Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 26. Juli 2016 - 5 A 787/14

bei uns veröffentlicht am26.07.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, es sei denn der Beklagte leistet seinerseits zuvor Sicherheit in derselben Höhe.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Baueinstellungs- und Ordnungsverfügung für Arbeiten an einem Bootshaus.

2

Der Kläger ist Pächter des westlichen Teils eines Bootshauses in A-Stadt. Dieses stellte sich ursprünglich so dar, dass es zwei Bootsliegeplätze beherbergte und mit einem Reetsatteldach versehen war. Zudem war es aus dunklem Holz errichtet. Mit Bauantrag vom 28.11.2013 beantragte der Kläger eine Baugenehmigung für die Durchführung von Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen an dem Bootshaus. Im Anhörungsschreiben vom 11.03.2014 zum Bauantrag ging der Beklagte davon aus, dass das Bauvorhaben entsprechend des Bauantrages im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu behandeln ist.

3

Am 14.03.2014 wurde der Beklagte auf eine Bautätigkeit am o.g. Bootshaus hingewiesen. Daraufhin wurde dem Kläger gegenüber eine mündliche Baueinstellungsverfügung ausgesprochen. An einem Ortstermin, die Mitarbeiter des Beklagten am 18.03.2014 durchführten, wurde festgestellt und fotografisch dokumentiert, dass die eine Hälfte des Daches des ursprünglichen Bootshauses abgetragen sowie neu errichtet und die noch bestehende Hälfte durch neue Dachbalken verlängert wurde. Zudem wurde der bis dato westlich des Bootshauses angrenzende, unüberdachte Bootsliegeplatz überbaut. Lediglich die Außenwände fehlten noch, sodass ein freier Blick auf den Rohbau erfolgen konnte. Daraus ergab sich, dass nahezu alle Stützpfeiler sowie die Querbalken des Daches und des übrigen Tragwerkes ausgetauscht wurden. Die Grundfläche wurde um ca. 1/3 erweitert und das Dach um ca. zwei Meter erhöht.

4

Mit Schriftsatz vom 18.03.2014 wurde die erteilt Baueinstellungsverfügung bestätigt. In letzterem wurde darüber hinaus die sofortige Vollziehung der Baueinstellungsverfügung angeordnet und die Festsetzung eines Zwangsgeldes für den Fall der vollständigen oder teilweisen Missachtung der Verfügung angedroht. Zur Begründung der Baueinstellungsverfügung führte der Beklagte an, dass der Kläger am 11.03.2014 mit der Bauausführung ohne die erforderliche Baugenehmigung begonnen habe. Zudem würde schon der Verdacht, dass bei der Ausführung eines genehmigungsbedürftigen Vorhabens öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt werden, ausreichen eine solche Verfügung zu erlassen. Im Hinblick auf das auszuübende Ermessen äußerte der Beklagte, dass die Fertigstellung von Vorhaben, die öffentlich-rechtlichen Vorschriften zuwiderlaufen, verhindert werden solle. Außerdem habe verhindert werden sollen, dass demjenigen, der sein Bauvorhaben entgegen der Rechtsordnung errichte, gegenüber dem Rechtstreuen ein Vorteil erwüchse.

5

Zur Anordnung der sofortigen Vollziehung äußerte sich der Beklagte dahingehend, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung beim Bauen ohne Baugenehmigung darin zu sehen sei, die Errichtung rechtswidriger Bauvorhaben zu verhindern. Gleichzeit solle der Vorbildwirkung gegenüber anderen Bauwilligen entgegengetreten werden, die entstünde, wenn sich Bauherren ungehindert über öffentlich-rechtliche Vorschriften hinwegsetzen. Wegen der zahlreichen ähnlich gelagerten Fälle, in denen die Baugenehmigung habe versagt bzw. eine Rückbauverfügen habe erlassen werden müssen, habe eine Vorbildwirkung bestanden.

6

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 04.04.2014 Widerspruch ein. Darin vertrat er die Ansicht, dass eine fiktive Baugenehmigung durch Zeitablauf entstanden sei, da sich die Zulässigkeit nach dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren beurteilt habe.

7

Der Bauantrag wurde mittels Bescheides vom 02.06.2014 abgelehnt. Auch der dagegen erhobene Widerspruch vom 04.07.2014 blieb, wegen der Zurückweisung dessen im Widerspruchsbescheid vom 15.10.2014, erfolglos.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2014, der dem klägerischen Verfahrensbevollmächtigten am 11.08.2014 zuging, wurde der Widerspruch gegen die gegenständliche Baueinstellungsverfügung zurückgewiesen. Zur Begründung wurde angeführt, dass das erkennende Gericht in seinem Beschluss vom 14.03.2014 zum klägerseitigen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Hinblick auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs festgestellt habe, dass eine fiktive Baugenehmigung nicht entstanden sei. Der Tatbestand der entsprechenden Vorschrift hätte nicht vorgelegen. Diese Entscheidung sei aufgrund der Zurückweisung der Beschwerde durch das OVG Greifswald bestätigt worden.

9

Der Kläger hat am 08.09.2014 Klage erhoben.

10

Zur Begründung führt er aus, dass die Baueinstellungsverfügung ermessensfehlerhaft ergangen sei. Sie habe außer Acht gelassen, dass dem Kläger im Anhörungsschreiben vom 11.03.2014 zum Bauantrag suggeriert worden sei, dass sein Vorhaben dem vereinfachten Genehmigungsverfahren unterfalle. Daher habe der Beklagte davon ausgehen müssen, dass der Kläger das Vorliegen einer fiktiven Baugenehmigung nach dem Ablauf der Frist des § 63 Abs. 2 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) annehme und damit von der Erlaubnis mit dem Bau beginnen zu dürfen ausgehe. Außerdem sei dem Kläger in einem persönlichen Gespräch mit einer Mitarbeiterin des Amtes A-Stadt-Müritz gesagt worden, dass ein Bau in den Maßen des ursprünglichen Bootshauses genehmigt werden würde.

11

Der Kläger beantragt,

12

die Baueinstellungsverfügung vom 14.03.2014 und die diese bestätigende Bauordnungsverfügung vom 18.03.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 07.08.2014 aufzuheben und

13

die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

14

Der Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Er bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden.

17

Am 26.07.2016 wurde die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks durch den Berichterstatter im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen. Des Weiteren erfolgte eine Auswertung von Satelliten- und Überflugbildern der relevanten Grundstücke über das Geoportal GAIA-MV und GoogleMaps. Im Übrigen wird hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die dem Gericht vorlagen.

Entscheidungsgründe

18

Aufgrund des erklärten Einverständnisses der Beteiligten bzgl. einer Entscheidung durch den Berichterstatter, konnte dieser anstelle der Kammer entscheiden, vgl. § 87a Abs. 3, Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

19

Die zulässige Klage ist unbegründet.

20

Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in subjektiven Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Ein Verwaltungsakt ist immer dann rechtmäßig, wenn er auf einer Ermächtigungsgrundlage beruht und die formelle und materielle Rechtmäßigkeit gegeben ist.

21

Der Verwaltungsakt fußt auf §§ 79 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 Var. 1, 72 Abs. 7 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern, die die taugliche Ermächtigungsgrundlage darstellen.

22

Die formelle und materielle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes ist gegeben. Insbesondere liegen die allgemeinen Rechtmäßigkeits- sowie die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage vor und die richtige Rechtsfolge wurde gewählt. Dies schließt die Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte aus.

23

Der Ermächtigungsgrundlage entsprechend darf eine Baueinstellungsverfügung ergehen, wenn mit der Bauausführung oder mit der Ausführung des jeweiligen Bauabschnitts begonnen wurde, ohne dass die Baugenehmigung dem Bauherrn zugegangen ist oder die Baubeginnanzeige der Bauaufsichtsbehörde vorliegt.

24

Der Kläger begann mit den Umbau- und Erweiterungsarbeiten ohne die erforderliche Baugenehmigung erhalten zu haben. Entgegen der klägerischen Auffassung ist keine fiktive Baugenehmigung durch Zeitablauf entstanden. Dabei ist es unschädlich, dass der Kläger beantragte das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren gem. § 63 LBauO M-V durchzuführen und die Behörde dies zunächst auch tat. Die Fiktionswirkung des § 63 Abs. 2 Satz 2 LBauO M-V konnte nicht eintreten. Für die Anwendung der Norm kommt es allein darauf an, dass die objektiven Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 LBauO vorliegen. Danach ist das vereinfachte Genehmigungsverfahren nur dann möglich und vorgeschrieben, wenn es sich um ein Wohngebäude handelt, eine sonstige bauliche Anlage, die kein Gebäude ist oder ein Nebengebäude oder eine Nebenanlage zu Bauvorhaben der eben genannten Art. Es kommt im Hinblick auf den Eintritt der Fiktionswirkung nach § 63 Abs. 2 Satz 2 LBauO M-V nicht darauf an, ob der Kläger sein Vorhaben so beurteilt, dass das vereinfachte Genehmigungsverfahren aus seiner Sicht in Betracht kommt. Anderenfalls könnte er nämlich die Fiktionswirkung und die eingeschränkte baurechtliche Überprüfung im Hinblick auf bauordnungsrechtliche Fragen gem. § 63 Abs. 1 Nr. 2 LBauO M-V allein dadurch herbeiführen, dass er einen derartigen Antrag stellt. Dies ist nicht Sinn und Zweck der verschieden ausgestalteten Genehmigungsverfahren der Landesbauordnung. Vielmehr ist es Sache der Baugenehmigungsbehörden objektiv zu beurteilen, ob und nach welchen Verfahrensvorschriften das jeweilige Vorhaben verfahrensrechtlich zu beurteilen ist. Eine andere Auslegung der Vorschriften im Sinne des Antragstellers würde im Ergebnis zu einer Wahlfreiheit der Genehmigungsverfahren unabhängig von den normierten Voraussetzungen führen. Eine solche Wahlfreiheit, wie sie teilweise in anderen Bundesländern gewährt wird, hat der Gesetzgeber in Mecklenburg-Vorpommern den Bauherrn nicht eingeräumt (Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17. Juni 2015 – 3 L 50/13 –, Rn. 86, juris und Beschluss vom 23. Juni 2014 – 3 M 58/14 –, Rn. 6, juris).

25

Selbst wenn man annehmen könnte, dass eine fiktive Baugenehmigung entstanden sei, hat der Kläger dem Beklagten dennoch nicht den Baubeginn angezeigt. Die Missachtung dieser Pflicht genügt nach der Ermächtigungsgrundlage bereits für die Tatbestandsmäßigkeit einer Baueinstellungsverfügung, da sie zusätzlich zum Zugang der Baugenehmigung vor Baubeginn vorliegen muss.

26

Ebenfalls ist nicht zu erkennen, dass der Beklagte sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat. Er hat erkannt, dass Ermessen auszuüben war, sodass ein Ermessensausfall nicht gegeben ist. Gleichfalls ist ein Ermessensfehlgebrauch nicht zu erkennen. Der Beklagte bezweckte die Verhinderung baurechtswidriger Zustände bzw. deren Intensivierung und verfolgte damit ein legitimes Ziel. Das Gebot war auch geeignet das Ziel zu erreichen, da es einen vollstreckbaren Verwaltungsakt darstellt, der verhindern soll, dass weitere Verletzungen öffentlich-rechtlicher Bauvorschriften erfolgen. Zudem ist kein milderes Mittel ersichtlich, das gleich geeignet ist, das verfolgte Ziel zu erreichen. Schließlich ist im Rahmen der Angemessenheitsprüfung beachtlich, dass dem Beklagten ein intendiertes Ermessen für das Einschreiten zusteht. Hierfür spricht der Ermessenszweck, der auf die Herstellung rechtmäßiger Zustände gerichtet ist. Rechtmäßige Zustände können aber regelhaft nur durch ein bauaufsichtliches Einschreiten hergestellt werden (BVerwG, Beschluss vom 28. August 1980 – 4 B 67/80 –, juris; Schreiber, Handbuch Immobilienrecht, Öffentliches Baurecht – Bauplanungs– und Bauordnungsrecht, 3. Aufl., Rn. 201). Die Bauaufsichtsbehörde hat daher bei Feststellung eines Baurechtsverstoßes i.d.R. einzuschreiten. Eine Abwägung widerstreitender Interessen braucht nur vorgenommen zu werden, soweit ausnahmsweise die Duldung eines rechts- oder ordnungswidrigen Zustandes in Kauf zu nehmen ist (Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 03. Dezember 2008 – 3 M 152/08 –, Rn. 10, juris; VG Schwerin, Urteil vom 02. August 2012 – 2 A 1990/11 –, Rn. 30, juris; Dürr/Sauthoff, Baurecht M-V, 1. Aufl., Rn. 1146). Dies ist z.B. dann der Fall, wenn das Bauvorhaben offensichtlich genehmigungsfähig ist (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 19. Mai 2016 – 15 CS 16.300 –, Rn. 21, juris; Schreiber, Handbuch Immobilienrecht, Öffentliches Baurecht – Bauplanungs– und Bauordnungsrecht, 3. Aufl., Rn. 201). Eine solche Duldung kann sich indes nicht aus dem Umstand ergeben, dass der Beklagte im Anhörungsschreiben zum Bauantrag die Durchführung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens in Aussicht stellte. Dahingehende Äußerungen sind für die Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens unerheblich und damit nicht geeignet eine Ausnahme vom intendierten Ermessen zu begründen. Eine Vergleichbarkeit mit dem in der Rechtsprechung anerkannten Fall der offensichtlichen Baurechtmäßigkeit liegt ebenfalls nicht vor.

27

Zudem sind Äußerungen seitens des Amtes, das die Gemeinde im Baugenehmigungsverfahren vertritt, dem Beklagten nicht zuzurechnen und damit unbeachtlich. Selbst bei unterstellter Richtigkeit des dahingehenden klägerischen Vortrages, hätte der Beklagte dem keine Beachtung schenken dürfen.

28

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist für die Anordnung der sofortigen Vollziehung erforderlich, dass sie im öffentlichen Interesse liegt. Dem Schriftformerfordernis des Abs. 3 der Norm hinsichtlich der Begründung des besonderen öffentlichen Interesses wurde ebenfalls genüge getan. Bei Baueinstellungen ist die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit die Regel, weil der Bauherr sonst im Schutze der aufschiebenden Wirkung die bauliche Anlage vollenden könnte und somit Maßnahmen ihren präventiven Zweck verfehlen würden. Dementsprechend genügt es hinsichtlich der Anforderungen an die Begründung der Anordnung, wenn sich dieser entnehmen lässt, dass die Maßnahme im Hinblick auf die formelle Baurechtswidrigkeit des Vorhabens verfügt wird (Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31. Januar 2012 – 2 M 194/11 –, Rn. 3, juris; VG Ansbach, Urteil vom 12. Februar 2015 – AN 3 K 14.01484 –, Rn. 36, juris; Schreiber, Handbuch Immobilienrecht, Öffentliches Baurecht – Bauplanungs– und Bauordnungsrecht, 3. Aufl., Rn. 201).

29

Zudem begegnet auch die Zwangsgeldandrohung keinen rechtlichen Bedenken. Diese fußt auf § 110 Verwaltungsverfahrens-, Zustellungs- und Vollstreckungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (VwVfG M-V) i.V.m. §§ 79 Abs. 1 Var. 2, 83 Abs. 1 Nr. 1, 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5, 88 Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern (SOG MV). Das angedrohte Zwangsgeld i.H.v. 3.000,- € hält sich im Rahmen des § 88 Abs. 3 SOG MV von 10,- € - 50.000,- €. Zudem bewegt sich die Androhung mit weniger als 6% des Maximalbetrages am unteren Bereich des Rahmens, sodass sie nicht unverhältnismäßig ist. Darüber hinaus stellt sich das gewählte Zwangsmittel als das am wenigsten belastende der möglichen Zwangsmittel dar.

30

Schließlich begegnet auch die Gebührenfestsetzung keinen Bedenken. Zum einen ist die Rechtswidrigkeit nicht offensichtlich und zum anderen ist ein dezidierter dahingehender Vortrag seitens des Klägers unterblieben.

31

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

32

Da der Antrag nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären, eine für den Kläger positive Kostenentscheidung voraussetzt, kann dieser Antrag des Klägers unter Verweis auf die vorstehenden Ausführungen von vornherein keinen Erfolg haben.

33

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit fußt auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11 Var. 2, 711, 709 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO).

34

Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 26. Juli 2016 - 5 A 787/14

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,1.über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2.bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auc

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(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 20. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen, die erstattungsfähig sind, trägt der Kläger.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte und die Beigeladene zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung des Gebäudes S.-Weg in K.

2

Am 18.11.2009 beantragte der Kläger die Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren. Als Zweckbestimmung des Vorhabens gab er als bisherige Nutzung Dauerwohnen und als beabsichtigte Nutzung an „Ferienwohnnutzung/Beherbergung und/oder Dauerwohnnutzung“.

3

Nach den eingereichten Bauunterlagen sind im Erd- und im Obergeschoss jeweils drei Zimmer mit angeschlossenem Bad vorgesehen, im Erdgeschoss außerdem ein Speiseraum (Zimmer 1) nebst angrenzender Küche und im Obergeschoss eine kleine Küche. In einer nicht maßstäblichen Skizze sind vier Stellplätze eingetragen mit einer Zufahrt zum S.-Weg. Neben dem streitbefangenen Gebäude steht das (ehemalige) Wohnhaus des Klägers. Das Vorhaben liegt im Bereich des Bebauungsplans Nr. 2 „Mühlenblick 1“.

