich aus §§ 4 und 7 und den auf Grund von § 5 Satz 1, §§ 6 und 8 erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten die notwendigen Maßnahmen treffen.
- 35
B. Der Bescheid vom 31.08.2011 ist formell rechtmäßig. Es handelt sich um eine bodenschutzrechtliche Anordnung. Für deren Erlass war der Beklagte sachlich zuständig. Gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 BodSchAG LSA erstreckt sich die Zuständigkeit der Bergbehörde bei den der Bergaufsicht unterliegenden Betrieben auch auf die Wahrnehmung der Aufgaben nach dem BBodSchG. Der hier in Rede stehende Tagebau E. ist ein solcher Betrieb, der nach wie vor der Bergaufsicht unterliegt. Gemäß § 69 Abs. 2 BBergG endet die Bergaufsicht nach der Durchführung des Abschlussbetriebsplans (§ 53 BBergG) oder entsprechender Anordnungen der zuständigen Behörde (§ 71 Abs. 3 BBergG) zu dem Zeitpunkt, in dem nach allgemeiner Erfahrung nicht mehr damit zu rechnen ist, dass durch den Betrieb Gefahren für Leben und Gesundheit Dritter, für andere Bergbaubetriebe und für Lagerstätten, deren Schutz im öffentlichen Interesse liegt, oder gemeinschädliche Einwirkungen eintreten werden. Dieses Stadium ist bei dem Tagebau E. noch nicht erreicht. Weder ist ein Abschlussbetriebsplan noch sind Anordnungen nach § 71 Abs. 3 BBergG durchgeführt worden. Auch muss gerade hier damit gerechnet werden, dass die genannten Gefahren eintreten (vgl. Beschl. d. Senats v. 09.05.2012 – 2 M 13/12 – und Urt. d. Senats v. 12.12.2013 – 2 L 20/12 –). Der Zuständigkeit des Beklagten nach § 18 Abs. 3 Satz 1 BodSchAG LSA steht auch nicht entgegen, dass die Anordnung nicht an die Gemeinschuldnerin als ehemalige Betreiberin des Tagebaus E. gerichtet ist, sondern an den Kläger als Insolvenzverwalter. Maßgeblich für die Zuständigkeit des Beklagten ist allein, dass die erlassene bodenschutzrechtliche Anordnung sachlich einen der Bergaufsicht unterliegenden Betrieb betrifft. Das ist hier der Fall.
- 36
C. Der Bescheid vom 31.08.2011 ist auch materiell rechtmäßig. Maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides (dazu I.). Der Beklagte hat den Bescheid zu Recht auf das BBodSchG gestützt. Das BBodSchG ist anwendbar (dazu II.). Die Voraussetzungen für eine Anordnung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG liegen vor (dazu III.). Der Kläger ist als Sanierungspflichtiger rechtmäßiger Adressat der Anordnung (dazu IV.). Die Zustandsverantwortlichkeit des Klägers ist verfassungsgemäß (dazu V.). Die Zulassung des Sonderbetriebsplans "Verfüllung/Rekultivierung – Teilfeld II – für den Tontagebau E." bewirkt keine der Heranziehung des Klägers als Zustandsstörer entgegenstehende Legalisierungswirkung (dazu VI.). Der Beklagte hat sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt (dazu VII.). Auch die dem Kläger gesetzte Frist ist rechtlich nicht zu beanstanden (dazu VIII.).
- 37
I. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Bescheides ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (31.08.2011). Der für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines belastenden Verwaltungsakts maßgebliche Zeitpunkt beurteilt sich nach dem materiellen Recht (BVerwG, Urt. v. 31.03.2004 – BVerwG 8 C 5.03 –, juris RdNr. 35), wobei dies bei der Anfechtungsklage im Allgemeinen und vorbehaltlich abweichender Regelungen des materiellen Rechts die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist (BVerwG, Beschl. v. 04.07.2006 – BVerwG 5 B 90.05 –, juris RdNr. 6; Beschl. d. Senats v. 24.11.2014 – 2 L 39/13 –, juris RdNr. 11). In Anwendung dieser Grundsätze ist bei der gerichtlichen Überprüfung einer bodenschutzrechtlichen Anordnung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides maßgeblich, sofern – wie hier – ein Widerspruchsverfahren nicht stattfindet. Das war hier der 31.08.2011. Zu diesem Zeitpunkt war neben dem Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz – BBodSchG) vom 17.03.1998 (BGBl. I S. 502) noch das Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz – KrW-/AbfG) vom 27.09.1994 (BGBl. I S. 2705) in Kraft, dass daher mit Blick auf die abfallrechtlichen Fragestellungen hier einschlägig ist.
- 38
II. Das BBodSchG ist im vorliegenden Fall anwendbar. Bei der Tongrube E. handelt es sich um eine Altlast (dazu 1). Weder der Vorrang des Abfallrechts (dazu 2) noch der Vorrang des Bergrechts (dazu 3) stehen der Anwendung des BBodSchG entgegen.
- 39
1. Gemäß § 3 Abs. 1 BBodSchG findet dieses Gesetz auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten Anwendung, soweit die in den Nummern 1 bis 11 genannten Vorschriften Einwirkungen auf den Boden nicht regeln. Hiernach setzt die Anwendung des BBodSchG zunächst voraus, dass entweder eine schädliche Bodenveränderung oder eine Altlast vorliegt. Das ist hier der Fall.
- 40
Bei der Tongrube E. handelt es sich um eine Altlast. Gemäß § 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG sind Altlasten im Sinne dieses Gesetzes u.a. stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind (Altablagerungen), durch die schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit hervorgerufen werden. Es kann hier offen bleiben, ob es sich bei der Tongrube E. um eine stillgelegte Abfallbeseitigungsanlage im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 1 Alt. 1 BBodSchG handelt, denn jedenfalls greift die zweite Alternative des § 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG, da auf den dortigen Grundstücken Abfälle abgelagert worden sind (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.09.2013 – 2 M 114/13 – BA S. 7). Ablagern ist das Endlagern von Stoffen mit dem Ziel, sich ihrer dauerhaft zu entledigen (Kunig, in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, 2. Aufl. 2003, § 10 RdNr. 15; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, BBodSchG, 2. Aufl. 2005, § 2 RdNr. 63). Eine Ablagerung in diesem Sinne hat in der Tongrube E. stattgefunden, denn die als Verfüllmaterial eingebrachten Abfälle sollten dauerhaft dort verbleiben. Auf die Frage, ob die Abfälle zur Beseitigung abgelagert wurden, kommt es nicht an. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des § 2 Abs. 5 BBodSchG. Nach der im ursprünglichen Gesetzentwurf enthaltene Fassung des § 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG sollten unter den Begriff der Altlast nur solche Grundstücke fallen, auf denen Abfällezur Beseitigung behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind (vgl. BT-Drs. 13/6701, S. 8). Der Zusatz "zur Beseitigung" ist dann im weiteren Gesetzgebungsverfahren entfallen (vgl. BT-Drs. 13/7891, S. 7). Hiermit wurde klargestellt, dass es für die Einstufung einer Altablagerung als Altlast nicht darauf ankommt, ob die Abfälle zur Beseitigung abgelagert worden sind (vgl. BT-Drs. 13/7891, S. 37).
- 41
Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei Altablagerungen im Sinne des § 2 Abs. 5 Satz 1 BBodSchG nicht nur um stillgelegte Anlagen. Die zweite Alternative der Vorschrift erfasst vielmehr "sonstige Grundstücke", die nicht notwendig einer Anlage zuzuordnen sein müssen. Es kann hier offen bleiben, ob eine Altablagerung im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG in den Fällen, in denen es sich – wie hier – um ein zu einer Anlage (im Sinne des § 3 Abs. 5 BImSchG) gehörendes Grundstück handelt, nur dann vorliegt, wenn die betreffende Anlage stillgelegt ist (vgl. Nies, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, § 2 BBodSchG RdNr. 32). Die hier in Rede stehende Anlage – die Tongrube E. – ist stillgelegt. Unter dem Begriff der Stilllegung ist die endgültige, dauerhafte Beendigung des Betriebs der Anlage zu verstehen (vgl. ThürOVG, Urt. v. 11.06.2001 – 4 KO 52/97 –, juris RdNr. 42; Paetow, in: Kunig/Paetow/Versteyl, a.a.O., § 36 RdNr. 10). Eine derartige Stillegung erfolgte hier spätestens mit Insolvenzeröffnung (vgl. Franßen/Blatt, NVwZ 2011, 1291 <1296>). Der Betrieb der Tongrube wurde zu diesem Zeitpunkt eingestellt. Der Kläger hat den Betrieb nicht weitergeführt. Dies ist auch in Zukunft nicht zu erwarten. Angesichte der erheblichen Gefahren, die von den dort abgelagerten Abfällen ausgehen und die durch eine aufwändige Sanierung beseitigt werden müssen, erscheint eine Fortsetzung der Abfalleinlagerung in der Tongrube E. ausgeschlossen. Nicht maßgeblich ist, dass der Kläger subjektiv etwas anderes im Sinn haben mag.
- 42
Von diesen Altablagerungen werden auch schädliche Bodenveränderungen, jedenfalls aber sonstige Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit hervorgerufen. Nach den im Sicherungskonzept (F.) vom 03.11.2010 zusammengefassten Gefahrensachverhalten gehen von dem im Tontagebau E. vorhandenen Verfüllkörper u.a. Gefahren für das Grundwasser durch Austritt von kontaminiertem Sickerwasser über die im südlichen Bereich des Teilfelds II Süd angeschnittene Kiesrinne und Gefahren für angrenzende Oberflächengewässer durch den möglichen Übertritt des im Ablagerungskörper befindlichen kontaminierten Sickerwassers aus.
- 43
Ohne Belang ist vor diesem Hintergrund, ob das Verfüllmaterial selbst "Boden" im Sinne des § 2 Abs. 1 BBodSchG ist – was der Kläger bezweifelt – und ob es selbst eine "schädliche Bodenveränderung" im Sinne des § 2 Abs. 3 BBodSchG aufweist.
- 44
2. Der Vorrang des Abfallrechts steht der Anwendung des BBodSchG nicht entgegen. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 BBodSchG (in der bis zum 31.05.2012 geltenden Fassung) findet das BBodSchG auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten Anwendung, soweit Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes über die Zulassung und den Betrieb von Abfallbeseitigungsanlagen zur Beseitigung von Abfällen sowie über die Stillegung von Deponien Einwirkungen auf den Boden nicht regeln. Das BBodSchG ist danach gegenüber den genannten Spezialregelungen des KrW-/AbfG subsidiär, soweit hierin Einwirkungen auf den Boden geregelt sind. Das ist hier nicht der Fall.
- 45
a) Die in § 3 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 BBodSchG genannten Vorschriften des KrW-/AbfG über die Zulassung und den Betrieb von Abfallbeseitigungsanlagen zur Beseitigung von Abfällen sind im vorliegenden Fall nicht vorrangig anzuwenden. Hierbei handelt es sich um die Vorschriften des 2. Abschnitts des Vierten Teils des KrW-/AbfG, also um die §§ 30 ff. KrW-/AbfG (Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, a.a.O., § 3 RdNr. 25). Diese Vorschriften regeln hauptsächlich die Planfeststellung von Abfallbeseitigungsanlagen und sind hier nicht einschlägig.
- 46
Auch dem Abfallrecht lässt sich keine Sperrwirkung entnehmen. Die Vorschriften des Abfallrechts haben bei der Abwehr von Gefahren, die von unter Verstoß gegen den Anlagenzwang des § 27 KrW-/AbfG – illegal – beseitigten Abfällen ausgehen, keinen Anwendungsvorrang vor den Vorschriften des BBodSchG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht der Vorrang des Abfallrechts nicht, soweit es um die Bekämpfung konkreter, durch die rechtswidrige Ablagerung von Abfällen hervorgerufener Gefahren geht; insoweit gelten für die behördliche Zuständigkeit, die zu ergreifenden Maßnahmen und die Verantwortlichkeit für die Gefahrenbeseitigung grundsätzlich die Bestimmungen des jeweils einschlägigen speziellen Ordnungsrechts (BVerwG, Urt. v. 18.10.1991 – BVerwG 7 C 2.91 –, juris RdNr. 16 und Beschl. v. 05.11.2012 – BVerwG 7 B 25.12 –, juris RdNr. 10). Demgemäß finden die Regelungen des BBodSchG uneingeschränkt Anwendung, soweit durch eine ungenehmigte Abfallablagerung außerhalb einer Deponie Einwirkungen auf den Boden erfolgen (Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, a.a.O., § 3 RdNr. 28). Hiernach ist es für die Anwendbarkeit des BBodSchG ohne Belang, dass die nach § 32 Abs. 3 AbfG LSA zuständige Abfallbehörde – parallel dazu – Anordnungen zur Beseitigung der Abfälle nach § 21 KrW-/AbfG treffen kann.
- 47
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts setzt die Anwendbarkeit des BBodSchG nicht voraus, dass die in der Tongrube E. abgelagerten Abfälle ihre Abfalleigenschaft verloren haben. Dies folgt aus der Definition des Begriffs der Altlast in § 2 Abs. 5 BBodSchG als Anknüpfungspunkt für den Anwendungsbereich des BBodSchG. Bei den in dieser Vorschrift näher umschriebenen Altablagerungen und Altstandorten geht es nicht nur um Gefahren aufgrund von schädlichen Bodenveränderungen, sondern auch um von den abgelagerten Abfällen ausgehende sonstige Gefahren; insoweit ist "Boden" im Sinne des § 2 Abs. 1 BBodSchG gar nicht vorhanden (vgl. BT-Drs. 13/6701, S. 30). Der Begriff der Altlast geht im Hinblick auf Altablagerungen über den der schädlichen Bodenveränderungen hinaus, da Gefahren nicht nur vom Boden, sondern auch von den abgelagerten Abfällen ausgehen können (Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, a.a.O., § 2 RdNr. 56). Demgemäß ist die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene Frage, ob es sich bei dem in die Tongrube eingebrachten Verfüllmaterial noch um Abfall oder schon um Boden handelt, für die Anwendbarkeit des BBodSchG ohne Relevanz.
- 48
b) Das BBodSchG tritt auch nicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 BBodSchG hinter die Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes über die Stillegung von Deponien zurück. Die Regelungen des § 36 KrW-AbfG sind im vorliegenden Fall zwar grundsätzlich anwendbar (dazu
). Auf Grund der Rückausnahme des § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG sind zur Abwehr von Altlasten und schädlichen Bodenveränderungen jedoch auch die Vorschriften des BBodSchG anwendbar (dazu ).
- 49
aa) Die Tongrube E. wird vom Anwendungsbereich des § 36 KrW-/AbfG erfasst. Es handelt sich um eine Deponie im Sinne dieser Vorschrift. Unter einer Deponie ist gemäß § 3 Abs. 10 Satz 1 KrW-/AbfG eine Beseitigungsanlage zur Ablagerung von Abfällen oberhalb der Erdoberfläche (oberirdische Deponie) oder unterhalb der Erdoberfläche (Untertagedeponie) zu verstehen. Die Tongrube E. ist eine solche Anlage. Eine Ablagerung von Abfällen hat in der Tongrube E. – wie bereits ausgeführt – stattgefunden, denn die als Verfüllmaterial eingebrachten Abfälle sollten dauerhaft dort verbleiben. Die Abfälle wurden dort auch zu Beseitigung abgelagert. Anders als der Begriff der Altlast setzt der Begriff der Deponie voraus, dass die Abfälle zur Beseitigung abgelagert wurden. Das ist hier der Fall. Die Verfüllung der Tongrube E. mit Abfällen mit einem hohen Anteil an klein geschreddertem Hausmüll und hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen war eine Maßnahme der Abfallbeseitigung, nicht der Abfallverwertung.
- 50
Gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG liegt eine stoffliche Verwertung vor, wenn nach einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, unter Berücksichtigung der im einzelnen Abfall bestehenden Verunreinigungen, der Hauptzweck der Maßnahme in der Nutzung des Abfalls und nicht in der Beseitigung des Schadstoffpotentials liegt. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Verfüllung eines der Bergaufsicht unterliegenden Tagebaus mit hierzu geeigneten Abfällen im Regelfall ein Verwertungsvorgang. Die stoffliche Verwertung der Abfälle liegt in diesen Fällen in der Nutzung des Volumens der Abfälle, wenn diese aufgrund ihrer Eigenschaften für den Verwendungszweck geeignet sind. Auf die Schadstoffhaltigkeit der Abfälle kommt es für die Einstufung der Verfüllung als Vorgang der Verwertung nicht an (BVerwG, Urt. v. 14.04.2005 – BVerwG 7 C 26.03 –, juris RdNr. 15 ff.). Die Einordnung der Verfüllung von Abfällen als Verwertung setzt nicht voraus, dass dies gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG ordnungsgemäß und schadlos erfolgt. Diese Kriterien sind maßgeblich für die Frage, ob die Verwertung rechtmäßig erfolgt, nicht aber für die Abgrenzung von stofflicher Verwertung und Beseitigung. Maßgeblich ist jedoch, ob der Abfall für den vorgesehenen Verwendungszweck geeignet ist. Die Verfüllung eines der Bergaufsicht unterliegenden Betriebs mit für den konkreten Verwendungszweck nicht geeigneten Abfällen ist keine Verwertung, sondern ein Verfahren der Abfallbeseitigung. Das kann dann der Fall sein, wenn es für den Zweck der Verfüllung nicht allein auf das Volumen des Abfalls ankommt, sondern diese eine stabilisierende Funktion haben soll, die bestimmte mechanischen Eigenschaften des Verfüllmaterials voraussetzt, die von dem zum Einsatz kommenden Abfall nicht erfüllt werden (BVerwG, Urt. v. 14.04.2000 – BVerwG 4 C 13.98 –, juris RdNr. 20).
- 51
Nach diesen Grundsätzen war die Verfüllung der Tongrube E. mit Abfällen mit einem hohen Anteil an klein geschreddertem Hausmüll und hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen keine Maßnahme der Abfallverwertung, sondern Abfallbeseitigung. Diese Abfälle waren aufgrund ihrer stofflichen Eigenschaften nicht geeignet, den Zweck der Verfüllung, die Wiedernutzbarmachung der Oberfläche der ausgebeuteten Bereiche im Tagebau E. im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 7 BBergG, zu erreichen. Aufgrund ihres hohen Anteils an organischen Inhaltsstoffen fehlten ihnen insbesondere die für die Wiedernutzbarmachung erforderlichen mechanischen Eigenschaften.
- 52
Anhaltspunkte für die Eignung von Abfällen als Verfüllmaterial im Bergbau über Tage lassen sich der Veröffentlichung des Länderausschusses Bergbau (LAB) "Anforderungen an die Verwertung von bergbaufremden Abfällen im Bergbau über Tage – Technische Regeln – Stand: 30.03.2004 (TR Bergbau)" (http://www.bezreg-arnsberg.nrw.de/themen/a/abfall_bergbau/tech_reg_bergbaufremd.pdf) entnehmen (Attendorn, AbfallR 2005, 215 <220>; Piens, in: Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, 2. Aufl. 2013, § 55 RdNr. 185 ff.). Nach Kapitel I Nr. 4.5 TR Bergbau müssen die zur Wiedernutzbarmachung eingesetzten Abfälle bestimmte mechanische Eigenschaften wie Druckfestigkeit, Scherfestigkeit sowie ein bestimmtes Druck- und Setzungsverhalten erfüllen. Weitere Anhaltspunkte können der Mitteilung 20 der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) – Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Abfällen – Technische Regeln – Teil I: Allgemeiner Teil (Stand: 06.11.2003) und Teil II: Technische Regeln für die Verwertung, Nr. 1.2 Bodenmaterial (Stand: 05.11.2004) (TR Boden), entnommen werden. Die TR Boden enthält in Tabelle II.1.2-2 Zuordnungswerte für die Verwendung von mineralischen Abfällen in bodenähnlichen Anwendungen. Als maximaler Feststoffgehalt für die Verfüllung von Abgrabungen ist hier ein TOC-Gehalt (TOC = total organic carbon = gesamter organisch gebundener Kohlenstoff) von 0,5 bzw. 1,0 Masse-% vorgesehen.