4

Der Kläger beantragte gemäß § 67 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern - LBO M-V - eine Abweichung von der textlichen Festsetzung Nr. 1 des Bebauungsplans, nach der im allgemeinen Wohngebiet betreffend das Baufeld 7 ausnahmsweise zulässige Nutzungen gem. § 4 Abs. 3 Baunutzungsverordnung - BauNVO - ausgeschlossen sind. Die beabsichtigte Nutzung sei als kleiner Betrieb des Beherbergungsgewerbes einzustufen. Die Beherbergungsnutzung füge sich in das Gebiet ein. Eine Störung der Anwohner sei praktisch ausgeschlossen. Da er selbst als Eigentümer und Betreiber mit seiner Familie auf dem Grundstück wohne, sei sein Interesse an einem ruhigen Betriebsablauf sehr groß. Das Vermietungsobjekt verfüge weder über Außensitzplätze für Urlauber noch über die Möglichkeiten zum Grillen oder für die Durchführung von Feiern etc. Zu berücksichtigen sei, dass das Grundstück unmittelbar an der D.- Straße am Ortseingang und gegenüber dem Gewerbegebiet F. liege. Dies führe zu einer erheblichen Lärmbelästigung sowohl tags als auch nachts. Etliche Maßgaben des Bebauungsplans seien in diesem Zusammenhang bis heute nicht umgesetzt. Die sich so ergebenden Belastungen durch Lärm würden dazu führen, dass bei demselben Schutzbedürfnis die Feriengäste der Belastung nur geringer ausgesetzt seien als Dauerbewohner.

5

Mit Schreiben vom 23.02.2010 versagte die Beigeladene das Einvernehmen gem. § 36 Baugesetzbuch - BauGB -. Die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 2 schlössen Betriebe des Beherbergungsgewerbes aus. Der Bebauungsplan sehe außerdem vor, dass je Einzelhaus nur 2 Wohnungen, je Doppelhaus nur 4 Wohnungen zulässig seien.

6

Durch Bescheid vom 24.02.2010 lehnte der Beklagte den Bauantrag ab. Zur Begründung verwies er auf das von der Beigeladenen versagte Einvernehmen.

7

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus:

8

Er habe das Gebäude im Jahre 2009 als Wohngebäude errichtet und beabsichtigt, es an Senioren zu vermieten. Eine solche Dauervermietung sei aber nicht möglich gewesen. Er habe daher das Gebäude eigengenutzt bzw. an seinen Schwiegervater überlassen. Die wirtschaftliche Situation habe ihn schließlich gezwungen, nachdem in der Nachbarschaft erfolgreich Unterkünfte an Feriengäste vermietet worden seien und dies der Beigeladenen bekannt gewesen und von dieser auch genehmigt bzw. geduldet worden sei, in der Saison 2009 ebenfalls an Feriengäste zu vermieten.

9

Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich zulässig. Das Erscheinungsbild des Gebäudes entspreche dem eines Einfamilienhauses. Im benachbarten reinen Wohngebiet sei ein solches Vorhaben ausnahmsweise zulässig, so dass nicht nachvollziehbar sei, dass dies im allgemeinen Wohngebiet nicht ausnahmsweise genehmigt werden könne. Angesichts der Immissionen von der Doberaner Landstraße sei davon auszugehen, dass etwaige Beeinträchtigungen durch Gäste vernachlässigbar seien. In unmittelbarer Nähe des Objekts befänden sich außerdem mehrere kleinere und größere Beherbergungsbetriebe sowie Ferienunterkünfte. Die Beigeladene habe die Vermietung von Ferienwohnungen akzeptiert und Kurtaxe erhoben, ohne gegen die angeblich bauplanungsrechtswidrige Situation vorzugehen.

10

Die Beigeladene führte unter dem 02.08.2010 aus: Die Nachfrage nach kleinen Wohnungen in der Stadt Kühlungsborn sei ungebrochen. Betriebe des Beherbergungsgewerbes schließe der Bebauungsplan aus. Die beantragte Nutzungsänderung sei ohne Änderung des Bebauungsplans nicht möglich. Baugenehmigungen für die Errichtung und Nutzung von Ferienwohnungen seien durch den Beklagten nicht erteilt worden.

11

Durch Widerspruchsbescheid vom 25.11.2010 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der maßgebende Bebauungsplan setze fest, dass in dem allgemeinen Wohngebiet die ausnahmsweise zulässigen Nutzungen gem. § 4 Abs. 3 BauNVO nicht Bestandteil des Planes seien. Hieran habe sich auch nichts durch eine das Baugebiet Nr. 7 betreffende 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2 geändert, denn diese Änderungsinhalte hätten keine Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung, die für die beantragte Nutzungsänderung relevant seien, betroffen. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB komme nicht in Betracht, da sie die Grundzüge der Planung berühren würde.

12

Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 27.11.2010 zugestellt.

13

Bereits am 08.11.2010 hatte der Kläger Klage erhoben. Zur deren Begründung hat er geltend gemacht:

14

Der Bebauungsplan Nr. 2 sei wegen zahlreicher Mängel unwirksam. Insbesondere sei er nicht ordnungsgemäß verkündet, da die Verweisung auf die DIN 4109 den rechtsstaatlichen Anforderungen nicht genüge.

15

Er erziele seit 2009 ausschließlich aus der Vermietung des Hauses S. seinen Lebensunterhalt. Seine Frau und er könnten die Kreditraten nicht mehr bezahlen, wenn sie die Zimmer nicht mehr mit Frühstück vermieten könnten.

16

Der Kläger hat beantragt,

17

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 24.02.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2010 zu verpflichten, ihm die unter dem 05.11.2009 beantragte Baugenehmigung für einen Beherbergungsbetrieb im Sinne von § 3 Abs. 3 BauNVO mit 6 Doppelzimmern gemäß der geänderten Genehmigungsplanung vom 16.11.2009 zu erteilen,

18

hilfsweise,

19

den Beklagten zu verpflichten, ihn unter Aufhebung des Bescheids vom 24.02.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

20

Der Beklagte hat beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Zur Begründung hat er unter anderem vorgetragen, dem Kläger hätten als Entwurfsverfasser die Festsetzungen des Bebauungsplans bekannt sein müssen. Es sei daher rechtsmissbräuchlich, den Bebauungsplan nunmehr anzufechten.

23

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich auch in der Sache nicht geäußert.

24

Das Verwaltungsgericht hat durch die Berichterstatterin am 12.12.2012 einen Ortstermin durchgeführt; auf das Protokoll wird Bezug genommen.

25

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 20.12.2012 teilweise stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, über den Bauantrag des Klägers vom 05.11.2009 gemäß der geänderten Genehmigungsplanung vom 16.11.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

26

Der Kläger habe prüffähige Bauvorlagen eingereicht.

27

Das Vorhaben sei planungsrechtlich als Betrieb des Beherbergungsgewerbes zu beurteilen. Dies ergebe sich aus der Genehmigungsplanung vom 16.11.2009. Da der Kläger selbst mit seiner Ehefrau das Wohnhaus, an das das streitgegenständliche Gebäude angebaut sei, bewohne, ergebe sich das Bild einer kleinen, familiengeführten Frühstückspension. Bei den angebotenen Doppelzimmern handele es sich nicht um Ferienwohnungen.

28

Der Bebauungsplan Nr. 2 sei nicht maßgebend, da er unwirksam sei. Angesichts der Verweisung auf die DIN 4109 sei er nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht. Auf diesen Mangel könne der Kläger sich auch berufen. Dies sei nicht rechtsmissbräuchlich. Ihm gehe es nicht darum, ein Bauvorhaben Dritter zu verhindern, sondern lediglich die Änderung seines eigenen Vorhabens durchzusetzen.

29

Das Vorhaben sei als Beherbergungsbetrieb in einem faktischen Wohngebiet gem. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO bzw. § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zu beurteilen. Im allgemeinen Wohngebiet sei es unabhängig von seiner Größe ausnahmsweise zulässig. Im übrigen sei der Betrieb auch als kleiner Beherbergungsbetrieb i.S.v. § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO anzusehen. So halte sich die vorgesehene Bettenzahl mit 12 (in 6 Doppelzimmern) im Rahmen dessen, was als zulässig angesehen werde. Auch nach seiner Erscheinungsform und Betriebsführung ordne sich das Vorhaben in das vorhandene Wohngebiet ein.

30

Obwohl daher die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zulassung einer Ausnahme vorlägen, könne die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der Ausnahme und damit der Baugenehmigung nicht ausgesprochen werden. Der Beklagte habe nämlich im Rahmen seiner Ermessensentscheidung auch schutzwürdige Nachbarinteressen einzubeziehen und beispielsweise unzumutbare Belästigungen im Sinne von § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO zu beurteilen. Somit seien auch die von dem geplanten Vorhaben ausgehenden Immissionen durch beispielsweise An- und Abfahrten in den Blick zu nehmen. Hier wäre u.a. an Auflagen hinsichtlich der zulässigen Zimmer- bzw. Bettenzahl sowie Anzahl und Lage der notwendigen Stellplätze auf dem Grundstück des Klägers zu denken. Die diesbezüglichen Ermittlungen seien jedoch nicht vom Gericht anzustellen sondern blieben Aufgabe des Beklagten.

31

Das Urteil wurde dem Kläger am 24.01.2013 zugestellt.

32

Am 25.02.2013, einem Montag, hat der Kläger den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Ihm hat der Senat durch Beschluss vom 19.11.2013, dem Kläger zugestellt am 28.11.2013 entsprochen.

33

Nachdem der Vorsitzende die Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.01.2014 verlängert hatte, hat der Kläger die Berufung mit an diesem Tage eingegangenen Schriftsatz begründet.

34

Bereits zuvor hatte die Beigeladene am 05.09.2013 den Aufstellungsbeschluss zur 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2 gefasst. Am gleichen Tage hatte sie die Satzung über die Veränderungssperre zur Änderung des Bebauungsplans Nr. 2 beschlossen. Der Aufstellungsbeschluss und die Satzung wurden jeweils am 19.09.2013 im Amtlichen Bekanntmachungsblatt der Stadt Stadt Ostseebad Kühlungsborn bekannt gemacht. Am 24.10.2013 fasste die Gemeindevertretung einen ergänzenden Aufstellungsbeschluss, den der Landkreis Rostock beanstandete und gegen den der Bürgermeister der Beigeladenen Widerspruch einlegte. Die Gemeindevertretung der Beigeladenen beschloss daraufhin am 24.04.2014 einen ergänzenden Aufstellungsbeschluss zur 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2, der im Amtlichen Bekanntmachungsblatt am 15.05.2014 bekannt gemacht wurde.

35

Am 04.09.2014 beschloss die Gemeindevertretung der Beigeladenen, die Veränderungssperre vom 05.09.2013 aufzuheben und eine neue Veränderungssperre zur 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2 zu erlassen. Letzterer Beschluss wurde im Amtlichen Bekanntmachungsblatt am 11.09.2014 veröffentlicht.

36

Der Kläger trägt nunmehr vor:

37

Die zwischenzeitlich durch die Beigeladene erlassene Veränderungssperre vom 05.09.2013 sei unwirksam. Ihr sei ein völlig veralteter Übersichtsplan zu Grunde gelegt worden. Auf der zeichnerischen Darstellung zur Veränderungssperre seien keinerlei Flurstücksbezeich-nungen erkennbar. Damit sei ein notwendiger Abgleich zwischen derselben und der Flurstücksauflistung in § 2 der Satzung nicht möglich. Damit fehle die ausreichende Bestimmtheit der Satzung. Vergleiche man zudem die Flurstücke auf der Liegenschaftskarte mit der Aufzählung in § 2 der Satzung, zeigten sich mehrere Fehler. Die Veränderungssperre sei auch materiell fehlerhaft. In der Begründung sei als Planungsziel ausgeführt, die Änderung sei erforderlich, da im Laufe der Realisierung des Bebauungsplans einige Defizite entstanden seien. Diese Defizite seien u.a. in den Bereichen Ausgleich, Schallschutz und Bekanntmachungsregelungen entstanden. Mit der Planung werde das Büro für Stadt- und Regionalplanung Wismar beauftragt. Damit sei der Inhalt der beabsichtigten Planung nicht abzusehen. Inhaltlich stelle die Planung einer Verhinderungsplanung dar, um nach Zustellung des Urteils des Verwaltungsgerichts die Realisierung des Vorhabens zu verhindern.

38

Der Beschluss und die Veröffentlichung der Veränderungssperre vom 05.09.2014 würden zunächst an den gleichen Mängeln wie die ursprüngliche Fassung dieser Satzung leiden. Hinzu kämen weitere, im einzelnen aufgezählte Mängel.

39

Im Übrigen bestehe nach wie vor ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Ausnahme und damit der beantragten Baugenehmigung.

40

Der Betrieb solle und werde als typische Frühstückspension betrieben. Sie weise sechs Doppelzimmer auf, die Paaren oder Einzelpersonen angeboten würden. In einem eigenen Frühstücksraum werde den Gästen Frühstück angeboten. Das Frühstück sei im Preis inbegriffen. Dies sei das einzige Angebot an die Gäste über die Überlassung des Zimmers hinaus. Die Zimmerreinigung finde wie bei üblichen Pensionen statt. Die Gästezimmer verfügten über keine Küche. Die Gäste versorgten sich tagsüber außerhalb. Es gebe für die Gäste keine Außenanlagen, die ihnen etwa zum Grillen zur Verfügung stünden. Für den Gästebereich gebe es sieben Parkplätze und zwei weitere für das angrenzende Haus. Dieses Haus hätten seine Ehefrau und er 2013 verkauft. Dabei sei das Grundstück geteilt worden. Derzeit wohnten er und seine Ehefrau in dem Gästehaus. Es sei aber beabsichtigt, bei der nächsten Gelegenheit eine andere Wohnung zu beziehen.

41

Der Kläger beantragt,

42

das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 20.12.2012 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 24.02.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2010 zu verpflichten, ihm die unter dem 05.11.2009 beantragte Baugenehmigung für einen Beherbergungsbetrieb mit 6 Doppelzimmern gemäß der geänderten Genehmigungsplanung vom 16.11.2009 zu erteilen,

43

hilfsweise

44

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, die beantragte Genehmigung zum 11.09.2014 bzw. zum 19.09.2013 zu erteilen.

45

Der Beklagten und die Beigeladenen beantragen jeweils,

46

die Berufung zurückzuweisen.

47

Die Beigeladene trägt vor, die Veränderungssperre sei wirksam. Wie aus Ziffer 2 der Beschlussvorlage ersichtlich sei, umfasse die Änderung den gesamten Geltungsbereich des bestehenden Bebauungsplans Nr. 2. Die Planung erfolge nicht zur Verhinderung des Vorhabens des Klägers, sondern zur Beseitigung der vom Verwaltungsgericht gerügten Mängel. Dieses Planungsziel sei unter Ziffer 3 des Aufstellungsbeschlusses auch ausdrücklich festgehalten. Das Geltungsgebiet der Veränderungssperre sei identisch mit dem des Bebauungsplans.

48

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

49

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist durch den Vorsitzenden fristgerecht begründet worden.

50

Die Berufung ist nicht begründet.

51

1. Der Hauptantrag ist unbegründet.

52

Der Kläger hat keinen Anspruch, den Beklagten zu verpflichten, ihm die unter dem 05.11.2009 beantragte Baugenehmigung für einen Beherbergungsbetrieb mit sechs Doppelzimmern gemäß der Genehmigungsplanung vom 16.11.2009 zu erteilen.

53

Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Begründetheit der Verpflichtungsklage ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat (vgl. BVerwG, U. v. 04.12.2014 - 4 C 33/13, BauR 2015, 810). Damit sind sämtliche Änderungen der Sach- und Rechtslage seit Ergehen der erstinstanzlichen Entscheidung zu berücksichtigen.

54

Die Voraussetzungen der Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung über eine Befreiung nach § 34 Abs. 2 i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB, stehen der Überprüfung durch den Senat offen. Dem steht nicht entgegen, dass weder der Beklagte noch die Beigeladene Anschlussberufung eingelegt haben. Denn der Kläger verfolgt sein Begehren im vollen Umfange weiter, in dem er einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung geltend macht. Die hiesige Prozesssituation unterscheidet sich von der, in der nach Rechtskraft eines Verpflichtungsurteils darüber gestritten wird, ob der neue Bescheid den Vorgaben dieses Bescheidungsurteils gerecht geworden ist. Im Übrigen ist auch in solchen Fällen zwar grundsätzlich von der Rechtsauffassung des Gerichts auszugehen, das im ersten Prozess entschieden hat. Dies gilt aber gerade nicht, wenn sich die Sach- und Rechtslage geändert hat (BVerwG, B. v. 23.12.1983 - 7 B 2/83, NVwZ 1984 432).

55

Dem Verpflichtungsbegehren des Klägers steht die Veränderungssperre der Gemeinde entgegen.

56

Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde gem. § 14 Abs. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt werden dürfen. Eine derartige Veränderungssperre hat die Beigeladene am 04.09.2014 beschlossen und im Amtlichen Bekanntmachungsblatt der Stadt A-Stadt vom 11.09.2014 bekannt gemacht.

57

Der Antragsteller geht von der Veränderungssperre, im Amtlichen Bekanntmachungsblatt der Stadt Ostseebad Kühlungsborn vom 19.09.2013 bekannt gemacht, aus. Sie sollte an diesem Tage in Kraft treten und zwei Jahre Gültigkeit haben. Einen entsprechenden Aufstellungsbeschluss hatte die Beigeladene für eine 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2 gefasst und ebenfalls am 19.09.2013 bekannt gemacht. Die Veränderungssperre aus September 2013 ist durch die Beigeladene durch Beschluss vom 04.09.2014 aufgehoben und die neue, am 11.09.2014 bekannt gemachte, erlassen worden. Sie ist hier maßgebend. Das gilt unabhängig davon, dass der Aufhebungsbeschluss bzgl. der ursprünglichen Veränderungssperre mangels Bekanntmachung nicht wirksam geworden ist. Denn die neue Veränderungssperre löste als spätere Rechtsnorm die frühere nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen ab.