- 53
In der Tongrube E. wurde nach der Mengenermittlung der (F.) GmbH in dem Sicherungskonzept vom 03.11.2010 im Teilfeld II Nord ein Volumen von ca. 301.000 m³ und im Teilfeld II Süd ein Volumen von ca. 687.000 m³ hausmüllähnlicher Abfälle abgelagert. In dem Ablagerungsmaterial befindet sich Sickerwasser, das im Hinblick auf zahlreiche Parameter die Geringfügigkeitsschwellen für das Grundwasser der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) (http://www.lawa.de/documents/GFS-Bericht-DE_a8c.pdf) um ein Vielfaches überschreitet. Darüber hinaus wurde im Ablagerungsmaterial durch mikrobiologische Umsetzungsprozesse gebildetes Gas festgestellt. Im Sicherungskonzept der (F.) GmbH vom 03.11.2010 wird zudem die zu erwartende Setzung des Ablagerungsmaterials beschrieben. Die Setzungen des Ablagerungskörpers resultierten aus der mikrobiologischen Umsetzung organischer Kohlenstoffverbindungen (Rotte) und dem damit verbundenen Volumenverlust des abgelagerten Materials sowie der auflastbedingten Veränderung des Porenraumes. Im Ergebnis der bisherigen Untersuchungen sei festzustellen, dass das Ablagerungsmaterial im Teilfeld II Nord und Süd einen mittleren TOC-Gehalt von 21,3 Masse-% aufweise. Es könne eingeschätzt werden, dass ca. 50 % des TOC-Gehalts biochemisch abgebaut werde. Aufgrund dieses Masseverlustes und der auflastbedingten Veränderungen des Porenraumes müsse im Teilfeld II von Setzungen im Bereich von ca. 10 % der Ablagerungsmächtigkeit ausgegangen werden. Bei einer mittleren Ablagerungsmächtigkeit von bis zu 36,7 m (Teilfeld II Nord) bzw. 28,6 m (Teilfeld II Süd) betrage der zu erwartende Setzungsbetrag ca. 3,7 m bzw. 2,9 m. Diese Eigenschaft des Ablagerungsmaterials erklärt die bei der Begehung der Tongrube E. durch den Elften Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Landtags von Sachsen-Anhalt getroffene Feststellung, dass die Oberfläche regelrecht federte (vgl. LT-Drs. 5/3089, S. 262).
- 54
Auf der Grundlage dieser Feststellungen besteht kein Zweifel daran, dass die verwendeten Abfälle aufgrund ihres hohen Organikgehalts für den Zweck der Verfüllung, die Wiedernutzbarmachung der Oberfläche der ausgebeuteten Bereiche des Tagebaus E., ungeeignet waren. In einem Schreiben an die Gemeinschuldnerin vom 27.03.2008 hat der Beklagte hierzu ausgeführt:
- 55
"Durch die mikrobielle Zersetzung wird der organische Kohlenstoff im Feststoff in die Gasphase überführt, der aus dem Versatzkörper entweicht. Dadurch tritt ein Volumendefizit ein, welches zu Setzungserscheinungen führt. Diese Setzungserscheinungen werden nach der vollständigen Verfüllung der Tongrube und der Abdeckung durch eine 1 m dicke Tonschicht und eine 2 m starke durchwurzelbare Bodenschicht, die dann landwirtschaftlich genutzt wird, dazu führen, dass die Tonschicht oberhalb des sich setzenden Versatzkörpers den Bodenbewegungen folgt, gedehnt wird und mit hoher Wahrscheinlichkeit undicht wird. Dann wird Niederschlagswasser in den Versatzkörper eindringen und die mikrobielle Zersetzung weiter anregen, wodurch sich die Setzung und die Schädigung der Tonschicht beschleunigen. Der Versatzkörper wird dann mit hoher Wahrscheinlichkeit über einen längeren Zeitraum mit Niederschlagswasser volllaufen und die nach unten hin dichte Tongrube fluten. Der nun wassergesättigte Versatzkörper wird die im Versatz nachweislich vorhandenen Schadstoffe eluieren und zu einem hochbelasteten Wasserkörper (Z2) werden. Da der Wasserzutritt sich fortsetzt, wird die Oberfläche oberhalb der Tonkuhle, nachdem die Tonkuhle selbst geflutet wurde, vernässen und mit kontaminiertem Wasser aus dem Versatzkörper durch Diffusionstransport und konvektiven Transport i. R. d. Veränderung des Grundwasserstandes im Jahresgang verunreinigt werden. Das führt mit hoher Sicherheit dazu, dass der Boden nicht mehr für die geplante landwirtschaftliche Nutzung geeignet ist. Ferner ist mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass die überlaufende Tonkuhle in die benachbarten Vorfluten bzw. in die umgebenden Grundwasserkörper überläuft und diese ebenfalls verunreinigt."
- 56
Vor diesem Hintergrund liegt auf der Hand, dass bei der Verfüllung der Tongrube E. nicht die Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Materials im Vordergrund stand, sondern die Beseitigung des in den Abfällen enthaltenen Schadstoffpotentials (vgl. Dippel, AbfallR 2010, 132 <134>).
- 57
Hiernach bedarf es keiner Entscheidung, ob eine Verwertung von Abfällen in Tagebauen nur dann anzunehmen ist, wenn eine Verfüllpflicht besteht (Attendorn, AbfallR 2005, 215 <220>). Ebenso kann offen bleiben, ob eine Verpflichtung zur Verfüllung der Tongrube E. bestand (vgl. hierzu LT-Drs. 5/3089, S. 117 ff.)
- 58
Für die Anwendbarkeit des § 36 KrW-/AbfG ist ohne Belang, dass es an der für den Betrieb der Tongrube E. als Deponie gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG erforderliche Planfeststellung fehlt. Die Planfeststellung ist kein Begriffsmerkmal der Deponie. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterfallen vielmehr auch illegale Deponien dem Anwendungsbereich des § 36 KrW-/AbfG (BVerwG, Beschl. v. 02.05.1995 – BVerwG 7 B 270.94 –, juris RdNr. 10 und Urt. v. 31.08.2006 – BVerwG 7 C 3.06 –, juris RdNr. 9). Die Tongrube E. ist eine solche illegale Deponie. Eine Planfeststellung für die Deponie hat nicht stattgefunden. Die Zulassung des Sonderbetriebsplans "Verfüllung/Rekultivierung – Teilfeld II – für den Tontagebau E." durch den Bescheid des Beklagten vom 05.03.2004 reicht als rechtliche Grundlage für die Verfüllung der Tongrube mit Abfällen nicht aus, denn die – hier vorliegende – Beseitigung von Abfällen in einem Bergbaubetrieb unter dem Regime des BBergG ist nicht zulässig (BVerwG, Urt. v. 14.04.2000 – BVerwG 4 C 13.98 –, juris RdNr. 14).
- 59
Die im Tontagebau E. betriebene Deponie ist stillgelegt worden. Eine dauerhafte Stillegung der Anlage erfolgte hier – wie bereits ausgeführt – spätestens mit Insolvenzeröffnung. Der Kläger hat den Betrieb der Tongrube bislang nicht weitergeführt. Dies ist auch in Zukunft nicht zu erwarten.
- 60
bb) Die Anwendbarkeit der Vorschriften des KrW-/AbfG über die Stillegung von Deponien auf die Tongrube E. steht der Anwendung des BBodSchG nicht entgegen, weil die Rückausnahme des § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG eingreift. Nach dieser Vorschrift finden für die Erfassung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung die Vorschriften des BBodSchG Anwendung, wenn der Verdacht besteht, dass von einer stillgelegten Deponie nach Absatz 1 schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit ausgehen. Diese Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des BBodSchG liegen vor.
- 61
(1) Die Rückausnahme des § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG erfasst den Zeitraum ab Stilllegung der Deponie (vgl. OVG NW, Urt. v. 16.11.2000 – 20 A 1774/99 –, juris RdNr. 10; ThürOVG, Urt. v. 11.06.2001 – 4 KO 52/97 –, juris RdNr. 42 und Urt. v. 26.03.2012 – 3 KO 843/07 –, juris RdNr. 57; Attendorn, in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 40 RdNr. 29 f.; Beckmann/Hagmann, DVBl. 2001, 1636 <1640>; Fluck, BBodSchG, Stand: Juni 1999, § 3 Rn. 115; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, a.a.O., § 3 RdNr. 34a). Die Gegenauffassung, nach der Bodenschutzrecht erst nach der endgültigen Stillegung im Sinne des § 36 Abs. 3 KrW-/AbfG anwendbar sei (Schäfer, NVwZ 2001, 1133; v. Lersner, in: von Lersner/Wendenburg/Versteyl, Recht der Abfallbeseitigung, § 36 KrW-/AbfG, RdNr. 51) überzeugt nicht, denn sie ist mit der Systematik des § 36 KrW-/AbfG nicht in Einklang zu bringen. Der in § 36 Abs. 3 KrW-/AbfG definierte Begriff der endgültigen Stillegung wird in § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG gerade nicht als zeitlicher Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit des BBodSchG genannt. Das BBodSchG gilt demgemäß nach § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG auch während der Stilllegungsphase vor der behördlichen Feststellung des Abschlusses der Stillegung gemäß § 36 Abs. 3 KrW-/AbfG.
- 62
Für ein Verständnis des § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG dahin, dass die Rückausnahme bereits ab dem Zeitpunkt der Stilllegung einer Deponie eingreift, spricht zudem die Definition des Begriffs der Altlast in § 2 Abs. 5 BBodSchG. Eine Abfallbeseitigungsanlage kann gemäß § 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG ab dem Zeitpunkt ihrer Stillegung als Altlast in Form einer Altablagerung anzusehen sein. Soweit es sich hierbei um eine Deponie handelt, liegt es im Interesse einer sinnvollen Verknüpfung der Regelungsbereiche des KrW-/AbfG und des BBodSchG nahe, die Regelung des § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG dahin zu verstehen, dass das BBodSchG auf eine Deponie ab dem Zeitpunkt anzuwenden ist, ab dem diese als Altlast im Sinne des BBodSchG gilt. Soweit die übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 BBodSchG vorliegen, ist dies der Zeitpunkt der Stillegung. Andernfalls würde es sich bei der Deponie bis zu ihrer endgültigen Stilllegung im Sinne des § 36 Abs. 3 KrW-/AbfG um eine Altlast im Sinne des § 2 Abs. 5 Satz 1 KrW-/AbfG handeln, auf die das BBodSchG nicht anwendbar wäre. Würde man eine "Stilllegung" erst dann annehmen wollen, wenn die Nachsorgephase vollständig abgeschlossen ist, liefe das BBodSchG in diesem zentralen Bereich für einen unüberschaubaren Zeitraum weitgehend leer (vgl. ThürOVG, Urt. v. 11.06.2001 – 4 KO 52/97 – a.a.O. RdNr. 42 und Urt. v. 26.03.2012 – 3 KO 843/07 – a.a.O. RdNr. 57). Dies gilt in besonderem Maße bei einer illegalen Deponie, bei der – wie hier – eine ordnungsgemäße Stillegung nicht zu erwarten ist, insbesondere im Fall der Insolvenz des letzten Deponiebetreibers.
- 63
(2) Es besteht auch der Verdacht, dass von der stillgelegten – illegalen – Deponie im Tagebau E. schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit ausgehen. Durch den möglichen Übertritt des im Ablagerungskörper befindlichen kontaminierten Sickerwassers in angrenzende Oberflächengewässer gehen – wie bereits ausgeführt – Gefahren für die Allgemeinheit aus.
- 64
(3) Rechtsfolge des § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG ist eine Rechtsgrundverweisung, d.h. die Anwendbarkeit des BBodSchG – einschließlich des § 4 Abs. 3 BBodSchG – auf die stillgelegte (illegale) Deponie durch die zuständigen Bodenschutzbehörden, soweit Maßnahmen zum Schutz des Bodens getroffen werden sollen (OVG NW, Urt. v. 16.11.2000 – 20 A 1774/99 – a.a.O. RdNr. 24; ThürOVG, Urt. v. 11.06.2001 – 4 KO 52/97 – a.a.O. RdNr. 34 ff.; Attendorn, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, Stand: August 2010, § 36 Rn. 109 f.; Beckmann/Hagmann, a.a.O., S. 1641; Fluck, a.a.O., § 3 Rn. 116; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, a.a.O., § 3 RdNr. 34b). Dies folgt aus dem Zweck sowohl des BBodSchG als auch des § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG, eine bundeseinheitliche, effektive Kontrolle von Altlasten zu ermöglichen (ThürOVG, Urt. v. 11.06.2001 – 4 KO 52/97 – a.a.O. RdNr. 35 ff.; Attendorn, in: Jarass/Petersen/Weidemann, a.a.O., § 36 Rn. 109 f.). Die Anwendbarkeit des BBodSchG nach § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG ist dabei begrenzt auf Maßnahmen zum Schutz des Bodens, also zur Abwehr schädlicher Bodenveränderungen und Altlasten. Die abfallrechtlichen Befugnisse nach § 36 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG, etwa zur Anordnung von Rekultivierungsmaßnahmen, bleiben unberührt (ThürOVG, Urt. v. 11.06.2001 – 4 KO 52/97 – a.a.O. RdNr. 46; Attendorn, in: Jarass/Petersen/Weidemann, KrW-/AbfG, § 36 Rn. 116; Beckmann/Hagmann, a.a.O., S. 1639; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, a.a.O., § 3 RdNr. 34a). Die Gegenauffassung, nach der es sich bei § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG um eine Rechtsfolgenverweisung handele, die lediglich zusätzliche rechtliche Regeln für die von der hierfür abfallrechtlich zuständigen Behörde zu erlassenden Anordnungen nach § 36 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG aufstelle (vgl. SächsOVG, Urt. v. 10.11.2009 – 4 B 545/07 –, juris RdNr. 42; Paetow, in: Kunig/Paetow/Versteyl, a.a.O., § 36 Rn. 26 f.; Schäfer, NVwZ 2001, 1133), vermag nicht zu überzeugen, da sie die Absicht des Gesetzgebers, zur effektiven Kontrolle von Altlasten den Schnittpunkt zwischen Abfallrecht und Bodenschutzrecht bei der Einstufung einer stillgelegten Deponie als altlastenverdächtige Fläche zu bilden (vgl. BT-Drs. 13/6701, S. 47), nicht hinreichend beachtet. Nicht ausschlaggebend ist die in den Gesetzgebungsmaterialien zum KrWG enthaltene Äußerung der Bundesregierung, der Gesetzgeber habe bewusst davon abgesehen, in § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG auch die Bestimmung der zur Sanierung Verpflichteten gemäß § 4 Abs. 3 BBodSchG in Bezug zu nehmen, so dass für einen Rückgriff auf § 4 Abs. 3 BBodSchG kein Raum bleibe (vgl. BT-Drs. 17/6645, S. 6 f.; Attendorn, in: Jarass/Petersen, a.a.O., § 40 RdNr. 40). Gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG finden unter den dort genannten Voraussetzungen für die Sanierung die Vorschriften des BBodSchG Anwendung. Zu den Vorschriften des BBodSchG über die Sanierung zählt auch die Regelung über die Sanierungspflicht gemäß § 4 Abs. 3 BBodSchG. Auch entspricht die Möglichkeit des Rückgriffs auf § 4 Abs. 3 BBodSchG im Rahmen der Rückausnahme des § 36 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG erkennbar dem Zweck des BBodSchG, eine bundeseinheitliche und effektive Abwehr der von Altlasten ausgehende Gefahren zu ermöglichen. Soweit der erkennende Senat im Beschluss vom 21.02.2006 – 2 L 251/04 – (juris RdNr. 3) eine hiervon abweichende Auffassung vertreten hat, wird hieran nicht mehr festgehalten.
- 65
3. Auch der Vorrang des Bergrechts steht der Anwendung des BBodSchG nicht entgegen. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG tritt das BBodSchG hinter speziellere Regelungen des Bundesberggesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen über die Errichtung, Führung oder Einstellung eines Betriebes zurück, soweit hierin Einwirkungen auf den Boden geregelt werden. Derartige vorrangige Vorschriften des Bergrechts liegen hier nicht vor. Das BBodSchG ist auf die Verfüllung von bergbaufremden Abfällen in einem ehemaligen Tontagebau anwendbar, weil das BBergG und die Bergverordnungen keine Anforderungen an die Verwendung bergbaufremder Abfälle enthalten, durch die schädliche Einwirkungen auf den Boden hervorgerufen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.2005 – BVerwG 7 C 26.03 – a.a.O. RdNr. 25; Piens, in: Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, 2. Aufl. 2013, § 56 Anhang Rn. 89). Auch enthält das Bergrecht keine Regelungen für den Fall, dass es im Laufe des betriebsplanzugelassenen Bergbaubetriebs zu schädlichen Bodenveränderungen kommt (Müggenborg, NVwZ 2006, 278 <281>). Da es keine bergrechtlichen Vorschriften gibt, die die hier in Rede stehenden Einwirkungen auf den Boden regeln, ist das BBodSchG anwendbar.
- 66
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts geben die Gesetzgebungsmaterialien für einen Vorrang des BBergG bzw. für einen Ausschluss der unmittelbaren Anwendbarkeit des BBodSchG auf die Verfüllung eines der Bergaufsicht unterliegenden Tagebaus mit bergbaufremden Abfällen nichts her. Nach dem ursprünglicher Entwurf des BBodSchG (BT-Drs. 13/6701, S. 9) sollte in das Gesetz ein § 3 Abs. 4 eingefügt werden, wonach das BBodSchG auf die Zulassung von Tätigkeiten und Einrichtungen im Sinne des § 2 BBergG keine Anwendung finden sollte. Die Belange des BBodSchG sollten im Rahmen des § 55 BBergG i.V.m. § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG Berücksichtigung finden, insbesondere im Rahmen der Abschlussbetriebspläne nach § 53 BBergG (BT-Drs. 13/6701, S. 33). Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde der Vorrang des Bergrechts in die Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG aufgenommen (BT-Drs. 13/7891, S. 8). Inhaltliche Änderungen zu der in § 3 Abs. 4 BBodSchG-E vorgesehenen Regelung sollten sich hieraus nicht ergeben (BT-Drs. 13/7891, S. 38). Hiernach war es Absicht des Gesetzgebers, einen Ausschluss der (unmittelbaren) Anwendung des BBodSchG nur im Betriebsplanzulassungsverfahren vorzusehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das BBodSchG jedoch insbesondere bei der bergrechtlichen Zulassung eines Abschlussbetriebsplans, der die Verfüllung von Abfällen gestattet, über § 48 Abs. 2 BBergG heranzuziehen (BVerwG, Urt. v. 14.04.2005 – BVerwG 7 C 26.03 – a.a.O. RdNr. 24; Sondermann/Hejma, in: Versteyl/Sondermann, a.a.O., § 3 RdNr. 70). Demgegenüber spricht außerhalb des Betriebsplanzulassungsverfahrens, insbesondere während des zugelassenen Anlagenbetriebs oder nach dessen Beendigung, nichts gegen eine unmittelbare Anwendung des BBodSchG als Grundlage von Maßnahmen zur Abwehr schädlicher Bodenveränderungen und Altlasten. Selbst wenn § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG grundsätzlich auch behördliche Maßnahmen außerhalb des Zulassungsverfahrens erfassen sollte (vgl. Piens, in: Piens/Schulte/Graf Vitzthum, a.a.O., § 56 Anhang Rn. 80), ergäbe sich kein Anwendungsvorrang der hier in Betracht kommenden Vorschriften der §§ 56 Abs. 1 Satz 2, 71 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BBergG, denn diese enthalten keine konkreten Anforderungen zum Schutz des Bodens bei der Verfüllung von bergbaufremden Abfällen in einem ehemaligen Tagebau.
- 67
Der Senat hat hierzu im Beschluss vom 19.09.2013 – 2 M 114/13 – (juris RdNr. 21 ff.) folgendes ausgeführt:
- 68
"Der Senat hat in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Beschl. v. 09.05.2012 – 2 M 13/12 –, juris RdNr. 37) unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.04.2005 (BVerwG 7 C 26/03 –, BVerwGE 123, 247 [254]) darauf abgestellt, dass sich schädliche Bodenveränderungen infolge einer Verfüllung von Abfällen mit den bergrechtlichen Vorschriften nicht sachgerecht erfassen ließen und weder das BBergG noch die auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen Anforderungen an die Verwendung bergbaufremder Abfälle enthielten, durch die schädliche Einwirkungen auf den Boden hervorgerufen werden. Wenngleich Gegenstand dieser Rechtsprechung die bergrechtliche Zulassung eines Abschlussbetriebsplans gewesen sei, der das Verfüllen mit bergbaufremden Abfällen zum Gegenstand gehabt habe, so seien diese Grundsätze auch auf eine Sicherungsanordnung anwendbar, die unter Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere nicht auf § 71 Abs. 1 BBergG gestützt werden könne. Anordnungen nach § 71 Abs. 1 BBergG ergänzten (lediglich) den Betriebsplan. Wenn daher das BBergG bereits in Bezug auf einen Betriebsplan keine Anforderungen bereitstelle, die schädliche Einwirkungen auf den Boden betreffen, so könne in Bezug auf Anordnungen nach § 71 Abs. 1 BBergG nichts anderes gelten. Zwar enthalte diese Vorschrift in Form einer Generalklausel die Ermächtigung, im Einzelfall die zum Schutz der in § 55 BBergG bezeichneten Rechtgüter und Belange erforderlichen Anordnungen zu treffen. Anhand der Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 und Abs. 2 BBergG lasse sich indes eine sachgerechte Beurteilung der Frage von nachteiligen Einwirkungen verfüllter Abfälle auf Boden und Grundwasser gerade nicht vornehmen.
- 69
Der Senat teilt zwar die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Vorschriften des BBodSchG bei der Genehmigung von Betriebsplänen nach § 55 BBergG keine unmittelbare Anwendung finden, sondern nur über die Regelung des § 48 Abs. 2 BBergG „herangezogen“ werden. Die Zulassungsentscheidung bleibt eine Entscheidung nach dem BBergG, die sich lediglich materiell – in Bezug auf die Einwirkung auf den Boden – an den Vorschriften des BBodSchG messen lassen muss. Dies vermag aber an der für die Abgrenzung nach § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG allein maßgeblichen Feststellung, dass Vorschriften des BBergG Einwirkungen auf den Boden nicht regeln (BVerwG, Urt. v. 14.04.2005 – BVerwG 7 C 26.03 – a.a.O. RdNr. 25), nichts zu ändern.
- 70
Über die hier maßgebliche Frage, ob für Anordnungen zur Beseitigung von rechtswidrig – entgegen einem Sonderbetriebsplan – eingelagertem Verfüllmaterial die Vorschriften des BBodSchG durch die Regelungen des BBergG verdrängt werden, hatte das Bundesverwaltungsgericht im oben genannten Urteil nicht zu entscheiden. Die Vorschriften des BBodSchG, die dem in § 1 Satz 2 BBodSchG genannten Zweck dienen, den Boden und Altlasten sowie hierdurch verursachte Gewässerverunreinigungen zu sanieren, werden durch die Vorschriften des BBergG nicht verdrängt. Insoweit kann offen bleiben, ob daran festzuhalten ist, dass Anordnungen zur Beseitigung von rechtswidrig ab- oder eingelagerten Abfällen auf der Grundlage von § 71 Abs. 1 BBergG nicht getroffen werden können. Solche Maßnahmen können jedenfalls auch auf der Grundlage von Vorschriften des BBodSchG getroffen werden. Wie die Vorinstanz richtig ausgeführt hat, trat im Gesetzgebungsverfahren § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG an die Stelle des im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 14.01.1997 (BT-Drs. 13/ 6701) formulierten § 3 Abs. 4 (vgl. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 10.06.1997, BT-Drs. 13/7891, S. 9). Damit sollte die Systematik des Gesetzentwurfs verbessert und die Abgrenzung der Anforderungen des BBodSchG von denen des BBergG nunmehr in § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG geregelt werden; inhaltliche Änderungen zu der ursprünglich in § 3 Abs. 4 vorgesehenen Regelung ergäben sich nicht (BT-Drs. 13/7891, S. 38). § 3 Abs. 4 des ursprünglichen Gesetzentwurfs bestimmte indes, dass auf die Zulassung von Tätigkeiten und Einrichtungen im Sinne des § 2 BBergG dieses Gesetz (das BBodSchG) keine Anwendung finde; die Berücksichtigung der Belange dieses Gesetzes im Rahmen des § 55 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 BBergG bleibe unberührt. Die Schnittstellen zwischen dem BBodSchG und dem BBergG ergeben sich damit aus den Betriebsplänen nach § 55 i.V.m. § 48 Abs. 2 BBergG sowie aus den Abschlussbetriebsplänen nach § 53 BBergG (Frenz, BBodSchG, § 3 RdNr. 46). Im Rahmen der Vorsorge und Gefahrenabwehr im Zusammenhang mit den Betriebsplänen werden die Regelungen des BBodSchG verdrängt (Sondermann/Hejma, a.a.O., § 3 RdNr. 70). Daraus folgt nach der Auffassung des Senats, dass die Anwendung des BBodSchG nicht ausgeschlossen sein soll, soweit ordnungsbehördliche Maßnahmen zur Sanierung einer bereits eingetretenen schädlichen Bodenveränderung oder einer vorhandenen Altlast im Raum stehen."
- 71
Hieran hält der Senat – nach erneuter Überprüfung – auch weiterhin fest. Auch im Hinblick auf die Anordnung von Wasserhaltungen in einem Tagebau verdrängt die Vorschrift des § 71 BBergG die hier herangezogene Vorschrift des § 10 BBodSchG nicht, wenn die Anordnung – wie hier – der Abwehr von Gefahren dient, die durch die Einbringung von bergbaufremden Abfällen in einen der Bergaufsicht unterstehenden Betrieb hervorgerufen werden.
- 72
III. Die Voraussetzungen der Anordnung zur Herstellung und zum Betrieb von Wasserhaltung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG liegen vor. Wie oben bereits dargestellt, handelt es sich bei der Tongrube E. um eine Altlast im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG. Hieraus ergibt sich gemäß § 4 Abs. 3 BBodSchG eine Sanierungspflicht. Diese umfasst nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG die Verpflichtung, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. Hierzu kommen gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 BBodschG bei Belastungen durch Schadstoffe neben Dekontaminations- auch Sicherungsmaßnahmen in Betracht, die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern. Zur Erfüllung dieser Pflichten kann die zuständige Behörde gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG die notwendigen Maßnahmen treffen. Hierzu zählt auch die Anordnung von Wasserhaltungen, die die Ausbreitung der in einer Altlast vorgefundenen Schadstoffe verhindern soll.
- 73
IV. Der Kläger ist als Sanierungspflichtiger rechtmäßiger Adressat der Anordnung. Der Insolvenzverwalter kann nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG als Inhaber der tatsächlichen Gewalt für die Sanierung von massezugehörigen Grundstücken herangezogen werden, die bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kontaminiert waren. Allein das Ordnungsrecht regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Störung der öffentlichen Sicherheit (Gefahr) vorliegt, wie dieser Störung zu begegnen ist und wer dafür in Anspruch genommen werden kann. Deshalb ist auch die Frage, ob allein die dem Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis folgende Inbesitznahme der Masse durch den Insolvenzverwalter nach § 148 Abs. 1 InsO eine Ordnungspflicht für von der Masse ausgehende Störungen begründet, ausschließlich nach den Tatbestandsmerkmalen des jeweils einschlägigen Ordnungsrechts zu beurteilen. Reicht danach – wie in § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG – die tatsächliche Gewalt über ein Grundstück aus, wird der Insolvenzverwalter bereits mit der Besitzergreifung ordnungspflichtig (BVerwG, Urt. v. 23.09.2004 – BVerwG 7 C 22.03 –, juris RdNr. 12). Im vorliegenden Fall ist mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin nach § 80 Abs. 1 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Bergwerkseigentum auf den Kläger als Insolvenzverwalter übergegangen. Damit wurde er Inhaber der tatsächlichen Gewalt über die zum Tontagebau E. gehörenden Grundstücke und damit sanierungspflichtig (vgl. Beschl. d. Senats v. 09.05.2012 – 2 M 13/12 – BA S. 14; Beschl. v. 19.09.2013 – 2 M 114/13 – BA S. 13 f.).
- 74
Das Verwaltungsgericht verkennt die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, soweit es die Auffassung vertritt (UA S. 35 ff.), eine Inanspruchnahme des Klägers als Insolvenzverwalter sei rechtswidrig, weil die Verantwortlichkeit nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG an ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten anknüpfe. Zwar entspricht es der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass eine ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit des Insolvenzverwalters nicht in Betracht kommt, soweit die Ordnungspflicht an ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten anknüpft, wie etwa die Verursachung einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG durch den Gemeinschuldner (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.09.2004 – BVerwG 7 C 22.03 – a.a.O. RdNr. 12 und Beschluss vom 05.06.2007 – BVerwG 7 B 25.07 –, juris RdNr. 3). Das Verwaltungsgericht übersieht jedoch, dass nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodschG nicht nur der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sanierungspflichtig ist – insoweit knüpft das BBodSchG tatsächlich an ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten an –, sondern auch der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück. Insoweit ergibt sich die Sanierungspflicht nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG aus der Verantwortlichkeit für den aktuellen Zustand von Massegegenständen mit der Folge, dass der Insolvenzverwalter bereits mit der Besitzergreifung sanierungspflichtig wird.
- 75
Die Rechtsprechung des BVerwG zur bergrechtlichen Verantwortlichkeit des Insolvenzverwalters nach § 58 Abs. 1 BBergG steht der Anwendung des § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG nicht entgegen. Hiernach kommt der Insolvenzverwalter über das Vermögen einer Gesellschaft als verantwortliche Person im Sinne des § 58 Abs. 1 BBergG nur in Betracht, wenn die Insolvenzschuldnerin unter seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis weiterhin im Sinne des § 4 Abs. 5 BBergG bergbaulich tätig geworden ist (BVerwG, Urt. v. 13.12.2007 – BVerwG 7 C 40.07 –, juris RdNr. 16). Die verwaltungsrechtliche Verantwortlichkeit nach § 58 Abs. 1 BBergG ist mit der Verhaltenshaftung des allgemeinen Ordnungsrechts vergleichbar. Demgegenüber knüpft die Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG an die tatsächliche Sachherrschaft an, die der Insolvenzverwalter regelmäßig mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlangt (Neumann, jurisPR-BVerwG 4/2008 Anm. 2). Eine Sperrwirkung des § 58 Abs. 1 BBergG für die Anwendung des § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG besteht nicht. Beide Vorschriften sind vielmehr nebeneinander anwendbar.
- 76
V. Die Zustandsverantwortlichkeit des Klägers ist verfassungsgemäß. Insoweit kann auf die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Zustandsstörerhaftung des Eigentümers Bezug genommen werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.02.2000 – 1 BvR 242/91, 1 BvR 31 BvR 315/99 –, juris RdNr. 46). Diese Erwägungen gelten sinngemäß auch für die Zustandsverantwortlichkeit des Insolvenzverwalters als Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft (vgl. Bay VGH, Urt. v. 04.05.2005 – 22 B 99.2208, 22 B 9922 B 99.2209 –, juris RdNr. 55). Wie beim Eigentümer findet die Zustandsverantwortlichkeit des Insolvenzverwalters ihren Grund in der mit dem Besitz verbundenen Sachherrschaft sowie in der Verbindung von Vorteilen und Lasten der Sache. Wie dem Eigentümer nach geltendem Recht die Vorteile der privaten Nutzung der Sache auch dann zufließen, wenn sie ohne sein Zutun entstehen, muss er die Lasten der Sache auch dann tragen, wenn die Gefahr nicht durch ihn verursacht worden ist. Für den Insolvenzverwalter als Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft kann nichts anderes gelten. Es ist verfassungsrechtlich nicht geboten, Gefahren, die von Massegegenständen ausgehen, mit finanziellen Mitteln der Allgemeinheit zu beseitigen und hierdurch Gläubiger des Gemeinschuldners durch höhere Insolvenzquoten zu begünstigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.02.1999 – BVerwG 11 C 9.97 –, juris RdNr. 18). Eine angemessene Begrenzung der Verantwortlichkeit des Insolvenzverwalters ist dadurch gegeben, dass sie wie eine Masseverbindlichkeit zu behandeln und die Haftung des Insolvenzverwalters damit auf die Insolvenzmasse beschränkt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.02.1999 – BVerwG 11 C 9.97 – a.a.O. RdNr. 19; Bay VGH, Urt. v. 04.05.2005 – 22 B 99.2208, 22 B 9922 B 99.2209 – a.a.O. RdNr. 55). Darüber hinaus kann sich der Insolvenzverwalter durch die Freigabe der kontaminierten Grundstücke aus der Masse seiner ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit entziehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.09.2004 – BVerwG 7 C 22.03 – a.a.O. RdNr. 15 ff.).
- 77
VI. Die Zulassung des Sonderbetriebsplans "Verfüllung/Rekultivierung – Teilfeld II – für den Tontagebau E." durch den Bescheid des Beklagten vom 05.03.2004 hat keine der Heranziehung des Klägers als Zustandsstörer entgegenstehende Legalisierungswirkung.
- 78
Zwar ist grundsätzlich anerkannt, dass einer behördlichen Genehmigung eine sog. Legalisierungswirkung zukommen kann mit der Folge, dass der Anlagenbetreiber, solange er den Rahmen der Genehmigung einhält, lediglich das Risiko spezialgesetzlicher Eingriffe – etwa nach § 17 BImSchG – trägt und im Übrigen vor einer ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit geschützt ist (BVerwG, Urt. v. 02.12.1977 – BVerwG 4 C 75.75 – BVerwGE 55, 118 <120 ff.>; VGH BW, Beschl. v. 14.12.1989 – 1 S 2719/89 –, juris RdNr. 29; Beschl. v. 04.03.1996 – 10 S 2687/95 –, juris RdNr. 10; Urt. v. 29.03.2000 – 1 S 1245/99 –, juris RdNr. 25 ff.; Urt. v. 18.12.2012 – 10 S 744/12 –, juris RdNr. 59; Breuer, JuS 1986, 359 <362 f.>; Fluck, VerwArch 79 (1988), 406 ff.; Seibert, DVBl. 1992, 664 <670 f.>). Maßgeblich für die Reichweite der Legalisierungswirkung im Einzelfall sind dabei Gegenstand, Inhalt und Umfang der konkreten Regelung des Genehmigungsbescheides (VGH BW, Beschl. v. 14.12.1989 – 1 S 2719/89 – a.a.O. RdNr. 29; Beschl. v. 04.03.1996 – 10 S 2687/95 – a.a.O. RdNr. 10; Urt. v. 29.03.2000 – 1 S 1245/99 – a.a.O. RdNr. 25; Urt. v. 18.12.2012 – 10 S 744/12 – a.a.O. RdNr. 59; Breuer, a.a.O., S. 363; Dombert, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, § 4 BBodSchG RdNr. 50; Fluck, a.a.O., S. 420 ff.; Piens, in: Piens/Schulte/Graf Vitzthum, a.a.O., § 56 RdNr. 101).
- 79
Es bedarf keiner Vertiefung, ob einer bergrechtlichen Betriebsplanzulassung auf Grund der von den Betriebshandlungen des Bergbaus im Verhältnis zum Normalmaß ausgehenden erhöhten Gefahrentendenz generell keine Legalisierungswirkung gegenüber späteren Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren zukommt, die durch die zugelassenen Betriebshandlungen hervorgerufenen wurden (vgl. OVG NW, Urt. v. 29.03.1984 – 12 A 2194/82 – OVGE 37, 115 <117 f.>; Beschl. v. 10.01.1985 – 4 B 1434/84 – NVwZ 1985, 355 <356>; VGH BW, Urt. v. 29.03.2000 – 1 S 1245/99 – a.a.O. RdNr. 26; Urt. v. 22.02.2005 – 10 S 1478/03 –, juris RdNr. 39; Urt. v. 01.04.2008 – 10 S 1388/06 –, juris RdNr. 33; VG Freiburg, Urt. v. 16.10.2002 – 1 K 836/00 –, juris RdNr. 29; Breuer, a.a.O., S. 362 f.; Müggenborg, NVwZ 2006, 278 <281>; a.A. Piens, in: Piens/Schulte/Graf Vitzthum, a.a.O., § 56 RdNr. 106). Es kann auch dahinstehen, ob sich der Zustandsstörer, anders als der Handlungsstörer, von vornherein nicht auf die Legalisierungswirkung einer behördlichen Betriebsgenehmigung berufen kann, weil diese nicht einen polizeiwidrigen Grundstückszustand, sondern nur ein bestimmtes Verhalten erlaubt (vgl. VGH BW, Urt. v. 18.12.2012 – 10 S 744/12 – a.a.O. RdNr. 59; VG Hamburg, Urt. v. 22.05.2003 – 7 VG 5443/2002 –, juris RdNr. 97; hiergegen Fluck, a.a.O., S. 427 ff.; differenzierend Breuer, a.a.O., S. 363).
- 80
Im vorliegenden Fall kommt eine Legalisierungswirkung der Betriebsplanzulassung des Beklagten vom 05.03.2004 bereits deshalb nicht in Betracht, weil hiermit lediglich eine Abfallverwertung zugelassen wurde, während tatsächlich eine Abfallbeseitigung stattgefunden hat (vgl. oben C.II.2.b)aa)).
- 81
Darüber hinaus steht einer Legalisierungswirkung entgegen, dass die im Rahmen der Verfüllung des Tontagebaus E. verwendeten Abfälle nicht den in der Betriebsplanzulassung festgelegten Parametern entsprachen. Nach der Nebenbestimmung Nr. 3.3 des Bescheides vom 05.03.2004 durfte das zu verfüllende Material die Zuordnungswerte Z 2 im Eluat gemäß der Mitteilung 20 der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) – Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen/Abfällen – Technische Regeln – nicht überschreiten. Diesen Anforderungen wird das tatsächlich verarbeitete Material nicht gerecht. Nach dem Ergebnis der am 16.08.2007 erfolgten Abfallprobeentnahme im Tontagebau E. durch das Landesamt für Umweltschutz ergaben sich in den Proben erhebliche Überschreitungen der LAGA M 20 Z 2-Werte im Hinblick auf Nickel, Zink und Chlorid. Auch die Untersuchungen der (W.) GmbH ergaben ausweislich des Berichts über die Untersuchung von Verfüllmaterial in der Tongrube E. vom 18.03.2008 Überschreitungen der LAGA M 20 Z 2-Werte im Hinblick auf die Parameter elektrische Leitfähigkeit, Chlorid, Cadmium, Kupfer, Nickel und Phenol-Index (vgl. GA Bl. 285 f.). Weitere Überschreitungen der Z 2-Werte wurden bei 22 untersuchten Einzelproben aus dem Teilfeld II Süd bei den Parametern PAK, PCB, EOX, Cadmium, Chrom, Kupfer, Nickel, Quecksilber und Zink durch die (F.) GmbH festgestellt, dargestellt im Sicherungskonzept vom 03.11.2010.
- 82
Selbst wenn sich die Gemeinschuldnerin bei der Verfüllung des Tontagebaus E. an die Vorgaben der Betriebsplanzulassung vom 05.03.2004 hinsichtlich der zugelassenen Verfüllmaterialien gehalten haben sollte, kann hieraus keine Legalisierungswirkung hergeleitet werden, die einer Inanspruchnahme des Klägers als Zustandsstörer entgegensteht. Maßgeblich für den Umfang der Legalisierungswirkung einer Betriebsplanzulassung sind der Inhalt der Zulassung sowie der behördliche Prüfungsumfang (Piens, in: Piens/Schulte/Graf Vitzthum, a.a.O., § 56 RdNr. 101). Entscheidend ist, ob die Auswirkungen des Betriebes bei Genehmigungserteilung erkennbar waren bzw. erkannt worden sind und daher mit der Erteilung der Genehmigung "gebilligt" bzw. "in Kauf genommen" wurden (Seibert, a.a.O., S. 671). Zu prüfen ist, ob die Gefahr durch "zwangsläufige" Folgen der Ausnutzung einer Genehmigung entstanden ist (VG Sigmaringen, Urt. v. 28.07.2010 – 3 K 174/07 –, juris RdNr. 137; Seibert, a.a.O., S. 671). Nach diesen Grundsätzen ist der Eintritt von Gefahren für das Grundwasser und angrenzende Oberflächengewässer infolge der Verwendung von Abfällen bei der Verfüllung des Tontagebaus E. von der Betriebsplanzulassung vom 05.03.2004 nicht gedeckt. Die Gefährdung des Grundwassers und angrenzender Oberflächengewässer infolge des Schadstoffgehalts der verwendeten Abfälle waren weder Gegenstand der Betriebsplanzulassung noch dessen zwangsläufige Folge.