58

Der Antragsteller leitet Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Veränderungssperre und des Aufstellungsbeschlusses zur 3. Änderung des Bebauungsplans aus der Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg her. Danach muss die Satzung über die Veränderungssperre hinsichtlich des Geltungsbereichs in sich stimmig sein. Daran soll es fehlen, wenn Flurstücke in dem Text der Satzung nicht mit aufgezählt worden, die von dem beiliegenden Kartenausschnitt aber mit umfasst sind. Der Geltungsbereich der Veränderungssperre müsse zudem mit dem des Bebauungsplanentwurfs, auf den sich die Veränderungssperre bezieht, deckungsgleich sein. Fehle es an alledem, erfülle die Bekanntmachung der Veränderungssperre nicht den Hinweiszweck (§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB). Dies sei gemäß § 215 BauGB ein stets beachtlicher Mangel, der allein schon zur Unwirksamkeit der Veränderungssperre führt. Die Gemeinde könne den Geltungsbereich der Veränderungssperre auch nur durch einen beigefügten Kartenausschnitt mit einer entsprechenden Ortsbezeichnung kennzeichnen. Wenn sie jedoch in dem Beschluss über die Veränderungssperre die Flurstücke einzeln aufzähle, müssten diese vollständig sein und mit dem Geltungsbereich, wie er sich nach dem beiliegenden Kartenausschnitt darstellt, deckungsgleich sein. Eine Unvollständigkeit der Aufzählung der Flurstücke habe den Charakter eines irreführenden Zusatzes, der verunklarend wirke und dem Bürger den notwendigen Rückschluss auf das maßgebende Plangebiet eher erschwere. Der Hinweiszweck könne auch dann verfehlt werden, wenn planbetroffene Flurstücke keine Erwähnung in der Aufzählung der Flurstücke fänden, so dass die Gefahr bestehe, dass insbesondere deren Eigentümer bei einem Blick auf die Bekanntmachung keinen Anlass sehen könnten, sich hiervon betroffen zu fühlen. Dies widerspreche dem Hinweiszweck (so OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 10.08.2010 - OVG 10 A 14.07, NVwZ-RR 2010, 956).

59

Diese Anforderungen gelten jedenfalls dann nicht, wenn die Satzung über die Veränderungssperre für die Festlegung des Geltungsbereichs ausschließlich auf die zeichnerische Darstellung Bezug nimmt. Dies ist hier der Fall. Nach § 2 Satz 1 der Satzung erstreckt sich die Veränderungssperre über den Bereich des Geltungsbereichs der 4. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2. Satz 2 bestimmt, dass die Abgrenzung des Geltungsbereichs sich aus dem Übersichtsplan, der Bestandteil der Satzung und als Anlage 1 beigefügt ist, ergibt. Diese doppelte Bezugnahme auf die zeichnerische Darstellung ist so zu verstehen, dass ausschließlich sie für die rechtliche Umschreibung des Geltungsbereichs maßgebend ist. Unter diesen Umständen stellt die in Satz 1 enthaltene Aufzählung der Flurstücke, die vom Geltungsbereich umfasst sind, nicht eine konstitutive, sondern letztlich der Erleichterung der Erkennbarkeit des Geltungsbereichs für die einzelnen Eigentümer der Flurstücke dienende Aufzählung betroffener Flurstücke dar. Dass die zeichnerische Darstellung des Geltungsbereichs im Hinblick auf die Bestimmtheit Bedenken unterliegen könnte, hat der Kläger weder vorgetragen noch ist dies ersichtlich.

60

Die Anforderungen des OVG Berlin-Brandenburg werden im Übrigen auch der Rechtsprechung des BVerwG nicht gerecht. Die Bekanntmachung muss sich danach auf einen bestimmten Bebauungsplan beziehen; zu fordern ist, dass sie mittels einer schlagwortartigen Kennzeichnung einen Hinweis auf den räumlichen Geltungsbereich des Plans gibt und dass dieser Hinweis den Plan identifiziert (BVerwG, B. v. 10.08.2000 - 4 CN 2/99, NVwZ 2001, 203). Dabei muss dieser Hinweis nicht bereits jedwede Frage nach der genauen Lage des Plangebiets und seiner Ausdehnung im Einzelnen beantworten, vielmehr muss er nur geeignet sein, denjenigen, der sich über den genauen räumlichen und gegenständlichen Regelungsgehalt des Bebauungsplans unterrichten will, zu dem richtigen bei der Gemeinde ausliegenden Plan zu führen (BVerwG, U. v. 22.03.1985 - 4 C 59.81 -, BRS 44 Nr. 23 m.w.N.; siehe auch Reidt in Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2013, Rn. 906). Die Grenzen dürfen sowohl zeichnerisch dargestellt als auch textlich beschrieben werden. Besteht ein Widerspruch zwischen der zeichnerischen Darstellung und der textlichen Beschreibung, ist er unbeachtlich, wenn er sich durch Auslegung auflösen lässt; denn Bebauungspläne und Veränderungssperren sind - wie andere Normen auch - einer ein Redaktionsversehen berichtigenden Auslegung zugänglich (vgl. BVerwG, B. v. 07.05.2014 - 4 CN 5/13, NVwZ 2014, 1170). Bestehen nur Zweifel, ob einzelne Flurstücke - z.B. im Randbereich - in den Geltungsbereich der Satzung einbezogen sind oder nicht, so muss darunter nicht die Gültigkeit der Satzung insgesamt leiden, sondern die Satzung kann wegen der insoweit bestehenden Unbestimmtheit teilnichtig sein (BVerwG, B. v. 01.02.1994 - 4 NB 44/93, juris).

61

Nach diesen Grundsätzen ergibt sich, dass zwar möglicherweise im Randbereich Zweifel über den Geltungsbereich der Veränderungssperre auftreten könnten, sie aber jedenfalls nicht die gesamte Veränderungssperre und auch nicht den Bereich betreffen, in dem das streitbefangene Grundstück des Klägers belegen ist. Im Einzelnen ergibt sich auf der Grundlage der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Folgendes:

62

Ein Flurstück 377/29, das in § 2 der Satzung genannt ist, ist im aktuellen Lageplan im Plangebiet nicht auffindbar. Das gilt auch für die nähere Umgebung des Plangebiets. Damit scheidet die Annahme, es könne vom Geltungsbereich umfasst sein, aus. Dem Eigentümer eines solchen, dann in gänzlich anderer Gegend gelegenen Grundstückes ist unmittelbar klar, dass es nicht betroffen ist. Gleiches gilt hinsichtlich des ebenfalls in § 2 genannten Flurstücks 372/1. Hier spricht im Übrigen Alles dafür, dass es sich insoweit um einen Tippfehler handelt und das Flurstück 372/11 gemeint ist. Gleiches würde auch für die in § 2 der Satzung genannten Flurstücke 372 und 15 gelten, wenn es sich hier nicht ohnehin erkennbar um einen Schreibfehler handelte und das Flurstück 372/15 gemeint ist. Nach den gleichen Grundsätzen können Missverständnisse hinsichtlich des Flurstückes 371/62, das außerhalb des zeichnerischen Geltungsbereiches der Veränderungssperre liegt, nicht auftreten.

63

Das Flurstück 372/31 wird § 2 der Satzung nicht genannt, liegt aber teilweise, nämlich in einem westlich gelegenen Dreieck 372/76, in der zeichnerischen Begrenzung des Geltungsgebietes. Sofern darin eine Unsicherheit liegen sollte, betrifft sie einen Randbereich, den das Grundstück des Klägers nicht berührt. Das Flurstück 356 ist die Straße Wiesen-grund, die teilweise in den Geltungsbereich der Veränderungssperre fällt. Auch hier können keine Unklarheiten auftreten.

64

Soweit die Flurstücke 373/45 und 373/20 in § 2 ohne den Zusatz „teilweise“ aufgeführt, aber nur teilweise von der zeichnerischen Bezeichnung des Geltungsbereiches umfasst werden, werden deren Eigentümer durch die Aufzählung angestoßen, den Geltungsbereich, der sich klar aus der zeichnerischen Darstellung ergibt, zu ermitteln.

65

Das Flurstück 371/14 ist die Straße Mühlenblick und liegt im zeichnerisch umrissenen Geltungsbereich, ist aber in § 2 der Satzung nicht genannt. Es gehört eindeutig zum Geltungsbereich, auch weil es von in § 2 des Satzungstext genannten Flurstücken umfasst ist.

66

Es liegt auch ein wirksamer Aufstellungsbeschluss vor.

67

Nach § 14 Abs. 1 BauGB ist der Beschluss der Gemeinde über die Aufstellung eines Bebauungsplans materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die als Satzung zu erlassende Veränderungssperre. Fehlt ein derartiger Aufstellungsbeschluss, so ist eine gleichwohl beschlossene und gemäß § 16 Abs. 1 BauGB als Satzung bekanntgemachte Veränderungssperre nichtig.

68

Ein Aufstellungsbeschluss liegt im Rechtssinne dann nicht vor, wenn er zwar gefasst, aber entgegen § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB nicht ortsüblich bekanntgemacht wurde. Nur der ortsüblich bekanntgemachte Aufstellungsbeschluss ist beachtlich. Die Veröffentlichung ist Voraussetzung seiner Rechtswirksamkeit (vgl. BVerwG, B. v. 09.02.1989 - 4 B 236.88, NVwZ 1989, 661).

69

Maßgebend ist nunmehr der Aufstellungsbeschluss vom 05.09.2013 in der Fassung der Ergänzung vom 04.09.2014, der am 19.09.2013 bekannt gemacht worden ist. Im Veröffentlichungstext ist hier keine Aufzählung der Flurstücke enthalten, sodass die Bedenken des Klägers ohnehin nicht eingreifen.

70

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf eine Veränderungssperre erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll (U. v. 19.02.2004 - 4 CN 16.03, BVerwGE 120, 138 <146 f.>). Nach § 14 Abs. 2 S. 1 BauGB kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht noch völlig offen sind. Daraus folgt, dass das Mindestmaß an Vorstellungen, die vorliegen müssen, um eine Veränderungssperre zu rechtfertigen, zugleich geeignet sein muss, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde zu steuern, wenn sie über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu befinden hat. Diese Vorstellungen können sich jedoch nicht nur aus Niederschriften über die Gemeinderatssitzung, sondern auch aus allen anderen erkennbaren Unterlagen und Umständen ergeben. Hierzu kann beispielsweise auch die anderen Akten zu entnehmende oder bekannte Vorgeschichte gehören (BVerwG, 01.10.2009 - 4 BN 34/09, NVwZ 2010, 42).

71

Laut der Bekanntmachung der Veränderungssperre liegen der beabsichtigten 4. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 2 folgende Planungsabsichten zu Grunde:

72

„Die Planungskonzeption der 4. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 2 sieht vor, die Festsetzungen zu den ausgewiesenen Grünflächen zu überarbeiten und die Eingriffs- und Ausgleichsbilanz zu überprüfen. Im Plangeltungsbereich sind einige öffentliche Grünflächen ausgewiesen, die der Öffentlichkeit tatsächlich nicht zur Verfügung stehen bzw. teilweise den privaten Grundstücken zugeschlagen wurden. Des Weiteren muss die Umsetzung der festgesetzten Pflanzungen kontrolliert werden. Bei eventuell entstandenen Defiziten ist es vorgesehen, Pflanzungen durchführen zu lassen und externe Ausgleichsflächen zur Verfügung zu stellen.

73

Auf Grundlage der Örtlichkeit soll ein neues Schallschutzgutachten erstellt werden, da die in der Ursprungsplanung festgesetzten Schallschutzmaßnahmen nicht vollständig erfüllt worden sind. Dabei sind aktuelle Verkehrsbelastungszahlen zu Grunde zu legen. Aus dem Gutachten resultierende, aktive und passive Schallschutzmaßnahmen sind abzuleiten. Die Festsetzungen zum Schallschutz werden dann hinsichtlich der Ergebnisse des Gutachtens überarbeitet.

74

Ein weiteres Planungsziel der 4. Änderung ist die Sicherung des ursprünglichen Planungsziels, Betriebe des Beherbergungsgewerbes in dem Wohngebiet auszuschließen, da diese entsprechend dem vorhandenen Charakter der Einfamilienhaussiedlung störend wirken. Sie sollen aus dem Wohngebiet herausgehalten werden, um Konflikte zwischen der intensiven Nutzung durch Gäste (An- und Abreiseverkehr, Stellplatzbedarf, Lärmemissionen) und den benachbarten Dauerwohnungen zu vermeiden. Die Nutzung für Dauerwohnungen hat in den überplanten Wohnquartieren Vorrang und ist zu erhalten. Für touristische Nutzungen stehen ausreichende Fremdenverkehrsquartiere in Strandnähe zur Verfügung. Als weitere Maßnahme ist im Rahmen der 4. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 2 die Vereinbarkeit von einzelnen untergeordneten Ferienwohnungen im Bestand mit Dauerwohnungen rechtlich verbindlich und abschließend entsprechend der aktuellen Rechtsprechung zu regeln. ... Das Planungsziel der 4. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 2 besteht dabei darin, Ferienwohnungen in einem untergeordneten Maße, z.B. als einzelne Einliegerwohnung in einem dauerhaft bewohnten Einfamilienhaus zuzulassen, so lange keine störenden Einflüsse von diesen Ferienwohnungen ausgehen und der Gebietscharakter des Wohngebietes nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Nicht gewollt sind Gebäude, in denen ausschließlich Ferienwohnungen oder Ferienwohnungen in einer größeren Anzahl oder Beherbergungsbetriebe untergebracht sind. ...

75

Um die Umsetzung der Planungsziele nicht zu gefährden, ist es erforderlich, die Veränderungssperre zu erlassen.

76

In dem Änderungsverfahren ist entsprechend aktueller Rechtsprechung zu gewährleisten, dass der Öffentlichkeit der Planung zu Grunde liegende Richtlinien, DIN-Normen usw. im Rathaus zur Einsicht zur Verfügung stehen und im Planverfahren öffentlich mit ausgelegt werden.“

77

Diese Ausführungen genügen den oben dargelegten Anforderung offensichtlich.

78

Der Kläger macht geltend, die beabsichtigte Planung stelle eine Verhinderungsplanung dar, da sie erst nach Erlass des Urteils des Verwaltungsgerichts eingeleitet worden sei.

79

In der Rechtsprechung des BVerwG ist geklärt, dass nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB nur solche Bebauungspläne sind, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Davon ist v.a. auszugehen, wenn eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken. Ein solcher Fall ist nicht schon dann gegeben, wenn der Hauptzweck der Festsetzungen in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Eine Gemeinde darf mit der Bauleitplanung grundsätzlich auch städtebauliche Ziele verfolgen, die mehr auf Bewahrung als auf Veränderung der vorhandenen Situation zielen. Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind nur dann als "Negativplanung" unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen, sondern nur vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern (BVerwG, B. v. 15.03.2012 - 4 BN 9/12, BauR 2012, 1067).

80

Die oben dargestellten Erwägungen lassen erkennen, dass eine Verhinderungsplanung in diesem Sinne nicht vorliegt. Dass mit der Planung - explizit - auch ein Vorhaben wie es der Kläger realisieren möchte, unterbunden werden soll, kann gerade zulässiger Zweck einer Änderungsplanung sein.

81

2. Der Hilfsantrag ist zulässig.

82

Stellt der in erster Instanz obsiegende Kläger seinen Verpflichtungsantrag, der sich vor der gerichtlichen Entscheidung erledigt hat, in der Berufungsinstanz auf den Antrag um festzustellen, dass die Behörde verpflichtet war, den beantragten Verwaltungsakt zu erteilen, ist der Feststellungsantrag als Fortsetzungsfeststellungsantrag entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ohne weiteres statthaft, wenn sich die Feststellung auf die Rechtslage im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses, d.h. im Zeitpunkt unmittelbar vor Eintritt des erledigenden Ereignisses, bezieht (BVerwG, U. v. 04.12.2014 - 4 C 33/13, BauR 2015, 810).

83

Der Hilfsantrag ist aber ebenfalls unbegründet. Der Kläger hatte weder zum Zeitpunkt des 11.09.2014 noch zum 19.09.2013 einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung, denn für die Beurteilung des Vorhabens lagen die erforderlichen Bauunterlagen nicht vor.

84

Der Kläger hat einen Antrag im vereinfachten Verfahren nach § 63 LBauO M-V gestellt.

85

Dieses Verfahren ist nach Abs. 1 dieser Vorschrift nur bei Wohngebäuden, sonstigen baulichen Anlagen, die keine Gebäude sind oder Nebengebäuden und Nebenanlagen zu Bauvorhaben dieser Art, ausgenommen Sonderbauten gegeben. Es ist dadurch gekennzeichnet, dass aus dem Bereich des Bauordnungsrechts nur beantragte Abweichungen im Sinne des § 67 Abs. 1 und 2 Satz 2 LBauO M-V geprüft werden. Wohngebäude sind gem. § 2 Abs. 2 S. 2 LBauO M-V Gebäude, die nur Wohnungen und die zugehörigen Garagen und Nebenräume enthalten, darüber hinaus allenfalls Räume für die Berufsausübung freiberuflich oder in ähnlicher Art Tätiger, denen gegenüber die Wohnungen überwiegen müssen. Jedenfalls fällt ein Beherbergungsbetrieb, wie ihn der Kläger zur Genehmigung gestellt hat, nicht darunter.

86

Darauf, ob das Ankreuzen des Feldes für ein vereinfachtes Verfahren versehentlich geschehen ist, kommt es nicht an. Für die Anwendung des § 63 LBauO M-V ist allein maßgebend, ob hier die objektiven Voraussetzungen dieser Vorschrift gem. § 63 Abs. 1 LBauO vorliegen. Unerheblich ist, ob der Antragsteller sein Vorhaben so beurteilt, dass das vereinfachte Genehmigungsverfahren in Betracht kommt (so bereits OVG Greifswald, B. v. 09.03.2004 - 3 M 253/03, juris). Anderenfalls könnte er nämlich die Fiktionswirkung und die eingeschränkte baurechtliche Überprüfung in Hinblick auf bauordnungsrechtliche Fragen gem. § 63 Abs. 1 Nr. 2 LBauO M-V allein dadurch herbeiführen, dass er einen derartigen Antrag stellt. Dies ist nicht Sinn und Zweck der verschieden ausgestalteten Genehmigungsverfahren der Landesbauordnung. Vielmehr ist es Sache der Baugenehmigungsbehörden objektiv zu beurteilen, ob und nach welchen Verfahrensvorschriften das jeweilige Vorhaben verfahrensrechtlich zu beurteilen ist. Eine andere Auslegung der Vorschriften würde im Ergebnis zu einer Wahlfreiheit der Genehmigungsverfahren unabhängig von den normierten Voraussetzungen führen. Eine solche Wahlfreiheit hat – anders als teilweise die Bauordnungen anderer Bundesländer – der Gesetzgeber in Mecklenburg-Vorpommern den Bauherrn nicht eingeräumt (OVG Greifswald, B. v. 23.06.2014 - 3 M 58/14, juris).