- 83
Die Zulassung des Sonderbetriebsplanes erfolgte auf der Grundlage des § 48 Abs. 2 BBergG und des § 55 BBergG. Eine hinreichende Prüfung der Belange des Bodenschutzes war hiermit nicht verbunden. Eine sachgerechte Prüfung der Frage, ob nachteilige Einwirkungen auf den Boden oder das Grundwasser durch den Einbau bergbaufremder Abfälle ausgeschlossen sind, lässt sich allein anhand dieser Vorschriften nicht durchführen (BVerwG, Urt. v. 14.04.2005 – BVerwG 7 C 26.03 – a.a.O. RdNr. 19 ff.). Auch die im Bescheid vom 05.03.2004 herangezogenen Zuordnungswerte Z 2 der Mitteilung 20 der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) – Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen/Abfällen – Technische Regeln – (Stand: 06.11.1997) ermöglichte keine hinreichende Prüfung, ob der Boden und das Grundwasser vor den Gefahren, die mit der Verfüllung der Tongrube mit bergbaufremden Materialien ausgehen, hinreichend geschützt sind (BVerwG, Urt. v. 14.04.2005 – BVerwG 7 C 26.03 – a.a.O. RdNr. 23). Vielmehr ist eine sachgerechte Abschätzung der mit der Verfüllung eines Tagebaus mit bergbaufremden Abfällen verbundenen Risiken nur auf der Grundlage des BBodSchG sowie die BBodSchV unter Heranziehung der Vorsorgewerte für Böden in Anhang 2 Nr. 4 der BBodSchV möglich (BVerwG, Urt. v. 14.04.2005 – BVerwG 7 C 26.03 – a.a.O. RdNr. 24 ff.; Beschl. v. 28.07.2010 – BVerwG 7 B 16.10 – a.a.O. RdNr. 10). Ergänzend waren die Prüfwerte zur Beurteilung des Wirkpfades Boden – Grundwasser nach Anlage 2 Nr. 3.1 BBodSchV heranzuziehen. Eine derartige Prüfung fand hier nicht statt. Vielmehr wird weder das BBodSchG noch die BBodSchV in der Betriebsplanzulassung vom 05.03.2004 erwähnt. Eine hinreichende Prüfung nachteiliger Auswirkungen der zugelassenen Verfüllmaterialien auf Boden und Grundwasser ist hiermit nicht verbunden. Eine Legalisierungswirkung mit der Folge, dass die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit für die Entstehung von Gefahren für das Grundwasser und angrenzende Oberflächengewässer infolge der Schadstoffhaltigkeit der bei der Verfüllung des Tontagebaus E. verwendeten Abfälle ausgeschlossen ist, kann daher aus der Betriebsplanzulassung nicht hergeleitet werden.
- 84
Darüber hinaus waren die in der Tongrube E. aufgetretenen Gefahren für das Grundwasser und angrenzende Oberflächengewässer infolge der Schadstoffhaltigkeit der bei der Verfüllung verwendeten Abfälle auch nicht zwangsläufige Folge der Betriebsplanzulassung. Die zugelassenen Verfüllmaterialien umfassten insbesondere durch die Zulassung von Abfällen mit der ASNAVV 19 12 12 (sonstige Abfälle
aus der mechanischen Behandlung von Abfällen ) und der ASNAVV 19 02 03 (vorgemischte Abfälle, die ausschließlich aus nicht gefährlichen Abfällen bestehen) eine Vielzahl von möglichen Stoffen. Die bei Abfällen mit der ASNAVV 19 12 12 zulässigen Stoffe wurden zwar durch die in dem Antrag auf Zulassung des Sonderbetriebsplans "Verfüllung/Rekultivierung – Teilfeld II – für den Tontagebau E." vom 26.03.2003 enthaltene Einschränkung, hierunter sei ausschließlich Material aus der Vorabsiebung von Baustellenabfällen bei einem Trennschnitt von = 40 mm zu verstehen, eingegrenzt. Diese Eingrenzung ist auch durch die Bezugnahme auf den Sonderbetriebsplan in der Betriebsplanzulassung vom 05.03.2004 verbindlich geworden. Gleichwohl erfasst die Zulassung von Abfällen mit der ASNAVV 19 12 12 eine sehr große Bandbreite von zulässigen Verfüllmaterialien. Das gleiche gilt für die Zulassung von Abfällen mit der ASNAVV 19 02 03. Zwar wurden die insoweit zulässigen Stoffe in der dem Antrag auf Zulassung des Sonderbetriebsplans vom 26.03.2003 als Anlage 8 beigefügten "Stoffliste der vorgemischten Abfälle" im Einzelnen aufgelistet. Diese Stoffliste ist auch durch die Bezugnahme auf den Sonderbetriebsplan in der Betriebsplanzulassung vom 05.03.2004 verbindlich geworden. Gleichwohl kam noch immer eine Vielzahl von unterschiedlichen Stoffen als zulässiges Verfüllmaterial in Betracht. Dabei zählen zu den hiernach zulässigen Stoffen zahlreiche mineralische Abfälle, wie etwa Abfälle aus Kies- und Gesteinsbruch, Abfälle von Sand und Ton, Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik, deren Einbringung in die Tongrube unproblematisch möglich gewesen wäre und zu keiner Gefährdung von Boden und Grundwasser geführt hätte. Der Beklagte ist bei seiner Zulassungsentscheidung auch ersichtlich davon ausgegangen, dass von der Gemeinschuldnerin ausschließlich zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche geeignete, für die Umwelt unschädliche mineralische Abfälle verwendet werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Gemeinschuldnerin hierfür ungeeignete schadstoffhaltige Abfälle mit einem hohen Organikanteil und dadurch einem hohen Gefährdungspotential für Boden und Grundwasser einsetzen würde, bestanden nicht. Auch vor diesem Hintergrund liegt es fern, anzunehmen, der Beklagte habe diese Gefährdungen "in Kauf genommen". Der Sonderbetriebsplanzulassung kommt demzufolge keine Legalisierungswirkung zu, die einer Inanspruchnahme des Klägers als Zustandsstörer entgegenstehen könnte.
- 85
Eine Legalisierungswirkung durch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landkreises (...) vom 28.11.2006 kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil diese die Verfüllung des Tagebaus E. nicht betrifft.
- 86
VII. Der Beklagte hat das ihm gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Das gilt zunächst für die Entscheidung, gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG vom Kläger die Herstellung von Wasserhaltungen zu verlangen. Die Maßnahme ist zur Verhinderung der Ausbreitung der Schadstoffe gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 BBodSchG geeignet, erforderlich und angemessen.
- 87
Die Entscheidung des Beklagten ist auch frei von Ermessensfehlern, soweit er den Kläger als Zustandsstörer herangezogen hat. Im Rahmen der behördlichen Störerauswahl ist grundsätzlich von der Gleichrangigkeit der Verantwortlichen auszugehen. Eine Handlungsmaxime dahingehend, dass der Handlungsstörer (Verursacher) regelmäßig vor dem Zustandsstörer in Anspruch zu nehmen ist, existiert nicht (BayVGH, Beschl. v. 17.02.2005 – 22 ZB 04.3472 –, juris RdNr. 14). Bei der bodenschutzrechtlichen Störerauswahl hat sich die Behörde vielmehr in erster Linie von dem Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr leiten zu lassen (vgl. VGH BW, Urt. v. 18.12.2012 – 10 S 744/12 – a.a.O. RdNr. 36; Dombert, a.a.O., § 4 BBodSchG RdNr. 16; Erbguth/Stollmann, DVBl. 2001, 601 <608>). Nach diesen Grundsätzen ist die Heranziehung des Klägers rechtmäßig. Er ist als Insolvenzverwalter Inhaber der tatsächlichen Gewalt über die zum Tontagebau E. gehörenden Grundstücke und steht damit gemäß § 4 Abs. 3 BBodSchG als Sanierungspflichtiger fest.
- 88
Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte davon abgesehen hat, die (möglichen) Verursacher der Altlast in Anspruch zu nehmen. Dies gilt insbesondere für die Gemeinschuldnerin als frühere Betreiberin der Tongrube, der nach Lage der Dinge die Verursachung der hier in Rede stehenden Altlast zuzurechnen sein dürfte. Ihre Inanspruchnahme hat der Beklagte in der angefochtenen Verfügung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise mit der Begründung verworfen, dass sie sich in der Insolvenz befindet und deshalb nicht über die zur Durchführung der Gefahrenabwehr- und Sanierungsmaßnahmen erforderlichen Mittel verfügt.
- 89
Dem Beklagten kann nicht vorgeworfen werden, er hätte die Abfallerzeuger oder die früheren Abfallbesitzer in Anspruch nahmen müssen. Aus Effizienzgründen kann es geboten sein, allein den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu den erforderlichen Sanierungsmaßnahmen heranzuziehen, wenn die Heranziehung von möglichen Verhaltensverantwortlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen zweifelhaft ist, insbesondere die einzelnen Verursachungsbeiträge ungeklärt sind. Die Regelung des § 4 Abs. 3 BBodSchG verfolgt insbesondere zwei Ziele, nämlich die schnelle und effektive Beseitigung eingetretener Störungen, die auf schädlichen Bodenveränderungen beruhen oder von Altlasten ausgehen, und die Freihaltung der öffentlichen Hand von finanziellen Lasten. Eine langwierige prozessuale Auseinandersetzung mit einem Verhaltensstörer, dessen (Mit-)Verursachungsbeitrag zweifelhaft ist, könnte jedoch der Effektivität der Gefahrenabwehr zuwiderlaufen (Beschl. d. Senats v. 19.09.2013 – 2 M 114/13 – a.a.O. RdNr. 33; VG Düsseldorf, Beschl. v. 09.06.2009 – 17 L 513/09 –, Juris, RdNr. 10). Unverzichtbares Kriterium bei der Heranziehung als Handlungsstörer ist, dass die Verantwortlichkeit der in die Pflicht genommenen Personen dem Grunde nach feststeht; eine bloß mögliche Verantwortlichkeit reicht insoweit nicht aus (vgl. Dombert, a.a.O., § 4 BBodSchG RdNr. 22) Zu berücksichtigen ist auch, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 24 Abs. 2 BBodSchG, in welchem Ausgleichsansprüche zwischen mehreren Verpflichteten vorgesehen sind, die Schärfe einer Inanspruchnahme des Inhabers der tatsächlichen Gewalt durch die Möglichkeit des Rückgriffs bei anderen Verantwortlichen, insbesondere den Verursachern, erheblich relativiert hat (vgl. VG Düsseldorf, a.a.O. RdNr. 10).
- 90
Vor diesem Hintergrund ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte weder die Abfallerzeuger noch die früheren Abfallbesitzer in Anspruch genommen hat. Die Heranziehung derjenigen Personen, die die Abfälle angeliefert haben, erscheint nicht unproblematisch. Die Überlegung des Beklagten, dass sie nur als mittelbare Verursacher dieser Altlast anzusehen seien, ist nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen. Fraglich ist, ob das Einbringen der Abfälle in die Tongrube eine Handlung darstellt, die dem Abfallerzeuger oder dem (früheren) Abfallbesitzer noch zugerechnet werden kann. Eine Verhaltensverantwortlichkeit setzt nämlich voraus, dass die handelnde Person die Gefahr „unmittelbar" herbeigeführt hat, also bei einer wertenden Zurechnung die polizeirechtliche Gefahrenschwelle überschritten hat. Personen, die entferntere, nur mittelbare Ursachen für den eingetretenen Erfolg gesetzt, also nur den Anlass für die unmittelbare Verursachung durch andere gegeben haben, sind in diesem Sinn keine Verursacher (BVerwG, Beschl. v. 28.02.2008 – BVerwG 7 B 12.08 –, juris RdNr. 3). Nach der gebotenen wertenden Betrachtungsweise kann zwar auch ein als „Veranlasser" auftretender Hintermann (mit)verantwortlich sein, wenn dessen Handlung zwar nicht die polizeirechtliche Gefahrenschwelle überschritten hat, aber mit der durch den Verursacher unmittelbar herbeigeführten Gefahr oder Störung eine natürliche Einheit bildet, die die Einbeziehung des Hintermanns in die Polizeipflicht rechtfertigt. Eine derartige natürliche Einheit besteht typischerweise beim „Zweckveranlasser“ als demjenigen, der die durch den Verursacher bewirkte Polizeiwidrigkeit gezielt ausgelöst hat (BVerwG, Beschl. v. 12.04.2006 – 7 B 30.06 –, Juris, RdNr. 4). Eine solche Feststellung lässt sich hier aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit treffen.
- 91
Die Erwägung des Beklagten, von einer – grundsätzlich möglichen – Inanspruchnahme des Eigentümers des Grundstücks, auf dem das sog. Westbecken hergestellt und betrieben werden soll, des Herrn (...), wegen der mit der Inanspruchnahme verbundenen Kostenbelastung anzusehen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch, soweit er wegen der von ihm angestrebten Einheitlichkeit der Wasserhaltung den Kläger als den Inhaber der tatsächlichen Gewalt in Anspruch genommen hat.
- 92
VIII. Schließlich ist auch die dem Kläger gesetzte Frist rechtlich nicht zu beanstanden. Gemäß § 59 Abs. 1 Satz 3 SOG LSA ist der betroffenen Person in der Androhung der Zwangsmittel eine angemessene Frist zur Erfüllung der Verpflichtung zu bestimmen. Die Fristsetzung dient dazu, dem Adressaten die Folgen einer Nichtbeachtung der für ihn bestehenden Verpflichtung vor Augen zu führen und ihm die Möglichkeit einzuräumen, die Anwendung von Verwaltungszwang durch die Erfüllung der ihm auferlegten Handlungspflicht abzuwenden und die hierfür erforderlichen Maßnahmen innerhalb einer angemessenen Zeit umsetzen und organisieren zu dürfen (VG Gießen, Beschl. v. 14.03.2013 – 8 L 286/13.GI –, juris RdNr. 18). Die Frist ist angemessen, wenn sie das behördliche Interesse an der Schnelligkeit der Ausführung berücksichtigt und zugleich dem Betroffenen die nach der Lebenserfahrung erforderliche Zeit gibt, seiner Pflicht nachzukommen (Urt. d. Senats v. 12.12.2013 – 2 L 21/12 – UA S. 9; SächsOVG, Urt. v. 27.01.2008 – 4 B 809/06 –, juris RdNr. 53; Sadler, VwVG/VwZG, 9. Aufl. 2014, § 13 VwVG RdNr. 37). Hierbei kann die Behörde die Frist unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit umso kürzer bemessen, je größer die Gefahrenlage ist (Sadler, a.a.O., § 13 VwVG RdNr. 38). Maßgeblich ist, dass ein kooperationsbereiter Störer in der Situation des Betroffenen innerhalb der bestimmten Frist die ihm aufgegebene Maßnahme abschließen oder jedenfalls ins Werk setzen kann (vgl. SächsOVG, Urt. v. 27.01.2008 – 4 B 809/06 – a.a.O. RdNr. 57), zumal mit der Anwendung des Zwangsmittels zuzuwarten ist, wenn sich abzeichnet, dass der Pflichtige sich entschließt, die durchzusetzende Anordnung selbst zu erfüllen (vgl. SaarlOVG, Beschl. v. 26.01.2009 – 3 D 359/08 –, juris RdNr. 21). Hiernach ist die dem Kläger gesetzte Frist bis zum 16.09.2011 zur Beauftragung eines geeigneten Unternehmens rechtlich nicht zu beanstanden. Die Herstellung und der Betrieb der Wasserhaltungen waren wegen des Umfangs der von der Tongrube E. ausgehenden Gefahren dringlich. Andererseits mag es zwar, wie der Kläger vorträgt, nur schwer möglich gewesen sein, innerhalb der gesetzten Frist einen entsprechenden Auftrag zu erteilen. Jedoch wäre es nicht unmöglich gewesen, sich innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit ernsthaft zu bemühen, die aufgegebenen Maßnahmen – etwa durch Einholung von Angeboten geeigneter Unternehmen – ins Werk zu setzen, um die Durchführung der Ersatzvornahme abzuwenden.
- 93
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708, 709 ZPO.
- 94
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.
(1) Boden im Sinne dieses Gesetzes ist die obere Schicht der Erdkruste, soweit sie Träger der in Absatz 2 genannten Bodenfunktionen ist, einschließlich der flüssigen Bestandteile (Bodenlösung) und der gasförmigen Bestandteile (Bodenluft), ohne Grundwasser und Gewässerbetten.
(2) Der Boden erfüllt im Sinne dieses Gesetzes
- 1.
natürliche Funktionen als - a)
Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen, - b)
Bestandteil des Naturhaushalts, insbesondere mit seinen Wasser- und Nährstoffkreisläufen, - c)
Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen auf Grund der Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungseigenschaften, insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers,
- 2.
Funktionen als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte sowie - 3.
Nutzungsfunktionen als - a)
Rohstofflagerstätte, - b)
Fläche für Siedlung und Erholung, - c)
Standort für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung, - d)
Standort für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung.
(3) Schädliche Bodenveränderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen.
(4) Verdachtsflächen im Sinne dieses Gesetzes sind Grundstücke, bei denen der Verdacht schädlicher Bodenveränderungen besteht.
(5) Altlasten im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind (Altablagerungen), und - 2.
Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist, ausgenommen Anlagen, deren Stillegung einer Genehmigung nach dem Atomgesetz bedarf (Altstandorte),
(6) Altlastverdächtige Flächen im Sinne dieses Gesetzes sind Altablagerungen und Altstandorte, bei denen der Verdacht schädlicher Bodenveränderungen oder sonstiger Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit besteht.
(7) Sanierung im Sinne dieses Gesetzes sind Maßnahmen
- 1.
zur Beseitigung oder Verminderung der Schadstoffe (Dekontaminationsmaßnahmen), - 2.
die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern oder vermindern, ohne die Schadstoffe zu beseitigen (Sicherungsmaßnahmen), - 3.
zur Beseitigung oder Verminderung schädlicher Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Bodens.
(8) Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen im Sinne dieses Gesetzes sind sonstige Maßnahmen, die Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit verhindern oder vermindern, insbesondere Nutzungsbeschränkungen.
(1) Zur Erfüllung der sich aus §§ 4 und 7 und den auf Grund von § 5 Satz 1, §§ 6 und 8 erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten kann die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen treffen. Werden zur Erfüllung der Verpflichtung aus § 4 Abs. 3 und 6 Sicherungsmaßnahmen angeordnet, kann die zuständige Behörde verlangen, daß der Verpflichtete für die Aufrechterhaltung der Sicherungs- und Überwachungsmaßnahmen in der Zukunft Sicherheit leistet. Anordnungen zur Erfüllung der Pflichten nach § 7 dürfen getroffen werden, soweit Anforderungen in einer Rechtsverordnung festgelegt sind. Die zuständige Behörde darf eine Anordnung nicht treffen, wenn sie auch im Hinblick auf die berechtigten Nutzungsinteressen einzelner unverhältnismäßig wäre.
(2) Trifft die zuständige Behörde gegenüber dem Grundstückseigentümer oder dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt zur Erfüllung der Pflichten nach § 4 Anordnungen zur Beschränkung der land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung sowie zur Bewirtschaftung von Böden, so hat sie, wenn diese nicht Verursacher der schädlichen Bodenveränderungen sind, für die nach zumutbaren innerbetrieblichen Anpassungsmaßnahmen verbliebenen wirtschaftlichen Nachteile nach Maßgabe des Landesrechts einen angemessenen Ausgleich zu gewähren, wenn die Nutzungsbeschränkung andernfalls zu einer über die damit verbundene allgemeine Belastung erheblich hinausgehenden besonderen Härte führen würde.
(1) Jeder, der auf den Boden einwirkt, hat sich so zu verhalten, daß schädliche Bodenveränderungen nicht hervorgerufen werden.
(2) Der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück sind verpflichtet, Maßnahmen zur Abwehr der von ihrem Grundstück drohenden schädlichen Bodenveränderungen zu ergreifen.
(3) Der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück sind verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, daß dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. Hierzu kommen bei Belastungen durch Schadstoffe neben Dekontaminations- auch Sicherungsmaßnahmen in Betracht, die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern. Soweit dies nicht möglich oder unzumutbar ist, sind sonstige Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen durchzuführen. Zur Sanierung ist auch verpflichtet, wer aus handelsrechtlichem oder gesellschaftsrechtlichem Rechtsgrund für eine juristische Person einzustehen hat, der ein Grundstück, das mit einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast belastet ist, gehört, und wer das Eigentum an einem solchen Grundstück aufgibt.
(4) Bei der Erfüllung der boden- und altlastenbezogenen Pflichten nach den Absätzen 1 bis 3 ist die planungsrechtlich zulässige Nutzung des Grundstücks und das sich daraus ergebende Schutzbedürfnis zu beachten, soweit dies mit dem Schutz der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 genannten Bodenfunktionen zu vereinbaren ist. Fehlen planungsrechtliche Festsetzungen, bestimmt die Prägung des Gebiets unter Berücksichtigung der absehbaren Entwicklung das Schutzbedürfnis. Die bei der Sanierung von Gewässern zu erfüllenden Anforderungen bestimmen sich nach dem Wasserrecht.
(5) Sind schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten nach dem 1. März 1999 eingetreten, sind Schadstoffe zu beseitigen, soweit dies im Hinblick auf die Vorbelastung des Bodens verhältnismäßig ist. Dies gilt für denjenigen nicht, der zum Zeitpunkt der Verursachung auf Grund der Erfüllung der für ihn geltenden gesetzlichen Anforderungen darauf vertraut hat, daß solche Beeinträchtigungen nicht entstehen werden, und sein Vertrauen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles schutzwürdig ist.
(6) Der frühere Eigentümer eines Grundstücks ist zur Sanierung verpflichtet, wenn er sein Eigentum nach dem 1. März 1999 übertragen hat und die schädliche Bodenveränderung oder Altlast hierbei kannte oder kennen mußte. Dies gilt für denjenigen nicht, der beim Erwerb des Grundstücks darauf vertraut hat, daß schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten nicht vorhanden sind, und sein Vertrauen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles schutzwürdig ist.
Der Grundstückseigentümer, der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück und derjenige, der Verrichtungen auf einem Grundstück durchführt oder durchführen läßt, die zu Veränderungen der Bodenbeschaffenheit führen können, sind verpflichtet, Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen zu treffen, die durch ihre Nutzung auf dem Grundstück oder in dessen Einwirkungsbereich hervorgerufen werden können. Vorsorgemaßnahmen sind geboten, wenn wegen der räumlichen, langfristigen oder komplexen Auswirkungen einer Nutzung auf die Bodenfunktionen die Besorgnis einer schädlichen Bodenveränderung besteht. Zur Erfüllung der Vorsorgepflicht sind Bodeneinwirkungen zu vermeiden oder zu vermindern, soweit dies auch im Hinblick auf den Zweck der Nutzung des Grundstücks verhältnismäßig ist. Anordnungen zur Vorsorge gegen schädliche Bodenveränderungen dürfen nur getroffen werden, soweit Anforderungen in einer Rechtsverordnung nach § 8 Abs. 2 festgelegt sind. Die Erfüllung der Vorsorgepflicht bei der landwirtschaftlichen Bodennutzung richtet sich nach § 17 Abs. 1 und 2, für die forstwirtschaftliche Bodennutzung richtet sie sich nach dem Zweiten Kapitel des Bundeswaldgesetzes und den Forst- und Waldgesetzen der Länder. Die Vorsorge für das Grundwasser richtet sich nach wasserrechtlichen Vorschriften. Bei bestehenden Bodenbelastungen bestimmen sich die zu erfüllenden Pflichten nach § 4.
Soweit die Vorschriften des Baurechts die Befugnisse der Behörden nicht regeln, wird die Bundesregierung ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 20) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Grundstückseigentümer zu verpflichten, bei dauerhaft nicht mehr genutzten Flächen, deren Versiegelung im Widerspruch zu planungsrechtlichen Festsetzungen steht, den Boden in seiner Leistungsfähigkeit im Sinne des § 1 so weit wie möglich und zumutbar zu erhalten oder wiederherzustellen. Bis zum Inkrafttreten einer Rechtsverordnung nach Satz 1 können durch die nach Landesrecht zuständigen Behörden im Einzelfall gegenüber den nach Satz 1 Verpflichteten Anordnungen zur Entsiegelung getroffen werden, wenn die in Satz 1 im übrigen genannten Voraussetzungen vorliegen.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 20) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz ergebenden Anforderungen an das Auf- und Einbringen von Materialien hinsichtlich der Schadstoffgehalte und sonstiger Eigenschaften, insbesondere
- 1.
Verbote oder Beschränkungen nach Maßgabe von Merkmalen wie Art und Beschaffenheit der Materialien und des Bodens, Aufbringungsort und -zeit und natürliche Standortverhältnisse sowie - 2.
Untersuchungen der Materialien oder des Bodens, Maßnahmen zur Vorbehandlung dieser Materialien oder geeignete andere Maßnahmen
(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 20) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Erfüllung der sich aus § 4 ergebenden boden- und altlastenbezogenen Pflichten sowie die Untersuchung und Bewertung von Verdachtsflächen, schädlichen Bodenveränderungen, altlastverdächtigen Flächen und Altlasten zu erlassen. Hierbei können insbesondere
- 1.
Werte, bei deren Überschreiten unter Berücksichtigung der Bodennutzung eine einzelfallbezogene Prüfung durchzuführen und festzustellen ist, ob eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast vorliegt (Prüfwerte), - 2.
Werte für Einwirkungen oder Belastungen, bei deren Überschreiten unter Berücksichtigung der jeweiligen Bodennutzung in der Regel von einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast auszugehen ist und Maßnahmen erforderlich sind (Maßnahmenwerte), - 3.
Anforderungen an - a)
die Abwehr schädlicher Bodenveränderungen; hierzu gehören auch Anforderungen an den Umgang mit ausgehobenem, abgeschobenem und behandeltem Bodenmaterial, - b)
die Sanierung des Bodens und von Altlasten, insbesondere an - -
die Bestimmung des zu erreichenden Sanierungsziels, - -
den Umfang von Dekontaminations- und Sicherungsmaßnahmen, die langfristig eine Ausbreitung von Schadstoffen verhindern, sowie - -
Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen
(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 20) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Erfüllung der sich aus § 7 ergebenden Pflichten sowie zur Festlegung von Anforderungen an die damit verbundene Untersuchung und Bewertung von Flächen mit der Besorgnis einer schädlichen Bodenveränderung Vorschriften zu erlassen, insbesondere über
- 1.
Bodenwerte, bei deren Überschreiten unter Berücksichtigung von geogenen oder großflächig siedlungsbedingten Schadstoffgehalten in der Regel davon auszugehen ist, daß die Besorgnis einer schädlichen Bodenveränderung besteht (Vorsorgewerte), - 2.
zulässige Zusatzbelastungen und Anforderungen zur Vermeidung oder Verminderung von Stoffeinträgen.
(3) Mit den in den Absätzen 1 und 2 genannten Werten sind Verfahren zur Ermittlung von umweltgefährdenden Stoffen in Böden, biologischen und anderen Materialien festzulegen. Diese Verfahren umfassen auch Anforderungen an eine repräsentative Probenahme, Probenbehandlung und Qualitätssicherung einschließlich der Ermittlung der Werte für unterschiedliche Belastungen.
(1) Jeder, der auf den Boden einwirkt, hat sich so zu verhalten, daß schädliche Bodenveränderungen nicht hervorgerufen werden.
(2) Der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück sind verpflichtet, Maßnahmen zur Abwehr der von ihrem Grundstück drohenden schädlichen Bodenveränderungen zu ergreifen.
(3) Der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück sind verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, daß dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. Hierzu kommen bei Belastungen durch Schadstoffe neben Dekontaminations- auch Sicherungsmaßnahmen in Betracht, die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern. Soweit dies nicht möglich oder unzumutbar ist, sind sonstige Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen durchzuführen. Zur Sanierung ist auch verpflichtet, wer aus handelsrechtlichem oder gesellschaftsrechtlichem Rechtsgrund für eine juristische Person einzustehen hat, der ein Grundstück, das mit einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast belastet ist, gehört, und wer das Eigentum an einem solchen Grundstück aufgibt.
(4) Bei der Erfüllung der boden- und altlastenbezogenen Pflichten nach den Absätzen 1 bis 3 ist die planungsrechtlich zulässige Nutzung des Grundstücks und das sich daraus ergebende Schutzbedürfnis zu beachten, soweit dies mit dem Schutz der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 genannten Bodenfunktionen zu vereinbaren ist. Fehlen planungsrechtliche Festsetzungen, bestimmt die Prägung des Gebiets unter Berücksichtigung der absehbaren Entwicklung das Schutzbedürfnis. Die bei der Sanierung von Gewässern zu erfüllenden Anforderungen bestimmen sich nach dem Wasserrecht.
(5) Sind schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten nach dem 1. März 1999 eingetreten, sind Schadstoffe zu beseitigen, soweit dies im Hinblick auf die Vorbelastung des Bodens verhältnismäßig ist. Dies gilt für denjenigen nicht, der zum Zeitpunkt der Verursachung auf Grund der Erfüllung der für ihn geltenden gesetzlichen Anforderungen darauf vertraut hat, daß solche Beeinträchtigungen nicht entstehen werden, und sein Vertrauen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles schutzwürdig ist.
(6) Der frühere Eigentümer eines Grundstücks ist zur Sanierung verpflichtet, wenn er sein Eigentum nach dem 1. März 1999 übertragen hat und die schädliche Bodenveränderung oder Altlast hierbei kannte oder kennen mußte. Dies gilt für denjenigen nicht, der beim Erwerb des Grundstücks darauf vertraut hat, daß schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten nicht vorhanden sind, und sein Vertrauen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles schutzwürdig ist.
(1) Zur Erfüllung der sich aus §§ 4 und 7 und den auf Grund von § 5 Satz 1, §§ 6 und 8 erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten kann die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen treffen. Werden zur Erfüllung der Verpflichtung aus § 4 Abs. 3 und 6 Sicherungsmaßnahmen angeordnet, kann die zuständige Behörde verlangen, daß der Verpflichtete für die Aufrechterhaltung der Sicherungs- und Überwachungsmaßnahmen in der Zukunft Sicherheit leistet. Anordnungen zur Erfüllung der Pflichten nach § 7 dürfen getroffen werden, soweit Anforderungen in einer Rechtsverordnung festgelegt sind. Die zuständige Behörde darf eine Anordnung nicht treffen, wenn sie auch im Hinblick auf die berechtigten Nutzungsinteressen einzelner unverhältnismäßig wäre.
(2) Trifft die zuständige Behörde gegenüber dem Grundstückseigentümer oder dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt zur Erfüllung der Pflichten nach § 4 Anordnungen zur Beschränkung der land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung sowie zur Bewirtschaftung von Böden, so hat sie, wenn diese nicht Verursacher der schädlichen Bodenveränderungen sind, für die nach zumutbaren innerbetrieblichen Anpassungsmaßnahmen verbliebenen wirtschaftlichen Nachteile nach Maßgabe des Landesrechts einen angemessenen Ausgleich zu gewähren, wenn die Nutzungsbeschränkung andernfalls zu einer über die damit verbundene allgemeine Belastung erheblich hinausgehenden besonderen Härte führen würde.
(1) Jeder, der auf den Boden einwirkt, hat sich so zu verhalten, daß schädliche Bodenveränderungen nicht hervorgerufen werden.
(2) Der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück sind verpflichtet, Maßnahmen zur Abwehr der von ihrem Grundstück drohenden schädlichen Bodenveränderungen zu ergreifen.
(3) Der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück sind verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, daß dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. Hierzu kommen bei Belastungen durch Schadstoffe neben Dekontaminations- auch Sicherungsmaßnahmen in Betracht, die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern. Soweit dies nicht möglich oder unzumutbar ist, sind sonstige Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen durchzuführen. Zur Sanierung ist auch verpflichtet, wer aus handelsrechtlichem oder gesellschaftsrechtlichem Rechtsgrund für eine juristische Person einzustehen hat, der ein Grundstück, das mit einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast belastet ist, gehört, und wer das Eigentum an einem solchen Grundstück aufgibt.
(4) Bei der Erfüllung der boden- und altlastenbezogenen Pflichten nach den Absätzen 1 bis 3 ist die planungsrechtlich zulässige Nutzung des Grundstücks und das sich daraus ergebende Schutzbedürfnis zu beachten, soweit dies mit dem Schutz der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 genannten Bodenfunktionen zu vereinbaren ist. Fehlen planungsrechtliche Festsetzungen, bestimmt die Prägung des Gebiets unter Berücksichtigung der absehbaren Entwicklung das Schutzbedürfnis. Die bei der Sanierung von Gewässern zu erfüllenden Anforderungen bestimmen sich nach dem Wasserrecht.
(5) Sind schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten nach dem 1. März 1999 eingetreten, sind Schadstoffe zu beseitigen, soweit dies im Hinblick auf die Vorbelastung des Bodens verhältnismäßig ist. Dies gilt für denjenigen nicht, der zum Zeitpunkt der Verursachung auf Grund der Erfüllung der für ihn geltenden gesetzlichen Anforderungen darauf vertraut hat, daß solche Beeinträchtigungen nicht entstehen werden, und sein Vertrauen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles schutzwürdig ist.
(6) Der frühere Eigentümer eines Grundstücks ist zur Sanierung verpflichtet, wenn er sein Eigentum nach dem 1. März 1999 übertragen hat und die schädliche Bodenveränderung oder Altlast hierbei kannte oder kennen mußte. Dies gilt für denjenigen nicht, der beim Erwerb des Grundstücks darauf vertraut hat, daß schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten nicht vorhanden sind, und sein Vertrauen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles schutzwürdig ist.
Der Grundstückseigentümer, der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück und derjenige, der Verrichtungen auf einem Grundstück durchführt oder durchführen läßt, die zu Veränderungen der Bodenbeschaffenheit führen können, sind verpflichtet, Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen zu treffen, die durch ihre Nutzung auf dem Grundstück oder in dessen Einwirkungsbereich hervorgerufen werden können. Vorsorgemaßnahmen sind geboten, wenn wegen der räumlichen, langfristigen oder komplexen Auswirkungen einer Nutzung auf die Bodenfunktionen die Besorgnis einer schädlichen Bodenveränderung besteht. Zur Erfüllung der Vorsorgepflicht sind Bodeneinwirkungen zu vermeiden oder zu vermindern, soweit dies auch im Hinblick auf den Zweck der Nutzung des Grundstücks verhältnismäßig ist. Anordnungen zur Vorsorge gegen schädliche Bodenveränderungen dürfen nur getroffen werden, soweit Anforderungen in einer Rechtsverordnung nach § 8 Abs. 2 festgelegt sind. Die Erfüllung der Vorsorgepflicht bei der landwirtschaftlichen Bodennutzung richtet sich nach § 17 Abs. 1 und 2, für die forstwirtschaftliche Bodennutzung richtet sie sich nach dem Zweiten Kapitel des Bundeswaldgesetzes und den Forst- und Waldgesetzen der Länder. Die Vorsorge für das Grundwasser richtet sich nach wasserrechtlichen Vorschriften. Bei bestehenden Bodenbelastungen bestimmen sich die zu erfüllenden Pflichten nach § 4.
Gründe
-
I
- 1
-
Der Kläger ist Insolvenzverwalter; er wendet sich gegen Anordnungen im Zusammenhang mit der Sanierung der Tongruben der Insolvenzschuldnerin. Diese baute seit den 1990er Jahren in zwei Gruben Ton im Tagebaubetrieb ab. Der letzte Hauptbetriebsplan war bis zum 31. August 2008 zugelassen. Im Rahmen eines Sonderbetriebsplans war es der Insolvenzschuldnerin gestattet, zur Wiedernutzbarmachung ein Teilfeld auch mit Abfall zu verfüllen. Nachdem festgestellt worden war, dass hierzu auch nicht zugelassener Hausmüll verwendet wurde, nahm der Beklagte die Sonderbetriebsplanzulassung teilweise zurück und untersagte die weitere Verfüllung. Mit Bescheid vom 3. Februar 2010, geändert mit Bescheiden vom 4. April und 8. August 2011, gab der Beklagte dem Kläger auf, die Tontagebaue mit Dichtwänden zu sichern, die teilweise aus Ton hergestellt werden sollten. Dem Kläger wurde untersagt, bis zum Abschluss dieser Maßnahmen den in den Tagebauen vorhandenen Ton an Dritte abzugeben oder sonst wegzuschaffen. Darüber hinaus wurde dem Kläger aufgegeben zu dulden, dass der Beklagte den in einem bestimmten Bereich einer der Tongruben vorhandenen - auch noch nicht aufgehaldeten - Ton für die angeordneten Maßnahmen im Rahmen einer Ersatzvornahme verwendet. Die Ersatzvornahme der angeordneten Maßnahmen sowie ein Zwangsgeld für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungs- und Duldungsverfügung wurden angedroht. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht teilweise Erfolg; das Verwaltungsgericht hob die Unterlassungs- und Duldungsverfügung, die Zwangsgeldandrohung und die Androhung der Ersatzvornahme, soweit sie sich auf den in der Unterlassungs- und Duldungsverfügung bezeichneten Ton bezog, auf. Das Oberverwaltungsgericht hat nach der nur hierauf bezogenen Zulassung der Berufung die Klage in vollem Umfang abgewiesen: Die Unterlassungs- und Duldungsverfügung sei zu Recht auf § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG gestützt worden. Das Bundes-Bodenschutzgesetz sei einschlägig, weil weder das Bergrecht noch das Abfallrecht vorrangig anzuwenden seien. Bei den streitigen Anordnungen handele es sich um notwendige Maßnahmen, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügten.
- 2
-
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.
-
II
- 3
-
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
- 4
-
1. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten Abweichung des angefochtenen Urteils von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zuzulassen.
- 5
-
Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten und deren Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juni 1995 - 8 B 61.95 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 18, vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 und vom 13. Juli 1999 - 8 B 166.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 9). Dem genügt das Vorbringen des Klägers nicht.
- 6
-
Der Kläger meint, dass das Oberverwaltungsgericht bei der Auslegung des § 3 Abs. 1 Nr. 10 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz - BBodSchG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 17. März 1998 (BGBl. I S. 502), zuletzt geändert durch Art. 5 Abs. 30 des Gesetzes vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) von drei Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen sei. Er entnimmt dem angefochtenen Urteil letztlich den entscheidungstragenden Rechtssatz, dass es "jedenfalls außerhalb des Betriebsplanzulassungsverfahrens keine Regelung im Bundesberggesetz gibt, die eine Berücksichtigung bzw. Durchsetzung der Belange des Bodenschutzes ermöglichen würde". Einen abweichenden und gleichermaßen entscheidungstragenden Rechtssatz aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. April 2005 - 7 C 26.03 - (BVerwGE 123, 247) stellt der Kläger dem indessen nicht gegenüber. Er verweist auf Ausführungen in dieser Entscheidung, wonach § 48 Abs. 2 Bundesberggesetz (BBergG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 13. August 1980 (BGBl. I S. 1310), zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 71 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) das zur Berücksichtigung schädlicher Einwirkungen auf den Boden und damit die Belange des Bodenschutzes - die materiell-rechtlich außerhalb des Bergrechts geregelt seien - erforderliche Verfahren bereitstelle. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der angeführten Entscheidung allerdings nur über die Rechtmäßigkeit eines Abschlussbetriebsplans (§ 53 Abs. 1 BBergG) entschieden und insoweit die Zulassungsvoraussetzungen nach § 55 Abs. 1 BBergG durch den Rückgriff auf die in § 48 Abs. 2 BBergG erwähnten, einer Bergbautätigkeit entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen erweitert. Dass und gegebenenfalls in welcher Weise § 48 Abs. 2 BBergG über seinen unmittelbaren Anwendungsbereich - die Untersagung oder Beschränkung einer Aufsuchung oder Gewinnung - hinausgehend die Berücksichtigung der Belange des Bodenschutzes im Rahmen einer nachträglichen Anordnung ermöglicht, hat das Bundesverwaltungsgericht indessen nicht entschieden.
- 7
-
Eine entscheidungserhebliche Divergenz wird in Bezug auf das Urteil vom 4. Juli 1986 - 4 C 31.84 - (BVerwGE 74, 315) ebenso wenig aufgezeigt. Auch in dieser Entscheidung, der sich das Urteil vom 14. April 2005 anschließt, wird § 48 Abs. 2 BBergG als eine die Prüfungsbefugnisse der Bergbehörde im Betriebsplanzulassungsverfahren erweiternde Norm verstanden. Soweit das Bundesverwaltungsgericht - nicht entscheidungstragend - den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 48 Abs. 2 BBergG als eine eigenständige, dem Betriebsplan neben- und nachgeordnete Anordnungsbefugnis der Bergbehörde umschreibt, bezieht sich das auch hier lediglich auf die dort ausdrücklich normierte Befugnis, die Aufsuchung oder Gewinnung zu beschränken oder zu untersagen.
- 8
-
Schließlich bleibt auch die Rüge, dass eine Divergenz zu einem im Urteil vom 16. März 1989 - 4 C 36.85 - (BVerwGE 81, 329) aufgestellten Rechtssatz gegeben sei, ohne Erfolg. Der Kläger verweist darauf, dass das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung eine verfassungskonforme Auslegung von § 48 Abs. 2 BBergG im Hinblick auf den Eigentumsschutz und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorgenommen habe, und meint, dass das Oberverwaltungsgericht in Anbetracht der Staatszielbestimmung Umweltschutz dem Beklagten die Möglichkeit hätte einräumen müssen, Anordnungen zur Abwehr erheblicher Gefahren für Boden und Grundwasser auf bergrechtlicher Grundlage zu erlassen. Die hierin liegende Behauptung, das Oberverwaltungsgericht habe nicht die gebotenen Folgerungen aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gezogen, führt indessen nicht auf eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.
- 9
-
2. Mit den Grundsatzrügen dringt der Kläger ebenso wenig durch; die Rechtssache hat nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die der Kläger ihr beimisst.
- 10
-
a) Mit der zur Abgrenzung der Anwendbarkeit von Bundes-Bodenschutzgesetz und Bundesberggesetz aufgeworfenen Frage,
-
ob auf der Grundlage von § 71 Abs. 1 BBergG, § 48 Abs. 2 BBergG oder einer sonstigen Ermächtigungsnorm des Bundesberggesetzes Anordnungen getroffen werden können, die der Abwehr von Gefahren dienen, die in einem der Bergaufsicht unterstehenden Betrieb von verfüllten, bergbaufremden Abfällen auf Boden und Grundwasser ausgehen?,
-
wird, soweit sie entscheidungserheblich ist, ein weitergehender Klärungsbedarf nicht aufgezeigt. Durch die Rechtsprechung des beschließenden Senats ist die Beantwortung der Frage im Sinne der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts vorgezeichnet.