87

Bei genehmigungsbedürftigen baulichen Anlagen, die nicht unter § 63 LBauO M-V fallen, prüft die Bauaufsichtsbehörde gem. § 64 Abs. 1 LBauO M-V auch die Anforderungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes, d.h. der Landesbauordnung und aufgrund dieses Gesetzes erlassener Vorschriften. Die für diese Beurteilung erforderlichen Unterlagen lagen zu beiden maßgebenden Zeitpunkten nicht vor.

88

Nach § 7 Abs. 3 Nr. 13 der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen (Bauvorlagenverordnung - BauVorlVO M-V) vom 10.07.2006 (GVOBl. M-V S. 102), geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 23. Mai 2006 (GVOBl. M-V S. 194) müssen in einem Lageplan, soweit dies zur Beurteilung des Vorhabens erforderlich ist, Stellplätze eingezeichnet sein. Dies ist hier der Fall. Nach § 49 Abs. 1 LBauO M-V sind die notwendigen Stellplätze oder Garagen (§ 86 Abs. 1 Nr. 4 LBauO M-V) auf dem Baugrundstück oder in zumutbarer Entfernung davon auf einem geeigneten Grundstück herzustellen, dessen Benutzung für diesen Zweck öffentlich-rechtlich gesichert wird. Maßgebend ist die Satzung der Stadt A-Stadt über die Herstellung notwendiger Stellplätze oder Garagen sowie die Ablösebeträge (Stellplatzsatzung) in der Fassung der 2. Änderung vom 26.08.2010 (Amtliches Bekanntmachungsblatt der Stadt A-Stadt 2008 S. 3). Nach Ziff. 6.2. der Anlage 1 dieser Satzung ist bei Beherbergungsbetrieben ein Stellplatz je Zimmer oder Appartement herzustellen. Inwieweit diese Angaben auch für die planungsrechtliche Beurteilung nach § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO erforderlich sind, kann daher dahin stehen.

89

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 sowie § 154 Abs. 3 i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO, § 709 ZPO.

90

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 07. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.250,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich gegen die für sofortig vollziehbar erklärte Baueinstellungsverfügung des Antragsgegners, durch die dem Antragsteller die Umgestaltung eines Bootshauses untersagt wird.

2

Der Antragsteller reichte am 05.12.2013 einen Bauantrag im vereinfachten Verfahren gemäß § 63 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern – LBauO M-V – ein. Gegen-stand des Bauantrages soll die Erneuerung eines bestehenden Bootshauses sein. Mit Schreiben vom 11.03.2014 teilte der Antragsgegner mit, die beantragte Baumaßnahme bedürfe einer Genehmigung nach § 63 LBauO M-V. Das Vorhaben sei als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB planungsrechtlich nicht zulässig. Außerdem könne die notwendige naturschutzrechtliche Genehmigung für eine Ausnahme von der Landschaftsschutzgebietverordnung „Mecklenburger Großseenlandschaft“ und eine Genehmigung des mit dem Vorhaben verbundenen Eingriffs in Natur und Landschaft nicht in Aussicht gestellt werden. Schließlich verstoße das Vorhaben gegen § 61 Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG – i.V.m. § 29 Naturschutzausführungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern - NatSchAG M-V -, wonach an Gewässern erster Ordnung bauliche Anlagen in einem Abstand von 50 m land- und gewässerseits von der Mittelwasserlinie angerechnet nicht errichtet oder wesentlich geändert werden dürften. Am 14.03.2014 ordnete der Antragsgegner mündlich einen Baustopp für die begonnenen Bauarbeiten an, der durch Bescheid vom 18.03.2014 schriftlich bestätigt wurde. Zugleich wurde die sofortige Vollziehung dieser Anordnung ausgesprochen.

3

Den hiergegen gerichteten Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung lehnte das Verwaltungsgericht Greifswald durch Beschluss vom 07.05.2014 im Wesentlichen mit der Begründung ab, die zuvor unterbliebene Anhörung sei durch die Widerspruchsbegründung geheilt worden. Der Antragsteller sei nicht in Besitz einer durch Zeitablauf entstandenen Baugenehmigung nach § 63 Abs. 2 Satz 2 LBauO M-V, da das Vorhaben nicht unter die in Abs. 1 der Vorschrift genannten falle. Die Baueinstellungsverfügung sei bereits deswegen gerechtfertigt, weil das Vorhaben wegen der fehlenden Baugenehmigung formell baurechtswidrig sei. Wegen der im Verwaltungsverfahren aufgezeigten rechtlichen Bedenken sei es auch nicht offensichtlich materiell genehmigungsfähig. Die Zwangsgeldandrohung begegne keinen Bedenken, ebenso wenig die Begründung des besonderen öffentlichen Interesses für die Anordnung der sofortigen Vollziehung.

II.

4

Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers, die allein nach deren Vorbringen gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beurteilen ist, hat keinen Erfolg.

5

Der Antragsteller macht zunächst geltend, der Antragsgegner habe vergleichbare Vorhaben in der Vergangenheit und Gegenwart als Bauantragsverfahren im vereinfachten Verfahren nach § 63 LBauO M-V behandelt. Er sei zuvor dazu anzuhören gewesen, dass der Antragsgegner das Verfahren nicht als vereinfachtes, sondern als Baugenehmigungsverfahren nach § 64 LBauO M-V behandeln wolle. Überdies sei die Fiktionswirkung der Baugenehmigung nach § 63 Abs. 2 Satz 2 LBauO eingetreten.

6

Dieses Vorbringen vermag den angefochtenen Beschluss nicht in Frage zu stellen. Für die Anwendung des § 63 LBauO M-V kommt es allein darauf an, ob hier die objektiven Voraussetzungen dieser Vorschrift gem. § 63 Abs. 1 LBauO vorliegen. Danach ist das vereinfachte Genehmigungsverfahren nur dann möglich und vorgeschrieben, wenn es sich um ein Wohngebäude handelt, eine sonstige bauliche Anlage, die kein Gebäude ist oder ein Nebengebäude oder eine Nebenanlage zu Bauvorhaben der eben genannten Art. Der Antragsteller trägt selbst nicht vor, dass der Bootsschuppen zukünftig ein Wohngebäude im Sinne von § 2 Abs. 2 S. 2 LBauO M-V sein soll (dazu OVG Greifswald, B. v. 15.07.2009 - 3 L 182/08 - juris) oder dass die Anlage kein Gebäude im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 LBauO darstellt. Es kommt nicht darauf an - und zwar auch nicht für den Eintritt der Fiktionswirkung nach § 63 Abs. 2 Satz 2 LBauO M-V – ob der Antragsteller sein Vorhaben so beurteilt, dass das vereinfachte Genehmigungsverfahren aus seiner Sicht in Betracht kommt (so bereits OVG Greifswald, B. v. 09.03.2004 - 3 M 253/03 - juris). Anderenfalls könnte er nämlich die Fiktionswirkung und die eingeschränkte baurechtliche Überprüfung in Hinblick auf bauordnungsrechtliche Fragen gem. § 63 Abs. 1 Nr. 2 LBauO M-V allein dadurch herbeiführen, dass er einen derartigen Antrag stellt. Dies ist nicht Sinn und Zweck der verschieden ausgestalteten Genehmigungsverfahren der Landesbauordnung. Vielmehr ist es Sache der Baugenehmigungsbehörden objektiv zu beurteilen, ob und nach welchen Verfahrensvorschriften das jeweilige Vorhaben verfahrensrechtlich zu beurteilen ist. Eine andere Auslegung der Vorschriften im Sinne des Antragstellers würde im Ergebnis zu einer Wahlfreiheit der Genehmigungsverfahren unabhängig von den normierten Voraussetzungen führen. Eine solche Wahlfreiheit hat – anders als teilweise die Bauordnungen anderer Bundesländer – der Gesetzgeber in Mecklenburg-Vorpommern den Bauherrn nicht eingeräumt. Daraus folgt zugleich, dass der Antragsgegner nicht gehalten war, den Antragsteller zuvor darauf hinzuweisen, dass sein Vorhaben nach § 64 LBauO M-V zu beurteilen ist. Überdies ist eine Anhörung nach § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz Mecklenburg-Vorpommern – VwVfG M-V – nur bei Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes vorgesehen. Die Versagung eines begünstigenden Verwaltungsaktes fällt hierunter nach überwiegender Ansicht nicht. Selbst wenn dies nicht in dem Fall gelten sollte, in dem von einer früheren Verwaltungspraxis abgewichen werden soll (so OVG Münster, U. v. 01.07.1983 - 4 A 248/82, NVwZ 1983, 746), rechtfertigte dies nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung, weil die Anhörung im Widerspruchverfahren nachgeholt wird (§ 45 Abs. 2 VwVfG M-V). Gleiches gilt im übrigen, wenn sich der Einwand des Antragstellers auf den Erlass der Baueinstellungsanordnung beziehen sollte. Schließlich kann sich der Antragsteller nicht darauf berufen, dass in anderen – aus seiner Sicht vergleichbaren – Fällen der Antragsgegner das Genehmigungsverfahren nach § 63 LBauO M-V durchgeführt hat. Auf die Weiterführung eines solchen rechtwidrigen Verwaltungshandelns hätte der Antragsteller keinen Anspruch.

7

Der Antragsteller macht in seiner Beschwerdeschrift weiter geltend, die Erwägungen des Antragsgegners zur vermeintlichen Vorbildwirkung würden das Interesse an der Anordnung des Sofortvollzugs nicht rechtfertigen. Ihm sei nicht bekannt, dass vergleichbare bauliche Anlagen im Landkreis durch den Antragsgegner nicht genehmigt würden oder gegen eben jene Anlagen offensichtlich eingeschritten werden müsse. Mit diesem Einwand verkennt der Antragsteller die Ausführungen des Verwaltungsgerichtes. Es hat in dem angefochtenen Beschluss unter Bezugnahme auf den Beschluss des Senats vom 17.11.2010 – 3 M 210/10 – ausgeführt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung wegen der Vorbildwirkung des rechtswidrigen Vorhabens für andere Personen regelmäßig im besonderen öffentlichen Interesse liegt. Dieser Gesichtspunkt weist erkennbar auf zukünftiges Verhalten und wird nicht dadurch widerlegt, dass – wie der Antragsteller behauptet – in der Vergangenheit nicht in vergleichbaren Fällen unter Anordnung des Sofortvollzugs eingeschritten worden sei.

8

Soweit der Antragsteller schließlich geltend macht, das Vorhaben sei materiell genehmigungsfähig, weil es als Außenbereichsvorhaben sich an den bereits errichteten Bootshäusern orientiere, die Wasserfläche ohnehin zulässigerweise als Liegefläche für ein Boot genutzt werde, er Ausgleichsflächen zu schaffen angeboten habe und schließlich eine Vorbildwirkung nicht bestehe, vermag das der Erwägung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage zu stellen. Danach wird aus den Gründen, die der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Ablehnung seines Bauantrages aufgezeigt habe, deutlich, dass eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht besteht. Insoweit geht der Antragsteller in seiner Beschwerdeschrift, unabhängig davon, ob die geltend gemachten Einwendungen in der Sache zutreffen, jedenfalls nicht darauf ein, dass das Vorhaben einer Befreiung von der Landschaftsschutzgebietverordnung „Mecklenburger Großseenlandschaft“ und einer Befreiung von der Vorschrift über den Gewässerschutzstreifen nach § 61 BNatSchG i.V.m. § 29 NatSchAG M-V bedarf.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

10

Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 47, 53 Abs. 2 und 52 Abs. 2 GKG.

11

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 5 und § 66 Abs. 3 S. 3 GKG unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 27.10.2008 wird unter der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Baustelle auf dem Grundstück der Antragsteller nicht vor dem 01.02.2009 versiegelt wird.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller begehren die Untersagung einer mit Schreiben des Antragsgegners vom 10.10.2008 angekündigten Versiegelung der Baustelle auf ihrem Grundstück Flurstücke 99 und 100 der Flur 1 der Gemarkung A..

2

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs abgelehnt. Es handele sich bei den von den Antragstellern durchgeführten Baumaßnahmen um ein nach § 59 Abs. 1 LBauO M-V genehmigungspflichtiges Vorhaben, da diese keine verfahrensfreien Instandhaltungsmaßnahmen darstellen würden. Die erforderliche Baugenehmigung fehle und die Antragsteller hätten die unzulässigen Arbeiten trotz Baueinstellungsverfügung vom 16.05.2002 fortgesetzt, so dass die Voraussetzungen für die Versiegelung der Baustelle gem. § 79 Abs. 2 LBauO M-V vorlägen. Die Baueinstellungsverfügung habe sich auch nicht erledigt, weil ausweislich der vorliegenden Fotos die Baumaßnahme noch nicht abgeschlossen sei. Die Versiegelung sei trotz des zwischenzeitlich erfolgten Einzuges der Antragsteller aufgrund der zwischenzeitlich erlassenen Nutzungsuntersagung auch nicht unverhältnismäßig.

II.

3

Die dagegen gerichtete Beschwerde bleibt mit dem gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein maßgeblichen Beschwerdevorbringen ohne Erfolg. Dieses ist nicht geeignet, den vom Verwaltungsgericht verneinten Anordnungsanspruch auf Untersagung der Versiegelung zu begründen.

4

Obwohl die Statthaftigkeit eines ausdrücklich gestellten und vom Verwaltungsgericht so behandelten Antrages nach § 123 VwGO mit der Beschwerde nicht gerügt werden kann, weist der Senat darauf hin, dass die vom Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang zitierte Rechtsprechung des Senats (B. v. 19.07.1994 - 3 M 12/94 -, DÖV 1996, 81), nach der die Versiegelung einer baulichen Anlage die Anwendung unmittelbaren Zwangs im Sinne des allgemeinen Ordnungsrechts darstellt, zu einem Fall unter Geltung der Bauordnung der DDR ergangen ist, in der es eine dem § 79 Abs. 2 LBauO M-V entsprechende spezialgesetzliche Regelung nicht gab. Der Antrag ist vorliegend wegen der bloßen Ankündigung der Versiegelung als vorbeugender Rechtsschutzantrag nach § 123 VwGO statthaft.

5

Ein Anordnungsanspruch auf Unterlassen der angekündigten Versiegelung besteht nicht, weil sich die der Versiegelung zugrunde liegende Baueinstellungsverfügung als rechtmäßig erweist und die Voraussetzungen für eine Versiegelung vorliegen.

6

Nach der zutreffenden Ansicht des Verwaltungsgerichts richtet sich die Rechtmäßigkeit der Baueinstellungsverfügung vom 16.05.2002 nach der Landesbauordnung in der ab dem 01.09.2006 geltenden Fassung, da es sich um einen Dauerverwaltungsakt handelt und die Verfügung zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Neuregelung noch nicht vollzogen war. Nach § 79 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V kann die Bauaufsichtbehörde die Einstellung der Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet werden.

7

Die auf dem Grundstück der Antragsteller errichtete bauliche Anlage steht im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften, weil sie genehmigungsbedürftig ist und es an der erforderlichen Baugenehmigung fehlt. Die Genehmigungsbedürftigkeit besteht sowohl nach der vor dem 01.09.2006 und der danach gültigen Fassung der LBauO M-V, so dass offen bleiben kann, zu welchem genauen Zeitpunkt die Maßnahmen durchgeführt wurden. Für die vor dem 01.09.2006 durchgeführten Maßnahmen folgt das Genehmigungserfordernis aus § 62 Abs. 1 LBauO M-V a.F.. Sie waren auch nicht nach § 65 Abs. 1 Nr. 56 LBauO M-V a.F. genehmigungsfrei, da keine lediglich geringfügige Änderung tragender oder aussteifender Bauteile innerhalb des Gebäudes durchgeführt wurde. Dabei bestehen für den Senat keine Zweifel, dass es sich bei den im Zuge der im Jahre 2002 erfolgten "Freilegung" entfernten Innenwänden um tragende Bauteile i.S.d. Vorschrift handelt. Dies ergibt sich schon daraus, dass nach den von den Beteiligten vorgelegten Fotos die aus der sog. Mittelwand entfernten Holzstützbalken zunächst durch sog. Drehsteifen und später durch neue Holzbalken ersetzt wurden. Hätten die Stützbalken keine tragende Funktion, hätte es einer Abstützung nicht bedurft. Die statische Bedeutung der Innenwände ergibt sich auch aus dem von den Antragstellern vorgelegten Schreiben des Tragwerkplaners vom 10.07.2008, wonach das eingeschossige Mauerwerksgebäude auch ohne Ringanker standsicher sei, zumal queraussteifende Innenwände in ca. 6,0 m Abstand vorhanden seien (Unterstreichung durch das Gericht). Die innen neu eingezogenen Querwände mit guter Verankerung könnten vollwertig zur Wandaussteifung akzeptiert werden. Hieraus ergibt sich, dass zur Wandaussteifung die Innenwände mit den an der Außenwand angebrachten Stahlankern erforderlich sind.