- 11
-
Die Subsidiarität des Bodenschutzrechts zum Bergrecht ist im § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG geregelt. Danach findet das Bundes-Bodenschutzgesetz auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten insoweit Anwendung, als Vorschriften des Bundesberggesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen über die Errichtung, Führung oder Einstellung eines Betriebes Einwirkungen auf den Boden nicht regeln. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass schädliche Bodenveränderungen infolge einer Verfüllung von Abfällen sich anhand der in § 55 Abs. 1 Nr. 3, 6, 7 und 9 BBergG normierten Voraussetzungen nicht sachgerecht erfassen lassen, so dass in Ermangelung bergrechtlicher Vorschriften, die die hier in Rede stehenden Einwirkungen auf den Boden regeln, das Bundes-Bodenschutzgesetz anwendbar ist (BVerwG, Urteil vom 14. April 2005 - 7 C 26.03 - BVerwGE 123, 247 <253, 257>). Hiernach sind grundsätzlich die dort normierten Ermächtigungsgrundlagen für ein behördliches Handeln heranzuziehen. Geht es - wie hier - um die Abwehr von Gefahren, ist die Generalklausel des § 10 Abs. 1 BBodSchG einschlägig.
- 12
-
Diese Annahme steht nicht in Widerspruch zur genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Eine allgemeine Beschränkung der Anwendbarkeit des Bundes-Bodenschutzgesetzes auf die Beachtung von dessen materiell-rechtlichen Vorgaben im Rahmen der fachgesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen des Bundesberggesetzes ist darin nicht angelegt. Vielmehr kann sich eine solche Beschränkung nur aus dem jeweiligen Regelungsziel ergeben. Soll - wie in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall - bereits im Wege der Vorsorge vermieden werden, dass später eine verfüllungsbedingte Sanierung ansteht, ist diesem Anliegen im Rahmen der spezialgesetzlichen Zulassungsentscheidung, d.h. dem (Abschluss-)Betriebsplan, Rechnung zu tragen. Hieran anknüpfend können zur Durchsetzung des Betriebsplans Anordnungen nach § 71 Abs. 1 BBergG ergehen, die sich folglich auch auf Gegenstände beziehen können, für die das Bundesberggesetz selbst keine materiell-rechtlichen Kriterien enthält. Geht es indessen um Sanierungsmaßnahmen, die zur Gefahrenabwehr ohne Bezug auf einen Betriebsplan ergriffen werden sollen, bedarf es nicht des Umwegs über ein bergrechtliches Verfahren, um die inhaltlichen Anforderungen des Bodenschutzrechts umzusetzen.
- 13
-
b) Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen "zur materiellen Rechtmäßigkeit von Duldungs- und Unterlassungsverfügungen zur Inanspruchnahme einer nicht störenden Sache" rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.
- 14
-
Als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnet der Kläger die Frage:
-
Gehört zu den Maßnahmen, die eine Behörde gemäß § 10 Abs. 1 BBodSchG zur Erfüllung von Gefahrenabwehr- und Sanierungspflichten nach den §§ 4 und 7 BBodSchG anordnen kann, auch eine Anordnung, wonach es der Adressat der Gefahrenabwehr- oder Sanierungspflicht zu unterlassen hat, Sachen, von denen selbst keine Gefahr ausgeht und die in seinem Eigentum oder in seiner tatsächlichen Gewalt stehen, an Dritte abzugeben oder sonst wegzuschaffen, oder wonach er deren Inanspruchnahme zu dulden hat, wenn die anordnende Behörde diese Sachen ganz oder teilweise im Rahmen der Ersatzvornahme zur Vollstreckung der angeordneten Gefahrenabwehr- und Sanierungspflichten selbst verwenden will?
-
Diese Frage wird im Folgenden insbesondere hinsichtlich der Kennzeichnung der "nicht störenden Sache" spezifiziert.
- 15
-
Soweit die Fragen einer fallübergreifenden Beantwortung zugänglich sind, bedürfen sie nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Im Übrigen geht es um von den Umständen des Einzelfalles abhängige Bewertungen, die in rechtsgrundsätzlicher Weise nicht geklärt werden können.
- 16
-
Es bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass die Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs. 1 Satz 1 (i.V.m. § 4 Abs. 3) BBodSchG sich nicht lediglich auf Maßnahmen erstreckt, die in dem Sinne unmittelbar auf die Sanierung bezogen sind, als sie das mit diesen zu erreichende Ziel festlegen sowie die Modalitäten der Durchführung der Gefahrenabwehrmaßnahmen regeln. Der Wortlaut der Bestimmung gibt für eine Beschränkung auf Maßnahmen, die die Gefahrenabwehr insoweit unmittelbar betreffen, und - im Gegenschluss - den Ausschluss nur mittelbar wirkender Maßnahmen nichts her. Dies gilt insbesondere auch für Anordnungen, die die Durchsetzung der Sanierungsmaßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung flankieren sollen. Vielmehr ist nach allgemeinen ordnungsrechtlichen Grundsätzen für die Abgrenzung der in Betracht kommenden Maßnahmen allein maßgeblich, ob die Anordnung geeignet ist, zur Erreichung des Sanierungsziels beizutragen.
- 17
-
Auch die für den Kläger ersichtlich zentrale Frage, ob § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG den Zugriff auf eine "nicht störende Sache" im Eigentum oder Besitz des Pflichtigen zur Sicherung der Durchführung der Ersatzvornahme zur Vollstreckung einer Sanierungsanordnung ermöglicht, wirft einen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf nicht auf.
- 18
-
Das Gesetz ermächtigt im Interesse der Effizienz der Gefahrenabwehr zu den tauglichen Maßnahmen zur Herbeiführung des beabsichtigten Erfolgs. Dabei darf die Behörde auch die Notwendigkeit der Durchführung einer Ersatzvornahme im Auge haben und deren Erfordernisse berücksichtigen. Die Handlungsmöglichkeiten der Behörde sind gleichwohl nicht unbegrenzt; sie werden mit dem Verweis auf die "notwendigen Maßnahmen" durch den rechtsstaatlich und grundrechtlich fundierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eingegrenzt. Darüber hinausgehende generelle Beschränkungen der behördlichen Handlungsmöglichkeiten folgen insoweit nicht aus den die Sanierungspflicht begründenden Umständen. Unterschiedliche Ausprägungen der Sanierungspflicht je nach der Art der in § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG normierten Sanierungsverantwortlichkeiten kennt das Gesetz nicht. Vielmehr kann der Zustandsverantwortliche grundsätzlich in gleicher Weise wie der Verhaltensverantwortliche in Anspruch genommen werden.
- 19
-
Entgegen der Ansicht des Klägers ist allein mit diesen allgemeinen Grenzen die Reichweite der Ermächtigungsgrundlage nicht unzureichend festgelegt. Der lediglich auf die Situation der Ersatzvornahme beschränkte und insoweit nachrangige Zugriff auf eine in der Verfügungsbefugnis des Pflichtigen stehende "nicht störende Sache" zum Zweck der Gefahrenabwehr bedarf auch unter Beachtung des um das rechtsstaatliche Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit ergänzten Grundsatzes des Vorbehalts des Gesetzes keiner speziellen Befugnisnorm, die die Voraussetzungen eines behördlichen Eingriffs näher umschreibt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 - 6 C 39.06 - BVerwGE 129, 142 Rn. 31 ff.). Ein besonderes gesetzgeberisches Regelungsbedürfnis ist insoweit nicht zu erkennen. Es ergibt sich insbesondere nicht aus der Intensität des von den Betroffenen in einer solchen Fallkonstellation hinzunehmenden Grundrechtseingriffs. Der Betroffene wird zwar in der freien Verfügung über sein Eigentum beschränkt. Dies kann er aber abwenden, indem er die ihm auferlegten Sanierungsmaßnahmen selbst durchführt und es auf eine Vollstreckung nicht ankommen lässt. Letztlich geht es um das Ausmaß der finanziellen Belastung des Betroffenen; diese folgt indessen dem Grunde nach bereits aus der Sanierungsanordnung als solcher.
- 20
-
Das Erfordernis einer speziellen Ermächtigungsgrundlage wird auch nicht etwa dadurch belegt, dass im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht mit dem Rechtsinstitut der Beschlagnahme bzw. Sicherstellung der Zugriff auf eine Sache, die wegen ihrer Eigenschaften eine Gefahrenquelle darstellt und die insoweit "stört", im Wege einer sogenannten "Standardermächtigung" gesondert geregelt wird und hierfür mit der Voraussetzung des Vorliegens einer unmittelbaren Gefahr erhöhte Anforderungen normiert werden (siehe etwa § 47 Nr. 1 BPolG und die Darstellung landesrechtlicher Regelungen bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, Kap. E Rn. 667 ff., 675 ff.). Denn abgesehen davon, dass damit - im Unterschied zur vorliegenden Fallkonstellation - häufig vorkommenden und folglich typisierten Gefahrenlagen begegnet wird, ist der Eingriff in die Eigentumsposition des Betroffenen insoweit von größerem Gewicht, als er nicht durch eigenes Handeln des Pflichtigen abgewendet werden kann.
- 21
-
c) Die Fragen:
-
Kann die Gewinnung eines Bodenschatzes, die nach § 51 Abs. 1 BBergG der Betriebsplanpflicht unterliegt, auch auf Grundlage einer Gefahrenabwehranordnung erfolgen, wenn kein zugelassener Betriebsplan vorliegt? Gilt das auch dann, wenn der Bodenschatz in ausreichender Menge und Qualität ohne weiteres am Markt erhältlich ist?
-
rechtfertigen ebenso wenig die Zulassung der Revision.
- 22
-
Der Kläger führt zur Erläuterung zunächst aus, das Oberverwaltungsgericht gehe davon aus, dass die Anordnung von Gefahrenabwehrmaßnahmen einem Pflichtigen das Recht gebe, einen hierfür erforderlichen Bodenschatz ohne Betriebsplanzulassung zu gewinnen. Dieses Verständnis der angefochtenen Verfügung ist unzutreffend. Sie gibt dem Kläger nicht auf, für die Sanierungsmaßnahmen Ton aus der Grube V. zu verwenden. Das Oberverwaltungsgericht legt seinen Erwägungen nichts Abweichendes zugrunde.
- 23
-
Aber auch soweit der Kläger auf die gegebene Fallkonstellation abstellt, wonach die Beklagte mit der Unterlassungs- und Duldungsverfügung keine ihm, dem Kläger, obliegende Pflicht zum Abbau und zur Verwendung bestimmten Tons durchsetzen will, sondern selbst auf den Ton zugreifen möchte, wird ein rechtsgrundsätzlicher Klärungsbedarf nicht aufgezeigt. Die Frage, ob dies nur auf der Grundlage eines Betriebsplans gemäß § 51 Abs. 1 BBergG zulässig ist, lässt sich ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens in Übereinstimmung mit dem Oberverwaltungsgericht im verneinenden Sinne beantworten.
- 24
-
Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 BBergG dürfen u.a. Gewinnungsbetriebe nur aufgrund von Plänen (Betriebsplan) errichtet, geführt und eingestellt werden, die vom Unternehmer aufgestellt und von der zuständigen Behörde zugelassen worden sind. Die von der Beklagten beabsichtigte Entnahme des Tons aus der Grube V. erfüllt zwar die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gewinnungsbetriebs im Sinne vom § 4 Abs. 2 Halbs. 1 und Abs. 8 BBergG. Entgegen der von dem Beklagten im Berufungsverfahren vertretenen Auffassung ist die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 2 Halbs. 2 Nr. 1 BBergG, die das Lösen oder Freisetzen von Bodenschätzen aus Anlass oder im Zusammenhang mit der baulichen Nutzung von Grundstücken betrifft, nicht einschlägig und auch nicht analog anzuwenden. Es fehlt an einer tatbestandsmäßigen oder vergleichbaren Sachlage, da die Errichtung der Dichtwände nicht zwangsläufig mit der Förderung des Tons verbunden ist; vielmehr steht hierfür taugliches Material auch aus anderen Lagerstätten zur Verfügung. Ein Betriebsplan ist aber gleichwohl entbehrlich. Die Betriebsplanpflicht nach § 51 Abs. 1 BBergG dient als Teil der staatlichen Überwachung des Bergbaus der behördlichen Kontrolle der bergbaulichen Tätigkeit durch den Erlass eines entsprechenden Zulassungsbescheids. Für eine solche formalisierte Kontrolle im Betriebsplanzulassungsverfahren ist nur Raum, wenn der Bergbehörde ein Unternehmer im Sinne von § 4 Abs. 5 BBergG gegenübersteht, der den Erlass eines Betriebsplans beantragen muss und an den eine Zulassungsentscheidung gerichtet werden kann. Greift die Bergbehörde im Rahmen einer Gefahrenabwehrmaßnahme auf den Bodenschatz zu, hat sie die Beachtung der nach § 55 Abs. 1 BBergG gebotenen Schutzvorkehrungen unmittelbar zu gewährleisten. Ein solches Vorgehen ist jedenfalls dann zulässig, wenn die sachlichen Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 BBergG, nämlich ein Betrieb von geringer Gefährlichkeit und Bedeutung, gegeben sind. Das hat das Oberverwaltungsgericht in der im angefochtenen Urteil in Bezug genommenen Entscheidung des vorläufigen Rechtsschutzes festgestellt. Hiergegen wendet sich der Kläger nicht.
- 25
-
3. Schließlich ist auch die Rüge unbegründet, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 138 Nr. 6, § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Nach § 117 Abs. 2 Nr. 5, § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO müssen im Urteil die Gründe schriftlich niedergelegt werden, die für die Überzeugungsbildung des Gerichts maßgeblich waren. Nicht mit Gründen versehen ist eine Entscheidung nur dann, wenn die Entscheidungsgründe keine Kenntnis darüber vermitteln, welche tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte für die Entscheidung maßgebend waren und wenn den Beteiligten und dem Rechtsmittelgericht deshalb die Möglichkeit entzogen ist, die Entscheidung zu überprüfen. Das ist nur dann der Fall, wenn die Entscheidungsgründe vollständig oder zu wesentlichen Teilen des Streitgegenstandes fehlen oder rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Urteilstenor zu tragen. Der in § 138 Nr. 6 VwGO vorausgesetzte grobe Verfahrensfehler liegt indessen nicht schon dann vor, wenn die Entscheidungsgründe lediglich unklar, unvollständig, oberflächlich oder unrichtig sind (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 5. Juni 1998 - 9 B 412.98 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 32 und vom 25. September 2013 - 1 B 8.13 - juris Rn. 16, jeweils m.w.N.).
- 26
-
a) Nach diesen Maßstäben hat das Oberverwaltungsgericht im Hinblick auf die Ausführungen zum Anwendungsbereich des Abfallrechts gegen seine Begründungspflicht nicht verstoßen. Unter Würdigung verschiedener Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes legt es dar, warum gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 BBodSchG dieses Gesetz nicht durch das Abfallrecht verdrängt wird. Sein Gedankengang ist in sich nachvollziehbar; ob das Oberverwaltungsgericht dabei den Sachverhalt in jeglicher Hinsicht zutreffend erfasst hat und die rechtlichen Schlussfolgerungen überzeugend erscheinen, ist in diesem Zusammenhang indessen unerheblich.
- 27
-
b) In Bezug auf die Androhung des Zwangsgeldes in Ziffer 7 des angefochtenen Bescheids und die Androhung der Ersatzvornahme in Ziffer 6, soweit sie sich auf den in Ziffer 4 bezeichneten Ton bezieht, liegt der gerügte Verfahrensmangel ebenso wenig vor. Zwar beschränkt sich das Oberverwaltungsgericht insoweit am Beginn der Entscheidungsgründe auf die Feststellung, dass der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Unterlassungs- und Duldungsverfügung sowie "der hierauf bezogenen Androhungen in Ziff. 6 und Ziff. 7 rechtmäßig ist", ohne auf die letztgenannten Regelungen nochmals näher einzugehen. Der Verweis auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 9. Mai 2012 - OVG 2 M 13/12 - im Eilverfahren ist insoweit ohne Bedeutung, da dieser sich nur mit der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Duldungsverfügung (Ziffer 4 b) des Bescheids) befasst. Die Lückenhaftigkeit von Entscheidungsgründen kann zwar insbesondere dann auf den Verfahrensmangel des § 138 Nr. 6 VwGO führen, wenn Ausführungen zu einzelnen Streitgegenständen fehlen. Dies gilt jedoch nicht, wenn sich eine hinreichende Begründung gleichwohl aus dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe erschließen lässt. Von Letzterem ist hier auszugehen.
- 28
-
Die Androhung von Zwangsgeld in Ziffer 7 des Bescheids bildet gegenüber der zu vollstreckenden Grundverfügung zwar einen selbstständigen Streitgegenstand. Sie ist jedoch insoweit akzessorisch, als mit der (gerichtlichen) Aufhebung des Grundverwaltungsakts dessen Wirksamkeit als die Grundvoraussetzung jeglicher Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung entfällt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 7 C 5.08 - Buchholz 345 § 6 VwVG Nr. 1 Rn. 12). Hat der Grundverwaltungsakt - wie hier - als Grundlage einer Vollstreckungsmaßnahme Bestand, sind zwar noch die weiteren Voraussetzungen der Verwaltungsvollstreckung nach Maßgabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen [§ 71 Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (VwVG LSA) i.d.F. der Bekanntmachung vom 20. Februar 2015 (GVBl. S. 50) i.V.m. §§ 53 ff. Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG LSA) i.d.F. der Bekanntmachung vom 20. Mai 2014 (GVBl. S. 182 ber. S. 380)] zu prüfen. Aus dem Schweigen der Entscheidungsgründe kann dann aber geschlossen werden, dass nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts insoweit nichts zu beanstanden ist. Der Kläger zeigt nicht auf, dass in dieser Hinsicht weitere Ausführungen angezeigt gewesen wären, weil hierauf bezogene Rechts- oder Tatsachenfragen erörterungsbedürftig wären. Aus dem Verweis auf den Vortrag im Berufungsverfahren ergibt sich nichts anderes. Denn darin hat der Kläger in Bezug auf die Vollstreckungsmaßnahmen lediglich eine unzulängliche Fristsetzung gerügt. Die Frist in Ziffer 3 war indessen nur für die Androhung der Ersatzvornahme in Bezug auf die in Ziffern 1 und 2 angeordneten Sanierungsmaßnahmen von Bedeutung. Für die Vollstreckung der im Berufungsverfahren noch streitige Duldungs- und Unterlassungsanordnung war eine Frist nicht festgesetzt; das war im Übrigen auch nicht erforderlich.
- 29
-
Hinsichtlich der Abweisung der Klage gegen die Androhung der Ersatzvornahme in Ziffer 6 des Bescheids, soweit diese Gegenstand des Berufungsverfahrens war, gilt Entsprechendes. Allerdings war die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Ersatzvornahme als solche und damit auch die Frage der Angemessenheit der Fristsetzung in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheids nicht mehr in Streit. Denn das Verwaltungsgericht hat der Klage gegen die Androhung der Ersatzvornahme nur insoweit stattgegeben, als sich die angedrohte Ersatzvornahme auf Ton im Sinne der Ziffer 4 bezieht. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen; in den Entscheidungsgründen hat es - insbesondere auch nach Prüfung der Rechtmäßigkeit der in Ziffer 3 gesetzten Frist - ausgeführt, dass die Ersatzvornahme für die in Ziffern 1 und 2 auferlegten Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig angedroht worden ist. Insoweit ist das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts nach Ablehnung des hiergegen gerichteten Antrags des Klägers auf Zulassung der Berufung durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 4. Juni 2013 - OVG 2 L 20/12 - rechtskräftig. Die auf Ziffer 6 des Bescheids bezogene stattgebende verwaltungsgerichtliche Entscheidung war demnach allein darauf gerichtet, die Verwendung des von der Behörde nach Maßgabe der Duldungsanordnung beschafften Tons bei der Ersatzvornahme zu verhindern. Über die Zulässigkeit des behördlichen Zugriffs auf diesen Ton wurde bereits bei der Prüfung der Duldungsanordnung entschieden. Gesichtspunkte die zu darüber hinausgehenden, spezifisch auf die Ersatzvornahme bezogenen Erwägungen in den Entscheidungsgründen hätten Anlass geben müssen, sind nicht ersichtlich und werden vom Kläger auch nicht aufgezeigt.
- 30
-
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung und Änderung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 sowie § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Im Anschluss an die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts im Zulassungsbeschluss vom 4. Juni 2013 bemisst der Senat das wirtschaftliche Interesse des Klägers auf den durch bei freihändigem Verkauf des Tons zu erzielenden Kaufpreis.
(1) Liegen der zuständigen Behörde Anhaltspunkte dafür vor, daß eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast vorliegt, so soll sie zur Ermittlung des Sachverhalts die geeigneten Maßnahmen ergreifen. Werden die in einer Rechtsverordnung nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 festgesetzten Prüfwerte überschritten, soll die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen treffen, um festzustellen, ob eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast vorliegt. Im Rahmen der Untersuchung und Bewertung sind insbesondere Art und Konzentration der Schadstoffe, die Möglichkeit ihrer Ausbreitung in die Umwelt und ihrer Aufnahme durch Menschen, Tiere und Pflanzen sowie die Nutzung des Grundstücks nach § 4 Abs. 4 zu berücksichtigen. Der Grundstückseigentümer und, wenn dieser bekannt ist, auch der Inhaber der tatsächlichen Gewalt sind über die getroffenen Feststellungen und über die Ergebnisse der Bewertung auf Antrag schriftlich zu unterrichten.
(2) Besteht auf Grund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast, kann die zuständige Behörde anordnen, daß die in § 4 Abs. 3, 5 und 6 genannten Personen die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen haben. Die zuständige Behörde kann verlangen, daß Untersuchungen von Sachverständigen oder Untersuchungsstellen nach § 18 durchgeführt werden. Sonstige Pflichten zur Mitwirkung der in § 4 Abs. 3, 5 und 6 genannten Personen sowie Duldungspflichten der nach § 12 Betroffenen bestimmen sich nach Landesrecht.
(1) Bei Altlasten, bei denen wegen der Verschiedenartigkeit der nach § 4 erforderlichen Maßnahmen ein abgestimmtes Vorgehen notwendig ist oder von denen auf Grund von Art, Ausbreitung oder Menge der Schadstoffe in besonderem Maße schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit ausgehen, soll die zuständige Behörde von einem nach § 4 Abs. 3, 5 oder 6 zur Sanierung Verpflichteten die notwendigen Untersuchungen zur Entscheidung über Art und Umfang der erforderlichen Maßnahmen (Sanierungsuntersuchungen) sowie die Vorlage eines Sanierungsplans verlangen, der insbesondere
- 1.
eine Zusammenfassung der Gefährdungsabschätzung und der Sanierungsuntersuchungen, - 2.
Angaben über die bisherige und künftige Nutzung der zu sanierenden Grundstücke, - 3.
die Darstellung des Sanierungsziels und die hierzu erforderlichen Dekontaminations-, Sicherungs-, Schutz-, Beschränkungs- und Eigenkontrollmaßnahmen sowie die zeitliche Durchführung dieser Maßnahmen
(2) Die zuständige Behörde kann verlangen, daß die Sanierungsuntersuchungen sowie der Sanierungsplan von einem Sachverständigen nach § 18 erstellt werden.
(3) Wer nach Absatz 1 einen Sanierungsplan vorzulegen hat, hat die nach § 12 Betroffenen frühzeitig, in geeigneter Weise und unaufgefordert über die geplanten Maßnahmen zu informieren. § 12 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(4) Mit dem Sanierungsplan kann der Entwurf eines Sanierungsvertrages über die Ausführung des Plans vorgelegt werden, der die Einbeziehung Dritter vorsehen kann.
(5) Soweit entnommenes Bodenmaterial im Bereich der von der Altlastensanierung betroffenen Fläche wieder eingebracht werden soll, gilt § 28 Absatz 1 Satz 1 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes nicht, wenn durch einen für verbindlich erklärten Sanierungsplan oder eine Anordnung zur Durchsetzung der Pflichten nach § 4 sichergestellt wird, daß das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird.
(6) Die zuständige Behörde kann den Plan, auch unter Abänderungen oder mit Nebenbestimmungen, für verbindlich erklären. Ein für verbindlich erklärter Plan schließt andere die Sanierung betreffende behördliche Entscheidungen mit Ausnahme von Zulassungsentscheidungen für Vorhaben, die nach § 1 in Verbindung mit der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder kraft Landesrechts einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen, mit ein, soweit sie im Einvernehmen mit der jeweils zuständigen Behörde erlassen und in dem für verbindlich erklärten Plan die miteingeschlossenen Entscheidungen aufgeführt werden.
(1) Zur Erfüllung der sich aus §§ 4 und 7 und den auf Grund von § 5 Satz 1, §§ 6 und 8 erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten kann die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen treffen. Werden zur Erfüllung der Verpflichtung aus § 4 Abs. 3 und 6 Sicherungsmaßnahmen angeordnet, kann die zuständige Behörde verlangen, daß der Verpflichtete für die Aufrechterhaltung der Sicherungs- und Überwachungsmaßnahmen in der Zukunft Sicherheit leistet. Anordnungen zur Erfüllung der Pflichten nach § 7 dürfen getroffen werden, soweit Anforderungen in einer Rechtsverordnung festgelegt sind. Die zuständige Behörde darf eine Anordnung nicht treffen, wenn sie auch im Hinblick auf die berechtigten Nutzungsinteressen einzelner unverhältnismäßig wäre.
(2) Trifft die zuständige Behörde gegenüber dem Grundstückseigentümer oder dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt zur Erfüllung der Pflichten nach § 4 Anordnungen zur Beschränkung der land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung sowie zur Bewirtschaftung von Böden, so hat sie, wenn diese nicht Verursacher der schädlichen Bodenveränderungen sind, für die nach zumutbaren innerbetrieblichen Anpassungsmaßnahmen verbliebenen wirtschaftlichen Nachteile nach Maßgabe des Landesrechts einen angemessenen Ausgleich zu gewähren, wenn die Nutzungsbeschränkung andernfalls zu einer über die damit verbundene allgemeine Belastung erheblich hinausgehenden besonderen Härte führen würde.
Gründe
-
I
- 1
-
Der Kläger ist Insolvenzverwalter; er wendet sich gegen Anordnungen im Zusammenhang mit der Sanierung der Tongruben der Insolvenzschuldnerin. Diese baute seit den 1990er Jahren in zwei Gruben Ton im Tagebaubetrieb ab. Der letzte Hauptbetriebsplan war bis zum 31. August 2008 zugelassen. Im Rahmen eines Sonderbetriebsplans war es der Insolvenzschuldnerin gestattet, zur Wiedernutzbarmachung ein Teilfeld auch mit Abfall zu verfüllen. Nachdem festgestellt worden war, dass hierzu auch nicht zugelassener Hausmüll verwendet wurde, nahm der Beklagte die Sonderbetriebsplanzulassung teilweise zurück und untersagte die weitere Verfüllung. Mit Bescheid vom 3. Februar 2010, geändert mit Bescheiden vom 4. April und 8. August 2011, gab der Beklagte dem Kläger auf, die Tontagebaue mit Dichtwänden zu sichern, die teilweise aus Ton hergestellt werden sollten. Dem Kläger wurde untersagt, bis zum Abschluss dieser Maßnahmen den in den Tagebauen vorhandenen Ton an Dritte abzugeben oder sonst wegzuschaffen. Darüber hinaus wurde dem Kläger aufgegeben zu dulden, dass der Beklagte den in einem bestimmten Bereich einer der Tongruben vorhandenen - auch noch nicht aufgehaldeten - Ton für die angeordneten Maßnahmen im Rahmen einer Ersatzvornahme verwendet. Die Ersatzvornahme der angeordneten Maßnahmen sowie ein Zwangsgeld für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungs- und Duldungsverfügung wurden angedroht. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht teilweise Erfolg; das Verwaltungsgericht hob die Unterlassungs- und Duldungsverfügung, die Zwangsgeldandrohung und die Androhung der Ersatzvornahme, soweit sie sich auf den in der Unterlassungs- und Duldungsverfügung bezeichneten Ton bezog, auf. Das Oberverwaltungsgericht hat nach der nur hierauf bezogenen Zulassung der Berufung die Klage in vollem Umfang abgewiesen: Die Unterlassungs- und Duldungsverfügung sei zu Recht auf § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG gestützt worden. Das Bundes-Bodenschutzgesetz sei einschlägig, weil weder das Bergrecht noch das Abfallrecht vorrangig anzuwenden seien. Bei den streitigen Anordnungen handele es sich um notwendige Maßnahmen, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügten.
- 2
-
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.
-
II
- 3
-
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
- 4
-
1. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten Abweichung des angefochtenen Urteils von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zuzulassen.
- 5
-
Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten und deren Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juni 1995 - 8 B 61.95 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 18, vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 und vom 13. Juli 1999 - 8 B 166.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 9). Dem genügt das Vorbringen des Klägers nicht.
- 6
-
Der Kläger meint, dass das Oberverwaltungsgericht bei der Auslegung des § 3 Abs. 1 Nr. 10 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz - BBodSchG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 17. März 1998 (BGBl. I S. 502), zuletzt geändert durch Art. 5 Abs. 30 des Gesetzes vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) von drei Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen sei. Er entnimmt dem angefochtenen Urteil letztlich den entscheidungstragenden Rechtssatz, dass es "jedenfalls außerhalb des Betriebsplanzulassungsverfahrens keine Regelung im Bundesberggesetz gibt, die eine Berücksichtigung bzw. Durchsetzung der Belange des Bodenschutzes ermöglichen würde". Einen abweichenden und gleichermaßen entscheidungstragenden Rechtssatz aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. April 2005 - 7 C 26.03 - (BVerwGE 123, 247) stellt der Kläger dem indessen nicht gegenüber. Er verweist auf Ausführungen in dieser Entscheidung, wonach § 48 Abs. 2 Bundesberggesetz (BBergG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 13. August 1980 (BGBl. I S. 1310), zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 71 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) das zur Berücksichtigung schädlicher Einwirkungen auf den Boden und damit die Belange des Bodenschutzes - die materiell-rechtlich außerhalb des Bergrechts geregelt seien - erforderliche Verfahren bereitstelle. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der angeführten Entscheidung allerdings nur über die Rechtmäßigkeit eines Abschlussbetriebsplans (§ 53 Abs. 1 BBergG) entschieden und insoweit die Zulassungsvoraussetzungen nach § 55 Abs. 1 BBergG durch den Rückgriff auf die in § 48 Abs. 2 BBergG erwähnten, einer Bergbautätigkeit entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen erweitert. Dass und gegebenenfalls in welcher Weise § 48 Abs. 2 BBergG über seinen unmittelbaren Anwendungsbereich - die Untersagung oder Beschränkung einer Aufsuchung oder Gewinnung - hinausgehend die Berücksichtigung der Belange des Bodenschutzes im Rahmen einer nachträglichen Anordnung ermöglicht, hat das Bundesverwaltungsgericht indessen nicht entschieden.
- 7
-
Eine entscheidungserhebliche Divergenz wird in Bezug auf das Urteil vom 4. Juli 1986 - 4 C 31.84 - (BVerwGE 74, 315) ebenso wenig aufgezeigt. Auch in dieser Entscheidung, der sich das Urteil vom 14. April 2005 anschließt, wird § 48 Abs. 2 BBergG als eine die Prüfungsbefugnisse der Bergbehörde im Betriebsplanzulassungsverfahren erweiternde Norm verstanden. Soweit das Bundesverwaltungsgericht - nicht entscheidungstragend - den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 48 Abs. 2 BBergG als eine eigenständige, dem Betriebsplan neben- und nachgeordnete Anordnungsbefugnis der Bergbehörde umschreibt, bezieht sich das auch hier lediglich auf die dort ausdrücklich normierte Befugnis, die Aufsuchung oder Gewinnung zu beschränken oder zu untersagen.
- 8
-
Schließlich bleibt auch die Rüge, dass eine Divergenz zu einem im Urteil vom 16. März 1989 - 4 C 36.85 - (BVerwGE 81, 329) aufgestellten Rechtssatz gegeben sei, ohne Erfolg. Der Kläger verweist darauf, dass das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung eine verfassungskonforme Auslegung von § 48 Abs. 2 BBergG im Hinblick auf den Eigentumsschutz und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorgenommen habe, und meint, dass das Oberverwaltungsgericht in Anbetracht der Staatszielbestimmung Umweltschutz dem Beklagten die Möglichkeit hätte einräumen müssen, Anordnungen zur Abwehr erheblicher Gefahren für Boden und Grundwasser auf bergrechtlicher Grundlage zu erlassen. Die hierin liegende Behauptung, das Oberverwaltungsgericht habe nicht die gebotenen Folgerungen aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gezogen, führt indessen nicht auf eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.
- 9
-
2. Mit den Grundsatzrügen dringt der Kläger ebenso wenig durch; die Rechtssache hat nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die der Kläger ihr beimisst.
- 10
-
a) Mit der zur Abgrenzung der Anwendbarkeit von Bundes-Bodenschutzgesetz und Bundesberggesetz aufgeworfenen Frage,
-
ob auf der Grundlage von § 71 Abs. 1 BBergG, § 48 Abs. 2 BBergG oder einer sonstigen Ermächtigungsnorm des Bundesberggesetzes Anordnungen getroffen werden können, die der Abwehr von Gefahren dienen, die in einem der Bergaufsicht unterstehenden Betrieb von verfüllten, bergbaufremden Abfällen auf Boden und Grundwasser ausgehen?,
-
wird, soweit sie entscheidungserheblich ist, ein weitergehender Klärungsbedarf nicht aufgezeigt. Durch die Rechtsprechung des beschließenden Senats ist die Beantwortung der Frage im Sinne der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts vorgezeichnet.
- 11
-
Die Subsidiarität des Bodenschutzrechts zum Bergrecht ist im § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG geregelt. Danach findet das Bundes-Bodenschutzgesetz auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten insoweit Anwendung, als Vorschriften des Bundesberggesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen über die Errichtung, Führung oder Einstellung eines Betriebes Einwirkungen auf den Boden nicht regeln. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass schädliche Bodenveränderungen infolge einer Verfüllung von Abfällen sich anhand der in § 55 Abs. 1 Nr. 3, 6, 7 und 9 BBergG normierten Voraussetzungen nicht sachgerecht erfassen lassen, so dass in Ermangelung bergrechtlicher Vorschriften, die die hier in Rede stehenden Einwirkungen auf den Boden regeln, das Bundes-Bodenschutzgesetz anwendbar ist (BVerwG, Urteil vom 14. April 2005 - 7 C 26.03 - BVerwGE 123, 247 <253, 257>). Hiernach sind grundsätzlich die dort normierten Ermächtigungsgrundlagen für ein behördliches Handeln heranzuziehen. Geht es - wie hier - um die Abwehr von Gefahren, ist die Generalklausel des § 10 Abs. 1 BBodSchG einschlägig.
- 12
-
Diese Annahme steht nicht in Widerspruch zur genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Eine allgemeine Beschränkung der Anwendbarkeit des Bundes-Bodenschutzgesetzes auf die Beachtung von dessen materiell-rechtlichen Vorgaben im Rahmen der fachgesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen des Bundesberggesetzes ist darin nicht angelegt. Vielmehr kann sich eine solche Beschränkung nur aus dem jeweiligen Regelungsziel ergeben. Soll - wie in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall - bereits im Wege der Vorsorge vermieden werden, dass später eine verfüllungsbedingte Sanierung ansteht, ist diesem Anliegen im Rahmen der spezialgesetzlichen Zulassungsentscheidung, d.h. dem (Abschluss-)Betriebsplan, Rechnung zu tragen. Hieran anknüpfend können zur Durchsetzung des Betriebsplans Anordnungen nach § 71 Abs. 1 BBergG ergehen, die sich folglich auch auf Gegenstände beziehen können, für die das Bundesberggesetz selbst keine materiell-rechtlichen Kriterien enthält. Geht es indessen um Sanierungsmaßnahmen, die zur Gefahrenabwehr ohne Bezug auf einen Betriebsplan ergriffen werden sollen, bedarf es nicht des Umwegs über ein bergrechtliches Verfahren, um die inhaltlichen Anforderungen des Bodenschutzrechts umzusetzen.
- 13
-
b) Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen "zur materiellen Rechtmäßigkeit von Duldungs- und Unterlassungsverfügungen zur Inanspruchnahme einer nicht störenden Sache" rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.
- 14
-
Als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnet der Kläger die Frage:
-
Gehört zu den Maßnahmen, die eine Behörde gemäß § 10 Abs. 1 BBodSchG zur Erfüllung von Gefahrenabwehr- und Sanierungspflichten nach den §§ 4 und 7 BBodSchG anordnen kann, auch eine Anordnung, wonach es der Adressat der Gefahrenabwehr- oder Sanierungspflicht zu unterlassen hat, Sachen, von denen selbst keine Gefahr ausgeht und die in seinem Eigentum oder in seiner tatsächlichen Gewalt stehen, an Dritte abzugeben oder sonst wegzuschaffen, oder wonach er deren Inanspruchnahme zu dulden hat, wenn die anordnende Behörde diese Sachen ganz oder teilweise im Rahmen der Ersatzvornahme zur Vollstreckung der angeordneten Gefahrenabwehr- und Sanierungspflichten selbst verwenden will?
-
Diese Frage wird im Folgenden insbesondere hinsichtlich der Kennzeichnung der "nicht störenden Sache" spezifiziert.
- 15
-
Soweit die Fragen einer fallübergreifenden Beantwortung zugänglich sind, bedürfen sie nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Im Übrigen geht es um von den Umständen des Einzelfalles abhängige Bewertungen, die in rechtsgrundsätzlicher Weise nicht geklärt werden können.
- 16
-
Es bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass die Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs. 1 Satz 1 (i.V.m. § 4 Abs. 3) BBodSchG sich nicht lediglich auf Maßnahmen erstreckt, die in dem Sinne unmittelbar auf die Sanierung bezogen sind, als sie das mit diesen zu erreichende Ziel festlegen sowie die Modalitäten der Durchführung der Gefahrenabwehrmaßnahmen regeln. Der Wortlaut der Bestimmung gibt für eine Beschränkung auf Maßnahmen, die die Gefahrenabwehr insoweit unmittelbar betreffen, und - im Gegenschluss - den Ausschluss nur mittelbar wirkender Maßnahmen nichts her. Dies gilt insbesondere auch für Anordnungen, die die Durchsetzung der Sanierungsmaßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung flankieren sollen. Vielmehr ist nach allgemeinen ordnungsrechtlichen Grundsätzen für die Abgrenzung der in Betracht kommenden Maßnahmen allein maßgeblich, ob die Anordnung geeignet ist, zur Erreichung des Sanierungsziels beizutragen.
- 17
-
Auch die für den Kläger ersichtlich zentrale Frage, ob § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG den Zugriff auf eine "nicht störende Sache" im Eigentum oder Besitz des Pflichtigen zur Sicherung der Durchführung der Ersatzvornahme zur Vollstreckung einer Sanierungsanordnung ermöglicht, wirft einen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf nicht auf.
- 18
-
Das Gesetz ermächtigt im Interesse der Effizienz der Gefahrenabwehr zu den tauglichen Maßnahmen zur Herbeiführung des beabsichtigten Erfolgs. Dabei darf die Behörde auch die Notwendigkeit der Durchführung einer Ersatzvornahme im Auge haben und deren Erfordernisse berücksichtigen. Die Handlungsmöglichkeiten der Behörde sind gleichwohl nicht unbegrenzt; sie werden mit dem Verweis auf die "notwendigen Maßnahmen" durch den rechtsstaatlich und grundrechtlich fundierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eingegrenzt. Darüber hinausgehende generelle Beschränkungen der behördlichen Handlungsmöglichkeiten folgen insoweit nicht aus den die Sanierungspflicht begründenden Umständen. Unterschiedliche Ausprägungen der Sanierungspflicht je nach der Art der in § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG normierten Sanierungsverantwortlichkeiten kennt das Gesetz nicht. Vielmehr kann der Zustandsverantwortliche grundsätzlich in gleicher Weise wie der Verhaltensverantwortliche in Anspruch genommen werden.
- 19
-
Entgegen der Ansicht des Klägers ist allein mit diesen allgemeinen Grenzen die Reichweite der Ermächtigungsgrundlage nicht unzureichend festgelegt. Der lediglich auf die Situation der Ersatzvornahme beschränkte und insoweit nachrangige Zugriff auf eine in der Verfügungsbefugnis des Pflichtigen stehende "nicht störende Sache" zum Zweck der Gefahrenabwehr bedarf auch unter Beachtung des um das rechtsstaatliche Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit ergänzten Grundsatzes des Vorbehalts des Gesetzes keiner speziellen Befugnisnorm, die die Voraussetzungen eines behördlichen Eingriffs näher umschreibt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 - 6 C 39.06 - BVerwGE 129, 142 Rn. 31 ff.). Ein besonderes gesetzgeberisches Regelungsbedürfnis ist insoweit nicht zu erkennen. Es ergibt sich insbesondere nicht aus der Intensität des von den Betroffenen in einer solchen Fallkonstellation hinzunehmenden Grundrechtseingriffs. Der Betroffene wird zwar in der freien Verfügung über sein Eigentum beschränkt. Dies kann er aber abwenden, indem er die ihm auferlegten Sanierungsmaßnahmen selbst durchführt und es auf eine Vollstreckung nicht ankommen lässt. Letztlich geht es um das Ausmaß der finanziellen Belastung des Betroffenen; diese folgt indessen dem Grunde nach bereits aus der Sanierungsanordnung als solcher.