8

Bei den durchgeführten Baumaßnahmen handelt es sich entgegen der Beschwerde auch nicht um (bloße) Instandhaltungsmaßnahmen i.S.v. § 65 Abs. 4 LBauO a.F.. Zur Instandhaltung gehören zwar das Wiedererrichten zerstörter oder schadhafter Bauteile und das Beseitigen von Mängeln oder Schäden durch Maßnahmen, die den bisherigen Zustand im wesentlichen unverändert lassen oder diesen wiederherstellen und erhalten. Dieser Rahmen wird indes verlassen, wenn wesentliche Bauteile vollständig ausgewechselt werden oder das ganze Bauwerk derart ausgekernt wird, dass dies einer Neuerrichtung gleichkommt (vgl. VGH München, B. v. 29.04.2004 - 2 CS 04.821 -, zit. n. juris m.w.N.). Die von den Antragstellern im Jahre 2002 durchgeführte "Freilegung" von Gebäudeteilen stellt sich nach den vorliegenden Fotos als komplette Entkernung des Gebäudes dar. Es wurden nahezu sämtliche Innenwände entfernt, Teile des Fundaments freigelegt, und der Anbau an der südöstlichen Hausecke abgerissen, was zu einer großen Öffnung in der Außenwand führte. Zu berücksichtigen ist weiter, dass das Gebäude durch die Entkernung im Jahre 2002 bis zum Einzug der Antragsteller im August 2008 der Wohnnutzung entzogen worden war und die Wiederaufnahme der Wohnnutzung eine Nutzungsänderung darstellt. Während der über sechsjährigen Dauer der Baumaßnahmen ist der Bestandsschutz der Wohnnutzung erloschen und die Wiederaufnahme der Wohnnutzung stellt eine genehmigungsbedürftige Nutzungsänderung dar (vgl. Senatsbeschluss vom 22.03.2005 - 3 M 236/04 -, NordÖR 2005, 442). Die nach den eidesstattlich versicherten Angaben der Antragsteller im Sommer diesen Jahres unmittelbar vor dem Einzug durchgeführten Maßnahmen sind nach § 59 Abs. 1 LBauO M-V n.F. ebenfalls genehmigungsbedürftig. Sie sind nicht nach § 61 Abs. 1 Nr. 10 LBauO M-V n.F. verfahrensfrei, weil es sich bei den wiedererrichteten Innenwänden nach obigen Ausführungen um tragende Bauteile handelt. Dies gilt ebenfalls für die ersetzten Dachstützbalken (Stiele) und die Firstfette. Zu berücksichtigen ist schließlich, dass sich die Frage der Genehmigungspflichtigkeit einer baulichen Anlage nach der Rechtsnatur der gesamten Anlage, nicht nach der einzelner - möglicherweise genehmigungsfreier - Bestandteile richtet. Daher kann auch eine bei isolierter Betrachtungsweise genehmigungsfreie Anlage als Teil einer Gesamtanlage genehmigungspflichtig sein (vgl. Dürr/Sauthoff, Baurecht Mecklenburg-Vorpommern, 1. Aufl., Rn. 1095 unter Hinweis auf BVerwG, U. v. 01.11.1974 - IV C 13.73 -, BauR 1975, 108 und VGH Mannheim, U. v. 03.03.1982 - 3 S 2601/81 -, BRS 39 Nr. 143). Dies führt vorliegend dazu, dass die von den Antragstellern durchgeführten Baumaßnahmen, die in ihrer Gesamtheit - wie bereits in den Bauvoranfragen aus den Jahren 2001 und 2002 dargelegt - offensichtlich auf den Umbau des im Jahre 2002 entkernten Gebäudes gerichtet und genehmigungsbedürftig sind.

9

Sowohl die Baueinstellungsverfügung als auch die darauf aufbauende Versiegelungsankündigung hat sich entgegen der Auffassung der Beschwerde noch nicht erledigt. Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, den Abschluss der Baumaßnahme zu belegen. Selbst wenn man den Vortrag der Antragsteller zugrunde legt, wonach die aus weißen Steinen (Gasbeton oder Kalksandstein) gemauerten Innenwände in dem (lediglich) überstrichenen Zustand und die mit unbehandelten Spanplatten verkleideten Flurwände endgültig so verbleiben sollen, entspricht der auf einem provisorischen Brett montierte Elektroverteiler mit Messeinrichtung nicht dem Stand der Technik für eine dauerhafte Installation. An der Giebelwand auf der Eingangsseite sind Wandöffnungen im Giebelbereich erkennbar nur mit Platten (nach Angaben des Antragsgegner aus Styropor) verschlossen. Nach dem eigenen Vortrag der Antragsteller ist das Gebäude von der Trinkwasserversorgung abgeschnitten und die Versorgung erfolgt über einen ca. 500 m entfernten Hydranten mit einem Trinkwasserbehälter. Nach Angaben des Wasserversorgers müsse eine komplett neue Leitung gelegt werden. Somit steht zu erwarten, dass ein Trinkwasseranschluss für die auf den Fotos ersichtlichen Sanitärinstallationen im Badezimmer wie auch in der Küche erforderlich ist. Insgesamt ist danach davon auszugehen, dass die Baumaßnahmen noch nicht abgeschlossen sind, vielmehr mit weiteren Baumaßnahmen zu rechnen ist und sich die Versiegelungsankündigung damit noch nicht erledigt hat.

10

Sowohl die Baueinstellungsverfügung als auch die Ankündigung der Versiegelung erweisen sich als ermessensfehlerfrei und insbesondere als verhältnismäßig. Bei der Baueinstellungsverfügung und der Versiegelung besteht insofern ein intendiertes Ermessen, als bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen die Bauaufsichtbehörde grundsätzlich zum Einschreiten verpflichtet ist. Das behördliche Ermessen wird nur eröffnet, um in Ausnahmefällen zu ermöglichen, von dem an sich gebotenen Einschreiten abzusehen, wenn dies nach den konkreten Umständen opportun ist (vgl. BVerwG, B. v. 28.08.1980 - 4 B 67.80 -, BRS 36 Nr. 93; OVG Weimar, B. v. 27.06.1996 - 1 EO 425/95 -, ThürVBl. 1997, 16; B. v. 22.10.1998 - 1 EO 1056/98 -, BauR 1999, 164; VGH Kassel, U. v. 08.02.1990 - 3 UE 7/86 -, BauR 1991, 447; B. v. 20.03.1991 - 4 TH 977/90 -, BRS 52, 159, m.w.N.).

11

Einen derartigen Ausnahmefall haben die Antragsteller auch mit der Beschwerde nicht dargelegt. Er lässt sich insbesondere nicht unter Vertrauensschutzgesichtpunkten begründen, auf die mit dem Beschwerdevorbringen, die Antragsteller hätten "sich bisher rechtstreu verhalten", offenbar abgestellt wird. Die mit der Beschwerde geäußerte Vermutung, der Antragsgegner sei sich möglicherweise selbst noch unsicher gewesen, "ob er mit seiner Versagung der Bauvoranfrage durchkommt", widerspricht zum einen den Angaben des Antragsgegners, wonach er die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Baueinstellungsverfügung versehentlich unterlassen habe. Aus den Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners ergibt sich darüber hinaus, dass sich der ehemalige Bevollmächtigte der Antragsteller nach Einlegung des Widerspruchs gegen die Ablehnung des zweiten Vorbescheidsantrages durch Bescheid vom 17.07.2002 wiederholt um die Aussetzung des Widerspruchsverfahrens bemüht hat. Nach Vorlage von ablehnenden Stellungnahmen des Planungsamtes des Antragsgegners und des Umweltministeriums zur Erfassung des Grundstücks durch eine Außenbereichssatzung der Gemeinde erging der Widerspruchsbescheid vom 06.07.2006. Der Antragsgegner hat zu keinem Zeitpunkt Anlass für die Annahme gegeben, er würde an der Ablehnung der Bauvoranfragen und der Baueinstellungsverfügung vom 16.05.2002 nicht festhalten. Die Antragsteller verkennen, dass die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen eine nicht für sofort vollziehbar erklärte Baueinstellungsverfügung noch nicht zur Durchführung genehmigungspflichtiger Baumaßnahmen berechtigt; hierfür bedarf es vielmehr einer Baugenehmigung, die die Antragsteller bis zum heutigen Zeitpunkt nach Aktenlage noch nicht beantragt haben. Am Genehmigungserfordernis hat der Antragsgegner keine Zweifel aufkommen lassen, so dass auch kein schutzwürdiges Vertrauen der Antragsteller an der Durchführung bzw. Fortsetzung der Maßnahmen bestand.

12

Der Vortrag der Antragsteller, sie würden das Haus bereits (seit längeren) bewohnen, als wahr unterstellt, steht der Ankündigung der Versiegelung ebenfalls nicht entgegen. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht auf die vom Antragsgegner erlassene sofort vollziehbare Nutzungsuntersagungsverfügung, die der (Wohn-)Nutzung des Gebäudes entgegensteht. Die Beschwerde gegen den ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts über den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen die Nutzungsuntersagung zum Az. 3 M 153/08 hat der Senat mit Beschluss vom heutigen Tage - unter einer entsprechenden zeitlichen Auflage - zurückgewiesen.

13

Der Versiegelung steht letztlich auch nicht die geltend gemachte, durch Art. 13 GG geschützte Unverletzlichkeit der Wohnung entgegen. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob durch die Versiegelung der Schutzbereich des Grundrechts überhaupt betroffen ist. Als negatorisches Grundrecht dient Art. 13 Abs. 1 GG der Abwehr fremder Eingriffe in die Räume i.S.d. Wohnungsbegriffs. Nicht geschützt ist dagegen das Besitzrecht an einer Wohnung, sondern deren Privatheit. Art. 13 Abs. 1 GG schützt nicht das Interesse, eine bestimmte Wohnung zum Lebensmittelpunkt zu machen und sie hierfür zu behalten. Der Schutz der Wohnung soll vielmehr Störungen vom privaten Leben fernhalten. Schutzgut ist somit die räumliche Sphäre (vgl. Hofmann in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, Kommentar, 11.Aufl., Art. 13 Rn. 6 f). Mit einer Versiegelung soll dagegen das Betreten von Räumen gerade verhindert werden. Ungeachtet der Tatsache, dass die Antragsteller nach eigenen Angaben in dem Gebäude wohnen bzw. als Wohnung betrachten, handelt es sich wegen der nach obigen Ausführungen noch nicht abgeschlossenen Baumaßnahmen jedenfalls auch um eine Baustelle, auf der genehmigungsbedürftige, aber ungenehmigte Baumaßnahmen zu erwarten sind. Insoweit kommt der Gesetzesvorbehalt des Art.13 Abs. 7, 2. Alt. GG zum Tragen, wonach Eingriffe und Beschränkungen auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorgenommen werden dürfen. Gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Versiegelung ist vorliegend die bauordnungsrechtliche Vorschrift des § 79 Abs. 2 LBauO M-V, deren Voraussetzungen nach obigen Ausführungen und den darüber hinaus nicht mit der Beschwerde angefochtenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts vorliegen. Die Versiegelung dient der Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und ist damit vom Gesetzesvorbehalt erfasst.

14

Der Senat hält es im Hinblick auf die im Beschluss vom heutigen Tage in dem die Nutzungsuntersagung betreffenden Beschwerdeverfahren 3 M 153/08 ausgesprochene zeitliche Auflage für erforderlich, diese als Anordnung nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO auch auf die vorliegend streitgegenständliche Versiegelung auszudehnen, da die zeitliche Auflage zur Nutzungsuntersagung sonst leer liefe.

15

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 und 53 Abs. 3 GKG.

16

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz3 GKG).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um eine Baueinstellungsverfügung.

2

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Flurstück ... der Flur . der Gemarkung R. Das Grundstück befindet sich innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Nr. 21 der Beigeladenen „für den Ortsteil ... für Ferienhäuser und öffentlicher Parkplatz östlich der gewachsenen Ortlage ...“. Der Bebauungsplan sieht im hier maßgeblichen Baufeld ein Sondergebiet Ferienhaus (SO FH 5) vor. Die maximale Firsthöhe ist mit 9,50 m festgesetzt. Die Dachneigung darf zwischen 40 Grad und 46 Grad, ausnahmsweise für Reetdächer 50 Grad bis 60 Grad betragen. Die maximale Traufhöhe ist mit 3,80 m festgesetzt. Als Bezugspunkt für Höhenangaben gilt nach dem Teil B I Planungsrechtliche Festsetzungen 3. Höhenlage die mittlere Fahrbahnhöhe der angrenzenden Erschließungsstraße. Als örtliche Bauvorschriften ist unter II. Festsetzungen zur äußeren Gestaltung von baulichen Anlagen zu Nr. 3. Dacheindeckung u. a. festgesetzt: „Die Dachneigungen der Gebäude dürfen maximal 60 Grad für reetgedeckte Gebäude und maximal 46 Grad für übrige Gebäude nicht überschreiten. Im gesamten Planbereich sind nur symmetrische Sattel-, Walm- oder Krüppelwalmdächer sowie sogenannte Eulenlochdächer für die Hauptgebäude zulässig. Pultdächer sind unzulässig. Symmetrische Dachneigungen/symmetrische Dacheindeckungen dürfen ungleichschenklig ausgebildet werden. Für untergeordnete Gebäudeteile, wie z. B. Windfänge, Erker, Veranden sind abweichend Pult- und / oder fachgeneigte Dächer zulässig. Dachgauben sind in Form von Schleppgauben, Fledermausgauben oder Satteldachgauben zulässig. … Unterschiedliche Formen von Gauben auf einer Dachfläche sind unzulässig. … Zwischen der Traufe und dem Fußpunkt der Gaube müssen mindest 3 Dachziegelreihen durchgehen. Die Firste von Giebelgauben und Ansätze der Bedachungen von Schleppgauben müssen mindestens 2 Dachziegelreihen unterhalb des Hauptfirstes liegen.“

3

Mit Datum vom 01. März 2011 legten die Kläger bei dem Amt ... über ihren Entwurfsverfasser Bauunterlagen als „Vorlage in der Genehmigungsfreistellung (§ 62 LBau0 M-V)“ vor. Zu den Bauunterlagen gehörten die Schnitte A – A und B - B, jeweils mit Ansichten. Danach sollte der Hauptfirst eine Höhe von 6,87 m aufweisen. Die Schnitte und Ansichten sehen zudem einen turmartigen Gebäudeteil vor, dessen Firsthöhe nach den Schmitt B - B 8,50 m betragen sollte. Das Dach dieses Gebäudeteils ist als flachgeneigtes Walmdach vorgesehen.

4

Die Gemeinde gab keine Erklärung nach § 62 Abs. 2 Nr. 4 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) ab mit der Folge, dass ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren nicht durchgeführt wurde.

5

Die Kläger zeigten am 05. Mai 2011 den Baubeginn an. Im August 2011 erhielt die Beklagte Kenntnis von der Errichtung des turmartigen Gebäudeteils. In der Folge wurde ein „Geländeschnitt “ im Maßstab 1 : 250 vorgelegt, der für den Turm des klägerischen Gebäudes bei einer Höhe des Hauptfirstes von (weiterhin) 6,87 m eine Firsthöhe von 9,50 m aufwies. Anders in den Bauunterlagen vom 01. März 2011, wonach die dritte Ebene des Turms, in der Fensteröffnungen vorgesehen sind, den Hauptfirst etwa zur Hälfte überragen sollte, weist der „Geländeschnitt ...“ nunmehr einen Turm auf, dessen dritten Ebene nahezu vollständig den Hauptfirst überragt.

6

Die Beklagte verfügte mit Bescheid vom 30. August 2011, zugestellt am 02. September 2011, unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.000 € die Einstellung sämtlicher Bauarbeiten zur Errichtung des als Turm ausgebildeten Gebäudeteils einschließlich dessen Anbindung an das Ferienhaus. Gleichzeitig wurde die sofortige Vollziehung der Baueinstellungsverfügung angeordnet. Zur Begründung führte die Beklage im Wesentlichen aus: Für die geänderte Variante der Ausführung des Turmes liege keine Genehmigungsfreistellung seitens der Gemeinde gemäß § 62 Abs. 3 LBauO M-V vor. Darüber hinaus würden mit dem Turmanbau die Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Traufhöhe, der Dachneigung und den Festlegungen zur Dachausbildung nicht eingehalten. Die Einhaltung der Geschossigkeit und der Grundflächenzahl gemäß den Festsetzungen des Bebauungsplans sei aus den eingereichten Bauvorlagen nicht nachvollziehbar. In dem eingereichten Lageplan fehlten die erforderlichen Höhenangaben gemäß § 7 Abs. 3 Bauvorlagenverordnung M-V und in den Schnitten und Ansichten der Anschnitt der vorhanden geplanten Geländeoberfläche sowie die Höhenlage des Erdgeschossfußbodens mit Bezug auf das jeweilige Höhenbezugssystem gemäß § 8 Bauvorlagenverordnung M-V. Der Grundriss für die obere Turmebene mit Nutzungsangaben liege den Bauvorlagen ebenfalls nicht bei. Ein Antrag nach § 63 LBauO M-V im vereinfachten Genehmigungsverfahren sowie Anträge auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans seien nicht eingereicht und eine Genehmigung für das Vorhaben auch nicht erteilt worden. Die Baumaßnahmen seien somit formell rechtswidrig. Die Anordnung der Baueinstellung sei angemessen, da das öffentliche Interesse an der Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften überwiege gegenüber dem Interesse der Kläger an der Erhaltung der in Kenntnis der Sachlage widerrechtlich errichteten baulichen Anlagen.

7

Den dagegen am 29. September 2011 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2011, zugestellt am 18. November 2011, zurück.

8

Die Kläger haben am 19. Dezember 2011 Klage erhoben.

9

Sie erachten den Turm als untergeordnetes Bauteil im Sinne der Festsetzungen des Bebauungsplans. Zudem sei der Turm als maritimes Element befreiungsfähig.

10

Zu einem Befreiungsantrag vom 03. September 2011 versagte die Gemeinde das Einvernehmen. In der Folge lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Dezember 2011 den Antrag auf Befreiung von den Festsetzungen zur Traufhöhe und zur Dacheindeckung ab.

11

Wegen der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Baueinstellungsverfügung beantragten die Kläger, die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Nach Durchführung eines Ortstermins am 19. Januar 2012 wurde der Antrag mit Beschluss vom 23. Januar 2012 rechtskräftig abgelehnt.

12

Die Kläger beantragen,

13

die Ordnungsverfügung der Beklagten über die Einstellung der Bauarbeiten vom 30. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2011 aufzuheben.

14

Die Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Sie hält an ihrer in den Bescheiden dargelegten Auffassung fest.

17

Die Beigeladene stellt keinen Antrag und hat sich schriftsätzlich auch nicht geäußert.

18

Mit Beschluss vom 09. Januar 2012 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, sowie die Gerichtsakte zum Verfahren 2 B 902/11 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

20

Die Klage hat keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 30. August 2011 und der Widerspruchsbescheid vom 16. November 2011 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

21

Rechtsgrundlage für die Baueinstellungsverfügung ist § 79 Abs. 1 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V). Nach § 79 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung der Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich- rechtlichen Vorschriften errichtet werden. Diese Voraussetzung liegt hier vor.

22

Bei den Bauarbeiten, auf die sich die Ordnungsverfügung der Beklagten bezieht, handelt es sich um solche zur Errichtung einer baulichen Anlage im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V, weil es sich bei dem turmartigen Gebäudeteil um einen unselbständigen Teil des von den Klägern errichteten Ferienhauses und mit diesem um eine mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlage handelt.

23

Die Errichtung des Ferienhauses einschließlich Turm steht bereits deshalb im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften, weil die Kläger dafür nicht im Besitz einer Baugenehmigung sind. Zwar befindet sich das von den Klägern errichtete Ferienhaus mitsamt dem streitgegenständlichen turmartigen Gebäudeteil im Geltungsbereich des „Bebauungsplans Nr. 21 der Stadt ... für den Ortsteil ... für Ferienhäuser und öffentlicher Parkplatz östlich der gewachsenen Ortslage ...“. Auch haben die Kläger über ihren Entwurfsverfasser unter dem 1. März 2011 bei dem Amt ... Bauvorlagen „in der Genehmigungsfreistellung“ nach § 62 LBauO M-V für das Vorhaben „Neubau eines Ferienhauses“ eingereicht und hat die Gemeinde keine Erklärung nach § 62 Abs. 2 Nr. 4 LBauO M-V abgegeben. Allerdings folgt daraus - nämlich aus der Nichtabgabe einer Erklärung nach § 62 Abs. 2 Nr. 4 LBauO M-V durch die Gemeinde - nicht, dass deshalb das klägerische Vorhaben „genehmigungsfrei gestellt“ ist (§ 62 Abs. 2 LBauO M-V).

24

Denn - erstens - setzt die Genehmigungsfreistellung nach § 62 Abs. 2 Nr. 2 LBauO M-V neben der Nichtabgabe der Erklärung nach § 62 Abs. 2 Nr. 4 LBauO M-V voraus, dass das Vorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widerspricht. Diese Voraussetzung - kein Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungsplans - ist bereits in Bezug auf das unter dem 1. März 2011 zur Genehmigungsfreistellung bei der Gemeinde bzw. dem ... angezeigte Vorhaben nicht erfüllt. Denn das Dach des nach dem vorgelegten „Schnitt B-B Vorderansicht“ ursprünglich vorgesehenen Turms hält weder die Festsetzung zur Dachneigung (40 Grad bis 46 Grad) noch diejenige zur Traufhöhe (maximal 3,80 m) ein.

25

Jedenfalls im Blick auf den Verstoß gegen die (bauplanungsrechtliche) Festsetzung zur Traufhöhe bedarf es keiner abschließenden Klärung der Frage, ob es sich bei dem ursprünglich angezeigten turmartigen Gebäudeteil nach den Bauvorlagen vom 1. März 2011 um einen untergeordneten Gebäudeteil handelt. Denn auf diese Frage kommt es lediglich im Hinblick auf die bauordnungsrechtlichen Festsetzungen des Bebauungsplans unter Teil B II Nr. 3 an, weil hiernach anstelle der zugelassenen symmetrischen Sattel -, Walm- oder Krüppelwalmdächer sowie Eulenlochdächer für untergeordnete Gebäudeteile abweichend „Pult- und/oder flachgeneigte Dächer“ zulässig sind.

26

Allerdings spricht Überwiegendes dafür, dass (bereits) der ursprüngliche, unter dem 1. März 2011 angezeigte Turm keinen „untergeordneten Gebäudeteil“ im Sinne der Festsetzungen in Teil B II Nr. 3 des Bebauungsplans Nr. 21 bildet. Nach der unter dem 1. März 2011 eingereichten Bauzeichnung „Schnitt B-B Vorderansicht“ im Maßstab 1:100 vom 25. Februar 2011 sollte die Firsthöhe des Turms bei einer Firsthöhe des Daches im Übrigen von 6,87 m 8,50 m betragen und dessen dritte Ebene, in der (ebenfalls) Fensteröffnungen vorgesehen sind, etwa zur Hälfte den Hauptfirst des Gebäudes überragen. Für die Beantwortung der Frage danach, ob der in Rede stehende Turm einen „untergeordneten Gebäudeteil“ bildet, kommt es auf die Auslegung der maßgeblichen Bebauungsplanfestsetzung in Teil B II Nr. 3 des Bebauungsplans Nr. 21 an. Diesbezüglich benennt die maßgebliche Festsetzung selbst als Beispiele untergeordneter Gebäudeteile „Windfänge, Erker, Veranden“. Bereits daraus wird deutlich, dass der Plangeber Ausnahmen von den als örtliche Bauvorschrift getroffenen Festsetzungen zu den Dachformen und -neigungen neben den ausdrücklich beispielhaft genannten Bauteilen nur für solche Gebäudeteile vorsehen wollte, die Windfängen, Erkern oder Veranden gleichgestellt werden können. Maßgeblich dafür und damit für das Merkmal des Untergeordnetseins dürfte mithin sein, dass der in Rede stehende Gebäudeteil den Umfang des Gebäudes als Ganzes nicht wesentlich größer erscheinen lässt. Untergeordnete Bauteile dürfen als Elemente der architektonischen Gestaltung in ihrer optischen Wirkung zudem nicht in den Vordergrund treten. Untergeordnet sind Gebäudeteile mithin dann nicht mehr, wenn sie die Kubatur eines Gebäudes optisch so verdrängen oder verfremden, dass die sichtbare Fassade in den Hintergrund tritt (vgl. Lindorf, in: Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, Niedersächsische Bauordnung, 8. Auflage 2007, § 7 b Rn 16 zum Begriff der untergeordneten Gebäudeteile im Sinne des Abstandsflächenrechts m.w.N.).

27

Gemessen daran dürfte hier (bereits) für den ursprünglich vorgesehenen Turm nicht (mehr) von einem untergeordneten Gebäudeteil die Rede sein. Denn dieser ragt nicht nur über den Hauptfirst - wenn auch unterhalb der festgesetzten maximalen Firsthöhe - hinaus, was allein bereits zu einer optischen Veränderung der Gebäudekubatur führt. Vielmehr bildet (bereits) der ursprünglich vorgesehene Turm sowohl aufgrund seiner Höhe (ca 8,50 m) als auch der ihm zugedachten Funktion (Aufnahme Treppenaufgang in die oberste Ebene und (offenbar) Aussichtsplattform) keinen einem bloßen Erker, Windfang oder einer Veranda gleichzustellenden Gebäudeteil. Vielmehr wird aus dem „Schnitt B-B Vorderansicht“, dem „Schnitt A-A mit Ansicht“ sowie den Ansichten „Gartenansicht Veranda“ und „Eingangsansicht schräg“, jeweils vom 25.Februar 2011, deutlich, dass es sich bei dem Turm um einen prägnanten, das Ferienhaus geradezu dominierenden Gebäudeteil handelt.

28

Ist mithin bereits das von den Klägern unter dem 1. März 2011 im Rahmen des Freistellungsverfahrens angezeigte Vorhaben nicht nach § 62 Abs. 2 LBauO M-V freigestellt, was sich im Übrigen wegen des Grundsatzes des einheitlichen Bauvorhabens nicht lediglich auf den Turm, sondern auf das Gebäude insgesamt bezieht, und sind die Kläger nicht im Besitz einer Baugenehmigung, stellt sich das errichtete Ferienhaus (bereits) ungeachtet des abweichend von den unter dem 1. März 2011 eingereichten Bauvorlagen errichteten Turms als formell illegal und damit im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften stehend dar.

29

An einem formell legalen Status des errichteten Ferienhauses einschließlich des Turms fehlt es zudem - zweitens - auch deshalb, weil die Kläger den hier in Rede stehenden Turm entgegen der Darstellung in den unter dem 1. März 2011 eingereichten Bauvorlagen errichtet haben. Denn die von den Klägern realisierte, von dem „Schnitt B-B Vorderansicht“ vom 25. Februar 2011 abweichende Ausbildung des Turms in der Weise, dass dieser nunmehr eine Höhe von 9,50 m aufweist und dessen dritte Ebene nahezu vollständig den Hauptfirst überragt, unterlag weder dem in § 62 Abs. 3 LBauO M-V vorgesehenen Verfahren noch ist dafür die - was nach dem Vorgesagten für den tatsächlich realisierten Turm erst recht gilt - erforderliche Baugenehmigung erteilt worden.

30

Die Beklagte hat das ihr in § 79 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer Baueinstellungsverfügung eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Sie hat die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten und ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt, vgl. § 114 Satz 1 VwGO. Bei einer bauordnungsrechtlichen Verfügung genügt es regelmäßig, wenn die Behörde zum Ausdruck bringt, dass die Ordnungsverfügung wegen der Rechts- und Bauordnungswidrigkeit des Vorhabens erfolgt. Eine Abwägung widerstreitender Interessen braucht nur vorgenommen zu werden, soweit ganz bestimmte konkrete Anhaltspunkte für die Angemessenheit einer Ausnahme, d.h. der ausnahmsweise in Kauf zu nehmenden Duldung eines rechts- oder ordnungswidrigen Zustandes bestehen (vgl. OVG Greifswald, Urteil v. 22.02.1995 - 3 L 73/94 - amtl. Umdruck S. 9). Solche besonderen Umstände sind für das Gericht nicht ersichtlich. Die Beklagte hat zudem - trotz der sich auf das Ferienhaus insgesamt beziehenden formellen Illegalität - lediglich die Einstellung der Bauarbeiten zur Errichtung des Turms und dessen Anbindung an das Ferienhaus gefordert und damit ein für die Kläger milderes Mittel gewählt als es ein das gesamte Gebäude erfassender Baustopp wäre.

31

Auch kommt nicht die Annahme in Betracht, dass die Errichtung des streitgegenständlichen Turms offensichtlich legalisierungsfähig ist und damit nachträglich genehmigt werden könnte. Eine derartige nachträgliche Legalisierung des streitgegenständlichen Turms setzte die Erteilung einer Befreiung von denjenigen Festsetzungen des Bebauungsplans, gegen die der Turm verstößt, voraus. Voraussetzung einer solchen Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB (von den bauplanungsrechtlichen Festsetzungen) beziehungsweise § 86 Abs. 3 Satz 2 LBauO M-V in Verbindung mit § 31 Abs. 2 BauGB (hinsichtlich der als örtliche Bauvorschriften getroffenen Festsetzungen) ist unter anderem, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Dass dies der Fall wäre, liegt nicht auf der Hand und ist deshalb nicht offensichtlich. Vielmehr dürfte für die Beantwortung der Frage, ob die Kläger einen Anspruch auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans, gegen die der Turm verstößt, haben, in dem dafür maßgeblichen Verfahren zu klären sein, ob dem Bebauungsplan Nr. 21 ein im Blick auf den streitgegenständlichen Turm relevanter Grundzug der Planung entnommen werden kann und ob ein solcher gegebenenfalls berührt wäre.

32

In diesem Zusammenhang ist bereits fraglich, ob sich die Kläger - wie es im Rahmen des Ortstermins vom 19. Januar 2012 vorgebracht wurde - darauf berufen können, von der Gemeinde und von der Beklagten sei „das Prinzip Turm“ akzeptiert worden. Das trifft jedenfalls formal deshalb nicht zu, weil - wie oben dargelegt - (bereits) der ursprünglich vorgesehene und im Genehmigungsfreistellungsverfahren angezeigte Turm den Festsetzungen des Bebauungsplans widersprach und deshalb von vornherein kein Fall des § 62 Abs. 2 LBauO M-V gegeben sein konnte. Dass die Gemeinde und auch die Beklagte gleichwohl (zunächst) von einem freigestellten Vorhaben ausgegangen sind, begründet keinen irgendwie gearteten positiven bauordnungsrechtlichen Status für das klägerische Turmvorhaben. Unterliegt mithin dem – bisher offenbar noch nicht bestandskräftig abgeschlossenen - Befreiungsverfahren auch „das Prinzip Turm“, so dürfte in diesem insbesondere die Frage maßgeblich sein, ob der in Rede stehende Turm wie eine „Giebelgaube“ im Sinne der Festsetzung B II Nr. 3 anzusehen ist, deren First „mindestens 2 Dachziegelreihen unterhalb des Haufirstes liegen“ muss. Weiterhin wäre zu klären, ob den Festsetzungen zur „Dacheindeckung“ insgesamt zu entnehmen sein könnte, dass der Hauptfirst nicht von anderen Gebäudeteilen, insbesondere Dachöffnungen und -aufbau-ten, überragt werden soll, sowie, ob einer solchen Aussage Grundzugcharakter zukommt.

33

Die Beklagte hat die Kläger auch ermessensfehlerfrei als Grundstückseigentümer und damit als Zustandsstörer im Sinne von § 70 Abs. 1 Sicherheits- und Ordnungsgesetz M-V (SOG M-V) und zugleich als Bauherren auch als Verhaltensverantwortliche nach § 69 Abs. 1 SOG M-V in Anspruch genommen.

34

Schließlich ist auch die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.000,- € unter Ziffer 3 des Bescheides vom 30. August 2011 nicht zu beanstanden. Sie erfüllt die Voraussetzung des § 87 Abs. 4 Satz 1 SOG M-V, wonach sich die Androhung auf ein bestimmtes Zwangsmittel beziehen muss. Sie genügt weiterhin den Anforderungen des § 87 Abs. 5 SOG M-V, wonach das Zwangsgeld in bestimmter Höhe anzudrohen ist. Auch die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes ist nicht zu beanstanden, § 88 Abs. 3 SOG M-V. Mit einer Höhe von 2.000,- € hält sich das angedrohte Zwangsgeld in dem von der genannten Vorschrift gezogenen Rahmen von mindestens 10,- €, höchstens 50.000,- €, und erweist sich im Blick darauf, dass ein Zwangsgeld im unteren Bereich des Rahmens angedroht worden ist, auch als verhältnismäßig. Des Weiteren ist die Androhung des Zwangsgeldes gemäß § 87 Abs. 3 Satz 1 SOG M-V zulässigerweise mit der Baueinstellungsverfügung verbunden worden. Einer Fristsetzung bedurfte es nicht, § 87 Abs. 2 Satz 2 SOG M-V.

35

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

36

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin wendet sich gegen eine zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauordnungsrechtliche Verfügung zur Unterbindung der Nutzung einer Räumlichkeit als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte.

Im Erdgeschoss des nach dem zweiten Weltkrieg wieder in Stand gesetzten Anwesens FlNr. ... Gemarkung A. (= W.) befinden sich Räumlichkeiten, die in der Vergangenheit als Ladengeschäft genutzt worden sind (vgl. u. a. den auf Umbaumaßnahmen eines Schuhgeschäfts bezogenen Baugenehmigungsbescheid vom 3. Juni 1982).

Mit Bescheid vom 10. September 2012 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag des vormaligen Betreibers /Pächters auf baurechtliche Genehmigung der Nutzungsänderung des im Erdgeschoss des vorgenannten Anwesen befindlichen Ladens in ein - schon damals tatsächlich bereits betriebenes - Büro für Sportwetten unter Hinweis auf eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre ab. Mit Urteil vom 26. September 2013 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die gegen die Ver-sagung der Nutzungsänderungsgenehmigung gerichtete Verpflichtungsklage ab (Au 5 K 12.1307). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2377).

Unter dem 29. Januar 2013 untersagte die Antragsgegnerin dem vormaligen Betreiber /Pächter, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des Anwesens als Wettlokal für Sportwetten zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Mit Urteil vom 26. September 2013 hob das Verwaltungsgericht Augsburg die in Nr. 2 des Tenors des Bescheids vom 29. Januar 2013 verfügte Zwangsgeldandrohung auf und wies die Anfechtungsklage gegen die Nutzungsuntersagungsverfügung im Übrigen ab (Au 5 K 13.225). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den (gegen die Klageabweisung im Übrigen gerichteten) Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2378).

Laut einer in den Behördenakten befindlichen Gewerbeanmeldung vom 1. September 2014 nahm die Antragstellerin unter der Adresse W., ... folgende gewerbliche Tätigkeit auf:

„Weitergabe von Sportinformationen, Annahme von Kundenaufträgen zur Abgabe und Vermittlung von Sport- und Oddsetwetten an staatliche Konzessionslotterien auch mittels Online-Kurierdienste, Vermietung von Internetanschlüssen, Getränkeausschank (…).“

Die Antragsgegnerin führte ab Juni 2015 mehrere Baukontrollen durch. In einem Aktenvermerk vom 19. November 2015 über eine Ortsbesichtigung desselben Tages im Wettbüro „T...“ in der W. - als Betreiber wird im Aktenvermerk die Antragstellerin aufgeführt - hielt der Bauaufseher der Antragsgegnerin fest:

„Das Wettbüro war in Betrieb. In der Spielhalle befanden sich 5 Wettautomaten (Wett-Terminals), alle waren in Betrieb, auf insgesamt 6 Bildschirmen wurden die aktuellen Wettquoten angezeigt. Den Besuchern steht ein WC zur Verfügung. Die Gäste haben Zugriff auf einen Getränkeautomat. Ein Briefkasten für das Wettbüro ist nicht vorhanden.