- 20
-
Das Erfordernis einer speziellen Ermächtigungsgrundlage wird auch nicht etwa dadurch belegt, dass im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht mit dem Rechtsinstitut der Beschlagnahme bzw. Sicherstellung der Zugriff auf eine Sache, die wegen ihrer Eigenschaften eine Gefahrenquelle darstellt und die insoweit "stört", im Wege einer sogenannten "Standardermächtigung" gesondert geregelt wird und hierfür mit der Voraussetzung des Vorliegens einer unmittelbaren Gefahr erhöhte Anforderungen normiert werden (siehe etwa § 47 Nr. 1 BPolG und die Darstellung landesrechtlicher Regelungen bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, Kap. E Rn. 667 ff., 675 ff.). Denn abgesehen davon, dass damit - im Unterschied zur vorliegenden Fallkonstellation - häufig vorkommenden und folglich typisierten Gefahrenlagen begegnet wird, ist der Eingriff in die Eigentumsposition des Betroffenen insoweit von größerem Gewicht, als er nicht durch eigenes Handeln des Pflichtigen abgewendet werden kann.
- 21
-
c) Die Fragen:
-
Kann die Gewinnung eines Bodenschatzes, die nach § 51 Abs. 1 BBergG der Betriebsplanpflicht unterliegt, auch auf Grundlage einer Gefahrenabwehranordnung erfolgen, wenn kein zugelassener Betriebsplan vorliegt? Gilt das auch dann, wenn der Bodenschatz in ausreichender Menge und Qualität ohne weiteres am Markt erhältlich ist?
-
rechtfertigen ebenso wenig die Zulassung der Revision.
- 22
-
Der Kläger führt zur Erläuterung zunächst aus, das Oberverwaltungsgericht gehe davon aus, dass die Anordnung von Gefahrenabwehrmaßnahmen einem Pflichtigen das Recht gebe, einen hierfür erforderlichen Bodenschatz ohne Betriebsplanzulassung zu gewinnen. Dieses Verständnis der angefochtenen Verfügung ist unzutreffend. Sie gibt dem Kläger nicht auf, für die Sanierungsmaßnahmen Ton aus der Grube V. zu verwenden. Das Oberverwaltungsgericht legt seinen Erwägungen nichts Abweichendes zugrunde.
- 23
-
Aber auch soweit der Kläger auf die gegebene Fallkonstellation abstellt, wonach die Beklagte mit der Unterlassungs- und Duldungsverfügung keine ihm, dem Kläger, obliegende Pflicht zum Abbau und zur Verwendung bestimmten Tons durchsetzen will, sondern selbst auf den Ton zugreifen möchte, wird ein rechtsgrundsätzlicher Klärungsbedarf nicht aufgezeigt. Die Frage, ob dies nur auf der Grundlage eines Betriebsplans gemäß § 51 Abs. 1 BBergG zulässig ist, lässt sich ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens in Übereinstimmung mit dem Oberverwaltungsgericht im verneinenden Sinne beantworten.
- 24
-
Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 BBergG dürfen u.a. Gewinnungsbetriebe nur aufgrund von Plänen (Betriebsplan) errichtet, geführt und eingestellt werden, die vom Unternehmer aufgestellt und von der zuständigen Behörde zugelassen worden sind. Die von der Beklagten beabsichtigte Entnahme des Tons aus der Grube V. erfüllt zwar die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gewinnungsbetriebs im Sinne vom § 4 Abs. 2 Halbs. 1 und Abs. 8 BBergG. Entgegen der von dem Beklagten im Berufungsverfahren vertretenen Auffassung ist die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 2 Halbs. 2 Nr. 1 BBergG, die das Lösen oder Freisetzen von Bodenschätzen aus Anlass oder im Zusammenhang mit der baulichen Nutzung von Grundstücken betrifft, nicht einschlägig und auch nicht analog anzuwenden. Es fehlt an einer tatbestandsmäßigen oder vergleichbaren Sachlage, da die Errichtung der Dichtwände nicht zwangsläufig mit der Förderung des Tons verbunden ist; vielmehr steht hierfür taugliches Material auch aus anderen Lagerstätten zur Verfügung. Ein Betriebsplan ist aber gleichwohl entbehrlich. Die Betriebsplanpflicht nach § 51 Abs. 1 BBergG dient als Teil der staatlichen Überwachung des Bergbaus der behördlichen Kontrolle der bergbaulichen Tätigkeit durch den Erlass eines entsprechenden Zulassungsbescheids. Für eine solche formalisierte Kontrolle im Betriebsplanzulassungsverfahren ist nur Raum, wenn der Bergbehörde ein Unternehmer im Sinne von § 4 Abs. 5 BBergG gegenübersteht, der den Erlass eines Betriebsplans beantragen muss und an den eine Zulassungsentscheidung gerichtet werden kann. Greift die Bergbehörde im Rahmen einer Gefahrenabwehrmaßnahme auf den Bodenschatz zu, hat sie die Beachtung der nach § 55 Abs. 1 BBergG gebotenen Schutzvorkehrungen unmittelbar zu gewährleisten. Ein solches Vorgehen ist jedenfalls dann zulässig, wenn die sachlichen Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 BBergG, nämlich ein Betrieb von geringer Gefährlichkeit und Bedeutung, gegeben sind. Das hat das Oberverwaltungsgericht in der im angefochtenen Urteil in Bezug genommenen Entscheidung des vorläufigen Rechtsschutzes festgestellt. Hiergegen wendet sich der Kläger nicht.
- 25
-
3. Schließlich ist auch die Rüge unbegründet, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 138 Nr. 6, § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Nach § 117 Abs. 2 Nr. 5, § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO müssen im Urteil die Gründe schriftlich niedergelegt werden, die für die Überzeugungsbildung des Gerichts maßgeblich waren. Nicht mit Gründen versehen ist eine Entscheidung nur dann, wenn die Entscheidungsgründe keine Kenntnis darüber vermitteln, welche tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte für die Entscheidung maßgebend waren und wenn den Beteiligten und dem Rechtsmittelgericht deshalb die Möglichkeit entzogen ist, die Entscheidung zu überprüfen. Das ist nur dann der Fall, wenn die Entscheidungsgründe vollständig oder zu wesentlichen Teilen des Streitgegenstandes fehlen oder rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Urteilstenor zu tragen. Der in § 138 Nr. 6 VwGO vorausgesetzte grobe Verfahrensfehler liegt indessen nicht schon dann vor, wenn die Entscheidungsgründe lediglich unklar, unvollständig, oberflächlich oder unrichtig sind (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 5. Juni 1998 - 9 B 412.98 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 32 und vom 25. September 2013 - 1 B 8.13 - juris Rn. 16, jeweils m.w.N.).
- 26
-
a) Nach diesen Maßstäben hat das Oberverwaltungsgericht im Hinblick auf die Ausführungen zum Anwendungsbereich des Abfallrechts gegen seine Begründungspflicht nicht verstoßen. Unter Würdigung verschiedener Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes legt es dar, warum gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 BBodSchG dieses Gesetz nicht durch das Abfallrecht verdrängt wird. Sein Gedankengang ist in sich nachvollziehbar; ob das Oberverwaltungsgericht dabei den Sachverhalt in jeglicher Hinsicht zutreffend erfasst hat und die rechtlichen Schlussfolgerungen überzeugend erscheinen, ist in diesem Zusammenhang indessen unerheblich.
- 27
-
b) In Bezug auf die Androhung des Zwangsgeldes in Ziffer 7 des angefochtenen Bescheids und die Androhung der Ersatzvornahme in Ziffer 6, soweit sie sich auf den in Ziffer 4 bezeichneten Ton bezieht, liegt der gerügte Verfahrensmangel ebenso wenig vor. Zwar beschränkt sich das Oberverwaltungsgericht insoweit am Beginn der Entscheidungsgründe auf die Feststellung, dass der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Unterlassungs- und Duldungsverfügung sowie "der hierauf bezogenen Androhungen in Ziff. 6 und Ziff. 7 rechtmäßig ist", ohne auf die letztgenannten Regelungen nochmals näher einzugehen. Der Verweis auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 9. Mai 2012 - OVG 2 M 13/12 - im Eilverfahren ist insoweit ohne Bedeutung, da dieser sich nur mit der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Duldungsverfügung (Ziffer 4 b) des Bescheids) befasst. Die Lückenhaftigkeit von Entscheidungsgründen kann zwar insbesondere dann auf den Verfahrensmangel des § 138 Nr. 6 VwGO führen, wenn Ausführungen zu einzelnen Streitgegenständen fehlen. Dies gilt jedoch nicht, wenn sich eine hinreichende Begründung gleichwohl aus dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe erschließen lässt. Von Letzterem ist hier auszugehen.
- 28
-
Die Androhung von Zwangsgeld in Ziffer 7 des Bescheids bildet gegenüber der zu vollstreckenden Grundverfügung zwar einen selbstständigen Streitgegenstand. Sie ist jedoch insoweit akzessorisch, als mit der (gerichtlichen) Aufhebung des Grundverwaltungsakts dessen Wirksamkeit als die Grundvoraussetzung jeglicher Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung entfällt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 7 C 5.08 - Buchholz 345 § 6 VwVG Nr. 1 Rn. 12). Hat der Grundverwaltungsakt - wie hier - als Grundlage einer Vollstreckungsmaßnahme Bestand, sind zwar noch die weiteren Voraussetzungen der Verwaltungsvollstreckung nach Maßgabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen [§ 71 Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (VwVG LSA) i.d.F. der Bekanntmachung vom 20. Februar 2015 (GVBl. S. 50) i.V.m. §§ 53 ff. Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG LSA) i.d.F. der Bekanntmachung vom 20. Mai 2014 (GVBl. S. 182 ber. S. 380)] zu prüfen. Aus dem Schweigen der Entscheidungsgründe kann dann aber geschlossen werden, dass nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts insoweit nichts zu beanstanden ist. Der Kläger zeigt nicht auf, dass in dieser Hinsicht weitere Ausführungen angezeigt gewesen wären, weil hierauf bezogene Rechts- oder Tatsachenfragen erörterungsbedürftig wären. Aus dem Verweis auf den Vortrag im Berufungsverfahren ergibt sich nichts anderes. Denn darin hat der Kläger in Bezug auf die Vollstreckungsmaßnahmen lediglich eine unzulängliche Fristsetzung gerügt. Die Frist in Ziffer 3 war indessen nur für die Androhung der Ersatzvornahme in Bezug auf die in Ziffern 1 und 2 angeordneten Sanierungsmaßnahmen von Bedeutung. Für die Vollstreckung der im Berufungsverfahren noch streitige Duldungs- und Unterlassungsanordnung war eine Frist nicht festgesetzt; das war im Übrigen auch nicht erforderlich.
- 29
-
Hinsichtlich der Abweisung der Klage gegen die Androhung der Ersatzvornahme in Ziffer 6 des Bescheids, soweit diese Gegenstand des Berufungsverfahrens war, gilt Entsprechendes. Allerdings war die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Ersatzvornahme als solche und damit auch die Frage der Angemessenheit der Fristsetzung in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheids nicht mehr in Streit. Denn das Verwaltungsgericht hat der Klage gegen die Androhung der Ersatzvornahme nur insoweit stattgegeben, als sich die angedrohte Ersatzvornahme auf Ton im Sinne der Ziffer 4 bezieht. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen; in den Entscheidungsgründen hat es - insbesondere auch nach Prüfung der Rechtmäßigkeit der in Ziffer 3 gesetzten Frist - ausgeführt, dass die Ersatzvornahme für die in Ziffern 1 und 2 auferlegten Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig angedroht worden ist. Insoweit ist das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts nach Ablehnung des hiergegen gerichteten Antrags des Klägers auf Zulassung der Berufung durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 4. Juni 2013 - OVG 2 L 20/12 - rechtskräftig. Die auf Ziffer 6 des Bescheids bezogene stattgebende verwaltungsgerichtliche Entscheidung war demnach allein darauf gerichtet, die Verwendung des von der Behörde nach Maßgabe der Duldungsanordnung beschafften Tons bei der Ersatzvornahme zu verhindern. Über die Zulässigkeit des behördlichen Zugriffs auf diesen Ton wurde bereits bei der Prüfung der Duldungsanordnung entschieden. Gesichtspunkte die zu darüber hinausgehenden, spezifisch auf die Ersatzvornahme bezogenen Erwägungen in den Entscheidungsgründen hätten Anlass geben müssen, sind nicht ersichtlich und werden vom Kläger auch nicht aufgezeigt.
- 30
-
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung und Änderung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 sowie § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Im Anschluss an die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts im Zulassungsbeschluss vom 4. Juni 2013 bemisst der Senat das wirtschaftliche Interesse des Klägers auf den durch bei freihändigem Verkauf des Tons zu erzielenden Kaufpreis.
(1) Jeder, der auf den Boden einwirkt, hat sich so zu verhalten, daß schädliche Bodenveränderungen nicht hervorgerufen werden.
(2) Der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück sind verpflichtet, Maßnahmen zur Abwehr der von ihrem Grundstück drohenden schädlichen Bodenveränderungen zu ergreifen.
(3) Der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück sind verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, daß dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. Hierzu kommen bei Belastungen durch Schadstoffe neben Dekontaminations- auch Sicherungsmaßnahmen in Betracht, die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern. Soweit dies nicht möglich oder unzumutbar ist, sind sonstige Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen durchzuführen. Zur Sanierung ist auch verpflichtet, wer aus handelsrechtlichem oder gesellschaftsrechtlichem Rechtsgrund für eine juristische Person einzustehen hat, der ein Grundstück, das mit einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast belastet ist, gehört, und wer das Eigentum an einem solchen Grundstück aufgibt.
(4) Bei der Erfüllung der boden- und altlastenbezogenen Pflichten nach den Absätzen 1 bis 3 ist die planungsrechtlich zulässige Nutzung des Grundstücks und das sich daraus ergebende Schutzbedürfnis zu beachten, soweit dies mit dem Schutz der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 genannten Bodenfunktionen zu vereinbaren ist. Fehlen planungsrechtliche Festsetzungen, bestimmt die Prägung des Gebiets unter Berücksichtigung der absehbaren Entwicklung das Schutzbedürfnis. Die bei der Sanierung von Gewässern zu erfüllenden Anforderungen bestimmen sich nach dem Wasserrecht.
(5) Sind schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten nach dem 1. März 1999 eingetreten, sind Schadstoffe zu beseitigen, soweit dies im Hinblick auf die Vorbelastung des Bodens verhältnismäßig ist. Dies gilt für denjenigen nicht, der zum Zeitpunkt der Verursachung auf Grund der Erfüllung der für ihn geltenden gesetzlichen Anforderungen darauf vertraut hat, daß solche Beeinträchtigungen nicht entstehen werden, und sein Vertrauen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles schutzwürdig ist.
(6) Der frühere Eigentümer eines Grundstücks ist zur Sanierung verpflichtet, wenn er sein Eigentum nach dem 1. März 1999 übertragen hat und die schädliche Bodenveränderung oder Altlast hierbei kannte oder kennen mußte. Dies gilt für denjenigen nicht, der beim Erwerb des Grundstücks darauf vertraut hat, daß schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten nicht vorhanden sind, und sein Vertrauen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles schutzwürdig ist.
(1) Boden im Sinne dieses Gesetzes ist die obere Schicht der Erdkruste, soweit sie Träger der in Absatz 2 genannten Bodenfunktionen ist, einschließlich der flüssigen Bestandteile (Bodenlösung) und der gasförmigen Bestandteile (Bodenluft), ohne Grundwasser und Gewässerbetten.
(2) Der Boden erfüllt im Sinne dieses Gesetzes
- 1.
natürliche Funktionen als - a)
Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen, - b)
Bestandteil des Naturhaushalts, insbesondere mit seinen Wasser- und Nährstoffkreisläufen, - c)
Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen auf Grund der Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungseigenschaften, insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers,
- 2.
Funktionen als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte sowie - 3.
Nutzungsfunktionen als - a)
Rohstofflagerstätte, - b)
Fläche für Siedlung und Erholung, - c)
Standort für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung, - d)
Standort für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung.
(3) Schädliche Bodenveränderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen.
(4) Verdachtsflächen im Sinne dieses Gesetzes sind Grundstücke, bei denen der Verdacht schädlicher Bodenveränderungen besteht.
(5) Altlasten im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind (Altablagerungen), und - 2.
Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist, ausgenommen Anlagen, deren Stillegung einer Genehmigung nach dem Atomgesetz bedarf (Altstandorte),
(6) Altlastverdächtige Flächen im Sinne dieses Gesetzes sind Altablagerungen und Altstandorte, bei denen der Verdacht schädlicher Bodenveränderungen oder sonstiger Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit besteht.
(7) Sanierung im Sinne dieses Gesetzes sind Maßnahmen
- 1.
zur Beseitigung oder Verminderung der Schadstoffe (Dekontaminationsmaßnahmen), - 2.
die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern oder vermindern, ohne die Schadstoffe zu beseitigen (Sicherungsmaßnahmen), - 3.
zur Beseitigung oder Verminderung schädlicher Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Bodens.
(8) Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen im Sinne dieses Gesetzes sind sonstige Maßnahmen, die Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit verhindern oder vermindern, insbesondere Nutzungsbeschränkungen.
(1) Zur Erfüllung der sich aus §§ 4 und 7 und den auf Grund von § 5 Satz 1, §§ 6 und 8 erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten kann die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen treffen. Werden zur Erfüllung der Verpflichtung aus § 4 Abs. 3 und 6 Sicherungsmaßnahmen angeordnet, kann die zuständige Behörde verlangen, daß der Verpflichtete für die Aufrechterhaltung der Sicherungs- und Überwachungsmaßnahmen in der Zukunft Sicherheit leistet. Anordnungen zur Erfüllung der Pflichten nach § 7 dürfen getroffen werden, soweit Anforderungen in einer Rechtsverordnung festgelegt sind. Die zuständige Behörde darf eine Anordnung nicht treffen, wenn sie auch im Hinblick auf die berechtigten Nutzungsinteressen einzelner unverhältnismäßig wäre.
(2) Trifft die zuständige Behörde gegenüber dem Grundstückseigentümer oder dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt zur Erfüllung der Pflichten nach § 4 Anordnungen zur Beschränkung der land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung sowie zur Bewirtschaftung von Böden, so hat sie, wenn diese nicht Verursacher der schädlichen Bodenveränderungen sind, für die nach zumutbaren innerbetrieblichen Anpassungsmaßnahmen verbliebenen wirtschaftlichen Nachteile nach Maßgabe des Landesrechts einen angemessenen Ausgleich zu gewähren, wenn die Nutzungsbeschränkung andernfalls zu einer über die damit verbundene allgemeine Belastung erheblich hinausgehenden besonderen Härte führen würde.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(1) Zur Erfüllung der sich aus §§ 4 und 7 und den auf Grund von § 5 Satz 1, §§ 6 und 8 erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten kann die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen treffen. Werden zur Erfüllung der Verpflichtung aus § 4 Abs. 3 und 6 Sicherungsmaßnahmen angeordnet, kann die zuständige Behörde verlangen, daß der Verpflichtete für die Aufrechterhaltung der Sicherungs- und Überwachungsmaßnahmen in der Zukunft Sicherheit leistet. Anordnungen zur Erfüllung der Pflichten nach § 7 dürfen getroffen werden, soweit Anforderungen in einer Rechtsverordnung festgelegt sind. Die zuständige Behörde darf eine Anordnung nicht treffen, wenn sie auch im Hinblick auf die berechtigten Nutzungsinteressen einzelner unverhältnismäßig wäre.
(2) Trifft die zuständige Behörde gegenüber dem Grundstückseigentümer oder dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt zur Erfüllung der Pflichten nach § 4 Anordnungen zur Beschränkung der land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung sowie zur Bewirtschaftung von Böden, so hat sie, wenn diese nicht Verursacher der schädlichen Bodenveränderungen sind, für die nach zumutbaren innerbetrieblichen Anpassungsmaßnahmen verbliebenen wirtschaftlichen Nachteile nach Maßgabe des Landesrechts einen angemessenen Ausgleich zu gewähren, wenn die Nutzungsbeschränkung andernfalls zu einer über die damit verbundene allgemeine Belastung erheblich hinausgehenden besonderen Härte führen würde.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.