Nach Inspektion und Stellungnahme von Herrn B... und Herrn R... vor Ort können auch die 5 Wett-Terminals als Bildschirm verwendet werden, um sich - ähnlich wie auf den 6 zusätzlich vorhandenen Bildschirmen - die Live-Wetten anzeigen zu lassen. (…)“

Mit dem streitgegenständlichen, am 2. Dezember 2015 zur Post gegebenen Bescheid vom 30. November 2015 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin - unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. 2), unter Androhung eines Zwangsgeldes i.H. von 2.000,- € (Nr. 3) sowie unter gleichzeitiger (ebenfalls sofort vollziehbarer) Duldungsanordnung gegenüber den Grundstückseigentümern (Nr. 4, mit Zwangsgeldandrohung unter Nr. 5) - mit Nr. 1 Satz 1, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des betroffenen Anwesens als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Zu diesem Zweck seien sämtliche (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals zu beseitigen (Nr. 1 Satz 2). Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Nutzungsänderung nicht genehmigungsfähig sei. Mit der den Besuchern über die Wett-Terminals eingeräumten Möglichkeit, das Spiel- bzw. Wettgeschehen live zu verfolgen und an Sportwetten teilzunehmen, sowie aufgrund des Vorhandenseins eines Getränkeautomaten und von drei Stehtischen bestehe zu einem Verweilen ausreichend Gelegenheit, so dass das Wettlokal mit einer Gesamtnutzfläche von 127 m² als kerngebietstypische Vergnügungsstätte einzuordnen sei. Dies sei im hier gegebenen faktischen Mischgebiet gem. § 34 Abs. 2 des Baugesetzbuches (BauGB) i.V. mit § 6 der Baunutzungs-verordnung (BauNVO) bauplanungsrechtlich unzulässig, zumal zur Sicherung der Planung eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre erlassen worden sei. Ein vormals gestellter Antrag auf Nutzungsänderung in ein Büro für Sportwetten sei mit Bescheid vom 10. September 2012 abgelehnt worden. In Ausübung ihrer Planungshoheit lehne die Antragsgegnerin eine Ausnahme von der Veränderungssperre ab. Infolge des festgestellten Sachverhalts könne die Nutzungsuntersagung, zu deren Umsetzung die Bildschirme und Wett-Terminals zu beseitigen seien, gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens ausgesprochen werden. Hierfür genüge bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung. Die Nutzungsuntersagung stehe im öffentlichen Interesse und sei auch verhältnismäßig. Aufgrund einer negativen Vorbildwirkung liege die angeordnete sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse.

Am 8. Dezember 2015 erhob die Antragstellerin Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg mit dem Antrag, den Bescheid vom 30. November 2015 aufzuheben. Über die Klage ist - soweit nach Aktenlage ersichtlich ist - bislang nicht entschieden. Ebenfalls am 8. Dezember 2015 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Die Antragstellerin wies im erstinstanzlichen Verfahren u. a. darauf hin, dass die Sitzgelegenheiten und der vormalige Getränkeautomat entfernt worden seien. Außerdem betrage die Nutzfläche des Ladens nur noch ca. 40 m².

Mit Beschluss vom 15. Januar 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die unter Nr. 1 Satz 1 des Bescheides ausgesprochene Nutzungsuntersagung sei gemäß Art. 76 Satz 2 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) voraussichtlich rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Die hier vorliegende genehmigungspflichtige Nutzungsänderung, die die Vermittlung von Live-Wetten umfasse, überschreite die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Da sich die Nutzung der Betriebsstätte nicht mehr im Rahmen der Variationsbreite der genehmigten gewerblichen Nutzung als Ladengeschäft bewege, sei die untersagte Nutzung formell rechtswidrig. Die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte sei - mit Blick auf die erst im Hauptsacheverfahren zu klärenden genauen Verhältnisse im betroffenen unbeplanten Ortsteil - auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Die Ermessensausübung der Antragsgegnerin sei nicht zu beanstanden. Nr. 1 Satz 2 des Bescheides sei ebenfalls von Art. 76 Satz 2 BayBO gedeckt, weil sich vorliegend die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein der zu beseitigenden Gegenstände manifestiere. Die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3) sei hinreichend bestimmt und halte sich hinsichtlich Fristsetzung und Höhe im Rahmen des Angemessenen.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

Sie beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Januar 2016 abzuändern und die aufschiebende Wirkung gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 wiederherzustellen sowie gegen Nr. 3 des Bescheides anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat sich im laufenden Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin nach der im Verfahren gem. Art. 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung zu Recht abgelehnt. Die Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 sowie gegen Nr. 3 dieses Bescheides wird voraussichtlich keinen Erfolg haben. Der Bescheid vom 30. November 2015 ist aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO als Befugnisnorm sind mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt; Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Das Vorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Nach der im Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung ist von den tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO für eine Nutzungsuntersagung auszugehen.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher in der Regel nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 30 ff.; U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 22; B. v. 23.04.2015 - 15 ZB 13.2378 - juris Rn. 5 f.; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 282 m. w. N.).

Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagungsverfügung kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben für genehmigungsfähig hält, sondern darauf, ob das Vorhaben o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist. Der Betrieb der Antragstellerin ist derzeit weder als Wettannahmestelle noch als Wettvermittlungsstelle, Wettbüro oder als Vergnügungsstätte genehmigt. Es liegt nach summarischer Prüfung auch nicht auf der Hand, dass das Vorhaben genehmigungsfähig ist. Vielmehr muss die Genehmigungsfähigkeit im laufenden Baugenehmigungsverfahren noch geklärt werden.

a) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht seiner Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S. v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5 f.; B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - OVG 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, 143 = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69; Mitschang, ZfBR 2012, 419 ff. - jeweils m. w. N.).

Nach der im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung stellt die tatsächlich betriebene Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin eine Vergnügungsstätte in Form eines Wettbüros dar. Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen nach der Rechtsprechung des Senats - die entgegen den Darlegungen der Beschwerdebegrünung nicht singulär geblieben ist - Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mit zu verfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; vgl. auch OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.). Mit der Installation von Monitoren und dem Bereithalten von Wett-Terminals, auf denen die Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann, sowie die Wettarten und Wettquoten aufgelistet sind, hat die Antragstellerin eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen. Allein die Vermittlung von Live-Wetten in einer - wie vorliegend - Wettvermittlungsstelle mit Monitoren, die ein Verfolgen aktueller Spielstände o.ä., auf die gewettet werden kann, ermöglicht, überschreitet nach der Rechtsprechung des Senats schon die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann. Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als eine bloße Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung. Dass es nach dem Vorbringen der Antragstellerin an Sitzgelegenheiten oder TV-Bildschirmen zur Übertragung von Sportereignissen fehle, keine Getränke ausgeschenkt oder Speisen verkauft würden und es keine Unterhaltungsspiele gebe, hindert grundsätzlich nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind lediglich (weitere) Indizien für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15, 20; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; VGH BW, B. v. 1.2.2007 - 8 S 2606/06 - BauR 2007, 1217 = juris Rn. 4; VG München, U. v. 17.2.2014 - M 8 K 13.1878 - juris Rn. 31 f.; VG Minden, B. v. 10.2.2006 - 1 L 69/06 - juris Rn. 17), aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Diese ist ein Kriterium zur Unter-scheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungs-stätten (exemplarisch VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor. Der „Verweilcharakter“, den die Antragstellerin dem Vorhaben abzusprechen sucht, folgt demnach vorliegend nicht aus einer möglichst angenehmen oder geselligen Atmosphäre, die dem Kunden neben dem Abschluss seiner Wette angeboten werden soll, sondern schlicht aus der Möglichkeit, sich während des Laufs der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten, um die über Wandmonitore ausgestrahlten aktuellen Quoten und Ergebnisse der Wettkämpfe live zu verfolgen und noch während der laufenden Sportveranstaltungen in schneller Abfolge auf bestimmte Ereignisse zu wetten (zum Ganzen: BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 12 ff.; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 8; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff., 55; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 28; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 49; abweichend: VG München, U. v. 24.6.2013 - M 8 K 12.4195 - juris Rn. 28 f.; VG Neustadt/Weinstr., B. v. 9.2.2011 - 3 L 59/11.NW - juris Rn. 11 ff., 24 ff.; VG Schleswig, B. v. 9.5.2014 - 8 B 10/14 - juris Rn. 14 ff.; enger als hier wohl auch OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11).

Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in eine Nutzung als Wettbüro /Vergnügungsstätte ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig. Eine verfahrensfreie Nutzungsänderung i. S. von § 57 Abs. 4 Nr. 1 BauNVO kommt nicht in Betracht, weil eine Vergnügungsstätte in bauplanungsrechtlicher Hinsicht anders zu beurteilen ist als eine bislang genehmigte schlicht gewerbliche Nutzung als Ladenlokal. Bei diesem Nutzungswechsel ist zudem von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit, die der Einschlägigkeit der Befugnisnorm des Art. 76 Satz 2 BayBO entgegenstünde (s.o.), nicht auszugehen.

Dem Verwaltungsgerichtshof sind im Beschwerdeverfahren die aktuellen Genehmigungsunterlagen, aus denen sich die Begrenzung der Nutzfläche ergeben soll, nicht vorgelegt worden. Auch kann ohne Inaugenscheinnahme der Räumlichkeiten nicht beurteilt werden, inwiefern der gegenwärtige Betrieb des Wettbüros tatsächlich auf einer begrenzten Nutzfläche stattfindet. Nach Aktenlage kann der Senat mithin nicht einschätzen, ob die Wettvermittlungsstätte aufgrund ihrer Größe oder ihrer besonderen - einen größeren Einzugsbereich ansprechenden - Attraktivität bereits die Schwelle zu einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte erreicht (vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8; B. v. 29.10.1992 - 4 B 103/92 - NVwZ-RR 1993, 287 = juris Rn. 4; BayVGH, U. v. 24.3.2011 - 2 B 11.59 - BauR 2011, 1785 = juris Rn. 27, 28; VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 33; VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - juris Rn. 28 ff.; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 58 ff.; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 52; Stock in König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 3. Aufl. 2014, § 4a Rn. 36; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43). Insofern ist dem Senat im Eilverfahren keine abschließende Bewertung möglich, ob es sich vorliegend um eine Vergnügungsstätte handelt, die wegen ihrer Zweckbestimmung oder wegen ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig wäre (vgl. § 4a Abs. 3 Nr. 2, § 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Hierauf kommt es aber letztlich nicht an.

Die genehmigungspflichtige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte (s.o.) ist auch dann nicht offensichtlich genehmigungsfähig,

- wenn nach Maßgabe der im Baugenehmigungsverfahren eingereichten und zu prüfenden Bauvorlagen, insbesondere nach Maßgabe der Planzeichnung und der gemäß § 3 Nr. 3, § 9 der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen (Bauvorlagenverordnung - BauVorlV) mit einzureichenden Betriebsbeschreibung (vgl. für eine Wettvermittlungsstelle BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 17) von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen sein sollte,

- wenn der baurechtlichen Zulassung der Nutzungsänderung die vormals erlassene Veränderungssperre wegen Zeitablaufs nicht mehr entgegenstehen sollte und die Antragsgegnerin immer noch keinen Bebauungsplan, dessen Festsetzungen dem Vorhaben entgegenstünden, erlassen hat sowie

- wenn - wovon offenbar beide Parteien ausgehen (vgl. Seite 3 des streitgegenständlichen Bescheides vom 30. November 2015; Seite 2 der erstinstanzlichen Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2015, Bl. 191 der Gerichtsakte Au 5 S 15.1788) - das Vorhaben in einem faktischen Mischgebiet i. S. von § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 BauNVO liegen sollte.

Innerhalb eines (faktischen) Mischgebiets sind Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur in den Teilen des Gebiets zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO). Dass diese Voraussetzung am Standort des Vorhabens ohne Weiteres gegeben wäre, ist nach Aktenlage nicht ersichtlich und wird auch von der Antragstellerin nicht substanziiert dargelegt (zur wertenden Gesamtbetrachtung bei der Anwendung des § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO: VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 45; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 64 ff. m. w. N.). Sollte das Vorhaben aber alternativ nur ausnahmsweise zulassungsfähig sein (§ 6 Abs. 3 BauNVO), kann von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nicht die Rede sein (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 61). Welche Alternative hier einschlägig ist, lässt sich - ebenso wie die Frage, ob von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen ist - für den Senat nicht ohne weiteres anhand der Akten klären. Dies würde - zumal die Antragsgegnerin eine Situierung in einem durch Wohnnutzung geprägten Bereich vorgetragen hat (vgl. Seite 4 der Antragserwiderung vom 21. Dezember 2015) - entsprechende Ermittlungen abverlangen. Diese müssen zunächst im laufenden Baugenehmigungsverfahren erfolgen. Von einer Offensichtlichkeit der Zulässigkeit der streitgegenständlichen Nutzung des (bisherigen) Ladenlokals als Wettannahmestelle kann mithin nicht die Rede sein.

b) Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in die vorliegende Nutzung als Wettvermittlungsstelle ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO im Übrigen auch dann baugenehmigungspflichtig, wenn sich im Baugenehmigungsverfahren herausstellen sollte, dass - entgegen der vorher unter a) erfolgten (summarischen) Einordnung als Vergnügungsstätte - die Nutzungsänderung lediglich eine Wettannahmestelle im Sinne eines bloßen sonstigen Gewerbebetriebs zum Gegenstand hat. Aus Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ergibt sich, dass eine Nutzungsänderung genehmigungspflichtig ist, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer jeden Art von Nutzung eigene „Variationsbreite“ verlassen wird - nur dann handelt es sich um eine Nutzungsänderung im baurechtlichen Sinn - und wenn für die neue Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung (BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 31; B. v. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 - juris Rn. 15). Von einer genehmigungsfreien Nutzungsänderung gem. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ist bereits dann schon nicht mehr auszugehen, wenn die Zulässigkeit des geänderten Vorhabens i. S. von Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO anders beurteilt werden kann; ob das tatsächlich der Fall ist, ist im Genehmigungsverfahren erst zu prüfen (Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand: Dez. 2015, Art. 57 Rn. 224 m. w. N.; nach nordrhein-westfälischem Landesrecht vgl. VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 13 f. m. w. N.). Entscheidend für die Genehmigungspflicht ist im vorliegenden Fall allein schon der Umstand, dass den vormals als Ladengeschäft genehmigten Räumlichkeiten eine völlig neue Zweckbestimmung gegeben wurde, deren Zuordnung je nach Einordnung als schlichte Wettannahmestelle oder als Wettbüro sowie je nach dem Ergebnis der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren als schlichter Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht kommt, die jeweils anderen planungsrechtlichen Anforderungen unterliegen (im faktischen Mischgebiet vgl. etwa § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO einerseits, § 6 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3 BauNVO andererseits).

Allein schon die unter a) aufgezeigte rechtliche Kontroverse, wann eine Wettvermittlungsstelle die Schwelle zu einer Vergnügungsstätte überschreitet (vgl. die oben zitierten Gegenansichten zur Haltung des Senats; zusammenfassend zum Streitstand: VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff.) zeigt, dass schon in rechtlicher Hinsicht jedenfalls nicht von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit auszugehen ist. Dasselbe gilt hinsichtlich des Einwands der Antragstellerin, dass jedenfalls im vorliegenden Fall gegen den „Verweilcharakter“ und damit gegen die Vergnügungsstättenqualität ihrer Wettvermittlungsstelle spreche, dass - wie die Erhebungen des Personals in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 zeigten - sich die Kunden grundsätzlich nicht länger als wenige Minuten in ihrem Laden aufhielten. Unabhängig von der Frage, ob bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise allein aus tatsächlich erhobenen Daten überhaupt die Zweckbestimmung als Vergnügungsstätte in Frage gestellt werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 20), unabhängig davon, dass die Erhebung von Dienstag bis Freitag (und damit nicht an den für Sportevents womöglich interessanteren Wochenendtagen) stattfand, und unabhängig von der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Erhebung über einen Zeitraum von lediglich vier Tagen bereits repräsentativ sein kann, zeigt auch die von der Antragstellerin erstellte Auflistung, dass es auch Kundenbesuche von 30 Minuten und länger gab (so etwa am Abend des 8. Dezember 2015: 18:00 Uhr bis 18:45 Uhr; 18:02 Uhr bis 18:40 Uhr; 18:07 Uhr bis 18:37 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:25 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:50 Uhr; 19:56 Uhr bis 20:30 Uhr; 20:09 Uhr bis 20:45 Uhr; 2 x 20:50 Uhr bis 21:40 Uhr; 2 x 21:25 Uhr bis 21:50 Uhr). Zudem wäre es auch insofern zunächst Sache der Baugenehmigungsbehörde, dem im Baugenehmigungsverfahren im Einzelnen nachzugehen, so dass jedenfalls allein die Behauptung, die Kundenbesuche bei der Antragstellerin dauerten grundsätzlich nur wenige Augenblicke oder Minuten, nicht genügt, um die Offensichtlichkeit der Genehmigungsfähigkeit zu begründen.

Soweit die Antragstellerin in ihrer Antragsbegründung weiter ausführt, dass auch Monitore und Terminals mit Anzeigen von Quoten und Liveergebnissen mittlerweile zur Standardausstattung von Lotto-Annahmestellen gehörten, ist dies für die Beurteilung des vorliegenden Falles irrelevant. Bei jeder - bundesweit betroffenen - Wettvermittlungsstelle hinge die Zulässigkeit von den jeweiligen baurechtlichen Genehmigungen ab. Soweit als solche genehmigte bloße Wettannahmestellen ihren Betrieb wesentlich ändern und nunmehr über Monitore und Terminals mit aktueller Spielstandanzeige und aktuellen Wettquoten Live-Wetten anbieten, handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Das folgt allein schon aus einer - möglichen - Einordnung des Wettbüros als Vergnügungsstätte (s.o.; ebenso: VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 33).

c) Im Übrigen können sich im Fall der Umnutzung eines bisherigen Ladenlokals in ein Wettbüro bzw. in eine Wettannahmestelle - ggf. neben der Stellplatzfrage - auch mit Blick auf das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot modifizierte, im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende Anforderungen ergeben (vgl. BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 9). Laut den von der Antragstellerin vorgelegten Erhebungen des Personals über Kundenbesuche in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 hatte die Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin - anders als eine herkömmliches Ladengeschäft - jedenfalls auch bis weit nach 22:00 Uhr geöffnet. Auch insofern kann sich die Zulässigkeit des Vorhabens mit Blick auf die Lärmbelastung der Nachbarschaft nach geänderten Maßstäben i. S. von Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO richten, so dass auch in dieser Hinsicht nach Aktenlage bzw. nach summarischer Prüfung von einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung - unabhängig von der Einordnung als Wettannahmestelle oder als Wettbüro bzw. als herkömmlicher Gewerbebetrieb oder Vergnügungsstätte - auszugehen ist. Selbst wenn mithin lediglich eine Wettannahmestelle als sonstiger Gewerbebetrieb (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) ohne Vergnügungsstättenqualität vorläge, wäre das Vorhaben aus den genannten Gründen nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Aufgrund der sich durch die neue Nutzung und die neuen Öffnungszeiten ändernden Emissionsverhältnisse und der damit ggf. einhergehenden neuen und erhöhten Belastungen für die Nachbarschaft kann die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen werden, so dass auch aus diesem Grund von einer genehmigungspflichtigen und jedenfalls nicht ohne Weiteres - d. h. nicht offensichtlich - genehmigungsfähigen Nutzungsänderung auszugehen ist (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; ebenso OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 12 ff.; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 34).

2. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (sog. intendiertes Ermessen; vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 20; BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 35 m. w. N.; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Die Antragsgegnerin hat jedenfalls ihr Ermessen erkannt, indem sie im Bescheid vom 30. November 2015 (Seite 4) darauf abgestellt hat, dass eine Nutzungsuntersagung bei dem festgestellten Sachverhalt gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens habe ausgesprochen werden dürfen und dass insofern bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung, genüge. Insofern spielt es auch keine Rolle, dass - selbst wenn die Veränderungssperre ausgelaufen und nicht erneuert worden sein sollte - die Antragstellerin im Rahmen ihrer Erwägungen im Bescheid ergänzend darauf verwiesen hat, eine Ausnahme von der Veränderungssperre abzulehnen.

Es hält sich ferner im Rahmen des von Art. 76 Satz 2 BayBO eröffneten Ermessens, dass die Antragsgegnerin neben der (inhaltlich beschränkten) Betriebsuntersagung in Nr. 1 Satz 2 des Bescheides vom 30. November 2015 auch die Beseitigung sämtlicher (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals angeordnet hat. Gegen die auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Bezug nehmenden begründenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (vgl. Rn. 32 ff. der Ausfertigung des Beschlusses vom 15. Januar 2016), wonach eine Nutzungsuntersagung die Verpflichtung zum Entfernen von Gegenständen beinhalte, wenn sich die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein bestimmter Gegenstände - wie vorliegend die Monitore und die Wett-Terminals - manifestiere (vgl. BayVGH, U. v. 19.11.2007 - 25 B 05.12 - BayVBl. 2008, 629 = juris Rn. 24; ebenso z. B.: VG Regensburg, U. v. 24.7.2012 - RO 6 K 12.428 - juris Rn. 60; VG Aachen, B. v. 1.2.2012 - 3 L 280/11 - juris Rn. 72 f.), hat die Antragstellerin keine substanziierten Einwände i. S. von § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO erhoben.

3. Gegen die Beseitigung der Wett-Terminals und Monitore bestehen auch mit Blick auf das Übermaßverbot keine Bedenken. Insbesondere steht die Geeignetheit der Beseitigungsverpflichtung nicht in Frage. Die schlichte Untersagung, Live-Wetten anzubieten, wäre schon kein gleich effektives Mittel. Es gelten - auch hinsichtlich der sonstigen Elemente der Verhältnismäßigkeit - insofern vergleichbare Erwägungen, die der Senat bereits in seinem Beschluss vom 21. Mai 2015 zugrunde gelegt hat (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 23). Soweit nach Aktenlage ersichtlich ist, können die Monitore und Wett-Terminals aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore und Wett-Terminals ist die Beseitigungsanordnung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist nicht schutzwürdig.

Das gilt auch und gerade im vorliegenden Fall, zumal - anders als im Sachverhalt, der dem Beschluss des Senats vom 21. Mai 2015 (15 CS 15.9) zugrunde lag - die Antragstellerin hier noch nicht einmal über eine Baugenehmigung zur Nutzung der Räumlichkeiten als Wettannahmestelle verfügt und damit derzeit jede Form der Wettvermittlung - sei es unter rechtlicher Einordnung als Vergnügungsstätte, sei es als sonstiger Gewerbebetrieb - mangels erforderlicher Baugenehmigung formell illegal ist. Es lag in der Verantwortung der Antragstellerin, rechtzeitig vor Aufnahme der geänderten Nutzung einen vollständigen Änderungsbauantrag zu stellen, um sich über eine entsprechende Betriebsbeschreibung als Bestandteil der Bauvorlagen eine Wettannahmestelle bzw. ein Wettbüro mit einem aus ihrer Sicht erforderlichen Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten legalisieren zu lassen.

4. Gegen die Zwangsgeldandrohung sind im Beschwerdeverfahren keine substanziierten Einwendungen erhoben worden. Aufgrund der Prüfungsbeschränkung im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bedarf es insofern keiner weiteren Ausführungen des Senats.

5. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil sie mit ihrer Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des Anwesens ..., ..., Fl. Nr. ..., Gemarkung ...

Aufgrund einer Nachbarbeschwerde führte das Landratsamt ... am 13. August 2014 eine Ortsbesichtigung durch und stellte hierbei fest, dass in dem südöstlichen Bereich dieses Grundstücks eine Grundstücksauffüllung sowie eine Stützmauer aus Pflanzsteinen in 0,8 m Abstand zum Nachbargrundstück errichtet wurde. Die Pflanzsteine neigten sich ca. 10-20 cm zum Nachbargrundstück. Zwar bestehe noch keine Einsturzgefahr; die Stützmauer könne jedoch bei weiterem Nachgeben umfallen. Die Auffüllung und die Pflanztröge wurden auf bzw. an einer zum Nachbargrundstück bestehenden Betonstützwand (Höhe ca. 1,50 m) errichtet. Der Kläger erklärte hierzu, der Mieter seines Grundstücks errichte hier einen Grillplatz, der seiner Auffassung nach baugenehmigungsfrei sei.

Mit Bescheid vom 15. August 2014, der dem Kläger am 21. August 2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, verfügte das Landratsamt ... die Einstellung der Bauarbeiten zur Errichtung einer Stützmauer aus Pflanzsteinen auf der vorhandenen Stützmauer mit Grundstücksauffüllung und Backofen an der südöstlichen Ecke des Grundstücks Fl. Nr. ..., Gemarkung ... (Ziffer I). Ziffer I des Bescheides wurde für sofort vollziehbar erklärt (Ziffer II) und für den Fall der Nichtbeachtung der Anordnung wurde zu Ziffer II ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro angedroht (Ziffer III).

In den Gründen wurde ausgeführt, dass eine Baugenehmigung für diese gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtige Baumaßnahme nicht erteilt worden sei und deshalb die Einstellung der Bauarbeiten gemäß Art. 75 Abs. 1 BayBO nach pflichtgemäßem Ermessen habe angeordnet werden können. Grundsätzlich gebiete das öffentliche Interesse das Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände im Wege der Baueinstellung. Auch sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung gerechtfertigt, da die Verhinderung gesetzwidriger Bauarbeiten und ihrer Fortsetzung oder die Schaffung eines bauordnungswidrigen Zustandes oder die Verfestigung eines bereits bestehenden bauordnungswidrigen Zustandes im besonderen öffentlichen Interesse an einer geordneten baulichen Entwicklung liege. Außerdem habe ein Bau ohne Baugenehmigung „Vorbildwirkung“ für Dritte.

Mit einem 12. September 2014 beim Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten ließ der Kläger gegen den Bescheid Klage erheben und beantragte, deren aufschiebende Wirkung anzuordnen.

Der Mieter habe im unteren Gartenbereich auf einer Fläche von 10 qm eine Aufschüttung vorgenommen, um auf dem unebenen Gelände eine ebene Fläche herzustellen, auf welche er einen Grillplatz errichten wolle. Mit vier Pflanztrögen mit einer Höhe von je 30 cm, somit auf eine Gesamthöhe von 1,20 m zum Nachbargrundstück hin, habe er eine Einfriedung zur Behinderung des Abrutschens der Aufschüttung erstellt.

Die Aufschüttung bzw. Stützmauer widerspreche nicht dem Bebauungsplan. Gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 7a und Nr. 9 BayBO bestehe Genehmigungsfreiheit. Auch habe bei der Auswahl zwischen Handlungs- und Zustandsstörer der Handlungsstörer in Anspruch genommen werden müssen. Ferner habe es im behördlichen Verfahren an einer Anhörung gefehlt.

Er beantragt,

den Bescheid des Landratsamtes ... vom 15. August 2014 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der verfahrensfreie Tatbestand des Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO sei nicht einschlägig, da es sich nicht um eine selbstständige Aufschüttung handele. Vielmehr sei die Aufschüttung für sich gesehen keine eigene Anlage, sie sei vielmehr Teil einer anderen baulichen Anlage, nämlich einer Terrasse zur Herstellung eines Grillplatzes. Nachdem Auffüllung und Pflanztröge auf bzw. an einer bestehenden Betonstützwand (Höhe ca. 1,50 m) errichtet würden und somit eine Gesamthöhe des Bauwerks von 2,70 m erreicht werde, sei weiterhin auch Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchstabe a BayBO nicht einschlägig. Hinzu komme, dass gemäß Art. 36 Abs. 1 Nr. 1 BayBO i. V. m. DIN 18065 auf die vorhandenen Stützmauern noch eine Umwehrung mit einer Höhe von 0,90 m anzubringen sei, womit das Gesamtbauwerk eine Höhe von ca. 3,60 m erreichen würde. Deshalb sei vorliegend von einer bauplanungsrechtlichen Relevanz der Anlage auszugehen. Auch bestehe wohl Abstandsflächenpflicht.

Nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG könne von einer Anhörung abgesehen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalles eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr in Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheine. Hier sei wegen der illegalen Errichtung der Anlage ein möglicherweise nicht mehr rückgängig zu machender Verstoß gegen die Rechtsordnung zu verhindern gewesen.

Auch habe bei der Ortsbesichtigung am 13. August 2014 kein Bewohner angetroffen werden können. Es habe deswegen nicht geklärt werden können, wer Handlungsstörer sei, weshalb die Anordnung gegen den Grundstückseigentümer und Zustandsstörer erlassen worden sei. Der Kläger könne als Eigentümer und Vermieter des Grundstücks schnell und effektiv auf den Mieter einwirken, nur baurechtskonforme Bauarbeiten durchzuführen. Nach dem Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr erweise sich die Auswahl des Zustandsstörers als rechtmäßig.

Den Antrag des Klägers vom 12. September, mit dem er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage begehrte, wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23. September 2014 abgelehnt (AN 3 S 14.01483). Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 4. November 2014 trug der Kläger vor, er vermute, dass ihm ein Kollege vom Landratsamt ..., bei dem er selbst in der Abteilung „Umwelt und Bau“ tätig sei, Probleme bereiten wolle. Es sei dort bekannt gewesen, dass er sich vom 13. August 2014 bis 22. August 2014 im Urlaub befunden habe und er frage sich, ob der Tag der Baukontrolle absichtlich an seinem ersten Urlaubstag gewählt worden sei. Darüber hinaus erweise sich die Störerauswahl als ermessensfehlerhaft, da der Handlungsstörer mit Leichtigkeit habe ermittelt und vor Ort angetroffen werden können, da der Mieter regelmäßig tagsüber zu Hause angetroffen werden könne.

Auch sei die angenommene Höhe des Bauwerks von 1,50 m nicht zutreffend, es sei höchstens 1m hoch, da sich der erste Pflanztrog im Boden befinde. Auch sei keine Gefahrensituation gegeben, da sich das Bauwerk nicht neige und auch nicht umfallen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Behördenakte und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten,

§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Baueinstellungsverfügung vom 15. August 2014 findet ihre Rechtsgrundlage in

Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO.

Gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung der Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die vom Mieter des Klägers vorgenommenen Arbeiten verstoßen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, da diese nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig sind und keine Genehmigungsfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 BayBO besteht.

Es liegen weder die - wegen ihres Ausnahmecharakters eng auszulegenden - Voraussetzungen des Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchstabe a BayBO noch die des Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO oder des Art. 57 Abs. 1 Nr. 16 Buchstabe e vor.

Bei dem Vorhaben „Grillplatz“ handelt es sich weder um eine Mauer oder Einfriedung noch um eine selbstständige Aufschüttung oder um eine unbedeutende Anlage wie eine (ebenerdige) Terrasse.

Wie die der Behördenakte beigefügten Lichtbilder zeigen, besteht das Vorhaben aus einer (unselbstständigen) Aufschüttung und aus einer mit Pflanzsteinen errichteten Mauer, die die Aufschüttung stabilisieren soll. Das Vorhaben enthält damit zwar Elemente der Ausnahmevorschriften, erfüllt aber insgesamt die Voraussetzungen nicht.

Da das Vorhaben auf einer bereits 1,50 m hohen Betonstützmauer realisiert werden soll und die Mauer aus Pflanzsteinen 1 m bis 1,20 m hoch wird, sind außerdem die Höhenanforderungen der Ausnahmetatbestände des Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchstabe a BayBO und des Art. 57 Abs. 1 Nr. 9 BayBO nicht erfüllt. Wie das Landratsamt ... in der Klageerwiderung zutreffend ausgeführt hat, wäre nach Art. 36 Abs. 1 Nr. 1 BayBO wegen der Höhe von 2,70 m eine Umwehrung anzubringen, die das Vorhaben um weitere 90 cm erhöhen würde.

Grundsätzlich kommt es für die Beurteilung der Höhe von (grenznahen) Bauwerken zwar auf die - natürliche - Geländeoberfläche auf dem Baugrundstück an (Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand November 2014, Art. 57 Rn. 216). Jedoch verbietet es schon der allgemeine Sprachgebrauch, den Begriff der „Geländeoberfläche“ mit einer - künstlichen - „Sockelwand“ gleichzusetzen. Insoweit schließt sich die Kammer der Rechtsauffassung des VGH Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 24. März 2014 an (VGH Baden-Württemberg, U. v. 24.3.2014 - 8 S 1938/12 - juris Rn. 28 f.). Denn die bereits vorhandene Betonstützmauer dient als Fundament für die Aufschüttung und ihrer Stützmauer aus Pflanztrögen. Damit bildet sie einen unselbstständigen Bauteil des Vorhabens „Grillplatz“ und bildet mit ihm eine bauliche Einheit, weshalb für die Ermittlung der Höhe des Bauvorhabens auf die Geländeoberfläche des tieferliegenden Grundstücks abzustellen ist. Für eine Höhenermittlung nach den dargestellten Grundsätzen spricht außerdem, dass wegen der Betretbarkeit des „Grillplatzes“ bis unmittelbar an die Grundstücksgrenze eine tatsächliche Sturzhöhe von 2,50 m bis 2,70 m besteht.

Die Baueinstellungsverfügung ist auch hinsichtlich der Ermessensausübung durch den Beklagten nicht zu beanstanden.

Eine Baueinstellung bezweckt sicherzustellen, dass vor abschließender Prüfung der Zulässigkeit eines Vorhabens keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden. Es ist daher regelmäßig sachgerecht, eine entsprechende Verfügung zu erlassen, wenn festgestellt wird, dass ein Bauvorhaben ohne die erforderliche Genehmigung ausgeführt wird. Hinsichtlich der Begründung der Ermessensentscheidung reicht es in einem solchen Fall aus, wenn darauf hingewiesen wird, dass die Verfügung im Hinblick auf die formelle Baurechtswidrigkeit, also das Fehlen einer Genehmigung oder sonstigen Zulassungsentscheidung, erfolgt ist.

Da es für den Erlass einer Baueinstellungsverfügung grundsätzlich genügt, wenn festgestellt wird, dass das Bauvorhaben formell rechtswidrig ist, bedurfte es in den Bescheidsgründen auch keiner Ausführungen zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit den einschlägigen materiell-rechtlichen Anforderungen (Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand Januar 2014, Art. 75 Rn. 34 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Offenbleiben kann, ob die Behörde von der Anhörung nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG absehen durfte. Diese wurde jedenfalls im Rahmen des gerichtlichen (Eil -)Verfahrens nachgeholt, Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG.

Die Auswahl des Klägers als Zustandsstörer ist rechtlich nicht zu beanstanden, da der Kläger sowohl Eigentümer des Grundstücks ist als auch nach der Auskunft des Einwohnermeldeamts vom 15. August 2014 (Blatt 3 der Behördenakte) dort als wohnhaft gemeldet war. Zur Verantwortlichkeit des Adressaten reicht es aus, dass er für die sofortige Einstellung der Bauarbeiten sorgen sowie entschieden und nachhaltig auf die Unterlassung weiterer Bauarbeiten dringen kann. Schwierige und zeitraubende Untersuchungen der Baubehörde zur Störerauswahl sind wegen des im Polizei- und Ordnungsrecht notwendigen raschen Zugriffs auf den unter sicherheitsrechtlichen Gesichtspunkten Geeignetsten nicht erforderlich (BayVGH, B. v. 14.8.1986 - 1 CS 85 A.518). Die Behörde durfte davon ausgehen, dass der Kläger die Einstellung der Bauarbeiten bewirken kann. Eine Störerauswahl war nicht erforderlich, da der Behörde - nachdem bei der Baukontrolle am 13. August 2014 niemand angetroffen wurde - kein weiterer Störer bekannt war. Zwar sollte grundsätzlich der Handlungsstörer Adressat der Baueinstellungsverfügung sein (BayVGH, B. v. 9.11.2011 - 15 CS 11.867). Dieser ließ sich wegen der gebotenen Eile nicht ermitteln.

Der Kläger ist als Grundstückseigentümer dafür verantwortlich, dass auf seinem Grundstück rechtmäßige Zustände bestehen. Er kann sich deshalb nicht darauf berufen, sein Mieter sei Bauherr und deshalb dieser vorrangig als Handlungsstörer in Anspruch zu nehmen.

Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass hinsichtlich der Baueinstellung ein besonderes Vollzugsinteresse besteht, dieses hat er in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet.

Bei Baueinstellungen ist die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit die Regel, weil der Bauherr sonst im Schutze der aufschiebenden Wirkung die bauliche Anlage vollenden könnte und somit Maßnahmen ihren präventiven Zweck verfehlen würden. Dementsprechend genügt es hinsichtlich der Anforderungen an die Begründung der Anordnung - wie für die Baueinstellung selbst -, wenn sich dieser entnehmen lässt, dass die Maßnahme im Hinblick auf die formelle Baurechtswidrigkeit des Vorhabens verfügt wird.

Die Rechtsgrundlagen für das im Bescheid angedrohte Zwangsgeld finden sich in den vom Beklagten zitierten Vorschriften des VwZVG. Auch die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes ist nicht zu beanstanden.

Die Klage war demnach abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.